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German Pages 451 [452] Year 2014
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(PRINT) ISBN 978-3-86496-670-5 (EPUB) ISBN 978-3-86496-513-5 (EPDF)
Inhaltsverzeichnis Danksagung Prolog
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1 1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 3 3.1 3.2 3.3 4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3 4.3.1 4.3.2 5 6
7 8
Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik ....................................................................................... 13 Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen ............................... 13 Forschungsstand und Untersuchungsperspektive ................................. 23 Methodologie und Methode.................................................................. 28 Aufbau und Vorgehen........................................................................... 49 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten . 59 Entstehungskontext pejorativer Tiersymbolik ...................................... 62 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik ................................................... 68 ‚Uneigentliche‘ Tiere............................................................................ 70 ‚Höhere‘ Tiere ...................................................................................... 79 ‚Niedere‘ Tiere ..................................................................................... 98 Bakterien, Bazillen und Viren ............................................................ 119 Von Plagen, Schwärmen und bedrohlichen Massen ........................... 123 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik .......................................... 127 Vernichtung als Handlungsrationalität pejorativer Tiersymbolik ....... 132 Die pejorative Tiersymbolik in der Lingua Tertii Imperii .................. 135 Auschwitz und die Grenzen des Sagbaren.......................................... 143 Die Symbolik der Heuschrecke........................................................ 145 Die Heuschrecken des Alten und Neuen Testaments ......................... 147 Heuschrecken in der Literatur der Moderne ....................................... 151 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten ...................... 185 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik.... 199 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945 .................................. 201 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“ ............................ 213 Münteferings „Kapitalismuskritik“ – die Implementierungsphase ..... 214 Resümee: Zur Verschiebung der Grenzen des Sagbaren .................... 232 Die Longue-durée der Krisen ............................................................. 234 Resümee: Zum Effekt der ‚Heuschrecke/n‘........................................ 267 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus .................................................................................................. 269 Die ‚Heuschrecke‘ und das Bündnis „Bahn für Alle“ ........................ 283 Resümee: Zur Rejustierung sprachlicher Grenzen.............................. 313 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren........................................ 321 Anhang............................................................................................... 333
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6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9
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Übersicht über die Okkurrenzen der Pressetexte ................................ 333 Übersicht über das manuell zusammengestellte Tableau.................... 334 Übersicht über die Pressetexte des Samples ....................................... 335 Themencollagen des Samples 2005 – 2012 ........................................ 343 Collage der Kontexte .......................................................................... 345 Übersicht über die diskursiven Akteure.............................................. 347 Bildnachweise..................................................................................... 350 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften ............................ 365 Wissenschaftliche Literatur ................................................................ 403
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Danksagung Diese Studie ist unter dem Einfluss zahlreicher Personen und Institutionen gewachsen, die bei der Realisierung fördernd und unterstützend zur Seite standen. Mein Dank gilt dem Studienwerk der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die mein Promotionsvorhaben ideell sowie finanziell gefördert hat. Mit Antritt meiner Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in den Human- und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen fand ich Anregung, Kritik und Begleitung durch das dort herrschende solidarische, interdisziplinär orientierte, offene und unterstützende Forschungsklima. Ein großer Dank geht auch an die Archivar_innen und Bibliothekar_innen, deren Fachwissen mich um Längen voranbrachte. Für Inspiration, kritischen Anmerkungen, Ermutigung und Unterstützung danke ich ganz besonders meinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Daxner. Diese Arbeit profitierte zudem von der konstruktiven Kritik, den Anregungen und fruchtbaren Diskussionen mit zahlreichen Personen, von denen vor allem Charlotte Reuscher, Prof. Dr. Cordelia Hess, Prof. Dr. Stephan Quensel, Prof. Dr. Mieke Roscher, Ausma Zvidrina, Kathrin Herold, Julia Chaker, Prof. Dr. Henning Schmidt-Semisch, Allegra Schneider, Dr. Jennifer Gronau, Dr. Judith Kramer, Dr. Bettina Schmidt, Dr. Antje Krüger, Dr. Olaf Kistenmacher, Sandra Steinert, Dr. Benjamin Moldenhauer, Ray Kowaleskaya, Prof. Dr. Bernd Dollinger und Dr. Marion Schröder mein großer Dank gilt. Ebenso haben meine Studierenden an der Carl-von-Ossietzky-Universität sowie der Universität Bremen dazu beigetragen, meine Thesen zu überdenken. Für die Hilfe bei der Fertigstellung dieser Publikation möchte ich mich sehr herzlich bei Maria GrohmeEschweiler für das sorgfältige Lektorat und bei Sonja Rothländer für die Betreuung des Publikationsprozesses bedanken. Und nicht zuletzt gebührt meiner Mischpoche ein großer Dank, da sie mir mit ihrer Herzlichkeit, Widerständigkeit und ihrem Sinn für das schöne Leben wissenschaftliches Arbeiten überhaupt erst ermöglicht. Diese Studie ist aus einem fruchtbaren Disput entstanden und möge einen ebensolchen befördern.
Bremen, August 2014
M. Urban
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Prolog „Ärger mit dem Negerkönig: Wie rassistisch sind die Pippi Langstrumpf Bücher wirklich?“ (taz 26./27.1.2013, 12), fragte die taz Anfang des vergangenen Jahres. Initiiert durch die Theologin Eske Wollrad wurde eine Debatte um Rassismus in Kinderbüchern wieder aufgewärmt, deren Wurzeln bis in die 1970-Jahre zurückreichen (Rösch 2000). Zum Stein des Anstoßes gerieten die Erklärungen, die Astrid Lindgren ihrer rebellische Heldin Pippi Langstrumpf in den Mund legte: Diese erklärt ihren Hang zum Lügen mit ihren häufigen Besuchen in Afrika und ihre verrückte Ader mit ihrer Nähe zu ‚Negern‘.1 In der Debatte wird auch der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung Wolfgang Benz zitiert, der solche Narrative als weißen Dominanzanspruch kritisiert. Nach Benz handelt es sich bei entsprechenden Erklärungen um Reliquien aus der Kolonialzeit. Nach seiner Ansicht würden durch Kinderbücher aufgenommene Vorurteile helfen, ein Bild eines minderwertigen und unterwürfigen Fremden zu entwickeln, und diese seien, in der Kindheit herausgebildet, besonders nachhaltig wirksam (taz 24.2.2011). Noch bevor die Theologin das Wort ergriff, hatte bereits der Verlag Friedrich Oetinger, der 2010 eine Neuauflage der Abenteuer von „Pippi in Taka-TukaLand“ herausgab, auf die vorhergegangenen Erörterungen reagiert, indem er den „Negerkönig“ in der überarbeiteten Neuausgabe durch einen Südseekönig2 ersetzte (Die Presse 6.7.2010). Trotz dieser Intervention bleibe das „Gift der frühen Jahre“ (NWZ 7.9.2010) in der Kinderliteratur enthalten, so eine Kritik, da die pejorativen Zuschreibungen, und damit die Entwürfe der Figuren, nicht modifiziert worden waren. Im Verlauf der Debatte bilden sich zwei konfligierende Positionen heraus: Während von der einen Seite die für Rassismus sensible Kinder- und Jugendbuchliteratur, oftmals als konkrete Empfehlung, den Leser_innen3 nahegebracht 1
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Die einfachen Anführungszeichen weisen auf den Charakter einer sozialen Konstruktion hin. Dies gilt im Verlauf der Arbeit vor allem für den Begriff ‚Juden‘, der nach den Bedürfnissen von ‚Nicht-Juden‘ geformt ist und nicht als Zuweisung zu verstehen ist, wer oder was jüdisch sei (vgl. Daxner 2007, 203-210). Eigene Hervorhebungen werden als Lesehilfe und -hinweis kursiv gesetzt. In der Arbeit wird das generische Maskulinum vermieden und stattdessen die Variante des „Gender Gaps“ (Kusterle 2011, 57) verwendet. Diese Konstruktion intendiert nicht nur eine sprachliche Gleichberechtigung der maskulinen und femininen Form herzustellen, sondern die
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wird, kämpft die andere Seite gegen den „Maulkorb für Weltliteratur“ (Bild 7.11.2011). So richtet sich auch der eingangs zitierte Artikel gegen eine Sprachdebatte mit „impliziten Verbotsforderungen“ (taz 26./27.1.2013, 12): Zwar sei die „Begradigung“ der Sprache gut gemeint, aber sie komme nie umhin, in „Orwellsche Dimensionen“ abzugleiten. Dieser Topos einer Verbotslogik plausibilisiert die Zurückweisung sprachlich-kritischer Interventionen. Eine solche Handlungsrationalität wird zunehmend häufiger angeführt: Sprache sei zwar nicht neutral, aber anstatt sie von offensichtlichen weißen – oder auch patriarchalen – Machtmanifestationen zu bereinigen, müsse man über gesellschaftliche Vorurteile reden. Dass nicht alle Aushandlungen um sprachlich-kritische Intervention nach demselben Muster verlaufen, verdeutlichen die Auseinandersetzung um die Benennungen von Berggipfeln, Kletterrouten und Berghütten in den Alpen. Einerseits tragen hier äußere Merkmale zu einer Namensgebung bei, wie beim Sonnenspitz oder Schwarzkogel, andererseits sind es im 19. Jahrhundert oftmals die Erstbesteiger_innen, denen mit der Namensgebung ein Denkmal gesetzt wird (Lenz 2013, 117). Handelt es sich bei diesen um umstrittene Personen, kann die Namensgebung nachträglich zum Politikum werden. So erhitzten sich die Gemüter innerhalb des Österreichischen Alpenvereins etwa um den ehemaligen Bergsteiger Eduard Pichl, der als Erstbegeher einigen Routen seinen Namen vermachte, wie zum Beispiel dem „Pichlweg in der Dachstein-Südwand“. Pichl, ab 1921 erster Vorsitzender des Zweiges Austria des DÖAV, war nämlich ein glühender Antisemit, der auf mächtigem Posten bereits früh für den Ausschluss von jüdischen Mitgliedern aus dem deutschen und österreichischen Alpenverein stritt. Mit seinem bergsteigerischen Erfolg wollte man sich – nach langen Kontroversen – im Jahr 2002 nicht mehr rühmen und gab der „Pichlhütte“ in den Karnischen Alpen ihren ursprünglichen Namen „Wolayerseehütte“ zurück (Pollack 2002).4 Diese Umbenennung fußte auf einer längerfristig angelegten Initiative, die der Historiker und Alpinschriftsteller Peter Grimm Ende der 1980er-Jahre mit seiner Aufarbeitung der Geschichte der Alpenvereine angeregt hatte (Grimm 1987). Es dauerte einige Jahre, bis der Deutsche Alpenverein (DAV) dieses Thema unter dem Topos der Übernahme für die eigene Verantwortung aufnahm (Amstädter 1996; Mailänder 2006; Pollock 2006; Zebhauser 1998) und sich
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dichotome Struktur des Sexus als vermeintlich natürlich zu dekonstruieren und damit eine weitere Naturalisierung der Zweigeschlechtigkeit zu vermeiden. Für eine andere Namensänderung setzte sich im Jahr 2003 auch die Sektion Berlin des DAV ein: Ihr Anliegen glückte, und eine Route in der Nähe von Sölden im Ötztal, wurde von „Titzenthaler-Weg“ in „Cyprian-Granbichler-Weg“ umbenannt. Ausschlag für die Initiative gab die Biografie von Waldemar Titzenthaler, der sich neben Pichl 1922 maßgeblich für die Einführung des „Arierparagraphen“ in die Satzung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV) engagiert hatte (Pollack 2006, 3).
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berufen sah, Proklamation gegen Intoleranz sowie Richtlinien für Routenbenennungen zu formulieren (DAV 2001; Röhle 2007). Dieses junge Engagement der deutschen und österreichischen Alpenvereine präsentiert sich als Bekenntnis zu neuen Wertgrundlagen, mit dem die Verbände ihr Ansehen in der Öffentlichkeit verbessern wollen. Zwar existiert der Pichlweg in der Planspitze-Nordwand noch, und selbst glühenden Nationalsozialisten wie dem Bergsteiger Heinrich Harrer wird filmisch gehuldigt. 5 Gleichwohl rückt mit den Disputen um Vorbilder der Bergfreund_innen neben der Diskreditierung der Täter_innen auch das Gedenken an die Opfer des ‚Arierparagrafen‘ in den Fokus (Kaiser 2010).6 Durch einen Blick auf diese kontingenten Selbstpositionierungen treten die Verwebungen von Entwürfen der eigenen Identität und soziokulturellen Wandlungsprozessen zutage: So verorten sich die Sprecher_innen im neuen Jahrtausend beispielsweise innerhalb einer erneuerten nationalen Erinnerungskultur und wirken – durch ihre Diskursbeiträge – aktiv am kollektiven Bildervorrat und Narrativ mit. Wie immens groß der Einfluss einer kulturellen Prägung auf die Argumentationsmuster und die mit ihnen assoziierten Handlungsmuster ist, offenbart sich im europäischen Vergleich: Während einerseits, wie oben gesehen, die „historische Verantwortung“ das Ansehen stärkt, zeigt sich im Gegensatz hierzu in schwedischen Kontroversen, dass sich dort die in Foren diskutierende Klettergemeinschaft unter dem Rubrum der Meinungsfreiheit versammelt. Ihr gemeinschaftsbildender Konsens delegitimiert wiederum Umbenennungen von Kletterrouten, da es sich um unzulässige Sprachintervention handeln würde (Hess/Urban 2012a & b). Diese Beispiele sehr unterschiedlicher Provenienz exemplifizieren, wie langwierig und komplex sprachliche Interventionen angelegt sind und wie multifaktoral die Relationen zwischen Sprache, Praktiken, kulturellen und politischen Kontexten zu interpretieren sind. Während anhand des ersten Beispiels deutlich wird, wie eine Intervention zurückgewiesen wird, zeigt sich im Rekurs auf die Alpenvereine, dass sich zeitgleich in parallelen Diskursfragmenten auch Diskontinuitäten realisieren und dass diese wiederum an neue Praktiken wie beispielsweise Formen des Erinnerns anschließen. In beiden Diskursfragmenten wird außerdem deutlich, dass sich die Verhandlungen um das Sagbare nie nur um die 5
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Ein solcher Skandal entwickelte sich um die Person Heinrich Harrer, als sein Leben mit Brad Pitt in der Hauptrolle verfilmt wurde. Seine Mitgliedschaft in der SA und später der SS sowie sein bereits 1933 erfolgter Eintritt in die NSDAP beförderte Kontroversen um seine Person. Harrer distanzierte sich im Laufe der medialen Aufbereitung seiner Geschichte von seiner früheren politischen Orientierung und bezeichnete sie als „ideologischen Irrtum“ (Cole 2006). Im Alpinen Museum des DAV in München wurde beispielsweise eine Sonderausstellung mit dem Titel „Hast du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte“ konzipiert, die in den Jahren 2010 und 2011 gezeigt wurde.
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Grenzen dessen drehen, was gesagt werden darf, sondern dass es zugleich politische7 Kämpfe um möglichst allgemeingültige, hegemoniale Deutungen sind, die Implikationen transportieren, die den diskursiven Akteuren nicht unbedingt bewusst sein müssen. Weiter verkompliziert sich die Reflexion von Sprache, wenn – wie im eingangs zitierten Artikel aus der taz – zunehmend davon ausgegangen wird, dass Sprache die Wirklichkeit, wie wir sie erleben, erst hervorbringt: Denn wie sollen wir die Vorurteile in den Kinderbüchern kommentieren, wenn wir uns eingestehen müssen, dass uns wohl ein objektiver Blick versperrt bleibt?
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Zum Begriff des Politischen vgl. Kapitel I.1.
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Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
1.1
Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen Defining Enemies, Making Victims: The origins of modern genocide, as well as its long-term consequences, are thus deeply rooted in a history of metaphors of evil, or, perhaps, of evil metaphors claiming to be history (Bartov 1998, 809).
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Das Verhältnis zwischen Sprache, Praktiken und den jeweiligen soziokulturellen und politischen Kontexten – wie im Prolog aufgeworfen – fokussiert die hier vorliegen Studie, wobei sie sich, und hier weist das Eingangszitat von Omar Bartov den Weg, eben jenen diskursiven Formationen zuwendet, in denen Feinde definiert und Opfer produziert werden. Im Besonderen richtet sich das Interesse auf pejorative Tiersymboliken in judenfeindlichen Diskursfragmenten in der neueren und jüngsten Geschichte im deutschen Sprachraum sowie auf Tabuisierungen dieser Pejorationen in der postfaschistischen demokratischen Kultur wie schließlich die partiellen Aufweichungen der Tabus. Ziel dieser Studie ist es, eine Genealogie der pejorativen Tiersymbolik zu schreiben und innerhalb dieser diskursive Regelstrukturen herauszuarbeiten sowie die Verschiebung der Felder des Sagbaren in den politisch-kulturellen „Gelegenheitsstrukturen“ (Rensmann 2005, 211ff.) zu rekonstruieren. Dabei verdingt sich diese Genealogie den Prämissen einer sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse und zielt nicht in eine rein historische, psychologische oder gar linguistische Richtung. Insofern fokussiert die Studie nicht die Wirkung von pejorativer Tiersymbolik auf einzelne Subjekte noch wie eben jene Feinde oder Opfer anders hätten dargestellt werden müssen, damit diesen – wohlgemerkt nachträglich – Gerechtigkeit zukäme. Vielmehr fällt der Blick auf eben jene kontingenten diskursive Formationen, Praktiken und Institutionen, die ein soziokulturell spezifisches Wissen über die Feinde und Opfer bereitstellen und damit regeln was als wahr und was als falsch interpretiert
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
werden kann. Diese Kontingenz von Wissen voraussetzend, muss eine Analyse einer bestimmten Direktive folgen, so Michel Foucault:8
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Was tat Marx, als er in seiner Analyse des Kapitals auf das Problem des Arbeiterelends gestoßen ist? Er hat die gewöhnliche Erklärung zurückgewiesen, die aus diesem Elend die Wirkung einer natürlichen Knappheit oder eines abgekarteten Diebstahls machte. (…) Marx hat die Analyse der Produktion an die Stelle der Anprangerung des Diebstahls gesetzt (Foucault 2003a, 339). Auf dieses Forschungsvorhaben gewendet, rückt statt einer Anprangerung der Pejoration oder einer Kritik unethischer Sprache die Geschichte der Wissensbestände über den Anderen sowie – in Verbindung mit diesem – dem Eigenen ins Blickfeld. Für eine solche Geschichte gilt es sich vorab dem Begriff des Politischen zu nähern. Unter dem Politischen wird im Folgenden keineswegs ein auf Institutionalismus basierendes Politikkonzept verstanden, sondern generell ein „soziales Handeln, das auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen ausgerichtet ist“ (Bernauer/Jahn/Kuhn/Walter 2009, 32).9 Dieser Begriff des Politischen basiert auf dem Ansatz der Poststrukturalistischen Sozialwissenschaften und Soziologie, die eine Vorstellung von der Gesellschaft als positive und prädiskursive Formation zurückweisen und statt ihrer die Koexistenz heterogener Gesellschaftsbilder und widersprüchlicher Positionen anzeigen (Demirovic 2007, 55ff.; Marchart 2010b, 201; Moebius/Reckwitz 2008; Stäheli 2000). Das Soziale wird hier als diskursiv verfasst entworfen, das sich durch fragile und sich gegenseitig beeinflussende gesellschaftliche Formierungen herausbildet (Nonhoff 2007a, 9f.). Um das Soziale zu erschließen, müssen entsprechend die diskursiven Bilder und Strukturen untersucht werden, durch die sich die soziale Ordnung permanent neu konstituiert (Laclau 2005, 72-75). Damit steht die Kontingenz der sozialen Ordnungsbildung im Zentrum der Analyse, die – entgegen beispielsweise einer marxistischen Theoriebildung – über keine fixen Setzungen verfügt, die die Ordnungsbildung determinieren würde. In Anlehnung an Ernesto Laclau (2007, 120) 8
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Die Literatur von und über Foucault ist schier unüberschaubar und kann und soll nicht Gegenstand der Studie werden. Allein die Sammelbände ‚Dits et Ecrit‘ umfassen pro Ausgabe mehr als tausend Seiten und sind als vierbändige Ausgabe erschienen (Foucault 2003 & 2005). Eine erste Übersicht verschaffen Kammler/Parr/Schneider (2008) und Ruoff (2013). Chantal Mouffe formuliert einen entsprechenden Begriff des Politischen folgendermaßen: „Wollen wir diese Unterscheidung philosophisch auf den Begriff bringen, können wir in Anlehnung an Heidegger sagen, ‚Politik‘ beziehe sich auf die ‚ontische‘ Ebene, während das ‚Politische‘ auf der ‚ontologischen‘ angesiedelt sei. Das bedeutet, daß es auf der ontischen Ebene um die vielfältigen Praktiken der Politik im konventionellen Sinne geht, während die ontologische die Art und Weise betrifft, in der die Gesellschaft eingerichtet ist“ (Mouffe 2007, 15).
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1.1 Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen
geht diese Studie daher davon aus, dass sich weder aus den Produktionsverhältnissen noch aus der Gesellschaft die (zukünftigen) Formationen einer sozialen Ordnung herleiten lassen (vgl. auch Derrida 1983, 107f.). Ohne solche Setzungen10 bedarf es einer spezifischen Erklärung, wie sich aus widersprüchlichen Positionen innerhalb der Koexistenz heterogener Gesellschaftsbilder einzelne partikulare Interessen zu (vermeintlich) universal gültigen, hegemonialen Bedeutungen erheben können. In Anlehnung an Laclau und Chantal Mouffe (Laclau 2010; Laclau/Mouffe 2012) lässt sich dies hegemoniekritisch herleiten: Durch Diskurse konstituiert sich das politische Feld und darin konstruieren sich einzelne mögliche Subjektpositionen. Die Strukturwerdung der sozialen Ordnung wird dabei als konflikthafter Prozess begriffen, während sich gleichzeitig die (bis dato) hegemonialen Strukturen in die Diskurse einschreiben (Dzudzek/Kunze/Wullweber 2012b, 15ff.). Der Begriff des Politischen nimmt damit jene agonalen Aushandlungsprozesse auf, innerhalb derer sich diskursive Akteure mit ihren normativ formulierten, partikularen Interessen zu positionieren suchen (Nonhoff 2007a, 11f.). Die politische, hegemoniale Ordnung wird so performativ durch diskursive und nicht-diskursive Praktiken11 hervorgebracht (Mergel 2012). Dass diese performative Hervorbringung von Ordnung ohne Fixierungen verläuft, begreift Stephan Moebius (2003, 14f.) als Ermöglichung des Terrains des Politischen. Auf diesem Terrain wird den kulturellen12 Praktiken entsprechend eine gewisse Eigensinnigkeit zugesprochen. Hierdurch eröffnet sich ein (begrenzt) kreativer Subjektbegriff – der jedoch in einem dialektischen Verhältnis zu einer gesellschaftlichen Strukturbedingtheit steht. In dieser Studie werden die diskursiven Aushandlungen der sozialen Ordnung im Sinne der Hegemonietheorie von Laclau und Mouffe analysiert, die in Anlehnung an Jacques Derrida die Dekonstruktion für eine sozialwissenschaftliche 10
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Natürlich handelt es sich auch bei dieser poststrukturalistischen Konzeption um eine Setzung. Da nicht gänzlich auf Setzungen verzichtet werden kann, wird diese zumindest so flach wie möglich gehalten und als eine solche benannt. Unter nicht-diskursiven Praktiken werden hier nicht-sprachliche Praktiken verstanden wie Techniken, Institutionen, Gesetze etc. Damit folge ich Laclau und Mouffe, die jedes Objekt durch den Diskurs konstituiert sehen (2012, 143f.). Die Kritische Diskursanalyse orientiert sich an der Begrifflichkeit Foucaults: Für sie besteht das diskursive Gefüge aus einer Triade zwischen diskursiven und nicht-diskursiven, ergo nicht-sprachlichen Praktiken sowie Dispositiven (vgl. Abb.1). Zur Kontingenz der Theoretisierung von diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken bei Foucault vgl. Lemke (1997, 46ff.). Kultur wird hier nicht als Teilbereich oder Totalität der Gesellschaft verstanden, sondern in Anlehnung an Clifford Geertz als Kontext, als ein Rahmen von ineinander greifenden Systemen auslegbarer Zeichen, indem die Zeichen verständlich, nämlich dicht beschreibbar werden (Geertz 1995, 21). Bei Kultur handelt es sich um das Netz von Bedeutungszuweisungen, das von Menschen fortwährend gewoben wird. Damit ist Kultur etwas ganz Gewöhnliches, im Alltagsbewusstsein Verwurzeltes (vgl. auch Hall 1999, 17).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Analyse nutzbar machen: Ihre Hegemonietheorie versucht zu greifen, wie das Soziale und damit Sinnzusammenhänge produziert und transformiert werden. Dabei orientieren sich die Autor_innen zwar an Antonio Gramsci, entwerfen jedoch keinen neu-gramscianischen Ansatz, sondern lösen die Theorie aus ihrer strukturalistischen und streng marxistischen Prägung.13 Als Ansatzpunkt gilt ihnen stattdessen die Kontingenz und Ambiguität der sozialen Ordnung. Diese resultieren nach Mouffe und Laclau aus sozialen Spaltungen und sozialen Antagonismen (Laclau/Mouffe 2012, 238). Antagonistische Akteure ringen in diskursiven Kämpfen um die Durchsetzung ihrer speziellen Sinnzuweisung als allgemeingültig, damit um die Hegemonialisierung ihrer spezifischen Deutung und ihres konkreten partikularen Wissens. Die soziale Ordnung – mit ihrem Wissen und Strukturen – ist daher nur das prekäre (kurzweilige) Produkt politischer Artikulationen und partikularer Sinnzuweisungen, die für einen kurzen Moment in der sozialen Ordnung einen universellen Charakter suggerieren können. Die partikularen Sinnzuweisungen sind dabei nach einer Logik der Äquivalenz und Differenz gestrickt: Neue partikulare Sinnzuweisungen werden aus Äquivalenzketten gebildet und anderen Sinnzuweisungen gegenübergestellt (Diestelhorst 2007, 78f.; Laclau/Mouffe 2012, 175-187).14 Diese politischen Artikulationen können jedoch keine beliebige Gestalt entwickeln, sondern müssen an die soziale Ordnung und die bisherigen hegemonialen Deutungen anknüpfen – ohne jedoch von einem historischen Apriori vorherbestimmt zu sein. Die Dynamik zwischen diesen politischen Artikulationen und der sozialen Ordnung erklären Laclau und Mouffe folgendermaßen: Im Unterschied zum Sozialen als dem Feld sedimentierter Formen von Objektivität (wobei die Sedimentierung seine ursprüngliche Instituierung durch Machtverhältnisse verbirgt) ist das Politische das Moment der Reaktivierung, das ‚Wiederentdecken‘ der kontingenten Natur dieser Objektivität. In diesem Sinne werden gesellschaftliche Verhältnisse gerade durch die Unterscheidung zwischen dem Sozialen und dem Politischen gebildet (Laclau/Mouffe 2012, 19f.).
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Auch Derrida verzichtet auf die Setzungen Gramscis und wendet sich stattdessen einer neomarxistischen Kritik und einer emanzipatorischen Affirmation zu (Derrida 1995, 146-157). Da hier nicht ausführlich auf die theoretischen Debatten um die Theorien der Hegemoniebildung eingegangen werden soll, sei auf Critchley/Marchant (2004), Dzudzek/Kunze/Wullweber (2012a), Moebius (2003) und Nonhoff (2007) verwiesen. Das Verhältnis von Antagonismus zum pluralen Feld der Differenzen und damit als Negation der etablierten Äquivalenzen kann hier nicht detailliert dargestellt werden. Zum Antagonismus bei Laclau und Mouffe vgl. Demirovic (2007, 69-78), Marchart (2010b, 190ff.) und Nonhoff (2007b, 88).
Trotz der Sedimentierungen entstehen entsprechend politische Handlungsspielräume durch eine (bedingte) Offenheit des Feldes des Diskursiven: Durch performative Hervorbringung bestimmter Praktiken und Deutungen vertiefen sich bestimmte Sedimente, andere werden eingeebnet und neue herausgebildet. Das Soziale bleibt damit ewig unfixiert. Als hegemoniale Projekte werden auf diesem Feld der politischen Aushandlungen solche Sinnzuweisungen verstanden, denen es gelingt, partikulares Wissen und ihre Materialisierung als alternativlos und allgemeingültig zu institutionalisieren – also einen universell gültigen Charakter vorzutäuschen (Laclau 2010, 74f.). Nicht jede diskursive Artikulation besitzt im Ringen um die Deutungshoheit eine ideale Voraussetzung, um das jeweilige partikulare Wissen zu hegemonialisieren, denn die Projekte ringen auf den Sedimentierungen des Sozialen miteinander, auf gewachsenen Fundamenten mit einer Materialität aus Institutionen, Professionen, Gesetzen, ökonomischen und zivilgesellschaftlichen Strukturen etc. (Dzudzek/Kunze/Wullweber, 2012b, 17):15 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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1.1 Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen
Der Repräsentant schreibt ein Interesse also einer komplexen Wirklichkeit ein, die sich von jener unterscheidet, in der das Interesse ursprünglich formuliert wurde, und indem er dies tut, konstruiert und transformiert er dieses Interesse. Aber der Repräsentant transformiert damit auch die Identität des Repräsentierten (Laclau 2010, 142). Dabei verlieren bei den hegemonialen Sinnzuweisungen die Repräsentationen vermeintlich die Eigenschaft der Kontingenz: „Auf diese Weise tendiert das Instituierte dazu, die Form reiner objektiver Präsenz anzunehmen. Dies ist das Moment der Sedimentierung“ (Laclau 1990, 34; zitiert nach Marchart 2010b, 204). Dass sich diese Sedimentierungen nicht zu einem stabilen Gefüge und damit zu einer Schließung der sozialen Ordnung verfestigen, dafür sorgen Antagonismen. Um die Gräben der sozialen Antagonismen zumindest kurzweilig zu überwinden, bedarf es der Herstellung eines (gewissen) Konsenses und damit einer kurzfristigen Hegemonialisierung einer partikularen Sinnzuweisung. Damit gelingt eine immer neue Performanz von Sinn- und Identitätshervorbringungen (Wullweber 2012, 30-43).16 Für Martin Nonhoff erwirken die Antagonismen daher die Erschütterungen der Ordnung des Sozialen und bedingen die Logik des Politischen (2007, 10). Innerhalb dieser Logik des Politischen und vor der antagonistischen Strukturierung des Sozialen befeuern Widerständigkeiten die Kon15
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In den Worten von Laclau: „Nicht jede Stellung in der Gesellschaft, nicht jeder Kampf ist gleichermaßen in der Lage, seine eigenen Inhalte in einen Knotenpunkt zu transformieren, der zu einem leeren Signifikanten wird. (…) Diese Relation, in der ein partikularer Inhalt zum Signifikanten der abwesenden gemeinsamen Fülle wird, nennen wir ein hegemoniales Verhältnis“ (Laclau 2010, 74, Herv. im Orig.). Eine detaillierte Darstellung des Konzepts des Antagonismus vgl. Laclau (1979, 176-185).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
tingenz (Moebius 2008, 166). Insofern muss sowohl die Vorstellung eines allgemeingültig hegemonialen Wissens verworfen werden wie auch die Idee, dass diskursive Artikulationen seitens der Massenmedien oder potenter diskursiver Akteure im Sinne einer Top-down Perspektive ihre Sinnzuweisungen universalisieren könnten. Diese theoretischen Setzungen bilden die Grundlage einer Aufzeichnung der Genealogie pejorativer Tiersymbolisierungen: Die vorliegende Studie zielt entsprechend darauf ab, Sinnzuweisungen und Strukturen der sozialen Ordnungsbildung zu rekonstruieren. Dafür werden diskursive Verwebungen aufgeflochten und die Transformationen des kollektiven Motivvorrats rekonstruiert. Die kollektiven Tiersymbolisierungen werden ergo als ein Aspekt des gesellschaftlichen Wissens mit dem Abdruck sozialer Sedimentierungen interpretiert. Damit sind pejorative Diskursfragmente keine abspaltbaren Diskursfragmente, stattdessen bringen auch sie – in einem Netz mit anderen Diskursfragmenten – das Soziale mit hervor, da sie Wissen über den Anderen und das Eigene in Sinnzuweisungen zu fixieren suchen. Nun mag es auf den ersten Blick verwundern, dass über pejorative Tiersymbolisierungen nicht nur Wissen über den Andere, sondern auch das Eigene bereitgestellt wird.17 Ausgehend jedoch davon, dass diskursive Pejorationen als Anleitung im Umgang mit dem Anderen zu lesen ist, wobei im Anderen die Zweitrangigkeit und eine Randposition gegenüber dem Eigenen gesetzt ist (Moebius 2003, 9), wird evident, dass sich in den Zuschreibungen an den Anderen auch immer die Figuration des Eigenen realisiert. Differenztheoretisch ausgedrückt setzt die Pejoration eine Grenzziehung zwischen dem, was das Eigene und dem, was das Andere ist, um und bestimmt damit beides: das Andere und das Eigene sowie damit Strukturen einer sozialen Ordnung (Laclau 2010, 67f.). Solche Strukturen einer sozialen Ordnung werden dabei als machtvoll begriffen. Der Machttypus, um den es hier geht, lässt sich als Macht-Wissens-Komplex beschreiben, als ein System von hegemonialen Wissensstrukturen sowie sozialen Sedimenten. Pejorative Tiersymbolisierungen, verwoben mit einer sozialen Ordnung, ließen sich insofern als „normative Fluchtpunkte“ (Bröckling/Krasmann/Lemke 2004, 9f.) identifizieren, in denen sich immer auch Rationalitäten finden lassen, die unweigerlich darauf zielen, das rein Sprachliche zu überwinden. 17
18
Der Begriff des Anderen wird im Folgenden als Differenzsetzung verstanden, die in dialektischem Verhältnis zu dem Eigenen steht, also eine ambivalente Spannung des wechselseitigen Konstituierens darstellt und keiner Eigenschaft des Objekts oder einer Erfahrung geschuldet ist (Krusche 1990, 143). In einem sozialen, historischen und politischen permanenten Zuschreibungs- und Identifikationsprozess entsteht die Evidenz innerhalb einer sozialen Ordnung (Moebius 2003, 8).
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1.1 Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen
Vor diesen theoretischen Vorannahmen nimmt sich die Studie das Wissen über den Anderen wie über das Eigene vor, wobei der Rekonstruktion der Kontingenzen sowie den Diskontinuitäten eine zentrale Rolle zukommt. Die pejorative Tiersymbolik gilt es als Teil der Ausbildung einer sozialen Ordnung zu interpretieren. Dafür werden a) fragmentarisch einige dominante Tiersymboliken in der alten und mittleren Geschichte analysiert. Tradierungslinien, Paradigmenwechsel und die Kontingenz des kulturellen Bilderrepertoires werden herausgearbeitet; b) dafür werden im Folgenden Tiersymbolisierungen in literarischen Werken des 19. und 20. Jahrhundert und in antisemitischen Diskursfragmenten analysiert, wobei ihre Ausprägung in der Sprache des Nationalsozialismus, in der Lingua Tertii Imperii,18 einen hohen Stellenwert erhält; c) schließlich die postfaschistische Tiersymbolik in den Fokus genommen, wobei sowohl die partiellen Tabuisierungen nach 1945 (Norris 2005, 20; Rensmann/Schoeps 2008, 11), wie die Aktualisierungen der Grenzen des Sagbaren unter den demokratischen Rahmenbedingungen in der politischen Rede rekonstruiert werden.19 Als sozialwissenschaftlich ausgerichtete Studie leiten im Folgenden solche Fragen das Vorhaben, die über jene nach der Rekonstruktion der pejorativen Tiersymbolik – seinen Tradierungslinien und Paradigmenwechseln – innerhalb eines kulturellen Bilderrepertoires hinausweisen: Welche diskursiven Zuschreiben werden in den Diskursfragmenten durch die Tiersymbolisierungen transportiert mit dem Versuch sie am Anderen zu fixieren? Welche Konstruktionen des Eigenen werden in Abgrenzung zu diesem Anderen präsentiert? Welche Paradigmenwechsel und Aushandlungen der Grenzen des Sagbaren lassen sich rekonstruieren? Welche interdiskursiven Dynamiken lassen sich hinsichtlich des Wandels des Bilderbestandes – vor allem in der öffentlichen Rede nach 1945 – rekonstruieren? Welche Spuren einer kontingenten sozialen Ordnung lassen sich freilegen? 18
19
Victor Klemperer entwirft den Begriff der Lingua Tertii Imperii in seiner 1946 erschienen Studie für die spezifischen Ausprägungen der Sprache des Dritten Reiches (vgl. Klemperer 1969, 1723). Zur Aushandlung der Grenzen des Sagbaren in der öffentlichen Rede unter Bezug auf eine aktuelle Erinnerungspolitik vgl. Kapitel V; auch Bergmann (1997), Pallade (2006) und Rensmann (1998).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
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Um nicht in kleinteiligen linguistischen Spezifizierungen einzelner Tiersymbole verloren zu gehen, säumen vier Thesen den Weg, auf dem sich die Studie den Fragen widmen wird: 1. Historische und sozialwissenschaftliche Grundlagentexte der Antisemitismusforschung weisen darauf hin, dass Juden und Jüdinnen in mythischen Bildern als Über- sowie Untermenschen entworfen werden. Die Konstruktionen sind nicht nur innerhalb einer diachronen Perspektive vom Antijudaismus zum Antisemitismus, sondern auch innerhalb des Antisemitismus divergierend und heterogen: Juden und Jüdinnen werden zu Fremden im eigenen Kollektiv, würden dieses zersetzen oder intendierten den Tod der Mitglieder ihrer Umgebungskultur, dabei seien sie kulturell andersartig und/oder ihre Assimilation sei nur eine Tarnung (Haury 2001, 218ff.). Gleichzeitig beherrschten ‚Juden‘ durch ihre Lobbys oder durch Börsenspekulation, wahlweise auch durch das ‚jüdische Finanzkapital‘, die Welt. Zugleich, so wird weiter in eigentlich kontradiktorischer Weise postuliert, verantworten ‚Juden‘ den Bolschewismus sowie den Liberalismus. Die ‚Juden‘ werden entsprechend als das „Anti-Volk“ imaginiert, das allen Völkern als andersartig entgegensteht (Rensmann 2005, 74). Diese Vorstellungen kommen nicht von ungefähr, vielmehr hängt der moderne Antisemitismus mit dem Aufstieg der bürgerlichen Gesellschaft zusammen. ‚Juden‘ kommt im Antisemitismus die Rolle zu mit der politischen, rechtlichen, sozialen und kulturellen Moderne als Ganzes identifiziert zu werden (Rensmann/Schoeps 2008, 13). Durch Rückgriffe auf antijüdische Stereotype konnte die moderne, abstrakte Seite der modernen Welt und ihrer Ökonomie in dem ‚Juden‘ personalisiert werden. Der Antisemitismus ist insofern als eine autoritäre Rebellion oder antimoderne Reaktionsbildung zu interpretieren (Diner 2002, 188; Rensmann/Schoeps 2008, 14; Rensmann 2005, 73ff.). Dan Diner bezeichnet den Antisemitismus daher als säkulare Ideologie, die aus einem Nichtverstehen der kapitalistischen Vergesellschaftung den Juden braucht, um den Zusammenhang der Dinge zu erklären. (…) In einer solchen Weltanschauung sind die Juden eine Metapher; eine sehr konkrete insofern, daß, obwohl dieser Antisemitismus mit konkreten Juden nichts zu tun hat, sie zu seinen ersten Opfern gehören (Diner 1987, 68f.). ‚Juden‘ werden zu einer sozialen Konstruktion, die die Ambivalenz der Moderne und damit die Bedrohung des eigenen Kollektivs verkörpern (Frindte/Wammetsberger 2008, 288). Somit offeriert der Antisemitismus als Gesellschaftstheorie auch eine Lösungsmöglichkeit für wirtschaftliche, kulturelle und ökonomische Krisen (Rürup 1975, 91). Beim Antisemitismus handelt es sich also nicht nur um in sich widersprüchliche Zuschreibungen diffuser Ausgren-
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1.1 Forschungsgegenstand, Fragestellung und Thesen
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zungssemantiken, sondern (zumeist) um Versatzstücke in komplexen Weltdeutungssystemen. Diese werden, so hier die These, unter anderem mit Hilfe pejorative Tiersymbole realisiert. In ihren Subscriptiones20 werden durch Zuschreibungen Stereotypen herausgebildet und/oder veranschaulicht, Herabsetzungs- und Ausgrenzungsaspekte verdichtet und Handlungsrationalitäten präsentiert, die der sozialen Konstruktion des Anderen eine Kontur einverleiben.21 Mit dieser Bestimmung des Anderen, der die Gemeinschaft zersetzt, wird jedoch nicht nur dieser bestimmt, sondern ebenso die ‚Kulturnation‘ oder die ‚Volksgemeinschaft‘ imaginiert (Haury 2001, 218f.). 2. Diese Differenzsetzung zwischen dem ‚Jüdischen‘ und dem Eigenen basiert also auf einer dichotomen Struktur, die sich in den Tiersymbolisierungen reflektiert: Die Dichotomie, die im Prozess der Symbolisierung bei der target domain, also dem Anderen und Eigenen aufgemacht wird, basiert auf der zentralen Struktur der source domain, nämlich dem Verhältnis zwischen Tier und Mensch. In Anlehnung an den soziologischen Zweig der Human-Animal-Studies gehe ich davon aus, dass sich die Unterscheidung zwischen den Menschen und den Tieren als distinkte Differenz ausbildet, eine Setzung mit der aus anthropozentrischer Perspektive das Tier zum grundsätzlichen Anderen bestimmt und damit ‚Tier‘ zur Symbolfigur der Unterwerfung wird (Mütherich 2003). Diese soziale Konstruktion eines Anderen, sowohl der Kreatur als auch des dehumanisierten ‚Juden‘, drängt diese auf inferiore Positionen. Ihre Inferiorität ist in Handlungsrationalitäten eingewoben, die aus einem spezifischen Wissen über den Anderen hergeleitet werden, ein Wissen das die Inferiorität begründet. Der inferiore Andere kann dabei nicht nur als niederes Übel, sondern (auch) als Bedrohung des Eigenen präsentiert sein. Die Bedrohung des eigenen Kollektivs durch den Anderen bereitet dabei potentiell den Boden für eine radikale Interventionslogik (Bröckling/Krasmann/Lemke 2000, 14): Diese Logiken folgen politischen Rationalitäten, wie wir oben gesehen haben. Im Folgenden gilt es entsprechend, die Rationalitäten zu explizieren und zu rekonstruieren, welches Wissen, welche Praktiken und Deutungsmuster sich in diesen einschreiben. Eine Spur, die hier zu diesem Zweck aufgenommen wird, nimmt die Widerstände gegen Rationalitäten in den Blick und reflektiert diese im Hinblick auf ihren Wahrheitseffekt (Bröckling/Krasmann/Lemke 2000, 23). 3. Weiter gehe ich davon aus, dass die Pejorationen weder aus der Kreatur noch aus dem Sein von Juden und Jüdinnen abgeleitet werden können. Sowohl die 20 21
Zur Begriffsklärung von Subscriptiones vgl. Kapitel 1.3. Ebenso wie dies Klaus Holz für seine Semantikanalyse konstatiert, geht es auch in dieser Untersuchung nie um individuelle, nicht kommunizierte oder unterbewusste Vorurteile, sondern um soziale, diskursive Semantiken, eines in sich strukturierten Sinngehalts (Holz 2001, 23).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Kreatur als auch der ‚Jude‘ werden hier als soziale Phänomene behandelt, die nicht auf einem wahren Kern oder ontischen Grund basieren, auf die die Phänomene zurückzuführen wären (Derrida 1983, 107f.). Für die Forschungsperspektive bedarf es entsprechend einer spezifischen Brille: Wenn sich die sozialen Phänomene einer objektiven Bestimmung entziehen und auf keine Natur zurückgeführt werden können, so müssen sie über kontingente Zuschreibungen herausgebildet und damit selbst als Effekte von machtvollem, hegemonialem Wissen interpretierbar sein. Geht man also einerseits – wie oben expliziert – von einem dialektischen Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Anderen aus, so vermag ein Sinnüberschuss bei der Herausbildung des Anderen als machtvolles Movens verstanden werden (Laclau/Mouffe 2006, 181) und damit eine Rekonstruktion von diesem Verhältnis im Sinne einer differenztheoretischen Analyse von Relevanz sein. Andererseits ermöglicht die Setzung, dass selbst hegemoniales Wissen niemals fixiert ist und soziale Konstruktionen einer permanenten Aushandlung und Reformulierung ausgesetzt sind, obwohl ihnen die Eigenart einer Konsensfiktion anhaftet (Laclau 2010, 120) – eine Explizierung der Kontingenz, über die ein Zugang zur Rekonstruktion von Strukturen der sozialen Ordnung ermöglichen werden kann. Dass sich überhaupt einer sozialen Ordnung genähert werden kann, basiert einerseits darauf, dass die Kreatur als das archetypisch Andere verstanden wird, wie andererseits die Antisemitismusforschung auch über den ‚Juden‘ formuliert, dass dieser in antisemitischen Diskursfragmenten den ‚Völkern‘ als das Andere gegenüber gestellt wird. 4. Ich gehe davon aus, dass sich nach der politischen Zäsur 1945 und damit der Tabuisierung von judenfeindlichen Dehumanisierungen in der öffentlichen Rede eine Reaktualisierung des kulturellen Bildrepertoires vollziehen muss, diese Verdrängung jedoch agonalen Aushandlungen ausgesetzt ist. Innerhalb politischer Aushandlungen sind die Grenzziehungen zwischen dem Sagbaren und dem Tabuisierten zu legitimieren und die Grenzen zu setzen, beziehungsweise zu rejustieren und modellieren. Wenn nun Juden und Jüdinnen nach 1945 in der öffentlichen Rede nicht mehr direkt die Rolle des bedrohlichen Anderen besetzen können, dann müssen, so meine These, Ersatzfiguren das Bedrohliche in der modernen Vergesellschaftung inkorporieren. Es ist anzunehmen, so meine vierte These, dass der ‚Globalisierung‘22 und mit ihr der sozialen Deregulierung und den sich verändernden Produktionsbedingungen diskursiv ein hohes Gewicht beigemessen wird, da Problemlagen und Konflikte erklärungsbedürftig sind und neuer Identitätsentwürfe bedürfen (Knobloch 2007). Während sich also das kulturelle Bildrepertoire durch die Zäsur verschiebt, so nehme ich an, tradieren sich 22
22
Zum Begriff der Globalisierung und seiner Verwicklungen in die Durchsetzung der neoliberalen sozialen, ökonomischen und politischen Strukturen vgl. Görg (2004).
1.2 Forschungsstand und Untersuchungsperspektive
spezifische Ressentiments, auch wenn sie sich im Gewand neuer pejorativer Sinnzuweisungen kleiden. Die Genealogie der pejorativen Tiersymbolik bewegt sich entlang dieser Thesen und theoretischen Setzungen. Die Studie zielt dabei auf eine Relationierung von Strukturen und Ereignissen im Rahmen einer Differenztheorie (Stäheli 2008, 117f.). Auf welchem Terrain hat sich nun aber eine solche sozialwissenschaftliche Studie zu verorten?
Forschungsstand und Untersuchungsperspektive
Eine Rekonstruktion des kulturellen Bilderrepertoires und seiner Kontingenz innerhalb diskursiver Strukturen muss sich zu drei Forschungsfeldern positionieren: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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1.2
1. Das erste Forschungsgebiet basert aus Arbeiten, die den Zusammenhang zwischen diskursiven Formationen und nicht-diskursiven Praktiken erörtert haben. Im Angesicht von Auschwitz23 sind umfangreiche Studien zu judenfeindlichen Semantiken und Praktiken der Ausgrenzung entstanden. Dabei fokussieren die Forschungen entweder auf spezifische diskursive Entwicklungen (Rohrbacher 1993 & 1999; Rohrbacher/Schmidt 1991; Graus 1994) oder akteurspezifische Symbolbestände (Albanis 2009; Altmann 1971; Anzulewski 2009; Volkov 1990). Eine weitere Perspektive verfolgt spezifische Semantiken (Cobet 1973; Diner 1987; Hödl 2002; Hortzitz 1988, 1995 & 1999; Mogge 1977), Topoi (Berghoff 1999; Bering 1992; Gender-Killer 2005; Grötziger 2003; Lichtblau 1995) oder die visuellen Präzedenzen von Tiersymbolisierungen (von Braun 1999; Haibl 2009; Klein 2001; Schäfer 2004). Außerdem sind bereits früh richtungweisende Studien über spezifische Ausprägungen der Sprache des Nationalsozialismus entstanden, in denen Tiersymbolisierungen als Teilaspekt berücksichtigt sind (Bein 1965; Berning 1964; Klemperer 1969; Schäfer 1962). Ein anderer Zugang befasst sich vorrangig mit Tiersymboliken und wendet sich unter diesem Vorzeichen ihrer Relevanz in Exklusionssemantiken zu (Dittrich 2005; Copper 1974; Giebel 2003; Gold/Backhaus 1999; Haibl 2009; Klein 2001; Obermann 1981; Sax 2000 & 2007; Shachar 1974). Schließlich ist auf zwei grundlegende Werke hinzuweisen, die ebenfalls eine Genealogie einer pejorativen Tiersymbolik vorlegen: Während Ulrich Enzensberger (2001) die Geschichte des Parasiten unter Exemplifizierung sämtlicher diskursiver und nichtdiskursiver Kontexte entwickelt, nimmt sich Julia Schäfer (2004) die Begriffsge23
Auschwitz wird in dieser Studie pars pro toto für sämtliche Vernichtungslager und -orte verwendet.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
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schichte des „jüdischen Schädlings“ vor und arbeitet diskursive Verknüpfungen und Opportunitätsstrukturen heraus. Zudem sind aus der Feder von Jobst Paul diverse Analysen von diskursiven Erscheinungen pejorativer Tiersymbolik geflossen, wie z.B. eine Kollektivsymbolanalyse der Konstruktion des rassifizierten, inferioren Anderen (Paul 2003), die nicht nur wegen ihrer methodischen Nähe, sondern auch durch Pauls präzise Recherche einen großen Einfluss auf diese Studie haben. 2. Weiter werden solche Arbeiten einbezogen, die sich der symbolischen Dimension von Sprache zuwenden. Das kulturelle Bilderrepertoire, in dem grafische wie sprachliche Bilder zusammengefasst sind, wird im Sinne einer sozialen Erscheinung als traditionsreiche Konstruktion reflektiert. Zwei methodische Annäherungen bestimmen dieses Feld: Einerseits wird die Produktion sozialer Wirklichkeit, sei es die Figur des Anderen oder ökonomische Konstruktionen wie beispielsweise ‚der Spekulant‘ und ‚die Finanzmärkte‘ über permanente Zuschreibungen innerhalb einer kulturspezifischen Bildlichkeiten rekonstruiert. Andererseits wird die Symbolik bestimmter Diskursstränge oder -fragmente auf ihre Denotation und Konnotation und damit auf ihre Wirkung und der ihr innewohnenden Deutungsmuster und Handlungsrationalitäten analysiert. So zeigt sich, dass Debatten – wie etwa die Globalisierungsdebatte – kulturtypologischen Grundregeln folgen (Disselkötter/Parr 1994, 58f.), die auf eine historisch gewachsene Bildlichkeit rekurrieren24. Auch in Diskursproduktionen um diskursive Ereignisse, wie Anfang der 1990er-Jahre im Rahmen der Asylrechtsdebatte, können spezifische Symbolbestände rekonstruiert werden (Link 1992 & 1993). Die Analysen vermögen es, sowohl die Wirkmächtigkeit der diskursiven Bilder wie die ex- und impliziten Handlungsappelle nachzuzeichnen: Anfang der 1990er-Jahre wurde beispielsweise über Symboliken von Fluten und Massen eine Bedrohung visualisiert, die durch Handlungsappelle wie „das Boot ist voll“ Schließungsappelle transportierten (ebd.). Die Symbolik von (Finanz)Spekulation, der Finanzmärkte und der abstrakten Ökonomie ist hingegen durch Sprachbilder aus der Kategorie Spiel und Sport geprägt (Schwarz 1998, 48-49). Dirk Verdiccio (2005, 131) expliziert, dass auch animalische Zuschreibungen an die Finanzmärkte und ihre Akteure Gefahr und Monstrosität versinnbildlichen. 25 Zugleich kann er zeigen, wie diese Symbolisierungen der abstrakten Strukturen über eine Biologisierung in ein dichotomes Muster des positiv konnotierten Eigenen versus eines schädlichen und parasitären Anderen eingeordnet sind (ebd. 24
25
24
Beispielsweise zu religiösen Sedimenten in Globalisierungsdiskursen vgl. Schobert (1995, 5355). Zur Naturalisierung ökonomischer Prozesse vgl. Ennis (2001, 249); zur Wirkung abstrakter Konstruktionen als soziale Landschaften vgl. Kreft (2001, 128) und Schrage (2004, 63).
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1.2 Forschungsstand und Untersuchungsperspektive
61-63). In solcherlei Rekonstruktionen sind diskursive Verschränkungen von besonderem Interesse: Diverse Analysen wenden sich dem Niederschlag der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Biologie und Medizin in der Herausbildung der judenfeindlichen Ausgrenzungsdiskurse im 19. Jahrhundert zu (CharterisBlack 2004, 137; Jansen 2003, 19; Schäfer 2004; Wellmann 2008, 284).26 Auch kann verfolgt werden, wie (Pseudo-)Wissenschaften das Bild des Anderen – unter anderem durch Rassentheorien – grundsätzlich rekonfigurieren (Bergmann/ Erb 1989, 196).27 Ebenso sind die Konstruktionen des Eigenen als organisch gewachsener ‚Volkskörper‘ oder eines vermeintlich rechtmäßigen Anspruches auf ‚Lebensraum‘ auf eine Verwebung verschiedener Diskurse zurückzuführen, wie beispielsweise der der nationalistischen Bewegungen mit biologischen Spezialdiskursen (Bein 1965; Berning 1964, 203; Hortzitz 1999, 24; Jansen 2003, 18ff.).28 Weiter zeigen Analysen, wie diskursive Ereignisse wie Kriege und Krisen eine eklatante Verschiebung von Inklusions- und Exklusionssemantiken und ihrer Bildlichkeit evozieren können (Jäger 2002). Wissensbestände und ihre ikonische Repräsentanz werden bei diesen Arbeiten als Teil machtvoller Praktiken interpretiert, die auch nicht-diskursive, beispielsweise politische Praktiken präfigurieren und Interventionen wie beispielsweise bevölkerungspolitische Maßnahmen mit einer vermeintlichen Natürlichkeit ausstatten und somit legitimieren können (Jäger/Jäger 2007, 39; Jansen 2003, 193; Schwarz 1998, 53). 3. Außerdem baut die Studie auf Arbeit zu einer konkreten Symbolik auf, in concreto: der Heuschreckensymbolik, die sich nicht nur bei politischen Akteuren einer großen Beliebtheit erfreut, sondern auch in der Scientific Community en vogue ist. Hier lässt sich zwischen zwei Perspektiven differenzieren: Einerseits werden die Heuschreckensymbole als Teil eines politischen Diskurses untersucht. Clemens Knobloch interpretiert die ‚Heuschrecke‘29 als Icon in der Sym26
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Dass solche Strukturmuster nach bestimmten Prinzipien aufgebaut sind, macht Oppenhäuser deutlich, indem er die binären Konstruktionen innerhalb der Globalisierungsdebatte im Rahmen von Natursymbolisierungen nachzeichnet (2006, 40ff.). Jürgen Link arbeitet beispielsweise die Charakteristiken der Kollektivsymbolik in Konflikt- und Feindsymbolisierungen heraus (Link 2002, 45ff.) und verdeutlicht, wie der Zusammenhang zwischen den Darstellungen des subjektlosen Feindes als wimmelnde Insekten sich quasi als natürliche Bedrohung interpretieren lässt und kriegerische Auseinandersetzung legitimiert. Chateris-Black hebt hervor, dass in einigen diskursiven Bereichen die Wirkung einer Metapher vielen Diskursteilnehmer_innen bewusst ist, z.B. in der Werbung. In wieder anderen, wie in dieser Vorstellung der Moderne von der Nation als Organismus, ist die Wirkung oftmals verdeckt und kann auch bei den Sprecher_innen unbewusst verlaufen (vgl. Charteris-Black 2004, 250). Zum Nachleben solcher völkischen Narrationen vgl. Dietsch (2003) und Jäger/Kretscher (1998). Auch im Fall der ‚Heuschrecke‘ werden einfache Anführungszeichen gesetzt, um hervorzuheben, dass es sich hier um eine Symbolisierung, damit um eine soziale Konstruktion und nicht um die Tiere handelt. Im Verlauf der Arbeit wird eine besondere Schreibweise von ‚Heuschrecke/n‘
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
bolpolitik der SPD während des nordrhein-westfälischen Wahlkampfs im Jahr 2005. Dort wurde, so Knobloch weiter, mit der ‚Heuschrecke‘ ein Medienereignis provoziert, das eine breite Medienöffentlichkeit evozierte (Knobloch 2007, 17). Diese Symbolik der ‚Heuschrecke‘ wird als Aspekt in einer vordergründigen „Kapitalismuskritik“ der SPD ausgemacht, in der mit einem Schaukampf gegen „die Macht des Kapitals“ auf Stimmenfang gegangen wurde (ebd., 18f.). Zentral in dieser „Kapitalismuskritik“ ist die Gier und entlang ihrer Verurteilung wurde eine grundlegende Wertediskussion formuliert, die eng mit einer nationalen Überkodierung verwoben ist (ebd., 25). Unter Bezugnahme auf Jürgen Link arbeitet Knobloch die disziplinierende Wirkung einer „Erzählung des machtlosen Staates“ (ebd., 29) und der re-moralisierenden Wirkung einer politischen Sachzwangslogik heraus (ebd., 44). Auch Holger Oppenhäuser wendet sich der Symbolisierung von Kapitalismus und Globalisierung im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Heuschreckensymbolik zu. Ökonomische Prozesse werden, so zeigt er, seit der Krise des fordistischen Akkumulationsregimes vorrangig über die Symbolkategorie des Glückspiels versinnbildlicht, wodurch im Alltagsverstand das Bild erzeugt wird, dass der Einsatz und die Waren, die sich die Gewinner kaufen können, mit dem Spiel selbst nicht zu tun haben (Oppenhäuser 2007, 44). Oppenhäuser diagnostiziert eine Überfülle an Symboliken in der Verbildlichung des Zirkulationsprozesses, die dem Umstand geschuldet sind, dass ein extrem komplexer Gegenstand verständlich gemacht werden soll. Gleichwohl problematisiert er die Symbolik an der neuralgischen Stelle des zinstragenden Kapitals, da sie nicht nur mit der spezifischen Bildlichkeit, sondern auch mit ihren Deutungsmustern Ähnlichkeiten zu antisemitischen Erklärungsmustern besitzt bzw. besitzen kann (ebd., 45). Dennoch sei nicht die Symbolik per se antisemitisch, stattdessen müssten entsprechende Verknüpfungen im Diskurs ausgeführt sein (Oppenhäuser 2006a, 22). Auch Alexander Ziem kommt im Rahmen einer detaillierten Korpusstudie zu dem Ergebnis, dass durch die spezifische Konzeptualisierung der Heuschreckenmetapher das zerstörerische Potential des Kapitalismus und das kapitalistische Prinzip der Profitmaximierung als eine besondere Spielart des Kapitalismus konzipiert wird (Ziem 2008b, 114). Ziem interpretiert die Heuschreckenmetapher als Vorzeichen einer sozialen Stigmatisierung, deren Vorläufer er in historischen Metaphernverwendungen wie etwa während der sogenannten Hepp-Hepp-Pogrome im frühen 19. Jahrhundert verortet (ebd., 118). Als semantischen Rahmen der aktuellen Metaphernverwendung identifiziert auch er die „Kapitalismusdebatte“ der SPD, in der – unter bildlicher Analogisierung als Heuschreckenschwarm – das Plagenhafte und Zer-
verwendet, eine Hilfskonstruktion, die den Lesefluss erleichtern soll und die Verwendungen des Singulars und Plurals vereint.
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1.2 Forschungsstand und Untersuchungsperspektive
Eine andere Perspektive auf die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik entwickeln Analysen innerhalb der ökonomischen Fachdisziplinen. Mit dem Forschungsschwerpunkt auf der Finanzkommunikation wendet sich Alessandro Schwarz den politischen Tendenzen in der medialen Berichterstattung und ihrer charakteristischen Präsentation der Private-Equity-Branche zu. Durch die Implementierung der Heuschreckensymbolik gewinnt das Themenfeld an Resonanz, und Aspekte werden mit einem kritischen Tenor versehen – etwa Geschäftspraktiken wie Transaktionen, die Finanzierung der Übernahmen durch Schulden, Rekapitalisierungen, Arbeitsplatzabbau und hohe Managergehälter (Schwarz 2008, 88-95). Schwarz zeichnet dabei nach, dass eine solche mediale Präsentation zu einer Professionalisierung der Pressearbeit der Branche führte (ebd., 97). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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störerische der ökonomischen Prozesse hervorgehoben wird (Ziem 2008a, 395402).
Das Terrain, auf dem diese Analyse entsteht, ist also keineswegs eine terra incognita, vielmehr hebt der hohe Standard, den diese Analysen aus den Politik-, Wirtschafts-, Geschichts-, Sprach- und Sozialwissenschaften vorlegen, die Messlatte. Zudem bilden diese Studien auch die Grundlage, auf der sich diese Studie erst aufzurichten vermag und sich die Fragestellung erst formulieren lässt. Voraussetzungsvoll ist die Forschung außerdem, da die Hinwendung zur Produktion von Sinn und sozialer Ordnung auch immer an die Frage der Macht und ihrer Strategien gekoppelt ist. Pejorative Tiersymbolik ist unter dieser Voraussetzung kein klar separierbarer und damit sauber sezierbarer Teil eines Ausschließungsdiskurses, sondern in vielseitige Praktiken, Ideen und Deutungsmuster eingeschrieben, wie dies bereits Stuart Hall (2000, 8) formulierte.
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Für solche Analyse hegemonialer Deutungen von sozialen Konstruktionen entwickelte sich in den vergangenen Jahrzehnten eine konzeptuelle Reichhaltigkeit an analytischen Vorgehensweisen und semantischen Foci.30 Allein drei große Schulen der Diskursforschung verschreiben sich dieser Perspektive, wobei die Frage nach machtvollen Wissensbeständen den Blick auf Foucault lenkt.31 Die Kritische Diskursanalyse (KDA)32 orientiert sich an Foucault und fokussiert die
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Die Varianz lässt sich nicht auf die klassischen Schulen wie Postmoderne Theorie oder Kritische Theorie reduzieren. Selbst die diskursanalytischen Ansätze variieren entlang fachlicher Disziplinen wie der Linguistik, Geschichtswissenschaften, Politologie, Soziologie oder der Bewegungsforschung. Zum anderen entspringen die Forschungsperspektiven verschiedenen Schulen, deren Wissenschaftstraditionen, methodologische Überlegungen, theoretische Anleihen und Begrifflichkeiten variieren und die sich nicht zuletzt auch durch ihre Forschungsgegenstände unterscheiden (vgl. Angermüller 2005). Der zweite Strang verfolgt politische Deutungs- und Aushandlungsprozesse mit dem Fokus auf dem Verhältnis von Diskurs und Subjekt. Die theoretischen und methodischen Annäherungen erfolgen über die Schriften von Pierre Bourdieu. Als dritter Strang kann die Diskursethik der Sozialphilosophen Jürgen Habermas und Karl-Otto Apels benannt werden, die auf einer Theorie des kommunikativen Handelns basiert (Keller 2004, 20-59). Auch unter dem Mantel der kritischen Diskursforschung verbirgt sich ein heterogenes Set an Ansätzen: Zum einen brilliert die Wiener Schule um Ruth Wodak und Martin Reisigl, die sich von Foucault abwenden und sich einer traditionellen Analytik im Sinne der Kritischen Theorie verschreiben (Wodak/Reisigl 2001). Der Diskurs wird als eine Form der sozialen Praxis und diskursive Handlungen als gerahmt von Institutionen, Situationen und sozialen Strukturen verstanden. Wodak wendet sich explizit gegen die postmoderne Theorie und ihr Konzept von Diskurs / Macht, da sie Sprache personalisiere und autonomisiere (ebd., 31). Ihre Richtung wird als Critical Discourse Analysis (CDA) bezeichnet, zu der neben der Wiener (Weiss/Wodak 2002 & 2006; Wodak 2000), auch die Amsterdamer um van Dijk (1991a; 1991b und 2005) und die britische Strömung um Fairclough (2006 & 2007), Chouliaraki/Fairclough (2002) sowie die Loughborough-Gruppe zu zählen sind. Unter diesen entwickelte der englische Sprachwissenschaftler Norman Fairclough eine Methode, mit der in ideologiekritischer Absicht der Einfluss von Machtverhältnissen auf den Inhalt und die Struktur von Texten untersucht werden kann. Faircloughs Theorien basieren auf den linguistischen Ansätzen von Michail Bachtin und Michael Halliday. Die soziologischen Einflüsse haben ihre Wurzeln bei Antonio Gramsci, Louis Althusser, Bourdieu und in geringem Maße auch bei Foucault (Fairclough 2006). Der Niederländer Teun van Dijk greift vor allem das politische Feld mit seinen Verstrickungen von Begriffen, Kategorien, Symbolen und Bilder auf, wobei die diskursive Absicht der Akteure als sprachlich symbolische Eigendynamik der diskursiven Prozesse dechiffriert wird. Besonders sind für van Dijk die Reproduktionen von Vorurteilen im kulturellen Langzeitgedächtnis von Interesse (1984, 25f.). Darüber hinaus ist die Loughborough-Gruppe um Margaret Wetherell and Jonathan Potter (Wetherell/Potter 1992 & 1984) anzuführen, die sich auf den britischen Kulturwissenschaftler Stuart Hall beziehen. Sie nehmen die Vorstellung der Bedeutungsproduktion durch Kodierung und Dekodierung und den Begriff der latenten Argumentationsmuster auf. Ihr Fokus liegt auf
Kopplung von Perzeption, Kognition und kommunikativen Praktiken, die Handlungsoptionen vorstrukturieren.33 Ihre Grundlage bildet das Theorie- und Methodenkonzept von Siegfried und Margarete Jäger (1999, 2004 & 2007), die sich der kollektiven Wissensordnung und den Bereichen des Sagbaren beziehungsweise dessen Veränderung zuwenden.34 Ihr Ansatz liefert einen idealen Werkzeugkasten, um sprachliche Bilder und die mit ihnen assoziierten argumentativen Figuren und Deutungsmuster zu analysieren. Zudem entstanden in Kooperation mit dem Linguisten Jürgen Link Termini, theoretische Grundlagen und ein methodischer Leitfaden, die neben der klassischen diskursanalytischen Ausrichtungen auf Diskursstränge und -fragmente sowie Dispositive insbesondere eine kollektiv geteilte Symbolik adressieren. Durch diese Aggregation lässt sich durch die KDA die sprachliche und bildliche Dimension des Diskurses ins Zentrum rücken und damit auch die Wissensbestände, die diese herausbilden.35 Zugleich ist die Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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dem hegemonialen, alltäglichen, weitestgehend unhinterfragten Wissensbestand einer Gesellschaft. Eine im Jahr 2010 erschienene erweiterte Auflage einer Bibliografie von Studien, die sich im Sinne der KDA mit den Konzepten Interdiskurs und Kollektivsymbolik beschäftigt, verweist auf knapp 1000 Veröffentlichungen (vgl. Paar/Thiele 2010). Ihr ausdrücklicher Wunsch ist es, eine explizit kritische Forschung zur diskursiven Aushandlung zu erarbeiten, um eine politische Intervention in Gestalt der Belebung und Stärkung von Gegendiskursen zu ermöglichen (Jäger 2004, 224). Sie wollen historisch gewachsene Vorurteilsstrukturen zum Verfall bringen. Ihre Diskursanalyse wird somit als „Strategie der Resistenz“ (Link/Link-Herr 1980, 91) präsentiert. Diese Willenserklärung widerspricht keineswegs wissenschaftlichen Leitlinien, da sie eine objektive Forschung als Hybris identifiziert. Dieses reflektierend legen Jäger und Jäger Richtlinien für die Forschung fest: So sind subjektive Referenzpunkte zu vermeiden und eine eigene Verstrickung anzuerkennen und folglich ein Postulat einer alleinigen Wahrheit zu vermeiden (Jäger/Jäger 2007, 37). Für einen solchen Fokus bietet sich außerdem das Forschungsfeld der Metaphernforschung und Metaphorologie an, das überwältigend umfangreich ist: Allein für die 1970er- und 1980er-Jahre haben Jean-Pierre Van Noppen, Sabine de Knob und René Jongen (Noppen/Knob/Jongen 1985; Van Noppen/Hols 1990) ca. 8.000 Neuerscheinungen in ihrer Bibliografie erfasst, und für die letzten über zwanzig Jahre ist eine vergleichbare Anzahl an Neuerscheinungen kalkulierbar. Unter dem Oberbegriff der Metaphernforschung verbergen sich wiederum konkurrierende Theorien, deren Ansätze zum Teil unvereinbar sind, sich kontradiktorischen theoretischen Anleihen verpflichtet fühlen und folglich von unterschiedlichen Erkenntnisinteressen geleitet werden (zur Systematisierung vgl. Roggenbuck 2005, 63-90; Haverkamp 2007, 19-22). Durch den Briten Jonathan Charteris-Black (2004 & 2005) ist ein Konzept entwickelt worden, das sich explizit als Critical Metaphor Analysis versteht. Dieser zufolge helfen Metaphern durch ihre tiefe Verwurzelung im kulturellen Bildervorrat, neue Inhalte zu interpretieren, sie sind Teil legitimatorischer Strategien und können emotionale Reaktionen provozieren (Charteris-Black 2005, XI). Metaphern, so Charteris-Black weiter, sind in linguistischen Strategien zur Überzeugung eingebettet und übernehmen eine Führungsrolle in der Entwicklung von Glaubenssystemen (ebd., 2). Da es sich bei dieser Untersuchung jedoch nicht um eine sprachwissenschaftliche, sondern um eine primär sozialwissenschaftliche handelt und es in diesem Rahmen nicht vordergründig interessant ist, Metaphern diachron zu verfolgen, sondern es um die Erfassung der gesamten kulturtypolo-
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KDA den kontext- und zeitbezogenen Dimensionen verpflichtet: Auf der synchronen Ebene werden die Kopplungen und Amalgamierungen von Diskurssträngen aufgegriffen und ihre Wirkung auf die Diskursinstitutionalisierung und -strukturierung anvisiert. Eine solche Perspektive drängt sich unter Berücksichtigung des Forschungsstands auf, der auf eine enge Verknüpfung von Erkenntnissen der Biologie und der Medizin bei der Herausbildung des kollektiven Bilderrepertoires verweist. Außerdem wird unter Bezugnahme auf Foucault der diachronen Dimension von Diskursen große Bedeutung zugeschrieben. 36 Die KDA bietet eine Perspektive an, die den Diskurswandel und die diskursiven Gelegenheitsstrukturen fokussiert. Dieser diachronen Perspektive innerhalb eines Datenkorpus bedarf es, so Siegfried Jäger, da in einem permanenten Kampf um Wissen und Wahrsprechen die soziale Wirklichkeit und das Feld des Sagbaren fortwährend modelliert wird (Jäger 2004, 127 & 2009, 75). Die Einbeziehung der diachronen ebenso wie einer synchronen Dimension ermöglicht es, argumentative Strategien, binäre Strukturierungen und diverse Bildlichkeiten und Deutungsmuster im Wimmeln der Diskurse, bei ihrer Entwicklung zu verfolgen sowie die Verschränkungen und Amalgamierungen zu entschlüsseln (Jäger 2004, 132). 37 Außerdem verfügt die KDA über eine spezifische Begrifflichkeit.38 Unter Diskurs wird nicht das gesprochene Wort verstanden, stattdessen ist der Diskurs nach Foucault
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gisch prägnanten Synchronien in ihrem diskursiven Kontext geht (vgl. Link/Wülfing 1984; Link 1984, 64f.), um ihre Hervorbringung von Wissen und Wahrheiten, bietet sich die KDA für die Untersuchung an. Ein „ontological gerrymandering“ (Woolgar/Pawluch 1985), also die Kombination verschiedener wissenstheoretischer Ansätze, wird hierdurch vermieden. Foucaults Ausgangspunkt, dass durch den Diskurs bestimmt ist, was Menschen denken, wahrnehmen und für wahr halten, verunmöglicht eine reine Wortgeschichte (Link 2006a, 175). Statt dieser konzipiert er die Genealogie. Der Historiker Achim Landwehr hat diesen Ansatz für eine historische Diskursanalyse aufgegriffen, um sich der „Geschichte des Sagbaren“ (Landwehr 2004, 7) zuzuwenden. Landwehr hat die theoretischen Ansätze mit methodischen Strukturen ausgestattet, mit denen nun versucht werden kann, im Rahmen einer historischen Diskursanalyse Regeln und Regelmäßigkeiten sowie die Potenz einer Wirklichkeitskonstruktion und die historische Veränderung eines Diskurses zu untersuchen. Außer den beiden Dimensionen ist das Verfahren über die Jahre auf eine breitere Basis gestellt worden und um Ansatzpunkte für eine Erfassung der Verbindung zwischen Diskurs und Subjekt durch die Einbeziehung von Arbeiten von Diaz-Bone (2002, 20f & 2006, 29) und dem Tätigkeitskonzept von Alexej Nikolajewitsch Leontjew (Jäger 2004, 104) ergänzt worden. Da diese Ansätze für dieses Vorhaben lediglich indirekt relevant sind, sei hier nur auf sie verwiesen. Die verschiedenen diskursanalytischen Verfahren besitzen abhängig von ihrer fachlichen, methodischen und theoretischen Herkunft unterschiedliche Termini: Diese variieren zwischen feinen inhaltlichen Nuancen und reichen bis hin zu Parallelbegrifflichkeiten (Ullrich 2008b, 26).
1.3 Methodologie und Methode
Insofern vermittelt der Diskurs eine normative, regelgeleitete Vorgabe eines Wissens über die Ordnung der Dinge und damit verbundene Rationalitäten. Mit Wissen ist dabei nicht das individuelle Wissen gemeint, sondern es wird auf eine „überindividuelle symbolische Ordnung“ (Bublitz 1999, 13) referiert, die fest an regelförmige gesellschaftliche Praktiken gekoppelt ist. Der Diskurs lässt sich entsprechend als Praktik beschreiben, die Wahrheiten und Wissen produziert, die sich als eine fluktuierende soziale Ordnung zusammenfügt und innerhalb derer Handlungsappelle ausgegeben werden (Link 2006a, 41). Demgemäß tragen Diskurse immer Machteffekte, denn so Foucault weiter: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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eine Reihe von Elementen, die innerhalb eines allgemeinen Machtmechanismus operieren. Darum muss man im Diskurs eine Folge von Ereignissen, zum Beispiel von politischen Ereignissen sehen, die der Macht als Vehikel dienen und über die sie ihre Ausrichtung erfährt (Foucault 2003f, 595).
Die Macht ist weder Quelle noch Ursprung des Diskurses. Die Macht vollzieht sich über den Diskurs, denn der Diskurs ist selbst ein Element in einem strategischen Dispositiv aus Machtbeziehungen (Foucault 2003f, 595). Eine Analyse intendiert, gerade diese aufzuspüren, indem sie die Strukturen von Symbolik und Genre, Ton, Verfahren, Stil sowie Deutungsmuster und Argumentationsfiguren herausarbeitet (Link 1984, 63). Diese Suche nach den Regeln, der Ordnung, Abläufen, diskursiven Verknüpfungen ersetzt die Suche nach einem ontischen Ursprung und eröffnet den Blick auf Wissensbestände innerhalb soziokultureller und politischer Gemeinschaften (Foucault 2003d, 247f.). Jäger wählte hierfür die Metapher des „Flusses von ‚sozialen Wissensvorräten‘ durch die Zeit“ (Jäger 1999, 136). Die jeweiligen kulturellen Sagbarkeits- und Wissensräume sind dabei quasi durch Ufer begrenzt, innerhalb derer sich der Diskurs dahinschlängelt, die er bei Zeiten jedoch zu überschwemmen sucht, um sich möglicherweise ein neues Flussbett zu verschaffen. Auch wenn eine Umlenkung des Flusses nicht so einfach möglich ist, da durch den Diskurs Vorgaben für Kontroll- und Regulierungsprozeduren festgelegt werden, die im Sinne eines Anspruchs auf Machterhalt Geltung beanspruchen. Als besonders wirkungsvoll erweist sich dabei die Begrenzung legitimer Sprechpositionen (Bublitz 1999, 13; Foucault 2003c, 26; Link 2006a, 41). Dieser Fluss des Wissens transportiert nun aber nicht nur das gesprochene und geschriebene Wort, sondern schlägt sich in Praktiken, Gesetzen, Regelwerken, Artefakten, Gebäuden, Messgeräten, Institutionen wie auch Subjektentwürfen nieder (Keller 2004, 64; Link 2006a, 41f.). Dieses Ensemble wird im Rekurs auf Foucault (auch im Folgenden) als Dispositiv bezeichnet. Hierunter summiert dieser eine heterogene Gesamtheit von Gesagtem und Ungesagtem, wissenschaftlichen Erkenntnissen, moralischen Lehrsätzen ebenso wie administrativen 31
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Einrichtungen etc. Das Dispositiv wird dabei als „das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft“ (Foucault 2003b, 392) ist, verstanden. Zum bildlichen Verständnis wird die Vielfalt als dreierlei Stofflichkeit systematisiert: a) die diskursiven Praktiken, wie schriftliche und mündliche Kommunikation, b) die nicht-diskursiven Praktiken, wie beispielsweise der Wertpapierhandel oder ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung, und c) die Institutionalisierung, wie Gesetze, etwa der „Arierparagraph“ (vgl. Abb. 1). Diese drei Stofflichkeiten stehen in Wechselwirkung zueinander, sie bringen sich gegenseitig hervor und Veränderungen in einer Dimension schlagen sich in den anderen nieder. Diskurspositionen entstehen folglich innerhalb eines Gefüges, durch das sie eine spezifische ideologische, soziokulturelle, weltanschauliche und historische Eigenart entwickelt haben (Jäger/Wichert 1996, 47; Jäger 2004, 164f.). Unabhängig davon, ob diese diskursiven Positionen von Akteuren aus Parteien, Medien, staatlichen Behörden oder von Privatpersonen eingenommen werden, zeugen sie immer von einer spezifischen „ideologischen Orientierung und politischen Sedimentierung“ (Jäger 2004, 165).39 Dies liegt nach Foucault daran, dass diskursive Akteure historisch bedingten Einflüssen ausgesetzt sind und damit einem historischen Apriori unterliegen, der in Gestalt eines Systems von Wissen dem Subjekt vorgängig ist. Subjekte stehen damit nie außerhalb des Prozesses, vielmehr konstituiert, verschiebt, verformt und gestaltet der Diskurs sie auch um (Foucault 2005c, 93f.).
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Der Begriff der Diskursposition darf nicht mit dem der Subjektposition verwechselt werden. Zwar ist bei beiden Begriffen der Ort des Akteurs von Bedeutung, korrespondierend dazu die jeweiligen Machtressourcen wie das symbolische, kulturelle, soziale und ökonomische Kapital, dies jedoch aus unterschiedlicher Perspektive: Die Frage nach der Diskursposition versucht zu ergründen, welche Argumentations- und Deutungsmuster von welchen Akteuren angeboten werden und wie diese im Diskurs als Handlungsvorgaben umgesetzt werden. Der Begriff der Subjektposition wird hingegen im Rekurs auf die Diskursethik von Habermas oder die Ansätze von Bourdieu mobilisiert. Hier wird eine Subjektposition als verfügbare oder anstrebenswerte Sprecher_innenpositionen begriffen, unter Einbeziehung der Rollenträger_innen und Hierarchiebildungen innerhalb der Diskursproduktion. Ebenso stehen diskursive Felder und Orte auf dem Prüfstand, z.B. inwiefern sie eine Einflussnahme auf einen konkreten Diskurs zulassen (Keller 2004, 69f.). Andere Ansätze, die mit Subjektpositionen arbeiten, wie zum Beispiel Laclau und Mouffe (1985/2006/2012; Laclau 1990/2010), fokussieren auf „Identitätsmarkierungen“ in Gestalt z.B. von Differenzbildung. Dabei werden diskursive Strategien analysiert, bspw. eine binäre Konstruktion von Innen und Außen befragt. Obwohl auch die Kritische Diskursforschung diese Strategien betrachtet, und, wie im Folgenden ausgeführt wird, ich diese teilweise adaptiere, schließt sie nicht auf eine Markierung der Subjekte (Keller 2004, 70). Ihr Fazit über das Rezeptionsverhalten bleibt zurückhaltender, sie arbeitet weniger psychoanalytisch und folgert ihre synoptischen Analysen ausgehend von der Datenbasis. Dementsprechend wird vielmehr von Handlungsapplikationen auf Grundlage von ständiger Wiederholung oder wiederkehrenden Einbindungen bestimmter anderer Diskursstränge gesprochen.
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Darüber hinaus unterscheidet die KDA zwischen zwei Diskurstypen: dem Interdiskurs und dem Spezialdiskurs. Der Interdiskurs lässt sich als entdifferenzierte Alltagssprachlichkeit fassen, die Mehrdeutigkeiten im Sinne eines „fluktuierenden Gewimmels“ (Link 1986, 5f.) besitzt. Von diesem ist der Spezialdiskurs abgesetzt, dessen Erkennungsmerkmal eine zunehmende Ausdifferenzierung von Wissen bildet und der durch Fachtermini und hochkomplexe Wissensformen gekennzeichnet ist: Spezialdiskurse sind durch „Eindeutigkeit, spezielle Definition der Begriffe, Dominanz der Denotation und möglichst Beseitigung aller Uneindeutigkeiten und Konnotationen mit dem Idealtyp der mathematischen Formel“ (Link 2007, 228 & 2001, 81) gekennzeichnet. Ein solcher Spezialdiskurs lässt sich gemäß des oben ausgeführten Forschungsstands beispielsweise in der biologischen oder medizinischen Forschung des 19. Jahrhunderts verorten. Ideen, Strukturvorstellungen und Begriffe aus diesen Spezialdiskursen werden im Interdiskurs übersetzt, d.h. ein spezialisiertes Wissen wird mit dem Wissen einer Alltagskommunikation verbunden und verändert dort das „kulturelle Allgemeinwissen“ (Link 2006a, 42). Somit realisiert sich im Interdiskurs eine breite Verknüpfung von Wissen und damit auch eine Vermittlung zwischen den spezialisierten Diskurssträngen, die unumgänglich ist, damit eine öffentliche Kommunikation jenseits der Tendenzen einer Spezialisierung von Wissen möglich wird (Link 2007, 231). Dadurch wird der Interdiskurs zu dem Ort, an dem sich entscheidet, welches Wissen popularisiert wird und hegemoniale Machtwirkung entfaltet. Nach der KDA vollzieht sich die konkrete Integration des speziellen Wissens an „Kopplungsstellen“ (Link/Diaz-Bone 2006, 22) über ein Arrangement von „empirisch relativ stabilen, häufig wiederkehrenden Teilstrukturen“ (Parr 2008, 203). Diese werden aus elementaren literarischen Formen wie Symbolen, Metaphern, Analogien etc. gebildet, die im Sinne einer Übersetzung Unbekanntes in Bekanntes transformieren. Bezeichnet werden diese als „Kollektivsymbole“40 40
Der Begriff der Kollektivsymbolik inkludiert diverse rhetorische Figuren. Symbole sind nur ein affektives Stilmittel unter anderen, wie texttypische Sprach- und Stilmittel der Lexik (Wortschatz), Tropen, Vergleiche, Figurationen der Ironie, Hyperbeln, Antonymen, Nominalkomposita und Synekdochen. In Anlehnung an den Ansatz der KDA wird in der folgenden Untersuchung aus Gründen der Lesbarkeit generalisierend von Tiersymbolisierungen gesprochen, unabhängig davon, ob es sich um eine Metapher oder eine Analogie etc. handelt. In der Feinanalyse wird jedoch im Einzelnen zwischen den rhetorischen Figuren differenziert. Die Verallgemeinerung erfolgt, obwohl beispielsweise zur Kenntnis genommen wurde, dass Hortzitz zu dem Ergebnis kommt, dass die Metapher das wichtigste Sprachmittel in judenfeindlichen Texten darstellt (Hortzitz 1999, 21). Dies sei unabhängig davon, ob es sich um einen explizit antisemitischen Text handelt oder nur ein Textfragment judenfeindliche Gesinnung zum Ausdruck bringt. Dies führt sie vor allem darauf zurück, dass Tiermetaphern „insofern persuasiv orientiert [sind], als sie die Adressaten in bestimmter Weise beeinflussen wollen und auf Konsens zwischen Schreiber/Sprecherin und Leser/Hörerin zielen“ (Hortzitz 1999, 20). Das Theorem der Kollektivsym-
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(Link 2001, 77), da sie durch ihre kulturelle Verwurzelung mit ihrer Bildlichkeit und ihrer Bedeutung in diesem Kreis unmittelbar anschaulich wirken. 41 Kollektivsymbole transportieren Inhalte wie „anschauliche Modelle, orientierende Topiken“ (Link 1997, 25). Nach Link bilden diese Kollektivsymbole erstens ein synchrones System „kulturtypologisch prägnante[r] Konstellation[en] von Bildern“ (Link/Wülfing 1984, 9). Zweitens bedarf es einer relativ stabilen Verbindung zwischen Signifikat und Signifikant, das Verhältnis in einem Kollektivsymbol kann nicht arbiträr sein. Und drittens muss das Kollektivsymbol über stabile Relationen zwischen Pictura und Subscriptiones42 verfügen, also über eine relativ fixe Verbindung zwischen einer bildlichen und einer erklärenden, ausführenden Dimension, sozusagen einer Sinnebene (Drews/Gerhard/Link 1985, 256-375; Link 1982, 7). Dieser Sinn kann entweder explizit formuliert (denotiert) oder indirekt hergestellt (konnotiert) sein (Link 2006a, 41; Parr 1998, 69). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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bolik bietet etliche Überschneidungen zu Metapherntheorien. Beispielsweise spricht Ivor Richards Metaphern und Analogien einen „surplus de sens“ (1955, 153) zu und eine Klassifizierung und Bewertung, die sich durch die Verbildlichung realisiert, da Metaphern die menschliche Fähigkeit zur Umorientierung und Neuinterpretation anstoßen (Rorty 1998, 108). Hans Blumenberg formuliert, dass Metaphern die untergründigen Strukturen des Denkens einer Epoche zum Vorschein bringen, dass „der historische Wandel einer Metapher (…) die Metakinetik geschichtlicher Sinnhorizonte und Sichtweisen selbst zum Vorschein [bringt], innerhalb deren Begriffe ihre Modifikation erfahren“ (Blumenberg 1998, 11). So haben Metaphern immer einen unausgesprochenen Kontext hinter sich, der den Stellenwert einer Ideologie annehmen kann (Blumenberg 2007, 37). Ein metaphorischer Gebrauch habe in veränderten Kontexten verschiedene Ausprägungen an Assoziationen und Implikationen (Danneberg 2002, 303). Entsprechend weist Paul Ricoeur, unter der Prämisse des elementaren Stellenwerts des Kontextes, darauf hin, dass ein Wörterbuch für Metaphern absoluter Unsinn sei (Ricoeur 1996, 361). Und Lakoff und Johnsen (2000, 75-83) heben mit ihrem Konzept der Strukturmetapher darauf ab, dass Metaphern widerspiegeln, was kollektiv erfahrbar ist, sie Abstraktes als motorische, visuelle oder räumliche Erfahrung verständlich machen und sie sich damit auf das Handeln auswirken (Lakoff/Johnson2002:83) sowie mit kulturellen Wertefeldern korrelieren (Lakoff/Johnson 2000, 83). Durch diese breiten Überschneidungen mit dieser Strömung der Metapherntheorie überrascht es nicht, dass Ansätze der Kollektivsymbolanalyse beispielsweise auf der Metapherntheorie von Hans Blumenberg und Reinhart Koselleck aufbauen (Link/Wülfing 1984, 8). Max Black entwirft für diesen spontanen Verstehenseffekt sprachlicher und visueller Bilder das Konzept des „flash of insight“, nach dem bei einer Neuschöpfung plötzlich und als unmittelbarer Akt die Apperzeption eintritt (zitiert nach Ricoeur 1996, 70). Diese Überraschung, wie dies Blumenberg nennt, tritt als etwas „Gezähmtes auf, in Dressur, in Domestikation. Die Furcht hat sich in den angenehmen Schauer angesichts einer Bestie verwandelt, die nur für ihren Dompteur gefährlich sein mag“ (2007, 28). Problematisiert wird an der Begrifflichkeit der Pictura/Subscriptiones, dass sie aus der Emblematik entstammt und ohne eine Begriffsdefinition missverständlich ist (Bachmann-Medick 2009, 35). Dieser Kritik begegnet die KDA m.E. durch eine begriffliche Neufassung der Konzepte in ausreichendem Maße.
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Unter den Prämissen der differenztheoretischen Hegemonieanalyse sind diese drei Kernaspekte der Kollektivsymbolik jedoch zu modifizieren (vgl. auch Dollinger/Urban 2012; Dollinger/Rudolph/Schmidt-Semisch/Urban 2012 & 2014a, b & c), ohne dabei den Begriffen der KDA den Rücken zuzuwenden: Kollektivsymbole übersetzen nicht nur Sachverhalte, sie übermitteln und befestigen einen expliziten Sinn, ein konkretes Wissen und drängen im Interdiskurs auf eine bestimmte Perspektive. Insofern bilden Kollektivsymbole einen grundlegenden Beitrag der Symbolisierung der sozialen Wirklichkeit, innerhalb der sich ritualisierte Redeformen und Handlungsweisen herausbilden können (Jäger 2004, 32).43 Dieses Wissen, das über die Kollektivsymbole transportiert wird, wirkt daher wie „Fähren ins Bewusstsein“ (Jäger 1993, 195; Jäger/Jäger 2007, 43), durch die sich – auch jenseits einer bewussten Entscheidung der Rezipient_innen – hegemoniale Repräsentationen beispielsweise des Anderen herausbilden. Dass eine solche hegemoniale Präsentation jedoch nie stabil ist, zeigt die Modulation von Deutungsmustern, Themen, Argumentationsmustern, Zuschreibungen und Inhalten, die synchron und diachron in den Zuschreibungen enthalten sind. Neue Perspektiven etablieren sich als hegemoniale Deutungen, ohne dass die Grundsätze der sozialen Ordnung grundlegend verändert werden (Laclau 2010, 129). Eine hegemoniale Artikulation bleibt somit immer eine „kontingente, prekäre und pragmatische Konstruktion“ (ebd., 132). Abstrahiert man diesen Vorgang, so kann man diese Bewegung der Repräsentation in den Worten Laclaus als „Ergebnis des unbeständigen Kompromisses zwischen Äquivalenz und Differenz“ (2007, 69) interpretieren. Kollektivsymbolik ist dabei ein essentieller Teil einer Repräsentation, die wie ein „unentscheidbare[s] Spiel(s) ist, das eine Vielzahl sozialer Verhältnisse organisiert, dessen Operation aber nicht in einen rational erfassbaren und letztlich eindeutigen Mechanismus fixiert werden können“ (Laclau 2010, 143). Innerhalb dieses Spiels wird jede kurzweilige Fixierung von Sinn zu einem Anschluss eines neuen Sinns und der Aspekte des alten diszloziert (Laclau/Zac 1994, 34). So entstehen neue Äquivalenzketten, also ein moduliertes äquivalenzielles System, das die soziale Konstruktion des Anderen ausbildet. Dieses Äquivalenzverhältnis steht wiederum in Differenz zu anderen Systemen, so Laclau in Anschluss an Saussure (2010, 67).44 Anhand des 43
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Natürlich wird bei einer Untersuchung der Konstitution des Anderen nicht der Diskurs untersucht, sondern innerhalb eines Diskursstrangs, der über Inhalte oder Themen abgrenzbar wird (Jäger 2004, 159) und bestimmte Aussagekoalitionen und Diskurspositionen hervorbringt (Jäger 1999, 137), bestimmte Diskursfragmente näher beleuchtet (Jäger 2004, 159), die in diesem Fall als die Subscriptiones der Tiersymboliken identifiziert werden können. Diese Fragmente können entsprechend über den Umfang eines Artikels, eines Flugblatts oder eines Zitats verfügen. Auch Derrida basiert seine Theorie der Dekonstruktion auf der Setzung von Saussure, wobei Derrida die différance als eben solche Figur begreift, die die Differenzen hervorbringt: „Die différance ist der nicht-volle, nicht-einfache Ursprung der Differenzen“ (Derrida 2008, 123).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Forschungsstandes ist für die Rekonstruktion der Dehumanisierung des Anderen davon auszugehen, dass die Differenzsetzung zum Eigenen gezogen wird, das sich gegenüber dem Animalischen absetzt. Diese Differenzsetzung verläuft entsprechend im Inneren des Diskursfragments: Obwohl in der Pejoration vordergründig der Andere konstituiert wird, wird ebenso das Eigene formiert, das sich somit nicht im Außerhalb befindet. Auch das Eigene kann damit nicht objektiv, fest oder zweifelsfrei bestimmt werden. Diese partikularen Zuweisungen erscheinen jedoch nicht als solche, sondern beanspruchen einen Universalismus, sie simulieren eine Allgemeingültigkeit: Der Mensch ist gegenüber dem Tier überlegen, wie der Nicht-Jude dem ‚Juden‘ etc. Dieser universelle Anspruch einer Deutung, der im Rahmen einer sozialen Ordnung herausgebildet wird – und der sich vorläufig behaupten kann – wird von Laclau als (Teil einer) Hegemonie bezeichnet (2005, 70). Da jede diskursive Äußerung an ein historisches Apriori – eine Sedimentierung des Sozialen – gekoppelt ist (vgl. 1.1), besteht zwar die Möglichkeit, sich als diskursiver Akteur zu positionieren, eine partikulare Deutung zu justieren und damit um Teilhabe zu ringen, die permanenten Neuverhandlungen überschreiben allerdings, dass dieses Spiel nicht auf einen ontischen Grund zurückzuführen ist. In concreto heißt dies hier: das soziale Phänomen des Anderen entbehrt einer grundlegenden Begründung. Dies bietet allerdings nach Derrida die Option einer offenen Struktur und damit die nicht endende Möglichkeit, Bedeutung neu zu justieren im Sinne Derridas als semiotischen „différance“ (Derrida 2010b, 7791).45 Diese diskursimmanenten Sinnzuweisungen lassen sich rekonstruieren, wodurch sich ein Zugang ermöglicht, die Essentialisierungen zu dekonstruieren (Derrida 1983, 197f.; siehe auch I.1). Dass eine Essentialisierung selbst „dem Spiel entzogen“ (Derrida 1976, 324) sei, ist vor dem Hintergrund einer solchen Vorstellung von Diskurs zurückzuweisen (Laclau 2005, 69). Daraus folgt für das methodische Vorgehen, dass die Definition des Kollektivsymbol weiter zu fassen ist: Als Konsequenz folgt daher erstens, dass die Vorstellungen von Stabilität und fixen Verbindungen zu verabschieden und durch eine fluide Relationierung zu ersetzen sind. Zweitens soll im Rahmen einer Analyse der pejorativen Tier45
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Mit dem Neologismus différance leitet Derrida die spezifischen Bedingungen der Produktion von Bedeutung her, also die Bewegung, die Sprache und Verweisungssysteme hervorbringt. Die Spur der Vergangenheit haftet dabei den gegenwärtig erscheinenden Elementen an, da sie sich auf etwas anderes als sich selbst beziehen müssen (Derrida 2008, 125). Die Voraussetzung für die Bezeichnung ist die Iterabilität eines Zeichens, also seine Zitierbarkeit, die es ermöglicht, das Zeichen kontextabhängig und situativ neu zu interpretieren. Die Spur (die Historizität des Zeichens) dieser Kontexte wird jedoch durch die Neubeziehung auf ein zukünftiges Element verwischt. Die différance verweist damit auf den Effekt bei der Temporisation und Verräumlichung der Bedeutungszuweisung (ebd., 119ff.). Zu Dekonstruktion und différance vgl. auch Moebius (2003, 81-91).
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1.3 Methodologie und Methode
symbolik die Verbindung zwischen Signifikat und Signifikant als Grundvoraussetzung für die Identifikation von Kollektivsymbolik gelöst werden. In judenfeindlichen Diskursfragmenten wäre das Signifikat eine jüdische Person, die als der ‚Jude‘ signifiziert wird. Nach Laclau ist eine Vorstellung eines Signifikats im sozialen Kontext jedoch zu problematisieren, da Signifizierung nicht mehr als Ausdruck essentieller und auf einen Grund zurückgeführter Charaktereigenschaften interpretiert werden kann (Laclau 2010, 67ff.). Wer oder was als ‚Jude‘ oder ‚jüdisch‘ bestimmbar ist, variiert in synchroner und diachroner Perspektive und muss als interessengeleitete Identifikation verstanden werden (Daxner 2007, 203ff.). Unter dieser Voraussetzung verschwindet das Signifikat aus dem Diskurs. Stattdessen treten Ketten von Äquivalenzen zutage, durch die synchrone und diachrone Prozesse bestimmen, was der ‚Jude‘ ist. Die soziale Konstruktion ‚des Juden‘ wird also als Aneinanderreihung von partikularen Zuschreibungen vorstell- und damit rekonstruierbar. Erst die partikularen Zuschreibungen formieren also das Phänomen, somit handelt es sich um eine Reihung von Signifikanten ohne Signifikat (Laclau 2010, 65). Ein soziales Phänomen wird weiter als ein „amorphes Patchwork“ (Marchant 2010, 11) vorgestellt. Genau diese äquivalentielle Logik (2010, 103) kann – und soll im Folgenden – durch die Diskursanalyse rekonstruiert werden. Mit Blick auf den Forschungsstand kann davon ausgegangen werden, dass sich im Laufe der Jahrhunderte das „amorphe Patchwork“, und damit was und wie ‚jüdisch‘ identifiziert wurde, gewandelt hat. Diese Modulationen vollziehen sich dabei in einem komplexen diskursiven Gefüge (Laclau 2010, 78). Aber nicht nur auf einer diachronen Achse wetteifern verschiedene diskursive Akteure darum, ihre Deutung zu plausibilisieren, auch synchron bestehen verschiedene Deutungen parallel zueinander. Ihr Ringen muss dabei als politische Aushandlung vorgestellt werden, da die (momentane) Fixierung von Wissen eine machtvolle Praxis darstellt, jedoch, so lässt sich im Rekurs auf Laclau schließen, bietet die Unmöglichkeit, den Sinn zu fixieren, die eigentlich Grundlage für Hegemonie (Laclau 2010, 74). Statt der Begriffe Signifikat und Signifikant verwende ich daher in der folgenden Untersuchung die Begriffe source domain und target domain (CharterisBlack 2005, 2). Diese reflektieren zum einen den Charakter der Bildquelle als Glaubenssysteme, die kommuniziert, konstruiert und erschlossen werden können (ebd., 3). Dabei folge ich gleichwohl der KDA, das den Kollektivsymbolen in Diskursfragmenten eine Rolle als Puzzlestücke zukommt, dass sie Brücken zwischen verschiedenen Sinnbezirken, Aussagen oder Argumentationsmustern schlagen. In manchen Diskursfragmenten befindet sich eine Häufung von Kollektivsymbolen, beispielsweise in den Börsennachrichten. Obwohl die Kollektivsymbole aus verschiedenen Kategorien wie Natur, Medizin oder Technik,
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
entstammen können, vermögen sie es, in Reihung einen Gegenstand zu explizieren, ohne dass ihre unterschiedliche Provenienz zu Widersprüchen oder Verständnisschwierigkeiten führen würde. Vielmehr können solche Ketten neue Logiken erzeugen oder auch Phänomene triangulieren, etwa indem verschiedene Symbole ein und dasselbe Phänomen übersetzen. Die KDA benennt diese Brücken als Katachresen-Mäander (Jäger 1998, 24; Jäger/Jäger 2007, 36; Link 1988, 49; Link 2001, 65). Wie bereits oben im Rahmen des Forschungsstands angedeutet werden über die Tiersymbolisierungen textimmanente Anrufungen erteilt. Diese handlungsleitenden Appelle sind nicht unbedingt als tatsächliche Rufe durch eine Obrigkeit oder als mahnende Zeigefinger zu verstehen, stattdessen vollziehen sich die im Diskurs formulierten Anrufungen „ganz von alleine“ (Althusser 1977, 147f.), da die Akteure in Wissensbestände und Wahrheiten hineinwachsen und diese mehr oder weniger anerkennen müssen, um kommunizieren zu können. Zugleich werden in den Subscriptiones der Tiersymbole „Rationalisierungmuster“ (Kessl 2010, 352) versinnbildlicht. Zwei Aspekte sind an diesem Prozess bemerkenswert: Erstens kann mit Laclau geschlossen werden, dass der Signifikant nicht äquivok, also nicht auf sich selbst beschränkt ist und sich durch Ambivalenzen auszeichnet (Laclau 2010, 65). Für die Interpretation bedeutet dies, dass weder die Denotation noch die Konnotation jemals gänzlich erschlossen werden kann. Zweitens erreichen die Appelle die Rezipient_innen nicht einfach im Sinne einer Sinnzuweisung in Gestalt eines Maßnahmenkatalogs. Solche existieren natürlich auch, aber Laclau zeigt auf eine andere Facette: Demnach verbleiben soziale Phänomene und Begriffe46 immer sowohl unterdeterminiert, also bedeutungsarm, wie überdeterminiert, also mit zu viel Bedeutung aufgeladen (ebd., 65ff.).47 Dies bedeutet mit Perspektive auf die Unterdeterminierung, dass die Äquivalenzketten sich nie ganz fixieren lassen, sodass weitere diskursive Akteure permanent um die Durchsetzung ihrer Zuweisung ringen, wodurch wiederum niemals der Begriff oder das Phänomen mit einem endgültigen Sinn gefüllt werden kann. Eine 46
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Laclau entwirft für die Konzeption sozialer Produktion den Begriff des „leeren Signifikanten“ (2010, 65). Grob gesagt handelt es sich um einen Signifikanten ohne Signifikat, der gleichwohl integraler Teil des Bezeichnungssystems bleibt. Er expliziert leere Signifikanten am Beispiel von Demokratie und Gerechtigkeit, die trotz partikularer Zuweisungen die Funktion einer universellen Repräsentation übernehmen. Das Universelle versteht er dabei als inkommensurabel mit dem Partikularen, ohne dass aber Demokratie oder Gerechtigkeit als diskursive Phänomene aufhören würden zu existieren (ebd., 63f.). Henning Schmidt-Semisch exemplifiziert diese Entleerung des Signifikanten für den Suchtbegriff (2014) und Dollinger/Rudolph/Schmidt-Semisch/Urban nutzen diesen Ansatz für die Skizze einer allgemeinen Theorie der Kriminalität (2014c); zu leerer Signifikant als Knotenpunkt vgl. auch Moebius (2008, 167f.). Zum Begriff der Überdeterminierung bei Laclau und Mouffe im Anschluss an Althusser vgl. Laclau/Mouffe (2012, 132-141).
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1.3 Methodologie und Methode
Fixierung eines bestimmten Sinns bleibt konstitutiv unerreichbar (ebd., 69f.). Das Überdeterminierte bezieht sich auf die bereits oben angedeutete Differenzsetzung (Laclau 2010, 67f.). Zuweisungsprozesse bestehen also aus Äquivalenzsetzungen und Setzungen von Differenz (Laclau 2005, 69). Im Fall von judenfeindlichen Tiersymbolisierungen bedeutet dies, dass nicht nur über partikulare Zuschreibungen das soziale Phänomen des ‚Juden‘ gefüllt wird, sondern gleichzeitig auch an dem Entwurf des Eigenen, abgegrenzt vom ‚Juden‘ gearbeitet und damit eine „differentielle Identität“ (Laclau 2010, 85) entworfen wird. Mit einem Blick auf Louis Althusser lässt sich also für die Relevanz der Analyse schließen, dass nicht nur jene Anrufungen der Demagog_innen, die zu den Knüppeln rufen, einbezogen werden müssen, wenn die soziale Ordnung innerhalb der Dehumanisierung prozessiert wird, sondern auch solche leisen Varianten (in denen beispielsweise eine ökonomische Ethik, ein Professionsverständnis oder ein Identitätsentwurf skizziert wird) von großer Bedeutung sind. Wenden wir uns nun einer kulturtypologischen Bildlichkeit zu, von der wir nach unserem Rekurs auf Laclau annehmen müssen, dass sie weder gänzlich erschlossen werden kann noch fixierbar ist. Ziehe man, so Jäger, einen synchronen Schnitt durch die Bildlichkeit einer Kultur, dann ließe sich eine bestimmte Topik erkennen (2004, 133). Diese Topik veranschaulicht Link in einem Schaubild, das er als „Sysykol“ bezeichnet, als synchrones System der Kollektivsymbolik. Mit dem „Sysykol“ entwirft Link eine topologische Karte kulturtypologischer Sinnzuweisungen (vgl. Abb. 2): Während eine Aufwärtsbewegung generell für Fortschritt steht, gilt ein Niedergang als negative Entwicklung. Die Mitte wird hingegen in der symbolischen Topografie westlicher Zivilisationen als das Normale betrachtet, das traditionell positiv und als anstrebenswert besetzt ist (Disselnkötter/Parr 1994, 52; Jäger 1993, 185; Parr 1998, 69; Schwarz 1998, 48). 48 Um die 48
Jürgen Link führt mit einer Untersuchung über Normalität das Konzept des Normalismus ein, mit dem er Normalität als historisch gewachsene, spezifische Errungenschaft moderner okzidentaler Gesellschaften vorstellt, die sich erst im Zusammenhang mit der Massenproduktion und der gleichzeitigen, massenhaften Erhebungen von Daten etablierte (Link 2013, 20). Nach Link kristallisieren sich seit dem 19. Jahrhundert durch „protonormistische Strategien“ (Link 1995, 27) diverse Normalitätsgrenzen heraus, die im Sinne von Stigma-Grenzen fungieren. Damit folgt er Foucault, der in einer Vorlesung über das Ancien Régime von einem neuen System der Disziplin mit Normalisierungseffekt spricht, einem Effekt, den er anhand seiner Abhandlungen über Sexualität und Wahnsinn exemplifiziert. Für Foucault ermöglichte ein bestimmter Wissenstypus durch Regulierungs- und Disziplinierung die Entstehung einer „Normalisierungsgesellschaft“ (Mehrtens 1999, 45). So gelang das Normale sowohl als Modell, als Konzept und als Verfahren und damit als Querschnittkategorie als auch als selbstständiger Orientierungsmaßstab zu großer Bedeutung (Link 2013, 20). Somit liefert das Wissen die Applikationsvorlage für ‚normales‘ Verhalten, Normalität wird zu einer diskurstragenden Kategorie (Jäger/Jäger 2007, 61-64). Dis-
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Mitte herum verlaufen Grenzziehungen, die ein Innen und ein Außen hervorbringen. Diejenigen, die im Außen lokalisiert werden, befinden sich mithin in einem Raum, in dem ihnen zumeist kein Subjektstatus zuerkannt wird (Jäger 1998, 21). Die innere Logik beispielsweise von Bedrohungsszenarien lässt sich symbolisch anhand dieser Topografie veranschaulichen (ebd., 23). Außerdem werden auch solche Grenzziehungen bildlich realisierbar, die den Bereich des Sagbaren abgrenzen: Diskreditierungen von Diskurspositionen können als eine Verschiebung von der Mitte ins Außen dargestellt werden (Parr 1998, 69). In Bezugnahme auf den Forschungsstand kann eine solche Bewegung beispielsweise für die öffentliche Rede vom Sommer 1945 an durch den Sieg der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland: konkretisiert werden, mit dem weite Bereiche der Lingua Tertii Imperii, unter anderem auch die pejorative Tiersymbolik, tabuisiert wurden. Ein Problem der Diskursanalyse ist, dass auf die Rezeption, also die Diskurswirkung, nur deduktiv über die diachrone Diskursentwicklung geschlossen werden kann. Auf den ersten Blick mag dies wohl gegen diesen Ansatz sprechen, da sich gerade die klassischen Untersuchungen pejorativer Tiersymboliken auf den Zusammenhang zwischen sprachlicher Zuweisung und nicht-sprachlicher Abweisung konzentrieren (Bein 1965; Klemperer 1969; Schäfer 1962). Sprache wird aus dieser Perspektive in ihrer (potentiellen) Wirkung fokussiert, in der nicht nur die Handlungsappelle, sondern auch die Dimension der Pejoration in nicht-diskursiven Praktiken reflektiert und die Machtförmigkeit der Diskurse sichtbar gemacht sind. Die Kritische Diskursanalyse folgt sowohl Foucault als auch Judith Butler, die in der materialisierten Wirkung des Diskurses die Produktivität der Macht verorten. Über die Analyse des Diskurses wird insofern das grundlegende „Konstruktionsprinzip der Wirklichkeit“ (Bublitz 2003a, 19) rekonstruierbar. Diskursive Praktiken gehören ebenso mit zu den diskursiven Formationen wie implizite und explizite „Rationalitätsmuster“ (Kessl 2010, 352).49 Sprache ist also nicht als Darstellung des Wirklichen zu interpretieren, sondern
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kursiv entstehen Wirklichkeitskonstruktionen, die „stabile Ordnungsmuster und damit eine soziale Ordnung“ (Bublitz 2003b, 152) herstellen. Bei der Etablierung dieses Wissens dominieren „Kollektivsymbole“ der Kategorie des Gleichgewichts und der Schere sowie bildlich der Gauß’schen Verteilungskurve (Link 1994, 13f.). Foucault geht davon aus, dass Macht Wissen produziert und nicht lediglich ausnutzt und fördert (Foucault/Chomsky 2008, 54). Im Umkehrschluss existiert kein Wissensfeld, auf dem sich nicht Machtbeziehungen konstituieren und es ebenso präfigurieren (Foucault 1994, 39). Im Laufe seiner Forschung schließt er, dass es gerade die Verknüpfung von Macht und Wissen ist, die zum Kennzeichen der modernen Disziplinargesellschaft aufsteigt (ebd., 279f.) und innerhalb derer es gelingt, über Diskurse als Träger der Macht individuelles Verhalten und Empfinden zu formen (Foucault 1983, 21). Bublitz folgert daraus, dass Macht nicht primär unterdrückend wirkt, sondern als produktiv zu visualisieren ist, da sie Individuen zu dem macht, was sie sind (2003a, 69).
bringt dieses durch das Spektrum der Repräsentation, das auf eine Verkörperung drängt, hervor (Bublitz 2003a, 29). Auch Jäger verbindet geregelte Redeweisen mit einer Machtwirkung, da sie an Handlungen gekoppelt sind (Jäger 2004, 142). Eine Machtwirkung kann, so die KDA, durch die Sichtbarmachung sprachlicher und ikonischer Wirkungsmittel expliziert werden (Link/Wülfing 1984, 8). Sich über die Repräsentation der Diskurswirkung zu nähern, ist nach Jäger im Rahmen einer KDA dennoch möglich, nur müssen die Schlüsse über eine konsistente Analyse und eine differenzierte, synoptische Interpretation hergeleitet sein (2004, 224). Auf diesen theoretischen Setzungen fußend, erfolgt eine vierphasige Analysemethode, die sich u.a. an den Vorgaben von Siegfried und Margarete Jäger (2007) sowie Link (2006b) orientiert:
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1.3 Methodologie und Methode
Phase 1: Nach der Gesamtkonzeption, in der Fragen, Thesen und Daten strukturiert werden, geht es in die Erhebungsphase, in der ein Überblick und eine Strukturierung sowie Chronologisierung der Diskursstränge und -ereignisse und auch deren Bildlichkeit erfasst werden. Um die Veränderungen der Sinnzuweisungen und die hegemonialen parallelen Zuschreibungen dechiffrieren zu können, muss der Korpus über eine synchrone wie diachrone Dimension verfügen. Im Fall von Tiersymbolisierungen sind diese mit Pictura und Subscriptiones in ihrem diskursiven Kontext zu erfassen und zu interpretieren. Dafür sind der situative, der mediale, der institutionelle und der historische Kontext zu bestimmen.50 Mit Bezug auf die Modifikationen durch Laclau kann jedoch kein idealiteres System rekonstruiert, sondern es muss aufgezeigt werden, wie in den Subscriptiones in einem gegebenen kulturellen Arrangement versucht wird, Sinnzuweisungen zu justieren und damit eine polyseme Kollektivsymbolik hervorzubringen, die gleichwohl subversiv untergraben und umkämpft wird. Eine Vertiefung in die Spezifik der Diskursfragmente des Datenkorpus beendet diese Phase (Jäger/Jäger 2007, 297). Phase 2: Diese Strukturphase ist als Verdichtungsschnitt zu nutzen. Phase 3: In der anschließenden Feinanalyse wird die Funktionsweise der Argumentationen durchdrungen, und typische Artikel werden exemplarisch untersucht. Dafür sind fünf Dimensionen zu berücksichtigen: institutioneller Rahmen, Text-Oberfläche, Mikroanalyse der rhetorischen Mittel und des Wortschatzes 50
Die Größe des Samples wird so ausreichend gewählt, dass die Symbolisierung identifiziert, ihr Gehalt interpretiert und ihre Anwendung, soweit es aus dem Text erschlossen werden kann, erklärt werden kann. Abhängig von der Textsorte umfasst das Sample beispielsweise einen Liedtext, ein Gedicht, eine Rede oder auch ein Kapitel oder ein Absatz eines Romans.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
sowie Diskurspositionen. Die sprachlichen, semantischen, argumentativen, rhetorischen Mittel, die Topoi und Deutungsmuster sowie die Strukturmuster der Fragmente sind in ihrer Vielfältigkeit herauszuarbeiten und als tentative Zuweisungen zu skizzieren. Wie diskursimmanente Regulierungen, Anrufungen, Bedeutungszuweisungen und Strukturen in einem Fragment angelegt sind, muss innerhalb eines transparenten Prozesses rekonstruiert werden. Dafür gilt es, die Subscriptiones in ihrem diskursiven Fragment auf ihre „unauflösliche Spannung“ (Laclau/Mouffe 2006, 148) zu untersuchen. Dieser „Tonus“ (Dollinger/Urban 2012, Abs. 17) wird darüber rekonstruierbar, dass die Zuweisungen nie dauerhaft sind, sich die Äquivalenzketten ändern, Perspektiven wechseln und neue Ordnungsvorstellungen etabliert werden. Elementar sind hier daher, ebenso wie bei Link, die diskursiv realisierten „Besetzung[en] konstitutiver Oppositionen“ (Link 2006b, 419). Diese artikulieren sich in verschiedenen Dimensionen: Einerseits wird durch Tiersymbolisierungen eine Grenze zwischen dem positiven Eigenen und dem animalischen Anderen gezogen. Welche partikularen animalischen Zuweisungen an das Andere justiert werden und welche Gestalt dem Eigenen im Gegenzug anhaftet, bleibt, folgen wir dem Forschungsstand, veränderlich. Phase 4: Abschließend ist in einer Synopsis die Gesamtanalyse des Diskursstranges mit ihren wirklichkeitsprägenden Bedeutungsvorlagen, Deutungsmustern, Bildern und Argumenten im Kontext zu präsentieren. Die unterschiedlichen Sedimente und ihre soziokulturellen und historischen Verflechtungen sind zu reflektieren und mit den aktuellen diskursiven Aushandlungen zu verbinden. Den sich verändernden Grenzen des Sagbaren und ihrer Bedeutung für den Diskursverlauf ist dabei eine gesonderte Beachtung zuzuweisen (Jäger 2004, 165-195). Die diskursiven Aushandlungen, in deren Rahmen die Kollektivsymbole platziert sind, und an denen diese aktiv mitwirken, lassen sich, in Anlehnung an Jürgen Link (2006a & 2007) und unter Einbeziehung der eben ausgeführten Erweiterungen, fünf Felder diskursiver Auseinandersetzungen systematisieren, die jeweils empirisch zugänglich sind (Dollinger/Urban 2012, Abs. 13): 1. Auf dem Feld des Interdiskurses lassen sich die allgemeinen kulturellen Sinnzuweisungen rekonstruieren. Diese sind als social demands, als kleinste analytisch zu behandelnde Fragmente, zu rekonstruieren. Mit Blick auf die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolisierungen entspräche dies dem massenmedialen Diskursstrang, auf dem die diversen Akteure darum kämpfen, ihre Deutung der ökonomischen Prozesse und politischen Interventionen zu plausibilisieren.
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1.3 Methodologie und Methode
3. Das Feld der Äquivalenzen bezeichnet die Dimension der Äquivalenzketten, über die ein soziales Phänomen herausgebildet wird, wie oben ausgeführt, zum Beispiel ‚den Juden‘. Diese Ketten werden aber nun nicht wie eine mathematische Formel exakt ausdifferenziert, sondern sind Ergebnis von Allianzen, professionellen Kooperationen, politischen Bündnissen und Einigungen über inhaltliche Schnittmenge. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2. Das Feld der Spezialdiskurse produziert hoch spezialisierte Wissensformen. Wie oben beispielhaft ausgeführt ist, kann es sich hierbei um medizinische oder biologische Erkenntnisse handeln, die – und hier wird die enge Verwebung der Felder des Interdiskurses und des Spezialdiskurses deutlich – auf eine Popularisierung drängen und dafür Operationen bedürfen. Gleichzeitig befruchtet eine interdiskursive Popularisierung von Wissen auch dessen Beförderung im sogenannten Expert_innen- oder Fachwissen.
4. Das Feld der agonalen Positionierungen entsteht aus der Verfasstheit hegemonialer Kämpfe. Da Sinnzuweisungen niemals gänzlich fixiert sind, können diskursive Akteure permanent mit einer Differenzsetzung die sozialen Phänomene umgestalten. Während dies einstmals Martin Luther mit Hammer und Nagel an der Wittenberger Domtür initiierte, versuchte sich im Jahr 2005 Franz Müntefering mit der „Kapitalismuskritik“ gegenüber den anderen Kandidat_innen der Landtagswahl zu behaupten. 5. Schließlich zeichnen sich auf dem Feld der hegemonialen Repräsentationen die hegemonialisierten Projekte ab. Diese materialisieren sich beispielsweise im „Arierparagraphen“, können aber auch als generelle Vorstellungen über die Ordnung der Dinge veranschaulicht sein. Eine Systematisierung dieser Felder erleichtert eine Orientierung und geht aber gleichwohl an den Konzeptionen des Wirkens von Diskursen vorbei, denn natürlich durchdringen sich die Felder, finden sich spezialdiskursive Elemente im Interdiskurs und umgekehrt, sind hegemoniale Präsentationen Teil des Interdiskurses und sind social demands condicio sine qua non für Rationalisierungsmuster, die hegemoniale Projekte zu etablieren vermögen. So muss diese Systematisierung vor allen als Orientierungshilfe für den Forschungsprozess verstanden werden (vgl. Dollinger & Urban 2012). Seit jeher wird bei der Darstellung komplexer Zusammenhänge, aber auch bei der Ausstattung bestimmter gesondert gestellter Gegenstände, Phänomene oder Personen auf Insignien, Symbole und Bilder zurückgegriffen. Bereits in den 1950er-Jahren plausibilisierte Hans Blumenberg, dass Bilder Menschen in den 43
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„Rücken“ fallen, da der Vorrat an Bildern „kanalisiert“ (Blumenberg 1998, 69), was wahrgenommen werden kann.51 Dass grafische Darstellungen und Karikaturen52 kein illustratives Beiwerk sind, sondern eine diskursive Wirkung entfalten, ist heute unbestritten.53 Im Rahmen des Visual Turns54 werden Entfaltungen von Wahrheit und Wissen durch Bilder neu rezipiert (Leggewie 2005, 667). Visuelle Darstellungen sind in diesem Sinne als Vermittlungsformen mit diskursstrukturierenden Effekten zu begreifen, die sich am nachhaltigsten in Verbindung mit Text entfalten (Maar 2006, 11).55 Die KDA bezieht beispielsweise die bildlichen Inszenierungsmechanismen bei der Untersuchung eines Mediendiskurses ein,
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Die Theorie des visuellen Denkens geht davon aus, dass sprachliche und visuelle Bilder nicht nur auf Argumente verweisen, sondern dass der Mensch unmittelbar in Bildern denken kann. Piaget bezeichnet dies als „anschauliche[s] Denken“, einen dem logischen Denken vorgelagerter Prozess, der eine „unvollständige intellektuelle Konstruktion aufbaut“ (Piaget 1948, 184; zitiert nach Roggenbuck 2005, 83). Bilder und Icons können klarer und abstrakter als eine sprachliche Argumentation verstanden werden (Titchener 1973, 10; zitiert nach Roggenbuck 2005, 83f.). Über den Kunstgriff einer Karikatur lassen sich recht abstrakte Konstruktionen, wie z.B. ein kollektives Subjekt als homogene Nation (etwa durch den deutschen Michel) darstellen und damit auch konstruieren und bestätigen helfen, wodurch „die unmittelbare Übertragung vom Kollektivsubjekt auf den Individualkörper“ (Parr 1998, 71) ermöglicht wird. Zur Potenz von Karikaturen in der Bewertung und Zuspitzung einer Argumentation vgl. Ruth/Kirchner/Kreischer (2002). In der heutigen Kultur wird erstens der interdiskursiven Vermittlung bei zunehmender Spezialisierung von Wissens und zweitens der Bandbreite neuer Informationsmedien und -kanäle wie dem Internet oder konkret den Social Media wie beispielsweise Facebook hohe Relevanz beigemessen (Adelmann 1998, 75; Mirzoeff 1999, 5). Die neue Medienkultur zeugt von zunehmenden Visualisierungstendenzen (Rippl 2006, 93): Diese Visualisierung stelle ein Paradigma der Informations- und Wissensvermittlung dar (Bruhn 2003, 19), es entwickele sich eine neue Hegemonie der Visualität (Mitchell 2005, 346). Spezifische Identitätsbilder (Müller-Doohm 1991, 9) wie die Wahrnehmung eines historischen Ereignisses (Welzer 2002, 174), aber auch Widerstandformen haben sich entlang der Veränderung dieser neuen Medien entwickelt. Deleuze bezeichnet diese Veränderung auf der gesellschaftlichen Ebene als den Übergang von der „Disziplinargesellschaft“ (Foucault) zur „Kontrollgesellschaft“ (Deleuze 2006). Nach seiner Meinung besteht die Kontrolle darin, dass über eine starke Reproduktion bestimmter Bilder Handlungsoptionen generiert werden können (auch Parr 2004, 35). In Anlehnung an den Linguistic Turn Seitens Richard Rorty (1992) wurden verschiedene Hinwendungen zu einem neuen Verständnis des Bildlichen und damit die sozialen und kulturellen Funktionen von Bildern bei der Erzeugung und Strukturierung von sinnhafter Ordnung entwickelt. Der Iconic Turn (Böhm 1994) in den Geisteswissenschaften hat dazu geführt, dass Bilder inzwischen über die illustrative Verwendung hinaus als Medien ernst genommen werden, die historische, kulturelle und soziale Wahrnehmungsmuster und Sehweisen prägen und historische Deutungen transportieren; zum Pictural Turn vgl. William J.T. Mitchell (1992). Einen grundlegenden Überblick über diese Theorien, wie über Bilder kommuniziert und kommunikatives Handeln über Bilder vollzogen wird, geben die Sammelbände von Günther Bentele u.a. (Bentele/Hess-Jütlich 1985) und eine Einführungen zum Zeichengebrauch in Massenmedien findet sich bei Röll und Schelske (Röll 1998; Schelske 1997).
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1.3 Methodologie und Methode
fokussiert Fotos, Karikaturen und Info-Grafiken als Teilelemente des Diskurses (Jäger/Jäger 1999, 134). Mit der Analyse von Bildlichkeiten betritt man jedoch ein stark umkämpftes und umworbenes Terrain mit einer großen Begriffs-, Methoden- und Konzeptvielfalt. Eine Analyse bedarf daher eines dezidierten Bildbegriffs, der mit den Konzepten und den entsprechenden Theorien der Analyse abgestimmt ist (Sachs-Hombach 2006, 76). Wie oben für die Analyse der Kollektivsymbole ausgeführt, gilt auch für die visuellen Manifestationen der Diskursfragmente, dass sie nicht als neutrale Interpretationshilfen zu verstehen sind, sondern einen besonderen Bedeutungsüberschuss produzieren (Imdahl 1988, 53; zitiert nach Müller-Doohm 1993, 445), da sie der Sprache gegenüber sowohl unter- wie überdeterminiert sind. Unterdeterminiert sind sie in ihrer offenen Konnotation, während ihre Überdetermination darin besteht, dass sie „die sprachliche Ordnung keineswegs nur subsidiär illustrieren, sondern auch in ihren Grundstrukturen stören und potentiell erweitern“ (Assmann 2007, 152). Dadurch können Bilder offener und multipler (Maiwald 2005, 53), bedeutungsreicher und einprägsamer (Engelkamp 1998, 228f.) als das verbale Korrelat sein, mit dem sie dekodiert werden.56 Sie aktivieren mehr kognitive Muster und ihre Informationen sind „salinenter“ (Scheufele 2001, 146) als die verbalen. Gleichwohl sind auch die visuellen Darstellungen an die kulturellen Grenzen des Zeigbaren gebunden, an die sozialen und kulturellen Praktiken, und nicht nur an die bildliche Encodierung.57 Insofern sind auch für die Interpretation bildlicher Dimension dreierlei Prämissen zu setzen: 56
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Zur Kompetenz von Bildern und neuen Wahrnehmungsmöglichkeiten vgl. Frey (1999, 123); Gädel (1992, 236-253); Heyer/Rupp (2002, 94); Hölscher (1998, 89ff.); Knieper (2003, 193); Leeuwen/Jewitt (2004, 1ff.); Maiwald (2005, 42); Meyer (1995, 56); Neidhardt/Gerhards (1991, 71-76); Schultz (2003, 12). Die bildliche Encodierung kann stark variieren, so ist nach Pierre Bourdieu zu vermuten. Bourdieu hat eine Theorie der Kunstwahrnehmung formuliert (Bourdieu 1970, 159-201), in der er die Distinktion der betrachtenden Person als Kompetenz zur Entschlüsselung eines Bildes, als „künstlerischen Sachverstand“ (ebd., 161) bestimmt: Jede Wahrnehmung verläuft über eine Anwendung eines Codes, diese kann zwar unbewusst verlaufen, aber nicht mit der Kompetenz eines „reinen Auge[s]“ (ebd., 161f.) erklärt werden. Die Codes können unterschiedlich komplex sein und sind abhängig von der Wahrnehmungserfahrung mehr oder weniger vollständig verfügbar (ebd., 165). Die Entschlüsselung und Erfassung des Inhaltes hängt von der ästhetische Erfahrung der Betrachter_innen ab: ihrer Distinktion (auch Schelske 1997, 97). Eine Wahrnehmung, die ohne eine prä-ikonografische oder prä-ikonologische Interpretation erfolgt, bleibt reduziert, ist grob und verkürzt (Bourdieu 1970, 167). Eine Entschlüsselung der spezifisch stilistischen oder ikonischen Merkmale verläuft abhängig von der verstandenen Korrelation zwischen Signifikanten und Signifikaten (ebd., 170). Ein Diskursfragment oder Bild vermag also unterschiedliche Wirkungen haben, da ein Code des alltäglichen Lebens etwas anderes aus einem Bild hervorlockt als ein über einen hohen Bildungsgrad erlangter Code. Überschreitet eine ikonische Botschaft die Erkenntnismöglichkeit der Decodierenden, reagieren diese gewöhnlich mit fehlendem Interesse, Verwirrung oder Negation (ebd., 177).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
2. Die Bilder sind in ihrem Kontext zu interpretieren. Dafür wird der diskursive und institutionelle Kontext in die Analyse einbezogen (Rose 2001, 10). Nicolas Miroeff weist darauf hin, dass bei der Decodierung immer ein sehr weiter sozialer, kultureller und politischer Kontext einzubeziehen ist (Miroeff 1999, 22-26). Es werden unterschiedliche Phänomene als Form der Bildbedeutung begriffen: der Inhalt, die Referenz, ihre Sinnbilder, die Botschaft, die Bildverwendung und der kommunikative Gehalt (Sachs-Hombach 2001, 67). Es bleibt zu fragen, wie typisch diese für ihre jeweilige Zeit sind (im synchronen Schnitt) und welche sprachliche und visuelle Rahmung sie umgibt (Sachs-Hombach 2001, 68f.; Miroeff 1999, 22-26). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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1. Es kann nicht von einer gültigen Interpretation ausgegangen werden. Die Dekodierung muss im Prozess der Interpretation expliziert und damit nachvollziehbar gemacht werden.
3. Weiter ist die bildliche Ebene des Diskurses mit der sprachlichen zu kontrastieren. Brüche, Erklärungslücken oder andere Leerstellen werden in der bildlichen Darstellung durch die interpretierende Person mit ihrer imaginativen, projektiven und assoziativen Kompetenz ausgefüllt, indem die fehlenden Versatzstücke hinzugedacht werden, die Teil vom diskursiven Kontext sind (Huber 2004, 33). Im Rahmen einer KDA erfüllt die ikonografisch-ikonologische Methode, ein aus der Kunstgeschichte stammendes hermeneutisches Verfahren, das auf Aby Warburg und Erwin Panofsky zurückgeht, diese Prämissen (Pilarczyk/Mietzner 2005, 133). Es sieht eine vierstufige Annäherung vor: 1. Eingangs ist eine vorikonische Beschreibung des Bildes vorzunehmen, also eine Bestandsaufnahme des ersten Blicks (ebd., 137f.). 2. Darauf folgt eine Erschließung einer „sekundären Sinnschicht“ (ebd., 138f.) und damit der Einbettung der Bildinhalte in historische, mediale und situative Zusammenhänge. In diesem Schritt ist die Interpretation der im Bild enthaltenen Zeichen, Symbole und Embleme darzulegen und im nächsten Schritt im Kontext ihres Verwendungs- und Nutzungskontext zu positionieren. 3. Daran schließt sich die ikongrafische Interpretation an, also die Analyse der Besonderheit der Bildkomposition, der eingesetzten technischen Mittel, Perspektiven und ikonischen Elemente (ebd., 139f.).
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1.3 Methodologie und Methode
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4. Auf der letzten Stufe erfolgt die Erschließung und Deutung des NichtIntendierten und damit die Annäherung an die „eigentliche Bedeutung“ (ebd., 141). Hier sind die Interferenzen und Brüche zwischen der sprachlichen und der grafischen, visuellen Dimension elementar. Ebenso wie Foucault, verwehrt sich auch die KDA einer reinen Wort- oder Symbolgeschichte (Link 2006a, 175) und folgt der Idee der Genealogie.58 In Anlehnung an Friedrich Nietzsches „Genealogie der Moral“ (1988) entwickelt Foucault ein genealogisches Verfahren zur Annäherung an eine historische Gewordenheit, um damit die Bedingungen zu erfassen, aus denen sich ein kultureller Horizont zusammensetzt (Foucault 2002a, 166-191). Im Gegensatz zur Archäologie, einem horizontalen, epochenspezifischen, synchronen Schnitt durch die Aussageordnungen und Sedimentierungen der sozialen Ordnung, nähert sich die Genealogie durch einen diachronen Schnitt der Entstehung und dem Formationssystem des hegemonialen Wissens. Dafür rekonstruiert die Genealogie eine historische Verlaufsform nach den Modalitäten und Konstitutionen, nach äußeren Bedingungen, sozialen Praktiken, Machttechnologien, diskursiven Verflechtungen, Wissensarten, nach Reorganisationsprozessen und damit den Diskontinuitäten innerhalb einer historischen Verlaufsform (Foucault 2003e, 195). Dieses Verfahren ist zugleich eine Analyse der hegemonialen Wissensbestände und damit als eine Machtanalyse zu interpretieren. Der Fokus einer Genealogie richtet sich nicht nur auf das Gesagte, denn Aussagen und Praktiken sowie Institutionen etc. stehen nach Foucault in einem dialektischen Verhältnis, die gleichsam zur Entstehung von Wahrheiten und Wissen beitragen. Diesen positivistisch erhebbaren Bereich des jeweils Sagbaren intendiert die diachrone Annäherung zu „demystifizieren, denaturalisieren und desubstanzialisieren“ (Saar 2003, 161). Dieses Vorgehen zielt darauf, eine „Aspektbefangenheit“ (Owen 2003, 124) zu überwinden, die sich darin ausdrückt, dass in allen „Erfahrungsfeldern“ (ebd., 125) nur beschränkte Wissensbestände zur Verfügung stehen. Somit entthront die Genealogie ein Selbstverständnis von Wahrheiten, vermeintlich natürlichen Handlungsmustern, Fremd- und Selbstbildern und induziert eine Selbstreflexion der Wissens-, Macht- und Selbstpraktiken (Saar 2007, 343; Stähli 2000, 44f.).59
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Im Bezug auf die Genealogie wird Foucault für eine begriffliche Unklarheit kritisiert, da er Genealogie zum einen als spezifischen historisch-philosophischen Methodenbegriff, zum anderen als Abgrenzung zu dem Begriff der Archäologie, dem Verfahren seiner frühen Schriften, ebenso wie als Synonym für Geschichte und Genese im Allgemeinen verwendet (Saar 2003, 158). Ebenso wie dies seitens Siegfried und Margarete Jäger dargelegt ist, möchte Foucault mit der Genealogie in emanzipatorischer Hinsicht eine Souveränität befördern und nicht zu einer optimalen Selbstregierung beitragen (Owen 2003, 136).
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Diese Zerstörung von Gewissheiten wird als „genealogischer Dreisatz“ bezeichnet:
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Man geht von einem bestimmten Problem in der Gegenwart aus und wirft diese Probleme in die Vergangenheit. Durch diesen retroperspektiven Blick erhält man neue Einsichten und landet, richtig verstanden und belehrt, in einer Gegenwart mit neuen Möglichkeiten (Brieler 2007, 133). Obwohl diese Arbeit keineswegs davon ausgeht, richtig zu belehren, sieht sie sich durch diesen genealogischen Ansatz motiviert. Die Genealogie ist von Foucault nicht als autarkes Verfahren entwickelt worden, und somit unterliegt diese Bezugnahme keinen rechtfertigenden Normen (Honneth 2002, 121).60 Da die KDA durch die Genealogie beeinflusst ist, sich aber im Gegensatz zu dieser einer historisierenden Perspektive, einem beweisorientierten Vorgehen und einer nüchternen Darstellungsweise verpflichtet sieht, bieten sich ihre theoretischen und methodischen Ansätze als Handwerkzeugs für eine Genealogie der diskursiven Dehumanisierung an (wie oben dargestellt), in der Foucault nurmehr entfernter Ideengeber bleibt.61 Entlang dieser inhaltlichen, methodischen und theoretischen Fundamente setzt sich diese Studie das Ziel, über die Tiersymbolisierungen soziale Konstruktionen des Anderen und des Eigenen zu rekonstruieren und Ordnungen des Sozialen sichtbar zu machen. Dabei geht es nicht darum, die Instabilität der Konstruktionen zu überschreiben, sondern sie in ihrer Liquidität zu verfolgen. Um nicht in den Ruf zu geraten, einerseits den Mythos der Zeit nicht zu reflektieren und andererseits den eigenen Habitus als allgemeingültig zu setzen, muss diese Arbeit, trotz einzelner Verdichtungsschnitte, streckenweise eine materialreiche Präsentation leisten. Eine analytische Verdichtung wird in den Synopsen nachvollziehbar gemacht. Entsprechend gilt als Generalisierungsziel: die Tiersymbolisierungen sind innerhalb hegemonialer Strukturen zu erheben.
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Axel Honneth weist darauf hin, dass es sich bei der Genealogie nicht um eine ausgearbeitete Theorie handelt, sondern um eine spezifische Idee, historische Sedimente zu exemplifizieren (2002, 121). Die genealogischen Arbeiten von Foucault zeugten nach Honneth von Unklarheiten im Vorgehen, die sich besonders gravierend in den Prämissen einer Geschichtsschreibung wiederfinden, derer sich die Genealogie zuweilen entledigt und damit eine Fiktion einer Begriffsgeschichte entwirft (ebd., 199f.). Zur Abgrenzung zwischen Genealogie und Begriffsgeschichte vgl. Koselleck (2006, 100ff.), Scholtz (2000, 184) und Gumbrechts (2006, 19).
1.4 Aufbau und Vorgehen
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1.4
Aufbau und Vorgehen
Mit dem Ziel, Tiersymbolisierungen und hegemoniale Strukturen und Ordnungsmuster in ihrer Kontingenz, mit ihren Differenzsetzungen und mit Grenzen des Sag- und Zeigbaren zu rekonstruieren, ist die folgende Analyse in drei Abschnitte unterteilt. Diese sind jeweils als einzelne Kapitel mit spezifischen Datenkorpora und Fragestellungen konzipiert. Um den Untersuchungsgegenstand in seiner Breite zu erfassen, wird im zweiten Kapitel die historische Genese der pejorativen, judenfeindlichen Tiersymbolik in den Blick genommen.62 Das Gewicht liegt hierbei auf deutschsprachigen Diskursfragmenten in der historischen Epoche der Moderne und im Besonderen auf den Tiersymbolisierungen im Antisemitismus. Da die Tiersymbolik nicht ex nihilo innerhalb eines Antisemitismus entstanden ist, sondern über eine lange Tradition verfügt, richtet sich in einigen exemplarischen historischen Exkursen der Blick auf die Kontingenz der Präzedenzen von Tiersymbolisierungen sowie deren diskursiver Kontext vor der Moderne. Um jedoch eine ausufernde historische Betrachtung von Tiersymbolisierungen in Diskursfragmenten von mehr als 1500 Jahren zu verhindern, bleiben die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ausflüge kursorisch und neuralgische Punkte rücken in den Vordergrund. 63 Solche neuralgischen Punkte sind hier die Verschiebungen der Felder des Sagbaren, die sich über die Epochen hinweg immer wieder aktualisieren und daher in Bewegung bleiben.64 Das zweite Kapitel ist in vier Schritte gegliedert, die unterschiedlichen Umfangs, aber jeweils in Bezugnahme zueinander konzipiert sind. Zunächst wird der theoretische Zugang expliziert, indem die Strukturen des Mensch-TierVerhältnisses im Rahmen einer Differenztheorie entwickelt werden (2.1): Das Tier- und auch das Menschenbild werden als soziale Konstruktion konzipiert, die eine binäre Struktur entlang einer Differenzsetzung ausbilden. Die theoretischen Grundlagen dieser Perspektive entstammen historischen, philosophischen und 62
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Einige Querverweise auf zeitgeschichtlich parallele Tiersymbole, zum Beispiel auf misogyne Konstruktionen, aber auch auf „Kollektivsymbole“ aus anderen Kulturkreisen sind zur Hervorhebung spezifischer Aspekte eingefügt. Diese Querverweise werden jedoch nicht entlang ihrer Entstehungsgeschichte verfolgt. Obgleich der diskursive Kontext der „Kollektivsymbole“ immanenter Teil der Analyse ist, muss dem Anspruch, zusätzlich die Genese des Antijudaismus zum Antisemitismus, religiöser, nationaler, technischer, ökonomischer, emanzipatorischer, wissenschaftlicher Entwicklungen gleichwohl zu erfassen, bewusst widerstanden werden. Die Analyse muss unweigerlich einen fragmentarischen Charakter tragen. Mit Verweisen auf wissenschaftliche Sekundärliteratur kann lediglich ein Steg durchs Moor der Zeit gebaut werden. Natürlich vermag eine solche Perspektive nur solche kulturellen, sozialen und politischen Sinnzuweisungen zu erfassen, die auch sprachlich oder visuell ausgedrückt sind.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
soziologischen Teildisziplinen und verfügen über eine breite Schnittmenge mit den (soziologischen) Human-Animal-Studies (Bruckner 2012; Chimara 2011; Roscher 2013). Ausgehend von solchen theoretischen Konzepten wird im folgenden Schritt die Genese von Tiersymbolisierungen im deutschen Sprachraum entlang einer Taxonomie von Tieren rekonstruiert. Die Untersuchung verfügt damit sowohl über eine synchrone wie diachrone Dimension (2.2). Die zusammenfassende Interpretation dieser Genese wird auf die Frage zugespitzt, inwieweit die diskursiven Praktiken die soziale Ordnung in den soziokulturellen und politisch-sozialen diskursiven Feldern prägen (2.3). Abschließend folgt eine Systematisierung der Tiersymbolisierungen in der Lingua Tertii Imperii. Ein knapper Ausblick auf den postfaschistischen Sprachduktus schließt dieses Kapitel und bildet den Anknüpfungspunkt für das vierte Kapitel (2.4). Der Datenkorpus dieses Kapitels besteht erstens aus judenfeindlichen Textfragmenten bekannter Autor_innen wie beispielsweise zentralen Akteuren judenfeindlicher Agitation, Vordenkern des Antisemitismus sowie zentralen Figuren des Nationalsozialismus. Zweitens basieren die Analysen auf wissenschaftlicher Sekundärliteratur historischer, sprachwissenschaftlicher und politikwissenschaftlicher Provenienzen, die Tiersymbolik im Feld der Judenfeindlichkeit und des Antisemitismus behandeln.65 Im zweiten Hauptteil, dem dritten Kapitel, wird die Genese eines einzelnen Tiersymbols, nämlich der Heuschrecke als source domain, entwickelt und mit den Ergebnissen des vorhergegangenen Kapitels verknüpft. Die Spurensuche wird aus der Perspektive der heutigen Zeit begonnen und reflektiert, dass die Bedeutung von Tieren, und damit auch von Insekten, aus dem jeweiligen soziokulturellen und gesellschaftlichen Kontext zu erschließen ist. Insofern ist es das Ziel dieses Kapitels, die historische Bandbreite und Wandelbarkeit der ‚Heuschrecke/n‘ als Symbolik aufzuzeigen (3.1). Daher ist die Zeitspanne bewusst sehr weit gewählt, um epochale Prägungen herausarbeiten zu können. Da in heutigen Diskursfragmenten die Ägyptischen Plagen als „initiale Kodifizierung“ (Rigotti 1994, 137)66 ausgewiesen werden, eröffnen diese den Zeithorizont. Im 65
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Als Quellenkritik muss erstens vermerkt werden, dass die Daten des Mittelalters und der frühen Neuzeit nicht repräsentativ sind. Dies ist ein generelles Problem in der Untersuchung frühmoderner Diskurse. Zweitens handelt es sich bei manchen Werken der Sekundärliteratur um explizit ideologisch geprägtes Material, da sich die Autor_innen auf eine Perspektive festlegen, nach der Auschwitz nie wieder sein darf. Beiderlei Material wird als abhängig von den Machtverhältnissen ebenso wie in diese verschränkt rezipiert (Bachmann-Medick 2009, 150). Dieser Begriff der „initialen Kodifizierung“ wurde von Francesca Rigotti (1994, 137) entwickelt, um die Prägung von Metaphern und Analogien zu erklären. Sie geht davon aus, dass der kollektive Bildervorrat nicht durch beispielsweise aktuelle Erfahrungsräume und bei Tiersymbolisierungen nicht durch das Vorkommen in der heimischen Tierwelt motiviert ist, sondern sich charakteristische Ausprägungen in Subscriptiones verfestigen und tradieren.
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1.4 Aufbau und Vorgehen
ersten Schritt werden die source domains im Alten und Neuen Testament rekonstruiert und ein inhaltlicher und sprachlicher Bedeutungswandel wird innerhalb der Übersetzungen und Interpretationen rekonstruiert.67 Den Datenkorpus hierfür stellen entsprechend die zitierten Versionen des Alten und Neuen Testaments aus den kanonisierten Schriften der großen Theoretiker, die Suche wird somit zur „ideengeschichtlichen Gipfelwanderung“ (Landwehr 2004, 36). Zudem besteht der Datenkorpus aus den Werken heute bekannter früher Naturforscher, Chronisten und Enzyklopädisten und ist damit zwar zeittypisch, jedoch weder inhaltlich differenziert noch sozial repräsentativ.68 Um dennoch ein differenzierteres Bild zu ermöglichen, werden sie durch Lexika und Fachliteratur aus den Bereichen Theologie, Forschung zur Antike und Mediävistik sowie Sekundärliteratur aus den Bereichen Geschichte und Theologie ergänzt.69 Diese Ergänzung ist durch die Vorgaben für eine diachrone Perspektive motiviert, nach denen, so Achim Landwehr, ein Datenkorpus möglichst „seriell, sozial repräsentativ, inhaltlich differenziert, begriffsorientiert, zeittypisch und öffentlich“ (Landwehr 2004, 37) gestaltet sein sollte. Statt hiernach eine Tour de Force durch die folgenden Epochen zu beginnen, wird im Anschluss die Literatur der Moderne70 und ihre Symbolisierungen von der Heuschrecke als source domain ins Forschungsinteresse rücken. Auch hier muss die Kontextualisierung exemplarisch und damit skizzenhaft entlang von Sekundarquellen gestaltet bleiben (3.2). Für die Analyse des kulturellen Bildervorrats in der Literatur der Moderne werden 242 Textausschnitte in den Datenkorpus aufgenommen, in denen die ‚Heuschrecke/n‘ als rhetorische Figur einge67
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Natürlich kann es in einer sozialwissenschaftlichen Arbeit nicht um die Exegese religiöser Texte gehen. So ist es für den Verlauf dieser Arbeit unwichtig, wie der jeweilige Text damals und im religiösen Kontext funktioniert hat und welche Wirkung er auf hypothetische Rezipient_innen besessen haben mag. Eine systematische Betrachtung historischer Lesarten soll und kann hier nicht geleistet werden. Der Datenkorpus repräsentiert nur eine bestimmte Art des Expertendiskurses. Wirkungsgeschichte oder interdiskursive Verwebungen können nicht erschlossen werden. Dieses widerspricht dem Diktum der historischen Diskursanalyse: „Die ausgewählten Texte sollten sich als möglichste repräsentativ für den Diskurs erweisen, in ausreichender Anzahl vorhanden sein und sich seriell über einen gewissen Zeitraum erstrecken“ (Landwehr 2004, 107). Dieses Problem kann hier nur angezeigt, aber nicht gelöst werden, da es als generelles Problem vormoderner Textanalysen gilt (siehe oben). Innerhalb dieses Exkurses können nur einzelne Veränderungen zwischen Spätantike und der Frühen Neuzeit oder gar dem antiken Palästina, der hellenistischen und römischen Kultur und dem mitteleuropäischen Reich skizziert werden. Die Spurensuche muss sich den Vorwurf des Fragmentarischen gefallen lassen. Ich beziehe mich hier auf die geschichtswissenschaftliche Epoche der Moderne und nicht auf die literarische Moderne, die deutlich später, nämlich um 1900, beginnt. In literaturwissenschaftlicher Taxonomie beinhaltet die Analyse nicht nur Werke der Moderne, sondern auch der Klassik, barocke und ältere Quellen bilden die Ausnahme.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
setzt ist.71 Anhand kleiner Diskursfragmente sollen die jeweiligen Subscriptiones, unter der Einbeziehung der soziokulturellen, gesellschaftlichen Bezüge sine qua non, rekonstruiert werden, indem ihre Differenzsetzungen, Topoi, Argumentationsfiguren und Deutungsmuster expliziert werden. Eine Systematisierung wird entlang der Grundmotive, der differenten tertia comparationis72 aufgebaut.73 Unter Grundmotiven werden hier eben jene Verse des Alten und Neuen Testaments verstanden, die sich als initiale Kodifizierung in den Subscriptiones rekonstruieren lassen. Um den Zugang zu erleichtern, werden diese den Abschnitten vorausgestellt. Im folgenden Schritt wird das zentrale Motiv der Ägyptischen Plage in judenfeindlichen Symbolisierungen analysiert (3.3). Der Schwerpunkt liegt auf der Systematisierung elementarer Aspekte der Sinnzuweisungen im Antisemitismus. Abschließend werden die Ergebnisse aus Kapitel 3 mit denen der vorausgegangenen Genese der pejorativen Tiersymbolik ins Verhältnis gesetzt und damit in synchrone Dimensionen des kulturellen Bildrepertoires verwoben. Da sich (glücklicherweise) in einem angesehenen Literaturarchiv keine explizit antisemi71
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Zusammengestellt wurde der Korpus auf Grundlage des digitalen Literaturarchivs Edition Gutenberg. Klassische Literatur in deutscher Sprache, Ausgabe 11. Dem Datenkorpus liegen durch das digitale Literaturarchiv mehr als 10.000 Gedichte, 5000 Romane und Novellen, Dramen, Erzählungen, Sachbücher, 6300 Märchen, Fabeln und Sagen von über 1100 Autor_innen zugrunde. Aufgenommen wurden Fragmente, in denen Heuschrecken im Singular, im Plural und als Wortkomposita als source domain Grundlage einer Symbolisierung sind. Die Diskursfragmente sind entsprechend so groß gewählt, dass die Subscriptiones erfasst werden können. Dies kann abhängig vom Text sowohl einen Artikel, ein Gedicht oder ein Kapitel beinhalten. In solchen Fällen, in denen sich die source domain im Ausschnitt wiederholt, wird sie nur einfach gezählt. Die aufgenommenen Textpassagen entstammen der Feder von Autor_innen, die im deutschen Sprachraum Relevanz besaßen oder besitzen. In wenigen Fällen handelt es sich nicht um deutschsprachige Autor_innen, sondern um französisch- oder englischsprachige, deren Texte jedoch zeitnah zu ihrem Erscheinen ins Deutsche übersetzt wurden. Tertium comparationis ist ein Begriff aus der Rhetorik, mit dem das Dritte des Vergleichs bezeichnet wird. Zwischen der source und der target domain bildet das. tertium comparatinis die Gemeinsamkeit, die in diesem Fall als Zuweisung einer Gemeinsamkeit verstanden werden muss. Insofern handelt es sich im Folgenden um das dritte Glied in den Symbolisierungen, in dessen Umfang nicht nur die source und die target domain eingehen, sondern das umgekehrt ebenso an der Hervorbringung der source wie der target domain beteiligt ist. Das dominante Motiv basiert auf den Ägyptischen Plagen (71 Zuordnungen). Etliche Bilder sind jedoch aus einzelnen Versatzstücken mit anderen Motiven kombiniert. Zum Beispiel kann in den 242 Fragmenten nur bei sechs Okkurrenzen eindeutig eine Zuordnung zur Apokalypse festgestellt werden, weitere sechs basieren auf die koschere Speise des Johannes im Kamelhaarmantel. Die übrigen Symbolisierungen verweisen auf verschiedene initale Kodifizierungen und verteilen sich mit bis zu einem halben Dutzend Treffern auf die anderen Ursprungsbilder. Eine Systematisierung bringt daher die Gefahr der Vergröberung, ermöglicht aber eine Lesefreundlichkeit. Die Trennung in verschiedene Bilder ist also nicht immer sinnvoll oder möglich. Die übrigen Bilder verteilen sich mit bis zu einem halben Dutzend Treffern auf die anderen Ursprungsbilder.
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1.4 Aufbau und Vorgehen
tische Literatur und Autor_innen finden, wird der Datenkorpus hier um Diskursfragmente der bekannten antijüdischen und antisemitischen Protagonisten sowie um dezidiert judenfeindliche Postillen, Flugblätter und Zeitungen erweitert.74 Diese zwei Korpora des dritten Kapitels sollen eine soziale Repräsentativität und inhaltliche Differenziertheit ermöglichen. Um den sozialgeschichtlichen Gehalt und das semantische Beziehungsgefüge rekonstruieren zu können, was eine grundlegende Voraussetzung für eine historisch angelegte Diskursanalyse darstellt (Landwehr 2004, 38), habe ich auf Sekundärliteratur zu gesellschaftlichen Sinnbildungsmustern, sprachlichen Praktiken, sowie den Niederschlag hegemonialer Ordnungsmuster in der deutschen Sprache zurückgegriffen. Durch diesen Kunstgriff vermeide ich den jeweiligen synchronen Schnitt durch das gesamte Diskursgefüge. Durch Sekundärliteratur kann somit ein Schnitt durch den jeweiligen historischen Gesamtdiskurs realisiert werden (ebd., 101). Trianguliert sind diese Schnitte mit einigen exemplarischen Feinanalysen (Link 1988, 284-310). Anschließend folgt im vierten Kapitel eine Analyse über die Grenzen des Sagund Zeigbaren in (West-)Deutschland nach 1945, womit der Faden wieder aufgegriffen wird, der in Kapitel 2.4 ausgelegt ist. Einleitend werden die diskursiven Aushandlungen über die Grenzen des Sagbaren in der politischen Kultur in Bezug auf pejorative Tiersymbolik nach 1945 bis zur Jahrtausendwende rekonstruiert (4.1). Eine analytische Verdichtung erfolgt in einem Resümee über die Wissensbestände, ethischen Standpunkte sowie Argumentations- und Deutungsmuster, die jene Grenzziehungen zwischen legitimer Sprache und Tabu motivieren. Der Datenkorpus setzt sich hauptsächlich aus Sekundärmaterial über politische Dispute in der politischen Rede zusammen. Ergänzend werden einige weitere Zeitungsartikel für die Analyse aufgenommen. Ein nächster Schritt führt ins Jahr 2005 zu den diskursiven Aushandlungen um die Metapher der Heuschrecke, die Franz Müntefering (SPD) im Badenwürttembergischen Wahlkampf einsetzte (4.2). Hier werden die agonalen Kämpfe um das sich neu etablierende Kollektivsymbol nachgezeichnet. Resümierend wird festgehalten, welche Aspekte sich in den Subscriptiones durchsetzen, welches Wissen sich über die Grenzen des Sagbaren etabliert und welche binären Strukturen, Überkodierungen, Hypostasierungen sowie spezifischen Kopplungen mit anderen Diskursen rekonstruierbar sind. 74
Durch Verfolgung von Verweisen in Sekundärliteratur und eine umfangreiche Suche in diversen Archiven ist ein ergänzender Datenkorpus entstanden. Dieser ist möglichst breit angelegt: Neben Kinderbüchern, Belletristik, Flugschriften, christlichen Journalen und Zeitschriften besteht er aus klassischem Propagandamaterial wie Texten aus „Der Stürmer“ und Propagandafilmen. Eröffnet wird die Analyse mit einer Flugschrift aus dem Jahr 1819, in der sich erste Anzeichen eines neu erwachenden Antisemitismus entdecken lassen. Zeitlich begrenzt ist der Korpus durch das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und damit der rechtlichen Reglementierung der öffentlichen Artikulation des Antisemitismus.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Hierauf aufbauend folgt eine Analyse über die Präzedenzen der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik in den Jahren 2005 bis 2012. Über eine diachrone Perspektive lassen sich hegemoniale Sinnzuweisungen rekonstruieren, die unter diskursiven Ereignissen – allen voran den sogenannten Krisen – rejustiert werden (4.2.3). Die analytische Verdichtung, wie sie im vorangegangenen Unterkapitel für einen Untersuchungszeitraum von wenigen Wochen vorgelegt wird, kann im Folgenden ausgebaut, vertieft und in der diachronen Dimension erweitert werden. Diesen beiden Unterkapitel liegt ein umfangreicher Korpus von deutschsprachigen Zeitungsartikeln aus den Jahren 2005-2012 zugrunde, in denen das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ eingesetzt ist. Da die Fragestellung und der methodische Ansatz auf eine breite Wissensintegration abzielen und damit die repräsentative Verwendung des Kollektivsymbols in den Jahren 2005-2012 untersucht werden soll, ist nicht das gesamte ideologische Spektrum75 und auch nicht die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten anvisiert. Stattdessen setzt sich der Korpus aus den deutschsprachigen meinungsführenden Qualitätszeitungen und -zeitschriften zusammen. Von diesen Publikationen werden vier jeweils links, mitte-links mit liberalem Wirtschaftsteil, bis bürgerlich-konservativ, beziehungsweise in der Wirtschaftspolitik wirtschaftsliberal orientierte überregionale Tageszeitungen ausgewertet: die tageszeitung (taz), die Süddeutsche Zeitung (SZ), Die Welt und der Tagesspiegel (TS).76 Hinzu kommen zwei wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazine: Der Spiegel als liberales Leitmedium mit komplexeren Analysen sowie der Focus mit einer Ausrichtung auf schnelle Rezeption. Als täglich erscheinende Finanz- und Wirtschaftszeitung wird das deutsche Schwesterblatt der Financial Times, die Financial Times Deutschland (FTD) hinzugenommen.77 Da die FTD ein anerkanntes Veröffentlichungsorgan für die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtmitteilungen börsennotierter Unternehmen ist, verfügt sie über einen speziellen Zugang zum Terrain des Finanzmarkts und trägt damit spezial- wie interdiskursive Züge. Für die Analyse wurde auf die elektronischen Versionen der Artikel zugegriffen, die über die Datenbank Factiva78 bereitgestellt werden. Auf Artikel aus dem Boulevardjournalismus wird verzichtet, da diese nicht elektronisch zur Verfügung stehen. Die Artikel wurden über das Stichwort „Heuschreck“ ausgewählt, 75
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Eine dezidierte Analyse des Kollektivsymbols in politisch rechten Veröffentlichungen liefert Oppenhäuser (2006, 103-125). Der Tagesspiegel wird verlagsintern als überregional eingestuft, trägt als Berliner Abonnementzeitung jedoch deutliche Züge einer regionalen Publikation. Die Financial Times Deutschland erschien zum letzten Mal am 7. Dezember 2012, die letzten knapp vier Wochen des Untersuchungszeitraums ist sie daher nicht mehr in den Korpus einbezogen. Der Zugriff erfolgte über global.factiva.com am 31.12.2011 sowie für das letzte Jahr am 2.4.2013.
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1.4 Aufbau und Vorgehen
um Wortkomposita sowie Singular und Plural zu inkludieren.79 Aus forschungsökonomischen Gründen handelt es sich um keine Vollanalyse der Jahre 20052012.80 Um ein möglichst effektives und effizientes Sample für eine Mehrjahresstudie zu erstellen, bieten sich stattdessen zufallsgenerierte, konstruierte Wochen an, die durch einen Zufallsgenerator81 erstellt werden. Der Umfang des Samples ist so konzipiert, dass sich darin eine repräsentative Auswahl der synchronen und diachronen Variationen und somit der verschiedenen diskursiven Ereignisse, Themen, target domain, Texttypen usw. abbildet. Das Sample kann insofern als gesättigt gelten, als dass keine weiteren nennenswerten Variationen jenseits des Samples erscheinen: Als effektivstes Sample erweisen sich zwölf generierte Wochen pro Jahr, also je eine Woche pro Monat, wobei jede konstruierte Woche jeweils einen Montag, einen Dienstag usw. enthält.82 Damit ergibt sich für das Sample eine Zusammenstellung von 242 Artikeln aus Zeitungen und Zeitschriften für den Zeitraum Juni 2005 bis Dezember 2012. Nennung aus den unterschiedlichen Texttypen und Rubriken sind berücksichtigt, wie beispielsweise Leitartikel oder Artikel aus dem Politik- oder Wirtschaftsteil, aus der Innenpolitik und aus der Kategorie Management, ebenso wie Kommentare und Rezensionen beispielsweise von Kinofilmen über die Börsenkrise im Feuilleton.83 Für das Kapitel 4.2.1 ergänzen weitere Artikel aus meinungsführenden Zeitschriften und Zeitungen, die während der Implementierung des Kollektivsymbols im April und Mai 2005 Relevanz besaßen, den bereits durch Factiva erstellten Korpus.84 Neben den oben erwähnten Zeitschriften und Zeitungen handelt es sich hierbei um Artikel aus dem Handelsblatt, dem Stern, der Berliner Zeitung, der Welt am Sonntag und der Bildzeitung. Bei dieser Ergänzung handelt es sich um einen manuell zusammengestellten Pressespiegel aus Printversionen. Ein folgendes Unterkapitel befasst sich mit medialen Aushandlungen und Sinnzuweisungen an die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik jenseits des massenmedialen 79
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Solche Okkurrenzen, in denen die Heuschrecke als eigentliches Tier oder als bspw. Yogafigur erscheint, sind ausgenommen. Das Tableau umfasst eine Gesamtzahl von 4.496 Artikeln. Eine detaillierte Darstellung des Korpus befindet sich im Anhang. Geeignet für ein solches zufallsgeneriertes Sampling ist www.random.org. Der Zugriff erfolgte am 31.12.2011 sowie am 2.4.2013. Kodiert wurden die Daten im Analyseprozess mit dem Programm Max QDA in Anschluss an Kuckartz (2010). Diese Methode des effektiven und effizienten Samples orientiert sich an Lacy/Riffe/Staci/Chang (2001), sowie für wöchentlich erscheinende Zeitschriften an Lacy/Robinson/Rofe (1995). Dieser breite Schnitt erfolgt in Anlehnung an Jung (2001). Der Datenkorpus ist für diesen Implementierungszeitraum auf sechs Wochen begrenzt. Die Erstnennung von Müntefering findet am 17.4.2005 in der Bild am Sonntag (Bild aS 17.4.2005) ihren Niederschlag. Ende Mai wird als Ende dieser Phase gesetzt. 31 Zeitungsartikel wurden über Factiva erhoben. Diese Artikel bilden die Grundlage für die Vollanalyse. Eine dezidierte Abbildung der Samples befindet sich im Anhang.
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1 Zur Erforschung von Dehumanisierung durch pejorative Tiersymbolik
Diskrses (4.3). Zu diesem Zweck wird ein weiterer Diskursstrang analysiert und mit dem medialen Diskurs kontrastiert: Innerhalb politisch linker Debatten werden abweichende Sinnzuweisungen an ökonomische Prozesse justiert und gleichzeitig das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ umkämpft. Durch die Rekonstruktion der Aushandlungen lässt sich entsprechend die Etablierung alternativer Wahrheiten und abweichenden Wissens verfolgen. In einem abschließenden Resümee werden die beiden Analysen zusammengebunden und es wird beleuchtet, wie die alternativen Wissensbestände eine Rejustierung der Grenzen des Sagbaren bewirken (4.3.1). Vorangestellt wird eine Kontextualisierung der Debatte mit der historischen Genese einzelner Diskurspositionen. Die Konfliktlinien werden anhand von Publikationen der innerlinken Debatte rekonstruiert. Der Datenkorpus besteht entsprechend aus Texten politisch linker Journale, Zeitschriften, Zeitungen, Flyer, Reader, Petitionen und Broschüren sowie für die Kontextualisierung ökonomische Fachliteratur, Analysen der politischen Bewegungsforschung und Publikationen der Antisemitismusforschung. Da die innerlinke Debatte eine Flut von Publikationen um eine „verkürzte Kapitalismuskritik“ sowie den „strukturellen Antisemitismus“ – die den Kontext der Auseinandersetzung um das Kollektivsymbol stellen – produziert, mussten einige exemplarische Diskursfragmente ausgewählt werden, eine Vollanalyse wäre weder sinnvoll noch realisierbar gewesen. Für eine Erleichterung der Lesbarkeit sind die Rekonstruktionen der Diskurse jeweils nach ähnlichen Fragen strukturiert (4.2.1, 4.2.3 und 4.3). Als problematisch erwies sich für diese Unterkapitel, dass die Datenbank Factiva die grafische und figurative Dimension des Diskursstrangs nicht erfasst. Daher sind exemplarisch einige grafische Darstellungen, Textillustrationen, Titelbilder, Wahlwerbung auf Billboards, Demonstrationsplakate aber auch Werbeannoncen aus den Printausgaben dieser und weiterer meinungsführender Publikationen sowie weiterer Medien einbezogen. Die Studie rundet eine Synopse ab, in der die Ergebnisse der einzelnen Analysen ein weiteres Mal verdichtet werden (Kapitel 5). Diese zusammenfassendvergleichende sowie weiterführende Analyse wird auf zwei Dimensionen bezogen: Bei der ersten Dimension handelt es sich um die Kontingenz der Räume des Sagbaren. Die zweite Dimension verortet die aktuellen Grenzziehungen in einem soziokulturellen und politischen Kontext, in concreto zu einer Erinnerungspolitik und ihrem Einfluss auf die Sag- und Zeigbarkeitsräume und damit des kollektiven Bildrepertoires. Bevor nun ein Sprung in die Analyse erfolgen kann, muss noch eine Prämisse vorangestellt werden: Sozialwissenschaften können nicht neutral sein, da weder objektive Kriterien zur Verfügung stehen, noch jemals positivistisch das wahre
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1.4 Aufbau und Vorgehen
System von Beziehungen und Bedeutungen extrahiert werden kann (Laclau 2010, 26f.). Jedem Kreisen um die Gesellschaft, selbst jenem, das sich nur auf diskursive Repräsentationen fokussiert, wohnt immer eine Wertung, ein kultureller Wissensvorrat, ein spezifisches Interesse inne. Dies zeigt sich in der Fragestellung, in der Auswahl des Materials, der Methode und natürlich auch darin, welche Diskursverknüpfungen ausgemacht werden. Jegliche Diskursanalyse ist immer eine Betrachtung durch eine spezifische Brille, die Zusammenhänge unweigerlich ausgeblendet beziehungsweise andere betont. Statt hier also eine vermeintliche Neutralität zu postulieren, müssen einerseits die präreflexiven Räume des Denk- und Sagbaren sowie die Verstrickung in hegemoniale Muster anerkannt werden. Andererseits präfiguriert diese Arbeit ein spezifisches Erkenntnisinteresse: Die Studie zielt darauf ab, diskursive Akteure für ihre Verstrickung in hegemoniale Muster zu sensibilisieren. Dies wird nicht nur vor dem Unfassbaren, ergo Auschwitz, angegangen, sondern auch im Angesicht des 20-jährigen Gedenkens an die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda und Mölln. Richard Rorty hat einst ein Movens formuliert, in dessen Fahrwasser sich diese Studie einschleust: Rorty zählt sich zu jenen Menschen mit diesen nicht auf tiefste Gründe zurückführbaren Bedürfnissen auch ihre eigenen Hoffnungen rechnen, die Hoffnungen, daß Leiden geringer wird, daß die Demütigung von Menschen durch Menschen vielleicht aufhört (Rorty 1992, 14). Diesem Impetus folgend, verschreibt sich diese diskursanalytische Studie einer histoire engagée.
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Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten Der Spruch: wenn Worte töten könnten, ist längst aus dem Irrealis in den Indikativ geholt worden: Worte können töten, und es ist einzig und allein eine Gewissensfrage, ob man die Sprache in Bereiche entgleiten lässt, wo sie mörderisch wird (Böll 1978, 302f.).
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Dieser Aphorismus von Heinrich Böll fußt auf der These, dass eine sprachliche Entmenschlichung der körperlichen Vernichtung vorausging und -geht. Auch im akamischen Diskurs wird seit dem Linguistic Turn85 sprachliche Pejoration nicht mehr als Oberflächenphänomen interpretiert: Sprache bringt soziale Konstruktionen wie die des minderwertigen Anderen hervor und wird damit untrennbar mit nicht-diskursiven Praktiken verknüpft. Hierauf aufbauend zeichnet sich die Relevanz der Analyse von sprachlicher Dehumanisierung, ihren diskursiven Verflechtungen und soziokulturellen Kontexte ab. Unter dieser Prämisse rückt das folgende Kapitel pejorative, judenfeindliche Tiermetaphorik und ihre Genese im abendländischen Denken in den Fokus.86 Das Augenmerk liegt auf der historischen Epoche der Moderne, dabei vor allem auf dem Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts und seiner Kulmination in Auschwitz. Da die Tiersymbolik jedoch nicht ex nihilo mit dem Antisemitismus entstand, sondern sich diese, ebenso wie der Antisemitismus selbst, entlang des bestehenden Bildervorrats unter sich aktualisierenden diskursiven Bedürfnissen entwickelte, werden bei den stark rezipierten Symbolen exemplarisch die historischen Genesen weiter zurückreichend nachgezeichnet. Trotz des Fokus’ auf der sprachlichen Entwertung müssen gleich zwei Einschränkungen vorangestellt werden: Erstens darf, trotz der Analyse der sprachlichen Dehumanisierung, diese keineswegs als einziger Bedingungsfaktor für
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Der Linguistic Turn setzt die „sprachliche Bedingtheit von Wirklichkeitserfahrungen“ (Bachmann-Medick 2009, 35) voraus. Einige Querverweise auf zeitgeschichtlich parallele Tiersymbole, zum Beispiel auf misogyne Abwertungen, aber auch auf Kollektivsymbole aus anderen Kulturkreisen, sind zur Hervorhebung spezifischer Aspekte eingefügt. Diese Tiersymbole werden jedoch nicht entlang ihrer Entstehungsgeschichte verfolgt.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Auschwitz missverstanden werden. Vielmehr sei auf Shulamit Volkov verwiesen, die auf die Komplexität sozialer, politischer, ökonomischer und kultureller Bedingungsfaktoren verweist, ohne dabei die Bedeutung der sprachlichen Vermittlung zu schmälern (Volkov 1999, 263-265). Zweitens ist die sprachliche Dehumanisierung im Antisemitismus ein sehr umfangreiches Terrain, die Analyse der pejorativen Tiersymbolik wird daher niemals alle Aspekte der diskursiven Konstruktionen erfassen können. Unter diesen Vorzeichen kann eine differenztheoretische Studie nicht nur die Subscriptiones in den jeweiligen Diskursfragmenten analysieren. Die Tiersymbolik muss ergo in ihrem diskursiven Kontext porträtiert sein, um das Wechselspiel zwischen dem Einfluss soziokultureller Entwicklungen auf die Tiersymbolik und sprachlichen Impulsen auf die Denkrichtung zu beleuchten (auch Schäfer 1962, 40). Punktuell erfolgt daher eine Kontextualisierung der Fragmente. Zu Beginn des Kapitels wird zunächst die theoretische Grundlage umrissen. Hierauf folgen Analysen über die Tiersymbolisierungen im Antisemitismus. Diese sind entlang einer Kategorisierung der Tiere aufgebaut, die aus heuristischen Gründen in drei Rubriken untergliedert sind: In ‚uneigentliche‘, ‚höhere‘ und ‚niedere‘ Tiere. Diese Gliederung ist aus unterschiedlichen Gründen durchweg prekär. Erstens handelt es sich bei der ersten Gruppe keineswegs um Tiere, sondern um mythische Figuren, die im jeweiligen Diskurs als Kreaturen interpretiert werden. Sie tragen häufig jedoch lediglich materielle Spuren von real existierenden Kreaturen in sich. Der zweite Punkt ist in doppelter Hinsicht diffizil: Die Untergliederung in ‚höhere‘ und ‚niedere‘ Tiere entspringt keinem biologischen Taxon, sondern spiegelt als triviale Bezeichnung die Nähe zum Menschen wider, die derselbe den Kreaturen zuschreibt. Somit reproduziert diese Gliederung zweierlei: einerseits den anthropozentristischen Blick, der als klassisch für die Geschichts- und Sozialwissenschaften gilt (Ritvo 2002), aber durch das neue akademische Feld der Human-AnimalStudies kritisiert wird,87 andererseits reproduziert diese Kategorisierung die historiografische Bezugnahme auf das Tier als Objekt und damit die Superiorität des Menschen und legitimiert insofern auch die bestehende hegemoniale Diffe-
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Zu Grundlagen und Perspektiven der Human-Animal-Studies vgl. Buschka/Gutjahr/Sebastian (2012) und Roscher (2013); zum akademischen Feld der neuen Forschungsrichtungen und den theoretisch und methodisch divergierenden Ansätzen der Human-Animal-Studies, AnimalStudies, Critical Animal Studies und Anthropozoology vgl. Roscher/Krebber (2011, 4f.). Vereint sind die Forschungsrichtungen durch die Forderung, die Tiere als fühlende und leidende Lebewesen stärker in die Wahrnehmung zu rücken sowie die Tier-Mensch-Beziehung als hegemoniale Konstruktion zu reflektieren (Roscher/Krebber 2011, 5). Die Critical Animal Studies gehen mit ihrem „Posthumanismus“ sogar so weit, den anthropozentristischen Blick aufgeben zu wollen (Wolfe 2003a & 2003b).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
renzsetzung zwischen Mensch, Tier und Natur.88 Auf die m.E. durchaus berechtigte Kritik der Human-Animal-Studies kann hier jedoch nur verwiesen werden, da die Untersuchung die diskursive Repräsentation der Tiere erfassen und mit dieser Aussagen über die menschliche Gesellschaft herleiten möchte. Somit bleibt die fluktuierende Grenzziehung zum Tier Gegenstand der Annäherung an die menschliche Ordnung und gesteht dem Tier lediglich eine funktionale Rolle in einer diskursiven Topologie zu (Bodenburg 2012, 10). Die eigentlichen Kreaturen bleiben die Staffage in einer sozialwissenschaftlichen Analyse der Moderne (Krebber/Roscher 2011, 4f.). Ohne dieses Dilemma auflösen zu können, wird zunächst ein stark rezipiertes Tiersymbol behandelt und exemplarisch eine Genese von mittelalterlichen, über frühneuzeitlichen zu neuzeitlichen Zuschreibungen ausgebreitet. Einige weitere Symbolisierungen von Tieren derselben Ordnung folgen sowohl als Kontrastfolie sowie zur Ausdifferenzierung der Varianzen. Im Anschluss an die Tiersymbolisierungen folgt ein Unterkapitel über Bakterien, Bazillen und Viren als source domain in Pejorationen. Jede dieser Ausführungen über ein Symbol wird mit einem knappen Blick auf die Handlungsrationalitäten in den Subscriptiones abgerundet. Eine Vertiefung des Aspekts der Massenhaftigkeit ergänzt die vorangegangenen Ausführungen, bevor eine zusammenfassende Interpretation unter Bezug auf die Signifikanz der Tiersymbolik erfolgt. Die historische Genese von diskursiven Verflechtungen und Knotenpunkten wird nicht für jede Symbolisierung vollständig expliziert. Stattdessen wird peu à peu über das gesamte Kapitel eine Art Topografie von hegemonialen Ordnungen entwickelt, um die pejorative Tiersymbolik in dieser zu verorten. Die Forschungsfragen, die durch dieses Kapitel führen, sind im Anschluss an Bölls Aphorismus formuliert: Welche spezifischen diskursiven Formationen, die „getötet haben“, lassen sich heute rekonstruieren? Wie ist post festum das Zusammenspiel von historischer Dehumanisierung und der jeweiligen Tiersymbolik zu bewerten? Und durch welche Differenzsetzung und dichotomen Konstruktionen zeichnen sich diese Diskursformationen aus?
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Generell kommt der Analyse von Tiersymbolisierungen mit dem „animal turn“ (Ritvo 2002) und der Etablierung der Human-Animal-Studies ein neues Gewicht zu. Insbesondere die literaturwissenschaftlich geprägte Politische Zoologie (Heiden/Vogl 2007a) hat sich der Untersuchung metaphorologischer Aufladung des Tieres verschrieben.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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Entstehungskontext pejorativer Tiersymbolik
Ein Blick in politische und philosophie Werke von tausenden Jahren verrät die Bedeutung von Tiersymbolisierungen: Aristoteles und Hobbes wählten Tiere, um ihre Vorstellungen von Staatlichkeit zu veranschaulichen. Gleichzeitig leben Parabeln, Allegorien und Fabeln,89 ebenso wie bspw. die Bestiarien des Mittelalters (Dinzelbacher 2006; Hartmann 2009; Hassig 1999; Pelizaeus 2009) von lebendigen Vorstellungen von Tieren. Diese sind nicht nur Produkt ihrer jeweiligen historischen Kontexte, sondern auch abhängig von den Rezipient_innen, die sie adressieren (Haibl 2000, 237). Ein Repertoire der Tiersymbolisierungen wird daher jeweils als kulturtypologisch, begrenzt und durch zeitgeschichtliche und demografische Kontexte geprägt, interpretiert. Solch zeitgeschichtliche Kontexte sind beispielsweise abhängig vom Stand der Wissenschaft, der Gestalt des Naturbezugs und den aktuellen emotionalen und affektiven Dispositionen zu konkretisieren (Fingerhut 1969; zitiert nach Rigotti 1994, 118).90 Tiersymbolik basiert dabei auf Zuschreibungen humaner Eigenschaften an die Kreaturen, somit handelt es sich bei den Vorstellungen der Tiere um „soziale Konstruktionen“ (Roscher 2007, 245f.), in denen sich die lebendigen Kreaturen nur mehr als Spuren niederschlagen.91 Jede Zuschreibung an ein Tier muss entsprechend als kulturelle Repräsentation, als Projektion menschlicher Erfahrung verstanden werden (Baker 1993, 171), wobei sich im Bild vom Tier vielmehr das Bedürfnis der Menschen als die Kreatur selbst spiegelt (Berger 2009; Ritvo 1987, 4). Dabei, so hebt Steve Baker hervor, handelt es sich um eine wechselseitige Befruchtung: 89
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Die ersten überlieferten Tierfabeln finden sich bei Hesiod beziehungsweise Archilochos ca. 700 v. Chr., deren Geschichten vermutlich auf mesopotamische Versionen zurückgehen (Giebel 2003, 76). Die berühmten griechischen und römischen Fabelsammlungen entstammen den Federn von Äsop, Phaedrus und Babrios (Giebel 2003, 79). In Homers Gleichnissen wird ein sehr lebendiges Bild einer antiken Sicht auf Tiere reproduziert, in der Tiere wie der Löwe und der Falke Mut und Angriffslust, Kühe und Schafe hingegen eher Liebe für die Nächsten symbolisieren (ebd., 78). Vorlagen für nationale Symbole sind bis heute größere Säugetiere, die, auch wenn sie domestiziert sind, über eine spezifische Wildheit verfügen (Sax 2000, 34). Rigotti bezeichnet diese Form der Annäherung an Tiere als „kulturelle Morphologie des Tierbildes“ (Rigotti 1994, 117), die völlig unabhängig von einer individuellen Erfahrung oder ethologischen Analysen funktioniert. In den antiken Tiersymbolen findet sich der „Humanisierungsprozess“ (Rigotti 1994, 118) vor allem bei anthropomorphen Tieren, die menschliche Eigenschaften erhalten: Füchse sind schlau, Esel dumm. Instinktgeleitetes Verhalten von Tieren wird wiederum auf menschliche Interaktionen projiziert (Rigotti 1994, 118f.; Thompson 1987, 48). Dieser relativ beliebige Vorgang wird nicht als solcher reflektiert und bleibt auch in der Interpretation der rhetorischen Figur verschleiert.
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2.1 Entstehungskontext pejorativer Tiersymbolik
„Culture shapes our reading of animals just as much as animals shape our reading of culture” (Baker 1993, 4). Charakteristisch für Tiersymbole ist, in den Worten von Claude Lévi-Strauss: „animals are good to think“ (Levi-Strauss 1973, 161f.). Denn obwohl Tiersymbole auf einen aus Stereotypen, Mythen und Wahrheiten bestehenden kulturellen Wissensbestand referieren,92 fungieren sie qua einer natürlichen Übersetzung (Baker 1993, 171), sie tragen eine wichtige Funktion der spezifischen soziokulturellen symbolischen Ordnung.93 Tiersymbole besitzen eine hohe affirmative Verständlichkeit, sie wirken unmittelbar und erscheinen auch enthistorisiert und entkontextualisiert verständlich. Diese Unmittelbarkeit basiert vor allem darauf, dass die Zuschreibungen sehr kohärent sind und in unterschiedlichsten Diskursen reproduziert werden (Baker 1993, 28).94 Diesen sozialen Konstruktionen (der Bilder) vom Tier wohnt eine Hierarchisierung inne (Roscher 2007, 245f.), in der das Tier eine inferiore Stellung zugewiesen bekommt und sich somit in der westlichen Kultur zum Gegenbegriff des Menschen festigt (Bodenburg 2012, 9; Mütherich 2003; Heiden/Vogl 2007b, 8f.). Das Tier wird als ultimative Kreation des Anderen entworfen. Donna Haraway (1992) hat gezeigt, dass diese Kreation des Anderen auf einer hegemonialen, diskursiven Differenzsetzung von Mensch und Tier basiert, den eine entsprechende Praxis zeichnet. Diese diskursiven Zuschreibungen und nicht-diskursiven Praktiken haben sich über die Epochen verändert: So zeigt Haraway, dass die mittelalterlichen Tierprozesse auf der Interpretation einer Hierarchieverletzung beruhten, während das Tier in der historischen Epoche der Moderne eine Rolle in der politischen Ordnungsvorstellung der bürgerlichen Gesellschaft einnimmt. Hier fungiert die Zuschreibung des Animalischen an die Arbeiterklasse beispielsweise als soziale und politische Abgrenzung. Auch Gilles Deleuze und Félix Guattari identifizieren diese Differenz als politische Grenzziehung und Ausdruck von Macht und gleichwohl als beliebige, jedoch sozial gewachsene Serienbildung von Differenzen und Äquivalenzen (Deleuze/Guattari 1992, 322).95 Diese sozial gewachsene Genese zeichnet sich durch zweierlei Dichoto-
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Dieser Wissensbestand kann sowohl der einer Sprachgemeinschaft sein, er kann aber auch lediglich von einer kleinen sozialen Einheit geteilt werden (Dirven 1992, 76). Diese Natürlichkeit beruht auf der langen Tradition von Naturgesetzen als Beweisführung (z.B. „die großen Fische essen die kleinen“). Dieser Bezug auf Naturgesetze hat – nicht nur in sozialdarwinistischen Diskursen – einen starken Einfluss auf ethische Normen und Werte ausgeübt (Demandt 1978, 35f.). Dies wird auch als „tierischer Konservatismus“ (Optitz 1981, 35; zitiert nach Rigotti 1994, 144) bezeichnet. In „Intensiv-werden, Tier-werden, Unwahrnehmbar-werden“ beschreiben Deleuze und Guattari das menschliche Wahrnehmen als performative Erscheinungsformen, durch die sich die Grenzen
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
mien aus: Erstens eine Differenzsetzung innerhalb der Tiere: In den jüdischen und christlichen Texten sind die Tiere innerhalb eines Dualismus von Rein/Gut versus Unrein/Böse verortet (Paul 2003, 68; Wenk 2002, 21). Diese strukturelle Ordnung konnte sich über die Säkularisierung hinweg behaupten (Sax 2000, 23).96 Zweitens wohnt der Grenzziehung zwischen Mensch und Tier eine Hierarchisierung inne, in der auf der einen Seite eine positiv konnotierte Kultur steht, während auf der anderen die Natur als untergeordnet und minderwertig begriffen wird. Diese Positionierung legitimiert, dass sich die Menschen die Natur aneignen dürfen.97 Diese Aneignung der Natur und damit auch der Kreatur zeigt in den verschiedenen historischen Epochen wandelnde Antlitze.98 Anne-Charlott Trepp zeigt, wie sich die Naturerfahrung in der Frühen Neuzeit verwandelt und von einer mittelalterlichen Erfahrung, die durch christliche Glaubensvorstellungen geprägt war, bis ins 17. Jahrhundert hin zu einer von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen geprägten Vorstellung entwickelt.99 Im Zeitalter der innerkonfessionellen Spannungen spiritualisieren und ritualisieren sich die religiösen Praktiken durch das Luthertum. Eine Annäherung an die Natur sowie die vermeintliche Entschlüsselung ihrer Geheimnisse wird nicht nur als Sinngebung identifiziert, sondern Teil distinkter religiöser Praktiken. Der Wunsch nach der Entschlüsselung
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des Seins verschieben können und damit gleichwohl Einfluss auf die Werdens-Prozesse der Umgebung ausgeübt wird (Deleuze/Guattari 1992, 322-326). Dass sich Tiere trotz einer Säkularisierung der Gesellschaft so nachhaltig als pejorative Attributierungen halten konnten, sieht Sam Keen in der modernen, technologisierten Gesellschaft und ihrem Krieg gegen die Natur begründet (Keen 1986, 134; zitiert nach Sax 2000, 25). Diese Einstellung gegenüber der Natur spiegelt sich bereits im Alten Testament, im dominium terrae (Gen 1, 27-28). Dem Monotheismus ist die Beherrschung der Natur und des Tieres von Anbeginn eingeschrieben (Zuckermann 2007, 16). Diese Spaltung wird als jener „Anthropozentrismus“ charakterisiert, den die Human-Animal-Studies kritisieren und deren Ursprünge – jenseits der alttestamentarischen Stellen – auch bei Aristoteles entdeckt werden (auch Paul 2003, 161ff.). Es lassen sich jedoch nicht nur epochale Differenzen herausarbeiten. Mieke Roscher und Anna Wöbse explizieren anhand einer komparatistischen Untersuchung, wie sich die Wahrnehmung des Tieres im Rahmen von Krisensituationen verschiebt. In einem Vergleich der diskursiven Einbindung und Ausgestaltungen von Zootieren in Berlin und London zwischen 1939 und 1945 arbeiten die beiden Historikerinnen heraus, wie die Tiere in ideologische Deutungen eingebunden werden und sich darüber die Grenzziehungen zwischen Tier und Mensch verschieben (Roscher/Wöbse 2011). Anne von der Heiden zeigt, wie Gesellschaften in der Neuzeit, speziell die christlichen Glaubens, mit dem Problem des Schuldigwerdens durch Töten und Verzehren von nicht domestizierten Tieren umgehen: So legen die Gesellschaften feste Regeln und Rituale fest, nach denen Beispielsweise Jäger im Auftrag der Gesellschaft töten und das Töten damit zu einem gesellschaftlich akzeptierten Akt wird, was dem ‚Töten aus Leidenschaft‘ des Wilderers entgegengestellt wird (Heiden 2007, 99-103).
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2.1 Entstehungskontext pejorativer Tiersymbolik
einer Semiotik natürlicher Vorgänge entsteht vor dem Horizont eschatologischer Vorstellungen und einer apokalyptischen Naherwartung (Trepp 2009, 60). Als Pionierin der Entomologie wurde Maria Sibylla Merian berühmt, die die Natur als Offenbarungsmedium nutze, durch das nach Martin Luther Gott zu erkennen sei. Merian vertiefte sich in die Metamorphosen der Insekten, die als Allegorie für religiöse Erneuerungsbewegungen standen. Obwohl die Metamorphose für Merian eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod versinnbildlicht (ebd., 211), widmete sich Merian ganz der naturalistischen Darstellung der Insekten (ebd. 228). Die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier des Ancien Régime bezeichnet Giorgio Agamben als unsicher und flukturierend. Mit Beginn der Humanwissenschaften im 19. Jahrhundert verändert sich diese maßgeblich (Agamben 2003, 34).100 Nach Agamben wird der Humanismus eben zu jenem Dispositiv, unter dem sich die Differenzsetzung zwischen Mensch und Tier in seiner fixierten Form manifestiert (ebd., 39f.). Zwei Aspekte setzt Agamben dabei als zentrales Merkmal für die Differenzziehung des Humanismus: Erstens wird das Menschliche durch die Opposition von Tier und Mensch und damit inhuman und human konstituiert. Diese Opposition entwickelt sich dabei, zweitens, vor der Entdeckung des stufigen Übergangs vom Tier zum Mensch, bei dem die Grenzziehung entlang der Merkmale von Sprachfähigkeit verläuft (ebd. 44ff.). Bezogen auf das Humanismusideal der Aufklärung hebt Mieke Roscher hervor, dass hier Vernunft und Kultur verknüpft und der Natur gegenübergestellt werden (Roscher 2007, 235).101 Auf der Tradierung dieser Spaltung entwickelt sich aus der Unterwerfung der Natur in der kapitalistischen Gesellschaft eine Objektwerdung der (äußeren) Natur, die sie zur unbedingten Ausbeutungskategorie werden lässt (Hawel 2007, 130). Dem Fortschrittsdogma der Moderne ist diese Spaltung und damit die Distanz des Menschen zur Natur immanent (Hawel 2007, 131). Die Unterordnung des Tieres ist Kernelement der Dominanz der Kultur über die Natur (Baker 2001, 79) und legitimiert in erster Linie die Machttechnik des Töten-Dürfens. Seit der Industrialisierung ist die Praxis der Zuschreibung an das Tier von einer Abwesenheit von Erfahrungen mit nicht-domestizierten Tieren geprägt. Diese Erfahrungslosigkeit erleichterte es, die Subscriptiones mit Pathos aufzuladen 100
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Agamben führt dieses am Beispiel von Jasper Bartholdins Schriften über den Orang-Utan aus, den dieser dem Menschen ähnlich befand, dabei aber den Pygmäen in vielen Punkten ähnlicher, die Überschneidungen zum Affen dabei umfangreicher ausfielen (Agamben 2003, 35ff.). Roscher zeigt, wie die Assoziation der Frau als naturhafter ihre natürliche Unterlegenheit begründet und wie sie dem weißen Mann als Gegenspieler untergeordnet wird. Diese Gleichsetzung von Natur und Frau vollzog sich während der Ausbreitung des cartesianischen Denkmodells und der Wissenschaftsrevolution im 17. Jahrhundert. Als Konsequenz wurde Frauen bspw. der Zutritt zur öffentlichen Sphäre begrenzt (Roscher 2007, 233-243; Roscher 2008, 139ff.).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
(Berger 1980, 2f.; zitiert nach Baker 1993, 11f.), nimmt jedoch keinen Einfluss auf die Häufigkeit der Symbolisierung: Das kollektive Bilderrepertoire besitzt keine Übereinstimmung mit dem Vorkommen in der heimischen Landwirtschaft, sondern geht vielmehr auf eine initiale Kodifizierung zurück, die sich in neuen Kontexten reproduziert, charakteristische Ausprägungen entwickelt und damit eine breite Bekanntheit erreicht.102 Diese dualistische Struktur grundiert die Subscriptiones, ohne dass sie als religiöse Prägung zum Vorschein kommt und damit beispielsweise eine Metaphorisierung in aktuellen sozialen oder politischen Kontexten behindern würde (Wenk 2002, 21). Bei affirmativen Metaphorisierungen können diese tradierten Aspekte wie Moral oder Ordnung, abstrakte Konstrukte wie hierarchische Staatsformen als natürliche und damit legitime Ordnung erscheinen lassen (Tapper 1988, 51; zitiert nach Baker1993, 83).103 Bei pejorativen Symbolisierungen als Tier wird hingegen Unzivilisiertheit konnotiert, Menschen erscheinen ‚tierisch‘ und damit triebhaft, egoistisch, unfrei, gefährlich oder gar direkt unmenschlich (Paul 1992b, 32). Tiersymbolisierungen übertragen das Bild einer Inferiorität auf ihre humane target domain, somit wird er/sie degradiert (Neal 1986, 16; Wootton 1986, 9; zitiert nach Baker 1993, 89).104 Für die Symbolisierung einer solchen Inferiorität der Anderen eignet sich über die Epochen eine begrenzte Auswahl an Tieren, die von Insekten über Reptilien und Nagetiere bis hin zu Raubtieren reicht.105 Aus Sicht der Psychologie erklärt sich die pejorative Wirkung der Symbolisierung über Impulse wie Abwehr und 102
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Beispielsweise entwickelte sich im viktorianischen England eine neue Sorte fiktiver Tiergeschichten, in denen Tiere als sich artikulierende Subjekte erscheinen, wie Black Beauty (Mangum 2002, 35). Sie sind Teil einer soziokulturellen Entwicklung, in der sich auch neue Tiermetaphern wie „dog years“ (Mangum 2002, 37-44) etablieren. Bienen- oder Ameisensymbole sind im abendländischen Kulturkreis idealtypische Metaphern für hierarchische Staatsformen (Johach 2007; Schmitt 1938, 77; zitiert nach Rigotti 1994, 119). Insofern wird ersichtlich, warum in Wortschatzuntersuchungen bei Ausgrenzungsdiskursen Tiersymbolisierungen eine solch große Präsenz zugewiesen wird (Braun 1992, 145; zitiert nach Scheffler 2000, 108; Paul 2003, 82). Nur wenige andere Kategorien von Symbolen haben ähnlich negative Denotationen, wie bspw. Ausscheidungen und Sexualität (Paul 2003, 64). Neben einem konventionalisierten Symbolbestand, wie z.B. den Herrscher als Löwen zu versinnbildlichen (Salisbury 1996, 52f.; Demandt 1978, 34), findet sich im diskursiven Gefüge eine Vielzahl an kreativen Symbolen, die zum Teil auf konventionellen aufbauen und mit ihrer neuen Bedeutung zu überraschen wissen (Pörksen 2000, 176). Grundsätzlich spiegelt sich die Eignung der Tiere im Sysykol (vgl. I): Die Tiere der Luft sind den guten, weisen und edlen Attributierungen zugeordnet, sie sind Teil der „Lichtmetaphorik“ (Luke 1978, 115; zitiert nach Rigotti 1994, 122), während die in und unter der Erde lebenden Tiere Minderwertigkeit und Bösartigkeit repräsentieren. Dieses Wertesystem, gekennzeichnet durch dualistische Oben-untenGegenüberstellungen, hat seine Wurzeln in der Antike. Dort trugen u.a. Tiere symbolisch die dualistischen Widerstreite zwischen Licht und Dunkelheit, und damit Gut und Böse, aus (Wittkower 1939, 301; zitiert nach Rigotti 1994, 122).
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2.1 Entstehungskontext pejorativer Tiersymbolik
Angst. Die Tiersymbole unterscheiden sich daher gravierend von ästhetischen Metaphern und Analogien: Sie intendieren eine Emotionalisierung. Paul bezeichnet diese „Mischung als Auslösesignal und ästhetische[s] Gebilde“, von dem ausgehend „ein gewaltästhetisches Klima“ entstehe, „in welchem der aufgerufene Affekt und die aufgerufene, gewaltsame Tat in fiktionale Deutungsschemata eingebettet werden können und dann die moralische Auslotung von Denken und Handeln entlasten“ (Paul 1992b, 31). Indem die Symbolisierung also vom Bezeichneten abstrahiert, ihn als Gegenstand einer Naturgewalt konzipiert, stellt sie sich selbst als zivilisiert und damit übergeordnet dar (Paul 1999, 36). Die Deutungsmuster in den Subscriptiones sind dabei vielseitig: Sie können sexistisch, antizigan, rassistisch oder antisemitisch sein, aber jeweils auch latent weitere Begründungen mitführen (Paul 2003, 83). Sprachliche Deutungsmuster stehen als diskursive Praktiken nie abgekoppelt von nicht-diskursiven Praktiken, vielmehr sind sie in einem dialektischen Verhältnis miteinander verbunden (Baker 1993, 90), wie es bereits als Eingangsvoraussetzung vorweggenommen ist. 106 Nicht jede Symbolisierung als Tier verläuft dabei nach demselben Prinzip: Bereits zwischen den Tiergattungen sind Neigungen zu metaphorischen oder metonymischen Verwendungen erkennbar: source domains aus der Vogelwelt finden sich häufig in einer metaphorischen Übertragungen wieder. Im Gegensatz dazu werden z.B. Hunde, die dem Menschen als domestizierte Tiere näherstehen, häufiger als metonymische Figur verwendet. Dies liegt im Fall des Hundes an dem Bezug auf das Tier als Subjekt, während die Vögel eher als Objekte wahrgenommen werden (Baker 1993, 85).107
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In dieser Studie liegt der Fokus auf der Judenfeindlichkeit, gleichwohl soll hier nicht der Eindruck entstehen, die Verknüpfung von sprachlicher Dehumanisierung und mörderischen Praktiken wäre exklusiv der Judenfeindlichkeit vorbehalten. Regine Gerber zeigt beispielsweise, dass schon Jahre vor dem Genozid in Ruanda radikale Hutu die Bevölkerungsgruppe der Tutsis diskursiv abwerteten, sie als Ungeziefer, Kakerlaken, Schlangen, Gewürm und Affen betitelten. Sie seien Fremde in Ruanda und daher nicht herrschaftsberechtigt. Sie würden, falls sie an die Macht gelangen sollten, das Land re-feudalisieren, so die Hass-Rhetorik. Die Tiersymbolisierungen waren in ethnische Stereotype eingebettet, die auf einem Nationalismus aus den 1950er-Jahren rekurrieren (Gerber 2008, 21). Baker stellt fünf Thesen zur Funktion von Tieren in der Metaphorisierung und visuellen Stereotypisierung auf. Ihm zufolge entspringen die visuellen Stereotypen sowohl spezifischen kulturellen Annahmen über die Tiere als auch über die Aufgaben und Rollen der Menschen (1). Diese Stereotypisierungen funktionieren weitestgehend unabhängig von sprachlichen Klischees (2). Sprachliche und visuelle Darstellungen existieren parallel nebeneinander und wirken als Annäherungen (3). Jedoch finden die visuellen Stereotype ihren Einsatz vermehrt in der Unterscheidung zwischen Identitäten, wie zum Beispiel als nationale Symbole (4). Die visuellen Stereotypen besitzen dabei eher metaphorischen als metonymischen Charakter, wobei die sprachlichen Tropen hingegen eher zu einem „theriathrophic“ Format neigen (5) (Baker 1993, 91).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
2.2
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In den Subscriptiones des Tiersymbols stehen die Zuschreibungen an das Tier selten für nur eine Eigenschaft, vielmehr kann sich hier die Komplexität menschlicher Charakterstrukturen abbilden: In Fabeln haftet dem Hund beispielsweise die Zuschreibung des treuen Begleiters ebenso an wie die des Heuchlers. Andere Tiersymbole entwickeln im Laufe einer Tradierung neuartige Facetten: Galt der Affe in mittelalterlichen Texten als Symbol des Teufels, wird er in neuzeitlichem Rahmen mit Bildern des Betruges, des Geldwuchers und der Aufschneiderei konnotiert (Rigotti 1994, 133).
Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Mit seinem populären Aphorismus „Der Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden“ (Adorno 1969, 141) wies Theodor W. Adorno darauf hin, dass ‚Jude‘ ein soziales Konstrukt ist, das durch Sprache, also über Bezeichnungen, produziert wird. Wolfgang Benz folgert weiter: Judenfeindschaft (…) braucht Bilder als Kristallisationskerne. Die Wirkung der öffentlichen Bilder (…) ist davon abhängig, ob daraus imaginäre Bilder, geläufige Vorstellungen, geworden sind. Bilder in den Köpfen, die als abrufbare Codes funktionieren (Benz 2001, 11). Tiersymbolisierungen haben als solche Bilder in der Judenfeindlichkeit eine lange Geschichte: Noch heute existieren Tierreliefs und Fresken in Kirchen und Klöstern, in denen ‚Juden‘ als animalische Wesen karikiert sind, und wir wissen, dass diese Symbolisierungen im Kontext einer langen Verfolgungsgeschichte stehen. Das Motiv, Juden als ‚böse Tiere‘ zu verfolgen, kehrte über die Epochen periodisch wieder und zeugt nach Detlev Claussen von einer langen Geschichte der Dehumanisierung (Claussen 1994, 159f.). Ein speziell judenfeindlicher Motivvorrat existiert hingegen nicht (Paul 2003, 134). Sowohl der Motivvorrat als auch die Subscriptiones von pejorativen Tiersymbolen variieren zwischen soziokulturellen Kontexten. Ein und dasselbe Tiersymbol kann auf verschiedene target domains, ergo Menschengruppen, appliziert werden. Der Blick auf die source domain eröffnet keinen Zugang zu dem, was in den Subscriptiones hervorgehoben wird (Paul 2003, 96). Vielmehr ziehen die diskursiven Kontexte und ihre Akteure bestimmte Symbole an und reaktualisieren deren Subscriptiones.108 108
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Ulrich Enzensberger hat am Beispiel der Genese der Parasitenmetapher eindrücklich gezeigt, wie eine Metapher synchron für unterschiedliche Menschen, aber auch diachron in variierenden Epochen unterschiedliche tertia comparitionis bereitstellen kann (Enzensberger 2001). Zur Aktualisierung des kulturell tief verankerten Motivvorrats und seiner Aktualisierung vgl. auch Gniechwitz (2006, 16).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Natürlich ist die Wahl dieser Symbole nicht beliebig, vielmehr lassen sich anhand des Forschungsstands drei Aspekte bei der Hervorbringung des Bildrepertoires herausarbeiten: Erstens verfügt die Judenfeindlichkeit, selbst in der säkularisierten Gesellschaft, über Wurzeln in der stark christlich geprägten Geschichte und diese prädisponiert ein entsprechendes Bilderrepertoire (Gilman 1993, 51). Zweitens etablierte sich in historischen antijüdischen Texten vom Mittelalter bis in die Moderne eine gewisse Konjunktur immer wiederkehrender Motive: Vom 15. bis zum 20. Jahrhundert sind bestimmte Tiere, Pflanzen und Krankheiten die häufigsten source domains (Hortzitz 1999, 21). Drittens ist das jeweilige Repertoire durch zeitgeschichtliche, wissenschaftliche und demografische Kontexte geprägt. Agamben zeigt beispielsweise, dass die Thesen von Jakob von Uexküll, die die Ökologie begründeten, Ende des 19. Jahrhunderts zur Vorlage für die Beziehung der menschlichen ‚Völker‘ mit ihrer Umwelt wurden. Uexkülls ökologische Erkenntnisse befruchteten Friedrich Ratzels Konzept des Lebensraums.109 Diese diskursive Verknüpfung prägte damit die hegemonialen, geografischen Vorstellungen des 20. Jahrhunderts, die als Grundlage der nationalsozialistischen Geopolitik katastrophale Konsequenzen für Millionen Menschen hatte (Agamben 2003, 52f.). Diese Entwicklungen hatten ganz maßgeblichen Einfluss auf das Bildrepertoire und die Handlungsapplikationen. Weiter legt Maren Möhring dar, wie die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierenden Vorstellungen von einer graduellen Differenz zwischen Mensch und Tier, jene wesensmäßigen Differenzsetzungen, wie sie noch in der Aufklärung formuliert wurde, ablösen. Durch eine Erweiterung dieser Vorstellung durch den Sozialdarwinismus werden die biologischen Konzepte zum Maßstab lebenswerten menschlichen Lebens (Möhring 2011, 229f.).110 Die biologischen Konzeptionen bieten daher den Anschluss, ‚den Juden‘ als entsprechend graduell näher am Tier zu visualisieren und damit schlussendlich den „Nichtmenschen“, den „néomort“ (Agamben 2003, 47), zu produzieren.
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Der baltische Biologe wandte sich gegen die mechanisch orientierte Biologie, forcierte experimentelle Verfahren und ging von einem aktiven Einpassen der Lebewesen an ihre Umwelt aus (Vehlken 2007, 246ff.). Dieses diskursive Geflecht weitet Möhring aus, indem sie sich der biopolitischen Lesart des diskursiven Umgangs des Nationalsozialismus mit dem Tier zuwendet. Während einerseits bestimmte Tiere in den nationalsozialistischen ‚Volkskörper‘ aufgenommen wurden, sind gleichsam bestimmte Gruppen von Menschen aus ihm ausgeschlossen (Möhring 2011, 231). Das Tierschutzkonzept des Nationalsozialismus war dabei Teil der Diskreditierung und Entrechtung von ‚jüdischen‘ Menschen: Während der jüdische Schlachtritus als grausam bezeichnet und daher verboten wurde, etablierte sich als Positiventwurf eine nicht-jüdische Tierliebe. Aber die Tierschutzgesetze waren auch sehr pragmatischer Natur: So wurde Haustierhaltung in ‚jüdischen‘ Haushalten untersagt, was nicht nur einen schwerwiegenden Eingriff in die Lebensgestaltung darstellt, sondern gleichzeitig die Deportationen erleichtern sollte (Möhring 2011, 232-234).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Eine sozio-historische Genese pejorativer Tiersymbole muss diese drei Aspekte reflektieren, ohne dabei die Kontinuitäten zu überzeichnen,111 und gleichwohl die „Tiefenstruktur der Verhaltensweisen gegenüber dem ‚Andersartigen‘“ (Gilman 1993, 8) hervorzuheben.
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2.2.1
‚Uneigentliche‘ Tiere
Mythische Gestalten wie Teufel, Dämonen, Ungeheuer und Vampire spielen in der Judenfeindschaft eine große Rolle und werden hier als ‚uneigentliche Tiere‘ kategorisiert. Obwohl es auf den ersten Blick wie ein contradictio in adjecto erscheint, diese mythischen Gestalten unter die Tiersymbole zu subsumieren, drängt sich dieses auf den zweiten Blick geradezu auf: Denn erstens werden die mythischen Figuren in den Diskursfragmenten als Tiere identifiziert. Zweitens sind sie wie die anderen tierischen source domains soziale Konstruktionen, nur in diesem Fall mit noch geringeren materiellen Spuren, als sie die anderen Tiersymbole tragen.112 Der Teufel Was wir heute unter Teufel oder Satan verstehen und als eigenständigen Gegenpart des christlichen, monotheistischen Gottes begreifen, ist das Ergebnis einer langwierigen sozialen Konstruktion. Im Alten Testament und den antiken Schriften findet sich ein solches Konstrukt nicht, seine Entstehung kann vielmehr auf volkstümliche mythologische Bilder und Lesarten der heiligen Schriften in der Spätantike und im beginnenden Mittelalter zurückgeführt werden. In der Apokalypse wird der Teufel als Urschlange (12,9 und 20,2) und großer Drache (12,7) beschrieben (LexTh 1938, 11). In den Lesarten des christlichen Mittelalters verschmilzt der Dämonenglaube der Antike, nach dem das Böse in hauchartigen Geistern wohnte, mit der nordischen Mythologie, deren einstige Göttergestalten nun in der Gestalt des Teufels aufgehen. Die Gestaltwerdung des Teufels setzt sich daher nicht nur in der Urschlange, sondern auch im Wolf, im Schwein, im Drachen oder auch im schwarzen Hund um (LexTh1938, 14). Die Lokalisation des Teufels im Hades encouragiert seine Allianz mit ‚niederen‘ Tieren, die ebenfalls aus dem Erdreich kommen, wie Würmern, Kröten, Vipern, Spinnen, Nattern und anderen Schlangen (Robbins 1996, 31). Über diese Allianz, die sich zum 111
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Volkov hebt dies hervor, indem sie bekräftigt, dass die Jahrhunderte währende Virulenz judenfeindlicher Agitation nicht als Erklärung für den eliminatorischen Antisemitismus verstanden werden kann (Volkov 1999, 263-265). In den Zuschreibungen an Teufel und Vampire amalgamieren Spuren von realen Tieren wie Ziegenböcke oder Fledermäuse mit fantastischen Geschichten.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Teil als Gestaltwerdung artikuliert, verfolge der Teufel seinen Auftrag, die sündigen Menschen zu quälen, eine Vorstellung, die bereits in der Apocrypha, Pseudoapocrypha und weiteren Quellen des Mittelalters existiert (Schmidt 1991, 168). Diese source domain wird vor allem in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Diskursfragmenten zur Symbolisierung von ‚Juden‘ mobilisiert. So wird die Ausübung des traditionellen Judentums als Pakt mit dem Teufel interpretiert, dies wiederum wird zur Grundlage antijüdischer Mythen wie Ritualmorde, Schändungen christlicher Reliquien oder der christlichen Gemeinschaft zum Beispiel durch Brunnenvergiftungen (Grözinger 1999, 65; Schmidt 1991, 153). Die ‚Juden‘ sind durch diesen Pakt in der Lage, Hungersnöte, Kriege, Seuchen und bedrohliche Naturerscheinungen wie Insektenplagen auszulösen (Hortzitz 1997, 149).113 Die frühen Kirchenväter wie Hilarius von Pointiers sehen ‚Juden‘ von unreinen Teufeln besessen. Johannes Chrysostomus bezichtigt ‚Juden‘, sich durch die Auflehnung gegen das Christentum dem Teufel überantwortet zu haben, und Hieronymus benennt die jüdischen Gotteshäuser als „Synagogen des Satans“ (Schmidt 1991, 154). Zudem solle im Geist der ‚Juden‘ der Teufel hausen, so der Erzbischof Agobard von Lyon. Außerdem wird ihre Weigerung, den christlichen Gott anzuerkennen, auf ein Bündnis mit dem Teufel geschoben, weiß wiederum der französische Benediktinermönch Rodulf Glaber zu berichten (ebd.). Der Teufel saß also im Mittelalter im Inneren des ‚Juden‘, in seiner Seele. Ende des 15. Jahrhunderts wird diese Verinnerlichung zum Motiv der Verfolgung und Inquisition.114 Diese seinerzeit denkbar übelste Anschuldigung legitimierte die Grausamkeit der Verfolgung (Trachtenberg 1961). 113
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Als Handlungsrationalität folgte bspw. auf eine Heuschreckenplage im 11. Jahrhundert ein Pogrom an der lokalen jüdischen Bevölkerung, mit der die Übeltäter_innen bestraft, die Opfer gesühnt und weitere Schädigungen verhindert werden sollten (Graus 1994, 278f.). Auch Martin Luther postulierte in seiner letzten Rede am 15. Februar 1546 in der Paulskirche, dass Juden mit dem Teufel im Bunde seien. Daher verstünden sie sich auf die Handlungen teuflischen Werkes und weitere Zaubereien, die einzig und allein zum Schaden der Christen ausgeführt würden: „Darumb solt jr Herrn sie nicht leiden, sondern sie weg treiben. Wo sie sich aber bekren, jren Wucher lassen und Christen annehmen, so wollen wir sie gerne, als unsere Brüder halten. Anders wird nichts draus, denn sie machens zu gros, Sie sind unsere öffentlichen Feinde, hören nicht auff unsern Herrn Christum zu lestern, Heissen die Jungfraw Maria eine Hure, Christum ein Hurenkind, Uns heisen sie Wechselbelge oder mahlkelber, und wenn sie uns kondten alle tödten, so theten sie es gerne, Und thuns auch offt, sonderlich, die sich vor ertzte ausgeben, ob sie gleich zu zeiten helffen. Denn der Teufel hilfft doch zu letzt versiegeln, So können sie die Ertzney auch, so man in Welschland kann, da man einem eine gifft bey bringt, davon er in einer stund, in einem Monat, in einem Jahr, ja in zehen oder zwentzug jaren sterben mus“ (Luther 1914, 195f.; zitiert nach Schmidt 1991, 151). Kirchenväter wie Rechtanus und Nigrinus lösten das Problem, dass Christen offensichtlich von Juden und Jüdinnen abstammen, indem sie
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
In der Frühen Neuzeit ändert sich diese Vorstellung der Verschränkung zwischen ‚Juden und Teufeln. Deutlich zeigt sich dieses an der nun geläufigen Bezeichnung von ‚Juden als Ziegenböcken. Der Ziegenbock gilt als Symbol des Teufels und er visualisiert vor allem Unmäßigkeit und üblen Geruch. Wenn er im 17. Jahrhundert als Reittier von ‚Juden‘ gezeichnet ist, soll damit die Affinität des ‚Juden‘ mit dem Teufel versinnbildlicht sein (Schmidt 1991, 161). Durch diese Symbolisierung realisiert sich nun eine Zuschreibung der Unmäßigkeit, einerseits in Gestalt immaterieller Gier, als Lüsternheit, andererseits als materielle Gier, eine Vorstellung, die sich nach und nach zum judenfeindlichen Stereotyp des ‚jüdischen Wuchers‘ verfestigt. Trotz der Säkularisierung der Gesellschaft tradieren sich Aspekte dieser Symbolisierungen des ‚Juden‘ als Teufel. In der historischen Epoche der Moderne reiten ‚Juden‘ nicht mehr auf Ziegenböcken, sondern humane und tierische ikonografische Elemente amalgamieren: ‚Juden‘ werden beispielsweise in Karikaturen als hässlich, stinkend115 und haarig gezeichnet und mit Hufen, Hörnern und einem Schwanz ausgestattet. In grafischen Darstellungen sind entsprechend Mischwesen abgebildet, die teilweise mit tierischem Körper und menschlichem Kopf gestaltet sind. In diesen hybriden Körpern markiert oftmals eine große gebogene Nase das ‚Jüdische‘. Diese stereotypischen, antisemitischen Verzeichnungen116 verweisen dabei nicht nur auf eine kulturtypologische Zuschreibung als hässlich, sondern gleichsam auf einen vulgären Charakter. In solchen antisemitischen Fragmenten aktualisieren sich auch die teuflischen Eigenschaften ‚der Juden‘. Weltliche Vergehen, wie die Wucherei oder die Spekulation (Glagau 1876, 87), werden nun durch die Symbolisierung der target domain zugewiesen.117
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konvertierte ‚Juden‘ als gut, das traditionelle Judentum hingegen als teuflisch und Gott verleugnend diffamierten (Hortzitz 1998, 90f.). Der „Judengestank“ (Schmidt 1991, 163) hat seinen Ursprung in mittelalterlichen Kontexten (Haibl 2000, 258) und kann als vielseitiger Verweis fungieren: Einerseits, im Kontext kulturalistischer Ausgrenzungssemantiken, auf die Diskreditierung der Ernährungsgewohnheiten – hierfür kann stereotypisch der Verzehr von Knoblauch und Zwiebeln gelten (Haibl 2000, 257f.). Andererseits verweist der „odor judaicus“ auf das antijüdische Sexualstereotyp des ‚jüdischen‘ lüsternen Mannes. Dieser Sterotyp wird nicht nur bei Hundt-Radowsky (1823, 60), sondern auch in der nationalsozialistischen Boulevardpresse kolportiert (Schmidt 1991, 164). Ich werde im Folgenden den Ausdruck antisemitisch verzeichnet verwenden, wenn eine grafische Umsetzung antisemitischer Stereotypen zum Ausdruck gebracht werden soll. Um welche Zuweisungen es sich handelt und welche Bedeutung diese in der Konstruktion des ‚Juden‘ zukommt vgl. Kapitel 2.3. Julia Schäfer verwendet für diese physiognomischen Zuschreibungen den Begriff des „jüdisch apostrophierten Körpers“ (Schäfer 2004, 115). Glagau versinnbildlicht jüdische Personen des öffentlichen Lebens als Dämonen des Schwindels und der Spekulation: „Das Deutsche Volk, plötzlich geeint und mächtig, musste sein erwachendes Selbst- und Frohgefühl sofort theuer bezahlen. Die Dämonen des Schwindels stürzten dar-
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Anhand der Genese der Teufelssymbolisierungen in judenfeindlichen Diskursfragmenten lässt sich verfolgen, wie im Rahmen der Säkularisierung der Gesellschaft religiöse Aspekte in den Subscriptiones zurückgenommen werden, 118 das Teuflische jedoch nicht verschwindet, sondern sich innerhalb der neuen diskursiven Verflechtungen modifiziert. Aspekte der alten Teufelvorstellungen fließen in eine antisemitisch verzeichnete Physiognomie ein, wie sie dann auf Spottpostkarten119 zu sehen ist. Im Kontext der Symbolisierungen des Nationalsozialismus verliert der Teufel als source domain allerdings an Schärfe. Deutlich zeigt sich dieses in einer Karikatur in „Der Stürmer“ (Abb. 3). Im Juni 1941 ist hier an der üblichen Stelle für humorvolle Karikaturen ein Teufel in einem blutenden Herz abgebildet.120 Untertitelt ist die Zeichnung mit: „Der hinterhältigste der Teufel/Der krank und stumpf macht, ist der Zweifel./Wo er sich erst hat eingeschlichen/Ist bald der Lebensmut entwichen“ (Der Stürmer, 6.1940, Nr. 18, 8). In der grafischen Darstellung ziert ein grimmig dreinblickendes menschliches Antlitz einen hybriden, halb tierischen halb menschlichen Körper mit einem Schweif und dem Unterleib eines Ziegenbocks. Durch antisemitisch verzeichnete menschliche Züge ist dieser Teufel als ‚jüdisch‘ identifizierbar, der mit einer typischen Denkerpose als grüblerisch dargestellt ist. Zweierlei Stereotypen werden über diese Karikatur transportiert: Zum einen hat sich der Teufel in einem Herz eingenistet, das er nun zum Bluten bringt. Dies beruht auf der derzeit prominenten Differenzsetzung des ‚Juden‘ als (bluts-)fremd und parasitär. Zum anderen wird kritisches Denken abgewertet, ein zentraler Aspekt des Anti-Intellektualismus, der bereits mit Entstehung des Begriffs Ende des 19. Jahrhunderts judenfeindlich gewendet war (Bering 1978, 52ff.). Im Nationalsozialismus folgten der Zuweisung Äquiva-
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über her und überrumpelten es in seiner Siegesfreude und nationalen Begeisterung. Die heiligsten Gefühle eines Volkes wurden von der Speculation und von dem Schwindel für ihre schnöden Umtriebe, für ihre verbrecherischen Zwecke ausgebeutet. Verwandten Geistes mit diesen jüdischen ‚Staatsmännern‘ war der berüchtigte Dämon Württembergs: Süß-Oppenheimer (gehenkt 1734)“ (Glagau 1876, 87). Nicht immer verschwinden die religiösen Stereotypen: Ritualmordlegenden existieren zum Teil parallel zu antisemitischen Mythen der abweichenden Physiognomie von Juden und Jüdinnen. Ein Alltagsantisemitismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zeigt sich in diesen „Judenspottpostkarten“, die durch neue Drucktechniken und industrielle Massenproduktion eine große Breitenwirkung entfalten konnten. Sie galten als satirische Darstellungen, die vor allem vom städtischen Bürgertum und der Arbeiterklasse als Urlaubsgrüße aus Bade-, Kur- und Messeorten genutzt wurden (Klein 2001, 283f.; Haibl 2009, 236f.). Klassische judenfeindliche Stereotypen wie ‚jüdischer Wucherer‘, ‚jüdische Kriegsgewinnler‘, ‚fehlendes Soldatentum‘, Sexualstereotypen und Zurückweisung von sogenannten ‚Ostjuden‘ wurden durch diese Postkarten kolportiert (Klein 2001, 287f.). In „Der Stürmer“ wird in vielen plakativen Einzeilern die Nähe von ‚Juden‘ zum Teufel stilisiert: „Wer mit den Juden kämpft, ringt mit dem Teufel“ (Der Stürmer, 11.1940, Nr. 50, 5).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Das Ungeheuer
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lenzketten von ‚instinktlos‘, ‚charakterlos‘, ‚undeutsch‘, ‚jüdisch‘ bzw. ‚verjudet‘, ‚wurzellos‘, ‚entartet‘, ‚krank‘ und ‚kopflastig‘ (ebd., 16f.). Zum einen wurden bestimmte geistig arbeitende und kritisch eingestellte Personen und Berufsgruppen adressiert (ebd., 155), zum anderen eine Differenzsetzung zum eigenen ‚Instinkt‘ und ‚gesunden Volksempfinden‘ gezogen (Nill 1991, 169). Die teuflisch animalischen Elemente gehen ergo ins Potpourri der nationalsozialistischen Mythen ein. Dabei verliert der Teufel als source domain jedoch die Potenz, das ultimative Böse zu transportieren, vielmehr tragen die Symbolisierungen nun lächerliche und beleidigende Züge.
Ebenso wie der Teufel ist auch das Ungeheuer als mythische, bedrohliche und oft missgestaltete Kreatur eine Versinnbildlichung des Bösen in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Diskursfragmenten. Die Zuschreibungen an die Figur tradieren sich und finden sich in Hydra-Symbolisierungen in antisemitischen Diskursfragmenten des 19. Jahrhunderts ebenso. Ungeheuer transportieren hier als source domain vor allem Versinnbildlichungen einer ‚jüdischen‘ Bedrohung durch Übermächtigkeit: ‚Juden‘ treiben beispielsweise als Ungeheuer die Nationen, in denen sie leben, in den Ruin. Solche Darstellungen formulieren vor allem Kritik an einer gesellschaftlichen Besserstellung von Juden und Jüdinnen im säkularisierten Nationalstaat, der ‚Juden‘ die Möglichkeit geben würde, auf lokaler wie globaler Ebene Nicht-Juden auszunehmen und zu übervorteilen (Judenthum 1849, 49; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 208; Boonstra/Jansen/Kniesmeyer 1989, 69).121 Während das Ungeheuer eine generelle bedrohliche Übermacht symbolisiert und die Handlungsappelle (zumindest im Ansatz) offenlässt, sind die Handlungsappelle in den Subscriptiones der Hydra stärker an einer physischen Niederringung des Anderen orientiert: Durch die Versinnbildlichung einer erstickenden, alles umschlingenden ‚jüdischen‘ Weltverschwörung und ‚jüdischen Dominanz‘ wird angewiesen, sich – zumeist durch Waffengewalt – der Umklammerung zu entledigen. Diese Pointierung scheint auf einer initalen Kodie121
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In einer Agitationsschrift gegen die jüdische Emanzipation in Bayern aus dem Jahr 1848 vermischen sich säkulare und religiöse Topoi: „Dank sei den Männern, (…) die Religionsgrundsätze der Juden aufgedeckt und uns belehrt haben, dass es Ungeheuer in der Welt gibt, die aus Religionspflicht alle anderen Menschen hassen, betrügen, verfolgen und zu Grunde richten“ (Judenthum 1849, 49; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 208, Herv. M.U.). Auch der Mythos der Weltverschwörung wird grafisch über eine Symbolisierung von ‚Juden‘ als Ungeheuer umgesetzt: In Kikeriki versinnbildlicht beispielsweise ein Ungeheuer, das auf einem Globus hockt, Zuschreibungen der Allmacht (vgl. Kikeriki: „Die Juden versuchen die Welt über den Schwarzmarkt zu erobern“; zitiert nach Boonstra/Jansen/Kniesmeyer 1989, 69).
2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Der Vampir
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rung seitens der griechischen Mythologie begründet: Dort war es Herakles’ Aufgabe, das neunköpfige, schlangenartige Geschöpf mit körperlichem Einsatz zu erlegen. Dieser Einsatz findet in antisemitischen Fragmenten sein Equivalent in der Anrufung der ‚arischen‘ oder soldatischen Tugend, durch die eine körperliche Auseinandersetzung gegen den „Weltfeind“ motiviert würde (Keen 1986, 38).122 Weniger häufig, dennoch präsent, sind Symbolisierungen, die Bürokratie als Kampfeshandlung, beispielsweise in Gestalt ökonommischer und politischer Restriktionen, anvisieren: So seien zum Beispiel zionistische Bestrebungen als „noch ein Extrakopf“ der „hebräischen Schlange“ (Dühring 1930, 127; zitiert nach Mogge 1977, 116) zu unterbinden.123
Der Vampir ist eine blutsaugende, mythische Gestalt der Nacht, die als eine Melange zwischen menschlichem Körper, Elementen von Fledermäusen und dämonischem Geist erscheint (Copper 1974, 4). Dieser Mythos besitzt seinen Ursprung im osteuropäischen Raum des 17. Jahrhundert, wo im Vampir ein Verantwortlicher für schlechte Ernten und Seuchen ausgemacht wurde (Heitz 2008, 133f.). In der europäischen Literatur im späten 17. und 18. Jahrhundert werden die mythischen Wesen dann als Untote porträtiert, die ihre Liebsten ins Grab ziehen (auch Goethe 1797) und deren Blut saugen. Eben dieses Saugen des Blutes gewinnt im ausgehenden 18. Jahrhundert eine große Bedeutung: Das Blutsaugen wird zur Allegorie im Kontext des judenfeindlichen Stereotyps der ‚jüdischen‘ Ausbeutung, des „sozialen Vampirismus“, in dem ‚Juden‘ zu „Vampyre[n] der Gesellschaft“ (Abegg 1798, 190; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 200) werden.124 Dieses Bild des blutsaugenden ‚jüdischen‘ Vampirs greift auf das antijüdische Stereotyp des ‚jüdischen Bluthungers‘ zu122
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Zur Legitimation des Bündnisses der faschistischen Staaten gegen Russland werden so bspw. Kampfhandlungen als notwendige Gegenwehr gegen die „russische Hydra“ (Keen 1986, 38) plausibilisiert. Eugen Dühring war einer der wenigen frühen antisemitischen Ideologen, der politische Konzepte zur „Lösung der Judenfrage“ anbot und sogar die Vernichtung der Juden und Jüdinnen Europas andeutete. Um seine praktischen Pläne jedoch konsequent politisch zu agitieren, war Dühring zu pessimistisch eingestellt (Volkov 1990b, 72). In den verschwörerischen Deutungsmustern Hitlers finden sich Tiere des Wassers, und neben dem Polypen (Hitler 1933, 703) greift die „jüdische Welthydra“ (Hitler 1933, 721) in Gestalt des „blut- und geldgierigen jüdischen Völkertyrannen“ (ebd.; zitiert nach Winkler 1970, 89) nach Deutschland. Die hohe Präsenz der Hydra findet sich dagegen in englischen antisemitischen Diskursfragmenten nicht. Hier steht vielmehr der Kampf gegen den Drachen für das Vorgehen gegen „jüdischen Wucher“ (Wiesemann 2005, 101). Vampire finden sich natürlich nicht ausschließlich in judenfeindlichen Diskursfragmenten. Friedrich Wilhelm Nietzsche metaphorisiert bspw. das Christentum als den „Vampyr des Imperium Romanum“ (Nietzsche 1960, II, 1229; zitiert nach Demandt 1978, 112).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
rück, ein Motiv, das bereits in den mittelalterlichen Ritualmordlegenden erscheint (Schmidt 1991, 351-368; Schroubek 1985, 2-17). Während aber in solchen religiös geprägten antijüdischen Fragmenten das Blut noch als Eigentliches kursiert, etwa ‚Juden‘ Christenblut für die Herstellung von Matzen verwenden, wird es in der säkularisierten Gesellschaft, parallel zur Abstraktion gesellschaftlicher Prozesse, zu einem Symbol für – vor allem ökonomische – Lebenskraft.125 Im antisemitischen Stereotyp wird dementsprechend der ‚jüdische Wucher‘ als Absaugen der Lebensessenz der Nicht-Juden visualisiert. Relevant für diese Vorstellung des Aussaugens ist eine dualistische Interpretation produktiver und unproduktiver Arbeit, die im 19. Jahrhundert ihren Ursprung findet. Während die produktive Arbeit in den lokalen Industrien und durch nicht-jüdische Kaufleute hervorgebracht werde, sei die unproduktive im Bankwesen oder der Finanzindustrie lokalisiert (Rigotti 1994, 156). Vor dieser dichotomen Gut-BöseDifferenzierung innerhalb eines ökonomischen Verwertungsprinzips wird nun „der kleine Mann den Vampyren der Pfandleiher und Rückkaufwucherer völlig überliefert“ (Glagau 1876, 219) sein.126 Neben einer Anprangerung solch unproduktiver Arbeit zählen auch wirtschaftliche Vorteilsnahme und politische Intriganz als Aspekt des Aussaugens in judenfeindlichen Fragmenten. Hier wird eine fehlende oder falsche Ethik proklamiert, durch die begründet sei, dass ‚Juden‘ keinen Beitrag zu der kulturellen Entwicklung eines Landes beisteuerten: Und bei alle diesem Einfluß, Macht, Reichthum und Freyheit waren und sind sie [die Juden, M.U.] die Blutsauger des Volkes (…), bleiben selbst auf der niedrigsten Stuffe der Kultur und verbreiten Schmutz und Rohheit um sich her (Fries 1816, 5). ‚Juden‘ seien nicht zur produktiven Tätigkeit fähig, kulturlos und daher auf eine parasitäre Koexistenz mit Nicht-Juden angewiesen. In dieser Koexistenz seien sie allerdings übermächtig. Eben diese Übermächtigkeit wird durch den Vampir als source domain versinnbildlicht: 125
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Zur besonderen Bedeutung von Blut in judenfeindlichen Diskursfragmenten vgl. Schroubek (1985, 2-17), Schleicher (2009, 45f.) und Bergmann/Erb (1989, 200ff.); zur Bedeutung von Blut während der Reformation vgl. Cobet (1973, 215), in der frühen Neuzeit vgl. Hortzitz (1999, 24) und zu Blut bzw. dem Aussaugen in postfaschistischen Diskursfragmenten vgl. Klüger (1994, 139). Zum Bedeutungsverlust des Blutes durch den Aufstieg der Bakteriologie vgl. Sarasin (2007, 297). Zur Verbindung der Subscriptiones von Blut und Geld in der antisemitischen Agitation gegen ‚jüdischen Wucher‘ vgl. Rigotti (1994, 56). Diese Gut-Böse-Differenzierung findet sich ebenfalls in weiteren Diskursfragmenten, in denen eine besonders unethische Mehrwertgewinnung stilisiert werden soll: „Wo ein Krieg geführt werden soll, da sammeln sich die beschnittenen Vampyre, wie die Adler um das Aas, verhetzen Fürsten und Völker noch mehr wider einander und machen Anleihen zur Menschenschlächterei, um für sich wuchernde Prozente zu gewinnen“ (Hundt-Radowsky 1819, 60; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 200).
2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
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Die Juden wollen die Herrschaft über Deutschland, ja über die ganze Welt erlangen. Deshalb werden sie nicht gehen, denn hier können sie wie Vampyre das Blut der Christen saugen und in Palästina finden sie keine (ScharffScharffenstein 1851, 15f.; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 200).127 Die bekannteste Personalisierung als „schlimmste[r] jüdische[r] Blutsauger“ (Schröder 1973, 37ff.; Ranfft 1734, 64; zitiert nach Schmidt 1991, 133) stellt Joseph Süß Oppenheimer in judenfeindlichen literarischen und künstlerischen Werken dar. Durch Wilhelm Hauffs spätromantische Erzählung verbreitet sich eine judenfeindliche mythische Geschichte im deutschen Sprachraum des frühen 19. Jahrhundert. Diese wird immer wieder neu aufgegriffen und schließlich wird in Anlehnung an die historische Figur der nationalsozialistische Propagandafilm „Jud Süß“ gedreht (Rohrbacher/Schmidt 1991, 131-136). In diesem Film trägt Süß Oppenheimer teuflische Züge, wird als gewalttätig, lüstern, unmoralisch und geldgierig porträtiert (Knilli/Zielinski 1984, 116f.). In der nationalsozialistischen Aufbereitung stehen vor allem die sexuellen Stereotype im Vordergrund, die, vor dem Hintergrund der Nürnberger Rassegesetzen, die eine generelle sexuelle und biologische Bedrohung sowie Differenz zwischen ‚Juden‘ und Nicht-Juden verreglementieren, Bestandteil einer weitreichenden Kontrollpolitik sind (Töteberg 2006, 73). Die Nürnberger Gesetze vom November 1935 machten ‚Juden‘ nicht nur zu Bürger_innen zweiter Klasse, sondern manifestierten durch das Blutschutzgesetz eine weitere Differenzsetzung: Geschlechtsverkehr zwischen nichtjüdischen und ‚jüdischen‘ Deutschen wird verboten. Diese Differenzsetzung basierte durch die ‚Rassentheorien‘ auch auf einer Neuaufladung der Bedeutung des Blutes (Möhring 2011, 238), durch die sich eine fundamentale Grenzziehung realisiert, die, so meinen manche, stärker wiegt als beispielsweise die Speziesuntergliederungen zwischen Mensch und Tier (Arluke/Sax 1992, 14; zitiert nach Möhring 2011, 243f.). Diese rassentheoretische Verknüpfung von Blut und der Versinnbildlichung als Vampir artikuliert bereits der deutsche Publizist Theodor Fritsch, der antisemitische Schriften nicht nur herausbrachte, sondern auch selbst verfasste.128 Zur
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Auch Wilhelm Marr symbolisiert ‚Juden‘ als Vampire: „Nein, Ihr bildet nicht die ‚Einzigen‘ jener Schwindelgründer, aber Ihr stelltet aus der ungeheuren Minderzahl Eures Volkes die schwerwiegendste Mehrzahl der Vampyre der deutschen Gesellschaft!“ (Marr 1879b, 44). Der Antisemitismus von Fritsch gilt als spontan und volkstümlich und war politisch nicht an eine Partei gebunden (Volkov 1990b, 60). Fritsch interpretiert bspw. in seinem antisemitischen Geschichtsbild den politischen, ökonomischen und sozialen Aufstieg einiger Jüdinnen und Juden als Erklärung für den Niedergang der nicht-jüdischen Bevölkerung (Albanis 2009, 176). Sein Antisemitismus lieferte Deutungsmuster einer antimodernistischen Abwehr im Kontext sozialer und wirtschaftlicher Krisen (ebd., 179).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Beantwortung der Frage, warum ‚Juden‘ auszuschließen seien, greift er zu einer Vampir-Symbolisierung:
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Warum das? Weil sie Vampyre sind, und Vampyre nicht von Vampyren leben können. Sie können unter sich selbst nicht existieren, sie müssen auf dem Rücken der Christen und anderer Völker vegetieren, die nicht ihrer Rasse sind (Fritsch 1935, 441). Die Symbolisierungen transportierten entsprechende Handlungsrationalitäten, die Gewalttaten gegen „jüdische Steuer- und Abgaben-Blutsauger“ (Fritsch 1939, 74) legitimieren. 129 Sehr deutlich kommt die rassische Differenzsetzung zwischen ‚Juden‘ und Nicht-Juden in einer Symbolisierung von Adolf Hitler zum Ausdruck: „Das Ende aber ist nicht nur das Ende der Freiheit der vom Juden unterdrückten Völker, sondern auch das Ende dieses Völkerparasiten selber. Nach dem Tode des Opfers stirbt auch früher oder später der Vampir“ (Hitler 1938, 358). Die ‚jüdische‘ Bevölkerung wird nicht nur als parasitär, sondern gleichsam als nachhaltig schädlich versinnbildlicht. Die Handlungsrationalität des Abstreifens der ‚jüdischen‘ Vampire wird damit zur Gegenwehr stilisiert und somit legitimiert.130 Als weitere diskursive Verwebung lässt sich hier die nationalsozialistische Doktrin des Lebens als Kampf identifizieren. In diesem Kampf für die ‚deutsche Lebens129
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Eine solch rigorose Handlungsrationalität zeigt sich auch in den Symbolisierungen des deutschen Schriftstellers Artur Dinter: „Wenn es dem deutschen Volk nicht gelingt, den jüdischen Vampir, den es ahnungslos mit seinem Herzblute großsäugt, von sich abzuschütteln und unschädlich zu machen – und das ist schon durch einfache gesetzliche Maßnahmen möglich –, so wird es in absehbarer Zeit zugrunde gehen“ (Dinter 1918, 276f.; zitiert nach Bein 1965, 132f.). Dutzende Beispiele einer solchen Deutung finden sich in „Der Stürmer“: „Die Vampire an der Arbeit. Die Staatsbank als Hausknecht einer jüdischen Aktiengesellschaft. (…) jüdische Blutsauger Gesellschaft (…) haben als fremdrassige Börsenmagnaten einen Schandvertrag unterzeichnet (…), der die deutsche Wirtschaft auf immer einer großkapitalistischen, jüdischen Verbrecher- und Schmarotzerbande ausgeliefert hat“ (Der Stürmer, 7.1925, Nr. 30, 2). Bereits in den Überschriften in „Der Stürmer“ häufen sich die Vampir-Symbolisierungen: „Der verherrlichte Vampir“ (Der Stürmer, 4.1925, Nr. 18, 2), „Der jüdische Blutsauger“ (Der Stürmer, 7.1926, Nr. 30, 2), „Der Blutsauger Löwental aus Aschaffenburg“ (Der Stürmer, 3.1935, Nr. 11, 2 & 7), „Wucherer und Volksaussauger“ (Der Stürmer, 8.1939, Nr. 35, 4), „Blutsaugendes Volk der Finsternis und ‚andere Wühler’“ (Der Stürmer, 6.1924, Nr. 12, 2). Auch finden sich antisemitisch verzeichnete Vampirgestalten in „Der Stürmer“ (Der Stürmer, 8.1934, Nr. 31, 1; Der Stürmer, 10.1943, Nr. 43, 2). In den 1940er-Jahren verwendet „Der Stürmer“ zwar noch den Begriff des „Blutsaugers“, situiert diesen allerdings zwischen Photos von Menschen aus Ghettos. Diese mental und physisch gezeichneten Personen werden als „Blutsauger am polnischen Volke“ (Der Stürmer, 3.1940, Nr. 11, 7), „Blutsauger in der Türkei“ (Der Stürmer, 6.1940, Nr. 24, 9), „Die Blutsauger am deutschen Volke“ (Der Stürmer, 6.1940, Nr. 25, 5) und „Blutsauger der Menschheit“ (Der Stürmer, 7.1942, Nr. 27, 3) klassifiziert. Das Böse hat hier im Bild seinen allegorischen Charakter abgelegt und erscheint im Fleisch und Blut misshandelter jüdischer Personen.
2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
gemeinschaft‘ gilt es jenes ‚auszumerzen‘, was gegenüber dem ‚gesunden‘ Leben als ‚Feind‘ ausgemacht wird (Möhring 2011, 242).
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2.2.2
‚Höhere‘ Tiere
Wie bereits einleitend vorausgestellt, handelt es sich bei ‚höheren‘ Tieren nicht um eine biologische Taxonomie, sondern um eine Differenzsetzung entlang einer sozialen Konstruktion: Diese ist einerseits über eine vermeintliche Ähnlichkeit des Tieres mit dem Menschen begründet, also über den Anthropozentrismus. Andererseits entspringt sie der soziokulturellen Topografie des Bilderrepertoires, wie sie im ersten Kapitel anhand des ‚Sysykol‘ topografiert ist: Kulturtypologisch gelten große Tiere der Lüfte als höherwertig, obwohl diesen kaum oder keine Ähnlichkeit mit dem Menschen zugeschrieben wird. Diese ‚höheren‘ Tiere sind bereits in der Antike source domain für Symbole in politischen und ethischen Kontexten: Im abendländischen Bilderrepertoire ist der Löwe gemeinhin Sinnbild des Königs oder nationalen Oberhaupts, der Adler meist des kriegerischen Herrschers und Trägers der Macht. Aber ‚höhere‘ Tiere dienen auch als source domain von Symbolisierungen in judenfeindlichen Diskursfragmenten. Angeführt wird diese Kategorie durch das Schwein, beziehungsweise die Sau, gefolgt vom (Blut-)Hund sowie dem Affen. In der Ordnung der Raubtiere finden sich hundeartige Tiere wie der Wolf, der Bär und das Wiesel, aber auch katzenartige wie die Hyäne und Großkatzen. Ebenso lädt die Ordnungsbezeichnung des Raubtiers zu Symbolisierungen in antisemitischen Fragmenten ein. Von den Tieren des Himmels spielen Geier und Raben bei der Visualisierung äußerlicher Stereotypen eine Rolle, während Eulen und Papageien Stereotypen in antiintellektuellen Diskursfragmenten bebildern. In der Kategorie der Meereslebewesen findet sich dagegen lediglich der Polyp (Hitler 1933, 703). Von den Paarhufern gesellt sich der Hirsch dazu, der gemeinhin als Anspielung auf einen typisch jüdischen Namen fungiert (Bering 1992). Katzen und Kaninchen sind source domain in Diskursfragmenten, die den antijüdischen Stereotyp der sexuellen Unmäßigkeit und Triebhaftigkeit bedienen (vgl. Kapitel 2.3). Die Sau / das Schwein Über die Genese der pejorativen Tiersymbolik der ‚Judensau‘ ist durch die Geschichtswissenschaften viel erarbeitet worden. Bis heute lassen sich die Residuen dieser im Mittelalter entstandenen und religiös motivierten Pejoration entdecken: In den letzten 800 Jahren christlicher Kultur entstanden schier unzählbare Steinreliefs und Fresken an Kirchen, Klöstern und Domen, in denen diverse Darstel-
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
lungen der ‚Judensau‘ überdauerten (Benz 2001, 7; Shachars 1974).131 Das pejorative Saumotiv entstammt dem frühen 13. Jahrhundert und geht auf das religiös motivierte Nahrungstabu der Unreinheit zurück (Lev 11,7), durch das das Tier als unrein markiert und der Verzehr seines Fleisches sowie der nahe Kontakt untersagt waren. Vom 13. bis 15. Jahrhundert entstanden Steinreliefs an Kirchen und profanen Gebäuden, auf denen jüdisch markierte Menschen132 in einem intimen Kontakt mit Schweinen zu sehen sind, auf ihnen reiten, sie küssen, lecken und umarmen oder an ihren Zitzen saugen (Hortzitz 1988, 124f.; Sax 2000, 67). Diese Visualisierung des intimen Kontaktes soll ‚Juden‘ entwürdigen, da ihnen damit eine ‚Gottähnlichkeit‘ (Gen, 1,2) aberkannt wird und sie stattdessen einem Tier gleichkämen, das sich im eigenen Kot wälzt (Hortzitz 1999, 22).133 Weiter stand der intime Kontakt mit der Sau für eine Affinität mit dem Teufel (Schmidt 1991, 160; Schubert 1995, 38). Außerdem galt das Schwein als Symbol der Wollust und Völlerei (Ps, 17,14) und eine Visualisierung eines intimen Kontaktes sollte die Sündhaftigkeit von ‚Juden‘ verbildlichen. Dieser sündhafte Lebensstil konnte im religiösen Sinne hinsichtlich der Ausübung einer ‚sündhaften‘ oder unterentwickelten Religion ebenso gemeint sein wie in Bezug auf eine Degradierung des Lebensstils durch beispielsweise Unsauberkeit, Promiskuität und Gefräßigkeit (Ex 22,18) (Benz 2001, 8; Graus 1994, 278; Paul 1992a, 219) oder sich im übertragenen Sinne auf ‚unsaubere‘ Geschäftspraktiken beziehen (Schmidt 1991, 158f.). Während bis zum Hochmittelalter antijüdische Mythen und Legenden primär in Predigten verbreitet wurden (Rohrmann 2007, 212), ermöglicht die Erfindung des Buchdrucks überwiegend über die Einblattdrucke eine weite Verbreitung visueller Darstellungen (Benz 2001, 8; Cohen 1982; Schmidt 1991, 160). In diesen wurden oftmals Anspielungen auf diverse Motive der Unsauberkeit abgebildet, aber auch Querverbindungen zu anderen judenfeindlichen Mythen wie der Ritualmord-Legende gezogen (Schmidt 1991, 158f.).
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Die mittelalterliche Motivik an den Kirchen spiegelt nicht nur im Fall der ‚Judensau‘ die Vormachtsbestrebungen der Ecclesia gegenüber der jüdischen Religion wider, allegorisch hierfür steht auch die blinde Synagoga, die die jüdische Religion abwerten soll und entsprechend die christliche Kirche als überlegen präsentiert (Daxner 2007, 35f.; Rohrbacher/Schmidt 1991, 225f.; Wenzel 1987). Im Mittelalter gilt eine Kennzeichnungspflicht als äußeres Erkennungsmerkmal für ‚Juden‘. Darunter fielen der ‚Judenhut‘, ein gelber Fleck und ein gelber Ring (Hortzitz 1999, 22f.; Ortag 2009, 22; Rohrbacher/Schmidt 1991, 229-240; Schmidt 1991, 160). Paul verfolgt die Ursprünge dieses Motivs sogar bis in die philosophischen Ursprünge bei Aristoteles. Bei diesem findet sich bereits eine hypothetische Seelenteilung, die in Abgrenzung zum Eigenen eine Bestie, ein animalisches Wesen, als Reiz-Reaktions-Maschine entwirft, so Paul (1992a, 216).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Ebenso wie es anhand der Genese des Teufelssymbols zu sehen ist, verändert sich ab dem späten 17. Jahrhundert auch die visuelle Darstellung der Pejoration. Statt eines intimen Kontaktes mit dem Tier kursieren nun Darstellungen hybrider Körper. Mischwesen sind mit Schweinsohren oder -gesichtern, Paarhufen und Ringelschwanz gestaltet (Schmidt 1991, 157-161). Aber nicht nur die visuelle Umsetzung veränderte sich über die Jahrhunderte, auch die Bildverbreitung unterlag einem enormen Wandlungsprozess: Erst mit dem sogenannten Massenbild im 19. Jahrhundert konnten auch visuelle Stereotypen und Motive tägliche Präsenz erlangen. Massenhaft entstehen nun Karikaturen der ‚Judensau‘ auf Postkarten (Gold/Backhaus 1999, 55), ebenso als Nippes wie beispielsweise Marionetten (Lichtblau 1995, 221) und Spardosen (Wiesemann 2005, 69-71). Die bedeutenden Medien für grafische Darstellungen sind neben den Postkarten Witz- und Familienzeitschriften wie „Kikeriki“ oder „Fliegende Blätter“ (Haibl 2009, 234). Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wandeln sich die Stereotypen und ihre Deutungsmuster, die nun nicht mehr primär auf religiöse Unreinheit verweisen, sondern die Diffamierungen zwischen reinen und ehrhaften sowie niederen Bevölkerungsgruppen setzen. Als Schweine werden so vor allem die sogenannten ‚Ostjuden‘ porträtiert. Galizische und ruthenische jüdische Migrant_innen werden durch die Karikierung als Schweine als minderwertig und dreckig gekennzeichnet (Gold/Backhaus 1999, 55). In den Subscriptiones ist diese Minderwertigkeit als ein Mangel an Sitte, Moral oder beruflicher Ethik expliziert (Enzensberger 2001, 159). Neben der Diffamierung der ‚Ostjuden‘ wird auch eine ‚jüdische Nation‘ adressiert und abgewertet. Der deutsche Autor Hartwig von Hundt-Radowski, der als ein Früh-Antisemit gilt, brandmarkte ‚Juden‘ als „säuische Nation“ (Hundt-Radowsky 1822, 13; zitiert nach Hortzitz 1988, 178). Inspiriert durch die Hepp-Hepp-Pogrome hatte Hundt-Radowski ein gewaltsames Politikverständnis in sein deutschnationales Denken integriert, das sowohl die Fundation einer deutschen nationalen Gemeinschaft wie die Diffamierung jenes undeutschen motivierte (Fasel 2010, 123). Sein Bildrepertoire und die Stereotype entstammen dem traditionellen Antijudaismus, den er mit völkisch-nationalen Ideen des Biedermeier verband. Er machte ‚Juden‘ für politische, wirtschaftliche und soziale Probleme im frühen 19. Jahrhundert verantwortlich und setzte sich vor diesem Hintergrund gegen die Integration von ‚Juden‘ ein (Hortzitz 1988, 2 und 177; Rohrbacher/Schmidt 1991, 375).134
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Auch in Hans Zöberleins populärem Roman „Der Befehl des Gewissens“ wird diese Dichotomie aufgebaut: „Die Juden sind für unser Empfinden schmutzig, schweinisch, ehrlos – kurz gesagt das genaue Gegenteil von uns“ (Zöberlein 1937, 229).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Am Beispiel dieser Modifikation des ‚Judensau‘-Symbols lassen sich bereits die ersten groben Züge einer Ausprägung des Antisemitismus des beginnenden 20. Jahrhunderts erkennen. So wurde in den politischen Konflikten in der Weimarer Republik beispielsweise der damalige Außenminister Walther Rathenau als ‚Judensau‘ diffamiert, und es wurde zu seiner Ermordung aufgerufen (Jasper 1963, 57). Zwar kann der Mord an Rathenau auf offener Straße sicherlich nicht auf diese Symbolisierung zurückgeführt werden, sondern ist erst in dem politischen Klima möglich geworden. Dennoch zeigt dieses Beispiel, dass ‚Judensau‘ auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine schwerwiegende Diffamierung darstellte. Dieses Motiv adaptieren auch der nationalsozialistische Propagandafilm sowie „Der Stürmer“ und formulieren in den Subscriptiones Appelle der absoluten Ausgrenzung. ‚Jüdische‘ Gemeinden, aber auch administrative Einrichtungen werden hier als ‚jüdischer Saustall‘ deklariert, den es auszumisten gelte.135 Neben dem Motiv der Sau tritt im 20. Jahrhundert die übergeordnete Bezeichnung des Schweins als source domain hinzu. Auch eine Symbolisierung als Schwein sollte auf die ‚unsauberen‘ Eigenschaften und/oder Tätigkeiten der target domain verweisen. Beispiele für solche Symbolisierungen sind u.a. Maßnahmen der Justiz gegen antisemitische Hetze in der Weimarer Republik. Diese gelten als „jüdische Schweinereien“ (Der Stürmer, 11.1928, Nr. 47, 1).136 Kulturelle und politische Bewegungen, die jenen des Nationalsozialismus entgegenliefen, erhielten ebenfalls die Zuschreibung des „Schweins“ (Der Stürmer, 8.1943, Nr. 35, 8).137
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Im Propagandafilm sind die jüdischen Gemeinden und ihre Einwohner_innen als faul, apathisch, im Schmutz lebend und dreckig versinnbildlicht. Diese Bilder sollten plausibilisieren, so der Regisseur des Films „Der Angriff“, dass die Regierung recht tue, den „Saustall aus[zu]misten“ (Hollstein 1983, 331). In „Der Stürmer“ finden sich viele solcher Herabsetzungen in Überschriften oder als Titel von Karikaturen: „Der Judensaustall. Judensaustall in der Städtischen Volkshochschule (…). Sie sind ein Volk von Schmarotzern“ (Der Stürmer, 12.1929, Nr. 49, 1), „Der Judensaustall im Geismannssaal in Fürth“ (Der Stürmer, 3.1926, Nr. 13, 3), „Der Judensaustall“ (Der Stürmer, 12.1929, Nr. 49, 3) und „Die Judensäue“ (Der Stürmer, 5.1943, Nr. 21, 3). So werden mehrfache Beschlagnahmungen von „Der Stürmer“-Ausgaben in der Weimarer Republik in Grafik und Text als „jüdisch-schweinisches“ Machwerk zurückgewiesen: „Innerhalb weniger Tage wurde der Stürmer zweimal beschlagnahmt / Jüdische Schweinereien werden unentwegt auf das Volk losgelassen“ (Der Stürmer, 11.1928, Nr. 47, 1). In der Karikatur befindet sich im Vordergrund ein blonder Leser, dem die Zeitung aus der Hand gerissen wird, während im Hintergrund ein bebrillter Mann mit Schweinsohren mit einem Schwein kuschelt und grinst (Abb. 4). In „Der Stürmer“ wird „Emigrantenliteratur“ als ein Schwein symbolisiert, das aus einem Trog mit Dollarnoten schleckt. Unterschrieben ist die Karikatur mit „Muttersau. Nahrung von der Sau erhält./Die Schweinerei, die in der Welt“ (Der Stürmer, 8.1943, Nr. 35, 8).
Gleichzeitig ist das Schwein das zentrale Symbol im antisemitischen Stereotyp einer entarten Sexualität (Der Stürmer, 12.1925, Nr. 52, 3).138 Dieser antisemitische Stereotyp legitimierte, wie bereits oben ausgeführt, das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes“, das den sexuellen Kontakt zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Deutschen verbot. Zuwiderhandlungen wurden durch Haftstrafen für den Mann geahndet. Zusätzlich wurden manche Paare dadurch gedemütigt, indem sie mit Schildern um den Hals an öffentlichen Orten stehen mussten. Auf diesen wurde die Frauen als „Judenhure“ und der Mann als „Schwein“ geschmäht (Gender-Killer 2005, 34; Gold/Backhaus 1999, 58; Schmidt 1991, 157-161). Das ursprünglich religiös geprägte Symbol modifiziert sich also über die Epochen. Die Zentralität dieses Symbols der ‚Judensau‘/des ‚jüdischen Schweins‘ in der Lingua Tertii Imperii führt nach 1945 sogar dazu, dass die öffentliche Verwendung unter § 130 (Volkverhetzung) geahndet wird. 139 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
(Blut-)Hund Die Kulturgeschichte des Hundes und damit die Mensch-Hund-Beziehung ist bereits detailreich ausgearbeitet, da sich dieser durch den Anthropozentrismus einer generellen Beliebtheit erfreut (McHugh 2004): Der Hund als positives Tiersymbol existiert bereits bei den Griechen und Römern der Antike, die ihm Loyalität und Klugheit beimaßen (Demandt 1978, 32; Rowland 1973, 59-62). Oftmals werden Hunde auch als Retter und Heiler interpretiert wie beispielsweise im Neuen Testament: „Doch kamen die Hunde und leckten des Lazarus Schwären“ (Lk 16,21; zitiert nach Schenda 1995, 152). Gleichwohl gilt der Hund im Neuen Testament auch als „ekliges Tier“ (2. Petr 2,22; zitiert nach Schenda 1995, 151).140 Auch im Mittelalter ist es üblich, dass Tiere als Symbolisierungen nicht nur eine Bedeutung transportieren. Hier konzediert Isidor von Sevilla dem Hund Wachsamkeit und Zuverlässigkeit. Die Eigenart von Hunden, Wunden zu 138
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„Der Stürmer“ reproduziert dieses Stereotyp durch fiktionale Geschichten über Verbrechen und ihre Verknüpfung zu „jüdischer“ Promiskuität: „Jüdisches Schwein verhaftet. Deutsche Mädchen als Freiwild deutscher Wirtschafthyänen (…). [D]ie jüdische Schande und Schmach, die das Leben unserer deutschen Mädchen bedroht, keine Staatsstelle, keine Schule sieht und warnt die deutsche Jugend vor diesen Schweinen, vor dem seelischen und sittlichen Schiffbruch (…), die diesen in jüdischen Haremshause“ (Der Stürmer, 12.1925, Nr. 52, 3) widerfahren wird. Das hält Rechtsextreme nicht immer davon ab, in Publikationen (Pörksen 2000, 185) oder Schmierereien (Boonstra/Jansen/Kniesmeyer 1989, 177) das Wort „Judenschweine“ zu verwenden. Als pejoratives Tiersymbol existiert das Schwein auch in politisch linken Diskursen, wie in der Frühphase der RAF um Ulrike Meinhof, als Bezeichnung für den politischen Feind (Balz 2008, 105). Als ekelig galt der Hund, da er „frisst wieder, was er ausgespien hat“ (2. Petr 2,22; zitiert nach Schenda 1995, 151).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
lecken, wird in der christlichen Symbolik des Mittelalters zum Nimbus der Glaubenstreue (Dittrich 2005, 227). Gleichwohl existieren parallel pejorative Zuweisungen, in denen der Hund zum Symbol für Untreue und Verrat wird (Pfahl-Traughber 2002, 22).141 So verkörpert der Hund in der christlichen Symbolik den Judas (Mt. 6,7; zitiert nach Rowland 1973, 60f.). Der schwarze Hund wird als Diener des Teufels und Begleiter von Hexen betrachtet (Rowland 1973, 60f.). Auch in mittelalterlichen Fabeln erscheint der Hund dumm und gierig (Dittrich 2005, 228), geschwätzig und streithaft (Paul 1992a, 220), eifersüchtig (Salisbury 1996, 56) oder gerissen (Schenda 1995, 150). Und in der Mythologie des 14. bis 17. Jahrhunderts treten Hunde als zähnefletschende Hetzhunde bei der Kreuzigung, dem Abendmahl und als Figuren der Mythologie auf (Dittrich 2005, 227).142 Es finden sich einige Beispiele, in denen diese Symbolisierungen auch in judenfeindlichen Diskursfragmenten adaptiert werden. In spätmittelalterlichen antijüdischen Agitationen wird das ‚Judentum‘ beispielsweise als Hund metaphorisiert, um damit Unreinheit zu verdeutlichen (Dittrich 2005, 227). In der Reformation greift der Bischof von Speyer, Georg Herzog von Bayern, dieses Motiv auf und drängt 1519 darauf, Juden und Jüdinnen komplett zu isolieren, da sie keine Menschen, sondern Hunde seien (Oberman 1981, 127). In der Moderne zeigt sich vor allem das Motiv des Verrats und der Gerissenheit, der zumeist in der Ausgestaltung des Stereotyps der instrumentellen Vernunft platziert ist. Besonders mit dem Symbol des Bluthundes wird Falschheit (Örtel 1823; zitiert nach Schenda 1995, 157) und Verlogenheit (Streckfuss 1833, 18; zitiert nach Schenda 1995, 179) von ‚Juden‘ illustriert.143 Auch visualisiert der Hund den Stereotyp des ‚jüdischen Bankiers‘, der als „Schweisshund der Börse“ (Glagau 1876, 94) die nicht-jüdische Bevölkerung zum Bluten bringe.144 Der deutsche Journalist Otto Glagau arbeitete sich vor allem an der Wirtschaftskrise im Deutschen Kaiserreich ab. In seinen Erklärungen setzte er ‚Juden‘ mit dem Liberalismus und dem Kapitalismus gleich. In seinem Deutungsmuster haben die Geris-
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Das Motiv der Verschlagenheit scheint im Philipperbrief durch, in dem ‚Juden‘ der Gottesmord angehängt wird: „Gebt acht auf diese Hunde, gebt acht auf die falschen Lehrer, gebt acht auf die Verschnittenen“ (Joh 3,2; zitiert nach Pfahl-Traughber 2002, 22). Zur Funktion des Hundes als Emblem im Hochmittelalter, der Frühen Neuzeit und der Moderne vgl. Schneider (2007). Zum Wandel der Zuschreibungen an den Hund bei Platon, Hobbes, Brehm und Storm und die sich verändernden Abgrenzungen zwischen den Zuschreibungen an den Wolf und den Hund in der Analogisierung mit den Menschen vgl. Borgards (2007). Ende des 19. Jahrhunderts wird in einem antisemitisch aufgeladenen Nationalismus die Börse zur Chiffre für ‚vaterlandsloses Kapital‘ und oftmals von einem völkischen Ausschließungsdiskurs begleitet (Schleicher 2009, 45).
senheit der ‚Juden‘ und ihre unethischen Geschäftspraktiken sowie die Spekulation die Krise verschuldet.145 Der nationalsozialistische „Der Stürmer“ realisiert eine ähnliche Symbolisierung des ‚Hundes‘, erweitert jedoch dessen Terrain von einer ökonomischen zu einer politischen Täterschaft. In „Der Stürmer“ ist der ‚Hund‘ vor allem ein gängiges Symbol für kommunistische und US-amerikanische Politiker, die als lügnerische und gewalttätige (zumeist außerdem jüdische) Bluthunde verunglimpft werden.146 Parallel existiert das Motiv der dümmlichen Schwatzhaftigkeit in pejorativen Symbolisierungen des frühen 20. Jahrhunderts. Bereits bei dem nationalliberalen Abgeordneten Heinrich von Treitschke steht der „alberne Kläffer“ (Fritsch 1935, 460) 147 ebenso als Sinnbild für eine kritische Berichterstattung wie in propagandistischen Kinderbüchern des Nationalsozialismus (vgl. Hiemer 1940, 63). 145 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
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Handlungsappelle in Symbolisierungen im 19. Jahrhundert trachten nach dem Leben der ‚Juden‘: Nach der Junirevolution 1830 lancierten antisemitische Akteure Schlachtrufe, die im Zuge von Pogromen zum Einsatz kamen: „Haut die Hunde zusammen, wenn sie sich wehren“ (Sterling 1969, 172). In Bildunterschriften und auf Titelseiten dominiert der Bluthund als Tiermetapher: „Bluthund Lenin“ (Der Stürmer, 11.1924, Nr. 33, 3), „Kommunistische Bluthunde“ (Der Stürmer, 10.1925, Nr. 42, 1), „Der Bluthund“ (Der Stürmer, 9.1926, Nr. 39, 4 und Der Stürmer, 5.1928, Nr. 22, 1), „Der Bluthund. Die Wahrheit über Trotzki“ (Der Stürmer, 12.1936, Nr. 51, 1), „Bluthund Roosevelt“ (Der Stürmer, 2.1942, Nr. 9, 2), „Bluthunde der Weltpolitik“ (Der Stürmer, 5.1943, Nr. 22, 3), „Forderung jüdischer Bluthunde“ (Der Stürmer, 1.1944, Nr. 3, 3) und „So lernten wir die jüdischen Bluthunde kennen“ (Der Stürmer, 9.1941, Nr. 37, 3). Bei den Berichten über die „Kommunistischen Bluthunde“ wird darauf hingewiesen, dass es sich bei ihnen natürlich um Juden handeln würde, so sei Lenins richtiger Name Goldmann. Rathenau wird als jüdischer Sprössling vorgestellt, und „dieser Trotzki ist sowieso der größte Lump“. Es sei das Anliegen der ‚Juden‘, durch den „(…) Blutrausch des Bolschewismus, die Ausrottung der arischen Menschheit“ (Der Stürmer, 10.1925, Nr. 42,1) voranzutreiben. Auch der ungarische Kommunist Béla Kun wird in „Der Stürmer“ mehrmals als Bluthund bezeichnet: „Der Goldschatz des Bluthundes Bela Kun. Der jüdische Bluthund hat tausende ungarische Staatsbürger auf dem Gewissen“ (Der Stürmer, 11.1924, Nr. 33, 4). In Karikaturen verschmelzen solche antikommunistischen Aspekte mit antisemitischen Verzeichnungen in Figuren des Hundes (Abb. 5). Neben dem Bluthund hebt auch das Symbol des Wolfshunds im 20. Jahrhundert die gefährliche und unberechenbare Natur hervor: „Der Wolfshund. (…) Du hast Recht, wenn du sagst, der Jude sei ein brutaler und anmaßender Egoist, der sich einbilde, er allein sei der Auserwählte und alle Nichtjuden seien nur Tiere in Deutschengestalt.“ ‚Juden‘ werden hier als „ein elender jüdischer Köter“ bezeichnet und als „menschliche Köter… in die Flucht geschlagen“ (Der Stürmer, 6.1931, Nr. 24, 4). „Solch ein Unglück ist für Preußen die Existenz und Walten jener schnöden Judenclique mit ihrem Schwanz von läppischen und albernen Kläffern! Die freche Rotte legt täglich durch Wort, Schrift und Bild die Axt an die Wurzel des deutschen Wesen“ (Treitschke 1894; zitiert nach Fritsch 1935, 460). Heinrich von Treitschke gilt als prominentester Vertreter des neuen Antisemitismus im entstehenden Bismarck’schen Reich. Sein Antisemitismus schweißte verschiedene soziale, geografische und historische Kräfte und Bewegungen zusammen. Treitschke bemühte sich um die Stärkung des inneren Zusammenhalts Deutschlands als Kultur und Nation (Volkov
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Die öffentlich vollzogene Kopulation bringt dem Hund seit der Antike die Zuschreibung der Wollust ein, die ihn eine source domain sowohl für die ‚Sünde‘ als auch für Promiskuität werden lässt (Dittrich 2005, 227f.; Rowland 1973, 60). In Diskursfragmenten, in denen das antisemitische Sexualstereotyp bebildert wird, finden sich Darstellungen, in denen der ‚Jude‘ wie ein Hund agiere, da er promisk lebe (Paul 2003, 74). „[E]in Bastardhund ist selten sehr klug, jedoch niemals zu unerlässig, sittlich ist er stets ein Lump“, so Houston Stewart Chamberlains (Chamberlain 1899, Fußnote 23; zitiert nach Heid 1995, 239). Für Chamberlain lässt sich diese Promiskuität durch ‚unreines Blut‘ erklären. Chamberlains Geschichtstheorie ist von Konstruktionen von Rassen, dem Judentum, dem Germanentum und deren geschichtlicher und kultureller Entwicklung bestimmt (Lobenstein-Reichmann 2009, 166). Entsprechend spielt in seiner rassistischen Geschichtsbetrachtung das ‚Blut‘ als Inbegriff der biologischen Eigenart sowohl in der Aufwertung des Eigenen als auch in der Abwertung des ‚Jüdischen‘ eine große Rolle. Diese Differenzsetzung von Chamberlain bildet ein Kernelement des modernen Antisemitismus. Dies nimmt der Wiener Staatsarchivdirektor Karl Paumgartten in seiner „Judenfibel“ auf, in der er das Judentum als „Köterrasse“ symbolisiert, der sich manches „Weib (…) als gutbezahlte Unterlage für einen Köter hergibt“ (Paumgartten 1924, 37; zitiert nach Schäfer 2004, 229).148 Die Handlungsrationalität entfaltet sich entlang dieser biologischen Grenzsetzung, so gelte es nach Paumgartten „die Köterrasse zu vertilgen, weil sie eine stete Gefahr für die reinen, edlen Hunderassen sind“ (Paumgartten 1924, 36f.; zitiert nach Schäfer 2004, 229).149 Der Affe Bis ins 16. Jahrhundert wird dem Affen eine Affinität mit dem Teufel zugeschrieben (Dittrich 2005, 23; Schenda 1995, 22). Zuschreibungen wie falscher Stolz und wollüstiges, sündhaftes Verhalten motivieren nicht nur diese Affinität,
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1990b, 62). Zur Entfaltung des antisemitischen Geschichtsbilds von Treitschke vgl. Wyrwa (2009). Und in der ‚Judenfibel‘: „Die Juden - eine Köterrasse. Eine zweitausend Jahre lang mit Tieren und Halbmenschen, den Überbleibseln früherer Entwicklungsstufen, intensiv betriebenen Sodomie neben einer mit Menschen der verschiedensten Rassen immer wieder und hunderttausendfach durchgeführten Kreuzung kann auf die Entwicklung des Volkes nicht ohne tiefgehenden und nachhaltigen Einfluss bleiben“ (Paumgartten 1924, 32; zitiert nach Schäfer 2004, 229). Auch Handlungsrationalitäten in frühneuzeitlichen Symbolisierungen von ‚Juden‘ als Hunde zielten auf den Tod dieser: Während der Reformation diffamierte Hieronymus Höltzel ‚Juden‘ als „verstockte, blinde Hunde“ (Höltzel 1524; zitiert nach Oberman 1981, 133), die für einen Kindsmord verantwortlich seien, und forderte als Strafe, 38 Juden zu schächten und zu verbrennen. Luther forderte das Hinausjagen der „tollen Hunde“ (Luther 1920; zitiert nach PfahlTraughber 2002, 35).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
sondern auch die Symbolisierungen von ‚Juden‘ als Affen (Dittrich 2005, 23; Rowland 1973, 10ff.). In Symbolisierungen im 17. Jahrhundert wird die „Torheit der Affen“ als Motiv der Warnung vor den Verlockungen weltlicher Gelüste herangezogen (Dittrich 2005, 24; Rowland 1973, 8). Im 19. Jahrhundert dominiert eine Gleichsetzung von ‚Juden‘ und Orang-Utans. Diese Gleichsetzung rekurriert auf dem Darwin’schen Stufenmodell, in dem Affen eine Stufe tiefer in der Entwicklung anzusiedeln seien als der homo sapiens und zwischen dem Menschen und dem Tier eine distinkte Grenze gezogen wurde.150 Die Kreatur war dem Menschen inferior, entsprechend realisierte sich durch eine Gleichsetzung des ‚Juden‘ mit dem Affen eine Abwertung durch die die Überlegenheit der „europäischen Völker“ (Lotter 1987, 47; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 208) hervorgehoben werden konnte. Dieses Motiv der eigenen Überhebung innerhalb einer Differenzierung zwischen ‚den Völkern‘ findet seinen grafischen Ausdruck in Metamorphosebildern, in Anlehnung an das Darwin’sche Entwicklungsmodell. ‚Juden‘ werden hier von den nicht-jüdischen Menschen separiert und auf einer unteren Entwicklungsstufe verortet. Diese ist zumeist gleich nach dem Affen angesiedelt, womit ‚Juden‘ unter den ‚Negern‘ stünden (Gold/Backhaus 1999, 53).151 Warum ‚Juden‘ inferior seien, wird in den Subscriptiones der Affensymbolisierungen vielfältig hergeleitet. Noch historisch vor dem Darwin’schen Stufenmodell symbolisierte der deutsche Jurist und Publizist Karl Wilhelm Friedrich Grattenauer, der als erster rassistisch-antisemitischer Autor mit dutzenden Veröffentlichungen Bekanntheit erlangte (Brumlik 2000, 78), ‚Juden‘ als Orang-Utan, da sie wie diese unehrlich, diebisch und untreu seien. Somit sei bei diesen die Voraussetzung für gleiche Rechte und Pflichten nicht vorhanden (Grattenauer 1791, 26; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 209). Auch Hundt-Radowski, der die Emazipationsbewegung auch mit weiteren Tiersymbolisierungen zurückwies (s.o.), macht als tertium comparationis zwischen ‚Juden‘ und Affen die Unmäßigkeit und Dummheit stark: Und selbst wenn die ‚jüdische Intelligenzija‘ in Kunst, Literatur und Musik den Gegenbeweis antreten würde, so sei ihr entgegen-zuhalten, dass ‚Juden‘ keine wahren Kulturgüter produzieren könnten (Hundt-Radowsky 1819, 107). Diese Symbolisierungen des inferioren Anderen als Affen existiert auch in den 1940er-Jahren. Beispielsweise metaphorisiert
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Agamben führt aus, dass im 17. und 18. Jahrhundert die Grenzziehungen zwischen dem Menschen und den Orang-Utans verschwommener waren und die Sprachfähigkeit und die Selbstreflexion noch keine Referenzpunkte für die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier waren (Agamben 2003, 33-38). Zu Tierkonstruktionen in rassistischen Diskursfragmenten und der Hervorbringung des inferioren Anderen vgl. Paul (2004).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
„Der Stürmer“ den britischen Kulturschaffenden Charlie Chaplin opportun als „Affe[n] in Menschengestalt“ (Der Stürmer, 5.1940, Nr. 18, 3).
Bei den Raubtieren handelt es sich um eine Ordnung der Säugetiere, die sich hauptsächlich aus beutegreifenden Karnivoren zusammensetzt. Obwohl etliche Raubtiere ihr Habitat nicht im europäischen Raum haben, befinden sich beispielsweise Löwen durch eine initiale Kodifizierung seit der Antike im Bildrepertoire (s.o.). In antisemitischen Diskursfragmenten bebildern Raubtiere eine vermeintlich zerstörerische Natur von ‚Juden‘, die sich vor allem im „jüdischen Wucher“ zeige. Der deutsche Journalist Wilhelm Marr, der den Begriff des Antisemitismus maßgeblich prägte, formuliert eine entsprechende Allegorie:
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Raubtiere
Zum Schutze des jüdischen Wuchers. Wenn man in einem zoologischen Garten die Käfige öffnet und die Raubtiere loslässt, soll der Fuchs dann keine Hühner fressen, der Wolf keine Schafe zerreißen, der Löwe nicht in die Heerden einbrechen, der Bär keinen Honig stehlen? Ja, sollen selbst Reh und Hirsch nicht nach Herzenslust weiden, wo sie gerade können? (Marr 1879b, 19). Marr resümiert weiter, dass die Natur ‚des Juden‘ raubtierhaft sei und daher die politischen Befugnisse von ‚Juden‘ begrenzt sein müssen. Sein politischer Appell fällt entsprechend aus: „wählt diese semitischen Schwätzer nicht“ (Marr 1879b, 22). Auch in der Belletristik werden 1913 Motive des „jüdischen Kapitalisten“ als räuberisch im Sinne tierischen Verhaltens veranschaulicht: Ein Finanzbeamter wird als „Kapitalist[,] ein Raubtier“ (Kellermann 1959, 185f.; zitiert Benz 2001, 21) beschrieben. Diese Figur des ‚jüdischen Kapitalisten‘, aufbauend auf dem tradierten Stereotyp des jüdischen Geldverleihers, verfestigt sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in der Bildpolemik (Burgard 1999). In Visualisierungen haben die raubtierhaften ‚jüdischen Kapitalisten‘ gebogene Nasen, eine flache Stirn, große Augenwülste, tief liegende Augen, wulstige Lippen und ein fliehendes Kinn. Ihr Körper erscheint unproportioniert, der Bauch rund, die Beine krumm. Damit reiht sich dieses Stereotyp in eine lange Tradition eines judenfeindlichen Bildes der Hässlichkeit ein (Schleicher 2009, 47). Als klassische Sekundärattribute dieses Kapitalisten können der Zylinder und Luxusgüter wie Uhrketten, Ringe und Zigarren (Müller 1998, 175)152 sowie der Geldsack gezählt werden.153 152
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Solche Sekundärattribute sind extrem genormte Erkennungsmerkmale, wie einerseits eine bestimmte physiognomische Prägnanz, andererseits auch Accessoires wie die Nickelbrille für Intel-
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verschmilzt das Bild des ‚jüdischen Kapitalisten‘ mit dem des ‚internationalen Finanzkapitalismus‘ innerhalb einer dichotomen Vorstellung ökonomischer Mehrwertproduktion (s.o.). Die Unterscheidung zwischen produktivem schaffenden und unproduktivem raffenden Kapital liegt der Deutung des raubtierhaften ‚Juden‘ zugrunde (Müller 1998, 190f.). Innerhalb dieser diskursiven Verflechtungen werden die ‚jüdischen Kapitalisten‘ als Verantwortungsträger etlicher ökonomischer und politischer Krisen, Kriege und deren Verlängerung, ebenso wie der Nachkriegsinflation, der Weltwirtschaftskrise, einer sozialen Verunsicherung und des sinkenden Einkommens großer Teile der Bevölkerung ausgemacht (Haibl 1997, 53; Müller 1998, 175189; Uptrup 2003, 268). Das Verbfeld solcher Symbolisierungen ist nicht klassisch denen der Raubtiere entlehnt. In einer Beschreibung eines „raubtierhaften“, gierigen ‚jüdischen‘ Finanzkapitalisten durch Otto Glagau zeigen sich beispielsweise Katachesen-Mäander. Der Journalist und Schriftsteller, Mitglied der antisemitischen „Berliner Bewegung“, bedient sich bei den Verbfeldern von Insekten und Kleinstorganismen und lässt seine ‚Raubtiere‘ „aussaugen“ und „einnisten“ (Glagau 1876; zitiert nach Müller 1998, 191). Glagau, einer der einflussreichsten Vertreter des modernen Antisemitismus, zielt mit solchen Symbolisierungen darauf ab, das wachsende soziale Elend durch die schnelle Industrialisierung und die Konsequenzen des liberal-kapitalistischen Verwertungssystems dahingehend zu kanalisieren, dass es der ‚Jude‘ mit seinen raubtierhaften Eigenschaften sei, der den Kapitalismus verderbe. Eine Differenzsetzung zwischen den ‚Juden‘ und den nicht-jüdischen Kaufleuten ist für diese Deutung konstitutiv. Auch Heinrich G. Nordmann untermauert im Rahmen des Berliner Antisemitismusstreits im Kaiserreich diese Differenz: Und Deutsche und Juden vertreten die beiden äußeren Pole. Die Deutschen sind der idealste Zweig der Indogermanen und die Juden gelten selbst innerhalb der semitischen Raubthier-Gruppe, bei ihren eigenen Verwandten als der unedelste Groß der Familie, wie ihnen schon in der Physiognomie der Adel des Arabers abgeht (Naudh 1883, 39).
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lektuelle und Künstler, Säcke für Hausierer, Mode und Prunkaccessoires für ‚jüdische‘ Bankiers oder der Spazierstock oder Regenschirm als Attribut gesellschaftlichen Außenseitertums (Haibl 2000 237-249). Knoblauch und Zwiebeln stehen als Sekundärattribute dagegen für eine kulturelle Differenz (Haibl 2000, 260-264). Der Geldsack ist ursprünglich im religiös geprägten Antijudaismus ein Symbol für den jüdischen Geldverleiher, modifiziert sich aber mit der Herausbildung des Stereotyps des „jüdischen Wuchers“ im 16. Jahrhundert (Haibl 2000, 254f.; Schleicher 2009, 38f.). Trotz dieser traditionsreichen Zuschreibung in judenfeindlichen Diskursfragmenten kann der Geldsack auch Accessoire nicht-jüdischer Bankiers sein (Haibl 2000, 264).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
‚Juden‘ seien gegenüber den ‚Völkern‘, unter denen sie lebten, feindlich – ergo wie das Raubtier – eingestellt, sie stellten eine „Aristokratie des schmutzigen Materialismus“ (ebd.), würden politische und soziale Fragen als Geldangelegenheiten behandeln und schließlich die „sittliche Ordnung“ (ebd.) untergraben.154 Durch solche judenfeindliche Deutungen sollte sich Unzufriedenheit statt gegen die krisenhafte, wirtschaftliche Ordnung auf ein Ersatzobjekt richten. Diese Raubtiersymbolik ist somit in einer Interpretation einer sozialen und wirtschaftlichen Desorientierung zu verorten, die einen fruchtbaren Boden für Ängste, neue Wahrheiten über die Zusammenhänge des Verwertungssystems und Sündenböcke evozierte (Volkov 1990b, 63). Neben der Ordnungsbezeichnung finden sich auch einzelne Raubtiere als source domain in antisemitischen Diskursfragmenten, die eine niedere Natur, Gefährlichkeit, Fremdartigkeit und Verschlagenheit von ‚Juden‘ visualisieren: Der Wolf gilt als das verschlagenste, grimmigste und wildeste Tier des Nordens.155 In antisemitischen Fragmenten symbolisiert der Wolf Blutlust und Habgier (Dittrich 2005, 564; Hortzitz 1988, 180; Der Stürmer, 10.1925, Nr. 43, 2; Der Stürmer, 2.1926, Nr. 6, 2; Der Stürmer, 10.1934, Nr. 43, 6), aber auch sexuelle Gewalttätigkeit (Dittrich 2005, 564; Rowland 1973, 161; Schenda 1991, 392). Hundt-Radowsky greift zur Metapher des Wiesels, um den angeblich unsteten Habitus von Juden zu illustrieren: „Unter den Wieseln aber verstanden sie [die Ritter, M.U.] die Juden“ (Radowsky 1822, 142; zitiert nach Hortzitz 1988, 180). Stärker auf die Verschlagenheit zielt ein Fragment aus „Der Stürmer“: „Der heulende Schakal. Der jüdische Bürgermeister La Guardia von Neudorf wurde nicht nur zum Ehrenbürgermeister der Judenstadt Tel Aviv ernannt, sondern auch von einem Indianerstamm mit der Würde eines Ehrenhäuptlings bedacht. Die Indianer nennen ihn ‚heulenden Schakal‘. Genauso sieht er auch aus“ (Der Stürmer, 6.1940, Nr. 24, 9). Der Verunglimpfte erscheint hier als verschlagenes Tier, unkontrolliert und unbeherrscht, das des Nachts im Rudel den Mond anheult, wie dies die wildlebenden Kreaturen zu tun pflegen. In einer Vorstellung von Charakteren im Film „Die Rothschilds“ wird der Protagonist Nathan als grobschlächtig und gefährlich skizziert: Er ist „feist, agil, brutal. Die niedrige Stirn kraushaarig-überdacht. Mit den beweglichen Augen 154
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So schrreibt Hundt-Radowsky: „eine einzige Judenfamilie [ist] dem Verkehr und Wohlstande der christlichen Bewohner einer Mittelstadt fast noch verderblicher, als zehn Mardernester einem Taubenhause“ (Hundt-Radowsky 1823, 107; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 208). Diese Zuweisung beschied ihm nicht nur den Platz als source domain in Pejorationen. Der Wolf wurde ebenfalls Symbol der SS (Beckmann 2005, 590). Auch im aktuellen Bildrepertoire dienen wilde Raubtiere als source domain für bspw. soziale und politische Bewegungen, die sich kämpferisch und widerständig geben wie die „Black Panther“ oder die faschistischen „Grauen Wölfe“ (Aslan 2000).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
eines Luchses“ (Film Kurier v. 18.7.1940, 2; zitiert nach Hollstein 1971, 69). Nathan tritt aus dem Hinterhalt auf, mit schadenfrohem Grinsen, beleidigend, schmeichlerisch und unterwürfig zugleich. Seine Augen werden als Spiegel seiner Seele gedeutet, die von der Innerlichkeit eines Raubtiers zeugen (Hollstein 1971, 69). Historisch gilt der Fuchs als Symboltier des Teufels (Dittrich 2005, 166) und als Symbol der Häresie (Rowland 1995, 788).156 In antisemitischen Fragmenten wird er als Aasfresser, blutlüstern und hinterlistig dargestellt (Bauer 1936; zitiert nach Fischer 1991, 15-25; Der Stürmer, 9.1927, Nr. 39, 3; Der Stürmer, 7.1937, Nr. 27, 5; Dittrich 2005, 166; Fischer 1991, 14 & 82; Hitler 1938, 312f.; Rigotti 1994, 143; Schenda 1995, 106-109; Salisbury 1996, 54; Wiesemann 2005, 130). Der im Deutschen Kaiserreich einflussreiche Antisemit Eugen Dühring skizziert ein „hinterhältiges Sichverbergen, das so recht ein Geschäftchen der Judäerfuchse“ (Dühring 1892, 156; zitiert nach Mogge 1977, 95) sei. Zur Visualisierung von Geheimsniskrämerei und verschlagener Feigheit wählt Hundt-Radowski das Motiv der Katze: „Aber der nichtswürdige, feigherzige Jude würgt, katzenartig, am Liebsten dort, wo er nichts fürchten darf“ (Radowsky 1819, 46). 157 Andere Raubtiere, wie die Hyäne, gelten nicht nur als bösartig und gefährlich, sondern auch als besonders hässlich158 und grausam und gemeinhin wird die Hyäne aufgrund des Fressens von Aas als ‚niederes‘ Tier betrachtet. Dieser Aspekt bildet das tertium comparationis zur Leichenfledderei und damit im übertragenen Sinne zu Kriegsgewinnlern und Waffenlieferanten (Marr 1879b, 44; Der Stürmer, 3.1943, Nr. 13, 1). ‚Juden‘ werden durch diese Symbolisierung als verantwortlich für die Leiden der ‚deutschen‘ Bevölkerung im Krieg ausgemacht. Außerdem werden Motive wie Feigheit und das Auftreten im Rudel transportiert (Hiemer 1940, 22f.). In den Verbfeldern dominieren „zerreißen“ und „zerfleischen“ (Der Stürmer, 3.1936, Nr. 12, 8; Der Stürmer, 10.1940, Nr. 44, 12; Der Stürmer, 10.1942, Nr. 40, 1). Die Hyäne symbolisiert als Personengruppen in antisemitischen Fragmenten vor allem Rechtsanwälte, Staatsmänner, Volksverhetzer, also Journalisten und Finanzfachleute (vgl. Hiemer 1940, 24) und damit vermeintlich genau solche Arbeitsfelder, die pars pro toto für ein un-
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Dietmar Schmidt zeichnet anhand der Transformation der epischen Geschichte Reineke Fuchs nach, dass die Entwicklung des Entwurfs des Tieres entlang der diskursiven Verknüpfung mit modernem Wissen und dem jeweiligen politischen Diskursen verläuft (2007). Katzen erhalten Zuschreibungen wie dunkle Farbe, struppiges Fell und gefährlicher Blick, wodurch sie als Boten des Bösen identifiziert werden, vgl. Sax (2007, 274; ebenso Der Stürmer, 4.1941, Nr. 14, 12). Traditionell soll die äußere Erscheinung von Hyänen dunkel, zerzaust und arglistig sein (Rowland 1995, 112f.).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
ethisches Ausbeuten der nicht-jüdischen Bevölkerung stehen (Gold/Backhaus 1999, 266).159 In manchen antisemitischen Geschichten oder Spottpostkarten (Bering 1992, 125; Haibl 2000, 318-320) wird allgemein die jüdische Bevölkerung als ganzer Zoo dargestellt (Gold/Backhaus 1999, 144 und 164), wobei Löwe, Bär, Wolf, Katze und Hirsch über die gängigen jüdischen Familiennamen ein tertium comparationis bilden. Dies beruht auf der oftmals pejorativen Vergabe von Familiennamen, wodurch sich solch ‚jüdische‘ Familiennamen ab Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem weiteren Stigma entwickelten (Bering 1992, 20; Haibl 2000, 318).160 In Karikaturen auf Basis dieser ‚jüdischen‘ Namen verschmelzen Mensch und Tier, bilden sich hybride Körper, die als dümmlich und einfältig ausgewiesen sind, wobei ihre ‚jüdische Natur‘ durch die antisemitische Verzeichnung, vor allem ikonisch durch dunkles Haar und gebogenen Nasen umgesetzt, hervorgehoben wird. In vielen Fabeln über Wölfe und Füchse wird der Gefahr durch diese Kreaturen dadurch begegnet, dass das wilde Tier getötet wird (Rigotti 1994, 145f.). Entsprechende Implikationen existieren auch in antisemitischen Diskursfragmenten. ‚Juden‘ hätten nach Dühring „keinen besseren Anspruch auf Dasein als eigentliche, nicht zu den Menschen zählende Raubtiere“, daher sollte überlegt werden, ob sie nicht „generell zu beseitigen, also entweder indirect zum Aussterben zu bringen oder (…) auch geradezu auszurotten“ (Dühring 1900; zitiert nach Mogge 1977, 117) seien. Diese Überlegung setzt eine Postkarte aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in eine handfeste Drohung um: In einer grafischen Darstellung ist eine Hyäne karikiert, die als herumziehendes Raubtier, aus dem Osten eingewandert und an der Börse zu Reichtum gekommen, entworfen ist, die nun die christliche Bevölkerung ausplündere. Auf der Rückseite ist ein Feld vorbereitet, in das die/der Absender_in einen Namen einer missliebigen jüdischen Person eintragen konnte: „Herrn … verdufte!“ (Gold/Backhaus 1999, 266).
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Schlussendlich verkörpert die Hyäne auch sexuelle Perversionen, da sie, so meinten frühe Naturforscher herausgefunden zu haben, einen Geschlechtswechsel vollziehen kann (Rowland 1995, 112; Der Stürmer, 8.1925, Nr. 35, 2). Nach dem preußischen Emanzipationsgesetz 1812 artikulierte sich in der Zwangsvergabe von Familiennamen antijüdisches Ressentiment, eine solche Verspottung drückt sich auch in der Vergabe von Bezeichnungen wilder Tiere aus (Haibl 2000, 318). Zugleich manifestierte sich als antijüdischer Affekt über die Namensvergabe eine Wiedererkennung von jüdischen Personen anhand des Namens, womit sich eine weitere Stigmatisierung jüdischer Personen realisierte (Bering 1992, 99-102). Auf Spottpostkarten wurde der tierische ‚jüdische‘ Name Grundlage von Karikaturen, die eine vermeintlich andere Physiognomie, Andersartigkeit und Fremdheit ausdrückten (Gold/Backhaus 1999).
2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
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Der hässliche Vogel Wird von einem Vogel als Symbol gesprochen, denkt man zuerst an den Adler, der als besonders edel und frei gilt und daher oftmals als Symbol von Staaten und Herrschern dient (Rigotti 1994, 138f.). Viele andere Vögel, und zwar auch solche, die ebenfalls über beste Flugkünste verfügen, sind in ihren Subscriptiones hingegen negativ aufgeladen. In judenfeindlichen Diskusfragmenten tauchen Raben, Geier, Eulen und Papageien als Sinnbilder des Spotts und der Herabsetzung auf. Besonders negativ konnotiert ist dabei der Rabe, dem eine Affinität zum Teufel ebenso wie Hässlichkeit, Unehrlichkeit und Unzivilisierbarkeit zugeschrieben wird – Aspekte, die in Symbolisierungen tertia comparationis judenfeindliche Stereotypen ausbilden. Gleichzeitig wird sowohl dem Raben als auch ‚Juden‘ eine negativ konnotierte hohe Ausprägung von Intelligenz zugeschrieben. Hierdurch avanciert der Rabe zu einem beliebten Symbol im judenfeindlichen Antiintellektualismus und bebildert im 19. und 20. Jahrhundert die ‚intellektuellen Juden‘. Karikiert sind diese oftmals als Rabenschar mit Sekundärattributen wie Nickelbrille ebenso wie grüblerischen Gesichtszügen und antisemitischen Verzeichnungen wie schlechter Körperhaltung, dunklem Federkleid und hervorstehenden Nasen beziehungsweise Schnäbeln (vgl. Abb. 6). Die Justiz, die Politik, die Medien und die Medizin werden als Dimensionen ausgemacht, in denen sich ‚Juden‘ wie Raben gebärdeten. Sie würden auf solchem Terrain eine Machtposition ausbauen und ausnutzten, um das nicht-jüdische ‚Volk‘ zu betrügen, zu unterdrücken und auszubeuten. 161 Dieses Symbol steht im diskursiven Kontext eines generellen nationalsozialistischen AntiIntellektualismus, der eine Differenz zwischen einem akademischen, künstlerischen und politischen Elitarismus und der Bevölkerungsmehrheit setzt, wobei sich zu der letzteren die Nationalsozialist_innen gruppiert (Bering 1978, 16ff.; Nill 1991, 169). In einem antisemitischen Anti-Intellektualismus wird Intelligenz und abstrakte Vernunft als instrumentelle und unnatürliche Weise des Denkens interpretiert. Der Stereotyp des ‚jüdischen‘ Masterminds zielt vor allem auf assimilierte Juden und Jüdinnen, deren intellektuelle Leistungen damit abgewertet und sie als unmoralisch und bedrohlich porträtiert werden sollen (Schenda 1995, 271). Die Zuschreibung des Diebischen im Verhalten der Raben, das vor allem von den Enzyklopädisten geprägt ist (Schenda 1995, 272f.), sowie das des Lasters 161
So auch in einer Karikatur in „Kikeriki“ aus dem Jahr 1905, in der ein Lamm auf der Anklagebank vor fünf antisemitisch verzeichneten Raben-Richtern steht und seine Tötung bereits vorbestimmt ist. Die Zeichnung ist mit „Ein Opfer der Judstiz“ (Abb. 7; zitiert nach Gold/Backhaus 1999, 220) näher bestimmt. Das Lamm, als Tiersymbol für die Unschuld, ist mit fünf ‚jüdischen‘ Raben konfrontiert, die ihre Köpfe hinter Papieren zusammenstecken. Symbolisch werden somit Gerichtsverfahren als verschwörerische Inszenierung diskreditiert.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
(Dittrich 2005, 376) schlägt sich ebenfalls in antijüdischen Symbolisierungen nieder:
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Ganze Dörfer sind durch die Juden ihren Eigentümern entrissen worden; sie haben die Leibeigenschaft wieder eingeführt; sie sind wahre Rabenschwärme (Fritsch 1935, 450). Der deutsche Publizist und Verleger Theodor Fritsch, der gegen die ‚Verjudung‘ diverser Berufsgruppen agitierte (Albanis 2009, 170ff.), machte außerdem ‚jüdische‘ Raben im „Börsenwesen“ (Fritsch 1927, 26) ausfindig, wo sie intrigieren und durch Komplotte agieren würden. Diese Anschuldigungen basieren auf distinkten Grenzziehungen zwischen ‚Juden‘ und Nicht-Juden, ‚raffendem‘ und ‚schaffendem‘ Kapital und sind mit den Stereotypen der ‚jüdischen‘ Übermächtigkeit verwoben. Eher profan erscheinen da solche Symbolisierungen, die lediglich einen ‚jüdischen Gestank‘ versinnbildlichen und dafür einem antisemitisch verzeichneten ‚Raben‘ eine Knoblauchzehe in den Mund geben. Dieses Sekundärattribut fungiert nicht nur als Verweis auf einen schlechten Geruch, sondern auch auf eine fremde Esskultur und damit eine ferne Herkunft aus dem ‚Osten‘ (Gold/Backhaus 1999, 258).162 Der Geier erhält wiederum ganz andere Zuschreibungen. In der christlichen Ikonografie ist er gemeinsam mit dem Schakal das wichtigste Totemtier, da er in der Natur die Beseitigung der sterblichen Überreste von Kreaturen übernimmt (Beckmann 2005, 173-185). In der Abenteuerliteratur wird der Geier oder Aasvogel als hässliches, stinkendes Tier mit schmutzigem, unordentlichem Gefieder beschrieben, das gierig Aas und Exkremente fresse (Schenda 1995, 119). In judenfeindlichen Diskursfragmenten erhält der Geier erst ab dem 19. Jahrhundert Relevanz, in seinen Subscriptiones wird auf die Nahrungsgewohnheiten, den ausgeprägten Geruchssinn und ein ungepflegtes Äußeres referiert. In einem Diskursfragment, in dem die Fremdartigkeit und eine parasitäre Existenz von ‚Juden‘ gegenüber Nicht-Juden heraufbeschworen wird, benutzt Nordmann unter dem Pseudonym H. Naudh diese source domain für seine Symbolisierung: „mit dem Instinkte des Aasgeiers hat Israel163 meistens die beginnende Verwesung kranker Völker (…) gewittert“ (Naudh 1861, 18; zitiert nach Hortzitz 1988, 179). Als Verwesung werden in diesen Anfängen des völkischen Antisemitismus eine egalitäre Politik und die Emanzipation der jüdischen Bevölkerung ausge162
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Markus End verweist darauf, dass im heutigen Rumänien Sinti und Roma als Raben metaphorisiert sind, womit Dreckigkeit, eine diebische Natur, Lügnerei und Fremdheit ausgedrückt werden sollen (End 2009, 211). Israel steht in antisemitischen Diskursfragmenten als Metonymie für das Judentum. In der Kontiguitätsbeziehung steht das Heilige Land im Singular für das ‚Judentum‘.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
macht. Als Handlungsrationalitäten der völkischen Bewegung bilden sich im Deutschen Kaiserreich entsprechend partiell antimodernistische Vorstellungen einer ‚Rassenphilosophie‘ eines ‚Rassestaats‘ und damit die Ausweisung von ‚Juden‘ heraus (Puschner 2001, 67-71). Den Geier als Symbol des Fremden nehmen auch MetamorphosenDarstellungen auf. In einer Spottpostkarte des frühen 20. Jahrhunderts ist auf Grundlage des Darwin’schen Stufenmodells die Entwicklung vom „Geier zum Meier“ (Abb. 8, zitiert nach Gold/Backhaus 1999, 54) karikiert, in der nicht nur eine vermeintliche Ähnlichkeit der Physiognomie, sondern auch des Charakters bebildert wird.164 Rassistische Deutungsmuster des Antisemitismus bilden die Grundlage solcher tertia comparationis, in der ‚Juden‘ nach der evolutionären Lehre näher am Tier seien als Nicht-Juden. Des Weiteren wird dem Tier ein parasitärer Charakter zugeschrieben, da es nicht selbst jagen kann und damit auf Kosten der Gemeinschaft lebe (Haibl 2000, 175). In einer Karikatur eines antisemitisch verzeichneten Geiers wird ein solches parasitäres Verhalten als „Massenelend, Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche[r] Ruin, Ausbeutung, Betrug, Verbrechen und de[r] Krieg im Osten“ spezifiziert, was zum „Untergang der Völker“ (Der Stürmer, 2.1932, Nr. 8, 1) führen werde. 165 In Karikaturen, in denen ökonomische Missstände antisemitisch gedeutet werden, transportiert der „Pleitegeier“ (Haibl 2000, 175) Schuldzuweisungen, die auf einen schlechten ‚jüdischen‘ Charakter im Rahmen der „jüdischen Finanzökonomie“ referieren (Schäfer 2004, 176; Der Stürmer, 8.1940, Nr. 32, 12; Der Stürmer, 8.1929, Nr. 32, 6).166 Nach diesem Muster werden politische, soziale und ökonomische Probleme antisemitisch gedeutet und rigide Handlungsrationalitäten formuliert: Laßt doch das Aas wegschaffen, und die Raubvögel sind verscheucht; lasst die Fäulniß vertilgen, und das giftige Gewürm’ muß sterben. Thut das bei Zeiten, sonst werden die Geyer euch fressen, und die Insekten eure Nachkommen tödten (Grattenauer 1803, 5f.; zitiert nach Hortzitz 1988, 179).
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Eine generelle Einführung zu Metamorphosen-Illustrationen im 19. Jahrhundert gibt Haibl (2009, 240f.). Der Aasgeier ist ein beliebtes Tiersymbol in „Der Stürmer“ und symbolisiert einzelne Personen, wie auch das ‚Judentum‘ insgesamt: „Der freie Wolf // Aasgeier“ (Der Stürmer, 7.1926, Nr. 31, 3), „Die Aasgeier“ (Der Stürmer, 2.1932, Nr. 8, 1; 12.1932, Nr. 49, 3; 5.1934, Nr. 19, 2 & 4; 10.1943, Nr. 41, 4) , „Der jüdische Aasgeier verschachert deutschen Grund und Boden“ (Der Stürmer, 10.1935, Nr. 42, 4). Ebenso wird der „Pleitegeier“ in weiteren Ausgaben von „Der Stürmer“ beschworen (Der Stürmer, 12.1938, Nr. 49, 7; Der Stürmer, 7.1939, Nr. 30, 2; Der Stürmer 3.1941, Nr. 12, 3). Eine ähnliche Subscriptiones zeigt der „Profitgeier“ (Der Stürmer, 8.1933, Nr. 32, 4) und der „Galgenvogel“ (Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 1 & 3).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Solch düstere Szenarien sind typisch für das Bildrepertoire des Juristen und Publizisten Karl Wilhelm Friedrich Grattenauer. Seine Versinnbildlichung von Fäulnis und Gift in dem Eigenen kann als Vorbote jener Symbolisierungen interpretiert werden, die stark durch die Bakteriologie und Medizin geprägt sind, von Zersetzen und Infizieren handeln und extreme Abwehr konnotieren. Wiederum völlig andere Deutungsmuster transportieren die Subscriptiones der Symbolisierungen von ‚Juden‘ als Papageien. Während dieser Vogel in der Antike und in der christlichen Symbolik Beredsamkeit, Reichtum und Weltoffenheit symbolisierte (Dittrich 2005, 323; Schenda 1995, 252; Beckmann 2005, 380), 167 steht er in antisemitischen Fragmenten des späten 19. und 20. Jahrhunderts für einen Mangel an schöpferischer Kapazität: Die ‚Juden‘ „können wie der Papagei eine Menge von Sachen und Wörtern auswendig lernen; allein Begriffe können sie nicht fassen“ (Hundt-Radowsky 1819, 104f.; zitiert nach Hortzitz 1999, 22). Eine ebensolche Differenzsetzung in einer antiintellektuellen Wendung findet sich in Richard Wagners Aufsatz „Das Judentum in der Musik“, den er unter dem Pseudonym Karl Freigedank verfasst: War dies nun geschehen, so konnte (…) in ihr [der Musik, M.U.] nur noch sinnlos nachgeredet werden, und zwar ganz peinlich genau und täuschend ähnlich, wie Papageien menschliche Worte … nachplappern (Freigedank 1850, 105; zitiert nach Hortzitz 1988, 180). Wagner kritisiert in dieser Broschüre nicht nur die künstlerischen Arbeiten jüdischer Komponisten seiner Zeit, sondern fundiert seine Argumentation auf rassistischen Deutungen, nach denen ‚Juden‘ unedel und inferior seien, ein Deutungsmuster, das auch in den von Wagner gegründeten Bayreuther Blättern publiziert wird (Fischer 2000; Hein 1996, 123-138; Hein 1998, 224-225).168
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Bernhard Siegert expliziert den Bedeutungswandel des Papageien in der Philosophie und Literatur. Er hebt dabei die Bedeutung jener ab dem 17. Jahrhundert hervortretenden Differenzsetzung zwischen Tier und Mensch anhand einer Definition des Logos und damit der Sprache und Vernunft heraus. Die (begrenzte) Sprachfähigkeit der Papageien lenkte das Interesse der Philosophie auf diese Tiere, da diese die anthropologische Differenzsetzung durchkreuzten (2003, 23f.). Eine rassistisch begründete Inferiorität versinnbildlicht auch „Der Stürmer“ durch die source domain des Papageis, um die sogenannte „Judenpresse“ zu diskreditieren (Der Stürmer, 5.1938, Nr. 21, 3; Der Stürmer, 3.1941, Nr. 9, 3). Weitere source domains der Kategorie Vögel in antisemitischen Diskursfragmenten sind die Sperlinge (Bergmann/Erb 1989, 202; Hiemer 1940, 56), die Falken (Hortzitz 1988, 179), der Hahn (Der Stürmer, 11.1937, Nr. 46, 6), der Kuckuck (Hiemer 1940, 15) und die Krähen (Mogge 1977, 110). Zuletzt sei noch auf die „Nachteule“ (Der Stürmer, 10.1931, Nr. 40, 1) hingewiesen, die als Symbol des antisemitischen Sexualstereotyps fungiert und junge, unschuldige Frauen zu Opfern mache.
2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
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Der Polyp Dem Fisch kommt als Symbol keine große Rolle im Bildrepertoire des Antisemitismus zu, vielmehr gehört er zu den ältesten Symbolisierungen von Jesus und ist beständiges Bildmotiv der eucharistischen Speise (Schmidt 1991, 55-57). Von den im Wasser lebenden Tieren visualisieren lediglich der Polyp, die achtarmige Krake und der zehnfüßige Tintenfisch eine Bedrohung, da sie alle mit langen Tentakeln ihre Opfer einwickeln können. Vor allem diese Tentakel bebildern den Mythos der ‚jüdischen‘ Weltherrschaft.169 Im 19. und 20. Jahrhundert finden sich vielfältige grafische Darstellungen, auf denen Polypen eine überlegene Kontrollmacht visualisieren: Beispielsweise versucht ein Polyp eine am Boden liegende Germania – als nationale Personifikation Deutschlands – zu umschlingen (Braun 1995, 187). Dieser Polyp ist durch eine antisemitische Verzeichnung des Antlitzes, durch eine große gebogene Nase, als ‚jüdisch‘ markiert. „Der Stürmer“ appelliert an soldatische Tugenden, indem er einen blonden Mann in Uniform gegen die Umschlingungsversuche eines Polypen kämpfen lässt (Der Stürmer, 9.1930, Nr. 36, 6).170 In der Handlungsempfehlung ist eine Dezimierung der „jüdischen Weltbeherrschung“ (ebd.) angeraten und Tötungsabsichten sind meist umfangreich und grundlegend formuliertÜber die Kategorie der ‚höheren‘ Tiere kann mit Bergmann und Erb resümiert werden, dass sie im 19. und 20. Jahrhundert hinter der der ‚niederen‘ Tiere zurücktritt (1989, 208). Dennoch zeigt sich anhand der Beispiele, dass sich tradierte Aspekte in den Subscriptiones der source domains modifizieren und sich die Symbolisierungen in das Diskursgefüge des völkischen ebenso wie des eliminatorischen Antisemitismus einfügen. Dabei ändern sich nicht nur die visuellen Repräsentationen und die Zuschreibungen an die source domains, sondern auch die Deutungs- und Argumentationsmuster in den Subscriptiones der Symbolisierungen.
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Der Polyp kann auch ein Symbol für eine einfache Dominanz sein: „Auch hat mich selbst (…) die Erfahrung (…) gelehrt, dass gerade die Reicheren in der Judenschaft diese Erziehung (…) zu künftiger bürgerlicher Selbstständigkeit (…) zu hindern suchten (…), weil sie (…) voraussahen, dass die (…) Kinder künftiger nicht mehr (…) die Knechte ihrer polypenartigen Habsucht zu bleiben genöthigt seyn würden“ (Paulus 1831, 27; zitiert nach Hortzitz 1988, 178). Der Tintenfisch wird mit einer anderen Subscriptiones ausgestattet und dazu herangezogen, eine politische Manipulation durch eine ‚jüdische Lobby‘ zu visualisieren (Der Stürmer, 8.1940, Nr. 31, 1). Der Hai hingegen, wie er sich bei Berthold Brecht (1971) findet, spielt im antisemitischen Bilderrepertoire keine Rolle.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
‚Niedere‘ Tiere
Bei den ‚niederen‘ Tieren als source domain handelt es sich gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts um die umfangreichste und meist zitierte Gruppe im Bildrepertoire des Antisemitismus. Wie bereits ausgeführt, basiert diese Kategorisierung auf keiner biologischen Taxonomie, sondern inkludiert Tiere als source domains, die klein sind und größtenteils auf oder in der Erde leben. Diese sind nicht im Sinne ihrer Entwicklungsstufe ‚niedere‘ Tiere, sondern werden aufgrund ihres kulturtypologischen Status171 und/oder ihrer unterirdischen oder verborgenen Lebensweise als ‚nieder‘ begriffen. Entsprechend werden im Folgenden unter ‚niederen‘ Tieren Nagetiere, Reptilien, Spinnentiere und Insekten subsumiert. Nagetiere Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2.2.3
Obwohl Nagetiere die artenreichste Gruppe der Ordnung der Säugetiere darstellen, sind in judenfeindlichen Kontexten lediglich die Ratten und die Mäuse als Symbole bedeutungsvoll. Bereits im mittelalterlichen Europa haftet der Ratte der Ruf als Überträgerin der Pest an, die in mehreren Pandemien Millionen Menschen das Leben genommen hat.172 In Fabeln wird sie als feige und verschlagen porträtiert und repräsentiert menschliche Bösartigkeit, Niederträchtigkeit und Verleumdung (Shapiro 2002, 447). Die vermutlich mit den Kreuzfahrern nach Europa gebrachten Tiere gelten als verabscheuungs- und vertreibungswürdig (Rowland 1973, 136). In mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Metaphorisierungen tragen sie das Auslösen von Unruhen, Hungersnöten und Kriegen in ihren Subscriptiones und dämonisieren beispielsweise gegnerische Truppen oder einen religiös, ethnisch abweichend definierten Feind (Faeti 1986, 8; zitiert nach Rigotti 1994, 154). In judenfeindlichen Diskursfragmenten stehen die Ratten für den Schaden, den sie verursachen (Paul 2003, 112), wobei die Massenhaftigkeit und dabei das Plagenmotiv zentraler Aspekt der Zuschreibung an die source domain sind. Mit der Gründung der Städte wurde in Mitteleuropa die Bekämpfung der Rattenplagen durch Fänger organisiert. Im Jahr 1284 erschien die Geschichte des Ratten171
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Wie bereits im ersten Kapitel dargestellt, verbildlicht das Sysykol eine generalisierende Übersicht kultureller Zuschreibungen, in der vor allem die Hoch-Tief-Achse Aufschluss über die Bewertung von Tieren im abendländischen Denken liefert. Ratten können ebenso wie Parasiten als nieder interpretiert werden, da sie auf und unter der Erde, bzw. die Parasiten auf oder im Menschen, leben. Die kulturspezifischen Differenzen beispielsweise zum indischen Bilderbestand sind gravierend. In Indien verfügt die Ratte über positive Zuschreibungen und ist bspw. als Reittier des elefantenköpfigen Gottes Ganesha bekannt (Keller-Bauer 1983, 56; zitiert nach Pörksen 2000, 178).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
fängers von Hameln (Schenda 1995, 276).173 Diese Geschichte ist Grundlage eines judenfeindlichen Drucks auf einem „Politischen Bilderbogen“ (Politischer Bilderbogen 1880, Nr. 30; zitiert nach Haibl 2000, 231).174 Statt eines Fängers, der die Stadt von Ratten und dann von Kindern befreit, wird hier ein antisemitischer Held inszeniert, der die Stadt von ‚Juden‘ befreit (Abb.9). Diese ‚Juden‘ sind figurativ als Ratten gestaltet, und ihre antisemitisch verzeichneten Gesichtzüge und Sekundärattribute verweisen sowohl auf akademische, noble, assimilierte als auch auf orthodoxe Dezenz und identifizieren die Tiere damit als gesamtes ‚Judentum‘. Als Habitate dieser Ratten werden die Börse, das Bankhaus, das Theater und der Trödelmarkt ausfindig gemacht, gekennzeichnet als Häuser, aus denen die Ratten strömen. Symbolisiert wird in dem Bilderbogen der parasitäre und schädliche Charakter von ‚Juden‘ in kulturellen und ökonomischen Sphären, ihre Fremdheit und Andersartigkeit, die sich vor allem über die Differenzsetzung zwischen dem humanen Fänger und den ‚Ratten‘ artikuliert. Vor dieser Dichotomie steigt der Rattenfänger zur Identifikationsfigur des nationalen Deutschtums auf, da er die ‚jüdische‘ Plage beseitigt (Haibl 2000, 232f.). Von Ende des 18. Jahrhunderts an wird die Ratte nicht mehr nur als Plagentier identifiziert, ihre Subscriptiones werden durch die Vorstellung einer Unterwanderung ergänzt. Vor allem im Deutschen Bund, im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik sind Vorstellungen des Untergrabens des Staates durch die Rattensymbolik visualisiert. Sozialistische und kommunistische Akteure sind ebenso als Ratten symbolisiert, wie die unteren Klassen während der Entstehung des städtischen Proletariats und ihrer Aufstände (Rigotti 1994, 154f.).175 Auch in 173
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Es handelt sich hier um eine Sage, die durch die Gebrüder Grimm weltweite Popularität erreichte. Die Brüder Grimm haben in der Sage „Die Kinder zu Hameln“ ein verbreitetes mittelalterliches Motiv des Rattenfängers aufgegriffen. Jene Sage, in der 130 Kinder verschleppt werden, geht voraussichtlich auf die Ostkolonisation zurück, die durch die Perspektivlosigkeit im norddeutschen Raum adligen Territorialherren in Mähren und Brandenburg, dem sogenannten „Deutschordenland“, neue Siedler_innen bescherte (Udolph 1997). Bei politischen Bilderbögen handelt es sich um das bildliche Medium, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das städtische Bürger- und Kleinbürgertum erreichte. Die Bilder sind von sehr statischen Ordnungsvorstellungen geprägt. Marginalisierte Gruppen wie ‚Juden‘, Landstreicher und ‚Sinti‘ werden unten in der Sozialordnung angesiedelt. Als mit der jüdischen Emanzipation die soziale Nähe zwischen Christ_innen und Juden und Jüdinnen zunahm, produzierten diskursive Akteure in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts in den Bilderbögen eine neue Abgrenzung, die auf kulturelle Fremdheit, auf einen anders gearteten Geist, eine fremdartige Gesinnung und Physiognomie referierte. Die Bilderbögen zeugen von einer Schnittstelle zwischen einem literarischen Antisemitismus und „dessen propagandistischer Popularisierung“ (Haibl 2009, 248). Auch im Verbfeld des Maulwurfs sind wühlen und untergraben präsent und motivieren die Symbolisierung einer oppositionellen Kraft (Rigotti 1994, 156ff.). So überrascht nicht, dass sowohl Rosa Luxemburg als auch Marx und Nietzsche den Maulwurf als positives Symbol einsetzen (ebd.). In „Der Stürmer“ wird der „Wühler und Schieber“ (Der Stürmer, 4.1942, Nr. 15, 1)
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Hitlers „Mein Kampf“176 symbolisieren Ratten politische Akteure. Im Kontext einer Auslassung über die „undeutsche Erziehung“ resümiert er: Die Ratten der politischen Vergiftung unseres Volkes fressen auch dieses Wenige noch aus dem Herzen und der Erinnerung der breiten Masse heraus, soweit nicht Not und Jammer schon das ihrige besorgten (Hitler 1938, 32).
Daher wird immer, wenn eine bestehende Partei der Ungunst des Volkes in so großem Umfange verfallen erscheint, daß die Wahrscheinlichkeit einer vernichtenden Niederlage droht, ein großes Wandern anheben: die parlamentarischen Ratten verlassen das Parteischiff (Hitler 1938, 113). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Als Verbfeld der Ratten lässt sich hier das „Wegfressen“ (der nationalen Gesinnung) bestimmen. Oftmals rücken in den Subscriptiones der Rattensymbole jedoch die Aspekte der Vertreibung und des Nichtsesshaften ins Blickfeld, wie in einer Rede Hitlers über die politische Opposition:
Diese Allegorie veranschaulicht die Eigenverantwortung der ‚Tiere‘ für den Untergang des Parlamentarismus, da diese, nachdem sie selbst die Löcher genagt haben, versuchen würden, sich in Sicherheit zu bringen. Auf diesen Aspekt rekurriert Hitler, wenn er nach einem Wahlsieg der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) ein Abwandern der „parlamentarischen Ratten“, in persona (jüdische) sozialdemokratische Kontrahent_innen, verspricht. Dieses Symbol referiert auf die Nichtsesshaftigkeit dieser politischen Kräfte. Dieses Abwandern stützt sich sowohl auf die Verbreitung der nicht-sesshaften Wanderratte, wie auf das judenfeindliche Motiv des ewig wandernden Fremden. Karl Paumgartten expliziert diesen Aspekt im Rahmen einer Rattensymbolisierung: Den Daseinszweck, den sich die Juden selber gaben – es ist der Daseinszweck der Wanderratte – haben sie am anschaulichsten in der Legende vom ägyptischen Joseph niedergelegt (Paumgartten 1924, 52). Die ‚Juden‘ seien als ‚Volk‘ durch ihr eignes Zutun im Sinne des AhasverMythos zum Herumwandern verdammt.177 Noch vor der Wende zum 20. Jahr-
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hingegen ausgehoben, um das Volk zu schützen und den Gewinn des Staates zu vermehren. In einer grafischen Darstellung ist der durch den ‚Arier‘ ausgegrabene Maulwurf durch einen Davidstern als ‚jüdisch‘ markiert. Zwar ist auch der Maulwurf als Schädling verschrien, der nicht sät, aber alles frisst, dennoch eignet er sich nicht gleichermaßen für eine Hypostasierung einer massenhaften Belagerung. Vielmehr bebildert das Ausheben des Maulwurfs im 20. Jahrhundert die Kampfansage gegen Korruption oder im Verborgenen arbeitende Organisationen. Hitler verwendet in seinen Reden und Büchern eine Vielzahl unterschiedlicher Tier- und Pflanzenmetaphern, um ‚Juden‘ zu degradieren. Neben Maden, Bazillen, Pilzen, Drohnen, Spinnen, Parasiten, Blutegeln und Schmarotzern tummeln sich hier auch Ratten (Jäckel 1969, 75).
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hundert wandelt sich dieser christlich geprägte Mythos zu einem rassenmythologischen, in dem das Fremde zur Konstruktion des Anderen beiträgt, der heimatund ruhelos über den eigenen ‚Volkskörper‘ hereinbricht (Wistrich 1996, 21). Anders als in der Ahasver-Legende verweisen die Subscriptiones des Rattensymbols jedoch auf den Schaden, den sie in den Territorien hinterlassen, durch die sie ziehen: Wenn die ‚Ratten‘ abwandern, hinterlassen sie ein „gequältes, ausgesogenes Volk“ (Marr 1880, 7), so resümiert Marr in einer Agitation gegen das emanzipierte Judentum, das die neu erlangte Machtposition ausnutzen würde. Eine ähnliche Aussage trifft Glagau in einer Abhandlung über die „degenerirte Race“, als er eine Rattensymbolik zur Visualisierung des Untergrabens und Abfressens durch die Finanzmärkte, Börsen und Bankhäuser einsetzt: ‚Jüdische Ratten‘ fräßen durch unethischen Handel und Wucher den Reichtum der nichtjüdischen Bevölkerung ab, ohne ihrerseits etwas beizusteuern. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Wie die Berichte sämtlicher Zeitungen beweisen, hält sich das Publikum, gezwungener Massen, schon lange von der Börse fern, und es treiben hier ihr Wesen nur noch die Jobber oder Spieler, die schliesslich, wie in einem verfallenen Saale die Ratten, sich gegenseitig auffressen werden (Glagau 1876, XVIII).178 Die Ratten stehen für eine destruktive Dimension des Kapitalismus, die sich letztlich selbst auslöschen werde, da hier ‚Juden‘ ihre Macht missbräuchten. Ebenso wie Glagau projiziert auch Marr die krisenhaften Erscheinungen des Kapitalismus auf das abstrakte Kapital. Über Aktienunternehmen würden die „goldenen Ratten“ betrügen und die Presse korrumpieren und dadurch ihren „Habitus“ (Marr 1880, 5) unter Beweis stellen.179 Die „goldenen Ratten“ stehen dabei im Bund mit den ebenfalls als ‚jüdisch‘ ausgemachten sozialistischen Arbeitervertretungen: ‚Juden‘ stehen für das „Manchesterthum und die Verjudung 177
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Diese Figur des Ahasvers entstammt christlichen Volkssagen des Hochmittelalters, in denen ein Mann, der dem zur Kreuzigung ziehenden Jesus auf der Via Dolorosa eine Rast verwehrt und deshalb von Jesus zu einem ewigen, rastlosen Umherwandern verflucht wird. In einem deutschsprachigen Volksbuch Anfang des 17. Jahrhunderts wird dieser Mann als ‚jüdisch‘ markiert und eröffnet eine judenfeindliche Deutungstradition (Baleanu 1999, 96-102; Rohrbacher/Schmidt 1991, 246-252). Bereits Ende des 19. Jahrhunderts bebildern Symbole aus der Kategorie des Spiels die Finanzmärkte. „Das Börsenspiel [sei] in Judenhänden“ (Marr 1880, 27). Zur Kategorie der Spielsymbole in aktuellen Diskursen vgl. viertes Kapitel. Die Affinität der ‚Juden‘ zum Geld wird über die religiöse Allegorie des „Tanzes um das goldene Kalb“ als eine historische Kontinuität visualisiert. Marr aktualisiert dieses religiöse Motiv und metaphorisiert ‚Juden‘ als „das wild gewordene goldene Kalb“ (Marr 1880, 27). Dieses goldene Kalb wird Ende des 19. Jahrhunderts in antisemitischen Bildern ein Symbol des ‚Gottes‘ der ‚Juden‘ (Heni 2006, 55).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
der Gesellschaft“ (Marr 1880, 15).180 Durch dieses äußerst parasitäre Verhalten kenne „Israel, das schachernde, zwischenhändlerische Volk (…) weniger oder keine Noth“ (Marr 1880, 15). Diese „goldenen Ratten“ werden in Personen wie den „Familien Rothschild, Erlanger, Todesto und Mendelssohn“ ausgemacht und als
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rothschildlischen Mosesthum (…) furchtbare Macht, welche der goldene Rattenkönig181 ausübt, dessen „Provisionen“ und Zinsen der Schweiß und das Blut der Völker bezahlt. In diesen goldenen Ketten der goldenen Internationale liegen Könige, Päpste und Staatsmänner gefangen (Marr 1880, 18f.). Marr baut zwischen der ‚jüdischen Weltverschwörung‘182 und „dem Schweiß und Blut der Völker“ eine Dichotomie auf, innerhalb der ‚Juden‘ jenseits aller (produktiven) Völker verortet werden. ‚Juden‘ werden über diese Differenzsetzung zum Anderen, zum wandernden Fremden, der auf das Blut der ‚Völker‘ abzielt.183 In den Subscriptiones der Wanderraten wird damit nicht nur ihre Unproduktivität, sondern auch ihre Gier und Fremdheit hervorgehoben. Im Verlauf des Fragments wird angedeutet, dass das „deutsche Volk“ ein sattes „Volksvermögen“ einbringen würde, wenn es nicht von Dritten abgeschöpft werde. Die Produktion von Armut wird somit nicht als integraler Aspekt der kapitalistischen
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Bei Glagau ist der Begriff des ‚Manchesterthums‘ eine Chiffre für ‚jüdischen‘ Einfluss auf den Liberalismus (Schleicher 2009, 44). Der „Rattenkönig“ erscheint auch in weiteren Diskursfragmenten und symbolisiert dort ebenfalls „Zinswucher“ und „Börsenbetrug“, „Kreditbetrug“ und „fremdländische Verführer“ (Türmer 1925, 472; zitiert nach Altmann 1972, 205). Ebenso veröffentlicht ein sich Upclair Sincton nennender Autor einen antisemitischen Roman namens „Der Rattenkönig“, in dem mangelnde Hygiene in Kombination mit Betrug und Wucher zu Merkmalen von ‚Juden‘ werden (Altmann 1971, 199). Bei diesem Namen handelt es sich um ein Anagramm des Namen Upton Sinclair, dem US-amerikanischen Schriftsteller, der in seinem Roman „The Jungle“ eine kritische Auseinandersetzung mit den Arbeitsbedingungen und Hygienemaßnahmen in den Fleischkonservenfabriken in Chicago verfasste. Die komplexe Welterklärung von Marr hier wiederzugeben, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Als zentralen weiteren Punkt neben dem Wucher stellt Marr die „semitische Welt- und Rechtsanschauung“ als „goldenes Rattenthum“ vor, die er in der Person des Shylocks konkretisiert und damit Elemente von Blutgier und Rache als Kennzeichen dieser „Rechtsanschauung“ fasst (Marr 1880, 18-65). Eben dieses Deutungsmuster tradiert sich bis in den Nationalsozialismus, wo „Der Stürmer“ Karikaturen der Wanderratte entsprechend gestaltet: Wanderratten fressen das „Volksvermögen“ auf: „Wanderrattenplage / Umsonst sind überall Müh und Fleiß, Wo man sie Ratten nicht zu bannen weiß“ (Der Stürmer, 3.1937, 10, 8). In der grafische Dimension konkretisieren Karikaturen von Ratten, die durch einen Stern und eine große gebogene Nase als ‚jüdisch‘ markiert sind, dieses Abfressen durch ein Umzingeln und Erklettern eines Sackes, auf dem „Nicht-jüdisches Volksvermögen“ steht (Abb. 10).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Wirtschaftsordnung präsentiert, stattdessen sei sie ‚jüdischem‘ Einfluss geschuldet. Die Verbfelder dieser Rattensymbolisierungen bestehen also nicht nur aus solchen, wie sie für die source domain typisch wären, wie „auffressen“ und „den Boden unter unsern Füßen wegwühlen“ (Marr 1880, 32), sondern auch aus dem klassischen Vokabular des Antisemitismus wie „schachern“, „wuchern“, „korrumpieren“ und „betrügen“. Als Handlungsrationalität wird eine (legitime) gewaltvolle, möglichst zeitnahe Vertreibung und damit eine erzwungene Abwanderung der Ratten avisiert (Marr 1880, 8), ebenso aber auch die Elimination, wie es sich generell bei Ratten-Symbolen findet (Paul 2003, 127f.).184 Aus heutiger Sicht haben wohl die Rattensymbolisierungen im nationalsozialistischen Propagandafilm den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Ratten markieren in Szenenbildern diverse Lebenssituationen und Eigenschaften, die einem typisch ‚jüdischen Volkscharakter‘ zugeordnet sind. In dem Film „Hans Westmar – Einer von Vielen“ wird die Biografie Horst Wessels umgesetzt, die sein ‚Heldenleben‘ und die Genese der nationalsozialistischen Bewegung wiedergeben soll. Strukturiert wird dieses Werk durch den Dualismus zwischen ‚Juden‘ und Nicht-Juden, eine Grenzziehung, die filmisch über Hell-DunkelGestaltungen inszeniert ist. Während nicht-jüdische Figuren durch lichtdurchflutete Räume wandeln, bewegen sich ‚jüdische‘ in Kellern und stickigen Kneipen. Nicht Armut, sondern charakterliche Dispositionen seien hierfür verantwortlich. Diese entsprächen denen der Ratte: Wie Ratten scheuen sie das Licht, gehen nur in Gruppen zu feigen Angriffen vor, morden im Finstern und verschwinden wieder in ihren „Löchern“. Ein Journalist, der die Szene der Beerdigung während der Dreharbeiten beobachtet, schilderte seinen Eindruck: „Wie eine Rattenschar bricht die rote Flut gegen den Leichenwagen vor“ (Film Kurier v. 11.8.1933, 3; zitiert nach Hollstein 1983, 36). In dem auflagenstärksten Journal für Film in der damaligen Zeit sind also die ‚jüdischen‘ Figuren bereits zu einer „roten Flut“ avanciert, die als Rattenplage analogisiert ist. Damit verschwinden sie als menschliche Figuren aus dem Diskursfragment. Weiter heißt es in einem Lehrbuch für Filmstudent_innen, das „Hans Westmar“ als Paradebeispiel einer gelungenen Inszenierung heranzieht: 184
Sowohl Marr als auch Glagau formulieren die Idee der gesetzlichen Restriktion von ‚Juden‘, um deren Einfluss auf das kulturelle und wirtschaftliche Leben zu minimieren. Volkov weist allerdings darauf hin, dass beide keine schlüssigen politischen Konzepte vorlegen, die zu einer kraftvollen politischen Organisation hätten führen können (Volkov 1990b, 72). Werner Bergmann interpretiert die düstere, pessimistische Schrift Marrs allerdings als möglichen politischen „Weckruf“ (Bergmann 2009, 76).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
„Die Bosheit der Juden vs. die Tugenden und Leuchtkraft der Arier“ (Hollstein 1983, 36) kämen in dem Zelluloidstreifen optimal zum Ausdruck. Ebenso wird in dem Film „Die Rothschilds“ eine Parallele zwischen den Lebensgewohnheiten von ‚Juden‘ und Ratten entwickelt. Eine Filmsequenz ist in einer als ‚Judengasse‘ klassifizierten, ärmlichen, engen Straßenschlucht gedreht. Eine bedrohliche Atmosphäre wird durch musikalische Untermalung, schlechte Ausleuchtung und Perspektivwechsel in dunkle Kellergewölbe kreiert. Dass Ratten in einem solchen Terrain „keine unbekannten Gäste“ (Hollstein 1971, 68) seien, wird den Zuschauer_innen aus dem Off erklärt. Anschließend folgen Einstellungen, in denen sich dunkel und ärmlich gekleidete Personen huschend bewegen. Sehr prominent ist auch eine Einstellung in dem antisemitischen Propagandafilm „Der ewige Jude“ von Franz Hippler geworden, in dem Parallelisierungen von ‚Ghettojuden‘ und Scharen von Ratten inszeniert sind. Hierfür wird grafisch die geografische Verbreitung der ‚Juden‘ mit der der Wanderratte verglichen. Nachdem im ersten Schnitt die Lebensräume von Juden und Jüdinnen präsentiert werden, wird als Überleitung eine „Parallele zu den Wanderbewegungen eines ebenso ruhelosen Tieres“ (Der ewige Jude 1940, 17:31) angekündigt. Grafisch realisiert sich in der Parallelisierung ein düsteres Bild einer Überschwemmung Europas, das auf das Plagenmotiv wie dem judenfeindlichen Mythos des Ahasver rekurriert. In der sprachlichen, akustischen und grafischen Analogisierung werden die Schädlichkeit und die Unerwünschtheit unterstrichen und ‚Juden‘ als von ihrer Natur her ruhelos und wandernd und damit als „Schmarotzer“ am Menschen porträtiert (Der Ewige Jude 1940, 16:11ff.).185 Aus dem Off wird der Schaden, der durch ‚Juden‘ entstünde, erklärt, während Ratten aus der Kanalisation huschen.186 Wo Ratten auch auftauchen, tragen sie Vernichtung ins Land, zerstören die menschlichen Güter und Nahrungsmittel. Auf diese Weise übertragen sie Krankheiten, Pest, Lepra, Typhus, Cholera, Ruhr und so weiter. Sie sind hinterlistig und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der heimtückischen, unterirdischen Zerstörung dar.
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Nicht nur das Mittel der Beleuchtung wird in dieser Sequenz wirkungsvoll eingesetzt, auch ein schneller Schnitt suggeriert das Moment der Hektik, wodurch der Hinweis auf den vermeintlich ruhelosen Charakter verstärkt wird (Hornshöj-Möller 1995, 216). Diese Szenen sind dem Film „Kampf der Ratten“ von 1938 entnommen, in dem es um eine Verteidigung menschlicher Nahrung gegenüber einer tierischen Plage geht. „Bereits an dieser Stelle wird symbolisch, und dadurch noch verschleiert, mit dem Hinweis auf die Notwenigkeit der Schädlingsbekämpfung, schon zur Vernichtung der Ratten aufgerufen“ (Hardinghaus 2008, 47).
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Nicht anders als die Juden unter den Menschen (Der Ewige Jude 1940, 18:43ff.). Weiter wird kommentiert, dass Ratten wie ‚Juden‘ feige, zerstörerisch und hinterlistig seien (ebd., 18:43). Die Hinterlistigkeit wird dabei einerseits über eine kriminelle Veranlagung, einen Hang zum Handel, aber auch bereits in der Eingangsszene als Maskerade des ‚Juden‘ bebildert: So verstecke sich „hinter der Maske des zivilisierten Europäers“ (ebd., 1:12) eine andere Figur, nämlich die des ärmlichen polnischen ‚Ghettojuden‘.187 Als Motiv wird hier die Hässlichkeit von ‚Juden‘ verwendet. Nur über Täuschung würden ‚Juden‘ ein halbwegs zivilisiertes Äußeres annehmen könnten.188 Die Handlungsrationalität wird klar entworfen: Nicht nur jene – den Ratten äußerlich gleichenden – ‚Ostjuden‘ gelte es zu eliminieren, sondern alle Juden und Jüdinnen Europas, denn trotz eines manchmal positiven Erscheinungsbildes handele es sich bei allen um ‚Ratten‘.189 In der antisemitischen Symbolik repräsentiert entsprechend die Ratte das gesamte Judentum.190 187
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Obwohl die bürgerliche Gleichstellung und damit die Assimilierung von Juden und Jüdinnen zu den Zielen der Revolution gehörten, wird die jüdische Emanzipation mit Tiersymbolisierungen in Flugblättern und lithografischen Massenblättern oftmals auch ironisiert oder gar herabgesetzt: Die Emanzipation sei nur eine oberflächliche Anpassung und könne keineswegs die eigentliche Andersartigkeit überwinden. Über diese Filmsequenz schrieb der Autor E. Taubert in der Zeitschrift „Illustrierte FilmKurier“: „Durch klare Trickbilder wird dargestellt, wie das jüdische Rassengemisch in Kleinasien entstand und von da aus die ganze Welt überschwemmte. Eine verblüffende Parallele dazu sehen wir in den Wanderwegen der Ratten, die die Schmarotzer und Giftträger unter den Tieren, wie es die Juden unter den Menschen sind. – Der Jude hat sich in seinem Äußeren stets an seine Gastvölker anzupassen verstanden. Nebeneinanderstellungen der gleichen Judentypen, zuerst als Ostjude mit Kaftan, Bart und Peies, und dann als glattrasierter osteuropäischer Jude, beweisen schlagend, mit welchen Mitteln er die arischen Völker getäuscht hat. Unter der Maske gewann er immer mehr Einfluß in arischen Kulturnationen und gelang zu immer höheren Stellungen. Aber sein inneres Wesen konnte er nicht wandeln“ (zitiert nach Hollstein 1983, 109). Zu der Diskussion, ob diese Metaphorisierung als Propaganda gelang und welchen psychologischen Effekt sie hatte vgl. Siegert (1972) und Fuhrhammar (1974). Eine andere ‚jüdische‘ Täuschung enttarnt Hitler in „Mein Kampf“, indem er das Bild des inneren Zusammenhalts einer Rattenschar dekonstruiert und einem „jüdischen Egoismus“ entgegensetzt: „Ähnlich verhält es sich beim Juden. Sein Aufopferungssinn ist nur ein scheinbarer. Er besteht nur so lange, als die Existenz jedes einzelnen dies unbedingt erforderlich macht. Sobald jedoch der gemeinsame Feind besiegt, die allen drohende Gefahr beseitigt, der Raub geborgen ist, hört die scheinbare Harmonie der Juden untereinander auf, und den ursächlich vorhandenen Anlagen wieder Platz zu geben. Der Jude ist nur einig, wenn eine gemeinsame Gefahr ihn dazu zwingt oder eine gemeinsame Beute lockt; fallen beide Gründe weg, so treten die Eigenschaften eines krassesten Egoismus in ihre Rechte, und aus dem einigen Volk wird im Handumdrehen eine sich blutig bekämpfende Rotte von Ratten“ (Hitler 1938, 330f.). Auch heute ist bei Neonazis die Rattenmetapher eine zentrale Tiermetapher zur Charakterisierung des politischen Gegners, nicht zuletzt bekräftigen sie hiermit ihre Traditionslinien (Pörksen
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Nicht zu verwechseln sind die Subscriptiones der Ratten mit denen der Mäuse, denen zum Teil positivere Attribute zugeschrieben werden.191 Aber auch die Maus wird seit der Antike durch den Schaden, den sie anrichtet, zum Sinnbild für Unmäßigkeit und Gier (Rowland 1973, 127).192 In judenfeindlichen Diskursfragmenten ist sie als source domain seltener als die Ratte vertreten, gleichwohl ebenfalls seit Mitte des 19. Jahrhundert in der Motivkategorie der Schädlinge zu finden. So ordnet Marr etwa die Maus, im Gegensatz zu den „goldenen Ratten“, als ein Symbol der kommunistischen und sozialistischen Arbeiterbewegung ein. Diese „rothen Mäuse“ (Marr 1880, 13) treten zwar vordergründig als sozialökonomische Kontrahenten zu den „goldenen Ratten“ auf, spielen sich hinter der Bühne jedoch gegenseitig die Karten zu. ‚Juden‘ stehen also gleichsam für das „Manchestertum“ wie für internationale soziale Bewegungen, vereint in dem Schaden, den sie dem „deutschen Volk“ beibringen (Marr 1880, 28).193 Vom Bildaufbau sind die Darstellungen von Mäusen und Ratten in „Der Stürmer“ ähnlich: In beiden fressen die antisemitisch verzeichneten Nager dem ‚Deutschen‘ etwas weg: Während jedoch die ‚Ratten‘ das „Volksvermögen“ fressen, gehen die ‚Mäuse‘ an das Brot und den Käse der Deutschen (Gold/Backhaus 1999, 366).194 Die Mäuseplagen wirken entsprechend milder, wenngleich in beiden Subscriptiones Handlungsrationalitäten wie Vertreibung und Mord artikuliert sind.
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2000, 186). Aber auch die konservative, skandalerprobte politische Rechte der Nachkriegsjahrzehnte kann von diesem Symbol nicht lassen (vgl. Kapitel 4.1). In einer Polemik gegen die RAF schreibt die Bildzeitung 1977: „Das ist wie mit Ratten — man muß ihre Nester kennen, um sie auszurotten” (zitiert nach Balz 2008, 245). Auch im Anschluss an die Mescalero-Affäre werden die Sympatisant_innen als „kleine Nagetiere“ tituliert und mit den Kennzeichen vom Heimlichen, Versteckten und Verschlagenen umschrieben, die eine heimliche Freude am Blutvergießen besäßen (Balz 2008, 105). Das kohärente Bild wird jedoch vielfach aufgebrochen: In Fabeln ist die Maus etwa als das kleine, trickreiche Tier porträtiert, das ein viel stärkeres und blutrünstiges Tier mit List besiegt (Rader 2002, 389). Auch in heutiger Literatur und bewegten Bild finden sich solche Mausgestalten, wie z.B. Mickey Mouse oder Speedy Gonzales (Schenda 1995, 219ff.). Als Identifikationsfigur erlangt sie in der Graphic Novel „Maus“ von Art Spiegelman als Repräsentantin ‚der Juden‘ eine ganz neue Bedeutung (Sax 2000). Ihre außerordentliche Fruchtbarkeit und ihr kurzer Reproduktionszyklus ließen die Maus zudem zu einem Symbol der sexuellen Begierde avancieren (Dittrich 2005, 299). Von Mitte des 15. Jahrhunderts an steht sie als Symbol der Häresie und des Teufels in den überlieferten Quellen (ebd., 298). Ende des 17. Jahrhunderts versinnbildlicht sie Tod und Zerstörung (ebd., 299). Dieses antisemitische Deutungsmuster, nach dem ‚Juden‘ gleichsam für den Kapitalismus wie für den Kommunismus verantwortlich seien, ist trotz seiner Widersinnigkeit weit verbreitet (Daxner 2007, 160-163). Eine Karikatur in „Der Stürmer“ (5.1931, Nr. 22, 1) nimmt auch das Bild des Brotes bei antisemitischen Rattensymbolen auf. Brot als Objekt der Begierde von Ratten bildet jedoch die Ausnahme.
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Reptilien Von den Symbolen aus der Kategorie der Reptilien haben die Schlange und die Kröte als prominenteste Vertreter eine vielschichtige initiale Kodifizierung durch das Alte und Neue Testament erhalten. Beide transportieren den Aspekt des plagenhaften Auftretens. Andere Reptiliensymbole in judenfeindlichen Texten, wie das Krokodil und das Chamäleon, symbolisieren immer nur einen Aspekt und zeichnen sich weder durch massenhaftes Auftreten aus, noch verfügen sie über komplexe Subscriptiones.195 Die Zuschreibungen an die Schlange sind mannigfach und verfügen über eine komplexe Genese: Seit dem biblischen Sündenfall mit anschließender Vertreibung aus dem Paradies ist die Schlange erstens Sinnbild des Bösen und Sündhaften (1. Mos 3). Dies kann in antisemitischen Diskursfragmenten in die Richtung der instrumentellen, intriganten Vernunft ebenso gewendet, wie als sexuelle, teuflische Verführung konkretisiert sein (Rigotti 1994, 152; Dittrich 2005, 445).196 Zweitens sind ihr giftiger Biss, ihre scheue Natur und ihr Nest in verborgenen Höhlen tertia comparationis in judenfeindlichen Fragmenten.197 Ihr Gift symbolisiert dabei oftmals Neid, Zorn, Falschheit oder Zwietracht (Dittrich 2005, 446).198 195
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Das Chamäleon symbolisiert eine nur vermeintlich gelingende Anpassung eines assimilierten ‚Juden‘ an die nicht-jüdische Umgebungskultur (Der Stürmer, 4.1935, Nr. 22, 5; Hiemer 1940, 26-34). Das Krokodil verkörpert als Symbol den Charakter des gnadenlosen Raubtiers, während es vordergründig „Krokodilstränen“ vergieße (Der Stürmer, 10.1944, Nr. 38, 6). Natürlich existieren auch ambivalente Zuschreibungen an die Schlange, wie beispielsweise im Symbol des Äskulapstabs, in dem das antike Symbol der Schlange für die Heilkunde überdauerte (Gerabek 2004, 15). In der christlichen Ikonografie ist die Schlange außerdem ein Symbol für Jesus am Kreuz, der als Erlöser die Sünde und Versuchung überwunden hat (Dittrich 2005, 445). Zwischen Anfang des 16. und Ende des 17. Jahrhunderts wird die Schlange zum Symbol der Fruchtbarkeit, und ihre Bewegungsart wird mit Laszivität in Verbindung gebracht (ebd., 446). Außerdem lebt sie am Boden, was der christlichen Symbolik zufolge als eine Verhaftung mit der Hölle indiziert ist (ebd., 445). Dieses Ursprungsbild wird in einer mittelalterlichen Erklärung zum Genesis-Text dadurch erweitert, dass der Schlange zugeschrieben wird, sie habe den Tod in die Welt gebracht (Schenda 1995, 308). Diese Natur des Tieres wird gleichsam in religiösen Texten Grundlage von Zuschreibungen. An mehreren Stellen wird im Alten Testament mit dem Biss der Schlange gedroht, dem Maximum an Gefährlichkeit (5. Mos. 32,24; Hiob 20,16; Pred. 10,8; zitiert nach Schenda 1995, 308). ‚Juden‘, die sich einer Konvertierung verweigern, werden als „Heuchler“ (Mt 23, 13-27), als „Schlangenbrut“ (Mt 3,7) bzw. als „Nattern und Schlangenbrut“ (Mt 23, 33) diffamiert und außerdem mit der Anschuldigung des „Prophetenmörders“ (Mt 23,31) konfrontiert. Samuel Friedrich Brentz verwendet 1614 die Metapher der Blindschleiche, um die Verweigerung des „Judentums“ gegenüber einer Konvertierung zu versinnbildlichen (Brentz 1614; zitiert nach Hortzitz 1999, 22). Aber auch Dühring greift dieses Motiv noch im 19. Jahrhundert auf: „aus der Katzenart“ sei wie aus ‚Juden‘ „die Falschheit nicht wegzuzüchten, und die Schlangennatur [bleibe] sich immer gleich“ (Dühring 1886, 381; zitiert nach Mogge 1977, 115).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Drittens, und das ist das zentrale Motiv im 19. Jahrhundert, wird in den Subscriptiones der Topos des ‚jüdischen Masterminds‘ visualisiert. Nur eine christliche „Duldsamkeit und Wohltätigkeit“ habe dazu geführt, dass sich die listigen ‚Schlangen‘ einnisten konnten und nun ihr Gift in „unserem Mutterland“ (HundtRadowsky 1822, 172; zitiert nach Hortzitz 1988, 179) lassen.199 Das Gift wird als Falschheit und Verdorbenheit entschlüsselt, was dem ‚Wirtsvolk‘200 schade. Dieses Motiv nimmt der NSDAP-Politiker Alfred Rosenberg auf: „Diese Verräter, diese größten Bösewichter verraten unser Vaterland, unsere Kraft an die Türken; und wir dulden sie, wir nähren sie! Das heißt das Feuer in unserer Brust schüren, sie Schlange am Busen wärmen“ (Rosenberg 1939, 134).201 Bereits hundert Jahre zuvor hatte der deutsche Schriftsteller Carl Streckfuss gegen das hinterlistige ‚Einnisten‘ im politischen und sozialen Leben argumentiert: „Wer nun Lust hat solche giftigen Schlangen und junge Teufel (…) zu beherbergen (…), der lasse ihm diese Jüden“ (Streckfuss 1833, 22; zitiert nach Hortzitz 1988, 179). Während sich Streckfuss gegen eine damals anvisierte politische Gleichstellung von ‚Juden‘ einsetzte, sieht ein halbes Jahrhundert später der deutsche Philosoph Karl Eugen Dühring die „umschlingende und umschlängelnde Kraft“ (Dühring 1886, 15; zitiert nach Mogge 1977, 115) sowie ihr „Umringeln der Völker sowie (…) Einringeln in sie“ (Dühring 1930, 127 und 133; zitiert nach Mogge 1977, 115) bereits als realisiert an. In seinem Rassenantisemitismus wählt er dieses Symbol zur Veranschaulichung der ‚jüdischen‘ Weltverschwörung, die er auf den odium generis zurückführt, dem lang tradierten Motiv eines ewig währenden ‚jüdischen‘ Hasses. Dieser ist Teil einer natürlichen Eigenart des ‚Juden‘, die Dühring in seiner Konzeption eines rassistischen, wissenschaftlichen Antisemitismus zu fundieren gedenkt. Seiner Deutung liegt eine so grundsätzliche Grenzziehung zugrunde, dass für ihn nur eine internationale ‚Lösung der Judenfrage‘ möglich erscheint (Jakubowski 1995). Dieses Symbol der ‚umschlingenden Kraft‘ motivierte auch den Verlag Sleipner, für Theodor Fritschs „Handbuch der Judenfrage“ die Schlange als Motiv der ‚jüdischen Weltverschwörung‘ auf den Buchdeckel zu drucken: Auf die-
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Hundt-Radowsky ist bekannt für sein düsteres Bildrepertoire mit Katachesen-Mäandern und Bildbrüchen (Bergmann/Erb 1989, 200). Seine eo ipso transversalen Bilder werden in der Rezeption oftmals korrigiert, wie das hier zitierte später durch Alfred Rosenberg. In der Lingua Tertii Imperii wird die deutsche Nation zum ‚Wirtsvolk‘, dem sich ‚Juden‘ zwar in der Sprache anpassen könnten, aber diesem immer fremd bleiben müssten (Wache 1936, 29f.). Dieses Bild des „An-der-Brust-Wärmens“ geht auf eine Fabel zurück, in der ein Bauer eine frierende Schlange an seine Brust nahm, um diese zu wärmen. Statt jedoch Dankbarkeit zu zeigen, biss sie ihn, nachdem sie sich erwärmt hatte (Schenda 1995, 309).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
sem umschlingt eine Schlange einen Globus und nimmt damit symbolisch die Welt in den Würgegriff (Gold/Backhaus 1999, 31).202 Auch in „Der Stürmer“ symbolisiert das Gift der Schlange eine innere und äußere Bedrohung, die sich in ökonomischer 203 und politischer Sphäre204 entfalten kann. Die Verbfelder modifizieren sich über die Jahrhunderte in judenfeindlichen Subscriptiones nur geringfügig, sie bleiben jedoch vielfältig und reichen von „umschlingen“, „erschleichen“ (der Macht)205 über „täuschen“ (Rohrmann 2007,
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Die Schlange als Tiersymbol für die ‚jüdische‘ Beherrschung der Welt bemüht auch Hitler, als er die „internationale Schlange“ (Hitler 1938, 751) als Symbol für ein bedrohliches Potential des Judentums in Gestalt des Bolschewismus heranzieht. Diese benennt selbiger auch als „marxistische Schlange“ (1938, 751 und 771) sowie eine „langsam verderbende [jüdische, M.U.] Presse“ als „journalistische Kreuzotter“ (Hitler 1938, 266). Die ökonomische Dimension wird als Konkurrenzverhältnis zwischen jüdischen und nichtjüdischen Händlern aufgemacht. Oftmals ist dieses als „Mauscheln“ im Kontext eines unmoralischen ‚jüdischen‘ Geschäftssinns versinnbildlicht. In einer Karikatur in „Der Stürmer“ wird der ‚jüdische Geschäftssinn‘ mit dem alttestamentlichen Sündenfall symbolisiert: „Versuchung/Fall nicht mehr auf das Mauscheln rein/Kauf nur im deutschen Lande ein“ (Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 7). Während also die ‚jüdische‘ Schlange damit als nicht-deutsch identifiziert wird, steht für die deutsche Käuferschaft eine blonde, hell und reinlich gekleidete Frau, die der ‚Versuchung‘ widersteht (Abb. 11). Die Wortfamilie Mauscheln befindet sich seit dem 18. Jahrhundert in Lexika und wird bereits dort als pejorative Etikettierung für ‚Juden‘ ausgewiesen (Altmann 2002, 10f.). Zumeist bezeichnet Mauscheln eine Charakteristik, wie ‚Juden‘ Deutsch sprechen würden. Diese sprachliche Markierung entstand vor dem Hintergrund der jüdischen Akkulturation, in der sich eine äußere Erkennbarkeit von Juden und Jüdinnen auflöste. Es handelt sich bei dem Begriff Mauscheln also um ein Differenzwort, das eine innere Andersartigkeit ‚des Juden‘ visioniert, wobei es sich bei den target domains sowohl um eine Bezeichnung für Teilaspekte der jüdischen Kultur als auch um antisemitische Vorstellungen einer Sprachbegabung handeln kann (ebd., 14). Dieses Motiv nimmt „Der Stürmer“ in einer Karikatur des Jahres 1933 auf, in der er das Kaufen in ‚jüdischen Geschäften‘ als Sündenfall analogisiert. Eine Frau wird hier mit Versprechungen wie „Kundenkredit“, „Spottbillig – Gelegenheitskauf 30% Rabatt“ und „halb geschenkt“ angelockt. Diese Geschäftspraktiken sind als ‚jüdisches Mauscheln‘ markiert und es wird zu einem Boykott ‚jüdischer‘ Waren aufgerufen (Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 7). Auch sei „jüdischer Wucher“ „wie der Biß einer Schlange. Der Nichtjude merkt ihn erst, wenn er schon verloren ist. (…) So war er ein Blutsauger und Schmarotzer eine Geißel für das brave schaffende Volk“ (Der Stürmer, 4.1934, Nr. 15, 1). Die Vergiftung im übertragenen Sinne als libertäre politische Ideen versinnbildlicht „Der Stürmer“ ebenfalls durch die Schlange: „Judenaufruhr; Jüdischer Generalstreik. Die Juden in Deutschland entlarven sich. Der Staat im Staat. Im Zeichen der Schlange“ (Der Stürmer, 6.1934, Nr. 26, 6). Das Motiv der Schlangenplage setzt „Der Stürmer“ in einer Karikatur der „Schlangenbrut“ (Der Stürmer, 11, 1934, Nr. 40, 6) um. Diese „Brut“ besteht aus antisemitisch verzeichneten Männern in Anzügen. Diese offensichtlich assimilierten und wohl situierten Männer werden durch die Beschriftung „Alljuda“ zu einem „kollektiven Juden“, der zwar einzeln auftritt, jedoch einer höheren Einheit verpflichtet ist und entsprechend agiert. Vor allem Dühring verwendet das Wort „schleichen“, um die hinterhältige, bedrohliche und heimtückische „im Dunkeln schleichende Judenmacht“ (Dühring 1930, 135; zitiert nach Mogge
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
210) bis hin zu „stechen“.206 In fast allen Symbolisierungen wird in den Subscriptiones ein Wunsch nach Vernichtung expliziert. Diskursive Akteure, die auf unterschiedliche Art einen vehementen Antisemitismus verfechten, wie HundtRadowski, Dühring, Treitschke, Hitler und Rosenberg, plausibilisieren neben Ausgrenzung eine Vernichtung als Selbstschutz.207 Der Frosch besitzt in der abendländischen Kultur ebenfalls eine ausgeprägte Bildtradition: Bereits in den Ägyptischen Plagen symbolisiert er eine der Naturkatastrophe und steht daher in der Masse für Bedrohung und einen kurzen Reproduktionszyklus. Im Neuen Testament wird er zum Symbol der sündhaften Versuchung, da er seinen Ursprung unter der Erde findet, und in der Predigtliteratur besitzt der Frosch eine Affinität zum Teufel. Vom 15. Jahrhundert an wird das Quaken der Frösche für die falsche Rede und ‚Untreue‘ der Häretiker eingesetzt (Dittrich 2005, 160).208 Diese Zuschreibungen an den Frosch, das falsche Reden, das Boshafte, Triebhafte, der Dreck und die Plage, motivieren in antijüdischen und antisemitischen Diskursfragmenten auch eine Symbolisierung von ‚Juden‘ als ‚Frösche‘. In den antisemitischen Karikatur des 19. und 20. Jahrhunderts dominieren dabei zwei Stereotype: Erstens wird die ‚Judenpresse‘ durch die Symbolisierung als Gift spuckender Frosch als lügnerisch und hetzend verunglimpft. Die Redakteur_innen agierten im Dunkeln, könnten keine Quellen angeben und würden falsche Meldungen liefern (Der Stürmer, 2.1937, Nr. 5, 6). 209 Zweitens wird der
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1977, 117) zu versinnbildlichen. Es handele sich um „Schleichwesen, um nicht zu sagen Schleichthiere“, welche „noch schädlichere und gefährlichere Gebilde als die vorwaltend räuberischen“ (Dühring 1930, 136; zitiert nach Mogge 1977, 116) seien. Der Charakter von Juden wird weiter als „aalartige Schlüpfrigkeit“ (Dühring 1886, 118; zitiert nach Mogge 1977, 115) bebildert. Luther benennt den Biss der Schlange als Stechen: „Wie es unmöglich ist, daß die Aglaster ihr Hüpfen und Hetzen läßt, die Schlange ihr Stechen: so wenig läßt der Jüde von seinen Sinn, Christen umzubringen und zu morden, wo er nur kann“ (Luther 1926, 375; zitiert nach Fritsch 1892, 34). Als ultimativer Kampf gegen das Böse wird der Kampf gegen die Schlange als pars pro toto von „Der Stürmer“ in einer Karikatur umgesetzt: Er ist in einem Kampf zwischen einem muskulösen Mann und einer Schlange visualisiert, der mit einem antisemitischen Traktat untertitelt ist: „Die Schlange/Wer traut der Schlange, die mit ihrem Gift/Und schnellen Biß den Stärkeren tödlich trifft?/Wir nicht! Und wenn sie windend auf dem Bauche liegt,/In Farben herrlich schillernd vor uns kriecht,/Wir sind einmal von solchem Biß genesen, Und wir vergessen nie, was einst gewesen“ (Der Stürmer, 10.1942, Nr. 40, 1; ähnlich: Der Stürmer 9.1944, Nr. 37, 1). Im 15. und 17. Jahrhundert wird er zudem in der Christlichen Emblematik zum Symbol für die Wiedergeburt (Dittrich 2005, 160). Ebenso „Der Stürmer“, 5.1937, Nr. 19, 3; verwandt ist auch die Subscriptiones der „Journalienkröte“. Als Denotationshilfe fungiert in einer Karikatur, in der ein Wetterfrosch in einem Glas auf einem Treppchen hockt, der Bilduntertitel: „Journalienkröte. Je mehr sie unkt, umso schöner wird das Wetter für uns“ (Der Stürmer, 5.1938, Nr. 18, 6). Konnotiert wird, dass eine Berichter-
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Spinnentiere
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‚Finanzkapitalismus‘ zur target domain der Krötensymbolisierung:210 Der finanzmächtige ‚Jude‘ ist als Kröte visualisiert. In einer Karikatur in „Der Stürmer“ sitzt beispielsweise eine antisemitisch verzeichnete, aufgeblähte Kröte211 zwischen Geldsäcken, die Dollarzeichen und das Pfundsymbol zieren (Abb. 12). Als Denotationshilfe wirkt der Bilduntertitel: „Die Brutstätte / Wo der Jude sitzt im Geld, Bringt er Unglück in die Welt. Immer noch hat Judas Macht / Unheil in die Welt gebracht“ (Der Stürmer, 10.1943, Nr. 38, 8). Das internationale Finanzwesen sei also die Brutstätte der ‚Juden‘, durch die sie ihre Weltverschwörung realisierten.
Die Spinnenordnung umfasst etwa 30.000 Arten, wovon nur wenige in den europäischen Gefilden für den Menschen gefährlich sind. In der Romantik bevölkern Spinnen zuhauf die Werke der phantastischen Literatur und legen die initiale Kodifizierung für die Phantasien des tödlichen Gifts, des Auflauerns in den Subscriptiones. Durch die Jagdmethode der Spinne, das Fangen mit Netz, das Lähmen des Opfers und das anschließende Verspeisen bei lebendigem Leibe, wird die Spinne zum Symbol des Bösen (Dittrich 2005, 503; Schenda 1995, 349). Ende des 19. Jahrhunderts steht die Spinne zudem als Sinnbild für Neid, Zank, Hinterlist und Tücke. Menschen gelten als „giftig wie eine Spinne“, psychisch Kranke als „Spinner“ und Träume als „Hirngespinste“ (Schenda 1995, 347).212 In antisemitischen Fragmenten im 19. und 20. Jahrhundert rücken die klassischen Stereotype der ‚jüdischen‘ Verschlagenheit und List in den Vordergrund. In christlichen Zeitungen Anfang des 20. Jahrhunderts wird sowohl den säkularisierten als auch den orthodoxen ‚Juden‘ vorgeworfen, sie würden die nichtjüdische Zivilisation zerstören: „Wie eine Riesenspinne hat sich das Volk Israels über die ganze Welt gelagert und greift den anderen Nationen ans Lebensmark“ (Das Neue Reich 1925, 623; zitiert nach Altmann 1972, 219). Auch Hitler versinnbildlicht in seinen antisemitischen Polemiken ‚Juden‘ als Spinne, die „begann dem Volk langsam das Blut aus den Poren zu saugen“ (Hitler 1930, 331;
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stattung wider die Parteilinie nur ein Unken sei und es der Presse nicht möglich sei, die antisemitische Bewegung zu stoppen. Kröten bilden zwar eine Unterart der Ordnung der Frösche, werden aber in antisemitischen Karikaturen oftmals mit den gleichen Zuschreibungen eingesetzt. In einer Fabel wird die Geschichte eines kleinen Frosches erzählt, der sich so lange aufbläht bis er platzt, da er nichts anderes beherrscht, als in der Größe zuzunehmen (Schenda 1995, 103). Diese diskursive Verknüpfung mag hier die source domain der Kröte motiviert haben. Die Spinne existiert auch bereits in frühneuzeitlichen Symbolisierungen in judenfeindlichen Diskursfragmenten aus dem 15. Jahrhundert, in denen ‚Juden‘ als „lauernde Spinnen, die darauf warten, unbedarfte Nichtjuden einzufangen und auszusaugen“, symbolisiert sind (Hortzitz 1999, 23).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
zitiert nach Jäckel 1969, 75). Sachlich ist diese Symbolisierung zwar nicht korrekt, denn Spinnen nutzen nicht die Poren, um den Körpern ihrer Opfer das Blut auszusaugen. Hitler impliziert mit diesem Symbol jedoch, dass der ‚Körper des Volkes‘ Schwachstellen besitze, durch die er angreifbar sei: Diese präzisiert er als Liberalität gegenüber ‚Juden‘ und der Duldung dieses Anderen innerhalb ‚des Volkskörpers‘. Auch in grafischen Darstellungen, wie in einer Karikatur in „Der Stürmer“, wird eine internationale Bedrohung durch die „Weltspinne“ visualisiert, die eine „jüdische Weltunterjochung“ (Der Stürmer, 6.1936, Nr. 24, 8) darstelle.213 In anderen Karikaturen steht eine politische Einflussnahme auf „die deutsche Jugend“ im Vordergrund, deren liberale Haltung nur durch „Schmeicheltöne“ und „Heuchlerei“ zustande komme. In einer beigefügten Grafik ist eine Spinne durch Davidstern und antisemitisch verzeichnete Gesichtszüge als ‚jüdisch‘ markiert, während sie sich einer jungen, blonden Frau nähert, die pars pro toto für die deutsche Jugend steht (Abb. 13; Der Stürmer, 6.1935, Nr. 26, 3). Durch diese Metaphorisierung der Jugend als blonde Frau konnotiert die Karikatur außerdem das antisemitische Stereotyp der sexuellen Lüsternheit, und die Opferwerdung der Jugend wird untermalt. Die Verbfelder der ‚jüdischen‘ Spinne gruppieren sich um die Verben aussaugen, einnisten, umspinnen, hineinkriechen und auf der Lauer liegen. Eine Handlungsrationalitäten orientiert sich entsprechend daran, diese aggressive Kreatur auszusondern. Auch der Skorpion als weiteres Tier der Ordnung der Spinnentiere symbolisiert ‚Juden‘ in antijüdischen und antisemitischen Diskursfragmenten. Seit dem Alten Testament steht der Skorpion für Schläue, aber auch für Stechwütigkeit (Schenda 1995, 339f.). In den Apokryphen heißt es, dass Gott die Skorpione schickte, um die Menschen zu quälen (Off. 9, 2-12; zitiert nach Dittrich 2005, 492). Im 15. und 16. Jahrhundert wird der Skorpion zum Symbol des Bösen und zeitgleich in antijüdischen Fragmenten explizit zur Symbolisierung des „jüdischen Wuchers“ (Dittrich 2005, 492). Im 19. und 20. Jahrhundert symbolisiert 213
In einer abstrakteren Variante ist diese Vorstellung auch in dem nationalsozialistischen Propagandafilm „Der ewige Jude“ umgesetzt. In der 289. Einstellung werden die ‚jüdischen‘ Bankbeziehungen durch eine technische Inszenierung von Sved Nolden mit der Struktur eines Spinnennetzes abgebildet. Unweigerlich drängt sich der Eindruck auf, diese Bankbeziehungen würden ein Opfer einspinnen, das sich auf deutschem Gebiet befindet (Hornshöj-Möller 1995, 106). Auch die Geschäftsverbindungen zwischen ‚Juden‘ werden als ein solches ‚jüdisches Spinnennetz‘ veranschaulicht: „Und die Regierung unterstützt die Juden noch bei ihrer GeschäftsSpionage, indem sie sie mit den konsularen Vertretungen betraut! Welche unheimliche Rolle dieses jüdische Spinnennetz während und nach dem Weltkrieg gespielt hat, durch welche unglaublich frechen Machenschaften die Länder unterjocht und ausgebeutet werden, wolle man in der Schrift ‚Die Sünden der Grossfinanz‘ von Th. Fritschz nachlesen“ (Roderich-Stoltheim 1928, 151).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
der Skorpion in antisemitischen Diskursfragmenten Giftigkeit, Falschheit und List (Bergmann/Erb 1989, 207).
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Insekten Nachdem in der Antike im Besonderen unter den antiken Naturforschern vor allem Aristoteles an Insekten, deren Physiognomie, Entwicklungsphasen und Lebensräumen Interesse gezeigt hatte, erlangen die meisten Insekten in mittelalterlichen Diskursfragmenten sehr negative Zuschreibungen (Keen 1986, 121ff.). Wie eingangs bereits ausgeführt, ändert sich die Wahrnehmung der Natur sowie von Insekten im Rahmen der Modifizierung christlicher Glaubenskonzepte. Die Hinwendung zur Natur war nun durch eschatologische Annahmen geformt. Im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert symbolisierten bspw. für die erste Entomologin Maria Sibylla Merian die Metamorphosen der Insekten die Hoffnung auf religiöse Erfüllung (Trepp 2009, 210f.). Den Physikotheolog_innen ab der Mitte des 17. Jahrhunderts standen jedoch noch keine leistungsstarken Mikroskope zur Verfügung (Wellmann 2008, 284). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Forschungen des Insektologen Johann Moritz David Herold bereits in die mittlerweile eigenständige Wissenschaft über alles Lebendige einbezogen: die Biologie. Das wissenschaftliche Arbeiten mit dem Mikroskop ermöglichte nun neue Einblicke. Die Ergebnisse bedurften einer Entwicklung neuer Strategien zur Visualisierung, die für die langsame Ablösung mechanischer Weltbilder sorgten (ebd., 285). Durch die Erkenntnisse der Biologie entwickelten sich außerdem ein reichhaltiges Vokabular für organische Transformationsprozesse sowie bildliche Repräsentationen. Diese wissenschaftliche Entwicklung nahm starken Einfluss auf gesellschaftliche Diskurse, auf den Wortschatz ebenso wie auf die Vorstellungen sozialer und politischer Strukturen. Mit dem Entstehen der Humanwissenschaften erneuerten sich diverse Ordnungsvorstellungen. Als grundlegende Differenzsetzung etablierte sich die symbolische Spaltung zwischen Mensch und Tier (Agamben 2003, 39). Weiter befruchten die diskursiven Verknüpfungen in der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert aber auch die Deutsche Bewegung und Verständnis von einem Staat beziehungsweise einem ‚Volk‘, das nun als organisch gewachsen verstanden wurde. In Deutschland prägten Rassentheorien mit ihrer Klassifikation von Menschen erst im 19. Jahrhundert maßgeblich die Vorstellungen des eigenen Kollektivs, nun vor allem als ‚Volk‘ konzipiert, wie auch des Anderen (Geulen 2007, 60ff.).214 Durch das Darwin’sche Stufenmodell und Konzepte von Auslesung und Züchtung greift der Mensch nun als quasi Schöpfer in die Natur ein und entscheidet über hoch- und minderwertige Lebensformen 214
Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Anthropologie und Rassenlehre ist die „Internationale Gesellschaft für Rassenhygiene“ von Alfred Ploetz (Sontag 2003, 69).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
(Jansen 2003, 188f.; Paul 2003, 144). Mit diesen neuen Ordnungsvorstellungen und Identitätsentwürfen veränderten sich auch die Exklusionsdiskurse: Das Bildrepertoire wird durch diverse source domains wie ‚Ungeziefer‘, ‚Schmarotzer‘ und ‚Schädlinge‘ ergänzt, also kleine Tiere, die der Mensch für lästig erklärt, die ihm, dem Wald oder der Ernte gefährlich seien und die es unschädlich zu machen gelte. Was als ‚Ungeziefer‘ und ‚Schädling‘ klassifiziert wird, hängt von den gesellschaftlichen Wertvorstellungen ab, es kann sich um Tiere, um ‚Schmarotzerpflanzen‘ aber auch um Pilze handeln (LexBio 1986, 265). Mit Beginn des Ersten Weltkrieges erneuert sich der diskursive Rahmen dieser ‚Ungeziefer‘-Symbolik und ermöglicht eine ganz neue diskursive sowie nicht-diskursive Kopplung: Mit dem deutschen Feldzug in den ‚Osten‘ wird dieser ‚neue Lebensraum‘ als Hort von Schmutz und Dreck identifiziert, den die Mediziner und Entomologen als „gigantisches Entlausungslaboratorium“ (Jansen 2003, 193) entdecken. Im wörtlichen und im übertragenen Sinne sehen sie es als ihre Aufgabe an, diesen Raum vor einer deutschen ‚Nutzung‘ zu reinigen. Opfer dieser ‚Reinigungen‘ ist vor allem die arme jüdische Bevölkerung. Vor allem ‚Ostjuden‘, die bereits seit 1880 als unvereinbar mit bürgerlichen Hygienestandards betrachtet werden, sind nun von öffentlichen Degradierungen betroffen (Jansen 2003, 80). Bestanden die Hygienemaßnahmen Ende des 19. Jahrhunderts noch aus Belehrungen und Reglementierungen, werden nun Hygieneprogramme für weite Teile der Bevölkerung in Osteuropa als machtstrategische Besetzungen des eroberten Raums implementiert (Jansen 2003, 257ff.). Im Besonderen gilt hier die Aufmerksamkeit der armen Bevölkerung: Der Kontakt deutscher Truppen mit Infektionskrankheiten in Ost- und Südosteuropa führt diskursiv dazu, dass Erreger selbst nationalisiert wurden. Die Erreger des Fleckfiebers zum Beispiel wurden als polnisch oder russisch kategorisiert. Als Infektionsherde wurden marginalisierte Gruppen in den jeweiligen Gesellschaften ausgemacht. Hier handelte es sich vor allem um jüdische Gemeinden, aber auch um Viertel mit hohem Bevölkerungsanteil von Roma und Prostituierten. Die Gesundheitspolitik trifft auch jene im übertragenen Sinne als ‚schmutzig‘ ausgemachten Räume wie Chederschulen und Bethäuser (Jansen 2003, 254; Mogge 1977, 114; Schäfer 2004, 139f.). Die Hygienemaßnahmen wurden mit der Sorge um die Minderung der militärischen Effizienz (Schäfer 2004, 140) und des ‚Volkskörpers‘ (Pörksen 2000, 181) begründet. Mit den Rassegesetzen erweitert sich die Biopolitik im Inland und findet ihren Niederschlag in den intrakonfessionellen Heiratsverboten, die unter anderem mit der stärkeren Anfälligkeit für Geisteskrankheiten innerhalb der ‚jüdischen‘ Bevölkerung begründet wurden (Hödl 2002, 220). Innerhalb dieses neuen Hygienedispositivs (Jansen 2003, 250ff.) verändern nicht-diskursive Praktiken nachhaltig die soziale Ordnung: Insektizide im Ersten Weltkrieg kommen nicht nur gegen die eigentlichen Schädlinge in den Armeeun-
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
terkünften und in der Kleidung der Soldaten zum Einsatz, sondern von 1917 an auch in einer Modifikation als chemische Kampfmittel, als Giftgas, gegen den Feind auf dem Schlachtfeld. Dieser Einsatz gegen menschliche ‚Schädlinge‘ war erst durch eine Kooperation von Entomologen, Physikologen, Chemikern und Toxikologen ermöglicht worden (Jansen 2003, 257; LexBio 2003/12, 232). Neben den rein wissenschaftlichen Erkenntnissen bedurfte es jedoch auch der entsprechenden Ordnungsvorstellung, Konzepten von Hygiene, der Befugnis des Eingreifens in die Natur, der Konzeption eines schützenswerten eigenen Organismus sowie experimenteller, mathematischer und administrativer Praktiken der Erfassung der Bevölkerung und hierauf fußenden sprachlichen Entwicklungen (Jansen 2003, 376). Dieser neue Hygienedispositiv verändert das Bildrepertoire des Antisemitismus grundlegend. Dies lässt sich beispielsweise an Grattenauer nachvollziehen, der Anfang des 19. Jahrhunderts ein Motiv verwendet, das weite Verbreitung finden sollte: Wo ein Aas liegt, sammeln sich die Adler, und wo Fäulnis ist, hecken die Insekten und Würmer; lasst die Fäulnis vertilgen, und das giftige Gewürm muß sterben; thuet das bei Zeiten, sonst werden die Geier euch auffressen und die Insekten eure Nachkommen tödten (Grattenauer 1803, 5f.; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 205 sowie zitiert nach Hortzitz 1988, 180).215 Mit dem Wurm wurde ein Sinnbild von Missständen in der Gesellschaft entworfen: Der Staat als organische Einheit hatte zu faulen begonnen, er war krank und bot so eine Angriffsfläche für Gewürm. In dieser antisemitischen Agitation wurde Nicht-Juden eine gewisse Verantwortlichkeit für den Missstand, sprich: die Fäulnis, zugeschrieben, da Emanzipation und rechtliche Gleichstellung von ‚Juden‘ geduldet worden waren. Auch Richard Wagner schreibt ‚Juden‘, metaphorisiert als Würmer, einen schädlichen Einfluss auf das kulturelle Leben zu.216 So
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Auch Marr symbolisiert Missstände in ähnlicher Weise als Fäulnis: In Universitäten, Banken, Kommissariaten und Ministerien entdeckt Marr durch ‚Juden‘ indizierte Probleme, die er mit dem Schlusssatz quittiert: „Wo Fäulnis ist, stecken Insekten und Würmer“ (Marr 1879b, 26). Diese Unreinheit wird in antisemitischen Fragmenten auch in „geistigem und sittlichem Unrat“ (Schreiber 1927, 96) konkretisiert. Für dieses gilt: „Rottet es aus, das Nichtswürdige, damit Raum werde für das Edle und Echte“ (Schreiber 1927, 123). In den Subscriptiones der Fäulnis Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wird jeglicher Liberalismus diskreditiert und für einen anvisierten Untergang des nicht-jüdischen Volkes verantwortlich gemacht. Dem Wurm wird eine ungewünschte Infiltration zugeschrieben: „So lange die musikalische Tonkunst ein wirklich organisches Lebensbedürfnis in sich hatte (…), fand sich nirgends ein jüdischer Komponist: unmöglich konnte ein diesem Lebensorganismus gänzlich fremdes Element an den Bildungen dieses Lebens teilnehmen. Erst wenn der innere Tod des Körpers offenbar ist, gewinnen die außerhalb liegenden Elemente die Kraft, sich seiner zu bemächtigen, aber nur um
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
wird die Made oder der Wurm zuallererst als Kreatur ausgemacht, die einen angeschlagenen ‚Volkskörper‘ zersetzt. Dies manifestiert sich im Nationalsozialismus. Hitler zieht etwa die Made als Symbol heran, um eine antisemitische Kulturkritik zu formulieren: „So wie man nur vorsichtig in eine solche Geschwulst hineinschnitt, fand man, wie die Made im faulenden Leibe, oft ganz geblendet vom plötzlichen Lichte, ein Jüdlein“ (Hitler 1938, 61). Und Ernst Hiemer vergleicht in seinem antisemitischen Kinderbuch ‚Juden‘ mit Bandwürmern, die ihr „Gastvolk ins Verderben“ (Hiemer 1940, 81) stürzten und derer man sich entledigen müsse, um „wieder gesund und stark [zu] werden. Dann hilft nur eines: ihre Ausrottung!“ (ebd., 83).217 Ähnlich formuliert „Der Stürmer“ die Handlungsrationalität bei einer Karikatur einer die Welt umringelnden Raupe, die als parasitär, unersättlich und ‚jüdisch‘ identifiziert und mit ‚Ungeziefer‘ übertitelt wird: „Wir müssen und wir werden siegen“ (Abb. 14; Der Stürmer, 9.1944, Nr. 39, 1). Als weiteres Insekt findet sich in nationalsozialistischen Pejorationen häufig der Blutegel,218 dessen Fähigkeit des Blutsaugens zum tertium comparationis wird. Hitler verwendet den Blutegel zur Visualisierung der Geschichte des Judentums, das durch „widerliche Schmeichelei“ an eine Art „Freibrief zu neuer Ausplünderung seiner Opfer“ gekommen sei, weshalb „die Wut des [nichtjüdischen] Volkes gegen den ewigen Blutegel lichterloh“ (Hitler 1938, 340) brenne.219 Die populärste Metaphorisierung von ‚Juden‘ als Fremdkörper im deutschen ‚Volkskörper‘ erscheint im Jahr 1907 als Karikatur von Läusen im Haar der ‚Germania‘. In dieser Karikatur steht der Körper der Germania stellvertretend für das nicht-jüdische Volk, das von antisemitisch verzeichneten ‚jüdischen‘ Läusen besudelt wird (Abb. 15; zitiert nach Gold/Backhaus 1999, 56). Wie Pejorationen als Läuse Vernichtungsimplikationen plausibilisieren, zeigt ein Fragment von Heinrich Himmler von 1943: Mit dem Antisemitismus ist es genauso wie mit der Entlausung. Es ist keine Weltanschauungsfrage, daß man die Läuse entfernt. Das ist eine Reinlichkeitsangelegenheit. Genauso ist der Antisemitismus für uns keine Weltan-
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ihn zu zersetzen. Dann löst sich wohl das Fleisch dieses Körpers in wimmelnde Vielleibigkeit von Würmern auf“ (Wagner 1850, 62; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 203). Zu Symbolen des Wurms in antisemitischen Diskursfragmenten vgl. Bein (1965, 137), Bergmann/Erb (1989, 203-205) und Sterling (1956, 114). Dieses source domain findet sich nicht ausschließlich in nationalsozialistischen Diskursfragmenten. Auch Bakunin sah die jüdische Welt als „eine ausbeuterische Sekte, ein Blutegel-Volk, einen einzigen fressenden Parasiten“ (Bakunin 1871; zitiert nach Bein 1965, 125), der gleichzeitig mit den Rothschilds und mit Marx kooperiere. Auch „Der Stürmer“ visualisiert die nicht-jüdische Bevölkerung als von Blutegeln ausgesaugt (Der Stürmer, 2.1932, Nr. 7, 8).
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
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schauung gewesen, sondern eine Reinlichkeitsangelegenheit (Himmler 1974, 200f.; zitiert nach Mogge 1977, 125). Innerhalb dieser Hygienenarration wird die target domain innerhalb des Diskursfragments nicht mehr als ‚Juden‘ expliziert.220 Auch der Parasit ist ein populäres Symbol des Antisemitismus, mit dem ‚Juden‘ als fremd und nutznießerisch, ausbeuterisch und unproduktiv porträtiert werden (Bölich 1965, 188; Hitler 1938, 165; Hortzitz 1988, 183; Rohling 1871, 65).221 Wurde im Mittelalter und der frühen Neuzeit das Wort „parasitär“ eher als Analogie verwendet, findet gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine absolute Identifikation von Parasit und ‚Jude‘ statt (Bein 1965, 129). In der historischen Epoche der Moderne wird der einstmals mittellose Parasit zum machtvollen Akteur, der nur schwer abzuschütteln ist (Bein 1965, 125). In antisemitischen Diskursfragmenten werden ‚Juden‘ sowohl im Handel (Bein 1965, 128; Demandt 1978, 112; Fritsch 1935, 68; Fritsch 1935, 119), in der abstrakten Ökonomie (Bergmann/Erb 1989, 198; Enzensberger 2001, 213ff.) sowie in kulturellen und intellektuellen Kontexten (Schäfer 1962, 65) zu Parasiten. Durch die Verwebung einer neuen Verwertungslogik des Kapitalismus mit biologistischen Zuschreibungen des produktiven Arbeitens als lebenswerte Existenz diskreditiert die Zuweisung der Unproduktivität den Parasiten Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend, der sich nun das „Blut der Wirtsvölker“ (Paumgartten 1924, 50; vgl. Rigotti 1994, 155) aneignet. Im Kontext des rassistischen Antisemitismus wird dem ‚Parasitenvolk‘ eine biologische Andersartigkeit attestiert, durch die es zu einem ‚Verbrechertum‘ neigen würde (Hollstein 1983, 112; Hornshöj-Möller 1995, 225; Schickedanz 1927, 76). Kriminalität wird hier nicht qua Judikative sondern durch rassistische Zuschreibung ausgemacht Die Symbolik des ‚Parasiten‘ schlägt somit eine Klammer um unterschiedliche antisemitische Stereotypen: den „schmarotzenden Reichen“ und den zur ‚produktiven‘ Arbeit unfähigen Kriminellen sowie den zur Hygiene vermeintlich nicht befähigten ‚Ostjuden‘ (Benz 2001, 23). Wurden die Parasiten bis zur Lingua Tertii Imperii als Plage gehandelt, infizieren, verzehren, zersetzen und höhlen sie nun die ‚Wirtsvölker‘ aus, sie werden damit zur essentiellen Gefahr und nicht als momentane Bedrohung präsentiert (Bein 1965, 139). Der Begriff des ‚Schädlings‘ ist erst zwischen 1840 und 1880 entstanden und im Rahmen von Nutzungsstrategien in der Land- und Forstwirtschaft relevant geworden (Berning 1964, 202; Jansen 2003, 11). Dem Begriff des ‚Schädlings‘, 220
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Ähnliches findet sich bei Goebbels (Aly 1998, 374; Jäckel 1969, 114) und Hitler (1938, 185f.), die sich beide bei Treitschkes dunklen Metaphern bedienen (Schäfer 1962, 67). Enzensberger (2001) hat am Beispiel der Genese der Parasitenmetapher eindrücklich gezeigt, wie eine Metapher synchron für unterschiedliche target domains stehen, aber auch diachron in variierenden Epochen unterschiedliche Subscriptiones bereitstellen kann.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
‚Schmarotzers‘222 wie des ‚Ungeziefers‘223 ist entsprechend eine Unterscheidung in nützliche und schädliche Insekten eingeschrieben, deren Vernichtung avisiert ist (Jansen 2003, 12). In diesem Begriff sind vielschichtige diskursive und nichtdiskursive Veränderungen inkorporiert: Zu den oben explizierten diskursiven Formationen durch die Humanwissenschaften, die moderne Kriegsführung, Volks- und Hygiene-Kampagnen addieren sich noch die Industrialisierung, Migrationsbewegungen von Menschen wie Tieren und die zunehmende Urbanisierung (Jansen 2003, 13). Wichtige diskursive Verflechtungen dieses Symbols bestehen somit mit der Sozialhygiene, in deren Rahmen gute und schlechte, gesunde und kranke, reine und schmutzige Lebensformen katalogisiert werden.224 Im Rahmen dieser dichotomen Differenzsetzung entwickelt sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Auffassung von Gesundheit als Norm und Krankheit als Abweichung (Jansen 2003, 21). Als ‚Volksschädlinge‘ werden vor dieser Folie Personen begriffen, die nicht der Norm entsprechen, ebenso wie marginalisierte Gruppen wie Sinti oder ‚Juden‘, die der Vorstellung eines ‚biologischen Volkskörpers‘ entgegengesetzt werden. Die diskursiven und nicht-diskursiven Rahmen prägen mitnichten nur die Genese des ‚Schädlings‘, sondern auch für seine Bekämpfung sind zwei Faktoren ausschlaggebend: Erstens der Wissenstransfer zwischen naturgeschichtlicher Entomologie und technischer, experimenteller Physiologie sowie zweitens der Transfer zwischen militärischer Forschung und ihrer zivilen Nutzung, vor allem im Kontext des Ersten Weltkriegs (Jansen 2003, 14).225 Handlungsfeld und die Grenzziehung zwischen dem Eigenen und Fremden226 sind nunmehr durch biologische Konzepte geprägt: Die nicht-jüdischen Deut222
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Als Schmarotzer definiert Schreiber ‚Juden‘, wobei er dieses ‚Schmarotzen‘ auf der Tora basiert: „Diese seltsame Religion verweist also die Juden im Voraus auf die Laufbahn des Schmarotzers, des Wucherers, des Diebes, der sich ohne Mühe des fremden Eigentums bemächtigt. Und dementsprechend sind die Moral-Lehren des wunderlichen Volkes eingerichtet: sie lehren die Ausplünderung der nichtjüdischen Völker nicht nur als erlaubt, sondern als geboten: sie heiligen den Diebstahl“ (Schreiber 1927, 85). Die Zuschreibungen sind hier mit denen des ‚Schädlings‘ identisch. Unter völlig anderen diskursiven Kontexten sind bereits in der frühen Neuzeit ‚Juden‘ als „jüdisch ungezifer“ (Hortzitz 1988, 180) diffamiert worden. Dies bezeichnet Sarah Jansen als „nicht-reflexive Schattenseite des Aufklärungsdenkens“ (Jansen 2003, 13). Einen anderen Natur-Technik-Transfer besteht zwischen dem Nachweisen der Echolotsysteme der Fledermäuse und einer Übertragung dieses Wissens auf moderne Radartechnologien in der Waffenentwicklung (vgl. Pias 2007). Gemäß des Bildes vom Einfall von ‚Schädlingen‘ nehmen die Insekten etwas in ihren Besitz, was sie nicht selbst hervorgebracht haben. Im übertragenen Sinne leben entsprechend die ‚jüdischen Schädlinge‘ als Fremde im deutschen, organisch gewachsenen Volk (Berning 1964, 202). Hierdurch unterscheiden sich die Ungeziefersymbole gegenüber den Subscriptiones des Parasiten, der zwar untätig und unproduktiv, aber nicht fremd ist. Ebenso kommt die Boshaftigkeit und
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Die Einschränkung oder Vertilgung des Schlechten ist zwar kein sich von selbst vollziehendes Naturgesetz, aber ein Grundrecht des Guten. Ungeziefer und Schmarotzer werden in dem Maasse weniger geduldet, in welchem Reinlichkeit und Anstand wachsen (Dühring 1882, 353; zitiert nach Mogge 1977, 125).227
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schen werden als ein ‚Wirtsvolk‘ konzipiert, als eine organische Einheit, die von der ‚Fäulnis‘ gereinigt werden muss. Die Handlungsempfehlung ist bei dieser Kategorie entsprechend eindeutiger gestaltet und auf Elimination ausgerichtet (Berning 1964, 203; Hipt 1987, 49ff.; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 198; Hortzitz 1999, 24) – und dies bereits Ende des 19. Jahrhunderts:
Es überrascht daher nicht, dass die Wendung „Schädling am Volkskörper“ für eine abweichende Gesinnung in den eigenen Reihen in der Lingua Tertii Imperii geradezu inflationär auftritt (Berning 1964, 203). Auch Wortkomposita wie „Volksschädling“, „Reichsschädling“ und „Gemeinschaftsschädling“ werden für ‚Schieber‘ und ‚Wucherer‘, außerdem für Plünderer und Saboteure verwendet (Klemperer 1969, 261ff.). Indem ‚Juden‘ als ‚Schädlinge‘ visualisiert werden, können sie für die sozialen und ökonomischen Notlagen verantwortlich gemacht und diese vermeintlich durch ihre Elimination behoben werden (Altmann 1971, 192). Die Symbolisierungen von ‚Juden‘ als ‚Ungeziefer‘ sind dabei unauflösbar mit den wissenschaftlichen und politischen Möglichkeitsbedingungen verknüpft und nicht getrennt von den diskursiven Konstruktionen des ‚Volkskörpers‘ und des ‚Lebensraums‘ zu verstehen (Jansen 2003, 19). Alexander Bein hebt daher hervor, dass die Symbole und ihre Subscriptiones die ‚Lösung der Judenfrage‘ transportieren (Bein 1958 & 1965). 2.2.4
Bakterien, Bazillen und Viren
Der beschriebene Hygienedispositiv prägt nicht nur die Insekten- und ‚Ungeziefersymbole‘, sondern ebenfalls jene source domains aus dem Bereich der Medizin, die von Mitte des 19. Jahrhunderts an den kollektiven Bilderbestand bereichern. Diese Verschiebung des Bildrepertoires geht auf neu entstehende Wissensbestände zurück: Medizingeschichtlich revolutionierte Jakob Henle die
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Aggressivität in den Subscriptiones des Parasiten weniger zur Geltung (Enzensberger 2001, 241). Auch Anfang des 19. Jahrhunderts existieren bereits eliminatorische Wendungen amalgamiert mit den Verbfeldern wie „reinigen“ und „vertilgen“: „Am besten werde es jedoch sein, man reinigte das Land ganz von dem Ungeziefer, entweder sie ganz zu vertilgen oder sie wie Pharao, die Meiniger, Würzburger oder Frankfurter es gemacht haben, zum Lande hinauszujagen“ (HundtRadowsky 1819, 361; zitiert nach Bein 1958, 358).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Vorstellung darüber, wie sich Krankheiten und Seuchen übertragen. In seinen pathologischen Untersuchungen (1840) beschrieb er die Krankheitsüberträger als Kontagien, die wie ein parasitischer Organismus funktionieren sollten (Henle 1910; zitiert nach Enzensberger 2001, 142). Zwar ist diese Erkenntnis aus heutiger Sicht falsch und den damals noch schwachen Mikroskopen geschuldet, aber Henle lieferte die Basis dessen, was später unter dem Begriff der Bakterien als Überträger von Infektionen gefasst werden sollte (Enzensberger 2001, 155). Ende des 19. Jahrhunderts lieferten technische Errungenschaften wie verbesserte Lichtmikroskope und die daraus resultierenden Fortschritte in der Mikrobiologie, bzw. der Bakteriologie, wichtige Erkenntnisse für die Medizin. Die Krankheitsbekämpfung wurde Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts durch Louis Pasteur, Robert Koch und etliche weitere schließlich durch die Identifizierung und Beschreibung von Bakterien grundlegend verändert. Diese Wissensbestände des medizinischen Spezialdiskurses beeinflussten nicht nur die Krankheitsbekämpfung, sondern zeigten auch einen Einfluss auf das kollektive Bildrepertoire. Die soziale Ordnung, die bereits durch den Sozialdarwinismus um die dichotome Struktur von ‚Stark versus Schwach‘ ergänzt worden war, wurde nun darüber hinaus durch die Differenzsetzung von ‚gesund‘ und ‚lebenswert‘ zu ‚kranken‘ und damit ‚lebensunwerten‘ Existenzen (Paul 2003, 126) geprägt.228 Ebenso beeinflussten die biologischen und medizinischen Spezialdiskurse die Konzeption des ‚Volkes‘ als organische Substanz, als Körper. Jede Bedrohung, auch wenn sie auf geistige Werte zielt, wird spätestens bei den Nationalsizialisten als Angriff auf diesen ‚Leib‘ interpretiert, als „Krankheit(en) eines heimgesuchten Volkskörpers“ (Hitler 1937; zitiert nach Schäfer 1962, 73).229 Die Kontrahenten des ‚Volkskörpers‘ werden zumeist als in ihn eindringende Gifte, Bazillen, Viren oder pathogene Stoffe metaphorisiert, die seine Reinheit und Unversehrtheit beinträchtigen oder mindern (Pörksen 2000, 181): In der Lingua Tertii Imperii (LTI) wird der ‚Volkskörper‘ gefährdet, infiziert, vergiftet, verseucht, befallen und zersetzt (Schäfer 1962, 68ff.). In antisemitischen Diskursfragmenten häufen sich zudem gravierende Bildbrüche, die die diskursive Wirkung zu steigern vermögen.230 228
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Diese Differenzierung erwirkte alsbald einen Hiatus durch die Gemeinschaft menschlicher Wesen, für die nun galt, dass Krankheit oder Behinderung nicht mehr als eine Spielart der Natur verstanden wurde, sondern sich zum Todesurteil generieren konnte (Sontag 2003, 64). Die Lingua Tertii Imperii zeichnet sich durch erstaunliche Gleichförmigkeit aus, so Victor Klemperer (1969, 19f.). Der Wortschatz und Bildervorrat ist eintönig und beschränkt und wird auf die „einfachen Strukturen der zugrunde liegenden Denkschemata“ (Schäfer 1962, 73) zurückgeführt. Hitlers Rhetorik ist für solche Bildbrüche bekannt. Beispielsweise postulierte er: „und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis auf das rohe Fleisch“ (Hitler 1934; zitiert nach Schäfer 1962, 74). Paul wertet die Anleihen bei den religiösen antijüdischen Stereotypen als Aneignung und Neuin-
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
Ernst Hiemer, Schriftsteller und zwischen 1938 und 1942 „Hauptschriftleiter“ bei „Der Stürmer“, metaphorisiert ‚Juden‘ beispielsweise als Bazillen, die wie ein „Völkergift“ wirkten, indem sie das nicht-jüdische Blut mit Krankheitsstoffen vermischten. Dies geschehe vor allem durch eine sogenannte „Rassenmischung“, aber auch durch die Verbreitung „jüdischer Grundsätze“, wodurch „der jüdische Bazillus immer tiefer in die Volksseele eindringt“ (Hiemer 1940, 90; ähnlich Hofer 1957, 281; zitiert nach Bein 1965, 139). Die Gesellschaft biete also durch die Schädigung, sprich eine verminderte ‚Blutsreinheit‘ und die ehemals rechtliche Gleichstellung, einen Angriffspunkt. Außerdem wird ein ‚jüdisches‘ Denken und Handeln identifiziert, das vom Wesen her anders sei und einen zerstörerischen Charakter besitze, einen „Zersetzungskeim überall hinträgt, wo man ihn duldet“ (Roderich-Stoltheim1928, 267; ähnlich Rosenberg 1937; zitiert nach Schäfer 1962, 78). ‚Juden‘ werden dabei entweder zu „Bazillenträgern der schlimmsten Art“ (Hitler 1930, 135; zitiert nach Jäckel 1969, 75; auch Grattenauer 1803, 12; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 207) oder gleich selbst zur „kleinen, schwachen, fremdartigen, feindlichen Influenz“ (Bergedorf 1884; zitiert nach Enzensberger 2001, 179).231 In solchen Facetten des Anti-Intellektualismus werden ‚Juden‘ als aktive Aggressoren versinnbildlicht, die den ‚Volkskörper‘ durch Kunst, Kultur, Literatur und Medien angreifen. Zudem werden Bedrohungen seitens der Ökonomie auf den ‚Volkskörper‘ attestiert, die in der Gestalt einer ‚jüdischen Weltverschwörung‘ durch ‚jüdischen Wucher‘ erkannt werden: ‚Juden‘ werden für die Krisen des Kapitalismus und die Kriege verantwortlich gemacht (Bergmann/Erb 1989, 203; Enzensberger 2001, 179). Susan Sontag zitiert beispielsweise einen Schmähbrief von Hitler, in dem dieser den Tuberkuloseerreger als ‚jüdischen Zins‘ analogisiert: Macht ist die Macht des Geldes, das sich in Form des Zinses in seinen Händen mühe- und endlos vermehrt, und den Völkern jenes gefährlichste Joch aufzwingt, das sie seines anfänglichen goldigen Schimmers wegen so schwer in seinen späteren traurigen Folgen zu erkennen vermögen. Alles was die Menschen zu Höheren streben läßt, sei es Religion, Sozialismus, Demokratie, es ist ihm alles Mittel zum Zweck, Geld und Herrschgier zu befriedigen. Sein
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terpretation, durch die der Nationalsozialismus indirekt die institutionelle Macht der Kirche auf sich übertragen und damit vereinnahmen möchte (Paul 2003, 144). In einer Systematisierung von Bergmann/Erb werden verschiedene Facetten von ‚Juden‘ als Bazillen herausgearbeitet, die oftmals ihren Ursprung in religiös geprägten Zuschreibungen haben, in denen ‚Juden‘ mit Schmutz und Unreinheit verknüpft werden (Bergmann/Erb 1989, 207). Zuweilen wird dieser Schmutz auch im übertragenen Sinne verwendet, wie der „Schmutz des Schacherns“ (ebd.).
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Wirken wird in seinen Folgen zur Rassentuberkulose der Völker (Hitler 1919; zitiert nach Sontag 2003, 70). Durch die Externalisierung der Krankheit auf einen fremden Erreger bzw. eines krisenhaften Kapitalismus auf seine abstrakte Erscheinungsform, können ‚Geldgier‘ und ‚Zins‘ beziehungsweise das ‚jüdische Wesen‘ in die Verantwortung genommen werden. Die Differenzsetzung zwischen abstraktem Kapital und dem Industriekapital ist hierfür ebenso grundlegend wie jene zwischen dem Eigenen und dem Anderen: während „die Menschen“ zu Höherem streben, wird auf den Anderen nur durch Personalpronomen im männlich Singular verwiesen: Er, der kollektive ‚Jude‘, ist ‚den Völkern‘ entgegengestellt, denen er „jenes gefährliche Joch aufzwingt“ und sie schwer erkranken lässt.232 Als Konsequenz der Infektion wird das Absterben des ‚Volkskörpers‘ imaginiert (Der Stürmer, 9.1938, Nr. 38, 1; vgl. auch Bein 1965, 134), welches im Interesse des ‚Volkes‘ unterbunden werden müsse. Entsprechend richten sich die Handlungsrationalitäten oftmals in „medizinisch-therapeutischer Hinsicht“ (Pörksen 2000, 182) gegen all jenes, was als ‚jüdisch‘ identifiziert wird.233 Die Appelle plausibilisieren drastische und grundlegende Maßnahmen: Je (mikroskopisch) kleiner die Angreifer werden, je geringer wird die Chance einer Begrenzung des Befalls bei nur partieller Entfernung des Erregers – dies gilt durch die Symbolisierung nicht nur für das medizinische Terrain, sondern auch im übertragenen Sinne für den ‚Volkskörper‘. Den „Bakterien“ ist nur über eine vollständige Vernichtung beizukommen. Dies formuliert der antisemitische Kulturphilosoph Paul de Lagarde bereits 1887 in einer Sentenz über den ‚jüdischen Wucher‘: Mit Trichinen und Bazillen wird nicht verhandelt, Trichinen und Bazillen werden auch nicht erzogen, sie werden so rasch und so gründlich wie möglich vernichtet (Lagarde 1934, 239; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 195).
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Ähnlich wird dies auch im bewegten Bild beispielsweise in Veit Harlans ‚Der ewige Jude‘ versinnbildlicht: „Immer dort, wo sich an einem Volkskörper eine Wunde zeigt, setzen sie [die Juden] sich fest und ziehen aus dem zerfallenen Organismus ihre Nahrung. Mit den Krankheiten der Völker machen sie ihre Geschäfte, und darum sind sie bestrebt, alle Krankheitszustände zu vertiefen und zu verewigen“ (zitiert nach Hornshöj-Möller 1995, 169-172). Die Vorstellung, dass eine gesellschaftliche Ordnung gestört ist und dies der Auslöser für Krankheiten bspw. die Pest ist, wird bereits aus der frühen Neuzeit kolportiert. Krankheit und moralische Verwerfung sind diskursiv oftmals verknüpft (Sontag 2003, 62). Manifester Unterschied dieser historischen Fragmente zu jenen des 19. und 20. Jahrhunderts ist allerdings, dass die Vorstellung eines organisch gewachsenen Gewebes erst im 19. Jahrhundert hervortritt. Die Krankheitssymbolisierungen, Anfänge von Pest- und Krebsbildern finden sich in der Frühen Neuzeit, verfeinern sich im Zuge des Fortschritts der Medizin. Bazillen, Bakterien und Viren werden nun mit anderen Mitteln bekämpft, als dies noch die medizinischen Erkenntnisse des 16. und 17. Jahrhunderts vorsahen.
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
In dieser antisemitischen Symbolisierung steht der ‚Volkskörper‘ im Sinne eines erkrankten Organismus im Vordergrund, der ohne die Infizierung für Höheres bestimmt sei.234 Das einzelne Individuum wird dieser Dichotomie auf Gedeih und Verderb untergeordnet und als krank oder gesund markiert, eliminiert oder eingemeindet und damit nicht zuletzt normiert und diszipliniert.
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2.2.5
Von Plagen, Schwärmen und bedrohlichen Massen
Pejorative Tiersymbole sind nicht eo ipso verstehbar, sie erklären sich aus und in ihrem diskursiven Kontext, sie sind kontingent und Aspekte in den Subscriptiones, verschieben sich ebenso wie die Handlungsrationalitäten, die an sie geknüpft sind. Dies gilt nicht nur für die Tiersymbole, sondern auch für ihre strukturellen Zuschreibungen: Bereits bei den Ägyptischen Plagen erscheinen Tiere erst als wahre Bedrohung, wenn sie in großen Massen auftreten. 235 So kamen Deleuze und Guattari zu einer ganz besonderen Taxonomie: Man müsse sogar drei Arten von Tieren unterscheiden. Zunächst die vereinzelten, gefühlsmäßig besetzten Haustiere, die ödipalen Tiere der Anekdoten aus der Kindheit, „meine“ Katze, „mein“ Hund; (…). Dann gibt es eine zweite Art von Tieren, Tiere mit einer Eigenschaft oder einem Attribut, die Gattungs-, Klassifikations- oder Staats-Tiere, so wie die großen Göttermythen sie behandeln, um aus ihren Serien oder Strukturen, Archetypen oder Modelle zu beziehen (…). Und schließlich gibt es die Tiere, die vor allem dämonisch sind, Tiere in Meuten und mit Affekten, die eine Mannigfaltigkeit bilden, Werden, Population, Märchen … (Deleuze/Guattari 1992, 328). Der wohl bedeutendste Paradigmenwechsel hinsichtlich der Zuschreibung an die Masse kann im 19. Jahrhundert verortet werden, hervorgerufen durch die kapitalistische Wirtschaftsordnung und die sich mit ihr realisierenden Urbanisierung, die Entstehung neuer sozialer Schichten und die an diese Veränderungen geknüpften Massenproteste der neuen pauvreté urbaine, die im diskursiven Wider-
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Ein solches Ziel der Reinigung des ‚Volkskörpers‘ entwirft Theodor Fritz unter dem Alias Ferdinand Roderich-Stoltheim: Statt der „verblödeten und geistig wie körperlich verjudeten Masse (…), die sich besonders in den Grossstädten zusammendrängt (…) [gilt es] aus den unverdorbenen Landreserven (…) unser Volkstum [zu] verjüngen und erneuern“ (RoderichStoltheim 1928, 267). Allerdings wird die Masse nie ausschließlich negativ rezipiert, wie sich bereits an Metaphorisierungen in der klassischen Antike sehen lässt: Hier steht der gut organisierte Bienenstock für die Potenz der menschlichen Fähigkeit zur Produktivität innerhalb einer guten Struktur und rigiden Führung (Peil 1983, 166-301).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
hall als große Gefahr betrachtet werden (Bon 1973, XI).236 Die zu dieser Zeit entstehende Soziologie und Massenpsychologie reklamiert Massenereignisse als neue Sozialform und entwickelt im Bezug auf diese neue Masse gesellschaftliche Pathologien (Vehlken 2007, 240ff.; Vogl 2007, 123). Gustave le Bon, der als Begründer der Massenpsychologie gilt, spricht den Massen in allen Nationen eine wachsende Potenz zu, die analog zu der zerstörerischen Macht von „jenen Mikroben, welche die Auflösung geschwächter Körper oder Leichen beschleunig[en]“ (ebd., 5) zu verstehen ist. Diese Vorstellung der Masse flicht sich in die des biologisch-organischen Organismus ein: Eine Ansteckung innerhalb der Massen nach dem „loi de l’unité mentale des foules“ (ebd., 25ff.) mache die Masse amorph, und das Individuum tritt mit seiner Intelligenz hinter dem leicht suggestiblen, impulsiven, affektiven und teils primitiven Kollektivkörper zurück. Am ehesten ließe sich die Masse durch Ideen beeinflussen, die frei von Beweisen und Belegen seien, aber ständig in denselben Ausdrücken wiederholt werden. Eine solche Art der Massenbeeinflussung habe eine hohe „contagion mentale“ (ebd., 17), wie sie sich bei „Mikroben“ (ebd., 104f.) finde, so le Bon weiter. Diese kulturpessimistische Interpretation der Masse wird zum Symbol der Entfremdung von der ‚guten‘ Gemeinschaft, mit ihr wird das Absinken des Kulturniveaus der menschlichen Zivilisation befürchtet (ebd., XVI). Diese Vorstellungen des renommierten Massenpsychologen sind nicht nur durch diskursive Verflechtungen seiner Zeit geprägt, die Erkenntnisse Gustave le Bons beeinflussten auch das Bilderrepertoire und selbst die populistische Führung der Massen in den folgenden Dekaden nachhaltig (Arendt 2006, 521; Demandt 1978, 31; Rigotti 1994, 159; Schmitt 2010, 74-85; Winkler 1970, 18): Nach le Bon werden erstens die Massen als potenter Körper interpretiert, zweitens radikalisieren sich die Verbfelder durch die Spezialdiskurse der Bakteriologie und Mikrobiologie (Canetti 1960, 99). Drittens werden um 1900 als Massensymbole Mikroben, aber auch Bakterien und Insekten populär (Jansen 2003, 77). Eine entsprechende Verschiebung der Tiersymbolik schlägt sich auch im Bildrepertoire der antisemitischen Diskursfragmente nieder: Kleinsttier- und Krankheitssymboliken visualisieren zunehmend den Anderen, einen Feind, der eindringt, der als Masse den eigenen Organismus bedroht, infiziert, aushöhlt und verunreinigt. Die Rezeptionsforschung geht von einer starken Wirkung dieser pejorativen Symbolik aus (Paul 1992a, 222).237 236
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Natürlich wurden Massen nicht ausschließlich als Gefahr hypostasiert, Karl Marx bspw. wendet den Begriff zum Positivum, indem er den Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie anregt (Marx/Engels 1962, 4ff.). Da es sich bei dieser Arbeit um eine Diskursforschung und nicht um eine Rezeptionsanalyse handelt, kann nur im Rahmen der Angabe einer Sekundärquelle auf den Forschungsstand solcher Untersuchungen verwiesen werden. Paul formuliert diesen folgendermaßen: „Diese massenhafte Übermacht kann zu einem Gefühl der panikhaften ohnmächtigen Notwehr fortgeführt werden“,
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2.2 Zur Genese pejorativer Tiersymbolik
In antisemitischen Diskursfragmenten sind die Massensymbole zumeist an einen kurzen Reproduktionszyklus geknüpft, der etwa im Rahmen des antijüdischen Sexualstereotyps reproduziert wird:238 ‚Juden‘ zeigten einen „ungezügelten kaninchenartigen Begattungs- und Fortpflanzungstrieb“ (Radowsky 1819, 80; zitiert nach Hortzitz 1988, 212). Der Sexualstereotyp der Hypersexualität ist eine Zuschreibung an den Anderen, die sich bereits für die frühe Neuzeit rekonstruieren lässt (Schäfer 2004, 266). Ein starker Trieb ist im modernen Antisemitismus an das Bild des ‚jüdischen Lüstlings‘, des Sexualtäters gekoppelt, der als Zuhälter, Mädchenhändler oder Vergewaltiger agiere und mit dem im Besonderen in der Populärpresse um geneigte Leserschaft geworben wird (Der Stürmer, 10.1931, Nr. 40, 1). Ihm gegenüber wird die nicht-jüdische Frau als Frucht des deutschen ‚Volkskörpers‘ konzipiert, die sich der Andere notfalls mit Gewalt aneignen will und damit nicht nur diese, sondern den gesamten ‚Organismus‘ durch die ‚Rassenschande‘ infiziert (Braun 1995, 187; Gender-Killer 2005, 18; Gold/Backhaus 1999, 55).239
238
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(Paul 1992a, 222), durch die sich ein blindes Gehorsam gegenüber einer Autorität im Kampf gegen die Übermacht als rationale Entscheidung anschließt. Masse, Meute, Schwarm und Herde besitzen jeweils spezifische Zuschreibungen. Masse und Schwärme gelten als unbegrenzt in ihrem Wachstum und im 19. Jahrhundert drängen diese Begriffe in ihren Subscriptiones auf ein Mehr-Werden. Zu den Zuschreibungen an die Massen, Meuten und Schwärmen bei Canetti (2003, 109f.) und Deleuze/Guattari (1992, 483) und ihrer Umdeutung unter neoliberalem Regelungswissen und Sicherheitstechnologie vgl. Vehlken (2007, 242ff.). Sebastian Vehlken zeigt außerdem, dass sich mit dem, was Foucault als gouvernementale Prinzipien des 20. Jahrhunderts bezeichnet hat, also dem neuen Paradigma biopolitischer Optimierung, Anschlüsse für neue Schwarm-Symbolisierungen und -Inszenierungen herausbilden. Unter diese Phänomene summiert er Flash Mobs, mit SMS initiierte Massenproteste von Globalisierungskritiker_innen und die Critical-Mass-Bewegungen (ebd., 254f.). Er systematisiert die Relationierung zwischen tierischen Schwärmen und menschlichen Massen in vier Kategorien: a) die Hybridität zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv; b) beide Phänomene werden im Sinne des Sysykols an den Rand einer staatlichen Ordnung gerückt, indem sie als bedrohlich und unheimlich interpretiert werden; c) ihre Organisationsstruktur ist Objekt wissenschaftlicher Auseinandersetzung; d) in den Subscriptiones zeigen sich die starken Kopplungen mit den jeweiligen politischen und soziokulturellen Diskursen (Vehlken 2007, 256f.). Parallel existiert auch der pejorative Stereotyp der sexuell aktiven, schönen, zügellosen und sich selbst ermächtigenden ‚jüdischen‘ Frau (Grözinger 2003; Krobb 1993). Auch diese Konzeption inkorporiert ein ‚tierisches‘ Verhalten, das abgewertet wird, da es die soziale patriarchale Ordnung gefährdet, da sie dem nicht-jüdischen Mann mit Machtverlust und Ohnmacht droht (Gender-Killer 2005, 55). Zu den Schnittmengen der ‚belle juif‘ mit antisemitischen Vorurteilen und dem Objektcharakter von Frauen vgl. Sartre (1954, 57). Gleichzeitig existiert das antijüdische Stereotyp der hässlichen, schmutzigen und abstoßenden ‚Jüdin‘ in Karikaturen und Texten des 19. und 20. Jahrhundert (Gender-Killer 2005, 56ff.), das vor allem über Vogelsymbolisierungen (Beispiele bei Haibl 2000, 175), aber auch über weitere Tiergestalten (vgl. Abb. 16) versinnbildlicht ist.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
In den vorangegangenen Unterkapiteln zeigt sich, dass den meisten pejorativen Symbolisierungen eine Vorstellung der Massenhaftigkeit anhaftet: Die ‚Tiere‘ kommen in Scharen, andere in Schwärmen, später infizieren unzählige Kleinstorganismen den ‚Volkskörper‘.240 Im Zuge der Biologisierung des pejorativen Symbolbestandes verändert die Plage jedoch ihre Lokalisierbarkeit: Sie wandelt sich von einer von außen hereinbrechenden Erscheinung zu einer Zustandsbeschreibung des ‚Volkskörpers‘ und damit zu einem inneren Ereignis. Selbst wenn eine ‚Vermassung‘ der Städte durch ‚Ostjuden‘ imaginiert wird, wird ab Mitte des 19. Jahrhunderts, aber vor allen in der Lingua Tertii Imperii, ein organischer Zersetzungsprozess eines ‚Volkskörpers‘ symbolisiert (Altmann 1971, 189; Schäfer 1962, 61). Es zeigt sich, dass nicht nur die Tiersymbole und ihre Verbfelder, sondern auch die Konzepte der Masse kontingent sind. Trotz dieser generellen diskursivenVeränderung finden sich in antisemitischen Diskursfragmenten Ambivalenzen beziehungsweise lässt sich eine Spannungen zwischen den Darstellungen der Masse und des singulären Kollektivkörpers des ‚Juden‘ rekonstruieren: Nicht immer ist die judenfeindliche Pejoration in Gestalt der Masse versinnbildlicht: So verursacht der Kollektivkörper des ‚Juden‘ gleichzeitig Macht, Armut und Schmutz, er steht für Kapitalismus und Bolschewismus (s.o.). Gleichwohl dominiert beispielsweise in der nationalsozialistischen Karikatur eine Gegenüberstellung des Eigenen als männlich Singular während das Andere im tantum plurale erscheint. Symbolisiert wird dies bspw. in „Der Stürmer“ (11.1933, Nr. 45,1; vgl. Abb. 17) durch einen Adler, der mit einem Hakenkreuz auf der Brust markiert ist und die Flügel zum Flug erhoben hat. Als Verständnishilfe ist die Karikatur mit folgendem Satz versehen „Ihr hindert nicht den Aar der hoch zur Sonne fliegt“. Unter ihm befindet sich „Erbärmliches Gewürm das feig im Dunkeln kriecht“, so der Text weiter. Diese Würmer haben antisemitisch verzeichnete Gesichtszüge, als Dekodierungshilfen dienen die Beschriftungen auf ihren Leibern, die das ‚Jüdische‘ als „Kriegshetzereinen, jüdische Boykottbewegungen, Zeitungshetzereien, Lügen, Braunbuchlügen und Phrasen“ dechiffrieren. Die niedere ‚jüdische‘ Masse hebt sich somit von einem edlen Kollektivkörper ab. Gleichwohl verfügt der Nationalsozialismus als ‚Massenbewegung‘ parallel auch über eine positive Besetzung eines Begriffs von Masse für das Eigene. Bei nationalsozialistischen Versammlungsreden wurden explizit massenpsychologische Zugänge in der politischen Agitation genutzt (Reich 1997, 52). Ebenso 240
Das Motiv der Plage ist in judenfeindlichen Diskursfragmenten sowohl im Antijudaismus wie Antisemitismus präsent. Martin Luther metaphorisiert ‚Juden‘ als „Plage, Pestilenz und alles Unglück“ (Luther 1920; zitiert nach Frindte/Wammetsberger 2008, 264). In der historischen Epoche der Moderne sind für Chamberlain ‚Juden‘ eine „Völkerplage“ (1899, 158) und für Bey eine „soziale Landplage“ (Bey 1875, 15; zitiert nach Hortzitz 1988, 217).
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
zielen beispielsweise sportliche, ästhetische oder kulturelle Produktionen auf eine Massenästhetik, in der Ordnung, Sauberkeit und Disziplin als ästhetische Elemente in der Inszenierung von Macht und einer gleichförmigen ‚Gemeinschaft‘ betont werden, wie in der Choreografie der Feste oder militärischsakraler Massenveranstaltungen (Reichel 1993, 15-29).
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2.3
Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
Anhand der vorausgegangenen Systematisierung wird zunächst deutlich, dass sich die Grenzziehungen zwischen dem Anderen und dem Eigenen verschieben. Die Vorstellungen dieser beiden Entitäten verändern sich grundlegend durch die spezialdiskursiven Verflechtungen: Dies bewirkt erstens eine ‚Verkleinerung‘ der source domains in den Pejorationen im 19. und 20 Jahrhundert, zweitens verschieben sich die Imaginationen der Bedrohung durch den Anderen, der ab dem späten 19. Jahrhundert den ‚Volkskörper‘ infiltriert. Außerdem wird die dichotom geprägte soziale Ordnung um weitere Gegensätze erweitert und dadurch umorganisiert: durch die Gegenüberstellung von stark/schwach als Niederschlag des Sozialdarwinismus und gesund/krank entlang der Erkenntnisse des medizinischen Spezialdiskurses und weiterer (Pseudo-)Wissenschaften, wie der Rassentheorien. Auch die bildliche und plastische Umsetzung von Pejorationen wandelt sich: Im Mittelalter werden ‚Juden‘ durch die Darstellungen ihrer (vermeintlichen) Verhaltensweisen und Handlungen degradiert. Vom 17. Jahrhundert an treten dann körperliche Charakteristiken des ‚Jüdischseins‘ hervor. Bei diesen ersten körperlichen Zuschreibungen handelt es sich um Anlehnungen an Vorstellungen des Teuflischen: ‚Juden‘ sind als hässlich, stinkend, behaart gezeichnet und mit Hufen, Hörnern, großen (spitzen) Ohren, einem Schweif und einer großen, gebogenen Nase ausgestattet (Bein 1958, 359f.).241 Über die Jahrhunderte wird die Nase zum zentralen Merkmal des angeblichen Andersseins und der Hässlichkeit des ‚Juden‘ (Gilman 1991, 180). Ein pathologisierter ‚jüdischer‘ Körper als sichtbares Zeichen des Anderen manifestiert sich schließlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts und bleibt bis zur Niederlage des Nationalsozialismus signifikantes Kennzeichen der Visualität von Tiersymbolisierungen (ebd., 181). So lässt sich erstens resümieren, dass stereotypische antisemitische Verzeichnungen in der Visualität im 19. und 20. Jahrhundert existieren, die durch Tiersymbolisierungen versinnbildlicht sind: Die meisten grafischen Darstellungen von Tiersymbolisierungen bilden hybride Körper ab, diese bestehen aus einem tierischen Körper 241
Solche Vorstellungen einer ‚jüdischen‘ Hässlichkeit finden sich im ausgehenden Mittelalter (Rohrbacher/Schmidt 1991, 237).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
und der Andeutung menschlicher Gesichtszüge. In diesen Gesichtern dominiert die gebogene Nase, der dunkle Haarwuchs und zum Teil die abstehenden (spitzen Schweins-)Ohren, eine fliehende Stirn und wulstige Lippen, schwere Augenlider sowie eine schmale Brust, krumme Beine und platte Füße (vgl. Abb. 16). Ansatzweise finden sich diese Merkmale bereits in frühneuzeitlicher Ikonografie der kulturtypologischen Hässlichkeit. Diese hybriden Körper und ihre Ikonografie sind durch die Begriffe und Konzepte der Rassentheorien des 19. Jahrhunderts geprägt. Durch diskursive Verknüpfungen, einen veränderten Deutungshorizont, neue Wahrheiten über und innerhalb der sozialen Ordnung, aber auch (pseudo-)wissenschaftliche Beweisführungen erweitern und verändern sich die physiognomischen Kennzeichen (Schäfer 2004, 115). Im 19. und 20. Jahrhundert wird der verzeichnete ‚jüdische‘ Körper zu einem neuartigen „Symbolsystem“ (Gradmann 1995, 44; zitiert nach Schäfer 2004, 137): Die Nase transportiert etwa die allegorische Aufladung des ordinären Charakters und soll sowohl närrisch als auch grotesk und obszön wirken (Schäfer 2004, 222). Die deformierten Füße wiederum sind als spezifische Degradierung im militaristisch geprägten Wilhelminischen Kaiserreich zu interpretieren, da die Wehruntauglichkeit einem Ausschluss aus der Gemeinschaft gleichkam (Frevert 1997, 161ff.; Hödl 1996, 87). Ähnlich fungierte der effeminierte242 Körper, der sowohl Hässlichkeit wie Wehruntauglichkeit signifizierte. Da eine solche Wehruntauglichkeit aus dem militarisierten ‚Volkskörper‘ ausschloss, wurde so ‚Juden‘ unterstellt, dass sie ihrer Verpflichtung an die Nation nicht nachkämen. Damit seien sie zum parasitären Dasein verurteilt (Schäfer 2004, 259).243 Die effeminierten Körper, oftmals markiert durch ‚schlechte‘ Körperhaltung und Fettleibigkeit, finden sich domi242
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In der Konstruktion des modernen Subjekts sind polarisierte Gender-Konstruktionen eine Grundbedingung. Die Interpretation eines weichen Singsangs der Stimme, ‚weiblicher‘ Gestik und Körperhaltung sind als Verweiblichungen des männlichen Körpers verstanden und eine Zuweisung dieser Attribute dient der Abwertung (Spörk 1996, 27). Die Aufweichung des geschlechtlichen Dualismus fungiert dabei als Abgrenzung gegenüber dem nicht-jüdischen Idealkörper, der entlang einer dichotomen Struktur gestaltet sei und in Form zweier komplementärer Idealkörper idealisiert ist (Gender-Killer 2005, 63). Eine Aufweichung der dichotomen Struktur gilt zugleich als Basis einer stärkeren Krankheitsanfälligkeit. Die Effeminierung begründete entsprechend den defekten ‚jüdischen‘ (männlichen) Körper (Hödl 1996, 86). Die Kopplung des defekten ‚jüdischen‘ Körpers mit Krankheiten artikuliert sich im Anfang des 20. Jahrhunderts auch in der Namensgebung einiger Krankheiten: Typhus wird hier beispielsweise als „Judenfieber“ bezeichnet, womit statt der Lebensbedingungen eine biologische Defizität als Krankheitsursache ausgemacht ist (Schäfer 2004, 136). Spezifische, ab im 19. Jahrhundert als ‚jüdisch‘ verstandene Krankheiten wie Syphilis rekurrieren jedoch auf das Sexualstereotyp (Gender-Killer 2005, 47; Gilman 1991, 86f.; Schmidt 1991, 164), in dem Gewalt und Krankheit apostrophiert sind und u.a. den ‚jüdischen‘ Körpern Erotik abgesprochen wird (Gilman 1991, 172ff.). Im nationalbewussten, konservativen Zeitgeist stand das Soldatentum für einen Tribut ans Vaterland, und die Wehrhaftigkeit des männlichen Körpers verkörperte das physische Idealbild (Schäfer 2004, 253f.).
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
nant im Rahmen von Pejorationen entlang des antiintellektuellen Stereotyps. Besonders deutlich kommt dies in den Rabensymbolisierungen zum Ausdruck (Gold/Backhaus 1999, 219). Zweitens kann resümiert werden, dass sich Tiersymbolisierungen im 19. und 20. Jahrhundert durch die Modifizierung der Differenzsetzung zwischen Mensch und Tier verändern: Eine neue Äquivalenzsetzung des ‚Juden‘ mit dem Tier eröffnet sich durch das Darwin’sche Stufenmodell. Eine grafische Umsetzung dieser neuen Ideen findet sich in den oben erwähnten MetamorphosenDarstellungen in Anlehnung an Darwins Evolutionslehre (Abb. 8; zitiert nach Gold/Backhaus 1999, 54; Rohrmann 2007, 68f.). Durch Hervorhebung der ‚niederen‘ Entwicklungsstufe werden ‚Juden‘ als soziale, kulturelle oder ökonomische Leistungsträger degradiert. Darüber hinaus werden sie zur Gefahr für die eigenen Leistungsträger, da ‚Juden‘ durch ihre mangelnde Hygiene einerseits Krankheiten übertragen würden und durch schlechte Lebensführung und ‚liederlichen‘ Lebenswandel einen schädlichen Einfluss besäßen. Ein hässliches Äußeres, etwa die zerrupften, verlotterten Vögel mit ‚jüdischen‘ Gesichtern, verweist immer auch auf ein ‚niederträchtiges‘ Inneres. Andererseits wird über die Symbolisierung von ‚Juden‘ als Würmer, Bazillen und Viren eine Ansteckungsgefahr im ‚Juden‘ selbst essentialisiert. Diese Konstruktionen sind mit der damaligen hygienebezogenen Minderheitenpolitik zu kontextualisieren, in der vor allem zu Beginn des Ersten Weltkriegs Maßnahmen gegen infektiöse epidemische Krankheiten als Teil biopolitischer Interventionen realisiert wurden (Jansen 2003, 254; Mogge 1977, 114; Schäfer 2004, 139f.). Drittens zeigt sich in der Kontingenz der Tiersymboliken eine Interferenz zwischen einer physiognomischen und einer soziokulturellen Stigmatisierung sowie ihren assoziierten Abgrenzungspraktiken. Am Beispiel des Bilderbogens mit dem Motiv des judenfeindlichen Rattenfängers sind Sekundärattribute wie Pejes und Knoblauchzehen Verweise auf unzivilisierte, artfremde und nichtsesshafte Dezenz. Gleiches gilt für schriftliche Dekodierungshilfen, in denen den ‚Tieren‘ eine sprachliche Eigenart wie das ‚Mauscheln‘ oder Jiddisch in den Mund gelegt wird. ‚Juden‘ und ihre Wahrnehmung sind somit nicht nur diskursiv produziert (Daxner 2007, 13 & 20), sondern selbst ihre (vermeintliche) Sprache wird zum Zeichen ihres kosmopolitischen, wandelnden Wesens (Altmann 2002, 10ff.; Gilman 1991, 20). An dieses kosmopolitische Wesen ist im 19. und 20. Jahrhundert gemeinhin auch die Zuschreibung der ‚Charaktereigenschaft‘ eines habgierigen Handelsgeistes, eines ‚Blutsdenkens‘ innerhalb eines weltweiten ‚jüdischen‘ Netzwerkes, ein kalter Verstand und große Machtausübung mit einer Neigung zu unethischem bis hin zu kriminellem Verhalten gekoppelt (Haury 2002, 120f.; Hollstein 1971, 17).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Ging die Gefahr von ‚Juden‘ im Mittelalter vor allem durch deren angeblichen Bund mit dem Teufel aus, transformiert sich diese Gefahr in der späten Neuzeit bis zur Moderne in die Bereiche der Ökonomie. Als Versinnbildlichung solcher Semantiken des ‚jüdischen Wuchers‘ dominieren ‚Tiere‘ aus der Kategorie der Raubtiere, ebenso wie solche, die als besonders blutrünstig gelten, wie Schlangen, Hyänen und Vampire (wenn man die uneigentlichen Tiere hier hinzunehmen mag). Gegen Ende des 19. und mit Beginn des 20. Jahrhunderts erscheinen zunehmend Kleinsttiere und Organismen, die nicht nur eine ökonomische Ausbeutung symbolisieren, sondern zumeist gleichsam ein kulturelles, soziales und politisches ‚Parasitentum‘ verkörpern, an dem ihr ‚Wirtsvolk‘ langsam zugrunde gehen wird. Eine ‚Genesung‘ des ‚Wirts‘ wird an die Beseitigung dieses ‚Parasiten‘ gebunden (Demandt 1978, 112f.). So lässt sich viertens schlussfolgern, dass all diese physischen, soziokulturellen und charakterlichen Zuschreibungen in den Subscriptiones der Tiersymbolisierungen Bedeutungsträger in der (inter- und intra-)diskursiven Formierung der Differenz sind. Über die Symbolisierung als ‚Tier‘ wird nicht nur der Andere dehumanisiert und bis ins letzte Teil als minderwertig und animalisch perpetuiert, sondern auch eine gefährdete und überlegene Ordnung des Eigenen permanent mit neuen partikularen Zuweisung hervorgebracht. Davon ausgehend, dass sowohl die eigene Überlegenheit als auch ‚der Jude‘ Ergebnisse diskursiver Zuschreibungen sind, so drängt sich die Frage nach der Bedeutung dieser diskursiven Konstruktion als Bedingung für die Vernichtung der Juden und Jüdinnen Europas auf. Dieser Konnex von diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken kann nicht eo ipso aus den diskursiven Formationen abgeleitet werden, in denen zumeist Ideen der Ausgrenzung bis zur Ausmerzung generiert werden. Stattdessen bleibt innerhalb der Scientific Community das Gewicht der diskursiven Dimension umstritten. Volkov benennt unter Bezug auf Marc Bloch das grundlegende Problem bei dem Zirkulieren um die Bedeutung der diskursiven Dimension: Allein durch die historische Perspektive sei man quasi hypnotisiert von der Suche nach Ursachen und Ursprüngen, die sich zu einem Kausalzusammenhang verknüpfen ließen (Volkov 1990b, 55). Vorschnelle Kausalitäten müssten, so Volkov, also unterbleiben. Damit lässt sich zuerst in Anlehnung an den Historiker Shmuel Ettinger (1978; zitiert nach Volkov 1990b, 55) schließen, dass antijüdische Stereotypen über Jahrhunderte ein fester Bestandteil des abendländischen Denkens sind, die in Krisenzeiten immer wieder in pejorativer Sprache hervortreten und, wie durch Sekundärquellen als gesichert gelten kann, von mörderischen nicht-diskursiven Praktiken begleitet werden. Welche Ermöglichungsbedingungen die diskursiven Pejorationen für Auschwitz besaßen wird unterschiedlich bewertet: Paul geht davon aus, dass nicht von einem kausal-inhaltlichen Zusammenhang gesprochen werden kann
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
und es sich vielmehr um eine pragmatische Praxis der symbolischen Pejoration handelt (Paul 2003, 139). Aus einer anderen Richtung kommend wendet sich Michaela Haibl der Wirkung von Stereotypen zu: Sie geht davon aus, dass es nicht die repetative Wiedergabe ist, die sich als Handlung niederschlägt, sondern der historische Moment, an dem ‚Juden‘ zur persona non grata werden (Haibl 2000, 239). Dies bringt Sarah Jansen durch die Herleitung eines Hygienedispositivs auf den Punkt (2003, 250ff.). Einen anderen Ausgangspunkt zur Beantwortung der Frage vom Verhältnis zwischen sprachlicher Dehumanisierung und ihrer konkreten praktischen Umsetzung hat Klemperer mit seiner Untersuchung über die Sprache des Dritten Reichs gesetzt. Für ihn sind es die ewig wiederkehrenden Deutungsmuster der Symbolisierungen des ‚Juden‘, die das ‚Weltbild‘ der konkreten Epoche prägen. Aber nicht nur die diskursiven Zuschreibungen, auch die nicht-diskursiven Erscheinungen wie Fahnen, antisemitische Gesetze und Praktiken wie Aufmärsche etc. formierten maßgeblich das Denken und die Wahrnehmung der Menschen. Die nicht-diskursiven und diskursiven Ausprägungen amalgamieren und gehen in das „Fleisch und Blut der Masse über“ (Klemperer 1969, 23). Symbole und ihre Handlungsempfehlungen sind dabei nur ein Puzzlestück dieser hegemonialen Ordnung, die präreflexiv wirkt und unbewusst übernommen wird. Das Spannungsfeld zur Beantwortung der Frage nach dem Zusammenhang zwischen diskursiver Dehumanisierung und physischer Vernichtung ist also zwischen drei Polen aufgefächert. Im aktuellen Forschungsstand versteift sich jedoch keine Annäherung auf eine monokausale Deutung, sondern bezieht jeweils mehrere Dimensionen partiell ein: Erstens wird die diskursive Pejoration als strategisches Mittel eines politischen Programms identifiziert. Zweitens werden diskursive Verknüpfungen als Entstehungshorizont eines Dispositivs gedeutet, innerhalb dessen die diskursive Pejoration als Teil einer generellen Ordnung interpretiert wird und nicht separat auf ihre Wirkung analysiert werden kann. Und drittens wird auf die spezifischen Ausprägungen der diskursiven Formationen fokussiert, um eine Besonderheit diskursiver Pejoration herauszuarbeiten. Diese drei Pole sollen im Folgenden das Spannungsfeld eröffnen, indem die Anhaltspunkte für das Zusammenspiel zwischen antisemitischer Tiersymbolisierung und den Praktiken in Auschwitz systematisieren werden. Jeder Aspekt wird in einem nun folgenden Unterkapitel erläutert. Die Systematisierung präsentiert dabei einerseits die Essenz der vorangegangenen Analyse und kontextualisiert diese andererseits mit dem aktuellen Forschungsstand.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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2.3.1
Vernichtung als Handlungsrationalität pejorativer Tiersymbolik
Die vorangegangene Analyse der pejorativen Tiersymbolisierungen in judenfeindlichen Diskursfragmenten präsentiert ein sich diachron veränderndes Bildrepertoire sowie eine parallel existierende, gleichzeitige, synchrone Reichhaltigkeit. Die soziale Konstruktion des ‚Juden‘, die im Rahmen der Symbolisierungen erfolgt, modifiziert sich über die Epochen. Die Differenzsetzung zwischen dem ‚Juden‘, als dem Anderen, und dem Eigenen stehen in einem dialektischen Verhältnis mit der sozialen Ordnung. Die Handlungsrationalitäten, die sich innerhalb dieser Konstellation ergeben, differieren: Zur Zeit der Reformation verbildlichte Martin Luther ‚Juden‘ als „durchböstes, durchgiftetes Ding“, eine „Plage, Pestilenz und alles Unglück“ (Luther 1920; zitiert nach Frindte/Wammetsberger 2008, 264). Er schloss seiner Hassrede die Forderung an, die ‚jüdischen‘ Orte, wie Synagogen und Schulen, als Keimstätten der ‚jüdischen‘ Pestilenz zu betrachten und entsprechend anzuzünden. Aus den Stadtchroniken ist überliefert, dass während der Reformation derartige Zerstörungen, tätliche Angriffe, Vergewaltigungen und Morde keine Seltenheit waren. Auch andere diskursive Akteure der Frühen Neuzeit lassen in ihren Symbolisierungen Handlungsappelle hervortreten, in denen der Eingriff der Entfernung der ‚Tiere‘ oder ‚Geschwüre‘ – als Sinnbilder für ‚Juden‘ – angeraten wird (Sontag 2003; Hortzitz 1999, 24),244 das Motiv der Ausgrenzung und Vertreibung dominiert hier (Paul 2003, 112). Mit der Industrialisierung, mit der sich nicht nur der Mensch einer neuen Art der Verwertung aussetzt, sondern die auch Tier und Natur mit dieser konfrontiert, ändern sich Stereotype ebenso wie Handlungsempfehlungen (Hawel 2007, 130). Die diskursiven Verknüpfungen zwischen Spezialdiskursen und dem Interdiskurs bewirken mit der Entwicklung der Humanwissenschaften die Herausbildung eines neuen Bildrepertoires im Rahmen einer modifizierten sozialen Ordnung. Im 19. und 20. Jahrhundert kursieren Handlungsrationalitäten, die ‚Juden‘ aus dem ‚Volkskörper‘ auszuschließen, um diesen zu reinigen. ‚Juden‘ soll nicht nur das gleiche Recht verwehrt werden, es gilt, sie aus dem politischen, sozialen und kulturellen Leben auszusondern. Radikale Antisemiten formulieren bereits vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten Appelle, ‚Juden‘ zu „vertilgen“ (Bein 1958, 358; Bergmann/Erb 1989, 195; Goldhagen 1996, 496f.; Jäckel 1969, 73) und benutzten dafür die jeweils stärksten Symbole ihrer Zeit (Paul 2003, 139). Aber nicht alle Tiersymbolisierungen provozieren solche sozialhygienischen und eliminatorischen Anschlüsse. Gerade die Subscriptiones der Tiersym244
Die Vorstellungen von Krankheiten differieren zwischen der Frühen Neuzeit und der Moderne. In der Frühen Neuzeit bestimmt die Säftelehre Galans die Krankheitsauslegungen. In überlieferten Dokumenten sind lediglich äußere Beschreibungen vermerkt (Karlen 1996). Zur Entwicklung des ärztlichen Blicks und dessen Konsequenzen vgl. Foucault (2011).
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
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boliken der ‚höheren‘ und ‚uneigentlichen‘ Tiere transportieren oftmals (bloß) satirische und degradierende Aspekte (Schäfer 2004, 138). Und schließlich formulieren nicht alle diskursiven Fragmente (mit ausgedehnten Folgen dehumanisierender Symbolisierungen) politische oder soziale Handlungsempfehlungen (Volkov 1990b, 72). Jede Symbolik wird erst in ihrem diskursiven Kontext dekodierbar. Um sich einer Dekodierung von Tiersymboliken anzunähern, ist eine Hinwendung zu den interdiskursiven Verflechtungen, der „Tiefenstruktur der Verhaltensweisen gegenüber dem ‚Andersartigen‘“ (Gilman 1993, 8) zwingend notwendig. Betrachtet man die Tradierungslinien mancher prominenter Tiersymbole wie der Ratte, des Schweins oder der Schlange, so bleibt das Motiv stabil, während die Subscriptiones variieren – vom christlichen Antijudaismus zum vermeintlich wissenschaftlich fundierten oder volkstümlichen Antisemitismus. Andererseits hat jede Zeit auch ihren ganz spezifischen, begrenzten, kulturell verankerten Motivvorrat (Gniechwitz 2006, 16), der durch politische, kulturelle oder wissenschaftliche Entwicklungen beeinflusst ist. Knapp gesagt strukturiert zwar eine binäre Struktur die Differenzsetzung, also die Konfigurierungen des Eigenen und des Anderen, aber diese modifiziert und rejustiert sich permanent: Anhand mittelalterlicher antijüdischer Diskursfragmenten kann rekonstruiert werden, dass ‚Juden‘ als ‚Schweine‘ gedemütigt und als ‚Teufel‘ aus der Gemeinschaft ausgesondert werden (Hortzitz 1988, 124f.). Die erste Ablösung von diesen religiös geprägten Differenzsetzungen vollzieht sich in der Frühen Neuzeit, während gleichzeitig christliche Kontinuität beglaubigt wird (Paul 2003, 144). In der Neuzeit bilden sich dann antijüdische literarische Topoi und Zuschreibungen heraus, die als Wurzeln der im 19. und 20. Jahrhundert gängigen Stereotype zu begreifen sind (Hortzitz 1994, 115). Der grundlegende Paradigmenwechsel erfolgte schließlich in der säkularisierten Gesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts, in der die Errungenschaften aus Biologie, Bakteriologie, den (Pseudo-)Wissenschaften, der Medizin und der Technik die soziale Ordnung grundlegend neu konfigurierten. Nicht nur die Ordnungsvorstellungen, auch das Bildrepertoire und die Zuweisungen an das Eigene und den Anderen aktualisierten sich. In sozialdarwinistisch geprägten Subscriptiones wird die Konfrontation zwischen dem Stärkeren und dem Schwachen beziehungsweise Degenerierten bebildert und ergeben eine rassistische und eugenische Konstruktionen des Gesunden und Lebenswerten gegenüber dem Kranken, Unhygienischen und Lebensunwerten (Paul 2003, 126). Tiersymbole wie ‚Volksschädling‘, ‚Ungeziefer‘ und ‚Bazillen‘ mehren sich und bilden Verbfelder wie anklammern, einbohren, festsetzen, einnisten, aussaugen, verwesen, zerfressen, zerrütten, infizieren, zersetzen, verzehren und zersetzen aus.
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Als entscheidende Entwicklung der Bildlichkeit seit Beginn der Emanzipationszeit, so folgert Kurz, ist jedoch weniger die qualitative Ausdifferenzierung der traditionellen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen ‚Ungeziefer‘-, Unkraut- und Krankheitsmetaphern in Einzelmotiven noch ihre quantitative Zunahme oder die Ergänzungen durch neue Symbole und Verbfelder, sondern vielmehr die Logik der Handlungsrationalität zwischen dem „Verwesen“ und der „Säuberung“ und damit „Heilung“ des „Volkskörpers“ (Kurz 1988, 25; zitiert nach Hortzitz 1999, 25) zu bewerten. Hiermit gewinnt die dehumanisierende Symbolik an Schärfe (Bering 1978, 349). Für Bein fusst diese Verschärfung in der Biologisierung der gesamten diskursiven Formationen, die es ermöglicht‚ die ‚Lösung der Judenfrage‘ sprachlich zu bebildern (Bein 1958 und 1965). Die diskursive Wirkung, so Bein weiter, ist jedoch ohne die gleichzeitige rechtliche, soziale, kulturelle und religiöse Entrechtung nicht zu verstehen. Bernhard Pörksen wendet gegen Bein ein, dass eine Verstärkung der sprachlichen Dehumanisierung und jene Identifizierung von ‚Juden‘ als Ungeziefer noch keinen inneren Zusammenhang zwischen sprachlicher Dehumanisierung und Auschwitz belege (Pörksen 2000, 190). Ebenso wendet sich Jansen gegen die von Bein aufgestellte These. Stattdessen nennt sie diesen Zusammenhang eine „nachträglich konstruierte zwangsläufige Entwicklungslogik“ (Jansen 2003, 19). Für sie spiegeln sich vielmehr in der Entstehungsgeschichte des ‚Schädlings‘ jene soziokulturellen Veränderungen wider, die Grundvoraussetzung für die Möglichkeitsbedingungen und -räume sowohl von der Konstruktion des ‚Schädlings‘ als auch von Auschwitz werden (ebd.). So zeigen die Schlüsselbegriffe „Gleichgewicht der Natur“ und „Kampf ums Dasein“ jene Entwicklung an, die ebenso elementar für die Entstehung des Schädlings wie als Basis der Vernichtungslogik im eliminatorischen Antisemitismus (ebd., 93) verantwortlich sind. Durch den Domestizierungsgedanken der Aufklärung wird das Eingreifen des Menschen in die Natur geradezu als notwendig plausibilisiert, und nicht zuletzt Darwins Degenerationsthese nötigt eine Intervention auf (ebd., 108; Paul 2003, 144). Diese neue Regulierung von Leben und Sterblichkeit, die sie in Anlehnung an Foucault als Biomacht begreift, suggeriert die Kontrollierbarkeit der Natur und legitimiert die Vernichtung von Lebewesen (Jansen 2003, 188f.). Knapp fünfzig Jahre nach Bein benennt sie die Relevanz der sprachlichen Dehumanisierung als einen Teil innerhalb eines Hygienedispositiv (ebd., 250ff.). In diesem wirken Dynamiken zwischen sprachlichen, humanwissenschaftlichen und administrativen Praktiken so zusammen, dass sie totalisierende Effekte wie die ‚Rassengesetze‘ und nicht zuletzt Auschwitz selbst produzieren.
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
2.3.2
Die pejorative Tiersymbolik in der Lingua Tertii Imperii
heterogene Gesamtheit, bestehend aus Diskursen, Institutionen, architektonischen Einrichtungen, reglementierenden Entscheidungen, Gesetzen, administrativen Maßnahmen, wissenschaftlichen Aussagen, philosophischen, moralischen und philanthropischen Lehrsätzen, kurz Gesagtes ebenso wie Ungesagtes, das sind die Elemente des Dispositivs. Das Dispositiv selbst ist das Netz, das man zwischen diesen Elementen herstellen kann (Foucault 2003b, 392).
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Jansens Ansatz folgend, ist davon auszugehen, dass die diskursive Dehumanisierung innerhalb eines Dispositivs seine Wirkung entfaltet und entsprechend innerhalb dieses zu interpretieren ist. Bei einem Dispositiv handelt es sich nach Foucault um
Im Dispositiv verbinden sich Machtstrategien und Wissenstypen, die sich teilweise in diskursiven Formationen materialisieren. Zwar kann über die Rekonstruktion der diskursiven Formationen, folgt man Foucault, die soziale Ordnung nicht gänzlich erschlossen werden, vor den vorausgegangenen Darstellungen gesetzlicher Reglementierungen, der Wissenbestände, der administrativen Entscheidungen etc. kann eine Rekonstruktion der diskursiven Strukturen jedoch die diskursive Materialisation sichtbar machen. Im Folgenden wird dies für die diskursive Dehumanisierung in der Lingua tertii imperii exemplifiziert (vgl. auch Urban 2011, 205ff.): a) Der Gewöhnungseffekt Eine der bemerkenswertesten Untersuchungen zur Wirkung von Tiersymbolisierungen in judenfeindlichen Texten im Nationalsozialismus liefert Alexander Bein. Seine zentrale These ist, dass sich durch eine qualitativ und quantitativ zunehmende Verwendung einer Parasiten-, Kleintier- und Schmarotzermetaphorik das „Gespür für ihre Metaphorizität“ (Bein 1965, 148) auflöst. Statt Analogisierungen und Metaphorisierungen von ‚Juden‘ als Parasiten vollzieht sich eine Identifikation. Diese nicht-metaphorische Gleichsetzung ist historisch nicht einmalig, stattdessen realisiere sie sich in diversen judenfeindlichen Fragmenten: So wie man im Mittelalter in ihnen den Antichrist und Satan erschlug und verbrannte, so war die Methode des Vergasens in den Hitlerschen Mordlagern die logische Konsequenz, nachdem sich die Vorstellung von den Juden als Parasiten und Schmarotzer, Ungeziefer und Bazille endgültig als herrschende durchgesetzt hatte. Waren die Juden wirklich Parasiten, Bazillen und Ungeziefer, so war nicht nur geboten, sie auszurotten, es lag auch nahe, diese Ausrottung mit den Mitteln durchzuführen, mit denen man Bazillen und Ungeziefer vertilgt: mit Giftgas (Bein 1965, 148). 135
2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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Damit Symboliken einen solchen diskursiven Effekt tragen können, bedarf es einer repetitiven Zuschreibung, durch die die reale Substanz der target domain verloren gehen kann und ein „Gewöhnungseffekt“ (Hortzitz 1999, 26) entsteht. Dieser, so Paul, ist als solcher kein rein sprachlicher Prozess, sondern Teilaspekt soziokultureller Dynamiken. Eine kontinuierliche Identifizierung muss Bestandteil hegemonialer Diskurse sein, damit eine doktrinäre Verfestigung ebenso wie eine starke Emotionalisierung forciert werden kann (Paul 1992b, 32f.). Klemperer benennt dies als „Sprachaustausch“ (1969, 23), der präreflexiv erfolge und sich schleichend perpetuiere: Aber Sprache dichtet und denkt nicht nur für mich, sie lenkt auch mein Gefühl, sie steuert mein ganzes seelisches Wesen, je selbstverständlicher, je unbewußter ich mich ihr überlasse. Und wenn nun die gebildete Sprache aus giftigen Elementen gebildet oder zur Trägerin von Giftstoffen gemacht worden ist? Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung da (Klemperer 1969, 23f.). James Young und Christa Schuenke folgen in diesem Punkt Klemperer und konstatieren, sobald „wir zwischen figurativer und wörtlicher Sprache keinen Unterschied mehr machen, (…) Sprache und Metaphern auf[hören], Richter über unsere Gedanken zu sein, und beginnen diese zu tyrannisieren“ (Young/Schuenke 1997, 156). Paul wendet hiergegen ein, dass suggestive Strategien durchschaubar seien und das Alltagswissen Gegenstrategien bereithalte. Daraus leitet Paul eine Willentlichkeit und ein Interesse ab, die die Tiersymbolisierungen motivieren (Paul 1992b, 33f.). Zurückkommend auf die Idee des Dispositivs, erscheint eine solche Gegenstrategie jedoch nur unter Einschränkungen möglich, denn an die diskursive Repräsentation sind Wissensbestände etc. geknüpft, deren Dekonstruktion widerum Wissen und Willensanstrengung bedarf. b) Die Identifizierung Der „Gewöhnungseffekt“ mündet in einer ‚Identifizierung‘ von ‚Juden‘ als ‚Ungeziefer‘, also einer Verschmelzung zwischen source und target domain (Bein 1965, 145). 245 Im vor-rassistischen und frühen rassistischen Antisemitismus wird die uneigentliche Bezeichnung der Symbolisierung noch zu ihrem Ausgangspunkt, also auf die Uneigentlichkeit, zurückgeführt: ‚Juden‘ erscheinen innerhalb der Vertilgungs- und Vernichtungsfantasien des diskursiven Fragments als (niedere) Menschen. Dies begrenzt den Effekt der Symbolisierungen. Im 20. Jahr245
Für Paul scheint das Versagen der Moderne durch die „Wörtlichnehmung“ der Symbolisierung von ‚Juden‘ als Tiere hindurch (Paul 2003, 155).
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
hundert realisiert sich jedoch eine kontinuierliche Identifizierung, in der das Anfangsobjekt aus den Diskursfragmenten vollkommen verschwindet, so Dietz Bering (1978, 348).246 Über die Identifizierung entfaltet sich die Auffassung, dass es sich bei ‚Juden‘ um Schädlinge handele, gegen die entsprechend vorzugehen sei (Cobet 1973, 135-140). Pörksen bezeichnet diese Entwicklung als in „eine immer dichtere und immer stärker verkettete Metaphernwelt eintauchen, in diese abdriften, ohne noch zum nichtmetaphorischen Ausgangspunkt zurückzukehren, dessen stete Präsenz im Bewusstsein ein Korrektiv des metaphernreich Imaginierten darstellen könnte“ (2000, 190). Die Fähigkeit, Menschen als Individuen verschwinden zu lassen, ist wahrscheinlich eine der stärksten Eigenschaften einer pejorativen Tiermetaphorik, wenn auch nicht die einzige, so Pörksen weiter. Jacob Katz hält dieser These entgegen, dass die nationalsozialistischen Täter_innen genau wussten, dass sie bildlich sprachen und es keine Basis gab für „einen Vergleich des unkontrollierbaren und zwanghaften, aber ansonsten harmlosen Rituals als Reaktion des Patienten auf seine Obsession mit dem gezielten Programm der Nationalsozialisten, die eiskalt darangingen, ihre Opfer zu ermorden“ (Katz 1993, 125f.). Auschwitz sei keineswegs auf unterbewusste Impulse zurückzuführen. Bein wendet sich von der Vorstellung des Impulses der Idee des Gebots zu: In diesem diskursiven Gefüge sei der Kampf gegen die ‚Schädlinge‘ ein Gebot – er wird als notwendig für die Erhaltung des eigenen Lebens interpretiert (Bein 1965, 145). Auch Schäfer folgt diesem Ansatz und belegt ihn anhand eines Beispiels: Man bemüht sich, das deutsche Volk gegen diese Infektion so gut als möglich immun zu machen. Dazu gehört auch, dass wir jede engere Beziehung mit den Trägern dieses Giftbazillus vermeiden (Hitler 1937; zitiert nach Schäfer 1962, 73f.). Dass es sich hier um ‚Juden‘ und ihr Wirken in der Gesellschaft handelt, ist dem Text nur noch implizit zu entnehmen. Durch die Identifizierung wird die Ordnung der Lebewesen neu justiert und ‚Juden‘ werden in den Kategorien der ‚niederen‘ Tiere verortet.247 Als Grundlage dieser Identifizierung werden interdis246
247
Auch dies ist in historischer Betrachtung kein Alleinstellungsmerkmal der Lingua Tertii Imperii. Sax zeigt anhand einer Verurteilung eines Pärchens im mittelalterlichen Paris auf, dass der Sex zwischen einem christlichen Mann und einer jüdischen Frau als Sodomie geahndet wurde, die jüdische Frau also als Tier wahrgenommen wurde (Sax 2000, 21). Die Grenze zwischen dem, was als Tier verstanden und was dem Humanen zugehörig definiert wird, hängt entsprechend von der hegemonialen Ordnung ab, innerhalb der die Differenzsetzung zwischen Mensch und Tier bzw. dem Eigenen und dem Anderen gezogen wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen die Studien von Jäckel (1969, 84) über Symbolisierungen von Bormann und Hitler (Jäckel 1969, 76) sowie Schäfer über Hitler (1962, 73) und Aly über Goebbels (1998, 374).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
kursive Verknüpfungen mit biologischen, technischen und medizinischen Spezialdiskursen begriffen, durch die Konstruktionen wie der ‚Volkskörper‘ in einer „naturhaften Bedeutung ernst genommen“ (Bein 1965, 124) werden können. Enzensberger geht ebenfalls von einer starken Identifizierung aus. Er zeigt anhand von Dokumenten über das Entwesungsmittel Zyklon B, wie direkt die Transferleistung zwischen der Vernichtung des ‚Schädlings‘ und dem Mord an den europäischen Juden und Jüdinnen gestaltet war (Enzensberger 2001, 248).248 Diese Identifikation wird ebenfalls in bewegten Bildern anschaulich, so Hornshöj-Möller. Wie bereits oben expliziert, wird in „Der ewige Jude“ über filmische Mittel eine Analogisierung zwischen ‚Ratten‘ und der ‚jüdischen‘ Bevölkerung in den Ghettos realisiert, worüber eine Hervorhebung der ‚animalischen Natur‘ von ‚Juden‘ intendiert wird. Mithilfe eines Schnittes wird eine Differenzsetzung zu einer ‚arischen‘ Frau umgesetzt, die sich in einem lichtdurchfluteten, geräumigen Haus bewegt. Mit Hilfe der Differenzsetzung gelänge eine Amalgamierung der beiden ‚animalischen‘ Konstruktionen und damit eine Identifikation des ‚Juden‘ als Ratte (1995, 207).249 c) Die Persuativität Ein weiteres Charakteristikum in judenfeindlicher Tiersymbolik ist die verstärkte diskursive Überzeugungskraft. Gegenüber einem rein nominativen Bezeichnen liefern die Tiersymbolisierungen in ihrer expressiv-metaphorischen Zuweisung ein surplus.250 Denotation und Konnotation setzen die rezipierende Person einem
248
249
250
Ob diese Transferleistung aus pragmatischen Gründen der Effektivität gewählt wurde, oder aber eine partielle tatsächliche Identifizierung bei den diskursiven Akteuren vorlag, ist in der Scientic Community umstritten. Sax zeigt außerdem, dass Zyklon B, das eigentlich zur Entlausung von Armeeunterkünften hergestellt wurde, bereits an russischen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs getestet und für „wirkungsvoll“ befunden wurde (2002, 21f.). Der Einsatz von Giftgas als Kriegsmitteln, wenn auch in einem anderen Umfang und mit anderer Intention, schien im Kriegsfall nach außen und innen legitimiert (ebd.). Auch Sax bezieht sich auf visuelle Identifizierung von Menschen als ‚niedere‘ Tiere, indem er die dehumanisierenden Praktiken des Entkleidens und Zusammendrängens in den Antichambres der Vernichtung mit den Praktiken der Vernichtung in den Schlachthöfen vergleicht. Der Mensch wurde dem Tier ähnlich gemacht und dann als solches vernichtet. Die visuelle Entmenschlichung in Form der Nacktheit erleichtere es, die Opfer zu vernichten, so Sax (2000, 150). Eberhard Jäckel führt dies auf eine neue Schärfe in den Handlungsappellen der nationalsozialistischen Propagandisten zurück, die von sich sagen: „Wir wollen keine Gefühlsantisemiten sein, die Pogromstimmung erzeugen wollen, sondern es beseelt uns die unerbittliche Entschlossenheit, das Übel an der Wurzel zu packen und mit Stumpf und Stil auszurotten“ (Hitler 1920, 81f.; zitiert nach Jäckel 1969, 63). Ebenso folgt Bein, im Anschluss an Cassirer, dieser Deutung und plausibilisiert die diskursiven Ausprägungen des nationalsozialistischen Antisemitismus als die
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2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
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interpretativen Zwang aus. So zeichnet Nicoline Hortzitz nach, dass Tiersymbole in diversen Diskursfragmenten ab der Neuzeit weniger als Behauptungen eingesetzt sind, sondern vielmehr (im Sinne der Sprechakttheorie) in einer persuativen Funktion erscheinen: Sie sollten überzeugen, den Wissensstand der Rezipient_innen verändern und einen Konsens schaffen. Rhetorisch wird dies über den Aufbau einer starken emotionalen Spannung erreicht, die „imperativistische Handlungsappelle“ (1999, 23) beinhaltet. Volkov hebt weiter hervor, dass sich die Funktion der Sprache mit der Lingua Tertii Imperii, und mit ihr der uneigentlichen Bezeichnungen, wiederum verschiebt: Es war die Sprache der Demagogen, der Deklamation und des Gebrülls, mit im Wind flatternden Fahnen und dem Hakenkreuz, wohin man schaute. Es war eine Kultur, in der verbale Aggression nicht ein Ersatz für Handeln war, sondern seine Vorbereitung. Im Gegensatz zu der Sprache des Wilhelminischen Deutschland war dies ein Medium, das in allem Ernst beabsichtigte, zu glorreichen Taten zu führen (Volkov 1990b, 74). Der Wandel der propagandistischen Sprache, in die die Symbolisierungen eingebettet sind, sowie die nicht-diskursiven Praktiken bewirken die Intensivierung der Symbolisierungen, so auch Paul (2003, 139f.). Mit dieser Intensivierung steigt die Persuativität, in der die Handlungsrationalitäten als formlogisches Vorgehen gegen ‚niedere‘ Tiere plausibilisiert werden. d) Die Naturalisierung Wie bereits eingangs im theoretischen Zugang hergeleitet, handelt es sich bei dem, was wir unter dem ‚Tier‘ verstehen, um eine soziale Konstruktion. Diese kulturtypologischen Konventionen, die als natürlich und präreflexiv verstanden werden, färben auf die target domain als deren Natur ab. Diese Naturordnung veränderte sich durch die sozialdarwinistischen Diskurse, die als legitime Beweisführung weitgehend unhinterfragt blieben, und hatte somit einen starken Einfluss auf die kulturelle Produktion ethischer Normen und Werte, stellt Alexander Demandt fest (1978, 35f.). Diese manifestierten sich in den Konstruktionen des Eigenen, der Nation als organischer Einheit, wie des Anderen als minderwertigem Fremden. Diesen Einfluss auf politische und ethische Beweisführungen benennt Francesca Rigotti als „Objektivierung der Geschichte in mythischer Form“ (Rigotti 1994, 122). In Bezug auf pejorative Tiersymbolik bezeichnet auch Bein die Symbolisierungen als „begriffliche Objektivierung“ (Bein 1965, 123), durch die Prämissen erstellt werden, die ihren unmittelbaren Auslö„Provokation eines Affektes, einer heftigen Leidenschaft“ (Cassirer 1949, 368f.; zitiert nach Bein 1965, 123).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
secharakter verlieren. Paul beschreibt diesen Prozess als „eine Rationalität in Gestalt einer logischen Ableitung“ (Paul 1992b, 23), die eine Legitimität im Umgang mit der source domain auf die target domain ausweitet. Diese Rationalität ermöglicht es, Hemmungen zu überschreiben und im Sinne einer „zynischen Sachlichkeit“ (ebd., 33) lang etablierte Tabus zu ignorieren. Eine Naturalisierung ist damit Teil eines Abstraktionsprozesses, aus dem eine Versachlichung des Tötens resultieren kann, da der oder die zu Tötende auf eine Sache oder eine minderwertige Kreatur reduziert ist (Claussen 1994, 64).
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e) Die Entlastung Der Abstraktionsprozess vom humanen Antlitz des Opfers erleichtert die Überwindung der Tötungshemmung. „Eine physische Eliminierung eines Feindes kann widerstandloser und reibungsloser durchgeführt werden, wurde er zuvor in ein schädliches Tier umgewandelt“ (Rigotti 1994, 135). Dies evoziere Ekel und senke somit die Vernichtungshemmungen (ebd.). Wenn es nur noch um die Vernichtung von ‚Ungeziefer‘ oder Bazillen gehe, könne der Soldat in Auschwitz und anderswo selbst im Akt des Tötens ehrenhaft bleiben, da er wie jeder gute Kammerjäger oder Arzt seinen Job coram publico erledige (Bering 1978, 348; Hortzitz 1999, 25; Pörksen 2000, 182; Rigotti 1994, 135). Bein verweist bei der Beweisführung dieses sprachlichen Effekts auf die massensuggestive Wirkung der Lingua Tertii Imperii: Die Darstellung des Juden als Parasiten, als Ungeziefer, als Bakterien und Bazillen, die überall zersetzend und vergiftend eindringen und mit dämonischer Kraft den deutschen Volkskörper und jeden einzelnen Deutschen zu zerstören trachten, kraft ihres Lebensgesetzes als Parasiten, Bakterien und Ungeziefer, schaltete in weitem Maße den inneren Widerstand bei den Massen aus, und wer gehört – mindestens in einer bestimmten Schicht seines Wesens – nicht zu den Massen? (Bein 1965, 148). Auch Paul beschreibt diese Entlastung ähnlich, stellt jedoch den diskursiven und nicht-diskursiven Rahmen stärker in den Vordergrund und identifiziert die Symbolisierung von ‚Juden‘ als Impuls der Abwehr. Die Symbolisierungen interpretiert er als „Auslösesignal“ in einem „gewaltästhetischen Klima, in welchem der aufgerufene Affekt und die aufgerufene, gewaltsame Tat in fiktionale Deutungsschemata eingebettet werden können und dann die moralische Auslotung von Denken und Handeln entlasten“ (Paul 1992b, 31). Der Einsatz für den Erhalt des Eigenen erfolgt dabei als Verteidigung gegen einen übermächtigen Gegner, der entweder durch Massenhaftigkeit, Verschlagenheit oder durch eine universelle Weltbeherrschung zum Tod des Eigenen führen wird, wenn man ihm nicht zuvorkomme. Die kollektive Regression gegenüber dem Anderen wird also durch 140
2.3 Zur Kontingenz pejorativer Tiersymbolik
f) Die Legitimisierung
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eine „Notstands-Vorstellung“ (Paul 1992b, 32) beziehungsweise dem Gefühl einer ohnmächtigen Notwehr (Paul 1992a, 222) entlastet.251 Jansen folgert in ihrer Analyse hingegen, dass es sich im Falle von Auschwitz keineswegs um eine ohnmächtige Notwehr gehandelt habe, vielmehr um eine bürokratische, kontrollierte und rational umgesetzte Vernichtung des menschlichen Lebens, das als ‚schädlich‘ ausgemacht ist. Die Rationalität bilde ihrer Ansicht nach die Entlastung. Für diese maximale Technisierung der Tötungen ist die Vorstellung von minder- und hochwertigen Lebewesen und vom Imperativ der Beherrschung und Formung der fehlgeleiteten Natur, wie sie der Eugenik und Rassenlehre innewohnt, essentiell (Jansen 2003, 103).
In den Subscriptiones der Tiersymboliken sind Handlungsappelle formuliert, die argumentativ mit Legitimität ausgestattet sind, die Elimination erscheint als logische Ableitung. Die Tötungshemmung ist durch Effekte der Gewöhnung, der Identifikation wie der Naturalisierung minimiert, an ihre Stelle tritt die Etablierung einer anzustrebenden Ordnung. Ein diskursiver Rahmen für diese neue Ordnung ist durch die Entwicklung des Humanismus entstanden: Ein Eingreifen in die Natur im Sinne der Regulierung der ‚schädlichen‘ Tiervielfalt ist legitim, seitdem die Christen die Hoheit über die Bedeutung der ‚göttlichen Schöpfung‘ übernommen haben (Paul 2003, 144). Statt mit der Tötung ins Barbarische abzugleiten, wird sie über die Abstraktion, Objektivierung und vermeintliche Rationalität zum Akt einer zivilisierten und aufgeklärten Gesellschaft (Mogge 1977, 125). Gegen eine solche These der Rationalität wendet Paul ein, dass noch 1944 im nationalsozialistischen Führungsstab der Wehrmacht ein diskursiver Wandel stattfand: Obwohl der systematische Massenmord bereits seit Jahren organisiert wurde und die ‚Ausrottung‘ des europäischen Judentums immer wieder Bestandteil eines öffentlichen Diskurses war, griff der Führungsstab zunehmend auf die Kollektivsymbolik der Vertreibung zurück (Paul 2003, 137). Ebenso geht Bein von einem Dilemma der nationalsozialistischen Propaganda seit 1939 aus, da „selbst in radikalen nationalsozialistischen Kreisen (...) lediglich von der rechtlichen und räumlichen Trennung der Juden und der Deutschen“ ausgegangen wurde und „Pläne zur Massenvernichtung selbst Kreisen ihrer eigenen Anhänger damals noch grausam, unwirklich und unrealisierbar erschienen“ (Bein 1980, 378; zitiert nach Paul 2003, 138). 251
Psychologisch hänge an dieser emotionalisierenden ‚Ungeziefer‘-Symbolik eine Dialektik aus Stärke und Schwäche: Während einerseits eine allumfassende Bösartigkeit und Skrupellosigkeit heraufbeschworen wird, sei in der Sprache der Agitation die Vernichtung des ‚Ungeziefers‘ ein erstaunlich leichtes Werk (Löwenthal/Gutermann 1966, 42ff.; zitiert nach Winkler 1970, 96).
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2 Pejorative Tiersymbolik in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Die vorangestellte Systematisierung zeigt, dass selbst sechzig Jahre nach Auschwitz über die facettenreichen Effekte der pejorativen Tiersymbolisierungen keine Einigkeit innerhalb der Scientific Community besteht und keine homogene Erklärung für den Anteil der diskursiven Formationen an den nichtdiskursiven Praktiken, totalisierenden Effekten und außer-diskursiven Manifestationen bereitgestellt wird. Dennoch können die einzelnen Ansätze für eine Annäherung an die Signifikanz pejorativer Tiersymbolisierungen fruchtbar gemacht werden. Im Rekurs auf Herbert Blumer (2012, 322) resümiere ich, dass Menschen sich Artefakten – wie der Konstruktion des ‚Juden‘ – gegenüber so verhalten, wie sie diesen Bedeutung zuweisen. Dieser Prozess ist nicht zufällig und individuell, sondern ein gesellschaftlicher. In sozialem Verhalten passen sich die Akteure einander an, auch wenn die Deutungszuweisung prozesshaft und die Deutungen kontigent bleiben (Blumer 2012, 337-340). Der Idee des Dispositivs folgend kann davon ausgegangen werden, dass diese Zuschreibungen nicht nur diskursiv erzeugt sind, sondern ebenso durch nicht-diskursive Praktiken ebenso wie durch Institutionen, Gesetze, politische Programme etc. entstehen (vgl. auch Jäger 2001, 57). Im Nationalsozialismus interagiert die soziale Konstruktionen des ‚Juden‘ mit etwas, was ich hier „Vernichtungs-Dispositiv“ nennen möchte. Dieser setzt nicht nur die Rahmenbedingungen der Vernichtung des Anderen, sondern bietet auch Raum für die Hegemonialisierung von Wissenstypen für das Eigene. Innerhalb dieses Dispositivs wird in einem interpretativen Prozess nicht nur auf einen kulturellen Wissensvorrat an Versinnbildlichungen und Deutungen zurückgegriffen, der hier u.a. durch soziokulturelle und (pseudo-) wissenschaftliche Entwicklungen reproduziert, in den Medien, in politischen Kampagnen und in der interpersoneller Kommunikation aktualisiert wird, er konturiert auch die Erfahrungsmöglichkeiten, die Grenzen des Sag-, Denk- und Lebbaren. Diese Konstruktionen des Anderen wirken zumeist präreflexiv, sind voraussetzungsvolle Unterfangen, die immer mit Rückgriff auf kulturelle Wissensbestände ablaufen und das Denken und die Erfahrung relativ umfangreich strukturieren. Gleichwohl determinieren solch hegemoniale diskursive Konstruktionen nie die ‚Wirklichkeit‘ im Sinne einer aufoktroyierten Prägung, sondern die Subjekte werden ebenso als Mitproduzent_innen aktiv und rejustieren Bedeutung fortwährend neu. Im Rekurs auf Laclau (2010, 65ff.) kann sich dieses als Über- und Unterdetermination dessen, was als ‚Jude‘ betrachtet wird, interpretieren lassen. Was der ‚Jude‘ ist, wird immer nur partikular gefüllt, indem er als fremd, infizierend, überintelligent etc. identifiziert wird, eindeutig objektiv lässt sich niemals fassen, was ‚jüdisch‘ ist. Überdeterminiert ist die Zuschreibung ‚Jude‘, da sie viel mehr als nur ‚den Juden‘ bestimmt: Wie wir gesehen haben, wird immer auch das Eigene in Abgrenzung zum Anderen konfiguriert, und dies entlang von dichotomen Diskursformationen wie gesund/krank, lebenswert/lebensunwert etc.
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Über die Tiersymbole in der Lingua Tertii Imperii realisiert sich diese Überdetermination vor allem als Repräsentation eines ‚Volkskörpers‘, der unter Bedrohung steht. Identitätsfigurationen werden konstituiert, in denen konforme Verhaltensweisen, Schönheitsnormen, Moralien und Sexualitätsentwürfe, Hygienevorstellungen, politische sowie soziale Bestimmungen, also was als normal, konform, lebenswert und gesund gilt, festgelegt werden. Die Differenzsetzung kann demzufolge als dialektisches Verhältnis zwischen der eigenen Identitätsgemeinschaft und dem dehumanisierten Anderen (Hall 2000, 8) begriffen und damit als produktiv wahrgenommen werden. Bei diesem Vernichtungs-Dispositiv realisieren sich eine „Vielzahl totalisierender Effekte“ (Laclau/Mouffe 2012, 181). Die Vernichtungsmaschinerie, bzw. die breite Duldung einer antisemitischen Ausgrenzung, wenn nicht gar partielle Partizipation seitens der nicht-jüdischen Bevölkerung, ist das erschreckende Resultat solcher Effekte. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2.4 Auschwitz und die Grenzen des Sagbaren
2.4
Auschwitz und die Grenzen des Sagbaren
Auschwitz wirkt sich bis heute als Zäsur aus, die sich facettenreich äußert252 und vor allem judenfeindliche diskursive wie nicht-diskursive Praktiken tabuisiert, wenn auch die Auseinandersetzung mit ihnen bis zum heutigen Tage andauert. Obwohl Klemperer im Jahr 1946 noch fürchtete, dass Spezifika der Lingua Tertii Imperii diese Zäsur überleben könnten (Klemperer 1969, 22), gelten in concreto ‚Ungeziefer‘-Symbolisierungen in der politischen Rede aufgrund ihrer Vernichtungsimplikationen als außerhalb der Grenzen des Sagbaren liegend (KellerBauer 1984, 75; Pörksen 2000, 178). Daher aktualisierte sich das kollektive Bildrepertoire in den späten 1940er-Jahren grundlegend (Paul 1992b, 32). Die Einsicht von Heinrich Böll, mit der dieses Kapitel eingeleitet wurde, konzipiert diese Regulierung der Sprache als „Gewissensfrage“. Diese „Gewissensfrage“ spielt in den Aushandlungen des legitimen Bildrepertoires im postfaschistischen Deutschland eine zentrale Rolle (vgl. viertes Kapitel).
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Zur Neuordnung nach 1945, dem diskursiven Wandel einer Kontinuitätendiskussion und folgenden Kontroversen in der Geschichtswissenschaft siehe Niethammer/Herbert (1999); über juristische Aufarbeitung siehe Hayes (1996) und Frei (1996) und zu Praktiken der Erinnerung siehe u.a. Brink (1996) und Hoffmann (1996). Zur Bewertung von Auschwitz als Kernpunkt einer Bewältigung der deutschen Geschichte im Rahmen einer staatlichen Erinnerungspolitik mit dem Ziel einer Rehabilitierung der deutschen Nation und ihren Auswirkungen auf das kollektive Gedächtnis vgl. Assmann (2006) sowie die Ausführungen im vierten Kapitel.
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Die Symbolik der Heuschrecke Durch häufiges Befahren oder Betreten der Wege einer Metapher können ihre Implikationen so eingefahren bzw. -getreten werden, daß sie sich verlieren. Der Weg wird breiter, fester, wird zur Straße, ja schließlich vielleicht gar zur Autobahn. Aber Metaphern – noch eine letzte Metapher – Metaphern sind keine Autobahnen (Keller-Bauer 1984, 95).
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3
In Anlehnung an diesen Aphorismus von Friedrich Keller-Bauer sollen nun die eingefahrenen Implikationen einer einzelnen Insekten-Symbolik rekonstruiert und mit der parallelen Tiersymbolik und ihren diskursiven Verknüpfungen, wie im vorausgegangenen Kapitel entwickelt, kontextualisiert werden. Bei dieser einen Symbolik handelt es sich um die ‚Heuschrecke‘, nicht ohne Grund, so sei hier vorweggenommen, denn entlang dieser Symbolik verschieben sich im Jahr 2005 die Grenzen des Sagbaren im Bezug auf eine Tabuisierung von ‚Ungeziefer‘-Symbolik in der öffentlichen Rede. Für die Rekonstruktion der kontingenten tertia comparationes der Symbolisierung wird anfangs ein Blick auf die alttestamentarische Textstellen gelenkt, die in den aktuellen Subscriptiones als inititale Kodifizierung identifiziert werden können.253 Um danach keine Tour de Force durch drei Jahrtausende zu beginnen, und dabei der Versuchung zu erliegen, die soziokulturelle Relevanz von Insekten, ebenso wie die Konstruktion des Anderen, über eine solche Zeitspanne zu rekonstruieren, sind wenige diskursive Fragmente herausgegriffen, über die epochale Prägungen exemplarisch expliziert werden sollen. Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fragmente entstammen den kanonisierten Schriften der großen Theoretiker, der Naturforscher, Chronisten und Enzyklopädisten.254 Sie werden durch Lexika und Fachliteratur aus den Bereichen Theologie, Forschung
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Natürlich kann es in einer sozialwissenschaftlichen Arbeit nicht um die Exegese religiöser Texte gehen. So ist es für den Verlauf dieser Arbeit unwichtig, wie der jeweilige Text damals und im religiösen Kontext funktioniert hat und welche Wirkung er auf hypothetische Rezipient_innen besessen haben mag. Eine systematische Betrachtung historischer Lesarten soll und kann hier nicht geleistet werden. Der Datenkorpus repräsentiert nur eine bestimmte Art des Expertendiskurses, wie dies leider generell für die Vormoderne zu vermerken ist (vgl. 1.4).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
zur Antike und Mediävistik ergänzt (Kapitel 3.1).255 Den vormodernen Fragmenten ist einer Analyse der Okkurrenzen des Symbols der ‚Heuschrecke/n‘ in der Literatur der Moderne angeschlossen, auf der hier das Hauptaugenmerk gerichtet sein wird. Anhand einer Systematisierung der Deutungsmuster in den Subscriptiones lässt sich zwischen neun verschiedenen Motiven differenzieren, deren initiale Kodifizierungen zumeist bereits durch das Alte und Neue Testament vollzogen wurde (Kapitel 3.2).256 Trotz dieser übersichtlichen Motivvielfalt wird sich zeigen, dass sowohl die target domains als auch die diskursiven Kontexte variieren, wie im Einzelnen auszuführen sein wird. Ein diskursiver Kontext, dem hier im Kontext der Dehumanisierung des Anderen besonderes Gewicht zukommt, sind judenfeindliche und antisemitische Diskursfragmente (Kapitel 3.3).257 Den roten Faden durch die Analyse stiftet die einleitende Sentenz von KellerBauer: Welche Implikationen treten sich ein? Können Diskontinuitäten herausgearbeitet werden? Und welche Subscriptiones entfaltet die ‚Heuschrecken‘Symbolik in der Lingua Tertii Imperii in einem diskursiven Rahmen, der im vorausgegangenen Kapitel als ‚Vernichtungs-Dispositiv‘ bezeichnet wurde?
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Innerhalb dieses Exkurses können nur einzelne Veränderungen zwischen Spätantike und der Frühen Neuzeit skizziert werden. Ich beziehe mich hier auf die geschichtswissenschaftliche Epoche der Moderne und nicht auf die literarische Moderne, die deutlich später, nämlich um 1900 beginnt. Um es in literaturwissenschaftliche Begrifflichkeit zu fassen: Im Datenkorpus sind nicht nur auch, sondern vor allem Werke der Klassik enthalten. Durch Verfolgung von Verweisen in Sekundärliteratur und umfangreiche Suche in diversen Archiven ist hierfür ein ergänzender Datenkorpus entstanden. Der Korpus ist dabei möglichst breit angelegt: Neben Kinderbüchern, Belletristik, Flugschriften, christlichen Journalen und Zeitschriften besteht er aus klassischem Propagandamaterial wie Texten aus „Der Stürmer“ und Propagandafilmen. Eröffnet wird die Analyse mit einer Flugschrift aus dem Jahr 1819, in der sich erste Anzeichen eines neu erwachenden Antisemitismus entdecken lassen. Zeitlich begrenzt ist der Korpus durch das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland und damit der rechtlichen Reglementierung der öffentlichen Artikulation des Antisemitismus.
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3.1 Die Heuschrecken des Alten und Neuen Testaments
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3.1
Die Heuschrecken des Alten und Neuen Testaments
Im ersten Buch Mose wird die Erschaffung der Welt und mit ihr die Erschaffung der Tiere thematisiert (Gen. 1, 20-31).258 Die Tiere sind vorrangig einer pragmatischen Natur untergeordnet, und fast ein Drittel der etwa 130 in der Bibel vorkommenden Tierarten sind im Katalog reiner und unreiner Tiere systematisiert (Lev. 1; Deu. 14). Am häufigsten erscheinen die Haustiere, deren Produkte oder Fleisch ebenso eine große Rolle spielen wie ihre Darreichung als Opfertiere. Tiere haben selten nur eine einzige Zuschreibung und sind vielmehr facettenreich symbolisch aufgeladen. Die Taube, so wird heute interpretiert, galt beispielsweise nicht nur als Opfertier, sondern auch als Symbol für Sanftheit (Mt. 10,16), war Kosename für eine Braut (Hld. 2,14), spielte eine entscheidende Rolle in der Sintfluterzählung (Gen. 8,8-12) und versinnbildlicht nicht zuletzt den Heiligen Geist (Mt. 3,16) (Anzulewicz 2009, 29).259 Auch nicht-antropomorphe Tiere wie Insekten sind in der Bibel symbolisch aufgeladen, erhalten jedoch überwiegend negative Zuschreibungen (Anzulewicz 2009, 30ff.).260 Die Heuschrecke wird von allen Insekten im Alten Testament am häufigsten erwähnt (Demandt 1978, 30). Das Hebräische besitzt eine außerordentliche Vielfalt an Synonymen für dieses Insekt (Realencyklopaedie 1900/8, 28ff.). Im Tanach erscheint die Heuschrecke unter vierzehn verschiedenen Bezeichnungen, die wahrscheinlich auf unterschiedliche Spezies und Entwicklungsstufen zurückzuführen sind. Das gebräuchlichste hebräische Wort ‘arbE261 beschreibt die gesamte Gattung und findet sich in verwandter Form auch in anderen semitischen Sprachen wie im Akkadischen (aribu/eribu) und im Ugaritischen (‘irby). Der sich lediglich durch eine Akzentverschiebung unterscheidende Terminus ‘arbeh, 258
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Quellenzitate aus der Bibel werden in klassischer Zitierung nach den Loccumer Richtlinien durch Buch- und Versanzeigen vorgenommen. Wenn auf den konkreten Wortlaut einer Bibelfassung hingewiesen wird, folgt die Angabe der Quelle. Ich verwende im Folgenden die Bezeichnungen der Vulgata und der Lutherbibel: Für die Vulgata verwende ich bei den Kapiteln die römischen Zahlen, in der Lutherbibel die arabischen, so wie es in den Büchern selbst erscheint. Aber auch bei Tieren wird zwischen wertlos und wertvoll differenziert: So gilt beispielsweise der Sperling für Jesus als Metapher für einen wertlosen Handelsgegenstand (Mt. 10,29, 31) (Anzulewicz 2009, 29). Zum Beispiel fungiert der Wurm als Symbol der Wehrlosigkeit, er wird zum Inbegriff der Ohnmacht des Menschen (Ps 22,7; Jes. 41,14), außerdem wird auch seine potentiell zerstörerische Wirkung angeführt (Ex. 16,20, 24), die ihn zum Symbol des Todes macht (Jes. 14,11) (Anzulewicz 2009, 30ff.). Um eine breitere Verständlichkeit zu gewährleisten, habe ich mich hier für eine Übersetzung in die lateinische Schreibweise entschieden. Durch Akzente und hochgestellte Buchstaben soll die Übersetzung präzisiert werden.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
der in den Sprüchen verwendet wird, bezeichnet hingegen die Heuschrecke in einem Stadium, in dem die Insekten voll entwickelt ausschwärmen können (Forti 2008, 111).262 Sol‘am (Lev. xi 22) ist hingegen die Bezeichnung für die Steinheuschrecke und hargol (Lev. xi 22) wird ebenso wie hagab (Lev. xi 22; Num. xiii 33; Isa. xl 22; 2 Chr. vii 13) als Grashüpfer übersetzt. Die Bezeichnung harjal findet sich außerdem im Arabischen wieder und beschreibt eine Herde von Pferden (vgl. Jewish Encyc 1907, 269).263 Kommentatoren wie Rashi bringen die Terme gazam, ‘arbeh, yeleq und hasil für ein und dasselbe Tier in unterschiedlichen Entwicklungsstadien zusammen.264 Gazam wird dabei oft mit dem Verb „reduzieren“ in Verbindung verwendet; hasil stammt von der Wortwurzel des Verbs „eliminieren“ und bezieht sich auf das Stadium, in dem die Heuschrecken sogar die Samen verzehren (Deut. xxviii 38) (Forti 2008, 111). Die Bezeichnung yelep steht vor allem im Kontext von Anzahl und Fruchtbarkeit.265 Im Tehillim, im Buch Joel, sind sie außerdem mit dem Motiv der Plage und dem Skript des Fressens verbunden. Bei manchen Wortbedeutungen sieht es wiederum die Hebraistik als ungeklärt an, ob es sich um unterschiedliche Stadien der Entwicklung handelt oder verschiedene Spezies oder übergeordnete Bezeichnungen gemeint sein könnten (Forti 2008, 112). Im Gegensatz zum hebräischen Tanach findet sich in der vorreformatorischen lateinischen Vulgata nur noch eine kleine Auswahl dieser begrifflichen Vielfalt, und die lateinische Übersetzungen wird, mit wenigen Ausnahmen, als locusta wiedergegeben (Forti 2008, 111).266 Statt der Varianz der Bezeichnung sind in der Übersetzung andere Tiere als source domain eingefügt worden: „Ibi comedet te ignis, / peribis gladio, / devorabit te ut bruchus. Augere ut bruchus, / multipli-
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Dieser wird auch in den Erzählungen über die Ägyptischen Plagen verwendet. Andere Bezeichnungen für Heuschrecken sind gobay (Amos vii 1; Nah iii 17), gebim (Isa. xxxiii 4), gazam (Amos iv 9; Joel i 4, ii 25), hasil ( 1 Kgs viii 37; Isa. xxxiii 4; Joel i 4, ii 25; Ps. lxxviii 46; 2 Chr. vi 28), hanamal (Ps. lxxviii 47), yeleq (Jer. li 14,27; Nah. iii 15,16; Joel i4; ii 25; Ps. cv 34), selasal (Deut. xxviii 42) und seponi (Joel ii 20) (Forti 2008, 111). Diese Auslegung teilt auch das Kirchenlexikon (1888, 1978), es bringt die hebräischen Bezeichnungen jedoch in eine andere lateinische Lautschrift, nämlich jelek, chasil, gasam und arbeh. Dies findet sich in beiden Stellen in Jeremia, in beiden im Buch Nahum und im Buch der Psalmen. Selbst hargol (Lev. xi 22) und hagab (Lev. xi 22; Num. xiii 33; Isa. xl 22; 2 Chr. vii 13), eigentlich Bezeichnungen für Grashüpfer, finden sich in der Übersetzung als locusta (Forti 2008, 111). Eine weitere Ausnahme stellt gazam in Prophetia Amos dar. Dort wird sie als eruca wiedergegeben, als Kohlraupen im Olivenhain (Amos iv 9). Gazam wird in der Vulgata nicht durchgängig als eruca übersetzt, und in Prophetia Ioel steht wieder locusta. Eine weitere Ausnahme ist die Übersetzung von yelep im Buch Jeremiah (Jer. li 14-27) und im Buch Nahum (Nah. iii 16). Hier wird yelep als bruchus übertragen, also als Käfer. Bruchus findet sich in der Vulgata oftmals parallel zu locusta (Nah. iii 15).
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3.1 Die Heuschrecken des Alten und Neuen Testaments
care ut locusta“ (Vulgata 1986, 1715).267 Wie dieses Beispiels zeigt, ist in dieser lateinischen Übersetzung der Käfer Symbol für den massenhaften Einfall und das Abfressen, während die Heuschrecke nunmehr nur noch für einen kurzen Reproduktionszyklus steht. Dies geht wiederum auf Plinius zurück, der bruchus als kleine und besonders gefräßige Heuschrecke ohne Flügel bezeichnet, athelabus oder auch adlacta als Heuschrecke mit Stummelflügeln und locusta als eine ausgewachsene Heuschrecke mit vier Flügeln, einem pferdeähnlichen Kopf und einem viereckigen Mund (Plinius 1977/11, 101-107; zitiert nach Rohr 2007, 464). Diese Sichtweise übernahmen Isidor in der Etymologia (Sevilla 2008, 12,8,9; zitiert nach Rohr 2007, 464), Vinzenz im speculum naturale (Beauvais 1964, 20,120 und 139-143; zitiert nach Rohr 2007, 464), Albertus (Magnus 1974, 26,9;11,17; zitiert nach Rohr 2007, 464) und Thomas im liber de natura rerum über adlacta (Cantimprato 1973, 9,4; zitiert nach Rohr 2007, 464), über de bruco (Cantimprato 1973, 9,10; zitiert nach Rohr 2007, 464) und über de lucustis vermibus (Cantimprato 1973, 9,25; zitiert nach Rohr 2007, 464).268 Eine weitere Ausnahme besteht in der Übersetzung von seponi im Buch Joel, wo es als „Et eum, qui ab aquilone est“ (Joel ii 20; Vulgata 1986) ins Lateinische übertragen ist. Hier bleibt unentschieden, ob statt als seponi nicht vielmehr als hpfphoni auszusprechen ist und damit als „der, der aus dem Norden kommt“.269 Aus diesem kleinen Exkurs lässt sich zweierlei resümieren: Erstens ist in der lateinischen Übersetzung ein Bedeutungsverlust, also die Einebnung einer Vielzahl an Spezifika, zu diagnostizieren. Zweitens scheint die Heuschrecke über die Übersetzungen ins Lateinische ihre facettenreiche Subscriptiones eingebüßt zu haben und Stellen, in denen einstmals eine Heuschrecke als Symbol erschien, sind nun mit einem anderen Tiersyymbol besetzt. 270
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„Aber das Feuer wird dich fressen und das Schwert dich töten. Es wird dich abfressen wie ein Käfer, auch wenn ihr zahlreich seid wie Käfer, oder euch vermehrt wie Heuschrecken.“ Das Kirchenlexikon (1988, 1978) zählt neben bruchus, locusta und attacus noch ophiomachus und rubigo als eine Gattungsbezeichnung auf (Lev 11, 22). In den entsprechenden Stellen (Deut 28,38 und Nah. 3,17) findet sich in meiner Vulgata (1986) jedoch in beiden Übersetzungen locustae und in den entsprechenden Stellen in der Lutherbibel ‚Heuschrecke‘ (Lutherbibel 1912, Deut 28,38 und Nah. 3,17). Diesen Hinweis verdanke ich Ray Kowaleskaya. Da das Alte und das Neue Testament etwas zeitgleich für die Vulgata ins Lateinische übersetzt wurden, kann der Bedeutungsverlust nicht an einer diachronen Perspektive festgemacht werden. Dies lässt darauf schließen, dass ein Verlust der Bedeutungsvielfalt bereits in Urfassungen der Texte angelegt ist: Während für das Alte Testament teils der hebräische Tanach und teils die Septuaginta vorlag, ist das Neue Testament direkt aus dem Griechischen übersetzt. Dies wird jedoch als kaum nachvollziehbar eingeschätzt. Für den Bildervorrat im Mittelalter ist dies jedoch nicht von Relevanz, da dort die Vulgata rezipiert wurde. Für diesen Hinweis bin ich Cordelia Hess zu Dank verpflichtet.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Der Verlust der begrifflichen Spezifik bei der Übersetzung des Alten Testaments271 gilt nicht nur für die Vulgata, sondern ebenso für die Lutherbibel.272 Obwohl Luther auf die hebräische Quelle zurückgreift, ebnet auch die deutsche Übersetzung die große Varianz des hebräischen Originals ein. Zum einen wurde gazam – ebenso wie in der Vulgata – als ‚Raupe‘ übersetzt (Amos iv 9). Im Deuteronomium, dem 5. Buch Mose, findet sich für selasal der Ausdruck ‚Ungeziefer‘, das alle Bäume und Früchte des Landes auffrisst (Lutherbibel 1912, Deut. xxviii 42). Aus seponi (Joel ii 20) wird im Buch Joel der Feind, der „von Mitternacht“ kommt. Ebenso wie in der Übersetzung ins Lateinische bleibt es auch in der deutschen Überstezung fraglich, ob seponi / hpfphoni als Bezeichnung für Heuschrecken interpretiert wird oder nicht vielmehr als „der, der aus dem Norden kommt“ verstanden wird. Resümieren lässt sich über die Übersetzung der letzteren Variante jedoch, dass in der Vulgata und in der Lutherbibel eine Humanisierung des Feindes erscheint:273 Die Lutherbibel visualisiert – hier in der Gnadenzusage Gottes – eine immense Bedrohung der religiösen Gemeinschaft durch den feindlich gesinnten Fremden und nicht durch einen Schwarm Insekten. Eine weitere Schwierigkeit der Übersetzbarkeit eröffnet sich im 3. Buch Mose (Lev. xi 22), in dem reine und unreine Tiere unterschieden werden: „Von den selben müget jr essen / als da ist / Arbe mit seiner art / und Selaam mit seiner art / und Hargol mit sein art / und Hagab mit jrer art“ (Luther 1972, 219; zitiert nach Forti 2008, 211). Hier bleiben die hebräischen Bezeichnungen im deutschen Text erhalten. Damit bleibt bei Arbe unklar, ob es sich um die Gattungsbezeichnung oder die volle Entwicklungsstufe der Tiere handelt. Sol’am hätte als Steinheuschrecke übersetzt werden können und hargol sowie hagab als Grashüpfer (Forti 2008, 111). Als Erklärung, warum hier hebräische Worte zitiert werden, findet sich ein Kommentar zu den Zeilen: Diese vier Thier sind in unsern Landen nicht / wie wol gemeiniglich Arbe und Hagab für Heuschrecken gehalten werden / die auch vierfüssig vogel sind. Aber es ist gewissen diese Ebreischen namen zu brauchen / wie wir mit Hala271
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Im Neuen Testament erscheint locusta deutlich seltener, insgesamt in vier Sentenzen: zweimal in den Evangelien (Mt. 3,4 und Mk. 1,6) sowie zweimal in der Apokalypse des Johannes (ApkJoh 9,3.7) (Vulgata 1986). Diese werden alle mit Heuschrecke übersetzt. Die Vulgata galt ab Ende des 8. Jahrhunderts im westlichen Christentum als einzig gültige Bibelübersetzung und behielt diesen Status bis ins sechzehnte Jahrhundert – bis zur lutherischen, also deutschen, Bibelübersetzung (Kaulen 1868, 5ff.). Die Skripte dieses Feindes sind jedoch denen bei Heuschreckenplagen angeglichen: Die Beschreibungen des Verelendens der Soldaten gleicht dem des Sterbens von Schwärmen in anderen biblischen Passagen (Joel 2,20). Im Buch Joel wird als eine Spätfolge einer Heuschreckenplage die Verseuchung der Landstriche durch verfaulende und stinkende Tierkadaver beschrieben (Joel 2,20). Im Deut. (xxviii 42) ist die Verseuchung des Landes jedoch nicht Teil der Erzählung, denn es handelt sich hier um Gottes Gnadenzusage.
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
luja und andern frembder sprach namen thun (Luther 1972, 219; zitiert nach Forti 2008, 211).
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Diese mangelnde Bemühung um eine präzise Übersetzung legt die Vermutung nahe, dass die Heuschrecke als Speise nicht (mehr) relevant ist.274 Was kann nun aus dieser sprachlichen Reduktion gefolgert werden? Das Aperçu, in der Sprache der Inuit gebe es hundert Worte für Schnee, kursiert heute noch als Sprichwort, dabei handelt es sich um einen weit verbreiteten Irrtum. Der Ethnologe Franz Boas, auf den es zurückgeht, bezog sich nämlich nicht auf die tatsächliche Anzahl der Wörter, sondern wollte verdeutlichen, dass ein enges Zusammenspiel zwischen Sprache und Erfassung der jeweiligen Lebensumwelt stattfindet (Ernst/Freienstein/Schaipp 2010, 126ff.). Übertragen auf das Heuschreckenbeispiel lässt sich schließen, dass die Lexeme im Hebräischen Züge der Kultur und der Lebensweise reflektieren und die sprachliche Reduktion der begrifflichen Vielfalt auf den demografischen, sprachlichen und kulturellen Rahmen der jeweiligen Übersetzung zurückzuführen ist.275 Trotz dieser sprachlichen Reduktion sowie des Bedeutungsverlustes im soziokulturellen und religiösen Alltagsleben existiert diese source domain mit spezifischen Motiven im kollektiven Bildervorrat des christlichen Kulturkreises fort. Wenden wir uns daher nun diesen Symbolisierungen der ‚Heuschrecke‘ in der Literatur der Moderne zu.
3.2
Heuschrecken in der Literatur der Moderne
In der Literatur der Moderne lassen sich neun verschiedene Motive in den Subscriptiones der Heuschrecken-Symbolik herausarbeiten. Fast alle gehen auf eine inititale Kodifizierung in den heiligen Büchern des Juden- und Christentums zurück, wie im Folgenden gezeigt werden wird.
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Heuschrecken als Nahrung besaßen im Entstehungszeitraum der hebräischen Texte eine sehr lange Tradition, wie aus zum Beispiel assyrischen Darstellungen geschlossen werden kann. Auch im Koran wird die Heuschrecke als Nahrung erwähnt. In der lateinischen Übersetzung existiert fast durchgängig lediglich ein Wort für die Heuschrecke, mit dem auch die vier verschiedenen Entwicklungsstadien ausgedrückt werden. Obwohl es im Fall der Grashüpfer eine Differenzierung gegeben hat – gomphocerinae für Grashüpfer und acridinae für Grasschrecke –, schlägt sich diese nicht in der Vulgata nieder. Auch die beiden oben angeführten Bezeichnungen bruchus und adlacta finden sich nur selten in den Kommentaren und lediglich an einer Stelle in der Übersetzung der Vulgata.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Das Motiv der Plage
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Das dominante Motiv der Analogisierungen und Metaphorisierungen in der Literatur der Moderne hat seinen Ursprung im alttestamentarische Buch Exodus (2. Buch Mose), in den Zehn oder auch Ägyptischen Plagen. Es handelt sich um eine Erzählung über eine Reihe von Katastrophen, in deren Verlauf als achtes Ereignis der Einfall eines Heuschreckenschwarms über Ägypten beschrieben wird: Da sprach der HERR zu Mose: Recke deine Hand über Ägyptenland, daß Heuschrecken auf Ägyptenland kommen und fressen alles Kraut im Lande auf samt allem dem, was der Hagel übriggelassen hat. 13 Mose reckte seinen Stab über Ägyptenland; und der HERR trieb einen Ostwind ins Land den ganzen Tag und die ganze Nacht; und des Morgens führte der Ostwind die Heuschrecken her. 14 Und sie kamen über das ganze Ägyptenland und ließen sich nieder an allen Orten in Ägypten, so sehr viel, daß zuvor desgleichen nie gewesen ist noch hinfort sein wird. 15 Denn sie bedeckten das Land und verfinsterten es. Und sie fraßen alles Kraut im Lande auf und alle Früchte auf den Bäumen, die der Hagel übriggelassen hatte, und ließen nichts Grünes übrig an den Bäumen und am Kraut auf dem Felde in ganz Ägyptenland. Da forderte Pharao eilend Mose und Aaron und sprach: Ich habe mich versündigt an dem HERRN, eurem Gott, und an euch; 17 vergebt mir meine Sünde nur noch diesmal und bittet den HERRN, euren Gott, daß er doch nur diesen Tod von mir wegnehme. 18 Und er ging aus von Pharao und bat den HERRN. 19 Da wendete der HERR den Wind, also daß er sehr stark aus Westen ging und hob die Heuschrecken auf und warf sie ins Schilfmeer, daß nicht eine übrigblieb an allen Orten Ägyptens (Lutherbibel 1912, Ex 10,12-19). Bei dem Heuschreckenschwarm handelt es sich also um eine Demonstration göttlicher Potenz in einem Disput zwischen dem Pharao und Moses beziehungsweise Gott selbst. Durch die Bestrafung des ägyptischen Volkes soll eine Verhandlungsbasis für die Freilassung des bis dahin versklavten jüdischen Volkes geschaffen werden. Hierbei ist der Heuschreckenschwarm nicht die ultimative Strafe, die das anvisierte Ziel erreicht, sondern vielmehr eine von vielen Machtdemonstrationen: Nachdem Jahwe Wasser zu Blut gewandelt hatte, schickte er erst Frösche, dann Mücken und Stechfliegen und später eine Seuche übers Land. Danach ließ er Geschwüre bei Menschen und Tieren wachsen, schickte Hagelstürme über Ägypten, bis er schließlich die Heuschreckenschwärme sandte. Diese sollten jedoch nicht das Ende der Kette von Katastrophen bilden, denn, als der Pharao sich nicht an seine Zusagen hielt, blieb es zunächst drei Tage dunkel, was ihn aber ebenfalls nicht umstimmte. Erst nachdem alle Erstgeborenen verstarben, durfte das jüdische Volk aus Ägypten ziehen. Im Exodus beginnt an dieser Stelle 152
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
die Erzählung der Wüstenwanderung und der Vergabe der Gesetze (2.-5. Buch Mose).276 Weder die Erzählstruktur noch die Auflistung der Phänomene sind im Kontext des Werks außergewöhnlich. So kehrt einerseits das Muster der Erzählung der Ägyptischen Plagen im Buch der Richter, in Samuel I und II sowie im Psalm 105,34, wieder. 277 Andererseits ziehen sich Passagen über die Leiden und die Gefangenschaft des jüdischen Volks durch die Bücher. Erzählungen über Rettungen und Erlösungen besitzen eine hohe Virulanz.278 Grundlage dieser Erzählung sind natürliche Erscheinungen in der Vegetationszone des Entstehungsraums. Die Erfahrung von derlei natürlichen Katastrophen wurde auch von älteren Kulturen festgehalten und bearbeitet, beispielsweise von den Assyrern (Pauly 1913, 1383). Es handelt sich also bei der Verfassung der Werke bei der achten Plage um eine allgegenwärtige Bedrohung, die durch die Erzählung mit einem übergeordneten Sinn versehen wird.279 Die Heuschrecken fressen in den biblischen Passagen des Alten Testaments nicht immer „das Land“ (Lutherbibel 1912, 2.Chr. 13), sondern auch die Saat,
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Ob dieser Auszug historischen Realitäten entspricht, ist für diese Untersuchung nicht relevant, da die Bilder ihre Wirkungsmacht auch ohne historiografische Verankerung besitzen. „Und er ließ sein Volk sehr wachsen und machte sie mächtiger denn ihre Feinde. 25 Er verkehrte jenes Herz, daß sie seinem Volk gram wurden und dachten, seine Knechte mit List zu dämpfen. 26 Er sandte seinen Knecht Mose, Aaron, den er erwählt hatte. 27 Dieselben taten seine Zeichen unter ihnen und seine Wunder im Lande Hams. 28 Er ließ Finsternis kommen und machte es finster; und sie waren nicht ungehorsam seinen Worten. 29 Er verwandelte ihre Wasser in Blut und tötete ihre Fische. 30 Ihr Land wimmelte Frösche heraus in den Kammern ihrer Könige. 31 Er sprach: da kam Ungeziefer, Stechmücken in all ihr Gebiet. 32 Er gab ihnen Hagel zum Regen, Feuerflammen in ihrem Lande 33 und schlug ihre Weinstöcke und Feigenbäume und zerbrach die Bäume in ihrem Gebiet. 34 Er sprach: da kamen Heuschrecken und Käfer ohne Zahl. 35 Und sie fraßen alles Gras in ihrem Lande und fraßen die Früchte auf ihrem Felde. 36 Er schlug alle Erstgeburt in Ägypten, alle Erstlinge ihrer Kraft. 37 Und er führte sie aus mit Silber und Gold; und war kein Gebrechlicher unter ihren Stämmen. 38 Ägypten ward froh, daß sie auszogen; denn ihre Furcht war auf sie gefallen“ (Lutherbibel 1912, Psalm 105,24-38). Eine weitere Stelle, die auf die Ägyptischen Plagen verweist, findet sich im Buch Judith als „Rache am Volk in Ägypten“ (Lutherbibel 1912, Jdt 6,5). In der jüdischen Religion basieren das Pessach- und das Laubhüttenfest (Sukkot) auf dem Devarim. Die Erzählung ist hier daher präsenter als in christlicher Religionsauslegung. Auch in der hellenistischen Spätantike, um den Entstehungszeitraum der Septuaginta herum, hielten Naturkundler die Bedrohung durch Schwärme sowie den alltäglichen Kontakt zu den Tieren fest (Plinius 1855, Buch 10, 75; Plinius 1855 Buch XI, 76, Abs. 103; Pauly 1913, 1384; Brückner 1961, 58; Lichtheim 1980, 64); bei den Ägyptern vgl. Faulkner (1973, Hymn 467). Auch die Chronisten des Mittelalters dokumentierten den Einfall von Heuschreckenplagen (Rohr 2007, 465ff.; Schedel 1978, CCXXX), wobei die Natur für die mittelalterlichen Chronisten eine andere Bedeutung besaß (zur Abgrenzung mittelalterlicher Naturdeutung vgl. Anzulewics 2009, 30; Brückner 1961, 8-51; Blankenburg 1943, 78; Obermaier 2009, 11-14; Rohr 2007, 465-473).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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wie im Psalm 78280 oder „das Gras und die Früchte auf dem Felde“ (Lutherbibel 1912, Ps. 105,34) wie in Psalm 105, beziehungsweise verringern den Gesamtgewinn der Ernte wie im 5. Buch Mose (28,38).281 Dabei steht auch hier die Heuschreckenplage nie nur für sich allein, sondern ist ein zerstörerisches Naturphänomen unter anderen.282 Im Anschluss an solche Erzählungen von Plagen rufen die Kadaver der toten Schwärme Pestilenz hervor (2.Chr. 7,13). Aber auch politische und ökonomische Katastrophen bestehen in den Reihungen, wie in den 2. Chroniken283 und im 5. Buch Mose (28,38-44). Diese Kopplungen sind der Erzählstruktur geschuldet, in der eine Häufung von Heimsuchungen nicht nur das Unglück der Bevölkerung potenziert – und damit einer Erzählung würdig
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„Wie oft erzürnten sie ihn in der Wüste und entrüsteten ihn in der Einöde! 41 Sie versuchten Gott immer wieder und meisterten den Heiligen in Israel. 42 Sie gedachten nicht an seine Hand des Tages, da er sie erlöste von den Feinden; 43 wie er denn seine Zeichen in Ägypten getan hatte und seine Wunder im Lande Zoan; 44 da er ihr Wasser in Blut wandelte, daß sie ihre Bäche nicht trinken konnten; 45 da er Ungeziefer unter sie schickte, daß sie fraß, und Frösche, die sie verderbten, 46 und gab ihre Gewächse den Raupen und ihre Saat den Heuschrecken; 47 da er ihre Weinstöcke mit Hagel schlug und ihre Maulbeerbäume mit Schloßen; 48 da er ihr Vieh schlug mit Hagel und ihre Herden mit Wetterstrahlen; 49 da er böse Engel unter sie sandte in seinem grimmigen Zorn und ließ sie toben und wüten und Leid tun; 50 da er seinen Zorn ließ fortgehen und ihre Seele vor dem Tode nicht verschonte und übergab ihr Leben der Pestilenz; 51 da er alle Erstgeburt in Ägypten schlug, die Erstlinge ihrer Kraft in den Hütten Hams, 52 und ließ sein Volk ausziehen wie die Schafe und führte sie wie eine Herde in der Wüste“ (Lutherbibel 1912, Ps 78,40-53). „Du wirst viel Samen ausführen auf das Feld, und wenig einsammeln; denn die Heuschrecken werden’s abfressen.39 Weinberge wirst du pflanzen und bauen, aber keinen Wein trinken noch lesen; denn die Würmer werden’s verzehren. 40 Ölbäume wirst du haben in allen deinen Grenzen; aber du wirst dich nicht salben mit Öl, denn dein Ölbaum wird ausgerissen werden. 41 Söhne und Töchter wirst du zeugen, und doch nicht haben; denn sie werden gefangen weggeführt werden. 42 Alle deine Bäume und Früchte deines Landes wird das Ungeziefer fressen. 43 Der Fremdling, der bei dir ist, wird über dich steigen und immer oben schweben; du aber wirst heruntersteigen und immer unterliegen. 44 Er wird dir leihen, du aber wirst ihm nicht leihen; er wird das Haupt sein, und du wirst der Schwanz sein“ (Lutherbibel 1912, Deu 28,38-44). Als parallele Plagen werden Einfälle von Käfern, Stechmücken und ‚Ungeziefer‘ (Psalm 105,3033), ‚Geschmeiß‘ und Raupen (Joel 2,25; Joel 1,1), aber auch Frösche, Mücken und Stechfliegen (Ex 10) expliziert. „Wenn eine Teuerung im Lande wird oder Pestilenz oder Dürre, Brand, Heuschrecken, Raupen, oder wenn sein Feind im Lande seine Tore belagert oder irgend eine Plage oder Krankheit da ist; 29 wer dann bittet oder fleht, es seien allerlei Menschen oder dein ganzes Volk Israel, so jemand ein Plage und Schmerzen fühlt und seine Hände ausbreitet zu diesem Hause: 30 so wollest du hören vom Himmel, vom Sitz deiner Wohnung, und gnädig sein und jedermann geben nach all seinem Wandel, nach dem du sein Herz erkennst (denn du allein erkennst das Herz der Menschenkinder), 31 auf daß sie dich fürchten und wandeln in deinen Wegen alle Tage, solange sie leben in dem Lande, das du unsern Vätern gegeben hast“ (Lutherbibel 1912, 2.Chr. 6,28-31).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Dies ist das Wort des HERRN, das geschehen ist zu Joel, dem Sohn Pethuels. 2 Höret dies, ihr Ältesten, und merket auf alle Einwohner im Lande, ob solches geschehen sei zu euren Zeiten oder zu eurer Väter Zeiten! 3 Saget euren Kindern davon und lasset’s eure Kinder ihren Kindern sagen und diese Kinder ihren Nachkommen! 4 Was die Raupen lassen, das fressen die Heuschrecken; und was die Heuschrecken lassen, das fressen die Käfer; und was die Käfer lassen, das frißt das Geschmeiß (Lutherbibel 1912, Joel 1,1). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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macht – sondern gleichzeitig auch die Omnipotenz Gottes eindrucksvoll bebildert.284 Im Alten Testament richten sich die Plagen nicht nur gegen die Feinde des jüdischen Volkes, sondern auch gegen das Volk selbst, das zuweilen den rechten Weg verlässt. Auch hier setzt Gott auf Drohungen, um das eigene Volk zur Einkehr zu bewegen:
Aber nicht nur in der Androhung einer Plage artikuliert sich eine Machtdemonstration: Macht demonstriert sich auch in der Zusage einer Verschonung, so zum Beispiel in der Gnadenzusage in Joel: Und ich will euch die Jahre erstatten, welche die Heuschrecken, Käfer, Geschmeiß und Raupen, mein großes Heer, so ich unter euch schickte, gefressen haben; 26 daß ihr zu essen genug haben sollt und den Namen des HERRN, eures Gottes, preisen, der Wunder unter euch getan hat; und mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden. 27 Und ihr sollt erfahren, daß ich mitten unter Israel sei und daß ich, der HERR, euer Gott sei und keiner mehr; und mein Volk soll nicht mehr zu Schanden werden (Lutherbibel 1912, Joel 2,25). Dieses Muster von Bedrohung und Behütung in der Abfolge von Schuld, Gericht und Gnade gegenüber dem jüdischen Volk findet sich auch in anderen Stellen wieder, wie in den 2. Chroniken, 285 in den Psalmen 78,46 und 105,34 sowie in Amos 4,9 und 7,1ff. 286 284
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Die Potenz Gottes wird als allumfassend versinnbildlicht: „Laß fliehen die Völker vor dem großen Getümmel und die Heiden zerstreut werden, wenn du dich erhebst. 4 Da wird man euch aufraffen wie einen Raub, wie man die Heuschrecken (gebim) aufrafft und wie die Käfer zerscheucht werden, wenn man sie überfällt. 5 Der HERR ist erhaben; denn er wohnt in der Höhe. Er hat Zion voll Gericht und Gerechtigkeit gemacht“ (Lutherbibel 1912, Jes. 33,4). „Also vollendete Salomo das Haus des HERRN und das Haus des Königs; und alles, was in sein Herz gekommen war, zu machen im Hause des HERRN und in seinem Hause, gelang ihm. 12 Und der HERR erschien Salomo des Nachts und sprach zu ihm: Ich habe dein Gebet erhört und diese Stätte mir erwählt zum Opferhause.13 Siehe, wenn ich den Himmel zuschließe, daß es nicht regnet, oder heiße die Heuschrecken das Land fressen oder lasse Pestilenz unter mein Volk kommen, 14 und mein Volk sich demütigt, das nach meinem Namen genannt ist, daß sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren werden: so will ich vom
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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Auf dieser Grundlage wird die Heuschreckenplage vor allem im Mittelalter als göttlicher Zorn und damit als Warnung vor nahendem Unheil (Blankenburg 1943, 25; Schmidt 1991, 168) interpretiert.287 Bereits Ende des sechzehnten Jahrhunderts folgert der italienische Autor der „l’Iconologie“, Cesare Ripa, Heuschrecken würden „le fléau divin“ (Ripa 1987; zitiert nach Ferro 1996, 378) repräsentieren. Auch in naturkundlichen Beschreibungen von Insektenschwärmen in Chroniken des Hochmittelalters findet sich diese Interpretation.288 Ein postreformatorisches Beispiel liefert der brandenburgische Pfarrer Andreas Angelus im „Wider-Natur und Wunderbuch“:
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Himmel hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land heilen“ (Lutherbibel 1912, 2. Chr. 7,1114). Ebenso finden sich bei Amos in seinen Visionen die Heuschrecken, im Hebräischen gobay, als Bedrohung des Landes, da sie das „Grummet“ abfressen und damit eine Vertreibung „Jakobs“, also des jüdischen Volkes, bewirken würden: „Der Herr, HERR zeigte mir ein Gesicht, und siehe, da stand einer, der machte Heuschrecken im Anfang, da das Grummet aufging; und siehe, das Grummet stand, nachdem der König hatte mähen lassen. 2 Als sie nun das Kraut im Lande gar abgefressen hatten, sprach ich: Ach Herr, HERR, sei gnädig! Wer will Jakob wieder aufhelfen? denn er ist ja gering“ (Lutherbibel 1912, Amos 7,1-2). Die Grenzen zwischen den Tieren und den Menschen verliefen im Mittelalter anders als in der Moderne. Dies zeigen beispielsweise die Exkommunizierungen von Schädlingen, deren ältester überlieferter Fall auf das Jahr 1120 datiert wird. Der Bischof von Laon aus dem Departement de l’Aisne in Frankreich hatte Raupen und Feldmäuse, die die Ernte vernichtet hatten, aus der Kirche ausgeschlossen. Nach langen Schriftwechseln wurden die Urteile der Gemeinde schriftlich mitgeteilt, und im Anschluss leiteten die Kirche und Bischöfe eine Malediktion und den Exorzismus ein. Da der Klerus Wissen über die naturbedingten Zyklen der Verpuppung besaß, gelang die inszenierte Vertreibungsaktion und die Kirche konnte ihre Macht unter Beweis stellen (Schumacher 2001, 265-267). Magische Beschwörungen gegen Insekten sollen bis Ende des 19. Jahrhunderts stattgefunden haben (Schumacher 2001, 268). In den mittelalterlichen Prozessen gilt die Strafe nicht wirklich dem Tier, sondern Menschen- und Dämonenseelen, die den Tieren innewohnen (Schumacher 2001, 268). Besonders eindrucksvoll lässt sich dies anhand der Rechtspraktiken gegen Tiere seit Ende des 14. Jahrhunderts nachvollziehen. Von den Prozessen sind meist höhere Tiere betroffen, deren Urteil bereits im Vornherein feststeht. Der Vollzug des Urteils sollte die Erinnerung an die schändlichen Verbrechen durch Beseitigung des Übeltäters auslöschen (Schumacher 2001, 258). Der Prozess selbst wurde meist nach strengem Protokoll geführt, mit einer Urteilsverkündung Ermittlungen, Zeugenaussagen und öffentlichen Urteilsverstreckung (ebd.). In diesen Tierprozessen wurden Tiere durch die Sühnemaßnahmen gewissermaßen zu Menschen ‚degradiert‘, zum Teil geschah dies in den Hinrichtungen auch durch Verkleidung des Tieres als Mensch. Bis zur Neuzeit wurde ein Tier, das Schaden anrichtet, in gewisser Hinsicht als Person verstanden, erst durch die Renaissance und die aufkommenden Naturwissenschaften erfolgte wieder eine Distanzierung zwischen den Menschen und den von ihnen untersuchten Sub- und Objekten (Schumacher 2001, 269). Durch Chronisten sind mitteleuropäische Naturdeutungen zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert überliefert. So verwüsteten in Wärmeperioden Heuschreckenplagen etliche Landstriche, sie fraßen Getreide, Obst und Wein, aber auch Pferde, Weide- und Haustiere. Zum Naturverständnis der Chronisten vgl. Rohr (2007, 476-486).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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Und ist dies allhier anzumerken, daß die Heuschrecken, wenn sie so haufenweise und in unbekannter Gestalt erscheinen, erstlich eine Strafe Gottes sind, danach auch, daß sie ein zukünftig Unglück bedeuten. Denn daß sie Strafen Gottes sind, sieht man daraus, daß sie alles so rein wegfressen, daß fast nichts Grünes mehr zu sehen bleibt. Daß sie auch etwas Künftiges bedeuten, lehrt die Erfahrung (Schenda 1995, 143). Durch diese eschatologische Interpretation wird der Weg eröffnet, natürliche Phänomene aller Variationen als Strafgericht auszulegen. Weltliche Vertreter dieser Macht zementierten auf Grundlage einer solchen Auslegung ihre Machtansprüche. Vertreter der Kirche nutzten ihre Deutungshoheit nach dieser Vorlage, indem sie beispielsweise einen ‚liederlichen‘ Lebenswandel als Ursache für das Einfallen von Schwärmen interpretieren. Von mittelalterlichen Chronisten sind entsprechende Strategien der einfachen Bevölkerung überliefert, die sich im Angesicht von Insektenplagen Gott zuwandten und dadurch Schutz vor der Plage erhofften. So prägen Buß- und Bittgänge sowie Prozessionen die Reaktionen auf eine Plage.289 Bischöfe, an die Petitionen gerichtet werden, weisen an, dass von Tanzveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen abzusehen, das Würfel- und Kartenspiel zu unterlassen sowie jeder Form der Wollust zu widerstehen sei (Schumacher 2001, 264). Auch Glockengeläut der Kirchen und Bannsprüche von der Kanzel sollten ebenso gegen die Plagen helfen wie das Auswerfen von Windlichtern und Wachskerzen (Rohr 2007, 495). Mancherorts wurden Heuschrecken auch in einer symbolischen Prozedur verbrannt, ein Vorgehen, das in der symbolischen Dimension durch die Unterwerfung des Tieres die gestörte Ordnung wiederherstellen sollte (Obermaier 2009, 10). Zugleich schufen die Kirchen Schutzheilige gegen Plagen, wie zum Beispiel den heiligen Magnus. Sein Namenstag am 6. September diente fortan als Tag für Prozessionen gegen Tierplagen. Als heilige Reliquie wird ein Wanderstab gehandelt, mit dem Magnus der Legende nach viele Schädlinge, aber auch Drachen vertrieben haben soll (Schumacher 2001, 264). Vom 17. Jahrhundert an wurde vom Kloster im bayrischen Füssen dieser Stab an die Gemeinden ausgeliehen, die unter Plagen litten. 290 Noch zum Ende des 20. Jahrhunderts soll dieser (heute versilberte) Stab in Schussenried und Wangen im Allgäu in Bittprozessionen gegen Schädlinge zum
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Ein solches Votivbild zu den Plagen der Jahre 1478 bis 1480 befindet sich im Dom von Seckau in der Obersteiermark. Dort sind betende Menschen, kriegerische Einheiten – es soll sich hier um Osmanen handeln – und Heuschrecken sowie eine über der Kirche schwebende Maria abgebildet (Rohr 2007, 486). Hier sind sowohl Beispiele der mittelalterlichen Chronisten sowie aus der Frühen Neuzeit angeführt, da in manchen katholischen Gegenden mittelalterliche Praktiken weiterwirkten. Für diesen Tipp danke ich Cordelia Hess.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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Einsatz gekommen sein (Schumacher 2001, 264).291 Jenseits dieser metaphysischen Seuchenbekämpfung sind auch – aus heutiger Sicht effektive – Präventionsmaßnahmen wie das Erschlagen, Verbrennen oder Verbrühen der Tiere aus dem Mittelalter überliefert (Rohr 2007, 471-473).292 Das Motiv der Strafe Gottes tradiert sich und wird jenseits eschatologischer Texte in den literarischen Bilderkanon aufgenommen, wie zum Beispiel beim wichtigsten Vertreter des Sturm und Drangs: Und ich rufe Natur! Natur! nichts so Natur als Schäkespears Menschen. (…) Er wetteiferte mit dem Prometheus, bildete ihm Zug vor Zug seine Menschen nach, nur in kolossalischer Größe, darin liegts, dass wir unsre Brüder verkennen, und dann belebte er sie alle mit dem Hauch seines Geistes, er redet aus allen, und man erkennt ihre Verwandtschaft. (…) Er führt uns durch die ganze Welt, aber wir verzärtelte unerfahrene Menschen schreien bei jeder fremden Heuschrecke, die uns begegnet: Herr, er will uns fressen (Goethe 1771, 133f.). Ebenso etabliert sich der Begriff der „Zornschalen Gottes“ (Gutzkow 1924, XIII, Abs.67)293 in nicht-liturgischen Diskursfragmenten, ebenso wie das Motiv einer 291
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Eine metaphysische Deutung ist nicht nur dem Christentum vorbehalten: Im Talmud wird darauf verwiesen, dass öffentliche Gebete gegen die Plagen institutionalisiert worden waren (Ta’an. 14a, 19a; zitiert nach Jewish Encyc 1907, 269). In der Spätantike sollte ein Traum von einer Heuschreckenplage ein Omen für Missernten oder eine schlechte Heirat sein (Pauly 1913, 1384). Nach Plinius wurden zur Vertreibung der Plagen in der Spätantike bestimmte Heilige ebenso verehrt wie magische Steine (Plinius 1877, XXXVII, 124; zitiert nach Pauly 1913, 1384). Auch in assyrischen Dokumenten finden sich Gebete an den Gott Assur und magische Techniken, um sich vor den Heuschrecken zu schützen (Forti 2008, 113). Obwohl die Plagen zum Teil mit endzeitlichen Bildern beschrieben wurden, scheinen die frühen Einfälle nur einen begrenzten Schaden verursacht zu haben. So zeigt Rohr für die Plagen in dem Gebiet der Ostalpen, dass der symbolische Schaden höher war als der materielle und Preissteigerungen von Getreide selten vorkamen (Rohr 2007, 488). Dies resultierte, so Rohr, aus den topografischen Gegebenheiten, da die Schwärme nur Schneisen der Zerstörung durch die Ebenen schlugen und häufig erst nach dem Einbringen der Ernte einfielen. Die Schäden konnten mit witterungsbedingten Einbußen verglichen werden (ebd., 491f.). Dies änderte sich allerdings in den 1540er-Jahren, in denen verschiedene Phänomene zusammenfielen: Aufgrund der Plünderungen durch die osmanischen Heere und einer Abkühlung der Sommer entstand eine schlechte Versorgungslage, und aus den nun folgenden Plagen resultierten Hungersnöte (ebd., 489-492). So etwa in einer Beschreibung eines Pogroms des ‚Weißen Terrors‘ durch den antisemitischen Volksnationalisten Hortys: „Etliche, Herr –!“ nahm Matthias Grenitzer seine Erzählung wieder auf. „Über uns Fuggersche und über den Juden brachen schon zuvor die Zornschalen Gottes aus! Das Volk wollte in seiner Angst ein Opfer haben. Ein großer Reichstag, den die Ungarn in Hatwan gehalten hatten, war wie die Plage von Heuschrecken gewesen. Zu Roß, zu Wagen kamen die Edelleute und ihre Advokaten und von Hatwan ging’s auf Ofen. Auf dem Reichstag hatte der Jude die Dreistigkeit gehabt, zu sagen, sie sollten sich nur an die Bergstädte, an die Fugger halten, die Gold und Silber genug in ihren Kellern liegen hätten. Drob zürnten der König und die
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
weltlichen Erscheinung als Plage, die von Gott gesandt ist (Coster 1858, 12. Kap., Abs. 5). Vom 11. Jahrhundert an wurden Juden und Jüdinnen für das Erscheinen von Heuschreckenschwärmen verantwortlich gemacht, da sie mit ihrer Abkehr vom ‚wahren‘ Gott diesen beleidigen würden (Graus 1994, 278f.). Für eine Plage in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist überliefert, dass Juden und Jüdinnen im Anschluss an diese Plage einem Pogrom294 zum Opfer fielen (Chabannes 1887, 175; zitiert nach Graus 1994, 279). Juden und Jüdinnen sollten diese Plage durch einen Pakt mit dem Teufel übers Land der Christen gebracht haben. Heuschreckenschwärme galten im Mittelalter also durchaus auch als Symbol der Macht des Bösen (Ferro 1996, 378): Als logische Konsequenz entledigten sich Christen durch Pogrome der Übeltäter_innen, und es wird kolportiert, dass sie meinten, damit weiteren Schaden verhindern und Opfer sühnen zu können (Graus 1994, 279). Dieser Aspekt der Macht des Bösen lebt auch Jahrhunderte später jenseits des Antijudaismus fort. Bei Max Dauthendey steht eine Metaphorisierung des bösen Schwarms im Kontext der Beschreibung der Wirren des Japanisch-Russischen Kriegs Anfang des 20. Jahrhunderts: Lange, ehe der Krieg Japans mit Rußland begann, hörte Hanake in ihrem Haus am Biwasee von Freunden und Freundinnen, die im Sommer über die Berge von Kioto zum Besuch zu ihr an den See kamen, daß die Fremden vom Westen wie böse Heuschreckenschwärme in Japan erwartet würden, um die Männer zu töten, die Frauen zu verschleppen und sich in das Land zu teilen. Auf dem Biwasee würde man dann bald Schiffe sehen, die Rauch ausstießen und die Seetiefe mit Schrauben aufwühlten. Auf Eisen würden bald Eisenwagen, rasselnd wie Gewitterwolken, täglich durch Japan eilen. Diese Wagen würden die Fremden in Massen nach Kioto und an die Ufer des Biwasees
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Königin dem Juden selbst. Sie ließen ihn – andere sagen, um ihn zu schützen – in einen Turm werfen, so man die Czonka nennt, wo ihn vierzehn Tage lang in einer unverdachten Kammer der freie Himmel beschien. Drauf gaben sie ihn frei. Bei den Ungarn schnob aber die Rache, was Adlige und Advokaten waren, alles, was noch vom Reichstag dageblieben, brach mit Husaren und Heiducken in des Juden Haus. Glückseliger Emmerich! Sie zerbrachen dir deine Türen, schlugen dir die Fenster ein, Tische und Stühle entzwei, zertrümmerten deine Spiegel, köstlichen Gefäße, Leuchter, raubten Geld und Geldeswert – sie hätten den Imre mit all seinen Gästen, mit seiner schönen Lea, allen vornehmen Freunden und Freundinnen, die sie geladen, aufgehängt, hätten die sich nicht in den Garten an Stricken hinuntergelassen und wären über die Stadtmauer entkommen. Ihren Weg bezeichnete eine Blutspur; denn von den gedrehten Tauen bluteten ihnen die Hände. Herr! Damals hatten die Ungarischen zum ersten Mal Wut auf ihre schönen Kleider“ (Gutzkow 1924: XIII, Abs.67). Als antisemitisches Motiv erscheint hier die Bestrafung der ‚Sünden‘ – ergo des Reichtums – von ‚Juden‘. Zur Typisierung kollektiver Gewalt als Pogrom vgl. Bergmann (2002).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Ein anderes Motiv der Heuschreckenplage ist die unzählbare Menge der Insekten eines Schwarms, ein Symbol, das sich auch in Versen im Alten Testament findet (vgl. Ex. 10,14; Joel 2,2; Jer. 46, 23; Jer. 51, 27; Spr. 30:27), 295 wie beispielsweise im Buch der Richter:
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bringen. Die leichten Vogelkäfige der Bambushäuser würden verschwinden, und Steinhäuser, wie man sie im Westen der Erde baut, würden zum Himmel wachsen, und überall würde dann Rauch und Eisenlärm sein. Denn die Fremden lieben das Eisenrasseln und können ohne die betäubende Stimme des Eisens nicht leben: Sie lieben, das Leben als einen ewigen Krieg anzusehen. Sie sind wie Donnergötter, ungeduldig und aufstampfend, und sie werden schlimmer als Wolkenbrüche und schlimmer als Taifune Japan verheeren, so sagt man (Dauthendey 1911, 10).
Und da die Kinder Israel übel taten vor dem HERRN, gab sie der HERR unter die Hand der Midianiter sieben Jahre. 2 Und da der Midianiter Hand zu stark ward über Israel, machten die Kinder Israel für sich Klüfte in den Gebirgen und Höhlen und Festungen. 3 Und wenn Israel etwas säte, so kamen die Midianiter und Amalekiter und die aus dem Morgenlande herauf über sie 4 und lagerten sich wider sie und verderbten das Gewächs auf dem Lande bis hinan gen Gaza und ließen nichts übrig von Nahrung in Israel, weder Schafe noch Ochsen noch Esel. 5 Denn sie kamen herauf mit ihrem Vieh und Hütten wie eine große Menge Heuschrecken, daß weder sie noch ihre Kamele zu zählen waren, und fielen ins Land, daß sie es verderbten. 6 Also war Israel sehr gering vor den Midianitern (Lutherbibel 1912, Ri. 6,1-6). Die Menge fungiert als Symbol der Überlegenheit, der sich die Überfallenen nicht erwehren können. Grafisch ist dies bspw. in einer Bildtafel in Brehms Tierleben aus dem Jahr 1884 umgesetzt: Hier fallen unzählige Heuschrecken über das Land her, das sie vollkommen überdecken. Visuell dominieren in der Abbildung die Kreaturen, die die wenigen Personen in den Hintergrund drängen, wodurch deren Versuche, sich mit Stöcken gegen den Einfall der Tiere zu erwähren, als wenig Erfolg versprechend ausgewiesen ist. Ikonisch wird des Weiteren die Unterlegenheit nicht nur über die Massen, die den Himmel verdunkeln, ausgedrückt, sondern auch durch die Übergröße der Tiere im Bildvordergrund (vgl. Abb. 21). Eine solche Bredouille durch die Masse der Tiere wird auch in Volkserzählungen kolportiert (Schenda 1995, 145).
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„Die werden hauen also in ihrem Wald, spricht der HERR, daß es nicht zu zählen ist; denn ihrer sind mehr als Heuschrecken, die niemand zählen kann“ (Lutherbibel 1912, Jer. 46,23).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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Ohne als Wortkompositum als Heuschreckenschwarm oder -plage bezeichnet zu sein, können Heuschrecken als wertfreie Analogie für eine Vielzahl stehen, wie im Buch Nachum: Alle deine festen Städte sind wie Feigenbäume mit reifen Feigen, die, wenn man sie schüttelt, dem ins Maul fallen, der sie essen will. 13 Siehe, dein Volk soll zu Weibern werden in dir, und die Tore deines Landes sollen deinen Feinden geöffnet werden, und das Feuer soll deine Riegel verzehren. 14 Schöpfe dir Wasser, denn du wirst belagert werden! Bessere deine Festen! Gehe in den Ton und tritt den Lehm und mache starke Ziegel! 15Aber das Feuer wird dich fressen und das Schwert töten; es wird dich abfressen wie ein Käfer, ob deines Volkes schon viel ist wie Käfer, ob deines Volkes schon viel ist wie Heuschrecken.16 Du hast mehr Händler, denn Sterne am Himmel sind; aber nun werden sie sich ausbreiten wie Käfer und davonfliegen. 17 Deiner Herden sind so viel wie Heuschrecken und deiner Hauptleute wie Käfer, die sich an die Zäune lagern in den kalten Tagen; wenn aber die Sonne aufgeht, heben sie sich davon, daß man nicht weiß, wo sie bleiben (Lutherbibel 1912, Nah 3, 1217). In der Literatur der Moderne existieren hierzu viele Beispiele.296 Als target domains in der Literatur der Moderne handelt es sich in der Regel um feindliche, kriegerische Einheiten, deren Soldaten wie ein Schwarm über einen Landstrich niedergehen. Insbesondere kriegerische Konflikte in Abenteuergeschichten werden auf diese Art versinnbildlicht. Für die deutschsprachigen Leser_innen kann die Heuschreckensymbolik daher als ein intuitiv verstehbares Bild interpretiert werden (z.B. Weil 1841, 116; Daudet 1837, 63). Ebenso werden auch pazifistische Massen als ‚Heuschrecke/n‘ symbolisiert: In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts, in denen die Ferienkultur einer urbanen Schicht expandiert, mehren sich Heuschreckenmetaphern in Bezug auf Besucher_innen: Jeden Samstag abends fand sich die kleine Gemeinde der Pörtschacher Sommerfrischler in dem im Entstehen begriffenen Etablissement Wahliß zu einem Kränzchen zusammen, und ich ging ganz gern hin. Es war gute, bürgerliche Gesellschaft, die man dort traf, angesehene Familien aus Wien, und sehr viel Jugend. Auch ein paar Schriftsteller und Künstler kamen an solchen Abenden aus ihren Schlupfwinkeln rings um den See hervor. Julius Rosen, der halbvergessene Lustspieldichter, hatte dort eine Villa, die Bianchi war auf einem Schlosse zu Gast und sie sang einmal bei uns, der alte Geiger Miska Hauser 296
Von insgesamt 242 Okkurrenzen transportieren 19 Diskursfragmente dieses Motiv, bei dem es sich um das zweithäufigste handelt.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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und andere, jüngere musikalische Größen verbrachten ein paar Urlaubswochen am Wörthersee, wo damals noch nicht der große Heuschreckenschwarm von Budapester Sommerfrischlern alljährlich einfiel (Müller-Guttenbrunn 1920, Abs. 6). Der Autor dieser Passage, Adam Müller-Guttenbrunn, ist ein antisemitischer und deutschnationalistischer Autor des Wiens der 20er-Jahre. Er gehört zu einer Wiener Strömung, die sich gegen eine sogenannte Überfremdung engagiert und für eine nationale Selbstständigkeit Ungarns kämpft. Für sie gilt es, eine Gleichberechtigung jüdischer Minderheiten zu verhindern. Dieser ideologische Hintergrund vermag die Motivation der Symbolisierung erklären, in der Aspekte der Massenhaftigkeit mit denen der Fremdheit amalgamieren. Hier verdichtet sich in den Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik die Dialektik zwischen Fremdheit, unrechtmäßigem Eindringen und dem Moment des Ausschlusses. Die Heimsuchung des Eigenen wird in der Literatur der Moderne oftmals darüber visualisiert, dass den Eindringlingen ein verderbender Charakter zugeschrieben wird.297 Neben den gewalttätigen Soldaten werden auch politische Kontrahenten, Landstreicher, ‚Zigeuner‘ oder Flüchtlinge als fremd und ungewollt identifiziert.298 Neben dem physischen Schaden durch kriegerische Konflikte299 wird auch eine abstrakte Veränderung der Sozietät als fremd und verderblich verbildlicht: In der Stadt sollte eben der zweite Jahrmarkt beginnen, der hauptsächlich für den Adel bestimmt war. Auf dem ersten wurde mit Pferden, Vieh, Rohprodukten und allerlei Bauernwaren gehandelt, die von Viehhändlern und Dorfkrämern eingekauft wurden. Auf den zweiten Jahrmarkt kam aber alles, was die Kaufleute auf der Messe von Nishnij-Nowgorod an Luxuswaren eingekauft hatten. Alle Plünderer der russischen Geldbeutel, die Franzosen mit ihren Pomaden, die Französinnen mit ihren Hüten, die Plünderer des mit Blut und 297
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Auch hier finden sich alttestamentarische Referenzen im Buch der Richter: „Denn sie kamen herauf mit ihrem Vieh und Hütten wie eine große Menge Heuschrecken, daß weder sie noch ihre Kamele zu zählen waren, und fielen ins Land, daß sie es verderbten“ (Lutherbibel 1912, Ri. 6, 35). Im Datenkorpus illustrieren rhetorische Figuren mit der Heuschrecke als source domain diverse Aspekte der Heimsuchung, eine Zerstörung (24 Passagen), eine nicht weiter spezifizierte bedrohliche Vernichtung (14), ein Aussaugen (10) oder allgemein eine Nahrungskonkurrenz (16). Als Akteure spielen Soldaten (19 Treffer) die größte Rolle, gefolgt von politischen, ökonomischen oder sozialen Kontrahenten (7) und Besuchern/Reisenden (7). Weiter wurden ‚Zigeuner‘, Landstreicher, Schriftsteller, Arbeiter, ‚Sünder‘, Religiöse oder Flüchtlinge als Scharen von Heuschrecken metaphorisiert. Das Motiv der Zerstörung ist mit 24 Treffern sehr präsent im Datenkorpus. Die target domain ist neunmal im Bereich des Heeres oder der Armee anzusiedeln, ebenso zerstören aber auch Besucher, Menschengruppen, Frauen oder religiöse Gruppen eine Kultur oder Gemeinschaft.
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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Mühe erworbenen Geldes kamen zusammengefahren, diese ägyptischen Heuschrecken, die, wie Kostanschoglo zu sagen pflegte, nicht nur alles auffressen, sondern auch noch ihre Eier in der Erde zurücklassen (Gogol 1842, 440). Der Prozess der sozio-kulturellen Metamorphose300 wird hier über den biologischen Reproduktionsprozess der source domain versinnbildlicht. Hierbei symbolisieren die Eier in der Erde eine noch unbekannte, fortschreitende Bedrohung durch die Saat des Fremden. Die Heimsuchung des Eigenen nimmt auch die Gestalt der Nahrungskonkurrenz an. Im Alten Testament existiert das Motiv der Nahrungskonkurrenz an vier Stellen (Jes 33,4; Joel 1,4; 1 Kgs 8,37; Amos 4,9) und auch im Literaturkorpus vernichten siegreiche, feindliche Heere, überlegende ‚Völker‘, Landstreicher, ‚Zigeuner‘, räuberische Nachbarskinder, Arbeiter oder holländische Dragoner als ungebetene Gäste die eignen Vorräte. Ein solcher Topos der Nahrungskonkurrenz findet sich auch bei der source domain in volkstümlichen Bezeichnungen der Heuschrecke als „Fresser“ (Realencyklopaedie 1900/8, 28ff.) sowie der ‚Heuschrecke‘ als Symbol der Gefräßigkeit (B-H Wörterbuch 1964, 715). Diese Gefräßigkeit liefert das Verbindungsglied zur Konnotation des Lasters, einer Unbeständigkeit und des Betrugs in der christlichen Ikonografie (Sachs 1973, 186). Auch in der Literatur der Moderne werden Aspekte wie lasterhafter Lebenswandel mit einer metaphorischen Gefräßigkeit gekoppelt, wie bei Daudets „Tartarin von Tarascon“: Er lernte sie kennen, diese verdächtigen Juristen, die sich in allen Kaffeehäusern herumschmieren, dieses zigeunernde Volk, das Recht und Gesetz verdreht, diese Akten, die nach Absinth riechen, diese weißen Halsbinden mit Schnapsflecken, diese Anwälte, Verteidiger, Gerichtsvollzieher, all diese dürren hungrigen Heuschrecken des Stempelpapiers, die den Kolonisten bis auf seine Stiefelschäfte auffressen und nicht früher loslassen, bis sie ihm wie einer Maispflanze Blatt um Blatt abgenagt haben (Daudet 1849, 114). Die Lasterhaftigkeit wird durch Arbeitsverweigerung, Ortlosigkeit, Drogenkonsum und Geldgier spezifiziert. Dies sind Aspekte, die selbst in heutigen Diskursfragmenten Bestand haben (vgl. Kapitel 4.3). Als generelle Entwicklung lässt sich resümieren, dass zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert die (Raff-)Gier zunehmend den Aspekt der wortwörtlichen Gefräßigkeit ablöst. Das Motiv des Schwarms ein weiteres Mal in den Blick nehmend, lassen sich drei Charakteristika als wiederkehrende Beschreibungen des Heuschrecken300
Dies findet sich auch als Bild der Überfremdung und institutionell organisierten Landnahme bei Faber (1927, 21), der sich aus Sicht der konservativ-nationalistischen Reaktion gegen die Einführung der Agrarreform im nach dem ersten Weltkrieg gegründeten Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen engagiert.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
schwarms identifizieren: Zum einen folgt der rhetorischen Figur in etlichen Fragmenten eine akustische Ausmalung. Dies kann durch schnarrendes Getöse wie Wagengerassel oder Hagelgeprassel beschrieben sein (Lutherbibel 1912, Joel 2,5; Offenb. 9,9) oder aber auch durch leisere Geräusche wie „schwirrend vom Winde“ (Kirchenlexikon 1888/5, 1978; Kipling 1898, 269).301 Die zweite Facette ist visueller Natur und zumeist als Verdunkelung des Himmels verbildlicht (Lutherbibel 1912, Joel 2,2; Ludwig 1854, 3. Akt, Abs. 45; Paul 1813, 196; zitiert nach Grimm 1877, 1294). In der abendländischen Bildlichkeit gilt die Sonne als Symbol für das Lebensspendende, ihre Verdunklung kann als Menetekel eines nahenden Untergangs, aber auch Metapher für ein aktuelles Unglück interpretiert werden. Als drittes Charakteristikum kann eine dynamische Dimension interpretiert werden, die die Bewegung des Einfalls eines Schwarms über einen Landstrich expliziert (Lutherbibel 1912, Jes 33,4). Dieser Aspekt bietet vielerlei Anknüpfungspunkte: ein „gewaltvolles Niederschlagen“ von Massen des „landfahrenden Volkes“ (Marti 1922, 144f.), ein „Dahinziehen“ von Kindersoldaten (Klabund 2003, 78f.), ein „plötzliches Niederfallen“ von Sternen (Humboldt 1845, 130), eine „exponentielle Vermehrung“ von Soldaten (Irving 1835, 13) oder unliebsame Bevölkerungsteile (Armand 1920, Abs. 12),302 ein „Emporsteigen und vernichtet werden“ durch Hunnen (Jensen 1892, 19), die „Unkontrollierbarkeit des Schwarms“ beziehungsweise weiblicher Tugendhaftigkeit (Brant 1494, 32, zitiert nach Grimm 1877, 1293)303 oder eine „massenhaften Verendung“ auf dem Schlachtfeld von Rennes (Klabund 1916, 23). Theodor Herzl wiederum verwendet die passive Bewegung, die Steuerlosigkeit der Insekten, um die Notwendigkeit der Alija zu versinnbildlichen:
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Auch im englischsprachigen Raum findet sich die Redewendungen „to swarm as a crowd“ oder auch „swarm like locusts“ (Palmatier 1995, 376). Diese Redewendung wird häufig auf größere Menschenansammlungen bezogen, die in ein Theater oder einen Konzertsaal hineinströmen. Die Vermehrung kann auch auf das Kopulationsverhalten von Menschen bezogen sein, wie in einem dreiteiligen Roman von Eyth: „(…) und lese Hartmanns ‚Philosophie des Unbewußten‘ mit Ernst und Genuß. Man findet dabei manches Unerwartete und Anwendbare; zum Beispiel, (…) und daß ein Heuschreck mit abgeschnittenem Kopf nicht nur sechs Tage lang weiterlebt, fast, als wäre nichts geschehen, sondern noch am dritten eifrig den Mädchen seiner Gattung nachläuft, ja, sogar völlig kopflos in den Stand der Ehe tritt, natürlich nach Heuschreckenart. Ähnliches kommt ja bekanntlich auch bei Menschen vor. In einem Zwischenakt eines der oben berührten Theaterstücke, Schwänke genannt, machte mir der Gedanke viel zu schaffen: Sollten in dieser Welt des Unbewußten nicht vielleicht Schwänke von hirnlosen Fröschen und kopflosen Heuschrecken geschrieben worden sein, die uns jetzt als schandbare Plagiate aufgetischt werden?“ (Eyth 1905, 342). Dieser Spruch befindet sich im erfolgreichsten Buch der Vorreformation, dem „Narrenschiff“ von Sebastian Brant: „Der hütt der hewschreck an der sunn, und schüttet wasser in ein brunn, wer hüttet das syn frow blib frum“ (Brant 1494, 32; zitiert nach Grimm 1877, 1293).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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Als die Völker in den historischen Zeiten wanderten, ließen sie sich vom Weltzufall tragen, ziehen, schleudern. Wie Heuschreckenschwärme gingen sie in ihrem bewußtlosen Zuge irgendwo nieder. In den geschichtlichen Zeiten kannte man ja die Erde nicht. Die neue Judenwanderung muß nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen (Herzl 1920, 114). Dieses tertium comparationis basiert darauf, dass die Flüge der Insekten nicht auf einen muskulären Antrieb zurückgehen und die Tiere damit über keine Möglichkeit verfügen, die Richtung ihres Fluges zu koordinieren. Diese biologische Eigenschaft schlägt sich insofern symbolisch nieder, als dass sich der Heuschreckenflug für Symbolisierungen einer anderen Art als beispielsweise des Flugs von Vögeln anbietet, der zu poetischen Metaphern einlädt (Blümner 1974, 223f.). Diese Beispiele verdeutlichen den Facettenreichtum der Subscriptiones der Heuschreckenplage. Trotz mannigfaltiger Aspekte dominieren jedoch Bilder eines zerstörerischen Einfalls ins Eigene. Die Symbolisierungen enthalten daher zumeist restriktive Handlungsrationalitäten, die zu Vertreibung und Mord anleiten. 304 Das Motiv der zerstörerischen Heere Nicht immer ist in den alttestamentarischen Texten eindeutig denotiert, um wen es sich bei der target domain handelt. Ein Disput zwischen Exegeten dreht sich um die Frage, ob manche biblische Stellen Heuschreckenplagen im wörtlichen Sinne meinen oder möglicherweise eher feindliche Streitkräfte (Forstner 1986, 261; Hilgenfeld 1880, 396). Diese Unsicherheit der Interpretation wird weiter verstärkt, da die Heere bei Amos 7,1 deutlich dämonische Züge tragen (Park 1997, 298).305 Unumstritten ist hingegen, dass eine Erfahrung der Zerstörung durch das Naturphänomen die Symbolisierung feindlicher Heere motiviert (Demandt 1978, 30; Kirchenlexikon 1888/5, 1978). 304 305
In zwölf Okkurrenzen im Korpus finden sich Darstellungen einer anvisierten Vertreibung. Im zweiten Kapitel Joel wird eine Heimsuchung durch ein „Heuschreckenheer“ ausgemalt. Hier werden die Einfälle als „die Heuschrecken, Käfer, Geschmeiß und Raupen, mein großes Heer“ (Lutherbibel 1984, Joel 2,25) beschrieben, die über Israel herfallen. Während Forstner darauf hinweist, dass sich die Exegeten darüber streiten, ob es sich um eine metaphorische Verwendung handelt (Forster 1986, 261), interpretiert Hilgenfeld in seinen Erörterungen über den Propheten Joel dieses Heuschreckenheer als die vier Perserheere, die bis 458 v. Chr. durch Palästina in Richtung Ägypten gezogen sind. Durch diese metaphorische Identifizierung kann er die Schriften und damit Joel als einen Propheten der persischen Zeit verorten (Hilgenfeld 1880, 391f.). Hilgenfeld widerspricht mit seinen Interpretationen dem Historiker Merx, der die Heuschreckenschwärme einerseits als eigentliche Tiere auslegt und an anderer Stelle als pars pro toto für apokalyptische Vorboten des Endgerichts deutet (ebd., 393ff.) und in diesem Sinne die Heuschreckenplage als ein Symbol einer allgemeinen Verwüstung auslegt (ebd.).
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Schilderung des Heuschreckenheeres. Aufruf zur Buße 1 Blaset mit der Posaune zu Zion, rufet auf meinem heiligen Berge; erzittert, alle Einwohner im Lande! denn der Tag des HERRN kommt und ist nahe: 2 Ein finstrer Tag, ein dunkler Tag, ein wolkiger Tag, ein nebliger Tag; gleichwie sich die Morgenröte ausbreitet über die Berge, kommt ein großes und mächtiges Volk, desgleichen vormals nicht gewesen ist und hinfort nicht sein wird zu ewigen Zeiten für und für. 3 Vor ihm her geht ein verzehrend Feuer und nach ihm eine brennende Flamme. Das Land ist vor ihm wie ein Lustgarten, aber nach ihm wie eine wüste Einöde, und niemand wird ihm entgehen. 4 Sie sind gestaltet wie Rosse und rennen wie die Reiter. 5 Sie sprengen daher oben auf den Bergen, wie die Wagen rasseln, und wie eine Flamme lodert im Stroh, wie ein mächtiges Volk, das zum Streit gerüstet ist. 6 Die Völker werden sich vor ihm entsetzen, aller Angesichter werden bleich. 7 Sie werden laufen wie die Riesen und die Mauern ersteigen wie die Krieger; ein jeglicher wird stracks vor sich daherziehen und sich nicht säumen. 8 Keiner wird den andern irren; sondern ein jeglicher wird in seiner Ordnung daherfahren und werden durch die Waffen brechen und nicht verwundet werden. 9 Sie werden in der Stadt umherrennen, auf der Mauer laufen und in die Häuser steigen und wie ein Dieb durch die Fenster hineinkommen. 10 Vor ihm zittert das ganze Land und bebt der Himmel; Sonne und Mond werden finster, und die Sterne verhalten ihren Schein. 11 Denn der HERR wird seinen Donner vor seinem Heer lassen her gehen; denn sein Heer ist sehr groß und mächtig, das seinen Befehl wird ausrichten; (…) 20 und will den von Mitternacht fern von euch treiben und ihn in ein dürres und wüstes Land verstoßen, sein Angesicht hin zum Meer gegen Morgen und sein Ende hin zum Meer gegen Abend. Er soll verfaulen und stinken; denn er hat große Dinge getan (Lutherbibel 1912, Joel 2,1-11,20).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
In der Literatur der Moderne existieren genreübergreifend viele Symbolisierungen von Armeen als ‚Heuschrecke/n‘, allen voran in Romanen, aber auch in Erzählungen, Novellen, Jugendbüchern und Märchen. Im Korpus sind Armeen und Soldaten die häufigste target domain, mit großem Abstand gefolgt von Besuchern, Reisenden und unliebsamen Bevölkerungsgruppen. Die target domain ist jeweils kontextabhängig spezifiziert, als englische, französische, russische Armee, als Hunnen, Araber, Ungarn, Kroaten, aber auch als Schar toter Soldaten auf einem Schlachtfeld. Eine zeitliche Häufung lässt sich im 19. Jahrhundert nicht rekonstruieren und im 20. Jahrhundert finden sich die letzten Treffer im Datenkorpus im Jahr 1930.306 Die rhetorische Figur der Analogie dominiert, und 306
Dass sich aus der Zeit des Nationalsozialismus keine Beispiele in der deutschen Literatur finden, lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass aus dieser Zeit keine Texte in die Datenbank eingepflegt wurden.
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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die Heere fallen „wie“, „gleich“ oder „ähnlich“ Heuschrecken in Dörfer oder Länder ein.307 Die Tiere stehen hier pars pro toto für die Zerstörungen, die sie anrichten (können) (Coster 1867, 86). Im Kontext von Krieg ist die Zerstörung oftmals (auch) durch Plünderungen hervorgerufen. Ein Aspekt, der im Zitat aus dem Buch Joel (2,1-11,20) fehlt, wird im Buch Judith (Jdt 2, 7-11) ausgeführt: Die Plünderungen durch das Heer von Holofernes sind als „Abgrasen“ durch Heuschreckenschwärme analogisiert.308 Auch in der modernen Literatur wird der Raub von Reichtümern als „am Acker zehren“ verbildlicht: So gings zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Gewaltige Krämpfe erfaßten die Menschheit; wie Wirbelwind den Staub wirbelt, wirbelte der Krieg die Völker durcheinander, die Franzosen über das Meer ins heiße Afrika, die Russen aus ihrem kalten, öden Lande ins schöne Italien hin. Wie Stürme die Heuschrecken verschlagen, die hungrigen, welche alles Grüne fressen, so ward eine wüste Wolke voll kleiner unbehoster Franzosen verschlagen über die Schweizerberge ins grüne, schöne Land mitten hinein, sie zehrte an ihm wie die Heuschrecken am Grase auf dem Acker. Es waren lauter Teufelskerle, die an den Bergen kletterten wie Gemsen, ins Feuer liefen wie Rosse, die man aus einem brennenden Stalle getrieben, keinen ganzen Fetzen, groß wie eine Hand, am Leibe hatten und doch die ganze Welt in die Tasche stoßen wollten, den Tod in allen Gliedern, hellauf erschallen ließen ihre Siegeslieder (Gotthelf 1849, 28).309 Diesen Symbolisierungen der Heuschreckenschwärme sind Zuweisungen über die Andersartigkeit des Kriegsgegners enthalten, der als animalisch, zwanghaft und kriegerisch illustriert ist, während hingegen die eigenen mörderischen
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Es finden sich im Korpus 27 Okkurrenzen von Armeen als target domain. Zwei Drittel dieser Überfälle werden von Schwärmen begangen, aber auch Heere, Herden und Scharen von Heuschrecken sind am Werk. „Da fodderte Holofernes die Heubtleute/vnd die Obersten des Assyrischen Kriegsuolcks/vnd rüstete das volck zum Kriege/wie jm der König geboten hatte/Hundert vnd zwenzig tausent zu fusse / vnd zwelff tausent Schützen zu rosse. 8Vnd er lies all sein Kriegsuolck/fur jm hin ziehen/mit vnzelichen Kamelen/gros Vorrat/da zu mit ochsen vnd schafen on zal/fur sein Volck. 9 Vnd lies aus gantz Syrien Korn zufüren/zu seinem Zug. 10Gold vnd geld aber/nam er aus der massen viel mit sich/ zufüren/zu seinem Zug. 10Gold vnd geld aber/nam er aus der massen viel mit sich/aus des Königes kamer. 11Vnd zoch also fort mit dem gantzen Heer/mit Wagen/Reutern vnd Schützen/welche den Erdbodem bedeckten/wie Hewschrecken“ (Biblia1534, Jdt. 2, 7-11). Hier habe ich die alte Ausgabe der Lutherbibel gewählt, da die Analogisierung in der Ausgabe von 1984 nicht mehr enthalten ist. Gotthelf verwendet relativ häufig Tiermetaphern. In der oben erwähnten Erzählung finden sich zum Beispiel parallele Metaphern mit den source domains Jagdhund wie ‚Ungeziefer‘.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Kriegshandlungen überschrieben werden und Krieg als ein von Außen aufoktroyiertes Übel erscheint (vgl. auch Dahn 1888, 45 und Wörishöffer 1887, 331). Die drei weiter oben ausgeführten Charakteristika des Schwarms versinnbildlichen auch multidimensional die Einfälle der Armeen in der Literatur der Moderne. Die akustischen Ausgestaltungen sind facettenreich: mit „Donnern“, „Sausen“ oder in „bedrohlicher Stille“ nähern sich die Heuschreckenheere (Pyrker 1820, 581). Visuell wird die Verdunklung der Sonne durch die Massen der feindlichen Krieger als dominantes Motiv angeführt (vgl. Jensen1892, 16 und Pyrker 1820, 581), wie etwa bei Schiller in der Jungfrau von Orleans: „Wie aus geschwärzter luft die heuschreckenwolke herunterfällt und meilenlang die felder bedeckt in unabsehbarem gewimmel, so gosz sich eine kriegeswolke aus“ (Schiller 1802, Prolog, 3. Auft; zitiert nach Grimm 1877, 1294). Sehr vielseitig bebildert sind auch dynamische Bewegungen, die einzelne Stadien und Facetten des Kriegsgeschehens illustrieren: Das Motiv der geordneten Formation bildet das tertium comparationis zwischen den Insekten und einem militärischen Taktieren.310 Die Gleichförmigkeit des Marschierens wird auf diese Weise ebenso illustriert wie das taktische Aufspalten einzelner Einheiten (Gotthelf 1850, 183f.).311 Disziplin und Selbstdisziplin werden so im destruktiven Akt der kriegerischen Gewalt glorifiziert (Wichert 1881, 226f.).312 Diese Ausgestaltungen der Symbolisierungen der Plünderungen und Andersartigkeit der Gegner können auch auf weiteren wie physiologischen tertia comparationis aufbauen: Die Araber sind doch sehr merkwürdig. Sie kommen aus ihrer Wüste mit ihren Schwertern und Lanzen wie ein Heuschreckenschwarm heraus und bilden sich ein, daß sie Alles gleich mit Beschlag legen könnten – nur weil sie kräftige Arm- und Beinmuskeln besitzen. Ihr wollt überall nur genießen – Alles – 310
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Die Vorstellung von der geordneten Eintracht ist im Buch der Sprüche (30,27) festgehalten. Ferro leitet das tertium comparationis jedoch von einer Strophe in Jeremia (51,27) ab: „Faites donner la cavalerie, horde de sauterelles hérissées“ (Ferro 1996, 377). In der Übersetzung der Lutherbibel ist jedoch die Heuschrecke durch den Käfer ersetzt: „Werfet Panier auf im Lande, blaset die Posaune unter den Heiden, heiliget die Heiden wider sie; rufet wider sie die Königreiche Ararat, Minni und Askenas; bestellt Hauptleute wider sie; bringt Rosse herauf wie flatternde Käfer!“ (Lutherbibel 1912, Jer 51,27). Franz Delitzsch leitet diese Verbindung zu militärischen Manövern vom Wortstamm von Heuschrecke ab, das auf „in zwei Teile spalten“ verweise und daher mit der militärischen Taktik des Aufspaltens assoziiert werden könne (Delitzsch 1985, 302; zitiert nach Forti 2008, 115). Dieses tertium comparationis funktioniert auch in umgekehrter Richtung von dem source domain der Armee auf die target domains der Tiere. Al-Durayhim beschreibt in seinem Livre de l`utilité des animaux einen Bestiaire de l’Escorial aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, „les sauterelles se réunissent en formations comme les soldats; quand la première se met en marche, toutes suivent, et si elle tombe, toutes font la même chose“ (Durayhim 1980, 101; zitiert nach Ferro 1996, 377).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Alles! Ihr wollt nicht bloß essen und trinken, ihr wollt auch gleich alle Religionen genießen, auch alle Künste – selbst das Unverständliche und das Unverständige. Ihr traut doch Eurem guten Magen ein bißchen zu viel zu (Scheerbarth 1897, Kap. 19, Abs. 39).
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Oftmals ist die target domain des Heeres mit dem Motiv der Plage und der Massenhaftigkeit gekoppelt.313 Eine Vernichtung des Anderen wird somit legitim, da es sich um animalische Massen und nicht um Personen mit Subjektstatus handelt. Da Krieg die Vernichtung des Gegners intendiert, sind auch Beschreibungen vom Niedergang und Verenden von Heuschreckenschwärmen Motivspender: Die erste Schlacht! Er ergreift die Fahne der Freiwilligen von Rennes und stürmt ihnen voran. Er ist wie ein Wind vor ihnen. Heiß und singend weht er gegen die Feinde. Wallendes Rot, schreitendes Blau, rauschendes Gold. Volk, mein Volk. Er glaubt, er renne in einer Prozession. Die Madonna erscheint segnend auf Pulverwolken. Der Äther dröhnt in Verkündigung. Er rennt. Stolpert. Rennt. Als er stehen bleibt und sich umsieht, ist niemand hinter ihm. Das Feld ist mit Leichen besprenkelt. Wie ein Heuschreckenschwarm nach der Vernichtung ist das Feld mit den Freiwilligen von Rennes bedeckt. Die gelben Lupinen leuchten plötzlich in blutroten Blüten. Korn schießt blutgesättigt in die Höhe. Die Schreie der Verwundeten und Sterbenden schwirren wie heisere Trompetentöne durch die Luft. Es regnet Blut. Die Pferde bellen. Einer ... ganz in der Ferne, ruft: „Mutter“. Da faltet Moreau die blaue Fahne von
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In der Neuzeit findet sich die Metaphorisierung auch in die andere Richtung: Ein Chronikeintrag über einen Heuschreckenschwarm, der die Gegend um Mittenwald heimsuchte, ist mit „ArmeeZug der Heuschrecken" betitelt (Schenda 1995, 144). Auch Künstler der Renaissance und des Barocks verwenden die Heuschrecke als Emblem für kriegerische Konflikte, was auf eine Gleichsetzung des Andrea Alciato in seinem Emblematum Liber zurückzuführen ist, das als ikonografische Quelle gilt. Zu dem 127. Emblem schrieb er „Nous avons vu des volées innombrables portées par le vent du levant s’abattre sur les champs telles les armées d’Attila ou de Xerxès. Elles ont tout mangé: le foin, le millet, le blé. Notre espérance se trouvait amenuisée; il ne nous restait qu’à faire des vœux“ (Alicato 1985, 127; zitiert nach Ferro 1996, 378). Ein solches Motiv der Vernichtung findet sich bereits im Altertum bei Homer, wo die vor Achill fliehenden Trojaner als durch Feuer aufgescheuchte Heuschreckenschwärme verbildlicht sind: „Laut aber hallten die Ufer rundum; mit klagenden Schreien schwammen sie hin und her, vom Wirbel im Kreise getrieben. Wie vor des Feuers Gewalt sich Heuschrecken schwirrend erheben, Hin zum Flusse zu fliehn, denn es brennt sie das rastlose Feuer, Jählings entflammt, und sie lassen sich nieder zum fließenden Wasser“ (Homer 1998, XXI, 10-15). Es ist jedoch Vorsicht geboten, eine diachrone Kontinuität bei der Konnotation zu attestieren, denn synchron hatten die Schwärme durchaus unterschiedliche Bedeutungen. In der Antike wurde das plötzliche Auftreten von Bienenschwärmen zum Beispiel als ein Vorzeichen für Kriege und Naturkatastrophen betrachtet (Schenda 1995, 40).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Rennes zusammen und schreitet langsam, den Degen gesenkt, zurück. Er weiß, die Schlacht ist verloren (Klabund 1916, 23).
Als eines der drei Charakteristika des Schwarms gilt seine Gleichförmigkeit. Diese bildet auch das tertium comparationis in einem Vers im Buch der Sprüche im Alten Testament, in dem Naturphänomene auf menschliches Verhalten oder menschliche Organisationsformen projiziert sind. Vier Tieren verschiedener zoologischer Ordnung erhalten Zuschreibungen, die auf Aspekte des menschlichen Lebens übertragen werden:
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Das Motiv der unhierarchischen Eintracht
Vier sind klein auf Erden und klüger denn die Weisen: 25 die Ameisen, ein schwaches Volk; dennoch schaffen sie im Sommer ihre Speise, 26 Kaninchen, ein schwaches Volk; dennoch legt es sein Haus in den Felsen, 27 Heuschrecken, haben keinen König; dennoch ziehen sie aus ganz in Haufen, 28 die Spinne, wirkt mit ihren Händen und ist in der Könige Schlössern (Lutherbibel 1912, Spr 30,27). Die Heuschrecken, als Sinnbild egalitärer und friedlicher Eintracht, unterscheiden sich diametral von der hierarchischen Organisation der Ameisen. Während diese oftmals als Symbol einer idealen (monarchistischen) Staatsform in der Literatur der Moderne herangezogen werden, findet sich im Korpus keine Symbolisierung, die eine egalitäre Organisierung idealisiert. Die Natur als Lernobjekt (vgl. Forti 2008, 118) entspricht im Fall der ‚Heuschrecke/n‘ nicht den soziokulturellen und politischen Bedürfnissen der diskursiven Akteure: Handlungsrationalitäten einer erstrebenswerten egalitären Organisation der sozialen Ordnung sind im Korpus nicht existent. Stattdessen existiert ein Dutzend Fragmente, in denen die egalitäre Eintracht von Soldaten versinnbildlicht ist und Disziplin und Normierung ausgedrückt wird.315 Nun, in der Vehfreude erwartete man gerade nicht Ungarn oder Kroaten, so gleichsam des Teufels Halbbrüder, mit Sporen an den Stiefeln, auf Rossen ohne Schwänze, mit großen und kleinen Kanonen, wie Heuschrecken, daß sie daherkämen, akkurat wie wenn das Meer daherkäme in himmelhohen Wellen, wenn es aufgerüttelt würde zu neuer Sündflut (Gotthelf 1850, 183f.). Dieser alttestamentarische Spruch dient auch als Grundlage für die Heuschrecke als Symbol im christlichen Natursymbolismus. Eine vermeintliche Kontinuität 315
Auch in anderen Fragmenten im Alten Testament existiert dieses Motiv, u.a. im Buch Jeremias (51,27) und Joel (1,2), der die Gleichförmigkeit der persischen Truppen verbildlicht (Ferro 1996, 377). In einem mittelalterlichen Bestiarium ist dieses Motiv ebenfalls aufgegriffen (Durayhim 1980, 101; zitiert nach Ferro 1996, 377).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
muss hier jedoch zurückgewiesen werden, denn die mittelalterliche Scholastik artikulierte sich in einem völlig anderen politischen, soziokulturellen, exegetischen, historiografischen, rhetorischen und didaktischen Kontext. Ein beginnender Wechsel der Sinnvermittlung bei der Annäherung an Lebewesen findet sich bereits in der griechischsprachigen frühchristlichen Naturlehre. Diese Naturbetrachtung, die auf Zitaten von Autoritäten und ihrer Auslegung beruht (Obermaier 2009, 12), setzt sich deutlich von den Beobachtungen und empirischen Untersuchungen der frühen Naturwissenschaften ab (Anzulewicz 2009, 30). Grundlage der christlichen Naturlehre ist die Zwei-Bücher-Lehre, in der die Bibel und die Natur als Wege zur Erkenntnis Gottes gehandelt werden. Basis dieser Sicht ist eine christlich geprägte Auffassung von Natur als zeichenhaft, in der das Tier „als Werkzeug der Erkenntnis des göttlichen Heilsplans“ (Obermaier 2009, 24) fungiert. Die Beschäftigung mit dem Tier folgt damit einer „spiritualistische[n] Intention“ (Brückner 1961, 51), einem Wunsch nach gottesfürchtiger Lebensführung. Wie genau diese auszusehen hatte, oblag der Exegese, die im gesamten Mittelalter vier verschiedene Interpretationsansätze bei der Auslegung der heiligen Texte verfolgt: Sie versucht, den Gläubigen erstens den geschichtlichen Sinn des Textes zu erklären, zweitens entwickelt sie eine allegorische Interpretation, in der ein Glaubenssatz zur Orientierung einer idealen Lebensführung entwickelt ist. Im dritten Schritt wird eine moralische Implikation herausgearbeitet, also der tropologische Sinn expliziert. Schlussendlich tritt im vierten Schritt die anagogische Deutung in den Vordergrund und damit ein Bezug des Textes auf eine Endzeit als Erlösungsversprechen an die Gläubigen. In der christlichen Natursymbolik gilt der Physiologus als die Hauptschrift, da er den kollektiven Wissensbestand des Mittelalters bis in die Neuzeit maßgeblich prägt (Brückner 1961, 8). Der Aufbau jeder Abhandlung ist strikt nach demselben Muster strukturiert: Ein Bibelzitat wird vorangestellt und im nächsten Schritt einer eschatologischen Auslegung unterzogen. Im Sinne einer vierschrittigen Exegese wird eine Auslegung entwickelt, in der das Tier als Sinnbild verstanden wird und mithilfe dieser Auslegung moralische, dogmatische und endzeitliche Botschaften für die Rezipient_innen entwickelt werden, wobei ein Tier für das Gute und Böse gleichzeitig stehen kann (Blankenburg 1943, 78). Bei den christlichen Enzyklopädisten, wie bei Konrad Megenburg im buoch der natur (Brückner 1961, 147f.) und im Speculum naturale in Abhandlung LXXXI (Beauvais 1964, 1426) finden sich Referenzen auf den biblischen Vers im Buch Jesaja (40,20-22). Auf Grundlage der Enzyklopädisten bildet sich in der mittelalterlichen Literatur, basierend auf der biblischen Allegorese, eine christliche Natursymbolik heraus, in der, wie bei den bedeutenden Enzyklopädisten, eine Loslösung von dem eigentlichen Tier festgestellt werden kann (Obermaier 2009, 1). Ungläubige erscheinen, dieser Auslegung zufolge, als hätten sie keinen (himmlischen) Führer. Eine Heuschre-
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
cke in den Händen von Jesu ist demnach als ein Symbol für die Bekehrung der nicht-christlichen Bevölkerung zu interpretieren (Ferro 1996, 378).
Auch das Motiv des kleinen Wuchses besitzt eine Schnittstelle zu dem Spruch (30,27): die „[v]ier sind klein auf Erden und klüger denn die Weisen“. Die Heuschrecke als Symbol für eine Geringheit und/oder kleinen Wuchs basiert auf diesem und einem weiteren Vers in Jesaja im Kapitel „Israels unvergleichlicher Gott“. Dort wird durch Analogien die Geringheit der Menschen vor Gott versinnbildlicht:
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Das Motiv des Größenvergleichs
Desgleichen wer nur eine arme Gabe vermag, der wählt ein Holz, das nicht fault, und sucht einen klugen Meister dazu, der ein Bild fertige, das beständig sei.21 Wisset ihr nicht? Hört ihr nicht? Ist’s euch nicht vormals verkündigt? Habt ihr’s nicht verstanden von Anbeginn der Erde? 22 Er sitzt auf dem Kreis der Erde, und die darauf wohnen, sind wie Heuschrecken; der den Himmel ausdehnt wie ein dünnes Fell und breitet ihn aus wie eine Hütte, darin man wohnt (Lutherbibel 1912, Jes. 40,20-22). Diese Geringheit ist als Motiv im Alten Testament sowohl wertneutrale Größenangabe (Nm 13, 33)316, als auch Sinnbild der Schwäche und Machtlosigkeit, aufgrund derer eine Anrufung Gottes um Unterstützung erfolgt (Ps. 109, 21-24).317 Dieser Aspekt wird auch in der Literatur der Moderne aufgenommen. Oftmals amalgamiert hier ein kleiner Wuchs mit einer hohen Anzahl der target domains (vgl. Moerike 2006[1836], 56). Clara Blüthgen, eine Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts viel gelesene Unterhaltungsschriftstellerin, bebildert ein Sommerszenario mit diesem Motiv: Das blaue Feld war nun abgeblüht. Langsam waren die reinen blauen Töne von mißfarbigen gelblichen abgelöst worden. Man hatte die Samenkapseln abgepflückt und auf die Trockendarren gebracht, eine Menge Menschen, klein wie Heuschrecken und sonderbare feingliedrige Maschinen, wie hässliche
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„Wir sahen auch Riesen daselbst, Enaks Kinder von den Riesen; und wir waren vor unsern Augen wie Heuschrecken, und also waren wir auch vor ihren Augen“ (Lutherbibel 1912, Nm 13,33). „Aber du, Herr, HERR, sei du mit mir um deines Namens willen; denn deine Gnade ist mein Trost: errette mich! 22 Denn ich bin arm und elend; mein Herz ist zerschlagen in mir. 23 Ich fahre dahin wie ein Schatten, der vertrieben wird, und werde verjagt wie die Heuschrecken. 24 Meine Knie sind schwach von Fasten, und mein Fleisch ist mager und hat kein Fett“ (Lutherbibel 1912, Ps 109, 21-24).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Riesenspinnen, waren bei der Arbeit, den ausgenutzten Boden für eine neue Blumenart vorzubereiten (Blüthgen 1930, 260f.). Dieses Motiv bleibt jedoch in der Literatur der Moderne eher die Ausnahme,318 es steht nie an zentraler Stelle und wird auch in folgenden Fragmenten nicht wieder aufgegriffen oder vertieft.
Die Heuschrecke kann durch ihre besondere physiognomische Beschaffenheit im Verhältnis zu ihrer Körpergröße extrem weit springen. Diese Veranlagung motiviert bereits alttestamentarische Analogien: 319 Kannst du dem Roß Kräfte geben oder seinen Hals zieren mit seiner Mähne? Läßt du es aufspringen wie die Heuschrecken? Schrecklich ist sein prächtiges Schnauben (Lutherbibel 1912, Ijob 39, 19-20). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Das Motiv des Sprungs als Mittel zur Flucht
Drei weitere alttestamentarische Verse bezeugen eine Einzigartigkeit von spezifischen Pferden durch eine ähnliche Analogisierung.320 Auch Gregor der Große bezieht sich in seiner Moralia, ein Teil der Exegese des Neuen Testaments, auf diese physiognomische Einzigartigkeit des Tieres und visualisiert durch eine Analogie die Auferstehung Jesus: Der todgeweihte Jesus habe sich von seinen Peinigern festhalten lassen, sei ihnen dann aber durch seine Auferstehung, gleich einem Sprung der Heuschrecke, entkommen (Forstner 1986, 261).321 318 319
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Im Datenkorpus finden sich lediglich vier Okkurrenzen. Die Befähigung zu hohen Sprüngen prägt außerdem die deutsche Bezeichnung des Tieres: Im Deutschen stammt das Wort Heuschrecke etymologisch von Höuschrecke, althochdeutsch Housrecho, ab, dessen zweiter Wortbestandteil „schrecken“ eine altertümliche Bezeichnung für „aufspringen“ ist (Duden 1983, 576). Im Buch Joel: „Schilderung des Heuschreckenheeres. (…) Sie sind gestaltet wie Rosse und rennen wie die Reiter. Sie sprengen daher oben auf den Bergen, wie die Wagen rasseln, und wie eine Flamme lodert im Stroh, wie ein mächtiges Volk, das zum Streit gerüstet ist“ (Lutherbibel 1912, Joel 2,4-5). In der Apokalypse: „Und die Heuschrecken sind gleich den Rossen, die zum Kriege bereitet sind; und auf ihrem Haupt wie Kronen, dem Golde gleich, und ihr Antlitz gleich der Menschen Antlitz“ (Lutherbibel 1912, Off 9,7). Ferner wird die Heuschrecke im Buch Hiob beschrieben, im Rahmen einer Darstellung der Wunder der Tierwelt, die die Größe und Weisheit Gottes bezeugen soll. Die Heuschrecke ist ebenso Symbol der Auferstehung und der Wiedergeburt auf deutschen und italienischen Gemälden des 15. Jahrhunderts (Dittrich 2005, 210; Forstner 1986, 261). Es ist strittig, an welche physiognomische Entwicklung der Tiere diese Symbolik angelehnt ist: Einerseits könnte sie auf das Stadium der letzten Häutung referieren, in dem die bis dato erdgebundenen Tiere in ein flugfähiges Stadium übergehen und sich vom Boden erheben. Andererseits könnte der weite Sprung des erdgebundenen Tieres den metaphysischen Prozess einer Auferstehung analogisiert (Ferro 1996, 378). Zur kirchlichen Ornamentik dieses Motivs vgl. Rowland (1973, 30).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Auch in der Literatur der Moderne visualisiert eine Analogisierung eines Sprungs einer Heuschrecke zumeist die (außergewöhnliche) Bewegung eines Pferdes:322
Sporadisch verbildlichen die Sprünge der Heuschrecken die Bewegung anderer Tiere323 und Menschen.324 Das Determinativkompositum „Heuschreckensprung“ agglomeriert sich als Illustration menschlicher Bewegung:
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Im selben Augenblick kam in umgekehrter Richtung des Weges, den die Königin genommen hatte, durch dieselbe Allee mit verhängten Zügeln ein Trupp Reiter, in dem die beiden Freunde mutige, fast wütende Protestanten erkannten. Ihre Pferde sprangen wie die Heuschrecken, von denen Hiob spricht, bald erschienen, bald verschwanden sie (Dumas 1845, 565).
Da spilten sie des ballens, sprangen der röck, stieszen der böck, des handballens, des uberkreiszschenkens, der grubenkinder, des rucksprungs, des häuschreckensprungs mit gleichen füszen für sich (Fischart 1847, 174; zitiert nach Grimm 1877, 1294). Aber nicht nur Bewegungen sind metaphorisiert, auch Abstraktes wird in Diskursfragmenten der Literatur der Moderne entsprechend visualisiert: Aber um’s Himmels willen, was für einen Heuschreckenbrief hast du mir geschrieben! Das springt und wimmelt durcheinander, setzt an und bricht wieder ab, vorwärts, rückwärts, nach allen Seiten hinaus. Schäme dich, Thekla, du, welche in dem Klosterpensionat um ihres deutschen Stils willen berühmt war und uns flatterhaften Dingern allen durch ihr logisch-methodisches Denken und Sprechen und Schreiben so tiefen Respekt einflößte (Scherr 1874, 95). Diese dunkle Metapher wird durch die folgenden Verben expliziert, die im kulturellen Bildervorrat mit der source domain, dem Insekt, verbunden sind. Dennoch bleibt in diesem Fragment die target domain unklar: Springen die Gedanken, die Wörter, springt die Grammatik? In kühner Weise werden hier verschiedene
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Eine okkassionelle Wortbildung findet sich bei Klabund in dem Nominalkompositum „Heuschreckenpferd“ (Klabund 1918, 60): „Er bestieg sein Heuschreckenpferd und war mit einem Satz über die Dächer verschwunden.“ Zum Beispiel eine Verbildlichung des Umherhüpfens von Affen: „Wisset, daß die heftigen Stürme uns vom Wege abgeführt haben und unser Mißgeschick hat uns an die Affeninsel gebracht, auf welcher Affen wie Heuschrecken umherspringen“ (Weil 1841, 116). Ein prominentes antikes Beispiel entsinnt der Komödiendichter Aristophanes, der den „Heuschreckensprung“ als eben jene Bewegung identifiziert, mit der der ‚Parasit‘ direkt durch die Tür zu den fetten Gastmählern gelangt (Aristophanes Ach. 195, 6, II 94; zitiert nach Blümner 1974, 235).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Am folgenden Tag sah man nur noch wie vergessen da und dort ein einsames Schwein, eine kleine Gruppe Rinder, die laut nach ihren Freunden brüllten, und schon fingen meine Leute an, am ferneren Ende des Platzes die weißen Zeltdächer aufzurollen. Auch der Schwarm der Besucher, der heuschreckenartig durch Frankfurt gewimmelt hatte, war wie mit Zauberschlag verschwunden (Eyth 1905, 323). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Wirklichkeitsbereiche verknüpft, zwischen denen im kulturellen Bildervorrat nicht unbedingt Verbindungen vorausgesetzt werden können. Hingegen eine häufige Verknüpfung im kulturellen Bildervorrat existiert zwischen dem massenhaften Auftreten von Insekten, das unter anderem als Wimmeln bezeichnet wird, und der Zuweisung des Plagenhaften und Unangenehmen. Dennoch bleibt es möglich, die Konnotation offen zu belassen, wie im folgenden Beispiel:
Daraus lässt sich resümieren, dass einerseits die Physiognomie des einzelnen Tieres als Besonderheit erscheint und sie zur source domain für außergewöhnliche menschliche und tierische Bewegungen wird. Andererseits beinhalten die Symbolisierungen auf Grundlage der Masse der Tiere grundsätzlich eine negative oder bedrohliche Konnotation. Die Differenzsetzung verläuft also nicht zwischen verschiedenen Kreaturen oder Entwicklungsstadien – wie in den hebräischen alttestamentarischen Fragmenten – sondern zwischen Anzahl und einzelner Kreatur. Dieses trivial erscheinende Summarium wird im Kontext aktueller diskursiver Fragmente bedeutungsvoll. Das Motiv des Qualenbringers Im letzten, durchgehend prophetischen Buch des Neuen Testaments, das sowohl auf die Bildlichkeit von Teilen des Tanach als auch der frühjüdischen Apokalyptik zurückgreift, befinden sich insgesamt achtzehn Tiermotive (Park 1997, 279). Diese Tiermotive sind als Umwegskommunikation eingesetzt, denn der Verfasser versucht, weder Gott noch das Dämonische direkt zu benennen (ebd., 292).325 Neben den zwei Erwähnungen der Heuschrecke als Nahrung in den Evangelien (Mt. 3,4 und Mk. 1,6) wird in der Apokalypse des Johannes ein Mischwesen zwischen Heuschrecke und einem Wesen mit dämonischen Zügen entworfen. Und er tat den Brunnen des Abgrunds auf; und es ging auf ein Rauch aus dem Brunnen wie ein Rauch eines großen Ofens, und es ward verfinstert die Sonne und die Luft von dem Rauch des Brunnens. 3 Und aus dem Rauch kamen Heu325
Diese Vermeidung mag auf das Bilderverbot zurückgehen und wie die Stilmittel des Visionsberichts auf einen judeo-christlichen Kontext des Autors verweisen (Park 1997, 293; Wolter 1992, 33).
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schrecken auf die Erde; und ihnen ward Macht gegeben, wie die Skorpione auf Erden Macht haben. Und es ward ihnen gesagt, daß sie nicht beschädigen das Gras auf Erden noch ein Grünes noch einen Baum, sondern allein die Menschen, die nicht haben das Siegel Gottes an ihren Stirnen. 5 Und es ward ihnen gegeben, daß sie sie nicht töteten, sondern sie quälten fünf Monate lang; und ihre Qual war wie eine Qual vom Skorpion, wenn er einen Menschen schlägt. (…) Und die Heuschrecken sind gleich den Rossen, die zum Kriege bereitet sind; und auf ihrem Haupt wie Kronen, dem Golde gleich, und ihr Antlitz gleich der Menschen Antlitz; 8 und hatten Haare wie Weiberhaare, und ihre Zähne waren wie die der Löwen; (…) 10 und hatten Schwänze gleich den Skorpionen, und es waren Stacheln an ihren Schwänzen; und ihre Macht war, zu beschädigen die Menschen fünf Monate lang (Lutherbibel 1912, Off 9,2-5, 7-8,10). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Religionsgeschichtlich hat das hier verwendete Motiv zwei Wurzeln: Einerseits basieren die Heuschreckengestalten der Apokalypse auf der babylonischen und ägyptisch-griechischen Mythologie, ihre bildlichen Vorläufer sind in babylonischen Grenzsteinen von Kentauren auszumachen (Kraft 1994, 12-28; Park 1997, 297f.). Andererseits finden sich Aspekte der oben beschriebenen Motive im Alten Testament: das Motiv der Plage als Buß- oder Sühneeinforderung, die detailreiche Beschreibung der Heuschreckenheere, des Äußeren der Tiere sowie die Bilder des Heeres, also den zum Kampf gerüsteten Rössern aus Joel 2,4. 326 Diese Mischwesen aus Skorpionen und Pferden besitzen nur noch eine begrenzte Ähnlichkeit mit der source domain. Da es sich hier wie gesagt um eine Umwegskommunikation handelt, hat dieses Äußere eine besondere Bedeutung für die Eschatologie: Das Mischwesen ist als einzelnes Tier in der Rangordnung des Alten Testaments zu den gefährlichen Tieren aufgestiegen.327 Am unteren Ende der Hierarchie befinden sich die Skorpion-Heuschrecken, während die Krone im späteren Verlauf auf die über diesen stehenden Basilisken referiert. Die Krone der Basilisken verweist wiederum auf den alten Drachen, das höchste Tier dieser Kette, das als sichtbares Zeichen Satans interpretiert werden kann (Kraft 1994, 107ff.).328 326 327
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Lutherbibel 1912, Joel 2,4: „Sie sind gestaltet wie Rosse und rennen wie die Reiter.“ Park (1997, 298) sieht den ersten Schritt dieses Aufstiegs der Heuschrecken bereits im Alten Testament im Buch Amos (7,1) angelegt, da dort die Heuschrecken erste dämonische Züge zeigen würden. Dass es sich bei den Heuschrecken in Amos 7,1 auch bereits um eine Bedrohung mit „deutlich dämonischen Zügen“ (Park 1997, 298) handelt, erschließt sich m.E. nicht aus den oben zitierten Versen. Nicht nur die Tiergestalt hat in der eschatologischen Interpretation einen fixen Sinn, auch die Haare haben einen spezifischen Symbolgehalt: Sie sollen die Mähnen von Pferden symbolisieren (Kraft 1994, 109). Der Stachel des Skorpions ist wiederum ein Motiv der Züchtigung im Alten Testament und symbolisiert in diesem Kontext eine Hinterlist (Park 1997, 308).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Im biblischen Bilderkanonen zeichnen sich mit diesen Versen zwei gravierende Unterschiede zu den vorhergegangenen Symbolen: Zum einen fallen diese Heuschrecken-Mischwesen über die Menschen her, sie schaden ihnen also unmittelbar und nicht mehr indirekt durch Ernteverlust oder verfaulende Insektenkörper. Somit verweisen die Verse zwar auf die bekannten und gefürchteten Plagen, überbieten diese jedoch gleichzeitig (Kraft 1994, 106). Zweitens differiert die Richtung, aus der sie kommen: Sie kriechen aus dem Abgrund – fallen nicht aus dem verdunkelten Himmel. Im Vers bleibt allerdings unklar, ob die Tiere von Gott gesandt sind. Da die Qual nicht den Gläubigen gilt, könnte das Motiv der Umkehr zur Sühne aus den Ägyptischen Plagen aufgegriffen sein (Park 1997, 303).329 Eine andere Interpretation besagt, dass den Menschen eine Prüfung durch Wesen des Abgrundes auferlegt wird (Forstner 1986, 261). 330 Einen deutlichen Naturbezug besitzt die Zeitspanne von fünf Monaten, die sie die Menschen quälen, was der ungefähren Lebensdauer von Heuschrecken entspricht. Das eschatologische Kreisen um die Bedeutung der Mischwesen schlägt sich in der christlichen Symbolik nieder, in der nun die einzelne Heuschrecke als Symbol für das Böse steht.331 Dies zeigt sich auf einem Gemälde von Bernardino Pinturicchio (Abb. 18) aus dem 15. Jahrhundert. Auf diesem trägt ein Fasan das Tier im Schnabel. Diese Darstellung geht auf eine Perikope im Buch Daniel (Dan 13, 1-64) zurück, die von einer Intrige um eine versuchte Vergewaltigung handelt. In dieser Geschichte wird die Protagonistin, Susanna, als eine gottfürchtige, keusche Frau zwei verlogenen, lüsternen Männern gegenübergestellt, die Susanna Gewalt antun. Die Männer verleugnen dies im Nachgang jedoch bei einer Befragung und beschuldigen Susanna widerum einer Verführung. In einer unabhängigen Zeugenbefragung werden die Männer dann der Verleumdung überführt. Dies ist in der christlichen Symbolik durch die Heuschrecke im Schnabel des Fasans symbolisiert.332 329
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Kraft erkennt keine Verbindung zu den Ägyptischen Plagen und interpretiert nur eine Ergänzung am Ende der sechsten Strophe als vergebliche Bußmahnung (Kraft 1994, 108). Wiederum ganz anders interpretiert Forstner (1986, 261f.) die Passage, da er die Tiere einer königlichen Macht zuschreibt. Laut dem Beatus de Liébana soll es sich bei den Qualen um geistige handeln, die die Dämonen über die Menschen bringen (Ferro 1996, 377). An diesen Interpretationen lässt sich bereits eine Entwicklung zum Bild des Antichristen identifizieren (Wolter 1992, 30-40). Generell gilt das massenhafte Auftreten der Heuschrecken in der Symbolik des Mittelalters als Symbol des Bösen. Wie oben bereits beschrieben, werden daher die Schwärme beschworen (Ferro 1996, 378) und in eine Reihe mit weiteren Naturphänomenen gestellt, die als Warnung eines nahenden Unheils interpretiert werden (Schmidt 1991, 168). In der christlichen Ikonografie haben bestimmte Tiere eine klar definierte Bedeutung: Der braune Hase sowie der angekettete Affe auf diesem Gemälde stehen für die gewaltvolle Begierde der beiden alten Männer, das Rotwild wiederum für Susannas Tugendhaftigkeit (Dittrich 2005, 210).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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In der Entwicklung vom Mittelalter über die Neuzeit zur Literatur der Moderne verliert nicht nur eine solche Bildinterpretation, sondern auch das Motiv insgesamt an Bedeutung. Lediglich in einem knappen Dutzend Fragmenten sind Aspekte dieses Motivs umgesetzt worden. Dämonische Qualenbringer erscheinen unter anderem in einem wirren Fiebertraum: Da drinnen ging’s nun los - die wilde Jagd des Fiebers! Ein Gewitteraufruhr, alle Dämonen zusammenpeitschend, die sich jemals des vollblütigen und wildlebendigen Burschen bemeistert hatten! Sie trieben ihn nun im Irrsinnstanz vor sich her, so daß der Unglückliche qualvoll aufstöhnte, während sein kurzer Atem stürmisch flog. Dabei quollen Worte auf, die zwischen phantastischen und platt-alltäglichen Vorstellungen sinnlos irrten. Holla, da ist er wieder, der Tallieng! Weißt du, Riemann, das Wort klingt wie Peitschenhieb. Es ist aber ein englischer Fuchsreiter in rotem Gewand und führt mit seiner Peitsche ein ganzes Heer von Teufeln an. Hussa, hussa, Tallieng! Der heißt nur so, stammt aber nicht aus der französischen Revolution, er gehört in die Gattung der Dämonen. Seine Scharen sind wie große Heuschreckenschwärme – oder wie ein wildes Heer vom Kyffhäuser oder vom Venusberg, lauter Fratzen! Ich sage dir, scheußliche Fratzen! So etwas denkt nicht der kühnste Maler aus. Und das wird aus den unsichtbaren Höllenwelten auf die Menschheit losgelassen! ... Ich hätte nie gedacht, daß es so tief ist – so schauderhaft tief! (Lienhard 1928, 127f.). Ebenso bedient sich E.T.A. Hoffmann in „Die Elixiere des Teufels“ des Motivs als Zeichen eines Teufelsbündnisses. In einem Gebet beschreibt Hoffmann die höllischen Mächte: Ich wollte beten, da begann ein sinnverwirrendes Flüstern und Rauschen, Menschen (...) die sonst gesehen, erschienen zu tollen Fratzen verunstaltet, Köpfe krochen mit Heuschreckenbeinen, die ihnen an die Ohren gewachsen ... seltsames Geflügel – Raben mit Menschengesichtern rauschten in der Luft. (...) Belcampo mit einem hässlichen Eidechsengesicht, auf einem ekelhaften geflügelten Wurm sitzend, fuhr auf mich ein. (...) Der Spaß der Hölle ist emporgestiegen. Ich hörte mich lachen, aber dieses Lachen zerschneidet die Brust (Hoffmann 1924, 311; zitiert nach Karges 1975, 197). Die Tierkonstruktionen E.T.A. Hoffmanns sind Gestalten aus der Hölle, die mit Bekannten des Erzählers fusionieren. Seine Tiermenschen fungieren als Übertritte von Träumen in eine Realität, wodurch eine übernatürliche, feindliche Macht Zutritt zur Realität erhält (Karges 1975, 198). Bei anderen Metaphorisierungen wird der dämonische Charakter der Geschöpfe zurückgenommen und vielmehr die Hässlichkeit der Kreatur hervorge-
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Da machte sich der Satan ans Werk. Er nahm vom Pferde den Kopf, das Auge vom Elefanten, die Hörner der Antilope, den Hals des Stiers und die Brust des Löwens; er nahm vom Kamele die Schenkel, vom Strauß die Beine, vom Skorpion den Bauch und vom Adler die Flügel. Als er die Teile beisammen hatte, wollten sie nicht gut zueinander passen, und da seilte und sägte er an ihnen herum, bis er sie verbinden konnte. Aber, oh Jammer, was war das Geschöpf, das am Ende herauskam? Die Heuschrecke, unscheinbar und abstoßend und dazu noch ein Schädling des Feldes (Gorion 1935, 11f.). In drei weiteren Fragmenten ist der Aspekt des Qualenbringens aufgenommen. Heuschrecken saugen Menschen aus und fügen ihnen über eine gewisse Zeitperiode hinweg Schmerzen zu: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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hoben.333 In der „Fabel des Salomons“ wird ein Wettstreit Satans mit Gott ersonnen, indem Satan ein perfektes Wesen konstruieren will:
Da ist kein Halten und Zurückdämmen mehr, wie eine Heuschreckenschar überschwemmt das fahrende Volk die Stadt, je weniger man sie mit Kauf und Bestellungen anzieht und festhält, um so hitziger werben sie und locken das letzte Geld aus den Taschen und Schubladen der Eilenburger. 14 Tage lang wimmelt die Stadt, fluchen und jammern die Einwohner; die Parasiten des Handels saugen das letzte vorhandene Kleingeld, das Blut des gewerblichen Lebens, auf. Zuletzt kommen mit Affen und Kamelen die Bärenführer, die Drehorgelmänner, das niedrigste Volk, welches die Straßen, Häuser und Börsen nach den kleinsten Pfennigen auskämmt und leerkratzt (Lersch 1934, 114). Dieses ressentimentgeladene, antizigane Fragment analogisiert Heuschrecken mit Parasiten. Während bei den Heuschrecken das Quälen als Überschwemmen und Wimmeln in den Subscriptiones spezifiziert ist, saugen, kämmen und kratzen die Parasiten ihre Opfer (beziehungsweise deren Besitztümer) aus. Die Bildfelder der Parasiten sind in der Lingua Tertii Imperii ausbaufähiger, als die der ‚Heuschrecke/n‘. Dies mag erklären, warum hier die Parasiten- und UngezieferSymbolisierungen qualitativ eine größere Bedrohung visualisieren, als dies in einer ‚Heuschrecke/n‘-Symbolisierung transportiert werden kann.
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Auch hier existiert ein antikes Motiv: In einem Dialog bei Aristophanes, in dem es um einen humorvoll angelegten Wettstreit zweier Kontrahenten geht, die sich gegenseitig abwerten, wird die schäbige Kleidung des Verspotteten dadurch bebildert, dass er als Heuschrecke, also als hässliches Tier, tituliert wird (Aristophanes Vesp. 1311; zitiert nach Blümner 1974, 235). Auch pejorative Beschreibungen von Menschen enthalten dieses Motiv (Maupassant 1898, 218).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Das Motiv der Askese
Er aber, Johannes, hatte ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber war Heuschrecken und wilder Honig. 5 Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und das ganze jüdische Land und alle Länder an dem Jordan 6 und ließen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden (Lutherbibel 1912, Mt. 3,4-6).335
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Nach dem 3. Buch Mose gehören vier Sorten von Heuschrecken zu den koscheren Speisen (Lev 11,22).334 Auch zwei der insgesamt nur vier Nennungen von Heuschrecken im Neuen Testament explizieren Heuschrecken als Nahrung, in diesem Fall als Nahrung in der Not:
In den Evangelien ist die Speise Johannes des Täufers Teil einer christlichen Askese, Symbol der einfachsten Lebeweise der damaligen Bevölkerung. 336 Welche Heuschrecken er isst, wird nicht näher beschrieben. Damit unterscheidet sich die neutestamentarische Erwähnung der Heuschrecke als Nahrung von denen im Alten Testament. Während nämlich die alttestamentarischen eine Bestimmung die Nahrungsgewohnheiten entlang eines religiös orientierten Alltags präzisieren (Lev. 1; Deu. 14), steht indessen die Nahrung des Johannes pars pro toto für ein ärmliches Leben.337 Während also der alttestamentarische Vers wörtlich genommen werden sollte, ist es im neutestamentarischen Vers nunmehr die Askese als 334
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In antiker Literatur sind sie ebenfalls als beliebte Speise des Nahen Ostens ausgezeichnet, so etwas bei Plinius (XI, 106, 35) und Durayhim (1980, 101; zitiert nach Ferro 1996, 377). Über die Assyrer ist überliefert, dass sie Heuschrecken zu Leckerbissen erklärten (B-H Wörterbuch 1964, 715) und vielerorts werden sie als Beigabe für Bankette angeführt (Forti 2008, 112). In anderen Quellen gelten sie als Nahrung der armen Bevölkerung (Kirchenlexikon 1888, 1978). Ebenso auf seine Genügsamkeit hinweisend auch in Markus 1,6-8: „Johannes aber war bekleidet mit Kamelhaaren und mit einem ledernen Gürtel um seine Lenden, und aß Heuschrecken und wilden Honig; 7 und er predigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der ist stärker denn ich, dem ich nicht genugsam bin, daß ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe auflöse. 8 Ich taufe euch mit Wasser; aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“ (Lutherbibel 1912, Mk. 1,6-8). Die Evangelisten bezeichnen das Fellgewand als ein weiteres Symbol seiner Askese (Pöschel 2005, 128). Auch in der bedeutendsten Dichtung der italienischen Literatur, Dantes „Divina Commedia“, erscheint die Heuschrecke als Symbol christlicher Askese: „Da nahte sich das Dichterpaar dem Baume, Aus dessen Zweigen eine Stimm’ erscholl: „Die Speise hier wird teuer eurem Gaume. (…) Der Hochzeit nur, um ganz und ehrenvoll sie auszurichten, galt Marias Sinnen, Nicht ihrem Mund, der für euch sprechen soll. Nur Wasser tranken einst die Römerinnen; Nicht Königskost hat Daniel gewollt, Um reichen Schatz der Weisheit zu gewinnen. Die Urzeit war so schön wie lautres Gold, Als Eichen noch dem Hunger leckre Speisen Und Nektar jeder Bach dem Durst gezollt. Heuschrecken hat und Honig einst zu speisen Der Täufer in der Wüste nicht verschmäht, Und hoch und herrlich ist er drob zu preisen, Wie’s offenbart im Evangelium steht“ (Dante 1937, 22, Gesang, 47-52).
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
Sie haben dein Kreuz getragen. Sie haben es erduldet, jahrzehntelang in der öden Wüste zu leben und sich von Heuschrecken und Wurzeln zu ernähren. Du kannst in der Tat stolz auf diese Kinder der Freiheit hinweisen, die dich freiwillig geliebt und um deines Namens willen freiwillig ein so großartiges Opfer gebracht haben (Dostojevski 1880, 180).
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übertragenes Element, das dem gläubigen Menschen an Leitbild zur Verfügung gestellt wird.338 In dem Buch „Die Brüder Karamasov“, in dem um die christliche Religion und die Frage nach Schuld und Sühne gerungen wird, setzt Dostojevski dieses Motiv viermal ein. Die Heuschrecke fungiert in allen Fragmenten als Symbol einer Entbehrung, einer Aufopferung im Namen des christlichen Glaubens:
Trotz der mehrmaligen Symbolisierung der religiös motivierten Entbehrung339 wird in keinem Fragment der wilde Honig angeführt, obwohl dieser in der initialen Kodifizierung zweites Merkmal von Askese war. Stattdessen aktualisiert der Autor die Symbole der Armut durch die Aufnahme der Wurzel, die klassische Kost der armen Kreise im Entstehungsraum des Romans.
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Diese Unterscheidung wird außerdem darüber verstärkt, dass etliche Quellen bekräftigen, es habe sich bei den Heuschrecken lediglich um eine Allegorie gehandelt (Demandt 1978, 30). Diese Quelleninterpretation verweist darauf, dass sich Nahrungsgewohnheiten verschoben haben. Insekten sind im mittelalterlichen europäischen Raum mit der Vorstellung von Schmutz und Schädigung verbunden (Harris 1988, 8-12, 168-178). Im modernen Europa hatte sich die Heuschrecke als Nahrungstabu bereits durchgesetzt. So wird z.B. 1878 im französischen Parlament über einen Gesetzentwurf debattiert, der die Bekämpfung von Insektenplagen anvisiert. Insbesondere von der Pariser Entomologischen Gesellschaft wird in diesem Kontext der Verzehr von Insekten als billiges Fleisch für die arbeitenden Klassen empfohlen, landwirtschaftliche Krisen und Hungersnöte wären dadurch gleichsam überwindbar. Doch trotz versuchter staatlicher Einflussnahme konnte sich dieser Vorstoß in Richtung einer neuen Nahrungsquelle nicht etablieren (ebd., 172). Auch die folgenden drei Erwähnung der Heuschrecke als Nahrung entsprechen dieser Symbolik: „Und wir, die wir um ihres Glückes willen ihre Sünde auf uns genommen haben, werden vor dich hintreten und sagen: Verurteile uns, wenn du das kannst und wagst! Du sollst wissen, daß ich dich nicht fürchte. Daß auch ich in der Wüste war, daß auch ich mich von Heuschrecken und Wurzeln ernährte, daß auch ich die Freiheit segnete, mit der du die Menschen gesegnet hattest, daß auch ich mich vorbereitete, in die Schar deiner Auserwählten, der Starken und Mächtigen, einzutreten mit dem heißen Wunsch, ihre Zahl voll zu machen“ (Dostojevski 1880, 183); „Ich werde in dich nur ein winzig kleines Samenkorn des Glaubens legen; daraus wird eine Eiche wachsen, und zwar eine Eiche von solcher Stärke, daß du wünschen wirst, dich zu ›den frommen Einsiedlern und den makellosen Frauen‹ zu gesellen; denn im geheimen trägst du danach ein großes Verlangen. Du wirst Heuschrecken essen und in die Wüste ziehen, um deine Seele zu retten!“ (ebd., 466); „Witzbold! Hast du denn schon einmal solche Leute in Versuchung geführt, die Heuschrecken essen und siebzehn Jahre lang in einer öden Wüste beten, so daß richtiges Moos auf ihnen wächst?“ (ebd.).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Auch als Symbol explizit ärmlicher Speise, jedoch ohne religiös motivierte Askese, greift der deutsche Philosoph Friedrich Theodor Vischer das Motiv auf und verwendet es in einem okkassionellen Nominalkompositum: Faust: Ach ja. (er nimmt und trinkt mit Widerwillen), und Hunger setzt’s, nach solcher Last! Was gibt’s zu essen, sag, was hast?
Faust: Widriges Geschleck! O schmale Kost, o harte Prüfungszeit! So lebt kein Proletarier, Kein Züchtling, Vegetarier! (Vischer 1862, 11).
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Lieschen: Du weißt es ja, Heuschreckentag ist heut, Doch morgen gibt es liebliches Gebäck von wildem Honig.
Durch eine Abspaltung des Aspekts der Askese hat sich das Motiv von einer religiös motivierten zu einer sozialen Armut verschoben, wobei dennoch die Verbindung zwischen Heuschrecken und wildem Honig den Hinweis auf Johannes den Täufer erlaubt. In Goethes Briefen an Charlotte Stein zeugt der Eintrag aus Weimar vom 8. April 1780 von der Möglichkeit einer Umkehr des Bildes. Hier ist nicht mehr die Heuschrecke als Nahrung ein Symbol der Askese, sondern die Nahrung der Heuschrecke: Verzeihen Sie mir meine gestrige lezte Dunckelheit, ich bin bey solchen Gelegenheiten, wie ein Nachtwandler dem man zuruft. Ich falle gleich alle Stockwercke herunter. Sie haben aber recht. Und weil wir doch am abgewöhnen sind, wollen wir auch das mit aufschreiben, und am Ende vom Thau leben wie die Heuschrecken (Goethe 1780, 404). Diese Analogie ist ungewöhnlich, wird in der übrigen Literatur vielmehr die Grille als genügsames Tier eingeführt, dessen einzige Nahrung aus dem morgendlichen Tau bestehe. Hervorhebenswert ist das Motiv der Askese insofern, da die Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolisierungen vor allem seit Ende des 19. Jahrhunderts die Gier als tertium comparationis transportieren. Die Differenz realisiert sich allerdings entlang der Betrachtung der source domain: Während die Aufnahme des Fleisches der Heuschrecke für Armut oder Askese steht, ist eine Referenz auf deren eigene Nahrungsaufnahme bildspendend für (Raff-)Gier.
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3.2 Heuschrecken in der Literatur der Moderne
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Das Motiv der Faulheit Ungewöhnlich ist die Heuschrecke als Symbol für Faulheit, da es für dieses Motiv keine initiale biblische Kodifizierung gibt.340 Stattdessen entstammt das Motiv der Fabel „Die Ameise und die Heuschrecke“ aus der Feder Äsops. Bereits im späten 1. Jahrhundert durch Phaedros und Babrios ins Lateinische übertragen, ist sie als fabula docet, als Dichtung mit einer Moral, bekannt geworden (Antike Fabeln 1951, 24; Fabeln 1978, 25; Giebel 2003, 79). Im Frühhumanismus werden die antiken Quellen wiederentdeckt und auch diese Fabel wird im erzieherischen Kontext als Lesematerial verwendet (Antike Fabeln 1951, 35). Diese Fabel passt in den Tenor der fabula docet, als dass sie keine sozialkritischen Ansprüche, sondern vielmehr eine konservative Moral verbildlicht (Fabeln 1978, 16). Im 13. und 14. Jahrhundert wird sie in Predigten aufgenommen, in denen die Tiere statt irdischer Instanzen das christliche Wertesystem repräsentieren (Grubmüller 1977, 107).341 Im 17. Jahrhundert beleben Jean de La Fontaine und im folgenden Jahrhundert Gotthold Ephraim Lessing die Fabel neu, indem sie die Charaktere und die Moral der neuen Zeit anpassen. Anhand dieser Flexibilisierungen kann die Fabel sowohl den Epochenwechsel überdauern als auch in verschiedenen Kulturen Popularität erlangen (Salisbury 1994, 108f.). Im Winter holt aus der Kammer einst die Ameise; Ihr Korn, das sie im Sommer aufgehäuft hatte; Zum Trocknen. Hungrig fleht zu ihr die Heuschrecke, Sie auch zu speisen, daß sie nicht den Tod litte. Die fragt, was im Sommer sie gethan hätte. Ich war nicht müßig, sondern sang die Zeit über. Die Ameise lacht und sprach den Waitzen einschließend: „Wer im Sommer singt, der mag zur Winterszeit tanzen“ (Babrius 1970, 93). In dieser Allegorie erscheint Singen nicht als Arbeit und mithin wird die Heuschrecke ein Müßiggang aberkannt. Während vor Fontaine in der Moral der Geschichte Mitleid als Handlungsrationalität erscheint, wendet er diese in Richtung Bestrafung: Der Hungertod wird legitimiert, „denn das Faulenzen bringt kein Brot ins Haus“ (Tierfabeln 1960, 364ff.). Eine solche mörderische Rationa-
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Im weitesten Sinne ließen sich Anschlüsse an die Lasterhaftigkeit rekonstruieren, diese wirken allerdings gezwungen, artikuliert sich das Motiv respektive als Gier. Es bestehen jedoch Überschneidungen zwischen Fabeln und der christlichen Lehre. Isidor von Sevilla integrierte in seine Etymologie beispielsweise den Zusatz, dass Heuschrecken ebenso faul seien wie die weiblichen Maultiere (Sevilla 2008, XI 4,3; zitiert nach Ferro 1996, 378). Auch Vinzenz von Beauvais nimmt im 13. Jahrhundert die Fabel in die Specula auf (Grubmüller 1977, 97). Martin Luther soll um 1530 viele Fabeln ins Deutsche übertragen haben, unter anderem auch diese (Antike Fabeln 1951, 9).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
lität findet sich auch in antijüdischen Wendungen der Fabel, in denen auf eine spezifische „Faulheit Salomons“ (Sachs 1973, 136) referiert wird.342
Dieses letzte Motiv besitzt keine Relevanz in der Literatur der Moderne und sei hier als religiöses Motiv lediglich kurz skizziert. Das Buch Kohelet343 im Alten Testament ist durch einen philosophisch orientierten Denkansatz geprägt, es enthält Ratschläge, Warnungen und Weisheitssprüche und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage nach dem menschlichen Glück im Diesseits. In einem Aphorismus über den Tod besetzt die Heuschrecke das Motiv der Erlösung vom Leben:344
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Das Motiv der Vergänglichkeit und Erlösung
Wenn man auch vor Höhen sich fürchtet und sich scheut auf dem Wege; wenn der Mandelbaum blüht, und die Heuschrecke beladen wird, und alle Lust vergeht (denn der Mensch fährt hin, da er ewig bleibt, und die Klageleute gehen umher auf der Gasse); 6 ehe denn der silberne Strick wegkomme, und die goldene Schale zerbreche, und der Eimer zerfalle an der Quelle, und das Rad zerbrochen werde am Born. 7 Denn der Staub muß wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat (Lutherbibel 1912, Koh 12, 5-7). Als euphemistische Metapher wird die (beladene) Heuschrecke in der Renaissance in profanen Szenen und in Portraits zum Symbol der Seele, die nach Erlösung strebt (Dittrich 2005, 210).345 342
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„Und muß am hunger tuch erst nehen, Wie man das uber tag thut sehen. Derhalb haist der weiß Salomon Die klein ameysen schwawen on, Wie sie einsammelt in dem schnitt, Den faulen zu vermanen mit, Das er inn jugend sparen lehr, So sein sterck sich inn schwech verker Das er im alter davon zer“ (Sachs 1973, 136f.). Es existiert auch eine explizit antijüdische Auslegung dieser Fabel im aesopus moralisatus, einer Herausgabe der Fabelsammlungen von Äsop durch Francesco del Tuppo im Jahr 1488. In dieser wird auf eine spezifische ‚jüdische‘ Arbeitsmoral referiert. Vielen Dank für diesen Hinweis an Cordelia Hess. Das Buch Kohelet ist im Tanach unter den Ketuvim geführt, von Luther als „Der Prediger Salomon“ bezeichnet und zu den Büchern der Weisheit im Alten Testament sortiert. Verwandt ist vermutlich der antike Ausdruck „zur Heuschrecke werden“ als Metapher fürs Sterben, wie er sich bei Plautus Menaechmi findet. „Diese schafft’ ich glücklich fort. Jezt aber noch (laut) dem schmutzigen Zitterkopf, Großbart Tithonus, dessen Vater Cygnus war, Tithonus, der Sohn des Laomedon und der Bruder des Priamus, der Gemahl der Aurora, erlangte zwar die Unsterblichkeit; aber das Alter ward ihm dabei zur Last, und endlich ward er zur Heuschrecke“ (Plautus 1948, 5. Akt, 2 Szene). Auf einem Gemälde von Maerten de Vos aus dem Jahr 1577, auf dem Antoine Anselmo mit Frau und Kindern abgebildet ist, befindet sich auf der Schürze des zweijährigen Kindes eine Heuschrecke (Abb. 22). Durch die Ausrichtung des Kopfes und der Fühler auf das Gesicht des Kindes wird eine Erwartung auf Erlösung der Seele des Kindes zum Ausdruck gebracht. Diese Aus-
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Von den neun Motiven der Symbolisierungen der Heuschrecke als source domain dominieren die ersten beiden Motive, also das der Plage und das der zerstörerischen Heere, den kollektiven Bilderbestand in der Literatur der Moderne.346 Die historische Perspektive zeigt auf, dass die Motive sehr flexibel an die Bedürfnisse und Kontexte der jeweiligen diskursiven Akteure und an die gesellschaftlichen und soziokulturellen Rahmenbedingungen angepasst sind. Diese Flexibilität der Subscriptiones ermöglicht auch ihre Verwendung in ressentimentgeladenen Diskursfragmenten, wie oben anhand einiger misogyner, antiziganer und antijüdischer Passagen exemplifiziert ist. Im folgenden Unterkapitel wird diese Verengung der Subscriptiones auf Dehumanisierung am Beispiel antisemitischer Diskursfragmente eingehender in den Blick genommen: In antisemitischen Diskursfragmenten reduziert sich die Motivvielfalt der source domain sui generis. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Im 19. und 20. Jahrhundert werden Juden und Jüdinnen als „verzehrende Heuschrecken“ (Bein 1965, 137; Bergmann/Erb 1989, 202; Hortzitz 1988, 179; Ebeling 1987, 270; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 32; Sterling 1956, 189) verbildlicht.347 Dies ist im Kontext des Antisemitismus erstmals bei den sich häufenden Pogromen des 19. Jahrhunderts in vielen Städten des Deutschen Bundes sowie in skandinavischen, polnischen und russischen Städten und Ortschaften zu beobachten. Die Ausschreitungen gegen die jüdischen Bewohner_innen werden von breiten Teilen der Bevölkerung verübt, von Student_innen, Handwerkern, Händler_innen bis hin zu Arbeiter_innen. Als Motive gelten sittliche Gefährdung
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sage wird außerdem dadurch verstärkt, dass der Sperling auf dem Arm eine ebensolche Interpretation nahe legt (Dittrich 2005, 211). Weitere Beispiele finden sich bei Ludger Tim Ring in dem Gemälde „Die Hochzeit zu Kana“, dem Gemälde „Büßender heiliger Hieronymus“ aus dem Jahr 1513/15 von Lorenzo Lotto und dem Gemälde „Lesender Eremit vor einer Ruine“ von Jan Brueghel (Dittrich 2005, 212). Im Mittelalter besteht eine gravierende Epochendifferenz im Verständnis des Tier-Natur-Bezugs (Obermaier 2009, 1): Die Ornamentik im Mittelalter diente weniger dem Schmuck, als dass sie Ausdruck religiöser Vorstellung war, ein Verständnis, das in der Renaissance bestand und sich erst zur Frühromantik restaurierte (Blankenburg 1943, 25). Besonders in der Gotik wurden bildliche Darstellungen von Tieren populär (Salisbury 1996, 115). Tieren wurden parallel ikonografisch in der Literatur rezipiert (McMunn 1989, 1). Ein lexikalischer Eintrag Anfang des 20. Jahrhunderts besagt, dass biblische Bilder als Referenzpunkt für Metaphorisierungen nicht mehr relevant seien, sondern äußere Merkmale dominierten (Realencyklopaedie 1900/8, 28ff.). Diese These kann durch die Ergebnisse dieses Unterkapitels zurückgewiesen werden. Auch hier steht die exemplarische Darstellung paradigmatischer Motive, Aspekte und Deutungsmuster in den Subscriptiones im Vordergrund.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
sowie Angst vor wirtschaftlichen Einbußen im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftskrise.348 Vor allem im Zuge der sogenannten „Hepp-Hepp Unruhen“ im Jahre 1819 werden öffentlicher und privater Raum und Besitz zerstört, Menschen misshandelt und ermordet. Diese Ausschreitungen richten sich dabei unter anderem explizit gegen eine jüdische Emanzipation, die auch eine ökonomische Benachteiligung zu überwinden sucht.349 Eine aggressive literarische Agitation geht den Pogromen voraus (Rohrbacher 1999, 37): Der Vorwurf des Wuchers und der Schacherei, also bereits etablierte Vorurteilsstrukturen aus dem Antijudaismus, wird gegen jüdische Geschäftsleute erhoben.350 In einigen Fällen sind diese Vorwürfe durch antijüdische Vorurteile wie die Ritualmordlegende oder den Vorwurf einer Verhöhnung beziehungsweise Schändung des christlichen Glaubens und seiner Reliquien vorgebracht (Rohrbacher 1993). Trotz dieser althergebrachten Stereotype gelten die Hepp-Hepp Pogrome als die ersten Pogrome, in denen sich der frühe Antisemitismus abzuzeichnen beginnt, da hier die ersten nationalistischen und rassistischen Motive artikuliert werden.351 In diesen Argumentationsmustern lässt sich eine „Verkehrung der emanzipatorischen Motive“ der Aufklärung verfolgen, die „dem modernen Antisemitismus eine andere Dynamik“ (Claussen 2005, 45) geben: „Die Juden werden persönlich haftbar gemacht für unpersönliche, anonyme gesellschaftliche Mächte; der Antisemitismus wird abstrakter“ (ebd.). ‚Juden‘ sind in diesen Deutungsmustern pars pro toto mit der abstrakten Zirkulation gleichgesetzt, ein zentrales Kennzeichen des modernen Antisemitismus (ebd., 65). Im Zuge der Pogrome in Danzig wird ein Flugblatt herausgegeben, in dem Juden und Jüdinnen als verzehrende Heuschrecken beschrieben werden: [N]och haben wir Macht über ihnen und die Gewalt ist in unseren Händen, darum laßt uns jetzt ihr sich selbst gefälltes Urtheil an sie vollstrecken laut 348
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Eine ausführliche Analyse der sozialen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der christlichen wie jüdischen Geschichte als Bedingung des Früh-Antisemitismus verfasste Sterling (1969) sowie Volkov (1990a). Für Stefan Rohrbacher sind die Pogrome in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Entladung der politischen und sozialen Spannungen zu interpretieren, die sich gegen den Fremden in der eigenen Mitte richtet und u.a. auf dem Stereotyp des ‚jüdischen Wucherers‘ basiert (Rohrbacher 1999). Die Genese des Stereotyps des ‚reichen Juden‘ reicht bis in die Anfänge der christlich mittelalterlichen Gesellschaft zurück. Wolfgang Benz folgert aus ihr: „Damit ist die Botschaft von der parasitären Existenz der Juden in die Welt gebracht und entfaltet ihre Wirkung. Die Schmarotzer- und Ungeziefer-Metaphorik bildet eine Brücke zwischen dem Bild des reichen und mächtigen Juden – Objekt des Sozialneids – und dem Konstrukt des arbeitsunwilligen, zu Handarbeit und schöpferischer Kraft unfähigen Juden, dem aus Gründen der Sozialhygiene die Daseinsberechtigung im höherwertigen Wirtsvolk verweigert wird“ (Benz 2001, 23). Zur Entwicklung vom Judenhass zum Antisemitismus vgl. Claussen (1987).
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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dem wie sie geschrieen: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Auf! wer getauft ist, es gilt der heiligsten Sache, fürchtet nichts und zögert keine Stunde, den Streit für des Glaubens Ehre zu wagen. Diese Juden, die hier unter uns leben, die sich wie verzehrende Heuschrecken unter uns verbreiten, und die das ganze preußische Christenthum dem Umsturz drohen, das sind Kinder derer die da schrieen: kreutzige, kreutzige. Nun auf zur Rache! Unser Kampfgeschrei sey Hepp! Hepp! Hepp! Aller Juden Tod und Verderben, Ihr müßt fliehen oder sterben! (o.A. 1819; zitiert nach Hortzitz 1988, 179). In den Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘ sind fast alle der im vorherigen Kapitel dargestellten Aspekte des Motivs der Plage enthalten: ‚Juden‘ werden zu einer Bedrohung für das eigene, verstanden als christlich angestammte Land: Zwischen dem Eigenen und einem fremden ‚Jüdischen‘ wird ein Dualismus konstruiert.352 Die Autor_innen entwerfen das Bedrohungsszenario als „Verzehrung“, analog zu den Verwüstungen durch die Insektenplage wie auch die hohe Reproduktionsfrequenz der Tiere. Die Verzehrung des „preußischen Christentums“ aktualisiert sich durch die antijüdischen Motive und den Aufruf zum Mord an „diesen Juden“. Hervorzuheben ist hier, dass in einem solch früheantisemitischen Diskursfragment der Gottesmordvorwurf und die Plagensymbolik kombiniert sind und sich diese im Kontext neuer Verbfelder – wie dem ‚Verzehren‘ – aktualisieren. Damit zeigt sich die Koexistenz religiös motivierter judenfeindlicher und antisemitischer Topoi und Stereotype in den Subscriptiones: Tradierte Aspekte modifizieren sich in neuen diskursiven Kontexten, während neue Motive hinzutreten. In einem deutschsprachigen Text des frühen 20. Jahrhunderts wird kolportiert, dass Napoleon I. in einer Staatsratsitzung am 30. April 1806 in Paris das „jüdische Volk“ als Raupen und Heuschrecken bezeichnet haben soll: Ich mache darauf aufmerksam, daß man sich nicht in dem Grade beklagt über die Protestanten noch über die Katholiken, wie über die Juden. Das hat seinen Grund darin, daß das Unheil, das die Juden anrichten, nicht von Individuen kommt, sondern von der Gesamtheit dieses Volkes selbst. Es sind Raupen und Heuschrecken, die Frankreich verwüsten. (...) Ich will nicht, daß man theoretischen und egoistischen Prinzipien das Wohl der Provinz opfert (Hinard 1854; zitiert nach Fritsch 1935, 41). Juden und Jüdinnen werden mit „theoretischen und egoistischen Prinzipien“ identifiziert, die qua Charakter einer Volkszugehörigkeit beständen. Die Kenn352
In parallelen Diskursfragmenten, in denen sich der kollektive Körper mit Mythen der nationalen Identifikation zu formen beginnt, wird in der Produktion und Reproduktion einer symbolischen Ordnung ‚der Jude‘ zum Fremdkörper (Berghoff 1999).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Es besteht eine tiefe Kluft zwischen Bauerntum und Nomadentum, d.h. zwischen den Bauerntrecks der nordisch-germanisch-deutschen Völker, die eine feste Heimstätte suchten, um sich anzusiedeln und durch harte Arbeit dem Boden Ertrag abzugewinnen, und der wuchernden (parasitären) Ausbreitung mongolischer und vorderasiatischer Völker, die abgrasen, was andere gesät hatten, und teils sich als Schmarotzer über die arbeitende Bevölkerung legten, teils fruchtbares Land in Wüste verwandelten (Fritsch 1935, 41). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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zeichen des modernen Antisemitismus zeigen sich hier deutlich in der Konstruktion des ‚Jüdischen‘ als dem Anderen, zu dem nun nicht mehr (hauptsächlich) über religiöse oder soziale Aspekte eine Differenz gesetzt wird, sondern über biologische oder völkische. Theodor Fritsch, der diesen lexikalischen Eintrag liefert, führt Napoleons Zitat an, um zu beweisen, dass ‚Juden‘ ubiquitär als parsitär agieren würden:
In seinen Ausführungen verbleibt er im metaphorischen Feld der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik, indem er die Existenz slawischer Bevölkerungsanteile, die er in anderen Stellen als ‚jüdisch’ markiert, als Einfall ins eigene Land und ihre Aktivitäten als „Abgrasen“ einer ihnen nicht zustehenden Ernte darstellt. Boden kann dabei sowohl im eigentlichen als auch im abstrakten Sinne als ökonomischer Ertrag dechiffriert werden. Ein weiterer Topos des Antisemitismus im 19. Jahrhundert findet sich außerdem in der dichotomem Konstruktion von dem einerseits sesshaften, produktiven „nordisch-germanisch-deutschen Volk“ und dem andererseits parasitären, schmutzigen, mittelalterlichen Nomadentum (Fritsch 1935, 41; auch: Sterling 1956, 75ff.). Den Aspekt der ungezügelten Reproduktion als Grundvoraussetzung für eine Plage greift Herman von Scharff-Scharffenstein im Jahr 1851 auf: Seitdessen sind sie allerort seitdem fort und fort immer mehr die Herren geworden. Der Edelmann und der Bauer ist ihr Sklave und „Bann Jud“ klingt es aus beider Munde. Und sie haben sich gemehrt wie die Heuschrecken und der Sand am Meer (Scharff-Scharffenstein 1851, 7; zitiert nach Bergmann/Erb 1989, 202). In diesen Fragmenten amalgamiert die biologische Voraussetzung zur Bildung eines (Heuschrecken-)Schwarms mit dem antisemitischen Sexualstereotyp der ungezügelten Vermehrung, die gleichsam eine Bedrohung impliziert und als Handlungsrationalität Vertreibung, wenn nicht gar Vernichtung konnotiert (Braun 1995).353 353
Im weiteren Verlauf des Texts folgen andere Tiermetaphern, zumeist mit allegorischen Tieren als source domain. Anhand dieser wird eine (vermeintliche) wirtschaftliche Schädigung thematisiert: So wird der Vampir zum Symbol für das Aussaugen des Lebenselixiers (Scharff-
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Ein Standardwerk deutschnationaler Kreise verfasst Houston Stewart Chamberlain 1899 mit „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“. Im Rahmen von pangermanischen und sozialdarwinistischen Deutungsmustern entwickelt Chamberlain einen theoretischen Rassenantisemitismus. Er teilt darin Arthur de Gobineaus Thesen über eine Ungleichheit von ‚Menschenrassen‘ und formuliert einen Appell für eine ‚Reinheit der Rasse‘, wodurch er zum intellektuellen Wegbereiter des eliminatorischen Antisemitismus der Nationalsozialisten wird. Im Abschnitt II des Textes dehumanisiert er „den Juden“ qua seiner (vermeintlichen) geistigen Fähigkeiten: „erscheint uns sein geistiger Horizont so eng, seine geistigen Fähigkeiten so beschränkt, dass wir eine durchaus andere Wesensgattung vor uns zu haben wähnen“ (Chamberlain 1899, 257). Dies sei in der Religion angelegt, da ‚Juden‘ die
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Verheissungen ihrer Propheten zu erfüllen und nach bestem Wissen und Gewissen die fremden Völker zu fressen [haben]; sagten sie doch schon zu Lebzeiten des Moses von sich selbst sie seien „als wie die Heuschrecken“; man muss aber das Judentum von den Juden trennen und zugeben, dass das Judentum als Idee, zu den konservativsten Gedanken der Welt gehört. Der Begriff der physischen Rasseneinheit und -reinheit, welcher den Kern des Judentums ausmacht, bedeutet die Anerkennung einer grundlegenden physiologischen Thatsache des Lebens; wo immer wir auch Leben beobachten, vom Schimmelpilz bis zum edlen Rosse, bemerken wir die Bedeutung der „Rasse“: das Judentum heiligte dieses Naturgesetz (Chamberlain 1899, 259). Statt also die Lebensgrundlage der ‚fremden Völker‘ zu verzehren, wie in den vorausgegangenen Textpassagen, fressen die ‚Heuschrecke/n‘ diese direkt. Es folgen Handlungsrationalitäten, die vorschlagen, die deutsche Gesellschaft vor einem „Verfaulen“ (ebd.) zu bewahren. Parallele Symbole, die die Schädlichkeit verstärkt zum Ausdruck bringen, entstammen der biologischen und chemischen Kategorie und visualisieren dieses „Verfaulen“ des ‚Volkskörpers‘ als eine „allgemeine Auflösung“ wie durch „scharfe Säure“ (ebd.). Diese Zersetzung erfolge durch das jüdische „Dogma des Materialismus“ (ebd., 260). Ebenso wie bei Scharff-Scharffenstein und Fritsch wird im Text von Chamberlain der Topos der Masse als Bedrohung visualisiert, hier jedoch nicht durch eine Metaphorisierung als ‚Heuschrecke/n‘, sondern über ein Motiv aus der Kategorie Natur: Eine „semitische Flut (…) überschwemmt“ (ebd., 260) Europa. Anfang des 20. Jahrhunderts wird eine Überschwemmung durch den ungewollScharffenstein 1851, 16) und damit das Blut zur Metapher für ökonomische Prosperität. Weiter soll ‚jüdischer Geschäftssinn‘ „parasitär“ sein und „herumwühlen“ und „herumschwänzeln“ (ebd.) entsprechen: Diese Verben entstammen insbesondere dem Bildfeld der Ratten (Hortzitz 1988, 120ff.).
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
ten Anderen als Insektenplagen-Symbolisierungen auch grafisch visualisiert, obwohl die Plagen der eigentlichen Tiere im deutschen Sprachraum keine Virulenz besitzen. Ein solches Beispiel liefert die österreichische Satirezeitschrift „Kikeriki“ im Jahr 1919.354 Anhand einer „Nationalitätenkarte“ Österreichs und Ungarns wird eine Bedrohung der Länder durch einen vermeintlich massenhaften Zuzug osteuropäischer Menschen durch verschiedene Insektensymbole bebildert (Abb. 19): Im unteren Seitenviertel werden die Eigenen als Ameisen dargestellt, also als Tiere, die klassisch Motive wie Produktivität, Effizienz, gute Organisation sowie vorbildliche Staatsstruktur zugewiesen bekommen. Diese Ameisen sind umringt und bedrängt durch andere Insektensymbole, Symbole von source domains, die gemeinhin über negative Subscriptiones verfügen: Tschechen sind als Läuse symbolisiert, Polen als Käfer, Ruthenen als Heuschrecken, Südslawen als Wanzen, Italiener als Fliegen, Rumänen als Wespen und Magyaren als fliegende Käfer. Die wenigen Ameisen stehen dabei einer Masse von anderen Insekten gegenüber. Diese Visualisierung konnotiert die Gefahr, dass Plagen über das Land hereinbrechen könnten. 355 Ein Jahr später werden im „Kikeriki“ Zionisten, eine pejorative Metapher für ‚Juden‘, expressis verbis als Heuschrecken metaphorisiert: „Zum Durchzug der Zionisten durch Österreich – Gegen solche Heuschreckenschwärme hilft nur ein Mittel! nämlich das Feuer des Antisemitismus“ (Kikeriki 1919, 3; zitiert nach Schäfer 2004, 228). Die assoziierte Illustration ist im Stil der antisemitischen Karikaturen des beginnenden 20. Jahrhunderts gehalten: Sie zeigt Heuschrecken mit antisemitisch verzeichneter Physiognomie. Diese fliegen im Schwarm ein und zwei Bauern müssen sich wegducken, damit sie nicht umgerissen werden.356 In beiden Beispielen aus dem Satiremagazin transportieren die Symbolisierungen der Plage Handlungsrationalitäten, die anweisen, eine drohende Überflutung des Eigenen zu verhindern. Die Handlungsempfehlung der „Feuer des Antisemitismus“ bleibt nur insofern offen, als dass nicht konkret ausdifferenziert ist, ob Abschottung, Vertreibung oder Mord anvisiert wird. Auch in evangelischen und katholischen Zeitschriften der 1920er-Jahre stilisieren diskursive Akteure ‚Ostjuden‘ als Verantwortliche für gesellschaftliche 354 355
356
„Kikeriki“ hatte mit 25.000 Exemplaren pro Ausgabe zeitweilig eine sehr hohe Auflage. Dieses Beispiel mag in diesem Zusammenhang überraschen, werden Juden und Jüdinnen hier nicht expressis verbis symbolisiert. Im zweiten Kapitel sind parallele Diskursfragmente aufgezeigt, die sich einer antisemitischen Welterklärung des beginnenden 20. Jahrhunderts zuwenden, in der das Bild des Ansturms aus dem Osten sehr präsent ist. Hier überfluten parasitäre ‚Ostjuden‘ das Deutsche Reich. Eine weitere Plage-Symbolik befindet sich in „Kikeriki“ vom 10. Oktober 1920. Hier fallen jüdische Kurgäste wie eine Plage über einen Kurort her: „Das Salzkammergut wird für Sommergäste freigegeben. Eine neue ägyptische Plage droht über Ischl hereinzubrechen!“ (Kikeriki 1920, 3; zitiert nach Schäfer 2004, 228).
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
Und diese Massen werden immerzu vermehrt durch immer neue, aber diesmal leisere und listigere Tataren-Einfälle aus dem Osten: durch einwandernde Ostjuden. (…) Auch die Heuschrecken haben von ihrem Standpunkt aus recht, die im Wanderschwarm unsere Felder verheeren. Aber nicht minder recht hat der Mensch, wenn er die Stätte verteidigt, an denen sein Brot und seine Erholung wächst (Türmer 1923, 350; zitiert nach Altmann 1971, 189). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Notlagen. Hier werden Migrationsbewegungen als Bedrohung für das Deutsche Reich visualisiert und als „Ostjudeneinbruch“ (Altmann 1971, 186) oder „Ostjudengefahr“ (ebd., 190) tituliert. Die Übereinstimmungen zwischen der evangelischen Zeitschrift „Der Türmer“, sowie der katholischen „Das Neue Reich“ sind weitreichend (Altmann 1971, 188). Motive der Plage dominieren eine antisemitische Hetze: Eine „bedrohliche Vermassung“ erfolge im Besonderen durch die ‚Ostjuden‘:
Etliche Charakteristika der Plage werden hier aufgenommen: die akustische Untermalung des Einfalls, die Vermehrung, die Ortlosigkeit der source domain, die Vernichtung der Felder und die Handlungsrationalität der Vernichtung der Plage. Im Verlauf des Fragments werden die „Verheerungen unserer Felder“ als „jüdische Finanzskandale“, Zinswucher und Börsenbetrug expliziert (Türmer 1925, 472; zitiert nach Altmann 1972, 205).357 Auch „Der Stürmer“ metaphorisiert ‚Juden‘ als Heuschreckenschwarm: Der Parasit. Der Deutsche wandert aus. Der Schnorrer kommt herein (… ) das jüdische Volk ist nicht bekannt als ein fleißiges, schaffendes Volk. Es hat noch nie Güter erzeugt. Noch nie hat es der Welt Werte geschenkt. (…) Es kann nie als selbstständiges Volk in einem selbstständigen Staat leben. Darum ist dieses von Gott verfluchte Volk gezwungen, durch die Welt zu wandern wie ein Heuschreckenschwarm. Es ist gezwungen sich in allen nichtjüdischen Völkern einzunisten, und von dem zu leben was andere sich erarbeiten. Durch sein Blut ist das jüdische Volk gezwungen nicht von ehrlicher schaffender Arbeit, sondern vom Betrug und Wucher zu leben. Es ist bekannt als ein Volk von Nichtstuern und Betrügern. Das jüdische Volk ist das größte Parasitenvolk der Welt. Es ist nicht wert, daß es existiert (Der Stürmer, 5.1927, Nr. 19, 1).
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Das katholische „Das Neue Reich“ verzichtet auf diese Metapher, plädiert jedoch an anderer Stelle für eine Verteidigung der deutschen Scholle und warnt vor „den ostjüdischen Heerscharen“ (Das Neue Reich 1923, 824; zitiert nach Altmann 1971, 197). Diese „Schädlinge“ habe sich Deutschland „vom Hals“ (Kirchliches Jahrbuch 1918, 216; zitiert nach Altmann 1971, 192) zu halten.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Ein Aspekt des Plagemotivs wird in diesem Fragment auf eine Art ausgeführt, wie es für den eliminatorischen Antisemitismus paradigmatisch ist: Der Einfall des Schwarms wird zur Eigenschaft eines „verfluchten Volkes“. Hier verbindet sich das Plagenmotiv mit dem antijüdischen Stereotyp des Ahasver, des zum ewigen Umherirren verdammten Juden (Rohrbacher/Schmidt 1991, 246-252). Fragmente der Ortlosigkeit werden als Rastlosigkeit umgedeutet und nicht wie im Antijudaismus auf einen religiösen Ursprung zurückgeführt (Baleanu 1999, 96-102), sondern rassistisch, nämlich durch Blut, begründet. Während das Bild der ‚Heuschrecke/n‘ die (vermeintliche) Ortlosigkeit und damit Fremdheit symbolisiert, verbildlicht die Metaphorisierung als Parasit die eigentliche Zerstörung. Und noch ein weiterer Topos des nationalsozialistischen Antisemitismus zeigt sich in diesem Fragment: Unproduktive Teile der Bevölkerung werden als ‚lebensunwerte Existenzen‘ degradiert. Dies realisiert sich auf der Dichotomie zwischen der abstrakten Zirkulation als unproduktivem Kapital und dem „fleißigen, schaffenden Volk“ (Der Stürmer, 5.1927, Nr. 19, 1). Dem Eigenen wird hingegen als ‚völkischem Organismus‘ innerhalb dieser Bildlichkeit ein gesondertes Lebensrecht zugedacht (vgl. auch Schwerendt 2009, 60). Auch im nationalsozialistischen Propagandafilm wird die Metapher des Heuschreckenschwarms verwendet, um eine Bedrohung durch ‚Ostjuden‘ visuell umzusetzen. Das im 1936 produzierten Kurz-Dokumentarfilm „Kaufmann, nicht Händler“ aufgegriffene Motiv ähnelt der Darstellung in der Zeitschrift „Kikeriki“: Über eine schematisierte Karte des Deutschen Reichs fliegen in Schwarmformation antisemitisch verzeichnete Figuren mit Bärten und Kaftanen aus Richtung Osten ein und lassen sich nieder (Abb.20). In den folgenden Schnitten fliegen die Figuren über Geschäftsbücher, Literatur und grafische Darstellungen von Theatern, Universitäten, Industrie, Rechtsprechung und Landwirtschaft. Weitere antisemitisch verzeichnete Karikaturen ‚jüdischer Bankiers‘ mit Zigarre und Monokel sind zwischen die Szenen montiert. Dies soll die „jüdische Einflussnahme“ (Zehn Brüder 1970, 10.47)358 auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens symbolisieren. Auf der Tonspur werden die Figuren mit Heuschrecken analogisiert: Liebe Volksgenossen, wenn man den Dingen klar ins Auge schauen will, dann muss man erkennen, dass in den letzten 14 Jahren im deutschen Volk und insbesondere im deutschen Handel, ein furchtbarer Schaden angerichtet worden ist. Nach dem Kriege ergossen sich die Heuschreckenschwärme der Ostjuden über das deutsche Land. Sie trugen ihren zersetzenden Einfluss in die Kreise des deutschen Handels, aber keineswegs nur in den Handel, trugen sie auch 358
Ich greife wegen der besseren Verfügbarkeit auf die Kopie der Passage in dem Dokumentationsfilm von Erwin Leiser zurück (Zehn Brüder 1970).
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
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ihren raffenden Geist. Sie vergewaltigten auch die deutsche Kultur, zersetzten die Literatur, nisteten sich im Theaterwesen ein, verunstalteten die Wissenschaft an den Hochschulen, verunglimpften die deutsche Kunst, machten sich die deutsche Presse hörig, zerstörten das deutsche Rechtsleben und vernichteten unsere Ehrauffassung. Vergifteten den Geist der deutschen Wirtschaft, schufen das Glücksrittertum in der Industrie, beuteten den Bauer und Arbeiter aus und würdigten den deutschen Handel herab. Auf allen Lebensgebieten des deutschen Volkes zerschlugen sie überall die Sitte und das deutsche Wesen durch ihren raffenden und spekulationslüsternden Geist der Verantwortungslosigkeit (Zehn Brüder 1970, 10.47ff.). Direkter als in den Fragmenten zuvor sind die Heuschreckenschwärme hier mit dem Begriff des Zersetzens gekoppelt, wobei eine Zersetzung des „deutschen Wesens“ präzisiert wird. Dieses „deutsche Wesen“ wird im Fortlauf des Fragments durch die Konstruktion einer Tradition des ‚deutschen‘ Handels mit Tugenden wie „Ehrgefühl, Wagemut, Opferbereitschaft, Rechtlichkeit und deutsche[r] Sitte“ (Fritz Bauer Institut cine-Archiv) konkretisiert. Die Zerstörung der Heuschreckenschwärme hat sich entsprechend abstrahiert, sie ist nunmehr kultureller, ökonomischer, sozialer und biologischer Art und an neue Verbfelder geknüpft. In dem wohl bekanntesten nationalsozialistischen Propagandafilm „Jud Süss“ von 1940 illustriert eine Analogie zwischen ‚Juden‘ und ‚Heuschrecke/n‘ die Differenz zwischen christlicher schwäbischer Bevölkerung, individuell, hell und geordnet porträtiert, und der dunklen, dreckigen, sich schleppenden ‚jüdischen‘ Menschengruppe. Diese ‚Juden‘ werden als „Ghettojuden“, die nach Stuttgart geholt werden, vorgestellt. In einer Frequenz bewegt sich eine Gruppe, ärmlich und in Kaftanen gekleidet, mit Karren durch die geöffneten Stadttore, während die christliche Bevölkerung am Straßenrand feindselig dreinblickt (Hollstein 1983, 103f.). Mit einem Schwenk auf eine Sitzung im Ständehaus wird diese wortlose Abwehr durch einen Landschaftkonsulenten in einem politischen Kommentar auf Worte gebracht: Wie die Heuschrecken kommen sie über unser Land. Schon diktiert Herr Oppenheimer die Steuern. Der Jude hat die Hand auf der Münze, auf dem Salz, auf Bier, auf dem Wein, ja sogar auf dem Getreide (Jud Süss 1940, Szene 28; zitiert nach Hollstein 1983, 287). Ihn ergänzt sehr zornig ein anderer Teilnehmer der Sitzung: „Zu Hunderten ziehen die Juden in die Stadt. Die Bevölkerung ist in hellem Aufruhr!“ Ein anderer Redner ergänzt „Und auf unseren Frauen und auf unseren Töchtern!“ (ebd.). Das zerstörerische Moment des Heuschreckeneinfalls wird also in zweierlei Hinsicht spezifiziert: Einerseits wird das antisemitische Stereotyp der Profitgier bemüht, 193
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
andererseits wird auf das Sexualstereotyp referiert und damit eine Bedrohung für die Töchter und Frauen visioniert. In den folgenden Dialogen wird dieses Stereotyp weiter ausgebreitet und mit der Blutsrhetorik der Lingua Tertii Imperii gekoppelt: sexueller Kontakt wird als Verschmutzung ‚deutschen‘ Blutes präsentiert. Dieses Hereinbrechen der Plage zeigt sich also im Gewand des modernen, rassistischen Antisemitismus (vgl. Bergmann/Erb 1989, 32). Der rassistische Antisemitismus ist nicht dem Propagandafilm vorbehalten, sondern offenbart sich ebenfalls in der Belletristik. Im Kinderbuch „Der Pudelmops-Dackelpinscher“ (Hiemer 1940) werden im Rahmen einer Sammlung von Tierfabeln sämtliche antisemitische Stereotypen und Topoi bedient. Gleich im Vorwort wird der „spaßhafte“ (ebd., 6) Charakter der Abhandlung hervorgehoben, gleichwohl betont, dass eine Grenze zwischen Mensch und Tier nicht eindeutig zu ziehen sei.359 Neben Drohnen, Hyänen, dem Chamäleon, Wanzen, der ‚Köterrasse‘, dem ‚Völkerschmarotzer‘, dem Bluthund und anderen ist auch die Heuschrecke zentrale Figur einer Geschichte. Er [der Lehrer, M.U.] lässt seine Schüler in ihrem Übermut gewähren. Dann aber gebietet er Ruhe und beginnt zu sprechen: „Wenn ihr eine einzelne Heuschrecke als harmlos und ungefährlich betrachtet, dann könnt ihr Recht haben. Ganz anders ist dies aber, wenn die Heuschrecken in Massen auftreten. (…) Wie die Heuschrecken für Wiesen und Felder, so sind die Nonnen und Kieferneulen für die Wälder eine ungeheure Gefahr. Wir müssen uns daher vorsehen, daß nicht wieder eine solche Katastrophe über uns hereinbricht. Das Beste wäre freilich, man könnte diese Tiere mit Stumpf und Stil ausrotten. Dann brauchten wir keine Sorge mehr zu haben. Dann blieben wir alle Zukunft verschont von Raupenfraß und Heuschreckenplage!" Was Heuschrecken, Nonnen und Kieferneulen unter den Tieren sind, das sind die JUDEN unter den Menschen. Solange die Juden nur vereinzelt auftreten, sind sie nicht sehr gefährlich. Aber von dem Augenblick an, wo sie massenweise zu uns kommen, werden sie eine grauenhafte Landplage. Eine Landplage, schlimmer noch als die Heuschreckenschwärme, schlimmer noch als die Nonnen, schlimmer noch als die Kieferneulen! Schon im Altertum fielen die Juden, Heuschreckenschwärmen gleich, in blühende Länder ein. (…) Wie die Heuschrecken kamen sie zu Tausenden und aber Tausenden. Wie die Heuschecken fraßen sie alles auf und nahmen den Ägyptern alles weg, was sie sich durch mühevolle Arbeit geschaffen hatten. Dann stahlen sie noch alles Gold und Silber der Ägypter und zogen endlich fort. (…) Juden vernichteten Wohlstand 359
Ein Dank für die Hilfe bei der Recherche geht an Gaby Müller-Oelrichs, ehemalige wissenschaftliche Bibliothekarin und Leiterin der Joseph Wulf Mediothek der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz.
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und Ansehen! Juden vernichteten Reichtum und Kultur! Juden vernichteten ganze Weltreiche! Und wieder gingen Jahrhunderte ins Land. Es kam das Mittelalter. Auch in Deutschland hatten sich viele Juden eingenistet. Sie wüteten wie Heuschreckenschwärme. Sie wurden zu einer „Geißel Gottes“. Eines Tages aber erhob sich das gepeinigte Volk gegen die Juden. Die jüdischen Betrüger und Lügner, die jüdischen Wucherer und Volksaussauger wurden gefangengenommen. Tausende von ihnen wurden an den Galgen gehängt. Tausende wurden erschlagen. Tausende wurden verbrannt. Aber es half nichts mehr. Genauso, wie der Farmer der Heuschreckenschwärme nicht mehr Herr werden konnte, so konnte sich das Volk nicht mehr der jüdischen Übermacht erwehren. Es war schon zu spät. Zehntausende anderer Juden setzten ihr Vernichtungswerk fort. Die Judenplage war nicht mehr aus dem Lande zu treiben. Der Jude hatte gesiegt. (...) Es [das deutsche Volk, M. U.] kennt die Juden und die jüdische Gefahr. Und darum kämpft es unerbitterlich gegen den Weltfeind an. Aber auch für uns ist die jüdische Gefahr noch nicht beseitigt. Noch befinden sich in den Nachbarländern ganze „Schwärme“ beutegieriger Juden. Sie warten nur darauf, daß einmal der Augenblick komme, wo sie wieder einbrechen können in deutsche Lande. Sie warten nur darauf, daß das deutsche Volk einmal vergessen würde, welches Unglück die Juden einst über uns gebracht hatten. Sie warten auf den Tag der Rache. Dann aber würde es uns ergehen wie jenem Farmer, der durch Heuschreckenschwärme alles verloren hat. Dann würden die Juden mitleidlos über uns herfallen. Dann würden sie stehlen und rauben, dann würden sie schänden und morden, bis Deutschland vernichtet wäre für alle Zeiten. Es ist daher unsere Pflicht, rücksichtslos anzukämpfen gegen alles, was jüdisch ist und jüdisch denkt. (Hiemer 1940, 36-42).
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
In dieser Analogisierung wird auf die antiken Plagen referiert, ohne die Ägyptischen Plagen zu erwähnen. Statt der alttestamentarischen Plage folgt eine Fabel über die Opfergeschichte der ägyptischen nicht-jüdischen Bevölkerung, in der ironischerweise die ‚Juden‘ zur „Geißel Gottes“ (ebd., 42) werden. Die Subscriptiones sind in der Lingua Tertii Imperii gehalten: ‚Juden‘ alias ‚Heuschrecke/n‘ vernichten, nisten sich ein, wuchern, saugen aus, gieren, fallen über etwas her, rächen, stehlen, morden, schänden usw. Der eliminatorische Antisemitismus zeigt sein Gesicht sehr unverblümt als „ausrotten mit Stumpf und Stil“ (ebd., 39),360 als rücksichtsloser Kampf gegen „alles, was jüdisch ist und jüdisch denkt“ (ebd., 42) in den Handlungsrationalitäten. Während sich die Aufforderung zum 360
Eine Gestaltung untermalt diese Deutung der Selbstverteidigung: Abgebildet ist eine überlebensgroße, antisemitisch verzeichnete, männliche Gestalt, die über Trümmer schreitet (Hiemer 1940, 39). Die Bildanordnung drückt die vermeintliche Übermacht des ‚Juden‘ aus, der als Singularis pars pro toto für die jüdische Bevölkerung diverser Länder der letzten ca. 3000 Jahre steht.
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
Massenmord an den Juden und Jüdinnen Europas zur Selbstverteidigung kehrt, ist das Opfer entmenschlicht, zu „alles“ (ebd.) geworden und damit zu einer Sache, einem Abstraktum, einer Plage.
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In diesen judenfeindlichen Fragmenten handelt es sich nicht um neue Motive in den Subscriptiones der Symbolisierungen von ‚Heuschrecke/n‘, wenngleich sich die Bezüge auf das Motiv der Plage reduzieren. Als charakteristisch für die antisemitisch gewendeten Subscriptiones lassen sich drei Aspekte extrahieren: Der Aspekt der Masse: Das Motiv der Heuschreckenplage motiviert die rhetorischen Figuren in antisemitischen Textfragmenten. Wie generell bei Insektenmetaphorik in antisemitischen Kontexten begründet der Aspekt der Masse die rhetorische Figur (siehe Kapitel 2). Die Masse ist als fremd und bedrohlich konzipiert und wird dem Eigenen gegenübergestellt. Das Andere ist dabei im Sinne des rassistischen Antisemitismus über eine biologische, ‚rassische‘ Argumentation konstruiert, in der es als lebensunwert entworfen ist. In etlichen Fällen wird dies auf die antisemitische Figur des ‚Ostjuden‘ projiziert. Für die Entstehung des Massenhaften wird die starke Reproduktionsfrequenz zum Motiv, das sich in antisemitischen Kontexten oftmals anhand des antisemitischen Sexualstereotyps zeigt. Der Aspekt der Zerstörung: In den Subscriptiones der Heuschreckenplage wird deren Potenz zur Zerstörung visioniert. Die Verbfelder sowie die Nominalkonstruktionen sind durch die Lingua Tertii Imperii bestimmt: die Heuschrecken zersetzen, verzehren, nisten sich ein, schänden etc. einen ‚Volkskörper‘, der pars pro toto für eine Volkswirtschaft und das soziale, politische und kulturelle Leben steht. Oftmals ist die Schädigung auch als ‚jüdischer Geschäftsinn‘ und damit Wucher und Gier verbildlicht. Der Aspekt der (Selbst-)Verteidigung: Als Handlungsrationalität wird die Plagenbekämpfung als eine Selbstverteidigung plausibilisiert, die mehr oder weniger direkt zur Vernichtung des Anderen aufruft. Das ‚Jüdische‘ ist in diesem Rahmen vielfach entmenschlicht und einer Subjektposition beraubt, wodurch die Vernichtungsappelle an Plausibilität gewinnen. Durch den Sprung von den vormodernen Symbolisierungen zu denen des 19. und 20. Jahrhundert zeigt sich, dass sich in den Subscriptiones manche Aspekte tradiert haben, die als religiös geprägte antijüdische Motive identifiziert werden können. In den Subscriptiones der modernen Symbolisierungen verbinden sich also antijüdische Motive mit völkischen und rassistischen. Der historische Exkurs veranschaulicht damit sowohl die Tradierungen, die Modifikationen
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3.3 Heuschrecken in judenfeindlichen Diskursfragmenten
wie die Amalgamierungen mit parallelen Diskurssträngen und sozialen Sedimentierungen. Weiter lässt sich resümieren, dass sich diese Subscriptiones im 20. Jahrhundert in eine diskursive Erscheinung einordnen lassen, die Alexander Bein als Biologisierung, Vergröberung und Verdichtung in der Sprachen beschreibt, und die eine Atmosphäre erzeugt, die der Elimination den Weg bereitet (1965, 138). Aber obwohl diese Bilanz über die ‚Heuschrecke‘ als source domain in antisemitischen Diskursfragmenten gezogen werden kann, sind in der Lingua Tertii Imperii andere Tiersymbole und ihre Verbfelder quantitativ und qualitativ präsenter (vgl. zweites Kapitel). Quantitativ gesehen kommen Ratten, ‚Ungeziefer‘ und Bazillen in den Diskursfragmenten antisemitischer Akteure deutlich häufiger vor. Qualitative Schlüsse sind diffiziler zu ziehen, da jede historische Fixierung von Sinn fragil ist. Gleichwohl soll hier eine prominente Rattenmetapher aus dem Propagandafilm „Der ewige Jude“ exemplarisch für einen möglichen qualitativen Unterschied angeführt werden: Wo Ratten auch auftauchen, tragen sie Vernichtung ins Land, zerstören sie menschliche Güter und Nahrungsmittel. (…) Sie sind hinterlistig, feige und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der heimtückischen, unterirdischen Zerstörung dar – nicht anders als die Juden unter den Menschen (Der Ewige Jude 1940, Rolle 3:019). Auch die Ratten kommen in großen Scharen, sie besitzen die Potenz der Vernichtung und tragen das Übel ins Land, kommen entsprechend von einem Außen, das das Eigene bedroht oder schon für Schäden zur Verantwortung zu ziehen ist. Die Deckungsgleichheit in den Subscriptiones der ‚Ratten‘ und der ‚Heuschrecke/n‘ ist hier frappierend. Trotz der Deckungsgleichheit sind die Tiermetaphern keineswegs generell austauschbar, wie sich anhand der weiteren Metaphorisierungen im Film nachvollziehen lässt: In einer Einstellung huschen Dutzende Ratten aus Kanaldeckeln, durch Vorratskammern und an Getreidesäcken vorbei. Über die Tonspur werden die Ratten als ‚Juden‘ analogisiert, die als sozial niedrig stehendes, kulturloses und parasitäres Volk deklariert sind, und die eine „heimtückische, unterirdische Zerstörung“ (ebd.) durchführen. Nun wird zwar auch den ‚Heuschrecke/n‘ eine Existenz im und auf dem Boden attestiert, aber eine Unterwanderung findet sich in ihren Subscriptiones nicht. Zweites Manko der ‚Heuschrecke/n‘ ist die fehlende Projektionsfläche für charakterliche Zuschreibung. Die ‚Heuschrecke‘ ist vielmehr über ihren bewusstlosen Flug vertraut als mit Ekel besetzt oder als hinterhältig verschrien. Gleichwohl ist eine Abwägung von quantitativen und qualitativen Differenzen von tierischen source domains in Bezug auf ihre Rolle in der kollektiven Symbolik widersinnig: Ein kultureller Bildervorrat muss breit angelegt sein, damit un-
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3 Die Symbolik der Heuschrecke
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bekannte durch bekannte Phänomene erklärt werden können. Keine Symbolisierung wird jemals alle Phänomene übersetzen können. Im Potpourri des kulturellen Bilderbestands ist die ‚Heuschrecke‘ keine antisemitische Kollektivsymbolik pars pro toto, obwohl ihre Verwendung in antisemitischen Passagen diskurstaktisch motiviert ist. So lässt sich mit einem Bonmot im Rekurs auf das Eingangszitats von Friedrich Keller-Bauer schließen: Es sind die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, die diskursiven Verknüpfungen, die sozialen Sedimentierungen, die den Weg pflastern und damit das „Befahren der Wege“ verändern und so die Deutungsmuster, Verbfelder, Topoi, Handlungsrationalitäten und Motive in den Subscriptiones modifizieren!361
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Dieses Resümee berührt die schwierige Frage nach der Bedeutung der Kontinuität in der Geschichte des deutschen Antisemitismus als Erklärung für den eliminatorischen Antisemitismus. Um mit dem obigen Zitat kein falsches Schlaglicht zu werfen, sei hier auf Volkov verwiesen, die die Genese vom Antijudaismus zum Antisemitismus und die fortwährende Virulenz judenfeindlicher Agitation als weitere essentielle Entwicklung indiziert, aber nicht als einzige Erklärung für Auschwitz verstanden wissen möchte, sondern kurzfristige Entwicklungen als ebenso grundlegend befindet (Volkov 1999, 263-265).
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Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Die nun folgende Untersuchung baut auf zweierlei Fundamenten auf. Ein erstes wurde im zweiten Kapitel gelegt: Dass ein Zusammenhang zwischen diskursiver Performativität eines dehumanisierten Anderen und den nicht-diskursiven Praktiken der Vernichtung existiert, wird in politischen und wissenschaftlichen Kontexten diverser Couleur als gesetzt betrachtet. Bereits 1945 motiviert dieser Konnex, im Rahmen einer generellen Entnazifizierung, eine Re-Justierung der Grenzen des Sagbaren: Pejorative Tiersymbolisierungen fallen in der öffentlichen Rede im besiegten Deutschland unter ein Tabu. Diese Tabuisierung wird seither im Rahmen diskusiver Ereignisse aktualisiert, die sich um die Fragen nach den Grenzen des Sagbaren drehen: Wer darf als Anderer ausgemacht werden? Als was darf der Andere ausgewiesen werden? Und wie statten sich die einzelnen Diskurspositionen mit Legitmität aus? Einer entsprechenden Rekonstruktion solcher Grenzziehungen im postfaschitischen Deutschland widmet sich das nun folgende erste Unterkapitel. Das zweite Fundament bildet das dritte Kapitel: Obgleich die ‚Heuschrecke/n‘ nicht als dehumanisierende Symbolik pars pro toto in der Lingua Tertiit Imperii bezeichnet werden kann, zählt sie zu der ‚Ungeziefer‘-Symbolik des Nationalsozialismus. Damit liegt sie außerhalb des in der öffentlichen Rede Sagbaren. Dies ändert sich im Frühjahr 2005 mit einer Analogisierung Franz Münteferings. Als Müntefering Finanzinvestoren mit Heuschrecken analogisiert, schließen sich zwar Debatten um die Grenzen des Sagbaren an, aus diesen resultiert jedoch, dass die ‚Heuschrecke/n‘ nun als legitime und vielmehr treffende Symbolik klassifiziert wird. Wie und warum sich diese, über sechzig Jahre recht stabile Grenze, nun plötzlich verschieben lässt und was in den sich anschließenden acht Jahren über einen dehumanen Anderen ausgesagt wird, dem geht das Kapitel 4.2 nach. Wenngleich sich in der öffentlichen Rede nun die Möglichkeit ergibt, ‚Heuschrecke/n‘ für die Einbußen der Ernte anzuklagen, bleiben doch die Wahrheiten, die über ökonomische und politische Bedingtheiten ausgegeben werden, und die Subjektpositionen, die an dieses gekoppelt sind, umstritten. In Gegendiskursen werden abweichende, adäquat erfasste Erkenntniszusammenhänge von neuen diskursiven Akteuren präsentiert, die das Wahr-Sagen im Mediendiskurs zu 199
relativieren suchen. Diesen Aushandlungen, die sich um das Wahr-Sagen im Kontext der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik ranken, wird im Kapitel 4.3 nachgegangen. Die Frage nach diesem Wahr-Sagen ist dabei durch Foucault motiviert, der davon ausgeht, dass im Prozess der Veridiction eine Einrichtung von Bereichen stattfindet, in denen wahr und falsch reguliert wird (Foucault 2005b, 25-43). Diese lassen sich in dieser Studie einerseits als Mediendiskurse, andererseits als Debatten innerhalb linker politischer Strömungen fassen. Nun wäre es allerdings zu kurz gegriffen, dieses vierte Kapitel als ein Kreisen um rein sprachliche Erscheinungen und die Re-Justierung der Grenzen des Sagbaren zu lesen. Die folgenden Rekonstruktionen zielen vielmehr darauf ab, einzelne Konturen der sozialen Ordnung freizulegen. Es wird nach diskursiven Strategien der Akteure gefahndet und diskursive wie nicht-diskursive Handlungsspielräume nachvollzogen. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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4.1 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
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Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
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Nichts ist unvermeidbar im geschichtlichen Geschehen, wenn es rechtzeitig erkannt, und wenn zur rechten Zeit der Wille erweckt wird, es zu verhüten, weil es unrecht ist. Wir können nicht verhindern, daß Wahnbesessene die Führerschaft anstreben. Wir können aber uns und andere dazu erziehen, daß wir ihrem verbrecherischen Machtstreben nicht erliegen (Bein 1965, 149). Als eine Konsequenz aus Auschwitz realisiert sich in Westdeutschland eine spezifische Grenze des Sag- und Zeigbaren, die diesem Handlungsimperativ von Alexander Bein folgt. Neben verfassungswidrigen Abzeichen, Symbolen etc. betrifft eine Zäsur auch pejorative Tiersymbole, die zur Lingua Tertii Imperii gezählt werden. Nach dem Sieg der Alliierten über den Nationalsozialismus werden diese – nicht zuletzt durch die Androhung juristischer Mittel – aus der öffentlichen Rede verbannt und damit in die Umgangssprache oder semiöffentliche Kommunikation verschoben.362 Die Grenzen des Sagbaren bedürfen einer Sichtbarkeit, die sie dadurch erhalten, dass sie übertreten und diskursiv umkämpft werden. Während der Wahlkämpfe sind solche Aushandlungen besonders prominent, also einer Zeit, in der politische Akteure nach Aufmerksamkeit streben. Schmähungen diskursiver Akteure über ihre politischen Gegner_innen oder soziale Randgruppen werden von anderen Akteuren aufgegriffen und zum diskursiven Ereignis stilisiert.363 Ein solcher diskursiver Kampf um die Grenzen des Sagbaren, von denen im Folgenden einige exemplarisch behandelt werden, entbrennt um ein diskrusives Ereignis im Juli 1965. Ludwig Erhard (CDU) beschmäht in diesem Sommer im Wahlkampf seine politischen Gegner. Den Anlass liefern fünfundzwanzig 362
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Eine solche semi-öffentliche Kommunikation findet sich bei Neonazis, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit über eine explizite Beibehaltung der Lingua Tertii Imperii eine ideologische Kontinuität zum Nationalsozialismus visualisieren. Diese arrière-garde ist nicht nur Ausdruck ihrer Ranküne, sondern auch mit der Androhung von Vernichtung behaftet, die nicht zuletzt dadurch unterstrichen wird, dass aus den Reihen von Neonazis immer wieder Gewalt gegen bestimmte Personen(-gruppen) verübt wird (Pörksen 2000, 178), die allein zwischen dem Mauerfall und Ende 2012 mindestens 183 Menschen das Leben kostet (Erkol/Winter 2013, Abs. 1). Sind die diskursiven Akteure nicht sehr potent oder die Symbolisierungen nicht Teil der öffentlichen Rede, bleiben sie weitgehend ohne diskursive Skandalisierung. Ebenso hängt die Tabuisierung an der Verortung der Symbolik als Motivvorrat der Lingua Tertii Imperii. Beispielsweise verwendet die Postgewerkschaft Ende der 1980er-Jahre die Grafik eines Hais für ihre Kampagne gegen die geplante Privatisierung (für diesen Tipp geht mein Dank an Fritz Schorb). Dispute über diese Symbolpolitik wurden damals u. E. nicht geführt.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Schriftsteller_innen, die ein Plädoyer für die SPD halten.364 Diesem Plädoyer steuern Dieter Wellershoff und Rolf Hochhuth eine Kritik an dem damaligen Bundeskanzler bei. Am 9. Juli 1965 äußerte sich Erhard gegenüber Hochhut, „da hört bei mir der Dichter auf, und es fängt der ganz kleine Pinscher an, der in dümmster Weise kläfft" (Der Spiegel 1965a, 26). In den anschließenden diskursiven Kämpfen deutet Ernst Bloch die Diffamierung als Pinscher als Bestandteil der Lingua Tertii Imperii und damit die Aussage als politisches Bekenntnis seitens Erhards: „Die Sprache des Bundeskanzlers hat sich bis zur Kenntlichkeit verändert" (Der Spiegel 1965b, 17). Andere diskursive Akteure deuten die Symbolisierung als typische Übertreibung im Rahmen des Wahlkampfs. Der Chefredakteur der Zeit, Josef Müller-Marein, brachte Entsprechendes zur Verteidigung ein: „Legt nicht auf die Goldwaage, was die Politiker in einem Wahljahr sagen. Da wird Hochhuth zum Dichter, werden Dichter zu Banausen. In Wahljahren übertreiben die Politiker immer so...“ (ebd.). Obwohl der Pinscher zu den ‚höheren‘ Tieren zählt, gilt die Symbolisierung in der politischen Rede im Jahr 1965 als Teil des Bildrepertoire der Lingua Tertii Imperii. In den agonalen Aushandlungen vollzieht sich durch diese Identifizierung, die eine historische Perspektive einfordert, eine starke Emotionalisierung der kontrastiven Diskursbeiträge: Für die einen enttarnt die Symbolpolitik Erhard als arrière-garde, während die anderen in affirmativen Beiträgen einen konkreten Anlass oder Auslöser hervorheben, um damit die Ernsthaftigkeit der Aussage zu mindern. Unangefochten bleibt jedoch, dass pejorative Tiersymbolik gegenüber dem politisichen Gegner nicht zur legitimen öffentlichen Rede gehört. Ein weiterer CDU-Politiker löst während seiner Präsenz auf der politischen Bühne eine ganze Reihe diskursiver Aushandlungen um die Grenzen des Sagbaren aus. Franz Josef Strauß, zwischen den späten 1960er- und den frühen 1980erJahren politisch aktiv, bezichtigt beispielsweise im Jahr 1969 die außerparlamentarische Opposition, dass sie sich „wie Tiere [benähmen], auf die die Anwendung der für Menschen gemachten Gesetze nicht möglich ist“ (Der Spiegel 1980a, 32). Fünf Jahre später wettert Strauß abermals gegen politisch linke Personen, indem er postuliert: „Was wir in diesem Land brauchen, ist der mutige Bürger, der die roten Ratten dorthin jagt, wo sie hingehören – in ihre Löcher“ (ebd.). Im folgenden Jahr metaphorisiert er ebenfalls die außerparlamentarische Linke als „gewisse rote Wühlmäuse [, die] an allen Ecken und Enden nagen“ (ebd.). Damit nicht genug: Ein halbes Jahr später setzt Strauß nach: „Jetzt kom-
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Unter diesen befanden sich beispielsweise Paul Schallück, Peter Rühmkorf, Hanfried Lenz, Walter Jens, Manfred Richter und Axel Eggebrecht.
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men sie wieder, die roten Systemveränderer, wie die Ratten aus allen Löchern heraus“ (ebd.).365 Am stärksten rezipiert wird jedoch seine Symbolisierung von Ratten und Schmeißfliegen. Bei einer Pressekonferenz im Jahr 1978 wird Strauß gefragt, ob er wegen politischer Anschuldigungen vor Gericht ziehen werde. Seine Aussage auf dieser Pressekonferenz gibt er gegenüber einem Zeit-Redakteur im Jahr 1980 folgendermaßen wieder: „Nein. Warum nicht? Weil ich nicht mit Ratten und Schmeißfliegen einen Prozess führe. Das hat auch nichts mit Unbesonnenheit zu tun, ich kann eiskalt austeilen“ (Die Zeit 29.2.1980, 13).366 Namen sind in der Pressemitteilung im Jahr 1978 jedoch nicht expliziert. Die Adressat_innen lassen sich aber eingrenzen, da die Pressemitteilung als Reaktion auf eine Veröffentlichung der Zeit-Redaktion erscheint, die wiederum auf eine Meldung des „Hofer Anzeigers“ vom 31. Juli 1978 reagieren, in der Strauß unter lautem Beifall gesagt haben soll: „Man kann Filbinger aus dem, was er bei Kriegsende unter den damaligen Verhältnissen getan hat, keinen Vorwurf machen. Aber mit Ratten und Schmeißfliegen führt man keine Prozesse“ (Hofer Anzeige 31.7.1978; zitiert nach Heidenreich 1981, 7). Erst vierzehn Monate nach der ursprünglichen Metaphorisierung erläutert Strauß in einem Interview in der Zeit, wen er zuvor als Ratten und Schmeißfliegen diffamiert habe: Als Antwort auf die oben erwähnte Pressekonferenz Engelmanns habe ich gesagt: Ich führe keinen Prozeß gegen Ratten und Schmeißfliegen – aus! (…) das gilt für jedermann. Wer die Dreckschleuder gegen mich betätigt, ist für mich nicht prozeßwürdig (Die Zeit 29.2.1980, 12).367 Der Interviewer reagiert verwundert auf diese Erklärung und führt an, dass er bisher davon ausgegangen sei, dass Strauß mehrere linke Literat_innen als Ratten und Schmeißfliegen addressiert habe. So stellt er als kritische Nachfrage, ob es sich also nicht um eine „antiliterarische Äußerung“ (ebd.) gehandelt habe, also 365
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Nicht unähnlich zu den Symbolisierungen von Strauß dienen im Februar 1997 auch dem früheren Generalsekretär und damaligem CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky Ratten in einer Debatte im Abgeordnetenhaus über den Berliner Haushalt als source domain für eine pejorative Symbolisierung „Wo Müll ist, sind Ratten, und wo Verwahrlosung herrscht, ist Gesindel. Das muss in der Stadt beseitigt werden“ (Tagesspiegel 11.02.2001). Als target domain wird der „kriminelle Abschaum aus Russland, Rumänien, Libanon und China“ (ebd.) ausgemacht, der nun die Hauptstadt bevölkere. Auch in einer Pressemitteilung der CSU vom 15. August 1978 ist die Metaphorisierung mit dem „wenige Tage zuvor vom ‚Pressedienst Demokratische Initiative‘ erhobenen verleumderischen Vorwürfen“ (Der Spiegel 1980a, 32) in Zusammenhang gestellt. Engelmann bemühte sich als Schriftsteller um Belege für seine These, dass Strauß sich in seiner Weltanschauung nicht gewandelt habe und weiterhin dort zu positionieren sei, wo er als Jugendlicher stand: Er war im „Nationalsozialistischen Kraftfahrer-Korps“ als „Offizier für wehrgeistige Führung“ tätig und bei der Heeres-Flakartillerie-Schule IV angestellt (Der Spiegel 1980, 33).
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die linken und linksliberalen Publizist_innen des Pressedienstes Demokratische Initiative368 gemeint gewesen seien? Woraufhin Strauß entgegnet:
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Dummes Zeug! (…) Da sind Namen aufgetaucht, die ich überhaupt nicht kenne. (…)Man muß den qualitativ hochstehenden deutschen Schriftsteller – ob der links oder rechts steht, ist völlig egal – vor einer Gemeinsamkeit mit dem Typ des Mafia Kämpfers bewahren, der seit Jahren einen Verleumdungskrieg gegen mich führt, und dessen Schmutz- und Rufmordkampagnen leider in einem bestimmten Teil der deutschen Publizistik den Raum des Fortsetzungsromans einnehmen (Die Zeit 29.2.1980, 12). Als Kontext seiner Pejoration macht Strauß also einen „Verleumdungskrieg“ aus, innerhalb dessen seine Metaphorisierung platziert sei. Entsprechend habe Strauß aus einer Verteidigungshaltung heraus gehandelt. Diesen Punkt nehmen einige affektive Diskurspositionen in der Verteidigung von Strauß auf: Die pejorative Symbolisierung sei legitim, da „es ungerecht ist, Engelmann (…) nicht zur Ordnung zu rufen“ (Die Welt 19.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 21). Ein emotionalisierter Konflikt zweier Kontrahenten wird hiernach imaginiert, innerhalb dessen die Ratten- und Schmeißfliegen-Metaphorisierung als Entgleisung zu entschuldigen sei. Strauß hätte im „Zorn“ und nicht nach „reifliche[r] Überlegung“ (Die Neue 22.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 30) gehandelt. 369 Die Emotionalität der Auseinandersetzung habe Strauß den Rahmen der politischen Rede vergessen lassen. Daher sei mit einem emotionalen Ausrutscher auch kein Rückschluss auf politische Motiviertheit zu ziehen.370 Diese Differenzsetzung 368
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Bei dem Pressedienst Demokratische Initiative (PDI) handelt es sich um einem Presseausschuss gegen reaktionäre und neofaschistische Tendenzen (Böddrich/Warnecke 1978), der maßgeblich Strauß und seine Vergangenheit analysiert. In einer Broschüre werden bspw. Verstrickungen von Strauß in die Beschaffung von schwerem Kriegsgerät skandalisiert, ebenso wie seine „Sonthofener Rede“ oder seine freundschaftlichen Beziehungen zu Herrschern von Militärdiktaturen wie bspw. Pinochet in Chile (Keller-Bauer 1984 20ff.). Dem Presseausschuss gehören 40 linke und linksliberale Publizist_innen an, die von der bayrischen CSU als „kommunistische Tarnorganisation“ tituliert werden, dadurch begründet, dass einige Mitglieder in der DKP organisiert sind (Der Spiegel 1980, 32). Bei den Publizist_innen handelt es sich unter anderem um Max von der Grün, Axel Eggebrecht, Robert Jungk, Luise Rinser, Thaddäus Troll, Günter Wallraff, Gerhard Zwerenz und Elisabeth Endres. Die Bild folgte ebenfalls dieser Strategie und titelt im Namen von Stoiber „Wir wehren uns nur“ (Bild 19.2.80; zitiert nach Heidenreich 1981, 21). Diese diskursive Strategie funktioniert heute nicht mehr, wie aktuelle diskursive Ereignisse veranschaulichen. So wurde bspw. gegen den französischen Parfümeur Jean-Paul Guerlain mehrmals Anzeige wegen rassistischer Beschimpfungen erstattet, die ihn in Folge derart unter Druck setzten, dass er sich öffentlich von Rassismus distanzierte, um nicht diskreditiert zu sein (Die Welt Online 9.3.2011). Schwerwiegendere Konsequenzen stellten sich für Diors Stardesigner John Galliano ein, der wegen antisemitischer Äußerungen juristisch belangt wurde, nachdem er in einer Kneipe im Pariser Stadtteil Marais andere Gäste antisemitisch beschimpfte. Nach der
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4.1 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
zwischen entschuldbar und illegitim, einerseits die hitzige Auseinandersetzung, andererseits die „reiflich überlegte“ politische Rede, strukturiert die möglichen diskursiven Positionen. Im Verlauf ist es jedoch die politische Rechte selbst, die sich diese Option verspielt: Im Februar 1980 führt ein drittes diskursives Ereignis zu einem letztendlich sehr breiten diskursiven Kampf: Der damalige CSUGeneralsekretär Edmund Stoiber war in einem internen Rundgespräch von dem Literatur-Redakteur Johannes Poethen gefragt worden, ob Strauß die Tiersymbolisierung auf Schriftsteller wie Engelmann, Drewitz, Kesten, Jens, Reding und Walser beziehe, wobei er diese sechs Namen exemplarisch für die Mitglieder des PDI nannte, dessen Vorsitzender Engelmann war. 371 Daraufhin antwortet Stoiber: „Ich habe diese Worte nicht von Strauß gehört, aber ich stehe zu diesem Zitat“ (Der Spiegel 1980a, 32). Nachdem Poethen dieses Zitat öffentlich macht – was unmittelbar massive kontrastive diskursive Aussagen evozierte – sieht sich die CSU zu einem Dementi veranlasst, in dem über Stoiber vermerkt wird, dass er selbst keine Namen genannt habe, sondern sich nur zu Namen äußerte, die Poethen aufgezählt hatte (ebd.). In dem Dementi folgen Konkretisierungen und Differenzierungen: Schriftsteller wie Jens und Walser, schwächte Strauß-Sprecher Godel Rosenberg ab, wolle die CSU keineswegs als „Ratten und Schmeißfliegen“ bezeichnen; mit diesen Autoren habe es bislang schließlich „keine Probleme“ gegeben. Und eine Autorin wie Ingeborg Drewitz sei zwar „zweischneidig“, aber keine Schmeißfliege. Wirklich gemeint sei, versicherte der Strauß-Sprecher, nur Bernt Engelmann (ebd.). Diese Strategie erweist sich im Diskursverlauf jedoch nicht als legitimerend. Das Dementi der CDU schürt vielmehr die diskursiven Auseinandersetzungen. Fast alle auflagenstarken Zeitungen und Zeitschriften verurteilen die Metaphorisierung aufs Heftigste.372 Die Ausführungen von Herrn Stoiber bringen zwar nichts Neues. Die Verschlimmerung ist jedoch ihre ausdrückliche Wiederholung. Damit ist dargetan, daß es sich nicht um eine revidierbare Auslassung des erhitzbaren Kanz-
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Veröffentlichung der Anzeigen kündigte das Modehaus – aus Angst vor Imageschäden – dem Designer (Zeit Online 1.3.2011). Auch wenn diese beiden Beispiele dem französischen soziokulturellen Kontext entstammen, werden in den deutschen Medien beide Vorfälle als inakzeptabel porträtiert und die Konsequenzen erfahren Zustimmung (u.a. Spiegel Online 1.3.2011). Die Verstrickungen von Strauß in die Beschaffung von schwerem Kriegsgerät werden von Engelmann ebenso skandalisiert wie seine „Sonthofener Rede“ oder seine freundschaftlichen Beziehungen zu Herrschern von Militärdiktaturen wie bspw. Pinochet in Chile. Eine detaillierte Aufschlüsselung des diachronen Verlaufs und der verschiedenen Instanzen liefert Heidenreich (1981).
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lerkandidaten innerhalb einer hitzigen Rede oder eine spontane Replik auf provozierende Äußerungen gegenüber der CSU, sondern um eine Kategorisierung, die schlimmste Erinnerungen wachruft (FAZ 18.2.1980, zitiert nach Heidenreich 1981, 10). Aber nicht nur Stoiber, auch Strauß selbst vermeidet die entschuldigende Diskursposition. Strauß erklärt auf der eingangs zitierten Pressekonferenz im Jahr 1980, dass seine Diffamierungen des politischen Gegners „nichts mit Unbesonnenheit zu tun [haben], ich kann eiskalt austeilen“ (Die Zeit 29.2.1980, 12). Legitimierende Positionen verlieren in diesem Diskursfragment damit jede Basis. Infolge bildet sich eine breite Allianz von Politiker_innen über Kulturschaffende gegen die Verwendung pejorativer Tiersymbolisierungen in der öffentlichen Rede. Als diskursiver Rahmen der Aushandlungen in den Jahren 1978 bis 1980 sind politische Hintergründe auszumachen, zu denen in dem Diskursfragment Bezüge geltend gemacht werden: Strauß’ Äußerung steht im Kontext der Ende der 1970er-Jahre vor allem durch den Dramatiker Rolf Hochhut angeregten Debatte um die berufliche Vergangenheit des damaligen Ministerpräsidenten BadenWürttembergs Hans Karl Filbingers (CDU) im Nationalsozialismus. Filbinger stellt, als Reaktion auf Hochhuts Veröffentlichungen, eine Unterlassungsklage, in deren Rahmen vier Todesurteile publik werden, die Filbinger als Marinerichter zwischen 1943 und 1945 gegen minderjährige Deserteure fällt. Dieser öffentlichkeitswirksame Verlauf einer juristischen Aushandlung, in der kompromittierende Tatbestände ans Licht kommen und die Filbinger damals den Rückhalt in der Partei rauben und ihn zum Rücktritt zwingen, eröffnet also erstens Strauß’ Parteinnahme für Filbinger, zweitens eine Parallelisierung der Fälle Hochhuts gegen Filbinger mit Engelmann gegen Strauß. Engelmann wiederum ist damals Vorsitzender des Pressediensts Demokratische Initiative (PDI) (Böddrich/Warnecke 1978). In diesem Klima der politischen Kämpfe um eine belastende Vergangenheit von Inhabern politischer Ämter bleibt die target domain, ob es sich nun bei den Ratten und Schmeißfliegen um den PDI oder eine einzelne Person names Engelmann handelt, umkämpft (vgl. Keller-Bauer 1984, 22f.). Das Diskursfragment ist insofern mit den Kämpfen um eine späte Entnazifizierung verknüpft, in denen die pejorativen Symbolisierungen als Indizen in einer langen Beweiskette fungieren. In diesem soziokulturellen Rahmen fällt der zentrale Fokus darauf, dass Bernt Engelmann als ‚Ungeziefer‘ gebrandmarkt wird. Das wird insofern problematisiert, als die Symbolisierung als stereotypische Symbolik des eliminatorischen Antisemitismus des Nationalsozialismus identifiziert wird (Pörksen 2000, 186). Für die Süddeutsche Zeitung beispielsweise stammen „Ratten und Schmeißfliegen (…) aus dem Wörterbuch des Unmenschen, [sie sind] faschistische Vokabeln, für die es keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung, keine Absolution 206
4.1 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
geben kann“ (SZ 19.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 10). Ebenso vermerkte die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Leitartikel, dass
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eine Kategorisierung, die schlimmste[n] Erinnerungen wachruft. Die argumentierende Kritik ist hier durch unterschwellig wirkende Ekelbilder von Negativ-Tieren ersetzt. Als der Antisemitismus seine eigene Bildersprache entwickelte, griff er in dem Film „Der ewige Jude“ auf Ratten zurück und interpretierte Juden als Ratten (FAZ 18.2 1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 10). Vor diesem historischen Konnex eröffnet sich eine emotionale Empörung diverser Akteure gegenüber Strauß und Stoiber. Eine solche Symbolik sei weder auf Hochhut noch auf Engelmann und schon gar nicht auf eine Gruppe von linken Literat_innen applizierbar. Befeuert wird die Kritik an dem sprachlichen Tabubruch dadurch, dass eine Verbindung zwischen der Ausdruckswahl und einer (verschwiegenen) politischen Vergangenheit gezogen wird: Die Sprache habe Strauß’ wahre ideologische Position verraten. Als diskursive Akteure in der breiten Allianz gegen Strauß’ Symbolisierung lassen sich neben Politiker_innen und Kulturschaffenden noch viele weitere ausmachen: Beispielsweise druckt die IG Metall auf der Titelseite ihres Mitgliedermagazins eine grafische Kollage ab, auf der dreierlei historische Symbolisierungen parallelisiert werden: Links oben befindet sich das Filmplakat von „Der ewige Jude“ in der Originalversion, auf dem unterhalb des Titels und des Untertitels („Eine Dokumentation über das Weltjudentum“) eine fünfköpfige Gruppe dunkel gekleideter, älterer Männer beisammenstehend abgebildet ist, die durch Frisur und Kleidung als ‚Juden‘ markiert sind. Die Redaktion von metall wählte als Bildunterschrift „Nazi-Film 1940“. Unterhalb des Filmplakats ist eine zweidimensionale Zeichnung einer Ratte mit der Bildunterschrift „CDU-Aufkleber 1972“ angeordnet. Rechts neben den beiden Darstellungen befindet sich ein Foto von Stoiber mit der Bildunterschrift „CSU Agitator Stoiber 1980: ‚Aktivpropaganda‘“ (metall 1980; nachgedruckt durch Heidenreich 1981, 69). Diese Parallelisierungen heben sowohl auf eine historische Kontinuität als auch auf die Vernichtungsimplikation, die den Symbolisierungen anhaften können, ab. Auch die Frankfurter Rundschau nimmt eine historische Parallelisierung vor, indem sie einen Vergleich zwischen Stoiber und Goebbels anregt: „Früher hinkten bei uns die Vertreter dieser Spezies“ (Der Spiegel 1980a, 31). Der Spiegel interpretiert die Symbolisierung dabei als ideologische Positionierung: Strauß „gab damit unfreiwillig mehr über seinen politischen Zuschnitt preis, als seine Gegner aus alten NS-Akten je hätten herauslesen können“ (Der Spiegel 1980a, 33). Gegen diese Symbolisierung positionieren sich generell die linken und linksliberalen auflagenstarken Medien. Der Spiegel beispielsweise tut dies nicht nur wortgewaltig, er nimmt auch die Diskursposition jener Gegner_innen von Strauß
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Nicht auszuschließen, daß der langjährige Umgang mit dem schwarzbraunen Propagandisten, (…) dazu beigetragen hat, den Vollblutpolitiker Strauß zu seinen häufigen Ratten-Reden zu beflügeln. Taubert jedenfalls kannte sich mit solchem Getier mörderisch gut aus. Von ihm stammten Idee und Text zu dem NS-Propagandastreifen „Der ewige Jude“, der von 1940 an das deutsche Volk, vor allem aber in wiederholten Sondervorführungen SS-Einheiten und KZ-Mannschaften psychologisch auf den Holocaust vorbereiten sollte (Spiegel 1980a, 33). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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auf und macht sie sich zu eigen. In einem Artikel wird über die politisch rechten Netzwerke von Strauß informiert: Zwischen Strauß und Eberhard Taubert, einem hohen Funktionär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda sowie späterem Berater von westlichen Geheimdiensten, hätten enge Beziehungen bestanden: Taubert war als Wahlkampfhelfer für Strauß aktiv. Dieser Kontakt blieb nicht folgenlos, so resümiert der Spiegel:
In diesem Zweischritt verweist der Spiegel also nicht nur auf die politischen Verflechtungen, sondern auch auf Vernichtungsimplikation in den Subscriptiones der Symbolisierungen. Resümieren ließe sich, so der Spiegel, dass eine sprachliche Dehumanisierung in der Vergangenheit den psychologischen Weg zur Vernichtung geebnet habe.373 Zu diesen diversen kontrastiven Positionen ist auch ein juristisches Nachspiel zu zählen: Da sowohl Dr. Strauß als auch Dr. Stoiber einen erheblichen gesellschaftlichen Einfluß haben, sind ihre Äußerungen auch tatsächlich geeignet, bei einem Teil der Staatsbürger Hassgefühle und Aggressionen gegenüber den Diffamierten zu erzeugen und damit zu einer Entwicklung beizutragen, die unsere rechtsstaatliche Ordnung gefährdet. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die gesellschaftliche Isolierung missliebiger Schriftsteller ein wesentliches Merkmal auf dem Weg zum Unrechtsstaat ist, der über die Verbrennung von Büchern schließlich zur Vernichtung von Menschen führen kann. Unbeschadet weiterer rechtlicher Gesichtspunkte sind die wiedergege-
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Einen expliziten Verweis auf Vernichtungsimplikation nehmen andere diskursive Akteure vor, wie bspw. der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel (CDU), der vermerkt, dass „Straußens Wortwahl (…) die Gefahr heraufbeschwöre[…], daß jemand ‚durchdrehe‘ und ‚solches Ungeziefer‘ vernichten wolle“ (Der Spiegel 1980, 32). Ebenso äußert sich der damalige Bundestagsabgeordnete Eberhard Hoffmann (FDP): Die CSU habe „die Jagd auf einen Menschen freigegeben“ (SZ 22.2.80; zitiert nach Keller-Bauer 1984, 32) Außerdem sieht der bayrische SPD-Landesvorsitzende Helmut Rothemund „Mitmenschen zu Ungeziefer“ erklärt und „nunmehr zur Ausrottung freigegeben“ (ebd.).
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4.1 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
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benen Äusserungen gemäss §§ 130 (Volksverhetzung) und 185 (Beleidigung) StGB strafbar (Heidenreich 1981, 68). Vor solcherlei Strafanzeigen ist es notwendig, die target domain der Diffamierung zu identifizieren. Dies erklärt auch die hohe Aufmerksamkeit, die dieser Frage im Diskursverlauf zuteil wird. Zudem lässt sich vermuten, dass Stoiber wie auch Strauß eine Namensgebung auch daher vermeiden, da sich früh strafrechtliche Konsequenzen erahnen lassen. Zumindest nehmen die affirmativen Diskurspositionen diesen Punkt der Verleumdungexplizit auf.374 In diesen wird begründet, es handele sich um den Straftatbestand der Verleumdung, da Strauß lediglich eine Person adressiert habe, nämlich Engelmann.375 Nur im Falle einer Diffamierung einer Gruppe der Adressat_innen drohe Strauß eine Anklage wegen Volksverhetzung.376 Als ein weiterer Aspekt der diskursiven Aushandlungen kann die Frage nach einem Antiintellektualismus ausgemacht werden. Dieser sei auch in den 1970erund 1980er-Jahren durch seinen historischen Vorläufer im Nationalsozialismus delegitimiert. Beispielsweise distanziert sich der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler in einem Interview von der „Schriftsteller-Beschimpfung“ (Der Spiegel 1980b, 19). Aus seiner Sicht habe sich die CDU jahrelang um eine Verbesserung des Verhältnisses zu Künstlern und Intellektuellen bemüht. „Ein solches Wort aber reißt die mühevolle Arbeit wieder ein“ (ebd.). In einer Wahlkampfkommission der CDU/CSU kritisierte er weiter, dass die „Form der Kritik die gesamte Union ins Zwielicht brächte“ (ebd.). Entsprechend habe die Basis der CDU verärgert auf die Metaphorisierung reagiert. Auch die SDP greift diese Kritik am Antiintellektualismus auf: das SPD-Mitgliederjournal „Vorwärts“ diagnostiziert der CDU ein „allgemein bekanntes Unverhältnis zu Intellekt und Kultur“ (Vorwärts 28.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 38).377 374
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Die affirmativen Diskursbeiträge waren in ihrer Zahl begrenzt und auf wenige Zeitungen beschränkt (beispielsweise Bayernkurier 23.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 25 & Die Welt 19.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 21). Als wohl markanteste affirmative Strategie kann das oben angeführte Dementi und die implizite und kodierte Sprache als diskursive Strategie interpretiert werden Als „hohle Strategie“ bezeichnet Heidenreich diese Zurückweisung, denn es sei äußerst unwahrscheinlich, dass nur eine Person als „Ratten und Schmeißfliegen“ diffamiert werde (Heidenreich 1981, 20). Denn wie oben dargestellt, bezog sich die Anzeige auf die „gesellschaftliche Isolierung missliebiger Schriftsteller“ als Grundlage der Strafanzeige gemäß §§ 130 (Volksverhetzung) und 185 (Beleidigung) StGB (Heidenreich 1981, 68). Ebenso weisen Einzelpersonen wie der Schriftsteller Max von der Grün auf die Tradition hin „Intellektuelle für das verantwortlich zu machen, was die Politiker verbrochen haben, denn die Schriftsteller haben dieses Versagen ausgesprochen und ins öffentliche Bewusstsein gerückt“ (Linkskurve 2/1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 49).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, ist jedermanns Sache. Eine Neuauflage eines „Jud Süß“ als „Rot Süß“ können wir uns nicht leisten. Literatur auf der Anklagebank, das geht uns alle an, egal wer und wie viel dort hinzitiert werden (Nürnberger Zeitung 3.3.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 61). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Und letztlich wird auch der Vergangenheit der diffamierten Personen Gewicht beigemessen. Vor allem Bernt Engelmann wird in persona als linker Schriftsteller identifiziert, der bereits im Nationalsozialismus verfolgt wurde und in Dachau und Flossenbrück inhaftiert war. Ein solcher biografischer Verweis begründet die strikte Zurückweisung dehumanisierender Tiersymbolik, denn es sei unverantwortlich, Engelmann dermaßen (erneut) zu verunglimpfen (IG Druck Papier 1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 18). Die Handlungsrationalitäten, die im Diskursverlauf dominieren, sind in Gestalt antifaschistischer Appelle entworfen:
Schmährufe gegen die politische Linke führen entsprechend zu politischen Schulterschlüssen und werden in den 1980er-Jahren mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht.378 In Diskurspositionen wird ein antifaschistisches Kollektiv angerufen. Dieses Kollektiv, gleichzusetzen mit der deutschen Bevölkerung, habe eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu forcieren, um darüber den demokratischen Charakter der deutschen Nation zu verteidigen. Diese Rationalität verknüpft die diskursiven Kämpfe um die Symbolisierung mit einem anderen diskursiven Strang: der in den 1980ern geführten Schlussstrichdebatte (Assmann/Frevert 1999). Daher mag es nicht verwundern, dass an Strauß die Forderung gerichtet wird, er solle sich von „jedem Rechtsextremismus“ (Bayrischer Rundfunk 27.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 37) abgrenzen.379 378
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Eine solche Gleichstellung in der Selbstviktimisierung gilt es insofern hervorzuheben, als dass sie in der aktuellen politischen Kultur nicht legitim wäre. Unter dem Begriff der ‚Singularität‘ von Auschwitz fallen solche Vergleiche unter ein sprachliches Tabu. Das diskursive Ereignis reicht dabei deutlich über die politische Debatte hinaus. Als Reaktion auf die Schmähung realisieren sich unter anderem einige humoristische Aneignungsstrategien: Auf dem Plakat zur Dichterlesung des Münchener Schriftsteller-Kongresses befinden sich Ratten, die aus ihren Büchern (vor)lesen (Heidenreich 1981, 53). Auch die Nürnberger Kammerspiele übernehmen das Zitat für eine Matinee, die entsprechend unter dem Titel „Ratten und Schmeißfliegen“ läuft und bei der Texte von Autor_innen verlesen werden, deren Namen im Kontext von Stoibers Zustimmung fielen. Ebenso greift die Bewegungslinke die Symbolisierung für ihre Mobilisierung zur Demonstration am 1. Mai in München auf, für die sie mit dem Motto „Solidarität mit den von Strauß als Ratten und Schmeißfliegen bezeichneten!“ (Heidenreich 1981, 76f.) werben. Selbstviktimisierung in Gestalt von Aneignungsprozessen findet sich in marginalisierten Subkulturen bis zum heutigen Zeitpunkt, sie ist zwar diskursiv umkämpft, aber nicht tabuisiert: So bezeichnen sich bspw. Punks gerne als Zecken.
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4.1 Die Grenze des Sag- und Zeigbaren nach 1945
Bis heute haben sich weder das PEN-Zentrum, noch die deutsche Journalistenunion von den üblen Kampagnen von Bernt Engelmann, die an Methoden des Dritten Reichs erinnern, distanziert und sich damit dem Verdacht ausgesetzt, daß sie die diffamierenden Untergrundmethoden Engelmanns als Mittel der politischen Auseinandersetzung billigen (Bayernkurier 23.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 25).
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Gegenüber diesen Schulterschlüssen setzen affirmative Positionen zwar auch auf einen historischen Konnex, erklären Strauß’ Aussagen jedoch zu „peinliche[m] Gequatsche“, hinter dem nicht gleich ein „neue[r] Nazi-Ungeist zu sehen“ (Bild 19.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 21) sei. Der konservative Bayernkurier geht über diese Abwiegelung hinaus und übt sich in einer Täter-Opfer-Umkehr:
Durch die Gleichsetzung der Recherchearbeit Engelmanns mit den Methoden des Dritten Reichs nimmt Strauß gar eine antifaschistische Akteursposition ein. Aus dieser Strategie lassen sich zweierlei Schlüsse ziehen: Einerseits zeigt sich, dass selbst in konservativer Presse Präzedenzen des Nationalsozialismus jenseits des Tolerablen zu verorten sind, andererseits fällt auf, dass ein Bezug auf antifaschistische Handlungen auch innerhalb politisch rechter Diskursfragmente legitimierend wirkt. So einigen sich die affirmative wie die kontrastive Position auf einen antifaschistischen Konsens. In diesem Konsens wird ein Antifaschismus als Grundwert der Demokratie festgelegt. Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) distanziert sich zum Beispiel von der Symbolisierung, da sie „die Grenze des zulässigen Umgangstons in einer Demokratie“ (FR 21.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 29) überschreite. Die Demokratie wird somit zum Gegenpol der sprachlichen Dehumanisierung, die als nationalsozialistisches Erbe interpretiert wird.380 Demokratie wird zum Zeitgeist, den es gegen Residuen des Nationalsozialismus zu verteidigen gilt. Rechtsgerichtete Wähler werden dabei als traditionell gegen den ‚Zeitgeist‘ gerichtete Kräfte (und Wählerschichten) [ausgemacht], die deutsch fühlend, bereit sind, in Intellektuellen und Schriftstellern Zersetzer zu sehen, wie ein anderes im Ungeziefer-Zusammenhang gebrauchtes Wort aus dem Nazi-Wörterbuch des Unmenschen lautete (SZ 19.2.1980; zitiert nach Keller-Bauer 1984, 25).
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In diesem Sinne wird die Metaphorisierung auch als Absage an die demokratische Grundordnung ausgelegt: „Damals war das demokratische Staatswesen, das die Achtung des Menschen auch im anders gesinnten Menschen voraussetzt, schon verloren. Herr Stoiber ist darauf hinzuweisen, welche Grenzen er – nur er? – überschritten hat“ (FAZ 18.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 10).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Eine Warnung vor dem Vergessen und Mahnung der Erinnerung an Auschwitz werden als demokratischer Zeitgeist konkretisiert.381 Affirmative Diskurspositionen ordnen sich dieser hegemonialen Position mit ihrer partiellen Deutung unter und verlieren zunehmend an Wirkmächtigkeit.382 Diese Analyse macht deutlich, dass pejorative Tiersymbolik Anfang der 1980er-Jahre außerhalb der Grenzen des Sagbaren liegt. Mit Rückgriff auf die kollektiven Wissensbestände werden ‚Ungeziefer‘-Symbole als NaziPräzedenzen erkannt und ihnen wird eine Vernichtungsimplikation zugewiesen (Keller-Bauer 1984, 75). Diverse Diskurspositionen statten sich insofern durch Bezugnahmen auf Antifaschismus und Demokratiebewusstsein mit Legitimität aus. Diese Aushandlungen der Grenzen des Sagbaren re-aktualisieren eine strikte Delegitimation von ‚Ungeziefer‘-Symbolisierungen in der öffentlichen Rede.383 Diese bleiben bis Ende der 1990er-Jahre bestehen, als beispielsweise im Rahmen der Landowsky-Affäre Symbolisierungen von Personengruppen als Ratten in eine historische Kontinuität zum Nationalsozialismus gestellt und damit diskreditiert werden.384 Entsprechend lässt sich über die Aushandlungen um die postfa381
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Sehr eindrücklich wird diese Verknüpfung in einem Artikel in der liberalen Stuttgarter Zeitung zum Ausdruck gebracht: „Diese Pest: und fünfunddreißig Jahre ist das bei uns alles erst her. Die, die jetzt wieder anfangen, werden nicht wahrhaben wollen, daß sie’s tun, und werden, da sie sich doch immer rühmen, aus der Geschichte gelernt zu haben, uns nun vorwerfen, die falschen anklagenden Vergleiche zu ziehen. Aber was ihnen offenbar nicht klar ist als das Gewesene neben toten Figuren, das ist für uns das Gedächtnis, ohne das wir nicht schreiben können, nicht schreiben wollen und nicht schreiben dürfen; das Gedächtnis, dem wir erlauben, uns nachträglich mitschuldig zu sprechen, wenn wir zulassen, daß man es uns raubt. (…) [W]ir haben gelernt, die Zeichen zu erkennen“ (Stuttgarter Zeitung 16.2.1980; zitiert nach Heidenreich 1981, 17). Selbst zwanzig Jahre nach dieser diskursiven Aushandlung wird in Leserbriefen die Verleumdung Strauß’ diskutiert und als Versuch der Diskreditierung durch eine „kommunistische Tarnorganisation“ (SZ 28.2.2002, 11) identifiziert. Diese Aktualisierung hält sich über Jahre, folgt man dem Institut für Deutsche Sprache: „Eine kritische Haltung ist aber gerade gegenüber metaphorischen Ausdrucksweisen wie Ratten, Schmeißfliegen, Ungeziefer u. ä. besonders nötig, denn Sprecher, die sich dieser Ausdrücke bedienen, stellen sich damit auch in die Tradition einer Rede- und Sichtweise, die in der Zeit des Nationalsozialismus mit Bezug auf Juden und Intellektuelle üblich war. Wenn jemand solche Äußerungen heute macht, dann muß er auch darauf gefasst sein, mit Verweis auf entsprechende Vorläuferäußerungen für seine eigene Redeweise zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dies zu betonen, ist auch deshalb wichtig, weil mit metaphorisch gebrauchten Ausdrücken häufig handlungsleitende Einstellungen wie ‚ekelhaft‘, ‚vernichtenswert‘, ‚anstrebenswert‘ u. ä. ausgedrückt werden, die die Angehörigen einer Sprach- und Kulturgemeinschaft den bezeichneten Gegenständen gegenüber einnehmen“ (Harras 1989, 664). Als Kritik an Landowskys Äußerung entsteht auf einer Brandschutzwand in der Manteuffelstraße in Berlin ein Wandbild. Über mehrere Stockwerke wird einerseits Landowskys Zitat mit dem schriftlichen Interpretationshilfe angebracht: „Ratten aller Länder vereinigt Euch“. Andererseits werden drei Konterfeis mit Jahreszahlen hinzugefügt: Neben dem Portrait von Joseph Goebbels
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
schistischen Grenzen des Sagbaren resümieren, dass dehumanisierende Symbolik in der politischen Rede nach 1945 jenseits der Grenzen des Sagbaren liegt und dort auch bis zum neuen Millennium bleibt. Diskursive Ereignisse um solche Symbolisierungen stellen das Tabu nicht zur Disposition, stattdessen aktualisieren sie die Grenzen. Eine Erziehung gegen die „Wahnbesessenen“, wie sie Bein im vorausgestellten Zitat fordert, scheint als moralischer Imperativ aus diesen Kämpfen um die Re-Justierungen der Grenzen des Sagbaren hervor.
Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“ Der Kapitalismus ist jene Krankheit für deren Heilung er sich hält (Kraus 1978, 227; zitiert nach Schulmeister 2003, Abs. 5).385
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Dehumanisierende Tiersymboliken erlangen in der politischen Rede nach 1945 keine Verfestigung, und ihre diskursive Wirkung bleibt begrenzt. Dementsprechend erscheint die Implemntierung des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ im Frühsommer 2005 als Paradigmenwechsel in der öffentlichen Rede: In nur wenigen Wochen etablierte sich diese Symbolisierung für spezifische target domains, obgleich pejorative Tiersymbolik in der deutschen politischen Kultur bislang außerhalb der Grenzen des Sagbaren liegt. Die von Franz Müntefering initiierte Symbolisierung wird als „exotisch“ (taz 2.6.2005, 14) und „große Entdeckung“ (Der Spiegel 9.5.2005b, 186) gefeiert. Unzählige Artikel, Überschriften, Textillustrationen und Werbung verwenden fortan die ‚Heuschrecke/n‘, etliche wissenschaftliche Arbeit befassen sich mit der Symbolik, auf Wikipedia (2005) erfolgt ein Eintrag, die Heuschrecke wird „Börsenunwort des Jahres 2005“ (Welt 25.1.06, 19), die Heuschrecke selbst wird „Tier des Jahres“ (FTD 9.5.2005, 218) und in der Liste der „Worte des Jahres 2005“ der Gesellschaft für deutsche Sprache rangiert die Heuschrecke auf dem vierten Platz (FTD 30.12.2005, 26). Welche Rolle dieses prominente Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ jedoch bei der Plausibilisierung von Wissen erhält, soll im Folgenden eingehend betrachtet werden. Zu fragen bleibt dafür vor allem nach den
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mit der Jahreszahl 1933 prangt Franz Josef Strauß mit 1980 und Landowsky mit der Zahl 1997 (Umbruch 2012). Durch die Parallelisierung der Konterfeis erfolgt eine Parallelisierung aktueller pejorativer Symbolik mit jener des eliminatorischen Antisemitismus. Zwar erhalten die Maler_innen eine Strafanzeige und die Polizei übermalte das Wandbild zweimal, schlussendlich weist das Verwaltungsgericht aber die Klage zurück (Tagesspiegel 11.2.2001). Karl Kraus hatte in einem Aphorismus über die Psychoanalyse eine entsprechende Aussage über diese Zunft gefällt: „Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält“ (Kraus 1978, 227). Die oben zitierte Abwandlung verwendet Schulmeister (2003, Abs. 5 & taz 28.2.1010, Abs.1).
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kurzweiligen Beschreibungen der hegemonialen Beziehungen, die sich in Konstitutionen von Wirklichkeitsdeutungen realisieren. Da sich diese Deutungen und mit ihnen auch die Handlungsrationalitäten immer auf dem Rücken von möglichen Alternativen realisieren, soll die Beseitigung von Polysemien in der Pictura-Subscriptiones-Relationen verfolgt werden. Die kurzlebige, instabile und konflikthafte Fixierung von Sinn berücksichtigend, leiten fünf Fragen durch das Unterkapitel: Welche diskursiven Kämpfe werden um die von Müntefering benutzte Symbolisierung im April und Mai 2005 geführt? Was waren die agonalen Positionen? Welche Akteur_innen waren beteiligt? Welche Pictura-Subscriptiones Relationen verschieben und verfestigen sich in den ersten Wochen? Welche Rückschlüsse lassen sich entsprechend über die Grenzen des Sagbaren ziehen? 4.2.1 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Münteferings „Kapitalismuskritik“ – die Implementierungsphase
Die Beantwortung dieser Fragen ist im Folgenden entlang der Merkmale der Heuschrecke, also des eigentlichen Tiers, strukturiert, wobei diese Strukturierung den synchronen und diachronen Perspektiven Raum geben soll.386 Wer sind die neuen ‚Heuschrecke/n‘? Die prominent gewordene erste Analogisierung387 von ökonomischen Akteuren mit Heuschrecken erfolgte am 16. April 2005 durch Franz Müntefering: Ich wehre mich gegen Leute aus der Wirtschaft und den internationalen Finanzmärkten, die sich aufführen, als gäbe es für sie keine Schranken und Regeln mehr. Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten. Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter (Bild aS 17.4.2005, 5). 386
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Zugunsten dieser Fragestellung tritt eine detaillierte Wiedergabe des Debattenverlaufs in den Hintergrund. Eine solche findet sich sowohl bei Ziem (2008a; 2008b) wie Schwarz (2008). Auch geht es im Folgenden nicht um die Analyse einzelner Übernahme-Darstellungen, wie bspw. in der Arbeit von Knobloch (2007). Zuvor hatte Franz Müntefering in einer Rede, organisiert von der Friedrich-Ebert-Stiftung, die in den Programmheften der SPD im Januar und April 2005 wiedergegeben wird, erstmals Unternehmen als Heuschrecken versinnbildlicht: „Wir müssen denjenigen Unternehmen (…) helfen gegen die verantwortungslosen Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen, wenn sie sie abgefressen haben. Kapitalismus ist keine Sache aus dem Museum, sondern brandaktuell“ (Müntefering 2005, 18). Diese Metaphorisierung blieb aber ohne diskursive Resonanz (Der Spiegel 9.5.2005a).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Im Rahmen des nordrhein-westfälischen Wahlkampfes hatte so der damalige Parteichef der SPD einen zentralen Inhalt des Wahlkampfprogramms kämpferisch präsentiert, ein Sujet, das im Laufe der diskursiven Auseinandersetzungen mit dem Begriff Kapitalismus-Debatte umrissen werden wird. Durch die Verwendung einer pejorativen Tieranalogie und ihrer Subscriptiones, einer spezifischen „Kapitalismuskritik“,388 schafft die SPD ein Medienereignis, das eine über Wochen anhaltende diskursive Auseinandersetzung einleitet.389 Streitpunkt wird dabei einerseits das politische Programm, andererseits die Tiersymbolisierung. Das politische Programm, also diese „Kapitalismuskritik“ der SPD, gilt „Leute[n] aus der Wirtschaft und den internationalen Finanzmärkten“, die sich „regelwidrig“ (Bild aS 17.4.2005, 5), nämlich zu Ungunsten von Arbeitnehmer_innen verhielten. Regelwidrig verhielten sie sich insofern, als dass sie Arbeitnehmer_innen benachteiligten. Ihre Unternehmen würden wie ein Landstrich nach dem Einfall von „Heuschreckenschwärmen“ zurückgelassen. Müntefering konkretisierte dieses unternehmerische Vorgehen „von Leuten aus der Wirtschaft“ als „abgrasen“ und „weiterziehen“ (Bild aS 17.4.2005, 5). Diese Verben bilden das zentrale tertium comparationis zwischen den „internationalen Finanzmärkten“ (ebd.) und den eigentlichen Tieren. In den diskursiven Aushandlungen um die „Kapitalismuskritik“ werden in den ersten Wochen vor allem zwei Punkte umkämpft: Wer genau sind diese anonymen Leute? Wie lässt sich das „Abgrasen“ und „Weiterziehen“ im Kontext einer liberalisierten Wirtschaft konkretisieren? Zwei Wochen nach diesem ersten Zitat konkretisiert die SPD, wen sie unter den „Leute[n] aus der Wirtschaft und den internationalen Finanzmärkten“ (ebd.) verstanden haben will: Der Stern veröffentlichte eine Liste mit zwölf Beteiligungsgesellschaften unter dem Titel „Die Namen der Heuschrecken“ (Stern 28.4.2005), die auch als „Liste der Bösen“ (FTD 2.5.2005, 31) ironisiert wird. Als Quelle dieser Namen dient dem Stern ein 388
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Im Folgenden wird Kapitalismuskritik als Zitat markiert, um darauf zu verweisen, dass es sich um eine Begrifflichkeit der SPD handelt und nicht mit einer klassisch marxistischen Analyse der Mehrwertakkumulation zu verwechseln ist. Der Begriff der Kapitalismuskritik entspringt einer marxistischen Tradition und ist nicht mit dem völkischen Antikapitalismus zu verwechseln, der seine Wurzeln Ende des 19. Jahrhunderts setzt. Diese rechte Weltdeutung, die für sich versucht, die soziale Frage in einer antimodernen und feudalistisch gehaltenen Façon zu besetzen, wendet sich nicht den Strukturen der kapitalistischen Vergesellschaftung zu, sondern den von ihnen identifizierten Symptomen eines kulturellen und sozialen Verfalls (Gebhardt 2010). Schwarz merkt an, dass der Topos der Kapitalismuskritik seit den 1990ern einem politisch linken Spektrum vorbehalten bleibt (2008, 14), für Müntefering – einen Mann des mittleren politischen Spektrums der SPD – sind solche Töne entsprechend ungewöhnlich. In der Studie von Knobloch wird die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik als Teil einer Symbolpolitik der SPD interpretiert, mit der es gelingt, dem Grundsatzprogramm der SPD zu einer Medienpräsenz zu verhelfen. Die Analogisierung wird dabei als „durchsichtiges taktisches Wahlkampfmanöver“ (2007, 17) klassifiziert.
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Hintergrundpapier der Planungsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion. Bei der „Heuschrecken-Liste“ (Welt 30.4.2005 1) handele es sich um „alle renommierten internationalen Risikokapitalgeber“ bzw. eine „bestimmte Gruppe von Kapitalinvestoren, noch spezieller: eine begrenzte Liste von Private-EquityGesellschaften“ (Der Spiegel 9.5.2005a, 188). Neben einer deutschen Holding (WCM) und dem Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, umfasst die Liste zehn internationale Investment-Gesellschaften. Andere diskursive Akteure bestimmen diese „anonymen Leute“ weniger konkret und in den folgenden Wochen lassen die diskursiven Zuschreibungen eine Trennschärfe zwischen Hedgefonds und Private-Equity-Fonds vermissen, obwohl diese wenig miteinander gemein haben, so urteilen einige Ökonomen (Schäfer 2005, 15; Schwarz 2008, 17). Die diskursive Strategie kann als Ergänzung, Veränderung und Umdeutung der „Liste der Bösen“ verstanden werden: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Die ‚Welt am Sonntag‘ hat Münteferings Liste um wichtige Fakten ergänzt. Erstens werden die Köpfe der Manager gezeigt, die in Deutschland hinter den Anlagefirmen stehen. Der von Müntefering kritisierte Kapitalismus ist weniger anonym, als dieser glaubt. Und zweitens wird die Summe des Eigenkapitals genannt, das diese Firmen seit 1995 in Deutschland investiert haben (Welt aS 1.5.2005, 3). Nachdem also im ersten Schritt die Gesellschaften als Gegenstand der „Kapitalismuskritik“ ausgemacht sind, findet im nächsten Schritt eine Personifizierung statt. So präsentiert die Welt am Sonntag die deutschen Geschäftsführer der Anlagefirmen, beziehungsweise die „Fondsmanager“ (Welt 30.4.05, 1) und die Summe des Eigenkapitals, das zwischen 1995 und 2005 in Deutschland investiert wird. Auch in den folgenden Wochen greifen unterschiedliche Diskursteilnehmer_innen die Gesichtslosigkeit auf und platzieren, mit Verweis auf Münteferings Definition, eine konkrete Person an ihrer Stelle: „In den Augen von Franz Müntefering (SPD) ist Edward Lampert wohl die gefräßigste Heuschrecke der Welt. Lampert ist nach Angaben des US-Investor-Magazins ‚Alpha‘ der bestbezahlte Hedgefondsmanager“ (Die Welt 30.5.2005, 14).390 Auch der Süddeutschen Zeitung geht es um eine Personifizierung, sie vergibt jedoch eine andere Paraderolle: „Hohn ist, um die Nomenklatur des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering zu benutzen, eine Heuschrecke. (…) [Der] Harvard-Absolvent ist Chef des Hedge-Fonds TCI“ (SZ 27.5.2005, 40). Gemein ist diesen ersten Personifizierungen, dass sie Personen namentlich präsentieren, denen sowohl gesellschaftliche Macht als auch hohe Gewinnmargen attestiert werden.
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Das Anonyme der Masse, hier konkretisiert in Gestalt von Schwärmen, gilt schon seit jeher als das Bedrohliche (Canetti 1960, 61-79).
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Innerhalb weniger Wochen verändert sich in den Subscriptiones des Kollektivsymbols also das Merkmal der Anonymität der Masse und des Schwarms mit seinem Vernichtungspotenzial: Aus den ‚Heuschreckenschwärmen‘, wird eine ‚Heuschrecke‘, eine Einzelperson beziehungsweise einzelne Gesellschaft, die sich namentlich fassen lässt. Das zerstörerische Element bleibt bei dieser Verschiebung allerdings erhalten.391 Im April und Anfang Mai des Jahres 2005 sind die ‚Heuschrecke/n‘ als Zitate markiert oder als Wortlaut von Müntefering kenntlich gemacht.392 Diskursive Aushandlungen finden in dieser Phase in Form der Kommentierung, Spezifizierung und damit Aushandlungen der Subscriptiones der Erstnennung statt. 393 Die Heuschrecke erscheint dabei bereits in den ersten Tagen als figurative Darstellung auf Titelseiten und in diversen Überschriften. Sie entwickelt sich zum zentralen Symbol der „Kapitalismuskritik“.394 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Was heißt hier „abgrasen“? Müntefering plausibilisiert durch die Analogie mit Heuschreckenschwärmen die verheerenden Auswirkungen der Geschäftspraktiken spezifischer Gesellschaften auf die Arbeitnehmer_innen (u.a. Der Spiegel 9.5.2005a, 190). Als tertium comparationis verwendete er „grasen sie ab und ziehen weiter“ (Bild aS 17.4.2005, 5). Dieses Verbfeld wird in vielen folgenden Symbolisierungen aufgenommen und modifiziert, wie etwa in der Süddeutschen Zeitung: „Ob der HeuschreckenInvestor ein abgefressenes Feld zurücklässt oder ein florierendes Unternehmen, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen“ (SZ 11.5.2005, 22). 395 391
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Dass eine einzelne ‚Heuschrecke‘ für die Zerstörung stehen kann, die ein ganzer Schwarm von Wanderheuschrecken verursacht, ist qua natura unlogisch, dies wird als solches im Diskurs allerdings nicht reflektiert. Im Folgenden wird das Kollektivsymbol als ‚Heuschrecke/n‘ bezeichnet, wobei die Markinerung auf die Verwendung als kollektiv geteilte Symbolik verweist und die Wortkompositas und Verwendungen im Singular und Plural inkludiert. Mit Ausnahme weniger Okkurrenzen wird in den ersten sechs Wochen der diskursiven Aushandlung immer auf Müntefering verwiesen, siehe u.a. Welt aS 1.5.2005, 3; FTD 2.5.2005, 13; taz 4.5.2005, 8; Die Welt 7.5.2005, 16; SZ 11.5.2005, 22; taz 2.6.2005, 1; SZ 27.5.2005, 40; Die Welt 30.5.2005, 11. Alexander Ziem definiert diese Erstverwendung dabei ebenfalls als Textsequenz mit Status eines Leittextes nach Teubert (1998, 148, Ziem 2008a, 394) und als diskurssemantische Grundfigur (Ziem 2008a, 41). Ziem beschreibt die ‚Heuschrecke‘ in diesem Kontext als „Referenzobjekt“ (Ziem 2008b, 111), das ein konkretes Bild evoziert. Die metaphorisch-bildliche Repräsentation erkläre die Bedeutsamkeit des Kollektivsymbols (ebd.). Ziem arbeitet in einer Korpusanalyse heraus, dass ein Drittel aller metaphorischen Verwendungen der ‚Heuschrecke/n‘ direkt auf ein Ereignis oder eine Handlung wie „fallen über Unternehmen her“ oder „schlachten diese aus“ bezogen sind. Dabei erscheinen die Prädikationstypen im wörtlichen, also nicht-metaphorischen Gebrauch ebenso häufig wie als Prädikationstyp Heu-
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Neben biologischen Verbfeldern gruppieren sich Kollektivsymbole aus der Kategorie Gewalt in den Diskursfragmenten: Die ‚Heuschrecke/n‘ „zerschlagen“ Firmen (Der Spiegel 9.5.2005a, 188), „bemächtigen sich“ Objekten (SZ 12.5.2005, 3), „vernichten“ Arbeitsplätze (taz 2.6.2005, 1), „[s]chlachten“ Unternehmen aus“ (Welt aS 8.5.2005, 37), „jagen“ aus Ämtern (SZ 22.6.2005, 25) und werden als „Befall“ (taz 2.6.2005, 1) bezeichnet.396 Diese Symbole aus der Kategorie Gewalt verortet das Opfermotiv der Arbeitnehmer_innen in einem Gefahrenszenario: „380 Jobs sind in Gefahr“ (taz 2.6.2005, 1). Die ‚Heuschrecke/n‘ werden als unzivilisierte und skrupellose Jäger und Räuber dargestellt (Welt aS 8.5.2005, 37; SZ 22.6.2005, 25; Welt aS 8.5.2005, 37). 397 Dieses Gefahrenszenario lässt sich als Verlust von Wohlstand, primär über den Verlust des Arbeitsplatzes sowie durch weitere finanzielle Defizite ausdifferenzieren. Analog zu den Gefahrenszenarien etabliert sich ein Opfermotiv. Dieses Opfermotiv präsentiert sich innerhalb zweier unterschiedlicher Erzählungen: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
a) Einerseits wird der Verlust der Arbeitsstelle als Einsatz für ein höheres, positives Ziel dargestellt. Der Gesamtgewinn für die imaginierte Gemeinschaft wiegt in solchen Fragmenten höher als die zwar tragischen, aber individuellen Konsequenzen. Die Menschen, die bei MTU in den vergangenen Monaten ihren Job verloren haben, werden wohl keinen Beifall klatschen. Doch zugeben müssen auch sie: [„der Heuschrecken-Investor“, M.U.] KKR hat die Transformation der MTU von der lästigen Konzerngesellschaft zum respektierten Börsenkandidaten lehrbuchmäßig hinbekommen (SZ 11.5.2005, 22). Diese Erzählung wird hauptsächlich von solchen diskursiven Akteuren im Diskurs positioniert, die ihrerseits als ‚Heuschrecke/n‘ tituliert werden. Entsprechend zielen diese Diskursfragmente auf die Verbesserung ihres Corporate Image ab, während ihre Gewinne als Bereicherung einer von ihnen visionierten Gesellschaft präsentiert sind:
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schrecke als Teil einer Entität oder als Teil eines Ereignisse oder einer Handlung (Ziem 2008b, 113). Ziem zeigt anhand einer Analyse der Prädikatorenklassen, dass bei der Herausbildung von Standardwerten bei der Prädikation von Heuschrecken besonders häufig erscheint, dass sie Unternehmen „abgrasen“ (zehnmal), „fressen“ (sechsmal), „über sie herfallen“ (dreimal), sie „kaputt machen“ (zweimal), sie „zerlegen“ (einmal) und „ausbluten lassen“ (einmal). Damit werden sie als gefährlich und bedrohlich konzeptualisiert (Ziem 2008a, 440). Ziem schlussfolgert entsprechend, dass sich „zerstören“ durch die hohe Token-Frequenz als Standardwert etabliert (ebd. 439). Ziem postuliert außerdem, dass die Heuschrecken als „unseriös“ und „aggressiv“ kodiert sind (FAZ 27.5.2005, 22; zitiert nach Ziem 2008a, 392).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Bei MTU haben wir stark in neue Produkte und Forschung investiert. (…) Das Positiv-Beispiel Wincor-Nixdorf ist nicht ihr einziges Investment. Was hat KKR den anderen Beteiligungen gebracht? (Welt 7.5.2005, 16).
b) Andererseits wird der Abbau von Arbeitsplätzen als Negativereignis visualisiert:
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Jegliche „Kapitalismuskritik“ wird in solchen Fragmenten zurückgewiesen: Kapitalismus erscheint nicht als krisenträchtig, sondern als Gewinn für die Gesellschaft. Das Agieren der ‚Heuschrecke/n‘ oszilliert in solchen Fragmenten zu einem Rädchen im Getriebe dieses ökonomischen Ideals.
Aber nicht mehr lange [existiert die Firma Linde Kälteanlagen, M.U.], denn jetzt ist das Unternehmen ein weiteres trauriges Beispiel für das, was passieren kann, wenn sich ein ausländischer Investor eines solchen Objekts bemächtigt. (…) Der [amerikanischen Konzern „United Technologies“, M.U.] will die Produktion ins billigere Ausland verlegen. 1.350 Arbeitsplätze wird das kosten, 300 davon in Köln. Für Sürth, wo ja auch die Zulieferer und die Geschäfte betroffen sind, ist das eine Katastrophe (SZ 12.5.2005, 3). Im Kontext einer solchen Narration wird die „Kapitalismuskritik“ zu einer Kritik an den globalen Märkten, am Outsourcing von Arbeitskräften und an der Schwächung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Ein negativer Begriff von Globalisierung wird auf diese Prozesse appliziert, wobei die Kräfte, die diesen Prozess befeuern, als internationale Macht kodiert sind. Müntefering äußert sich in diesem Sinne in einer Rede am 13.5.2005 in Berlin: Die international forcierten Profit-Maximierungs-Strategien gefährden auf Dauer unsere Demokratie. (...) Unsere Kritik gilt der international wachsenden Macht des Kapitals und der totalen Ökonomisierung eines kurzatmigen Profit-Handelns (FR 14.5.2005, 2). Wie in beiden Narrationen deutlich wird, sind nicht nur die Märkte, sondern auch die ‚Heuschrecke/n‘ als Bedrohung von Außen konzipiert: als „ausländischer Investor“ (SZ 27.5.2005, 40; SZ 12.5.2005, 3), als „Heuschrecke aus Übersee“ (taz 2.6.2005, 1) und vielerorts auch als US-amerikanischer Investor. Die ‚Heuschrecke/n‘ werden als fremd, gleichzeitig ortlos (Bild aS 17.4.2005, 5) und als übermächtig und unantastbar präsentiert, während Arbeitnehmer_innen ihnen gegenüber machtlos seien: Dort wurde eine „Heuschrecke“ aus Übersee aktiv. Beim Sanitärhersteller Grohe in Hemer steht nach der Übernahme durch US-Investoren ein massiver Stellenabbau bevor. Demnach soll jeder dritte der 4.500 Arbeitsplätze in
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Deutschland gestrichen werden. Die Arbeiter demonstrierten – mit geringen Erfolgsaussichten (taz 2.6.2005, 1).398
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Ausgebrütet habe eine „Spielart des Kapitalismus“ diese ‚Heuschrecke/n‘, die generell einen „verzerrten globalen Wettbewerb und zunehmende Auseinanderentwicklung zwischen Arm und Reich“ (FR 9.5.2005, 9) befördere. Diese Spielart wird als Globalisierung konkretisiert: Seit die Globalisierungswelle läuft, hat ein Teil der Wirtschaft erhebliche Vorteile und Gewinne aus der Globalisierung gezogen, insbesondere der Kapitalmarkt, aber auch jene Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Produktionsstätten an Orte auszulagern, an denen die Arbeit fast nichts kostet und an denen man auf die Umwelt keine Rücksicht zu nehmen braucht. Das führt zu einer unfairen Wettbewerbslage. So geraten regional gebundene Unternehmen – vor allem Klein- und Mittelbetriebe – sehr stark unter Druck, müssen teils aufgeben, zum Teil die Beschäftigungszahlen reduzieren und Tätigkeiten auslagern. Weltweit verbindliche Rahmenbedingungen fehlen (FR 9.5.2005, 9). Die ‚Heuschrecke/n‘ werden also vom „rauen Wind der Globalisierung“ (taz 3.5.2005, 1) ins eigene Land geblasen. Dieser Wind wird auch als „totale Ökonomisierung“ identifiziert, aus der fatale Folgen erwachsen (FR 14.5.2005, 2). Innerhalb dieses Opfernarrativs verlieren nicht nur die Arbeitnehmer_innen, auch die kooperierenden deutschen Unternehmen legitimieren ihre Handlungen als Sachzwang.399 Viktimisierende Erzählungen dominieren400 und Widerstand 398
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Ähnlich wird dies in einem Fragmente in der Süddeutschen Zeitung formuliert: „Hohn ist, um die Nomenklatur des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering zu benutzen, eine Heuschrecke. (…) [Er ist] Chef des Hedgefonds TCI und hat wesentliche Anteile an der Deutschen Börse gekauft. Und er wirkte federführend bei etwas mit, was zuvor noch keinem ausländischen Investor gelang: Bei einem Dax-Mitglied die Chefs von Vorstand (Werner G. Seifert) und Aufsichtsrat (Rolf E. Breuer) aus ihren Ämtern zu hebeln“ (SZ 27.5.2005, 40). „Damals gab DaimlerChrysler seine Triebwerkstochter relativ billig ab, denn der Autohersteller brauchte Geld für die Sanierung seiner Autosparte“ (BZ 11.5.2005, 9). Ein Beispiel wäre der Fall der Absetzung Werner Seiferts durch den Chef des Hedgefonds TCI (SZ 27.5.2005, 40). In diesem Artikel ist der Argumentationsaufbau von besonderer Relevanz: Statt einer chronologischen Darstellung der Ereignisse wurde eine viktimisierende Erzählung gewählt. So wird nicht der Übernahmeversuch des CEO der deutschen Börse Werner Seifert gegenüber der London Stock Exchange erwähnt, bei dem Seifert durch die Interventionen von TCI scheitert (Schwarz 2008, 14). Seifert erscheint durch diese Auslassung als Opfer. Die Absetzung von Seifert wäre ein Einmischen in innere Angelegenheiten und nicht legitim (SZ 10.5.2005, 1). Durch diesen Argumentationsaufbau kann vermieden werden, dass der deutsche CEO selbst als ‚Heuschrecke‘ tituliert wird. Dies geschieht an keiner Stelle im Datenkorpus – und lässt damit den Schluss zu, dass nicht ein Übernahmeversuch selbst das Kollektivsymbol motiviert, sondern andere Rahmenumstände als zentral zu setzen sind.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
wird eine geringe Erfolgsaussicht bescheinigt (vgl. taz 2.6.2005, 1). Verbildlicht wird die Viktimisierung durch Körpersymbole, die Übernahmen als gewaltsam und die Konsequenzen als schmerzhaft für deutsche Firmen oder Belegschaften bebildern und damit intuitiv verstehbar machen (vgl. SZ 22.6.2005, 25; SZ 12.5.2005, 3). Das Agieren der ‚Heuschrecke/n‘ auf dem Terrain der Globalisierung wird durch Symbole aus der Kategorie des Glückspiels veranschaulicht: Übernahmen sind als „größter Coup“ (FTD 2.5.2005, 13) identifiziert, ‚Heuschrecke/n‘ zeigen „eine glückliche Hand“ (SZ 11.5.2005, 22) und nutzen „die Gunst der Stunde“ (Welt aS 8.5.2005, 37) bei ihrem „Streben nach dem schnellen Euro“ (Welt aS 8.5.2005, 14), während sie auf schwankende Kurse „wetten“ (Welt aS 8.5.2005, 14). Ihr Vorgehen wird, äquivalent zum Glückspiel, als undurchschaubar und nebulös präsentiert, so „fädelten“ (Welt aS 8.5.2005, 37) sie Börsengänge ein und es wird gemunkelt, dass man nicht wisse, was „in welchen Teilen der Welt hin und hergeschoben“ (FR 11.5.2005, 15) werde. Als Motiv der ‚Heuschrecke/n‘ gilt ihre unstillbare Gier (taz 3.5.2005, 1; Welt aS 8.5.2005, 37),401 die trotz „exorbitanter“ (BZ 2.5.2005, 4) und „sprudelnder Gewinne“ (Taz 2.6.05, 1) nicht befriedigt werde. Eine moralische Verurteilung dieser Gier, die erst durch die Globalisierung ermöglicht wird, erfolgt im Rahmen von Verdienstbilanzen einzelner CEOs402 (Welt aS 8.5.2005, 14; Welt 30.5.2005, 11). Die Zahlen vergegenständlichen das Schwimmen der ‚Heuschrecken/n‘ in Geld, während die einfache Frau und der einfache Mann nach dem Verlust des Arbeitsplatzes als Hartz-IV-Bezieher_in die Zeit zu fristen haben (SZ 12.5.2005, 3). Hartz IV wird in solchen Diskursfragmenten zum Symbol des bedauerlichen Abstiegs. Während also die einen auf Kosten der anderen reicher werden, darben die Leidtragenden schwerer als je zuvor. Diesem Narrativ wohnt eine moralische Verurteilung der ‚Heuschrecke/n‘ – und nicht etwa von Hartz IV – inne. Unterstrichen wird die moralische Verurteilung durch die Gegenüberstellung von schnellen Deals (Welt aS 8.5.2005, 37; BZ 2.5.2005, 4) und langfristigen Folgen für das Wohlergehen von Arbeitnehmer_innen (taz 2.6.2005, 1) ebenso wie Mieter_innen (SZ 19.5.2005, 2).403 401
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Diese Subscriptiones greift auch ein an die „Moorhuhnjagd“ angelehntes Videospiel auf, deren Persona ein „entschlossen dreinblickender Franz Müntefering mit einer gewaltigen Waffe in der Hand“ ist, die „eine Comic-Heuschrecke mit Jackett und Krawatte, die mit gehässigem Blick Geldscheinbündel schwenkt“ (Spiegel 9.5.2005b) jagt. Die einfache Spielanleitung weist an: „Rette Deutschland vor den raffgierigen Heuschrecken“ (ebd., Herv. M.U.). Die US-amerikanische Bezeichnung CEO steht für Chief Executive Officer und bezeichnet geschäftsführende Vorstandsmitglieder. CEO ist in den Diskursfragmenten eine geläufige Abkürzung. „Wieder hat eine von SPD-Chef Müntefering als Heuschrecke verunglimpfte ausländische Investmentgesellschaft eine riesige Summe in Deutschland investiert. Für sieben Milliarden Euro
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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Was ist die Ernte der ‚Heuschrecke/n‘? Oder: Wie funktioniert Kapitalismus? Zum Fraß der ‚Heuschrecke/n‘ werden deutsche Unternehmen, aber auch Eigentum der öffentlichen Hand wie beispielsweise Wohnungsbestände (SZ 19.5.2005, 2). Die ‚abgegrasten‘ Unternehmen werden national kodiert.404 Um welche Unternehmen es sich konkret handelt, wird von diskursiven Akteuren kontextabhängig bestimmt.405 Welche und warum deutsche Unternehmen zur Ernte von ‚Heuschrecke/n‘ werden, wird unterschiedlich visualisiert: Zum einen werden Firmen als „wackelige Unternehmen“ (Der Spiegel 9.5.2005a, 188) bebildert, denen eine Übernahme als Rettung entgegenkomme. Zum anderen, und deutlich häufiger, werden die Unternehmen allerdings als „[s]olide mittelständische Unternehmen“ vorgestellt, die „gesund“ (SZ 12.5.2005, 3) und „profitabel“ (taz 2.6.2005, 1) gewesen seien. Diese würden nach Übernahmen dann sehr überraschend und in kürzester Zeit die Produktion einstellen, womit hunderte Arbeitsplätze vernichtet seien (u.a. SZ 12.5.2005, 3). Manche Unternehmen haben auch einen längeren Leidensweg: sie müssen die Kredite der ‚Heuschrecke/n‘ begleichen, hohe Renditeerwartungen erfüllen oder werden durch Sanierungsmaßnahmen „kaputtgespart“ (SZ 11.5.2005, 22). Während die Begriffe „Gewinnorientierung“ und „Rentabilität“ (BZ 11.5.2005, 9) für die Gier der ‚Heuschrecke/n‘ stehen, wird „harter Sanierungskurs“ (BZ 11.5.2005, 9) zum Legitimationsbegriff „unvermeidbarer Maßnahme“ (ebd.) auf Kosten der Belegschaft. Dass solche gesunden deutschen Betriebe von ‚Heuschrecke/n‘ abgeerntet werden können, wird mit der „Strukturkrise“ (Welt aS 8.5.2005, 12) begründet,
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kauft die britische Terra Firma vom Energiekonzern Eon 152.000 Wohnungen im Ruhrgebiet. Mieterschützer befürchten nun, dass die Mieten steigen werden“ (SZ 19.5.2005, 2). Oppenhäuser leitet diese Attraktivität für nationalistische Diskurse von der starken kulturellen Prägung aus der Bibel ab. So läge es nahe, Ägypten als das bedrohte Territorium auszutauschen (2006, 46). Der Focus zählt die Übernahmen von Celeanese, MTU, ATZ, Dynamit Nobel, Duales System und Pro7 als prominente Beispiele auf (FTD 2.5.2005, 13). Die Süddeutsche stellt Unternehmen wie Tank & Rast und Der Grüne Punkt als „bekannte Namen“ (SZ 22.6.2005, 25) vor. In der Welt wird die Flugzeug-Leasingfirma Debis AirFinance oder Wohnungsgesellschaften wie Gagfah ausgemacht (Welt aS 8.5.2005, 17). Auch werden Unternehmen erwähnt, die von Tochtergesellschaften US-amerikanischer Private-Equity-Gesellschaften gekauft wurden, wie bspw. die Deutsche Umwelt Invest AG, die Anfang 2004 das Duale System erwarb (taz 4.5.2005, 8). Manche Unternehmen, wie bspw. Linde Kältetechnik, werden nach den Übernahmen in detaillierten Reportagen mit ihren Produktionsreihen, ihrer Stellenkapazität und Standorten vorgestellt (SZ 12.5.2005, 3). Nach anderen Übernahmen rücken die Kämpfe der Arbeitnehmer_innen in den Vordergrund, z.B. die von streikenden Arbeitnehmer_innen des Sanitärhersteller Grohe (Die Welt 30.5.2005, 11).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
die die althergebrachte Marktwirtschaft gefährde, der die Bevölkerung wiederum ihren Wohlstand verdanke (Welt aS 8.5.2005, 1).
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Wie schützt man die eigene Ernte? Oder auch: Die Müntefering’sche „Kapitalismuskritik“ Das Kollektivsymbol ist in der Implementierungsphase unabdingbar mit der „Kapitalismuskritik“ der SPD verknüpft. In dieser „Kapitalismuskritik“ füllt die SPD Begriffe wie „Kapitalismus“ bzw. „Kapitalisten“406 semantisch neu und entleert sie der Inhalte, die üblicherweise (beispielsweise in materialistischer Kritik) befestigt werden.407 Die SPD reflektiert Kapitalismus dabei nicht als spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, sondern führt den Begriff als „Stigmawort“ (Knobloch 2007, 20) ein. Abstrahiert von der kapitalistischen Vergesellschaftung entsteht als zentraler Wissensaspekt die Dichotomie zwischen der „Macht des Kapitals“ und der Ohnmacht des kleinen Mannes und der kleinen Frau.408 Für die Letzteren bietet sich die SPD als Verbündete an (u.a. Bild aS 17.4.2005, 5), nicht zuletzt, indem sie sich selbst als ebenbürtig, da ebenso machtlos entwirft.409 Gleichwohl mobilisiert die SPD gegen die „Macht des Kapitals“ mit dem Entwurf einer neuen Ethik.410 Dieser Ethikentwurf definiert nicht Aspekte der Wirtschaftsordnung als fehlerhaft, sondern adressiert das (Fehl-)Verhalten individueller Entscheidungsträger_innen,411 die für eine Mehr406
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„Heuschrecken und Kapitalisten – seit Wochen schwelt der Streit um Arbeitsplatzvernichtung trotz sprudelnder Gewinne. Ausgewählte Fälle zeigen, dass auch an Rhein und Ruhr Jobs vernichtet werden, um die Renditeziele der Unternehmen zu verbessern“ (taz 2.6.2005, 1). Auch Knobloch (2007, 21) weist darauf hin, dass es eine Besonderheit ist, dass Kapitalismus als Begriff eine solch hohe Medienöffentlichkeit erreicht. Anschaulich wird dieses bspw. im Rahmen der Übernahme von ehemals bundeseigenen Wohnungsgesellschaften. Als diskursive Akteure treten dort „Mieterschützer“ auf, die steigende Mieten „befürchten“ (SZ 19.5.2005, 2). Ebenso konkret wird diese „Macht des Kapitals“ im Kontext solcher Übernahmen, die Sanierungsmaßnahmen in Form von Reduktionen der Arbeitsplätze nach sich ziehen und für die in entsprechenden Diskursfragmenten die „Macht des Kapitals“ direkt verantwortlich gezeichnet wird. Knobloch belegt für diese Entwicklung den Begriff der „Erzählung des machtlosen Staats“ (Knobloch 2007, 28). Er konterkariert diese Erzählung, indem er aufzeigt, dass selbst während der Kapitalismus-Debatte eine weitere Senkung der Körperschafts- und Erwerbssteuer erfolgt (ebd., 45). Die SPD kritisiert bspw. Josef Ackermann, den ehemaligen Chef der Deutschen Bank, indem sie ihm eine „Unternehmerethik“ attestiert, wenn er eine „Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zum Ziel erklärt und bei gewachsenen Gewinnen am selben Tag ankündigt, 6.400 Menschen zu entlassen.“ (taz 2.6.2005, 1) Andere diskursive Akteure verhandeln in ihrer „Kapitalismuskritik (…) wichtige ethische Fragen“ (SZ 12.5.2005, 3). Oppenhäuser sieht den Ethikentwurf direkt mit der symbolischen Personifizierung verknüpft (2006, 45).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
wertakkumulation persönlich haftbar gemacht werden (Bild aS 17.4.2005, 5).412 Die Personalisierung dieses Verantwortungsträgers orientiert sich dabei semantisch an der Anonymität und Gesichtslosigkeit der ‚Heuschrecke/n‘ bei Müntefering. Diskursive Akteure versuchen entsprechend eine (vermeintliche) Leerstelle zu füllen.413 Als Spielwiese dieser ethikfreien Individuen wird die Globalisierung entdeckt, die hier ihre „hässliche Fratze des Kapitalismus“ (SZ 12.5.2005, 3) zeige, oder als „Ära des Raubtierkapitalismus“ (Welt 14.5.2005, 10) konzeptioniert ist. Sie sind Signifikanten eines „arbeitnehmerfeindlichen Kapitalismus“ (Welt aS 8.5.2005, 30). Indem die SPD eine ökonomische Ethik entwirft und Kapitalismus als Problemfeld einführt, gelingt ihr die Ausblendung ihrer eigenen Verwebungen mit der kapitalistischen Vergesellschaftung: Der Dualismus zwischen Politik und (entglittener) Ökonomie strukturiert ihre „Kapitalismuskritik“. So wird es möglich, dass „die Kandidaten von SPD und CDU [jeden Tag erleben], dass sie gegenüber der globalisierten Wirtschaft genauso wehrlos sind wie ihre Wähler“ (SZ 12.5.2005, 3).414 Als Rationalisierung fordert die „Kapitalismuskritik“ einen Machtzuwachs für sich selbst, visiert jedoch keine Rückkehr zur „Deutschland AG“ an. Stattdessen sollen neue ökonomische Strategien die nationale Konkurrenzfähigkeit wieder herstellen.415 Strategisch werden hier die Begriffe Gewinnorientierung und Sanierung ebenfalls semantisch (neu) besetzt. Die politische Neujustierung der Symbolpolitik wird durch Kollektivsymbole der Kategorie Medizin expliziert, mit der Deutschland als erkrankter Körper visualisiert wird. Die SPD suche dabei nach einem neuen „Rezept“ (Der Spiegel 9.5.2005a, 190) und legt zweierlei Gesundungsstrategien vor: Zum einen gelte es, die Gewinnorientierung zu maximieren, zum anderen sind gesetzliche Grundlagen zur Regulierung und Überwachung von Fonds zu diskutieren.416 Seitens
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Diese Personifizierung bleibt nicht unumkämpft. In kontrastiven Diskurspositionen wird jedoch nicht die Personalisierung kritisiert, sondern die Ethikdiskussion als „[p]auschale Anschuldigungen gegen Unternehmer und Unternehmen“ (Welt 27.5.2005, 18) sowie „Kapitalistenbeschimpfung“ (Focus 9.5.2005, 3) interpretiert und damit diskreditiert. Neben indirekter Gesichtsverleihung durch die Heuschreckenlisten findet sich dieser Prozess auch wörtlich: „Die Heuschrecken haben ein Gesicht bekommen – Friedrich Merz“ (SZ 13.5.2005, 13). Etliche Diskursbeiträge ironisieren diesen Dualismus (u.a. taz 3.5.2005, 1). Für Knobloch führt die SPD einen Kampf um den „wahren Patriotismus“ (Knobloch 2007, 40), in dem es darum gehe, das „Nationale unter den Bedingungen der Globalisierung symbolisch zu rekonfigurieren“ (Knobloch 2007, 25). Dass es sich bei diesen Forderungen lediglich um vordergründige Debatten handelt, zeigt Knobloch anhand fehlender Gesetzesnivellierungen. In NRW sei bspw. kein Gesetz zur Veröffentlichung der Gehälter der Vorstandsmitglieder von 1000 börsennotierten Unternehmen verabschiedet worden, obwohl dies der Forderung entsprach. Zudem würde auch ein Verbot der kritisierten,
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Neben den inhaltlichen Aushandlungen um eine „Kapitalismuskritik“ wird auch die Symbolpolitik der SPD dezidiert behandelt. In den ersten Wochen distanziert sich mehr als die Hälfte der diskursiven Akteure von der Analogisierung ökonomischer Akteure als ‚Heuschrecke/n‘.417 Diese kontrastiven Diskurspositionen formulieren einerseits Kritik an der Pictura (a) und andererseits an den Subscriptiones (b). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ute Vogt wird auch ein Firmen-Boykott nahegelegt, sollte ein Unternehmen viele Menschen entlassen (FR 14.5.2005, 2). Beide „Rezepte“ werden als Lösung im Sinne der Arbeitnehmer_innen vorgestellt, mit der sich die SPD als handlungsmächtige Akteurin positioniert. Indem sie Arbeitslosigkeit, Übernahmen etc. als „Krankheit“ symbolisiert, lässt sich argumentativ leicht eine Medikation verordnen, die – gemäß der Schulmedizin – auf Symptombekämpfung ausgerichtet ist.
a) Kontrastive Positionen zur Pictura der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik Von hoher Relevanz ist anfangs die Kritik an der ‚Heuschrecke/n‘ aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur ‚Ungeziefer‘-Symbolik der Lingua Tertii Imperii, die bis dato außerhalb der Grenzen des Sagbaren verortet wird: Die ‚Heuschrecke‘ sei eine „brutale (…) Symbolik“ und „zu riskant, am Ende menschenverachtend?“ (Der Spiegel 9.5.2005b, 187). Michael Wolffsohn eröffnet die historische Perspektive auf die Lingua Tertii Imperii: 60 Jahre „danach“ werden heute wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt, die – das schwingt unausgesprochen mit – als „Plage“ vernichtet, „ausgerottet“ werden müssen. Heute nennt man diese „Plage“ oder „Heuschrecken“, damals „Ratten“ oder „Judenschweine“ (Rheinische Post 4.5.2005; zitiert nach FR 14.5.2005, 2). 418 Diese Aussage des als jüdisch markierten419 Historikers (Der Spiegel 9.5.2005b, 186) wird mit einem Zitat des damaligen Präsident des Zentralrats der Juden in
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angeblichen Bindung von Aktienkursen und Bezüge der CEOs keine Auswirkungen zeigen, da die Fonds lediglich die Interessen der Aktionäre vertreten (Knobloch 2007, 30). In den ersten drei Wochen erfährt Münteferings Analogisierung in etwa 65 Prozent der diskursiven Beiträge eine Kritik. Dabei formulieren ca. 50 Prozent der Beiträge eine ambivalente Position, in denen sowohl validierende als auch kontrastive Argumente präsentiert werden. Auch Michael Daxner benennt diese Anschlussstelle bei der ‚Heuschrecke/n‘ von Müntefering als „kollektive[s] Vorurteil ganz nahe an der diskursiven Oberfläche“ (2007, 161). Die Markierung als jüdisch ist insofern von Relevanz, da in postfaschistischen Diskursen oftmals Juden und Jüdinnen in agonalen Auseinandersetzungen um ihre Position zum Antisemitismus ersucht werden. Diese Anrufung geschieht unter den diskursiven Vorzeichen einer vermeintlichen ‚Antisemitismuskeule‘, nach der nicht-jüdische Personen eher der Gefahr einer Diskreditierung
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Deutschland, Paul Spiegel, kontrastiert: „Herrn Müntefering und der SPD Antisemitismus zu unterstellen, finde ich absurd“ (FR 9.5.2005, 9). Mit dieser diskursiven Strategie wird die Auseinandersetzung um die Lingua Tertii Imperii quasi zu einem innerjüdischen Disput. Zudem realisiert sich eine diskursive Verschiebung: Wolffsohn hatte keineswegs die Analogisierung als Detektor der Gesinnung Münteferings interpretiert, wie von Paul Spiegel entgegnet wird. Und hiermit manifestiert sich ein grundsätzlicher Unterschied zu den diskursiven Aushandlungen, wie sie noch in den 1980er-Jahren um die Ratten und Schmeißfliegen stattgefunden hatten (vgl. Kapitel 4.1): Die Akteure gehören einer späteren Generation an und die sozio-kulturellen Rahmenbedingungen haben sich grundlegend verändert (vgl. fünftes Kapitel). Dieser Neubewertung folgt auch der Sprachwissenschaftler Uwe Pörksen, da er pejorative Tiersymboliken nicht generell durch ihre historische Verwendung diskreditiert sieht. Symbolik besitze keine fixen Subscriptiones, stattdessen aktualisiere sich diese permanent in diskursiven Neuzuschreibungen: Wenn jemand ein Wort verwendete, das nach dem „Wörterbuch des Unmenschen“ aussah oder in der NS-Zeit tatsächlich gebraucht worden war, hielt man ihn für entlarvt. Tatsächlich ist das Wort keine so selbständige Größe, es erhält seine Bedeutung nicht nur aus seiner Geschichte, geschweige aus einer bestimmten epochalen Prägung, sondern ebenso sehr aus seinem aktuellen Gebrauch, durch den Sprecher, der es verwendet, und den Sinn, den er ihm in seinem konkreten Zusammenhang gibt. Es ist plastisch. Die starre Entlarvungstechnik ist Unfug (Der Spiegel 9.5.2005a, 188). Er kritisiert die diskursiven Auseinandersetzungen als „elendes, eingespieltes Spiel und vor allem insofern betrachtenswert, als das Gegenüber erstarrter Bilder von der Sache ablenkte, die zu verhandeln gewesen wäre“ (ebd.). Eine Neupositionierung zu pejorativer Symbolik erscheint ihm angebracht. Explizit von dieser Ausweitung nimmt Pörksen jedoch „Bilder von Parasiten, Maden, Ungeziefer [aus] und die zu ihnen gehörenden Tätigkeitswörter: ausmerzen, vertilgen, vernichten. Mit Recht gilt die Grenze vor dieser Sprachwelt als unüberschreitbar“ (ebd., 190).
ausgesetzt seien, bzw. jüdische Personen qua Identität vor dem Vorwurf gefeit seien. Dies führt u.a. zu der grotesken diskursiven Strategie politisch rechter Akteure, jüdische Personen zu zitieren, um bspw. eine Kritik an Israel formulieren zu können (Dietzsch/Schobert 2001). In den agonalen diskursiven Verhandlungen hatte sich auch der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zu Wort gemeldet und die Analogisierung als „sprachmächtige Bilder [die sich] verselbständigen“ (Spiegel 9.5.2005b, 186) können, bewertet. Diese Wortmeldung wurde jedoch im Diskurs nicht wieder aufgegriffen, während Wolffsohn oftmals zitiert wird.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Hans Magnus Enzensberger eröffnet ebenfalls eine historische Perspektive, wendet diese aber ironisch gegen Münteferings Symbolpolitik:420
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Nun haben sich zwar bekanntlich auch die Nazis nach Herzenslust aus dem Volksvermögen der Infamie bedient. Das Schlimme daran war nur, dass sie es ernst gemeint haben. Das aber muss sich Herr M. nun wahrhaftig von niemandem nachsagen lassen (Der Spiegel 9.5.2005b, 187). Enzensberger vertritt die These, dass Sprache erst über nicht-sprachliches Handeln zur Dehumanisierung beitrage, wobei er, im Gegensatz zu Bein, die legitimierende Rolle von Sprache zurückstellt (mehr hierzu vgl. Kapitel 3.2). Ein weiterer diskursiver Akteur erkennt hingegen ein dehumanisierendes Potential in der Analogie und reflektiert diskursive Beiträge als kodierten Antisemitismus: In der ‚Heuschecken-Liste‘ befinden sich einige jüdische Namen. Obwohl Müntefering selbst kein Antisemit sei, „öffnete er fahrlässig eine Flasche, deren Ungeist nicht beherrschbar ist und allzu oft Unheil anrichtete“ (Welt aS 8.5.2005, 12).421 Keinen kodierten Antisemitismus im Bezug auf die Nennung jüdischer Namen, sondern durch die strukturelle Ähnlichkeit von Münteferings „Kapitalismuskritik“ zur nationalsozialistischen Rhetorik gegen das Finanzkapital erkennt ein weiterer diskursiver Akteur. Durch die Verwendung eines Zitats aus Hitlers „Mein Kampf“ veranschaulicht der Autor die Übereinstimmungen zwischen der Stigmatisierung des internationalen Finanzkapitals unter nationaler Kodierung des Eigenen durch Müntefering und der nationalsozialistischen Propaganda gegen das „Finanzkapital“ (FR 7.5.2005, 9). Dieser Parallelisierung wird jedoch ein oberhalb des Leserbriefs abgedruckter weiterer Leserbrief entgegengehalten. Während die Nazis für ihre Charakterisierung der Juden eine real nie existente biologische Rasse entwarfen, die dann als minderwertig von den Herrenmenschen getrennt und dann vernichtet werden konnte, kritisiert Müntefering Teile eines Berufsstandes. Auf dieser Basis kann sein Vergleich nie rassistisch, sondern nur biosoziologisch interpretiert werden: Es geht nicht um das Taxon Heuschrecke, sondern um den Lebensformtyp, um die parasitäre Lebensweise derer, die ernten, wo sie nie gesät haben (FR 7.5.2005, 9).
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Auch Paul befindet die Analogisierung lediglich als freundliche Beleidigung und sieht die „Kapitalismuskritik“ weit von einer Jagd auf „asoziale Marktradikale“ entfernt (Paul 2005, Abs. 1). Eben diese antisemitische Konnotation erkennt der Autor auch in der Mitgliederzeitschrift IG Metall: „Sensible Beobachter fühlten sich an Deutschlands schlimmste Zeit erinnert. Da wurden ‚Volksschädlinge‘ und ‚Ausbeuter‘ vorgeführt, jüdische Namen denunziert“ (Welt aS 8.5.2005, 12). Mehr zu der Ausgabe metall 2005 vgl. Kapitel 4.3.
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Diesem Beitrag zufolge enthält die Dehumanisierung durch die pejorative Analogisierung also keine problematischen Aspekte, da sie sich auf „Teile eines Berufsstandes“ beziehe. Dass es sich hier ebenso um eine soziale Konstruktion handelt, die mit Eigenschaften ausgestattet wird und der Handlungsrationalitäten angeschlossen werden, wird nicht wahrgenommen. Stattdessen sei die Symbolisierung dieser target domain unproblematisch und damit gerechtfertigt. Bei den Auseinandersetzungen um die Pictura der Symbolisierungen handelt es sich jedoch nur um wenige Diskurspositionen, die spätestens nach drei Wochen ganz verstummen. Entsprechend verschieben sich die Grenzen des Sagbaren: Die alten Grenzen werden als antiquiert und populistisch porträtiert und damit negiert:
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
[E]s traten auch die Hüter des politischen Anstands auf den Plan und erinnerten alle Beteiligten pflichtgemäß an die schlimme Vergangenheit, die bekanntlich immer noch in der deutschen Seele rumort. Damit gelang es ihnen, den Sturm im Wasserglas weiter zu steigern (Der Spiegel 9.5.2005, 19). Die bisherigen Grenzen des Sagbaren werden als zu starr und die historischen Debatten als überholt beziehungsweise ideologisch motiviert diskreditiert.422 b) Kontrastive Positionen zu den Subscriptiones Die Analogie zwischen Finanzinvestoren und Heuschreckenschwärmen ist in der Implementierungsphase Teil der „Kapitalismuskritik“ Münteferings. Da sich die Parteien im April und Mai 2005 im Wahlkampf befinden, nutzen diverse diskursive Akteure kontrastive Beiträge, um die SPD als nicht regierungsfähig, sich selbst hingegen als potente Akteure zu positionieren. Guido Westerwelle (FDP) folgt dieser Strategie und beschuldigt Müntefering, sich mit einem solchen Programm in „Zeiten der Massenarbeitslosigkeit“ (SZ 18.4.2005, 1) für die Führung einer Regierung zu diskreditieren. Warum die „Kapitalismuskritik“ der SPD nicht regierungsfähig sei, wird mit zwei unterschiedlichen Deutungen begründet: Die Verantwortung der SPD Uwe Pörksen bezieht sich in seiner Kritik an der Symbolpolitik auf das Opfermotiv in der „Kapitalismuskritik“ der SPD. Nicht die Natur, sondern die politische Deregulierung habe die Rahmenbedingungen für die ökonomische Liberalisierung geschaffen (Der Spiegel 9.5.2005a, Abs. 190; Welt 30.4.2005, 1). Seit 1998 zeige die SPD ein kapitalmarktfreundliches Verhalten und habe 2003 selbst Hedgefonds zugelassen sowie durch die Senkung der Besteuerung der Unter422
Innerhalb der politischen Linken dauern die Aushandlungen an (vgl. Kapitel 4.3), interdiskursive Verknüpfungen verwirklichen sich nichtsdestotrotz fortan selten.
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nehmensgewinne das Anlagekapital quasi in die Fonds gedrängt (FAZ 18.5.2005, 16; SZ 3.5.2005, 2; Der Spiegel 9.5.2005b, 19). 423 Nun den „Volkszorn auf (…) gewissenlose Parasiten“ (Welt aS 8.5.2005, 12) zu lenken, sei eine „Ausflucht“ (ebd.) der SPD vor ihrer eigenen Verantwortung. 424 Neben der Deregulierung durch die SPD werden die Geschäfte des Bundes beleuchtet: „[A]usgerechnet der Bund [hatte] einige der Firmen an die Investoren verkauft“ (SZ 22.6.2005, 25).425 Außerdem werden als die „großen Jobkiller“ (Welt aS 1.5.2005, 3; BZ 2.5.2005, 4) die Telekom, die Deutsche Post und Lufthansa ausgemacht. An all diesen sei bemerkenswerter Weise der Bund beteiligt. Angela Merkel springt auf diesen Zug auf und verkündet das Scheitern der „ReformPolitik“ der SPD (FR 9.5.2005, 9), nicht jedoch aufgrund der Deregulierung, sondern weil sie nicht „wirtschaftsliberal“ genug agiere. Schlussendlich wird die Symbolpolitik der SPD auch als „kurzweilig“ (Der Spiegel 9.5.2005b, 19) und „konsequenzfrei“ (Der Spiegel 9.5.2005b, 136) diskreditiert. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Die alternative Deutung der ökonomischen Vergesellschaftung Die „Kapitalismuskritik“ Münteferings erfährt selbst innerhalb der SPD keine ungeteilte Zustimmung. Der damalige Fraktionsvize Ludwig Stiegler relativiert die Kritik an den Fondsgesellschaften und internationalen Investoren: „es gebe unter den Firmen auch Nutztiere“ (BZ 2.5.2005, 4). Als Nutztiere im weiteren Sinne werden Fonds auch von anderen diskursiven Akteuren verstanden: Erstens förderten sie die deutsche Ökonomie, da sie Eigenkapital (Welt aS 8.5.2005, 37; Welt aS 1.5.2005, 3) investieren. Die Profitmaximierung der Fonds wird im Sinne guter Eltern dargestellt, die ihr Erspartes zur Förderung eines Anderen verwenden. Hier greift zumeist auch die bereits oben explizierte Sach423
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Im Diskurs wird auch darauf hingewiesen, dass die „Bundesregierung (…) die spekulativen Fonds vor einem Jahr auch für deutsche Anleger zugänglich gemacht“ (SZ 22.6.2005, 25) habe. Die Süddeutsche zitiert die New York Times, in der Münteferings „Kapitalismuskritik“ so zusammengefasst wird, dass er ausländische Investoren für deutsche ökonomische Missstände in Verantwortung ziehe (SZ 13.5.2005, 4). Als Beispiel für die Bigotterie der SPD werden die Verkäufe der Wohnungsbestände des Bundes angeführt: „Münteferings Liste der Private-Equity-Branche ist übrigens keineswegs vollständig. Es fehlen zum Beispiel die Namen der US-Firmen Fortress und Cerberus. Fortress hat erst kürzlich eine der größten deutschen Wohnungsbaugesellschaften, die Gagfah, gekauft. Verkäufer: die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, also der Bund. Cerberus hat in Berlin die Wohnungsgesellschaft WSG und Teile der Degewo gekauft. Verkäufer: der Senat. Hat Rot-Grün also 82 000 Mieter den Heuschrecken preisgegeben, hat Rot-Rot fast 70 000 Mieter im Stich gelassen? Auch die Berliner Wasserbetriebe sind nach diesem Geschäftsmodell privatisiert worden“ (BZ 2.5.2005, 4). Auch die Geschäfte des damaligen Finanzministers Hans Eichel werden zum Politikum. Seit Jahren verkaufe dieser „Aktien der Post und der Telekom […] ohne den Unternehmen auch nur einen Cent zu überlassen“, insofern sei „der deutsche Staat die fetteste Heuschrecke von allen“ (Die Welt 30.4.2005, 1).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
zwanglogik: Die übernommenen Firmen hätten vorher unter Geldmangel gelitten und ihnen wäre ohne die Investoren nur der Weg über Kredite und damit Zinszahlungen möglich gewesen. Das Zuhilfekommen in der Zwangslage rechtfertigt insofern, dass die übernommenen Unternehmen ihre eigenen Erträge für die Kredite der Investoren einsetzen, indem sie die höheren Zinsaufwendungen beibringen. Zweitens unterziehen die Investoren das übernommene Unternehmen „einer ökonomischen Fitnesskur“ (Welt aS 8.5.2005, 37; Welt 7.5.2005, 16). Vor allem Kollektivsymbole aus der Kategorie Sport/Fitness plausibilisieren kontrovers diskutierte Maßnahmen einer Gesundung. Werden Arbeitsplätze abgebaut, geschieht dies zum Beispiel zeitgleich mit der Erhöhung der „Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen“ (Welt 7.5.2005, 16). Dadurch würden, so drittens, die Fondsgesellschaften die Unternehmen keineswegs „abgrasen“ und „weiterziehen“, sondern die „Kur“ lasse die Unternehmen im Idealfall „gestärkt“ (Welt aS 8.5.2005, 37) zurück. Diese „Stärkung“ entspricht „wertsteigernde[n] Maßnahmen“ (Welt 7.5.2005, 16), die beispielsweise über den Aktienkurs gemessen werden könnten. 426 Die Besetzung des Begriffs „Wachstum“ (Welt 7.5.2005, 16; Welt aS 1.5.2005, 3) nimmt eine zentrale Rolle in der Befürwortung von Beteiligungen durch Private-EquityInvestoren ein. Das Verhältnis der Fondsgesellschaften zu den Unternehmen wird dabei als „Partnerschaft“ (SZ 22.6.2005, 25) visualisiert, aus der die Firmen gestärkt hervorgingen. Hierbei konnotiert „Partnerschaft“ ein einvernehmliches Übereinkommen, in dem beide Parteien ihre Interessen vertreten. Proteste, zum Beispiel seitens der Belegschaft, können über die Besetzung dieses Begriffs zurückgewiesen werden. Die Fondsgesellschaften unterstützen entsprechend nur „das Unternehmen bei seiner Wachstumsstrategie (…). Wachstum ist die Basis unseres Denkens“ (Die Welt 7.5.2005, 16). Viertens seien Fondsgesellschaften und übernommene Unternehmen keine „Jobkiller“, vielmehr sichern und schaffen sie Arbeitsplätze (Focus 9.5.2005, 3). Den Fondsgesellschaften gehörten zusammen „rund 5000 Firmen in Deutschland, die über 400.000 Menschen Arbeit bieten“ (Welt aS 1.5.2005, 3). Damit schaffen sie sogar Arbeitsplätze in Zeiten, in denen „die meisten Wettbewerber“ (Die Welt 7.5.05, 16) Arbeitsplätze abbauten. Die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und nicht die Arbeitsbedingungen werden somit zum Bewertungskriterium schlechthin. Investoren seien daher nicht als „asozial“ oder „marktradikal“ zu bezeichnen (Focus 9.5.2005, 3). Marktradikalität erhält selbst in wirtschaftlibera-
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Dieser Logik folgt ein Autor in der Welt: Wincor, ein Unternehmen, dessen Übernahme Anfang Mai 2005 häufig diskutiert wird, „zählte 2004 zu den wenigen erfolgreichen Börsengängen, seither liegt die Aktie 70 Prozent im Plus“ (Welt aS 1.5.05, 3).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
len Diskursbeiträgen den Status eines Stigmaworts, dem gegenüber sich die diskursiven Akteure abzugrenzen bemühen.427 Schlussendlich, und damit fünfter Punkt, würde die „Kapitalismuskritik“ mit einer begrifflichen Unschärfe dem Charakter der Fondsgesellschaften nicht gerecht: Die Trennlinie zwischen Hedgefonds und Private Equity sei in der „Kapitalismuskritik“ „verwischt“ (Welt aS 8.5.2005, 37). Auch würden Hedgefondsgesellschaften nie die ganze Kontrolle von Unternehmen übernehmen (SZ 22.6.2005, 25). Schließlich würde die „Kapitalismuskritik“ dem „langfristigen Geschäft [vieler Investoren] nicht gerecht“ (Welt aS 8.5.2005, 37). Sie würden schlichtweg verantwortungsvoll das Geld „für Pensionäre in den Vereinigten Staaten und Europa“ (Welt 7.5.2005, 16) verwalten.428 Mehrheitlich handelt es sich bei dieser Darstellung der Investoren als „Nutztiere“ um diskursive Positionen des wirtschaftsnahen Focus, der Welt und der Berliner Zeitung. In ihren Diskursfragmenten werden Handlungsrationalitäten jenseits einer „Kapitalismuskritik“ entworfen.429 Respektive solle sich die Politik „zweckrational“ (Welt aS 8.5.2005, 12) verhalten, damit ein „starker Staat“ nicht den „Standort Deutschland“ (ebd.) bedrohe. „Wachstum“ sei weiter zu fördern (Focus 9.5.2005, 3), um Deutschland als Wachstumsschlusslicht in Europa auszulösen (SZ 12.5.2005, 3). In diesem Sinne müssten Investitionen ermöglicht und Entbehrungen, wie beispielsweise eine Senkung der Löhne, hingenommen werden, denn „das würde uns ganz gut tun“ (SZ 12.5.2005, 3). Mit „uns“ wird der Standort Deutschland adressiert, dessen „Wachstum“ als Gewinn des Kollektivs präsentiert wird. Ebenso wie in der „Kapitalismuskritik“ werden auch hier die Handlungsrationalitäten als im Interesse der Arbeitnehmer_innen legitimiert.
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Auch andere diskursive Akteure bestätigen diese Darstellung der ökonomischen Analysen, wie bspw. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten: „empirische Untersuchungen über die Auswirkungen von Private Equity (…) zeigen, dass Private-Equity-finanzierte Unternehmen (…) überdurchschnittlich wachsen, mehr Arbeitsplätze schaffen und einen höheren Anteil von F&E Investitionen aufweisen“ (Schwarz 2008, 16). Als Reaktion auf diese vermeintliche Verkennung der Fonds durch die „Kapitalismuskritik“ äußerte Thomas Pütter, Vorstandschef des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften, zukünftig mehr Gewicht auf das Marketing legen zu wollen: „Wir nehmen die Heuschrecken-Liste als Hinweis darauf, daß unsere Branche die Öffentlichkeit nicht genügend über den Sinn und Zweck von Private Equity aufgeklärt hat“ (Welt 8.5.05, 37). Die „Kapitalismuskritik“ wird hier grundsätzlich diskreditiert: Sie verkenne den normalen Vorgang der Marktwirtschaft (Welt 30.4.2005, 1), argumentiere „realitätsfremd“ (ebd.), „dreist und dumm“ (Focus 9.5.2005, 3) und drohe, in den deutschen Irrationalismus zurückzufallen (Welt aS 8.5.2005, 12).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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4.2.2
Resümee: Zur Verschiebung der Grenzen des Sagbaren
Angestoßen durch die von Franz Müntefering verwendete Heuschreckensymbolik bildeten sich 2005 in kurzer Zeit Pictura-Subscriptiones-Relationen aus, die im Kontext einer „Kapitalismuskritik“ positioniert sind. Kontrastive Diskurspositionen, in denen historische Perspektiven auf die Vernichtungsimplikationen einer ‚Ungeziefer‘-Symbolik in der Lingua Tertii Imperii eröffnet werden, verschwinden innerhalb weniger Wochen aus dem massenmedialen Diskurs. Die hegemonialen Zuschreibungen an Ungeziefer-Symbole verändern sich: Einerseits gelten diese Symbolisierungen nicht mehr als „Detektor einer Gesinnung“, andererseits werden die Grenzen des Sagbaren als antiquiert abgelehnt und damit zur Disposition gestellt. Das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ wird nicht (mehr) als ‚Ungeziefer‘-Symbolik interpretiert und damit legitimiert. In der deutschen politischen Kultur verschieben sich entsprechend die Grenzen des Sagbaren. Die ‚Heuschrecke/n‘ werden in der Symbolpolitik der SPD zum Icon einer „Kapitalismuskritik“. Die Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘ transportieren entsprechend eine Deutung ökonomischer Prozesse mit der sich die Politik als handlungsmächtige Akteurin im Interesse der Arbeitnehmer_innen darzustellen sucht. Die Differenzsetzung zwischen Ökonomie und Politik ist für die Handlungsrationalität strukturgebend. Als übergeordneter Rahmen für die Rationalisierungen wird die (Struktur-)Krise gesetzt, die durch einen entfesselten Kapitalismus und eine personalisierte „Macht des Kapitals“ konkretisiert wird. Die ‚Heuschrecke/n‘ stehen somit gleichsam für die Option auf einen regulierbaren Kapitalismus wie für die Möglichkeit der Haftbarmachung von Verantwortungsträgern der Deregulierung.430 Sowohl in affirmativen wie in kontrastiven Diskursfragmenten wird innerhalb der Logik des Kapitals und der Mehrwertakkumulation argumentiert und Wachstum als zentrale Handlungsrationalität besetzt. Noch während sich abzeichnet, das die „Kapitalismuskritik“ der SPD scheitert, schlüpft das Kollektivsymbol aus diesem Frame wie aus einem alten Kokon und wird fortan flexibel in diversen Zusammenhängen applizierbar. Die ‚Heuschrecke/n‘ besetzen dabei unter anderem die Erklärungen eines neuerdings erklärungswürdigen Phänomens: der Beteiligungsgesellschaften, die pars pro toto für negative Konsequenzen profitorientierten Handelns stehen.431 Durch die 430
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Oppenhäuser kommt zu einem etwas anderen Ergebnis und begreift die ‚Heuschrecke/n‘ als metonymisch zum kapitalistischen Prinzip der Profitmaximierung (2006b, 22). Schwarz expliziert, dass 2003 und 2004 Themenaspekte wie Erläuterungen zur Arbeitsweise von Private-Equity (PE)-Gesellschaften sowie Einführungen zu Arbeitsweisen dominieren, sie jedoch erst durch die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik zu einem zentralen Thema werden. Artikel über Maßregelungen wie das PE-Gesetz vervielfältigen sich vom Jahr 2005 von zwei auf 24 im Jahr 2006
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Subscriptiones werden abstrakte Prozesse als Ausdruck einer neurotischen Motivation, wie übermäßiger Gier, verstehbar. Dass der Kapitalismus aus dem Ruder geraten ist, bleibt selbst in kontrastiven Diskursfragmenten unbestritten. Gegen diese Entgleisungen helfe eine neue Ethik, die nicht den Kapitalismus zu überwinden gedenkt, sondern einen langfristigen ökonomischen Gewinn für alle gesellschaftlichen Akteure verspricht.432 Es geht in der Ethik um die semantische Besetzung von Begriffen wie Wertorientierung, Sanierung und Demokratie. Gemeinsam verfolgen kontrastive und affirmative Diskurspositionen eine Strategie der Rentabilität beziehungsweise des national kodierten Wachstums. Durch die Differenzsetzung zwischen Politik und Ökonomie wird die Position der Politik gestärkt, da sie sich vor einem Bedrohungsszenario seitens ausländischer und insbesondere US-amerikanischer Investoren zu behaupten vermag (Leggewie 2005, 101f.).433 Nicht die Beteiligung eines Investors mobilisiert also die Titulierung als ‚Heuschrecke/n‘, es bedarf der Konstellation von fremden Investoren kontra deutsche Unternehmen. Andere Lesarten einer krisenhaften Ökonomie bleiben in den diskursiven Aushandlungen unterrepräsentiert und werden unter der Vorwegnahme ihrer Unattraktivität diskreditiert bzw. nicht zuletzt semantisch vereinnahmt.434. Diese Vereinnahmung zeigt sich allem voran im Begriff „Kapitalismuskritik“. 435 Dass dazu nicht nur die SPD in der Lage ist, stellt Heiner Geißler unter Beweis: Die CDU darf nicht in die Falle der SPD hineinlaufen. (….) Stattdessen muss sie selber eine substantielle Kapitalismuskritik vortragen. Die muss anders als jene von Müntefering ausfallen, der ja nur Symptome geißelt, aber nicht auf die Ursachen zu sprechen kommt (FR 14.5.2005, 2).
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(Schwarz 2008, 89). Als direkte Vorlage für die „Kapitalismuskritik“ benennt er die breit problematisierte Übernahme von Grohe (ebd., 14). Knobloch erhebt aus seinem Datenkorpus, dass auch die CDU eine Kritik an einer ‚Gier‘ in ihrer Wertediskussion präsentiert (2007, 22f.). Wirtschaftsliberale Akteure sehen in diesem Bedrohungsszenario die Basis für das Entstehen einer neuen Terrorismusbewegung, die Unternehmer aus dem Weg räumen will, wie es in den 1970er- und 80er-Jahren die RAF mit politischen Entscheidungsträgern intendierte (FAZ 1.5.2005, 22). Gleichwohl wird in der Implementierungsphase des Kollektivsymbols über die Kämpfe der Belegschaften bei übernommenen deutschen Unternehmen berichtet oder ausgefallene Produktionsreihen der Unternehmen vorgestellt, die zuvor – mit großer Wahrscheinlichkeit – keine mediale Öffentlichkeit erlangt hätten. Knobloch identifiziert die „Kapitalismuskritik“ als Versuch, eine erstarkende politische linke Kraft „semantisch zu enteignen“, indem sie in einem „rhetorischen Überholversuch“ (Knobloch 2007, 21) an ihr vorbeizieht.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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4.2.3
Die Longue-durée der Krisen
Die SPD verliert bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai mehr als fünf Prozent ihres Stimmanteils, die Symbolpolitik der „Kapitalismuskritik“ war damit wie vom Tisch gefegt. ‚Heuschrecke/n‘ frequentiert jedoch weiterhin die auflagenstarken Medien.436 Dies ist möglich, da sich die Symbolik aus seinem anfänglichen diskursiven Kontext löst und nun diverse neue diskursive Akteure ihre partikularen Deutungen und Handlungsrationalitäten mit der ‚Heuschrecke‘ versinnbildlichen. Dabei sind über die acht Jahre des Untersuchungszeitraums die Wissensaspekte in den Subscriptiones niemals fixiert, manche Zuschreibungen verfestigen sich allerdings, während andere konflikthafte Aushandlungen ausgesetzt sind. Das Kollektivsymbol erfreut sich einer multidimensionalen Beliebtheit. Die diversen figurativen, grafischen und textlichen Ausgestaltungen variieren in den Zeitschriften, Zeitungen, Journalen und anderen Medien: oftmals sind sie in humorvollen, aber auch in tragischen, dramatischen oder ironischen Überschriften präsent, mal versuchen sie zu polemisieren, mal fungieren sie als Inszenierungen von Aspekten der Tagespolitik oder sie sorgen bei Protesten von Belegschaften für eine intuitive Verstehbarkeit des Anliegens und der Bedrohungslage. Aufgrund dieser Varianz überrascht es nicht, dass die ‚Heuschrecke/n‘ sich ebenso im Feuilleton, im Kultur- und Sportteil sowie den Politik- oder Wirtschaftsseiten tummeln (vgl. Kapitel 6.3). Manche diskursiven Ereignisse schreiben sich in die Subscriptiones ein, während andere Aspekte über die Jahre in den Handlungsrationalitäten verloren gehen. An Beliebtheit verliert die Symbolik der ‚Heuschrecke‘ jedoch über die Jahre kaum. Im Folgenden werden die Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘ auf fünf Dimensionen analysiert, die sich analog zu der Gliederung im vorangegangenen Unterkapitel auffächern:437 Wer wird zur ‚Heuschrecke‘ und welche Wissensaspekte lassen sich über diese justieren? Wie werden ökonomische und politische Prozesse versinnbildlicht? Welche Krisenszenarien werden mit der ‚Heuschrecke‘ entworfen? Wie wird das Verhältnis zwischen Politik und ökonomischen Akteuren stilisiert? 436
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Ab Juni 2005 wird lediglich in vier Fällen auf die Äußerung Münteferings verwiesen. Dies geschieht zweimal über einen Verweis auf Münteferings „Kapitalismuskritik“, also den diskursiven Kontext, die anderen beiden Male ist die Heuschrecke in Anführungszeichen gesetzt und als Zitierung markiert. Regionale Besonderheiten und einzelne diskursive Ereignisse treten hinter einer Rekonstruktion genereller Deutungsmuster, Zuweisungen und Handlungsrationalitäten zurück.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Welche Kritik findet sich nach der Absage an die „Kapitalismuskritik“ noch in den Subscriptiones?
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Wer wird zur ‚Heuschrecke‘ und welche Wissensaspekte lassen sich über diese justieren? Statt wie in der Müntefering’schen „Kapitalismuskritik“ als zerstörerische Heuschreckenschwärmen ein Bild für anonyme Personen aus der Finanzwelt (Bild aS 17.4.2005, 3) abzugeben, werden ab Juni 2005 Private-Equity-Gesellschaften, Hedgefonds, CEOs als ‚Heuschrecke‘ symbolisiert und damit ihr schädliches Handeln auf ein Bild gebracht. Bereits ein halbes Jahr nach Münteferings Äußerung reflektiert die Financial Times Deutschland die Verwendung von ‚Heuschrecke/n‘ gar als „Namen“, mit dem „neuerdings Finanzinvestoren bedacht“ werden, die sich in deutsche Unternehmen einkaufen und diese „[k]ahl fressen und weiterziehen“ (FTD 9.11.2005, 218). Und selbst fünf Jahre später bilanziert die Süddeutsche Zeitung, dass die ‚Heuschrecke‘ vom „Unwort“ zur „treffsichere[n] Metapher“ (SZ 19.1.2010, 9) avanciert sei.438 Das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ wird im Diskurs multimodal umgesetzt. Figurative Ausgestaltungen sind beliebtes Motiv auf Titelseiten und in farbigen Gestaltungen. Im Vordergrund steht das Motiv der Bedrohung, das auf Titelseiten in Gestalt des zerstörerischen, gleichförmigen Schwarms (Abb. 23; Abb. 24; auch Abb. 25; Abb. 26) oder einer Übermacht (Abb. 27; Abb. 28; Abb. 29; Abb. 30) umgesetzt wird. Diese bedrohliche Übermacht wird durch eine übergroße Figuration visualisiert: Während Der Spiegel durch eine selbst zur Stadt gewordenen Riesen-Heuschrecke, die Godzilla-gleich eine andere Stadt verwüstet, die zerstörerische Macht von Gier auf ein national kodierten Opfer abbildet, 439 wählt die taz eine subtilere Form der Bedrohung: Auf einem Röllchen Euroscheine sitzt eine Heuschrecke und richtet ihren Insektenkopf in Richtung Objektiv (Abb. 31).440 Diese figurativen Ausgestaltungen der Potenz einer einzelnen ‚Heuschrecke‘ inkarnieren diverse Bedrohungsaspekte durch die Finanzmärkte und lösen damit das Ursprungsbild des zerstörerischen Heuschreckenschwarms ab. Durch diese Figurationen wird ein Topos visualisiert, der 438
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Das Kollektivsymbol gilt nicht nur als Name oder Metapher, sondern auch als „Etikett“ (SZ 31.3.2010, 30) oder als gebräuchliche Bezeichnung für „Consulting-Fuzzi (…) Bankster und Hedgefonds-Manager (vulgo: Heuschrecken)“ (SZ 27.11.2012, 31). „Die Gier des großen Geldes. Finanz-Investoren greifen nach deutschen Unternehmen“ (Der Spiegel 18.12.2006, 1). Ein ähnliches Motiv findet sich auch als Logo der Kampagne gegen den Verkauf von Bundesanteilen der Bahn AG (vgl. Kapitel 4.3, Abb. 35; Abb. 36). Hier besitzt eine einzelne figurative ‚Heuschrecke‘ die Potenz, einen Zug aus seinem Gleisbett zu reißen (Abb. 36) oder die Deutsche Bahn AG, stellvertretend durch ihr Logo verbildlicht, zu zerbrechen.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
durch eine belastete Tradierung nah an den Grenzen des Zeigbaren liegt: das Antlitz des Kapitalisten. Dem Stereotyp des schmerbäuchigen Mannes im Anzug, der sich auf einem Geldsack fläzt, haftet die antisemitische Verzeichnung des ‚jüdischen Kapitalisten‘ an (zum historischen Topos vgl. Kapitel 2.4; zu aktuellen Visualisierungen 4.3). Ein Moment der ikonischen Wiedererkennung in den aktuellen Symbolisierungen bildet der Anzug (Abb. 23; Abb. 29; Abb. 32; Abb. 33; Abb. 34), der zuweilen noch durch Sekundärattribute wie Aktentasche und Geldscheine (Abb. 29; Abb. 34) komplettiert wird. Eine Personalisierung abstrakter Verhältnisse realisiert sich beispielsweise über eine grafische Verschmelzung von source und target domain: Anzugträgern (z.B. als Maskerade auf Protestaktionen oder Bildmontagen) wachsen lange Fühler auf der Stirn, während sie durch Bildüberschriften als „Finanzjongleure“ auszumachen sind (Abb. 20). Eine andere Variante der figurativen Verschmelzung ist die bildliche Personalisierung der ‚Heuschrecke‘, die vor allem von der Qualitätspresse eingesetzt wird: Unter der Überschrift „Heuschrecke im Blitzlichtgewitter“ (SZ 17.3.2009, 5) identifiziert beispielsweise ein Foto den Investmentbanker Christopher Flowers in Anzug und Krawatte und mit Aktenkoffer als ebensolches Insekt. Diese Verschmelzung von textlichen Zuweisungen und grafischen Abbildungen, von Tier und Investor, erlaubt beispielsweise eine Malträtierung des ‚Tieres‘ als Ausdruck einer Kritik an den Finanzmärkten oder konkreten Übernahmeversuchen: So kann eine ans Kreuz geschlagene ‚Heuschrecke‘ auf einer Demonstration zwar die Vernichtung des Gegners verbildlichen, sie umgeht dabei aber den Vorwurf der Beleidigung oder menschenverachtenden Darstellung (Abb. 37). Somit eröffnet die Symbolik mannigfache Ausgestaltungen von Handlungsrationalitäten. Und da weder das Tiersymbol noch die spezifischen Sekundärattribute, die auch allgemein auf Geschäftsmann verweisen können, einem Tabu unterliegen, realisiert sich in diskursiven Fragmenten durch die ‚Heuschrecke/n‘ ein Negativbild des gierigen Kapitalisten, das sich von problematisierenden Zuweisungen befreien konnte. Jenseits solcher Personalisierungen und Erklärungen komplexer Kontexte überraschen originelle, humorvolle und ironische Figurationen: ‚Heuschrecke/n‘ grinsen Betrachter_innen verschlagen an (Abb. 38)441 oder überraschende TextBild-Verbindungen irritieren (Abb. 39). Solche Konzeptionen dominieren in Werbestrategien, wo sie vorrangig die Aufmerksamkeit suchen als komplexe Zusammenhänge erklären wollen. Die große Beliebtheit der ‚Heuschrecke‘ in den Medien, hat dafür gesorgt, dass Müntefering nachgesagt wird, er habe Problematisches auf einen Begriff gebracht:
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Dieses Motiv wird ebenso gern durch figurative Gestaltungen von Haien visualisiert (Abb. 40).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
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Sieben Jahre ist es her, dass der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering Finanzinvestoren als Heuschrecken bezeichnete – und damit dem Feindbild des gewissenlos agierenden Renditeoptimierers einen Namen gab (SZ 11.4.2012a, 26). Dieses Fragment deutet Sprache als Praxis der Benennung von ontischen Gegebenheiten. Im Rahmen dieser Studie soll im Folgenden hingegen nachgezeichnet werden, dass und wie durch die Symbolisierung als ‚Heuschrecke/n‘ die Vorstellungen von „gewissenlos agierenden Renditeoptimierern“ (re)produziert werden. Dies ist insofern spannend, da bislang (jenseits der Wirtschaftswissenschaften) unbekannte Erscheinungen wie Beteilungsgesellschaften, vorrangig PrivatEquity-Gesellschaften und Hedgefonds, sowie etliche CEOs erklärt werden. Oftmals werden allerdings nicht nur die ökonomischen Verwertungsprozesse, sondern einzelne Individuen mit ihren (vermeintlich) schlechten Charaktereigenschaften bearbeitet.442 Symbole aus vier verschiedenen Kategorien verdeutlichen das schädliche Verhalten der ‚Heuschrecke/n‘: Die Gesellschaften und CEOs werden als ‚Wildlife‘ (a), mit Bildern des Krieges (b), des Fremden (c) und der Unmoral (d) verständlich gemacht. Diese pejorativen Zuschreibungen kontrastiert die Kategorie des Samariters, durch die wohltuende Einflüsse von Fondsgesellschaften und CEOs Visualität erlangen. a) ‚Wildlife‘ Fondsgesellschaften und CEOs zeichnet eine „klassische Wettbewerbsnatur“ aus, die jener der „aggressivsten Raubtierkapitalisten“ (Der Spiegel 23.1.2012, 91) entspreche und die als charakteristisches Agieren im „RaubtierKapitalismus“ (SZ 20.7.06, 13) identifiziert wird. Verben der Nahrungsaufnahme erklären, wie sich diese Natur auswirkt: Sie „fressen“ (Der Spiegel 12.4.2010, 74; Focus 17.12.2007, 24) und „schlucken“ (taz 30.6.2006, 14) Unternehmen durch ihre Beteiligungen und Übernahmen oder „grasen“ (taz 15.5.2007, 1) sie ab. Nicht selten wird die Brutalität dieses Prozesses verbildlicht, wenn Firmen „zerschlagen“ (Der Spiegel 4.10.2010, 96; SZ 19.7.2007, 17), „filetier[t]“ (FTD 8.10.2010, 19) oder „geschnappt“ werden (FTD 1.7.2010, 15). Ihre „Beutestücke“ (SZ 19.7.2007, 17) stellen deutsche, mittelständische Unternehmen, die zumeist unverschuldet in „die Fänge“ (FTD 27.2.2007, 23) der ‚Heuschrecke/n‘ geraten.443 442
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In etwa 35 Prozent der Okkurrenzen findet eine Personalisierung statt. Einzelne Personen, in ihrer Eigenschaft als Gründer von Fonds oder als CEOs, werden namentlich und bildlich hervorgehoben und als ‚Heuschrecke‘ diffamiert (s.o.). Diese Quellenangaben stehen exemplarisch für diverse weitere Fundstellen. Diese Diskursanalyse intendiert nicht, die Leser_in mit sämtlichen Okkurrenzen zu ‚erschlagen‘, sondern den Ge-
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Jenseits dieser Verbfelder spezifizieren weitere Symbole von ‚uneigentlichen‘ und eigentlichen Tieren als source domain die Bedrohung durch die Finanzmärkte. ‚Heuschrecke/n‘ seien „Vampire“ und „eiskalte und skrupellose Finanzgeier“ sowie „Aasgeier des Kapitalismus“ (Die Welt 22.7.2012 online). Zu Wortspielen lädt die Benennung des Investmentfonds-Managementunternehmens Cerberus Capital Management ein, dessen Name von Kerberos entliehen ist, dem viel besungenen Torhüter der Unterwelt, der den Entfliehenden Schmerz und Qualen beibringt (u.a. TS 15.5.2007, 1; taz 15.5.2007, 4; FTD 15.5.2007, 25). Schmerz und Qualen realisieren sich in aktuellen Diskursfragmenten über falsche Investitionsstrategien, in der vielmehr eine „kurzfristige Rendite als (…) langfristige Strategie“ (SZ 19.7.2007, 17) anvisiert sei, was auf die „Ungeduld bei der Maximierung kurzfristiger Profite“ (TS 15.5.2007, 1) zurückgeführt wird. Durch diese Symbolisierungen werden Fondsgesellschaften, Übernahmen und CEOs zu triebgesteuerten, gefährlichen Angreifern auf gefährdete deutsche, mittelständische Unternehmenslandschaften. Eine solche Symbolisierung liefert Anschlussstellen für den Artenschutz deutscher, mittelständischer Unternehmen und damit die Stärkung der Diskursposition von politischen Akteuren. Die politische Ermöglichung der Rahmenbedingungen für solche Übernahmen wird hingegen unsichtbar. Außerdem wird die Bedrohung von Unternehmen und damit auch von Arbeitsplätzen nicht als Strukturprinzip der ökonomischen Verwertung, sondern als Erscheinung eines entarteten Kapitalismus vergegenständlicht.444 b) Krieg & Gewalt Symbole aus der Kategorie Krieg und Gewalt eignen sich, um die Brutalität von Übernahmen und Investoren zu versinnbildlichen: ‚Heuschrecke/n‘ stellen ein „Überfallkommando“ (SZ 10.6.2006, 20) dar, mit dem sie einen „massiven Angriff auf einen lange Zeit friedlich aufgeteilten deutschen (…)-[M]arkt“ (Focus 29.5.2006, 22) ausführen – wobei sich die finanzkräftigen Investoren auf dem deutschen Markt mit „prall gefüllter Kriegskasse“ (Focus 29.5.2006, 22) ausleben. Komplexe Abwicklungen von Eigentümerwechseln werden als „Übernahmeschlachten“ (Der Spiegel 19.6.2006, 48) metaphorisiert. Die Kurzfristigkeit der Investitionen der Fondsgesellschaften verursache, dass nach Ausstieg des Investors „nur noch verbrannte Erde zurück bleibt, wenn sie mit ihren Invest-
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genstand zu dekonstruieren. Auf eine quantitative Auswertung wurde entsprechend zugunsten einer qualitativen verzichtet. Auch solche Diskurspositionen, die den segensreichen Beitrag von Beteiligungsgesellschaften hervorheben wollen, bedienen sich aus der Kategorie des Wildlife: Fondsgesellschaften sind als Honigbienen (SZ 25.6.2007, 4) und damit als produktive, fleißige Insekten, also gute Unternehmen, stilisieren.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
mentplänen am Ende sind“ (SZ 27.12.2012, 20).445 Auch die Gegenwehr gegen die Heuschrecken bläst im kriegerischen Ton zum „Abwehrkampf“ (Welt 2.12.2006, 37) oder zum „Sturm“ (SZ 10.6.2006, 20) gegen die Übernahmen. Der Symbolkategorie folgen Handlungsrationalitäten eines Protests als Notwehr:
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‚Den ‚Heuschrecken‘ muss das Handwerk gelegt werden‘, schimpft Wolfgang Collett von der IG Metall in Neuwied. Die Amerikaner hätten absichtlich Insolvenz angemeldet, um die Betriebe auf dem Rücken der Arbeiter zu sanieren (Der Spiegel 14.12.2009, 80). Investoren werden mit ihren Übernahmen als existenziell lebensbedrohend porträtiert. Die Kriegssymbolik ist dabei sehr anschlussfähig für territoriale Konnotationen: Wenn ausländische Investoren über den eigenen, deutschen Mittelstand herfallen, liegt die Argumentation der Stärkung der nationalstaatlichen Abwehrkräfte nahe. Sie bietet oftmals Anschlüsse für Anrufungen an a) die Politik (siehe unten) oder b) die Unternehmensleitungen, wobei beiden ein offenes Ohr für soziale Aspekte zugeschrieben wird: „Man sei sich einig gewesen, dass auf keinen Fall eine ‚Heuschrecke‘ infrage komme. (…) Die Gesellschafter stehen auch in einer ökonomischen und sozialen Verantwortung“ (Die Welt 8.11.2011, 6). Eine ähnliche Stossrichtung erzielen Symbole aus der Kategorie der Gewalt.446 Manfred Wennemer (60) ist in der Defensive. Der Chef der Continental AG sieht sein Unternehmen bedroht. Nicht von einer ‚Heuschrecke‘, einem der aggressiven ausländischen Hedgefonds, sondern gewissermaßen hinterrücks, von einem Familienunternehmen aus der fränkischen Provinz, das mit einem rabiaten Überraschungsangriff den dreimal so großen Dax-Riesen schlucken will: ‚Man setzt uns die Pistole an den Kopf‘ (Welt 25.7.2008, 31). Diese Kategorie erfreut sich vor allem bei der Bebilderung potentieller Übernahmen großer Beliebheit: Hier lösen ‚Heuschrecke/n‘ einen „Alarm“ (Focus 26.11.2007, 48) aus, da ein Einstieg einer Heuschrecke einer „Horrorvision“ (Focus 26.11.2007, 48; SZ 26.11.2007, 20) oder ihre Umstrukturierung einem „Horror-Szenario“ (SZ 19.7.2007, 17) gleichkomme. Aber auch nach Übernahmen werden Sanierungsmaßnahmen als „Brachialgewalt“ (SZ 24.7.2009, 17) 445
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Auch Verbkonstruktionen wie „kapern“ (Der Spiegel 14.12.2009, 80) oder „zerschlagen“ (Der Spiegel 4.10.2010, 96) veranschaulichen den kriegerischen Charakter des Vorgehens der ‚Heuschrecke/n‘. Die taxonomische Differenz zwischen den Kategorien Krieg und Gewalt muss bis zu einem bestimmten Grad beliebig bleiben, da Gewalt ein Hauptmerkmal des Krieges darstellt. Es lassen sich jedoch nicht alle Symbole aus der Kategorie Gewalt der des Krieges zuordnen, daher hier die Trennung.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
c) Das Fremde
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oder als „Verbrennen“ von Geld (TS 18.12.2009, 24) beschrieben. Schlussendlich zerschlagen ‚Heuschrecke/n‘ das Management (SZ 19.12.2012, 21) oder gleich die ganze Firma (SZ 20.1.2012, 18). Dieser diskursive Krieg ist Teilaspekt einer Differenzsetzung zwischen guten und schlechten ökonomischen Prozessen: Während der deutsche Mittelstand als wertschaffend verbildlicht wird – und damit im Sinne eines friedlichen Gedeihens erscheint –, braut sich jenseits der heimischen Industrie eine Bedrohung in einem Außen zusammen. In diesem Außen manifestieren sich alle negativen Auswirkungen der ökonomischen Maxime der Wertakkumulation. Diese wird in etlichen diskursiven Fragmenten auch personalisiert.
Einerseits werden ‚Heuschrecke/n‘-Fondsgesellschaften als vorrangig USamerikanisch, manchmal auch als britisch oder international markiert.447 Andererseits wird ihnen eine Ortlosigkeit zugeordnet: Fonds werden als „[v]agabundierendes Kapital“ ausgemacht, vor dem sich „[v]iele mittelständische Unternehmer in Deutschland fürchten“ (SZ 25.6.2007, 4). Die Flüchtigkeit des Engagements des ausländischen Kapitals mache Fondsgesellschaften zu „wahren Globalisierer[n]“ (TS 15.5.2007, 1). Diese negativen Zuschreibungen des Globalen und damit gleichzeitig Ortlosen kann auch Teil von Personalisierungen sein, wenn Investoren als „Risikokapitalisten, eine Heuschrecke, kühl, professionell, zu Hause auf Autobahnen und in Konferenzräumen, immer unterwegs, nur nie bei sich selbst“ (SZ 30.3.2007, 32 Magazin) eingeführt sind. Im Besonderen in der Figur des ‚Global Players‘ amalgamieren Elemente der Fremdheit und der Gefahr: Der Teil-Börsengang wird vielen Privatisierungsgegnern zwar auch schmecken. Für Hamburg und den Hafen scheint er aber eine gute Lösung: Die Gefahr, zum Spielball der global players im internationalen Hafenbusiness zu werden, ist damit abgewendet. Der Druck einer renditefixierten Heuschrecke auch (taz 14.3.2007, 24). Solche renditefixierten und „umtriebige[n] Heuschrecken“ (taz 26.9.2007, 14) vereinen alle Aspekte des Kontrahenten des deutschen Mittelstands in sich, wäh447
Vom Jahr 2007 an treten auch aufstrebende Wirtschaftsmächte auf die diskursive Bühne. Als die chinesische Regierung zehn Milliarden Dollar bei Blackstone anlegt, werden „Chinesen“ (SZ 19.7.2007, 17) zu „Aufkäufern“. Problematisch seien deren Anlagestrategien vor allem daher, da durch sie die „Grenze zwischen politisch-strategischem und rein privatem Engagement“ (FTD 25.7.2007, 24) verschmölzen. Als weitere „nichtdemokratische Kraft“ (SZ 7.7.2007, 25), die ihre Währungsreserven in Fonds anlegt, wird Russland ausgemacht, das über die Fonds in der Lage sei, Einfluss auf deutsche Firmen zu nehmen.
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rend den Mittelstand seine örtlich und fachlich gebundene Fachkompetenz auszeichne (Focus 7.5.2007, 19). Nach diesem Narrativ sei der deutsche Mittelstand an Qualität interessiert, während die Investoren nur auf die Rendite fixiert seien (taz 24.11.2007, 32). Diese Differenz zerstöre langfristig die Unternehmen (Der Spiegel 23.4.2007, 105). Die konkrete Differenzsetzung zwischen vagabundierendem, zerstörerischem Kapital versus örtlich gebundener Fachkompetenz besitzt im deutschen Sprachraum eine lange Tradition (mehr zu der historischen Differenzsetzung vgl. Kapitel 2.3 sowie aktuelle Problematisierungen vgl. 4.3). Die Identifizierung des Investors und seines Kapitals als fremd ist dabei unweigerlich an die Differenzsetzung zwischen guten und schlechten Akkumulationsstrategien gekoppelt. d) Die Unmoral und das unethische Verhalten Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Als zentrales Motiv der ‚Heuschrecke/n‘ wird Gier identifiziert (taz 10.3.2011, 8; SZ 28.9.2011, 22; Die Welt 1.8.2008, 16), durch die sie zu „eiskalten und skrupellosen Finanzgeiern“ (Die Welt 22.7.2012 online) mutieren. Als „skrupellose Praktiken“ (Der Spiegel 22.1.2012, 91) wird das Aufbürden der Rückzahlung der Übernahmekredite bebildert (FTD 13.4.2011, 26), eine Praktik, durch die sich die Liquidität der Unternehmen verringere (u.a. FTD 10.3.2011, 18; FTD 14.2.2011, 1), jene der Investoren aber immens steigere.448 Dabei wird Gier als Merkmal persönlichen Strebens einzelner Akteure, also der Vorstände, von Managern oder Eigentümern, identifiziert. Die Kategorie des Glücksspiels ergänzt die Vorstellungen unethischen Verhaltens: ‚Heuschrecke/n‘ könnten beispielsweise den Verlockungen der Kreditblase nicht widerstehen, die viele Unternehmen in den Abgrund gerissen habe (FTD 8.10.2010, 19). Gedankenlos „verzocken“ (TS 18.12.2009, 24) sie die Namensrechte mittelständischer Unternehmen. Investoren werden als „ausländischer Beteiligungs-Jongleur“ (Der Spiegel 9.6.2008, 32), als „Dilettanten, Spieler und Gangster“ bezeichnet (SZ 31.3.2010, 30). Sie „sind zynisch – und sie verleihen und verzocken das Geld. (…) Es geht nur noch um das Goldene Kalb“ (ebd.).449 In fiktionalen Darstellungen wie dem Film „Wall Street II: Money Never Sleeps“ tragen Charakterstudien zur Verfestigung der Figur des skrupellosen Investmentbankers bei: Die Hauptfigur gilt als „Ur-Heuschrecke“ (SZ
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„Der Investor schwimmt im Geld“ (SZ 19.7.2007, 17). Dieses Symbol basiert auf religiösen Topoi. Das Sinnbild des Tanzes um das Goldene Kalb geht auf das zweite Buch Moses zurück und steht für die Sünde an Gott durch die Verehrung von Macht und Reichtum (Hahn 1981). Ebenso findet sich Gier als negative Charaktereigenschaft in der Benennung als eine der sieben Todsünden. Personifiziert wird diese Gier im Dämon Mammon, der pars pro toto für unmoralischen Reichtum steht (Vollmer 2012).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
8.5.2010, 15; TS 10.5.2010, 28) und „gnadenlose[r] Profitgeier und Firmenzerschlager“ (SZ 8.5.2010, 15).450 Ein bis zwei Jahre nach der Implementierung wird die target domain vielfältiger, während sich das Motiv der Gier als tertium comparationes verfestigt:451 So wird nach einer Massenpanik auf einer Love Parade im Jahr 2010 einer der Organisatoren als „Marketing-Heuschrecke“ (FTD 27.7.2010, 23) diffamiert.452 Je mehr Krisen als diskursiver Rahmen der ‚Heuschrecke/n‘ ausgemacht werden, desto stärker spielen moralische Urteile in den Handlungsrationalitäten eine Rolle. Im Jahr 2009 wird beispielsweise die enge Zusammenarbeit zwischen Banken und ‚Heuschrecke/n‘ problematisiert: Die Fondsgesellschaften hätten Übernahmespezialisten, „die sich mit Zahlen auskennen, Finanzkennzahlen scannen und die Kontakte zu den Banken pflegen, die all die Übernahmen finanzierten“ (Der Spiegel 14.12.2009, 80). Die Würde des Arbeitnehmers und der Arbeitnehmerin spielten für diese Spezialisten keine Rolle, vielmehr agierten sie gegen mittelständische Unternehmen, die wiederum starke Bindungen zu ihren Angestellten pflegten.453 So wird gegen ‚Heuschrecke/n‘ eine soziale Ethik stark gemacht, die konträr zu einer Gewinnorientierung stehe. Eine moralische Argumentation wird vor allem dort angebracht, wo trotz Unternehmensgewinnen Einsparungen auf Kosten der Arbeitnehmer_innen durchgesetzt werden, diese Kurzarbeit leisten und auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten müssen sowie weitere Lohnkürzungen bei ansteigender Wochenarbeitszeit in Kauf zu nehmen haben. Zwar wird eine solche Unternehmensstrategie als „Misere“ (TS 24.6.2009, 12) bezeichnet, als ursächlich wird dabei kein ökonomisches Prinzip, sondern das niedere Trachten einer ‚Heuschrecke/n‘ erkannt. Hier lässt sich ein moralisierendes Krisennarrativ erkennen, mit dessen Hilfe Reichtum – im Fall der ‚Heuschrecke/n‘ oftmals mit hohen Gewinnmargen gleichgesetzt – mit Unmoral assoziiert wird. 454
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Auch zur deutschen ‚Crime-Primetime‘ läuft ein Tatort mit dem Titel „Tod einer Heuschrecke“ (Tagesspiegel 26.11.2010, 31), in dem ebenfalls ein gieriger Investor das Leiden anderer Personen hervorruft. Ziem (2008b, 117) stellt auch fest, dass auch andere wirtschaftliche Unternehmer als Referenzobjekt hinzukommen, solange die bedrohliche und zerstörerische Kraft zentral bleibt. Die Heuschrecke steht für ihn metonymisch für den Schaden, den sie erzeugt (Ziem 2008b, 118). Ebenso „mache“ ein Politiker „auf ‚Heuschrecke‘“ (taz 15.12.2010, 8), wenn er, wie in diesem Fall der CDU-Politiker Stefan Mappus, auf eine unveränderte Dividende der Aktien spekuliert, wodurch sich der Einstieg des Landes Baden-Württemberg über die Dividende der Aktien rentiere. Ein Theaterintendant wird wegen seines Kulturmanagements gerügt, denn sein Konzept entspreche der „Wachstums-Algebra mit dem Namen Heuschrecke“ (SZ 19.8.2010, 11). Diese Bindungen werden vor allem über Körpersymboliken visualisiert. Im Rahmen des Verkaufs von Bundeseigentum: „Reichtum nur zum Ansammeln luxuriöser Güter und Privilegien zu benutzen, ohne gleichzeitig der Gesellschaft, aus der dieser Wohlstand
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Auch Investoren greifen einen solchen Ethikdiskurs auf, indem sie zum Beispiel eine neue „Stiftungswelle“ (Die Welt 26.6.2008, 10) ins Rollen bringen, die unter dem Begriff „Venture Philanthropy“ (ebd.) auf einen neuen Begriff gebracht wird. 455 Ziel sei es, das „Stigma der ‚Heuschrecke‘“ (FTD 11.2.2008, 27) abzustreifen und dazu beizutragen, dass sich ihr „Image in Deutschland“ (ebd.) verbessere.
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e) Die Fondsgesellschaften als Samariter Nicht alle diskursiven Akteure versinnbildlichen das Agieren von ‚Heuschrecke/n‘ als schädlich.456 Nach diesen sei es zum Beispiel gar nicht so, dass ‚Heuschrecke/n‘ nur kurzfristig investierten, sie zeigten zunehmend auch längerfristige finanzielle Einsätze (TS 26.8.2006, 12; Spiegel online 24.4.2006). Bei ihnen werden die „Heuschrecken zu Helfern“ (FTD 11.2.2008, 27), zu „Wohltätern” (SZ 20.12.2006, 21) und „Heilsbringern“ (SZ 22.12.2006, 3). Beide Begriffe verfügen über religiöse Bezüge: Der Heilsbringer ist in der jüdischen und christlichen Religion stark positiv konnotiert, die Wohltätigkeit gilt in vielen Religionen als Tugend.457 Im Tonus einer solchen Tugendhaftigkeit werden in wirtschaftsliberalen Erscheinungen Übernahmen als der Wunsch deutscher mittelständischer Unternehmen nach einem „weitere[n] Wachstum“ (FTD 13.1.2006, 6) interpretiert. Dieses Wachstum des deutschen Unternehmens komme durch das einvernehmliche und synergetische Auskommen zwischen Investoren und Unternehmen zustande. Im Jahr 2007 wird diese religiöse Symbolik durch den Begriff des „nachhaltige[n] Investor[s]“ (FTD 26.11.2007, 2) abgelöst. Der neue Begriff inkorporiert ein neuartiges Verhältnis zwischen Investor und Unternehmen: Statt der rein finanziellen Natur wird nun eine Langfristigkeit der Zusammenarbeit (taz 15.5.2007, 4) und eine branchenspezifische Kompetenz des Investors hervorgehoben. So äußert sich beispielsweise der oftmals als ‚Heuschrecke‘ titulierte Investor David Montgomery, er habe den Wandel von einer „kurzfristigen Heuschrecke zum eher klassischen Medienkonzern [durchlaufen]: Wir denken verle-
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hervorgegangen ist, etwas zurückzugeben, ist nicht ‚Elite‘, sondern ‚Heuschrecke‘“ (Der Spiegel 5.5.2008, 14). In PR-Kampagnen werden Spendenkampagnen von Fonds, die darauf abzielen, eine Verbundenheit mit der Stadt oder dem Standort zum Ausdruck zu bringen, als „wichtiges soziales Engagement“ (FTD 15.6.2007, 27) beurteilt. Die diskursiven Kontexte, in denen Autor_innen über Übernahmen und Investoren schreiben, jedoch – aus welchen Gründen auch immer – das Kollektivsymbol nicht verwenden, tauchen im Datenkorpus nicht auf. Da sich diese Arbeit mit dem Kollektivsymbol auseinandersetzt, sind implizite Beweggründe diskursiver Akteure nicht von Relevanz. Ein Handeln zugunsten Bedürftiger, zur Minderung von Unglück und Armut findet in der Figur des Samariters seinen Ausdruck (Monselewski 1967).
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gerisch und langfristig“ (taz 10.3.2007, 19; ebenso Die Welt 7.5.2007, 32; zu kaufmännischem Agieren: FTD 11.4.2007, 2). Diese nachhaltigen Investoren zeigten eine „gewisse Verantwortung gegenüber dem Produkt und den Menschen“ (Der Spiegel 20.8.2007, 80). Damit wird diese Figur zum positiven Gegenentwurf der ‚Heuschrecke‘: Durch diese Metamorphose würde aus einem Investor „Kaufmann, nicht Heuschrecke“ (FTD 11.4.2007, 2),458 wobei die Figur des Kaufmanns den volkswirtschaftlichen Nutzen des Investors hervorhebt (FTD 15.6.2007, 27).459 Innerhalb eines weiteren Jahres wird sukzessive der „nachhaltige“ durch den „strategischen Investor“ (FTD 15.5.2008, 2; SZ 1.2.2008, 1; TS 19.2.2012, 23) ersetzt.460 Dieser bezieht sich in zweierlei Hinsicht auf negative Zuschreibungen an die ‚Heuschrecke/n‘: Zum einen betont er die Handlungsfähigkeit von Politik und Unternehmen, die nun – Hand in Hand mit dem Investor – ein längerfristiges Ziel unter Ausnutzung aller verfügbaren Mittel verfolgen können. Zum anderen gilt nun auch der Investor als Hilfe in der Wertmaximierungsstrategie der Unternehmen. Dem „strategischen Investor“ haftet das Label der Sozialverträglichkeit an (Der Spiegel 14.12.2009, 80). Das „Prinzip des ehrbaren Kaufmanns“ (SZ 23.11.2009, 20) leite Investoren zu einem lokalen (FTD 23.3.2009, 23), nachhaltigen und langfristigen Engagement an (Der Spiegel 14.12.2009, 80). Finanzinvestoren würden sich nunmehr „eher sanft einmischen“ (FTD 23.3.2009, 23). Damit, so wird argumentiert, wären „Heuschrecken (…) nicht immer schlecht für den Standort Deutschland“ (SZ 21.11.2009, 27), sie könnten gar eine „segensreiche Wirkung“ (SZ 11.4.2012a, 26) entfalten. Wie werden ökonomische und politische Prozesse versinnbildlicht? Fondsmanager oder CEOs, die als ‚Heuschrecke/n‘ tituliert sind, haben entweder bereits eine als illegitim befundene ökonomische Abwicklung oder entsprechende Maßnahmen realisiert oder intendieren, dies zu tun. Was als illegitime Spielart kapitalistischer Verwertung der ‚Heuschrecke/n‘ zu betrachten ist, wird in 458
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Diese Schlagzeile ähnelt dem Titel des antisemitischen Propagandafilms „Kaufmann, nicht Händler“ (siehe III.3). In diesem Film fallen figurative Heuschrecken über eine Landkarte des damaligen Deutschland her. Der Händler wird entsprechend als Heuschrecke visualisiert, der Deutschland ausplündert und weiterzieht. Die Übereinstimmung zwischen den beiden Titeln und ihren ökonomischen Deutungen ist frappierend. Der Begriff des Kaufmanns verfügt über eine lange positive Konnotation (Steinhausen 1899). So zeichnet sich der Kaufmann gerade durch seine lokale Gebundenheit als verantwortungsvoll gegenüber seinem Umfeld aus. Zur Verknüpfung des Wuchervorwurfs im Antisemitismus als Abgrenzung zum ehrlichen Kaufmann vgl. Schatz/Woeldike (2001, 25-61). Nachhaltigkeit weist als Konzept sehr starke Konturen auf (Grober 2010), während strategisch als deutlich offener interpretiert werden kann. Welche Aspekte als Merkmal eines strategischen Investors gelten, bleibt in den diskursiven Fragmenten entsprechend unklar.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
den diskursiven Fragmenten ausgehandelt, wobei jene illegitimen Aspekte das Etikett der ‚Heuschrecke/n‘ motivieren. Innerhalb des Untersuchungszeitraums lassen sich dabei sechs Topoi unterscheiden:
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a) Kurz- versus Langfristigkeit oder: Abgrasen versus Wertschöpfung Die „Maximierung kurzfristiger Profite“ (TS 15.5.2007, 1) gilt als übelste Eigenschaft der ‚Heuschrecke/n‘. Diese Kurzfristigkeit motiviert das tertium comparationis zwischen ‚Heuschrecke/n‘ und Investmentfonds, das „Abgrasen“ und „Weiterziehen“ (bspw. Focus 12.12.2005, 50, Der Spiegel 10.10.2005, 218; Der Spiegel 31.10.2005, 86ff.).461 In der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums wird als Maßstab, ab wann es sich um ein „Abgrasen“ handelt, eine zweistellige Renditeerwartung estimiert (Der Spiegel 10.10.2005, 218). Diese Renditeerwartung schrumpft in der zweiten Hälfte, und die Krise wird hier als reduzierender Faktor angeführt. Über die gesamten acht Jahre des Untersuchungszeitraums weisen Investoren und Fondsmanager die Kurzfristigkeit zurück – jedoch nicht, indem sie diese rechtfertigen. Stattdessen behaupten sie von sich, sie seien verkannt und eigentlich „langfristige Anteilseigner“ (Focus 31.10.2005, 44).462 Ihr Ziel sei ein „profitabler Ausstieg“ (Focus 31.10.2005, 44), dem eine „Wertschöpfung“ und „Refinanzierung“ (Focus 31.10.2005, 44) des Eigenkapitals als Prinzip zugrunde liege, und diese könne sich nur langfristig realisieren. Der Begriff der Refinanzierung hebt die Verpflichtungen der Fondsgesellschaften gegenüber ihren Anteilseignern hervor, während er den Aspekt der Gewinnorientierung verschleiert. Unter dem Begriff der Wertschöpfung findet sich dabei zweierlei: Der Begriff vermag Umstrukturierungsmaßnahmen, und damit auch Streichungen von Arbeitsplätzen, als Wert hervorbringend zu visualisieren; gleichzeitig inkorporiert er das Versprechen eines Erhalts des Unternehmens und damit der Arbeitsplätze. Dieses Versprechen kommt insbesondere in den Aushandlungen zwischen Unternehmensleitung und Betriebsräten zum Tragen (TS 24.6.2009, 12). Während der Aspekt der Kurzfristigkeit über den gesamten Zeitraum als illegitime Akkumulationsstrategie verhandelt wird, wird diese Grenze des Legitimen zum Beispiel durch den Begriff der notwendigen Wertschöpfung aufge461
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Wie bereits oben behandelt, sind Verben wie „fressen“ (Der Spiegel 1.10.2005, 100; Focus 31.10.2005, 44) oder „aussaugen“ (vgl. auch „[v]ersöhnlicher Vampir“ und „Dracula“ FTD 31.10.2005, 36; Der Spiegel 10.10.2005, 218; Spiegel 31.10.2005, 86ff.) supplementär eingesetzt. Beispielsweise betont ein sehr in die Kritik geratener britischer Private-Equity-Manager, dass es gerade die längerfristige Beteiligung sei, die überhaupt erst einen „profitablen Ausstieg“ (Focus 31.10.2005, 44) ermögliche. Es wäre also nur logisch, dass er selbst Anhänger dieser Strategie sei.
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weicht, der an die (Mit-)Verantwortlichkeit der Arbeitnehmer_innen appelliert. Dieser ist vorrangig in wirtschaftsliberalen Diskursfragmenten virulent.
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b) fremde versus kaufmännische Wertschöpfung Ein weiterer zentraler und über die Jahre konsistenter Aspekt der illegitimen Wertakkumulation resultiert aus der Fremdheit der ‚Heuschrecke/n‘. Diese realisiert sich in doppelter Hinsicht: Sie gehören erstens nicht zum nationalen Kollektiv, sie sind stattdessen fremd und US-amerikanisch kodiert (SZ 11.4.2012a, 26). Die Argumentation folgt der Logik, dass der Gewinn des eigenen Wirtschaftsstandorts auch keinen Anderen zugute kommen solle.463 Innerhalb dieses eigenen Kollektivs sind dabei die Differenzen bei der Abschöpfung des Profits zwischen Produktionsmittelbesitzern und Arbeitnehmer_innen eingeebnet. Zweitens werden ‚Heuschrecke/n‘ als fachfremd identifiziert. Nach diesem zweiten Aspekt seinicht die Ausgestaltung der Wertakkumulation illegitim, sondern vielmehr ihre Umsetzung verunmöglicht, da jede Branche eine je spezifische Fachkompetenz benötige, um Wert zu akkumulieren.464 c) Personalisierung Die meisten Symbole in den Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘ sind den Kategorien Krieg und Glücksspiel zuzuordnen. Diese veranschaulichen in erster Linie das illegitime Handeln bestimmter Akteure.465 Manager und Gesellschafter sind als „kapitalkräftige Spieler“ (FTD 26.10.2005, 25) oder „Finanzjongleur[e]“ (Der Spiegel 1.10.2005, 100) symbolisiert. Nicht selten werden diese „Spieler“ dabei zur „gefürchtete[n] Figur“ (FTD 31.10.2005, 36) und ihre Investition zur „Pokerpartie“ (Focus 7.5.2007, 19). Neben ihrer mannigfach attestierten Gier spielt eine gesellschaftliche Ächtung des Glücksspiels eine entscheidende Rolle bei der Delegitimierung von Fondsgesellschaften. In eine ähnliche Kerbe schlägt die Symbolik aus der Kategorie des ‚Wildlife‘, in der Fondsgesellschaften als wilde Tiere veranschaulicht werden, die raubtierartig die Streichungen von Ar463
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Zum Beispiel können sich deutsche Unternehmen gegenüber ausländischen Investoren profilieren, indem sie ihr Kaufinteresse als „deutsch-deutsche industrielle Lösung“ (Der Spiegel 31.10.2005, 86) anpreisen. Damit machen sich die diskursiven Akteure „für Beschäftigung in Deutschland stark“ (ebd.), bzw. setzen sich mit einer „deutschen Lösung“ für den „Standort Deutschland“ (ebd.) ein. Deutsche Investoren präsentieren ihr Kaufinteresse als „zu Deutschland stehen“ (ebd.). So wird beispielsweise bei dem Einstieg von Montgomery bei der Berliner Zeitung problematisiert, dass er als Investor und nicht als Verleger käme (FTD 26.10.2005, 25; Focus 31.10.2005, 44). Wie in der Aufschlüsselung im Anhang zu entnehmen ist, sind es häufig ganz bestimmte Investoren und Fonds, die immer wieder als ‚Heuschrecke/n‘ symbolisiert werden.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
beitsplätzen und weitere Umstrukturierungsmaßnahmen vornehmen. Diese Symbolkategorien suchen die Verantwortung im individuellen Fehlverhalten statt in politischen oder ökonomischen Strukturen.
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d) ‚Raubtier‘- Kapitalismus Nicht nur die Akteure und ihr Agieren werden mit Symbolen aus der Kategorie des ‚Wildlife‘ visualisiert, auch der Rahmen, der ihnen dieses ermöglicht: ‚Heuschrecke/n‘ sind ein Produkt der „raubtierhaften Wettbewerbswirtschaft“ (TS 6.1.2007, 22). Nicht das Prinzip der Wertakkumulation als solches wird als Problem markiert, stattdessen handeltes sich bei den Krisen um eine negative „Spielart des Kapitalismus“ (FR 9.5.2005, 9) oder „Auswüchse“ (Der Spiegel 22.1.2012, 91) eines Systems, das sich durch die Profitorientierung (SZ 11.4.2012b, 26) und die wachsende „Macht und Anziehungskraft des Beteiligungskapitals“ (TS 15.5.2007, 1) diskreditiere.466 Begriffen wird dies als eine neuartige und bekämpfenswürdige Entwicklung: „Jetzt, in der Ära des Raubtierkapitalismus, gilt wieder das Recht des Stärkeren“ (Die Welt 14.5.2005, 10), die sich als „hässliche Fratze des Kapitalismus“ (SZ 12.5.2005, 3) zeigt. In dieser Entwicklung zu einem „finanzmarktgetriebenen Kapitalismus“ (SZ 31.3.2010, 30) spielt ein „McKinsey-Gott“ (Der Spiegel 20.8.2007, 80) die neue Hauptrolle, wobei die Unternehmensberatung McKinsey zum Prototyp des Umstrukturierungsprozesses im Sinn einer Steigerung des Shareholder-Value wird, in dem Entlassungen immanenter Bestandteil der Strategie sind (Rügemer 2004). In diesem Raubtierkapitalismus (SZ 20.7.2006, 13; SZ 12.5.2005, 3) entwickelt der Kapitalmarkt selbst einen Geschmack für die „Zerschlagung eines trägen Konglomerats, die Filetierung eines Großkonzerns in kleine, mutmaßlich profitablere Teile“ (TS 15.5.2007, 1).467 Ebenso karikieren Symbole aus der Kategorie des Glücksspiels einen solchen „modernen Finanzmarktkapitalismus“ (Der Spiegel 21.1.2009, 60) in Gestalt des „Kasinokapitalismus“ (Oppenhäuser 2006b, 44) oder als „Turbokapitalismus“ (SZ 31.3.2010, 30) beziehungsweise „globale[n] Turbokapitalismus“ (Der Spiegel 12.1.2009 60). 466
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Als einen ideologischen Effekt dieser Symbolik benennt Oppenhäuser die Verschleierung auf der Ebene der Visualisierung, in der ein Einsatz für die Waren, die sich Gewinner aneignen, nicht zu dem ‚Spiel‘ selbst zugeordnet werden (Oppenhäuser 2006b, 44). Als klassisches Beispiel einer solchen Übernahme wird oftmals die des BadarmaturenHerstellers Grohe angeführt. Eine britische Beteiligungsgesellschaft hatte das Unternehmen im Jahr 1999 gekauft, diesen Kauf weitgehend über Kredit finanziert und „entzog dem Unternehmen Geld, sodass die Eigenkapitalquote von ursprünglich 50 auf etwa acht Prozent sank. Werke wurden geschlossen, Produktionen ins Ausland verlagert und insgesamt über 1000 Arbeitsplätze abgebaut“ (FTD 21.4.2008, 77).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Es sind insbesondere zwei Settings dieses „entfesselten Kapitalismus“ (Ziem 2008b, 114), in denen der Einfall der ‚Heuschrecke/n‘ veranschaulicht wird: Erstens werden die Übernahmen mittelständischer Unternehmen detailliert beschrieben. Diskreditiert werden in diesem Setting vor allem übermäßige Entlassungen, unnötige Umstrukturierungen des Managements und die massive Zurücknahme von Arbeitnehmerrechten (u.a. Die Welt 27.12.2012, online). Das zweite Setting bilden Verkäufe von Beständen bundeseigener Wohnungsgesellschaften an private Investoren. ‚Heuschrecke/n‘ werden in diesem Rahmen als Bedrohung des essentiellen Rechts auf Wohnraum des einfachen Mannes und der einfachen Frau kreiert. Mit sozialen Argumenten für die Sicherung der Grundbedürfnisse schaffen es hier vor allem politische Akteure sich zu positionieren. Charakteristisch sind hierfür die Sozialchartas, über die die Rechte der Mieter_innen gesichert werden sollen. Diese Profilierungen versuchen zu kaschieren, dass der Bund durch seine Verkäufe ursächlich für das Setting verantwortlich ist.468 Die Aufnahme solch sozialer Aspekte erfüllt eine legitimierende Funktion bei Verkäufen landes- und bundeseigener Immobiliengesellschaften. Der Begriff der
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Als ein exemplarisches Fragment einer solchen Aushandlung kann die Vorgehensweise des Fonds Fortress als Haupteigner von GAGFAH interpretiert werden. GAGFAH wird „ausgesaugt“ (Spiegel 23.5.2011, 68), da trotz eines Jahresverlusts von 75 Millionen Euro fast die doppelte Summe an Dividende an den Fond ausgeschüttet wird (SZ 15.2.2012, 17). Dies wird im Datenkorpus mehrfach für die Verfahrensweisen im lokalen Immobilienmarkt expliziert (SZ 7.7.2012, 6). Die immensen Gewinne würden dabei einerseits über die exorbitanten Erhöhungen von Mieten eingebracht (u.a. Tagesspiegel 27.8.2011, 2; Der Spiegel 19.11.2012, 84). Andererseits beruhen sie auf der Strategie der maximalen Kürzung des Instandhaltungskapitals. Als Konsequenz verfielen die Wohnungen über die Jahre und die Mieter_innen leben z.T. unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Außerdem würde oftmals gegen die Sozialcharta verstoßen (SZ 4.6.2011, 30), die extra zum Schutz von Mieter_innen implementiert worden sei. Die Fonds meldeten zudem noch ihren Sitz im Ausland an, damit sie möglichst niedrige Steuersätze auf die Ausschüttungen zahlen müssten. Fortress wird von diskursiven Akteuren als „aberwitzig“ bezeichnet, und ihm wird ein Mangel an „Anstand“ (Der Spiegel 23.5.2011, 68) vorgehalten. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass sie die sich verschlechternde Wohnqualität von sozial schwachen Mieter_innen billigend in Kauf nähmen (SZ 4.6.2011, 30). Durch die Verkäufe der kommunalen Immobilienbestände des Bundes stünden dem Markt nun weniger Sozialwohnungen zur Verfügung, dabei habe seit den Verkäufen ein sechsfaches an Haushalten wegen seines geringen Einkommens Anspruch auf geförderten Wohnraum. Eine Vielzahl an Mieter_innen wird nun einem Markt ausgesetzt, der durch eben jene Praktiken der ‚Heuschrecke/n‘ verschärft wird. Es entstehe durch die ‚Heuschrecke/n‘ eine „Mieterhölle“ (Tagesspiegel 22.12.2012, 2). Ebenso sind die REITs (Real-Estate-Investments-Trusts – Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen) stark umstritten: Es wird vor einer schlechten Stadtentwicklung gewarnt (FTD 2.5.2006, 23) und soziale Standards seien bedroht (taz 22.3.2006, 22; TS 5.9.2006, 16), andererseits fehle den Gesellschaften das Geld für Sanierungen (TS 26.8.2006, 12).
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„sozial verträgliche[n] Privatisierungen“ (TS 5.9.06: 16) wird zum Inbegriff dieser Legitimierungsstrategien.469 Die Präsentation eines entarteten Kapitalismus findet sich vor allem in der Süddeutschen Zeitung, der taz und dem Spiegel. Als diskursive Akteure treten in diesen diskursiven Fragmenten politisch linke bis linksliberale (Lokal)Politiker_innen auf, die sich auf Grundlage dieses Narrativs als solidarisch mit den sozial Schwächeren präsentieren. Statt der politischen Verantwortlichkeit rückt der „fehlende Anstand“ (Der Spiegel 23.5.2011, 68) der ‚Heuschrecke/n‘ in den Vordergrund. Solche diskursiven Fragmente diskreditieren entsprechend nur allzu frappierende Konsequenzen für die Grundrechte von Mieter_innen oder Arbeitnehmer_innen. e) Körper- und Schmerzsymbolik Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Innerhalb des Untersuchungszeitraums verschiebt sich die Vorstellung, was eine ‚Heuschrecke‘ ausmacht. In den Jahren 2006 und 2007 werden vor allem in wirtschaftsliberalen diskursiven Positionen Symbolisierungen als ‚Heuschrecke/n‘ zurückgewiesen: Fondsgesellschaften für ihre Maßnahmen zu kritisieren sei widersinnig und naiv. Stattdessen werden Mieterhöhungen, Konsolidierungen des Markts, Entlassungen oder Verkäufe beziehungsweise Schließungen von Tochterunternehmen als notwendige Modernisierung entworfen. Notwendig seien diese insofern, als dass die Fondsgesellschaften selbst keinen Handlungsspielraum besäßen: Denn weichten Private-Equity-Transaktionen von etablierten Methoden ab, gerieten diese vermeintlich in „Erklärungsnöte“ und ein „solches Vorgehen zeuge von Naivität“ (FTD 14.11.2006, 4). Erwartet werde, dass den Einstieg von Fondsgesellschaften beispielsweise aus einem „altmodischen Spezialchemiehersteller (…) ein modernes Unternehmen mit hohem Aktienkurs“ (SZ 10.6.2006, 20) gemacht werde. Widerstände in Belegschaften werden delegitimiert, indem ihnen vorgehalten wird, sie säßen „mit ihrem Zukunftsoptimismus im Elfenbeinturm“ (TS 20.10.2006, 31). Diese Modernisierungsrhetorik folgt entsprechend der Logik einer Alternativlosigkeit: Es gilt die Rentabilität zu erhöhen.470 469
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Ebenso entfachen sich diskursive Aushandlungen um Verkäufe kommunaler Wohnungsbestände. Der Senat in Freiburg im Breisgau versucht sich bspw. als sozial zu präsentieren, wenn er bei seinen Verkaufsbestrebungen des kommunalen Wohnungsbestands explizit darauf hinweist, nicht an ausländische Finanzinvestoren verkaufen zu wollen, es herrsche „Heuschreckenverbot im Breisgau“ (Welt 30.6.06, 14). Hinter diesem Rentabilitätsziel müssen auch die Rechte der Arbeitnehmer_innen zurückstehen: Zu geringe Profite führten beispielsweise dazu, dass PE-Unternehmen sich gezwungen sähen, die Unternehmen an neue Geldgeber wie Hedgefonds weiterzugeben. Dies bedeute dann eine zunehmende Gefahr für die Arbeitnehmer_innen und mittelständische Unternehmen insgesamt (FTD 27.2.2007, 23).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Im Jahr 2007 finden sich auch jenseits der wirtschaftsliberalen Fragmente Deutungen, die Maßnahmen von ‚Heuschrecke/n‘ (bis zu einem gewissen Grad) rechtfertigen. Ein zentraler Begriff im Rahmen dieser notwendigen Modernisierung ist Sanieren. Zwar sei eine ‚Heuschrecke/n‘-Fondsgesellschaft ein „knallharte[r] Sanierer“ (taz 24.11.2007, 32), aber manche übernommenen Unternehmen werden durch diese „harte[n] Sanierungsmaßnahmen wieder auf Vordermann“ (taz 15.5.2007, 4) gebracht. Der Begriff Sanierung, vom lateinischen ‚sanare‘, ergo heilen, verweist darauf, dass Schäden zu beseitigen sind, um eine Gesundung zu erwirken. Der hier verwendete Begriff Sanierung nimmt in den diskursiven Fragmenten als Legitimation eine tragende Rolle ein, da er vermittelt, dass Maßnahmen letztlich unausweichlich und zugleich im Interesse aller seien. Die Grenzen der Unausweichlichkeit sind dabei keine fixen Größen: So wird beispielsweise eine rabiate Sanierungspolitik der Fondsgesellschaften angeprangert.471 Über die Topoi der Sanierung und notwendigen Modernisierung werden Einschnitte in Arbeitnehmer_innenrechte als notwendig präsentiert, zu drastische Maßnahmen bleiben – zumindest in manchen Fragmenten – weiterhin umkämpft beziehungsweise illegitim. Zur Legitimierung von Sanierungsmaßnahmen verwenden Unternehmensleitungen Symbole aus der Kategorie des Körpers. Dominanteste Metonymie für Streichungen von Arbeitsplätzen ist das des „schmerzhafte[n] Einschnitt[s]“ (taz 15.9.2009, 28 Bremen), der für unausweichlich erklärt wird. Management und Unternehmensführung metaphorisieren Entlassungen als „weh tun“ (u.a. Focus 11.10.2010, 165). Symbolisierungen wie die „bittere Pille für alle" (Die Welt 9.6.2009, 14) suggerieren einen kollektiven Körper, der gleichsam aus Arbeitgeber_innen und Arbeitnehmer_innen bestehe. Über diese Bildlichkeit scheinen die Unternehmensleitungen ebenso von den Einschnitten betroffen. Außerdem verbildlichen die Anleihen an die Schulmedizin eine Dringlichkeit: Gemäß eines medizinischen Diskurses werden „schmerzhafte Einschnitte“ als absolut notwendiges Vorgehen präsentiert. Wird der Eingriff nicht vollzogen, drohe das Unternehmen nicht „gesunden“ (u.a. SZ 31.1.2009, 24) zu können. Auch diese Symbolik kann entsprechend als Erzählung der Alternativlosigkeit interpretiert werden. Besonders in wirtschaftliberalen Fragmenten wird die Sanierung als organischer Prozess verbildlicht: Es gehe den Fondsgesellschaften darum, ein „organische[s] Wachstum“ (FTD 14.3.2007, 52) zu befördern. Ähnlich naturalisierend wirkt auch die Darstellung eines Investoren, der Forderungen nach Lohnkürzung 471
„Ziel ist es, diese Portfoliounternehmen zu sanieren und mit Gewinn zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Ihre teils rabiate Art hat ihnen den Beinamen ‚Heuschrecken‘ beschert“ (FTD 6.1.2012, 17).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
an die Gewerkschaften als „Ringen um eine Rettung“ (FTD 15.5.2007, 25) eines ihrer Unternehmen visualisiert. Solch Symboliken naturalisieren die Beschränkung von Arbeitnehmer_innenrechten.
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f) Der Krisenentwurf und die Drucksymbolik Im Jahr 2009 sind die Beschreibungen der kapitalistischen Prozesse mit jenen der Krise gekoppelt: Wurden vormals Entlassungen etc. auf das gewinnorientierte Handeln von ‚Heuschrecke/n‘ zurückgeführt, bedingen nun zunehmend Krisenprozesse die Lohneinbußen, den Arbeitsplatzabbau und die Verlagerung der Produktion in Billigproduktionsländer. Zwar setzen ‚Heuschrecke/n‘ diese durch, aber ihr Agieren wird durch einen „Kostendruck“ (taz 15.9.2009, 28 Bremen) gerechtfertigt, der sich durch die Wirtschaftskrise in den Auftragsbüchern niederschlage. Generell wird vor dem Szenario einer Wirtschaftskrise die Bedrohung des deutschen Standorts verhandelt. In den Fokus rücken die Produktionsbedingungen in Deutschland, durch die nun eine Rentabilität verloren gehen könne (TS 24.6.2009, 12; SZ 24.7.2009, 17; Die Welt 9.6.2009, 14; FTD 23.3.2009, 23). Mit dem Topos des „Kostendrucks“ werden Zugeständnisse von Gewerkschaften und Vorständen gefordert, durch die im Gegenzug beispielsweise eine zweijährige Arbeitsplatzgarantie zugesichert werden könne (TS 24.6.2009, 12). Nicht zuletzt legitimiert das Krisennarrativ die Handlungen von ‚Heuschrecke/n‘. Und mehr noch: Im Zuge des Krisennarrativs erledigen die Unternehmensleitungen eine rabiate Sanierungspolitik selbst, nur ist diese nicht gleichermaßen umkämpft, da sie auf wirksame Legitimierungsstrategien zurückgreifen können. In den ersten Jahre des Untersuchungszeitraums gelten spezifische Praktiken von Fondsgesellschaften und Investoren als absolut illegitim: Durch kurzfristige Investitionen und massive Entlassungen erhalten nicht-deutsche Investoren schnell das Etikett der ‚Heuschrecke‘. Spätere deligitmierende Deutungen sind diffiziler aufgebaut: Sie realisieren sich nicht entlang vereinheitlichter Kategorien, sondern kontextspezifisch über Symbole aus den Kategorien des (Glücks)Spiels, des ‚Wildlife‘ und des Körpers. Im Rahmen des Krisennarrativs findet dadurch sukzessive eine Verschiebung der Grenze des Illegitimen statt. Welche Krisenszenarien werden mit der ‚Heuschrecke‘ entworfen? Müntefering positioniert die Heuschreckenschwärme im Jahr 2005 als Teil einer „Kapitalismuskritik“, die sich gegen die „Macht des Kapitals“ stellt, dem die Politik hilflos ausgeliefert sei. Über die folgenden Jahre bleiben Aspekte einer Gefährdung durch mächtige und zugleich unmoralisch agierende Kräfte Bestandteil der Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘. Belegschaften fürchten ein „feindli-
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
ches Einsteigen“ (Der Spiegel 31.10.2005, 86) eines oftmals als skrupellos oder zumindest als verantwortungslos symbolisierten Investors. In solchen Bedrohungsszenarien realisiert sich diskursiv eine Kollektivbildung: So gerät bspw. die „eigene Zeitung in Gefahr“ (FTD 26.10.2005, 25; Herv. M.U.). Im Diskurs wird vermittelt, dass sich viele Belegschaften mit den Unternehmen identifizierten, in denen sie arbeiten. Mit der Beschreibung der Identifizierung der Belegschaften mit ihren Unternehmen wird an eine Empathie für die in eine Notlage geratene Belegschaft appelliert.472 Zudem wird dieses Eigene stark national kodiert.473 In der Bedrohung durch die Macht des Kapitals formiert sich so auch diskursiv das nationale Kollektiv. Die Schicksale der Belegschaften sind damit nicht beliebig, sondern Fragment einer Bedrohung des Kollektivs. Innerhalb eines Jahres zieht ein Sachzwang-Topos in die diskursiven Fragmente ein. Auch weiterhin rückt man wegen der ‚Heuschrecke/n‘ zusammen, nun jedoch bereits bevor diese in der Anflugposition gesichtet ist/sind: „Die öffentliche Hand sollte effizient und schlagkräftig sein. Sonst kommt die Heuschrecke und verspeist uns“ (SZ 15.4.2006, 4). So sind ‚Heuschrecke/n‘ selbst in ihrer Abwesenheit produktiv. Als externalisierte Bedrohung ermöglichen sie eine Sanierung und legitimieren es, Arbeitnehmer_innenrechte im Rahmen der „Gesundung“ eines Unternehmens einzuschränken und eine Gewinnmaximierung voranzutreiben. Im Jahr 2007 bestimmen der Abbau von Arbeitsplätzen und undurchsichtige Geschäftspolitiken die Zuschreibungen an die ‚Heuschrecke‘. Problematisiert wird außerdem die Praktik der ‚Heuschrecke/n‘, den übernommenen Unternehmen die Abzahlung der Kredite aufzuerlegen. Den Unternehmen werde durch diese Praktik ihr eigener Schadensfall zum potentiellen Ruin. Im Zuge des Narratives einer notwendigen Modernisierung wird nun im Diskurs kolportiert, dass zunehmende Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sowie Kürzungen und Sparprogramme trotz Rekordgewinnen zu erfolgen haben, die nicht einmal bei maximaler Leistung abwendbar seien (u. a taz 24.11.2007, 32; Focus 26.11.2007, 48). So gehe vom Geld eine große Gefahr aus: Die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt wird von fremdem Geld förmlich überschwemmt. (…) Dem Einstieg folgt nach einigen Jahren der meist lukrative Ausstieg, die Gewinne gehen an die Geldgeber der Fonds. Allerdings gehen den Finanzinvestoren langsam die Zielobjekte aus. Damit wird das Geld 472
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Emotionsgeladene Portraits der Belegschaften von Betrieben, die durch ‚Heuschrecke/n‘ übernommen werden, häufen sich im Diskurs: „Die hier streiken wollen, haben schlicht Angst – Angst vor Veränderung zu ihren Lasten“ (SZ 23.9.2006, 34). Im oben angeführten Zitat, mit dem sich die Identifikation mit dem Unternehmen illustrieren lässt (FTD 26.10.2005, 25), folgt auch eine nationale Kodierung: „Wer weiß, wie die deutsche Zeitungslandschaft in ein paar Jahren aussehen wird?“ (ebd.).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
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immer großflächiger und leichtfertiger eingesetzt, mehr und mehr gerät der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, ins Visier. Noch sind die Folgen der Entwicklung nicht zuverlässig einzuschätzen (SZ 25.6.2007, 4). Auf symbolischer Ebene häufen sich Katachesen-Mäander, die eine Lebensbedrohung symbolisieren. Drastische Körper- (hier: „Bruch des Rückgrats“), Natur- („Überschwemmungen“) und Kriegssymboliken („ins Visier geraten“) verdeutlichen eine immense Gefahr, die dem Kollektiv, zu dessen ökonomischer Inkarnation der Mittelstand wird, droht. In wirtschaftsliberalen Diskursfragmenten wird diese Gefahr zudem durch die Erzählung von politischen (Fehl)Entscheidungen vergrößert. Diese hätten juristische Neuregelungen veranlasst, die nun die „beschäftigungsstarken Familienbetriebe“ gegenüber dem geltenden Recht schlechter stellten. Damit wäre eine „Reihe von Unternehmen in ihrem Bestand zumindest am bisherigen Stammsitz Deutschland ernsthaft gefährdet und damit natürlich auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen“ (Focus 17.12.2007, 24). Die Handlungsempfehlungen sind entsprechend national kodiert: „Deutschland müsse (…) bei aller zunehmenden Bedeutung des Dienstleistungssektors (…), ein hochleistungsfähiges Industrieland“ (SZ 24.2.2007, 6) bleiben. Eine Zäsur findet sich im Jahr 2008. In den Subscriptiones des Kollektivsymbols werden fortan Symbole einer großen ökonomischen Destruktion präsentiert: „die Bombe“ ist geplatzt, es gab einen „großen Knall“ (Die Welt 1.8.2008, 16). Diese Zäsur wird als „weltweite Finanzkrise“ (FTD 11.2.2008, 27) benannt. Beginnend mit der Krise des US-Hypothekenmarkts im Sommer 2007 habe sich diese Anfang Februar 2008 auf den Markt der Leveraged Loans ausgeweitet und die Verbriefungsmärkte seit dem Sommer austrocknen lassen (FTD 1.2.2008, 20). Für ‚Heuschrecke/n‘ bedeute dies, dass die Milliardenübernahmen fortan verunmöglicht seien, da ihnen das Fremdkapital fehle. Der konkrete Einfluss der Finanzkrise auf Fondsgesellschaften und andere Investoren wird mannigfach durch Symbole der Destruktion illustriert. Die Krise habe die Investoren und die von ihren erworbenen Unternehmen „erwischt“ und ihre Unternehmen brechen wie „Kartenhäuser“ (Welt 1.8.2008, 16) in sich zusammen. Schlagzeilen wie „Heuschrecke in Not“ (FTD 1.2.2008, 20) oder Beschreibungen eines „Krieges“ (FTD 30.5.2008, 40) zwischen ihnen, illustrieren eine neue Notlage der Fondsgesellschaften. Gleichzeitig verweisen politisch linke Akteure vermehrt darauf hin, dass die Finanzkrise nur die schlechten Züge der ‚Heuschrecke/n‘ zutage fördere. So wird Oskar Lafontaine in der Süddeutschen Zeitung damit zitiert, dass auf den Finanzmärkten „eher kriminelle Subjekte“ (SZ 4.10.2008, 27) agieren. Dem „Casino“ (ebd.) der Finanzmärkte stellt Lafontaine den Staat als verlässliche Institution gegenüber. Reformvorschläge, in denen eine soziale Ethik entworfen wird,
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
schließen sich als Handlungsempfehlung an.474 Diese politisch linken Diskurspositionen sind mit solchen Positionen kontrastiert, die gerade durch die Finanzkrise eine Notwendigkeit betonen, auf Finanzinvestoren zurückzugreifen, da sich nur selten noch „strategische Investoren“ (SZ 6.8.2008, 21) fänden. 475 In den Subscriptiones kristallisieren sich in diesem Jahr zwei neue Aspekte heraus: Erstens wandelt sich das Bedrohungspotenzial der ‚Heuschrecke/n‘: Fondsgesellschaften gelten sowohl als Opfer der Krise als auch als Verursacher großer Schäden. Zweitens häufen sich Referenzen auf die Finanzkrise, die, einer negativen Vorhersehung gleich, zukünftig noch mehr verheerende ökonomische Prozesse auslösen werden. Somit wird die Finanzkrise nur als ein Anfang einer nun „aufziehenden Krise“ (FTD 11.2.2008, 27) imaginiert.476 Im Jahr 2009 bestätigt sich diese Vermutung und konkretisiert sich in der Wirtschaftskrise. Anstelle der Fondsgesellschaften, beziehungsweise der von ihnen übernommenen Unternehmen, wird nun das kapitalistische System als selbst in die Krise geraten dechiffriert. Im Rahmen der „Wirtschaftskrise [werden] nun auch die alten Masken, Beteuerungen und Lügen weg[ge]fegt“ und der Blick öffnet sich „auf eine zerfurchte neue Landschaft, bisweilen sogar auf höchst kriminelle Akteure, die gerade noch für Zauberer gehalten wurden“ (Der Spiegel 12.1.2009, 60). Diese neue Krise offenbare damit „allerorten die Abgründe des Kapitalismus. Größenwahn, Profitgier oder Spekulationslust waren keine Probleme einzelner Länder“ (ebd.). Dabei herrsche nicht nur Empörung über die schwer vorstellbaren Summen, sondern über die „erlebte Janusköpfigkeit mancher einst gefeierten Stars“ (ebd.). Die hier artikulierte moralische Verurteilung richtet sich im Rahmen von Wirtschaftsaffären gegen einen größeren Personenkreis als Finanzinvestoren und Manager. Vielmehr zeige sich das 474
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Im Rahmen solcher reformorientierter Diskursfragmente wird auch einem Sprecher des globalisierungskritischen Netzwerks Attac das Wort erteilt. Auch dieser bezieht sich auf einen ‚Wertbegriff‘, den er konträr zu dem Agieren von Vertretern der Private-Equity-Branche verstanden wissen will. Statt nur Werte(-akkumulation) auf dem Kapitalmarkt erzielen zu wollen, solle ein Umdenken stattfinden und „andere Dinge – Arbeitsplätze oder gesellschaftliche Verantwortung“ (SZ 28.2.2008, 58) einen Bedeutungszuwachs erhalten. Auch sei die Finanzkrise keineswegs das Ende der Bedrohung, vielmehr trete nun eine „mindestens ebenso aggressive Spezies wie die Finanzinvestoren“ (FTD 11.2.2008, 27) hervor: die Kreditaufkäufer, die nun „aufräumen, was die Private-Equity-Firmen angerichtet haben“ (FTD 11.2.2008, 27; Herv. M.U.). Auch auf reale, sich verschlimmernde Naturkatastrophen, die durch Investoren verursacht seien, lenken diskursive Akteure den Blick. Hungerrevolten seien durch steigende Nahrungsmittelpreise ausgelöst, da essbare Nutzpflanzen zur Gewinnung von Kraftstoff produziert werden und nun an den Finanzmärkten auf den Mangel von Nahrungsmitteln spekuliert werde. Bei solchen Spekulationen verdienten „[d]iese Spekulanten (…) wirklich den Titel Heuschrecke‘‘ (Tagesspiegel 7.5.2008, 15), so ein Zitat, das auf die Hungerkatastrophen nach (nicht-metaphorischen) Heuschreckeneinfällen verweist.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
„Problem der Deutschen mit ihren Eliten, politischen wie ökonomischen“ und mit den aufgedeckten Affären trete ein „rapide[r] Glaubwürdigkeitsverfall“ (ebd.) ein. Ein „atemlose[r] Finanzkosmos des großen Geldes, [reißt] mittlerweile Banken und Top-Manager weltweit en gros in den Abgrund“ (ebd.). Ein knappes Jahr später resümiert der Spiegel, dass es sich um einen „historisch einmaligen Absturz“ (Der Spiegel 14.12.2009, 80) handele. Der „atemlose Finanzkosmos“ wird als Fauxpas identifiziert. Dieser stelle den „Abgrund“ des Kapitalismus dar, der nun selbst verschlingt, was bereits vorher als Sündenfall identifiziert wurde: „Größenwahn, Profitgier oder Spekulationslust.“477 Die Symbolisierung schließt damit an den prophetischen Topos einer alttestamentarischen Idee vom Tag des Herrn an, der im Sinne einer Gerechtigkeitsidee das Übel in die ewige Verdammnis reißt. Abgerechnet wird mit dem „Finanzkosmos“ und die Grundfesten der sozialen Ordnung sollen bestehen bleiben. Somit ist das Skript der Krise von revolutionären Impetus befreit. Problematische Konsequenzen zeigen sich für die übernommenen Unternehmen, die sich durch hoch riskante Anlagen zum „Finanz-Giftmüll“ (Der Spiegel 23.11.2009, 104) entwickeln, da sie in Folge „unter der Last der Zinsen zusammenzubrechen“ (Der Spiegel 14.12.2009, 80) drohen. Wie bei „Giftmüll“ sind die Schäden nachhaltig und eine Entsorgung heikel.478 Dieses vor allem durch den Spiegel gestützte Krisennarrativ erweitert sich im folgenden Jahr auf weitere Medien und wendet den Blick auf die Entsorgung des Giftmülls. Mittelständische Unternehmen stecken in einer „tiefen Strukturkrise“ (Focus 11.10.2010, 165), Märkte brechen weg, ihre hohen Schulden drücken, und um rentabel wirtschaften zu können, müssen sie Entlassungen vornehmen (FTD 24.8.2010, 22;
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Die „Kreditkrise“ (SZ 31.1.2009, 24) lasse die Träume von Investoren zerplatzen (taz 28.2.2009, 25 Nord), da sie die geplanten Börsengänge ihrer erworbenen Firmen nicht mehr realisieren könnten. Teil des Krisennarrativs ist auch die Problematisierung des Verhältnisses zwischen Banken und den ‚Heuschrecke/n‘. Unternehmen, bei denen Investoren eingestiegen sind, konstatieren nun „aktuelle Liquiditätskrise[n]“, sie verfügten nicht mehr über „ein adäquates Angebot“ (SZ 6.4.2009, 54). Auch Banken könnten nicht aushelfen, denn sie stünden unter „Druck“ (Der Spiegel 23.11.2009, 104), der noch weiter steige, wenn eine „amerikanische Heuschrecke“ (ebd.) einsteige, die dann Banken zu „riskanteren Geschäften, (…) undurchsichtigen Wertpapieren, (…) hochriskanten Anlagen, (…) berüchtigten US-Subprime-Papieren, (…) besonders riskante[n] Wertpapier-Sorte[n]“ (ebd.) dränge. Auch die Banken zeigten einen Größenwahn (Der Spiegel 32.11.2009, 104) und höchst unvernünftiges Verhalten (Der Spiegel 14.12.2009, 80), das „Tragödien“ und „Desaster“ (Der Spiegel 23.11.2009, 104) auszulösen vermöge. Ihre prekäre Lage übertrage sich auf die mittelständischen Unternehmen, die nun ebenfalls in eine Liquiditätskrise gerieten, da Banken den weiteren Zuwachs der Betriebe nicht mehr sicherten (taz 28.2.2009, 25; Die Welt 9.6.2009, 14; Der Spiegel 14.12.2009, 80).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Focus 11.10.2010, 16).479 Allerdings ist die Zeit der „Gigantomanie“ (SZ 31.3.2010, 30) der ‚Heuschrecke/n‘ beendet und ihre Ausstiege verzögern sich ebenso, wie sich lukrative Weiterkäufe verunmöglichen (FTD 8.10.2010, 19; FTD 1.7.2010, 15).480 Schließlich wird im Jahr 2011 das Portrait der ‚Heuschrecken‘ heterogener: Durch die Schwierigkeiten der Hausbanken steigen ausländische Fonds in der Beliebtheit, da sie „ökonomische und soziale Verantwortung“ (Welt 8.11.2011, 6) trügen. In diesem Sinne sind ‚Heuschrecke/n‘ als „Retter“ symbolisiert, wenn sie Kapital nachschießen und so „das Überleben“ (SZ 10.3.2011, 27) der Unternehmen sichern. Der allgemeine Rückgang der finanziellen Spielräume von Banken eröffne insofern den Fondsgesellschaften die Möglichkeit, sich diskursiv besser aufzustellen.481 Symbolisch wird die Investition der ‚Heuschrecke/n‘ mit dem Einsatz von Körpersymboliken versinnbildlicht. Ökonomische Prozesse werden als ein Kampf ums Überleben interpretiert, in dem die Fondsgesellschaften mit ihrem Kapital quasi zu Intensivmedizinern werden. Im letzten Jahr des Untersuchungszeitraums gewinnt ein regulatives Moment der Krise an Bedeutung: Die „Heuschrecken-Branche“ sei „ nach ihrem Höhenflug 2006 und 2007 auf Normalmaß zurechtgestutzt" (FTD 6.1.2012, 17). Vor der Krise hätte sie sich bei Sanierungsfällen nicht mit einer niedrigen Rendite von vier Prozent abgefunden (Der Spiegel 4.6.2012, 78; FTD 3.7.2012, 16). Ihr 479
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Ein anderer diskursiver Kontext der ‚Heuschrecke‘ wird die ‚Eurokrise‘. Die Fabel Äsops liefert die Grundlage einer Analogie von Ameisen und Heuschrecken bzw. Deutschen und Griechen. In der Neuauflage der Fabel werden die Griechen zu Heuschrecken, die „nicht die Zeche zahlen“ (taz 24.2.2010, 11) wollen. Dabei sei es die Untätigkeit der Griechen, die ihre Not verursacht habe. Sie haben, ebenso wie die Spanier, nur eine Weile vorgetäuscht, dass sie produktiv handeln könnten, um Teil der Währungsunion zu werden. Eigentlich wüssten sie jedoch bis heute nicht, wie man richtig Waren produziere. Eine kleine Fabel, „wie das Finanzsystem an den Abgrund geraten konnte“, endet entsprechend mit der Moral, Griechenland und Spanien sollten keine Unterstützung erhalten. Denn: „[w]er dauerhaftes Vermögen anhäufen will, sollte kein Geld an Heuschrecken verleihen“ (FTD 28.5.2010, 27). Diese Fabel baut dabei auf zwei Topoi auf: Erstens wird für die Zurückhaltung deutscher Gelder mit dem deutschen Arbeitsmythos argumentiert (Schatz/Woeldike 2001), der zweitens mit dem Topos der südländischen Faulheit kontrastiert wird. Andere Aspekte wie das Zusammenspiel von Politik, Banken, Ratingagenturen und Strategien eines liberalisierten Kapitalismus überblenden diese Topoi. Außerdem erscheinen ‚Heuschrecke/n‘ nun als Bad-Bank-Betreiberinnen, also als Fondsgesellschaften, die auf das Management und die Verwertung fauler Kredite spezialisiert sind. Hiergegen opponiert die Deutsche Bank. Sie tritt ihnen gegenüber als Retterin (FTD 8.10.2010, 19) auf die diskursive Bühne, wenn sie Banken übernimmt, die z.B. nach „heiklen Derivatenwetten und der desaströsen Beteiligung (…) beinahe kollabierten“ (ebd.). Banken werden dabei weiterhin als unverantwortungsvoll, aber als (unverschuldet) erkrankt porträtiert, sie hingen „am Tropf des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB)“ (FTD 1.7.2010, 15). Massive Widerstände gegen ‚Heuschrecke/n‘ entfalten sich gegen Investitionen von ‚Heuschrecke/n‘ in Wohnungsbestände, die der Bund veräußert.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Engagement sei 2012 nachhaltiger und langfristiger, sie „begleiten“ (SZ 11.10.2012, 21) Unternehmen und zeigen eine „segensreiche Wirkung“ (SZ 11.4.2012a, 26). Fondsgesellschaften sanieren wegen eines „Anlagenotstands“ (Der Spiegel 4.6.2012, 78) vorsichtiger im Sinne strategischer Investoren.482 Die Krise normalisiere demgemäß die ‚Heuschrecke/n‘. Gleichwohl habe sich in den letzten Jahren eine „Vertrauenskrise“ (SZ 17.8.2012, 18) gegenüber den Finanzmärkten entwickelt, und selbst Banken und Banker würden als das „Böse schlechthin“ (taz 21.5.2012, 18) erkannt. Ob es sich tatsächlich um eine Malaise der ‚Heuschrecke/n‘ handelt, wird diskursiv umkämpft – vor allem durch wirtschaftsliberale Fragmente. Zwar schrumpfen die Gewinnmargen der großen Fonds, es falle den großen Beteiligungsgesellschaften aber nicht schwer, an Kapital zu kommen.483 Vielmehr könnten sie gar von der Krise profitieren, da sich Banken und kleine Fondsgesellschaften von Unternehmen trennen müssten (FTD 19. 6. 2012, 17). Ihr Kurs habe sich quasi verschärft (FTD 6.1.2012, 11). Dies sei möglich, da die Länder den Schaden ausmerzten, den die Fondsgesellschaften anrichteten (ebd.). Die Handlungsrationalitäten, die sich durch die Krise gegenüber den Arbeitnehmer_innen herauskristallisieren, sind hingegen homogener. Die Krise wird herangezogen, um jene Maßnahmen zu legitimieren, die vormals als negatives Charakteristikum der ‚Heuschrecke/n‘ identifiziert wurden: Sanierung, Wachstum und Innovation sind die Schlüsselbegriffe, sie gelten als „verantwortungsvoll“ (SZ 11.4.2012, 26), da sie den nachhaltigen Bestand des Unternehmens und damit des Arbeitsplatzes sicherten. Wachstum sei jedoch nicht ohne das Zutun der Arbeitnehmer_innen zu erzielen. Vielmehr müssten diese „Zeichen“ an die Aktionäre senden, „dass sie wirklich etwas wollen“ (SZ 9.6.2012, 51). Dieses „etwas“ nimmt sie in die Verantwortung für das Fortbestehen des Unternehmens und lässt sich beispielsweise als Zugeständnis an die Beschränkungen in den Ergänzungstarifverträgen und Erweiterung der Arbeitszeit dechiffrieren.484 Über den Untersuchungszeitraum lässt sich nachvollziehen, wie sich, trotz der verschiedenen Megakrisen – der Finanzkrise 2008, der Konjunkturkrise 2009 und Staatsschuldenkrise 2010/2011 und damit der ökonomischen, medial-
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Zudem habe sich die Bedeutung von ‚Heuschrecke/n‘ auf dem deutschen Immobilienmarkt verringert, ein Anlagesetting, das die meisten kontrastiven Positionen produzierte. Hier seien „ausländische Investoren heute nur noch eine Randerscheinung" (TS 3.8.2012, 22). Nur die „Kleineren müssen kämpfen“ (SZ 11.4.2012, 26), nur bei ihnen herrschen seit 2008 sinkende Fondsvolumina (Der Spiegel 4.6.2012, 78). Dass die Krisenerzählung einen Rahmen für die Erhöhung des Drucks auf die Belegschaft bildet, wird sogar innerhalb der diskursiven Fragmente reflektiert (vgl. SZ 9.6.2012, 51).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Wie wird das Verhältnis zwischen Politik und ökonomischen Akteuren stilisiert? Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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technischen, politischen, militärischen und kulturellen Krisen (Link 2011, 12),485 – eine Wachstums-Eschatologie verfestigen kann. Nicht das ökonomische Prinzip gilt als krisenhaft, sondern ein sogenannter entfesselter Bereich. Unannehmliche Erscheinungen der kapitalistischen Vergesellschaftung werden in gierige ‚Heuschrecke/n‘ und einen atemlosen Finanzkosmos exterritorialisiert. Dieser beiden Phänomene wird sich das kapitalistische System jedoch selbst entledigen. Damit sich dieser Selbstreinigungsprozess realisieren kann, bedarf es jedoch der Kooperationsbereitschaft der Arbeitnehmer_innen und sie werden beim Abbau ihrer Privilegien in ihrem Einverständnis bzw. in ihrer Partizipationsfähigkeit angerufen.
In der Implementierungsphase ist das Kollektivsymbol mit der „Kapitalismuskritik“ der SPD gekoppelt, in welcher ‚Kapitalismus‘ primär als „Stigmawort“ (Knobloch 2007, 20) eingeführt wird, bei dem es nicht um eine marxistische Kritik an der ökonomischen Vergesellschaftung geht, sondern um Kritik an Akteuren auf den Finanzmärkten, die sich gegenüber mittelständischen Unternehmen unethisch verhalten. Gegenüber diesen befinde sich die Politik (bisher) in der Defensive: Mit der Vorlage von Rezepten zur Regulierung und Überwachung von Finanzinvestoren entwerfen sich Politiker_innen nun allerdings als handlungsmächtige Akteure. Sie positionieren sich dabei auf der Seite des kleinen Mannes und der kleinen Frau, hier insbesondere verkörpert durch Arbeitnehmer_innen und Mieter_innen. Nach der Bundestagswahl 2005 vollzieht die SPD einen Kurswechsel. Der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verkauft ein Aktienpaket des Bundes an die Blackstone Group L.P., eine Fondsgesellschaft, die Müntefering als ‚Heuschrecke‘ gegeißelt hatte. Peer Steinbrück befindet im Jahr 2006 den Einstieg Blackstones als „gute[n] Tag für die Telekom, und ein[en] gute[n] Tag für ihre vielen Aktionäre“ (Spiegel online 24.4.2006). Statt eine Bedrohung zu visualisieren, verkehren sich die Vorzeichen, und der Einstieg wird als „ein klares Vertrauenssignal internationaler Investoren in die Stärke und Zukunft der Telekom“ (ebd.) bewertet. Die politischen Akteure der SPD beziehen also keine Position gegen die „Macht des Kapitals“, vielmehr besetzen sie nun selbst Begriffe wie Aufschwung und Zukunftsfähigkeit.486 485
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Link folgert, dass sich in Anlehnung an Foucaults Begriff der Positivität (Foucault 1981, 183) durch die krisenhafte Struktur nur eine heuristische Unterteilung in verschiedene Phasen einer großen Krise anbietet (Link 2011, 12). Konservative sowie politisch linke Akteure vertreten gegenüber den ‚Heuschrecke/n‘, vor allem im Rahmen einer Gesetzesnivellierung zur steuerlichen Förderung der PE-Fonds, agonale Positi-
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Diese wirtschaftsliberale Position hält sich in der SPD jedoch nur bis zum folgenden Jahr, in dem die Fondsgesellschaft zum „Prügelknaben“ (FTD 7.9.2007, 34) für den damaligen Finanzminister wird, der nun öffentlich den Aktienverkauf bereut. Die hierauf aktualisierte Position proklamiert zwar weiterhin, dass „internationale Verflechtung[en] Voraussetzungen für Wettbewerb und Wohlstand“ (SZ 25.6.2007, 4) seien, andererseits bezieht die Politik gleichsam eine Position gegen eine „gefährliche Abhängigkeit von vagabundierendem und aus dem Ausland gesteuerten Kapital“ (ebd.). In diskursiven Fragmenten bedient sich die SPD wieder der Symbolik der ‚Heuschrecke/n‘, verknüpft sie indes mit dem Begriff der Demokratie. Für Demokratie, Wettbewerb und Wohlstand müsse die Politik „die richtigen Rahmenbedingungen setzen“ (ebd.). Müntefering sieht die Politik in der Verpflichtung, eine Regulierung der Fonds zu implementieren, denn „Sorgen um die Demokratie sind schon angebracht, wenn einen immer mehr Menschen fragen, ob wir als Politiker solche Dinge eigentlich noch im Griff haben“ (SZ 24.2.2007, 6). Ein Schaden für die Demokratie würde im Besonderen daraus erwachsen, wenn die Politik davon ablassen würde, „soziale Grundsätze und Maximen“ (ebd.) zu implementieren. Somit stärkt die Besetzung des Begriffs „Demokratie“ die politischen Akteure, insbesondere die SPD. Im Gegensatz zu den Vorjahren kann sie damit einen diskursiv nicht umkämpften Begriff besetzen. Dieser bietet Anschlüsse für eine uneindeutige Position gegenüber ausländischen Investoren, die wegen diverser agonaler Diskurspositionen dringend benötigt wird: Denn erstens werden enge Verknüpfungen zwischen Politik und Fondsgesellschaften skandalisiert,487 zweitens wird die politische Verantwortung der SPD hervorgehoben und damit deren Glaubwürdigkeit in Frage gestellt488 und es werden drittens Kurskorrekturen taxiert.489
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onen (auch Schwarz 2008, 93). Aber auch andere Akteure der Finanzmärkte, wie der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, porträtieren ‚Heuschrecke/n‘ als „große Bedrohung für viele Unternehmen und sogar Staaten, an deren üppigen Feldern sie sich so lange schadlos halten werden, bis nur noch ein paar abgenagte Halme übrig sind“ (Seifert 2006, 233). Politiker_innen stünden auf dem Lohnzettel der Wirtschaft (FTD 15.5.2007, 25). Wirtschaftsliberale Akteure bezeichnen die Kurswende als Rückkehr zum „Gerechtigkeitsthema“ (FTD 20.4.2007, 10), das sie wiederentdecken, nachdem sie selbst die Deutschland AG abgewickelt haben (FTD 25.7.2007, 24). Jenseits des Datenkorpus finden sich ebenfalls Veröffentlichungen, die dezidiert die Verantwortung der rot-grünen Regierung am „Ende der Deutschland AG“ (Schäfer 2007, 161) behandeln. Die rot-grüne Regierung habe durch ihre Strukturreform und die dazugehörige Steuerbefreiung für Verkäufe von Unternehmensbeteiligungen maßgeblich dazu beigetragen, dass die Hausbanken durch Aktienfonds-, Hedgefonds- und Beteiligungsgesellschaften ersetzt wurden (Schäfer 2007, 163). Von politisch linken Akteuren wird der Kurswechsel der Berliner Landesregierung als katastrophaler Versuch interpretiert, die Privatisierungen „mit dem Mäntelchen sozialer Fürsorge zu verhüllen“ (taz 20.3.2007, 21).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Im Jahr 2007 ändern sich selbst in wirtschaftsliberalen Fragmenten die Zuweisungen an die ‚Heuschrecke/n‘. Interpretieren wirtschaftsliberale Kreise in der Implementierungsphase das Kollektivsymbol noch als „Unwissen der Sozis über die Spielregeln des Marktes“ (SZ 25.6.2007, 4), positionieren sich nun diverse politische Akteure gegen die Branche, in der „es schwarze Schafe gibt“ (ebd.). Handlungsrationalitäten werden im Sinne von Ermächtigungsversuchen gegenüber der globalisierten (Finanz-)Ökonomie formuliert, wobei sich zwei Terrains als Handlungsfelder identifizieren lassen: Erstens inszenieren sich politische Akteure als handlungsmächtige Regulatoren, indem sie Investitionen von ‚Heuschrecken‘, in concreto Mega-Fondsgesellschaften,490 in Stromkonzerne oder Krankenhausketten in die Wege leiten491 – also Investitionen im sozialen Bereich forcieren (Der Spiegel 5.3.2007, 82). Zweitens profilieren sich politische Akteure mit einem Engagement für den deutschen Mittelstand, die der Gefahr durch ‚Heuschrecke/n‘ ausgesetzt sind. Gesetzliche Regulierungen sollen „ihrerseits Schlüsselindustrien“ (SZ 7.7.2007, 25) schützen. In beiden Feldern buhlen verschiedene politische Akteure mit ihrem Kampf gegen die ‚Heuschrecke/n‘ um ein soziales Profil, das über die segmentierte Aufrechterhaltung des sozialen Sektors und den Schutz von Arbeitsplätzen angelegt wird (Focus 17.12.2007, 24). Im Jahr 2008 und angesichts der aufziehenden Krise intendiert Oskar Lafontaine (Die Linke), mit dem „Kastrieren“ von Banken und dem Eindämmen der „wildesten Spekulationen“ (SZ 4.10.2008, 27) den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken.492 Auf der bildlichen Ebene wird demgemäß eine Potenz des Marktes visualisiert, die es zu begrenzen gilt. Peer Steinbrück (SPD) legt nach und präsentiert einen Acht-Punkte-Plan für „Verkehrsregeln an den Finanzmärkten“, mit dem „künftige Finanzkrisen nicht mehr die Sprengkraft entwickeln, wie 490
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Diese Fondsgesellschaften und ihre Übernahmen werden selbst seitens wirtschaftsliberaler Akteure als „extrem heikel“ (FTD 12.2.2007, 25) bezeichnet. Werner Rügemann (2008) analysiert die diskursiven Präsentationen sowie die betriebs- und volkswirtschaftlichen Folgen der Public-Private-Partnerships (PPP), also der Übernahme von Schulen, Straßen, Entsorgungsanlagen und anderer Betriebe der öffentlichen Hand durch einen Investor, der dann mehrere Jahrzehnte Miete von der öffentlichen Hand erhält. Diese PPP tauchten erst 2003 in Deutschland vermehrt als Strategie gegen Staatsverschuldung und Investitionsstau auf (Rügemann 2008, 67). Rügemann zeigt extrem schädliche Folgen auf: Absprachen liefen ungenau und rechtsunsicher ab, oftmals handele es sich um mindere Bauqualität, die Risiken seien einseitig zu Lasten der Stadt gewichtet und wirtschaftliche Fehlprognosen seien die Regel. Auch andere politisch linke Akteure wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac werden mit der Forderung nach Unterbindung staatlicher Vergünstigungen zitiert. Attac fordert die Besteuerung der Gewinnbeteiligungen der Manager und eine steuerrechtliche Neuregelung, damit Kredite für die Unternehmensübernahmen nicht mehr von den Gewinnen abziehbar sind (SZ 28.2.2008, 58).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Noch vor einigen Jahren hatte der Staat einen weit schlechteren Ruf. Er galt als Störenfried und sollte sich aus der Wirtschaft zurückziehen. Die Bundesregierung brachte die Lufthansa an die Börse, die Telekom oder die Post. Noch immer will Berlin die Deutsche Bahn privatisieren. Doch der Schwung lässt nach. Der freie Markt wird vielen unheimlich. Sie sagen, er bedrohe Arbeitsplätze und stelle Profitinteressen der Aktionäre über die Bedürfnisse von Mitarbeitern und Kunden (SZ 25.4.2008, 23).
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es aktuell der Fall ist“ (Spiegel online 8.10.2008). Das Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie – so wird im Diskurs kolportiert – unterliegt hier einem Paradigmenwechsel:
Gegenüber diesem Topos der Gerechtigkeit spielen Vertreter der CDU und der Großen Koalition die Karte der Sicherheitspolitik aus. Gegen die Übernahme von ausländischen ‚Heuschrecke/n‘ müssten „sicherheitsrelevante deutsche Unternehmen“ (Der Spiegel 9.6.2008, 32) geschützt werden. Wolfgang Schäuble (CDU) entdeckt „besonders verwundbare“ Unternehmen, die „genuin angewiesen auf staatliche Unterstützung“ (ebd.) seien. Im Mittelpunkt steht für die Regierung die Frage, wie verhindert werden kann, dass ausländische Investoren in den Besitz eines Herzstücks deutscher Sicherheitstechnologie kommen. „Der Hersteller nationaler Dokumente muss in deutscher Hand bleiben“, fordert der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (ebd.). In diesem Kontext äußert der Innenstaatssekretär Hans Bernhard Beus, dass ausländische Investoren in der Branche „mit dem Ziel der politischen Einflussnahme“ (ebd.) agieren würden. Neben der Teilverstaatlichung soll daher außerdem deutschen Interessenten der Vorrang gewährt werden. Wie auch immer eine Entscheidung ausfällt, schon jetzt wird ein „juristischer Stellungskrieg der unterlegenen Mitbieter“ (ebd.) erwartet. Die CDU befindet sich ergo auf symbolischer Ebene in einem Krieg („Abwehrstrategie“, „Stellungskrieg“), ausgelöst durch ausländische Investoren und gerichtet gegen eine national kodierte deutsche Entität, die wiederum als „Körper“ vorgestellt wird („verwundbar“, „Herzstück“, „in deutscher Hand“). Für die CDU gilt es, diese durch politische Maßnahmen zu schützen. Durch die Versinnbildlichung Deutschlands als einem verwundbaren Körper mit Herz wird nicht nur die Bedrohung und Verletzlichkeit erfahrbar, sondern ebenso in (Körper-)Eigenes versus Fremdes differenziert.493 Eine Ein493
In den Debatten um potentielle Investoren sollen Unternehmen „in deutscher Hand bleiben“ (SZ 25.4.2008, 23), „deutsch-deutsche Übernahmen“ (FTD 21.4.2008, 77) werden angepriesen. Stephan Kaufmann beschreibt in seiner Untersuchung der Rolle der Staatsfonds und ihrer Stellung innerhalb der globalen Finanzmärkte, dass die Staatsfond-Debatte an Kriegsberichterstattung er-
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
gemeindung in einen einheitlichen Körper nivelliert die antagonistischen Interessen von Arbeitnehmer_innen, Aktionär_innen und Arbeitgeber_innen. Im folgenden Jahr, und damit vier Jahre nach der „Kapitalismuskritik“, wird formuliert, dass sich das Machtverhältnis zwischen den ‚Heuschrecke/n‘ und der Politik „eindeutig in Richtung Staat verschoben“ (SZ 31.1.2009, 24) habe. Bezuschussung oder Hilfe können „britische Finanzjongleure“ (Der Spiegel 12.1.2009, 60) im Bundeswahljahr nicht mehr erwarten, da sich Politiker_innen nun durch solch eine Intervention diskreditieren würden. Dennoch arbeiten politische Akteure wie Müntefering daran, die Finanzindustrie fester in den Griff zu bekommen. Diese sei nämlich ansonsten weg, „ehe man sie gefasst hat, sie agiert weltweit und lacht sich heimlich ins Fäustchen“ (SZ 31.3.2010, 30). Müntefering präsentiert Regulierungsstrategien zur Beschränkung der Finanzindustrie und verleiht ihnen die Gestalt einer „Verantwortungsethik“ (ebd.).494 Diese möchte ausländisches Geld ins Land holen, dabei aber anhand der „Attitüde und mit welchem Verantwortungsbewusstsein“ (ebd.) sie ausgestattet sind, abwägen, welche Investoren akzeptabel erscheinen. Die Verantwortungsethik knüpft Müntefering wiederum an den Begriff der Demokratie: Wenn die Finanzindustrie die Politik im Griff hat und nicht umgekehrt die Politik die Finanzindustrie, dann fragen sich die Menschen, wofür Demokratie denn gut ist. (…) Da hat sich eine Mischung aus Dilettanten, Spielern und Gangstern verbündet. Sie versuchen, die Politik auszumanövrieren (ebd.). In einer solchen Visualisierung, deren Übergänge zu verschwörungstheoretischen Deutungen sicherlich als fließend zu bezeichnen sind,495 bleibt die positive Besetzung des Begriffs Demokratie unumkämpft, wenngleich auch unterdeter-
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innere (2008, 8) und „viel Heuchlerei (…) und viel Dramatisierung, was Bedeutung und mögliche Folgen dieser Investmentvehikel angeht“ (Kaufmann 2008, 73), im Spiel sei. Als diskursives Ziel der Bundesregierung arbeitet Kaufmann heraus, dass es ihr um selektive Abkommen mit Staaten und eine Freiheit für deutsche Unternehmen und damit um die nationale Position auf dem Weltmarkt geht (ebd., 89). Der Ethikbegriff wird von diskursiven Akteuren aufgegriffen und zuweilen gegen Politiker_innen ins Feld geführt, die „in die Wirtschaft gehen und sich die Taschen vollscheffeln“ (FTD 27.5.2010, 11). Parallel finden sich diverse verschwörungstheoretische Deutungen der Macht des Kapitals: Es drohe eine „Finanzdiktatur“ (Mechtersheimer 2007, 1), der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft sehe bei manchen Investoren ein Handeln „mit faschistoiden Tendenzen“ (Mechtersheimer 2007, 9). Dabei sei der Einfluss der „neuen Finanzindustrie auf die Politik (…) so groß, dass diese über ihre Rahmenbedingungen weitgehend selbst bestimmen kann. (…) Politiker können diesen wuchernden Finanzkomplex kritisieren, um ihn zu kontrollieren fehlt ihnen die Macht – und das Interesse“ (ebd.).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
miniert, ebenso wie die Attitüde, die an Investoren wünschenswert sei.496 Mit protektionistischen Regulierungen versucht sich die SPD auch im Jahr 2011 als handlungsmächtig zu präsentieren. Ihre Vorstöße bleiben seitens politisch linker wie wirtschaftsliberaler Akteure umkämpft.497 Im Jahr 2012 erlebe die Private-Equity-Branche ihr „Comeback“ (Welt 27.12.2012, online). 498 Sie agieren mancherorts als strategische Investoren, andererorts bedrohen sie weiterhin den deutschen Mittelstand. Die SPD sieht sich animiert, eine neue ‚Heuschrecke/n‘-Warnung wie anno 2005 auszusprechen, denn der „Wohlstand der Stadt steht auf dem Spiel“ (Welt 28.2.2012, 29). Symbolisch und inhaltlich knüpft die SPD an die Implementierungsphase an, mit dem Unterschied, dass nun Demokratie und nicht „Kapitalismuskritik“ zum zentralen Bezugspunkt wird. Ähnlich symbolisch gestützt wie die SPD argumentiert auch Philipp Rösler (FDP) gegen die „Spieler auf dem Finanzmarkt“ (SZ 6.3.2012, 17). Damit nimmt er eine diskursive Position ein, die gänzlich von der Parteilinie sieben Jahre zuvor abweicht. Investoren sei, so die FDP im Jahr 2012, mit Öffentlichkeit zu drohen: „Händler dürfen nicht länger anonym bleiben“ (ebd.). Rösler entwirft in seiner Funktion als Bundeswirtschaftsminister einen Acht-Punkte-Plan zur „schärferen Kontrolle der Finanzmärkte“ (ebd.).499 Symbolisch stützt er seine Argumentation auf Bilder wie die Entmachtung und Eindämmung der Potenz des Marktes, ohne jedoch – und dies ist paradigmatisch für das Jahr 2012 – eine „Kapitalismuskritik“ als solche anzuführen oder gar zu aktualisieren. 496
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Dies könnte als Strategie verstanden werden, um Verstrickungen zwischen Politiker_innen und Fondsgesellschaften zu begegnen. Diese Verbindungen werden in politisch linken bis linksliberalen Erscheinungen als „Filz“ (taz 15.12.1010, 8) zwischen Ökonomie und Politik diskreditiert, durch den Private-Equity-Gesellschaften massive Vorteile erhielten (SZ 31.3.2010, 30). Die SPD hat bspw. einen Gesetzentwurf eingebracht, dem die taz eine „seltsame Sicht auf die Börse“ (taz 5.1.2011, 12) bescheinigt. Im Zusammenhang mit der Übernahme eines deutschen durch ein spanisches Unternehmens hatte die SPD einen Gesetzentwurf – auf Grundlage des Aktienrechts – erarbeitet, der Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische künftig erschweren will. Aktionär_innen sollen fortan dann besteuert werden, wenn sie von Kurssprüngen profitierten. Diese politische Intervention wird als „fragwürdig“ (ebd.) interpretiert, da Aktionär_innen ihre Aktien nie aus altruistischen Gründen halten würden. Außerdem eröffnet die Krise für ‚Heuschrecke/n‘ neue Handlungsfelder: So wird bspw. im Zuge der Debatte um den Euro-Rettungsfonds eine diffuse Gefahr durch ‚Heuschrecke/n‘ thematisiert, gleichwohl aber ihre positive Kraft auf Initiativen der Politik imaginiert: Der „Stabilisierungsversuch der Politik“ (TS 21.12.2012, 6) habe so wenig Aussichten, hätten nicht Fonds – wie ‚Third Point‘ – mit dem Kauf von Griechenland-Anleihen auf die Bemühungen der Politik um den Erhalt der Euro-Zone spekuliert. Mit dieser soll eine Reglementierung des sogenannten Hochfrequenzhandels erfolgen. Rösler fordert u.a. eine automatische Handelsunterbrechung bei starken Kursschwankungen. Diese sei jedoch an den meisten deutschen Börsen bereits üblich, wird diesem Vorschlag entgegnet (SZ 27.12.2012, 20).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Während regulierende Gesetzentwürfe als politische Strategie umkämpft bleiben,500 können sich neue politische Initiative etablieren: Gewerkschaften fordern stadtstaatliche Beteiligungen als Alternative für ‚Heuschrecke/n‘ und zur Rettung von „Arbeitsplätzen, Wirtschaftskraft, Steuereinnahmen, Einfluss auf den Warenumschlag im Hafen“ (taz 1.3.2012, 28). Aber auch das parteipolitische Spektrum debattiert über eine Rekommunalisierung, zum Beispiel durch länderkontrollierte Konsortien als „Anti-Heuschrecke“ (FTD 14.2.2012, 15). Solche Initiativen finden zum Ende des Untersuchungszeitraum ihre Legitimität vor einem politischen Tabu, das sich über die Jahre entwickelt: Politiker_innen geraten in Legitimitätsschwierigkeiten, wenn nach Verkäufen aus Bundes- oder Ländereigentum Stellenabbau und Lohnkürzungen oder Verwahrlosung des Wohnraums erfolgen.501 Ihr Imageschaden ergibt sich dabei aus einer mangelnden sozialen Verantwortung. Als Weg aus diesem Dilemma wird auf die soziale Karte gesetzt. Neben Verstaatlichungen werden bei Verkäufen von Wohnungsbeständen Sozialchartas plausibilisiert. In diesen geht es darum, „den Mieterschutz sehr hoch [zu] hängen“ (SZ 27.12.2012, 20), also trotz Verkäufen eine Sozialverträglichkeit zu betonen. Mit diesen Sozialchartas will der Bund die Käufer zu Maßnahmen zur Instandhaltung bewegen und Mieter_innen vor unverhältnismäßigen Mietsteigerungen und Luxussanierungen bewahren (Die Welt 5.4. 2012, online; FTD 14.2.2012, 15). Zentral in der Darstellung des Sinns und Zwecks der Sozialchartas ist also der Schutz der Bürger_innen durch die Politik (SZ 5.7.2012, 40).502
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Kritisch wird seitens politisch linker Akteure angefragt, ob derzeitige Gesetze einen ausreichenden Schutz gegen die Profitmaximierungsstrategien der ‚Heuschrecke/n‘ beim Bodenhandel, bei „unerwünschten Landnehmern“ (taz 26.4.2012, 9), besäßen. Auch ist das Setting der Wohnungsbestände weiterhin ein Feld, auf dem Regulierungsforderungen erhoben werden (Welt aS 16.12.2012, 51; SZ 15.2.2012, 17). Wirtschaftsliberale Akteure wenden sich hingegen weiterhin gegen gesetzliche Regulierungen. Steuerrechtliche Verschärfungen, wie die seit 2008 bestehenden Zinsschranken gegen den Abzug des Kapitals durch fremdfinanzierte Beteiligungskäufe, böten genug Sicherheit. Weitere Einschränkungen hätten jedoch negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Dem „Vertrauen der Investoren in deutsche Gesetze“ (FTD 10.4.2012, 24) würde geschadet. Dies gilt parteiübergreifend, vgl. z.B. Blackstone-Telekom-Deal der SPD (FTD 7.9.2007, 34) oder Klinik-Privatisierungen durch CSU-Landräte (SZ 23.6.2012, 57). Diese bleiben nicht unumkämpft. Kritisiert wird an diesen Sozialchartas, dass sie „nur marginal über die gesetzlichen Standards hinaus“ (SZ 6.7. 2012, 42) gehen und es keine neutralen Gremien gibt, die die Einhaltung der Klauseln überwachen. Mieter_innen durch Sozialchartas zu schützen, wird entsprechend als „rechtlich (…) ziemlich schwierig“ (ebd.) dargestellt. Das Problem wird selbst in agonal verfassten Positionen als ein rechtliches und damit nicht als eines des politischen Willens ausgewiesen. Moralisch seien ‚Heuschrecke/n‘ zudem nicht zu erreichen, und so seien Sozialchartas ungeeignet, eine Sozialverträglichkeit auszuhandeln (SZ 4.5.2012, 29).
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
Das Kräfteverhältnis zwischen Politik und Ökonomie erweist sich als historisch kontingent: Während anfangs politische Akteure die „Erzählung des machtlosen Staats“ (Knobloch 2007, 28) und eine populistische „Kapitalismuskritik“ gegen die Finanzmärkte entwerfen, habe sich über die Jahre ein potenter Staat herausgemausert, so visualisieren es politische Akteure. Diese Potenz bildet das Terrain, auf dem Regulierungsforderungen gegenüber den ‚Heuschrecke/n‘ entworfen werden, die zumeist wenig konkrete durchsetzungsfähige Maßgaben enthalten und mehr auf die Symbolkraft einer Verantwortungsethik und Demokratiefähigkeit bauen. Die Handlungsrationalistäten, die sich aus einer symbolisch konsistenten Präsentation der Finanzmärkte ableiten lassen, verändern sich innerhalb der diskursiven Aushandlungen: Zum einen werden Restriktionen zunehmend von einem breiteren Spektrum politischer Akteure vorgelegt, um sich als soziale und handlungsmächtige Akteure zu präsentieren. Zum anderen verfestigen sich Zuschreibungen der sozialen Unverträglichkeit von Verkäufen des Bundes an ‚Heuschrecke/n‘, und bei Verkäufen von Bundesbeständen drohen den verantwortlichen Politiker_innen Imageschäden. Welche Kritik findet sich nach der Absage an die „Kapitalismuskritik“ noch in den Subscriptiones? Das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ ist im April und Mai 2005 nicht ohne die „Kapitalismuskritik“ von Müntefering denkbar. Diese „semantische Vereinnahmung“ (Knobloch 2007, 21) zielt auf eine Reglementierung der „Macht des Kapitals“, die in Fondsgesellschaften ebenso wie in einzelnen CEOs verortet wird. Mit einer reformorientierten Kritik attackieren Müntefering und weitere diskursive Akteure kurzfristige Investitionen ausländischer Investoren und Fondsgesellschaften, hohe Gewinnmargen und Managergehälter sowie die Finanzierung der Übernahme durch Schulden. Nach dem Scheitern dieser offensichtlichen Wahlkampfstrategie gibt die SPD die „Kapitalismuskritik“ auf. An ihre Stelle treten andere diskursive Akteure mit Kampagnen gegen ‚Heuschrecke/n‘, wie Belegschaftsangehörige (FTD 26.10.2005, 25), Betriebsräte (Focus 18.8.2008, 34) und diverse Verbände (SZ 5.5.2008, 18). Originelle figurative und grafische Umsetzungen finden sich fortan auf Demo-Transparenten, an Werktoren, als Überschrift von Mobilisierungstexten, beim Kampf von Gewerkschafter_innen gegen die Veräußerung von Bundeseigentum wie der Deutschen Bahn etc., um Widerstand gegen Übernahme(-versuche) durch ausländische Investoren auszudrücken (Abb. 35; Abb. 36; Abb. 37; Abb. 41; Abb. 42). ‚Heuschrecke/n‘ zieren Transparente und Flugblätter, die von Mieterverbänden gegen die Verkäufe von kommunalem Wohnungsbestand ausgegeben werden (SZ 23.9.2006, 34; taz 22.3.2006, 22; SZ 26.6.2008, 26). Auch „Globalisierungsgegner“ (SZ 19.12.2007, 1) tragen ihren „massive[n] Widerstand“ (ebd.) gegen 265
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Übernahmen durch lllustrationen des Kollektivsymbol auf die Straße. Ab dem Jahr 2008 – und mit ihm die diskursive Rahmung durch die Krise beziehungsweise den Aktiencrash – erweitert sich die Stoßrichtung der Proteste gegen die ‚Heuschrecke/n‘, und sie symbolisieren nun „den erlittenen Vertrauensverlust“ (SZ 31.12.2008a, 19). Die ‚Heuschrecke‘ wird zum klassischen Emblem für den Kampf für bezahlbaren Wohnraum (TS 22.12.2012, 2), individuellen Widerstand gegen „Return-on-Invest durch Kündigungen“ (Focus 5.3.2012, 140), die „Revolte der deutschen Redakteure“ (SZ 31.12.2008a, 19) gegen den neuen Besitzer des Blattes, wochenlange Streiks von Belegschaften gegen die Sanierung des Betriebs und das Outsourcing einzelner Bereiche (FTD 7.9.2007, 34). Mit der Figuration eines Protestes durch die ‚Heuschrecke/n‘, gerichtet gegen einen fremden „Angreifer“ (SZ 28.8.2008, 4), versammeln sich so partikulare Anliegen unter einem universellen Symbol. In den letzten Jahres des Untersuchungszeitraums nehmen die Berichte über Proteste unter dem Banner des ‚Heuschrecke/n‘-Symbols ab. Forderungen von Betriebsräten werden weniger im Diskurs kolportiert oder bleiben fragmentarisch (SZ 14.8.2010, 1 Regional; Die Welt 30.1.2010, 36). Es bleibt vorrangig der taz überlassen, Details einer Kritik von protestierenden Akteuren zu präsentieren. Dabei zitiert diese beispielsweise das Netzwerk Solidarische Ökonomie sowie Attac, die sich gegen die Übernahme eines Ökoversands engagieren. Gemäß der diskursiven Wende, in der zunehmend alternative politische Initiativen anvisiert werden (s. o.), raten sie Belegschaft und Management zu alternativen betrieblichen Organisationsstrukturen, wie beispielsweise einer Kooperative (taz 10.3.2011, 8). Außerdem bildet sich in der taz ein Forum, in dem sich Leser_innen unter anderem über die Möglichkeiten der Regulierung von ausländischen Investoren durch Konsument_innen austauschen können.503 Aber nicht nur der „Kapitalismuskritik“ von Müntefering, auch den diversen Protesten gegen die Investoren wird die Legitimität abgesprochen. Am Anfang des Untersuchungszeitraums erheben sich wirtschaftsliberale Stimmen: Die Kritik an Finanzinvestoren sei einerseits „sinnlos und kindisch" (Focus 26.10.2005, 25), andererseits werden Aktionen als „Gutmenschen des Westens“, die „bei jeder heranfliegenden Kapitalisten-Heuschrecke eine Lichterkette installieren“ (Welt 1.2.2006, 1), abschätzend kommentiert. Mit dem Jahr 2007 kolportieren entsprechende Akteure zunehmend den Topos der Handlungsohnmacht gegenüber der „Macht des Kapitals“: Es gelinge Belegschaften sowieso nicht, ihr „Schicksal ab[zu]wenden“ (FTD 25.7.2007, 18). Selbst wochenlang streikende Beschäftigte hielten kein Druckmittel in den Händen, da sich die Aktienkurse 503
Zu der Potenz einer Einflussnahme auf Investoren durch bewusste Konsumentscheidungen, beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung „sozialer und ökologischer Standards“ (taz 6.6. 2012, 12), existieren konfligierende Positionen.
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4.2 Die ‚Heuschrecke/n‘ und die „Kapitalismuskritik“
des Unternehmens dadurch sogar stabilisierten (FTD 7.9.2007, 34). Einige Jahre später resümiert selbst die taz zynisch, dass massive Widerstände (einer Zeitungsbelegschaft gegen einen bestimmten Investor) nur insofern erfolgreich gewesen seien, als dass ein ausländischer Investor durch eine andere ‚Heuschrecke‘ ersetzt wurde. Der neue Investor würde nun ebenso auf einen Abbau von Stellen insistieren (taz 19.2.2010, 14).
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4.2.4
Resümee: Zum Effekt der ‚Heuschrecke/n‘
Eine Diskursanalyse kann sicherlich kaum eine Antwort auf die Frage nach dem Effekt der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik geben. Eine Rekonstruktion von synchronen und diachronen Deutungsmustern und Handlungsrationalitäten macht jedoch deutlich, welche Erklärungen von Ökonomie, Krise und Politik bereitgestellt und welche Bewältigungsstrategien nahegelegt werden (siehe oben). Nicht zuletzt lassen einzelne Abwicklungen Schlüsse auf eine Wirkmächtigkeit der Symbolik zu: So sieht sich ein Immobilienkonzern nach der Übernahme durch einen ausländischen Investor veranlasst, Angaben zur zukünftigen Geschäftsführung zu machen. Dabei werden dezidiert die Punkte abgearbeitet, die als Manko einer Übernahme durch die ‚Heuschrecke‘ vom Mieterbund vorgebracht worden waren (SZ 26.6.2008, 26). Auch lassen sich vermehrt Bemühungen von ausländischen Investoren rekonstruieren, ihre Übernahmen als „freundlich“ darzustellen, um Widerstand und Misstrauen von Belegschaften zu zerstreuen (Focus 18.8.2008, 34; SZ 1.2.2008, 1). Auch in der Platzierung des Begriffs des strategischen Investors findet sich der Versuch, Aspekte des „Abgrasens und Weiterziehens“ zurückzuweisen. Nicht zuletzt erschweren die jahrelangen agonalen Aushandlungen um die Legitimität der Verkäufe von bundeseigenen Immobilienbeständen an ausländische Fondsgesellschaften es den politischen Akteuren, sich als sozial verantwortlich zu präsentieren und gleichzeitig auf diese Weise die eigenen Kassen zu füllen. Schlussendlich werden neue Handlungsrationalitäten diskutiert, wie die Wertschöpfungsprozesse und die Besitzverhältnisse in den Unternehmen anders gestaltet sein könnten. 504 504
Neben Unternehmensführungen und Fondsgesellschaften beziehen sich auch nicht primär involvierte Akteure auf jene Aushandlungen um ‚Heuschrecke/n‘: So überrascht eine Begründung eines richterlichen Urteils gegen einen ehemaligen Pächter des übernommenen Unternehmens Tank & Rast im Jahr 2005. Dieser Pächter wird für eine Erpressung milde belangt, da ihm trotz Schuldspruch mildernde Umstände zugestanden werden, da er als „Opfer einer relativ aggressiven Geschäftspolitik“ (Der Spiegel 1.10.2005, 100) angesehen wird. In einer Reportage im Spiegel wird die Notlage des Pächters mit detaillierten Ausführung über die unzumutbaren Rahmenbedingungen, evoziert durch die ‚Heuschrecke‘, bekräftigt und der Richterspruch somit indirekt legitimiert.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Wie gezeigt werden konnte, verfügen einige diskursive Strategien über eine Potenz, die grundlegende Kritik an der Wachstums-Eschatologie zu neutralisieren: Innerhalb moralischer Argumentationen eines neuen unethischen Prinzips der Profitmaximierung bleiben Strukturen einer kapitalistischen Vergesellschaftung unsichtbar.505 Taxiert werden Faktoren wie Fremdheit, Langfristigkeit und der Umfang der legitim zu streichenden Arbeitsplätze. Damit erwächst aus der neuen politischen sozialen Ethik nolens volens eine Beliebigkeit, die daran mitwirkt, dass Anschlussmöglichkeiten beispielsweise für streikende Betriebsräte verunmöglicht werden. Die ‚Heuschrecke/n‘ liefern keine Deutungsmuster, die als politische Strategie zur Stärkung von Belegschaften identifiziert werden könnten: Durch die Vision einer äußeren Bedrohung kann (vermeintlich) widerspruchsfrei zu wirtschaftlichem Wachstum eine soziale Sicherheit kooptiert werden.506 Durch den Referenzpunkt Demokratie reduzieren sich konfligierende Positionen gegenüber der (Finanz-)Ökonomie. Wenn Anfang 2012 die Süddeutsche Zeitung resümiert, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise „Reflexe aus[löst], die man nur antikapitalistisch nennen kann“ (SZ 20.1.2012, 18), und behauptet, „die Frage nach Alternativen zum Kapitalismus [werde] wieder aufgeworfen“ (SZ 25.1.2012, 23), dann bleibt nur zu folgern, dass die Bedeutung dieses Begriffs rejustiert wurde. Denn ökonomiekritische Deutungsmuster sind in den Beschwörungen der ‚Heuschrecke/n‘ gänzlich verschwunden. Stattdessen werden vermeintlich aktuelle Erscheinungen eines entfesselten Kapitalismus, symbolisiert durch Wortkomposita wie Turbo- oder Raubtierkapitalismus sowie vertreten durch Akteure wie ‚Heuschrecke/n‘, dämonisiert, um noch trittfester für Sanierungen und wirtschaftliches Wachstum voranzuschreiten. Ceterum censeo bleibt zu resümieren, wie im eingangs zitierten Aphorismus anklingt, dass es den politischen und ökonomischen Akteuren gelingt, sich und ihre Handlungsrationalitäten als Lösung von Krisen zu präsentieren, die sie selbst verursachten.
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Kapitalismus als Kategorie zur Analyse der Struktur der Vergesellschaftung verliert maximale Bedeutung, so resümiert auch Oppenhäuser (2006b, 42). Müntefering bringt dies auf den Punkt: „So wie das Soziale wichtig – und im Übrigen eine große wirtschaftliche Kraft – ist, so ist ein hohes Maß an sozialer Sicherheit nur zu erreichen, wenn Europa ökonomisch erfolgreich ist“ (SZ 24.2.2007, 6).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
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Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus507
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Von Bedeutung ist allein die Bestimmung des Systems der Veridiktion, das ihnen ermöglicht hat, eine Reihe von Dingen als wahr zu behaupten, von denen man nun zufällig weiß, dass sie es vielleicht nicht waren. Es ist nicht die Geschichte des Wahren und nicht die Geschichte des Falschen, sondern die Geschichte der Veridiktion, die politische Bedeutung hat (Foucault 2010, 131). Im massenmedialen Diskurs hat sich das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ in wenigen Wochen etabliert. Seit 2005 übersetzt es – von der taz bis zum Focus – komplexe ökonomische Zusammenhänge in einen leicht verständlichen Vorgang und liefert stante pede die politische Lösung zur Bekämpfung der Krise(n). Folgen wir Foucault, stellt sich uns bei der Betrachtung dieser Übersetzung nicht die Frage, ob es verwerflich ist, dass sich internationale oder US-amerikanische Finanzinvestoren wie Insekten verhalten. In den Vordergrund rückt stattdessen, welche Deutungen und Handlungsrationalitäten sich hegemonialisieren, inwiefern sie beispielsweise einen Arbeitsplatzabbau plausibilisieren oder welche Akteure sich wann und wie positionieren können. Auf der Suche nach einer Geschichte der Veridiktion gewinnen solche Diskursstränge an Bedeutung, in denen Wahrheiten über einen längeren Zeitraum Teil agonaler Aushandlungen bleiben oder sich synchron wiedersprechende Deutungen hegemonialisieren. In Diskursfragment politisch linker Strömungen bleiben die Aushandlungen um die Legitimität des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ und damit um die legitime Deutung ökonomischer Prozesse unentschieden.508 Ein Ringen um die Hegemonialisierung partikularer Deutungen lässt in den Debatten um eine Kampagne des Bündnisses Bahn für Alle, in dem sich Attac509 und 17 weitere Orga507
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Das erste Weltsozialforum in Porto Alegre stand unter dem Motto: „Un otro Mundo es Possible“, worauf diese Kapitelüberschrift anspielt. Ziem kommt in seiner Studie zu einem anderen Ergebnis. Seines Erachtens wird die ‚Heuschrecke‘ zum „Fahnenwort der Globalisierungskritiker“ (Ziem 2008, 109), sie vollziehe eine „Bilderbuchkarriere“ (ebd.), wie er in Bezugnahme auf das Werk ‚Angriff der Heuschrecken‘ von Jürgen Elsässer vermerkt. Das 1998 in Frankreich gegründete globalisierungskritische Netzwerk Attac (association pour la taxation des transctions financières et pour l’action citoyenne) (zum Entstehungskontext von Attac vgl. Schmid 2001), das sich als Teil der globalisierungskritischen Bewegung versteht, hat mittlerweile Dependancen in 34 Ländern. Es setzt sich für soziale, ökologische und demokratische Alternativen weltweit ein. Ausgangspunkt war eine französische Initiative, die unter Einforderung gesellschaftlichen Drucks Regierungen dazu drängen wollte (und will), eine internationale ‚Solidaritätssteuer‘ zur Regulierung und schlussendlich Kontrolle der internationalen Fi-
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nisationen gegen den Börsengang der Bahn AG (2006-2008) engagieren, rekonstruieren. Im Folgenden wird diese Auseinandersetzung, exemplarisch für viele weitere Dispute, in den Fokus gerückt.510 Auch hier leiten wieder Fragen511 durch die Analyse, die analog zu jenen in den Kapiteln 4.2.1 und 4.2.3 angelegt sind: Wer wird zur ‚Heuschrecke‘ und welche Wissensaspekte lassen sich über diese justieren? Wie werden ökonomische Prozesse versinnbildlicht? Wie wird das Verhältnis zwischen Politik und ökonomischen Akteuren stilisiert? Welche Kritik oder Widerstandsformen lassen sich über die ‚Heuschrecke/n‘ ausdrücken?
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Statt jedoch auch in diesem Unterkapitel eine möglichst präzise Darstellung synchroner und diachroner Deutungen darzustellen, werden die Knotenpunkte und agonalen Diskurspositionen der ringenden Positionen priorisiert. Dieser Perspektivwechsel eröffnet zusätzliche Fragen, die en passant in die Rekonstruktion einfließen: Welche Kritikpunkte werden gegen das Kollektivsymbol vorgebracht? Welche abweichende Deutung kapitalistischer Prozesse wird plausibilisiert? Welche Akteure können sich als handlungsmächtig positionieren? Welche Effekte tragen diese Debatten (für eine politische Linke)?
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nanzmärkte zu erlassen: die sogenannte Tobin-Steuer (Grefe 2002, 103f.). Der Themenkatalog von Attac hat sich in den folgenden Jahren erweitert, bspw. um die Schließung der Steueroasen, Streichung der Schulden der Entwicklungsländer und Forderungen nach einem „gerechten Handel“. Neben der Bildungsarbeit steht dabei die Anrufung von Politik und Wirtschaft ebenso auf der Agenda wie die Vernetzung zivilgesellschaftlicher Initiativen (vgl. Selbstverständniserklärung Attac 2013). Zum Netzwerk Attac Deutschland gehören im Jahr 2013 ungefähr 170 Organisationen, unter anderem die Gewerkschaft ver.di, christlich motivierte Friedensgruppen wie Pax Christi oder der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Entsprechend versammelt sich selbst innerhalb der deutschen Sektion von Attac eine Vielfalt sehr heterogener Positionen (Wissen 2001; Rätz 2003). Aus forschungsökonomischen Gründen können hier nicht diverse Debatten und regionale Besonderheiten aufgegriffen werden. Auf einige Grafiken, Aktionsformen sowie Veröffentlichungen zu weiteren diskursiven Ereignissen wird jedoch im Weiteren verwiesen werden. Etwas ausführlicher sind noch diskursive Fragmente aus der Kontroverse um eine Broschüre von ver.di im Jahr 2007 bearbeitet. Diese Debatte wurde ausgewählt, um das Feld in seiner Synchronität zu erweitern und eine diachrone Perspektive auszubauen. Allerdings ist in dieser letzten Untersuchung die Frage nach der Krise gestrichen, da eine krisenhafte Erscheinung bereits vorausgesetzt wird und unter den vier anderen Fragen jeweils wieder aufgegriffen wird.
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
Den diskursiven Rahmen der Aushandlungen um die ‚Heuschrecke/n‘ bildet eine innerlinke Kontroverse um einen neuen Antisemitismus512 in der politischen Linken.513 Vor über zehn Jahren ist erstmals die sogenannte globalisierungskritische Bewegung in die Kritik geraten, Affinitäten zu einem neuen Antisemitismus zu besitzen (u.a. Haury 2007, 155f.).514 Hinter dieser Bezeichnung als Bewegung515 lässt sich ein breites Sammelbecken von heterogenen, internationalen,
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Die Auseinandersetzungen um einen neuen Antisemitismus kreisen um drei Felder: Erstens werden die Grenzen zwischen legitimer und antisemitisch motivierter Kritik an der israelischen Politik verhandelt. Erste Auseinandersetzungen um diesen Punkt entwickelten sich im Zuge des Sechs-Tage-Kriegs (u.a. Améry 1982; Andresen 2006; Brumlik 1986; Claussen 1988; Diner 1987; Haury 2004, 144ff.; Haury 2005; Herf 2004; ISF 2002; Keilson1988; Kloke 2001; Kraushaar 2005; Meschkat 2005; Später 2003; Strobl 1994). Zweitens zentrieren sich Untersuchungen um die Verbreitung von Antisemitismus in islamischen Soziokulturen und Ländern (Benz 2004; Brosch 2007; Rabinovici/Speck/Sznaider 2004, 9ff.; Strauss 2004; Weiss 2005). Und drittens, und um diesen Punkt wird es dezidiert gehen, wird die politische Linke seit den späten 1960erJahren nach theoretischen Anleihen und Aktionsformen und deren Affinität zu antisemitischen Einstellungen und Weltbildern befragt. Frank Stern (2008) kritisiert diesen Begriff des neuen Antisemitismus, da er die Kontingenz und Langlebigkeit antisemitischer Vorurteile und damit ihre Aktualisierbarkeit, abhängig von den Bedürfnissen der Generationen, gesellschaftlicher und politischer Bewegungen, verschleiert. „Es mag (…) medial wirksam sein, die jeweiligen aktuellen Verbindungen als neuen Antisemitismus zu bezeichnen, doch besteht dann die Gefahr, in den tagespolitischen Auseinandersetzungen die restlichen aktiv-wirksamen Elemente des Antijüdischen zu übersehen“ (Stern 2008, 30). Antisemitismus in der politischen Linken wird dabei nicht als neues Phänomen verstanden. Ältere, politisch linke Strömungen stehen ebenso auf dem Prüfstand: Micha Brumlik wendet sich bspw. einer Tradition des Antisemitismus in der anarchistischen und früh-sozialistischen Bewegung zu (Brumlik 2000). Außerdem zeigt Olaf Kistenmacher (2007) in einer kritischtheoretischen und diskursanalytischen Untersuchung, dass es bereits die KPD in der Weimarer Republik unterließ, eine Identifizierung von ‚Juden‘ mit dem unproduktiven Kapital zu kritisieren. Für die KPD diagnostiziert Kistenmacher einen sogenannten „fetischistischen Antikapitalismus“, dessen Ursprünge ins 19. und 20. Jahrhunderts fallen, als ‚Juden‘ nicht mehr nur das Stigma des Reichtums und der Macht anhaftete, sondern ‚Juden‘ stattdessen den Kapitalismus als Phänomen personifizierten (Kistenmacher 2007, 86). Zu linkem Antisemitismus in der deutschen Presse in der Weimarer Republik vgl. Kistenmacher (2013). Die Bezeichnung als Bewegung ist durchaus umstritten, da die Frage nach einem politischen Grundkonsens als ungeklärt bewertet wird (Bewernitz 2002, 99f.). Aktivist_innen reagieren nämlich auf verschiedene politische, ökonomische und soziale Entwicklungen, wenngleich dies oftmals von ihnen als Globalisierung identifiziert und damit als ein gemeinsamer Topos präsentiert wird. Während Markus Wissen (2001) einen gemeinsamen „Politikansatz“ entdeckt, in dem es darum geht, „institutionelle Zentren neoliberaler Globalisierung – also IWF, Weltbank, WTO, G8“ (Wissen 2001, Abs.3) – anzugreifen, sehen sich andere Gruppen und Akteure unter einer Fremdzuschreibung als Globalisierungsgegner_innen charakterisiert und dadurch mit inhaltlichen Grundlagen und Aktionsformen assoziiert, von denen sie sich explizit abgrenzen (Bewernitz 2002, 117). Eine andere Kritik richtet sich an den Begriff der Globalisierungskritik, da nicht die Globalisierung abgelehnt werde, sondern lediglich die neoliberale Wirtschaftspolitik (PfahlTraughber 2011, 94-96).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
sozialen, religiösen und politischen Bewegungen und Einzelpersonen identifizieren. Dazu gehören diverse Gewerkschaften, indigene Gruppen, Landlosenvertretungen, politische Netzwerke, Anarchist_innen, Kommunist_innen, Umweltschützer_innen und diverse unabhängige, autonome Gruppen (Bewernitz 2002, 65).516 Als Gründungsmythos der Bewegung gilt die Erhebung der Zapatist_innen in Mexiko im Jahr 1994,517 während die Proteste gegen die dritte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) Ende 1999 als erster Kristallisationspunkt der Bewegung ausgemacht werden (Leggewie 2003, 113f.). In den Medien erhielt die Bewegung vor allem aufgrund ihres anti-institutionellen und konfrontativen Charakters einige Aufmerksamkeit (Brand 2003, 36). Große Mobilisierungen erfolgten gegen den NATO-Gipfel in Prag (2000), den EUGipfel in Göteborg (2001) und den G8-Gipfel in Genua (2001). Im selben Zeitraum entwickelten sich ein jährlich stattfindendes Weltsozialforum,518 kontinentale, überregionale sowie regionale Sozialforen. Eine grobe Klammer jener Gruppen, die sich selbst zu dieser Bewegung zählen, bildet einerseits die Charta der Prinzipien, die im Rahmen des ersten Weltsozialforums in Puerto Alegre verfasst wurde, andererseits die Förderung einer Vernetzung verschiedener Strömungen sowie der Austausch um Alternativen zu hegemonialen neoliberalen Prozessen und Normen.519 Generell werden drei Charakteristiken dieser sozialen Bewegung skizziert: Sie verortet sich jenseits der Realpolitik, sie verfügt über ein konfliktfreudiges Politikverständnis und sie greift Widersprüche zwischen der Präsentation des neoliberalen Glücksversprechens und seiner krisenhaften Erscheinungsweisen auf, wenn auch auf sehr vielfältige Art und Weise (Brand 2001, 38).520 Trotz dieser Grundzüge bleibt umstritten, ob von einer globalisie-
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Konkret zur Heterogenität der Struktur und Aktionsorganisation bei den Protesten in Genua und Seattle vgl. Andreatta u.a. (2003). Über den Charakter der entstehenden sozialen Bewegung aus Anlass der zapatistischen Initiative siehe Habermann/Patel (2001); ein übersichtliches Kurzportrait des Weltsozialforums liefert Herckenrath (2011, 131-166); zu den Anfängen der globalisierungskritischen Bewegung und ihren Protestformen vgl. Aguiton (2002). Das thematische Spektrum der Weltsozialforen ist sehr weit aufgefächert, es reicht von Themenfeldern der demokratischen nachhaltigen Entwicklung bis zu Diversität bei gleichzeitigen Gleichheitsforderungen, Kampagnen der Gegenöffentlichkeit und antimilitaristischen Zielsetzungen (Leggewie 2003, 142). Die Teilnehmer_innen des ersten Weltsozialforums in Brasilien verfassten eine „Charta der Prinzipien“ (2001) über den anvisierten Charakter der Foren, eine Charta, auf die heute noch in Papieren Bezug genommen wird. Claus Leggewie merkt an, dass sich unter dem Label sehr unterschiedliche Typen der Kritik an der Globalisierung befinden. Er differenziert diese als Feinde, Gegner und Kritiker der Globalisierung, wobei er unter diesen Kategorien religiöse Gruppen, Intellektuelle, Reformer_innen, Bewegungsaktivist_innen und auch rechte Gruppierungen ausmacht (Leggewie 2003, 50-89).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
rungskritischen Bewegung521 gesprochen werden kann, zumal neben den theoretischen Bezügen auch die thematischen Felder der Kritik stark divergieren: Die Themenvielfalt des Spektrums reicht vom Antirassismus über feministische Schwerpunkte und Antimilitarismus (Bewernitz 2002, 101-107) bis zu Fragen der Kritik der ökonomischen Verhältnisse. In den Protesten gegen die WTOKonferenz in Seattle dominierten beispielsweise Fragen zur genetischen Veränderung bei Pflanzen und die Zerstörung der Nahrungssouveränität durch transnationale Konzerne (Mies 2001, 15). Klein- und Mittelbauernverbände aus Bangladesch, Frankreich oder Kanada attackierten (diskursiv) transnationale Konzerne und ausländische Investoren (Mies 2001, 34 & 162). Hingegen spielten in der Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm Fragen der Prekarisierung, der Schuldenpolitik der G8, Forderungen nach sozialen Rechten, nachhaltiger Entwicklung und Antimilitarismus ebenso eine Rolle wie verschiedene theoretische Grundlagen (u.a. Buchholz/Kipping 2006).522 Diese Diversität an theoretischen Grundlagen, Schwerpunkten, Akteuren und Aktionsformen523 berücksichtigend, ist es m. E. absurd, von einem neuen Antisemitismus der globalisierungskritischen Bewegung zu sprechen, geschweige denn diesen analysieren zu wollen. Um diese begriffliche Vereinheitlichung nicht zu reproduzieren, wird der Fokus im Folgenden auf bestimmten Deutungen, Symbolisierungen sowie Aktionsformen liegen, die in einer innerlinken Debatte524 umkämpft sind,525 und um die eine umfassende Textproduktion mit 521
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Eine kritische Reflexion des Begriffs Globalisierung liefert Trampert (2004). Als essentiell für die Zuschreibungen im politischen Diskurs bemängelt er eine positive Bezugnahme auf den Nationalstaat. Eine Chronologie der Proteste gegen die Gipfel offenbart eine immense Vielfalt von Themen, Aktionsformen und Gegenreaktionen vgl. Buchholz/Kipping (2006, 167-171). Selbst die Organisationsformen der transnationalen und intergenerativen sozialen Bewegung auf dem Gipfel unterscheiden sich gravierend: Sitzblockaden, ziviler Ungehorsam und militante Protestformen stehen auf Demonstrationen nebeneinander und nicht selten wird selbst innerhalb der Bewegung die sogenannte Gewaltfrage gestellt (Leggewie 2003, 124-132). Die politische Auseinandersetzung fördert Veröffentlichungen in einem breiten Spektrum deutschsprachiger Zeitschriften: Sie wurde und wird in der linken Wochenzeitung Jungle World, dem vierteljährlich erscheinenden Theorie- und Diskussionsmagazin Phase2, in der Monatszeitung der undogmatischen, außerparlamentarischen Linken AK – Analyse & Kritik, der zwei bis drei Mal im Jahr erscheinenden ideologiekritischen Bahamas, der wertkritischen Zeitschrift Krisis, in der marxistisch orientierten Tageszeitung Junge Welt, der zweimonatlich erscheinenden iz3w und der liberalen monatlich erscheinenden Zeitschrift Merkur sowie weiteren geführt. Zu einer Systematisierung der Konfliktlinien innerhalb der politischen Linken vgl. Haury (2004) und Bosch u.a. (2007). Neben den für diese Analyse relevanten Aspekten werden im Rahmen der Aushandlungen um einen linken Antisemitismus Deutungen und Stellungsnahmen zum Nahost-Konflikt thematisiert und problematisiert. Eine kommentierte Bibliografie der Auseinandersetzung liefern Peter Ullrich (Ullrich 2012) und Peter Nowak (2013). Neben dem Nahost-Konflikt sind Antiamerikanis-
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breiter Rezeption entstand.526 Auch in der scientific community, den Sozial-, Politik- und Kommunikationswissenschaften, zu der zum Teil enge intradiskursive Verflechtungen bestehen, finden agonale Aushandlungen um diese Deutungen und die Kritik an ihnen statt. Die theoretischen Zugänge sind dabei mannigfach,527 und was als Antisemitismus in der heutigen politischen Linken zu bezeichnen ist, bleibt überaus umstritten (Bergmann 2008; Endelmann 2005; Rabinovici 2004; Strauss 2004).528 Die agonalen Aushandlungen setzen bereits bei den Begriffsdefinitionen an: den modernen Antisemitismus,529 den eliminatorischen Antisemitismus,530 den sekundären Antisemitismus531 nach Auschwitz, der nicht trotz, sondern wegen Auschwitz (Broder 1986, 11) Ressentiments bewegt (Benz 2004, 19) und den
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mus sowie Überschneidungen mit Verschwörungstheorien und Antisemitismus Aspekte, die innerhalb der politischen Linken agonal verhandelt werden (Diner 2002; Globisch 2013, 45f.; Markovitz 2001 und 2004; Uwer u.a. 2003). Schlussendlich wird auch eine Anschlussfähigkeit für politisch rechte Bewegungen und eine Offenheit gegenüber der sogenannte QuerfrontStrategie, also dem Versuch der Kooperation bzw. die Mitarbeit von rechtsradikalen Gruppen und Individuen in der globalisierungskritischen Bewegung, kritisiert (Bozic 2010; Frindte 2006, 118; Haury 2004, 160 und 2005, 75f ; Wolters 2000; Zeusner u.a. 2007). Selbst die großen linken Stiftungen nehmen sich des Themas an: Die Konferenz der HeinrichBöll-Stiftung fand im Februar 2004 zum Thema „Ist die Globalisierungsbewegung antisemitisch?“ statt. Die Konferenz der Hans-Böckler-Stiftung trug den Titel „Antisemitismus in der deutschen Linken“ und tagte im November 2004. Im Januar 2007 schloss sich die RosaLuxemburg-Stiftung mit „Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus – Eine Zwischenbilanz“ diesem Kreis an. Neben vielen weiteren veranstaltete auch Attac Österreich 2004 einen Kongress mit dem Titel „Antisemitismus und Globalisierungskritik“. Eine detaillierte Systematisierung der diversen theoretischen Zugänge liefern u.a. Wolfgang Benz (2001, 129-142), Klaus Holz (2001, 49-110) und Lars Rensmann (2004, 95-122) sowie Samuel Salzborn (2010) zu sozialwissenschaftlichen Theorien. Zum Antisemitismus in der politischen Linken existieren vielseitige Studien (u.a. Arbeitskreis Kritik des deutschen Antisemitismus 2001; Benz 2004; Brumlik 1991; Claussen 1986; Diner 1987/1993/2002; Cohen 2005; Hyder u.a. 2005; Keilson 1988; Kloke 1990/2004; Kreis 2005). Diskursanalytische Arbeiten haben u.a. das Duisburger Institut für Sozialforschung (2002); Jäger & Jäger (2003) sowie Jäger (2005) herausgegeben. Hierbei handelt es sich um einen Oberbegriff für divergierende Ausprägungen: den mit Wilhelm Marr in Verbindung stehenden neuen „wissenschaftlichen“ und biologistischen Rassenantisemitismus als Abgrenzung zum vormals vor allem religiös motivierten Antijudaismus (Poliakov 1987; 1988). Dieser Begriff fokussiert den in Auschwitz kulminierenden Antisemitismus vor dem Hintergrund der spezifischen Werte und kognitiven Strukturen der deutschen Gesellschaft (Goldhagen 1996). Rensmann beschreibt den sekundären Antisemitismus im Anschluss an das Institut für Sozialforschung als „Motivationskomplex neuerer Judenfeindlichkeit“ (1998, 231), dem als Abwehr der Erinnerung sowohl ein zwanghaftes psychisches Gefüge wie auch eine bewusste politische und gesellschaftliche Dimension zukommt. Birgit Rommelsbacher expliziert dies als Wunsch, Auschwitz zu verdrängen, um sich der damit verbundenen negativen Gefühle zu entledigen (Rommelsbacher 1995, 42).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
neuen Antisemitismus.532 Der Kern der innerlinken Auseinandersetzung, die den diskursiven Hintergrund der hier untersuchten Diskursfragmente bildet, behandelt den Charakter des neuen Antisemitismus und inwiefern dieser auf einen Diskriminierungskomplex verweist, der im Gegensatz zum Rassismus nicht nur einen Vorurteilskomplex und eine dichotome Konstruktion des Eigenen versus des Anderen verkörpert, sondern auch eine umfassende Erklärung der modernen Welt und ihrer kulturellen, sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Prozesse zur Verfügung stellt. Somit inkorporiert der Antisemitismus eine antimoderne Welterklärung, in der der ‚Jude‘ als globaler Aggressor – gegenüber der nationalen Gemeinschaft – konzipiert ist (Rensmann 2007, 166f.). Die Definition des Antisemitismus in den Aushandlungen um die globalisierungskritische Bewegung bezieht sich auf implizite und latente Formen, also solche, die einen Anspielungscharakter besitzen und damit gesetzliche und politische Barrieren (durch das Artikulationsverbot) umgehen (Wodak 1990, 293). Diese modernisierte Form eines Antisemitismus benutze wegen der offiziellen Tabus quasi eine Hintertür (Adorno 1971, 109). Der latente Antisemitismus besitzt verschiedene Erscheinungsformen, es handelt sich um ein „Ensemble von Vorurteilen, Klischees, fixierten kollektiven Bildern, binären Codes und kategorialen Attributierungen sowie diskriminierenden Praktiken gegenüber Juden und Jüdinnen, die sich zur politischen Ideologie und zum Weltbild verdichten können“ (Rensmann 2005, 20). Diese erscheinen über Codes, Anspielungen und Chiffren (Haury 2002), die kontingent bleiben und den jeweiligen Grenzen des Sagbaren sowie den jeweiligen politisch-kulturellen Gelegenheitsstrukturen unterworfen sind (Rensmann 2004, 211ff.).533 Vermittelt wird dieser Antisemitismus über eine Bewusstseins- (Bergmann 1988) und Kommunikationslatenz (Bergmann/Erb 1986; Bergmann 1986), die in doppelter Hinsicht erscheinen: Einerseits wirkt die Latenz funktional und produktiv in der Hervorbringung neuer gesellschaftlicher und ideologischer Gestalten des Antisemitismus, andererseits verweist sie auf eine psychische Latenz, einen Versuch der Unterdrückung und Verdrängung antisemitischer Stereotypen. Diese psychische Latenz erhält in den Aushandlungen um den politisch linken Antisemitismus einen zent532
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Die einzelnen Phänomene sind nicht getrennt voneinander zu verstehen, sie stehen miteinander in Verbindung, überlappen sich und bedingen sich gegenseitig. Außerdem existieren darüber hinaus der Philosemitismus und der Antizionismus als Formen des sekundären Antisemitismus. Die Forschungsliteratur hierzu ist umfangreich, sie muss hier jedoch, um den Untersuchungsgegenstand nicht aus den Augen zu verlieren, in der Anzeige der Entwicklungen zurückstehen. Peter Ullrich (2008a) zeigt anhand einer vergleichenden empirischen Untersuchung die Bedeutung von diskursiven Gelegenheitsstrukturen bei der Frage nach einem neuen Antisemitismus von links im Kontext des Nahost-Konflikts. Die Grenzen der legitimen Kritik an der israelischen Politik variieren bspw. zwischen England und Deutschland, so seine These, dabei gerade durch einen andauernden innerlinken Konflikt in der bundesdeutschen Linken (2008, 67a).
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ralen Stellenwert, da sich linke politische Akteure per definitionem nicht als Antisemit_innen begreifen.534 Der hier problematisierte Antisemitismus politisch linker Akteure beziehungsweise die von ihnen genutzten Symbolisierungen, Deutungen etc. bleiben daher immer ein „Antisemitismus ohne Antisemiten“ (Marin 2000). Hier eröffnet sich der erste Konfliktpunkt, der auf einer sprachwissenschaftlichen, verbunden mit einer psychosozialen Ebene, verortet werden kann: So hebt beispielsweise Jäger auf die Problematik der kommunikativen Absicht als Grundlage zur Bewertung, ob Aussagen antisemitisch zu deuten sind, ab. Dazu bedient er sich eines Beispiels aus dem EUMC-Report von einer Aktion von Globalisierungskritiker_innen gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos im Jahr 2003. Bei einem Straßentheater tanzten Aktivist_innen mit Scharon- und Donald-Rumsfeld-Masken um ein goldenes Kalb (Hammerschmitt 2003; Leggewie 2005, 100). Die Figur des US-amerikanischen Politikers trägt einen gelben Stern535 auf der Brust. Nach Jäger kann „[s]o etwas (…) antisemitisch grundiert sein und auch so verstanden werden; das muß aber nicht der Fall sein. (…) Das Symbol vom Goldenen Kalb kann ebenfalls als antisemitischer Stereotyp wirken, es muß aber nicht als solches gelesen werden und als solches wirken“ (Jäger 2005, 121; Herv. im Orig.). Ob, so Jäger weiter, etwas als antisemitisch gedeutet wird, hängt dabei nicht von der Intention und den jeweiligen Kontextbedingungen ab (Jäger 2005, 119). Auch wenn eine Assoziation nicht impliziert ist, kann sich ein antisemitischer Sinngehalt bei den Rezipient_innen entfalten (Jäger 2005, 135; sowie Rensmann 2007, 174).536 Andere Studien weisen dies ebenfalls für Rassismus nach, der selbst in explizit antirassistischen Praktiken emanzipato-
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Wahl folgert hieraus, dass es zwar wohl vereinzelt einen Antisemitismus bei einigen Linken geben würde, man aber nicht von einem linken Antisemitismus sprechen könne (Wahl 2004, 9). Problematisch wäe diese Schlussfolgerung, so Trenkle, da damit der Zusammenhang zwischen tradierten linken Deutungen und Antisemitismus geleugnet würde (Trenkle 2004, Abs. 3). In Verteidigung der Aktion und als Zurückweisung des Vorwurfs, antisemitische Stereotype zu bedienen, wird eingebracht, es handele sich um einen gelben Stern, auf den „Sheriff“ gekritzelt sei. Somit könne dieser Stern nicht als ‚jüdische‘ Markierung interpretiert werden (PfahlTraughber 2011, 100). Paradoxerweise schreibt Jäger ebenso: „Die Frage ist immer, ob es als solches gemeint ist und auf wen es als solches wirkt. Es kann auch scherzhaft oder ironisch gemeint sein“ (Jäger 2005, 121; Herv. im Orig.). Gegen diese intentionale Definition von Antisemitismus wendet Rensmann ein, dass sie den „nicht-intentionale[n] Charakter von rassistischen Stereotypen und Diskursen“ (Rensmann 2007, 173) verkenne. Trenkle geht noch darüber hinaus und spricht von einem „antisemitisch geprägten, gesellschaftlichen Unbewussten (…), dessen Implikationen und Konsequenzen“ (2004, Abs. 21) bspw. bestimmte antisemitische Stereotypen befördern können.
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rischer linker Projekte reproduziert werden kann (Weiß 2001).537 Da sich gemäß eines politisch linken Selbstverständnisses sowohl rassistische wie antisemitische Positionen verbieten, werden entsprechende Vorwürfe als schwerwiegend interpretiert und zurückgewiesen.538 Der erste Konfliktpunkt stellt also die Frage, ob eine politisch linke Diskursposition entscheidend ist für eine Klassifikation, ob Aussagen, Symbole oder Stereotypen antisemitisch sind. Natürlich stützt sich diese Diskursposition dabei auf aktuelle Definitionen von Antisemitismus. Diese sind jedoch diskursiv umkämpft, und es existieren unterschiedliche Begriffe und Begriffssysteme. Die zweite Konfliktlinie verläuft entlang dieser verschiedenen Definitionen beziehungsweise theoretischen Bezüge. Grundlegend gilt für einen Antisemitismus in der politischen Linken, dass er nicht als konsistentes antisemitisches Weltbild erscheint, sondern vielmehr als „Partikel des Ressentiments“ (Diner 2004, 310) transportiert wird. Die zentralen Theorieansätze, die jene politisch linken Deutungen der Liberalisierung der Finanzmärkte behandeln, stehen auf einer breiten Basis.539 Erkenntnisleitend sind bis heute theoretische Ansätze der Frankfurter Schule, die die psychosozialen Motive der Antisemit_innen in ihrem Trachten nach der Abschaffung der modernen Zirkulationssphäre und einer abstrakten Vermittlung in den Blick nehmen (Löwental 1982, 223; zitiert nach Rensmann 2005, 148). Dabei fokussiert die Kritische Theorie auf jene Ideologie, die zwischen schaffendem im Gegensatz zum raffenden Wesen des Kapitalismus differenziert. Entlang dieser Dichotomie gelinge es, die Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit abzuspalten und lediglich in der Sphäre der Zirkulation zu ver537
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Anja Weiß zeigt in Bezugnahme auf Bourdieu, dass Rassismus nicht nur auf inhaltlichideologischer oder normativer Dimension verortet werden muss, sondern Habitusmuster nichtintendiert reproduziert werden, da sie in alltäglichen Habitusmustern angelegt sind. Ganz anders greift wiederum Wolfgang Frindte die Frage nach dem Verhältnis von Konnotation versus Intention auf, indem er sprachliche Codes als theoretisches und methodisches Problem konzipiert (Frindte 2006, 191). In einer sozialwissenschaftlichen bzw. sozialpsychologischen Forschungsperspektive stellt er die Frage nach der Untersuchbarkeit sozial latenter, impliziter Einstellungen. Die sozial-psychologische Vorurteilsforschung entwickelte in den letzten Jahrzehnten diverse methodische Ansätze zur Systematisierung und Erfassung solcher latenter Vorurteilsmuster (Braune 2010; Frindte 2006,191-204). Gleichwohl gesteht selbst er ein, dass eine objektive Erschließbarkeit, durch egal welche Erhebungsverfahren, verunmöglicht ist (u.a. Frindte 2006, 202). Diese Arbeit bietet nicht den Rahmen, sich den wegweisenden sozialpsychologischen Studien und der Entwicklung der politisch-psychologischen und gesellschaftstheoretischen Theoriebildung zuzuwenden. Eine eloquente Systematisierung liefert Rensmann (2005, 123-180). Es bleibt hier nur der Hinweis, dass natürlich bereits Hannah Arendt Antisemitismus als eine jahrhundertealte Wahnvorstellung bezeichnete, die fest im abendländischen Denken verankert ist. Sie zeigt bereits 1955 auf, wie die Ursprünge des Antisemitismus verwoben sind mit der Geschichte des Nationalstaates, wie sich die Bilder der ‚Hofjuden‘, der jüdischen Bankiers und der Familie Rothschild aktualisieren (Arendt 1955).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
orten (Rensmann 2005, 152f.). Der Moment der Personifizierung ‚der Juden‘ mit der „negativ perzipierten oder gewerteten Seite der Moderne, ihrer permanenten Transformationsprozesse wie -schübe und der mit ihr verbundenen anonymen, abstrakten Macht“ (Rensmann 2005, 128) gilt in der antisemitischen Reaktionsbildung als zentral. Diese antisemitischen Stereotypen werden aus heutiger Perspektive nicht als starr begriffen, vielmehr re-aktualisieren sie sich innerhalb kultureller Praktiken durch diskursive Aushandlungen, stehen im Spannungsverhältnis zu gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen und unterliegen kontingenten sozialpsychologischen Bedürfnissen und Identitätskonstruktionen. Moishe Postone (2005a) legte mit seinem Aufsatz „Nationalismus und Antisemitismus“ bereits 1979 einen zentralen Referenzpunkt für die aktuellen Auseinandersetzungen.540 Unter Bezugnahme auf den Marx’schen Begriff vom Fetischcharakter der Ware entwickelt er eine Theorie des Antisemitismus, die vor allem darauf abziele, die politisch-ökonomische Basis des eliminatorischen Antisemitismus zu erklären und die politische Linke für Erscheinungen des fetischistischen Antikapitalismus zu sensibilisieren (2005a, 192). Ausgehend von einer materialistischen Erkenntnistheorie verortete er Antisemitismus in dem Spalt zwischen Erscheinung und Schein des modernen Kapitalismus. 541 Den Versionen eines Antikapitalismus liegt eine Differenzierung zwischen abstraktem Wert, beziehungsweise Geld, und der konkreten Arbeit zugrunde, die auf die Dimension des ökonomischen Gesamtprozesses projiziert wird. Nach Postone tendieren Formen antikapitalistischen Denkens, die innerhalb der Unmittelbarkeit dieser Antinomie verharren, (…) dazu, den Kapitalismus nur unter der Form der Erscheinungen der abstrakten Seite dieser Antinomie wahrzunehmen, zum Beispiel Geld als „Wurzel allen Übels“. Dem wird die bestehende, konkrete Seite dann als das „natürliche“ oder ontologisch-menschliche, das vermeintlich außerhalb der Besonderheit kapitalistischer Gesellschaft stehe, positiv entgegengestellt (Postone 2005a, 185). Die Ideologie der Entwicklung des Kapitals findet aktualisierten Ausdruck in der Gegenüberstellung des Industrie- und des Finanzkapitals. Auf Grundlage einer dualistischen Vorstellung des Doppelcharakters der Ware verschmilzt die Wert-
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Zur Legende der verschiedenen Versionen und Veröffentlichungen vgl. Postone (2005b, 214f.). Gerhard Hanloser (2003) ergänzt Postone, indem er hinzufügt, dass die vertrackteste Form des Fetischcharakters des Zinskapitals, in dem nicht mehr der Zusammenhang zwischen Zins und Entstehung aus dem Mehrwert erkannt wird, vor allem in Krisen angeprangert und in den ‚Juden‘ personalisiert wird. Den Antisemitismus jedoch auf die Warenform zurückzuführen, bewertet Hanloser selbst als verkürzt (auch Hanloser 2005b, 5). Weiter müsste dies nach Marx nicht als verkürzte sondern als falsche Kapitalismuskritik bezeichnet werden (ebd.).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
seite – beziehungsweise das Finanzkapital – mit antisemitischen Projektionen.542 Das Abstrakte wird durch die Personalisierung als ‚Juden‘ biologisiert.543 Diese Verschmelzung ist dabei keineswegs beliebig, sondern findet vielmehr in kontingenten antijüdischen und antisemitischen Deutungsmustern seit dem Aufstieg der bürgerlichen Gesellschaft seine Ermöglichung. In einem „fetischistischen Antikapitalismus“ wird dieser Wertseite, der abstrakten Seite, eine vermeintlich konkrete, organische Einheit und damit eine vermeintlich konkrete Dimension des Kapitalismus entgegengestellt (Postone 2005a, 187).544 Auch Michael Heinrich bezieht sich auf Postone und ergänzt bei diesem, dass es sich bei der Entgegensetzung von raffendem und schaffendem Kapital um einen „Kapitalfetisch in seiner entwickelten Gestalt als zinstragendes Kapital [handelt], der hier personalisiert wird“ (Heinrich 2004, 191). Der Gewinn der Unternehmen und der Zins werden als getrennte Prozesse wahrgenommen, wobei „die mysteriöse Kraft des Kapitals, den Zins hervorzubringen“ (ebd.) im antisemitischen Denken den ‚Juden‘ zugewiesen wird. Diese erscheinen in Folge als übermächtige Schmarotzer und werden für Ausbeutung und Krisen in Verantwortung genommen. Zudem verschmilzt in den assoziierten Bildern des global agierenden Banken- und Börsensystems das antisemitische Stereotyp der wurzellosen, aber weltweit vernetzten ‚Juden‘, die anonym und mit unfassbarer Macht ausgestattet, eine immense Bedrohung darstellen (ebd., 192).545 Detlev Claussen wiederum beanstandet an Postones Theorie, dass dieser die Identifikation von ‚den Juden‘ mit Geld aus der Analyse der Zirkulation herleitet (Claussen 1994, 146). Claussen bezieht sich in seiner Argumentation, ebenso wie Postone, in Anlehnungen an Marx auf falsche Reflexionsformen, nimmt jedoch ergänzend psychoanalytische Theorien hinzu und wendet sich mit ihnen der Alltagsdimension von Antisemitismus zu. Damit nimmt Claussen die Dialektik zwischen ökonomischen und politischen Bedingungen und der Konstituierung der darin lebenden Subjekte in den Blick und entdeckt Strukturähnlichkeiten 542
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Lars Rensmann bewertete die Theorie von Postone zwar als bahnbrechend, jedoch in seiner psychologischen Dimension als defizitär (Rensmann 2004, 108). Postone grenzt sich dabei gegen Max Horkheimers Ansatz von der Identifikation ‚der Juden‘ mit der Zirkulationssphäre ebenso ab wie gegenüber der Theorie der Modernisierungsabwehr (Postone 1992, 434). Heinrich verweist darauf, dass nur „im modernen Antisemitismus (…) zentrale Konstitutionsprinzipien der eigenen Gesellschaft ‚nach außen‘, auf eine ‚fremde‘ Gruppe projiziert“ werden (2004, 190). So baue der Kapitalismus auf einer „verkürzten oder schiefen Kapitalismuskritik“ (2004, 191) auf. Heinrich bemängelt an Postones Aufsatz, dass in diesem ein direkter Zusammenhang zwischen Warenfetisch und Auschwitz hergestellt wird. In Bezug auf die Frankfurter Schule folgert Heinrich stattdessen, dass unter den Verhältnissen leidende Individuen sich nicht notwendigerweise durch Personalisierung entlasten, außerdem eine solche Entlastung nicht notwendigerweise einen antisemitischen Charakter tragen muss (Heinrich 2004, 192).
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zwischen sozialen und psychischen Prozessen. In den Subjektkonstitutionen im Kapitalismus rücken die ‚Juden‘ durch die „warenfetischistische Identifizierung von Geldmacht, Kapitalismus und Judentum“ (Claussen 1994, 172) an die Schalthebel der Macht: „der Antisemitismus [wird] zu einer Religion des Alltagslebens mit der ‚Festigkeit‘ eines ‚Volksurteils‘“ (ebd.). In dieser Alltagsreligion wird sowohl die Verwechslung der Zirkulation mit Kapitalismus als Ganzem, als Ablehnung einer neuen Totalität des Kapitalismus, verankert, als auch eine außer-zirkuläre Dimension mit positiv besetzten, kollektiven Identitätsangeboten zur Verfügung gestellt (ebd., 147). Positiv besetzt ist dabei die Verknüpfung von Identität und Nation, die die psychische Grundlage bildet, vor der Juden und Jüdinnen zur Projektion ambivalenter Gefühle wie Neid und Begierde werden (ebd., 159f.).546
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Dieser Ambivalenzkonflikt des individuellen Warenbesitzers läßt den vorkapitalistischen marginalisierten Antisemitismus, der ein Moment der europäischen Identitätsstiftung gewesen ist, in der bürgerlichen Gesellschaft in den Mittelpunkt rücken, obwohl antisemitische Ausschreitungen nicht zum Alltag gehören. Die psychische Realität hält im Unbewußten Vorstellungen vom Juden zeitlos präsent, die durch immer neues Material gespeist werden (Claussen 1994, 159f.). Für Claussen erhält der Antisemitismus damit einen kontingenten Charakter, der sich aus immer wieder neu entstehenden Entwicklungen speist und dabei kontinuierlich das historische Stereotyp des Antisemitismus, die Affinität des ‚Juden‘ zum Geld, aktualisiert. Anders wendet sich Gerhard Scheit, ebenfalls in Anlehnung an die Frankfurter Schule und mit einer psychoanalytischen Perspektive, dem Antisemitismus zu. Er rückt den Wunsch der Antisemit_innen, das Unheimliche zu bändigen, in den Vordergrund. Dieser bilde die Grundlage für die Personalisierung der abstrakten Seite. Scheit begreift dabei die Identifikation von ‚Juden‘ mit jener abstrakten Seite der Tauschverhältnisse als pathische Projektion. Scheit hebt für die Tauschabstraktion außerdem die Kontrastierung der abstrakten Seite mit einer positiven Besetzung des Nationalstaates hervor (Scheit 2006, 15). Lars Rensmann (1998) wendet sich der Kritischen Theorie vollends zu und systematisiert sie zu Ansätzen der Ursachenforschung sowie zu einer Analyse der Struktur und der Dynamik des Antisemitismus. In diesem Rahmen benennt Rensmann drei Aspekte, derer es bedarf, damit eine Kritik an ökonomischen Prozessen einen antisemitischen Charakter aufweist: Erstens muss die Interpreta546
Hiergegen wendet Rensmann ein, dass die Ableitung der durch Claussen beschriebenen Ambivalenz unmittelbar aus dem universalen Warentausch abgeleitet wird, womit Claussen lediglich einem einzelnen Strang folge und diesen damit hypostasiere (Rensmann 2004, 109).
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tion einer Krise spezifische Deutungsmuster umfassen. Zweitens bedarf es einer ökonomischen und sozialen Krise mit den Zügen einer modernen kapitalistischen Vergesellschaftung und deren konfligierenden Prinzipien. Drittens muss die antisemitische Projektion Teil einer antimodernistischen Reaktionsbildung sein, die sich nicht selten in Gestalt von Personifizierungen realisiert (Rensmann 2004, 96). Der für die Debatte um linken Antisemitismus bedeutende Begriff des strukturellen Antisemitismus entstammt der Feder von Thomas Haury. Anhand einer historischen Perspektive weist dieser darauf hin, dass bestimmte politischökonomische Kapitalismusdeutungen in ihren Grundstrukturen deutliche Affinitäten zu antisemitischen Denkmustern aufweisen (Haury 2002, 462). Diese Affinität differenziert Haury auf inhaltliche und auf Strukturprinzipien. Als charakteristisches Strukturprinzip des Antisemitismus versteht er zum einen den manichäischen Dualismus, welcher die Erklärung der Welt dichotom strukturiert und nach gut und schlecht codiert. Haury expliziert dies anhand einer Kritik des Finanzkapitals, die mit einer positiv konnotierten Industrie kontrastiert wird. Die Grundstruktur dieser Vorstellung entspricht strukturell derjenigen vom schaffenden und raffenden Kapital (Haury 2005a, 71). Eben diese Dichotomien entdeckt er bei einigen Globalisierungskritiker_innen in der Interpretation komplexer gesellschaftlicher Prozesse, die so für den Alltagsverstand greifbar gemacht werden. Eine Dichotomie besteht hier in bösen Herrschenden, pars pro toto Spekulanten, und einer natürlichen, autochtonen Gemeinschaft von Völkern (Haury 2005a, 74). In dieser Deutung, und hiermit benennt er ein zweites Strukturprinzip, wird die negativ konnotierte Seite personifiziert. Dies expliziert Haury anhand der Geld- und Finanzkritik von Mitgliedern von Attac, in der Finanzspekulanten als „Parasiten“ (Haury 2005a, 72) diskreditiert werden. Ebenso wie in der metaphorischen Dimension entdeckt er die Personifizierungen der Finanzökonomie auch in grafischen oder szenischen Darstellungen: In Straßentheatern der globalisierungskritischen Bewegung tauchte die Gestalt des dicken Kapitalisten mit Insignien des Reichtums, wie Zigarre und Melone, auf. Diesem als Kapitalist aufgemachten Feind steht die Konstruktion einer homogenisierten Einheit des eigenen Kollektivs gegenüber, die zumeist national kodiert ist. Die Gemeinschaft wird dabei durch den Anderen in der Existenz bedroht, wobei dieser – so das dritte Prinzip – traditionell im ‚Juden‘ verortet wird.547 Inhaltlich gestaltet sich der Antisemitismus als antimoderne, Komplexität reduzierende Deutung. Abstrakte Normen und Prozesse werden als ‚jüdisches‘ Machwerk identifiziert. Neben ökonomischen Transformationen werden ‚Juden‘ allerdings auch hinter 547
Leggewie benennt solche Inszenierungen der globalisierungskritischen Bewegung als „politischen Karneval“ (Leggewie 2005, 100), der stark auf antisemitische Stereotypen rekurriert und dadurch selbst die internationale Presse beschäftigt.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
sozialen oder kulturellen Transformationen entdeckt. Solche inhaltlich und strukturell bestimmten Charakteristiken müssen nicht unbedingt mit einer Markierung als ‚jüdisch‘ versehen sein, sie sind auch ohne dies durch „Struktur wie in ihrer Sprache (…) anschlussfähig an antisemitische Denkformen“ (Haury 2005a, 70). Ihre inhaltliche Konkretisierung kann sich – muss aber nicht – in einem sekundären Antisemitismus oder im Antizionismus manifestieren (Haury 2001, 227).548 Einen anderen Ansatz verfolgt Klaus Holz, der die antisemitische Semantik als eigenständigen Forschungsgegenstand konzipiert. Statt sich dem Kontext, beispielsweise sozio-ökonomischen Krisen oder psychischen Motiven des Unterbewussten, zuzuwenden, analysiert Holz Antisemitismus als „relativ eigenständige, kulturelle Dimension des Sozialen“ (Holz 2001, 111). Differenztheoretisch expliziert er, wie im modernen Antisemitismus die Konstruktionen einer Wir-Gruppe als Volk, Nation und/oder Rasse mit dem Fremdbild, dem ‚Jüdischen‘, zu komplementären Bestandteilen in einem „nationalen Antisemitismus“ werden (ebd., 540). Bei diesem „nationalen Antisemitismus“ handelt es sich um tradierte semantische Muster, die in die moderne Gesellschaft eingeschrieben sind. Spezifische Muster an Sinn und Sinnverarbeitungsregeln, denen gemäß „Themen aufgegriffen, umgearbeitet, verknüpft oder ignoriert werden“, ließen sich rekonstruieren (ebd., 541). Über die Luhmannsche Systemtheorie nähert sich Holz dem gesellschaftlichem Kontext, in dem die Semantik jeweils plausibel erscheint.549 Anhand einer empirischen Arbeit vermag Holz dabei diachron und synchron für verschiedene nationale Kontexte die Verknüpfung von Antisemitismus und nationalstaatlich strukturierten modernen Gesellschaften zu explizieren.550 Der ‚Jude‘ als Anderer, der jenseits einer ansonsten binären Struktur 548
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Rensmann (2004, 85) wendet hiergegen ein, dass sich ein solch „strukturell antisemitisches Weltbild“ nicht unbedingt inhaltlich in antisemitischen Stereotypen manifestiert. Einer Transferierung auf ein Ersatz-Objekt als neue Personifizierung des „kapitalistischem Übels“ auch als Antisemitismus zu bezeichnen, wohne die Gefahr inne, Antisemitismus als Begriff beliebig werden zu lassen (Haury 2005, 76f.). Der Begriff des strukturellen Antisemitismus erscheint Rensmann nur dann plausibel, wenn eine Deutung tatsächlich antisemitisch gewendet wird, also dem Antisemitismus das ideologische Feld bereite. Rensmann merkt zu diesem Ansatz an, dass der abstrakte Bezug auf eine allgemeine Gesellschaftstheorie die Gefahr berge, dass auf kausale gesellschaftstheoretische Erklärungen zurückgegriffen wird (Rensmann 2005, 110). Als grundlegendes Problem dieses Ansatzes wird eine „Theorielosigkeit“ gewertet. So vermag es der Ansatz nicht, die politisch-kulturellen und sozialpsychologischen Voraussetzungen zu beleuchten, die überhaupt erst die Konstituierung und somit die Dynamiken des Antisemitismus ermöglichen. Die Analyse der nationalen Identifikationskonstruktionen bedürfe, so Rensmann (2005, 112) gesellschaftstheoretischer und sozialpsychologischer Bezüge, um die politischen Interdependenzen und Interaktionsprozesse einfangen zu können. Hiergegen macht sich Rensmann für den Ansatz der Kritischen Theorie stark, der es ermögliche, die „politisch-kulturelle Spezifik antisemitischer Dynamiken“ (ebd., 112f.) zu erfassen.
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
verortet wird, gerät in diesen Fallbeispielen zur Bedrohung des Prinzips der Ordnung der national organisierten Welt (ebd., 543), da er diese durch seine Existenz infrage stellt. Diese Infragestellung motiviert die Abwehr, wobei „dieses Fremdbild (…) in Krisen der Ordnung, die immer auch Deutungskrisen sind, manifest [wird]. Aber Krisen sind eher der Anlaß als die Ursache“ (ebd., 544). Diese theoretischen Ansätze werden mehr oder weniger explizit in den innerlinken Auseinandersetzungen zitiert und/oder bilden die Grundlage der konfligierenden Diskurspositionen beziehungsweise sind selbst Ausgangspunkt agonaler Verhandlungen. Auf der Suche nach der Geschichte der Veridiktion richtet sich der Blick infolgedessen auf die konkreten Deutungen und ihre Verortung zu diesen oben skizzierten theoretischen Grundlagen. Für die Analyse ergibt sich daraus zweierlei: Einerseits sind die agonalen Aushandlungen um antisemitische Deutungen, Symbolisierungen und Aktionsformen in ein Netz divergierender theoretischer und begrifflicher Bezüge verstrickt. Es gilt daher, soweit dies möglich ist, die relevanten theoretischen Bezüge herauszuarbeiten, die Grundlage einer Zurückweisung pejorativer Tiersymbolik sind. Andererseits ist die Auseinandersetzung um die Verwendung des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecken/n‘ nicht von dem weiteren, diskursiven Kontext, also der Kritik eines Antisemitismus in der politischen Linken, zu lösen. Ich begreife diese beiden Punkte als Bereiche, in die Diskurse eingebettet sind: einem theoretischen und einem symbolischen, die es im Folgenden zu rekonstruieren und auf den Prozess der Neujustierung der Grenzen des Sagbaren zu beziehen gilt. 4.3.1
Die ‚Heuschrecke‘ und das Bündnis „Bahn für Alle“
Im Jahr 1994 führte die Zusammenlegung der Staatsbahn Deutsche Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn zur Gründung der Deutschen Bahn AG. Diese Deutsche Bahn AG befindet sich zu hundert Prozent in den Händen des Bundes, es handelt sich um ein privatrechtliches Staatsunternehmen. Die Konzernstruktur wird als integrierter Konzern betitelt, es gibt mehr als hundert Tochterunternehmen.551 Die öffentliche Hand übernimmt diejenigen Kosten für den Unterhalt und die Infrastruktur des Schienenverkehrs, die nicht über Einnahmen gedeckt werden. Da sich die öffentliche Hand generell um Strategien zur Füllung ihrer Kassen bemüht, werden Anfang 2006 im Bundestag Varianten einer Privatisierung der Deutschen Bahn AG diskutiert. 551
Die zentralen Unternehmen sind die AG Netz für die Bahntrassen, die AG Station & Service für die Bahnhöfe, DB Regio für den Regionalverkehr, DB Fernverkehr und Railion (früher DB Cargo) für den Güterverkehr.
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Wer wird zur ‚Heuschrecke‘ und welche Wissensaspekte lassen sich über diese justieren? Mit dem Wunsch, die Deutsche Bahn AG in öffentlicher Hand zu belassen und zu verbessern – eine Idee, die sich nicht unter den fünf Varianten befindet, die 2006 im Bundestag diskutiert werden – wird das Aktionsbündnis „Bahn für Alle“ gegründet. Diesem gehören anfangs Attac, BUND, NaturFreunde Deutschland, Robin Wood und der Verkehrsclub Deutschland Landesverband Brandenburg sowie die Initiativen „Bahn von unten“ und „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ an. Im darauf folgenden Frühjahr schließen sich die Grüne Jugend, Eurosolar und ver.di an (Bahn für Alle 2007, 1). Es handelt sich schlussendlich um einen Zusammenschluss von 18 Organisationen, mit einem hohen Anteil von ökologisch orientierten Vereinigungen, neben den bereits genannten außerdem um den Bundesverband Bürgerinitiative Umweltschutz, autofrei leben! und die Grüne Liga. Ebenso sammeln sich weitere Gewerkschaften in dem Bündnis, wie die IG Metall, sowie politische Organisationen wie Jusos in der SPD, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken und die Linksjugend Solid. Das Bündnis „Bahn für Alle“ bringt als Argument gegen die Privatisierung an, dass staatliche Zuschüsse auch weiterhin fließen müssten, die Dividende und Renditeerwartungen der Investoren jedoch aufzubringen und somit Verschlechterungen des Services und der Situation von Arbeitnehmer_innen unvermeidbar seien (Bahn für Alle 2007, 1). In der Kampagnenarbeit, in der über Infoblätter, die zum Beispiel wie Fahrpläne aussehen, und Aktionen versucht wird, einen möglichst breiten Widerstand gegen Pläne des Bundes und der Deutschen Bahn AG zu organisieren, wird die Symbolik der ‚Heuschrecke/n‘ sowohl in Grafiken als auch im Fließtext eingesetzt. In einer Grafik mit einer überdimensionierten Heuschrecke, die eine Eisenbahn in ihre Fänge nimmt und aus dem Gleisbett reißt (Abb. 36), werden die Finanzinvestoren und ihre (vermeintlich) schädlichen Auswirkungen auf die Deutsche Bahn AG versinnbildlicht. Eine Initiative des Bündnisses „Bahn von Unten“, verwendet wiederum eine Grafik, auf dem eine Heuschrecke das Logo der Deutschen Bahn AG angreift und zerbricht (Abb. 35). Die ‚Heuschrecke/n‘ stehen auch im Fließtext für den negativen Einfluss von Finanzinvestoren, die durch ihre Renditeerwartungen die Unternehmensstruktur sowie die Arbeitnehmer_innen gefährden. Auf der Seite von Attac Bamberg visualisieren die ‚Heuschrecke/n‘ ausländische Investoren: Ein paar Indizien lassen ahnen, wie schnell und gründlich die Deutsche Bahn demnächst auseinandergenommen und runtergefahren wird, um die Kapitalund Renditeinteressen der Großanleger (vorzugsweise genannt werden als Interessenten Gasprom, arabische Kapitalgesellschaften, große amerikanische Invest- und Immobilienfonds) zu befriedigen.(…) Um solche Gewinnerwar-
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tungen zu befriedigen, muß die Bahn radikal verändert werden. Und diesen Umbau der Bahn – um sie „sexy“ für die „Heuschrecken“ zu machen –, vollzieht Bahnchef Mehdorn nun schon seit Beginn seiner Amtszeit konsequent und nahezu ungehemmt (Monheim 2006, 6). Aber nicht nur Attac, auch der Bündnispartner „Bahn von Unten“ weist unter dem Titel „Freie Bahn für Heuschrecken“ darauf hin, dass „ein USamerikanischer Pensionsfonds als Käufer eines milliardenschweren Pakets von Aktien der Deutschen Bahn AG im Gespräch sei“ (Ofinger 2005, 6).552 Diese ausländische Bedrohung bildet die Kulisse, um den Bund anzumahnen, alleiniger Anteilseigner der Deutsche Bahn AG zu bleiben.553 Er solle, statt der Privatisierung auch als „Börsengang“ auf den Begriff gebracht, lieber den Schienenverkehr ausbauen und das Tarifsystem vereinfachen. Mit einer solchen Reform steige die Attraktivität für Kund_innen, und nachhaltige ökologische Ziele könnten verfolgt werden (Bahn für Alle 2007, 2). Ende des Jahre 2008 erledigt sich die Kampagnenarbeit, da der Verkauf der Anteile auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Im Rahmen der Finanzkrise sei das Unternehmen unterbewertet und entsprechend eine Einigung mit Investoren nicht absehbar (Zeit online 14.11.2008, 1). Bereits zu Anbeginn der Kampagne, geraten die ‚Heuschrecke/n‘ ins Zentrum mannigfacher Kritik innerhalb politisch linker Kontexte sowie innerhalb der einzelnen im Bündnis organisierten Organisationen. Auch innerhalb von Attac herrscht keine Einigkeit. Attac Freiburg distanziert sich beispielsweise von einer Karikatur einer Heuschrecke, die sich im Zusammenhang mit der Kampagne „Bahn für Alle“ auf der Homepage von Attac befindet. Man kritisiert in einer Stellungnahme die Verwendung des Kollektivsymbols (Attac Freiburg 2006). Daraufhin entgegnet der Sprecher des Bündnisses „Bahn für Alle“, Chris Methmann: Du siehst also: Wir reflektieren den Gebrauch der Heuschrecke durchaus kritisch. Aber wir finden, dass die Heuschrecke gut und gefahrlos geeignet ist,
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Ziem schreibt hingegen in seiner Analyse des Kollektivsymbols im Rahmen der Privatisierung der Bahn, es handele sich hier bei den „Anteilseigner[n] des börsennotierten Unternehmens [um] keine fremden verzehrenden Kräfte, sondern privatwirtschaftliche Unternehmungen, die den Bedingungen des Marktes folgen“ (Ziem 2008, 118). Hiergegen möchte ich einwenden, dass das Kollektivsymbol sehr wohl in den Subscriptiones Fremdheit und Bedrohung transportiert, wie an den Beispielen deutlich wird. Für Oppenhäuser steht der Einsatz des Kollektivsymbols bei dem Bündnis „Bahn für Alle“ „für die private Verfügungsgewalt über vormals öffentlich-demokratisch kontrollierte Güter“ (Oppenhäuser 2006, 7). Für ihn werden hier keine Dichotomien transportiert, wie sie in antisemitischen Diskursen zu finden sind.
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das Problem mit dem Börsengang auf den Punkt zu bringen. Und daher verwenden wir sie (Methmann 2006, Abs. 8). Die ‚Heuschrecke‘ einzusetzen ist demgemäß eine bewusste Entscheidung von Teilen des Bündnisses, da die ‚Heuschrecke‘ eine griffige Visualisierung „des Problems“ auf ein Bild bringe.
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Wie werden ökonomische Prozesse versinnbildlicht? Peter Wahl prägt als einer der Gründungsväter und langjähriges Mitglied im Koordinierungskreis von Attac sowie als Verfasser diverser Basistexte das Gesicht von Attac Deutschland. Er bezeichnet die ‚Heuschrecke/n‘ als treffende Tiermetapher für das Geschäftsmodell der Private-Equity-Fonds (Wahl 2008, Abs. 17). Der Sprecher des Bündnisses „Bahn für Alle“, Methmann, äußert sich gegenüber Kritiker_innen der Verwendung der ‚Heuschrecke/n‘ ambivalenter: Das Bündnis wäre sich bewusst, dass es sich um eine „argumentative Verkürzung“ (Methmann 2006, Abs. 2) handele, jedoch sei sie zum Symbol des Shareholder-Kapitalismus geworden und mache damit für viele verständlich, worum es bei der Kampagne gehe. Diese schnelle Verständlichkeit sei in einer Kampagne554 unabdingbar, um möglichst viele Menschen zu erreichen, auch gerade solche, die sich noch nicht inhaltlich mit dem Neoliberalismus befasst haben und durch die ‚Heuschrecke‘ komplexe Zusammenhänge einfach erklärt bekommen. In Abgrenzung zu Müntefering merkt Methmann an, dass Münteferings Kritik nur einzelnen Investoren galt, das Bündnis hingegen „strukturelle Fragen“ (Methmann 2006, Abs. 3) thematisiere. Bei diesen Strukturen, die im Rahmen des Bündnissen, aber auch über dieses hinaus bei Attac,555 Ansatzpunkt einer politischen Kritik sind, handelt es sich um die Finanzmärkte, die als Zentren von Macht verstanden werden und einen negativen Einfluss auf nationalstaatliche Politik und sämtliche Lebensbereiche nehmen. Symbolisiert werden diese durch die Begriffe Raubtier-, Kasino- und Turbokapitalismus. Kollektivsymbole aus den Kategorien Glücksspiel, Krieg und ‚Wildlife‘ dominieren auch bei Attac die Diskursfragmente zum Phänomen der Finanzmärkte. Eine zentrale Kampagne
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Kampagnen nehmen bei Attac einen hohen Stellenwert ein, da Attac vor allem über einen sichtbaren öffentlichen Protest inhaltliche Forderungen transportieren möchte (Fritz 2001). Da es sich bei dem Bündnis „Bahn für Alle“ um eine sogenannte Ein-Punkt-Kampagne handelt, sind Ausformulierungen zu kapitalistischen Prozessen in den Papieren zurückgenommen. Um jene strukturgebenden Ideen zu analysieren – und damit auch die Kritik an ihnen verständlich zu machen –, werden daher diskursive Fragmente zentraler Akteure, die mit dem Bündnis verbunden sind, angeführt.
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von Attac möchte bspw. „[d]as Casino schließen. Finanzmärkte kontrollieren – jetzt!“ (Attac Casino 2013).556 Jörg Huffschmid, Beiratsmitglied von Attac und ehemaliges Mitglied der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ sieht die Verantwortung für dieses „Casino“ der Finanzmärkte vor allem im Handeln der Akteure: „Wenn Banken oder andere Finanzunternehmen aus Gier und kurzfristigen Gewinninteressen unsachgemäß mit den Institutionen einer modernen Geldwirtschaft umgehen, kommt es zu Finanzkrisen“ (Huffschmidt 1999, 13). Die Finanzmärkte gelten als Krisenverursacher, die sich jedoch ihrer Verantwortung entziehen wollen (u.a. Attac 2013). Aber die durch Gier produzierten exorbitante Gewinne der Banken und „[d]as Abheben von übergeschnappten Fondsmanagern, die sich als Herren des Universums fühlen“ (Huffschmid 1999, 97) sei nur eine Seite des Problems, die andere stelle die meist persönlichen Verflechtungen innerhalb der „Finanzwelt“ (Huffschmid 1999, 97) dar. Nicht die Wirtschaftspolitik entscheide über die Strukturentwicklung, stattdessen übten die Anlageentscheidungen von Fondsmanagern Druck auf die allgemeine wirtschaftliche Ausrichtung aus. In der Liberalisierung des Kapitalverkehrs liege die Ursache für sich verschärfende Krisen. Die Politik sei angehalten, durch Regulierungen der Finanzmärkte den sozialen Zusammenhalt wieder zu stabilisieren.557 Dabei hätten mit den Finanzmärkten „[d]ie Kommandohöhen der Wirtschaft (…) ihr Aussehen verändert. Sie sind aber immer noch von den alten Kommandeuren besetzt. Diese hießen früher Finanzkapital, heute treten sie als Finanzmärkte auf“ (Huffschmid 1999, 65).558 Eine Bedrohung richte sich durch ein Außen auf die nationale Industrie, eine Bedrohung, angesichts der die Politik aktiv werden müsse. Kurzfristige Spekulationen sollen unterbunden und stattdessen langfristige Investitionen, die die Realwirtschaft stärken, gefördert werden (u.a. Attac 2013). Für eine Agitation gegen die Finanzmärkte würden sich dabei vor allem Kampagnen eignen, da die Bevölkerung bereits eine hohe affirmative Wahrnehmung der Finanzmärkte besitze: Sie besitzt „ein vages Gefühl“, eine „spontane Kritik“, und eine „emoti556
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Oppenhäuser resümiert über solche Metaphorisierungen von Globalisierungskritiker_innen, dass sie komplexe ökonomische Vorgänge insofern verbildlichen, als dass sie die Warenproduktion als nicht dem Spiel zugehörig plausibilisieren. Damit zeige sich als ideologischer Effekt, dass diese aus dem Fokus der Kritik genommen wird (2006b, 44). Wolter zitiert Huffschmids Appell für ökonomische Strukturveränderungen zugunsten der Bedürfnisse der Menschen, von Vollbeschäftigung, Nachhaltigkeit und sozialer Sicherheit. Wolter folgert daraus, dass diese Forderungen mit dem „Wunsch nach Geborgenheit im nationalen Kollektiv durchaus kompatibel sind“ (Wolter 2001, 61) und mit einem Politikfetisch einhergehen. Unterschiedliche Akteure vermerken, dass der Begriff des „spekulativen Finanzkapitals“ als Identifikation des Übels über eine historisch negative bis verhängnisvolle Zuschreibung verfügt (u.a. Wolter 2001, 60).
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onale Empörung“ (BUKO & Attac 2001, 64) sei entzündbar.559 Mit einer Kampagne könne am Alltagsverstand angesetzt und auf Grundbegriffe wie Gerechtigkeit und Demokratie aufgebaut werden, wodurch ein hoher Mobilisierungsgrad erreicht werden könne, so Wahl. Innerhalb der politischen Linken sind diese Positionen umstritten. Bereits um den Ausgangspunkt, also die Fokussierung auf die Finanzmärkte, mehren sich konfligierende Positionen. Die zentrale Gegenposition artikuliert, dass die Grundlage dieser Abspaltung einem verschwörungstheoretischen Wahrnehmungsmuster entspringt (u.a. Sternfeld 2006, 61). Ingo Stützle wendet gegen Jörg Huffschmid ein, der das wesentliche Problem moderner kapitalistischer Systeme in der „ständigen Produktion eines Kapitalüberschusses“ sieht, dass „wegen unzureichender Binnennachfrage nicht mehr rentabel investiert werden kann“ (Stützle 2001, Abs. 3) und dass die Trennung zwischen Produktivkapital und Geldkapital als Fehlinterpretation der Dynamik des kapitalistischen Akkumulationsprozesses zu bewerten sei. Für Stützle (2001, Abs. 3) steht die Vorstellung einer Deregulierung des Marktes, die zu einer Disproportion zwischen Produktion und Konsum führt, für die klassische Unterkonsumptionstheorie. Gegen diese bringt er vor, dass, statt Produktionsmittel direkt an Konsumgüter zu binden, Produktionsmittel wiederum Produktionsmittel produzieren müssten, da sie dem permanenten Zwang zur Produktivkraftentwicklung unterlägen. Ebenso gibt Stützle zu bedenken, dass auch produktive Investitionen dem kapitalistischen Verwertungszwang unterliegen und damit unabdingbar an eine möglichst hohe Profitrate gekoppelt seien. Somit seien Finanzmärkte nicht als charakteristisch für eine grundlegend andere Funktionsweise von Kapitalismus zu verstehen, sondern als strukturelle Determinante des Tausches von Waren im kapitalistischen Reproduktionsprozess und damit der Verteilung des Geldkapitals auf die verschiedenen Anlagesphären zu interpretieren. Mit dem Umfang des Kapitals habe sich lediglich die Anfälligkeit der Märkte für Krisen erhöht, es sei jedoch nicht die Ursache. Dem entgegen wird der Kapitalismus selbst als Krisen evozierend interpretiert: „Es ist gerade sein wesentliches Kennzeichen, daß sich Akkumulation krisenhaft entwickelt und sich über Krisen immer wieder Dynamik gewaltsam herstellt“ (Stützle 2001, Abs. 8). Weiter wird konstatiert, dass die Grundlage dieser fiktiven Trennung zwischen Verdammung des Finanzkapitals einerseits, bei gleichzeitiger Wertschätzung privatkapitalistischer Mehrwertaneignung andererseits auf den theoretischen Versuch einer Trennung zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus aufbaue. Ausgehend von dieser Trennung, so wird von unterschiedlichen Akteuren 559
An anderer Stelle wird darauf hingewiesen, dass eine emotionale Mobilisierung nicht nur Teil der Mobilisierungsstrategie ist, sondern eine emotionale Verbundenheit auch „den Kitt“ innerhalb einer sozialen Bewegung stelle (Fritz 2001, Abs. 10).
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kritisiert, kann das Geld als auf sich selbst zurückgekoppelt interpretiert werden, das sich selbst vermehrt. Als Zerrbild erscheint im bürgerlichen Alltagsbewusstsein dann das Finanzkapital als Inbegriff des Kapitalismus. Seine Merkmale sind Spekulation und Zins, durch die sich Profitorientierung und Rücksichtslosigkeit manifestieren (Trenkle 2005, 24). Das Prinzip der Gewinnmaximierung, in den diskursiven Fragmenten oftmals als Gier karikiert, werde so nur den Finanzmärkten zugeschrieben (Trenkle 2008, Abs. 4). Als Folge daraus würde Kapitalismus nicht als die gesellschaftliche Produktionsweise mit gleichzeitiger privater Aneignung der Produktionserzeugnisse verstanden. Das Wesen des Kapitalismus werde verkannt, wenn Kapitalverhältnisse als soziale Verhältnisse verschwänden (Langner 2007, 332). Im Zuge dieser Verkennung werden im bürgerlichen Alltagsbewusstsein historisch gewachsene Phänomene wie Nationen oder der Verkauf der eigenen Arbeitskraft als natürlich bewertet, während die ihnen immanenten Zwänge auf rein äußerliche Phänomene wie das Finanzkapital projiziert würden. In dieser Dichotomie stehen bedrohliche Zwänge natürlichen Bedürfnissen des deutschen Volkes, ehrlicher Arbeit und einem organischen, Waren produzierenden Kapitalismus gegenüber. Der wertkritische Autor Norbert Trenkle benennt dies als ideologische Bewusstseinsform in Gestalt einer projektiven Affektabspaltung (2001, 25). Genau diese bilde die Anfälligkeit möglicher antisemitischer Identifizierungen des Finanzkapitals oder weiteren Sündenböcken wie Hedgefonds oder Großkonzernen (2008, Abs. 26).560 Zwar münde eine solche Identifizierung nicht notwendigerweise in einer Personalisierung des Finanzkapitals mit ‚den Juden‘ (Trenkle 2005, 24), in historischer wie aktueller Naziideologie erhält diese Differenzsetzung allerdings die antisemitische Gestalt des raffenden versus schaffenden Kapitals. Auch der bundesweite Koordinationskreis von Attac561 verweist auf diese problematische Wendung des Dualismus und die ihm innewohnende Dämonisierung der Spekulation, die letztlich für alle Krisen verantwortlich gemacht werde. Eine problematische Identifizierung findet ihren Ausdruck in der Figur des parasitären Spekulanten, der im ‚vagabundierenden Juden‘562 identifiziert wird (At560
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Auch Oppenhäuser bezeichnet Kritik am zinstragenden Kapital als eine der „neuralgische Stellen (…), an denen der Antisemitismus“ (Oppenhäuser 2006b, 44) greift. Es existieren bei Attac bundesweite und regionale Koordinationskreise, die die Organisation der Aufgabenverteilung übernehmen. Ein solcher Kreis setzt sich aus Personen für die Öffentlichkeitsarbeit, Finanzen etc. sowie Vertreter_innen der diversen Arbeitsgruppen zusammen. Der Kreis entscheidet über die Verwendung von finanziellen Mitteln und die Ausrichtung von Veranstaltungen und Aktionen (u.a. Attac Karlsruhe 2013). Eine antisemitische Identifizierung ergibt sich auch über den Begriff des Vagabundierens, dessen antijüdische Pejoration bereits im frühchristlichen Ahasver-Mythos wurzelt (zur Konstruktion der Verbindung von Wurzellosigkeit und Finanzkapital vgl. auch Heinrich 2004, 192; vgl. auch Kapitel 2).
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tac-Koordinationskreis 2003, Abs. 25).563 Diese antisemitische Wendung ist dabei zumeist an eine völkische Perspektive gekoppelt, in der eine ehrliche Arbeit und ein ehrliches Kapital dem ‚raffenden jüdischen‘ gegenübersteht.564 Natürlich finden sich keine Identifizierungen des ‚Juden‘ oder des ‚raffenden jüdischen Kapitals‘ in der linken Kritik an den Finanzmärkten, dies behaupten auch die Kritiker_innen nicht. Aber, so wird problematisiert, es existieren „Anklänge an die eindeutig antisemitisch kontaminierte Unterscheidung zwischen ‚raffendem‘ und ‚schaffendem Kapital‘“ (Leggewie 2005, 100f.), zum Beispiel in Varianten einer manichäischen Spaltung zwischen heimatlosen Finanzzentren und bodenständigen, natürlichen Völkern: Die Tendenzen zur Konzentration auf das Finanzkapital, zur Verdammung von Geld, „Wucher“ und Zinsen, zur Personifizierung und verschwörungstheoretischen Deutung von ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Prozessen, der antimoderne Reflex, sich nach einer „heilen“, fest gefügten harmonisch-solidarischen „nationalen“ Gemeinschaft zu sehen, bis hin zur manichäischen Entgegensetzung von „heimatlosen Finanzzentren“ und „den Völkern“ oder „der Menschheit“ – all dies bietet Anschlüsse zu reaktionären Ideologien bis hin zum Antisemitismus (Haury 2005a, 75). Einige Gruppen, die sich Attac zugehörig erklären, wie das Spektrum um Linksruck, formulieren eine entsprechende Dichotomie als Kritik an den Finanzmärkten, so Astrid Kraus vom Koordinationskreis von Attac (Bierl 2003, Abs. 5). 565 Wolters (2001, 62) spezifiziert dies, indem er herleitet, dass die Agitation gegen Wucher die Unterscheidung zwischen wertschaffendem und Investmentkapital benötigt. Neben den manichäischen Entgegensetzungen sollen ebenso Personalisierungen in der Unterscheidung zwischen produktivem und spekulativem Kapital Anschlüsse für antisemitische Wendungen liefern.
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Es handele sich vor allem um Metaphern wie „vagabundierendes“ oder „parasitäres“ Kapital, das antisemitischen Wendungen die Tür öffne (Fritz 2001). Dem widerspricht Hanloser (2005a, Abs. 14), der „vagabundierend“ und „zersetzend“ nur als bestimmte Vokabeln interpretiert, die nicht antisemitisch motiviert sein müssen. Der Koordinationskreis argumentiert mit Bezugnahme auf diese antisemitische Wendung, dass eine heutige Kritik an den Finanzmärkten diese Identifikation reflektieren müsse, um sich entsprechend von einer nationalökonomischen Beschränkung freizumachen. Für ihn ist die demokratische Kontrolle der Finanzmärkte in Verbindung mit einem globalen Recht auf Zugang zu den Ressourcen gegen eine nationalstaatlich organisierte Politik durchzusetzen (AttacKoordinationskreis 2003, Abs. 25). Leggewie hebt hervor, dass Gruppen wie Linksruck entsprechende Bild- und Textbeiträge lieferten, die, hervorgerufen durch die breite Bündnispolitik von Attac, eine gesamte globalisierungskritische Bewegung kompromittierten (Leggewie 2005, 101).
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Denn die (moralische) Unterscheidung von spekulativem und produktiven Kapital, von Arbeit und Geldwirtschaft ermöglicht erst die Benennung des Schlechten im System, geldgierig und mächtig kommen sie daher, die Spekulanten und Banker, die Bosse und Strippenzieher. Solcherlei personalisierende Verschwörungen, die den Juden nicht brauchen, um strukturell antisemitisch zu sein, funktionieren nur, wenn man den Kapitalismus nicht als System und sich selbst als außenstehend begreift (Günther 2002, 59). Die problematisierten Deutungen ohne antisemitische Wendung werden also als „strukturell antisemitisch“ auf den Begriff gebracht.566 Die Grundstruktur der Kritik am Kapitalismus und insbesondere das Bilderrepertoire seien kompatibel mit antisemitischen Deutungen. Einer entsprechenden Globalisierungskritik, also auch einer Differenzierung zwischen wertschaffendem Kapital und Investmentkapital, wird eine „offene Flanke [in] Richtung Antisemitismus“ (Wissen 2001, Abs. 11; auch Wolter 2001, 62) zugeschrieben. Diese oszilliere nicht aus dem Nirgendwo, sondern werde als „Ideologie, als notwendig falsches Bewusstsein, zugleich Bestandteil und Ausdruck von ‚realen gesellschaftlichen Bedingungen‘, also von Gewalt“ (Hamburger Studienbibliothek 2003, 8) begriffen. Gesellschaftliche Totalität oder kapitalistische Vergesellschaftung benennen den Rahmen, der den Individuen „warenfetischistisches Handeln“ (ebd.) aufnötige, das unabhängig von individuellen Motiven oder Denken und Handeln vollzogen wird. Durch den Rahmen, der durch die Bedingungen des Kapitals gesetzt wird, werde Antisemitismus unausrottbar, es bleibe jedoch seine Bekämpfung (Hamburger Studienbibliothek 2003, 8). Aus wertkritischer Perspektive bezeichnet wiederum der Begriff „politische Ökonomie des Antisemitismus“ die Dichotomisierung als modernes Fetischverhältnis, in dem Arbeit und Ware vom Geld usurpiert seien (Kurz 1995, Abs. 1). Bei Attac finde sich dieses moderne Fetischverhältnis in der Forderung nach nationalstaatlich kontrollierter Wirtschaft, bei der als schuldig an einer Globalisierung Gier und Verantwortungslosigkeit des Finanzkapitals beziehungsweise gewissenloser Spekulanten ausgemacht sind (Exner 2005, 10).567 Als Begriff der Problematisierung einer solchen Dichotomie hat sich der Begriff „verkürzte Kapitalismuskritik“ (ebd.) etablieren können. Er unterstellt einen einseitigen 566
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Etliche diskursive Akteure delegitimieren diesen Begriff, da er Klarheit und Trennschärfe vermissen lassee, da er nicht auf formalen sondern strukturellen Gemeinsamkeiten basiere (PfahlTraughber 2011, 101). Gerhard Hanloser sieht in dem Begriff „struktureller Antisemitismus“ selbst eine Verkürzung, da es einer konkreten Personalisierung durch ‚die Juden‘ von modernen und kapitalistischen Verhältnissen oder Phänomenen bedürfe (Hanloser 2005a, Abs. 2 & 8). Auch Claudia Globisch resümiert in einer Sequenzanalyse einiger linker Texte, dass den dort entworfenen dichotomen Kollektiven primär moralische und kulturelle Attribute zugewiesen werden (2013, 314).
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Angriff auf die abstrakte Dimension des Kapitalismus, wie Geld, Zins oder Zirkulation, die es zu überwinden gelte (Hanloser 2005b, 4). Die Fixierung von Attac auf die Finanzmärkte sei problematisch,
Mit Verweis auf dieses generelle Muster mache es entsprechend keinen Sinn, bei antisemitischen Darstellungen seitens einzelner Akteure von Attac von Ausrutschern und Einzelfällen zu sprechen (ebd.).568 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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weil sie einem Muster entspricht, das zu den Kernbestandteilen des modernen Antisemitismus gehört. Damit soll nicht gesagt werden, dass die in weiten Teilen von Attac propagierte Finanzmarktkritik antisemitisch ist. Dennoch ist sie ihrer ideologischen Struktur nach kompatibel mit dem weit verbreiteten Affekt gegen das „raffende Kapital“, das in der Nazi-Propaganda mit den „jüdischen Spekulanten“ identifiziert wurde (Trenkle 2005, 23).
Anschlussfähigkeit und Querfrontbestrebungen Unter dem Begriff der Anschlussfähigkeit (Haury 2001, 227) wird der Blick auf diskursive Akteure gelenkt, die Willens sind, jene manichäische Dichotomie, die es bei Attac gibt, ihrerseits durch ‚die Juden‘ zu identifizieren. Ein Kritikpunkt an Attac ist entsprechend, dass sich rechte politische Akteure von der Globalisierungskritik von Attac angesprochen fühlen569 und beispielsweise zur Teilnahme an ihren Demonstrationen und anderen Großereignissen mobilisieren (Sternfeld 2006, 1).570 So hatte die NPD mehrmals ihre Unterstützung bei Demonstrationen angekündigt (AAB 2002, 60). Rechte Gruppen versuchen entsprechend mit ihrem Antikapitalismus, der sowohl antisemitisch als auch antiamerikanisch ge568
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Beispiele solcher Einzelfälle werden in verschiedenen Quellen angeführt. So habe bspw. ein älterer Herr in der Regionalgruppe Trier schwadroniert, dass ‚den Juden‘ kein Geld mehr in den Hintern geschoben werden sollte. Die Regionalgruppe hat sich umgehend von diesem Herrn getrennt (Straud 2003, Abs. 4). Peter Wahl berichtet von zwei Einzelfällen, bei denen manifeste Formen des Antisemitismus erkannt wurden. Diese wurden daraufhin aus Attac ausgeschlossen (Wahl 2004, 6). In einigen Ländern wie bspw. Polen sollen Neonazis in den Attac-Strukturen organisiert sein. Sven Giegold, Mitbegründer von Attac-Deutschland, setzte sich nach Bekanntwerden dieser Gerüchte mit polnischen Aktivist_innen zusammen und forderte u.a., dass nationalistische Positionen aus der Gründungserklärung von Attac Polen zu streichen seien (Elsässer 2007, 156-158). Andere Autor_innen verweisen darauf, dass sich Texte von Attac Polen und Niederlande kaum von denen der Rechten unterschieden (Bewernitz 2003, 123). Am 22. November 2002 hatten etwa 20 Neonazis an einer Antikriegskundgebung in München teilgenommen (Attac-Koordinationskreis 2003). In Frankfurt am Main hatten Attac und rechte Gruppen gemeinsam gegen die Übergabe der U-Bahn an eine US-Firma agitiert. Manche Mitglieder von Attac hatten die nationalistischen Positionen der Rechten noch verteidigt. Attac hatte schließlich jedoch den Entschluss gefasst, das „Bürgerbündnis für Frankfurt“ (BFF) auszuschließen, dieses kam Attac jedoch zuvor und trat selbstständig aus (Bierl 2003).
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wendet sein kann,571 an das explizit heterogene Bündnis der globalisierungskritischen Bewegung anzudocken (AAB 2002, 61; Wolters 2001, 62).572 Dies ist insofern problematisch, da es für viele linke Globalisierungskritiker_innen praktisch einer Delegitimierung gleichkommt, wenn nationalistische Gruppen ihre globalisierungskritischen Positionen teilen (Langner 2007, 328). Um entsprechend eine solche Querfrontbestrebung573 seitens dieser Gruppen zu verhindern, hatte der Koordinationskreis von Attac nach einer Demonstration gegen den Besuch von George Bush im Mai 2002, an dem Neonazis teilgenommen hatten,574 eine Erklärung verfasst, in der er sich explizit von einer Terminologie wie schaffendem und raffendem Kapital, einer Unterscheidung zwischen „nationalem produktiven“ gegenüber „jüdisch internationalem“ distanzierte. Attac weise alle Annäherungsversuche im Sinne einer Querfront zurück (AttacKoordinationskreis 2003). Wie praktisch mit rechten Querfrontbestrebungen umzugehen sei, wird innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung und selbst innerhalb Attacs unterschiedlich verhandelt: Neben Distanzierungserklärungen (Rätz 2003, Abs. 7) werden deutliche Positionen gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus (u.a. AAB 2002, 60) und gegen rechte Globalisie571
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Claudia Globisch arbeitet in ihrer Sequenzanalyse die zentralen Semantiken im Antikapitalismus der politischen Rechten heraus: Neben einer völkischen Perspektive dominieren Anti-USImperialismus und eine Globalisierungskritik (2013, 229). Die antisemitischen Texte sind stark dichotom strukturiert, und das Kapital wird in eine konkrete und eine abstrakte, sprich spekulative, Seite gespalten. Diese wird als Großleihkapital, Spekulanten, Finanzkapitalismus aber auch als ‚Heuschrecken‘ benannt (ebd., 254). Rensmann sieht in kulturalistisch aufgeladener Gegnerschaft gegen die Globalisierung, mit antiamerikanischen und personalisierenden Repräsentationen, im Rahmen einer manichäischen Einteilung der Welt in unterdrückte Völker und parasitäre, abstrakte Mächte Überschneidungen der Ressentiments der politischen Linken sowie Rechten (Rensmann 2004, 321). Querfront ist ein Begriff für eine rechtsradikale Bündnisstrategie, der ursprünglich aus den 1930er-Jahren der Weimarer Republik stammt. Querfront beinhaltet den Versuch, Gemeinsamkeiten zwischen politischen Lagern hervorzuheben. Heute setzen insbesondere die „Autonomen Nationalisten“ auf eine solche Strategie (Begrich/Raabe 2010, 234). Eine Globalisierungskritik von rechts entwirft das „gib8“-Bündnis, bestehend aus Freien Kameradschaften, der NPD und der Jugendorganisation der Jungen Nationaldemokraten (JN). Sie befürworten einen sogenannten völkischen Nationalismus, der oftmals antisemitische gewendet ist (Stützel 2007, 5). Von Aktivist_innen der Kameradschaftsszene wurde außerdem das „Antikap-Bündnis“ ins Leben gerufen, von dem eine „antikapitalistische, nationale und sozialistische Jugendbewegung“ ausgehen soll (Stützel 2007, 6). Aber auch die NPD versucht, einen Antikapitalismus in ihrem Sinne als soziale Frage des deutschen Volkes zu entwerfen, bei der sie vorrangig linke Begriffe wie Solidarität und Sozialität in einem Kontext von Sozialstaat und völkisch-nationalen Ideologemen zu besetzen versucht (Virchow 2007, 352; generell zu Überschneidungen von Antikapitalismus und Antisemitismus der NPD vgl. Benz (2005). Zur Offenheit von Globalisierungskritiker_innen gegenüber antisemitisch gewendetem Antisemitismus vgl. Wetzel (2005, 193f.). Die Anmelder_innen dieser Demonstration hatten sich erst im Anschluss an die Veranstaltung von diesen distanziert (Sternfeld 2006, 76).
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rungskritik (Wissen 2001) präferiert. Einige Personen aus dem Rat und dem Koordinationskreis von Attac diskutierten, wie eine Kritik am Kapitalismus so formuliert werden kann, dass Rechte keine Anknüpfungspunkte finden. Es gelte, solche Deutungsmuster, die Anschlussstellen für nationalistische und insbesondere antisemitische Positionen aufwiesen, im Alltagsverstand sichtbar zu machen und zu bekämpfen (Rätz 2003, Abs. 7).575 Attac Freiburg nimmt diesen Ansatz im Kontext der Diskussion um die Legitimität des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ bei der Kampagne „Bahn für Alle“ auf. Man arbeitet heraus, dass politisch rechte Akteure die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik applizieren, und dass sich bei aktueller populistischer Politik rechte und linke Symbolik annähern (Attac Freiburg 2006).576 Andere diskursive Akteure bringen Beispiele, in denen Neonazis die ‚Heuschrecke/n‘ mit „vagabundierendem transnationalem“ Finanzkapital verknüpfen und im Rahmen eines „vagabundierenden Raubritterkapitalismus“ verorten. Die politisch rechte Kritik adressiert ausschließlich die Zirkulationssphäre des Kapitals (Thomsen 2006, 9; zitiert nach Virchow 2007, 355). Sozioökonomische Entwicklungen werden mit Mentalität und Verhaltensweisen verknüpft. So eröffnet beispielsweise ein Verweis auf Werner Sombart in einem Artikel in der Deutschen Stimme die Assoziation eines vermeintlich „jüdischen Geistes“ (Virchow 2007, 356). 577 In einer Postwurfsendung während der hessischen Kommunalwahlen im März 2006 hatte wiederum die NPD gegen den „Heuschrecken-Kapitalismus“ gewettert: „Der Heuschrecken-Kapitalismus macht unser Land kaputt! Die ausländischen Spekulanten vernichten deutsche Arbeitsplätze“ (NPD 2006; zitiert nach Oppenhäuser 2006b, 46).578 Stereotypen und Personalisierungen Als ein zentraler Aspekt in der Anschlussfähigkeit bestimmter ökonomischer Deutungen für antisemitische Wendungen wird die Reduktion komplexer Zusammenhänge durch Stereotypen und Personalisierungen ausgemacht. Elmar Altvater, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac, geht im Kontext einer solche Reduktion auf die ‚Heuschrecke/n‘ ein: 575
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Attac Österreich hatte entsprechend für eine politisch-strategische Neuorientierung von Attac mit einer überarbeiteten Akzentsetzung plädiert (Exner 2005, 9). Überdies weisen unterschiedliche Autor_innen darauf hin, dass nationalpopulistische „Kapitalismuskritik“ an Zulauf gewinnt (u.a. Trenkle 2008, Abs. 28). Dieses Beispiel aus der „Deutsche Stimme“ ist einer Kampagne gegen Verkäufe des kommunalen Wohnungseigentums entnommen. Oppenhäuser zeigt auf, dass auch in aktuellen neonazistischen Liedtexten und Schriften eine Koppelung von Ökonomie und ‚den Juden’ stattfindet. In der rechten Kapitalismuskritik befindet sich in den Zuschreibungen an Geldgier, Kapital, Macht und Profit oftmals eine gezielte Anspielung auf antisemitische Topoi (Oppenhäuser 2006, 103-127).
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[I]m Alltagsbewusstsein bekommt der Finanzfetisch sehr oft eine Gestalt, zum Beispiel als „Heuschrecken“, die im Schwarm über einen „Standort“ herfallen und ganze Unternehmen samt Arbeitsplätzen auffressen. Mit diesem Bild wird nichts erklärt; es verdunkelt vielmehr grundlegende Zusammenhänge und erschwert eine Antwort auf die Frage, wie die globalen Finanzmärkte zu regulieren wären (Altvater 2008, Abs. 19). Neben der Verdunklung wird auf verschwörungstheoretische Aspekte bei der Personalisierung in der Globalisierungskritik hingewiesen. In einem Artikel in der Zeit werden solche verschwörungstheoretischen Elemente ausgemacht, wenn Regierungen und internationale Organisationen als „Marionetten“ der Finanzspekulation dargestellt werden. Dies sei insofern problematisch, denn „wer an Verschwörungen glaubt, denkt auch die Verschwörer implizit mit. Und das nächstliegende Stereotyp dafür sind ‚die Juden‘“ (Straud 2003, Abs. 6). Wieder andere diskursive Akteure argumentieren mit historisch belasteten Stereotypen gegen eine Personalisierung. Holger Knothe führt als Beispiel etwa die Personalisierung des Finanzspekulanten als Parasiten an, eine Metaphorisierung, die Jörg Huffschmid vorgenommen habe (Knothe 2007, 118). Der Parasit falle nach Knothe unter ein sprachliches Tabu, da er historisch belastet sei und Vernichtungsimplikationen transportiere. So implizierten die tradierten Subscriptiones, dass es den Parasiten auszumerzen gelte, um den Kapitalismus zu heilen (ebd.).579 Gleiches gilt für den Schmarotzer, den Huffschmid in seinem 1999 verfassten Werk „Politische Ökonomie der Finanzmärkte“ für die Unseriosität und Gier von Offshore-Zentren verwendet (ebd., 116). In einem Zuge mit dem Parasiten und dem Schmarotzer werden seitens Alexander Ziems auch die ‚Heuschrecke/n‘ problematisiert: Die Heuschreckenmetapher im Rahmen der Kapitalismusdebatte als Form der Kapitalismuskritik einzusetzen schließt unmittelbar an die Stigmatisierung von Juden als raffgierige Kapitalisten an, zumal meist angloamerikanische Finanzinvestoren in der Kritik stehen und standen (Ziem 2008, 118). Auch Oppenhäuser diskutiert die symbolische Personifizierung im Rahmen internationaler Machtbeziehungen und spricht bei mythischen Vorstellungen von
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Huffschmid wird dabei nicht als Einzelfall porträtiert. Als weiteres Beispiel für eine solche Metaphorik wird der Bestseller der Globalisierungsbewegung „Empire“ zitiert. Darin wird die Macht als Gegenpol der Multitude entworfen, gegenüber den wahren Produktivkräften bilde das „Empire“ einen „Beuteapparat“, eine „parasitäre Maschine“, die „vampirmäßig das Blut der Lebenden saugt“ (Hardt/Negri 2002, 75; zitiert nach Kettner 2004, 53), bzw. wird das „Empire“ zu einem „Parasit“ (ebd., 367ff.; zitiert nach Kettner 2004, 53), der „seinem Wirt die Kraft aussaugt“ (ebd., 369; zitiert nach Kettner 2004, 53).
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als Subtext auf der Bildebene als eine Verschwörungstheorie [auszeichnet], die sich nahtlos in das tradierte Bild des jüdischen Spekulanten einfügen lässt. Im Gegensatz zu solchen Bildern, die seit Jahren im Diskurs zirkulieren, wurde das Heuschreckensymbol vielfach als unmittelbar antisemitisch kritisiert. Mehr oder weniger implizit steht der Verdacht im Raum, dass damit zwangsläufig zwischen gutem und schlechtem Kapital unterschieden werde, wobei letzteres personalisierend auf einzelne Manager bezogen sei, die damit zugleich als Ungeziefer dehumanisiert würden (Oppenhäuser 2006, 45).
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Spekulanten als zentralen Akteuren von einer starken Komplexreduzierung, die sich
In einem ähnlichen Duktus grenzt sich Attac Freiburg von der „Heuschreckensymbolik“ des Bündnisses „Bahn für Alle“ ab. Für diese Regionalgruppe ist die ‚Heuschrecke‘ Teil einer historischen und aktuellen „Nazisymbolik“ (Attac Freiburg 2006, Abs. 4). Außerdem entspreche die Symbolik nicht ihrer Vorstellung von Politik und Ökonomie, da die ‚Heuschrecke‘ einen Angriff von außen auf eine „unschuldige, unbeteiligte bedrohte Gruppe“ (Attac Freiburg 2006, Abs. 5) anzeige. Komplexe Zusammenhänge und systemimmanente Ursachen seien damit verwischt. Statt der Dämonisierung einzelner Akteure – wie Bahnchef Hartmut Mehdorn oder privater Investoren – sollte sich Attac auf die Kritik an neoliberalen Logiken konzentrieren (Attac Freiburg 2006, Abs. 6). Mit dem Fokus auf Personalisierungen sind ebenfalls szenische und grafische Darstellungen besonders umstritten. In der globalisierungskritischen Bewegung fällt dabei vor allem die Konzeption der Global Player ins Gewicht. Veranschaulicht wird die Kritik anhand einiger Beispiele von Demonstrationen globalisierungskritischer Aktivist_innen: So führten beispielsweise bei Protesten gegen den G8-Gipfel in Evian im Jahr 2003 Demonstrant_innen eine dicke, aufblasbare Gestalt im Anzug und mit Zigarre und Melone mit, der Geldscheine aus der Hosentasche fielen. An diese waren wie Marionetten Politiker_innen wie Gerhard Schröder und Tony Blair gekettet. Es handele sich nach Angaben von Haury hier um eine stereotypische Darstellung eines Kapitalisten (Haury 2005, 71). Ein anderes, oftmals kolportiertes Beispiel ist ein Poster, das auf dem Herbstkongress von Attac in Aachen im Jahr 2003 neben der Bühne zu sehen war. Es zeigte die Karikatur eines dicken Kapitalisten, im Mund eine Zigarre, auf dem Kopf eine Melone, [sich] auf einem Geldsack fläzend. Vor ihm steht ein schlanker Arbeiter, unterm Blaumann ist der Oberkörper nackt; auf eine Schaufel gestützt, wischt er sich Schweiß von der Stirn. (…) Verstörend ist: Der Arbeiter, der unter dem Finsterling ächzt, hat hellblonde Haare (Straud 2003, Abs.1). 296
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Das Plakat trägt den Schriftzug: „Zinsen bedienen Kapital“. Auch Haury referiert auf dieses Poster und verweist in seiner Kritik an ihm darauf, dass es sich
Auch aus wertkritischer Perspektive ist dieses Aufzeigen von Verantwortlichen ein fataler Fehler. Zwar sei die Bestimmung des Bösen in den meisten Fällen uneindeutig, aber genau dieses öffne „unbewussten und bewussten antisemitischen Assoziationen die Tür sperrangelweit“ (Trenkle 2005, 25).580 Vom US-amerikanischen Fonds zum Antiamerikanismus Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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um ein klassisches Motiv des Antisemitismus [handelt]. Es bedient sich zum einen der Vorstellung von Zins als vom Produktionsprozess losgelöstem Wucher, zum anderen kolportiert es die Dichotomie der schaffenden und raffenden Sphäre (Haury 2005a, 70).
Target domain des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ in den massenmedialen Diskursfragmenten sind zumeist US-amerikanische oder internationale Fondsgesellschaften. Auch im Bündnis „Bahn Für Alle“ wird, und hier handelt es sich um Vermutungen, „ein US-amerikanischer Pensionsfonds als Käufer eines milliardenschweren Pakets von Aktien der Deutschen Bahn AG“ (Ofinger 2005, 6) ausgemacht. Der Sprecher des Bündnisses hebt zugleich die Bedrohung durch diese Fonds hervor: Ein paar Indizien lassen ahnen, wie schnell und gründlich die Deutsche Bahn demnächst auseinandergenommen und runtergefahren wird, um die Kapitalund Renditeinteressen der Großanleger (vorzugsweise genannt werden als Interessenten Gazprom, arabische Kapitalgesellschaften, große amerikanische Invest- und Immobilienfonds) zu befriedigen (Monheim 2006, 6). Eine Globalisierungskritik, die lediglich jenes Land, das sehr stark von der ökonomischen Entwicklung profitiert, als Übeltäter und Verursacher der Neoliberalisierung identifiziert, neige zu Vereinfachungen, so Anton Pelinka (2005, 35). Eine solche Vereinfachung zeige sich in Anti-US-amerikanischen Polemiken, die Teil eines Antiamerikanismus sind. Der Antiamerikanismus gilt als historisches Ressentiment, das von politischen Schwankungen unabhängig über eine Geschichte verfügt, die bis in die Romantik reicht (Diner 2002, 7) und bei Herder und Heidegger, aber auch in der Dreyfus-Affäre, zu finden ist (Stäblein 2007, 90f.). Per definitionem steht der 580
Diesen Deutungen widerspricht hingegen Thomas Sablowski und stellt den Zusammenhang zwischen den hellblonden Haaren und einem ‚arischen‘ Aussehen in Frage. Für ihn konnotiert die Karikatur lediglich eine Kritik am Kapitalismus (2004, 14). Diese Abwehr wertet Trenkle wiederum als Teil von „Entschuldigungs- und Entlastungsargumenten“ (Trenkle 2004, Abs. 7), die paradigmatisch für die gesamte Broschüre Attacs zum Antisemitismus seien.
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Antiamerikanismus für eine Rationalisierung komplexer gesellschaftlicher Phänomene, die ein zwiespältiges Geflecht von Bildern, Mythen und Metaphern transportiert, die nicht immer klar dem Ressentiment zugeordnet werden können (Diner 2002, 8).581 Er gilt als „Element einer ambivalenten, vornehmlich feindseligen, durch Angst bestimmten Reaktion auf die Moderne“ (Diner 2002, 9) hervorgerufene Haltung. Im Antiamerikanismus wird als Wesen der USA der Raubtierkapitalismus ausgemacht (Haury 2002, 50), die USA stehen für die globalen kapitalistischen Verhältnisse (Oppenhäuser 2006, 113-116) und für die negativen Konsequenzen der Moderne, sowohl in der ökonomischen als auch in der kulturellen und sozialen Dimension (Beyer/Liebe 2010, 218). Die Vorurteilsstruktur des Antiamerikanismus ist oftmals verschwörungstheoretisch gestaltet (Diner 2002; Markovitz 2004, 188),582 mit dumpfen Ressentiments aufgeladen (Hahn 2003c, 160) und besitzt vielfache Überschneidungen mit der Ressentimentstruktur des Antisemitismus (Bürgin/Fransecky 2006, 330; Markovitz 2004, 173), beziehungsweise gilt sie als anschlussfähige „Projektionsfläche [für] antisemitische Stereotypen“ (Leggewie 2005, 97). Nach Dan Diner sind die Bilder und Metaphern für die Dämonisierung der USA wie Geld, Zins oder Börse als eine „Stufe in der über den Antisemitismus hinausgehenden Verweltlichung der Judenfeindschaft“ (2002, 33) zu betrachten.583 Die psychosoziale Funktion von Antisemitismus und Antiamerikanismus ähnele sich, während jedoch der Antisemitismus einem Tabu unterliege, kann der Antiamerikanismus beispielsweise in der politischen Rhetorik durchaus zu Prestigegewinn führen (am Beispiel Gerhard Schröder: Beyer/Liebe 2010, 220; zu Oskar Lafontaine: Stock 2003, 93). Antiamerikanismus gilt daher auch als Umwegsprojektion antisemitischer Ressentiments (Beyer/Liebe 2010, 229). Der politischen Linken waren diese Ressentiments bis zur sozialen Bewegung der 1968er-Jahre fremd. Mit Beginn des Vietnamkriegs wandelte sich dies jedoch und eine – oftmals manichäische – Aufladung der USA als Sinnbild für Krieg und Kapitalismus realisierte sich (Hahn 2003b, 25ff.; Markovitz 2008, 57).584 Polemiken des Antiamerikanismus in einer Kritik an der Globalisierung können zum Beispiel einen kodierten Antisemitismus produzieren, indem in der 581 582
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Zu einer Auseinandersetzung zu divergierenden Definitionen vgl. Hahn (2003a, 15-18). Insbesondere nach dem 11. September 2001 erfahren auch innerhalb der politischen Linken Verschwörungstheorien eine Renaissance, in denen sich antiamerikanische und antiisraelische Topoi amalgamieren (Jäcker 2005). Markovitz bezeichnet Antiamerikanismus und Antisemitismus durch ihre Nähe und Überschneidungen in Struktur und Inhalt der Ressentiments als „Cousins ersten Grades“ (2004, 173). Der emanzipatorische Charakter des linken Antiamerikanismus wird innerhalb der politischen Linken bereits in den frühen 1980er-Jahren diskursiv umkämpft. Gegen ihn wird eingebracht, dass er einen platten Nationalismus forciere und den Klassencharakter verschleiere (Hahn 2003b, 46f.).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
„Ostküste“ die verbrecherische Inkorporation des Abstrakten lokalisiert (Pelinka 2005, 35) oder der Broker als Personifizierung der Hypermoderne ausgemacht wird (Stäblein 2007, 91).585 Zum Repertoire des Antiamerikanismus wird auch der Vorwurf gezählt, die USA hätten durch ihren unproduktiven Konsum per Kredit die Welt in die Krise gestürzt. Diesen Vorwurf grundiert die Spaltung zwischen „parasitärem Kreditkapital“ und „ehrlichem Produktivkapital“, die sich in gefährlicher Nähe zu antisemitischen Kategorien befinde (Trenkle 2008, 19).586 In manchen Teilen der globalisierungskritischen Bewegung artikuliere sich der Antiamerikanismus hingegen im Kontext einer emotionalisierten und personalisierten Kritik am Freihandel und an transnationalen Finanzunternehmen (Leggewie 2004, 101).587 Manche linke Globalisierungsgegner_innen machten neben den Allmachtzuschreibungen an die USA auch die IWF, die WTO und die Weltbank zu Erfüllungsgehilfen der USA (Stock 2003, 83). Kritiker_innen solcher Positionen diagnostizierten, dass im Antiamerikanismus nicht der Kapitalismus als Ganzes zum Objekt der Kritik wird, sondern sektorale Erscheinungen in den Vordergrund gerückt werden (Hahn 2003a, 18). Als klassische grafische Darstellung eines solchen Antiamerikanismus wird ein Plakat von Attac für die Mobilisierung zu einer Demonstration gegen den Besuch des damaligen USamerikanischen Präsidenten George W. Bush in Berlin im Jahr 2002 ausgemacht: Uncle Sam, mit antisemitisch verzeichnetem Gesicht, spielt dort mit einem Jojo in Gestalt einer Weltkugel. In dieser Grafik verschmelze die Vorstellung der US-amerikanischen Vorherrschaft mit denen der jüdischen Weltverschwörung, in concreto der jüdischen Einflussnahme auf die US-amerikanische Politik (Bergmann/Wetzel 2003, 7f.).588 Als weiteres Beispiel wird auf den ‚Tanz 585
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Frank Illing bezweifelt, dass eine Personalisierung bereits ein Beleg für Antiamerikanismus oder Antisemitismus sei (2003, 105). Trenkle bezeichnet die Behauptung, dass die US-Zentralbank die Immobilienspekulation durch ihre Niedrig-Zinspolitik angeheizt hätte und damit für die Krise verantwortlich zu machen sei, als Irrsinn. Vielmehr hätte die FED den Kriseneinbruch um Jahre nach hinten verschoben. Nicht die Spekulation, sondern die grundsätzliche Strukturkrise habe die weltweite Krise verursacht (Trenkle 2008, 20). Attac mobilisiere bspw. gegen die Neueröffnung von Mc-Donald’s-Filialen, da diese Profite auf Kosten der Menschen und der Umwelt machen und die autochthone Gastronomie zerstören würden – gegen deutsche oder französische Ketten bleibe Protest jedoch aus. Die Globalisierung wird entsprechend nur in US-amerikanischen Konzernen verdinglicht (Stock 2003, 77). Auch Markovitz und Rensmann heben hervor, dass es zu den Ressentiments des Antiamerikanismus gehört, wenn die Macht transnationaler Konzerne in den US-Konzernen ausgemacht wird (Markovitz/Rensmann 2004, 227). Pfahl-Traughber widerspricht dieser Deutung und stellt seinerseits klar, dass die gesamten Gesichtsproportionen verändert worden seien, also keine explizit antisemitische Verzeichnung vorgenommen wurde (2011, 100). Der Vorwurf des Antisemitismus habe daher keinen Bestand.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
ums goldene Kalb‘ in Davos im Jahr 2003 (siehe oben) verwiesen. Dort verschmolzen durch die Personalisierungen antizionistische mit antiamerikanischen Ressentiments (Leggewie 2005, 100). Außerdem ist eine Ausgabe des IG Metall-Magazin metall im Jahr 2005 stark umkämpft.589 Auf der Titelseite der Maiausgabe des Monatsmagazins ist eine Mücke, in Nadelstreifenanzug, mit Aktenkoffer, einem wie die USamerikanische Flagge gestalteten Zylinder, einem blinkende Goldzahn und Dollarzeichen in den Augen zu sehen. Neben der Mücke wird der Verweis auf ihre target domain eröffnet: „US-Firmen in Deutschland. Die Aussauger“ (metall 2005, 1). Im Innenteil befindet sich ein vierseitiger Artikel mit weiteren grafischen Darstellungen ebendieser Mücken: Sie gehen als Schwarm auf eine Fabrik nieder, der sichtlich Schaden zugeführt wird, wohingegen die Mücken mit Aktentaschen voller Geldscheine weiterfliegen (Rügemann 2005, 14f.). Auf der folgenden Seite befindet sich eine Nahaufnahme einer ebensolchen Mücke, in der sie einen Schornstein mit ihrem Stechrüssel bearbeitet. Eine erklärende Bildunterschrift spezifiziert die grafische Darstellung: „Wie Mücken saugen die amerikanischen Finanzinvestoren die deutschen Firmen aus“ (Rügemann 2005, 16). Die letzte Seite des Artikels ziert eine dicke, aufstoßende Mücke, die mit einem Koffer voller Geldscheine wegfliegt (Rügemann 2005, 17). Die Subscriptiones der Mücke sind inhaltlich über die Grafiken bestimmt: US-amerikanisches „Ungeziefer“ bereichert sich (wie stechende, blutsaugende Mücken) an deutschen Fabriken. Im Text sind die Mücken als die USamerikanischen Finanzinvestoren Blackstone, Carlyle, Lone Star, Terra Firm, Permira, KKR, Investcorp und der Londoner Investor Apax spezifiziert, die keine „Rücksicht auf Menschen, Regionen oder Traditionen nehmen“ (Rügemann 2005, 15), während sie die deutsche Wirtschaft umkrempeln. Etliche deutsche Unternehmen des gehobenen Mittelstands seien aufgekauft worden, wonach bei ihnen „Tausende von Arbeitsplätzen“ (ebd.) verloren gingen. Die hohe Rendite gehe einher mit Verschlechterungen für die Arbeitnehmer_innen (Rügemann 2005, 16) und der Behinderung der Betriebsräte in ihrer Arbeit sowie kurzen Verwertungszyklen, als nächster Schritt stehe der Weiterverkauf oder ein Börsengang an (Rügemann 2005, 17). Die zentrale Deutung von Übernahmen ist 589
Diese Ausgabe der metall wird nicht nur in innerlinken sondern auch im massenmedialen Diskurs kritisiert. Bernd Ziesemer, Chefredakteur des Handelsblatts, bezeichnet die Ausgabe der metall als „billige Polemik gegen ‚Heuschrecken‘“, die „alte Ressentiments und das deutsche Unbehagen an der kapitalistischen Moderne“ (Ziesemer 2005, 9) befördere. Im Rheinischen Merkur (Henkel 2005) wird die metall und ihre pejorative Tiermetaphorik als historisch belastete NS-Terminologie eingestuft. Guido Westerwelle benennt diese Deutungsmuster in einer Rede am 12.5.2005 vor dem Bundestag als „Form der Ausländerfeindlichkeit“ (zitiert nach Dokumentation Arbeiterphotographie 2005, Abs. 3). Roland Koch, damaliger hessischer Ministerpräsident, erkannte in den Grafiken antiamerikanische Züge (Koch 2005).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
denkbar dichotom aufgebaut: Der deutsche Mittelstand und mit ihm „die Menschen“ (Rügemann 2005,14) sind von US-amerikanischen Finanzinvestoren bedroht. Die Politik ist hilflos gegenüber dem „Treiben der Finanzinvestoren“ (Rügemann 2005, 15).590 Die Kritik,591 die sich gegen die Subscriptiones der hier verwandten MückenSymbolik erhebt, nennt ein ineinander verwobenes Gefüge von Deutungen als Verkürzung der kapitalistischen Vergesellschaftung sowie als Antiamerikanismus.592 Die Ressentimentstruktur dieses Artikels zeichnet einen Gegensatz zwischen einem individualistischen Leistungsprinzip sowie der Liberalisierung des Welthandels vermeintlich US-amerikanischer Couleur und einem sozialen Kapitalismus klassisch europäischer Ausprägung, dem „rheinischen Kapitalismus“ (Stock 2003, 91) mit Hang zur Wohlfahrtsstaatlichkeit, Zivilmacht und zu sozialen Rechten. Dies gilt als charakteristisch für den Antiamerikanismus, in dem Profitgier, Rücksichtslosigkeit und Ungebildetheit (Illing 2003, 97) auch als Ethik des Utilitarismus, sowie Moral,593 auch als höherer Idealismus vorgestellt, sich als gegensätzliche Stereotypen kontrastieren (Bewernitz 2002, 120; Diner 2002, 199). Ein solcher Antiamerikanismus verschleiere die systemimmanente Logik der Profitmaximierung aller Akteure (Oppenhäuser 2006, 115). Dieses Muster entdecken Kritiker_innen nicht nur in der Mai-Ausgabe der metall, sondern auch in den Subscriptiones des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘: In der in Deutschland geführten „Antikapitalismusdebatte“ werden die USKonzerne als die egoistischen und skrupellosen Akteure diffamiert, die wie Heuschrecken die deutsche Nation plündern. In die deutschen Unternehmen wird demgegenüber die Hoffnung gesetzt, human und verantwortungsvoll gegenüber den „Bedürfnissen des deutschen Volkes“ zu sein. Dabei agieren 590
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Weder grafisch noch im Text taucht eine ‚Heuschrecke‘ auf, wobei zu Reaktionsschluss gerade die ersten agonalen Aushandlungen um die Kapitalismuskritik von Müntefering geführt wurden. Jedoch lassen sich nahezu identische Subscriptiones im selben Diskursstrang zur gleichen Entstehungszeit bei der ‚Heuschrecke‘ finden (vgl. III.3). Eine detaillierte Zusammenstellung der medialen Auseinandersetzungen um die Ausgabe der metall befindet sich auf der Seite der Gruppe Arbeiterphotographie (Dokumentation Arbeiterphotographie 2005). Auf der Internetplattform Hagalil erscheint ein Artikel in dem metall völkischer Antikapitalismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus zugeschrieben wird (Seidel 2005). Dies wird damit begründet, dass ausschließlich amerikanische Investoren als Aggressoren gegen deutsche Unternehmen, die nur an der Maximierung der Profite, jedoch nicht an den Menschen interessiert seien, abgebildet seien. Trotz massiver argumentativer Kritik an dieser Ausgabe führte die Redaktion diesen antiamerikanischen und populistischen Stil fort, der durchaus positiven Widerhall bei Gewerkschaftsmitgliedern fand (Bürgin/Fransecky 2006, 331). Zur moralischen Empörung im Antiamerikanismus der Globalisierungsgegner_innen vgl. Lavelle (2007).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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beide im kapitalistischen System, in dem es darum geht Profit zu machen anstatt die Interessen der Menschen zu berücksichtigen (Antifaschistischer Frauenblock Leipzig 2013, Abs. 12). So realisiere die Dichotomisierung eine Verkürzung der kapitalistischen Vergesellschaftung, die nicht zuletzt den deutschen Imperialismus, beziehungsweise das Profitstreben deutscher Unternehmen, überschreibe (Hahn 2003c, 157; Stock 2003, 94).594 Im Antiamerikanismus wird die Heuschrecken-Symbolik zur „Plutokratenschelte“ (Leggewie 2005, 102) und vermag es im Rahmen der Krise, ausgelöst durch die „Diktatur der Finanzmärkte“, sogar das alte Bild des Dollar scheffelnden amerikanischen Kapitalisten abzulösen (Gebhardt 2008, 5), wobei diese Schelte zumeist mit der Anrufung der deutschen Politik und/oder des bürgerlichen Staats einhergeht, der die Zähmung des von außen aufgezwungenen Neoliberalismus umsetzen soll (Phase2 2004, 33).595 Für einen solchen Antiamerikanismus gilt entsprechend, dass er eine Stärkung des Nationalstaats bewirkt (Diner 2002, 203).596 Auch sei ein solcher Topos als Baustein eines neuen europäischen Führungsanspruches des Westens gegenüber der USA zu verstehen und damit kritisch zu reflektieren (Behrends 2006, 780). Eine solch undifferenzierte, populistische Globalisierungskritik finde sich gleichermaßen bei der politischen Linken und der politischen Rechten (Leggewie 2005, 96).597 Zurückweisungen durch Attac Dieser Begriff des Antiamerikanismus, und mit ihm der Vorwurf an Attac und die globalisierungskritische Bewegung, wird von Akteuren des Netzwerks zu594
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Als Reaktion auf die Maiausgabe 2005 der metall und die dortige Metaphorisierung USamerikanischer Investoren als Mücken hebt der Autor ebendiesen Aspekt in der Subscriptiones hervor, dass das Profitstreben der deutschen Firmen zugunsten jenes US-Finanzkapitals verschleiert wird (Rheinischer Merkur 12.5.2005). In den Massenmedien komme der Antiamerikanismus oftmals nur latent und ohne offene Feindseligkeit vor, so Igor Pejic. Dennoch führe die konsequente Assoziation eines Akteurs mit spezifischen Eigenschaften zu einer Stereotypenbildung und schließlich zu Ressentiments (Pejic 2012, 50). Heutige antiamerikanische Ressentiments basieren vor allem auf moralischen Argumenten (ebd., 122). Attac wird vorgeworfen diese Dichotomien in Forderungen nach zusätzlichen Steuern und dem Schutz lokaler Errungenschaften zu reproduzieren (Phase2 2004, 34). Oppenhäuser bilanziert über den Artikel in der Maiausgabe in der metall, dass die „Dichotomien, mit denen hier gearbeitet wird, (…) genau dem Muster des (…) rechten Antiamerikanismus“ (Oppenhäuser 2006, 115) entsprächen. Auch Jochen Gester, Sprecher der IG Metall Berlin, lehnt zwar nicht grundsätzlich das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ ab (Gester 2005, Abs. 5-7), findet jedoch, dass sich der Artikel in der metall durch die Deutungsmuster auch für rechtsradikale Journale prädestinieren würde (Gester 2005, 13). Andere diskursive Akteure bringen hingegen ein, dass es sich um ähnliche Topoi handele, jedoch sehr unterschiedliche Motivationen ihre Verwendung bedingen (Iling 2003, 102f.).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
rückgewiesen. Peter Wahl weist darauf hin, dass sich eine ressentimentgeladene Ablehnung der USA bei ihnen nicht finden lasse, vielmehr zielten die Aktionen von Attac darauf, „identitätslogische Zuordnungen (…) zu einem national definierten Kollektiv (…) zu kritisieren“ (2004, Abs. 76). Somit sei der Vorwurf des Antiamerikanismus eine „ideologische Allzweckwaffe“ (ebd., Abs. 77), die darauf ziele, die imperiale Herrschaft und kriegerisch gestützte Geopolitik der USA zu rechtfertigen. Eine Kritik am Antiamerikanismus wird also als Abwehrreaktion neoliberaler Kräfte interpretiert und damit zugleich delegitimiert. Weiterhin gelte für Attac daher, die Macht der USA, beziehungsweise ihren globalen Herrschaftsanspruch, „aus herrschaftskritischer, emanzipatorischer Perspektive in all ihren Dimensionen “ (ebd.) zu hinterfragen. Aber nicht nur dieser Begriff des Antiamerikanismus wird von Sprecher_innen von Attac zurückgewiesen. Besondere Gegenwehr erfahren auch die Begriffe „verkürzte Kapitalismuskritik“ und „struktureller Antisemitismus“.598 Wahl entwertet diese Begriffe unter anderem als „antideutsche beziehungsweise werttheoretische Klischees“ (2008, 1). Im Besonderen wird der Vorwurf des „strukturellen Antisemitismus“ als gravierend aufgefasst. Er verfüge über eine ungemein affektive Besetzung, der Konflikt sei somit hochmoralisch aufgeladen. Zudem produziere er eine asymmetrische Sprechsituation, in der die einen von oben herab argumentieren, während die Kritisierten – gegen ihr linkes Selbstverständnis – in eine Verteidigungshaltung geraten (ebd., 3). Der marxistisch orientierte Philosoph Wolfgang Fritz Haug pointiert dies: Wer den Begriffsjoker des „strukturellen Antisemitismus“ benutzt, geriert sich als Herr eines Verdachts, der keine Beweise braucht. Er beutet die Tatsache aus, dass, wie Wahl hervorhebt, die „Ablehnung von Antisemitismus in unserer Gesellschaft“ „hegemonial“ ist und spekuliert aufs schlechte Gewissen derer, für die diese hegemoniale Ablehnung nicht viel mehr als eine „fürs deutsche Ansehen in der Welt“ nötige Fassade ist (Haug 2004, 55). Wahl bringt gegen den Vorwurf der „verkürzten Kapitalismuskritik“ vor, dass seitens Attac keineswegs eine Wendung zum „raffenden jüdischen Kapital“ vollzogen werde. Attac würde nicht dem Schein erliegen, „der Zirkulationssphäre die Verantwortung für die kapitalistische Ausbeutung zuzuschreiben“ (Fritz 2001, Abs. 14). Aber nicht nur die Anschuldigungen an Attac seien ungerecht598
Diese Zurückweisungen sind dabei keineswegs einheitlich: Der Ratschlag von Attac hatte im Jahr 2003 Diskussions- und Klärungsbedarf gegenüber den Begriffen „struktureller Antisemitismus“ und „Anschlussfähigkeit von Antisemitismus“ angemeldet. Sie wollten darüber „konstruktiv und mit Respekt für unterschiedliche Ansichten“ (Ratschlag 2003, Punkt 2) diskutieren. Unterschiedliche diskursive Akteure merkten zu dieser Formulierung an, dass „Respekt“ an dem Punkt personalisierter Kritik an den Finanzmärkten bedeute, dass Attac weiterhin unter Antisemitismusverdacht stehe (u.a. Straud 2003).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
fertigt, auch die theoretischen Ableitungen der Kritiker_innen seien falsch: Es wäre ebenso wenig begründbar, dass sich Antisemitismus aus dem Fetischcharakter der Ware herleiten lasse wie andere ideologische Phänomene dieser Gesellschaft (Wahl 2004, 7). Thomas Sablowski wendet sich gegen die Problematisierung von Personalisierungen der kapitalistischen Verhältnisse. Es komme seines Erachtens vielmehr darauf an, die richtige soziale Gruppe zu identifizieren (2004, 18).599 Außerdem werde der Zusammenhang, der zwischen Verschwörungstheorien und Antisemitismus gezogen wird, als klassischer Syllogismus verstanden.600 Auch Wahl teilt das problematische Verständnis von Verschwörungstheorien nicht, denn nicht jede Verschwörungstheorie sei antisemitisch, nur weil der Antisemitismus Verschwörungstheorien brauche (Wahl 2004, 9). Ebenso liege den Formulierungen einer „Anschlussfähigkeit“ ein falscher Ausgangspunkt zugrunde. Die „Anschlussfähigkeit“ entlaste die rezipierende Person von der Verantwortung, einzelne Aspekte unverzerrt, in ihrem jeweiligen Kontext zu interpretieren. Der Begriff „Anschluss“ impliziere, dass die Kapitalismuskritik von Attac aus ihrem Kontext gerissen interpretiert werden dürfe (Wahl 2004, 10). Genau hierzu würden Nazis neigen, daher sei Schutz vor Beifall von falscher Seite nie garantiert (Wahl 2004, 9).601 Dieser Position pflichtet auch Methmann im Rahmen der Kampagne „Bahn für Alle“ bei und stellt klar, dass Positionen, nur weil sie auch von Nazis vertreten würden, nicht unbedingt falsch seien (Methmann 2006, Abs. 5). Außerdem wird auch jene potentielle prognostizierte Anfälligkeit für politisch rechte Handlungsrationalitäten durch dichotome Erklärungsmuster zurückgewiesen: Das genaue Gegenteil würde durch Attac bewirkt, so Wahl, denn Attac formuliere eine emanzipatorische Alternative auf die Globalisierungskrisen (Wahl 2004, 10-11). Neben den recht strikten inhaltlichen und theoretischen Zurückweisungen gestalten sich Bemühungen um einen einheitlichen Begriff des Antisemitismus schwieriger: Zwar rege man eine Debatte zum Nachdenken über antisemitische Denkstrukturen an, die Heterogenität des Netzwerkes von Attac verunmögliche jedoch jegliche Bemühungen, in diesem Punkt einen Konsens zu finden (Bierl 2003). Wahl weist einen einheitlichen Begriff zurück, da wie bei anderen Begriffen – wie Freiheit, Demokratie etc. – es sich auch bei Antisemitismus um hege599
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Trenkle sieht zwar die Differenz zwischen einer Personifizierung als ‚Juden‘ und der „Kapitalistenklasse“, merkt jedoch an, dass beide Deutungen auf „grundsätzlicher Ebene (…) den bewussten Vermittlungszusammenhang der Warengesellschaft auf persönliche Herrschaft zurückführen“ (Trenkle 2004, Abs. 16). Rensmann hingegen folgert: „der innere Zusammenhang zwischen Verschwörungstheorien und Antisemitismus ist evident“ (2004, 328). Knothe zitiert einen Sprecher von Attac, der resümiert, dass es sich nicht vermeiden lasse, in symbolischen Praktiken Stereotypen zu präsentieren, die auch in reaktionären Diskursen implementiert werden könnten (Knothe 2007, 167).
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moniale Aushandlungen um eine diskursive Besetzung handele, die jeweils durch spezifische Interessen geleitet sei (Wahl 2008, 4).602 Was diese hegemonialen Interessen sein können, spezifiziert Wahl anhand des Vorwurfs, Attac würde einen sekundären Antisemitismus kolportieren: Hier handele es sich vielmehr um einen „Kampfbegriff (...), mit dem Attac denunziert und stigmatisiert werden solle“ (Wahl 2004, 6). Ein Begriff des Antisemitismus, wie er im Anschluss an Haury formuliert wird, wird also vielmehr als Mittel in einer ideologischen Auseinandersetzung begriffen denn als ernstzunehmende politische Auseinandersetzung. Eine solche Bewertung der Motive der Kritiker_innen von Attac begründet den Begriff des „Antisemitismusvorwurfs“, der impliziert, dass es sich bei den Anschuldigungen lediglich um eine gehaltlose Diskreditierung der Globalisierungskritiker_innen drehe (Knothe 2007, 148–165).603 Vielmehr wird bereits an Themen wie Finanzmarktkritik oder moralisierende Geldkritik eine Kritik angesetzt, die zum Jargon geronnen ist (Hanloser 2005b, 7f.). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
Um nun, am Ende des Unterkapitels, wieder auf den Anfang und damit die Aussage des Sprechers von „Bahn für Alle“ zurückzukommen: Wenn Methmann einwendet, dass es sich bei der Verwendung des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke‘ um eine „argumentative Verkürzung“ kapitalistischer Prozesse handele, kann dies – vor dem Hintergrund der weiteren hier dargestellten innerlinken Debatte – in verschiedene Richtungen interpretiert werden. Mit der Spezifizierung der Aussage, die ‚Heuschrecke/n‘ transportiere keinen rechten Symbolgehalt und auch die Ideen in den Subscriptiones seien „weit überwiegend kein[e] rechten“ (Methmann 2006, Abs. 7), positioniert er sich eindeutig gegen den Begriff der Anschlussfähigkeit. So entgegnet Methmann seinen Kritiker_innen: „Und so lange Ihr uns in unserer sonstigen Argumentation nichts nach rechts anschlussfähiges nachweisen könnt, gehen Eure Befürchtungen ins Leere“ (Meth-mann 2006, Abs. 7). Die Beweislast liegt damit bei den Kritiker_innen, deren Pochen auf theoretische Grundlagen wie den „strukturellen Antisemitismus“ und die „verkürzte Kapitalismuskritik“ vom Tisch gefegt sind. Als Veto gegen die ‚Heuschrecke‘ zählt folglich nur ein manifester Antisemitismus. Dieser wird in innerlinken Auseinandersetzung allerdings niemandem zum Vorwurf gemacht. 602
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Trenkle wirft Thomas Sablowski aus dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac vor, er benutze einen Begriff des Antisemitismus, „der so diffus ist, dass er jederzeit nach Belieben wegdefiniert werden kann, und der vor allem nicht spezifisch für den Kapitalismus ist“ (Trenkle 2004, Abs.8). Holger Knothe wendet sich der Struktur der Abwehr der Vorwürfe bei Attac zu. Auf psychosozialer Ebene differenziert Knothe zwischen verschiedenen Figuren: Er unterscheidet zwischen Nichtwahrnehmung, Abwehr, Relativierung und Differenzierung sowie Ritualisierung (Knothe 2007, 167). Eine Reflexion der Kritik und des Begriffs von Antisemitismus würde zudem knapp ausfallen (Knothe 2007, 174-179).
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Wie wird das Verhältnis zwischen Politik und ökonomischen Akteuren stilisiert?
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Machen Sie Druck: Wie steht Ihr/e Abgeordnete/r zum geplanten Verkauf des Bundeseigentums an der Deutschen Bahn AG? Fragen Sie konkret nach und fordern Sie diese auf, das Projekt abzulehnen! Auf Druck aus dem Wahlkreis reagieren Politiker und Politikerinnen höchst sensibel. Auf der Internetseite www.DeineBahn.de können Sie ein Protestschreiben per Mausklick direkt an Ihre/n Abgeordnete/n schicken (Bahn für Alle 2007, 2). Die Kampagne des Bündnisses „Bahn für Alle“ zielt mit der Anrufung der Politik auf einen Schutz des Bundeseigentums vor Finanzinvestoren, die als bedrohlich für Umwelt, Fahrkomfort und Arbeitsbedingungen visioniert werden. Politische Mobilisierungen wie diese Anrufung der Politik sind integrale Bestandteile der politischen Agitationen des Netzwerks Attac. Wahl verwendet zur Beschreibung solcher Kampagnen den Begriff der Ein-Punkt-Bewegung. Diese bedürfe keines elaborierten Krisen-, Staats- oder Kapitalismusbegriffs, um Anknüpfungspunkte für politisches Handeln anzubieten (BUKO & Attac 2001, 63), da es lediglich gelte, die globalisierten Märkte wieder auf eine „freiheitlichdemokratische Grundordnung“ zurückzuholen (Stützle 2001, Abs. 10): Mit demokratischer Kontrolle seien die „entfesselten Märkte“ zu bändigen (u.a. Bingen 2001; Wissen 2001). Detlev von Larcher, Mitglied des bundesweiten Koordinierungskreises von Attac, beklagt bei diesem Vabanquespiel die Janusgesichtigkeit der Politik: „Öffentlich laut über als Heuschrecken berüchtigte Private-Equity-Fonds zu lamentieren, ihnen aber zugleich per Gesetz eine steuerliche Förderung zu servieren, ist absurdes Theater“ (Larcher 2008, Abs. 2). Der Handlungsimperativ an Politiker_innen heiße, nicht „über Auswüchse auf den Finanzmärkten zu jammern, Hedgefonds aber nach wie vor Steuergeschenke zu machen“ (ebd.), stattdessen habe die Politik Gesetze und Regeln für die Fondsgesellschaften und ihre „ungehemmte[n] Profitgier“ (Larcher 2008, Abs. 2) zu verabschieden. Jörg Huffschmid formuliert die Aufgabe der Politik folgendermaßen: Die mittelfristige Reform der Finanzmärkte besteht darin, durch ihre vorbeugende Stabilisierung den Ausbruch weiterer Finanzkrisen zu verhindern und darüber hinaus die Unterwerfung der Gesellschaft unter die „Herrschaft der Finanzmärkte“ zu beenden, hinter der nicht nur große Finanzkonzerne, sondern ein ganzes Projekt gesellschaftlicher Gegenreform steht. Der Finanzsektor soll hierdurch wieder auf seine wesentliche Aufgabe der externen Finanzierung von Investitionen und Produktion zurückgeschnitten werden, für die er unentbehrlich ist (Huffschmid 1999, 177).
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Bei solchen Bedrohungsszenarien, dargestellt mit Symboliken aus der Kategorie Krieg604 wie „Ausbruch“ von Krisen, „Unterwerfung“ der Gesellschaft und „Herrschaft“ der Finanzmärkte, werden reformorientierte Strategien anvisiert. Diese sollen dann richten, was aus dem Lot geraten ist, nämlich die Märkte auf ihre „wesentliche Aufgabe zurückschneiden“ und „vorbeugend stabilisieren“ (ebd.). Krisenhafte Phänomene werden entsprechend als Regulierungsdefizit seitens des Staates gegenüber dem Markt interpretiert (u.a. Bingen 2001; Wissen 2001). Manche Autor_innen, die sich im Netzwerk von Attac verorten, fordern ergo einen begrenzten Protektionismus: Jedes Land solle den Grad seiner Öffnung selbst bestimmen können (u.a. Felber 2003, 159). Alle Finanzinvestoren sollen außerdem Rahmenbedingungen seitens der Nationen gesetzt bekommen können, an die sie sich zu halten haben: Es gelte, ein „Standortschutzabkommen“ zu implementieren, „das nicht Staaten reguliert, sondern Investoren“ (Felber 2003, 162).605 Huffschmids Appell an die Politik suggeriert eine Dringlichkeit: „Sie bleiben so lange unkontrollierbar, wie die beteiligten Akteure und ihre Interessen nicht offengelegt und ihre Handlungen nicht politisch eingeschränkt werden“ (Hufschmid 1999, 13; Herv. M.U.). Die Märkte agieren demgemäß heimlich, im Verborgenen, was ihre Bedrohlichkeit verstärkt. Die Appelle von Attac basieren auf der Präsentation des bürgerlichen Staates als Interessenvertretung aller Bürger_innen (Brand 2001, 38; Trenkle 2005, 23). Mittels eines Willensaktes könnten die Regierungsparteien der Aufgabe nach politischer Einflussnahme nachkommen, den Sozialstaat wieder etablieren und die Massenarbeitslosigkeit reduzieren. Die negativen Auswirkungen des Kapitalismus realisieren sich entsprechend nicht aus diesem heraus, sondern aus seiner Ungebändigtheit.606 Politiker_innen wie zum Beispiel Oskar Lafontaine sind dabei nicht nur Teil einer solchen Anrufung, sondern auch Partner_innen und werden beispielsweise zu Kongressen von Attac, wie in Berlin im Jahr 2001, als Sprecher_innen eingeladen. Unter den Mitteln zur „Bändigung“ des Kapitalismus ist die sogenannte Tobin-Steuer das prominenteste Regierungsinstrument. Bereits im Gründungsakt von Attac sind die Aktien- und Devisenspekulation als Grundprobleme des neoliberalen Kapitalismus festgeschrieben, deren Besteuerung die internationale Krise bekämpfen soll. Der Katalog der Forderungen hat sich bis heute erweitert, 604
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Beispiele dieser Art lassen sich vielfach finden, vgl. u.a. „Investoren als Invasoren. Staatsfonds und die neue Konkurrenz um die Macht auf dem Weltmarkt“ von Stephan Kaufmann (2008b). Grundsätzlich wird der Bereich der öffentlichen Dienstleistungen als schützenswert erachtet. Er sollte daher für Investoren unzugänglich gemacht werden (Felber 2003, 165). Als Kampagnen, in denen ein „fairer und gerechter“ Kapitalismus anvisiert wird, werden in der Literatur bspw. „Stopp Steuerflucht“ und „Weg mit der Riester-Rente!“ genannt. Sie sind an ein Gerechtigkeitsdenken im Alltagsbewusstsein angeschlossen, in der ein Dualismus von harter, ehrenwerter und produktiver Arbeit einer bösartigen Gier gegenübersteht (Stützle 2001).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
ist jedoch der Stoßrichtung treu geblieben: Der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, Stabilisierung der Wechselkurse, Schließung von Steueroasen und Verbot von Hedgefonds sowie anderen riskanten Derivaten (Fritz 2001). Als Gegenmacht zu den bedrohlichen Finanzmärkten werden Begriffe wie Demokratie und Gerechtigkeit besetzt und stark gemacht. Den globalisierten Märkten wird der Wohlfahrts- und Sozialstaat gegenübergestellt,607 in dem der Markt wieder den Bedürfnissen der Menschen diene (vgl. Stützle 2001, Abs. 4; Felbert 2003, 171). Jürgen Elsässer plädiert gar für einen „Volkskeynesianismus“ (Elsässer 2007, 64), auch wenn er diesen als „zweischneidige Sache“ (Elsässer 2007, 103) identifiziert, da er mit politisch rechten Volksfront-Ansätzen kompatibel sei (ebd., 119). Als Problemlösung schlägt Elsässer daher einen neuen Begriff der „Volkssouveränität“ (ebd., 108 & 119) vor, der alle Bewohner_innen des Landes eingemeindet und direkte Demokratie statt Parlamentarismus anvisiere. Ein solches Staats- und Politikverständnis von Strömungen der globalisierungskritischen Bewegung und u.a. dem Bündnis „Bahn für Alle“ wird – ebenso wie das Ökonomieverständnis – als problematisch gedeutet. Zwei Punkte wiegen bei diskursiven Akteuren besonders schwer: Erstens stößt die Kooperation mit Politiker_innen wie Oskar Lafontaine auf Unverständnis. Es wird die Frage nach der Grundlage einer Zusammenarbeit gestellt, da die besagten Politiker_innen sowohl für eine rassistische Flüchtlingspolitik als auch für die Wirtschaftspolitik verantwortlich seien und sich damit für eine gemeinschaftliche Kooperation nach linkem Politikverständnis diskreditieren würden (u.a. Stützle 2001, Abs. 12). Andere diskursive Akteure zitieren beispielsweise aus einem Wirtschaftspapier der Grünen aus dem Jahr 2009, in dem „Bienen statt Heuschrecken“ gefordert werden und die gegenwärtige Krise durch die „Entfesselung der Wirtschaft und der Finanzströme“ ausgelöst sei. Schnittflächen zwischen Attac und den Grünen träten hier zutage. Die Forderung nach einer „grünen Marktwirtschaft“ wird als „ideologische Unterscheidung zwischen guter Marktwirtschaft und bösem Kapitalismus“ und damit als „nach rechts anschlussfähig“ (Bierl 2009, 17) interpretiert. Durch ihren Rekurs auf Feindbilder wie gierige Banker und böse Spekulanten würden sie das „politische Gefahrenpotential der Wirtschaftskrise“ (ebd.) missdeuten und sich für jede Kooperation disqualifizieren. Zweitens erscheint die Anrufung von Politiker_innen als widersinnig. Gegen Attac wird vorgebracht, dass die internationalen Finanzsysteme keineswegs ohne politische Regulierung seien. Die bestehenden Regulierungen kämen nur weniger den Arbeitnehmer_innen als vielmehr der Aufrechterhaltung der Wettbe607
Trampert arbeitet zudem heraus, wie über die Zuschreibungen an den Begriff der Globalisierung in der Kritik an einer neoliberalen Ökonomie eine erhöhte positive Bezugnahme auf Nationalstaatlichkeit erfolgt (Trampert 2004).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
werbsfähig des Standortes zugute (Brand 2001, 38). Ein solches Missverständnis, das die Politik als Geisel der Finanzmärkte entwerfe, entlaste diese vielmehr von ihrer Verantwortung für die Erweiterung der Akkumulationsmargen (Ebermann 2004, 62). Resümiert wird demgemäß, dass diese Anrufung der Politik nur aus einem naiven Staatsverständnis resultieren könne (u. a Fritz 2001, Abs. 10). Darauf basierend werde nicht die grundlegende Herrschaftsform des Staates attackiert, sondern vielmehr werden die aktuellen Ausprägungen kritisiert (Brand 2001, 37). Dabei müsse selbst Attac eingestehen, dass die Politik – trotz ihrer internen Widersprüche – die neoliberale Ökonomie notfalls sogar mit Gewalt verteidigen würde (Wissen 2001, Abs. 7).608 Verschiedene theoretische Bezüge bilden die Grundlage der Zurückweisung des Politikverständnisses von Attac: Einerseits wird auf die materialistische Staatskritik von Joachim Hirsch und den griechisch-französischen marxistischen Staatstheoretiker Nicos Poulantzas referiert, die den Staat als Garanten der bestehenden gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Ordnung begreifen. So folgert beispielsweise Markus Wissen vom BUKO609 Arbeitskreis Weltwirtschaft, dass Finanzmärkte desaströse Krisen evozieren, jedoch nicht losgelöst von staatlicher Regulierung und realökonomischen Krisentendenzen zu interpretieren sind (Wissen 2001, Abs. 10). Zwar reagiere die Politik auf Legitimationsdefizite, die durch Deregulierung und Transformation des keynesianischen Sozialstaates in den nationalen Wettbewerbsstaat, durch Kapitalverwertungskrisen (Wolter 2001, 61), Verlagerung von Entscheidungsprozessen sowie Verknappung von Ressourcen evoziert werden, sie bleibe jedoch gerade dadurch aktive Gestalterin und keineswegs Opfer (u.a. Kastner 2003, 273). Vielmehr verursachen die Legitimationskrisen eine Plausibilisierung neuer neoliberaler Gesellschaftsbilder, die ihrerseits mit politischen Maßnahmen verwoben sind (Wolter 2001, 61). Andererseits spielen Foucault und Gramsci in den Aushandlungen eine große Rolle. Antonio Gramscis Begriff der Hegemonie als die Besetzung von Begriffen, durch die bestimmte Interessen als gesellschaftliche Allgemeininteressen gesetzt sind und sich damit etablieren können, steht dabei im Mittelpunkt. Demnach streiten im Rahmen einer Zivilgesellschaft hegemoniale Projekte permanent um kulturelle und politische Hegemonie. Diese Idee schließt an Foucaults 608
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Markus Wissen bezieht sich mit diesem Verweis auf die Gewalt staatlichen Handelns auf dem G8-Gipfel in Genua, bei dessen Gegendemonstrationen Hunderte Menschen zum Teil schwer verletzt wurden, und Carlo Giuliani, ein Genueser Gewerkschaftersohn, von Carabinieri erschossen und im Sterben von einem Polizeijeep überfahren wurde. Die Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) ist ein unabhängiger Dachverband für über 120 entwicklungspolitische Gruppen, Initiativen, Läden, Kampagnen, Zeitschriften plus etwa 100 Einzelpersonen. Der BUKO versteht sich als Ort linker, herrschaftskritischer Debatte und entwicklungspolitischer Mobilisierung (BUKO 2013, Abs. 1).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Machtbegriff an, der in gesellschaftlichen Prozessen fortwährend umkämpft ist. Diese Prozesse evozierten zwar ebenfalls Widerstand, dieser liegt jedoch niemals außerhalb der Macht (Günther 2007, 28). Beide theoretischen Bezüge verorten gesellschaftliche Akteure als in Macht verwickelt, die unweigerlich auch zum Konsens des Regierens und des Geführt-Seins beitragen. 610 Einer Globalisierungskritik, die Kapitalismus lediglich als Wirtschaftsform begreift, die im Interesse der herrschenden Klasse und gegen das Interesse der Ausgebeuteten funktioniert, wird vorgehalten, dass sie komplexe Zusammenhänge in einfache Dichotomien zwängt. Insofern führe auch eine Identifizierung von wahnwitzigen Spekulanten, ‚Heuschrecken‘ oder Plünderern sowie ihrer beschworenen Gier zu Handlungsrationalitäten, die auf ähnlichen Dichotomien aufbauen (Günther 2007, 29).611 Die Verbindungen zwischen Markt und Staat würden in ihnen gelöst und zu Politik versus Wirtschaft zerfallen. Diese Zersplitterung wird als „unterentwickelter Kapitalismusbegriff“ (Fritz 2001, Abs. 11) ausgemacht, da er als rein ökonomischer existiere. Nur im Rahmen eines solchen Begriffs kann Politik als etwas dem Kapitalismus Äußerliches wahrgenommen werden (BUKO & Attac 2001, 64). Ein solcher Kapitalismusbegriff wird analog als politisches Alltagsverständnis ausgemacht, aus dem die Vorstellung erwachse, dass die 610
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Dies wird an einigen politischen Kampagnen auch konkretisiert. So sei die Tobin-Steuer keineswegs ein Instrument, mit dem eine „andere Welt möglich gemacht werde“, sondern würde von Seiten der Politik aufgegriffen, um das bestehende System zu stabilisieren, wie bspw. durch das Aufgreifen der Tobin-Steuer durch den ehemaligen französischen Ministerpräsidenten Lionel Jospin (Wissen 2001, Abs. 9). Christian Stock vom BUKO hatte mit Verweis auf George Soros angemerkt, dass fortschrittliche neoliberale Vordenker bereits anerkennen, dass eine „Entschleunigungsmaßnahme“ (BUKO & Attac 2001, 66) unausweichlich werde. Somit habe Attac mit der Tobin-Steuer eher als „Stichwortgeber für die Modernisierung des Kapitalismus“ (ebd.) fungiert. Im Kontext der Finanzkrise fordert selbst Josef Ackermann eine Regulierung der Finanzmärkte. Hier handelt es sich jedoch nicht um eine politische Absichtserklärung, sondern lediglich um eine Selbstverpflichtung der Banken zu mehr Transparenz und damit Sicherheit. Der Wunsch Ackermanns wird daher als rein populistische Kritik verstanden, mit der er sich „in die Mitte der bundesdeutschen Gesellschaft“ (Heinrich 2008, 17) rücken mag. Pfahl-Traughber wertet es hingegen als Verdienst von Attac, dass die etablierte Politik im Kontext der Finanzkrise 2008 und 2009 reformorientierte Ansätze in ihrer Politik implementierten (2011, 95). Bereits fünf Jahre zuvor hatten Weltbank, IWF und die WTO Begrifflichkeiten und Konzepte der Globalisierungskritiker_innen aufgenommen, jedoch befreit von ihrem herrschaftskritischen Impetus (Editorial 2002, 3). Brand bezeichnet diese Institutionen im Anschluss an Poulantzas als „materielle Verdichtungen gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse“, die Ausdruck eines neoliberalen Gesellschaftsumbaus sind. Diese sind Produkt gesellschaftlicher Aushandlungen, die gleichzeitig über die Politik geführt wurden. An ihnen reformistisch anzusetzen, befördere einen nachhaltigen Neoliberalismus (Brand 2001, 39). Auf direkte Kritik äußert Wahl, dass Attac die Verantwortung der Politik für die Krise anerkenne und entsprechend die Gier von „Zockern an den Finanzmärkten“ als Teil eines strukturellen, systemischen Zusammenhangs werte, dies halte Attac jedoch nicht von seiner politischen Strategie ab (Wahl 2008).
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Politik die Ökonomie kontrolliere und grundlegend verändern könne (BUKO & Attac 2001, 64).612
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Welche Kritik oder Widerstandsformen lassen sich über die ‚Heuschrecke/n‘ ausdrücken? In der Kampagne des Bündnisses „Bahn für Alle“ laufen die Forderungen auf „[e]in optimiertes Bahnmodell in öffentlichem Eigentum, orientiert an den schweizerischen SBB und an erfolgreichen deutschen regionalen Bahnen“ (Bahn für Alle 2007, 2) hinaus. Der Bundestag solle eine Strukturreform für die Deutsche Bahn AG beschließen, die preiswerter gestaltet ist und dadurch einen Impetus auf eine ökologische Nachhaltigkeit besitzt. Für eine breite Unterstützung dieses Zieles setzt das Bündnis auf den Einsatz des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘, da es eine breite Verständlichkeit besitzt und mit ihm an das emotional situierte Unrechtsempfinden breiter Kreise der Bevölkerung angeknüpft werden kann. Die ‚Heuschrecke‘ ist entsprechend in einem reformorientierten Diskursfragment verortet. Für das Bündnis, ebenso wie für Attac und die Diskursfragmente der Massenmedien, gilt als Handlungsrationalität die Stärkung der Demokratie gegen die Finanzmärkte. Sven Giegold lehnt außerdem aus strategischen Gründen eine grundsätzliche Kritik am Kapitalismus ab: Es bestehe auf AttacKonferenzen ein „unterschwellige[r] Konsens“ darüber, dass „scharfe Kritik (…) zugunsten von konkreten Forderungen“ (BUKO & Attac 2001, 66) zurückgestellt wird. Den Einwand, dass ein solch reformorientierter Ansatz eine Stabilisierung des Systems bewirke, nimmt Sven Giegold wissentlich in Kauf, da er nicht einschätzen könne, ob sich Alternativen lohnen (BUKO & Attac 2001, 66). Die Kampagnen von Attac, die sich als reformorientierte Kritik am Kapitalismus verstehen, werden von Kritiker_innen ebenso abgelehnt wie ontologische Kategorien, seien diese der Nationalstaat oder das Empire. 613 Die Reformorientierung wird als Teil eines falschen Staats-, Politik- und Kapitalismusverständnisses konzipiert.614 Der Fehler, den solche Globalisierungskritiker_innen begin612
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Die Kritiker_innen dieses Politikansatzes verstehen die globalisierten Märkte und den Sozialstaat hingegen nicht als Gegensätze, sondern vielmehr als notwendig aufeinander „angewiesene Kategorien warenkapitalistischer Vergesellschaftung“ und damit als Möglichkeit der „marktförmige[n] Reproduktion des Kapitalismus“ (Wolter 2001, 61). Es lässt sich entsprechend von starken politischen Differenzen sprechen. Der Begriff Empire bezieht sich auf das Buch „Empire. Die neue Weltordnung“ von Michael Hardt und Antonio Negri (Hardt/Negri 2002). Dieses zentrale Werk des Postoperaismus ist innerhalb der Linken kontrovers diskutiert worden (Brieler 2007; Pieper/Atzert/Karakayali/Tsianos 2007 & 2011). Die Ablehnung des reformorientierten Kurses geht weit über inhaltliche Punkte hinaus und wendet sich ebenso den Konsequenzen zu, die sich aus diesem Kurs ergeben: So wird beispiels-
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
gen, sei demnach, dass „[n]icht Strukturen (…) erkannt und kritisiert [werden], sondern deren Erscheinungsformen und damit häufig auch die Personen, die sie repräsentieren“ (Günther 2002, 58; Schmidinger 2004, 19), verantwortlich gezeichnet würden. Markt und Staat sind demgegenüber als produktiv zu begreifen, und das zirkulative Kapital stellt nur ein Versatzstück der kapitalistischen Warenproduktion dar (Wolter 2001, 60). Einen politisch regulierten Sozialstaat zu fordern, sei falsche Nostalgie und verhindere nicht zuletzt gesellschaftliche Emanzipation (Trenkle 2005, 23). Ausbeutungs- und staatliche Herrschaftsverhältnisse werden ausgeblendet, Kapitalismus und Staat affirmiert (Wolter 2001, 62). Gegen eine moralische Argumentation, den Ansatz am „vagen Gefühl“ (BUKO & Attac 2001, 64), fordern Kritiker_innen eine Systemkritik für die radikale Linke (u.a. Ebermann 2004, 62; Stützle 2001, Abs. 6). Die am Alltagsverstand ansetzenden Mobilisierungen zeugten von einer Theorieabstinenz (Brand 2001, 36). Nicht am Alltagsverstand sei demnach anzusetzen, denn damit verbleibe Attac in den Kategorien der Verhältnisse, ohne diese je überwinden zu können, folgert Ulrich Brand in Anlehnung an Gramsci (Brand 2001, 39). Somit laufe Attac immer Gefahr, nur einen noch nachhaltigeren Neoliberalismus hervorzubringen (Brand 2001, 39; Stützle 2001, Abs. 14). Attac strebe daher keine Moral- oder Identitätspolitik an, sondern fördere eine radikale Kritik am Kapitalismus und am Staat und gedenke, diese hegemoniefähig zu machen (Günther 2002, 58; für Wolters 2001, 62). Dies beinhalte die Entwicklung eines Antagonismus zu allen Institutionen, Organisationen und Kräften, die Herrschaft und Ausbeutung reproduzierten (Stützle 2001, Abs. 18). Es müsse der „Kapitalismus selbst wieder zum Gegenstand der Kritik“ (Wissen 2001, Abs. 15) werden, um damit nicht zuletzt die „Überwindung des warenproduzierenden Weltsystems“ (Trenkle 2005, 23; Trenkle 2008, Abs. 27) voranzutreiben. 615
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weise die Dominanzstellung von Attac in der globalisierungskritischen Bewegung darauf zurückgeführt, dass sie „die intellektuelle Beigabe des Oskar-Lafontaine-Regierungsprogramms“ (BUKO & Attac 2001, 65) sei, so Moe Hierlmeier vom BUKO. Damit komme Attac öfter in die Presse, besitze aber kaum Potential für linke Politik jenseits des Bestehenden. Zudem wird Attac eine Institutionalisierung der sozialen Bewegung zugeschrieben, durch die Radikalität neutralisiert werde (Stützle 2001, Abs. 16). Die Rolle des Sprachrohrs, die Attac durch die Hofierung seitens der bürgerlichen Medien erhalte, werde entsprechend strikt durch spezifische diskursive Akteure zurückgewiesen (Schmid 2001, 49). Der Begriff der Demokratie, der von Attac als Gegenbegriff zu den Finanzmärkten gestärkt wird, jedoch unterdeterminiert bleibt, wird von den Kritiker_innen nicht aufgenommen. Weder wird er Objekt einer Dekonstruktion, noch durch ein alternatives politisches System ersetzt. Statt eines politischen Gegenkonzepts dominieren theoretische Ansätze zur Analyse der Verhältnisse wie die Systemkritik.
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4.3.2
Resümee: Zur Rejustierung sprachlicher Grenzen
Im Jahr 2007, also noch während das Bündnis „Bahn für Alle“ aktiv war, gab die Gewerkschaft ver.di die Broschüre „Finanzkapitalismus: Geldgier in Reinkultur“ (ver.di 2007) heraus. Das Titelbild ziert eine Grafik eines Heuschreckenschwarms, der in Richtung Betrachter_in schwärmt (Abb. 24). Im Innenteil der Broschüre befinden sich ebenfalls Grafiken, die Aspekte der Texte verbildlichen. Den ersten Text illustriert eine Grafik mit Angela Merkel und Hans Eichel, die dem Heuschreckenschwarm einen roten Teppich ausrollen (Bsirske 2007a, 1; Abb. 26). Abgeschlossen wird der Artikel mit einer Illustration, auf der ein Anzugträger und eine Heuschrecke mithilfe eines Strohhalms eine Fabrik aussaugen, während rechts neben ihnen ein weiterer Anzugträger ein Haus wie einen Schwamm ausdrückt, während aus diesem Münzen in ein Champagnerglas kullern (Bsirske 2007a, 3; Abb. 30). Im hinteren Teil der Broschüre, in einem Artikel über REITs (Real-Estate-Investments-Trusts – ImmobilienAktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen) und Immobilienspekulation, landet eine überdimensionierte Heuschrecke auf einem Häuserblock einer Wohnstraße (Bsirske 2007b, 13; Abb. 28). Zu dem Artikel mit dem Titel „Politik schafft Spielregeln ab“ ist ein Damm durch zwei Anzugträger zerstört worden, durch den nun mit Wassermassen auch Heuschrecken, Haie und Anzugträger eindringen und auf eine, sich im Bildhintergrund befindende, Fabrik zu bewegen (Bsirske 2007c, 21; Abb. 43). Die Broschüre endet wie eine Hommage an einen Asterix-Comic, statt des Barden ist hier allerdings eine Heuschrecke an einen Baum gefesselt, während im Hintergrund die Gemeinde feiert (Bsirske 2007d, 23; Abb. 42). Im Fließtext werden die Finanzmärkte beziehungsweise der ShareholderValue-Kapitalismus als Problem respektive Bedrohung der Gesellschaft ausgemacht. Symbole aus der Kategorie Spiel und ‚Wildlife‘ visualisieren die Unverantwortlichkeit und dadurch die Bedrohlichkeit der Finanzmärkte. Ihnen gegenüber werden Arbeitnehmer_innen als wertschaffend konzipiert, die, trotz ihrer qualifizierten wertschaffenden Tätigekeit t, unter Arbeitsplatzabbau, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Renditedruck (Bsirske 2007b, 12) leiden müssen. Dennoch würden die USA und Großbritannien die Situation weiter verschärfen, da sie die Rahmenbedingung für diese Liberalisierung der Märkte verbesserten (Bsirske 2007a, 2). Gegen diese Liberalisierung wird die deutsche Politik angerufen, die die Finanzmärkte regulieren (ebd., 3) und den Sozialstaat stärken soll (Bsirske 2007d, 23). Innerhalb der Gewerkschaft, aber auch seitens diverser diskursiver Akteure, entfacht sich postwendend nach der Veröffentlichung ein Disput, in dem vor allem die Verwendung des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ umkämpft
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wird. Der Bundesvorstand von ver.di entgegnet auf die Kritik eines Gewerkschaftsmitglieds: Damit sind wir beim besonders kritisierten Bild der Heuschrecke. Hierüber haben wir natürlich auch im Vorfeld diskutiert. Allerdings sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass man bei dem Thema – nicht zuletzt wegen des die Debatte ausgelöst habenden Müntefering-Zitats – um dieses Bild bzw. diesen Begriff gar nicht herum kommt. Auch wissenschaftliche Publikationen zu dem Thema greifen den Begriff zunehmend auf (…). Umständliche Umschreibungen wären ansonsten nötig geworden. Letztlich wäre es aber gar nicht zu vermeiden gewesen, dass der Leserin/dem Leser früher oder später deutlich wird, dass wir natürlich die vielbeschriebenen „Heuschrecken“ meinen. Aus der Verwendung der Heuschrecken-Metapher den Vorwürf [sic] abzuleiten, wir würden rechtsextremen Positionen Vorschub leisten, weil „unbewusst“ oder „implizit“ ein Zusammenhang zwischen „Heuschrecken“ und „Juden“ hergestellt würde, können wir nicht nachvollziehen (Bundesvorstand 2008, Abs. 5). Diese Replik weist die Forderung nach einem politischen Umdenken zurück, in dem gewerkschaftliche Strategien einen neuen Fokus einnehmen sollten. Dieser neue Fokus habe die dominante Rolle der Politik, die ausschließliche Fokussierung auf die Finanzmärkte, die konstituierenden Bezugnahmen auf ein nationales Kollektiv (Galow-Bergemann 2008, Abs. 3-4) und die Bedrohung der deutschen Industrie durch eine äußere Kraft kritisch zu hinterfragen (ebd., Abs. 5). Dies sei notwendig, da gewerkschaftliche Mobilisierungen, wie sie bisher erfolgten, eine Anschlussfähigkeit für die politische Rechte anböten (ebd., Abs. 19 & 26). Die Interpretation der ökonomischen Krise in Verbindung mit einer „historisch belasteten“ Heuschrecken-Symbolik biete „ideale Andockpunkte für antisemitische Projektionen, auch, wenn die Verfasser_innen sicherlich keine Ambitionen hatten, dass ihre Broschüre in diese Richtung interpretiert wird“ (Ver.di Jugend 2007, Abs. 5). Als hehres Ziel sollten die Gewerkschaften nicht die Spekulation beschränken, sondern die Abschaffung des Kapitals intendieren (GalowBergemann 2008, Abs. 18). Dieses Beispiel einer weiteren Debatte um das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ zeugt von einer hohen inhaltlichen, strukturellen und grafischen Entsprechung zu eben jener um die ‚Heuschrecke/n‘ des Bündnisses „Bahn für Alle“. Gewerkschaftsmitglieder und Teile der globalisierungskritischen Bewegung strukturieren ihre Kritik an ökonomischen Prozessen also mit ähnlichen
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symbolischen und figurativen Darstellungen616, Argumentationslinien und Deutungsmuster, wenn sie das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ einsetzen beziehungsweise kritisieren.617 Außergewöhnlich an der Debatte um die ver.diBroschüre sind jedoch zwei Punkte, die ausschlaggebend dafür sind, dass dieser Exkurs über die Broschüre im Resümee erscheint: Erstens zeichnet sich im Debattenverlauf ein (entstehendes) Bewusstsein innerhalb der politischen Linken ab, dass konfligierende Positionen zu dem Kollektivsymbol bestehen. „Verkürzte Kapitalismuskritik“ und ihre „Anschlussstelle für antisemitische Wendungen“ können als inhaltliche Knotenpunkte in der Aushandlung vorausgesetzt werden,618 wodurch der Konflikt an Schärfe gewinnt (Hahn 2003c, 156). Diese agonalen Diskurspositionen ringen dabei um ein sprachliches Tabu – jenseits des massenmedialen Diskurses. Sowohl die Handlungsrationalitäten als auch die Deutungsmuster pro und kontra zum sprachlichen Tabu besitzen synchron und diachron – hier beispielhaft exemplifiziert an Debatten in und um Attac sowie ver.di – hohe Kongruenz. Entlang dieser diskursiven Positionen generiert sich eine Spaltung619 innerhalb der politischen Linken, die quer durch die Institutionen, Organisationen und politischen Netzwerke verläuft.620 616
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Ebenso wie im massenmedialen Diskurs und bei Attac dominieren auch bei ver.di Kollektivsymbole aus den Kategorien Glücksspiel, ‚Wildlife‘ und Krieg vgl. „Finanzjongleure zocken in der Müll-Branche ab“ (Ver.di extra 2007, 1). Eine Zurückweisung des Kollektivsymbols sticht heraus, da sie versucht, die Gewerkschaft über interne Widersprüche zu kritisieren. So bemüht sich Stephan Kaufmann anhand gewerkschaftsnaher Studien, einige Thesen der Broschüre als Mythen zu enttarnen: So würden beispielsweise Finanzinvestoren die Löhne nicht stärker senken als die Unternehmen dies selbst tun. Außerdem setzten die Finanzinvestoren nicht nur auf Arbeitsplatzabbau und würden sich nur selten verspekulieren und das Unternehmen damit in den Ruin treiben (Kaufmann 2008a, Abs. 3). Ebenso wäre die starke Überschuldung und ein Ausbluten durch Sonderausschüttungen nicht die Regel, da diese Handlungsrationalitäten nachteilig für die Fonds wären, da sie den Unternehmenswert mindern würden (Kaufmann 2008a, Abs. 4). Globisch attestiert der politischen Linken ideologische Kämpfe, in deren Zuge sich auch neue Tabus entfaltet haben und die auf eine „Sensibilisierung gegenüber dem Antisemitismus in den eigenen Reihen“ (Globisch 2013, 47) zurückzuführen sind. Tina Heinz bilanzierte bereits im Jahr 2000 die innerlinken Debatten über Antisemitismus als „linke Pflichtübung“ (Heinz 2000, 1). Im Konflikt um die ‚Heuschrecke‘ generiert sich kein vollkommen neuer Spalt innerhalb der politischen Linken. Deutungsmuster zur Frage der Rolle des Nationalstaats, zur Reformierbarkeit globaler Institutionen, zu einer an Emotionalität orientierten Kampagne und einem politischen Spezialistentum innerhalb von Attac führen bereits Anfang des Jahrtausends zu divergierenden Positionen (Bewernitz 2002, 112). Gleiches gilt auch für antinationale Positionen und die Begriffe „verkürzte Kapitalismuskritik“ sowie „struktureller Antisemitismus“ (Heinz 2000). Anhand einiger Beispiele konnte gezeigt werden, dass diskursive Positionen der Gewerkschaften durch Gewerkschaftsmitglieder, Handlungsrationalitäten von Sprecher_innen von Attac durch Regionalgruppen, andere Ländergruppen oder gar dem Koordinationskreis umkämpft werden und Deutungsmuster innerhalb der globalisierungskritischen Bewegungen massiv divergieren.
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Zweitens besitzen die agonalen Aushandlungen um Grenzen des Sagbaren nur einen begrenzten aufklärerischen Impetus. Statt, wie es die Kritiker_innen gefordert hatten, nicht Finanzinvestoren als ‚Heuschrecke/n‘ zu stigmatisieren, sondern den Gesamtprozess der kapitalistischen Krise in den Blick zu nehmen (Galow-Bergemann 2008, Abs. 25), versteht zum Beispiel der Bundesvorstand von ver.di die Kritik als Schweigegebot (Bundesvorstand 2008, Abs. 4).621 Die Grenzen des Sagbaren werden folglich als aufgezwungene Tabus von außen interpretiert. Beide Aspekte sind eng miteinander verknüpft, da sie nicht nur um den Aspekt des sprachlichen Tabus ringen, sondern dieses Ringen im Kontext ideologischer Kämpfe verrichten, die auf grundlegend differente Auffassungen von einer adäquaten linken Kritik rekurrieren. Die Spaltung verläuft hier zwischen reformorientierter und radikaler Kritik am Kapitalismus, in concreto an der Neoliberalisierung der Märkte. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
Während die radikale Kritik ihren Fokus auf die warenförmige Vergesellschaftung richtet und die ‚Heuschrecke/n‘ als Versatzstück eines problematischen Ökonomieverständnisses ablehnt, geraten reformorientierte Ansätze in ein Dilemma: Sie können harsche Kritik vermeiden, indem sie das Kollektivsymbol aussparen, allerdings umgehen sie damit nicht unbedingt den Vorwurf, Anschlüsse für antisemitische Deutungen bereitzustellen, da sich die Kritik gegen die Art und Weise der Deutungsmuster und Handlungsrationalitäten richtet. In der Kritik wird der Bildervorrat nicht als das eigentliche Problem begriffen, sondern nur als Symbolisierung einer verfehlten Logik, vulgo als der „passende Hund zum Herrchen“ (Trenkle 2008, Abs. 1f.). Gegen die Akteure der radikalen Kritik wird vorgebracht, dass sie im Sinne eines Bilderverbots argumentieren. Vor allem die außergewöhnlich hohe affektive Aufladung des Vorwurfs der Anschlussfähigkeit an antisemitische Deutungen wird beklagt (Wahl
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Als Stärkungsstrategie der eigenen diskursiven Position werden hingegen die Kritiker_innen überwiegend als sich außerhalb der eigenen Strukturen befindend definiert, einer Fremdgruppe zugehörig erklärt: Sie sind wahlweise Antideutsche, Autor_innen der Massenmedien oder Antisemitismusforscher_innen (Pfahl-Traughber 2011, 97) bzw. Antideutsche und Wertkritiker (Wahl 2008, 1), oder die gesamte globalisierungskritische Bewegung wird vereinheitlicht und unter einen Generalverdacht gestellt. Diese Interpretation ist keineswegs einzigartig. Auch in der Debatte um die Maiausgabe des Monatsmagazins metall von 2005 folgert Jürgen Elsässer, dass in einem Artikel in der Wochenzeitschrift Jungle World quasi ein Redeverbot gefordert werde, da die Autor_innen dort meinten, man schreibe „so etwas nicht“ (Elsässer 2007, 32).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
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2008, 3). Entsprechend strikt wird der theoretische Ansatz von Haury, vor allem unter dem Begriff des verkürzten Antisemitismus von (reformorientierten) Akteuren zurückgewiesen. 622 Die konfligierenden Positionen verlaufen entlang spezifischer theoretischer Grundlagen. Obwohl politische Positionen zu ökonomischen Phänomenen verhandelt werden, wird in den Debatten um das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ dem Begriff des Antisemitismus ein zentraler Stellenwert eingeräumt, an dem sich die Geister scheiden. Signifikant entscheidet die Besetzung dieses Begriffs über die Delegitimierung der agonalen Diskursposition. Hieraus bedingt sich die hohe affektive Aufladung der Aushandlung. 623 Als zentraler theoretischer Grundlagentext erweist sich der Ansatz von Postone, der vor allem als historisch relevant gesetzt wird.624 Stein des Anstoßes sind theoretische Ansätze von Haury: In der Kritik an der ‚Heuschrecke‘ konvergiert ein struktureller Begriff des Antisemitismus mit einer Konzeption des Kapitalismus als Form der Vergesellschaftung. Im Gegenzug wird in der Befürwortung des Kollektivsymbols ein manifester Begriff des Antisemitismus evoziert und an 622
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Auch hier verläuft die Spaltung nicht jenseits vom, sondern quer durch das Netzwerk von Attac: Teile von Attac beziehen sich auf einen strukturellen Begriff des Antisemitismus und nehmen das Verhältnis von Finanzmarktkritik und Antisemitismus in ihre Analyse auf. Attac Österreich reflektiert bspw. Antisemitismus als in der eigenen Sprache und dem eigenen Denken verwurzelt und entwickelt daraus einen differenzierten politischen Ansatz (Attac Österreich 2005, 2). Auch jenseits der Finanzmärkte artikuliert sich eine grundlegende Spaltung innerhalb von Attac. Besonders stark tritt diese in Positionen zur israelischen Politik zutage: Im Zuge einer Auseinandersetzung um die sogenannte „Friedenstour“ einer Attac-Arbeitsgruppe erklärte eine Minderheitsfraktion von Attac Köln, dass antisemitisch kompatible Stereotypen seitens vieler Mitglieder von Attac ohne Widerspruch akzeptiert werden (Gessler 2004, 100). Zwar sind psychologische, philosophische, politikwissenschaftliche, ökonomische und soziologische Theorien ein Teil der Aushandlungen (wie oben gezeigt wird), sie haben jedoch einen weniger affektiv aufgeladenen Effekt. Seit den 1990er-Jahren wird der Artikel in der radikalen Linken breit rezipiert (Heinz 2000). Er befindet sich bereits in dem 1992 erschienen Sammelwerk „Diskurs – Texte der Neuen Linken“ (Postone 1992). Neben wissenschaftlichen Auseinandersetzungen (siehe oben) nimmt die politische Bildungsarbeit diesen Text in Reader mit Arbeitsmaterialien für Seminare zu Antisemitismus auf (u. a Antifa Duisburg 2001; Antisemitismus-Seminar Detmold 2000). Auch bei der Auseinandersetzung von Attac mit Antisemitismus spielt er eine große Rolle: Einerseits ist er als Grundlagentext mit der Website von Attac verlinkt und in der Broschüre des wissenschaftlichen Beirats von Attac zu Antisemitismus als Bezugspunkt deutlich gekennzeichnet (Sablowski 2004; Wahl 2004, Haug 2004), andererseits wird er dort grundlegender Kritik unterzogen (Gallas 2004; zur Kritik an Gallas Lesart von Postone vgl. Trenkle 2004). Auch ganz aktuell nimmt Peter Nowak den Text als Ausgangspunkt seiner Ausführungen zur Antisemitismusdebatte (Nowak 2013). Tina Heinz resümiert, dass die Auseinandersetzung mit dem Text in den frühen 1990-ern mit der Intention stattfand, das Kapital abzuschaffen, im Jahr 2000 jedoch schon vielmehr als Ausdruck eines „gewachsenen staatsbürgerlichen Bewusstseins“ (Heinz 2000, 13) gelte.
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
die Stelle radikaler Kritik tritt die Vorstellung einer Fehlentwicklung des Kapitalismus. Positionen einer radikalen Ökonomiekritik führen weitere theoretische Bezüge an: Die engen Verbindungen in der Moderne zwischen Nation und Antisemitismus, wie sie Klaus Holz herausgearbeitet hat, werden in der Kritik an den Subscriptiones der ‚Heuschrecke/n‘ aufgegriffen und gegen positive nationalstaatliche Deutungsmuster eingebracht. Identisches ist über die drei Grundvoraussetzungen zu vermerken, derer es nach Rensmann für eine antisemitische Wendung bedarf. Meist beispielhaft werden diese anhand von Textauszügen rekonstruiert und als kritikabel identifiziert.625 Als grundsätzlich anerkannt können die Grenzen des Sagbaren im Bezug auf historisch belastete pejorative ‚Ungeziefer‘-Symboliken gelten, wenn diese in der Symbolisierung zur Unterscheidung von schlechtem und gutem Kapital oder von einzelnen Akteuren eingesetzt sind. Tabuisiert sind Figuren des „parasitären“ Spekulanten oder Kapitals, des Schmarotzers oder Blutsaugers (u.a. AttacKoordinationskreis 2003, Abs. 25; Kettner 2004; Knothe 2007; Fritz 2001). Verbale Konstruktionen gelten hingegen nur äußerst selten als Indikatoren für eine antisemitische Wendung. Ob die ‚Heuschrecke‘ zu den historisch belasteten pejorativen ‚Ungeziefer‘-Symboliken zu zählen ist, bleibt strittig (Oppenhäuser 2006, 45). Für etliche linke Akteure zählt die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik jedoch zu den „analogen Bildern von Juden als Parasiten, die beispielsweise als Läuse im Haar der Germania sitzen oder als schleichender Bazillus den ‚gesunden arischen Volkskörper‘ schwächen“ (Bürgin/Fransecky 2006, 330). Der Kampf um die Grenzen des Sagbaren im Fall der ‚Heuschrecke/n‘ korrespondiert mit grundsätzlichen Auseinandersetzungen um ein Bildrepertoire in der politischen Linken. Seit den 1990er-Jahren wandelt sich das Sag- und Zeigbare auf Wandbemalungen, Plakaten und in Illustrationen von Texten. Bis in die 1990er-Jahre produzierten linke Akteure Plakate mit Darstellungen von Uncle Sam mit antisemitischen Verzeichnungen, Abbildungen von Klischees vom jüdischen Kapitalisten oder Slogans, die über ausgeprägte Parallelen zu nationalsozialistischer Agitation gegen den „jüdischen Wucher“ verfügen. Grafiken einer jüdischen Weltverschwörung finden sich in antisemitisch verzeichneten Angreifern, die eine Weltkugel malträtieren (Müller 2001, 213). Solche Topoi werden innerhalb der politischen Linken seit mehr als 20 Jahren als antisemitisches Bild625
Über die Maiausgabe der Monatsschrift der IG Metall (metall 2005) resümieren bspw. Julika Bürgin und Tanja von Fransecky, dass es sich „noch nicht um hinreichende, aber allesamt notwendige Bedingungen für modernen Antisemitismus [handelt]: Nationalismus (mit Reaktivierung antiamerikanischer Ressentiments), Feindbildkonstruktion (mit Schädlingsvergleich) und verkürzte Kapitalismuskritik mit Projektion der Ursachen für wirtschaftliche Schwierigkeiten auf die Finanzsphäre“ (Bürgin/Fransecky 2006, 331).
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4.3 Eine andere Welt(deutung) ist möglich: Zur Flexibilität sprachlicher Tabus
repertoire reflektiert (Müller 2001, 216). Folglich sind besonders solche Kollektivsymbole, die – oftmals mit verschwörerischem Anklang – die Macht weniger symbolisieren wie spezifische Figuren des Kapitalisten, aber auch Tiersymboliken à la der alles umschlingenden Krake nahezu verschwunden (Hiermeyer 2001, 27). Lediglich Teile der jungen Antiglobalisierungsbewegung tendieren dazu, eine verkürzte Kapitalismuskritik in Text und Bild auszudrücken, in der ausschließlich Banken und internationale Finanzinstitutionen als primär verantwortlich für das Elend der Welt symbolisiert werden (ebd.).626 Dario Azzellini bezeichnet eine solche Symbolpolitik als Präsentation, die nicht Aufmerksamkeit sucht, sondern die Welt erklären will: Diese müsse notwendigerweise fehlschlagen und bilde daher die Schwachstelle dieser Bewegung (2001, 36). Diesem Urteil gemäß wird eine entsprechende Symbolpolitik als Überschreitung der Grenzen des Zeig- und Sagbaren interpretiert und agonal umkämpft.627 Trotz dieses Ringens um die diskursiven Tabubereiche halten Akteure des globalisierungskritischen Spektrums an dieser diskreditierten Bildlichkeit fest und geraten damit immer wieder in die Schusslinie innerlinker Auseinandersetzungen.628 626
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Ein entsprechendes Beispiel stellt das Buchcover einer autobiografischen Bewegungsstudie eines englischen Autors aus dem Jahr 2003 dar, der sich selbst als dem Attac-Umfeld zugehörig identifiziert. Das Cover ziert ein klassisch antisemitisches Motiv: Eine übergroße Krake umschlingt, aus dem Osten kommend, den Planeten. Unter dem Titel „Global Attack! Der neue Widerstand gegen die Diktatur der Konzerne“ werden der IWF, die Weltbank und die Aktienmärkte als die Menschen ausbeutende Mächte stilisiert, gegen die sich ein neuer globaler Widerstand formiert (Kingsnorth 2003). Auf dem Herbstkongress von Attac in Aachen im Jahr 2003 hatte eine trotzkistische Gruppe ein Plakat mit dem Satz „Stoppt die Profithaie!“ ausgehängt. Obwohl diese pejorative Tiermetapher historisch wenig belastet ist, gilt sie als anschlussfähig für antisemitische Wendungen (Straud 2003, Abs. 7). Aber auch die autonome Linke ist vor einer solchen Symbolpolitik nicht gefeit: Als sie 2007 mit einem Plakat mit einem angreifenden Heuschreckenschwarm zur klassischen 1.-Mai-Demonstration in Berlin Kreuzberg mobilisierte, formierte sich massive Gegenwehr. Auf dem Plakat schießt ein vermummter Mensch mit einer Zwille auf eine übergroße Heuschrecke, die sich in der Bildmitte auf einem Gebäude niedergelassen hat. Überschrieben ist diese Szene mit „Heuschreckenalarm! Mieten rauf? Nicht mit uns, ihr Schweine! … Die Stadtteile denen, die drin wohnen!“ (vgl. Abb. 41). Dieses farblich, grafisch und ikonisch eher klassische Plakat einer radikalen Linken erhielt als plakatierte Version teilweise den Schriftzug „Wer Menschen mit Ungeziefer vergleicht, hat aus der Geschichte nix gelernt. Gegen Rassismus und Antisemitismus. Fight Capitalism. Destroy Germany“. Auf dem linken Internetportal Indymedia entfachte sich anschließend eine Auseinandersetzung um die Legitimität pejorativer Tiermetaphorik und ihrer Anschlussfähigkeit für antisemitische Wendungen (Eber/Fischer 2007). Attac verweist zum Beispiel in einem als Basistext herausgegebenen Handbuch für Kampagnen gegen Konzerne auf die Wirksamkeit von Straßentheater. Unter dem Stichwort „globalisierungsbedingte Erosionen“ (Löding/Schulze/Sunderann 2006, 49) wird explizit zur Reduktion komplexer Zusammenhänge in Gestalt des Straßentheaters geraten. Im Praxisteil des Handbuchs wird auf Naomi Klein referiert, die in ihrem Buch „No Logo“ auch Aktionen gegen konkrete „Global Player“ empfiehlt (Klein 2001; zitiert nach Löding/Schulze/Sundermann 2006, 80).
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4 Postfaschistische Aushandlungen um pejorative Tiersymbolik
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Was lässt sich über die Veridiktion resümieren? In Teilen der hier analysierten agonalen Diskurspositionen werden hegemoniale Positionen zur Rolle der Politik oder der Bedeutung der Finanzmärkte als eine von mehreren möglichen Erzählungen reflektiert und in diesem Zuge zurückgewiesen. Auf der Grundlage dieser konfligierenden Deutungen werden neue Tabubereiche ausgehandelt: Dies betrifft pejorative (historisch belastete) Kollektivsymbole ebenso wie die analytischen Spaltungen zwischen raffendem versus schaffendem Kapital. Die diskursiven Positionen gruppieren sich um die Besetzung von Begriffen wie „struktureller Antisemitismus“, „verkürzter Antikapitalismus“ versus „Antisemitismusvorwurf“. Keiner der konfligierenden Positionen gelingt dabei eine Fixierung einer hegemonialen Deutung. Gleichwohl lässt sich nachvollziehen, dass sich Verwendungen des Kollektivsymbols der ‚Heuschrecke/n‘ in den Jahren 2005 bis 2007 innerhalb der politischen Linken häufen, während in den letzten Jahren des Untersuchungszeitraums zunehmend weniger diskursmächtige linke Akteure diese diskurswirksam platzieren.629 Auch scheinen generell Aktionsformen abzunehmen, denen Anschlussfähigkeit an antisemitische Topoi nachgesagt wird (Pfahl-Traughber 2011, 102). Zugleich scheinen sich die theoretischen Zugänge der globalisierungskritischen Bewegung erweitert zu haben. Während Brand die Bewegung an ihrem Höhepunkt mit dem Vorwurf der Theorielosigkeit konfrontierte (2001, 36), moniert Wahl sieben Jahre später, dass Mitglieder von Attac eine Kritik am verkürzten Antikapitalismus übernehmen und mithin argumentieren, dass bestimmte Deutungsmuster Ressentiments mobilisierten und anschlussfähig für Antisemitismus seien (Wahl 2008, 1-3). In den agonalen Aushandlungen um das Kollektivsymbol können sich innerhalb der politischen Linken vor allem radikale Kritiker_innen einer ökonomischen Vergesellschaftung stabilisieren. Durch diese etablieren sich Polysemien in den diskursiven Fragmenten, die nicht nur historische Perspektiven eröffnen, sondern auch in Gestalt alternativer Rekonstruktionen einer Vergesellschaftung sowie mit ihnen korrespondierende systemkritische Handlungsrationalitäten popularisieren. Während also die ‚Heuschrecke‘ in reformorientierten Diskursfragmenten verankert ist, streben die Kritiker_innen der ‚Heuschrecke/n‘ eine grundlegende Destabilisierung der Verhältnisse an. Agonale Positionen greifen insofern den Stier bei den Hörnern, da sie die spezifische Kritik am Kapitalismus, wie sie durch die ‚Heuschrecke/n‘ zum Ausdruck gebracht wird, dekonstruieren, anschließend die „Kapitalismuskritik“ semantisch neu besetzen und für sich beanspruchen. 629
Ausnahmen finden sich bspw. bei Neues Deutschland, die im Jahr 2010 Werbung in der taz schaltete, auf der sowohl eine Heuschrecke als auch ein Hai als figurative Symbolisierungen keck grinsen (vgl. Abb. 25).
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Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
....isn’t rather a metaphor teaching us new tricks?630
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Metaphor is a matter of teaching an old word new tricks (Goodman 1976, 69).
Aus verschiedenen Perspektiven sind in den vorangegangenen Kapiteln die diskursiven Aushandlungen um hegemoniale Deutungen sowohl des Anderen wie des Eigenen rekonstruiert worden. Es konnte nachgezeichnet werden, wie die Grenzen des Wissens und des Sagbaren verschiedentlich umkämpft wurden und sich verschoben haben, wie sich Topoi, Handlungsrationalitäten und Deutungen in den Subscriptiones der pejorativen Tiersymbolik innerhalb eines kontingenten kollektiven Bilderrepertoires veränderten. Aber was lässt sich nun daraus über die Verschiebung der Grenzen des Sagbaren im Bezug auf pejorative Tiersymbolik beziehungsweise die Tricks, die sie uns ausführen lässt – wie sich in Anlehnung an den oben zitierten amerikanischen Philosophen Nelson Goodman provokativ fragen lässt – resümieren? In der Studie zeigt sich, dass keine stabilen Verbindungen zwischen Pictura und Subscriptiones bestehen und somit die Tricks nicht losgelöst von dem gesamten machtvollen diskursiven Gefüge, was hier gemeinhin als soziale Ordnung bezeichnet wird, zu interpretieren sind. Um sich diesen aktuellen Tricks – vor allem denen der ‚Heuschrecke‘ – in einem letzten Schritt zuzuwenden, werden nun die verdichteten Ergebnisse kontextualisiert. Für diese letzte Bezugsetzung von Struktur und Ereignis bieten sich zwei Perspektiven an: das Feld der politischen Aushandlungen mit Blick auf die aktualisierten Räume des Sagbaren und die soziokulturellen und politischen Aushandlungen im Rahmen einer Erinnerungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland.
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Siegfried und Margarete Jäger haben im Anschluss an Foucault bemerkt, dass Diskursfragmente, die stark von Kollektivsymbolik geprägt sind „oft auf Aussagen [verweisen], die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gesellschaft nicht sagbar sind, da es besonderer ‚Tricks‘ bedarf, wenn man sie doch äußern will“ (Jäger/Jäger 2007, 34f.).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
Das Feld der politischen Aushandlungen mit Blick auf die aktualisierten Räume des Sagbaren Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Ziel kann und soll dabei keineswegs die Schließung des Diskursfragments oder die endgültige Fixierung von Sinn sein. Vielmehr zielt der erste Schritt auf eine Synopse, in der die Ergebnisse der Studie auf die sich ändernden Räume des Sagbaren pointiert werden. Im zweiten Schritt werden die aus dem Material herausgearbeiteten Topoi und Handlungsrationalitäten dann mit ihren Interferenzen zu anderen machtvollen Diskursen beleuchtet, vor allem jenen historischen Bezügen, die als Legitimation für die zeitweilige Fixierung der Grenzen des Sagbaren dienen. So soll abschließend ein Blick auf die Möglichkeitsbedingungen von Verschiebungen der Grenzen des Sagbaren eröffnet werden.
Obwohl die ‚Heuschrecke‘ zur Kategorie der ‚Ungeziefer‘- Symbolik gehört und damit durchaus einen Platz in der „antisemitischen Topologie“ (Leggewie 2005, 102) besetzt, hat sich das Kollektivsymbol der ‚Heuschrecke/n‘ in der öffentlichen Rede nach kurzen diskursiven Aushandlungen etablieren können. Damit haben sich die Grenzen des Sagbaren im Jahr 2005 verschoben, wobei sich auch die Argumentationsfiguren, Wissensbestände und diskursive Bezüge aktualisierten, die nun die spezifische Tabuisierung pejorativer Tiersymbolik in der öffentlichen Rede regeln.631 In den untersuchten Diskursfragmenten fungiert das Kollektivsymbol ab dem Jahr 2005 wie eine Art „Universal-Kodierungsapparat“ (Link 2006a, 386), durch den ökonomische, politische, aber auch soziale Wissensbestände und Anforderungen verstehbar gemacht werden. Dabei lässt sich die ‚Heuschrecke‘ als eine „Konfliktsymbolik“ (Jäger/Jäger 2007, 39) interpretieren, die Wissensaspekte
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Ein synchroner Schnitt durch den Diskurs zeigt, dass es sich auch nach 2005 um eine sehr diffizile Grenzziehung handelt: Tiersymbolisierungen, wie sie in der Lingua Tertii Imperii die ‚jüdische‘ Weltverschwörung versinnbildlichten, beispielsweise eine alles umschlingende Krake, sind in Karikaturen in den Massenmedien mittlerweile legitim, solange keine antisemitischen Verzeichnungen vorgenommen werden und die target domain als eine gesichtslose Bedrohung konzipiert ist. So versinnbildlicht z.B. in der Süddeutschen Zeitung eine Krake, die die „MS Deutschland“ umschlingt, von der führende Politiker_innen springen, eine Gefahr, die die ökonomische Perspektive Deutschlands beeinträchtige (Abb. 44). Als illegitim wurde hingegen eine Symbolisierung seitens eines Bundesministeriums befunden: In einer Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit aus dem Jahr 2005 wurde ALG-II-Empfänger_innen unterstellt, sie würden ihre Unterstützung nicht rechtmäßig beziehen. In einer Analogie mit organischen Lebensformen wurde versinnbildlicht, dass ALG-II-Empfänger_innen wie Parasiten, und damit unstatthaft, auf Kosten anderer Lebewesen ihr Auskommen erlangen (Bürgin/Fransecky 2006, 330ff.). Gegen das Ministerium wurde Anzeige erstattet.
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
transportiert, die ebenso einen dramatisierenden Effekt tragen, wie sie bestimmte andere Aspekte als natürlich und undramatisch präsentiert: Als dramatisierender Effekt sei zuallererst die Konstitution eines „subjektlosen Feindes“ (Link 2006a, 45) benannt, der seine Macht gegenüber dem Eigenen, hier in Gestalt der Arbeitnehmer_innen, des nationalen Wirtschaftsstandorts und der politischen Interessenvertretung, gnadenlos ausübt. Als folgerichtige Handlungsrationalität wird die Verteidigung und Stärkung der eigenen Interessen, ökonomischer und politischer Coleur, feilgeboten. Die Neujustierungen des nationalen wie ökonomischen Wissens erfolgt dabei vor dem Hintergrund erneuerter ökonomischer Rahmenbedingungen. Knobloch bezeichnet solche Deutungsmuster, wie sie sich in den Subscriptiones der ‚Heuschrecke‘ finden lassen, beispielsweise als „Neubestimmung der nationalen Semantik“ im Rahmen ökonomischer Anforderungen zur Herstellung einer „globalisierte[n] Nation“ (Knobloch 2007, 41). Zu dieser Neubestimmung gehört eine Diskontinuität der target domain: Heute werden in massenmedialen Diskursfragmenten keineswegs ‚Juden‘ für Krisen verantwortlich gemacht, sondern ein „subjektloser Feind“ (Link 2006a, 45). Dadurch lasse sich die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik in massenmedialen Diskursfragmenten keineswegs als (struktureller) Antisemitismus identifizieren.632 Ein zweiter dramatisierender Effekt wird über das Wissen zu ökonomischen Prozessen erzeugt, mit dem die Ökonomie als entartet oder fehlgeleitet und dadurch als Bedrohung versinnbildlicht ist: Es handele sich um einen ‚Raubtier‘Kapitalismus. In diesem Wissen wird entsprechend eine Differenz zwischen der generellen Mehrwertproduktion und den ‚Heuschrecke/n‘ als (eins der) Sinnbild(er) dieser bedrohlichen Fehlentwicklung gesetzt. Die Verantwortung für Krisen wird damit der Entartung, für die immer wieder auch Personen(-gruppen) verantwortlich gezeichnet werden, zugeschrieben und als der ökonomischen Logik äußerlich konzipiert. Als Handlungsrationalitäten setzen sich Formeln wie Sachzwang und schmerzhafte Reformen durch, deren Realisierung es vermeint632
Zu anderen Schlüssen kommen Studien über ‚Ungeziefer‘-Symbolisierungen der politischen Rechten, welche sich als antisemitisch interpretieren lassen. Zur Analyse des Kollektivsymbols in politisch rechten Veröffentlichungen vgl. Oppenhäuser (2006b, 103-126), zur Verbindung von Antisemitismus und Globalisierungskritik in der radikalen Rechten vgl. Oppenhäuser (2006b, 124-126). Auch im europäischen Vergleich, wie etwa im ungarischen Wahlkampf, lassen sich in rechten Diskursfragmenten dehumanisierende Symbolisierungen finden. So fällt im Herbst 2010 die ungarische völkische Partei Jobbik mit einer Mücken- und Parasitenmetapher auf. Die Wahlkampagnen der Jobbik richteten sich gegen die Bevölkerungsgruppe der Roma und gegen das „multinationale Kapital“, ein Code für ‚Juden‘. Beide Gruppen würden das Blut der ungarischen Bevölkerung saugen, daher müsste Ungarn von diesen „Parasiten“ gereinigt werden (Amnesty International 2012). Zum Antikapitalismus ohne ‚Juden‘ und zur Verbindung von Antikapitalismus und Antisemitismus in der ungarischen Rechten hat Magdalena Marsovsky publiziert (2009).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
lich vermag, die ökonomische Entartung zu normalisieren. Allen voran legitimieren sie eine fortschreitende Liberalisierung der Märkte. Das spezifische Wissen über die ökonomische Vergesellschaftungsform in den Subscriptiones der ‚Heuschrecke‘ ist keineswegs creatio ex nihilo, sondern verfügt ebenso wie die pejorative Tiersymbolik über eine (in manchen Diskursfragmenten) problematisierte Geschichte: Die Dichotomisierung zwischen dem national kodierten Eigenen, also den deutschen Arbeitsplätzen, und der „metaphorischen Ortslosigkeit“ (Knobloch 2007, 39) der ‚Heuschrecke/n‘ wird von diskursiven Akteuren mit jener historischen Dichotomie zwischen Industrie- und internationalem Kapital, zwischen Manchester- und Rheinischem Kapitalismus, zwischen raffendem und schaffendem Kapital analogisiert. Durch diese strukturelle Übereinstimmung stellen die Finanzmärkte ein neuralgisches Feld dar (Oppenhäuser 2006b, 44), auf dem durch spezifische Wissensbestände Anschlussstellen geschaffen werden, durch die eine nachträgliche, im Diskurs nicht denotierte, Identifizierung mit historischen Stereotypen erfolgen kann. Es wird also drittens ein dramatisierender Effekt der Symbolik erkannt, der sich über historische Analogien entfalten könne.633 Ein vierter Effekt konnte über die Analyse der symbolischen Ausgestaltung der Diskursfragmente herausgearbeitet werden: Über Symbolisierungen des Eigenen als bspw. (schmerzfähiger) Körper wurden Repräsentationen des Sozialen wie des Ökonomischen naturalisiert. Innerhalb solcher Präsentationen von Leidensgemeinschaften, seien es der mittelständische Betrieb oder der deutsche Wirtschaftsstandort, amalgamieren partikulare (und nicht selten antagonistische) Interessen. Dies Eigene schweißt sich dabei u.a. durch die Bedrohung zusammen, die innerhalb der Subscriptiones als ‚Wildlife‘, verantwortungsloses Glücksspiel usw. veranschaulicht wird. Die Wissensbestände in diesen Diskursfragmenten setzen also sowohl eine Differenz nach außen (die Bedrohung), wie sie nach innen eine Verfestigung des Eigenen durch die Präsentation von Gemeinsamkeiten zwischen Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeber_innen und nehmer_innen schaffen. Bei einer dezidierten Betrachtung lassen sich diese (vermeintlich) universalen eigenen Interessen als die partikularen Interessen einzelner Diskurspositionen aufschlüsseln. Im Rekurs auf Link kann diese Differenzsetzung als die Konstruktion einer typischen Schere von riskanten Zonen und einer Regulierung nach Innen identifiziert werden (Link 2006a, 165). Diese Schere ist in den Diskursfragmenten über ethische Argumentationen aufgebaut: 633
Hiermit ist Daniel Kilpert zu wiedersprchen, der generalisierend – im Sinne der Extremismustheorie – über die politisch Rechte und Linke resümiert: „les extremes se touchent“ (Kilpert 2002, 131). Vielmehr kann dem Gegendiskurs eine „Feuerwehrfunktion der Linken“ (BUKO & Attac 2001, 66) zugestanden werden, da durch eine sehr heterogene politische Linke (auch) agonale Aushandlungen um hegemoniale Deutungsmuster forciert werden.
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
Eine ökonomische Ethik stellt eine normative Regel der idealen Produktivität der Gesellschaft bereit. Entlang einer ethischen Sinnzuweisung werden die Subjekte im Namen des Sozialen mit ihrer Verantwortlichkeit und Leitungsbereitschaft angerufen.634 Nach Darius Ziforum werden ethische Argumentationen vor allem dann vorgebracht, wenn rationale Wissensbestände keine legitimierende Wirkung zeigen (Ziforum 2013, 123). Die Handlungsrationalitäten dieser ethisch begründeten Argumentation statten die Diskursfragmente mit einem surplus an Sinn aus, der über die Akteure und die konkreten Praktiken hinausreicht: Die ethisch strukturierte Differenzsetzung spricht den sich im Außen befindlichen ‚Heuschrecke/n‘ eine ökonomische Ethik ab, da sich diese (lediglich) an einem möglichst effektiven und monetär ausgerichteten Erfolgsmaßstab orientierten. 635 In der Dimension des Eigenen formuliert diese Ethik hingegen ein Leistungsprinzip mit nationalen sowie lokalen Prägungen einer Gemeinschaft: Der Interessenskonflikt, der beispielsweise zwischen Gesellschaftern und der Belegschaft besteht, wird über diese ethischen Deutungen befriedet. Damit sind die ethischen Begründungsformeln zwar Teil der Anerkennung der Belegschaften, zugleich appellieren sie aber an diese als genügsame Arbeitskraft, eine Anrufung, die Einbußen des rechtlichen Status, Verlängerung der Arbeitszeiten, Kürzungen der Urlaubsansprüche sowie der Lohnzahlungen plausibilisiert. 636 634
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Es existiere ein gerneller Turn zu ethischen Argumentationen, so Ruth Großmaß und Roland Anhorn, der auf die modernen und postmodernen Gesellschaften zurückgeführt werden könne, in denen das ausdifferenzierte Rechtssystem keine sicheren normativen Grundlagen zur Verfügung stelle (Anhorn/Großmaß 2013, 13). Dieses Resümee weist in eine andere Richtung als die Ergebnisse einer Studie zum modernisierten Gerechtigkeitsprinzip im Rahmen einer Untersuchung mit Vorsitz von Wilhelm Heitmeyer zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Darin werden genau jene Erfolgsprinzipien der „global business class“, die in diesen Diskursfragmenten durch ethisch Bezüge verurteilt werden, als neues, legitimes Erfolgsprinzip bewertet (Klein/Groß 2011, 146f.); vgl auch Mouffe (2007, 10f.). Andreas Hetzel verweist auf die Moralkritik seitens postmarxistischer Theorien, die generell, durch tradtionionsreiche Bezüge auf Marx, Nietzsche und Freud, ethischen Argumentationsmustern eine Verschleierung politischer Konflikte attestieren. Diesen zufolge zeugen ethische Diskurse von „Folgekosten des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses“ (2014, 26). Gleichwohl ringen auch die poststrukturalistischen Ideengeber dieser Studie um eine legitime Ethik. Während Laclau eine (zurückhaltende normative) postfundationalistische Ethik im Rahmen seiner Hegemonietheorie formuliert, die nicht versucht für diverse Akteure eine bindende gesellschaftliche Norm zu setzen (Laclau 2010, 79ff.), kritisiert Simon Critchley (2002), dass Laclau es nicht herzuleiten gelingt, dass es einer demokratischen Ethik oder Politik bedürfe. Nach Critchley sei die Hegemonietheorie von Laclau daher mit den Ansätzen Derridas und Lévinas im Bezug auf den Anderen zu ergänzen. Das Denken von Emmanuelle Lévinas basiert nämlich auf einer Ethik, die der Differenzsetzung zwischen dem Anderen und dem Eigenen einen zentralen Ort einräumt und diese neu denken möchte, wobei er eine konstitutive Setzung der Differenz zwischen den beiden bestätigt (Moebius 2003, 30). Mit dem Ziel, aus dem herauszutreten was ist, wendet er den Blick auf den Anderen im Sinne einer Anerkennung seiner irreduziblen An-
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
Ein fünfter Effekt entfaltet sich über die Repräsentation des Verhältnisses von Staat und Ökonomie: Politische Akteure aktualisieren in den Diskursfragmenten fortwährend die Differenzsetzung zwischen Politik und Ökonomie. Abweichend von den präsentierten Darstellungen lässt sich dieses Verhältnis allerdings auch anders interpretieren: Statt der Herrschaft des Marktes ließe sich die Regulierung des Marktes als anders organisiert verstehen, gleichwohl aber als politisches Projekt (vgl. auch Bröckling/Krasmann/Lemke 2000, 25). Als ein solches politisches Projekt kann damit auch die Differenzsetzung zwischen Politik und Ökonomie verstehbar werden, durch das sich Politiker_innen als handlungsmächtige Akteure präsentieren.637 Sie legitimieren sich somit als Gegenspieler_innen der gewaltförmigen ökonomischen Ausbeutung, womit es ihnen gelingt, den politischen Körper zu besetzen und die Arbeitnehmer_innen auf die sich wandelnden Arbeitsprozesse ökonomisch profitabel auszurichten (vgl. auch Foucault 1994, 39f.; Bröckling/Krasmann/Lemke 2000, 26f.). Diese Ausrichtung erscheint in den Diskursfragmenten nicht als (gewaltförmige) Knute, stattdessen rufen die Handlungsrationalitäten das Selbstmanagement von ökonomisch-rationalen Individuen an (Bröckling/Krasmann/Lemke 2000, 15). Dabei inkorporieren die Diskursfragmente ein Wissen über die Ökonomie, das in Gestalt von Sicherheitslogiken – sowohl gegenüber der nationalen Ökonomie wie dem deutschen mittelständischen Betrieb als auch des einzelnen Arbeitsplatzes – entworfen ist. Diese Sicherheitslogiken können als Teil eines generellen Sicherheitsdispositiv inter-
637
dersheit und nimmt damit den Fokus der Aufwertung kultureller Varianz ein (Lévinas 1983, 223). Lévinas bezeichnet den Übergang von Ethik zu politischer Aushandlung als Gewissensfrage, die eine endgültige Schließung als totalisierenden Effekt zu unterbrechen sucht und einen intervenierenden Bruch mit der sozialen Ordnung einfordert (Moebius 2003, 63-69). Ebenso wie Lévinas intendiert Derrida eine Öffnung zum Anderen, in der das Andere (sowohl als Subjekt wie als Kreatur, vgl. Derrida 2010a) ein unverfügbares Außen bleibt. Derrida rekonstruiert die Identität des Anderen in Identitätskonzepten anhand der Dekonstruktion binärer Codes. In der konkreten politischen Aushandlung wird der Andere für Derrida zur passiven Entscheidung und Anstoß einer De-Identifikation (Moebius 2003, 13ff.). Dafür bedürfe es einer Re-Politisierung oder eines neuen Begriffs des Politischen (Derrida 1995, 124). Laclau bezieht sich mit seiner „democratie à venir“, die eine Offenhaltung des Verhältnisses zum Anderen inkorporiert, auf Derrida (Laclau 2010, 113; auch Laclau 2011, 79ff.; Marchard 2010b, 194). Obwohl weder Mouffe noch Laclau eine normative politische Philosophie formulieren, verlegen sie sich damit auf eine ontologische Dimension der Sozialtheorie (Nonhoff 2007b, 173). Dies ist insofern hervorzuheben, als dem Poststrukturalismus der Vorwurf gemacht wird, er impliziere eine Unfähigkeit des politischen Handelns (Benhabib 1994). Vielmehr eint die Ideengeber hier, dass sie das Verständnis von Gesellschaft oder sozialer Ordnung als geschlossener Struktur aufgeben (Angermüller 2007, 159). Der Movens einer solchen Symbolpolitik kann mit den Worten von Charteris-Black folgendermaßen ausgedrückt werden: „Metaphor to a politician is what sex appeal is to an individual: a covert way of sending out messages of desirability“ (2005, 198).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
pretiert werden, dem ein extrem kontrollierender Effekt zugeschrieben werden kann (vgl. auch Foucault 2000a, 66). Dieser Blick auf die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik als Konfliktsymbolik lässt also etliche dramatisierende Effekte deutlich werden. Hieraus lässt sich schließen, dass die aktualisierten Räume des Sagbaren Platz für sehr wirkmächtige Wissensfelder entstehen lassen.
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Zu den soziokulturellen und politischen Aushandlungen im Rahmen einer Erinnerungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland Dass eine Mobilität der Grenzen des Sag- und Zeigbaren nicht nur mit machtvollen Wissensfelder korrespondiert, sondern auch an (diskursive) Ereignisse gekoppelt ist bzw. sein kann, ist oben en detail expliziert: Während sich im Jahr 1945 die Grenzen des Sagbaren im Kontext einer Entnazifizierung verschieben, sind die diskursiven Verknüpfungen, die eine erneute Verschiebung im Jahr 2005 ermöglichen, jedoch weniger explizit und bspw. keinen juristischen oder administrativen Anordnungen zuzuordnen. Diskursive Verflechtungen zwischen Struktur und Ereignis können hier über Knotenpunkte zwischen soziokulturellen und politischen Diskursen sowie mit nicht-diskursiver Materialität herausgearbeitet werden. Die Knotenpunkte, die für diese Geschichte des Sagbaren relevant sind, bilden sich durch die agonalen Aushandlungen um die jeweils gültige Repräsentation der Vergangenheit als Teil einer Metaerzählung. Eine solche Aushandlung von dem, was anerkannte Geschichte ist, kann mit den Worten Walter Benjamins folgendermaßen gefasst werden: Die Geschichte ist Gegenstand einer Konstruktion, deren Ort nicht die homogene und leere Zeit, sondern die von Jetztzeit erfüllte bildet. So war für Robes-pierre das antike Rom eine mit Jetztzeit geladene Vergangenheit, die er aus dem Kontinuum der Geschichte heraussprengte. Die französische Revolution verstand sich als ein wiedergekehrtes Rom. Sie zitierte das alte Rom genau so wie die Mode eine vergangene Tracht zitiert. Die Mode hat die Witterung für das Aktuelle, wo immer es sich im Dickicht des Einst bewegt. Sie ist der Tigersprung ins Vergangene. Nur findet er in einer Arena statt, in der die herrschende Klasse kommandiert (Benjamin 2007, 137). Statt dieser auf Gramsci referierenden Setzung, dass die Hegemonie einer herrschenden Klasse oder der Fabrik entspringe (Dzudzek/Kunze/Wullweber 2012, 9) zu folgen, muss unter diskursanalytischer Perspektive die Spurensuche offener und voraussetzungsfreier erfolgen: Die Produktion von Geschichte wird stattdessen als eine komplexe diskursive Aushandlung unterschiedlichster diskursiver
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
Akteure aus Wissenschaft, Politik und Medien, die selbst in soziale, ökonomische und kulturelle Prozessen verstrickt sind, interpretiert.638 Die Institutionen determinieren somit nicht das, was schlussendlich als gültige Geschichte erscheint, sondern scheinen aus ihr heraus (Assmann 1999a, 133). Was, von wem und wie erinnert wird, wird permanent diskursiv ausgehandelt, lässt sich aber in einer genealogischen Studie rekonstruieren (Assmann 1999b, 31). Ein besonderes Gewicht liegt hierbei auf den Sinnverarbeitungsregeln, die den Wissensbeständen immanent sind. Sie besitzen einen moralischen Impetus, der die „Bedingungen der Wahrnehmung, Wertsetzung und Identitätskonstruktion“ (Assmann 1999b, 33) bestimmt und die soziokulturellen und politischen diskursiven Formationen prägt. Den theoretischen Rahmen einer solchen Annäherung an Geschichte und Gedächtnis legten der Kunsthistoriker Aby Warburg sowie der französische Soziologe Maurice Halbwachs, der in den 1920er-Jahren das Konzept der „mémoire collective“ entwickelte (Erll 2003, 158-163).639 Hierauf fußt eine kulturkritische scientific community, die das Gedächtnis als Phänomen einer Kultur identifiziert (Assmann 2002, 8; Welzer 2002, 14).640 Sie geht davon aus, dass ein inneres Gedächtnis von äußeren Einflüssen gerahmt wird und eine Kohäsion von Grup638
639
640
Diese Verstrickung der Subjekte – und damit die individuelle Dimension der Erinnerung – fasste der deutsche Philosoph Hans-Georg Gadamer so: „In Wahrheit gehört die Geschichte nicht uns, sondern wir gehören ihr. Lange bevor wir uns in der Rückbesinnung selbst verstehen, verstehen wir uns auf selbstverständliche Weise in Familie, Gesellschaft und Staat, in denen wir leben. Der Fokus der Subjektivität ist ein Zerrspiegel. Die Selbstbesinnung des Individuums ist nur ein Flackern im Stromkreis des geschichtlichen Lebens“ (Gadamer 1986, 281; zitiert nach Welzer 2002, 209). Eine Ausbildung der Subjektpositionen finde nur auf Grundlage der gemeinschaftlich geteilten Wissensbestände und damit auch der Erinnerung statt, die als liquide Form im Spannungsfeld zwischen ökonomischen, politischen und soziokulturellen Faktoren vorgestellt wird. In autobiografischen Erinnerungen realisiert sich entsprechend eine „Re-Privatisierung“ der spezifischen Wissensbestände (Assmann 2006, 209; Grossmann 2002, 106; Welzer 2002, 156 und 208). Dieser Prozess wird vor allem im sogenannten kommunikativen Gedächtnis realisiert (Welzer 2002, 14; Lenz/Welzer 2007, 13f.) bzw. als spezifische Erfahrungsverarbeitung im „Generationsgedächtnis“ (Assmann 1999b, 38). Eine Verinnerlichung der Vergangenheitsdeutung beschreibt Welzer als „Vergangenheitsbildung en passant“ (Welzer 2001, 15). Auch der französische Historiker Pierre Nora baut auf Halbwachs auf und befasst sich mit den historischen Narrationen der Franzosen und relationierte diese zu der kollektiven Identität der Identität der ‚Franzosen‘. Sein Konzept der „lieux de mémoire“ besagt, dass das einzelne Individuum über gemeinsame raum- und zeitübergreifende Symbole ein kollektives Gedächtnis und damit eine gemeinsame Identität entwickelt. Solche „lieux“ besitzen besondere Symbolkraft, an ihnen kristallisiert sich eine Anrufung, die identitätsstiftenden Charakter tragen kann (Nora 1997, zitiert nach Assmann 1999a, 132; auch Erll 2003, 166f.). Hier handelt es sich vor allem um Arbeiten der Geistes- und Kulturwissenschaften, die Forschungen zu Vergangenheitsbewältigung, Vergangenheitspolitik, institutionellem Gedenken, Holocaust Education, Geschichts- und Erinnerungspolitik und Erinnerungskultur als Politikfeld vorlegen (Leggewie/Meyer 2005, 12).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
pen durch eine (hohe) Homogenität von Erinnerung erfolgt (Echterhoff/Saar 2002, 15). Jan und Aleida Assmann spezifizieren dieses Phänomen als „kommunikatives“ und „kulturelles Gedächtnis“.641 Dabei differenzieren sie zwischen einer kommunikativen Ebene, die einen alltäglichen Gebrauch und damit eine größere Fluktuation, Spontaneität, Nutzbarkeit und Unspezifik in der Verarbeitung der Ereignisse kennzeichnet, und einer institutionellen Ebene, auf der Wissensbestände differenziert und mit größerer Abstraktion verhandelt und geregelt werden (Lenz/Welzer 2007, 13). Dem kulturellen Gedächtnis hingegen kommt die Rolle zu, Interpretationen von Ereignissen über Generationen hinweg zu kommunizieren und in ein soziales Langzeitgedächtnis zu überführen (Assmann 1999b, 50). Aleida Assmann metaphorisiert dies als Pflege des Selbstbildes einer Nation (Assmann 1988, 15; zitiert nach Welzer 2002, 15). Dieses kulturelle Gedächtnis und mit ihm die politische Kommunikation, die institutionalisierte Symbolpolitik und die soziale Mobilisierung haben sich seit 1945 stark verändert. In der politischen Dimension wird dieser Wandel des kulturellen Gedächtnisses als fluide Geschichts- oder Vergangenheitspolitik skizziert.642 Seit Mitte der 1980er-Jahre rekonstruieren Untersuchungen die diskursiven Auseinandersetzungen um die Erinnerung und damit die Geschichte der Bundesrepublik (u.a. Assmann 1999b und 2006; Echterhoff/Saar 2002; Frei/Knigge 2002; Käppner 1999; Niethammer 1999; Reichel 2002; Wiegel 2001). Die Verschiebungen werden als Versuche der Stabilisierung krisenhafter Übergänge verstanden, die als äußere Paradigmen begriffen werden (Leggewie/Meyer 2005, 15-17). Einen hohen Stellenwert erhält die Übergangsphase zwischen einem kommunikativ vermittelten Gedächtnis und einem kulturell festgeschriebenen. So realisiert sich die Form der Vermittlung von Auschwitz zunehmend nicht mehr durch die Täter_innen, Mitläufer_innen und Überlebenden, sondern über ein solches kulturell festgeschriebenes Gedächtnis.643 Politi641
642
643
Ich verwende das kulturelle Gedächtnis als feststehenden Begriff, möchte aber darauf hinweisen, dass es sich um einen verkürzten Begriff handelt, da er eine Vorstellung einer einheitlichen Kultur, die die Moderne jedoch nicht zu charakterisieren vermag, beinhaltet (Saar 2002, 274). Der Begriff bezieht sich auf eine hegemoniale Vergangenheitsrepräsentation, die sich auf institutioneller Ebene, in der Schule und in offizieller Gedenkpolitik etc. niederschlägt. Die Vergangenheitspolitik präfiguriert Handlungsoptionen und besteht aus politischen Ansprüchen, weshalb Assmann auch von einem „politisch[…] instrumentalisierte[n] Gedächtnis“ und von „gezielter Erinnerungs- und Vergessenspolitik“ (Assmann1999a, 15) spricht. Der Schluss, es handele sich um ein vom Staat aus gelenktes ideologisches Gedächtnis ist hier jedoch zurückzuweisen, da er die Komplexität und Funktionalität moderner Gesellschaften verdeckt (Hirst/Manier 2002, 38ff.). Hier wird bewusst der Terminus des „Zeitzeugen“ vermieden, da dieser indifferent in der Gegenüberstellung von Täter_innen und Opfern ist. Der Begriff Opfer ist nicht im religiösen Sinn gemeint, sondern bezeichnet die geschädigten Personen, bzw. jene, die sich als geschädigte entwerfen, um nicht Täter_innen sein zu müssen. Um diese Verwischung zu vermeiden wird der
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
sche Interventionen ebenso wie Bildungsarbeit durch Überlebende werden in den kommenden Jahren nicht mehr vis-à-vis möglich sein:644 Das kulturelle Gedächtnis ist bereits heute (fast) ein rein wissenschaftliches und mediengestütztes, und diese Transformation eröffnet die Gefahr der Reduktion und Verzerrung (Assmann 1999a, 15; Assmann 1999b, 18; Picht 2002),645 denn die Wissensbestände unterliegen einem beständigen historischen Wandel und sind mit den Bedürfnissen und Ansprüchen der jeweiligen Gegenwart verknüpft (Assmann 1999b, 49f.). Saar expliziert dies und spricht von einer Praxis „mnemonische[r] Techniken und Praktiken wie Traditions- und Kanonbildung, von Feiern und Ritualen, der Pflege von Gedenkorten und -institutionen“ (Saar 2002, 268). Wenden wir uns vor diesem theoretischen Hintergrund wieder den Verschiebungen der Grenzen des Sagbaren zu und verstehen die Bezugnahmen auf die „antisemitische Topologie“ (Leggewie 2005, 102) als Bedürfnis und Anspruch der Akteure der Gegenwart: Durch ein striktes Kommunikationsverbot werden ‚Ungeziefer‘-Symbolisierungen als Präzedenzen des Nationalsozialismus bis ins neue Jahrtausend in die Latenz gedrängt (Holz 2001, 548). In der aktuellen politischen Kultur modifiziert sich nun dieses Kommunikationsverbot und es lässt sich schließen, dass es den veränderten Integrationserfordernissen angepasst ist.646 Zwar artikuliert sich diese Rejustierung nicht als eine Erosion der Kommunikationslatenz in Richtung eines öffentlich kommunizierten Antisemitismus, dennoch ermöglicht die Abschwächung des Latenzdrucks eine generell höhere Flexibilität der Grenzen des Sagbaren (Bergmann/Heitmeyer 2005, 229).
644
645
646
Begriff der Überlebenden verwendet. Der Begriff umfasst all jene, die zu den geschädigten des Nationalsozialismus gehören (Degen 2008, 25ff. und 135f.). Natürlich sind die Differenzsetzungen zwischen den Formen des Erinnerns nur teilweise sinnvoll, da bspw. regelmäßig am 27. Januar Überlebende zu großen Reden in den Bundestag eingeladen werden (Simone Veil, Imre Kertész u.a) und auch die „lieux de mémoire“ national identitär aufgeladen sind. Koselleck macht darauf aufmerksam, dass das hegemoniale deutsche Gedächtnis mit „Fremderfahrungen“ (2002, 24) der Überlebenden gefüllt ist. Zu den sich daraus ergebenden Differenzen zwischen familiären und kulturellen Gedächtnis vgl. Assmann (1999b, 37ff.), Lenz/Welzer (2007, 8) und Mitscherlich/Mitscherlich (1991); zur Problematik der Entwicklung in der Bildungsarbeit vgl. Michelsen (2002, 162ff.) und Krieg (2008, 96ff.). Diesem Wandel in der Erinnerung schreibt Aleida Assmann einem neuen „politischexistentielle[r] Bezug“ (Assmann 1999b, 29) zu Auschwitz zu, durch diesen Auschwitz zur Metapher des industriellen Mordens wird und z.B. zur Legitimierung von Einsätzen deutschen Militärs auf dem Balkan argumentativ herangezogen wird. Zur Problematik konkreter mediengestützter Erinnerung vgl. Ebbrecht (2007) und Leggewie (2005, 668). In heutigen pluralistischen Gesellschaften wird oftmals die Gedächtnisvielfalt ethnischer, religiöser oder lokaler Erinnerungskollektive problematisiert und als potentielle Bedrohung einer autochthonen Gemeinschaft präsentiert (Saar 2202, 272), während es nach 1945 darum ging, die Tradierung antijüdischer Topoi zu reduzieren und die Verstrickung in den Nationalismus zu verschweigen (Bergmann/Heitmeyer 2005, 226).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
Yves Pallade zeigt in einer Untersuchung über politische Gelegenheitsstrukturen, dass Feindbilder und Verschwörungstheorien als Mobilisierungsinstrumente sowie simplifizierende Deutungsmuster und Lösungen für komplexe und unverständliche Probleme im neuen Millennium zunehmen (Pallade 2008, 297f.). Während Pallade dieses für Positionen zu US-amerikanischer und israelischer Politik expliziert, zeigt diese Studie eine solche Rejustierung in Hinblick auf ein kollektives Bilderrepertoire. Die Verschiebung der Grenzen erfolgt in Verbindung mit einer „Umcodierung eines Gedächtnisraumes“ (Doßmann/Niethammer 2000, 351). Diese Umcodierung erfolgte über die rejustierten Diskurspositionen: Wie im vierten Kapitel herausgearbeitet, verrät beispielsweise im Jahr 2005 die Sprache keineswegs mehr die politische Gesinnung. Außerdem sind die beteiligten Akteure nach 1945 geboren und verfügen daher weder über eine persönliche Leidensgeschichte noch über eine belastende Vergangenheit, die es zu enttarnen gilt. Weiter spielt heute in den Aushandlungen um Tiersymbolik die Gefahr der Wiederkehr von Auschwitz keine Rolle mehr, wodurch ein Movens verschwindet, der einstmals den Impetus einer Mahnung der Erinnerung bekräftigte und spezifische Handlungsrationalitäten anschloss. Diskurspositionen, die ‚Ungeziefer‘-Symbolisierungen als durch die Lingua Tertii Imperii belastet problematisieren, sind jedoch nicht gänzlich aus dem diskursiven Gefüge verschwunden, sondern deligitimieren auch aktuell die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik sowie diverse Aspekte in ihren Subscriptiones (vgl. Kapitel 4.3). Solche Diskursfragmente können im Rekurs auf Foucault als eine contre-mémoire interpretiert werden, die hegemoniale Wissensbestände zu deligitimieren sucht.647 Trotz der Verschiebung der Räume des Sagbaren tragen die rejustierten Grenzen die Spuren der vergangenen agonalen Aushandlungen:648 Beispielsweise unterliegen Parasiten-Symbolisierungen weiterhin einem Tabu in der öffentlichen Rede (u.a. Der Spiegel 9.5.2005a, 190) und sind Ausgangspunkt juristischer Streitigkeiten (Bürgin/Fransecky 2006, 330ff.). So lässt sich folgern, dass auch die aktuellen Grenzziehungen zwischen dem jeweils Sagbaren und den Tabus fragil sind und in die Kämpfe um das Gedächtnis, also in die diversen hegemoni-
647
648
Eine solche contre-mémoire bezeichnet Diskursfragmente, die sich kollektiven Konstruktionen wie bspw. Volk und Nation mit abweichenden Deutungsmustern zuwenden; vgl. Hobsbawn (1998), Doßmann/Niethammer (2000) und Anderson (1993). Natürlich ist auch eine contremémoire immer in das kulturelle Gedächtnis verwoben; vgl. Wenk/Eschebach (2002, 15). Diese Schlussfolgerung ziehe ich in Anlehnung an Ulrich Bröckling, Susanne Krasmann und Thomas Lemke, die nach Foucault interpretieren, dass Kämpfe und Widerstände in die politischen Programme und ihre Umsetzung einfließen, statt diese zu verzerren oder zu verfälschen (2000, 23).
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5 Resümee: Zu den Räumen des Sagbaren
alen Bestrebungen, partikularen Geschichtsversionen Deutungsmacht zu erteilen (Saar 2002, 275), verstrickt bleiben.
332
6
Anhang
6.1
Übersicht über die Okkurrenzen der Pressetexte
Die folgende summarischen Auflistung gibt Auskunft über jene Pressetexte, in denen die ‚Heuschrecke‘ als Kollektivsymbol erscheint. Hierbei handelt es sich um die Gesamtdaten, die Grundlage des Samples für Kapitel 4.2 sind.
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6.1 Übersicht über die Okkurrenzen der Pressetexte
2005
SZ 198, taz 112, TS 13 (ab 12.2005), FTD 131, Welt 178, Focus 39, Spiegel 146
2006
SZ 292, taz 101, TS 84, FTD 145, Welt 131, Focus 20, Spiegel 49
2007
SZ 377, taz 112, TS 87, FTD 154, Welt 142, Focus 38, Spiegel 44
2008
SZ 271, taz 54, TS 68, FTD 88, Welt 101, Focus 16, Spiegel 36
2009
SZ 186, taz 66, TS 45, FTD 73, Welt 48, Focus 12, Spiegel 27
2010
SZ 88, taz 45, TS 43, FTD 79, Welt 26, Focus 4, Spiegel 6
2011
SZ 81, taz 31, TS 30, FTD 37, Welt 11, Focus 3, Spiegel 7
2012
SZ 174, taz 30, TS 26, FTD 62 (bis Dez 2012), Welt 18, Focus 3, Spiegel 8
gesamt
4496 (SZ 1667, taz 551, TS 396, FTD 769, Welt 655, Focus 135, Spiegel 323)
333
6 Anhang
6.2
Übersicht über das manuell zusammengestellte Tableau
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Die folgende Tabelle listet jene Pressetexte auf, die für die genannten Implementierungsphase, also April und Mai 2005, erhoben wurden und sich im manuell zusammengestellten Tableau befinden (vgl. Kapitel 4.2.1).
Zeitungen & Zeitschriften
April 2005
Bild am Sonntag
1
Süddeutsche Zeitung
1
Stern online
1
Financial Times Deutschland
1
Mai 2005
7
1
taz
6
Frankfurter Rundschau
3
Berliner Zeitung
3
Spiegel
2
Focus
1
Frankfurter Allgemeine Zeitung
1
Rheinische Post
1
gesamt
334
4
27
6.3 Übersicht über die Pressetexte des Samples
6.3
Übersicht über die Pressetexte des Samples
Die nun folgenden sieben Tabellen liefern einen Überblick über die Genres der Pressetexte des Samples, auf dem das Kapitel 4.2 basiert. Die Tabellen sind jeweils nach den Erscheinungen in den Zeitungen und Zeitschriften erstellt.
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Süddeutsche Zeitung
Genre
4.-6. 2005
ab 7. 2005
Wirtschaft
2
2
Geld Politik
2007
2008
4
4
1 1
Regional Meinungsseite & Leserbriefe
2006
1
1
Landkreis
2
Feuilleton Seite Drei
2
Medien Beilage Börse Kultur
2010
2011
2012
4
4
1
1
3
25
2
1
2
1
2
9
1
3
8
3 1
1
2009
3
3
1
1
total
7 1
2
6
1
5
2
2
4
1
1
4
1
2
3
1
1 1
2 1
1
1 335
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6 Anhang
Magazin
Gesamt
336 1
Mobiles Leben
Panorama
9 6 13 15
1
1 1
1 1
Report 1 1
Wissen 1 1
12 7 8 4 11 85
6.3 Übersicht über die Pressetexte des Samples
taz
Genre
4.-6. 2005
ab 7. 2005
2006
2007
6
3
2
2
2008
2009
2010
2011
2012
2
total
11
1
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Regionales 1
1
7
1
1
4
1
1
4
1
2
Flimmern & Rauschen 1
1
Meinung 1
1
Wirtschaft & Umwelt 1 Ausland 2
2
Seite 1 2
2
1
1
Thema des Tages tazzwei 3
2
8
8
1
2
3
2
4
33
gesamt
337
6 Anhang
Genre
1.12. 2005
2006
Wirtschaft
1
3
Regional
1
2
Medien Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Tagesspiegel
2007
2008
2009
1
2
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1
Titel
2010
1
2011
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1
3
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9
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2
Weltspiegel
1
1
2
Dritte
1
1
Kultur
1
1
Meinung
1
Sport
1
Tagestipp gesamt
338
1
1
2
6
6
1
1
1
4
3
3
6
31
6.3 Übersicht über die Pressetexte des Samples
Die Welt
Genre
4.-6. 2005
ab 7. 2005
2006
4
1
2
2007
2008
2009
1
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2010
2011
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total
1
1
12
1
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7
3
4
3
2
Politik 1 Online 2 Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Wirtschaft
2
Forum 1
1
Immobilien 1
1
Innenpolitik 1
1
Kommentar 1
1
Magazin 1
1
Medien 1
1
Wissenschaft 7
1
4
2
4
4
2
2
5
31
gesamt
339
6 Anhang
Genre
4.-6. 2005
Agenda
1
Finanzen
Ab 7. 2005
2006
2008
2009
2010
2011
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total
3
6
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1
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4
25
1
1
2
1
2
5
2
3
17
2
1
1
1
5
Unternehmen
2
Enable
2007
2
Nachrichten Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Financial Times Deutschland
1
3
5
1
2
Politik
1
1
2
Survey
1
1
Wirtschaft
1
1
gesamt
340
1
4
6
14
7
3
10
4
9
58
6.3 Übersicht über die Pressetexte des Samples
Der Spiegel
4.-6. 2005
Ab 7. 2005
2006
2007
Wirtschaft
2
2
2
Medien
1
Deutschland Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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Genre
2008
2009
2010
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total
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2
13
1
5
3 2
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1
Gesellschaft Kultur
2
2 1
Ausland
1
1
Politik
1 1
Spiegel online
1
1
1
Titel
1 2
2
2
Arbeitsmarkt
gesamt
4
5
6
5
2
3
1 2
2
5
32
341
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6 Anhang
Focus
Genre
Redaktion
gesamt
342 4.-6. 2005
1
Medien
1 Ab 7. 2005
Modernes Leben
2
2006
Wirtschaft
1
Deutschland
1
1
2007 2008
1 1
1
Reportage
4 1
2009
2
2010
1
2011
1
Sport
0
2012 total
2 5
1 3
1 2
1 2
1 1
1 1
1 1
3 15
6.4 Themencollagen des Samples 2005 – 2012
6.4
Themencollagen des Samples 2005 – 2012
Im Folgenden findet sich eine fragmentarische Übersicht über die bedeutenden target domains in den Samples, jeweils sortiert nach den Jahren, in denen die Pressetexte erschienen sind.
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2005: Hier handelt es sich zentral um eine Identifizierung von spezifischen Fondsgesellschaften wie Blackstone Group L.P., Kohlberg Kravis Roberty & Co. (KKR), Permira Limited Liability Partnership, Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, BC Partners, CVC Capital, Carlyle Group LP, Advent International Global Private Equity, Saban Capital, die Investmentbank Goldman Sachs, deutsche Holding (WCM). Ebenso werden Verantwortungsträger wie der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wie auch Haim Saban (2003 bis 2006 Besitzer von Anteilen an der KirchMedia Gruppe und Hauptaktionär der ProSiebenSat.1 Media AG), der Private-Equity-Manager David Montgomery, Guy Hands (Chairman von Terra Firma Capital Partners), Christopher Hohn (Inhaber des Hedgefonds The Children’s Investment Fund, TCI) als ‚Heuschrecke‘ tituliert. 2006: Neben Fondsgesellschaften sind hier etliche CEOs zur target domain geworden: Blackstone Group L.P., Cerberus Capital Management LP, Veronis Suhler Stevenson International Ltd., Fortress Investment Group LLC, Trian Fund Management L.P., HCA Holdings Inc., Quadriga Beteiligungs- und Vermögens AG, Kingsbridge Capital Advisors Limited, Capricornus Global Multifund, David Montgomery, Whitehall Real Estate Funds, Fortress Investment Group LLC. 2007: Neben Fondsgesellschaften sind hier etliche CEOs zur target domain geworden; Cerberus Capital Management, chinesische und russische Staatsfonds, David Montgomery, Blackstone Group LP, SPARX Japan Small Cap Fund, Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, Haim Saban, Mecom Group Plc, BlueBay Fund Emerging Market Corporate Bond, Texas Pacific Group (TPG), Christopher Flowers (Eigentümer der J.C. Flowers & Company).
343
6 Anhang
2008: Neben Fondsgesellschaften sind ebenso etliche CEOs zur target domain geworden: 3M Company, David Montgomery, Dawnay Day Financial Services Group, Kohlberg Kravis Roberty & Co. (KKR), Permira Limited Liability Partnership, Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, Mecom Group Plc, The Children Investment Fund (TCI), Christopher Hohn.
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2009: Neben Fondsgesellschaften finden sich etliche CEOs: Kohlberg Kravis Roberty & Co. (KKR), Quadriga Beteiligungs- und Vermögens AG, Christopher Flowers, Platinum Equity LLC., RHJ International, Christopher Flowers, Lone Star Funds, Carlyle Group LP, Bain Capital, LLC, David Rubenstein (CarlyleMitbegründer), Permira Limited Liability Partnership. 2010: Neben Fondsgesellschaften und CEOs sind Personen des öffentlichen Lebens und Politiker zur target domain geworden: Permira Limited Liability Partnership, Bridgepoint Capital Ltd., Lone Star Funds, Christopher Flowers, Kohlberg Kravis Roberty & Co. (KKR), Matthias Roeingh (alias Dr. Motte, Begründer der Loveparade), ,Gordon Gekko‘ im Film Wall Street II: Money never sleeps, Texas Pacific Group TPG, Blackstone Group LP, Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, der Finanzinvestor Aurelius, Stefan Mappus (CDU). 2011: Neben Fondsgesellschaften sind etliche CEOs zur target domain geworden: Hedgefond Fortress, Bain Capital LLC, Quadriga und Barclays Private Equity, Blackstone Group LP, Carlyle Group, Bob Geldof (Chairman von 8 Miles – Vital Capital Fund), Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, USInvestor Warren Buffett (Chairman des Investment-Unternehmens Berkshire Hathaway). 2012: Neben Fondsgesellschaften sind hier etliche CEOs zur target domain geworden: Permira Limited Liability Partnership, Mitt Romney (Mitbegründer von Bain Capital LLC), Cerberus Capital Management, Fortress Investment Group LLC,
344
6.5 Collage der Kontexte
Lone Star Funds, Apollo Global Management LLC, George Soros (Chairman von Soros Fund Management LLC), Florian Homm (Manager des ACM Advisors Ltd.), Christopher Flowers, Bridgepoint Capital Ltd., Platinum Equity LLC., Carlyle Group LP, Apax Partners Private Equity Investment Group Fund, Kohlberg Kravis Roberty & Co. (KKR).
Collage der Kontexte
Im Folgenden findet sich eine fragmentarische Übersicht über die Kontexte der ‚Heuschrecke/n‘-Symbolisierungen in den Samples, jeweils sortiert nach den Jahren, in denen die Pressetexte erschienen sind. Die Summierungen sind wörtlich aus den Pressetexten wiedergegeben. Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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6.5
2005: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um den baden-württembergischen Wahlkampf („Kapitalismus-Debatte“), den Verkauf der Firma Grohe AG von BC Partners an ein Investorenkonsortium aus Texas Pacific Group und CSFB Private Equity, den Börsengang des Triebwerkherstellers MTU Aero Engines Holding AG durch die Private-Equity-Investorengruppe Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR), den Einstieg der Mecom Group Plc. bei der Berliner Zeitung, die Debatte um eine politische Beschränkungen des Private-EquityKapitals, „Deutschland AG“. 2006: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um den Börsengang der Deutsche Bahn AG, REITs (börsenotierte Immobilientrusts), Proteste von Belegschaften von Unternehmen des deutschen Mittelstandes, juristische Auseinandersetzungen zwischen dem Suhrkamp Verlag und einem Minderheitengesellschafter, die „Deutschland AG“, Christian Baha (Alleineigentümer der Investmentgesellschaft Superfund), den Börsengang des deutschen Tochterunternehmens der GAGFAH S.A. und der NILEG Immobilien Holding, bzw. um den Verkauf der landeseigenen Berliner Wohnimmobilienunternehmen GSW Immobilien, den Einstieg von Blackstone Group LP bei der Deutschen Telekom AG, den Einstieg von Mecom Group Plc bei der Berliner Zeitung und der Hamburger Morgenpost sowie die um die „globalisierte Weltwirtschaft“.
345
6 Anhang
Bei den dominanten Debatten handelt es sich um den Einstieg von Blackstone Group LP bei der Deutschen Telekom AG, die Diskussion über die Politik als Regulatorin von Fonds, juristische Auseinandersetzungen zwischen dem Suhrkamp Verlag und einem Minderheitengesellschafter, den Einstieg von Mecom Group Plc bei der Berliner Zeitung und der Hamburger Morgenpost, finanzielle Abschiedsgeschenke an Vorstände, Anteilseigner des börsennotierten Medienunternehmens ProSiebenSat.1 Media AG, den Gesellschafterstreit bei Gebr. Märklin & Cie, GmbH, streikende Redakteur_innen, „Schrottanleihen“, den Börsengang der Deutsche Bahn AG. 2008: Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2007:
Bei den dominanten Debatten handelt es sich um die „Zinsschranken“, den Verkauf der Firma Grohe AG von BC Partners an ein Investorenkonsortium aus Texas Pacific Group und CSFB Private Equity, die „weltweite Finanzkrise“, Übernahmen von TUI und Hapag Lloyd durch die Deutsche Bahn AG, „Milliardenübernahmen“, die Krise der US-Hypotheken, den Einstieg von Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG bei der Volkswagen AG, die Schließung des Bochumer Werks des Telekommunikationskonzerns und Mobiltelefon-Herstellers NOKIA, den Börsengang der Deutsche Bahn AG, die Bundesdeutsche Privatisierungspolitik, staatlich kontrollierte Beteiligungen an sogenannten ‚Kernunternehmen‘ (Sperrminoritäten der Regierung bspw. bei der Bundesdruckerei), Wirtschaftsspionage als Teil russischer und japanischer Investmentpolitik und um die Spekulation auf das Steigen und Fallen von Lebensmittelpreisen und deren Konsequenzen für die Nahrungsmittelpreise. 2009: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um die „Wirtschaftskrise“, die „Weltkrise“, die „aktuelle Liquiditätskrise“, die „Absatzkrise“ der Autoindustrie, den Milliardenverlust der Landesbanken („Finanzgiftmüll“), Wirtschaftsspionage als Teil russischer Investmentpolitik (Russischer Staatsfond Magna und Sberbank), die „Finanzkrise“ und um die Krise der US-Hypotheken.
346
6.6 Übersicht über die diskursiven Akteure
2010: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um die Wirtschafts-, Banken-, Struktur- und Finanzkrise, den Börsengang des Triebwerkhersteller MTU Aero Engines Holding AG, den Bankautomatenherstellers Wincor Nixdorf AG, Restrukturierung und Verkäufe durch Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR), die Demag Holding S.à r.l. und um den Verkauf der Berliner Zeitung von Mecom Group Plc an die Mediengruppe M. DuMont Schauberg.
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2011: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (Woba), den Zustand der Immobilienbestände der deutschen Tochterunternehmen der GAGFAH S.A. und die Verantwortlichkeit des Hauptaktionärs dem Investmentunternehmen Fortress Investment Group LLC, die „Sozialchartas“ und um die Wirtschafts- und Finanzkrise. 2012: Bei den dominanten Debatten handelt es sich um den US-amerikanischen Wahlkampf (Mitt Romney als Gründungspartner der Private-Equity-Gesellschaft Bain Capital LLC), den Zustand der Immobilienbestände der deutschen Tochterunternehmen der GAGFAH S.A. und die Verantwortlichkeit des Hauptaktionärs, dem Investmentunternehmen Fortress Investment Group LLC, um die Wirtschaftsund Finanzkrise, den Investorenwechsel beim Brillenhersteller Rodenstock, die „Lehman-Brothers-Pleite“ (krisengeplagte Banken), „Spekulationsblase“, um politische Interventionen gegen die Privatisierung der Immobilien aus öffentlicher Hand, die „Sozialverträglichkeit“, „Sozialklauseln“ und die Kontrolle der Finanzmärkte
6.6
Übersicht über die diskursiven Akteure
Im Folgenden sind jene diskursiven Akteure aufgelistet, die ihrerseits die ‚Heuschrecke/n‘-Symbolik zur Verbildlichung spezifischer Inhalte eingesetzt haben. Die Auflistung basiert auf den Texten des Samples.
347
6 Anhang
2005:
2006:
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Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Franz Müntefering (SPD), Redakteur_innen der Berliner Zeitung, Pächter_innen von Tank & Rast, Vertreter_innen deutscher mittelständischer Unternehmen, einzelne FondsManager (meist CEOs), Ute Vogt (SPD), der Historiker Michael Wolffsohn, Paul Spiegel (damaliger Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland), Wolfgang Thierse (SPD), Angela Merkel (CDU), Ludwig Stiegler (SPD), Sachverständigenräte, Friedrich Merz (CDU).
Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Zeitungsleser_innen und Redakteur_innen der Berliner Zeitung, Peer Steinbrück (SPD), Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde (u.a. Deutsche Bahn AG), Ingeborg Junge-Reyer (SPD), Vertreter_innen der linken Fraktion der SPD, Gerhard Schröder (SDP), Franz Müntefering (SPD), Harald Wolf (Die Linke), Christian Lindner (FDP), Thilo Sarrazin (SPD), der Berliner Mieterverein, im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der kommunalen Freiburger Stadtbau GmbH: Wendelin Graf von Kageneck (CDU) und Dieter Salomon (Die Grünen). 2007: Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Franz Müntefering (SPD), Peer Steinbrück (SPD), Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde (u.a. der Deutsche Bahn AG), Oskar Lafontaine (Die Linke). 2008: Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Oskar Lafontaine (Die Linke), Sprecher des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, Wolfgang Schäuble (CDU), Mieterschutzverbände (u.a. der Mieterbund der Landesentwicklungsgesellschaft LEG), Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde (u.a. der Stuttgarter Technologiekonzern M+W Zander), Vertreter_innen deutscher mittelständischer Unternehmen, Redakteur_innen der Berliner Zeitung, Hans-Peter Uhl (CDU), Peer Steinbrück (SPD), UN-Generalsekretär
348
6.6 Übersicht über die diskursiven Akteure
Ban Ki Moon, Johann Rösch (Ver.di-Sekretär), aber auch die Sängerin Grace Jones (mit ihrem Lied und Video: „Corporate Cannibal“).
Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde (u.a. der Betriebsratsvorsitzende von MDEXX Herbert Strosetzky; Wolfgang Kutz (IG Metal), Hans-Jürgen Urban (IG-Metall-Vorstandsmitglied), Wolfgang Collett (IG-Metall Neuwied), einzelne Fonds Manager (meist CEOs), Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Harald Christ (SPD), Hartmut Koschyk (CSU), Unternehmenssprecher mittelständischer Unternehmen (Markus Golde des Maschinenbauers Weinig), Oskar Lafontaine (Die Linke). Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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2009:
2010: Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Franz Müntefering (SPD), Stefan Mappus (CDU), Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde, Uwe Vorkötter (Chefredakteur Berliner Zeitung). 2011: Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Unternehmenssprecher mittelständischer Unternehmen, Stefan Mappus (CDU), Mieterschutzverbände, Sprecher des globalisierungskritischen Netzwerks Attac und des „Netzwerks solidarische Ökonomie“. 2012: Die zentralen diskursiven Akteure in den Samples waren folgende: Philipp Rösler (FDP), Unternehmenssprecher mittelständischer Unternehmen, Mieterverbände, (ehemalige) Belegschaftsvertretungen von Unternehmen, bei denen eine Übernahme oder ein Börsengang bevorstand oder vollzogen wurde, Horst Seehofer (CDU), Christian Ude (SPD), Jürgen Roters (SPD), Alexandra Krieger (Hans-Böckler-Stiftung).
349
6 Anhang
6.7
Bildnachweise649
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Abb. 1
Jäger 2006, 57
Abb. 2
Link 2001, 86
649
Für die Fotografien und die Abbildungen liegen die Voraussetzungen des Zitierrechts vor, da sie nur in dem Umfang abgebildet werden, wie es zum Verständnis des Textes, in dem sie behandelt werden, notwendig ist. Sollten dennoch Ansprüche auf Einholungen von Abdruckgenehmigungen gelten gemacht werden, bitte ich darum, mit mir in Kontakt zu treten.
350
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6.7 Bildnachweise
Abb. 3
Der Stürmer, 6.1941, Nr. 18 6.1941, 8
Abb. 4
Der Stürmer, 11.1928, Nr. 47, 1
Abb.5
Der Stürmer, 6.1935, Nr. 26, 4
351
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6 Anhang
Abb.6
Gold/Backhaus 1999, 219
Abb. 7
Gold/Backhaus 1999, 220
Abb. 8
Gold/Backhaus 1999, 54
352
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6.7 Bildnachweise
Abb. 9
Haibl 2000, 231
Abb. 10
Der Stürmer, 3.1937, Nr. 10,7
Abb. 11
Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 7
353
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6 Anhang
Abb. 12
Der Stürmer, 10.1943, Nr. 38, 8
Abb. 13
Der Stürmer, 6.1935, Nr. 26, 4
Abb. 14
Der Stürmer, 9.1944, Nr. 39, 1
354
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6.7 Bildnachweise
Abb. 15
Gold/Backhaus 1999, 56
Abb. 16
Gold/Backhaus 1999, 164
Abb. 17
Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 1
355
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6 Anhang
Abb. 18
Pinturicchio 1493/94
Abb. 19
Kikeriki Nr. 43, 27. Okt 1918, 7
Abb. 20
Kaufmann nicht Händler 1936, in: Zehn Brüder, min.10.47, zwischen Position 145-177
356
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6.7 Bildnachweise
Abb. 21
Brehms Tierleben 1884
Abb. 22
De Vos 1577
Abb. 23
Der Stern 10.5.2005, 1
357
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6 Anhang
Abb. 24
Ver.di 2007, Titelblatt
Abb. 25
taz 26.10.1010, 9
Abb. 26
Ver.di 2007,1
358
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6.7 Bildnachweise
Abb. 27
Der Spiegel 18.12.2006, 1
Abb. 28
Ver.di 2007, 13
Abb. 29
metall 1.5.2005, 3
359
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6 Anhang
Abb. 30
Ver.di 2007, 3
Abb. 31
taz 28. & 29.7.2007, 1
Abb. 32
Ver.di 5.2007, 1
360
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6.7 Bildnachweise
Abb. 33
metall 1.5.2005, 1
Abb. 34
metall 1.5.2005, 5-6
Abb. 35
Logo Bahn für Alle 2006
361
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6 Anhang
Abb. 36
Logo der Initiative Bahn von Unten2006
Abb. 37
Der Spiegel 1.9.2008, 80-81
Abb. 38
SZ 6.6.2008, 5
362
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6.7 Bildnachweise
Abb. 39
SZ 1.4.2008, 11
Abb. 40
Wahlplakat SPD 12.4.2009, Photo M.Urban, Rembertiring,/Bremen
Abb. 41
1.Mai Demoplakat 2007
363
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6 Anhang
Abb. 42
Ver.di 2007, 21
Abb. 43
Ver.di 2007, 21
Abb. 44
SZ 14.5.2010, 4
364
6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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6.8
Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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6 Anhang
Der Stürmer, 11.1924, Nr. 33, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1924, Nr. 33, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 4.1925, Nr.18, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1925, Nr. 30, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1925, Nr. 35, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1925, Nr. 42, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1925, Nr. 43, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 12.1925, Nr. 52, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 2.1926, Nr. 6, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1926, Nr. 13, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1926, Nr. 30, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1926, Nr. 31, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1927, Nr. 19, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1927, Nr. 39, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1928, Nr. 47, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1929, Nr. 32, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 12.1929, Nr. 49, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 12.1929, Nr. 49, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 2.1930, Nr. 8, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1930, Nr. 36, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1931, Nr. 22, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1931, Nr. 24, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1931, Nr. 40, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1931, Nr. 47, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 2.1932, Nr. 7, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 2.1932, Nr. 8, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 12.1932, Nr. 49, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1933, Nr. 32, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1933, Nr. 45, 7, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 4.1934, Nr. 15, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1934, Nr. 19, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1934, Nr. 19, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1934, Nr. 26, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1934, Nr. 31, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1934, Nr. 43, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1934, Nr. 40, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1935, Nr. 11, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1935, Nr. 11, 7, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag
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Der Stürmer, 4.1935, Nr. 22, 5, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1935, Nr. 24, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1935, Nr. 26, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1935, Nr. 26, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1935, Nr. 42, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1936, Nr. 12, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1936, Nr. 24, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1937, Nr. 10, 7, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1937, Nr. 10, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1937, Nr. 19, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1937, Nr. 27, 5, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1937, Nr. 46, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1938, Nr. 18, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1938, Nr. 21, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1938, Nr. 38, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 12.1938, Nr. 49, 7, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1939, Nr. 30, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1939, Nr.35, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1940, Nr. 11, 7, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1940, Nr. 18, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1940, Nr. 24, 9, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1940, Nr. 25, 5, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1940, Nr. 31, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1940, Nr. 32, 12, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer,10.1940,Nr. 44, 12, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 11.1940, Nr. 50, 5, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1941, Nr. 9, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1941, Nr. 12, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 4.1941, Nr. 14, 12, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 4.1941, Nr. 18, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 6.1941, Nr. 18, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1941, Nr. 37, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 4.1942, Nr. 15, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 7.1942, Nr. 27, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1942, Nr. 40, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 3.1943, Nr. 13, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1943, Nr. 21, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 5.1943, Nr. 22, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 8.1943, Nr. 35, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1943, Nr. 38, 8, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag
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6 Anhang
Der Stürmer, 10.1943, Nr. 41, 4, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1943, Nr. 43, 2, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 1.1944, Nr. 3, 3, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1944, Nr. 37, 1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1944, Nr. 39, 1 , in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 9.1944, Nr. 39,1, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Der Stürmer, 10.1944, Nr. 38, 6, in: Der Stürmer, Nürnberg: Der Stürmer-Verlag Die Neue 22.2.1980: o.N.: Distanzierung von Stoiber, in: Die Neue 22.2.1980, o.A, zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten Dichter. Die Ratten- und Schmeißfliegen-Affäre, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag Die Presse (6.7.2010): o.N.: Kein „Negerkönig mehr bei Pippi Langstrumpf, in: http://diepresse.com/home/panorama/integration/579386/KeinNegerkoenig-mehr-bei-Pippi-Langstrumpf, Abruf 27.8.2013 Die Welt 19.2.1980: o.N.: Peinlich, in: Die Welt 19.2.80, o.A.; zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten Dichter. Die Ratten- und Schmeißfliegen-Affäre, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag Die Welt 30.4.2005: Eigendorf, Jörg: Tag der Heuschrecken, in: Die Welt 30.4.2005, 12 Die Welt 7.5. 2005: Sydow, Anette: Executive Talk – Internationale TopManager im Gespräch – „Wir schaffen langfristige Werte“, in: Die Welt 7.5.2005, 16 Die Welt 14.5.2005: Frühbrodt, Lutz: Schrecklich tierisch, in: Die Welt 14.5.2005, 10 Die Welt 27.5.2005: Dalan, Marco: Executive Talk – Internationale TopManager – „Ich lebe in zwei Welten“, in: Die Welt 27.5.2005, 18 Die Welt 30.5.2005: o.A.: Fondsmanager verdient eine Milliarde Dollar, in: Die Welt 30.5.2005, 11 Die Welt 1.2.2006, 1: Köppel, Roger: DWBE-HP – Heiliger Zorn, in: Die Welt 1.2.2006, 1 Die Welt 26.6.2008, 10: Kielinger, Thomas: Von der „Heuschrecke“ zum Philanthro-Kapitalisten, in: Die Welt 26.6.2008, 10 Die Welt 25.11.2006, 41: Grund, Stefan: Feindliche Übernahme, in: Die Welt 25.11.2006, 41 Die Welt 2.12.2006, 37: Schröder, Dino/Kopp, Martin: Senat will Übernahme des Germanischen Lloyd verhindern, in: Die Welt 2.12.2006, 37 Die Welt 7.5.2007, 32: Gerlach, Jan: Medien kompakt, in: Die Welt 7.5.2007, 32 Die Welt 25.7.2008, 31: Thomason, Hans Markus: Wennemer ist der Freund, in: Die Welt 25.7.2008, 31 Die Welt 1.8.2008, 16: Seidel, Hagen/Schwaldt, Norbert: Wie blanker Hohn, in: Die Welt 1.8.2008, 16
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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6 Anhang
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
FTD 2.5.2006, 23: Jennen, Birgit/Hönighaus, Reinhard: Minister lenkt bei REITs ein, in: Financial Times Deutschland 2.5.2006, 23 FTD 14.11.2006, 4: Maier, Angela: US-Investor Blackstone kämpft mit Kompromissen, in: Financial Times Deutschland 14.11.2006, 4 FTD 12.2.2007, 25: o.N.: Draußen vor der Tür, in: Financial Times Deutschland 12.2.2007, 25 FTD 27.2.2007, 23: Maier, Angela: Schlüssel-Erlebnis, in: Financial Times Deutschland 27.2.2007, 23 FTD 14.3.2007, 52: Enable: Eine gute Figur machen, in: Financial Times Deutschland 27.2.2007, 52 FTD 11.4.2007, 2: Maier, Astrid: Kaufmann, nicht Heuschrecke, in: Financial Times Deutschland 11.4.2007, 2 FTD 20.4.2007, 10: Spiller, Kristina: Wolfsburgfrieden, in: Financial Times Deutschland 20.4.2007, 10 FTD 15.5.2007, 25: Maier, Angela/Buchter, Heike/Gassmann, Michael: Fahrtziel erreicht, in: Financial Times Deutschland 15.5.2007, 25 FTD 15.6.2007, 27: Schütte, Christian: Das ultimative Gefühl, in: Financial Times Deutschland 15.6.2007, 27 FTD 25.7.2007, 18: Kölling, Martin: Zartes Pflänzchen, in: Financial Times Deutschland 25.7.2007, 18 FTD 25.7.2007, 24: Hierschel, Dirk: Mit zweierlei Maß, in: Financial Times Deutschland 25.7.2007, 24 FTD 7.9.2007, 34: Maier, Angela: Vom Leid der Investoren, in: Financial Times Deutschland 7.9.2007, 34 FTD 26.11.2007, 2: Kovatz, Mirko: Der Kupferkönig, in: Financial Times Deutschland 26.11.2007, 2 FTD 1.2.2008, 20: Maier, Angela/Clausen, Sven: Banken hungern Finanzinvestoren aus, in: Financial Times Deutschland 1.2.2008, 20 FTD 11.2.2008, 27: o.N.: Von Heuschrecken zu Helfern, in: Financial Times Deutschland 11.2.2008, 27 FTD 21.4.2008, 77: Bernhard, Martin: Das bleibt besser in der Familie, in: Financial Times Deutschland 21.4.2008, 77 FTD 15.5.2008, 2: Wilke, Katja: Zweite Karriere mit 36, in: Financial Times Deutschland 15.5.2008, 2 FTD 30.5.2008, 40: o.N.: Die bayrische Schrecke, in: Financial Times Deutschland 30.5.2008, 40 FTD 23.3.2009, 23: Buttlar, Horst von: Die Uhr-Macher, in: Financial Times Deutschland 23.3.2009, 23
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6 Anhang
FTD 27.5.2010, 11: Lachmann, Jennifer/Hucko, Margret/Maier, Angela/Tillmann, Stefan/Luttmer, Nina/Lebert, Rolf: Das große Rätsel Roland Koch, in: Financial Times Deutschland 27.5.2010, 11 FTD 28.5.2010, 27: Wolf, Martin: Eine keine Finanzkrisen-Fabel, in: Financial Times Deutschland 28.5.2010, 27 FTD 1.7.2010, 15: Lebert, Rolf: Heuschrecke schnappt sich Düsseldorfer Hypothekenbank, in: Financial Times Deutschland 1.7.2010, 15 FTD 27.7.2010, 23: Krüger, Anja/Brambusch, Jens: Letzter Tanz, in: Financial Times Deutschland 27.7.2010, 23 FTD 24.8.2010, 22: Mikosch, Bernd: Heuschrecken im Sonderangebot, in: Financial Times Deutschland 24.8.2010, 22 FTD 8.10.2010, 19: Maier, Angela: Pakt zwischen Pudding und Private Equity, in: Financial Times Deutschland 8.10.2010, 19 FTD 14.2.2011, 1: Borowski: ‚Heuschrecke‘ in der Westbank, in: Financial Times Deutschland 14.2.2011, 1 FTD 10.3.2011, 18: Kirchner, Christian: Buffett macht die Heuschrecke, in: Financial Times Deutschland 10.3.2011, 18 FTD 13.4.2011, 26: Honigstein, Raphael: Freundliche Übernahme, in: Financial Times Deutschland 13.4.2011, 26 FTD 6.1.2012, 17: o.N.: ‚Heuschrecken‘, in: Financial Times Deutschland 6.1.2012, 17 FTD 14.2.2012, 15: Schreiber, Meike: Landesbanken werden Wohnungen los, in: Financial Times Deutschland 14.2.2012, 15 FTD 19. 6. 2012, 17: Bartz, Tim: Axas „Heuschrecke“ kriegt Zuwachs, in: Financial Times Deutschland 19. 6. 2012, 17 FTD 3.7.2012, 16: Bartz, Tim/Smolka, Klaus Max: Wenn jeder alles macht, in: Financial Times Deutschland 3.7.2012, 16 Gallas, Alexander (2004): Ökonomismus und politische Irrewege. Zur Kritik an Moishe Postones Variante marxistischer Antisemitismustheorie, in: Wissenschaftlicher Beirat von Attac Deutschland (Hg.): Globalisierungskritik und Antisemitismus. Zur Antisemitismusdiskussion in Attac, Frankfurt am Main, 48-53 Galow-Bergemann, Lothar (2008): Entgegnung auf die Stellungsnahme der KollegInnen des Bereichs Wirtschaftspolitik beim Ver.di Bundesvorstand, 7.1.2008 Gebhardt, Richard (2008): Vom göttlichen Auge zur Heuschreckenplage, in: Jungle World Nr. 3, 17.1.2008, 5 Gester, Jochen (2005): Die Geschäftsführung verhielt sich katastrophal, in: Jungle World 19, 11.5.2005, http://jungle-world.com/artikel/2005/19/ 15208.html; Abruf 12.6.2012
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
Glagau, Otto (1876): Der Börsen- und Gründungs-Schwindel in Berlin. Gesammelte und stark vermehrte Artikel der Gartenlaube, Leipzig: Verlag von Paul Frohberg Goethe, Johann Wolfgang von (1771) [1896]: Goethes Werke: Zum Shakespeares Tag, Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Goethe, Johann Wolfgang von (1780): Briefe an Charlotte Stein, Bd.1, Berlin: Akademie, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Gogol, Nikolaj (1949) [1842]: Die toten Seelen oder die Abenteuer Tschischikovs, München: Winkler-Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Gorion, Rahel bin (1935): Vom Garten Eden, der Arche Noah und dem weisen König Salomon. 77 Geschichten von Pflanzen und Tieren neu erzählt, Berlin: Bücherei des Schocken Verlags Gotthelf, Jeremias (1849): Eine alte Geschichte zu neuer Erbauung. In: Kleinere Erzählungen – zweiter Band, Erlenbach-Zürich: Eugen Rentsch Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Gotthelf, Jeremias (1850): Die Käserei in der Vehfreude, Eine Geschichte aus der Schweiz, Erlenbach-Zürich: Eugen Rentsch Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Grattenauer, Karl Wilhelm Friedrich (1791): Über die physische und moralische Verfassung der heutigen Juden. Stimme eines Kosmopoliten, Leipzig: Germanien Grattenauer, Karl Wilhelm Friedrich (1803): Wider die Juden. Ein Wort der Warnung an alle christlichen Mitbürger, Berlin: Schmidt Grefe, Christian/Greffrath, Mathias/Schumann, Harald (2002): Attac. Was wollen die Globalisierungskritiker?, Berlin: Rowohlt Verlag Grubmüller, Klaus (1977): Meister Esopus. Untersuchungen zu Geschichte und Funktion der Fabel im Mittelalter: Zürich/München: Artemis Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Günther, Stephan (2002): Fatale Nachbarschaften. Globalisierungskritik und reaktionäre Ideologien, in: iz3w, Sonderheft Globalisierungskritik, 58-59 Günther, Stephan (2007): Wer die Macht hat. Debatten um internationale Herrschaft und Hegemonie, in: iz3w, März/April, Nr. 299, 28-31 Gutzkow, Karl (1924): Hohenschwangau. Ein deutscher Burgen- und Bürgerroman, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Habermann, Friederike/Patel, Rajeev (2001): Wer spricht denn da? Peoples Global Action und das Problem der Repräsentation, in: iz3w, Sonderheft 2001, 40-42
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
Henkel, Hans-Olaf (2005): Das gefährliche Klischee vom Kapital als Blutsauger mit langem Rüssel lebt!, in: Rheinischer Merkur 12.5.2005 Henle, Jakob (1910) [1840]: Pathologische Untersuchungen. Erster Abschnitt. Von den Miasmen und Kontagien und von den miasmatisch-kontagiösen Krankheiten, Braunschweig: Vieweg Herkenrath, Mark (2011): Die Globalisierung der sozialen Bewegungen. Transnationale Zivilgesellschaft und die Suche nach der gerechten Weltordnung, Wiesbaden: VS Verlag Herzl, Theodor (1920): Der Judenstaat. Staatsschrift, Berlin: Jüdischer Verlag, 8. Aufl. in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Hiemer, Ernst (1940): Der Pudelmops-Dackelpinscher, Nürnberg: Der StürmerBuchverlag Hierlmeier, Moe (2001): Vom Antiimperialismus zu einem neuen Internationalismus?, in: diskurs 3, 27 Himmler, Heinrich (1974): Heinrich Himmler: Geheimreden 1933-1945 und andere Ansprachen. Mit einer Einleitung von Joachim Fest, in: Smith, Bradley F./Peterson, Agnes F. (Hg.), Frankfurt am Main: PropyläenVerlag Hinard, Damas (1854): Dictionnaire Napoléon ou recueil alphabétique des opinions et jugements de l’empereur Napoléon, Paris: Plon, 2. Aufl. Hipt, Manfred Opp de (1987): Denkbilder in der Politik, Opladen: Westdeutscher Verlag Hitler Adolf (1939): Botschaft zum Jahrestag der Verkündigung des Parteiprogramms, in: Keesings Archiv der Gegenwart, Jg. 1940, Königswinter: Siegler Verlag, 5409 Hitler, Adolf (1919): Rassentuberkulose der Völker. Antijüdischer Schmähbrief [o. A.], zitiert nach Sontag, Susan (2003): Krankheit als Metapher & AIDS und seine Metaphern, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Hitler, Adolf (1920): Reden Hitlers, in: Bundesarchiv NS 26/81-82 Nr.20 Hitler, Adolf (1930): Mein Kampf, München: Franz Eher Nachf. GmbH, 18. Aufl. Hitler, Adolf (1933): Mein Kampf, München: Franz Eher Nachf. GmbH, 22. Aufl. Hitler, Adolf (1934): Reichstagsrede 13.7.1934, in: Dokumente I, Bd. 4, 171 Hitler, Adolf (1937): Dokumente I, Bd. 5, 416, zitiert nach Schäfer, Renate (1962): Zur Geschichte des Wortes „zersetzen“, in: Betz, Werner (Hg.): Zeitschrift für Deutsche Wortforschung, Bd. 3, Heft 18, Berlin: Walter de Gruyter, 40-80 Hitler, Adolf (1938): Mein Kampf, München: Franz Eher Nachf. GmbH, 330.- 334. Auflage
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6 Anhang
Hofer Anzeige 31.7.1978: o.N.: o.A., zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten Dichter. Die Ratten- und Schmeißfliegen-Affäre, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 7 Hoffmann, E.T.A. (1924): Die Elixiere des Teufels, in: Harich, W.: Dichtungen und Schriften Bd. IV, Weimar: Reclam, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Höltzel, Hieronymus (1524): Mandat gegen die Juden, Tübingen: Universitätsbibliothek Homer (1989): Ilias, München/Zürich: Artemis Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Huffschmid, Jörg (1999): Politische Ökonomie der Finanzmärkte, Hamburg: VSA Verlag Huffschmid, Jörg (2001): Ist die Tobinsteuer im europäischen Alleingang machbar?, in: w.kleinteilige-loesungen.de/globalisierte_finanzmaerkte/texte_ab c/h/huffschmid_attac_tobinsteuer_im_alleingang.pdf Hundt-Radowsky, Hartwig von (1819): Der Judenspiegel, Ein Schand- und Sittengemälde alter und neuer Zeit, Würzburg: Schlangehart Hundt-Radowsky, Hartwig von (1822): Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden, 1. Bd., Aarau: Langlois Hundt-Radowsky, Hartwig von (1823): Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden, 2. Bd., Aarau: Langlois IGDruckPapier (1980): o.N.: o.A. zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten Dichter. Die Ratten- und Schmeißfliegen-Affäre, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 18 ISF Initiative Sozialistisches Forum (2002): Furchtbare Antisemiten, ehrbare Antizionisten. Über Israel und die linksdeutsche Ideologie, Freiburg: Ça ira Jensen, Wilhelm (1892): Hunnenblut. Eine Begebenheit aus dem alten Chiemgau, Leipzig: Reclam, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Jörgensen, Jeppe F. (2007): Die ‚Heuschrecken‘ und ihre Kritiker, in: Berliner Debatte Initial, Nr. 4/5, Berlin, 37-46 Jud Süss (1940): Harlan, Veit (Regie): Jud Süss, Deutsche Filmherstellungs- und Verwertungs GmbH (DFG) für die Reichspropagandaleitung der NSDAP Judenthum (1849): [o.A.]; zitiert nach Bergmann, Werner/Erb, Rainer (1989): Die Nachtseite der Judenemanzipation. Der Widerstand gegen die Integration der Juden in Deutschland 1780-1860, Berlin: Metropol Kaiser, Friederike (2010): Eine jüdische Beziehungsgeschichte, in: Panorama: 4/2010, 82-83
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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metall 1.5.2005, 3: Rügemer, Werner (Hg.): Die Plünderer sind da, in: metall 5/2005, 3f. metall 1.5.2005, 5-6: Rügemer, Werner (Hg.): Die Plünderer sind da, in: metall 5/2005, 5-6 Methmann, Chris (2006): Antwort der Kampagnengruppe ‚Bahn für alle‘. Dokumentation der Debatte um das Symbol der ‚Heuschrecke‘ zur Stellungnahme von Attac Freiburg, November 2006, http://www.bahn-fueralle.de/pages/buendnis/debatte-um-dieheuschrecken.php, Abruf 10.6.2011 Mies, Maria (2001): Globalisierung von unten. Der Kampf gegen die Herrschaft der Konzerne, Hamburg: Rotbuch Verlag Moerike, Eduard (2006) [1836]: Der Schatz, Ludwigsburg: Andreas Hackenberg Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Monheim, Heiner (2007): Die kalte Enteignung von oben – Bahnpolitik gegen das Volk, in: http://www.attac-bamberg.de/Texte/KalteEnteignung.html, Abruf 2.5.2013 Mueller-Guttenbrunn, Adam (1920): Die schöne Lotti und andere Damen, Kapitel: „Eine Romanheldin“, Hamburg: Tredition, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Müntefering, Franz (2005): Programmheft I. Tradition und Fortschritt, Januar, Programmheft SPD, Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung Naudh, H. (1883): Die Juden und der Deutsche Staat, Leipzig: H. Beyer, 11 Aufl. Naudh, H. (1861): Die Juden der Deutsche Staat, Berlin/Posen: Nicolai Neue Reich (1923); zitiert nach Altmann, Wolfgang (1971): Die Judenfrage in ev. und kath. Zeitschriften zwischen 1918 und 1933, München: Evang.Theol. Fak., 189 Neue Reich (1925), zitiert nach Altmann, Wolfgang (1971): Die Judenfrage in ev. und kath. Zeitschriften zwischen 1918 und 1933, München: Evang.Theol. Fak., 219 NPD (Hg.) (2006): ‚Heuschrecken-Kapitalismus‘, Flugschrift, verteilt zu den hessischen Kommunalwahlen, März 2006 Nürnberg Zeitung 3.3.1980: o.N.: Zuschauer in hellen Scharen, in: Nürnberg Zeitung 3.3.80, o.A., zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten Dichter. Die Ratten- und Schmeißfliegen-Affäre, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag, 61 NWZ Inside (7.9.2010): o.N.: Kinderbücher: Rassismus bei Pippi Landstrumpf, in: http://www.nwz-inside.de/News/Deine-Welt/Politik-und-Wirtschaft/ Rassismus-bei-Pippi-Langstrumpf,9681, Abruf 27.8.2013 o.A. (1819): o.A.: Flugblatt aus Danzig, Aufruf zu den Hepp-Hepp Pogromen, zitiert nach Hortzitz, Nicola (1988): „Früh-Antisemitismus“ in Deutsch-
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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6 Anhang
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
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SZ 18.4.2005: Bovensiepen, Nina/Blechschmidt, Peter: Müntefering geht Manager frontal an, in: Süddeutsche Zeitung 18.4.2005, 1 SZ 3.5.2005: Fried, Nico: Die Grünen winden sich, in: Süddeutsche Zeitung 3.05.2005, 2 SZ 10.5.2005: Schwennicke, Christopf: Ein kapitaler Aufschlag, in: Süddeutsche Zeitung 10.5.2005, 3 SZ 11.5.2005: Knust, Cornelia: Wie im Lehrbuch, in: Süddeutsche Zeitung 11.5.2005, 22 SZ 12.5.2005: Klein, Stefan: Im Wettbewerb der Machtlosen, in: Süddeutsche Zeitung 12.5.2005, 3 SZ 13.5.2005: o.A.: Blick in die Presse: Jahr der Heuschrecke, in: Süddeutsche Zeitung 13.5.2005, 4 SZ 19.5.2005: o.A.: Ausverkauf von Wohnungen, in: Süddeutsche Zeitung 19.5.2005, 2 SZ 15.4.2006, 4: Lotze, Birgit: SZ-Gespräch mit dem SPD-Kreisvorsitzenden; „Öffentliche Hand sollte schlagkräftig sein“; Peter Falk wirbt für gemeinsame Energie- und Wirtschaftspolitik der Gemeinden im Ostlandkreis, in: Süddeutsche Zeitung 15.4.2006, 4 SZ 27.5.2005: Reim, Martin: Warten auf Hohn Hauptversammlung der Deutschen Börse: Viele Fragen bleiben unbeantwortet, in: Süddeutsche Zeitung 27.5.2005, 40 SZ 10.6.2006, 20: Knust, Cornelia: Vereint mit dem Großaktionär; Süd-ChemieChef Günter von Au profitiert vom US-Investor OEP und hofft auf weitgehende Unabhängigkeit, in: Süddeutsche Zeitung 10.6.2006, 20 SZ 22.6.2005, 21: Beise, Marc: Nach den Heuschrecken nun die Millionäre, in: Süddeutsche Zeitung 22.6.2005, 21 SZ 20.7.2006, 13: Dilling, Annabel: Niemand fühlt wie ein Berserker; Friederike Hellers Debüt beim „Young Directors Project“, in: Süddeutsche Zeitung 20.7.2006, 13 SZ 23.9.2006, 34: Bauchmüller, Michael: Privat und billig, nein danke; Bei der Deutschen Bahn könnten in der kommenden Woche die Warnstreiks losgehen - viele Beschäftigte wollen den Börsengang in letzter Minute verhindern, in: Süddeutsche Zeitung 23.9.2006, 34 SZ 20.12.2006, 21: Thiede, Meite: SZ-Interview mit Manfred Wennemer; „Eine Heuschrecke kann auch ein Wohltäter sein“; Der Vorstandschef von Continental hat nichts gegen Finanzinvestoren als Großaktionäre - vorausgesetzt, sie stören seinen Kurs nicht, in: Süddeutsche Zeitung 20.12.2006, 21 SZ 22.12.2006, 3: Brill, Klaus: George Soros: Ein Staatsmann ohne Staat; Der Milliardär will mehr; Er ist Spekulant, Philanthrop und sieht sich selbst als
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Revolutionär – die Welt ist ihm nicht gut genug, darum investiert der 76Jährige in Demokratie, in: Süddeutsche Zeitung 22.12.2006, 3 SZ 24.2.2007, 6: Urban, Marco: „Dann kann die Politik einpacken“; Vizekanzler Franz Müntefering über die Gefahren einer weltweiten Finanzindus-trie, den Europa-Frust der Deutschen und die Airbus-Krise, in: Süddeutsche Zeitung 24.2.2007, 6 SZ 30.3.2007, 32 Magazin: Haberl, Tobias: Jedermann; Seit Jahren glänzt der Schauspieler Devid Striesow in immer neuen Rollen. Auf der Straße erkennen ihn trotzdem nur wenige. Das muss sich ändern!, in: Süddeutsche Zeitung 30.3.2007, 32 Magazin SZ 25.6.2007, 4: Beise, Marc: Vagabundierendes Kapital; Viele mittelständische Unternehmer in Deutschland fürchten sich vor den sogenannten Heuschrecken, in: Süddeutsche Zeitung 25.6.2007, 4 SZ 7.7.2007, 25: o.N.: Angst vor der Staats-Heuschrecke, in: Süddeutsche Zeitung 7.7.2007, 25 SZ 19.7.2007, 17: Thiede, Meite: Ausweg Börsengang, in: Süddeutsche Zeitung 19.7.2007, 17 SZ 26.11.2007, 20: o.N.: Airbus sucht Lösung im Ausland; Bleibt der Dollar hoch, will der Luft- und Raumfahrtkonzern Teile der Produktion verlagern / Spekulationen über Werksbau in Asien, in: Süddeutsche Zeitung 26.11.2007, 20 SZ 1.2.2008, 1: Tibudd, Michael: Ein Stratege, keine Heuschrecke; Der neue indische Eigentümer stellt sich bei Mitarbeitern seines Schmiedewerks vor, in: Süddeutsche Zeitung 1.2.2008, 1 SZ 28.2.2008, 58: Tibudd, Michael: Nachgefragt; Wie böse sind Heuschrecken?, in: Süddeutsche Zeitung 28.2.2008, 58 SZ 1.4.2008, 11: o.N.: market.de. das neue Finanzinformationsportal. Wissen, was hinter den Zahlen steckt, in: Süddeutsche Zeitung 1.4.2008, 11 SZ 25.4.2008, 23: Büschemann, Karl-Heinz: Kommentare; Gefangen in der Wolfsburg; Warum Politiker sich aus Unternehmen heraushalten sollten, in: SZ 25.4.2008, 23 SZ 5.5.2008, 18: Hesse, Martin: Heimlicher Boss bei Boss; Martin Weckwerth gibt im Modekonzern die Richtung vor, in: Süddeutsche Zeitung 5.5.2008, 18 SZ 6.6.2008, 5: o.N.: Freuschrecke {Hopperus Investorus} (Werbung für Evonik), in: Süddeutsche Zeitung 6.6.2008, 5 SZ 26.6.2008, 26: o.N.: Immobilienkonzern LEG wird nicht zerschlagen, in: SZ 26.6.2008, 26 SZ 6.8.2008, 21: Ahlemeier, Melanie: „Ich werde um jedes Haus und jeden Arbeitsplatz kämpfen“; Der Insolvenzverwalter Biner Bähr über die Rettung
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
der Warenhauskette Hertie, wann Verlustbringer geschlossen werden und die Rolle von Finanzinvestoren, in: Süddeutsche Zeitung 6.8.2008, 21 SZ 28.8.2008, 4: Bovensiepen, Nina: Klingt gut, funktioniert aber nicht; Mitarbeiter am Gewinn ihrer Betriebe zu beteiligen, lässt sich in der Praxis nur schwer umsetzen, in: Süddeutsche Zeitung 28.8.2008, 4 SZ 4.10.2008, 27: Brössler, Daniel/Hagelüken, Alexander: Die Finanzkrise und ihre Folgen: Wie ein Linken-Parteichef und Ex-Finanzminister die Welt verändern will; „Investmentbanker sind kriminell“; Oskar Lafontaine über seine Reformvorschläge für die Finanzmärkte, warum er schon vor zehn Jahren alles besser wusste und manchmal eine Sitzung des KfWVerwaltungsrates schwänzt, in: Süddeutsche Zeitung 4.10.2008, 27 SZ 31.1.2009, 24: Zydra, Markus: Glücklose Heuschrecke; Christopher Flowers droht die Enteignung, in: Süddeutsche Zeitung 31.1.2009, 24 SZ 17.3.2009, 5: o.N.: (Photo von Christopher Flowers in Anzug und Krawatte), in: Süddeutsche Zeitung 17.3.2009, 5 SZ 6.4.2009, 54: Winkler-Schlang, Renate: Fürstenried: Unterstützung für den Hertie-Betriebsrat; Unverzichtbarer Magnet; Bezirksausschuss verlangt von der Stadtverwaltung kreative Ideen zur Rettung des Kaufhauses, in: Süddeutsche Zeitung 6.4.2009, 54 SZ 24.7.2009, 17: Hulverscheidt, Claus: Gut und Böse; Gefühle sind im Bieterstreit um Opel der falsche Ratgeber, in: Süddeutsche Zeitung 24.7.2009, 17 SZ 21.11.2009, 27: hwb/wkr: Grillo, die andere Heuschrecke; Unsere Marktführer, in: Süddeutsche Zeitung 21.11.2009, 27 SZ 23.11.2009, 20: Kuntz, Michael: Familie ist Familie, Firma ist Firma; Unternehmen überstehen die Krise am besten, wenn ihre Eigentümer sie nicht als Selbstbedienungsladen missbrauchen, in: Süddeutsche Zeitung 23.11.2009, 20 SZ 19.1.2010, 9: Graff, Bernd: Wahl zum „Unwort des Jahres 2009“; Immer nach der Tagesschau, in: Süddeutsche Zeitung 19.1.10, 9 SZ 31.3.2010, 30: Hesse, Martin: Heuschrecken-Debatte – eine Bilanz; Vor fünf Jahren trat Franz Müntefering einen heftigen Streit um Finanzinvestoren los. Mittlerweile haben sie ihren Schrecken verloren, in: Süddeutsche Zeitung 31.3.2010, 30 SZ 8.5.2010, 15: Kniebe, Tobias: Die Rückkehr der Heuschrecke; Auf dem Filmfestival in Cannes wird Oliver Stone enthüllen, wie sein Kapitalismus-Thriller „Wall Street“ nach 23 Jahren weitergeht, in: Süddeutsche Zeitung 8.5.2010, 15 SZ 14.5.2010, 4: Schopf, Oliver: Auf der MS-Deutschland, in: Süddeutsche Zeitung 14.5.2010, 4
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SZ 27.5.2010, 3: Leyendecker, Hans: Aus dem Tagebuch; „Der Deal“ – so nennt Tilo Berlin seine privaten Aufzeichnungen darüber, in: Süddeutsche Zeitung 27.5.2010, 3 SZ 14.8.2010, 1 Regional: Lohr, Bernhard: Heilbrunner Klinik plant neues Bettenhaus; Betreiber rechnen nicht mehr mit einer Kooperation mit dem Penzberger Krankenhaus und erwägen eigenen Anbau, in: Süddeutsche Zeitung 14.8.2010, 1 Regional SZ 19.8.2010, 11: Briegled, Till: Nie wieder einen Eventmanager! Raus aus dem Debakel: Michael Börgerding, ein Mann des Skrupels, wird neuer Intendant am Theater Bremen, in: Süddeutsche Zeitung 19.8.2010, 11 SZ 10.3.2011, 27: Thiede, Meite: Expansion; Auf zu neuen Ufern; Der Schritt ins Ausland kann Existenzen retten und neue Märkte erschließen. Experten warnen aber vor zu viel Euphorie, in: Süddeutsche Zeitung 10.3.2011, 27 SZ 4.6.2011, 30: Slavik, Angelika: Schlussrechnung; Vor vier Jahren verkaufte Dresden seinen Wohnungsbestand an einen Finanzinvestor und sanierte so den Haushalt. Trotzdem muss sich die Stadt heute fragen, ob sie sich verkalkuliert hat, in: Süddeutsche Zeitung 4.6.2011, 30 SZ 28.9.2011, 22: Zydra, Markus: Bob, die Heuschrecke; Popstar Geldof sammelt in den Salons der Reichen Geld für einen Private-Equity-Fonds. Es geht um die Chancen Afrikas, in: Süddeutsche Zeitung 28.9.2011, 22 SZ 20.1.2012, 18: Mayr, Stefan: Lüders’ Liste; Bei Manroland werden die Entlassungen ausgehandelt, in: Süddeutsche Zeitung 20.1.2012, 18 SZ 25.1.2012, 23: Piper, Nikolaus: Das Unbehagen am Kapitalismus, in: Süddeutsche Zeitung 25.1.2012, 23 SZ 15.2.2012, 17: Hagelüken, Alexander: Kommentar; Kein Blutbad für Mieter; Der Staat sollte aufhören, um jeden Preis Wohnungen zu privatisieren, in: Süddeutsche Zeitung 15.2.2012, 17 SZ 6.3.2012, 17: Bohsen, Guido: Röslers Acht-Punkte-Plan gegen Heuschrecken, in: Süddeutsche Zeitung 6.3.2012, 17 SZ 11.4.2012a, 26: Wilhelm, Hannah: Der Höllenhund als Vermieter; Immer mehr Investoren kaufen deutsche Immobilien. Jetzt hat Cerberus zugeschlagen, in: Süddeutsche Zeitung 11.4.2012, 26 SZ 11.4.2012b, 26: Läsker, Kristina: Klar Schiff!, in: Süddeutsche Zeitung 11.4.2012, 26 SZ 4.5.2012, 29: Slavik, Angelika: Heuschrecke über den Dächern; Zum Beispiel Dresden: Kommunen machen ihre Sozialwohnungen zu Geld, und die Mieter büßen es, in: Süddeutsche Zeitung 4.5.2012, 29 SZ 9.6.2012, 51: Tibudd, Michael: Voll in Fahrt; Die Übernahme von Fendt durch einen US-Konzern gilt als Glücksfall – Im Sommer wird im Allgäu
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das modernste Traktorenwerk der Welt eröffnet, in: Süddeutsche Zeitung 9.6.2012, 51 SZ 5.7.2012, 40: Hutter, Dominik: Angst vor der Heuschrecke; 33 000 Wohnungen der Landesbank werden Investoren zum Kauf angeboten – Mieterverein und SPD warnen vor den Folgen, in: Süddeutsche Zeitung 5.7.2012, 40 SZ 6.7. 2012, 42: Hutter, Dominik: Heuschreckenszenario; Der Freistaat will die GBW-Mieter schützen, doch die Erfahrung zeigt: Rechtlich ist das ziemlich schwierig, in: Süddeutsche Zeitung 6.7. 2012, 42 SZ 7.7.2012, 6: Widmann, Marc: Häuserkampf in Frankfurt; Studenten halten seit neun Jahren ein ehemaliges Uni-Gebäude besetzt – Jetzt droht die Zwangsräumung, in: Süddeutsche Zeitung 7.7.2012, 6 SZ 19.7. 2012, 10: Eitler, Wolfgang: Dada in Karlsfeld; Man muss schon einen enormen Spaß an der Freude haben und einen Sinn für das Vorläufige, Spontane und Vergängliche, um für ganze zwei Tage Skulpturen von 29 Künstlern am See aufzustellen – Der Kunstkreis macht es zum 12. Mal mit Erfolg und präsentiert am Freitag die Erinnerungsfotos, in: Süddeutsche Zeitung 19.7. 2012, 10 SZ 8. 8. 2012, 20: Slavik, Angelika: Vom Jagen; Der einstige HedgefondsManager Florian Homm inszenierte seine Gier, er war die ultimative Heuschrecke. Bis er plötzlich verschwand und viele Anleger sitzenließ. Jetzt will ihn ein privater Ermittler aufgespürt haben, in: Süddeutsche Zeitung 8. 8. 2012, 20 SZ 11.10.2012, 21: Brunner, Ingrid: Nicht nur eine Affäre; Private-EquityInvestoren sind keine Partner fürs Leben, bieten aber den Blick von außen auf ein Unternehmen, in: Süddeutsche Zeitung 11.10.2012, 21 SZ 27.11.2012, 31: Moorstedt, Michael: Denn sie wissen, was zu tun ist; „Feuern Sie doch ein paar Leute“: Die US-Serie „House of Lies“ rechnet mit Unternehmensberatungen ab, in: Süddeutsche Zeitung 27.11.2012, 31 SZ 19.12.2012, 21: Kastner, Bernd: Der Preis ist heiß; Wenn die Patrizia AG eine Wohnanlage kauft, ist das ein Aufreger. Doch was passiert danach? Ein Besuch in Hadern und Ludwigsfeld, in: Süddeutsche Zeitung 19.12.2012, 21 taz 3.5.2005, 1: o.A.: verboten, in: taz 3.5.2005, 1 taz 4.5.2005, 8: Beucker, Pascal: Weniger Müll für die Heuschrecken, in: taz 4.5.2005, 8 taz 27.5.2005, 3: Schöneberg, Kai/Irler, Klaus: Aufmarsch der Wahlstrategen, in: taz 27.5.2005, 3 taz 2.6.2005, 1: Teigler, Martin: Die Heuschrecken sind gelandet, in: taz 2.6.2006 (Ruhr aktuell / Regional), 1
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taz 20.3.2007, 21: Schulte, Ulrich: Bankverkauf – Die Koalition ist hilflos, in: Taz 20.3.2007, 21 taz 22.3.2006, 22: Gellner, Torsten: Investoren spielen Monopoly, in: taz 22.3.2006, 22 taz 30.6.2006, 14: Wolff, R./Grimberg, S.: Oslo am Telefon, in: taz 30.6.2006, 14 taz 10.3.2007, 19: o.N.: Medienticker, in: taz 10.3.2007, 19 taz 14.3.2007, 24: Kahlcke, Jan: hhla-börsengang – Wir sind die HHLA!, in: taz 14.3.2007, 24 taz 15.5.2007, 1: Liebert, Nicola: Daimler: Ende einer Ehehölle – Kommentar von Nicola Liebert, in: taz 15.5.2007, 1 taz 15.5.2007, 4: Zeiner, Christine: Der Höllenhund hat drei Köpfe – In Mythologie und Realität, in: taz 15.5.2007, 4 taz 28./29.7.2007, 1: o.N.: Weltweite Börsenturbulenzen. Heuschrecken auf Diät, in: taz 28/29.7.2007, 1 (Scan) taz 26.9.2007, 14: Kuzmany, Stefan: Wir sind World Statesman!, in: taz 26.9.2007, 14 taz 24.11.2007, 32: Carini, Marco: Heuschrecke grast die Mopo ab, in: taz 24.11.2007, 32 taz 28.2.2009, 25 Nord: Schöneberg, Kai: Das Grab der Heuschrecke, in: taz 28.2.2009, 25 Nord taz 15.9.2009, 28 Bremen: Zimmermann, Felix: Hoffnung auf Retter Peter, in: taz 15.9.2009, 28 Bremen taz 19.2.2010, 14: Grimberg, Steffen: DuMontgomery, in: taz 19.2.2010, 14 taz 24.2.2010, 11: Konstandaras, Nikos: Der verkannte Grieche, in: taz 24.2.2010, 11 taz 28.2.2010, 1: Schulmeister, Stephan: „Der Neoliberalismus ist jene Krankheit, für deren Heilung er sich hält“. Griechenland als Menetekel. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise wird sich noch vertiefen. Dagegen hilft nur eine gemeinsame Anstrengung: ein „New Deal“ für Europa, in: http://www.taz.de/!49004/, Abruf 27.8.2013 taz 26.10.1010, 9: o.N.: Werbung: Neues Deutschland. Wissen was gespielt wird, in: taz 26.10.1010, 9 (Scan) taz 15.12.1010, 8: Janzing, Bernward: Teure „Spätzle Connection”, in: taz 15.12.1010, 8 taz 24.2.2011: o.N.: Rassismus in Kinderbüchern. Igel bratende Zigeuner, in taz.de, http://www.taz.de/!66388/, Abruf 27.8.2013 taz 10.3.2011, 8: Bust-Bartels, Nina Marie: Ökoversand wehrt sich gegen Heuschrecke, in: taz 10.3.2011, 8
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
taz 1.3 2012, 28: Veit, Sven-Michael: Kommentar über den Hapag-Lloyd-Deal – Glaubensfrage am Roulette, in: taz 1.3.2012, 28 taz 26.4.2012, 9: Mulke, Wolfgang: Bauernland in Investorenhand, in: taz 26.4.2012, 9 taz 26./27.1.2013: Yücel, Deniz: Ehrenwerte Absichten, in: taz 26./27.1.2013, 12 Teevs, Christian (2013): Umstrittenes Geschäft. Volksbanken stoppen Spekulation mit Nahrungsmitteln, in: Spiegel Online 27.5.2013, http://www.spiegel.de /wirtschaft/unternehmen/volksbanken-steigen-ausnahrungsmittelspekulation-aus-a-901672.html, Abruf 28.5.2013 Thomsen, Lars (2006): Auf dem Speiseplan der Heuschrecken, in: Deutsche Stimme 10/2006, 9 Trampert, Rainer (2004): Nationalstaaterei und Globalisierung, in: AStA der Geschwister-Scholl-Universität München (Hg.): Spiel ohne Grenzen. Zuund Gegenstand der Antiglobalisierungsbewegung, Berlin: Verbrecher Verlag, 71-101 Treitschke, Heinrich von (1894): Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. 1879–1894, Bd. 5: Bis zur März-Revolution, Leipzig: Hirzel Trenkle, Norbert (2004): Entsorgung nach Art des Hauses. Zur Verharmlosung antisemitischer Tendenzen durch den wissenschaftlichen Beirat von Attac-Deutschland, in: Streifzüge. Wertkritisches Magazin 32/2004, http://www.streifzuege.org /2004/entsorgung-nach-art-des-hauses, Abruf 02.02.2007 Trenkle, Norbert (2005): Hinter den Kulissen: Niemand! Zum Verhältnis von Finanzmarktkritik und Antisemitismus. In: Attac Österreich (Hg.): Blinde Flecken der Globalisierungskritik. Gegen antisemitische Tendenzen und rechtsextreme Vereinnahmung, Wien, 23-25 Trenkle, Norbert (2008): Weltmarktbeben: Über die tiefer liegenden Ursachen der aktuellen Finanzmarktkrise, Mai 2008, in http://www.krisis.org/2008/weltmarktbeben, Abruf 2.5.2013 TS 11.02.2001: Burchard, Amory: Landowsky-Affäre: Müll, Ratten und eiserne Besen, in http://www.TS.de/berlin/landowsky-affaere-muell-ratten-undeiserne-besen/202210.html, Abruf 1.3.2012 TS 20.10.2006, 31: Serrao, Felix: Google ist gar nicht so groß Zeitungsmacher beim „Printgipfel“ kämpferisch, in: Tagesspiegel 20.10.2006, 31 TS 26.8.2006, 12: C.v.L.: Für High-Deck-Siedlung neuer Käufer gefunden, in: Tagesspiegel 26.8.2006, 12 TS 5.9.2006, 16: Waldermann, Anselm: Die Prüfsteine – Die IHK hat die Spitzenkandidaten der Parteien zur Rede gestellt. Die Unterschiede sind beträchtlich, in: Tagesspiegel 5.9.2006, 16
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6 Anhang
TS 7.6.2006, 24: Mortsiefer, Henrik: Das Geschenk der Heuschrecke Finanzinvestor Cerberus sponsert Berliner Azubis, in: Tagesspiegel 7.6.2006, 24 TS 6.1.2007, 22: Bartels, Gerrit: Das Strategiespiel, Streit um Suhrkamp: Die Investoren Grossner und Barlach preschen vor, in: Tagesspiegel 6.1.2007, 22 TS 15.5.2007, 1: Mortsiefer, Henrik: Daimler, Drum prüfe, wer sich bindet, in: Tagesspiegel 15.5.2007, 1 TS 7.5.2008, 15: Hoffmann, Kevin: Immer die Schuld der anderen // UN hält Biosprit für Auslöser der Nahrungskrise. Deutschland weist das zurück, in: Tagesspiegel 7.5.2008, 15 TS 24.6.2009, 12: Fröhlich, Alexander: Protest gegen „Heuschrecke“ // Frankotyp-Beschäftigte fürchten um ihre Jobs, in: Tagesspiegel 24.6.2009, 12 TS 18.12.2009, 24: Küppersbusch, Friedrich: Mit Dickel in Disneyland // Friedrich Küppersbusch hat als Fan des BVB viel gelitten. Eine kritische Gratulation zum 100. Geburtstag von Borussia Dortmund, in: Tagesspiegel 18.12.2009, 24 TS 10.5.2010, 28: Oswald, Andreas: Am Rand der Panik // Einbrechende Börsen, leichenblasse Händler, übermächtige Computer, alarmistische Politiker – Die Welt blickt in einen Abgrund, in: Tagesspiegel 10.5.2010, 28 TS 26.11.2010, 31: Becker, Peter von: Heile böse Welt // Der deutsche Fernsehkrimi ist gut gespielt. Aber die großen Verbrechen und Konflikte bleiben außen vor, in: Tagesspiegel 26.11.2010, 31 TS 19.2.2012, 23: Frese, Alfons: Eine gute Heuschrecke // Der Finanzinvestor Aurelius hat die 75 Jahre alte Spandauer Elektronikfirma Schleicher saniert, in: Tagesspiegel 19.2.2012, 23 TS 21.12.2012, 6: o.N.: Porträt Daniel S. Loeb Hedgefonds-Manager, „Ich wette auf Griechenland und den Euro“, in: Tagesspiegel 21.12.2012, 6 TS 22.12.2012, 2: Rink, Tiemo: Dein Haus gehört mir, Die Renditen? Klein. Das Image? Mies. Sanierung ohne Teuerung? Für Private kaum machbar. Viele Vermieter versuchen Markt und Menschlichkeit dennoch zu verbinden. Der knapper werdende Wohnraum stellt auch sie vor Herausforderungen, in: Tagesspiegel 22.12.2012, 2 TS 27.8.2011, 2: o.N.: Berlin Glossar, in: Tagesspiegel 27.8.2011, 2 TS 3.8.2012, 22: Mortsiefer, Henrik: Heiß, aber nicht zu heiß: Immobilienpreise steigen in allen deutschen Großstädten - am meisten in Berlin, in: Tagesspiegel 3.8.2012, 22 Türmer (1923): o.N.: o.A. 349f und 823, zitiert nach Altmann, Wolfgang (1971): Die Judenfrage in ev. und kath. Zeitschriften zwischen 1918 und 1933, München: Evang.- Theol. Fak. Verlag, 188
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6.8 Zitierte Zeitschriften, Zeitungen und Flugschriften
Tuppo, Francesco del (1488): Aesopus moralisatur: cum bono commento quod incipit: grecia, disciplinarum mater, in: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/ bpt6k728483, Abruf 28.8.2013 Ver.di (Hg.) (2007): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Oktober 2007, Darmstadt: apm AG Ver.di 2007, 0: Alff, Reinhard: Titelbild, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 0 Ver.di 2007, 1: Alff, Reinhard: Finanzkapitalismus zurückdrängen, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 1 Ver.di 2007, 6: Alff, Reinhard: Roter Teppich für Heuschrecken, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 6 Ver.di 2007, 13: Alff, Reinhard: Immobilienspekulation und REITs, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 13 Ver.di 2007, 21: Alff, Reinhard: Politik schafft Spielregeln ab, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 21 Ver.di 2007, 3: Alff, Reinhard: Entfesselte Finanzmärkte: immer neue Finanzkrisen, in: Wirtschaftspolitik ver.di/Bsirske, Frank (Hg.): Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur, Darmstadt: apm AG, 3 Ver.di 5.2007, 1: Müll Report. Finanzjongleure zocken in der Müll-Branche ab, in: Extra für die Abfallwirtschaft, Mai/Juni 2007, 1 (Scan) Ver.di Jugend (2007): Bundesjugendvorstand ver.di, Dezember 2007: Beschlussvorlage, Tagesordnungspunkt 12, Betreff: Broschüre ‚Finanzkapitalismus – Geldgier in Reinkultur!‘ vom Bereich Wirtschaftspolitik beim BuVo, Dezember 2007 Virchow, Fabian (2007): Von der ‚antikapitalistischen Sehnsucht des deutschen Volkes‘. Zur Selbstinszenierung des Neofaschismus als Anwalt der ‚kleinen Leute‘, in: Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hg.): Utopie kreativ. Diskussion sozialistischer Alternativen, Nr. 198, April 2007, Berlin: NDZ Verlag, 352-360 Vischer, Friedrich Theodor (1862): Ausgewählte Werke in acht Teilen: Faust, der Tragödie dritter Teil, Leipzig: Hesse & Becker Verlag, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Vorwärts 28.2.1980: Romain, Lothar: Stilfrage oder Meinung, in: Vorwärts 28.2.1980, o.A, zitiert nach Heidenreich, Gert (1981): Die ungeliebten
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6 Anhang
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Wolters, Udo (2000): Nicht im Namen des Anderen. Der Antirassismus und sein Verhältnis zu Islamismus und Islamophobie, in: iz3w, Nr. 249, Nov/Dez 2000, 41-43 Wörishöffer, Sophie (1887): Onnen Visser, der Schmuggelssohn von Norderney, Bielefeld/Leipzig: Verlag von Belhagen & Klasing, in: Projekt Gutenberg digitale Edition 11 Zehn Brüder (1970): Leiser, Erwin: Zehn Brüder sind wir gewesen. Die Feuerprobe, Berlin: Bundesarchiv-Filmarchiv Ziesemer, Bernd (2005): Antikapitalismus und Antisemitismus, in: Handelsblatt 13-15.5.2005, Nr. 92, 9 Zöberlein, Hans (1937): Der Befehl des Gewissens. Ein Roman von den Wirren der Nachkriegszeit und der ersten Erhebung. München: Franz Eher Nachf. Edition Das Weitergeben und Kopieren dieses Dokuments ist nicht zulässig.
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
6.9
Wissenschaftliche Literatur
Adelmann, Ralf (1998): Satelliten, Fernsehen und Kontrollgesellschaft. Verstreute Hinweise zur Popularisierung neuer Visualisierungstypen, in: kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie, Vol. 37, 74-82 Adorno, Theodor W. (1969): Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt am Main: Bibliothek Suhrkamp Adorno, Theodor W. (1971): Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute, in: Ders.: Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 106 -133 Agamben, Giorgio (2003): Das Offene. Der Mensch und das Tier, Frankfurt am Main: Suhrkamp Albanis, Elisabeth (2009): Anleitung zum Hass: Theodor Fritschs antisemitisches Geschichtsbild. Vorbilder, Zusammensetzung und Verbreitung, in: Bergmann, Werner/Sieg, Ulrich (Hg.): Antisemitische Geschichtsbilder, Essen: Klartext Verlag, 167-192 Alicato (1985): Sebastián, Santiago (Hg.): Emblemas, Madrid: Akal Althaus, Hans Peter (2002): Mauscheln. Ein Wort als Waffe, Berlin: De Gruyter Althusser, Luis (1977) [1970]: Ideologie und ideologische Staatsapparate, Hamburg: VSA Verlag Altmann, Wolfgang (1971): Die Judenfrage in ev. und kath. Zeitschriften zwischen 1918 und 1933, München: Evang.- Theol. Fak. Verlag Aly, Götz (1998): „Endlösung“. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden, Frankfurt am Main: Geschichte Fischer
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6 Anhang
Améry, Jean (1982): Der ehrbare Antisemitismus. Rede zur Woche der Brüderlichkeit, in: Ders.: Weiterleben – aber wie? Essays 1968-1978, Stuttgart: Klett-Cotta, 151-175 Amnesty International (2012): Hungary must protect Roma communities from attack, in: Searchlight 15. August 2012, http://www.searchlightmaga zine.com/news/international-news/hungary-must-protect-roma-communi ties-from-attack, Abruf 27.8.2012 Amstädter, Rainer (1996): Der Alpinismus. Kultur – Organisation – Politik, Wien: Fakultas Universitätsverlag Andresen, Knud (2006): Das ‚äußerst komplizierte Palästinaproblem‘. Antizionismus und Antisemitismus in der Agit 883. in: Rotaprint 25 (Hg.): Agit 883. Bewegung, Revolte, Underground in Westberlin 1969-1972, Berlin: Assoziation A, 157-169 Angermüller, Johannes (2005): Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse in Deutschland: zwischen Rekonstruktion und Dekonstruktion, in: Keller, Reiner/Hirseland, Alexander/Schneider, Werner/Viehöfer, Willy (Hg.): Die diskursive Konstruktion der Wirklichkeit, Konstanz: UVK, 23-48. Angermüller, Johannes (2007): Was fordert die Hegemonietheorie? Zu den Möglichkeiten und Grenzen ihrer methodologischen Umsetzung, in: Nonhoff, Martin (Hg.): Diskurs / radikale Demokratie / Hegemonie. Zum politischen Denken von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe, Bielefeld: Transcript-Verlag, 159-172 Anhorn, Roland/Großmaß, Ruth (2013): Einleitung, in: Ders (Hg.): Kritik der Moralisierung Theoretische Grundlagen – Diskurskritik – Klärungsvorschläge für die berufliche Praxis, Wiesbaden: Springer VS Verlag, 7-32 Antike Fabeln (1951) [1476]: Mader, Ludwig (Hg.): Antike Fabeln: Hesiod, Archilochos, Aesop, Ennius, Horaz, Phaedrus, Babrios, Avianus, Romulus, Zürich: Artemis-Verlag Anzulewicz, Henryk (2009): Albertus Magnus und die Tiere, in: Obermaier, Sabine: Tiere und Fabelwesen im Mittelalter, Berlin/New York: De Gruyter, 29-54 Arbeitskreis Kritik des deutschen Antisemitismus (Hg.) (2001): Antisemitismus – die deutsche Normalität, Freiburg: Ça ira Arendt, Hannah (2006): Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus, Imperialismus, Totalitarismus, München: Piper Arluke, Arnold/Sax, Boria (1992): Understanding Nazi Animal Protection and the Holocaust, in: Anthrozoös, Vol. V, H. 1, 6-31 Aslan Erkol, Aslan/Winter, Nora (2013): 183 Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt seit 1990, in: http://www.mut-gegen-rechte-
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
gewalt.de/news/chronik-der-gewalt/todesopfer-rechtsextremer-undrassistischer-gewalt-seit-1990/, Abruf 2.5.2013 Aslan, Fikret (2000): Graue Wölfe heulen wieder: Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in der BRD, Münster: Unrast Assmann, Aleida (1999a): Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München: C.H. Beck Assmann, Aleida (1999b): Geschichtsvergessenheit, Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945, in: Assmann, Aleida/Frevert, Ute (Hg.): Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945, Stuttgart: DVA Verlag, 19-150 Assmann, Aleida (2006): Der lange Schatten der Vergangenheit: Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, München: Beck Assmann, Aleida (2007): Geschichte im Gedächtnis. Von der individuellen Erfahrung zur öffentlichen Inszenierung, München: Verlag C.H. Beck Assmann, Aleida/Frevert, Ute (1999): Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945, Stuttgart: DVA Verlag Assmann, Jan (1988): Kultur und Gedächtnis, in: Assmann, Jan/Hölscher, T. (Hg.): Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, Frankfurt am Main: Fischer Assmann, Jan (2002): Zum Geleit, in: Echterhoff, Gerald/Saar, Martin (Hg.): Kontexte und Kulturen des Erinnerns. Maurice Halbwachs und das Paradigma des kollektiven Gedächtnisses, Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft, 7-12 Azzellini, Dario (2001): Eine andere Welt ist möglich … andere Plakate nur teilweise, in: HKS 13 (Hg.): vorwärts bis zum nieder mit, Berlin: Assoziation A, 28-37 Bachmann-Medick, Doris (2009): Cultural Turns. Neuorientierung in den Kulturwissenschaften, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag Baker, Steve (1993): Picturing the beast. Animals, Identity and Representation, Manchester / New York: Manchester University Press Baleanu, Avram Andrei (1999): Fünftes Bild: Der ewige Jude, in: Schoeps, Julius H./Schlör, Joachim (Hg.): Bilder der Judenfeindschaft. Antisemitismus – Vorurteile und Mythen, Augsburg: Bechtermünz Verlag, 96-102 Balz, Hanno (2008): Von Terroristen, Sympathisanten und dem starken Staat: Die öffentliche Debatte über die RAF in den 1970er-Jahren, Berlin: Campus Verlag Bartov, Omar (1998): Defining Enemies, Making Victims: Germans, Jews, and the Holocaust, in: American Historical Review, Vol. 103, Heft 1, 781-817
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6 Anhang
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
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6 Anhang
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
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6 Anhang
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
Maurice Halbwachs und das Paradigma des kollektiven Gedächtnisses, in: Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft, 13-36 End, Markus (2009): Adorno und die Zigeuner, in: End, Markus/Herold, Kathrin, Robel, Yvonne (2009): Antizigane Zustände. Zur Kritik eines allgegenwärtigen Ressentiments, Münster: Unrast-Verlag, 95-109 Engelkamp, Johannes (1998): Gedächtnis für Bilder, in: Sachs-Hombach, Klaus/Rehkämper, Klaus (Hg.): Bild – Bildwahrnehmung – Bildverarbeitung. Interdisziplinäre Beiträge zur Bildwissenschaft, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag, Gabler-Vieweg, Westdeutscher Verlag, 227-242 Enzensberger, Ulrich (2001): Parasiten, Frankfurt am Main: Eichborn Verlag Erll, Astrid (2003): Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen, in: Nünning, Ansgar/Nünning, Vera (Hg.): Konzepte der Kulturwissenschaften, Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler Ernst, Oliver/Freienstein, Jan Claas/Schaipp, Lina (2011): Populäre Irrtümer über Sprache, Stuttgart: Philipp Reclam jun., 102-129 Ettinger, Shmuel (1978): Modern Antisemitism, Studies and Essays, Tel Aviv: Moreshet [in Iwrit] Fabeln (1978): Schnur, Harry C. (Hg.): Fabeln der Antike, München: Heimeran Verlag Faeti, Antonio (1986): In trappola col topo. Una lettura di Mickey Mouse, Torino: Einaud Fairclough, Norman (2006): Globaler Kapitalismus und kritisches Diskursbewußtsein, in: Keller, Reiner/Hirseland, Andreas/Schneider, Werner/Viehöver, Willy (Hg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Band 1: Theorie und Methoden, 2. aktual. und erw. Auflage, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 335-353 Fairclough, Norman (2007): Analysing Discourse: Textual Analysis for Social Research, London: Routledge Fasel, Peter (2010): Revolte und Judenmord: Hartwig von Hundt-Radowsky (1780-1835): Biografie eines Demagogen, Berlin: Metropol Verlag Faulkner, Raymond Oliver (1973): The Ancient Egyptian Pyramid Texts, in: Journal of Near, in Eastern Studies, Bd. 32, Heft 1/2, 141-144 Ferro, Xosé Ramón Marino (1996): Symboles animaux. Un dictionnaire des représentations et croyances en occident. Traduit de l’espagnol par Christine Girard et Gérard Grenet, Paris: Desclée de Brouwer Fingerhut, Karl-Heinz (1969): Die Funktion der Tierfiguren im Werke Franz Kafkas, Bonn: Bouvier Fischer, Helmut (1991): Der braune Haß. Das Bilderbuch „Trau keinem Fuchs auf grüner Heid - Und keinem Jud bei seinem Eid“ von Elvira Bauer, Essen: Beiträge zur Jugend- und Volksliteratur
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6 Anhang
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
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6 Anhang
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6 Anhang
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6.9 Wissenschaftliche Literatur
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6 Anhang
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