Volksentscheid und Volksbegehren: Ein Beitrag zur Auslegung der Weimarer Verfassung und zur Lehre von der unmittelbaren Demokratie. Neuausgabe mit Korrekturen und editorischer Nachbemerkung [1 ed.] 9783428539581, 9783428139583

»Volksentscheid und Volksbegehren« von Carl Schmitt ist zuerst 1927 erschienen. Die Auslegung moderner Verfassungen führ

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Volksentscheid und Volksbegehren: Ein Beitrag zur Auslegung der Weimarer Verfassung und zur Lehre von der unmittelbaren Demokratie. Neuausgabe mit Korrekturen und editorischer Nachbemerkung [1 ed.]
 9783428539581, 9783428139583

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CARL SCHMITT

Volksentscheid und Volksbegehren Ein Beitrag zur Auslegung der Weimarer Verfassung und zur Lehre von der unmittelbaren Demokratie

Neuausgabe mit Korrekturen und editorischer Nachbemerkung

A Duncker & Humblot · Berlin

CARL SCHMITT

Volksentscheid und Volksbegehren

CARL SCHMITT

Volksentscheid und Volksbegehren Ein Beitrag zur Auslegung der Weimarer Verfassung und zur Lehre von der unmittelbaren Demokratie

Neuausgabe mit Korrekturen und editorischer Nachbemerkung

A Duncker & Humblot · Berlin

Veröffentlicht unter Mitwirkung des wissenschaftlichen Beirats der Carl-Schmitt-Gesellschaft e.V.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Lizenzausgabe für Duncker & Humblot, Berlin, 2014 Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Walter de Gruyter, Berlin © Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston 1927. All rights reserved. Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 978-3-428-13958-3 (Print) ISBN 978-3-428-53958-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-83958-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ∞



Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorbemerkung Die vorliegende Abhandlung beruht auf einem Vortrag, den ich am 11. Dezember 1926 in der Juristischen Gesellschaft zu Berlin gehalten habe. Der letzte, das Problem der unmittelbaren Demokratie behandelnde Teil ist weiter ausgeführt als es in dem Vortrag geschehen war. Die Auslegung einer modernen demokratischen Verfassung führt eben notwendig zu grundsätzlichen Fragen der Demokratie. So ergab sich die Behandlung eines Kapitels der allgemeinen Staatslehre, das in Deutschland bisher fast ganz vernachlässigt geblieben ist; überhaupt wurde die fundamentale Frage „Volk“ und „Demokratie“ bisher ja nur soziologisch behandelt und gelangte über Feststellungen, wie sie Robert Michels in der „Soziologie des Parteiwesens“ oder H. W. Mallock in den „Limits of Pure Democracy“ machten, kaum hinaus, d. h. man sprach von der Unvermeidlichkeit einer „Oligarchie“ und dergleichen, während es hier darauf ankommt, für die politische Theorie und die allgemeine Staatslehre klare und brauchbare Unterscheidungen zu gewinnen.

Inhalt I. Das Volksgesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . Die verschiedenen Funktionen des Volksentscheids. – Das Volksbegehren nach Art. 73 Abs. 3 RV. ist weder Referendums- noch einfache Gesetzes-Initiative. – Es ist Einleitung eines durchgängigen Volksgesetzgebungsverfahrens. – Folgerungen aus der Einheitlichkeit dieses Verfahrens.

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II. Die vom Volksgesetzgebungsverfahren ausgeschlossenen Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Mangel an Systematik in der Regelung dieser Frage. – Der Streit um die Auslegung des Art. 73 Abs. 4 RV. – Die Beweisgründe Triepels. – Der Standpunkt der Reichsregierung. – Kritik der Beweisgründe Triepels: a) die Entstehungsgeschichte; b) der Wortlaut des Art. 73 Abs. 4 RV. – Gründe für den Ausschluß aller Geldgesetze; a) der Haushaltsplan als Ausdruck der Einheit eines geordneten, staatlichen Finanzwesens; b) verfassungsgeschichtliche Bestätigung der Maßgeblichkeit des Zusammenhangs; c) die allgemeine Tendenz zur Einschränkung der Initiative bei Geldgesetzen. – Wer entscheidet darüber, was ein Geldgesetz ist? III. Die natürlichen Grenzen der unmittelbaren Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Die verschiedene Bedeutung des Wortes „Volk“. – Die Akklamation als das demokrati-

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Inhalt

sche Urphänomen. – Die Wirkung der geheimen Einzelabstimmung: Abhängigkeit von formulierten Fragen; das Volk kann nur Ja oder Nein sagen. – Folgerungen für die Volksinitiative. – Vom Volksbegehren ausgeschlossene Materien. – Grundsätzliche Bemerkungen zur politischen Theorie der reinen Demokratie. Anhang Editorische Nachbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Korrekturbemerkungen Carl Schmitts . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

I. Das Volksgesetzgebungsverfahren Volksbegehren (oder Volksinitiative) und Volksentscheid (oder Referendum) sind beides Einrichtungen der sog. unmittelbaren oder reinen Demokratie. Beide werden oft ungenau als Unterarten des Referendums bezeichnet1, was nur möglich ist, wenn man den farblosen Ausdruck Volksabstimmung mit Referendum gleichsetzt, und was zur Folge hat, daß die eigenartigen Besonderheiten des Volksbegehrens völlig verloren gehen. Begrifflich und geschichtlich sind Volksbegehren und Volksentscheid so verschieden, daß man das Wort Referendum als gemeinsame Bezeichnung vermeiden sollte. Der Volksentscheid hat sich nach dem Vorbild schweizerischer Kantone und amerikanischer Einzelstaaten in demokratischen Verfassungen mannigfach entwickelt. Ursprünglich ein wirkliches „Referendum“, d. h. eine Berichterstattung an das Volk und ein Bestätigungsbeschluß des Volkes gegenüber der Volksvertretung – als des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigten –, 1 Der Abgeordnete Schultz-Bromberg im Verfassungsausschuß der Weimarer Nationalversammlung (Protokolle, Drucksachen Nr. 391, S. 165): „Das Referendum kommt in zweierlei Arten vor, nämlich als Bestätigungsbeschluß oder als Initiativbegehren.“ Auch Anschütz, Kommentar, 3. / 4. Auflage S. 223, rechnet das Volksbegehren zum Referendum und nennt den Volksentscheid „Referendum im engeren Sinne“.

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I. Das Volksgesetzgebungsverfahren

hat er heute ganz verschiedene Funktionen. Im Interesse der begrifflichen Klarheit ist es vor allem nötig, auch innerhalb der Fälle des Volksentscheides den Ausdruck Referendum zu beschränken, und zwar auf die Fälle, in denen ein Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft vorliegt, also die Fälle des Referendum post legem2, während ein Volksentscheid, der ohne einen solchen Beschluß unmittelbar auf Volksbegehren zustande kommt, offenbar zwar ein Volksentscheid aber kein eigentliches Referendum ist. Diese Unterscheidung wird durch die weitere Betrachtung bestätigt werden. Nach der Weimarer Verfassung findet ein Volksentscheid in fünf Fällen statt, die im § I des Gesetzes über den Volksentscheid vom 27. Juni 1921 zusammenfassend aufgezählt sind: er kann gegenüber jedem vom Reichstag beschlossenen Gesetz vom Reichspräsidenten angeordnet werden (Art. 73 Abs. 1 RV.); er kann ferner auf Anordnung des Reichspräsidenten bei Einspruch des Reichsrates gegen einen Beschluß des Reichstags eintreten (Art. 74 Abs. 3); der Einspruch erhebende Reichsrat kann ihn bei einer vom Reichstag beschlossenen Verfassungsänderung verlangen (Art. 76 Abs. 2); ein Zwanzigstel der stimmberechtigten Wähler kann ihn gegenüber einem vom Reichstag beschlossenen Gesetz verlangen, wenn dessen Verkündung nach Art. 72 auf Antrag von einem Drit2 Diese Unterscheidung bei Signorel, Le Référendum législatif, Toulouser These 1893, S. 108 ff. Die Fälle der Initiative sind infolgedessen ein Référendum antérieur (ante legem).

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tel des Reichstages ausgesetzt ist (Art. 73 Abs. 2); endlich ist nach Art. 72 Abs. 3 ein Volksentscheid herbeizuführen, wenn ein Zehntel der stimmberechtigten Wähler unter Zugrundelegung eines ausgearbeiteten Gesetzentwurfes das Begehren nach Vorlegung eines Gesetzentwurfes stellt. In diesem letzten Fall, der hier am meisten interessiert, findet der Volksentscheid nicht statt, wenn der begehrte Gesetzentwurf im Reichstag unverändert angenommen wird. In den aufgezählten fünf Fällen sind verschiedene Funktionen des Volksentscheids in verschiedenartiger Weise verbunden. Soweit ein Beschluß des Reichstages vorliegt, ist die Bestätigung oder Nichtbestätigung dieses Beschlusses Sache des Volksentscheids, sodaß die eigentliche Referendumsfunktion noch vorhanden ist, jedoch nur neben andern Funktionen. Meistens soll gleichzeitig über eine Art Veto eines obersten Reichsorgans oder doch über eine zwischen den obersten Reichsorganen (Reichstag, Reichspräsident, Reichsrat) bestehende Meinungsverschiedenheit oder über einen Konflikt durch das Volk als die höchste und letzte Instanz entschieden werden. Diese Funktion der Entscheidung hatte Hugo Preuß als den eigentlichen Sinn des Volksentscheids ursprünglich allein im Auge3; ihr entspricht auch der Ausdruck „Volksentscheid“. Beim Volksentscheid auf Antrag von einem Zwanzigstel der Stimmberechtigten 3 Protokolle, S. 166; näheres im dritten Abschnitt dieser Abhandlung.

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gegenüber einem Gesetz, dessen Verkündung ausgesetzt ist (Art. 73 Abs. 2) liegt eine Art Veto der Reichstagsminderheit vor, über welches das Volk entscheidet; der Bestätigungscharakter des Referendums bleibt hier gewahrt; die Besonderheit dieses Falles liegt darin, daß hier eine Referendumsinitiative gegeben ist. Was die Funktion dieses Volksentscheids angeht, so liegt es nahe, hier von einer Kontrolle zu sprechen, die mit Hilfe von Referendumsinitiative und Referendum über die Volksvertretung ausgeübt werden soll. In der Kontrolle sah der Abgeordnete Koch den eigentlichen Sinn von Volksentscheid und Volksbegehren4; Abweichungen des Willens der Volksvertretung vom wahren Willen des Volkes sollten auf diese Weise mit Hilfe der Methoden unmittelbarer Demokratie korrigiert werden. In gewissem Sinne ist die Kontrollfunktion neben der Bestätigungs- und Entscheidungsfunktion in allen Fällen des Volksentscheids wirksam. Doch tritt sie in den Fällen des Volksbegehrens natürlich am stärksten hervor. Beim Volksentscheid auf Volksbegehren, im Falle des Art. 73 Abs. 3, kann man vielleicht sogar sagen, daß der Zweck des Verfahrens sich in dieser Kontrollfunktion erschöpft. Dieser letzte, für die grundsätzliche Frage der reinen oder unmittelbaren Demokratie weitaus wichtigste Fall interessiert hier am meisten. Der Ausdruck Volksbegehren oder Volksinitiative bezeichnet zunächst nur – und zwar sehr ungenau – 4

Protokolle, S. 308.

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das Subjekt oder den Träger der Initiative, besagt aber nichts darüber, worauf sich das Begehren richtet. Auch hier sind daher genauere Unterscheidungen nötig. Zum Unterschied von dem Fall des Art. 73 Abs. 2 (Antrag von einem Zwanzigstel der Stimmberechtigten gegenüber einem Gesetzesbeschluß des Reichstags, dessen Verkündung ausgesetzt ist) soll im Falle des Art. 73 Abs. 3 nicht das Zustandekommen eines Gesetzes verhindert und eine Art Veto verwirklicht werden, sondern das „Volk“ (die Vieldeutigkeit dieses Ausdrucks ist noch zu erörtern) wird hier als Gesetzgeber produktiv. Es liegt keine Referendumsinitiative vor, weil nicht die Bestätigung des Volkes gegenüber einem Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft herbeigeführt werden soll, aber auch kein einfacher Fall der Gesetzesinitiative, weil die Initiative nicht nur auf einen Gesetzesbeschluß der gesetzgebenden Körperschaft hinzielt. Dieses Volksbegehren richtet sich vielmehr auf einen Volksentscheid. Ob die Volksinitiative „ihrem Wesen nach“ eine Initiative nicht nur des Volkes, sondern auch an das Volk ist, braucht hier nicht entschieden zu werden5. Nach der Reichsverfassung wird das Volksbegehren jedenfalls im Hinblick auf einen eventuellen Volksentscheid gestellt (der eintreten muß, wenn die Initianten ihr Ziel nicht erreichen). 5 Inhoffen, Die Volksinitiative in den modernen Staatsverfassungen, M.-Gladbach (Staatsbürger-Bibliothek), 1922, S. 9 sagt, die Volksinitiative sei ihrem Wesen nach eine Initiative an das Volk, weil „die Initianten über ihr Begehren eine Volksabstimmung verlangen, um den Volkswillen zu erforschen“.

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Schon dadurch ist denn auch dieser Fall des Volksentscheids als etwas Eigenartiges gekennzeichnet. Die Verbindung von Volksbegehren und Volksentscheid begründet nämlich eine besondere Art des Gesetzgebungsverfahrens, welche darin besteht, daß auf Grund eines Volksbegehrens ein Gesetzentwurf durch Volksentscheid Gesetz wird, so daß ein Gesetz anders zustande kommt, als in dem offenbar als normal vorausgesetzten Verfahren der Gesetzgebung durch Initiative und Reichstagsbeschluß nach Art. 68 RV. Bis zu einer besseren Bezeichnung soll für dieses Verfahren der Ausdruck Volksgesetzgebungsverfahren gebraucht werden, einmal um den deutlichen Gegensatz zu allen Fällen des Referendums und der Referendumsinitiative hervorzuheben, ferner weil hier vom Anfang bis zum Ende eines Gesetzgebungsverfahrens das „Volk“ unmittelbar als Träger der Gesetzgebungsbefugnis tätig wird und die ordentlichen Gesetzgebungsorgane beiseite drängt. Das Wort „Volk“ bedeutet freilich auf den verschiedenen Stufen dieses Verfahrens etwas Verschiedenartiges. Das ist unten im dritten Kapitel dieser Abhandlung näher zu erörtern. Die Verbindung von Volksbegehren und Volksentscheid macht jedenfalls nicht nur den auf Volksbegehren ergehenden Volksentscheid zu einem besonderen Fall des Volksentscheides6, sondern begründet einen eigen6 Hatschek, Deutsches und Preußisches Staatsrecht, Bd. I (1922), S. 279, formuliert den Unterschied so: In solchen Fällen (des Volksentscheids auf Volksbegehren) ist der Volksentscheid nicht bloß Sanktion von Gesetzen …, sondern der Gesetzgebungsakt selbst.

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artigen Zusammenhang eines außerordentlichen Gesetzgebungsverfahrens, welches neben dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren hergeht. Auf den ersten Blick könnte man vielleicht zweifeln, ob hier wirklich ein besonderes, einheitliches Verfahren anzunehmen ist. Denn das ordentliche Gesetzgebungsorgan, der Reichstag, ist nicht einfach beiseite gesetzt und wird nicht ignoriert. Der im Wege des Volksbegehrens vorgelegte Gesetzentwurf muß zunächst von der Regierung dem Reichstag vorgelegt werden und wenn er im Reichstag unverändert angenommen wird, findet ein Volksentscheid nicht statt (Art. 73 Abs. 3 Satz 3). Es wird bei dieser Regelung nicht berücksichtigt, ob die Träger des Volksbegehrens vielleicht ein besonderes Interesse daran haben, den „Volkswillen zu erforschen“7 und ihnen an der Zustimmung des Reichstags vielleicht nichts gelegen ist. Doch kommt es nicht darauf an, ob dieses spezielle Kontrollinteresse und das Bestreben, statt des Reichstags auf jeden Fall das Volk entscheiden zu lassen, im Wege des Volksbegehrens unbedingt sein Ziel erreicht. Der Zweck der Verfassungsbestimmung ist klar: aus praktischen Gründen, aus Zweckmäßigkeitsgründen, wie Bredt sagt8, soll das umständliche Verfahren eines Volksentscheids erspart werden, wenn das begehrte Gesetz im ordentlichen Verfahren zustande kommt und das Volksbegehren in der Sache sein Ziel erreicht. Daß die VerfasInhoffen, a. a. O., S. 9. Der Geist der deutschen Reichsverfassung (1924), S. 257. 7 8

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sung erst den Reichstag sich mit dem Gesetzentwurf befassen läßt und ihm dadurch die Möglichkeit gibt, einer etwa beabsichtigten, durch den Volksentscheid auszuübenden Kontrolle zuvorzukommen, beweist nur, daß der Kontrollgesichtspunkt nicht radikal durchgeführt ist, es bedeutet aber keinen Einwand gegen die Annahme eines einheitlichen Verfahrens. Dieser Fall des Volksbegehrens wird dadurch nicht zu einem bloßen Fall der einfachen Gesetzgebungsinitiative. In der eigenartigen Regelung des Art. 73 Abs. 3 liegt allerdings auch ein Element einer an die ordentlichen Gesetzgebungsorgane gerichteten Initiative des Volkes, aber doch nur in engster Verbindung mit der gleichzeitigen Richtung auf den Volksentscheid. Wenn der Volksentscheid als „nur eventuell“ bezeichnet werden kann, so heißt das etwas nur Negatives, daß er nämlich eventuell ausfällt. Er ist keineswegs nur subsidiär. „Der Volksentscheid findet nicht statt“, wie die Verfassung sich in negativer Formulierung ausdrückt. Nimmt der Reichstag den vorgelegten Gesetzentwurf nicht unverändert an, so geht das Volksgesetzgebungsverfahren weiter. Der ablehnende oder abändernde Beschluß des Reichstags hat die Bedeutung, daß eine mögliche Ableitung des Volksgesetzgebungsverfahrens nicht eintritt. Für den nunmehr stattfindenden Volksentscheid ist der durch Volksbegehren vorgelegte Gesetzentwurf maßgebend und ein etwaiger abändernder Beschluß des Reichstags an sich gleichgültig. Allerdings bestimmt § 3 des Gesetzes über den Volksentscheid vom 27. Juni 1921, daß Gegenstand des Volksentscheides in diesem Falle

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„das begehrte und ein vom Reichstag beschlossenes abweichendes Gesetz“ ist. Darin liegt, wie in der Literatur mit Recht bemerkt wurde, eine Verfassungsänderung9. Das Volk, d. h. hier die stimmberechtigten Bürger, entscheidet zwischen dem Vorschlag des Volksbegehrens und dem Beschluß des Reichstags und der Volksentscheid bekommt dadurch eine Entscheidungsfunktion, eventuell auch eine Bestätigungsfunktion, die er nach dem Text der Verfassung nicht hat10. Dann aber finden eben in Wahrheit mehrere Volksentscheide statt, und einer dieser Volksentscheide ist jedenfalls das Ende eines Gesetzgebungsverfahrens sui generis, keine bloße Bestätigung oder Nichtbestätigung eines Reichstagsbeschlusses, keine Entscheidung über ein Veto oder einen Konflikt, keine zu einem im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren entstandenen Beschluß hinzutretende Sanktion. Ebenso wie das Volksbegehren die Einleitung des Sonderverfahrens, ist dieser Volksentscheid sein Abschluß. Nur aus dieser Einheitlichkeit eines außerordentlichen, neben dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren herlaufenden Volksgesetzgebungsverfahrens erklärt es sich, daß die Angelegenheiten 9 Fetzer, Das Referendum im deutschen Staatsrecht, 1923, S. 42; ebenso: Stier-Somlo, Reichs- und Landesstaatsrecht, I, 1924, S. 529 / 530. Poetzsch, JöR XIII (1925) S. 229. 10 Triepel, AöR 39, S. 495 legt allerdings (an einer gleich zu erörternden Stelle) in diesen Volksentscheid eine Entscheidungsfunktion gegenüber dem Parlamentsbeschluß, m. E. zu Unrecht.

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des Art. 73 Abs. 4 (Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnung), über welche nur der Reichspräsident einen Volksentscheid veranlassen kann, auch nicht zum Gegenstand eines Volksbegehrens gemacht werden können. Die Verfassung verbietet das nicht ausdrücklich. Die allgemein anerkannte Ansicht geht aber dahin, daß diese Angelegenheiten auch vom Volksbegehren auszuschließen sind, und zwar „sinngemäß“, wie Anschütz sagt, oder wie Triepels Beweisführung lautet, weil „nach der ganzen Anlage und nach der geschichtlichen Entwicklung des Instituts“ ein Volksbegehren keinen Sinn hat, wenn nicht dem Volke schließlich die letzte Entscheidung gegenüber einem Parlamentsbeschluß zukommt, der dem aus der Mitte des Volkes gestellten Gesetzesantrag zuwiderläuft11. Wenn nun Volksbegehren und Volksentscheid unabhängig voneinander bestehende getrennte Einrichtungen sind, wie Hatschek ganz richtig betont12, so ist nicht einzusehen, warum der Ausschluß gewisser Angelegenheiten vom Volksentscheid auch für das Volksbegehren gelten muß. Man wird schon wegen dieser Konsequenz ein einheitliches Verfahren annehmen müssen. Die entscheidende Frage ist: was bedeutet die Verfassungsbestimmung, die den Volksentscheid nicht stattfin11 Triepel, AöR Bd. 39, S. 495; Anschütz, Kommentar S. 225, 252; Giese, Kommentar (7. Aufl.) S. 218 / 19; Hatschek, a. a. O., S. 285; Bredt, a. a. O. S. 257; Stier-Somlo, I, S. 534; Fetzer, S. 41; Fritz, Verwaltungs-Arch. 29 (1922), S. 348; Braun, AöR NF. 6, S. 75 / 76. 12 Staatsrecht I, S. 280, ebenso Stier-Somlo, I, S. 533.

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den läßt, wenn der Gesetzentwurf durch Reichstagsbeschluß unverändert angenommen wird? Sie bedeutet keine endgültige Ableitung in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, wie Triepel 13 anzunehmen scheint, der infolgedessen der Meinung ist, daß, wenn der Reichsrat gegen den unverändert annehmenden Reichstagsbeschluß Einspruch erhebt und in nochmaliger Beschlußfassung des Reichstags nur eine einfache Mehrheit zustande kommt, der Reichspräsident es in der Hand habe, keinen Volksentscheid herbeizuführen und dadurch das Volksbegehren zu erledigen, das auf diese Weise „unter den Tisch fällt“. Diese Ansicht Triepels ist mit Recht abgelehnt worden14; sie ist irrig, nicht nur weil sie zu formalistisch ist und das demokratische Empfinden empört, sondern weil sie den Zusammenhang des einheitlichen Verfahrens verkennt. Die Bestimmung des Art. 73 Abs. 3, wonach bei unveränderter Annahme durch Reichstagsbeschluß ein Volksentscheid nicht stattfindet, bedeutet nur, daß der Entscheid dann nicht stattfinden soll, wenn das Volksbegehren durch anderweitiges Zustandekommen des Gesetzes in der Sache erledigt ist. Es ist die eben erwähnte Zweckmäßigkeitserwägung, die einen Volksentscheid ersparen will, wenn die Angelegenheit durch die ordentlichen Gesetzgebungsorgane erledigt und das Volksbegehren gegenstandslos wird, weil das Volksbegehren sein sachliches Ziel erreicht hat. AöR 39, S. 520, 521. Fetzer, S. 49 / 50; Wittmayer, Die Weimarer Verfassung 1922, S. 435 / 36. 13 14

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Tritt das nicht ein, so nimmt das Verfahren seinen Fortgang zum Volksentscheid. Die Ableitung in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist nur eventuell. Die Weimarer Verfassung kennt also ein durch ein Volksbegehren eingeleitetes, zu einem Volksentscheid führendes, außerordentliches Gesetzgebungsverfahren, in welchem die ordentlichen Gesetzgebungsorgane zwar die Möglichkeit haben, durch unverändertes Zustandekommenlassen des begehrten Gesetzes das Verfahren gegenstandslos zu machen, in welchem aber, wenn das nicht eintritt, der einheitliche, neben der ordentlichen Gesetzgebung einhergehende weitere Verlauf dieses Sonderverfahrens wieder zutage tritt. Für dieses Verfahren wird hier der Ausdruck Volksgesetzgebungsverfahren vorgeschlagen.

II. Die vom Volksgesetzgebungsverfahren ausgeschlossenen Angelegenheiten Die Reichsverfassung behält in Art. 73 Abs. 4 den Volksentscheid über drei Angelegenheiten, nämlich Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen, der Anordnung des Reichspräsidenten vor. Dadurch sind diese Gegenstände von dem Verfahren der Volksgesetzgebung ausgeschlossen. Ein Volksentscheid auf Antrag von einem Zwanzigstel der Stimmberechtigten gegenüber Reichsgesetzen, deren Aussetzung von einem Drittel des Reichstages verlangt wurde (Art. 73 Abs. 2) ist für diese Angelegenheiten schon nach dem Wortlaut des Verfassungstextes unzulässig. Es wurde bereits erwähnt, daß ein Volksbegehren über diese Angelegenheiten nur wegen der Einheitlichkeit des in Abs. 3 geregelten Volksgesetzgebungsverfahrens ausgeschlossen ist. Für dieses Verfahren ist der Ausschluß praktisch und theoretisch besonders wichtig, während das Verfahren des Abs. 2 hier außer weiterem Betracht bleiben darf, einmal, weil es durch Dringlichkeitserklärung des Reichstags und Reichsrats leicht ausgeräumt werden kann; dann aber auch prinzipiell, weil in diesem Fall kein durchgängiges Gesetzgebungsverfahren unmittelbarer Demokratie vorliegt, sondern nur eine Referendumsinitiative in Verbindung mit

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II. Die ausgeschlossenen Angelegenheiten

einer Art Minderheiten-Veto, so daß der eigenartige Zusammenhang zwischen der Besonderheit des Verfahrens und dem Ausschluß bestimmter Angelegenheiten nicht hervortreten kann. Das Problem des Ausschlusses gewisser Angelegenheiten kann sowohl für den Volksentscheid wie für das Volksbegehren erhoben werden und ist für diese beiden Einrichtungen der unmittelbaren Demokratie nicht ohne weiteres dasselbe. Es können sich Gegenstände für den Volksentscheid eignen, die für das Volksbegehren ungeeignet sind und umgekehrt. Infolge der verwirrenden Ausdrucksweise „Referendum“ bleibt diese wichtige Unterscheidung oft unbeachtet. Im Verfassungsausschuß der Weimarer Nationalversammlung war meistens davon die Rede, daß gewisse Angelegenheiten von der „Volksabstimmung“ ausgeschlossen werden sollten15, so daß die Besonderheiten des Volksbegehrens und Volksgesetzgebungsverfahrens gegenüber dem Volksentscheid nicht hervortreten. In den Landesverfassungen zeigt sich eine bunte Mannigfaltigkeit der Regelung. Baden (§ 23 Abs. 3), Hessen (Art. 14), und Württemberg (§ 45) nehmen bestimmte Gegenstände von der Volksabstimmung aus; Bayern (§ 77) von der „Volksentscheidung“; Hamburg (Art. 58 Abs. 3), Bremen (§ 4), Thüringen (§ 20), Mecklenburg-Schwerin (§ 45) vom Volksentscheid. Ausdrücklicher Ausschluß bestimmter 15 Die Abgeordneten Keil (Prot. S. 294 / 96), Koch (S. 308), Quarck (S. 312) sagen Volksabstimmung, Delbrück (S. 311) und der Vertreter des Reichsfinanzministeriums Saemisch (S. 312) Referendum.

II. Die ausgeschlossenen Angelegenheiten

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Angelegenheiten vom Volksbegehren findet sich in den Landesverfassungen von Braunschweig (Art. 41 Abs. 3), Preußen (Art. 6 Abs. 3), Sachsen (Art. 37), Schaumburg-Lippe (§ 10 Abs. 5), MecklenburgStrelitz (§ 32 Abs. 2). In Oldenburg (§ 65 Abs. 1 und 2) ist die Ausnahme für das Vorschlagsrecht der 20.000 stimmberechtigten Einwohner gemacht, in Lippe (Art. 10 Abs. 5) für das Volksverlangen. Schon aus dieser Übersicht ergibt sich, daß es ein unzulässiger Formalismus wäre, hier die Ausdrucksweise zu pressen und unterschiedslos argumenta e contrario von einer Verfassung auf die andere vorzubringen, also etwa zu sagen, weil Art. 73 Abs. 4 RV. nur davon spricht, daß über gewisse Angelegenheiten nur der Reichspräsident einen Volksentscheid veranlassen könne, sei ein Volksbegehren über alle Angelegenheiten zulässig oder dergleichen. Die Bestimmungen des Art. 73 RV. enthalten einen neuen und, wie sich aus den Protokollen des Verfassungsausschusses ergibt, keineswegs mit wissenschaftlichsystematischer Übersicht unternommenen Versuch, Einrichtungen der unmittelbaren Demokratie in die Weimarer Verfassung einzubauen. Weder systematisch noch terminologisch sind diese Bestimmungen derartig abgewogen und formuliert, daß hier Wortinterpretationen oder Gegenüberstellungen mit Landesverfassungen ein wesentliches Ergebnis vermitteln können. Das gilt auch für die wichtigste Auslegungsfrage, die sich bisher zu Art. 73 Abs. 4 erhoben hat, nämlich für die Auslegung jener Aufzählung von drei Angelegenheiten: Haushaltsplan, Abgabengesetze

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II. Die ausgeschlossenen Angelegenheiten

und Besoldungsordnung. In der Literatur ist die Ansicht ausgesprochen, die sich wegen der Aufzählung fast automatisch einstellt, daß nur drei genau bestimmte Angelegenheiten dem Volksbegehren (genauer dem Volksgesetzgebungsverfahren) entzogen seien, während über alle anderen Gesetze, auch wenn sie rein finanzieller Natur sind, ein Volksbegehren stattfinden dürfe. Die Reichsregierung dagegen hat die Bestimmungen des Abs. 4 anders ausgelegt. Die Frage erhielt praktische Bedeutung, als 1926 der Versuch gemacht wurde, im Wege des Volksbegehrens eine Änderung der jetzigen Aufwertungsgesetzgebung und ReichsanleiheAblösung herbeizuführen. Der deutsche Sparerbund (Oberlandesgerichtspräsident Dr. Best) hatte einen Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens zugunsten eines Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen und die Umwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen eingereicht. Die Reichsregierung versuchte zunächst ein besonderes verfassungsänderndes Gesetz in der Form eines „zweiten Gesetzes über den Volksentscheid“ vorzuschlagen, durch welches ausdrücklich bestimmt werden sollte, daß auch Gesetze, welche die Folgen der Geldentwertung (für die vor dem 14. Februar 1924 begründeten Rechtsverhältnisse) regeln, als Gesetze über den Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen gelten sollen16. Ein solches „Abdrosselungsgesetz“ wäre in 16 Der Entwurf dieses Gesetzes wurde mit Begründung durch W. T. B. unter dem 22. April 1926 in der Presse bekanntgegeben. Vgl. die Aufsätze von Mügel, „Das Volksbe-

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Wahrheit – wenn wirklich dieses Volksbegehren an sich verfassungsmäßig zulässig gewesen wäre – ein Mißbrauch der Form der Verfassungsänderung zur Durchbrechung von Verfassungsbestimmungen gewesen. Triepel ist diesem Versuch nachdrücklich entgegengetreten17; die Reichsregierung hat ihren Plan aufgegeben, den Antrag auf Zulassung jenes Volksbegehrens aber trotzdem nicht zugelassen, mit der Begründung, daß das begehrte Gesetz die vom Volksbegehren ausgeschlossenen Angelegenheiten des Art. 73 Abs. 4 betreffe18. Auch dieser Standpunkt ist von Triepel heftig bekämpft worden. Es stehen sich also zwei Auslegungen gegenüber: auf der einen Seite die Ansicht der Reichsregierung, nach der alle Gesetze vom Volksbegehren ausgeschlossen sind, die einen unmittelbaren und bedeutenden Einfluß auf den Haushaltsplan haben; auf der anderen Seite die Ansicht einer Autorität wie Triepel, die sich hauptsächlich auf den Wortlaut des Art. 73 Abs. 4 und die einschränkende Wirkung der Aufzählung jener drei Angelegenheiten stützt. Nach Triepel sind nur „drei ganz bestimmte Arten von Gesetzen“ durch die Verfassung dem Volksbegehren entzogen, der Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen, und ist es unzulässig, über den Wortlaut hinaus andere gehren zur Aufwertung“ DJZ 1926, S. 693, 998; Best, DJZ 1926, S. 995. 17 DJZ vom 15. Juni 1926, S. 845. 18 Vgl. die durch W. T. B. am 18. August 1926 verbreitete Mitteilung.

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Gesetze finanziellen Inhalts, insbesondere solche über die Anleihe-Ablösung, auszuschließen. Triepel beruft sich unter Hinweis auf die Protokolle des Verfassungsausschusses darauf, daß in der Entstehungsgeschichte des Art. 73 die „drei Arten von Gesetzen“ mit allem Bedacht ausgewählt wurden. „Erst kam der Haushaltsplan, dann die Abgabengesetze, dann die Besoldungsordnungen und für jede Ausnahme vom allgemeinen Prinzip wurde bei den Verhandlungen ein besonderer Grund angegeben.“ Auch wird auf den Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 der Preußischen Verfassung verwiesen, wonach ein Volksbegehren über „Finanzfragen, Abgabengesetze und Besoldungsordnungen“ unzulässig ist, der Ausschluß also absichtlich weitergehe als nach Art. 73 Abs. 4 der Reichsverfassung, die nicht von Finanzfragen, sondern nur vom Haushaltsplan spreche. Nach Triepel ist eine ausdehnende Auslegung dieses Abs. 4 auch „in der Literatur schon von Anfang an als unstatthaft bezeichnet worden“. Dieses letzte Argument aus der Literatur ist wenig stichhaltig und kann hier beiseite bleiben19. 19 Triepel verweist a. a. O., S. 848 auf seinen Aufsatz AöR. 39, S. 507, auf Wittmayer und auf Fetzer. Wittmayer, Weimarer Verfassung S. 433, verweist aber nur auf Triepels Aufsatz AöR. Bd. 39 und erwähnt Anm. 119 nur behauptungsweise, daß Anleihe- und Garantiegesetze nach Art. 87 nicht unter Art. 73 Abs. 4 fallen, während er als ratio der Bestimmung „den Zusammenhang mit dem ganzen System der Staatsfinanzen“ angibt, was eigentlich zu einer ganz anderen Auslegung führen müßte (ähnlich übrigens Stier-Somlo I, S. 534). Fetzer a. a. O., S. 40 sagt nur mit einem einzigen

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Was den Hinweis auf Art. 6 Abs. 3 der preußischen Verfassung angeht, so wurde schon gesagt, daß in dieser Frage die Heranziehung der Ausdrucksweise von Landesverfassungen nicht überzeugend ist; bei der preußischen Verfassung von 1920 kommt noch hinzu, daß sie später als die Reichsverfassung entstand, ein argumentum e contrario von der Preußischen auf die Reichsverfassung also erst recht unzulässig ist20. Die andern Beweisgründe – der Wortlaut des Art. 73 Abs. 4 und die Entstehungsgeschichte – weichen von den Gründen, welche die Reichsregierung zu ihrer Stellungnahme bekanntgegeben hat, in einem interessanten Gegensatze ab. Nach der Begründung der Reichsregierung zum „Entwurf eines zweiten Gesetzes über den Volksentscheid“ sind die drei Angelegenheiten (Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnung) der Volksinitiative entSatz: „Möglich wäre auch das Verlangen nach Auflegung einer Reichsanleihe“; auf der folgenden Seite spricht er dann von den „Finanzgesetzen“, welche von dem Volksbegehren ausgeschlossen seien. Hatschek, Staatsrecht I, S. 285 unterscheidet nicht genau zwischen dem Wortlaut des Art. 73 Abs. 4 RV. und des Art. 6 Abs. 3 PrV. und läßt beides anscheinend ineinander fließen. Der Kommentar zur Reichsverfassung von Giese spricht (7. Aufl. S. 218 / 19) ohne weitere Begründung von „Finanzfragen“. Der Kommentar von Anschütz behandelt die Frage bisher nicht. 20 In Art. 6 Abs. 3 der preußischen Verfassung von 1920 haben die Beschlüsse des Ausschusses erster, zweiter und dritter Lesung das Wort Finanzfragen unverändert eingesetzt (§ 3c des Entwurfes, Drucksachen Nr. 3120 D S. 5436 / 7). Über die Bedeutung des Wortes vgl. Rudolf Huber, Die Verfassung des Freistaates Preußen (Kommentar 1921) S. 29 / 30.

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zogen worden in der Erwägung, „daß bei Gesetzen finanzieller Natur es nicht schwierig sei, aus den Reihen der unmittelbar betroffenen Interessenten die erforderliche Zahl von Unterschriften zu erhalten und daß derartige Gesetze auch nicht aus ihrem Zusammenhang mit dem gesamten Steuer- und Wirtschaftsplan herausgenommen werden könnten.“ Ein Teil des Volkes solle nicht die Initiative ergreifen können, um zu Ungunsten eines anderen Teiles über die Verteilung wirtschaftlicher Lasten eine Bestimmung zu treffen. Die jetzige Regelung der Aufwertungs- und Ablösungsfrage bilde die Grundlage unserer Währung und aller öffentlichen Haushalte. „Solche Gesetze müssen, wenn nicht die ganze deutsche Wirtschaft erschüttert werden soll, dem Reichshaushaltsplan und den Abgabengesetzen gleichgestellt werden.“ Bei der Ablehnung des Antrags auf Zulassung eines Volksbegehrens zugunsten eines Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen (August 1926) wurde der Zusammenhang mit dem Haushaltsplan besonders betont. Das Reich wäre verpflichtet, neue Beträge als Anleihe-Ablösungsschuld in den Haushaltsplan einzustellen. „Das Gesetz würde demnach einen unmittelbaren Einfluß auf den Gesamtbestand des Haushaltsplanes ausüben; und zwar wegen der Höhe der in Betracht kommenden Beträge in einer Weise, die den Haushaltsplan tatsächlich umstoßen würde.“ Aus diesen Gründen soll sinngemäß die Bestimmung des Ausschlusses gewisser Angelegenheiten vom Volksbegehren auch für jene Aufwertungs- und Anleihe-Ablösungsgesetze gelten.

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Wenn Triepel sich zur Widerlegung dieser Beweisgründe auf die Entstehungsgeschichte und auf den Wortlaut beruft, der ganz klar sei und nur vom Haushaltsplan spreche, nicht aber von Gesetzen, welche den Haushaltsplan beeinflussen, so scheint die Kontroverse verhältnismäßig einfach und deutlich zu sein. Die Materialien der Entstehungsgeschichte des Art. 73 Abs. 4 sind nicht sehr umfangreich; der Wortlaut des in Frage stehenden Textes besteht nur aus drei Worten. Trotzdem wäre es ein Irrtum, zu glauben, daß die Frage sich nun einfach entscheiden ließe. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte sind so klar, daß man aus ihnen ohne Mühe eine zwingende Beweisführung entnehmen könnte. Der Text des Art. 73 ist, wie schon erwähnt, nicht das Ergebnis einer systematischen Durchdringung der Materie und einer theoretisch überlegenen Formulierung. Die Entstehungsgeschichte zeigt, daß man allerdings schrittweise zu dem heutigen Wortlaut gekommen ist, aber keineswegs auf Grund eines genauen Bewußtseins der Grenzen, die mit jedem einzelnen der drei Worte bestimmt werden sollten. Der sozialdemokratische Abg. Keil hatte zunächst Besoldungsfragen und den Haushaltsplan ausschließen wollen, nicht aber Abgabengesetze; „denn gerade die Steuergesetze werden bei uns in der nächsten Zeit die größte Rolle spielen“ (Prot. S. 294 / 96). Der Abg. Dr. Cohn erkannte die Berechtigung einer Ausnahme für Abgabengesetze an (S. 311). Koch wollte den „Haushaltplan und die Finanzgesetze“ ausschließen (S. 308), meinte aber (S. 311),

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das Volk müsse sich trotzdem über „Finanzfragen“ äußern können. Der Abg. Gröber endlich, auf dessen Antrag (Nr. 189) unter Abänderung des Antrages Ablaß der jetzige Wortlaut beruht, nannte „Haushaltsplan, Abgabengesetze und Besoldungsordnung der Reichsbeamten“. Der Geheime Regierungsrat Saemisch vom Reichsfinanzministerium empfahl dringend, außer dem Etat auch die Steuergesetze und die Besoldungsordnungen vom Referendum auszunehmen. Die allgemeinen Ausdrücke Finanzgesetze, Finanzfragen oder finanzielle Fragen wurden mehrmals zur Bezeichnung der ausgeschlossenen Gegenstände gebraucht; nicht nur in der erwähnten Äußerung von Koch, auch bei Katzenstein (S. 310), Delbrück (S. 311) und Quarck (S. 312). Von einer bewußten und scharfen Begrenzung kann man nicht sprechen. Das vorliegende Material der Entstehungsgeschichte ist außerdem unvollständig und liefert wohl Anhaltspunkte für die Auslegung, aber keinen zwingenden Beweisgrund. Was den Wortlaut des Art. 73 Abs. 4 angeht, so ist zu beachten, daß er vom Haushaltsplan spricht, nicht vom Haushaltsplangesetz. Einige Landesverfassungen sprechen davon, daß „das Finanzgesetz“ besonderen Ausnahmen untersteht (Baden § 23 Abs. 3; Hessen Art. 14), womit das Wort im engeren Sinne, d. h. das periodische Budget- oder Etatgesetz gemeint ist21; in der Oldenburgischen Ver21 Der Ausdruck „das Finanzgesetz“ hatte in den Staaten, in welchen der Landtag ein Steuerbewilligungsrecht hatte,

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fassung (§ 65 Abs. 1 und 2) ist „das Staatshaushaltsgesetz“ als Ausnahme genannt; MecklenburgStrelitz spricht (§ 32 Abs. 1 und 2) von Abgaben und Staatshaushaltsgesetzen im Plural. Die erste Frage, die sich für eine den Wortlaut genau nehmende Erörterung erhebt, wäre, ob ein Gesetz über den Haushaltsplan und „das“ Haushaltsgesetz hier gleichgestellt werden dürfen. Das ist zu verneinen. Man kann nicht sagen, daß jedes Gesetz über den Haushaltsplan das Staatshaushaltsgesetz sei, d. h. die einmalige nach Art. 85 Abs. 2 RV. jährlich in Gesetzesform erfolgende Zustimmung zu dem geordneten und ins Gleichgewicht gebrachten Plan aller Einnahmen und Ausgaben des Reiches. Das Staatshaushaltsgesetz wird als „das“ Finanzgesetz neben anderen Finanzgesetzen bezeichnet. Es ist, wie man gesagt hat, eben „ein Finanzgesetz ϰατ᾽ ἐξοχὴν 22“. Daher ist es sprachlich möglich, neben dem Staatshaushaltsgesetz die anderen finanziellen Gesetze als „Gesetze über den Haushaltsplan“ zu bezeichnen.

während er das Budget nur prüfte (Bayern, Württemberg, Sachsen), eine besondere Bedeutung, welche das preußische und das Reichsstaatsrecht nicht kannten, vgl. insbesondere für Bayern: Seydel, Bayr. Staatsrecht, 2. Aufl. II, S. 541 ff., 547, 559, 581; ferner Otto Mayer, Staatsrecht des Königreichs Sachsen (1909), S. 204. 22 Vgl. Ludwig Dümmler, Über Finanzgesetzentwürfe (1894), S. 35. Von der besonderen Bedeutung, welche das Wort Finanzgesetz in den Staaten mit Steuerbewilligungsrecht des Landtags hatte (Bayern, Württemberg, Sachsen usw.) kann hier abgesehen werden. In diesem Sinne kommt das Wort für die Reichsverfassung nicht in Betracht.

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Diese sprachliche Erwägung bestätigt sich bei näherer Betrachtung des Sachverhalts. Denn eine Verfassungsbestimmung, welche nur das Haushaltsgesetz als solches, d. h. das jährlich zu erlassende, den Haushaltsplan feststellende Gesetz vom Volksbegehren ausschließt, wäre so gut wie bedeutungslos. Dieses Haushaltsgesetz kommt vielleicht für die Referendumsinitiative nach Art. 73 Abs. 2, für ein Volksbegehren nach Art. 73, Abs. 3 aber praktisch gar nicht in Frage. Woher sollten die Initianten einen ins Gleichgewicht gebrachten, ausgearbeiteten Reichshaushaltsplan, mit allen notwendigen zuverlässigen Angaben und Übersichten über die Einnahmen und Ausgaben des Reiches zustande bringen? Wie soll man es sich denken, daß das jährlich einmal zu erlassende Haushaltsgesetz mit allen seinen Kompromissen im Wege des Volksbegehrens zustande kommt? Soll es vor oder nach dem im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommenen Reichshaushaltsgesetz eintreten? Wenn es vorher stattfindet, träte der undenkbare Fall ein, daß die Initianten dem Reichstag zuvorkommen; und nachher liegt „das“ Haushaltgesetz bereits vor. Daraus folgt, daß die Bestimmung des Art. 73 Abs. 4 überhaupt nicht so auszulegen ist, als sei von „dem“ Haushaltsgesetz die Rede. Alle Gesetze vielmehr, die wegen ihres wesentlich geldlichen Charakters den Haushaltsplan unmittelbar betreffen, sei es daß sie das Gesamtgleichgewicht des Planes, sei es daß sie einzelne Posten ändern, sind Gesetze über den Haushaltsplan. Wenn die Regierung durch ein Gesetz

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ermächtigt wird, neue, budgetrechtlich bisher nicht zulässige Ausgaben zu machen, wenn sie ermächtigt werden soll, eine Anleihe aufzunehmen, etwa um Geldmittel bereitzustellen für die Ausgestaltung des staatlichen Besitzes an Unternehmungen, wenn eine Überschreitung oder Änderung des Haushaltsplanes nachträglich genehmigt werden soll, so sind das Gesetze über den Haushaltsplan. Der juristische Grund für diese Ausdrucksweise liegt darin, daß solche Gesetze ihre wesentliche rechtliche Bedeutung auf budgetrechtlichem Gebiete haben, daß ihr Inhalt budgetrechtlich ist. Es wäre doch bloße Wortspielerei, hier zu betonen, daß es sich um „den Haushaltsplan“ handeln müsse. Selbstverständlich handelt es sich um den Haushaltsplan, der eben dadurch geändert und modifiziert wird. Wollte man derartig den Wortlaut pressen, daß nur „das“ Haushaltsgesetz vom Volksbegehren ausgeschlossen ist, so müßte man schließlich auch sagen, daß im Wege des Volksbegehrens Teuerungszulagen und Gratifikationen für Beamte verlangt werden könnten, weil das keine Besoldungsordnungen sind. Alle jene Gesetze mit wesentlich budgetrechtlicher Bedeutung sind Gesetze über den Haushaltsplan, wie diese gesetzlichen Bewilligungen von Teuerungszulagen und Gratifikationen im Sinne des Art. 73 Abs. 4 Besoldungsgesetze sind. Es ist also durchaus berechtigt, zu sagen, daß finanzielle Gesetze vom Volksbegehren ausgeschlossen sind. Hier soll statt des mißverständlichen Wortes „Finanz“- oder „finanzielle Gesetze“

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der Ausdruck „Geldgesetze“ gebraucht werden. Das Wesentliche ist, daß nach dem Inhalt des Gesetzes durch geldliche Maßnahmen dem Staatshaushalt neue Einnahmen verschafft oder neue Ausgaben auferlegt werden sollen. Solche Gesetze bewegen sich ihrer Materie nach in der Sphäre der Finanzhoheit des Staates. Sie sind meistens auch nur der Form nach Gesetze und inhaltlich Verwaltungsakte der Finanz. Gesetze mit finanziellen Nebenwirkungen gehören nicht hierher. Bei Gesetzen mit gemischtem Charakter kann die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein. Darüber ist unten noch zu sprechen. Aber es wäre offenbar falsch, aus der Schwierigkeit der Abgrenzung und der Möglichkeit des Mißbrauchs einen Einwand gegen den Begriff überhaupt zu entnehmen. Der Begriff der Geld- oder Finanzgesetze ist als staatsrechtlicher Begriff seit langem in der modernen Verfassungsgeschichte anerkannt und in jedem Staate mit modernem Budgetrecht unumgänglich. Es handelt sich hier also nicht um eine willkürliche Ausdehnung, sondern um staatsrechtliche Erscheinungen, die von dem Faktum des Haushaltsplanes überhaupt nicht getrennt werden können. Solche Gesetze sind in Wahrheit auch nicht Ausflüsse der gesetzgebenden Gewalt des Staates, des pouvoir législatif, sondern der Finanzhoheit, des pouvoir financier. Man hat Jahrhunderte lang das Recht, Gesetze zu geben, von dem Recht, Steuern und Abgaben zu erheben, unterschieden23 [1]. Noch in 23 Esmein-Nézard, Éléments de droit constitutionnel, 7. Aufl. (1921) II, S. 417.

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der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 zeigt sich der Gegensatz darin, daß Art. 6 von Gesetzen und getrennt davon Art. 13 von den öffentlichen Abgaben spricht. Durch das Verfassungsrecht der konstitutionellen Monarchie und hauptsächlich infolge des Mitwirkungsrechts der Volksvertretung haben sich die Vorstellungen geändert. [2] Abgaben- und Besoldungsgesetze gelten heute als Gesetze im materiellen Sinne. Ob das berechtigt ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. Die Festsetzung des Haushaltplanes ist jedenfalls nach der heute herrschenden Ansicht kein Gesetz im materiellen Sinne, sondern ein Akt der Finanzverwaltung. Wenn nun die Verfassung sogar Abgabengesetze und Besoldungsordnungen, also nach der heutigen Auffassung Gesetze im materiellen Sinne, von dem Volksgesetzgebungsverfahren ausschließt, so wird man alle nur in Gesetzesform erfolgenden materiellen Verwaltungsakte der staatlichen Finanzverwaltung erst recht ausnehmen und unter der Wendung „Gesetze über den Haushaltsplan“ begreifen müssen. Es würde aber auch dem richtig verstandenen Begriff des Haushaltsplanes widersprechen, eine Verfassungsbestimmung, die allgemein „den Haushaltsplan“ betreffen soll, nicht auf alle Geldgesetze anzuwenden. Zum Begriff des Haushaltsplanes gehört nämlich das Gleichgewicht der Einnahmen und Ausgaben. Der Haushaltsplan ist eine komplexe Größe, das Ergebnis der Verhandlung zwischen Regierung und Parlament; er ist ein Gesamtplan, „gekennzeichnet durch die sich ausgleichen-

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den Gesamtsummen von Einnahmen und Ausgaben“24. Die einzelnen Posten stehen in engstem Zusammenhang, ohne welchen Zusammenhang ein Haushaltsplan überhaupt nicht besteht. In der Entstehungsgeschichte des Art. 73 Abs. 4 ist das Bewußtsein dieses Zusammenhanges entscheidend hervorgetreten, namentlich in der sehr maßgeblichen Äußerung des Geheimen Regierungsrats Saemisch und bei dem Abgeordneten Gröber, der insbesondere hervorgehoben hat, daß Abgabengesetze und Besoldungsordnungen ein Ergebnis langer Verhandlungen und Kompromisse sind und nicht isoliert werden können. Dieser Gesichtspunkt des Zusammenhangs kann nicht an einem beliebigen anderen, ebenfalls im Zusammenhang stehenden Punkt ignoriert werden, wenn er überhaupt gelten soll. Es wäre übertrieben, bei entgegenstehendem Wortlaut aus diesem Zusammenhang weitgehende Schlüsse zu ziehen, aber es ist ebenso unrichtig, diesen Gesichtspunkt zu mißachten. Der Haushaltsplan ist nicht nur ein statistisches Nebeneinander, sondern eine geordnete und ausbalancierte Gesamtheit. Seine Festsetzung ist Festsetzung eines Gleichgewichts, durch welches der Plan erst Einheitlichkeit und Zusammenhang 24 Otto Mayer, Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen (1909), S. 206. – Die wesentliche Eigenschaft, ein Gesamtplan zu sein, wird von niemand bestritten. Eine andere Frage ist es, ob man mit Haenel (gegen Laband) daraus den Schluß ziehen will, daß das Budgetgesetz einen Rechtssatz enthalte und ein Gesetz im materiellen Sinne sei, vgl. Studien II, 2 (Das Gesetz im formellen und materiellen Sinne) 1888, S. 327.

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bekommt, so daß jede unmittelbare Veränderung oder Störung dieses Gleichgewichts eine unmittelbare Angelegenheit des Haushaltsplans selber wird. Der Plan ist der Ausdruck eines geordneten Finanzwesens. Seine Festsetzung bedeutet Herrschaft über die Finanzgewalt des Staates, soweit diese nicht schon durch die finanziellen Nebenwirkungen anderer, nicht reiner Geldgesetze gebunden ist. Die Geschichte des Kampfes der Volksvertretung um das Budgetrecht bestätigt die rechtliche Bedeutung dieses Zusammenhangs und zeigt, [3] daß jede an irgendeinem Punkt des geordneten Finanzwesens bestehende Einwirkungsmöglichkeit eine natürliche Tendenz zur Ausdehnung und zur Gesamtwirkung hat. Das ganze Haushaltsrecht hat sich überhaupt von dem einen Punkt des Steuerund Abgabenbewilligungsrechts aus entwickelt. Auch in den Ländern, in welchen die Volksvertretung nicht (wie in Preußen und im Reich) das Budget bewilligte, sondern ein Bewilligungsrecht nur für Steuern, für das Budget aber nur ein Prüfungsrecht hatte (wie in Bayern, Württemberg, Sachsen), wurden die „Rückwirkungen“ dieses Steuerbewilligungsrechts anerkannt. Die Rückwirkung machte ein Urteil über die Art der Ausgaben nötig, damit die Volksvertretung in der Lage war, sich ein Urteil über die nötigen Ausgaben zu bilden; Budget und Steuerbewilligung werden als etwas „in unzertrennbarem Zusammenhang Stehendes“ bezeichnet und in Bayern wurde erklärt: „Ist es zwar unvereinbar mit der vollen Staatsgewalt des Königs, daß

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die Stände das Budget dem König machen und vorschreiben, so hängt doch wieder andererseits die Einrichtung des Staatshaushalts von der Steuerbewilligung ab“25. Gelten aber solche unvermeidlichen Rückwirkungen schon für das Verhältnis von Abgabengesetzen und Staatshaushalt, so müssen sie noch viel mehr für die andern Geldgesetze gelten, und wenn dieser maßgebliche Zusammenhang so stark hervortritt, wo das Verfassungsrecht an einem bestimmten Punkt (beim Steuerbewilligungsrecht) positiv einen Einfluß auf die Finanzen gewährt, so muß im negativen Falle, d. h. wenn die Verfassung einen Einfluß ausschließen will, dieser Gesichtspunkt des Zusammenhangs noch stärker zur Geltung kommen. Ein Ausschluß vom Haushaltsplan wäre ganz bedeutungslos und nichtssagend, wenn unbegrenzt die Möglichkeit bestände, durch Geldgesetze die Einnahme- und Ausgabeposten des Haushaltsplanes und sein Gleichgewicht beliebig zu ändern. Es hieße alle geschichtliche Erfahrung verkennen, wollte man hier versuchen, Gesetze über den Haushaltsplan und Geldgesetze verschieden zu behandeln. Die verfassungsgeschichtliche Erfahrung beweist aber noch ein weiteres, nämlich die beson25 Seydel, Bayrisches Staatsrecht, 2. Aufl., Bd. II, S. 541 (Äußerung des Staatsministers Graf Leyden), S. 559 (Äußerung des Freiherrn v. Rotenhan). Besonders prägnant ist die Formulierung von C. V. Fricker, Grundriß des Staatsrechts des Königreichs Sachsen (1891), S. 227: „Das Recht der Stände ist in Wahrheit Budgetbewilligungsrecht; tatsächlich beraten und beschließen sie über das ganze Budget in seiner Totalität.“

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dere Eigenart des Initiativrechts in Finanzfragen. Man kann sagen, daß nach der bisherigen verfassungsgeschichtlichen Entwicklung europäischer Demokratien keine Vermutung zugunsten einer Ausdehnung der Initiative in Finanzfragen besteht, man darf sogar eher die gegenteilige Vermutung annehmen. In allen demokratischen Ländern zeigt sich die Tendenz zu einer Einschränkung dieses Initiativrechts. Sowohl der Gesichtspunkt der Einheitlichkeit eines geordneten Finanzwesens als auch die Besonderheit des Initiativrechts bei Geldgesetzen werden durch diese Entwicklung bestätigt. In den Ländern mit Zweikammersystem hat sich bekanntlich der Grundsatz herausgebildet, daß das Unterhaus, als die eigentliche Volksvertretung bei Geldgesetzen entweder eine Priorität oder sogar das alleinige Entscheidungsrecht hat und daß bei dieser Art von Gesetzen das Oberhaus oder der Senat vor dem Abgeordnetenhaus zurücktritt. In England beginnt diese Entwicklung mit dem Recht des Unterhauses, der Krone Subsidien zu bewilligen und den Untertanen Steuern aufzuerlegen; sie endet bei der Parlamentsakte von 1911, durch welche in aller Form festgesetzt wurde, daß über eine Money Bill das Unterhaus allein entscheidet; es hat hier ein ausschließliches Gesetzgebungsrecht, wenn auch das Oberhaus darüber diskutieren kann26. Doch darf man nicht überse26 Erskine May, Parliamentary Practice, 13. Aufl. (1924), S. 504, 435, 574, ferner The Constitutional History of England, Bd. III (1912), S. 343 ff. Anson, The Law and Custom of the Constitution, Bd. I, 5. Aufl., 1925, S. 281. Eine beson-

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hen, daß dieser Entwicklung eine andere parallel läuft: es ist ein durch standing orders festgelegter Satz des englischen Verfassungsrechts, daß das Unterhaus sich mit einem staatliche Ausgaben betreffenden Gesetzesvorschlag nur auf formelle Anregung und Empfehlung der königlichen Regierung befassen darf 27. In den geschriebenen Verfassungen englischer Dominions (z. B. Art. 56 der australischen Verfassung) ist das ausdrücklich ausgesprochen. Auf dem europäischen Kontinent treten die Besonderheiten der Initiative bei Geldgesetzen ebenfalls hervor; seit dem Art. 17 der französischen Verfassung vom 4. Juni 1814 sind sie überall zu erkennen28. Dieser Verfassungsartikel sprach ders eingehende Darstellung der Vorgeschichte bei A. Mendelssohn-Bartholdy, Jahrb. des öffentl. Rechts VI (1912), S. 404 ff.; ferner G. Jèze, Revue de Science et de Législation financières, IX (1911), S. 587 ff.; Sibert, Revue de droit public (1912), Bd. 29, S. 95 ff.; Hatschek, Das Staatsrecht des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland, 1914, S. 73 ff.; eine Darstellung der Entwicklung vom Steuerbewilligungsrecht zum Budgetrecht: in The System of Financial Administration of Great Britain, a report by William F. Willoughby, Westel W. Willoughby, Samuel McCane Lindsay (1922), S. 28. 27 Erskine May, a. a. O., Lawrence Lowell, Government of England, Kap. 21; J. Redlich, Recht und Technik des englischen Parlamentarismus, 1905, S. 76 ff.; Hatschek, a. a. O., S. 68. 28 Schon in dem Entwurf von 1789, Art. 63, Bericht Lally Tollendal A. P. VIII, S. 526 heißt es (nach englischem Vorbild): Aucune loi relative aux subsides, à leur répartition ou aux emprunts ne pourra jamais naître dans le Sénat. (Die Verfassung von 1791 hatte jedoch Einkammersystem.) Im übrigen ist für die französische Entwicklung bis 1875 zu vergleichen: Verfassung vom Jahre III, Titel IX, 302, 312, 134,

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nur vom Abgabengesetz, der „loi de l’impôt“. Aber infolge der unvermeidlichen und natürlichen Ausdehnung solcher Begriffe erweiterte er sich, und in Artikel 27 der belgischen Verfassung von 1831 ist es bereits jedes auf die Einnahmen oder Ausgaben des Staates bezügliche Gesetz (toute loi relative aux recettes et aux dépenses de l’Etat), das zuerst vom Abgeordnetenhaus votiert werden muß. Nach Art. 62 der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 werden Finanzgesetzentwürfe und Staatshaushaltsetats zuerst der zweiten Kammer vorgelegt, während bei anderen Gesetzentwürfen die Regierung die Wahl hatte. Für das preußische Staatsrecht gilt ebenso wie im Reich der Grundsatz, daß das Parlament gegen den Willen der Regierung auf der Ausgabenseite keine Änderung im Etat vornehmen darf. Eine Äußerung von Saemisch aus dem Verfassungsausschuß der Weimarer Nationalversammlung legt diese Rechtslage dar und ist wegen ihres Zusammenhanges mit der Entstehungsgeschichte des Art. 73 RV. von besonderer Bedeutung: „Diese Auffassung (daß das Parlament nicht die Befugnis hat, gegen den Willen der Regierung den Etat auf der Ausgabenseite zu erhöhen) ist auch vom Preußischen Abgeordnetenhaus in der Konfliktzeit vertreten worden. Auch damals ist von der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses beschlossen worden, daß neue Ausgabeposten oder Erhöhungen nicht unmittelacte additionnel vom 22. April 1815, Art. 36; Verfassungsentwurf von 1815, Art. 49, Verfassungsgesetz von 1870, Art. 12.

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bar vom Abgeordnetenhaus in den Etat zu bringen sind, sondern vielmehr die Staatsregierung durch Resolutionen zur Aufnahme in den nächstjährigen Etat zu veranlassen ist“29. Nach dem französischen Verfassungsgesetz vom 24. Februar 1875 Art. 8 § 2, hat der Senat zwar eine mit der Initiative der Deputiertenkammer konkurrierende Gesetzesinitiative, die „lois de finances“ werden jedoch zuerst der Deputiertenkammer vorgelegt und von ihr votiert. Auch hier wieder die typische Entwicklung zur Beschränkung der Initiative der Volksvertretung: im Wege der Geschäftsordnung wurde 1900 und 1920 das Initiativrecht des einzelnen Abgeordneten in Finanzfragen für Einnahmeherabsetzungen und Ausgabenerhöhungen beschränkt, an einen bestimmten Zeitraum gebunden usw. Die naheliegende staatsrechtliche Frage, ob die Einschränkung eines verfassungsmäßigen Initiativrechts durch bloße Änderung der Geschäftsordnung erfolgen durfte, beantwortet Duguit damit: es werde nur die Ausübung des Initiativrechts beschränkt, vor allem aber (und das ist sein eigentliches Argument) sei der Zweck einer solchen Einschränkung berechtigt, denn dadurch sollten die öffentlichen Finanzen gegen die Einwirkung von Abgeordneten geschützt werden, die leicht geneigt wären, Erhöhungen der Ausgaben und Herabsetzung der Einnahmen vorzuschlagen, wenn das 29 17. Sitzung des Verfassungsausschusses vom 28. März 1919, S. 60; ferner: P. E. Braun, Die Ausgabeninitiative des Parlaments und ihre Entwicklung und Geltung, AöR NF. 6 (1924), S. 48 ff. (für das Reich), S. 55 (für Preußen).

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ihren Wählern angenehm ist30. Zur weiteren Bestätigung dieser allgemein sich durchsetzenden Besonderheit der Initiative in Geldangelegenheiten sei noch auf Art. 85 Abs. 4 RV. hingewiesen, der die Ausgabeninitiative des Reichstags beschränkt; ferner auf zahlreiche ebenfalls einschränkende Bestimmungen der Landesverfassungen31, sowie auf beachtenswerte Vorschläge zu weiteren Einschränkungen32. Angesichts solcher Übereinstimmung kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Vermutung eher gegen als für eine Ausdehnung der Initiative bei Geldgesetzen spricht. Eine gewisse Schwierigkeit liegt nur darin, daß der Begriff des Geldgesetzes nicht leicht abzugrenzen und großem politischen Mißtrauen ausgesetzt ist, einmal wegen der Gefahr einer unabsehbaren Ausdehnung (weil schließlich jedes Gesetz eine finanzielle Seite und im Staats30 Traité de droit constitutionnel, 2. Aufl., Bd. IV, 1924, S. 313 ff.; die im Text erwähnte Äußerung S. 316; EsmeinNézard, a. a. O., S. 428 Anm. 415. 31 Braun, a. a. O., S. 79 ff. führt sie auf drei Typen zurück: keine Vermehrung der Ausgaben im Etat ohne Zustimmung des Staatsministeriums (Anhalt-Lippe, Schaumburg-Lippe, Mecklenburg-Schwerin); keine Vermehrung ohne Zustimmung eines dritten Staatsorgans (in Preußen Staatsrat, in Bremen Finanzdeputation); endlich Recht der Regierung, erneute Beratung zu verlangen (Bayern, Sachsen, Thüringen, Württemberg). 32 Wie die Entschließung der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns“ Hamburg, 28. April 1926, welche Zustimmung der Reichsregierung oder Zweidrittelmehrheit des Reichstags fordert; vgl. Bericht der Handelskammer Hamburg, 1926, S. 47.

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haushalt zum Ausdruck kommende Nebenwirkungen hat [4]), dann wegen der Möglichkeit des Mißbrauchs durch Verbindung politischer Gesetze mit Geldgesetzen – die Praxis des in England sogenannten und vielumstrittenen tacking33. Damit ist natürlich, wie schon erwähnt, der Begriff selbst nicht widerlegt und überflüssig gemacht. Wegen der zahlreichen Verfassungsbestimmungen, die einen solchen Begriff voraussetzen, gibt es zahlreiche Versuche einer näheren Abgrenzung. In der Praxis des Preußischen Staatsrechts zu Art. 62 der Verfassung von 1850 finden sich manche Umschreibungen der „Finanzgesetze“, aber das wesentliche Ergebnis ist doch, „daß die Staatsregierung in allen zweifelhaften Fällen die Ansicht vertreten hat, daß der Charakter eines Finanzgesetzes nicht in eine bestimmte Definition zu bannen, sondern von Fall zu Fall zu prüfen ist“34. Die englische Parlamentsakte unternimmt eine Legaldefinition35. 33 Über diese Praxis Erskine May, Parl. Practice, S. 552, Jèze, Le Budget, S. 175 [5]; Mendelssohn-Bartholdy, a. a. O., S. 428; Hatschek, a. a. O., S. 74. 34 Dümmler, a. a. O., S. 42; weitere Literatur bei Arndt, Kommentar (5. Aufl.) S. 246; für die ähnliche Frage des Art. 6 Abs. 3 der preuß. Verfassung von 1920: R. Huber, a. a. O., S. 30. 35 Sie lautet: Parliament Act 1911 (1. u. 2. Geo. V. c. 13) „A Money Bill means a Public Bill, which in the opinion of the Speaker of the House of Commons contains only provisions dealing with all or any of the following subjects, namely the imposition, repeal, remission, alteration or regulation of taxation; the imposition for the payment of debt or other financial purposes of charges on the Consolidated Fund or an money provided by Parliament, or the variation

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Solche wissenschaftlichen oder gesetzgeberischen Abgrenzungsversuche sind hier nicht zu kritisieren. Es soll nur kurz auf folgendes hingewiesen werden. Wie bei allen unbestimmten Begriffen, welche für die existentielle Wirklichkeit des staatlichen Lebens unentbehrlich sind (z. B. öffentliche Sicherheit und Ordnung), kommt es auch hier weniger darauf an, in einer tatbestandsmäßigen Formulierung jeden denkbaren Fall normativ zu erfassen, als vielmehr auf die Frage, wer über die Anwendung solcher Begriffe im konkreten Fall entscheidet. Die Frage ist auch hier das dezisionistische quis judicabit? Die staatsrechtliche und politische Überlegenheit der englischen Legaldefinition liegt darin, daß sie über alle inhaltlichen Umschreibungen hinaus die Stelle angibt, die maßgebend entscheidet, nämlich den Speaker des Unterhauses36. Für das deutsche Verfassungsrecht erhebt sich die gleiche Frage: wer entscheidet bei or repeal of any such charges; supply the appropriation, receipt, custody, issue or audit of accounts of any loan or the repayment there of; or subordinate matters incidental to those subjects or any of them. In this subsection the expressions ‚taxation‘, ‚public money‘ and ‚loan‘ respectively do not include any taxation, money or loan raised by local authorities or bodies for local purposes“. 36 Über die Legaldefinition der Money Bill Erskine May, a. a. O., S. 435, Anm. Nach Dicey ist jedes Gesetz ein Geldgesetz, das der Speaker nach seinem Ermessen als Geldgesetz erklärt (vgl. Jèze, a. a. O., S. 596). Mendelssohn-Bartholdy ist so nachsichtig, zu berücksichtigen, „daß die Gesetzgebungstechnik in England sehr wenig entwickelt ist“, a. a. O. S. 437. In Wahrheit zeigt sich in dieser Legaldefinition die Überlegenheit des politischen Sinnes über eine hilflose Normativität.

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einem Zulassungsantrag auf ein Volksbegehren darüber, ob nicht etwa eine nach Art. 73 Abs. 4 RV. ausgeschlossene Angelegenheit vorliegt? Nach § 30 des Gesetzes über den Volksentscheid hat der Reichsminister des Innern über den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens zu entscheiden, doch betrifft seine Entscheidung nach dieser Gesetzesbestimmung nur die äußerlichen Voraussetzungen und Formalitäten. Die sachliche Entscheidung darüber, ob vielleicht eine ausgeschlossene Materie vorliegt, muß der Reichsregierung zustehen, weil sie den Gesetzentwurf dem Reichstag vorzulegen hat und deshalb schon beim Zulassungsantrag prüfen muß, ob die verfassungsmäßigen Voraussetzungen ihrer späteren Pflicht zur Vorlage gegeben sind oder nicht. Die Prüfung muß schon vor dem Eintragungsverfahren stattfinden, weil dieses überflüssig wird, wenn die Prüfung Unzulässigkeit des Verfahrens ergibt. In der Abhängigkeit vom Vertrauen des Reichstags liegt eine ausreichende Kontrolle gegen einen Mißbrauch des Entscheidungsrechts der Regierung37. Ob man es vielleicht für richtiger halten könnte, in solchen Fällen bei Meinungsverschiedenheiten einen Staatsgerichtshof entscheiden zu lassen38 – obwohl ein Gerichtshof 37 Braun, a. a. O. S. 76, Anm. 79 scheint ein Entscheidungsrecht des Reichstags anzunehmen. Dieses könnte aber erst wirksam werden, wenn die Reichsregierung ihr Entscheidungsrecht im Sinne der Zulassung ausgeübt hat, und es besteht nicht mehr, wenn der Zulassungsantrag von ihr abgewiesen wird. 38 Fleiner, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 1922, S. 298, Anm. 40, macht für das schweizerische Staatsrecht

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nicht immer geeignet ist, über die Anwendung solcher unbestimmten Begriffe zu befinden – ist eine weitere, hier nicht zu erörternde Frage. Bis zu ihrer verfassungsgesetzlichen Regelung ist es im Deutschen Reich jedenfalls die Reichsregierung, die hier entscheidet.

den Vorschlag, bei der einzuführenden Gesetzesinitiative im Bund das Bundesgericht darüber entscheiden zu lassen, ob der Inhalt des Volksinitiativbegehrens mit der Bundesverfassung in Einklang steht. Eine solche Frage eignet sich natürlich für die Entscheidung durch einen Gerichtshof.

III. Die natürlichen Grenzen der unmittelbaren Demokratie Die Frage, wie weit Geldgesetze von dem Verfahren der unmittelbaren Volksgesetzgebung ausgeschlossen sind, betrifft in ihrem letzten Grunde die Frage nach den Grenzen der unmittelbaren Demokratie überhaupt. Darum begegnet ihre Erörterung meistens einem unwissenschaftlichen, von politischen Zwecken getrübten Interesse oder Mißtrauen. Eine weitverbreitete, oberflächliche Auffassung hält es einfach für „demokratisch“, dem „Volke“ alles Mögliche zu überlassen, und hält es für „undemokratisch“, sich auch nur zu fragen, was denn das „Volk“ überhaupt kann. Ich glaube, daß ein tapferes Volk in großen und entscheidenden Augenblicken Ungeheures vermag. Aber in der gesetzlich zu regelnden Alltäglichkeit des Lebens wäre eine absolute Bejahung der Frage unsinnig. Im Folgenden werden sich aus der Eigenart des Subjektes „Volk“, aus der Natur der Sache, aus den Methoden der Feststellung des Volkswillens und aus den ideellen und moralischen Prinzipien der Demokratie verschiedene Grenzen ergeben. Die Möglichkeiten der unmittelbaren Demokratie beschränken sich eben auf gewisse Objekte und Methoden, und ein amerikanischer Autor hat in einer soziologischen Untersuchung mit Recht be-

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tont, daß das Schicksal der Demokratie von der richtige Erkenntnis ihrer Grenzen abhänge39. Jedenfalls hat kein demokratisches Staatswesen ein Interesse daran, durch eine gedankenlose Ausdehnung gewisser Vorstellungen und Methoden seine Staatsform ad absurdum führen zu lassen. Vor allem ist es notwendig, sich der Vieldeutigkeit des Wortes „Volk“ bewußt zu werden, weil mit dem gleichen Namen eine Reihe von Größen und Subjekten bezeichnet wird, deren rechtliche, politische und soziologische Verschiedenheit sofort einleuchtet. Wenn nach den Einleitungsworten der Weimarer Verfassung das „Volk“ „sich diese Verfassung gegeben hat,“ so ist dieses Volk der Träger der verfassunggebenden Gewalt, Subjekt des pouvoir constituant und deshalb etwas wesentlich anderes als das Volk, das auf Grund dieser Verfassung als staatliches „Organ“, als pouvoir constitué, gewisse Befugnisse in den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Formen ausübt, nämlich den Reichstag oder den Reichspräsidenten wählt oder beim „Volks“entscheid tätig wird. „Volk“ sind dann gewöhnlich diejenigen, die sich an der Wahl oder der Abstimmung beteiligen und deren Mehrheit meistens entscheidet. Beim „Volks“ent39 Walter Lippman, The Phantom Public, New York 1925. Die Notwendigkeit der Begrenzung ist auch von Ostrogorski bemerkt worden: „Pour qu’elle soit réelle, il est donc nécessaire que la responsabilité directe envers le peuple … porte seulement sur certaines attributions bien déterminées de l’autorité publique“, vor allem verlangt er Beschränkung auf Gesetzgebung und lokale Selbstverwaltung (Bd. II, S. 572 der französischen Ausgabe von 1903).

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scheid ist aber in Art. 75 RV. vorgeschrieben, daß sich die Mehrheit der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt, so daß hier nicht, wie sonst, nur die Abstimmenden bei der Feststellung des Volkswillens berücksichtigt werden, sondern diejenigen, die zu Hause bleiben, das Volk darstellen können! Eine wiederum andere Bedeutung hat das Wort Volk in „Volks“begehren. Denn die Minderheit, deren Begehren als Volksbegehren bezeichnet wird, ist offenbar in einem ganz anderen Sinne Volk, als die Mehrheit, die sonst in der Demokratie mit dem Volk identifiziert wird. Bei der Einzelinitiative wird das noch auffälliger. In einer solchen Zusammensetzung wie Volksinitiative hat „Volk“ hauptsächlich die Bedeutung, daß es den Gegensatz zu jeder behördlichen Organisation und formierten Instanz angibt. Das Zehntel der Stimmberechtigten, dessen Begehren ein Volksbegehren heißt, würde sofort aufhören, Volk zu sein, wenn es sich als eine feste Größe zu dauernder Vorlage von Gesetzentwürfen organisierte. [6] Die eigenartige Bedeutung des Wortes Volk liegt hier in dem Gegensatz sowohl zur Regierung wie zu jeder festen magistratischen „Form“. Auch in einer Demokratie, in der das Volk selbst regieren soll, muß diese Bedeutung des Wortes Volk immer wieder zur Geltung kommen: Volk sind eben diejenigen, die keine behördlichen Funktionen haben, die nicht regieren. Darin zeigt sich die immer noch lebendige Kraft der alten, klassischen Vorstellung des römischen Staatsrechts, daß Volk und Magistrat einander gegenüberstehen und das Volk wesentlich

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nicht magistratus ist40. Der Gegensatz darf natürlich nicht einfach auf das moderne demokratische Staatsrecht übertragen werden, ist aber in seiner elementaren Richtigkeit auch heute noch beachtlich und im folgenden öfters zur besseren Klärung herangezogen. Wo nun diese verschiedenen Größen „Volk“ unter rechtlich geregelten Voraussetzungen und in geregeltem Verfahren auftreten, ist ihre Tätigkeit nach Art und Inhalt von dem Verfahren der Willensäußerung abhängig. Ein Volk, das in einer wirklichen Versammlung auf dem Markt oder einem anderen Platz als versammelte Gemeinde auftritt (wie eine Schweizer Landsgemeinde), ist soziologisch und politisch eine ohne weiteres erkennbare Größe; es hat einen Gesamtwillen und äußert ihn anders als das Volk, dessen Wille ohne Versammlung als Ergebnis einer Addierung geheimer Einzelabstimmung geäußert wird. Die geheime Einzelabstimmung, der keine verfahrensmäßig geregelte öffentliche Beratung vorhergeht, vernichtet gerade die spezifischen Möglichkeiten des versammelten Volkes. Denn die eigentlichste Tätigkeit, Fähigkeit und Funktion des Volkes, der Kern jeder volkhaften Äußerung, das demokratische Urphänomen, 40 Mommsen, Römisches Staatsrecht I, S. 76 ff., III, 1, S. 303, Abriß S. 81 f. Auch in dem hervorragenden Artikel „Volk“ im Grimmschen Wörterbuch von R. Meißner, ist, wenn auch nicht mit derselben Bestimmtheit, immer noch zu erkennen, daß das Volk die nicht behördenmäßig organisierte, nicht „formierte“ Größe, nicht „Obrigkeit“ ist und diejenigen, die regieren, eben deshalb nicht zum Volk gehören.

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das, was auch Rousseau als eigentliche Demokratie vorgeschwebt hat, ist die Akklamation, der zustimmende oder ablehnende Zuruf der versammelten Menge. Das Volk akklamiert einem Führer, das Heer (hier mit dem Volk identisch) dem Feldherrn oder Imperator, der „Umstand“ der Volksgenossen oder die Landsgemeinde einem Vorschlag (wobei die Frage offen bleibt, ob eigentlich dem Führer oder dem Vorschlag in der Sache akklamiert wird); es ruft Hoch oder Nieder, jubelt oder murrt, schlägt mit den Waffen an den Schild, erhebt auf den Schild, sagt in einem Beschluß mit irgendeinem Worte „Amen“ oder verweigert diese Akklamation durch Schweigen. Eine grundlegende, in ihrer wissenschaftlichen Bedeutung weit über den Rahmen ihres Sonderfaches hinausgehende Untersuchung von Erik Peterson hat für die ersten christlichen Jahrhunderte die acclamatio und ihre Formen beschrieben41. Wo es noch Volk gibt und wo es irgendwo, sei es auch als Zuschauermenge in der Rennbahn wirklich versammelt ist und Zeichen politischen Lebens äußert, bekundet es seinen Willen durch Akklamation. In Wahrheit gibt es kein Staatswesen, das auf solche Akklamationen verzichten könnte. Auch der absolute Fürst braucht die Spalier bildende und Hoch schreiende Menge seines Volkes. Die Akklamation ist ein ewiges Phänomen jeder politischen Gemeinschaft. Kein Staat ohne Volk, kein Volk ohne Akklamationen. [7] 41 Εἱς Θεός epigraphische, formgeschichtliche und religionsgeschichtliche Untersuchungen, Göttingen 1926, S. 141 ff.

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Diese wissenschaftliche Entdeckung der Akklamation ist der Ausgangspunkt für eine Erörterung der Verfahren unmittelbarer oder reiner Demokratie. Man darf nicht übersehen, daß überall, wo es eine öffentliche Meinung als soziale Realität, nicht nur als politischen Vorwand gibt, in allen entscheidenden Augenblicken, in denen der politische Sinn eines Volkes sich bewähren kann, auch zustimmende oder ablehnende Akklamationen erscheinen, die von einem Abstimmungsverfahren unabhängig sind, ja durch ein solches Verfahren in ihrer Echtheit gefährdet werden könnten, weil die Unmittelbarkeit des versammelten Volkes, die zu solchen Akklamationen gehört, durch die Isolierung des einzelnen Stimmberechtigten und das Wahlund Abstimmungsgeheimnis vernichtet wird. Der Ausdruck „unmittelbare Demokratie“ ist also, wie jetzt schon festgestellt werden kann, nur relativ zu nehmen und keineswegs so eindeutig und selbstverständlich, wie man ihn als Gegensatz zur „repräsentativen“ Demokratie meistens verwendet. Vom Standpunkt der echten, klassischen Demokratie (in diesem Sinne: der „reinen“ Demokratie), gibt es eigentlich nichts Mittelbareres als eine auf solchen geheimen Einzelabstimmungen beruhende Feststellung des politisch maßgebenden Willens, durch welche der einzelne Stimmberechtigte zum isolierten, unverantwortlichen Privatmann und die in vitaler Unmittelbarkeit gegebene Gesamtgröße Volk zu einem Additionsverfahren gemacht wird. Für die rechtswissenschaftliche Erkenntnis des demokratischen Staatsrechts ergibt sich daraus,

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daß ein verfassungsmäßig bestimmtes Verfahren der Willensäußerung des Volkes den Inhalt der Äußerung auf bestimmte Möglichkeiten beschränkt. Ein Volk, das in seiner unmittelbaren Gegebenheit als Masse akklamiert, kann sich zu jedem Vorschlag äußern, ohne daß jemand auf den Irrtum verfiele, es wolle den wissenschaftlich-technischen Sachverständigen spielen. Es vertraut einem Führer und billigt einen Vorschlag aus dem politischen Bewußtsein der Zusammengehörigkeit und Einheit mit dem Führer; es äußert sich als der maßgebende Träger politischen Lebens in einer spezifisch politischen Kategorie, und seine Entscheidungen sind immer richtig, solange es ungebrochene politische Instinkte hat und Freund und Feind zu unterscheiden weiß. Bei dem geheimen Abstimmungsverfahren dagegen liegt der weitverbreitete, typisch liberale Irrtum nahe, der einzelne Stimmberechtigte habe ein sachtechnisches Urteil über eine sachliche Einzelfrage abzugeben, er müsse infolgedessen zu einem selbständigen Urteil über alle möglichen Dinge erzogen werden, so daß schließlich jeder Bürger nicht nur ein perfekter Staatsmann und ein heroischer Soldat, sondern auch noch ein Universal-Sachverständiger wird. Das wäre nicht Demokratie und nicht einmal als Ideal diskutabel. Andererseits aber stellt sich die Frage, was denn heute angesichts des geheimen Abstimmungsverfahrens die spezifischen Möglichkeiten des Volkes sind. Sehen wir davon ab, daß in irgendeiner Form und in jedem Staate das Volk akklamiert, und daß es bei den Wahlen, die etwas wesentlich anderes

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sind als Abstimmung, in einer besonders gearteten Funktion auftritt, so erhebt sich heute die Frage, welche Grenzen durch das heute übliche geheime Abstimmungsverfahren gegeben sind. Die unvermeidliche, der Natur dieses Verfahrens entsprechende Grenze liegt, wie hier gleich gesagt werden kann, in der Abhängigkeit von genau formulierten, einfachen Fragen. Galt schon für das republikanische römische Staatsrecht der Satz, daß die Bürgerschaft nur mit dem Magistrat zusammenhandeln kann und auf das rogo vos, quirites antwortete uti rogas42, so muß in einer modernen Demokratie diese Abhängigkeit noch viel stärker hervortreten. Wenn der einzelne Bürger nicht nur bestimmte Personen wählt, sondern zu einer sachlichen Frage Stellung nehmen soll, muß die Frage erst autoritativ formuliert sein, damit aus den Tausenden und Millionen geheimer Einzelabstimmungen überhaupt ein Resultat zu ermitteln ist. Daß diese Formulierung schon eine Gefährdung oder Irreleitung des wahren Volkswillen bedeuten kann und, wer die Macht hat, zu formulieren, auch das Ergebnis entscheidend beeinflußt, ist öfters bemerkt worden43. Hier kommt es darauf an, daß aus der Eigenart geheimer Einzelabstimmung ohne weiteres eine Einschränkung der Möglichkeiten unmittelbarer 42 Mommsen, Römisches Staatsrecht, III, 312, insbesondere III, 1, S. 309 über die Abhängigkeit der lex von der Initiative der Magistrate (Abriß S. 304); die genaue Formel der Rogatio lautete: velitis inbeatis etc. … vos quirites rogo. 43 Lawrence Lowell, Public opinion and popular government (Ausgabe von 1921, S. 91); Walter Lippman, a. a. O. S. 52 ff.

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Demokratie entsteht: das Volk kann nur Ja oder Nein sagen, und zwar nur zu einer dem einzelnen Stimmberechtigten vorgelegten, genau formulierten Frage44. Sonst kann aus den Millionen Antworten der Einzelabstimmungen gar kein Gesamtresultat herausgelesen werden. Nicht nur die Klarheit, sogar die Verständlichkeit und Addierbarkeit des Ja oder Nein hängt ab von der Präzision der Frage. Wollte man den deutschen Stimmberechtigten die Frage vorlegen, ob sie den Frieden wollen oder nicht, so würde man leicht eine fast einstimmige Mehrheit gewinnen können, ohne damit eine sachliche Entscheidung herbeigeführt zu haben. Würde man sie fragen, ob sie die Verständigungspolitik billigen, so wäre ebenfalls heute eine überwältigende Mehrheit zu erwarten, aber dieses Ja hätte in der Sache kaum eine andere Bedeutung, als daß dem Parteiführer, mit dessen Namen sich gerade im Augenblick der Abstimmung die Vorstellung „Verständigungspolitik“ verbindet, zustimmend akklamiert würde. Die Antwort würde natürlich anders ausfallen, wenn die Frage dahin formuliert würde, ob ein bestimmter Vertrag unterzeichnet werden solle usw.45. [8] Meistens sind 44 L. Lowell, a. a. O.: „People can say only Yes or No to a definite question presented to him“. W. Lippman, a. a. O., S. 52: „They can say yes or no to something which has been done, yes or no to a proposal, but they cannot weathe, administer and actually perform the act they have in mind.“ 45 Ein lehrreiches Beispiel bei H. Sumner Maine (Popular Government, Kap. II), dessen Instruktivität man zugeben kann, auch wenn man sonst den Pessimismus des konservativen Autors nicht teilt: Ob Louis Napoleon Bonaparte le-

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zahlreiche Fragestellungen möglich. Das Volk, d. h. die bei der geheimen Einzelabstimmung sich ergebende Mehrheit, kann immer nur Ja oder Nein sagen. Das Volk kann die Frage auch nicht selbst formulieren und sich selbst vorlegen. Ist die Fähigkeit zu solcher Formulierung und Initiative bei dem wirklich versammelten und öffentlich diskutierenden, anwesenden Volk noch möglich, so hört sie jedenfalls auf, wenn durch geheime Einzelabstimmung festgestellt wird, welche Formulierung die Mehrheit wünscht. Die Mehrheit kann immer wieder nur unter mehreren vorgelegten Formulierungen eine auswählen und äußerstenfalls auf die Frage, ob eine Frage gestellt werden solle, mit Ja antworten. Das in geheimer Einzelabstimmung seinen Willen äußernde Volk kann antworten, aber nicht fragen. Im Verfahren geheimer Einzelabstimmung kann deshalb auch niemals ein Gesetzentwurf vom Volke ausgearbeitet werden, weil ein Entwurf nicht durch Abstimmung sondern durch Beratung zustande kommt. So betrachtet ist eine Volksinitiative im eigentlichen Volksgesetzgebungsverfahren unmöglich und wenn zahlreiche Verfassungen trotzdem davon sprechen, so ist das in der Sache etwas anderes als die Initiative einer gesetzgebenden Körperschaft oder gar Regierung. Die deutsche Reichsverfassung verlangt in Art. 73 Abs. 3, benslänglicher Präsident mit ausgedehnter Vollmacht werden solle? Ob er erblicher Kaiser sein solle? usw. waren nicht einfache, sondern sehr komplizierte Fragen.

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daß ein Zehntel der Stimmberechtigten unter Vorlage eines ausgearbeiteten Gesetzesentwurfs das Volksbegehren stellt. Es wurde schon gesagt, daß „Volk“ hier etwas besonderes bedeutet und nicht etwa die sonst entscheidende Mehrheit. Der Gesetzentwurf wird natürlich nicht von dem Zehntel der Stimmberechtigten ausgearbeitet – diese können auch hier nichts mehr daran ändern und nur Ja oder Nein sagen –, er wird irgendwoher vorgelegt; das Zehntel der Stimmberechtigten sagt Ja; das ist dann eine Volksinitiative. Initiative bezieht sich auch hier nicht auf die Formulierung der Frage und die genaue Bestimmung des Inhalts. Man kann nicht etwa einwenden, daß schließlich in jeder größeren Versammlung, auch in jedem Parlament und in jedem Kollegium die letzte Initiative in der Sache immer von Einzelnen ausgehe, daß ein Einzelner den Vorschlag in Einzelheiten ausarbeite und doch formell eine Initiative der beschließenden Körperschaft oder des beschließenden Kollegiums vorliege. Der Unterschied liegt auch nicht nur in der großen Zahl der abstimmenden Einzelnen, die eine wesentliche Änderung herbeiführt und den quantitativen zu einem qualitativen Unterschied macht, sondern hauptsächlich darin, daß innerhalb des Kollegiums beraten wird, der Beschluß der Initiative das Ergebnis einer gemeinsamen Beratung und deshalb auch einer gemeinsamen Beschlußfassung ist. Bei der heutigen Methode der geheimen Einzelabstimmung wird gerade die öffentliche Beratung und Diskussion von dem formellen Verfahren ausgeschlossen und au-

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ßerhalb des juristisch faßbaren und sozial kontrollierten Verfahrens in eine von privaten betriebene und beherrschte Pressepropaganda und Agitation verlegt. Eine auf geheimer Einzelabstimmung beruhende unmittelbare Demokratie hat ihr natürliches, der Eigenart ihrer Willensbildung und Willensäußerung entsprechendes Objekt in der Sanktion isolierter, von zuständigen Körperschaften oder andern Staats„organen“ gefaßter Beschlüsse; darüber hinaus in der Entscheidung von Konflikten zwischen obersten Staatsbehörden oder Staats„organen“. Hier kann ohne Unterschied der Materie jede Angelegenheit zum Gegenstand eines Volksentscheids gemacht werden. Bei solchen Konflikten stehen sich klar erkennbare, formal sicher bestimmte Instanzen gegenüber (Reichstag, Reichspräsident, Reichsregierung, Reichsrat) und normalerweise ist auch inhaltlich die Meinungsverschiedenheit in einfacher These und Antithese zu erkennen. Hier ist also die Frage in aller formalen Klarheit von der Magistratur (wenn ich diesen Ausdruck des römischen Staatsrechts hier gebrauchen darf), gestellt; es ist möglich, in geheimer Einzelabstimmung Ja oder Nein zu sagen und diese Ja oder Nein so zu addieren, daß eine Mehrheit als letzte Instanz den Konflikt entscheidet. In der Abhängigkeit vom einfachen Ja oder Nein der Einzelabstimmung liegt auch der eigentliche Grund für die Berechtigung des Standpunktes von Hugo Preuß, der in den Beratungen des Verfassungsausschusses immer betonte, daß die eigentliche Funktion des Referendums in

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der Entscheidung von Konflikten und Meinungsverschiedenheiten oberster Reichsorgane bestehe46. Es wäre daher unrichtig, zu meinen, es sei demokratisch, [9] von der hinsichtlich der Materie uneingeschränkten Möglichkeit beim Volksentscheid, [10] auf eine ebenso uneingeschränkte Möglichkeit bei der Volksinitiative zu schließen. Auch wenn allgemein eine demokratische Vermutung zugunsten möglichst weitgehender Befugnisse des Volkes bestehen sollte, trifft sie doch für die Volksinitiative nicht zu. Weder ist das „Volk“, das ein Begehren stellt, im demokratischen Sinne der Mehrheit „Volk“, noch liegt eine echte Initiative vor, d. h. ein aus gemeinsamer Beratung hervorgegangener, gemeinsamer Beschluß. Für das Volksbegehren stellt sich demnach das Problem des Ausschlusses gewisser Angelegenheiten ganz anders als für den Volksentscheid. Die Frage ist allerdings durch die wenig systematische und zufällige Regelung der meisten Verfassungen verwirrt. Es sind in verschiedener Weise gewisse Angelegenheiten in einigen Verfassungen vom Referendum, in anderen von der Volksinitiative, in anderen von jeder Volksabstimmung ausgeschlossen, ohne daß eine klare Erkenntnis des wesentlichen Gegensatzes von Volksbegehren und Volksentscheid zu Tage tritt. Die Weimarer Verfassung enthält ein Beispiel des Ausschlusses von der Volksinitiative (für das Volksgesetzgebungs46 Für Preuß persönlich dürfte der eigentliche Grund seiner Stellungnahme darin liegen, daß die liberalen Motive bei ihm schließlich doch stärker waren als die demokratischen; vgl. darüber weiter unten.

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verfahren, Art. 73 Abs. 3 RV.) und für die Referendumsinitiative (Art. 73 Abs. 2), die in den vorigen Kapiteln behandelt worden sind. In den Verfassungen der deutschen Länder47 finden sich Beispiele der mannigfaltigsten Art, ebenso in den Verfassungen der Schweizer Kantone48 und der Einzelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika49. Neben dem Fall, daß Volksinitiative oder Referendum für Verfassungsänderungen vorbehalten werden (wie im Schweizer Bund hinsichtlich der Volksinitiative), sind insbesondere folgende Angelegenheiten ausgeschlossen: Staatsverträge, öffentliche Sicherheit, Gesundheitswesen, Finanzfragen. Es ist der Vorschlag gemacht worden, alle Angelegenheiten von geringerer Bedeutung von der Volksinitiative auszunehmen, auch wenn es sich dabei formell um Verfassungsänderungen handelt, weil sonst Gefahr bestehe, daß die ganze Einrichtung entwertet werde50. L. Lowell empfiehlt, Fragen auszuschließen, durch welche konfessionelle Gegensätze wachgerufen werden könnten51. Die ganze Behandlung der Frage war bisher meistens von naheVgl. oben S. 22 ff. Fleiner, a. a. O., S. 293 ff.; Schollenberger, Das schweizerische öffentliche Recht (1909), S. 110, 111, 124; Albert Keller, Das Volksinitiativrecht nach den schweiz. Kantonsverfassungen, Zürcher Diss. 1889, S. 110, insbes. S. 111 Anm. 2. E. Klaus, Die Frage der Volksinitiative in der Bundesgesetzgebung, Zürcher Diss. 1906, S. 49 (der Volksinitiative zu entziehende Gegenstände). 49 Vgl. Annals of the American Academy, Bd. 43, 1912, S. 208 / 9. 50 Annals, a. a. O., S. 208. 47 48

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liegenden Zweckmäßigkeitsgründen beherrscht52, die auch in der staatsrechtlichen Literatur zu Art. 73 RV.53 und zu den Landesverfassungen54 überwiegen. Die prinzipielle Frage nach dem Verhältnis von Volk und Magistrat ist noch nicht erhoben worden. Aus den vorliegenden positiven Verfassungsbestimmungen über den Ausschluß gewisser Angelegenheiten von den Methoden der unmittelbaren Demokratie läßt sich kein Anhaltspunkt gewinnen für eine spezifische Besonderheit der von der Initiative im Gegensatz zum Referendum ausgeschlossenen Materien. Man kann wohl sagen, daß bei der allgemeinen Zulassung des Volksbegehrens eine gewisse Vorsicht bemerkbar wird55 und daß 51 Public opinion. S. 221 / 2 (Beispiel des Antisemitismus in der Schweiz). 52 Als Beispiel sei das Kapitel VIII, Buch III des Werkes von James Bryce über die modernen Demokratien genannt. 53 Bredt, a. a. O., S. 259: „Mit dieser Bestimmung (Art. 73 Abs. 4) will man Fragen, in denen naturgemäß die Gegensätze der Interessen mit Macht aufeinanderprallen, dem Volksbegehren entziehen. Aus ähnlichen Gründen aber ist schwerlich anzunehmen, daß der Reichspräsident von seiner Befugnis Gebrauch machen will.“ 54 Bezeichnend z. B. Nawiasky, Bayr. Verfassungsrecht, S. 280 (zu § 77 der Bayr. Verfassung): „Finanzgesetze (Steuerbewilligungen) und Abgabengesetze eignen sich aus leicht begreiflichen Gründen nicht zur Volksabstimmung.“ 55 Darüber, daß es „nicht das Referendum ist, welches die Geister am meisten entzweit, sondern die Initiative“, weil sie „weniger Bürgschaften für eine gesunde Gesetzgebung bietet, als eine gesetzgebende Versammlung“, vgl. W. Hasbach, Die moderne Demokratie, 2. Aufl. 1921, S. 150 ff.

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besonders Finanzfragen gern ausgeschlossen werden. Doch werden sie oft auch vom Volksentscheid ausgeschlossen, während andererseits wieder gerade das Finanzreferendum in der Geschichte des Referendums besonders häufig und bedeutungsvoll hervortritt56. Die meisten Zweckmäßigkeitserwägungen treffen sowohl für den Ausschluß vom Referendum wie von der Volksinitiative zu, namentlich der Gesichtspunkt, daß das Volk nicht in der Lage sei, über technisch schwierige Fragen zu urteilen oder die komplizierten Verhältnisse auswärtiger Politik und staatlicher Finanzverwaltung zu übersehen. Die spezifisch staatstheoretische Besonderheit der Initiative geht bei derartigen praktischen Erwägungen meistens verloren. Auch wird übersehen, daß bei wichtigen Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Materie immer eine politische Frage vorliegen kann und das Volk, dem die Frage von seiner Magistratur vorgelegt wird, immer zur Entscheidung fähig sein muß. Mit dem Problem der Bildung oder Erziehung hat das wenig zu tun. [11] Weder praktisch, denn ein Bauern- oder Proletariervolk kann in einem politischen Bewußtsein sicherer sein als ein Volk von Diplominhabern; noch theoretisch, denn in der Demokratie ist eben der Voraussetzung nach

56 Zahlreiche Beispiele des Finanzreferendums bei Oberholtzer, Law making by popular vote (Publications of the American Academy of political and social science), Philadelphia 1893, und The Referendum in America (2. Aufl. New York 1900); Literatur zum Finanzreferendum in der Schweiz bei Fleiner a. a. O., S. 295, Anm. 26, 405, Anm. 10.

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das Volk zu jeder politischen Entscheidung imstande. Anders bei der Volksinitiative. Hier kann man weder praktisch noch theoretisch sagen, daß die Initianten zu jeder Art Mitwirkung fähig sind; auch wäre es nicht demokratisch, die infolge der Einzelabstimmung unabsehbare Macht über die Formulierung der dem Volk zu stellenden Fragen bedingungslos privaten Initianten zu überlassen. [12] In Wirklichkeit ist deshalb auch das Gebiet der Volksinitiative nach dem positiven Verfassungsrecht der verschiedenen Demokratien nicht sehr umfangreich. Oft werden freilich demokratische Verfassungen, die eine Volksinitiative kennen, in irreführender Weise nebeneinander gestellt, so daß der Schein einer großen Verbreitung entsteht. Es fallen aber nicht nur ausdrücklich, sondern auch mittelbar ausgeschlossene Materien aus. Die weitaus meisten Fälle der Volksinitiative beruhen nämlich auf Verfassungsbestimmungen von Gliedstaaten eines Bundesstaates, von amerikanischen Einzelstaaten, Schweizer Kantonen oder deutschen Ländern. (Der Fall eines Dominions wie Australien liegt wieder besonders.) Soweit nun in einem Bundesstaat der einzelne Gliedstaat eine Volksinitiative kennt, der Gesamtstaat aber nicht oder nicht in dem gleichen Maße, sind durch die Verteilung der Bundes- und Gliedstaatkompetenzen auch die Materien ausgeschlossen, für welche der Gesamtstaat zuständig ist. Von dem Fall der Verfassungsinitiative abgesehen gilt das besonders für die Schweiz und die Vereinigten Staaten. Hugo Preuß hat in den Beratungen der Weimarer Natio-

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nalversammlung darauf hingewiesen, daß zwischen den Einrichtungen unmittelbarer Demokratie in kleinen Ländern und in einem Reich von 70 Millionen Menschen ein wesentlicher Unterschied besteht57. Wichtiger noch als solche quantitativen Verschiedenheiten ist der staatsrechtlich-politische Unterschied der Materie, um den es sich hier handelt. In einem Bundesstaat ist der Gesamtstaat souverän, d. h. Träger der existentiell wesentlichen politischen Entscheidungen. Für den Gliedstaat besteht das Problem seiner politischen Existenz nur im Rahmen der Gesamtexistenz des Bundes. Bei der Schweizer Eidgenossenschaft kommt noch hinzu, daß der Gesamtstaat sogar dauernd neutralisiert ist und seine Außenpolitik infolgedessen nur darin besteht, nicht in die Außenpolitik hineingezogen zu werden58. Es vermindert sich also nicht nur der Umfang der dem Gliedstaat noch verbleibenden Materien, auch ihr staatsrechtlich-politischer Charakter ändert sich, und alle Hinweise auf die Einrichtungen solcher Kantone oder Einzelstaaten sind für die Auslegung der deutschen Reichsverfassung nicht nur unbrauchbar, sondern geradezu falsch. Das gilt besonders von den Volksabstimmungen über öffentliche Anleihen und andere Geldgesetze, wie sie in amerikanischen Einzelstaaten und Schweizer Kantonen häufig sind. Daß 57 Protokolle, S. 166; 17. Sitzung des Verfassungsausschusses vom 28. März 1919, S. 6 und S. 15. 58 Aber selbst für die Schweiz hebt Fleiner, a. a. O., S. 297 hervor, daß der Bund „weniger demokratisch ist als die Kantone“. „Denn die reine Demokratie ist in ihrer ausgeprägtesten Form an kleine Verhältnisse gebunden“ [13].

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es hier zahlreiche „Finanzreferenden“ gibt, berechtigt also nicht dazu, die Verfassung des Deutschen Reiches im Sinne einer Ausdehnung des Volksbegehrens auf alle Geldgesetze auszulegen59. Die Finanzverwaltung jener Gliedstaaten und Kantone ist auch rechtlich etwas anderes als die Finanzverwaltung eines souveränen Staates. Sie trägt, trotz aller formellen „Staatlichkeit“, in der Sache den Charakter einer Selbstverwaltungsangelegenheit. Für das Gebiet der Selbstverwaltung aber – mag es sich um kantonale, provinziale oder kommunale Selbstverwaltung handeln – stellt sich das Problem der Demokratie wesentlich anders als für den Bereich der Regierung und Verwaltung eines souveränen Staates, und zwar schon deshalb, weil es dort kein Problem des Staatsform ist. Für jede Demokratie ist eine Reihe von Identitäten wesentlich60. Aber die in der Selbst-Verwaltung angedeutete Identität ist inhaltlich wie in ihrer logischen Struktur etwas anderes als die der Selbst-Regierung. Selbstverwaltung ist Verwaltung eigener Angelegenheiten; die in dem „Selbst“ enthaltene Beziehung zum Subjekt betrifft die Geschäfte und sachlichen Angelegenheiten dieser Subjekte, nicht die Subjekte 59 Leider hat auch Triepel, DJZ 1926, S. 846 diesen für die Auslegung des Art. 73 Abs. 4 RV. unrichtigen Hinweis auf das Finanzreferendum vorgebracht. 60 Über diese Definition der Demokratie Carl Schmitt, Politische Theologie, 1922, S. 44, 45, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 2. Aufl., 1926, S. 20, 35, Archiv für Sozialwissenschaften, Bd. 51 (1924), S. 8, 22; dagegen Thoma, Archiv für Sozialwissenschaften, Bd. 53, S. 212 f. (1925).

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selbst61. Regierung dagegen bedeutet politische Herrschaft von Menschen über Menschen und der Begriff der Selbstregierung darf in der Politik und im Staatsrecht nicht mit dem moralischen Begriff der Herrschaft über sich selbst verwechselt werden. Denn wenn es möglich ist, daß ein einzelner Mensch moralisch „sich selbst beherrscht“, so ändert sich die Lage sofort, wenn sich zwei oder mehrere Menschen „selbst beherrschen“, d. h. eine politische Herrschaft ausüben. Die Herrschaft Vieler über sich selbst bedeutet entweder Herrschaft der Einen über die Anderen, oder Herrschaft eines umfassenden, höheren Dritten. Es genügt, mit einem Wort an diesen Unterschied von Staat und Kanton, staatlicher Verwaltung und Selbstverwaltung zu erinnern. Der Orientierungspunkt für die Frage der Volksinitiative liegt in dem Verhältnis des Volkes zu der vom Volk gewählten Magistratur. Daraus ergeben sich folgende, von einander zu trennende Gebiete: 1. Das Gebiet der Selbstverwaltung muß hier ganz ausscheiden. Auf diesem Gebiet ist das Verhältnis von Volk und Magistratur wesentlich anders als bei der staatlichen Regierung und Verwaltung, weil die spezifisch politischen, die Existenz des gemeinsamen Ganzen berührenden Entscheidungen entfallen. Die Initiative des Volkes hat hier 61 Sehr charakteristisch das Mißverständnis von A. Merkl, Demokratie und Verwaltung, 1923, S. 43. Fleiner, a. a. O., S. 18 / 19 sagt, der Gegensatz von Staat und Gemeinde, der für Frankreich und Deutschland charakteristisch sei, bestehe nicht in der Schweiz.

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mit der Staatsform überhaupt nichts zu schaffen, sondern betrifft eine Art der Geschäftserledigung, die in einer Monarchie ebenso gut möglich wäre. 2. Das Gebiet der staatlichen Verwaltung und Selbstregierung. Hier bedeutet die freie Initiative des Volkes einen Widerspruch zur Wahl der Magistrate. Denn diese werden gewählt, um die staatlichen Angelegenheiten als Angelegenheiten der umfassenden staatlichen Einheit zu führen; man kann die Magistrate einer jederzeitigen Abberufbarkeit unterstellen, aber es ist doch nicht der Sinn ihrer Berufung, daß sie in sachliche Konkurrenz mit freien, unverantwortlichen „Initianten“ treten. Soweit staatliche Regierungs- und Verwaltungsakte durch ausdrückliche Verfassungsbestimmung die Form von Gesetzen erhalten, erhebt sich ein neues Problem, das der Gesetzesinitiative. Darüber ist weiter unten zu sprechen. Doch kann bereits hier gesagt werden, daß der Ausschluß der Finanzfragen, der bei der Volksinitiative besonders häufig ist und auch in Art. 73 Abs. 4 RV. Anerkennung gefunden hat, systematisch betrachtet der richtigen Erwägung entspringt, daß die staatliche Regierung und Verwaltung kein geeignetes Feld der Volksinitiative ist. In dieser Erwägung wird man auch die ratio des Art. 73 Abs. 4 RV. suchen müssen. 3. Die häufig in diesem Zusammenhang genannte Initiative des Volkes auf Auflösung gewählter Körperschaften oder Abberufung von Beamten gehört nicht hierher. Sie betrifft nicht das Verhältnis der inhaltlichen Tätigkeit und Befugnisse von Volk und gewähltem Magistrat, sondern

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die Art der Bestellung und der Abberufung. Aus systematischen Erwägungen ergibt sich hier keine notwendige Einschränkung der Initiative. 4. Die Gesetzesinitiative ist das eigentliche Gebiet der Volksinitiative. Dabei ist zu beachten, daß Gesetz in Verbindung mit Gesetzesinitiative nur ein Gesetz im materiellen Sinne, d. h. Aufstellung allgemein verbindlicher Regeln des objektiven Rechts bedeuten kann. Jede andere Auffassung würde dem Sinn einer verfassungsmäßigen Regelung widersprechen. Eine Verfassung, welche das Gesetzgebungsverfahren regelt, muß davon ausgehen, daß normalerweise Gesetze im materiellen und formellen Sinne sich decken, d. h. das verfassungsmäßig geordnete Gesetzgebungsverfahren natürlich nicht für Akte der Verwaltung und Justiz, sondern nur für die Gesetzgebung gilt. Es können ausnahmsweise besondere Staatsakte an die Form des Gesetzes gebunden werden, – ein typischer Vorgang des Verfassungsrechts der konstitutionellen Monarchie, wenn der Volksvertretung eine Mitwirkung bei wichtigen Regierungs- und Verwaltungsakten gesichert werden soll. Aber auch unabhängig von der Frage, was dieser Begriff des formellen Gesetzes in einer parlamentarischen Republik noch bedeutet, muß jedenfalls davon ausgegangen werden, daß die Form des Gesetzes, von besonders bestimmten Ausnahmen abgesehen, nur für Gesetze in Betracht kommt und nicht alles Beliebige in der Form eines Gesetzes behandelt werden kann. Es wäre ebenso unlogisch wie verfassungswidrig, die Bestimmungen einer Verfas-

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sung über das Gesetzgebungsverfahren dahin zu mißbrauchen, daß jeder, der am Gesetzgebungsverfahren beteiligt ist, sich jeder staatlichen Angelegenheit bemächtigen kann. Besonders gilt das für die Gesetzesinitiative. Wenn eine Verfassung Bestimmungen über die Gesetzesinitiative gibt, so will sie demjenigen, der die Initiative erhält, die Möglichkeit geben, ein Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, und nicht mehr; es soll ihm nicht die inhaltlich grenzenlose Befugnis gegeben werden, alles, was ihm gut dünkt, in der Form des Gesetzes zu behandeln, alles, was er anfaßt, in ein Gesetz zu verwandeln, und dadurch seine Zuständigkeit ins Grenzenlose zu erweitern. Eine Verfassungsbestimmung über das Gesetzgebungsverfahren regelt das Verfahren und nicht den Zuständigkeitsbereich62. Für die Volksinitiative ergibt sich daraus, 62 Eine Schwierigkeit liegt darin, daß der Begriff des materiellen Gesetzes vielfach nicht inhaltlich und substantiell, sondern nach seiner Urheberschaft definiert wird; so besonders Haenel in seiner Polemik gegen Laband, Studien zum deutschen Staatsrecht, II, 1, 1888, S. 120. Das Gesetz beruht nach ihm auf der „Anerkennung“ aller an der Rechtsgemeinschaft Beteiligten, wie immer auch diese Anerkennung erfaßt oder geäußert wird; was das Volk anerkennt, ist also Gesetz. Unrichtig ist an dieser Auffassung die typisch liberale Psychologisierung, die das fundamentum (ich gebrauche absichtlich diesen Ausdruck von J. St. Mill) aller rechtlichen Erscheinungen in Seelenvorgängen (Rechtsbewußtsein des Volkes, ethische Anschauungen der Zeit usw.) findet. Diskutabel wäre der Satz, daß alles Gesetz ist, wozu das Volk akklamiert, denn die acclamatio ist kein psychologisches, sondern ein politisches und staatsrechtliches Phänomen. Wenn dieser Satz aber für die acclamatio richtig ist, so gilt er sicher nicht für die auf Einzelabstimmung beruhende, verfassungs-

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daß nicht beliebige Angelegenheiten im Volksgesetzgebungsverfahren behandelt werden dürfen, sondern nur Gesetze im materiellen Sinn63. Der ausgearbeitete Gesetzentwurf, von dem Art. 73 Abs. 3 RV. spricht, verlangt also im Gegensatz zu Einzelanordnungen, Maßnahmen, Anweisungen usw. die Aufstellung einer allgemeinen Rechtsregel. Es kann keine Initiative eingeleitet werden, um Herrn X. zu begnadigen oder Herrn Y. des Landes zu verweisen. Das ist kein Gesetz im materiellen Sinn und kein Gesetzentwurf im Sinne des Art. 73 Abs. 3 RV. Nur soweit die Verfassung selbst ausdrückliche Ausnahmen vorsieht und die Form des Gesetzes für andere als Gesetzgebungsakte anordnet, gilt das auch für den Gesetzentwurf des Volksbegehrens. Doch ist es von besonderer Bedeutung, daß Ausnahmen, wie die Feststellung des Haushaltplanes und andere budgetrechtliche Gesetze mäßig geregelte Gesetzesinitiative. Es wäre selbstverständlich unrichtig, zu sagen: Gesetz ist alles, worüber ein Volksbegehren eingeleitet wird, obwohl diese Definition logisch nicht minderwertiger wäre, wie die meisten Definitionen des sogenannten formellen Gesetzes. 63 Treffend Albert Keller, a. a. O., S. 116: „Es kann somit den Initianten nicht überlassen bleiben, nach Gutfinden irgendeinen Gegenstand durch die Repräsentative in Gesetzes- oder Beschlußform bringen zu lassen oder selber zu bringen, sondern dieselben prinzipiellen Voraussetzungen, von denen die Verfassung bei Umschreibung der gesetzgebenden Gewalt ausgeht, gelten auch für die Initianten, sofern für dieselben nicht eine Ausnahme getroffen ist.“ Vgl. ferner W. Burckhardt, Zur Einführung der Gesetzesinitiative im Bund, Politisches Jahrbuch der Schweiz. Eidgenossenschaft, Bern 1912, S. 373, E. Klaus, a. a. O., S. 46 ff.

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durch Abs. 4 von jener Ausnahme wiederum ausgenommen sind. Der Gegensatz eines durch Gesetzesinitiative eingeleiteten, mit einem Volksentscheid endenden Volksgesetzgebungsverfahrens zu den andern Fällen des Volksentscheids tritt dadurch klar hervor. Der Volksentscheid ist zwar inhaltlich meistens ein Gesetzgebungsakt und beim typischen Referendum die Bestätigung oder Ablehnung eines Gesetzesbeschlusses. Die Weimarer Verfassung behandelt ihn mit Recht in dem Abschnitt über Gesetzgebung. Aber abgesehen von dem gleich zu behandelnden Sonderfall des ein Volksgesetzgebungsverfahren abschließenden Volksentscheids hat er doch eine eigenartige Bedeutung, die über die bloße Teilnahme am Gesetzgebungsverfahren der ordentlichen Gesetzgebungsorgane hinausgeht. Er ist ein von dem übrigen Verfahren isolierter Sanktionsakt, die souveräne Entscheidung des Volkes gegenüber den Meinungsverschiedenheiten der ordentlichen Gesetzgebungsorgane, d. h. der (in der Hauptsache vom Volk gewählten) Magistrate. Das in geheimer Einzelabstimmung abstimmende Volk selbst ist niemals Behörde oder ein in normaler Zuständigkeit Gesetze erlassendes Staats„organ“. Es nimmt einen Souveränitätsakt vor, der als solcher immer dezisionistischen Charakter und Zusammenhang mit einer Ausnahme hat64. Die Volksabstimmung überhaupt ist nach einer Äußerung im Weimarer Verfassungsausschuß nur ein „äußerstes 64

Politische Theologie, S. 10.

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Mittel“65. Es wäre also sinnlos, zu sagen, das Volk habe hier in demselben Sinne eine Gesetzgebungszuständigkeit wie der Reichstag und sein Gesetzgebungs„organ“. Das ist schon deshalb unrichtig, weil es – immer vom Volksgesetzgebungsverfahren abgesehen – nur im Konfliktfall entscheidet. Man kann nicht einfach sagen, das Volk sei beim Volksentscheid der Souverän, denn es wird nur im Rahmen der Verfassung auf Grund der Anordnung von Magistraten tätig, nicht aber nach eigenem freien Ermessen, wie das zur Souveränität gehört. Aber es wird auch nicht angerufen wie ein Gerichtshof, obwohl man oft von einem „Appell an das Volk“ spricht66. Das Volk erscheint also beim Volksentscheid als Gesetzgeber, aber gleichzeitig als die höchste und letzte Instanz für die Entscheidung von Konflikten der an der Gesetzgebung beteiligten obersten Stellen. Es entscheidet, von außen angerufen und eingreifend, ohne vorher verfahrensmäßig mit dem konkreten Gesetzgebungsverfahren befaßt gewesen zu sein. Beim Volksentscheid auf Volksbegehren, d. h. beim Volksgesetzgebungsverfahren verhält es sich ganz anders. Der Fall der Verfassungsinitiative muß hier beiseite bleiben, wegen seines Zusammenhangs mit der besonderen Vorstellung vom pouvoir constituant, der in einer demokratischen So der Abg. Dr. Quarck, Protokolle S. 312. So besonders bei der Auflösung des Parlaments. Auch hier (bei Art. 25 RV.) ist die Auffassung von Hugo Preuß ganz von dem Gesichtspunkt des „Konflikts“ beherrscht; vgl. darüber AöR NF. (1925), S. 169. 65 66

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Verfassung stets von andern „pouvoirs“ unterschieden werden muß. Beim Volksgesetzgebungsverfahren aber ist der Volksentscheid der Abschluß eines Gesetzgebungsverfahrens, dessen Besonderheit darin liegt, daß es neben ordentlichen magistratischen Zuständigkeiten hergeht und wohl durch unveränderte Annahme seitens der ordentlichen Gesetzgebung in der Sache erledigt wird, aber wenn die Magistratur sich den Initianten nicht beugt, eben weiter geht. Für die Begriffe der reinen (d. h. hier der klassischen) Demokratie ist dieses Verfahren etwas ganz Singuläres. Denn das Volk wählt doch seine Magistrate und schenkt ihnen sein Vertrauen nicht, um selber in Konkurrenz mit ihnen die Staatsgeschäfte zu erledigen. Es kann sich die letzten Entscheidungen vorbehalten, aber nicht selbst zum Träger einer normalen Zuständigkeit im Sinne einer Magistratur werden. Besonders eine Funktion wie die Initiative, die typisch Angelegenheit der Magistratur ist, könnte es nach dieser Auffassung nicht ausüben. Es wurde aber schon erwähnt, daß das Volk, welches nach den positiven Verfassungsbestimmungen die Initiative ausübt, nur in einem ganz besonderen Sinne als Volk bezeichnet werden kann, nämlich nur deshalb, weil die Initianten nicht Behörden und nicht Magistrate sind. Umso eigenartiger ist es dann allerdings, daß sie gerade eine Gesetzgebungsinitiative, d. h. eine typisch magistratische Funktion wahrnehmen sollen. Die Singularität besteht natürlich nur solange, als Politik und Wirtschaft, Staat und Kommune, Regierung und Selbstverwaltung voneinander unterschieden werden, weil mit dieser Unterschei-

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dung auch der spezifische, die politische Einheit repräsentierende Charakter der Magistrate entfällt und alle ihre Tätigkeit sich in eine unterschiedslose Geschäftsbesorgung auflöst. *

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*

Zur politischen Theorie sei noch folgendes bemerkt: Die letzte Frage der unmittelbaren Demokratie betrifft die Möglichkeit einer staatlichen Organisation ohne Magistratur. Nach den bisherigen geschichtlichen Erfahrungen ist in Staaten mit politischem Leben eine Magistratur insofern unumgänglich, als jeder Versuch, sie zu beseitigen, dazu führen muß, daß entweder das Volk sich in einen Magistrat verwandelt und auf diese Weise gerade das Volkhafte verliert, oder aber ein anarchistisches Ideal von Staatslosigkeit verwirklicht wird. Die Unmittelbarkeit der Demokratie läßt sich nicht organisieren, ohne daß sie aufhört, unmittelbar zu sein. Würde ein Volk mit allen seinen Machtbefugnissen und Willensäußerungen in einem System von Zuständigkeiten restlos nach den Methoden geheimer Einzelabstimmung formalisiert, so müßte es als Volk verschwinden und zum Magistrat über sich selber werden – ein Widerspruch in sich. Darin liegt eine natürliche Grenze jeder unmittelbaren oder reinen Demokratie. Denn das restlos formalisierte Volk verliert seine lebendige Größe und Kraft, und selbst das natürlichste und unveräußerlichste Recht jedes Volkes, die Akklamation, hätte man ihm wegorganisiert. In der politischen

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und sozialen Wirklichkeit bleibt aber jedes Volk, solange es politisch existiert, trotz aller Ausdehnung seiner formalen Kompetenzen, doch immer wesentlich als eine über solchen Einzelabstimmungen erhabene Größe bestehen. Hier kann infolgedessen auch eine zahlenmäßige Minderheit als Volk auftreten und die öffentliche Meinung beherrschen, wenn sie nur gegenüber einer politisch willenlosen oder uninteressierten Mehrheit einen echten politischen Willen hat. Gerade das juristisch Nichtorganisierte gibt ihr dann eine Überlegenheit und die politische Möglichkeit, sich unmittelbar als Volk zu bezeichnen und ihren Willen mit dem des Volkes zu identifizieren. Daß es ihr nach allen geschichtlichen Erfahrungen wahrscheinlich gelingt, die öffentliche Meinung und die willenlose Masse der Abstimmungsmehrheit nach sich zu ziehen, wenn man nachträglich eine Abstimmung organisiert, ist dann nur eine Formalität. Wer in diesem Sinne das Volk ist, kann keine Verfassung eindeutig festlegen. Volk kann hier jede Menge sein, die unwidersprochen als Volk auftritt und damit selbst darüber entscheidet, wer in concreto, d. h. in der politischen und sozialen Wirklichkeit, als Volk handelt. Die Methoden moderner unmittelbarer Demokratie werden, – von den konservativen oder monarchistischen Gegnern abgesehen –, hauptsächlich von zwei ganz verschiedenen politischen Einstellungen aus bekämpft. Auf der einen Seite sind es radikale Anarchisten, vor allem Bakunin, der Größte unter ihnen, die das Referendum als eine

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Fälschung des Volkswillens bezeichnen67. Ihr Motiv ist der anarchistische Haß gegen jede Art von Magistratur, aber auch der Glaube an die naturhafte und lebendige Volkskraft, welche durch die heutigen Registrierverfahren zerstört wird. Auf der andern Seite sehen englische Demokraten und Liberale in den Methoden der unmittelbaren Demokratie eine Gefährdung des demokratischen Fortschritts, ja, geradezu ein reaktionäres Manöver. Innerhalb der angelsächsischen Welt hat man einen merkwürdigen Widerspruch in der Beurteilung der unmittelbaren Demokratie beobachtet: während in den Vereinigten Staaten von einer grenzenlosen Ausdehnung dieser Methoden das Tausendjährige Reich erwartet wird68, stehen die englischen Demokraten ihnen mit großer Skepsis gegenüber, weil die Konservativen darin ein Mittel gegen die Radikalisierung sehen. Lowell, der diesen Gegensatz feststellt, hat ihn nicht weiter erklärt69. Ob er heute noch in derselben Einfachheit vorhanden ist, scheint mir sehr fraglich. Soweit er aber besteht, liegt seine Erklärung in dem Gegensatz von parlamentarischem Liberalismus und moderner Massendemokratie70. Die Methoden unmittelbarer 67 Besonders über das Schweizerische Referendum als „neue Lüge“: Oeuvres (Paris 1910), II, S. 34, 42. 68 Ich gebrauche den Ausdruck „Tausendjähriges Reich“ im Hinblick auf die Kapitelüberschrift von L. Lowell, „Direct Legislation will not bring the Millennium“. 69 Public Opinion, S. 157, 234. 70 In dem großen Werk von James Bryce tritt diese prinzipielle Seite wenig hervor. Es ist noch von der liberalen Gesinnung eines J. St. Mill durchdrungen; daher auch – bei

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Demokratie sind oft als Mittel zur Korrektur des Parlamentarismus empfohlen worden71. Aber aus der Korrektur wurde schnell eine Kollision. In Frankreich und Belgien hat man das sofort empfunden72. In Deutschland blieb der Gegensatz infolge des gemeinsamen Kampfes gegen die Monarchie zunächst unbemerkt. Doch konnte er nach der Beseitigung des gemeinsamen Gegners nicht mehr übersehen werden und in der Weimarer Nationalversammlung tritt er schon deutlich hervor. Insbesondere fürchtete Hugo Preuß von jeder über die Entscheidung von Konflikten hinausgehenden Volksabstimmung eine Gefährdung des in Deutschland noch jungen parlamentarischen Systems und richtete mit einem geradezu klassischen Ausspruch folgende Warnung an den Verfassungsausschuß: „Sie machen deren Wirkung (nämlich der Erziehungsmethode des parlamentarischen Systems) illusorisch, wenn Sie über dieses parlamentarische System das Damokles-Schwert der reinen Demokratie hängen“73. Solange der Volksentscheid das ist, was er seinem Namen nach bedeutet, nämlich Entscheidung der von den ordentlichen staatlichen Organen vorgelegten Meinungsallem schuldigen Respekt – der Gesamteindruck des schon etwas Veralteten. 71 Für die Frage der Gesetzesinitiative ist hier von besonderem Interesse: W. Burckhardt, a. a. O., S. 365 ff. 72 Signorel, a. a. O., S. 147 / 48. 73 Protokolle, S. 309. Der Abg. Quarck meinte, S. 312 die Volksabstimmung sei nur ein äußerstes Mittel für den Fall, daß „sogar das parlamentarische System versage“.

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verschiedenheiten, hebt er in der Tat das parlamentarische System nicht auf. Die Einführung eines Volksgesetzgebungsverfahrens dagegen, einer Volksinitiative, deren Zweck es ist, ein neben der ordentlichen Gesetzgebung des Parlaments herlaufendes außerordentliches Gesetzgebungsverfahren in Gang zu bringen, hat allerdings diese gefährliche Wirkung. Das Gebiet, auf welchem der folgenreiche Zwiespalt zwischen Liberalismus und Demokratie sich dann am stärksten offenbart, ist das der Finanz. Dieser Begriff hat schon den literarischen Vater der neueren Demokratie, Rousseau, sehr beunruhigt. Im Contrat social zeigt sich trotz aller Verherrlichung der unmittelbaren Demokratie doch ein deutliches Gefühl für ihre natürlichen Grenzen. Das Volk ist als Souverän auf die Gesetzgebung und zwar Gesetzgebung im materiellen Sinne, beschränkt, die streng von Regierung und Verwaltung unterschieden wird und vor allem kein objet individuel kennt (Buch II, Kap. 6). Finanzfragen insbesondere gehören nicht in die Demokratie. Die Finanz ist etwas der Demokratie Gefährliches; „Ce mot de finance est un mot d’esclave74; il est in74 Buch III Kap. 15. Carl Brinkmann hatte die Freundlichkeit, mich zu meinem früheren Zitat dieses Wortes (Parlamentarismus, S. 19) darauf aufmerksam zu machen, daß in diesem Affekt gegen die Finanz auch der Haß gegen die Intendanten des französischen 18. Jahrhunderts zum Ausdruck komme. Das ist wohl richtig; wie meistens bei Rousseau schwingen viele Assoziationen mit. Aber der sachliche Inhalt der Stelle bleibt erkennbar. Die demokratische Freiheit ist nach Rousseau zu Ende, sobald das Geld erscheint. „Donnez

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connu dans la Cité.“ Deshalb darf es nach Rousseau in einem demokratischen Staat nur einfache, nur geradezu frugale Verhältnisse und vor allem keinen Reichtum und keinen Gegensatz von Arm und Reich geben – ein typisch rousseauistisches Ausweichen in eine idyllische Primitivität, das aber trotzdem einen politischen Instinkt für die Gefahr zeigt, welche der Demokratie vom Ökonomischen und Finanziellen her droht. Sobald an die Stelle politischer Begriffe wirtschaftliche Kategorien treten und ökonomische Gegensätze in Verbindung mit einem marxistischen Klassenbegriff die demokratische Homogenität gefährden, ändern sich nämlich auch alle Vorstellungen über die „Finanz“, d. h. das richtige Verhältnis und die Verteilung der Einnahmen und Ausgaben des Staates. Es entspricht der hergebrachten, in ihren historischen Wurzeln teils ständischen, teils liberal-bürgerlichen Überzeugung, daß derjenige, der die Abgaben leistet, sie auch bewilligen und ihre Verwendung kontrollieren muß. Aus dieser Überzeugung hat sich das moderne Budgetrecht entwickelt. Die alte „Volks“vertretung war eine Vertretung abgabenleistender oder steuerzahlender Volksteile, und was sie an Abgaben bewilligte, wurde von ihren Auftraggebern selbst geleistet. Damit war ein fester Zusammenhang von Abgabenleistung und Volksvertretung gegeben, an den man glaubte. Der berühmte libede l’argent, et bientôt vous aurez des fers“; dieser Satz geht dem „mot d’esclave“ unmittelbar voraus.

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rale Satz „no taxation without representation“ hat nur dann einen Sinn, wenn er auch umgekehrt gilt. In der Massendemokratie moderner Industriestaaten lassen sich solche einfachen Zusammenhänge und Zurechnungen nicht mehr aufrecht erhalten. Das „Volk“, d. h. die Abgabengesetze beschließende Mehrheit, schreibt auch der überstimmten Minderheit Abgaben und soziale Lasten vor. Das ist jedenfalls etwas wesentlich anderes als der alte Gedanke, daß Abgaben selbstverständlich nur, banal gesprochen, „aus der eigenen Tasche“ bewilligt werden können75. Der heutige Zustand braucht 75 Das gilt nicht nur für die Steuer-„bewilligungen“ in kommunalen Vertretungskörpern, für welche es in Deutschland (seit der Stabilisierung der deutschen Währung im Zusammenhang mit dem Problem des Finanzausgleichs) allgemein bewußt geworden ist; vgl. Popitz, Artikel Finanzausgleich, Handwörterbuch der Staatswissenschaft, Bd. III, S. 1013: „daß das allgemeine Wahlrecht die bewilligenden Volksvertretungen nicht selten so zusammensetzt, daß es nicht gerade diejenigen sind, die in höheren Einkommensteuerstufen stehen und die Zuschläge hart fühlen müssen, die in den Vertretungen von stärkerem Einfluß sind, sondern vielfach diejenigen, die weniger bemittelte Volkskreise vertreten“. Popitz sieht darin eine Schwächung des Gedankens der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Ferner A. Hensel, Gewerbesteuer und Finanzausgleich (Gutachten in der Veröffentlichung der Spitzenverbände dar Wirtschaft, 1926), S. 71: „Die Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl (Art. 17 II RV.) hat zu einer wesentlichen Verschiebung der politischen Kräfte in den Landesund Gemeindeparlamenten geführt, die bewirkte, daß die Mehrheit der Gemeindevertreter, welche die Neubewilligung von Ausgaben zu beschließen hatte, zwar formell gleichzeitig für die Deckung dieser Ausgaben zu sorgen hatte, materiell aber von der Belastung, die diese Deckung mit

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deshalb nicht ungerecht zu sein und wird vorläufig kaum geändert werden können, weil selbst der Glaube an solche einleuchtenden wirtschaftlichen Zurechnungen zerstört ist und der Begriff der „eigenen Tasche“ seine ständische oder individualistische Einfachheit verloren hat. Es ist nötig, sich dieser gewaltigen Änderung bewußt zu werden, wenn man über moderne Demokratie spricht. Denn auch hier sind das „Volk“, d. h. die abstimmende Mehrheit, welche die Steuern und Abgaben „bewilligt“, und das „Volk“, d. h. die Steuerzahler, die sie in der ökonomischen Wirklichkeit tatsächlich leisten, nicht mehr eindeutig dieselben Größen. Auch hier offenbart das Wort „Volk“ seine abgründige Vieldeutigkeit. Die Folge ist eine auffällige Unsicherheit gegenüber der Frage, wie weit Finanzangelegenheiten sich für die Methoden der unmittelbaren Demokratie eignen. Das zeigte sich auch in den Beratungen des Weimarer Verfassungsausschusses (Prot. S. 312). Der Abg. Dr. Quarck z. B. fand es „mißlich“, bei großen Steueraktionen einen Teil herauszureißen und der Volksabstimmung zu unterstellen; dann fügte er hinzu: „Ich gehe sogar so weit, anzunehmen, daß eine Volksabstimmung in Finanzfragen kaum rätlich ist. Andererseits müssen wir beachten, daß das Budgetrecht das vornehmste Recht der Demokratie ist.“ Dieses charakteristische „Andererseits“ enthält die sich brachte, in ihrer eigenen Tasche nicht unmittelbar betroffen wurde“. Über die aus ähnlichen Zusammenhängen entstandenen Vorschläge, die Ausgabeninitiative der Parlamente zu beschränken, vgl. oben S. 44.

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ganze Verwirrung von Parlamentarismus und unmittelbarer Demokratie. Es besteht kein Grund, darüber zu spotten. Denn die Zwiespältigkeit ist nur der Schatten einer großen Veränderung, die hinter den überlieferten Formen und Einrichtungen vor sich geht und alle Staatswesen der modernen, auf geheimer Einzelabstimmung beruhenden Massendemokratie vor ein völlig neues Problem der „Finanz“ stellt. Rousseaus schicksalsvolles Mot d’esclave erscheint jetzt von neuem, und mit einem Lobe kleiner Verhältnisse wird man es heute nicht mehr beschwören.

Editorische Nachbemerkung Die Schrift „Volksentscheid und Volksbegehren“ von Carl Schmitt ist 1927 als Heft 2 in der Reihe „Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“ des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin erschienen, herausgegeben von Victor Bruns in Gemeinschaft mit Friedrich Glum, Ludwig Kaas, Rudolf Smend und Heinrich Triepel. In der neuen Auflage sind die Korrekturen berücksichtigt, die vom Verfasser in sein Handexemplar eingetragen wurden. Es befindet sich im Nachlass Carl Schmitts, Landesarchiv NRW, Abtlg. Rheinland, RW 265 Nr. 28269. Die Korrekturstellen sind im Text durch Anmerkungen in eckigen Klammern gekennzeichnet, die Korrekturen selbst sind dem Haupttext als Anhang vor dem Namenverzeichnis beigefügt. Bis auf den Eintrag im Vorsatz sind alle Korrekturen und Zusätze in Gabelsberger Stenographie notiert, die von Hans Gebhardt (†) transkribiert wurden. Orthographie und Zeichensetzung entsprechen der Erstauflage. Die Bedeutung der vorliegenden Schrift für die mittlere Schaffensperiode Carl Schmitts wird nicht nur durch die Weiterführung und Systematisierung der Begriffe für Volk, Demokratie, Öffentlichkeit

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Editorische Nachbemerkung

und Akklamation in der 1928 erschienenen „Verfassungslehre“ deutlich, sondern auch durch die Aufnahme der Seiten 79 bis 83 als Kapitel 10 „Demokratie und Finanz (1927)“ in den Sammelband „Positionen und Begriffe“ (1939). Den für die Akklamationsthese auf Seite 52 so prominent hervorgehobenen Theologen Erik Peterson – Schmitt hatte ihn im November 1924 in Bonn kennengelernt –, erwähnt er später bei der Ausarbeitung nicht mehr. Berlin, im Februar 2014 Gerd Giesler für den wissenschaftlichen Beirat der Carl-Schmitt-Gesellschaft e.V.

Korrekturbemerkungen Carl Schmitts Die Korrekturen sind als stenographische Notizen am Seitenrand geschrieben, z. T. sind sie nur schwer entzifferbar. S. 34 [1] Einfügung: „Absolutistisch! bei Bodin [De La] Repl.[ublique] S. 249 in Federlist [Papers] abgeleitet S. 239 (Die Steuergewalt …)“ S. 35 [2] Einfügung: „§ 187 der Frankfurter Verfassung: die Volksvertretung hat ein Recht des Gesetzvorschlags, bei der Gesetzgebung, bei der Ordnung des [Staats] Haushalts!“ S. 37 [3] Korrektur: „dass dieser Zusammenhang rechtlich von Bedeutung ist und zeugt. Sie zeigt aber auch,“ statt „die rechtliche Bedeutung dieses Zusammenhangs und zeigt,“. S. 44 [4] Einfügung: „und umgekehrt: Irgendein Posten im Budget kann politische Bedeutung haben, wobei es auf Geldsummen nicht mehr ankommt (Panzerkreuzer)“ S. 44 [5] Ergänzung: „Tübingen, die Ausgabe [Gaston Jèze, Allgemeine Theorie des Budgets] 1927, S. 65“ S. 50 [6] Einfügung: Textabsatz

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Korrekturbemerkungen Carl Schmitts

S. 52 [7] Einfügung: „Die Akklamation dann schreibend durch Leserzuschriften“ S. 56 [8] Ergänzung: „Würde man das deutsche Volk fragen, ob es eine gerechte, wenn möglich Aufrechnung der Aufwertung wünsche, so wird es Ja sagen; würde man die Frage dahin stellen, ob es eine Regelung der Aufwertung auch auf die Gefahr einer neuen [Arbeits]losigkeit wünsche, so würde es wohl Nein sagen usw.“ S. 60 [9] Korrektur: „Es wäre daher keineswegs selbst demokratisch,“ statt „Es wäre daher unrichtig, zu meinen, es sei demokratisch,“ S. 60 [10] Korrektur: „Möglichkeit des Volksentscheids“ statt „Möglichkeit beim Volksentscheid“ S. 63 [11] Korrektur: „Ob das Volk auch genügend gebildet und praktisch erzogen ist, um für politische Fragen schon gereift zu sein, ist ein Problem, das für den wirklichen Demokraten nicht zählen kann.“ statt „Mit dem Problem der Bildung oder Erziehung hat das wenig zu tun.“ S. 64 [12] Einfügung: „Die Verantwortlichkeit übernehmen, anderes Risiko tragen, als das der Klassen“ S. 65 [13] Einfügung: „oder S. 764 (Schluss). Die reine Demokratie entspricht einem Staate mit einer vorzugsweise nach Innen gerichteten Politik. Fehlgriffe und Irrtümer des Volkes und der Regierung lassen hier eine spätere Berichtigung zu. – Anders verhält es sich auf dem Gebiet der auswärtigen Politik. So bedeutungsvoll auch die auswärtige Verwaltung seit

Korrekturbemerkungen Carl Schmitts

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der Begründung des Bundesstaats für die Schweiz geworden ist, an den großen Entscheidungen der europäischen Politik hat sie nicht teilgenommen.“ Eintrag auf dem Vorsatz Denquin, Jean-Marie, Référendum et plébiscite. Avec une préface de Denis Lévy. Paris, 1976, Librairie générale de droit te de jurisprudence. (356 Seiten) Bespr[echung] Der Staat, 17, Heft 4 (1978), Hans v. Mangoldt Ergebnis: Eine wissenschaftliche Unterscheidung von Ref.[erendum] u. Pl.[ebiszit] ist nicht möglich; halbdemokratisch in der Hand der Machthaber.

Namenverzeichnis Kursive Seitenzahlen verweisen auf Anmerkungen Ablaß (Abgeordneter) 30 Anschütz, G. 9, 18, 27 Anson, W. R. 39 Arndt, A. 44 Bakunin, M. 76 Best 24 Bonaparte, Louis Napoleon 56 Braun, P. E. 18, 42 f., 46 Bredt , J. V. 15, 18, 62 Brinkmann, C. 79 Bryce, J. 62, 77 Burckhardt, W. 71, 78 Cohn (Abgeordneter) 29 Delbrück (Abgeordneter) 22, 30 Denquin, J.-M. 89 Dicey, A. V. 45 Duguit, L. 42 Dümmler, L. 31, 44 Erskine May, Th. 39, 40, 44 f. Esmein, A. - Nézard, H. 34, 43

Fetzer, M. 17–19, 26 Fleiner, F. 46, 61, 63, 65, 67 Fricker, C. F. 38 Fritz 18 Giese, F. 18, 27 Gröber (Abgeordneter) 30, 36 Haenel, A. 36, 70 Hasbach, W. 62 Hatschek, J. 14, 18, 27, 40, 44 Hensel, A. 81 Huber, R. 27, 44 Inhoffen, A 13, 15 Jèze, G. 40, 44, 45, 87 Katzenstein (Abgeordneter) 30 Keil (Abgeordneter) 22, 29 Keller, A. 61, 71 Klaus, E. 61, 71

Namenverzeichnis

91

Koch (Abgeordneter) 12, 22, 29, 30

Preuß, H. 11, 59, 60, 64, 73, 78

Laband, P. 36, 70 Lally-Tollendal, G. de 40 Lévy, D. 89 Leyden, Graf 38 Lippmann, W. 49, 55 f. Lowell, L. 40, 55 f., 61, 77

Quarck (Abgeordneter) 22, 30, 73, 78, 82

Mallock, H.W. 5 Mangoldt, H. von 89 Mayer, O. 31, 36 McCane Lindsay, S. 40 Meißner, R. 51 Mendelssohn-Bartholdy, A. 40, 44 f. Merkl, A. 67 Michels, R. 5 Mill, J. St. 70, 77 Mommsen, Th. 51, 55 Mügel, O. 24

Redlich, J. 40 Rotenhan, H. Freiherr von 38 Rousseau, J. J. 52, 79 f., 80, 83 Saemisch, M. 22, 30, 36, 41 Schmitt, C. 66, 72 Schollenberger, J. J. 61 Schultz-Bromberg (Abgeordneter) 9 Seydel, M. von 31, 38 Sibert, M. 40 Signorel, J. 10, 78 Stier-Somlo, F. 17 f., 26 Sumner Maine, H. J. 56

Nawiasky. H. 62 Oberholtzer, E. P. 63 Ostrogorski, G. 49

Thoma, R. 66 Triepel, H. 17 f., 19, 25 f., 29, 66

Peterson, E. 52 Poetzsch, F. 17 Popitz, J. 81

Willoughby, W. Ch. 40 Willoughby, W. W. 40 Wittmayer. L. 19, 26