200 57 14MB
German Pages 288 [292] Year 2012
Linguistische Arbeiten
361
Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese
Wolfgang
Falkner
Verstehen, Mißverstehen und Mißverständnisse Untersuchungen an einem Korpus englischer und deutscher Beispiele
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1997
Meinen Eltern
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Falkner, Wolfgang: Verstehen, Mißverstehen und Mißverständnisse : Untersuchungen an einem Korpus englischer und deutscher Beispiele / Wolfgang Falkner. - Tübingen : Niemeyer, 1997 (Linguistische Arbeiten ; 361) ISBN 3-484-30361-1
ISSN 0344-6727
(D 19 Philosophische Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaft I) © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1997 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Dnick GmbH, Darmstadt Buchbinder: Industriebuchbinderei Hugo Nädele, Nehren
Inhalt Vorwort
IX
Abkürzungen und andere typographische Konventionen
XI
1. Das Mißverständnis als Untersuchungsgegenstand 1.1 1.2 1.3 1.4
Verstehen, Mißverstehen und Mißverständnisse Das Mißverständnis - ein kommunikativer Unfall? Das (sprachwissenschaftliche Interesse am Mißverständnis Zur Vorgehensweise
2. Das Mißverständnis aus verschiedenen Perspektiven 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7
Die Die Die Die Die Die Die
soziolinguistische Perspektive feministisch-linguistische Perspektive kommunikationsethnographische Perspektive konversationsanalytische Perspektive pragmatische Perspektive systemlinguistisch-semantische Perspektive 'richtige' Perspektive
3. Das sprachliche Material: Korpus gesucht! 3.1 Der Gegenstand der Suche 3.2 Probleme der Empirie 3.2.1 Erfundene Beispiele 3.2.2 Experimentell erzeugte Beispiele 3.2.3 Beispiele aus realen Interaktionssituationen 3.2.3.1 Tonband- und Videoaufnahmen 3.2.3.2 Die diary method 3.2.4 Fazit 3.3 Zur Erstellung des Korpus 3.3.1 Probleme fiktionaler Beispiele aus theoretischer Sicht 3.3.2 Praktische Probleme 3.3.3 Vorteile 3.4 Die Zusammensetzung des Korpus
1 1 3 6 8
11 11 19 21 22 31 39 42
45 45 47 47 50 52 52 57 61 62 63 64 6566
VI 4. Theoretische Grundlagen: Ein Kommunikationsmodell 4.1 Ausgangspunkte 4.1.1 Sprachliches und kommunikatives Handeln 4.1.2 Sprechhandlungen 4.1.2.1 Grundlegende Begriffsbestimmungen bei Austin und Searle 4.1.2.2 Diskussion und Differenzierung der Definitionen 4.1.3 Die Äußerung zwischen Sprecherin und Hörerin 4.1.4 Das Mißverständnis: eine Definition 4.2 Das Modell 4.2.1 Relevante Faktoren bei der Produktion und Interpretation lautlicher Ereignisse 4.2.2 Die kommunikative Funktion 4.3 Fazit
5. Die Analyse des Korpus aus Sicht des Kommunikationsmodells 5.1 Ursachen von Mißverständnissen 5.1.1 Lautliche Ursachen 5.1.2 Verschiedene Varietäten und kulturelle Differenz 5.1.3 Wissen der Beteiligten 5.1.4 Intentional herbeigeführte'Mißverständnisse' 5.1.4.1 Intention seitens der Sprecherin / des Sprechers 5.1.4.2 Intention seitens der Hörerin / des Hörers 5.1.5 Spezifische Erwartung aufgrund von scripts 5.1.6 Kotext 5.1.7 Probleme der Zuordnung und Abgrenzung von Ursachen 5.2 Funktionale Differenz als Beschreibungskriterium 5.2.1 Mißverständnisse auf propositionaler Ebene 5.2.2 Mißverständnisse auf illokutionärer Ebene 5.2.3 Mißverständnisse auf der Ebene der Modifikatoren 5.2.4 Zusammenfassung 5.3 Nonverbale und nichtkommunikative Bestandteile von Mißverständnissen 5.3.1 Nonverbales nichtkommunikatives Verhalten als Auslöser 5.3.2 Nonverbale kommunikative Handlungen als Auslöser 5.3.3 Nonverbale Manifestationen 5.3.4 Rein nonverbale Mißverständnisse 5.3.5 Fazit 5.4 Eine Typologie von Mißverständnissen
69 69 69 70 71 73 78 82 84 85 88 97
99 100 100 105 109 111 111 112 115 117 120 122 123 130 140 149 151 152 153 155 156 157 158
VII 6. Abgrenzungen und fließende Übergänge: Das Mißverständnis und seine Nachbarn 6.1 Mißverständnisse und Nichtverstehen 6.2 Mißverständnisse und Mißinterpretationen 6.3 Mißverständnisse, Mißverstehen und Verstehen
161 161 168 170
7. Zusammenfassung
181
Anhang
185
1. Quellenangaben 2. Zur Wiedergabe der Beispiele 3. Das Material 3.1 Lodge (1983), The British Museum is falling down (BM) 3.2 Cheepen & Monaghan (1990), Spoken English: A practical guide (CHMO) 3.3 Lodge (1978), Changing places (CP) 3.4 Eigene Beispiele (EIG) 3.5 Lodge (1984), Ginger, you're barmy (GB) 3.6 Lodge (1989), Nice work (NW) 3.7 Lodge (1985), Small world (SW)
Literatur 1. Quellentexte fiir den empirischen Teil 2. Wörterbücher 3. Weitere Literatur
185 187 190 190 200 202 209 223 224 244
263 263 263 263
Namenregister
271
Sachregister
273
Vorwort Eine Aufzählung all derer, die mit guten Ideen, Literaturhinweisen, kritischen Anmerkungen oder aufmunterndem Zuspruch zum Zustandekommen dieses Buches beigetragen haben - oder bzw. und dadurch, daß sie an Mißverständnissen beteiligt waren und mir damit unfreiwillig Datenmaterial geliefert haben -, kann kaum vollständig sein. Danken möchte ich zunächst und ganz besonders meinen sprachwissenschaftlichen Lehrern, Leonhard Lipka, der das Entstehen der Arbeit mit unzähligen wertvollen Anregungen und der nötigen Geduld solidarisch begleitet hat, und Friedrich Ungerer (Rostock), dem die Arbeit wesentliche Denkanstöße und zahlreiche unverzichtbare Hinweise verdankt. Auch Helmut Gneuss danke ich für viele nützliche Verbesserungsvorschläge. Des weiteren gilt mein herzlicher Dank den Herausgebern der Linguistischen Arbeiten, vor allem Hans Altmann, Hans Jürgen Heringer und Herbert E. Brekle; Hans-Jörg Schmid für die äußerst scharfsinnige, kritische und konstruktive Auseinandersetzung mit meiner Arbeit in allen ihren Stadien; Nicholas Jacob-Flynn für die unermüdliche Hilfe (auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten) mit den englischsprachigen Beispielen; Sabine Lauber für die ausgesprochen gründliche Lektüre und Korrektur des Manuskripts; meinen (teilweise ehemaligen) Kolleginnen Alasdair Archibald, Andrea Brosch-Heiler, Karen Galtress, Anthony Handley, Gabriele Jacob-Flynn, Lucia Kornexl, Andreas Mahler, David Marks, Jane Mortimer, Fiona Scanion, Christiane Stadler, Hans Ulherr (alle München), Ingrid Fandrych (Lesotho), Barbara Kryk-Kastovsky (Posen), Ute Labuhn (Heidelberg), Eva Leitzke-Ungerer (Rostock), Ursula Lenker (Eichstätt), Felicity Rash (London) und Danko Sipka (Posen) für vielfaltige Unterstützung; Jean Aitchison (Oxford) und Adrienne Lehrer (Tucson) für wichtige Lektürehinweise; Christine Kellner vom Münchner Promotionsausschuß für ihre enorm motivierende Freundlichkeit; Carmen Luna, Andrea Welzel und Birgitta Zeller für die gute Zusammenarbeit bei der Erstellung der Druckvorlage; den Teilnehmerinnen des sprachwissenschaftlichen Kolloquiums am Münchner Institut für Englische Philologie; nicht zuletzt einer Reihe von Studentinnen und Studenten in meinen Proseminaren und Übungen, die mir durch ihr Interesse immer wieder den Sinn und Nutzen einer solchen Arbeit vor Augen geführt haben. Annegret Schumann schließlich gebührt mein allergrößter Dank für alle genannten Arten der Unterstützung und noch für viele mehr.
Abkürzungen und andere typographische Konventionen In dieser Arbeit bezeichnet 'S' generell die Rolle der Person, die ein sprachliches Ereignis oder eine kommunikative Handlung, welche ein Mißverständnis (oder ein Nichtverstehen oder ein anderes Phänomen, das untersucht wird) auslöst, produziert. Ή ' bezeichnet die Person, die das sprachliche Ereignis oder die kommunikative Handlung rezipiert und interpretiert. Gegebenenfalls werden mehrere Hörerinnen als Ή Γ und Ή 2 ' , andere Beteiligte, die nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem untersuchten Phänomen stehen, als Ό ' , ' O l ' oder ' 0 2 ' (für others, 'andere') bezeichnet. Ich folge damit im wesentlichen Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 39), die die Verwendung von 'S' und Ή ' allerdings auf die Beteiligten an Mißverständnissen beschränkt, während es in der vorliegenden Arbeit auch um Beteiligte an anderen Fällen funktionierender oder nicht funktionierender Kommunikation geht. Klar ist, daß die Bezeichnungen 'Sprecherin' und 'Hörerin' Vereinfachungen darstellen, weil es in natürlicher Kommunikation keine 'Sprecherinnen' und 'Hörerinnen', sondern nur speaker-hearers gibt (vgl. dazu etwa Goodwin 1981), also Beteiligte, die beide Funktionen abwechselnd oder auch simultan erfüllen. Diese Konvention dient lediglich einer einheitlichen Darstellung der Rollen in bezug auf das Phänomen in der Kommunikation, das jeweils untersucht wird, und ermöglicht außerdem eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise. Im Text und im Anhang dieser Arbeit (vgl. zur Zusammensetzung des Anhangs S. 66 und S. 185) werden die Abkürzungen S, H und O für die jeweiligen Rollen auch in dem sprachlichen Material verwendet, das aus anderen Arbeiten sowie aus Romanen von David Lodge und aus dem Korpus von Cheepen & Monaghan (1990) stammt und diese Abkürzungen im Original nicht enthält. In solchen Fällen stehen S, H oder O jeweils in eckigen Klammern ([S], [H], [O]) und ersetzen in den Beispielen aus Romanen von Lodge gegebenenfalls Eigennamen von Figuren, die an dieser Stelle im Originaltext vorkommen. Nur so ist es in jedem Fall möglich, Redebeiträge zweifelsfrei den verschiedenen Beteiligten zuzuordnen. Derjenige Redebeitrag von S, der ein Mißverständnis oder eine andere zu untersuchende Folge auslöst, wird im sprachlichen Beispielmaterial stets mit nach außen spitzen Klammern ( < < < . . . > > > ) , eine Reaktion von H, in der sich eine von Ss Intention abweichende Interpretation manifestiert, mit nach innen spitzen Klammern ( > > > . . . < < < ) markiert (vgl. dazu auch S. 26). Sonstige Informationen zur Wiedergabe des Beispielmaterials finden sich auf S. 187 ff. Um eindeutige und zugleich knappe Quellenverweise für das verwendete sprachliche Material zu ermöglichen, werden die Beispiele jeweils mit einem Quellenkürzel versehen. Wie sich diese Kürzel zusammensetzen, wird auf S. 185 f. erläutert. Hinsichtlich der verwendeten Texte von Lodge unterscheiden sich Quellenkürzel für Beispiele, die im Korpus beziehungsweise im Anhang enthalten sind (nach dem Muster 'CP 50', wobei die Ziffern jeweils die Seitenzahl im Quellentext angeben), von son-
XII stigen Verweisen auf Textstellen (die nicht im Korpus enthalten sind), in denen stets 'S.' eingeschoben ist (nach dem Muster 'CP S. 50'). Wenn im Text auf sprachliches Material verwiesen wird, so geschieht das in der Regel mit Hilfe der Nummern, die die Beispiele aufgrund der Reihenfolge ihrer Verwendung im Text haben (zum Beispiel (5.7) = das siebte Beispiel im fünften Kapitel). Diese Nummern sind stets kursiv gedruckt und stehen immer in Klammern, damit sie klar von Abschnittsnummern (zum Beispiel 2.7) zu unterscheiden sind. Auf Fälle, die nur im Anhang der Arbeit und nicht auch im Text enthalten sind, wird mit dem Quellenkürzel verwiesen. Da typographische Konventionen an verschiedenen Stellen der Arbeit eingeführt und erläutert werden, sind im folgenden alle verwendeten Abkürzungen und Symbole im Überblick aufgelistet:
AmE BM BrE CHMO
US-amerikanisches Englisch Lodge (1983), The British Museum is falling down britisches Englisch (Beispiele aus) Cheepen & Monaghan (1990), Spoken English: A practical guide Lodge (1978), Changing places CP EIG Eigene Beispiele Funktion F Funktion aus Sicht von S / von H F„ F h ? unklare Funktion aus Sicht von H Fh GB Lodge (1984), Ginger, you're barmy (bzw. H l , H2) (verschiedene) Hörerln(nen) (vgl. dazu genauer S. XI) H Illokution I Illokution aus Sicht von S / von H Ih illokutionärer Mißverständnistyp Illok. irisches Englisch IrE Kommentar Κ Leserin L Modifikatoren M Modifikatoren aus Sicht von S / von H M., M h männlich m. Modifikatoren-Mißverständnistyp Modif. MV i. w. S. Mißverständnis im weiteren Sinn Lodge (1989), Nice work NW (bzw. O l , 02) other, andere/r Beteiligte/r an einer Gesprächssituation 0 (außer S und H) Proposition Ρ Proposition aus Sicht von S / von H Ps> Ph
XIII Prop. /réf. referentieller Subtyp propositionaler Mißverständnisse Prop./Implik. Implikaturen-Subtyp propositionaler Mißverständnisse Prop./strukt. struktureller Subtyp propositionaler Mißverständnisse Quelle Q s Sprecherin (vgl. dazu genauer S. XI) sw Lodge (1985), Small world τ Typ (von Mißverständnis) υ utterance, Äußerung us,uh utterance, Äußerung, aus Sicht von S / von H Urs Ursache weiblich w. W. F. Wolfgang Falkner X sprachliche Struktur1 x sprachliche Struktur aus Sicht von S / von H s> x h f unklare sprachliche Struktur aus Sicht von H •Xh
>>>... Partei * hat die besseren Argumente als Partei y Kirschkerne auf dem Boden deuten auf schlechtes Benehmen
Abb. 2.3
ÄUSSERN ^
H(x) hat H(y) ausgestochen
Ausspucken der Kerne
(Dobrick 1985 : 49)
Die Differenzierung dieser drei Begriffe ist die Grundlage eines Kommunikationsmodells, das die dyadische Kommunikationssituation als einen "Kreisprozess" [sie] (Dobrick 1985: 14) darstellt und von dem Dobricks weitere Überlegungen zum Verhältnis zwischen Verstehen, Nicht- und Mißverstehen ausgehen. Die Vorstellung von Kommunikation als einem Kreisprozeß gründet in der Erkenntnis, daß Sprechund Wahrnehmungsvorgänge nicht getrennt oder nacheinander ablaufen, sondern parallel. Trotz des scheinbar ständigen Wechsels der Sprecherrolle in der Interaktion gibt es häufig gleichzeitiges Sprechen, sowie mimisch-gestische Artikulation des Hörers, die als Sprech-Ersatz betrachtet werden kann. So äußert sich der Wahrnehmende beim Hören, und der Sprecher nimmt zugleich wahr. (Dobrick 1985: 93)
In dem Kommunikationsmodell (Dobrick 1985 : 97) wird dieser Grundgedanke, daß Sprecher- und Hörerrolle nicht im Verhältnis einer Einbahnstraße zueinander stehen,
38 sondern daß Kommunikation vergleichbare Vorgänge auf beiden Seiten voraussetzt, anschaulich dargestellt:
Abb. 2.4
Dyadisches Kommunikationsmodell (Dobrick 1985: 97)
Außerdem finden sich hier die beiden Funktionen interaktiven Agierens wieder, die Dobrick (vgl. 1985: 94 f.) unterscheidet: die Zeichenfunktion des Gesagten bzw. Gehörten in bezug auf das Gemeinte bzw. Verstandene und die instrumentelle Funktion sowohl des Gesagten bzw. Gehörten als auch des Gemeinten bzw. Verstandenen hinsichtlich der Intention. Wesentlich an dem Modell erscheint mir, daß hier Sprecherintention und Hörerintention ebenso wie das Gemeinte und das Verstandene einander gleichberechtigt gegenüberstehen. Die senkrechten Linien in der Mitte des Modells repräsentieren "die Beobachtungsebene des 'objektiven' Geschehens" (Dobrick 1985: 96), über die hinaus es keinen kommunikativen Inhalt gibt, der nicht von der jeweiligen Perspektive der Beteiligten abhängig wäre. Damit wendet sich Dobrick von jenen traditionell pragmatischen Ansätzen ab, nach denen die Hörerrolle darin besteht, die Sprecherintention zu rekonstruieren, und das Verstandene lediglich als Funktion des Gemeinten aufgefaßt wird. In dieser Relativierung liegt die wesentliche Leistung und der Nutzen von Dobricks Ansatz (vgl. dazu auch 4.1.3, S. 81, Anm. 27, und 4.1.4, S. 82).
39
2.6 Die systemlinguistisch-semantische Perspektive Hier ist zunächst die gut zweihundertseitige Arbeit von Eva Lavric (1990) unter dem Titel Mißverstehen verstehen zu nennen. Diese beleuchtet Mißverständnisse anhand von Beispielen aus dem Deutschen und Französischen zwar sowohl aus systemlinguistisch-semantischer als auch aus pragmatischer Perspektive. Der Untertitel der Arbeit "Opake Kontexte und Ambiguitäten bei indefiniten und definiten Nominalphrasen" weist allerdings darauf hin, daß Lavrics Interesse sich auf einen ganz bestimmten Typ von Mißverständnissen konzentriert. "Ausgangspunkt all der in dieser Arbeit angestellten Überlegungen" (Lavric 1990: 5) ist ein Mißverständniswitz26, in dem eine zweideutige Nominalphrase für humoristische Zwecke eingesetzt wird. In dem Witz, einem Cartoon aus der österreichischen Neuen Kronen-Zeitung (vgl. Lavric 1990: 6), steht ein Lehrer vor seiner Klasse und sagt: "Die Polizei sucht einen jungen Mann, der im Umkreis unserer Schule Mädchen belästigt!" Fredi, der Titelheld der gleichnamigen Serie gezeichneter Witze, fragt daraufhin mit sichtlichem Enthusiasmus: "Wo kann ich mich melden?" Er versteht die indefinite Nominalphrase ein junger Mann also nicht - wie vom Lehrer intendiert "als eine bestimmte konkret existierende Person", sondern "als eine zukünftige Person, deren Identität noch nicht feststeht und deren Rolle der Schüler daher selbst übernehmen will" (Lavric 1990: 13). Die Nominalphrase referiert in der Lesart des Lehrers auf ein Faktum, in der des Schülers auf ein Desideratum (vgl. Lavric 1990: 71). Die Feststellung einer referentiellen Ambiguität allein ist aber, wie Lavric betont, nur der eine Teil einer linguistischen Analyse. Jedes Mißverständnis hat grundsätzlich zwei Seiten, entsprechend den zwei Arten von Bedingungen, die zusammentreffen müssen, damit an ihrem Schnittpunkt ein Mißverständnis entstehen kann: eine pragmatische und eine systemlinguistische Seite. Daher muß auch die Erklärung/Deutung eines Mißverständnisses auf diesen beiden Ebenen erfolgen. (Lavric 1990: 43)
Wesenüich für eine Erklärung der Ursache des Mißverständnisses - und damit auch der potentiell belustigenden Wirkung auf Rezipienten (aber wohl kaum auf Rezipientinnen) des Witzes - sind die pragmatischen Faktoren, auf die die Interpretation der Lehrer-Äußerung durch den Schüler zurückgeführt werden kann: Das, worin der Lehrer eine verwerfliche, ja strafbare Handlung und einen Anlaß für Anzeige und polizeiliche Untersuchung sieht, ist für den Schüler dermaßen positiv konnoüert, daß er all sein Weltwissen über Polizei, gute Manieren und Schulideologie darüber vergißt und sich auf diese Weise lächerlich macht. (Lavric 1990: 13)
Diese pragmatisch-systemlinguistische Doppelperspektive zieht sich als Grundprinzip durch Lavrics Untersuchung. Sie versucht einerseits, aus pragmatischer Sicht "die
26
Zur häufigen Ausbeutung von Mißverständnissen für humoristische Zwecke vgl. Ulrich (1978), Nash (1985) und Norrick (1993).
40 Interpretation des konkreten Beispiels in eine allgemeine Theorie der Entstehung von Mißverständnissen einzubetten" (Lavric 1990: 1) - ein nicht nur auf den ersten Blick fragwürdiges Unterfangen angesichts der nicht unbedingt repräsentativen Qualität des Beispielmaterials (dazu gleich noch mehr). Andererseits zeigt sie im Lauf ihrer Überlegungen anhand des Ausgangsbeispiels verschiedene Möglichkeiten der Ambiguität indefiniter Nominalphrasen auf. Diese "Theorie der Ambiguitäten bei indefiniten Nominalphrasen", wie Lavric (1990: 215) das dritte Kapitel ihrer Untersuchung explizit verstanden wissen will, ist zweifellos in ihrem eigenen Recht eine interessante und detaillierte Analyse verschiedener Aspekte der Referenz ganz bestimmter sprachlicher Strukturen. Einseitig und auch irreführend ist diese Analyse und der breite Raum, den sie innerhalb der gesamten Untersuchung einnimmt, allerdings insofern, als das diskutierte Phänomen nur einen kleinen Teilbereich der Bandbreite möglicher Arten von Mißverständnissen abdeckt. Referentielle Ambiguität ist aus pragmatischer Sicht nur eine Variante der Mehrdeutigkeit sprachlicher Strukturen, die in einem sehr viel weiteren Sinn bei allen Mißverständnissen eine Rolle spielt. Auch unter den systemlinguistisch relevanten Fällen stellen Probleme der Referenz indefiniter Nominalphrasen nur einen Ausschnitt dar. Aber auch Lavrics pragmatische Theorie der Entstehung von Mißverständnissen ist, wie bereits angedeutet, angesichts des äußerst begrenzten Beispielspektrums problematisch. Lavric (vgl. 1990: 25 ff.) gibt zunächst einen Überblick über mögliche Ursachen des Mißverstehens. Sie nennt
-
"Falsche Einschätzung des Hörer-Horizonts" durch den Sprecher (vgl. Lavric 1990: 25-27) und, komplementär dazu, "Falsche Einschätzung der Sprecher intention" durch den Hörer (vgl. Lavric 1990: 30-33), voneinander abweichende "Referenzrahmen"27 bei Sprecher und Hörer (vgl. Lavric 1990: 27-30) und schließlich "Mangelnde Sprachbeherrschung?" [sie] durch Sprecher oder Hörer (Lavric 1990: 38 f.).
Wie sich in 5.1 zeigen wird, wird diese Auflistung dem Spektrum möglicher Ursachen bei weitem nicht gerecht. Das läßt sich, ebenso wie andere, grundsätzliche Einwände gegen den Beschreibungswert von Lavrics Theorie, auch auf die äußerst begrenzte Bandbreite der von ihr herangezogenen Beispiele zurückfuhren. Im übrigen sind von insgesamt 162 sprachlichen Belegen nur 1728 als Mißverständnisse - im Sinne von
27
28
Der Begriff des Referenzrahmens stammt von Weissenborn & Stralka (1984), auf deren Aufsatz im folgenden näher eingegangen wird. Sie verstehen unter einem Referenzrahmen "die Menge der Propositionen [...], die es erlaubt, den in der Kommunikation auftretenden Äußerungen eine eindeutige Referenz zuzuweisen" (Weissenborn & Stralka 1984: 113). Im einzelnen: das unnumerierte Beispiel auf S. 26 und von den 161 durchnumerierten Beispielen die Fälle (1) bis (15) (S. 6-38) sowie (28) auf S. 72. Alle Angaben beziehen sich auf Lavric (1990).
41 Lavrics (vgl. 1990: 8) eigener sowie auch meiner Begriffsbestimmung - anzusehen. Bei allen anderen Beispielen handelt es sich um sprachliche Strukturen, die für sich allein, also isoliert von konkreten Kommunikationszusammenhängen, auf Aspekte semantischer Ambiguität hin analysiert werden und insofern lediglich potentielle Auslöser für Mißverständnisse darstellen (eine Funktion, die grundsätzlich jede beliebige sprachliche Struktur erfüllen kann, wie spätestens aus den folgenden Kapiteln meiner Arbeit deutlich werden dürfte). Bei den 17 Mißverständnissen handelt es sich zum größeren Teil um Mißverständniswitze, die aus einschlägiger Literatur übernommen sind. Ein Beispiel, eine in Dialogform wiedergegebene Gesprächssituation, bezeichnet Lavric (vgl. 1990: 26) ausdrücklich als authentisch. Vielversprechend erscheint an Lavrics Ansatz auf den ersten Blick der kommunikationstheoretische Subjektivismus (vgl. Lavric 1990: 215), der vor allem in ihrer Mißverständnisdefinition zum Ausdruck kommt (Lavric 1990: 8): "Mißverständnis: Gemeintes Φ Verstandenes' " (Hervorhebung im Orig.). Diese Begriffsbestimmung ist zwar durchaus ergänzungsbedürftig, immerhin macht sie aber deutlich, daß das Verstandene nicht etwa an einem objektiv gegebenen semantischen Gehalt der Botschaft, sondern an der vom Sprecher intendierten Bedeutung, also am "Gemeinten" zu messen ist. (Lavric 1990: 8 f.)
Bedauerlich ist, daß diese grundsätzliche Erkenntnis in Lavrics Untersuchung über weite Strecken nicht umgesetzt wird. Indem sie sich ausschließlich mit Fällen semantischer Ambiguität von Nominalphrasen auseinandersetzt, zieht sie sich implizit letztlich doch auf einen "objektiv gegebenen semantischen Gehalt" zurück, dessen Relevanz für Prozesse des (Miß-) Verstehens sie zunächst selbst in Abrede stellt. Diese Betrachtungsweise wird nicht schon dadurch pragmatisch, daß einer gegebenen Nominalphrase aus systemlinguistischer Sicht zwei verschiedene Referenzmöglichkeiten zugewiesen werden - auch wenn es durchaus (auch in meinem Korpus) Mißverständnisse gibt, die auf solchen Ambiguitäten beruhen. Der Aufsatz von Jürgen Weissenborn und Regina Stralka (1984) unter dem Titel "Das Verstehen von Mißverständnissen" ließe sich zweifellos auch anderen Kategorien als einem systemlinguistisch-semantischen Ansatz zuordnen. Diese "ontogenetische Studie", wie sie im Untertitel bezeichnet wird, greift ähnlich wie die Untersuchung von Ochs (1991 - vgl. 2.3) auch entwicklungspsychologische und psycholinguistische sowie darüber hinaus auch pragmatische Fragestellungen auf. Im Mittelpunkt der Analyse realer Interaktionssequenzen steht aber die Rolle sogenannter Referenzrahmen (vgl. S. 40, Anm. 27) als Voraussetzung für funktionierende Kommunikation, also für das Vermeiden oder gegebenenfalls Ausräumen von Mißverständnissen oder Nichtverstehen. In konkreten Fällen wird also etwa die Referenz von Nominalphrasen - ähnlich wie in Lavrics (1990) Beispielen - oder deiktischen Ausdrücken mißverstanden. Die Untersuchung von Weissenborn & Stralka (1984) ähnelt der von Drummond & Hopper (1991 - vgl. 2.4) insofern, als sie sich eher mit Strategien der Vermeidung von Mißverständnissen als mit Mißverständnissen selbst beschäftigt. Im größeren Teil der Beispiele treten Verständnisprobleme mit Rückfragen und anschließender Klärung
42 auf. Mißverständnisse sind meines Erachtens nur in zwei (Beispiele 6 (S. 123) und 12 (S. 128 f.)) der 16 Gesprächsausschnitte erkennbar, in drei Fällen (Beispiele 5 (S. 122), 7 (S. 123) und 9 (S. 125)) handelt es sich wohl um die Reparatur zurückliegender Mißverständnisse (alle Seitenangaben Weissenborn & Stralka 1984). Genauere Bestimmungen zentraler Begriffe wie MißVerständnis, Verstehen oder Nichtverstehen nehmen Weissenborn & Stralka (1984) nicht vor. Eine Sonderstellung nimmt der Aufsatz von Weissenborn & Stralka (1984) insofern ein, als hier in einem Versuch gezielt Verständigungsprobleme zwischen Gesprächspartnerinnen erzeugt (und Problemlösungsstrategien beobachtet) werden. Auf die Ergebnisse dieses experimentellen Verfahrens werde ich in 3.2.2 eingehen.
2.7 Die 'richtige' Perspektive Ich habe zu den einzelnen Abschnitten jeweils bereits Bewertungen vorgenommen, die ich hier nicht zu wiederholen brauche. Die referierten Ansätze lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen. In 2.1 bis 2.3 wurden Arbeiten vorgestellt, die sich mit Kommunikationsproblemen zwischen bestimmten Personengruppen (wie Sprecherinnen verschiedener Varietäten, Frauen und Männern, Kindern und Erwachsenen) befassen. Dabei geht es vor allem um Ursachen, teilweise auch um interaktive und psychosoziale Konsequenzen solcher Störungen. Diese Analyseinstrumente sind jeweils auf bestimmte Fälle anwendbar, auf andere dagegen nicht. Ein soziolinguistischer Ansatz beispielsweise greift nur, wenn eine Varietätendifferenz eine Rolle spielt - es gibt aber viele Mißverständnisse, bei denen das nicht der Fall ist, wie das Korpus dieser Arbeit zeigt. Eine generell 'richtige' Perspektive gibt es also nicht, wenn es um die Zuordnung von Ursachen oder die Analyse von Konsequenzen geht. Eine Reihe der hier vorgestellten Ansätze wird in 5.1 bei der Analyse meines eigenen Beispielmaterials aufgegriffen werden, wenn auch mit anderen Schwerpunktsetzungen. Auch bei der Klärung des Verhältnisses von Mißverständnissen zu ihren Nachbarphänomenen, vor allem zum Verstehen, ist in 6. eine theoretisch unvoreingenommene, quasi 'multiperspektivische' Beschreibung vonnöten. Zur zweiten Gruppe sind diejenigen Arbeiten zu zählen, die zumindest den Anspruch erheben, übergreifende Aussagen über das gesamte Spektrum möglicher Mißverständnisse zu machen (2.4 bis 2.6). Erst aufgrund solcher Aussagen eröffnet sich die Möglichkeit einer typologischen Einteilung, und in diesem Punkt heben sich die Untersuchungen von Humphreys-Jones (1986a), Zaefferer (1977) und Dascal (1985) von den anderen, um die es hier gegangen ist, deutlich ab (anders als Lavric 1990, die zwar auch etwas über 'alle' Mißverständnisse zu sagen glaubt, dabei aber angesichts eines begrenzten Beispielspektrums den Mischwald vor lauter Birken nicht sieht). Sie versuchen jeweils - Humphreys-Jones und Zaefferer explizit, Dascal mit mehr Zurückhaltung -, eine Typologie zu entwerfen, die grundlegende Gemeinsamkei-
43 ten ganz verschiedenartiger Fälle zu erfassen vermag. Ich habe die Vorschläge von Humphreys-Jones (1986a) und Zaefferer (1977) aus verschiedenen Gründen verworfen und für den von Dascal (1985) einiges Positive vorgebracht. Der Sinn einer Typologie bestünde darin, ein Kriterium (oder ein begrenztes Bündel zusammengehöriger Kriterien) gefunden zu haben, das zum einen auf alle Fälle des analysierten Phänomens anwendbar und mit dem zum anderen diese Fälle in Typen einzuteilen wären.29 Auf der Grundlage einer pragmatisch orientierten Analyse (5.2) ist eine solche Typologie, wie sich in 5.4 zeigen wird, möglich. Ein Ansatz ähnlich dem von Dascal (1985), der Mißverständnisse verschiedenen Ebenen der kommunikativen Funktion von Äußerungen zuordnet, wobei diese Ebenen auf der Basis von Konzepten wie Proposition und Illokution bestimmt werden, wird sich dabei als geeignet erweisen. Hier gibt es also durchaus eine 'richtige' - das heißt, angesichts der Aufgabenstellung erfolgversprechende - Perspektive. Eine Gemeinsamkeit der Untersuchungen zu Mißverständnissen liegt erstaunlicherweise darin, daß - von wenigen Ausnahmen abgesehen - der zentrale Begriff des Mißverständnisses überhaupt nicht oder nur in unzulänglicher Weise problematisiert und definiert wird. Das mag damit zusammenhängen, daß 'Mißverständnis' (beziehungsweise misunderstanding) als allgemeinsprachlicher Ausdruck zur Verfügung steht (im Unterschied etwa zu 'Morphem'). Ich glaube jedenfalls, daß eine Reihe von Ungereimtheiten, die in diesem Kapitel angesprochen wurden - so etwa die Tatsache, daß Drummond & Hopper (1991) Fälle als Mißverständnis bezeichnen, die keine sind - auf dieses definitorische Defizit zumindest mit zurückzuführen sind. Die vorliegende Arbeit zieht daraus die nötigen Konsequenzen. Eine vorläufige Definition von 'Mißverständnis' wurde bereits in 1.1 vorgestellt. Sie bildet auch den Ausgangspunkt für die Suche nach sprachlichem Beispielmaterial (vgl. 3.1) und wird schließlich in 4.1.4 weiter präzisiert.
29
Diese Ansprüche an eine Typologie nennt auch Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 183); hinzuzufügen wäre: Herauskommen soll eine begrenzte, überschaubare Anzahl von Typen - das ist bei Humphreys-Jones nicht der Fall.
3. Das sprachliche Material: Korpus gesucht! Die Suche nach sprachlichem Material für diese Arbeit hat sich, gemessen an anfänglichen Erwartungen, als relativ schwierig erwiesen. Zwar sind einige gute Beispiele für Mißverständnisse schnell zusammengetragen, doch angesichts eines sich entwickelnden Erkenntnisinteresses mit dem Anspruch, ein möglichst breites Spektrum verschiedenartiger Fälle zu erfassen, wird es nötig, einen Weg zu finden, auf dem systematisch eine möglichst große Menge von Daten erschlossen werden kann. Dabei erweist sich das Mißverständnis als problematischer Untersuchungsgegenstand. Ich will in diesem Kapitel zunächst kurz umreißen, worauf sich meine Materialsuche konzentriert hat. Dann werde ich die Schwierigkeiten aufzeigen, die sich für eine empirische Vorgehensweise zu dieser Thematik ergeben, und dabei verschiedene Möglichkeiten und Vorschläge aus der Forschungsliteratur kritisch durchleuchten. Schließlich stelle ich das Korpus dieser Arbeit vor, erläutere, wie es zustandegekommen ist, und diskutiere seine möglichen Vor- und Nachteile.
3.1 Der Gegenstand der Suche Zu Beginn muß also der Gegenstand der Suche noch einmal knapp umrissen werden auf der Basis der vorläufigen Bestimmung des Mißverständnisbegriffes in 1.1 und vorbehaltlich einer präziseren Definition. Zum einen war ich bei der Erstellung des Korpus für diese Arbeit auf der Suche nach Mißverständnissen. Das Mißverständnis im Unterschied zum Mißverstehen wurde in 1.1 so charakterisiert, daß sich mindestens für eine/n der Beteiligten in irgendeiner Form manifestiert, daß etwas schiefgelaufen ist. Dieses Etwas läßt sich präzisieren als das Verhältnis zwischen dem, was S mit einer Äußerung intendiert, und dem, was H als Ergebnis der Rezeption und Interpretation dieser Äußerung registriert. Wird das Mißverständnis im weiteren Interaktionsverlauf aufgedeckt, indem H in einer Weise auf die mißverstandene Äußerung reagiert, die ihr/ihm oder S eine Kommunikationsstörung anzeigt, so wird in der Regel das Mißverstandene lokalisiert und mit Hilfe von Reparaturmechanismen (vgl. S. 5, Anm. 7) aufgeklärt. Angesichts der Zielsetzung dieser Arbeit sind aber auch Fälle von Mißverstehen relevant, die von den Beteiligten nicht bemerkt oder zumindest nicht als Mißverständnisse identifiziert und deshalb auch nicht wie Mißverständnisse 'repariert' werden. Damit unterscheidet sich mein Untersuchungsgegenstand von dem, um den es Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 28) geht (vgl. 2.4). Sie setzt Mißverstehen mit Mißverständnissen gleich und betrachtet die Manifestation des misunderstanding1 von Anfang
1
Vgl. dazu 1.1, S. 2, Anm. 3.
46 an als wesentlichen Bestandteil der Begriffsdefinition. Dies wird mit einem sehr (im allgemeinsprachlichen Sinn) pragmatischen Argument begründet: This requirement is essential because without such an utterance by the hearer, there is no evidence that a misunderstanding has occurred, although subsequent utterances might suggest its occurrence. (HumphreysJones 1986a: 28)
Diese in ihrer Konsequenz positivistische Haltung macht den Fehler, ein Problem, das sich natürlich beim Umgang mit konkreten Beispielen ergibt (wie kann bewiesen werden, daß Mißverstehen vorliegt, wenn es sich nicht manifestiert?), vorweg durch eine Eingrenzung des Gegenstandes lösen zu wollen, den es zu erhellen gilt. Dadurch wird meines Erachtens der Blick auf potentiell interessantes Datenmaterial verstellt und damit auch die Möglichkeit eingeschränkt, Erkenntnisse über das Phänomen des Mißverstehens insgesamt - über diese Eingrenzung hinaus - zu gewinnen. Wie sich zeigen wird, stellt der Zeitraum zwischen dem Entstehen und der Manifestation von Mißverständnissen ein Kontinuum dar, das nach unten gegen Null und nach oben gegen Unendlich geht (vgl. 6.3) - ein Umstand, der für das Verhältnis von Verstehen und Mißverstehen einige Aussagekraft besitzt, bei einer aus praktischen Erwägungen eingeengten Sichtweise aber nicht zu seinem Recht kommen kann. Für meine Suche habe ich also jede Eingrenzung vorab vermieden und generell alle Fälle berücksichtigt, in denen ein Mißverständnis oder Mißverstehen erkennbar oder zu vermuten war. Darüber hinaus habe ich - vor allem für die Überlegungen in 5.3 und 6. - auch auffallige Erscheinungen aus Nachbarbereichen berücksichtigt, also etwa Beispiele, in denen eine Äußerung trotz widriger Umstände richtig interpretiert wird, Fälle von Nicht- und teilweise erfolgtem Verstehen, Rückfragen von H aufgrund partiellen Verstehens oder Nichtverstehens, MißInterpretationen nichtsprachlicher Ereignisse sowie mögliche Grenzphänomene zwischen Mißverstehen und den eben genannten Fällen. Als Richtwert dafür, wieviele Beispiele für diese Arbeit notwendig beziehungsweise sinnvoll wären, erschien mir eine Zahl zwischen ein- und zweihundert realistisch. Einhundert Fälle wurden für die bisher umfangreichste Sammlung sprachlichen Datenmaterials zu dieser Thematik von Humphreys-Jones (1986a) erfaßt. 2 An eine wesentlich, also etwa um den Faktor fünf oder zehn, größere Datenmenge war schon aus ganz praktischen Gründen nicht zu denken. Schriftlich festgehaltene Mißverständnisse beanspruchen ausgesprochen viel Platz. Bei Humphreys-Jones (1986a) beträgt die durchschnittliche Länge eines Beispiels etwas mehr als eine halbe Druckseite, wobei auch Transkripte von einer Seite und mehr keine Seltenheit sind. In meiner Arbeit läßt sich der Platz pro Beispiel im Vergleich dazu dank der Möglichkeit eines kleineren Schrifttyps etwas reduzieren. Eine maximal doppelt so große Anzahl von Daten wie
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Zum Vergleich: In anderen Arbeiten, die in 2. vorgestellt wurden, variiert die Anzahl der verwendeten Beispiele zwischen zwei (Henley & Kramarae 1991) über zehn (Gumperz & Tannen 1979) bis zu 17 (Lavric 1990).
47 bei Humphreys-Jones (1986a) erscheint dadurch gerechtfertigt, mehr jedoch würde sowohl den Anhang als auch die Arbeit insgesamt unnötig aufblähen.
3.2 Probleme der Empirie Vier verschiedene Quellen sprachlichen Materials für eine Arbeit wie diese sind denkbar. Beispiele können - erfunden, - experimentell erzeugt, - in realen Interaktionssituationen festgehalten oder - fiktionalen Texten entnommen werden. Auf letztere Option werde ich bei der Vorstellung des Korpus, das dieser Arbeit zugrunde liegt, ausführlicher eingehen. Daher werden nun zunächst die ersten drei Möglichkeiten der Reihe nach diskutiert.
3.2.1 Erfundene Beispiele In bestimmten Bereichen der modernen Sprachwissenschaft ist es durchaus verbreitet, ja sogar der Regelfall, daß sprachliche Beispiele erfunden werden. So stützt sich die gesamte klassische Sprechhandlungstheorie (vgl. etwa Austin 1975; Searle 1969,1975, 1976), Grices (vgl. 1975) Überlegungen zu konversationeilen Maximen, aber auch ein Großteil der Chomsky sehen Linguistik auf erfundene Sprachdaten. Diese Verfahrensweise mag je nachdem, was bewiesen oder demonstriert werden soll, legitim erscheinen. Austins (1975) Beispiele dienen nicht einer empirischen Überprüfung seiner Thesen etwa über die Unterscheidung zwischen explizit und implizit performativen Sprechhandlungen oder über die Grundtypen illokutiver Akte, sondern illustrieren solche Annahmen lediglich. Franck (vgl. 1984: 87 f.) weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, daß es sich bei derartigen Beispielen stets um Sätze handelt, die stellvertretend für eine sprachliche Handlung stehen, und natürlich nicht um Sprechhandlungen - eine zentrale Unterscheidung, die in 4.1 präzisiert werden wird. Diese Verfahrensweise der Simulation, des " Gedankenexperiment[ts] " (Franck 1984: 88), sei in Verbindung mit analytischen Behauptungen gerechtfertigt - nicht aber aus empirischer Sicht. Nun sind aber zentrale Aussagen der Sprechhandlungstheorie gerade deshalb kritisiert worden, weil sie unzulässige Verallgemeinerungen über kontextfreie Sätze und deren mögliche 'Funktionen' in der Kommunikation darstellen. Ein Paradebeispiel dafür ist die in sich paradoxe Kategorisierung von Can you pass the salt? als indirekte
48 Sprechhandlung (vgl. 4.1.2.2). Ich glaube zwar nicht, daß Stubbs (vgl. 1983: 485 ff.) recht hat, wenn er solche Defizite vor allem auf die Verwendung erfundener Beispiele zurückführt3 - eine Reihe theoretischer Ungereimtheiten in der frühen Sprechhandlungstheorie wäre auch ohne eine empirische Vorgehensweise vermeidbar gewesen, wenn zentrale pragmatische Konzepte wie eben die Unterscheidung von Satz und Äußerung und die Rolle des Kontexts in ausreichendem Maß berücksichtigt worden wären. Umgekehrt läßt sich aber durchaus argumentieren, daß eine von vornherein empirische Vorgehensweise solche Ungereimtheiten gar nicht erst hätte aufkommen lassen. Unter den linguistischen Untersuchungen von Mißverständnissen ist die von Zaefferer (1977) die einzige, die mit - insgesamt drei - vom Autor selbst erfundenen Beispielen operiert4. Zwei davon, ein italienisch- und ein englischsprachiges (vgl. Zaefferer 1977: 332 f.), werden nur sehr knapp diskutiert, eines im Rahmen einer sample analysis des zuvor entwickelten Modells ausführlicher (Zaefferer 1977: 338): (3.1) [H], a schoolboy, and [S], his grandfather, whom [H] is visiting, are walking through the zoo. They see an ape and a hippopotamus nursing their young and H expresses his amazement about the diversity of mammals This gives rise to the following dialogue: [S] [H] [S] [H] [S]
[i] [ii] [iii] [ivj [v] [vi]
There are even fishes that nurse their young. You're kidding me! No. Why? Fishes aren't mammals. But of course, dolphins for instance.
Die Analyse des Beispiels beruht auf der Annahme, daß H aufgrund seines Weltwissens der - aus seiner Sicht - widersprüchlichen Äußerung (i) von S mangelnde Ernsthaftigkeit unterstellt, während S seine Aussage aber durchaus ernst gemeint hat. In dieser Diskrepanz zwischen Ss Intention und dem Ergebnis der Interpretation durch H (vgl. zu derartigen Fällen 5.2.3) besteht nach Zaefferer das Mißverständnis (sofern tatsächlich ein Mißverständnis vorliegt, was zu diskutieren sein wird). Was mir aber problematisch erscheint, ist, daß die Frage der Ernsthaftigkeit von (i) ganz wesentlich von anderen ungeklärten Fragen überlagert wird. Zum einen ist die Wahrheit der
3
4
Stubbs (1983) glaubt die diagnostizierten Probleme darüber hinaus auf den Unterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Medium zurückfuhren zu können. Seiner Aussage (unter Berufung auf Ochs 1979) "Invented and written sentences are similar because both are usually highly edited: not spontaneous, but mulled over, carefully considered, rephrased and redrafted, and therefore formal in style. " ist zwar nicht zu widersprechen, doch scheint mir auch das nicht zu einer Erklärung der hier nur angeschnittenen, in 4.1.2.2 thematisierten theoretischen Inkonsistenzen in der Sprechhandlungstheorie beizutragen. Darüber hinaus geht Zaefferer (vgl. 1977: 330 f., Anmerkung 3) kurz auf ein Beispiel aus einem fiktionalen Text - Peter Handkes Die Angst des Tormanns beim Elfmeter - ein.
49 Aussage in (i) höchst fragwürdig. Zaefferer (1977: 340) setzt für seine Argumentation voraus, S vertrete eine allgemeinsprachliche, vorwissenschaftliche Bedeutung des Lexems fish, nach der auch Delphine und Wale zu den Fischen gehören; diese sei "not entirely out of use yet". Ich will nicht bestreiten, daß es diese vorwissenschaftliche Bedeutung gibt, tendiere aber doch dazu - auch nach einem Blick ins Wörterbuch5 -, die Aussage in (i) eher als unwahr denn als wahr zu charakterisieren. Auf einer Aussage mit derart fragwürdigem Wahrheitsgehalt läßt sich aber meines Erachtens keine Fallstudie zu Mißverständnissen aufbauen. Zum anderen ist es zwar möglich, aus dem Beispiel eine Wissensdiskrepanz zwischen S und H hinsichtlich der Bedeutung von fish herauszulesen, wie Zaefferer (vgl. 1977: 340) es tut: H vertrete im Gegensatz zu S die wissenschaftlich-biologische Bedeutung von fish und unterstelle daher der Äußerung (i) von S, sie sei nicht ernst gemeint (vgl. (ii) You're kidding mei). Diese Interpretation ist aber keineswegs zwingend. Es ist ebenso denkbar, daß H seinem Großvater letztlich glaubt, weil auch für ihn Delphine zur Kategorie fish gehören. H hat nach Ss Äußerung in (i) lediglich nicht an diese Möglichkeit gedacht, akzeptiert sie aber aufgrund von Ss Argumentation. Das Gespräch könnte sich somit etwa folgendermaßen fortsetzen: (3.1 ')
H
(vii)
Oh yes - that's right!
Dann müßte auch You're kidding me! in (ii) nicht als Unterstellung mangelnder Ernsthaftigkeit interpretiert werden, sondern nur als eine etwas ungläubige Rückfrage6. Die Konsequenz wäre, daß gar kein Mißverständnis vorliegt. Zaefferers Argumentation stützt sich also auf eine mögliche Interpretation einer konstruierten und dadurch - über das in dem Beispiel Angegebene hinaus - kontextarmen Interaktion, der im Zuge der Analyse wiederum mögliche Kontextfaktoren (wie die divergierenden Wissenshintergründe der Beteiligten) unterstellt werden. Im Zuge einer analytischen Argumentation, der die Beschreibung des Beispiels lediglich als Illustration einer postulierten Möglichkeit dient, wäre gegen dieses Verfahren nichts zu sagen; aus empirischer Sicht ist die Vorgehensweise aber nicht haltbar. - Das äußerst komplizierte Modell, das Zaefferer (1977) für die Analyse von Mißverständnissen entwickelt, erweist sich im übrigen bei dem Versuch einer Anwendung auf das
5
6
Sowohl Random House als auch das COD nennen als erste Bedeutung von fish die 'wissenschaftliche', die Wale und Delphine ausschließt, aber keineswegs als fachsprachlich markiert ist und insofern als allgemeinsprachlich betrachtet werden kann. Erst unter 2. folgt: "(loosely) any of various other aquatic animals" (Random House) bzw. "any animal living wholly in water, e. g. cuttlefish, shellfish, jellyfish" (COD). Lediglich COBUILD hält sich erstaunlicherweise ausschließlich an die von Zaefferer - ohne Bezug auf irgendeine Quelle - postulierte vorwissenschaftliche Bedeutung: "1. A fish is a creature that lives in water and has a tail and fins. There are many different kinds of fish. " (Hervorhebungen im Original) - Vgl. die Einträge zu fish in Random House, COD und COBUILD. Diese Möglichkeit einer rein rhetorischen Verwendung von You 're kidding me! wurde mir von englischen Muttersprachlerinnen bestätigt.
50 einzige reale Beispiel in seinem Aufsatz (vgl. Zaefferer 1977: 345, Anmerkung 15) als recht problematisch (vgl. dazu 2.5). Angesichts von Mißverständnissen als Untersuchungsgegenstand ist die Entscheidung zwischen deduktiver und induktiver Methode von zentraler Bedeutung. Mag es noch vertretbar erscheinen, über Grundtypen sprachlicher Handlungen anhand erfundener Beispiele nachzudenken, so ist meines Erachtens der Erfindungsreichtum eines Einzelnen auf jeden Fall zu begrenzt, um allein darauf eine Sammlung von Mißverständnissen als Grundlage einer größeren Untersuchung aufzubauen. Das Risiko bestünde vor allem darin, daß dieser Introspektion bereits ein mehr oder weniger deutlich vorgefaßtes Konzept des Untersuchungsgegenstandes zugrunde läge, aufgrund dessen von diesem Konzept abweichende Fälle gar nicht erst in Erwägung gezogen würden. Ich vertrete demgegenüber eine induktive Vorgehensweise. Erfundene Beispiele können in diesem methodischen Rahmen nur in einer Hinsicht eine Rolle spielen: als Modelle in einem prätheoretischen Nachdenkprozeß über vorstellbare Typen von Mißverständnissen, also quasi als idealisierte Gesprächssituationen, die zur Herausbildung eines Grobrasters für die Suche nach Beispielen dienen können.
3.2.2 Experimentell erzeugte Beispiele Daß Mißverständnisse unter experimentellen Bedingungen künstlich hervorgerufen werden können, ist vorstellbar. Von den in 2. vorgestellten Arbeiten berichten lediglich Weissenborn & Stralka (1984 - vgl. 2.6) sowie Dobrick (1985 - vgl. 2.5) über Experimente. In dem Versuch von Weissenborn & Stralka (1984) werden jeweils zwei Versuchspersonen - gleichaltrige Kinder aus verschiedenen Altersgruppen und Erwachsene - aufgefordert, einander innerhalb eines kleinen Modelldorfes Wegbeschreibungen zu geben. Beide Versuchspersonen haben das gleiche Modelldorf vor sich, können einander aber nicht sehen. Einer Versuchsperson ist ein Weg durch die Straßen vorgegeben, den sie der anderen Person beschreiben soll. Dabei kommt es naturgemäß zu Schwierigkeiten, bestimmte Orientierungen und Bewegungen nachvollziehbar zu beschreiben beziehungsweise diese Beschreibungen zu verstehen und adäquat umzusetzen. Mit zunehmendem Alter der Versuchspersonen nimmt das Bewußtsein, daß es zu solchen Schwierigkeiten kommen kann, sowie auch die Kompetenz, diese zu vermeiden oder gezielt auszuräumen, zu. Es liegt wohl vor allem an Weissenborn & Stralkas (1984) Erkenntnisinteresse, daß nur wenige ihrer Beispiele tatsächlich Mißverständnisse darstellen (vgl. 2.6, S. 41 f.). Zweifellos ist eine solche Versuchsanordnung aber grundsätzlich geeignet, Mißverständnisse zu erzeugen. Zwei Nachteile des Verfahrens liegen dennoch auf der Hand und machen es als Methode zur Gewinnung eines breiten Spektrums an Beispielen, wie ich sie für die vorliegende Untersuchung benötige, ungeeignet. Zum einen ist der Aufwand hoch und die Zahl echter Mißverständnisse, wie auch Weissenborn & Stralkas (1984) Material zeigt, gemessen daran relativ gering. Zum anderen und vor
51 allem aber sind die Mißverständnisse, die bei einer solchen Versuchsanordnung entstehen können, sehr stark auf einen bestimmten Typ festgelegt - auf Mißverständnisse hinsichtlich verschiedener Referenzmöglichkeiten sprachlicher Zeichen (vgl .2.6). Damit besteht aus Sicht des von mir vertretenen theoretischen Ansatzes die gleiche Gefahr wie bei Lavric (1990 - vgl. 2.6): daß ein kleiner Ausschnitt aus dem breiten Spektrum möglicher Arten von Mißverständnissen als Grundlage unzulässiger Verallgemeinerungen dient. Das Experiment, das Dobrick (1985)7 im fünften Kapitel seiner Arbeit beschreibt und das der Überprüfung von Hypothesen zu "Bedingungen für Mißverstehen" (so die Kapitelüberschrift) dient, ähnelt dem von Weissenborn & Stralka (1984) insofern, als auch Dobrick jeweils zwei Versuchspersonen mit einer konstruierten Kommunikationssituation konfrontiert, in der vorgegebene interaktive Aufgaben zu erfüllen sind. Es handelt sich dabei um ein Rollenspiel, bei dem "Gespräche über die Planung einer gemeinsamen Prüfungsvorbereitung in Gang gebracht" werden (Dobrick 1985: 121). Diese Versuchsanordnung wäre insofern viel versprechend, als sie im Vergleich zu der von Weissenborn & Stralka (1984) ein sehr viel breiteres Spektrum möglicher Sprechhandlungen und damit möglicherweise auch eine größere Bandbreite verschiedenartiger Mißverständnisse hervorrufen kann. Nun bezieht sich aber das Erkenntnisinteresse dieser empirischen Untersuchung nicht auf Mißverständnisse, sondern auf unterschiedliche Grade des (Miß-)Verstehens, die nach einem höchst aufwendigen Berechnungsverfahren aufgrund nachträglicher Befragung der Versuchspersonen ermittelt werden. Fraglich bleibt, ob und wieviele Mißverständnisse in Dobricks Material auftreten. Die Diskussion der Ergebnisse seines Experiments gibt darüber keine Auskunft; sie ist im Vergleich zu der sehr ausführlichen Darstellung der Versuchsdurchführung leider äußerst knapp gehalten (vgl. Dobrick 1985: 145 f.), und im Anhang ist auch nur ein gut vierseitiges Gesprächsbeispiel als Transkript wiedergegeben, in dem kein Mißverständnis auftritt. Ich nehme an, daß die Frequenz von Mißverständnissen in der Interaktion unter vergleichbaren experimentellen Bedingungen - es soll sich ja, so Dobrick (1985: 144), um eine "möglichst natürliche Situation" handeln - nicht entscheidend höher ist als in natürlicher Kommunikation. Diese Frequenz ist, wie sich in der Diskussion in 3.2.3.1 zeigen wird, zu niedrig, als daß für eine Untersuchung wie die vorliegende ein ausreichend großes Korpus zustande kommen könnte. Neben den soeben dargestellten Verfahrensweisen wären zwei weitere Möglichkeiten denkbar: eine Laborsituation, in der der Versuchsperson eine Äußerung (beziehungsweise ein Satz, der für eine Äußerung steht) und ein Kontext8 vorgegeben werden, in dem dieser Satz oder diese Äußerung potentiell mißinterpretierbar ist, und eine natürliche Situation - etwa mit willkürlich ausgesuchten Passantinnen auf der
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Darüber hinaus verwendet Dobrick (1985) auch Beispiele aus natürlichen Gesprächssituationen (vgl. 3.2.3.2 und S. 7, Anm. 12). Vgl. zu'Kontext'4.2.1, S. 86.
52 Straße - mit einem entsprechend gegebenen Kontext, in dem die (Miß-)Verstehbarkeit bestimmter Äußerungen getestet wird. Ich glaube, daß solche Verfahrensweisen dem hier verfolgten Erkenntnisinteresse aus ähnlichen Gründen nicht dienlich sind wie das Erfinden von Beispielen. Wenn ich - egal ob in einem natürlichen oder in einem künstlich definierten Kontext - das 'Potential' eines Satzes oder auch einer realen Äußerung, mißverstanden zu werden, teste, so liegen dem notwendigerweise bereits Vermutungen - oder auch Beobachtungen - über dieses Potential zugrunde. Es kann mir also nur darum gehen, Annahmen, die ich bereits habe, über die Interpretierbarkeit bestimmter Sätze oder Äußerungen in bestimmten Kontexten zu verifizieren oder zu falsifizieren. Damit entstünde aber nicht ein Korpus von Beispielen als Grundlage einer Untersuchung, sondern Belege für die Existenz vorweg angenommener Möglichkeiten. Dies wäre etwa im Rahmen einer psycholinguistisch orientierten Untersuchung zur Sprachperzeption ein gangbarer Weg zur Überprüfung von Hypothesen, würde aber einem induktiven Forschungsansatz, bei dem zunächst einmal nach Möglichkeit die gesamte Bandbreite eines Phänomens erfaßt werden soll, zuwiderlaufen.
3.2.3 Beispiele aus realen Interaktionssituationen Auf sprachliches Material aus realen Gesprächssituationen - damit meine ich die zeitgleiche Interaktion zwischen zwei oder mehreren Beteiligten, sei es face to face oder mittels eines Mediums wie des Telefons - stützt sich der größere Teil sprachwissenschaftlicher Untersuchungen zu Mißverständnissen (Gumperz & Tannen 1979, Milroy 1984, Humphreys-Jones 1986a und 1986b, Drummond & Hopper 1991, zum Teil auch Dascal 1985, Dobrick 1985 - vgl. dazu aber auch 3.2.2 - und Henley & Kramarae 1991). Es gibt im wesentlichen zwei verschiedene Möglichkeiten, Kommunikation in vivo zu erfassen: die Aufzeichnung von Gesprächen auf Ton- oder Videobändern und das nachträgliche Notieren von relevanten Gesprächsabschnitten aus dem Gedächtnis. Vor- und Nachteile dieser Methoden werden in diesem Abschnitt diskutiert.
3.2.3.1 Tonband- und Videoaufnahmen Den direktesten Zugriff auf reale Kommunikationssituationen ermöglichen Tonbandoder Videoaufnahmen, die für die Verwendung in schriftlichen Untersuchungen (zum Beispiel in der Konversationsanalyse britischer Prägung) meist in transkribierter Form wiedergegeben werden, aber stets die Möglichkeit bieten, in Zweifelsfallen - oder wenn Beispiele etwa in einem Vortrag erläutert werden - auf das Originalmaterial zurückzugreifen. Ich beziehe mich hier zunächst einmal nicht speziell auf die Suche nach Mißverständnissen, sondern auf Sprachdaten allgemein. Dabei ist zu unter-
53 scheiden zwischen solchen Aufnahmen, die mit Wissen der Beteiligten gemacht werden, und solchen, bei denen die Beteiligten erst hinterher oder überhaupt nicht von der Aufnahme erfahren. Wenn sich die 'Versuchspersonen' von Anfang an bewußt sind, daß das Tonband beziehungsweise die Videokamera läuft, so ergibt sich grundsätzlich die Problematik, die William Labov (1972: 209) zutreffend als observer's paradox bezeichnet: the aim of linguistic research in the community must be to find out how people talk when they are not being systematically observed; yet we can only obtain these data by systematic observation. (Labov 1972: 209)
Crystal & Davy (1969: 96) beobachten "a cyclic pattern of forgetting and remembering about the microphone, with consequent alterations in the manner of speaking." Eine Möglichkeit, die Auswirkungen des observer's paradox zu verringern, ist es, im Rahmen einer Langzeitstudie so viel Zeit mit Informantinnen zu verbringen, daß sie sich an die Anwesenheit der Wissenschaftlerin und des Mikrofons oder auch der Kamera gewöhnen und sich schließlich soweit wie möglich so verhalten, als würden keine Aufnahmen gemacht. Auf diesem Prinzip der participant observation beruht Lesley Milroys (vgl. 1987: Kap. 2 (23-39)) Methode der Datengewinnung in Belfast. Kreckel (1981)9 macht es sich indirekt zunutze, indem sie Material aus einem BBCFilm über den Alltag einer Familie (The Family) verwendet. Die Aufnahmen dazu entstanden ebenfalls nach einer längeren 'Gewöhnungsphase', die das Kamerateam mit der Familie verbrachte. Je nach dem Zweck einer Untersuchung mögen solche Verfahrensweisen zur Minimierung der Auswirkungen des observer's paradox erfolgversprechend sein. Angesichts der Ergebnisse von Milroys (1987) Studie halte ich zum Beispiel die Hoffnung für realistisch, daß Informantinnen sich weitestgehend ihrer regional oder sozial bedingten Varietät bedienen, sobald sie sich an die Beobachtungssituation gewöhnt haben. Ob sich dies allerdings ohne weiteres auf Gesprächsstrategien oder -inhalte übertragen läßt, halte ich für fraglich. Ich teile Humphreys-Jones' (vgl. 1986a: 31 f.) generelle Skepsis, daß es ja auch gar nicht möglich ist, eindeutig festzustellen, wie 'natürlich' oder 'normal' sich Informantinnen vor einem laufenden Aufnahmegerät verhalten - Vergleichsmaterial über das wirklich 'natürliche' Verhalten steht aus naheliegenden Gründen nicht zur Verfugung. Eine andere Möglichkeit, das observer's paradox zu umgehen, besteht darin, Aufnahmen von Gesprächen heranzuziehen, die ursprünglich für einen anderen als den speziellen Analysezweck entstanden sind. Kreckel (1981) wurde als Beispiel hierfür bereits genannt. Sinclair & Coulthard (1975) verwenden Mitschnitte schulischer Unterrichtssituationen. Verschiedene ethnomethodologische Arbeiten greifen auf Aufnahmen von Psychotherapiesitzungen zurück (vgl. z. B. Labov & Fanshel 1977).
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Kreckel, M. (1981), Communicative acts and shared knowledge in natural discourse. New York - London (Angabe nach Humphreys-Jones 1986a).
54 Auch hier stellt sich die Frage nach der 'Normalität' der jeweiligen Gesprächssituation. Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 32) hat sicherlich recht, wenn sie feststellt, daß aufgrund der Beschränkungen, die sich sowohl im Klassenzimmer als auch in einer Therapiesitzung für die Beteiligten ergeben, in beiden Fällen kaum von ' informeller' Konversation die Rede sein kann. Die an einem Gespräch Beteiligten erst hinterher oder nicht darüber zu informieren, daß Aufnahmen gemacht wurden, ist wohl die sicherste Methode, das observer's paradox auszuschalten. Totale Desinformation scheidet in unseren Breiten aus datenschutzrechtlichen Gründen aus, besonders dann, wenn eine Arbeit, in der die gewonnenen Daten zu wissenschaftlichen Zwecken ausgewertet werden, veröffentlicht wird. Aber auch wenn die Anwesenden später darüber aufgeklärt werden, daß sie ohne ihr Wissen zu Informantinnen geworden sind, bleiben Probleme bestehen. Es ist ohne professionelle Ausrüstung technisch schwierig, mit einem verdeckt postierten Tonbandgerät (an eine Videokamera ist wohl erst recht nicht zu denken) Aufnahmen von befriedigender Qualität zu bekommen - häufig ist das in Situationen mit mehreren Gesprächsteilnehmerinnen schon problematisch genug, wenn offen aufgenommen wird, wie etwa die zahlreichen Stellen im Korpus von Cheepen & Monaghan (1990) zeigen, wo Gesprächsabschnitte auf dem Band nicht mehr identifizierbar waren. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß es zwar möglich ist, einen bestimmten Personenkreis - zum Beispiel einige Freunde oder Bekannte bei einem gemeinsamen Essen einmal ohne vorherige Ankündigung aufzunehmen; wenn aber mehr Material gebraucht wird, ist es eine recht fragwürdige Angelegenheit, das Verfahren ohne weiteres zu wiederholen. Immerhin ließe sich bei verschiedenen Gelegenheiten mit verschiedenen Beteiligten einiges Material sammeln; ob dadurch in ausreichender Zahl Mißverständnisse gefunden werden können, wird gleich zu diskutieren sein. Zunächst ist als Fazit festzuhalten, daß es möglich ist, auf die eine oder andere Art an Aufnahmen von mehr oder weniger realen, 'natürlichen' Konversationssituationen zu kommen, die dann transkribiert und analysiert werden können. Cheepen & Monaghan (1990) haben mit Hilfe von Tonbandaufnahmen ein ansehnliches Korpus - die Transkripte umfassen 97 Druckseiten - alltagssprachlicher Gespräche zusammengestellt. Die Aufnahmen wurden mit Zustimmung der Beteiligten gemacht. Die nächste Frage ist nun natürlich, wie häufig Mißverständnisse in natürlichen Konversationen auftreten, ob solche Aufnahmen also für den Zweck der vorliegenden Arbeit rentabel sind. Die Antwort auf diese Frage ist unerfreulich. Das - nicht gerade kleine - Korpus von Cheepen & Monaghan (1990) enthält höchstens10 vier Beispiele für Mißverständnisse. Lesley Milroy (1987), die im Rahmen ihrer soziolinguistischen Studien in Belfast in großem Umfang natürliche Kommunikation auf Tonband aufgenommen hat, berichtet von einem Mißverständnis - dem einzigen auf Band aufgezeichneten, das sie für ihre Studie "Comprehension and context: successful communication
io
Bei einem der Beispiele (CHMO 168 - vgl. die Diskussion des Falles im Anhang) läßt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ob es sich tatsächlich um ein Mißverständnis oder um Nichtverstehen handelt.
55 and communicative breakdown" (Milroy 1984) verwendet -, "having cropped up by a happy chance during a long conversation between myself and an inner-city informant in Belfast" (MUroy 1984: 15). Humphreys-Jones (1986a: 37) berichtet von ihren eigenen Versuchen mit Tonbandaufnahmen zu Beginn ihrer Beispielsuche: [...J surreptitious recording was carried out in a family home, a student flat and a university room, where a wide range of conversations took place between various different participants.
Zu den Ergebnissen stellt sie lapidar fest: The number of misunderstandings to emerge from these recordings was low and was not satisfactorily productive in proportion to the time spent listening for them on tape. (Humphreys-Jones 1986a: 37)
Es sind vier ihrer insgesamt hundert Beispiele, die Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 38) auf diese Weise gewonnen hat. Die Frequenz, mit der Mißverständnisse in natürlicher Interaktion auftreten, ist also im Durchschnitt zu niedrig, als daß sich Tonband- oder auch Videoaufhahmen als Quelle lohnen würden. Angesichts der Forschungsliteratur stellt sich die Frage, ob nicht für eine Untersuchung kleineren Umfangs die Ausbeute einer genügend großen Menge aufgezeichneten Materials durchaus ausreichen kann. Gumperz & Tannen (1979: 308) stützen sich nach ihren eigenen - insgesamt spärlichen - Angaben zur Quelle ihrer Beispiele auf "tape-recorded sequence[s] of conversation". Von den insgesamt zehn verwendeten Beispielen kann dies aber meines Erachtens nur auf vier zweifelsfrei zutreffen11. In diesen Fällen wird entweder noch einmal explizit auf die Quelle hingewiesen, oder sie weisen deutlich Merkmale natürlicher Interaktion12 auf. Dagegen sind die Beispiele 1 (Gumperz & Tannen 1979: 309) und 513, bei denen es sich um Ausschnitte aus Telefongesprächen handelt, in derart idealisierter und 'bereinigter' Form wiedergegeben, daß es sich kaum um Transkriptionen handeln dürfte. Davon, daß auch Telefongespräche auf Tonband aufgezeichnet wurden, ist außerdem nirgends explizit die Rede. Auch Beispiel 2 (Gumperz & Tannen 1979: 310 f.), das im übrigen beim Vorbereiten einer Mahlzeit entstand (es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß dabei ein Aufnahmegerät lief), sowie die Fälle 4 und 7 (Gumperz & Tannen 1979: 314 und 318), die nicht als Transkripte, sondern in anekdotischer Form wiedergegeben sind, und 3 (Gumperz & Tannen 1979: 313)14 weisen nicht die
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14
Auf die Beispiele 6 (Gumperz & Tannen 1979: 316 f.), 8 (318), 9 (319) und 10 (319 f.). Das Korpus von Cheepen & Monaghan (1990) zeigt recht eindrucksvoll, wie natürliche Interaktion im Gegensatz zu idealisierten Gesprächsabläufen aussieht. Es ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel, daß Sprecherinnen Sätze nur zur Hälfte zu Ende bringen, lange Pausen in ihren Redebeiträgen machen und diese mit ah und ahm füllen. Auch Überlappungen und Unterbrechungen (vgl. zur Unterscheidung zwischen overlap und interruption Zimmerman & West 1975) sind ausgesprochen häufig. Beispiel 5 (Gumperz & Tannen 1979: 315) stammt aus Gumperz, J. (1976), "Language, communication and public negotiation", in: P. Sanday, ed., Anthropology and the public interest, N e w York (Angabe nach Gumperz & Tannen 1979: 324). Beispiel 3 stammt aus Tannen, D. (1975), "Communication mix and mixup or how linguistics can ruin a marriage", San Jose State Occasional Papers in Linguistics (Angabe nach Gumperz & Tannen 1979: 325).
56 typischen Merkmale natürlicher Interaktion auf. Darauf, wie alle diese Beispiele vermutlich zustandegekommen sind, komme ich in 3.2.3.2 zurück. Drummond & Hopper (1991) verwenden ausschließlich Transkriptionen von Telefongesprächen. Die Ausbeute an Mißverständnissen ist auch hier gering. Den Autoren geht es allerdings auch um "Misunderstanding and its remedies", wie der Titel ihrer Untersuchung lautet, und so sind vier ihrer sechs Beispiele Fälle, in denen es zu Mißverständnissen gar nicht erst kommt (vgl. auch 2.4). Nur zwei Transkripte (die extracts 4 und 6, Drummond & Hopper 1991: 310 und 312 f.) repräsentieren tatsächlich Mißverständnisse. In einem weiteren Fall (Beispiel 5, Drummond & Hopper 1991: 311) liegt entgegen der Ansicht der Autoren kein Mißverständnis vor (vgl. die Diskussion dieses Falles in 2.4, S. 22 f.). Von insgesamt neun Beispielen, die Varonis & Gass (1985) verwenden, wird nur für eines - das bei weitem längste, das auch am ausführlichsten analysiert wird ausdrücklich die Quelle angegeben. Es handelt sich um das Transkript eines knapp zweieinhalbminütigen Telefongesprächs, das von einem Sprachstudenten an einer USamerikanischen Universität - einem Nichtmuttersprachler des Englischen, der selbst an dem Gespräch beteiligt ist - als Teil einer Hausaufgabe auf Tonband aufgezeichnet wurde. Diese von massiven sprachlichen Verständigungsproblemen geprägte Interaktion besteht aus einer Verkettung von Mißverständnissen und gänzlichem Nichtverstehen, weil die Beteiligten - der Student und die Angestellte einer Reparaturwerkstatt für Fernsehgeräte - von Anfang an gänzlich aneinander vorbeireden (der Student glaubt es mit einem Fernsehgeschäft zu tun zu haben und will sich nach dem Preis eines Neugeräts erkundigen; seine Gesprächspartnerin meint, er wolle ein defektes Gerät reparieren lassen). Wie die anderen acht Beispiele - relativ kurze Gesprächsabschnitte, die teilweise aus früheren Arbeiten der Autorinnen stammen - gewonnen wurden, wird nicht angegeben. Fünf dieser acht Fälle sind Mißverständnisse, bei den anderen handelt es sich um Nichtverstehen mit oder ohne Rückfrage. Ochs (vgl. 1991: 50 f.) verwendet ein Transkript - einen Ausschnitt aus einem Gespräch zwischen ihr selbst und einer Frau in Samoa, das sie für eine andere Untersuchung15 aufgezeichnet hat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Mißverständnis, was mit Ochs' (1991) problematischer Bestimmung des Mißverständnisbegriffes zu tun hat (vgl. 2.3). Ich habe zu Beginn meiner systematischen Beispielsuche unter anderem Videoaufzeichnungen von Unterrichtsstunden herangezogen. Dabei handelte es sich um Aufnahmen von Stunden, die deutsche Studierende im Rahmen ihrer studienbegleitenden Praktika an Münchener Gymnasien und Realschulen abhielten.16 Ein wesentliches Problem dieses Materials war es, daß hier deutsche Muttersprachlerinnen miteinander auf englisch, also für alle Beteiligten in einer Fremdsprache, und dazu noch in einer
15 16
Sie bezieht sich auf Ochs, E. (1988), Culture and language development: Language acquisition and language socialization in a Samoan village, Cambridge (Angabe nach Ochs 1991). Für die Bereitstellung der Videobänder danke ich herzlich Alasdair Archibald, zu dieser Zeit Lektor am Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache und Literatur des Instituts für Englische Philologie der Universität München.
57 stark markierten, künstlichen Situation kommunizierten. Innerhalb mehrerer Stunden aufgezeichneten Materials trat ein Fall auf, der als mögliches Mißverständnis in Frage kam, sich aber nach eingehender Analyse als unbrauchbar erwies. Offenbar treten Mißverständnisse in natürlicher Interaktion zu selten auf, als daß Tonband- oder Videoaufnahmen - von allen anderen bereits diskutierten theoretischen Vorbehalten abgesehen - eine sinnvolle Quelle wären (vgl. dazu auch Milroy 1984: 15).
3.2.3.2 Die diary method Wenn sich andere Methoden, 'echte' sprachliche Mißverständnisse in ausreichender Zahl festzuhalten, als zu unergiebig erwiesen haben, bleibt als einzig erfolgversprechende Möglichkeit das übrig, was Humphreys-Jones (vgl. 1986a) zutreffend als diary method bezeichnet. Erlebte oder von anderen berichtete Mißverständnisse werden schriftlich rekonstruiert, natürlich möglichst bald, nachdem sie sich ereignet haben, und unter Mithilfe anderer Beteiligter oder Mithörerinnen, die auf Befragen Details über den genauen Verlauf und eigene Interpretationen beisteuern können. Auf dieser Erfassungsmethode beruhen die meisten der in der Forschungsliteratur bisher verwendeten Beispiele für Mißverständnisse. Auch in der Psycholinguistik sind Verfahrensweisen zur Sammlung von Daten, die als diary method bezeichnet werden können, weit verbreitet. Auf diese Weise entstanden zum Beispiel Meringer & Mayers (1978; 1. Aufl. 1895) enormes Korpus von Versprechern17 und auch Fromkins (vgl. 1971: 28) Sammlung von mehr als 600 slips of the tongue. Lesley Milroy (1984) verwendet fast ausschließlich Beispiele, die nach dieser "post hoc type of procedure" (Milroy 1984: 15) gesammelt wurden. "These were transcribed on the spot, and where necessary contextual factors were noted in as much detail as seemed appropriate" (Milroy 1984: 15).18 Humphreys-Jones (1986a) gewinnt den Großteil der von ihr verwendeten Beispiele mittels der diary method. Neben den bereits erwähnten vier Mißverständnissen, die sie Tonbandaufnahmen entnommen hat, besteht das Korpus ihrer Arbeit aus -
-
17 18
67 Fällen, an denen sie selbst unmittelbar beteiligt ist (davon 30, in denen eine ihrer Äußerungen mißverstanden wird, und 37, in denen sie eine Äußerung miß versteht), fünf Fällen, in denen sie eine mehr periphere Rolle hat, 15 Fällen, die sie als overhearer mitbekommt, also als unbeteiligte Zuhörerin, und
Fromkin (vgl. 1971: 28) schätzt die Anzahl der von Meringer & Mayer gesammelten Beispiele auf 8800. Wenn Milroy (1984: 15) feststellt, dieses Verfahren sei "very similar to that of Gumperz (see especially Gumperz and Tannen, 1979)", so muß dies angesichts der Angaben, die Gumperz & Tannen (vgl. 1979: 308) selbst zu ihrer Verfahrensweise und der Quelle ihrer Beispiele machen, erstaunen; für einige der in Gumperz & Tannen (1979) verwendeten Beispiele trifft die Aussage aber offensichtlich zu (vgl. 3.2.3.1).
58
-
neun Fällen, die ihr von anderen zugetragen werden (vgl. Humphreys-Jones 1986a: 39).
Auch Zaefferer (1977), Dascal (1985), Dobrick (1985), Lavric (1990) sowie Henley & Kramarae (1991) verwenden für ihre Untersuchungen unter anderem solche nachträglich schriftlich festgehaltenen realen Beispiele. Dabei werden verschiedene Möglichkeiten der schriftlichen Wiedergabe praktiziert. Teilweise werden Mißverständnisse in erzählter Form, also ohne den Anspruch auf exakte Rekonstruktion sprachlicher Äußerungen, festgehalten, wie bei Dobrick (1985), Lavric (1990) und Henley & Kramarae (1991). Die meisten von Tannens (1991) Beispielen fallen ebenfalls klar in diese Kategorie. Auch eine Wiedergabe in Dialogform wie bei den nach der diary method gewonnen Beispielen Milroys (vgl. etwa 1984: 25, Beispiel (19)) oder bei Zaefferer (vgl. 1977: 345, Anmerkung 15) will meines Erachtens nicht den Anschein erwecken, Gesprächsausschnitte im genauen Wortlaut darzustellen. Es kann sich hierbei nur um idealisierte, also dem Sinn nach festgehaltene, Interaktionen handeln, in denen zum Beispiel auch keine Unterbrechungen auftreten. Anders verhält es sich dagegen bei dem Großteil der nach der diary method erfaßten Fälle, die Humphreys-Jones (1986a) verwendet. Zum einen werden hier oft auch Sprechpausen, Intonation und parasprachliche Merkmale angegeben. Daß die Transkription dabei zwangsläufig selektiv sein muß, rechtfertigt Humphreys-Jones (1986a: 38) folgendermaßen: Significant features, both paralinguistíc and intonatìonal, were noted and it is reasonable to assume that those which were not noted, of which there must have been many, were not seen as significant by participants after the misunderstanding and therefore were unlikely to have played much part during the interaction containing the misunderstanding.
Diese Formulierung ist vorsichtig genug, um Zweifel der Autorin an ihrer eigenen Argumentation durchblicken zu lassen. Die Aussage ist zweifellos zirkulär, denn wenn bestimmte Merkmale von den Beteiligten nicht bemerkt und deshalb nicht in die Transkription aufgenommen werden, können sie auch in der späteren Analyse keine Rolle spielen - was aber nicht das Geringste darüber aussagt, ob sie tatsächlich wichtig waren beziehungsweise gewesen wären und die Analyse anders ausfiele, wären sie berücksichtigt worden. Zum anderen sind die schriftlich festgehaltenen Gesprächsausschnitte hier im Durchschnitt deutlich länger als etwa bei Milroy (1984), auf deren Methode der Datengewinnung Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 38) sich übrigens explizit beruft. Dadurch weisen die Beispiele in der Regel mehrere Sprecherwechsel und eine durchaus komplexe interaktive Struktur auf. Die Möglichkeit, auch relativ lange Interaktionssequenzen detailliert festzuhalten, ist nach Humphreys-Jones (vgl. 1986a: 38) aufgrund der Tatsache gegeben, daß in den meisten Fällen die Erinnerung der Beteiligten mit herangezogen wurde, um die Transkriptionen zu erstellen. "When the
59 transcription could not be agreed upon, the data was discarded" (Humphreys-Jones 1986a: 38). Hier stellt sich nun zunächst die Frage, wie berechtigt Humphrey s-Jones' (1986a) Optimismus hinsichtlich der Authentizität des Materials wirklich ist. Erkenntnisse darüber, wie genau sich Beteiligte im nachhinein an Äußerungen anderer erinnern, sind ernüchternd. Coulthard (1992: 245) stellt dazu fest19: Experiments show that it is impossible for participants successfully to remember, even immediately afterwards, what was said to them in a two-party conversation that lasted for as little as five minutes [...]. Participants can typically reproduce only 25-30 per cent of the ideas contained in their interlocutor's contributions and then only in a paraphrased form. Their ability to reproduce verbatim can be as low as 1 per cent.
Aber auch eigene Redebeiträge lassen sich keineswegs zuverlässig rekonstruieren: [...] verbally transmitted information is not, in the main, stored in a verbal form in the brain. Thus, when they need to say again what they have already said, speakers encode the content linguistically anew, and, as a consequence, there tend to be small but important differences between the two utterings. (Coulthard 1992: 245) 20
Es ist also anzunehmen, daß die Rekonstruierbarkeit sprachlicher Äußerungen in der Interaktion gemeinhin bei weitem überschätzt wird. Auch Humphrey s-Jones fallt dieser Fehleinschätzung anheim, wenn sie annimmt, daß ein langer Gesprächsabschnitt wie der folgende post hoc annähernd realistisch festgehalten werden kann: (3.2) H, (f), has just started working in a Reference Library; S, (f), is a customer; the original manuscripts of wills are not issued to the public; instead, microfilms of the wills are issued; Episcopalian wills are indexed on yellow cards and on pink cards with yellow stripes while another type of will is indexed on white cards; H does not know about this procedure but O, (m), who works in a different department of the Library, does; microfilms can be copied by being printed out from a particular microfilm-reader, as opposed to ordinary photocopying.
19 20
(1) ORIGIN
S:
(2) IND.MANIF.' (3) y
H: S:
Could I have a photocopy of these wills please / pause / Yes Now then, the yellow cards are Episcopal wills and the pink ones with yellow stripes are as well I assume
Coulthard beruft sich hier auf einen Aufsatz von Hjelmquist, E. (1984), "Memory for conversations", Discourse Processes 7, 321-336 (Angabe nach Coulthard 1992). In Coulthards Aufsatz unter dem Titel "Forensic discourse analysis" werden diese Defizite anhand des Problems untersucht, daß Aussagen Angeklagter, die sie zuvor in polizeilichen Verhören gemacht haben, vor Gericht wie exakte wörtliche Wiedergaben des Gesagten behandelt werden, während die Niederschriften dieser Verhöre - sofern sie nicht auf der Basis von Tonbandaufnahmen entstanden sind - diesen Anspruch in keiner Weise erfüllen.
(4) (5.1) .2) •3) •4) .5)
y y y y y y
H: S:
y
H:
.2) MANIF. 2 (7.1) y
0:
(6.1)
.2) ρ qued. (8) pr ref.prtl. & p' err.sig. (9) y (10.1) ρ exp. .2) pr réf. (11.1) pr err.ack. .2) xr exp. (12) ρ exp.
S:
Eh You're new aren't you? Well I'm sure they are They probably ran out of yellow cards These are the ones I want If you can give me a piece of scrap paper I'll write them out for you and you can think about them Thanks - gets paper and gives it to S / pause / - turns to O Can we do photocopies of wills? Yes, well, print-outs - turns to S You want a print-out from the reader? No
S:
That's how we copy wills I want to look at them I don't want a copy Oh sorry I thought you said you wanted them photocopied I want to look at the photocopies you have
(13) ρ qued. (14) ρ exp.prtl.
0: S:
The microfilms Yes
(15.1) mus.ack. .2) mus.ack. .3) mus.ack.
H:
Oh I see Sorry
0: S: H:
+ 0 real.
+ H real.
Source: H = C.E.H.-J. [Claire Humphreys-Jones, Anm. d. Verf.]
[...] (Humphreys-Jones 1986a: 281 f., Beispiel L87)
Auch wenn Humphreys-Jones zur Rekonstruktion von Gesprächen die Hilfe der anderen Beteiligten heranzieht, muß doch aufgrund von Coulthards (1992) Feststellungen bei einem solchen Transkript davon ausgegangen werden, daß die Wiedergabe der Äußerungen bestenfalls auf Kompromißlösungen beruht, die zwischen den Beteiligten aufgrund ihrer jeweils individuellen - zwangsläufig unzulänglichen und voneinander abweichenden - Erinnerungen ausgehandelt werden. Das Beispiel kann also beim besten Willen nicht als authentisch angesehen werden, und das gilt grundsätzlich auch für kürzere Transkripte, die auf diesem Weg entstanden sind. Ein weiterer Einwand betrifft die Möglichkeiten, mit der diary method, wie Humphreys-Jones (1986a) sie praktiziert, die Probleme zu umgehen, die sich aus dem observer's paradox ergeben. Die Autorin betont, daß sie Fälle, in denen sie selbst den Verlauf des Mißverständnisses beeinflußt, nicht ins Korpus aufnimmt.
61 If, for example, the analyst requested that the participants re-traced their utterances because they appeared to be having difficulty in understanding one another, they might realize that the source of the difficulty was a misunderstanding. In such an example, it would never be known how the participants would have resolved the difficulty had they not been prompted. Data in which the analyst intruded was therefore rejected. (Humphreys-Jones 1986a: 38)
Damit ist aber noch nichts über all diejenigen Fälle ausgesagt, an denen HumphreysJones selbst beteiligt ist - nach ihrer eigenen Aufzählung (vgl. Humphreys-Jones 1986a: 38 f.) immerhin 73 von hundert Fällen. Die Annahme liegt nahe, daß es den Verlauf der Interaktion nach dem Entstehen eines Mißverständnisses - der HumphreysJones, wie soeben festgestellt, primär interessiert - durchaus beeinflussen kann, wenn eine Person daran beteiligt ist, die selbst an solchen sprachlichen Ereignissen wissenschaftlich interessiert ist und Beispiele dafür sammelt. In Humphrey s-Jones' (1986a: 276) Beispiel G75, das einer Tonbandaufnahme entstammt, treten etwa in der Mitte des Transkriptes, also in einer für die Zwecke der Analyse keineswegs peripheren Position, Äußerungen auf, die meines Erachtens klar widerspiegeln, daß sich die Beteiligten (unter denen sich auch die Autorin befindet) des Eintretens eines für die Untersuchung relevanten Ereignisses bewußt sind. So sagt eine der Beteiligten, Ol, nachdem schon einige sprachliche Verwirrung manifest geworden ist, in Zeile (13): "This is one of those conversations", und 02, Claire Humphreys-Jones, bemerkt drei Zeilen später: "No, you started that one" (= dieses Mißverständnis). Ich glaube, daß die erwähnten Kritikpunkte nicht pauschal den Wert des sprachlichen Materials in Frage stellen. Humphreys-Jones hat trotz des soeben angesprochenen Problemfalles recht, wenn sie feststellt, daß die diary method sich gut dazu eignet, das observer's paradox zu umgehen. Trotz der zweifelhaften Genauigkeit der Transkription eignen sich die Beispiele auch durchaus als Grundlage wissenschaftlicher Überlegungen zu Mißverständnissen. Das jedoch, was Humphreys-Jones selbst mit ihren sprachlichen Daten macht - sowohl die Art der Analyse als auch die Schlußfolgerungen, die daraus abgeleitet werden -, erscheint angesichts der Beschaffenheit dieses Materials nicht gerechtfertigt.
3.2.4 Fazit Als Fazit aus der Nebeneinanderstellung verschiedener Quellen und Methoden der Datengewinnung läßt sich folgendes festhalten: Sowohl erfundene als auch experimentell hervorgerufene Beispiele werfen grundsätzliche Probleme hinsichtlich der Verfahrensweise der Untersuchung auf. Beide Quellen sind mit einem induktiven Vorgehen nicht vereinbar, das aber angesichts der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit als einzig gangbarer Weg erscheint, möglichst das gesamte Spektrum des zu untersuchenden Phänomens anhand sprachlichen Materials zu erfassen.
62 Sprachdaten aus realer Interaktion erweisen sich aus verschiedenen Gründen als schwer zugänglich. Ganz allgemein - nicht nur auf MißVerständnisse bezogen - stellt das observer's paradox für die Gewinnung von Material aus unverfälschter, natürlicher Kommunikation eine beträchtliche Hürde dar. Auch wenn es bei Tonband- oder Videoaufnahmen möglich ist, dieses Problem mehr oder weniger zu umgehen, bleibt wie auch bei der Auswertung von Aufnahmen, die nicht zum Zweck der linguistischen Untersuchung entstanden sind, wie Talkshows oder Unterrichtsmitschnitten - die Schwierigkeit, daß Mißverständnisse zu selten auftreten, als daß eine ausreichend ergiebige Quelle zu finden wäre. Eine weitere Möglichkeit, Daten aus realer Interaktion festzuhalten, die diary method, erscheint demgegenüber als gangbarer Weg, eine genügend große Anzahl von Beispielen zu gewinnen. Theoretische Vorbehalte sind allerdings angebracht, wenn solche Beispiele dann, wie Humphreys-Jones (1986a) es tut, behandelt werden, als seien sie Transkriptionen von Ton- oder Videobändern. Aus Sicht eines Analyseinteresses, das nicht so sehr auf die genaue Abfolge von Äußerungen ausgerichtet ist, kann die diary method dagegen durchaus gerechtfertigt sein, wie zum Beispiel die Untersuchung von Milroy (1984) zeigt. Im folgenden Abschnitt wird es nun darum gehen, welche Möglichkeiten der Datensammlung sich für die vorliegende Arbeit ergeben.
3.3 Zur Erstellung des Korpus Das Korpus dieser Arbeit stützt sich vor allem auf zwei Quellen. Zum einen habe ich aus den diskutierten Gründen selbst Beispiele nach der diary method festgehalten. Da diese Methode in quantitativer Hinsicht - vor allem, was das Ziel betraf, möglichst viele englischsprachige Beispiele zu finden - nicht zu befriedigenden Ergebnissen führte, wurden auch fiktionale Texte als Quelle erschlossen. Romane des zeitgenössischen englischen Autors David Lodge erwiesen sich als besonders ergiebig, was das Vorkommen von Mißverständnissen anging, und so wurden fünf seiner Werke systematisch auf relevante Fälle hin untersucht: Changing places (1978), The British Museum is falling down (1983), Ginger, you're barmy (1984), Small world (1985) und Nice work (1989)21. Die Zahl der so gewonnenen Beispiele war aufgrund der diskutierten Vorgaben ausreichend. Darüber hinaus ergab sich angesichts der anhand dieser Beispiele feststellbaren Phänomene eine deuüiche Erweiterung der Bandbreite an Parametern, die zuvor für die mit der diary method gewonnenen Daten als relevant erachtet worden waren (vgl. die Kriterien für die Korpusanalyse in 5.). Da sich gelegentliche Zufallsfunde in anderen fiktionalen Texten (die nicht in das Korpus aufgenommen wurden) sowie auch die in bisherigen Untersuchungen zu Mißverständnissen verwendeten
21
Die Jahreszahlen beziehen sich jeweils auf die verwendeten Ausgaben - vgl. Literaturverzeichnis.
63 Beispiele in das erweiterte Spektrum einfügten, das sich aus dem nun erschlossenen Material ergab, erschien es sinnvoll, auf die Suche nach weiterem Material zu verzichten. Im folgenden sollen nun Fragestellungen diskutiert werden, die sich aus der Verwendung von Beispielen aus fiktionalen Texten ergeben.
3.3.1 Probleme fiktionaler Beispiele aus theoretischer Sicht Natürlich ergeben sich angesichts von Beispielen aus fiktionalen Texten aus theoretischer Sicht bestimmte Implikationen. Ein Kommunikationsmodell muß berücksichtigen, daß es hier nicht nur die Beteiligten in einer Gesprächssituation gibt, sondern darüber hinaus eine Rahmenkommunikation zwischen Text und Leser. Ohne diese Rahmenkommunikation ist der fiktionale Diskurs nicht erklärbar. In ein Kommunikationsmodell übersetzt bedeutet das: Adressatinnen der 'Äußerungen' in einem Roman sind stets die Leserinnen. Es ist klar, daß die Äußerungen einer Figur A gegenüber einer Figur Β in einem fiktionalen Text in vieler Hinsicht nicht so interpretiert werden können, als gäbe es diesen zusätzlichen Adressaten nicht.22 Ein weiteres Argument gegen Romane als Quelle könnte sein, daß es sich bei Mißverständnissen in fiktionalen Texten letztlich um nichts anderes als um erfundene Beispiele handelt. Ich sehe das anders. Natürlich ist die 'Kommunikation' zwischen Romanfiguren keine reale Interaktion. Was Mißverständnisse in fiktionalen Texten aber grundlegend von solchen unterscheidet, die zum Zwecke der Verwendung in einer sprachwissenschaftlichen Untersuchung konstruiert werden, ist, daß jene eben aus keinem spezifischen Erkenntnisinteresse entstehen. Damit hat für solche Fälle das Argument gegen erfundene Beispiele, daß ihnen womöglich bereits ein vorgefaßtes Konzept zugrunde liegt, aufgrund dessen nur bestimmte Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, keine Gültigkeit. Was die erwähnte Problematik des literarischen Rahmendiskurses angeht, so glaube ich, daß es angesichts des hier verfolgten Erkenntnisinteresses hinsichtlich des Datenmaterials - ein möglichst breites Spektrum verschiedenartiger Mißverständnisse zu erfassen - legitim ist, fiktionale Beispiele zu verwenden und sie in der Regel so zu behandeln, als seien es reale. Dies geschieht in dem Bewußtsein, daß die Kommunikation konstruiert ist, aber jederzeit so oder ähnlich ablaufen könnte (was bei Lodge auch sehr viel eher anzunehmen ist als etwa bei Beckett). Dabei ist Vorsicht im Umgang mit Randphänomenen geboten, bei denen der Rahmendiskurs den fiktionalen Diskurs offensichtlich überlagert. So entsteht im folgenden Beispiel eine Art Mißverständnis zwischen Text und Leserin (L) dadurch, daß L im Unterschied zu Akira Sakazaki zunächst nicht weiß, daß es statt raped wrapped heißen soll.
22
Vgl. dazu Coulthards (1985: 184-192) Analyse von Frage-Antwort-Sequenzen in Shakespeares Othello sowie Lipkas (1980: 316) Warnung vor einer "Gleichsetzung von fiktiven Texten mit der natürlichen Sprachverwendung ".
64 (3.3) [Akira Sakazaki korrigiert englische Übungsaufgaben von japanischen Studierenden.] "Having rescued girl drowning, lifeguard raped in blanket her, " he reads. Sighing, shaking his head, Akira inserts articles, rearranges word order, and corrects the spelling of "wrapped". (SW S. 141)
Zwar fällt auf, daß in dem Zitat aus einem Aufsatz, den Sakazaki korrigiert, Artikel fehlen und die Wortstellung falsch ist, und natürlich wird auch der seltsame Inhalt bemerkt. Ehe aber der Fehler (raped statt wrapped) aufgeklärt ist, kann L sich nur wundern. Das 'Aha-Erlebnis' beim Lesen der Erklärung ist beabsichtigt. In den allermeisten Fällen hat L gegenüber den Romanfiguren einen Wissensvorsprung; hier dagegen wird L vom Text sozusagen an der Nase herumgeführt. Ich habe Fälle wie den eben erwähnten nicht in das Korpus aufgenommen und mich auf Beispiele beschränkt, die ohne Hinzuziehung des Rahmendiskurses analysierbar sind.
3.3.2 Praktische Probleme Ein Nachteil schriftlicher Beispiele aus fiktionalem Text gegenüber realem Material ist das Fehlen von Angaben zu Aussprache und Intonation. Bei Lodge sind zwar manchmal betonte Wörter durch Kursivdruck markiert, und Akzent23 wird in Sonderfallen angegeben24. Meist jedoch werden solche möglichen Eigenschaften von Äußerungen, die für die Funktionsanalyse natürlich wichtig sein könnten, nicht spezifiziert. Anders ausgedrückt heißt das, daß im fiktionalen Text genau die Merkmale einer Äußerung angegeben sind, die im Text eine Funktion erfüllen und daher gebraucht werden. Dieser 'Nachteil' relativiert sich angesichts der Tatsache, daß Intonationsmuster auch in keiner der Arbeiten systematisch wiedergegeben werden, die reale Beispiele heranziehen. Nur gelegentlich wird die Intonation einer Äußerung in einem Transkript angegeben (vgl. Drummond & Hopper 1991) beziehungsweise bei der Diskussion eines Beispiels erwähnt (wie in (2.3 ), einem Fall aus Gumperz & Tannen 1979), oder die Haupttonsilbe wird in Form von Großbuchstaben oder Kursivdruck angezeigt, und zwar dann, wenn diese Information aus Sicht der/des Analysierenden für die Beschreibung wichtig ist - kein entscheidender Unterschied also zum fiktionalen Text. Völlig realistisch ist die Angabe solcher Merkmale nur bei der Transkription von Tonband- oder Videoaufhahmen möglich, weil sonst nahezu zwangsläufig aus einem bestimmten Interesse heraus gefiltert wird.
23
24
'Akzent' wird im Sinne regional, national, sozial bedingter sprachlicher Variation oder auch aufgrund zwischensprachlicher Interferenz erklärbarer Besonderheiten hinsichtlich der Aussprache verwendet. - Vgl. etwa Trudgill (1983: 17). So zum Beispiel die Cockney-Aussprache von Debbie in NW (vgl. NW 180), der Akzent der Verkäuferin in einer Drogerie in Rummidge (vgl. SW 47) oder das blockierte /hl bei der Italienerin Fulvia Morgana in SW (vgl. etwa SW 135).
65 3.3.3 Vorteile Abgesehen von den theoretischen und praktischen Problemen sind während der Arbeit mit den Beispielen aus Lodges Romanen einige Vorteile zutage getreten, die dieses Material im Vergleich zu realen Mißverständnissen aufweist. Zum einen hat sich gezeigt, daß das Spektrum etwa hinsichtlich der in 5.2.3 untersuchten Fälle auf der Modifikatoren-Ebene bei Beispielen aus fiktionalem Text breiter ist als in den Daten aus realer Interaktion. Da es sich bei solchen Fällen aus fiktionalem Text dennoch nicht um unplausible, extrem konstruierte Phänomene handelt, können sie als Erweiterung der Bandbreite im Korpus nur begrüßt werden. (Umgekehrt dürfen natürlich zum Beispiel die wiederholt mit humoristischem Effekt eingesetzten Mißverständnisse in NW, die von Philip Swallows Schwerhörigkeit verursacht werden (vgl. etwa NW 65, NW 208/2, NW 209), nicht überbewertet werden.) Ein weiterer Aspekt, aufgrund dessen fiktionale Beispiele zumindest nicht als weniger nützlich einzustufen sind als manche reale, ist, daß bei ersteren meist umfangreiche Informationen über den Kontext der jeweiligen Kommunikationssituation zur Verfügung stehen - mehr zumindest als bei realen Fällen, die von Beteiligten berichtet werden, auf die die Analyse also keinen direkten Zugriff hat. Diese Hintergrundinformationen ergeben sich aus der Beschreibung der Situation im Text, aber auch aus der Möglichkeit, Charakteristika von Figuren, die an einem Mißverständnis beteiligt sind, aus dem gesamten Romanzusammenhang zu erschließen. Es ist nicht in allen Fällen nötig, auf solche Informationen zurückzugreifen. Meist lassen sich die nötigen Angaben auf ein Minimum beschränken, was auch sinnvoll ist, um nicht in anekdotische Fallstudien oder in Charakterbetrachtungen einzelner Figuren zu verfallen. In manchen Fällen ist eine weiter ausgreifende Betrachtung aber unverzichtbar oder zumindest sehr hilfreich, um etwa Ursachen von Mißverständnissen zu beschreiben. So kann das folgende Beispiel (3.4) ( = (5.74), vgl. 5.2.3, S. 145 f.) nur sinnvoll interpretiert werden, wenn klar ist, daß S schon seit einiger Zeit zuviel trinkt und in der beschriebenen Situation auf dem Boot in der Themse bereits mehrfach durch Schluckauf aufgefallen ist, während H Ss Äußerungen schon einige Male mit Shut up quittiert hat.
(3.4
)
SW 175
(S = Thelma Ringbaum, H = Howard Ringbaum (Mann von S). Ronald Frobisher hat auf der Themse in London gerade aus Rache die Leinen der Annabel Lee losgemacht, auf der die prìzegiving party der Royal Academy of Literature stattfindet.] "[H]," said [S], < < < "I think the boat's moving." > > > [H:] > > >"Shut up, [S]."< <
> > You should show her,' he said again to [O], [.··] > > > Ί thought the man in the office, [S], said it was a new machine,' < < < was [H]'s first comment, when they stood before its [the KW's) massive bulk. > > > 'It doesn't look new.' < < < 'It's not new, said [O], I can't afford to buy machines like that brand new. I got it second-hand from a foundry in Sunderland that closed down last year. (...)'
In (J. 14 ) schließt H aus der Aussage, eine Maschine sei erst einige Wochen zuvor aufgestellt worden, daß diese Maschine neu angeschafft wurde. Daß die Maschine gebraucht gekauft wurde, weil sie als Neuanschaffung zu teuer wäre, wie sie dann von O hört, kann H aufgrund ihrer begrenzten technischen und kaufmännischen Kenntnisse nicht wissen. In (5.15 ) setzt S mit ihrer Äußerung Look at Sam Fox! selbstverständlich voraus, daß H weiß, von wem S spricht. (5.15 )
NW 36
[S = Shirley, Sekretärin von Vic Wilcox, H = Vic Wilcox. S zeigt H (Nackt-) Modellaufnahmen von ihrer Tochter. H äußert Mißfallen und sagt, er würde so etwas bei seiner Tochter nicht zulassen.) Ί don't see the harm,' says [S]. 'People think nothing of it nowadays, topless sort of thing. You should have seen the beach at Rhodes last summer. And even television. If you've got a beautiful body, why not make the most of it? < < < Look at Sam Fox! ' > > >
110 [H:] > > > 'Who's he?' < < < 'She. Samantha Fox. You knowV Incredulity raises [S]'s voice an octave.
H kann mit Sam Fox nichts anfangen, interpretiert die von S verwendete Kurzform für Samantha aber als Abkürzung von Samuel (was auch der weitaus gebräuchlicheren Verwendung von Sam entspricht). Das manifestiert sich in Hs Rückfrage Who's he?. S erscheint Hs Wissensdefizit angesichts der von ihr angenommenen Bekanntheit von Sam Fox geradezu unglaublich, wie ihre Reaktion auf den Auslöser zeigt. Wissen kann auch in Form verschiedener Perspektiven eine Rolle spielen, die die Beteiligten an einer Situation dem Gesprächsthema gegenüber einnehmen. In (5.16 ) (= (6.7), vgl. 6.1, S. 166) schildert S ihre Erfahrungen in zwielichtigen Lokalen aus ihrer Perspektive. (5.16)
CP 33/2
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich im Flugzeug soeben kennengelernt. 1 [S:] '[...] As a matter of fact I worked my first year through college as a topless dancer. < < > > 'No, I understand he's a lecturer in English Literature.' < <
> > H: > > > N e i n < < < S: Oh je - ich hab gehofft, DU könntest es mir sagen
S beutet diese übliche oder doch erwartbare kommunikative Funktion aus und provoziert damit H zu seiner Reaktion (Nein). H geht in die von S aufgestellte Falle, da dieser sich nun auf die angesichts der sprachlichen Struktur Weißt du, was ...? durchaus mögliche Funktion einer Bitte um Information zurückziehen und sein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen kann, daß H ihm die gewünschte Information nicht geben konnte. Hätte H die tatsächlich intendierte Funktion des Auslösers erkannt und entsprechend reagiert - etwa mit einer Aufzählung seiner positiven Eigenschaften -, so hätte er die ironische Absicht von S vereiteln können. Da H aber mit der Antwort Nein durchaus im Sinne von S auf den Auslöser reagiert, sind intendierte und rezipierte Funktion des Auslösers identisch, womit kein Mißverständnis vorliegt.
5.1.4.2 Intention seitens der Hörerin / des Hörers Fälle, in denen H sich absichtlich für eine mögliche Interpretation des Auslösers entscheidet, die von S nicht intendiert ist, sind im Korpus häufiger als die im vorigen Abschnitt diskutierten Fälle. In ihrer Erscheinungsform sehen sie Mißverständnissen zumindest ähnlicher als gezielte Täuschungsmanöver durch S. In (5.19 ) setzt S die Aussage, alle ihre (Hs und Ss) Bekannten hätten bereits einen Mikrowellenherd, als Argument dafür ein, daß sie selbst auch einen braucht. (5.19)
NW 23
[S = Marjorie Wilcox, H = Vic Wilcox. S und H diskutieren über die Notwendigkeit, einen Mikrowellenherd zu kaufen.] < < < 'Everybody we know has got one,' > > > says [S]. > > > 'Exactly,' < < < says [H], [S] looks unhappily at [H] [...]
Für H, der in NW insgesamt nicht als jemand dargestellt wird, der Trends folgt und sich stromlinienförmig verhält, ist diese Feststellung ganz im Gegenteil zu Ss Intention ein willkommenes Argument, kein solches Gerät anzuschaffen. H weiß natürlich sehr wohl, welches Ziel S mit ihrer Aussage verfolgt. Er beutet die potentielle Multifunktionalität des Auslösers gezielt aus. S lädt mit dem Auslöser zu der konversationellen Implikatur ein: 'Was alle tun oder haben, ist positiv; weil alle, die wir kennen, einen Mikrowellenherd haben, ist der Besitz eines Mikrowellenherdes positiv; deshalb
113
sollten wir auch einen haben'; H zeigt durch seine Reaktion, daß er diese Aussage ebenso gut als Argument für seine Position verwenden kann ('Was alle tun oder haben, ist deshalb noch lange nicht - oder gerade nicht - positiv; wenn alle einen Mikrowellenherd haben, bedeutet das nicht, daß der Besitz eines Mikrowellenherdes positiv ist; deshalb ist es nicht positiv, wenn wir auch einen haben'). Als Ursache des hier durch H bewirkten kommunikativen 'Unglücksfalles' kann die unterschiedliche Interessenlage der Beteiligten angesehen werden. Ein vergleichbares Beispiel ist (5.20 ). Auch hier setzt S den Auslöser als Argument für seinen Standpunkt ein, daß Brian Everthorpe nicht ohne weiteres gekündigt werden kann, wie H das vorschlägt. Normalerweise wäre die Tatsache, daß jemand schon lang für eine Firma gearbeitet hat, in diesem Zusammenhang durchaus ein geeignetes Argument. (5.20)
NW 211
[S = Stuart Baxter, H = Vic Wilcox. H hat soeben in gereizter Atmosphäre mit Brian Everthorpe gesprochen.] A little later [H] phoned [S] and told him he wanted to let Brian Everthorpe go. [S:] 'Why, [H]?' [H:] 'He's no good. He's idle. He's stuck in old grooves. He doesn't like me and I don't like him.' [S: 1 < < < 'He's been with the company a long time. ' > > > [H:] > > > ' E x a c t l y . ' < < < [S:] 'He won't go without a fight.' [H:] 'I'll enjoy that.'
Wie in (5.19 ) ist es Vic Wilcox, der mit seiner Reaktion Exactly den Aussagewert dieses Arguments ins Gegenteil zu verkehren versucht: 'Jemanden, der schon so lange bei der Firma arbeitet, können wir erst recht entlassen.' In beiden Fällen wird dadurch, daß H die Äußerungsfunktion für seine eigenen Ziele ins Gegenteil umkehrt, S zwar aller Wahrscheinlichkeit nach verärgert; die Notwendigkeit, wie bei einem Mißverständnis etwas zu reparieren, besteht aber nicht, weil S die Absicht hinter Hs Sprechhandlung bewußt ist und insofern kein Mißverstehen korrigiert zu werden braucht (vgl. dazu auch S. 129, Fußnote 19). Etwas anders ist (5.21 ) zu beurteilen. Hier reagiert S zunächst mit Unverständnis auf Hs Frage nach den Fabrikkaminen, weil es so etwas in einem modernen Betrieb wie Pringle's aus technischen Gründen nicht mehr gibt. (5.21 )
NW 103
[S = Brian Everthorpe, H = Robyn Penrose. H kommt in Begleitung von S zum ersten Mal zu Pringle's.] 'Where are the chimneys?' [H] asked. [S:] < < < 'What chimneys?' > > > [H:] > > > 'Well, you know. Great tall things, with smoke coming out of them. ' < <
> > [S] said archly. > > > "Oh, Angelica, don't torment me! If you've had other lovers, I don't want to hear about them."< < < "That's not what I meant," said [S].
In (5.25 ) ist es das elliptische I don't, das aufgrund der vorhergehenden Äußerung von H mindestens zwei textuelle Bezugsmöglichkeiten zuläßt: (a) Perhaps I don't love you ebenso wie (b) Perhaps I don't believe in premarital chastity.
118 Eine dritte denkbare Version wäre, daß sich die Verneinung im Auslöser auf beide Propositionen bezieht: Perhaps I don't love you and don't believe in premarital chastity. H entscheidet sich bei seiner Interpretation für die aus der Sicht seiner Interessenlage wohl harmloseste Variante (b), während S offenbar eher (a) ausdrücken wollte. In (5.25 ) liegen beide potentiellen Bezugspunkte im Text so kurz vor der auslösenden Äußerung, daß sich allein aus diesem Faktor des zeitlichen Abstandes keine eindeutige Interpretation fur H ergeben kann. Auch aufgrund des Kontexte ergeben sich für H keine eindeutigen Rückschlüsse, worauf sich perhaps I don 't bezieht. In (5.26 ) ist der Abstand des von S in ihrer Frage What about you? intendierten textuellen Bezugspunktes zum Auslöser des Mißverständnisses größer als in (5.25 ). (5.26)
NW 62/2
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. H hat S um ein Gespräch gebeten und wird ihr sagen, daß es nach dem Ablauf ihres Dreijahresvertrages keine Chance für eine Verlängerung gibt. H leitet das Gespräch mit phatic communion'2 ein und fragt S, wie sie die zurückliegenden Weihnachtsferien verbracht hat.] 'Have a good vac?' [H] says again [...]. [S:] 'Yes, thanks.' '[...] Go anywhere interesting? North Africa? Winter Sports?' [H] grins encouragingly [...]. [S:] 'Good Lord, no.' [Η:] Ί hear they have very cheap packages to the Gambia in January. ' Ί couldn't afford the time, even if I had the money,' says [S]. Ί had a lot of marking to catch up on. Then I was interviewing all last week. ' [H:] 'Yes, of course.' [S:] < < < 'What about you?' > > > [H:] > > > 'Oh, well, I, er, don't do admissions any more. Used to, of course -' < < < 'No,' says [S], smiling. Ί mean, did you gò anywhere interesting?' 'Ah. I had an invitation to a conference in Florida,' says [H] wistfully. 'But I couldn't get a travel grant.'
What about you? in Us bezieht sich zurück auf das Thema 'Winterurlaub' und konkret auf Hs Frage Go anywhere interesting?, wie aus Ss Korrektur des Mißverständnisses (No [...] I mean, did YOU go anywhere interesting?) klar wird. Η stellt dagegen einen Bezug zum letzten Thema des unmittelbar zurückliegenden Redebeitrags von S her, den Vorstellungsgesprächen für neu aufzunehmende Studierende. Mit dieser Referenz ist H die Frage etwas peinlich (vgl. die zögernde Antwort Oh, well, I, er [...]), weil er als Professor mit derartigen Verwaltungsaufgaben nicht mehr befaßt ist. Grundsätzlich sind in diesem Beispiel sowohl die in Us als auch die in Uh hergestellte Referenz als textuelle Bezugspunkte des Auslösers verfügbar. S macht mit dem von ihr intendierten Bezugspunkt einen - auf den zeitlichen Ablauf des Diskurses bezogen - größeren Sprung, als ihn H mit seiner Interpretation nachvollzieht. Was H
12
Der Terminus phatic communion oder 'phatische Kommunikation' wird hier im Sinn von Malinowskis (1972: 151) Begriffsbestimmung verwendet: "a type of speech in which ties of union are created by a mere exchange of words". Vgl. auch Laver (1975).
119 in diesem Fall auf die Spur der von S intendierten textuellen Referenz bringen könnte, wäre zum einen die Tatsache, daß Ss Erklärung, warum sie keine Zeit für einen Winterurlaub hatte, nur einen Einschub innerhalb des bis dahin verfolgten Rahmenthemas (und innerhalb der noch anhaltenden Phase phatischer Kommunikation) darstellt. Zum anderen müßte H wissen, daß S weiß, daß H keine Bewerbungsgespräche für Studierende mehr durchführt, womit die Interpretation in Uh für H eigentlich ausscheiden müßte. Daß sich H dennoch für diese Möglichkeit entscheidet, zeigt sicher auch eine gewisse Unaufmerksamkeit seinerseits, ist aber in erster Linie auf Kotextfaktoren zurückzuführen. Ähnlich ist Beispiel (5.27) (= (4.5 ), vgl. 4.2.1, S. 85): (5.27)
EiGio
[S = Amerikanerin, H = Deutscher. S und H telefonieren aus Anlaß von Ss Geburtstag Ende Dezember. Sie haben zuvor längere Zeit nichts voneinander gehört. Im Gespräch war bisher über Hs und Ss Arbeit, zuletzt über Hs zurückliegenden Urlaub gesprochen worden.]
S: < < < So what are your plans for next year? > > > H: > > >Work harder < < < S: I mean, are you planning a major holiday or anything?
Hier ist die Referenz der Nominalphrase your plans aufgrund des vorhergehenden Diskurses ambig. H entscheidet sich in diesem Beispiel - im Gegensatz zu (5.26 ) - für das im Gesprächsverlauf zeitlich weniger weit zurückliegende Thema 'Arbeit' als Referenz, da er das weiter zurückliegende Thema 'Urlaub' für abgeschlossen hält. Ein Mißverständnis ursächlich auf zurückliegende Diskurselemente zurückzuführen, ist natürlich nur möglich, wenn der vorhergehende Gesprächsverlauf auch bekannt ist. Dies läßt sich anhand von (5.28 ) verdeutlichen. (5.28)
sw 241
[S = Joy Simpson, H = Philip Swallow. S und H, die seit kurzem eine Affäre miteinander haben - H ist verheiratet -, sitzen auf einem Hotelbalkon in Athen und sprechen über die Zukunft.] "Will your wife divorce you, then?" says [S], buttering a croissant. "If I choose the right moment," says [H]. "I went home with every intention of telling her about us, but when she announced that she wanted to be a marriage counsellor, it just seemed too cruel. [...]" [S] bites into her croissant and chews meditatively. < < < "What are your plans?" > > > > > > "I thought," says [H], squinting in the sun at the Acropolis [...], "that we might hire a car and drive to Delphi. " < < < [S:] "I don't mean this weekend, idiot, I mean long-term plans. About us."
Hier wird wie in (5.27 ) ebenfalls die Referenz der Nominalphrase your plans unterschiedlich interpretiert. H bezieht plans auf möglicherweise unmittelbar bevorstehende Freizeitaktivitäten mit S, S meint dagegen Hs weitere Pläne hinsichtlich einer
120 eventuellen Scheidung von seiner Frau. Von diesem Thema war unmittelbar vor dem Auslöser die Rede. Denkbar wäre hier durchaus eine vergleichbare Ausgangssituation wie in (5.27): Vor dem Thema 'Scheidung' könnte bereits über einen möglichen gemeinsamen Ausflug gesprochen worden sein. Da die Szene auf dem Hotelbalkon aber erst mit Ss Frage zu Hs möglicher Scheidung von seiner Frau beginnt, bleibt diese Interpretationsmöglichkeit verschlossen. Hs Antwort erscheint somit als womöglich sogar intentionales Ausweichmanöver, als Versuch, dem unliebsamen Thema einer definitiven Zukunftsplanung aus dem Weg zu gehen.13 Es wäre falsch, in diesem Problem ein Spezifikum des fiktionalen Textes zu sehen. Natürlich sind die Voraussetzungen einer Analyse hier andere als bei realen Gesprächssituationen, weil nur die vom Text angebotene Information zur Verfügung steht. Doch auch in 'echten' Beispielen aus face-to-face-intcraktion oder ebenso aus Video- oder Tonbandmitschnitten können Hinweise, die für die Ermittlung der Ursache eines Mißverständnisses wichtig sein könnten, bei der Transkription verlorengehen, vor allem, wenn sie - wie in (5.28 ) prinzipiell denkbar - in einem größeren zeitlichen Abstand zu den primär interessierenden Elementen Auslöser und Manifestation liegen.14
5.1.7 Probleme der Zuordnung und Abgrenzung von Ursachen Anhand der vorgestellten Beispiele dürfte bereits deutlich geworden sein, daß die Zuordnung einer Ursache zu einem Mißverständnis mitunter Schwierigkeiten bereitet. Dabei gibt es zwischen den diskutierten Arten von Ursachen offenbar Unterschiede. Lautliche Einflüsse (5.1.1) lassen sich meines Erachtens in der Regel eher eindeutig als dominante Ursachen identifizieren als die in 5.1.2 bis 5.1.6 untersuchten Faktoren. Letztere stellen zwar in einer Reihe von Fällen eine plausible, aber kaum eine hinreichende Erklärung dar, warum es zu einem Mißverständnis kommt. Im Gegensatz zu lautlich bedingten Fällen hat H in vielen der in 5.1.2 bis 5.1.6 diskutierten Beispiele zumindest eher die Möglichkeit, den Auslöser im Sinn von Us zu interpretieren, weil ein ungestört übermitteltes lautliches Ereignis zur Verfügung steht. Einen einzelnen Faktor als Ursache eines Mißverständnisses zu bestimmen, heißt also grundsätzlich nicht viel mehr, als daß es sich dabei um den nächstliegenden, plausibelsten Erklärungsansatz handelt, bei dem ein Faktor als dominant isoliert wird, während weitere das Zustandekommen des Mißverständnisses unterstützen oder begünstigen können. Nun ist es aus theoretischer Sicht kein Problem, Beispielen bei Bedarf mehrere Ursachen zuzuordnen - ich tue dies, wo es plausibel erscheint. Wie aber bei einer Durchsicht des Korpus deutlich wird, ist es in vielen Fällen schwierig, überhaupt eine
13 14
Ein mit (5.28 ) vergleichbarer Fall liegt in NW 296 vor. Vergleichbare Fälle, in denen Kotextfaktoren als Ursachen anzusehen sind, sind SW 44 und NW 304.
121
Ursache als wahrscheinlich oder gar dominant zu isolieren, was natürlich nicht heißt, daß sie keine Ursache haben. Ich will hierfür nur einige Beispiele nennen. (5.29 )
sw 158
|S = Digby Soames, H = Philip Swallow. S ruft H an. Es geht um Hs bevorstehende Vortragsreise in die Türkei.] The telephone rang. "[S] here, British Council. < < < It's about your lectures in Turkey. " > > > [H:] "Oh yes. > > >Didn't I give you the tides? There's 'The Legacy of Hazlitt' and 'Jane Austen's Little Bit of Ivory' - that's a quotation from -" < < < "Yes, I know," [S] interrupted. "The trouble is, the Turks don't want it." "Don't want it?" [H] felt slightly winded.
In (5.29 ) (= (5.55 ), vgl. 5.2.2, S. 135) interpretiert H den Auslöser als indirekte Frage nach den Themen seiner Vorträge, während S lediglich das Thema seines Anrufs ansprechen und auf das eigenüiche Problem zusteuern will. Für Hs Interpretation bieten sich hier mehrere mögliche Faktoren als ursächliche Erklärung an, eine klare Festlegung ist aber angesichts der zur Verfügung stehenden Information nicht möglich. H bekommt aufgrund des Auslösers Zweifel daran, daß er S bereits über die Themen seiner Vorträge informiert hat. Das mag mit Vergeßlichkeit zusammenhängen. Ebenso könnte es aber auch mit Hs Voreiligkeit erklärt werden, weil er nicht abwartet, bis S das eigentliche Problem anspricht. Eine eindeutige Ursachenzuweisung wie in den anderen in 5.1 vorgestellten Fällen aufgrund bestimmter kontextueller oder kotextueller Faktoren ist aber nicht möglich. Das gleiche gilt für (5.30 ) (= (5.48 ), vgl. 5.2.2, S. 131). (5.30
)
EIG 7
[S = Oberstarzt, H = Sanitätssoldat. S, H und anderes medizinisches Personal stehen während der Visite in einem Militärhospital an einem Krankenbett. S hat soeben mehrere Fragen an den Patienten gestellt, der in dem Bett liegt.] S: [mit Blick auf das Bett] < < > > III H: > > >Ja das sind patente Dinger< < < S: (mit Blick auf H] Also das ist ja wirklich die Höhe (lauter] Stellen Sie sofort das Kopfteil hoch! Das war ein Befehl
Sicherlich begünstigt die Indirektheit von Ss Aufforderung Hs Interpretation. Daß S H während des Vollzugs der Sprechhandlung nicht ansieht, trägt ebenfalls zu dem Mißverständnis bei. Dies wiederum könnte mit dem persönlichen Verhältnis der Beteiligten zu tun haben. Genaueres läßt sich zur Ursache aber nicht sagen.
122 (5.31
)
sw 30/1
[S = Angelica Pabst, H = Morris Zapp. S und H haben nach Hs Vortrag bei der Jahrestagung der University Teachers of English Language and Literature in Rummidge über Bezüge des Vortrags zum Thema von Ss in Entstehung befindlicher Dissertation gesprochen.] [S:] "Thank you very much, Professor Zapp, you've been most helpful." [H:] "Any time, Al." < < < "Actually, you know, my name is Angelica," > > > [S] smiled. > > > "Well, I thought Al must be short for something," < < < said [H],
In (5.31 ) (= (5.60 ), vgl. 5.2.2, S. 137 f.) versucht S, H über dessen Fehlinterpretation ihres Namensschildes aufzuklären, auf dem Ss Vornamen mit A. L. abgekürzt sind. H meint dagegen, daß S ihm mitteilen will, wofür die Kurzform Al steht. Es wäre denkbar, daß H aufgrund seiner Stellung nicht erwartet, von einer Studentin korrigiert zu werden, oder daß es H nicht klargemacht werden kann, daß er sich irrt. Über solche Vermutungen hinaus steht aber keine eindeutigere Erklärung für die Ursache des Mißverständnisses zur Verfügung. Hier wie in zahlreichen anderen Fällen im Korpus kann aus dieser Perspektive nichts Befriedigendes gesagt werden. Als Fazit läßt sich festhalten, daß es große Unterschiede zwischen Mißverständnissen hinsichtlich der Möglichkeit gibt, ihnen Ursachen zweifelsfrei zuzuordnen. Für diejenigen Fälle, bei denen dies möglich ist, kann das Identifizieren von Ursachen aus Sicht des Kommunikationsmodells wesentliches zur Beschreibung beitragen. Vor allem gilt dies für Mißverständnisse mit lautlichen und varietätenbedingten Ursachen, die ohne eine Berücksichtigung dieser Faktoren nicht befriedigend analysiert werden könnten. Über eine Reihe von Beispielen kann aber aus dieser Sicht wenig oder nichts Definitives ausgesagt werden. Die Ursachenanalyse muß also durch eine weitere Perspektive ergänzt werden, damit Aussagen über alle im Korpus enthaltenen Mißverständnisse möglich werden. Im nächsten Abschnitt wird der Beschreibungswert des in 4.2.2 entwickelten Funktionsbegriffes untersucht.
5.2 Funktionale Differenz als Beschreibungskriterium In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, welchen Beitrag der in 4.2.2 entworfene Funktionsbegriff zur Beschreibung des Korpus leisten kann. Anhand von Beispielen werde ich die Bedeutung der drei Funktionsebenen demonstrieren und verschiedene Möglichkeiten aufzeigen, wie sich Fs und Fh auf diesen Ebenen voneinander unterscheiden können.
123
5.2.1 Mißverständnisse auf propositionaler Ebene Als Mißverständnisse auf propositionaler Ebene bezeichne ich Fälle, bei denen sich Fs und Fh nur hinsichtlich der Proposition unterscheiden und nicht auch auf einer der anderen Ebenen. Dieser Hinweis ist wichtig, weil, wie sich in 5.2.2 zeigen wird, eine Differenz zwischen Illokutionen stets auch verschiedene Propositionen impliziert.15 Den weitaus häufigsten Fall stellen unter den Mißverständnissen auf propositionaler Ebene diejenigen Beispiele dar, bei denen sich Fs und Fh hinsichtlich der außersprachlichen oder auch textuellen Referenz eines Teils der Proposition unterscheiden. SW 285 wurde in 4.2.2 (vgl. S. 92) als Beispiel hierfür genannt. Vergleichbar ist (5.32 ). (5.32 )
sw 330
[S = Ronald Frobisher, H = Désirée Zapp. S, Autor, hat seit Jahren keinen Roman mehr geschrieben.] [S:) "[...] I was sitting in Washington Square [...], thinking about Henry James and basking in this extraordinary sunshine, < < < when suddenly the first sentence of a novel came into my head. " > > > > > > "Which novel?" < < < said [H], "My next novel," said [S]. "I'm going to write a new novel."
Auch hier, wie in SW 285, unterscheiden sich Fs und Fh hinsichtlich der Referenz einer Nominalphrase, a novel, die in Fs im Sinn von 'my next novel' (also einem noch nicht existierenden Buch) gemeint ist und in Fh als 'an existing novel' verstanden wird.16 In (5.33 ) wird der außersprachliche Bezug von chairs in Fs und Fh unterschiedlich interpretiert. (5.33)
NW 34
[S = Vic Wilcox, Hl = Doreen, H2 = Lesley. Hl und H2 arbeiten an der Rezeption von Pringle's, der Firma, die S leitet. S kommt zur Arbeit, H l und H2 begrüßen ihn.] [Hl, H2:] 'Morning, Mr Wilcox.' [S:] 'Morning. < < > > I don't think you've met her > > > Of COURSE 1 know her< < < I thought because she doesn't study German Who are you talking about Pepa, she's doing Spanish and English Oh I thought you said PIPpa
In (5.37) (= (6.14 ), vgl. 6.3, S. 171) dagegen kennt H nicht nur die von S gemeinte Person, sondern auch die Kurzform Pepa des spanischen Vornamens Josefina nicht. Unter den second year students, zu denen H gehört, gibt es aber eine Studentin, die Pippa heißt, und so nimmt H aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit von Pepa und Pippa an, S habe Pippa gemeint. In einigen Fällen, wie (5.38 ) (= (6.16 ), vgl. 6.3, S. 172 f.) und (5.39 ), ist es die Referenz deiktischer Ausdrücke, die von S und H unterschiedlich interpretiert wird. (5.38)
EIG 27
[S und H, Kollegen, sprechen am Telefon über eine geplante Abschiedsfeier für eine gemeinsame Kollegin. S und H teilen sich an ihrem Arbeitsplatz ein Büro, sind aber zum Zeitpunkt des Telefongesprächs beide zuhause.) S: < < < Wir ham jetzt mal gedacht, daß wir das bei uns machen könnten > > > H: Ja, des war ne gute Idee S: Da könnt' ja jeder was zum Essen mitbringen, nen Salat oder so [Pause] H: Ja ... da müßt mer doch gar kein so großen kulinarischen Aufwand treiben S: Na ja, wenn mers abends machen? H: Ach so, abends, ich hab gedacht, nachmittags S: Nein, abends eher, so um sieben nun H: Ach so - ja gut
S meint mit bei uns 'bei uns (meiner Freundin und mir) zuhause', H versteht dagegen 'bei uns im Büro'. Die Referenz von here ist im folgenden Beispiel Gegenstand des Mißverständnisses :
126 (5.39)
BM 136
[S = Father Finbar Flannegan, H = Adam Appleby. S hatte H gerade dabei überrascht, wie dieser in einem Sex-Shop Kondome kaufen wollte. S war sich dessen aber nicht bewußt und hielt den Laden für einen chemist's shop.] [S:] 'You know, I shouldn't be surprised if our man back there didn't deal in the things himself.' 'No!' said [H], [S:] O h , yes. I shouldn't be surprised at all. Under the counter, you know, under the counter ... < < < And what are you doing here, Adam?' > > > > > > Ί was just buying some paper handkerchiefs,' < < < said [H], eagerly brandishing the evidence under the priest's nose. He broke open the packet and blew his nose vigorously. [S:J 'No, I mean what are you doing in the Edgware Road? Lost your way?' [H:] 'Oh. No, I was on my way to ... some friends. In Bayswater.'
In (5.40 ) liegt der Unterschied zwischen Fs und Fh in der Referenz des Pronomens it, (5.40 )
CP 185
[S = Désirée Zapp, H = Philip Swallow.] 'Oh, dear!' [S] sighed after they made love for the first time. [H:] 'What's the matter?' [S:] < < < 'It was nice while it lasted.' > > > > > > 'It was tremendous,' < < < [H] said. > > > 'Did I come too soon?' < < < [S:J Ί don't mean that, stupid. I mean our chastity was nice while it lasted.'
in (5.41 ) im Bezug des Fragepronomens where: (5.41 )
GB 158
[S = Jonathan, H = Pauline, Freundin von Mike, der mit S zusammen beim Militär ist. Mike sitzt für den Angriff auf einen Vorgesetzten in Haft. S besucht H, die beiden essen zusammen. Beim Abspülen sprechen sie über Mikes Familie, mit der H Probleme hat. ] 'So Mike's mother is the problem,' [S] said, as [S + H] were washing up. [H:] 'Yes. Mr Brady's all right. I get on with him quite well. A bit too well. He pinched me once.' [S: 1 < < < ' W h e r e ? ' > > > [H] blushed and said: > > > 'The usual place. ' < < < Laughing, [S] explained: Ί mean whereabouts. I mean, did Mrs Brady see him? It might explain her hostility. ' [H:l 'No, she didn't see, thank goodness. [...]'
Im folgenden Beispiel interpretiert Η den Auslöser What's it about then? als Frage nach der Textsorte des Buches in einem sehr allgemeinen Sinn.
127 (5.42
)
GB 185
[S = Earnshaw, H = Jonathan. S und H halten sich zusammen mit anderen Soldaten im guard room auf.] 'What yer reading?' said [S], who had left his desk. To avoid the labour of an explanation, [H] passed him the book. [S] glanced at the title on the spine, and began to read where [H] had left the book open, his brows knitted. [S:] < < < 'What's it about then?' > > > [H:] > > > 'Literature.' < < < [S:] 'Yer, but what it's about. Anything 'ot in it, like?'
H nimmt an, daß S sich für einen belletristischen Text ohnehin nicht interessiert und daß die Frage daher mit der knappen Antwort Literature, hinreichend beantwortet ist. S will aber tatsächlich wissen, worum es in dem Roman geht, wenngleich der Nachsatz Anything 'ot in it, like? durchaus ein eingeschränktes Erkenntnisinteresse signalisiert. Gelegenüich bezieht sich die unterschiedliche Referenz von Teilen der Proposition in Fs und Fh auf verschiedene Wertmaßstäbe, die die Beteiligten an einen außersprachlichen Referenten oder Sachverhalt anlegen. (5.43)
NW 324
[S = Morris Zapp, H = Robyn Penrose. Bei einer Party bei den Swallows zu Ehren von S unterhalten sich S und H über Konferenzen.] [S:] '[...] < < < You been to any good ones lately?' > > > [H:] > > > 'No, I'm afraid I missed the UTE [ = University Teachers of English Language and Literature, Anm. d. Verf.] conference this year.' < < < 'If that's the one I attended here in '79, then you did well to avoid it,' said [S]. Ί mean real conferences, international conferences. ' Ί couldn't afford to go to one of those,' said [H]. 'Our overseas conference fund has been cut to the bone. '
Mit any good ones meint S in (5.43 ) interessante, internationale Konferenzen, während H diese Nominalphrase aufgrund ihres Erfahrungshorizontes (und sicher auch aufgrund ihres spärlichen Reisebudgets) auf Konferenzen jedweder Art, also auch auf das aus Ss Sicht uninteressante nationale i/ZE-Treffen bezieht. Im folgenden Beispiel ist die Größenordnung von a lot of capital Gegenstand des Mißverständnisses. (5.44
)
NW 380
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H sprechen über Hs geplante Firmengründung und Ss Idee, in Hs Firma zu investieren.] [H:] 'It's a question of raising the necessary capital.' < < < 'I've got a lot of capital,' > > > says [S]. 'I'll invest it in your spectrometer. I'll be a - what do they call it? A sleeping partner. ' [H] laughs. > > > 'I'm talking six figures here.' < < < 'So am I,' says [S], and tells [H] about her legacy.
128 Aufgrund der Unkenntnis in betriebswirtschaftlichen D i n g e n , die S gegenüber H immer wieder b e w i e s e n hat, traut H S nicht zu, daß sie das Ausmaß des Kapitals, u m das es geht, richtig einschätzt. Außerdem weiß H zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daß S eine Erbschaft größeren U m f a n g s gemacht hat. W i e sich zeigt, ist sich S jedoch durchaus des Betrags bewußt, den H braucht. S o w o h l ( 5 . 4 4 ) als auch ( 5 . 4 3 ) haben mit N o r m e n zu tun, w i e sie v o n Leisi (1985: 5 7 - er würde hier v o n einer "im Sprecher lokalisierte[n] Erwartungsnorm" sprechen) und L e e c h (vgl. 1981: 101) diskutiert werden (vgl. auch Schmid 1993: 20). Ein weiteres Phänomen, das sich bei Mißverständnissen auf propositionaler Ebene beobachten läßt, ist eine D i f f e r e n z z w i s c h e n P s und P h hinsichtlich einer Implikatur, die sich fur H aus d e m v o n S Gesagten ergibt. D e r Terminus 'Implikatur' wird hier in einer weit gefaßten Bedeutung im Sinn einer Folgerung verwendet, die aus einer Aussage abgeleitet w e r d e n kann. 1 8 In ( 5 . 4 5 ) verfolgt S mit seiner Bitte, ihn für ein paar Minuten zu entschuldigen, einen bestimmten Z w e c k , den er aber dezenterweise nicht explizit verbalisiert. (5.45
)
NW 116
[S = Vic Wilcox, H = Robyn Penrose. Erstes Gespräch zwischen S und H an Hs erstem Tag bei Pringle's.] [S:] 'Well, I suppose I'd better show you round the estate. < < > > [S] murmured in his ear. Her breath made his skin tingle. With his free hand he began to stroke her back. > > > 'You mean ...' [H] said hoarsely, letting his fingers slide down her spine. < < < [S:] Ί don't mind taking a chance.' [H] opened his eyes and jumped back. 'Are you mad?'
S will H mit ihrer versichernden Äußerung von seinen Vorbehalten abbringen. Ihr Motiv dafür ist allerdings, daß es ihr nichts ausmacht, eine Schwangerschaft zu riskieren, während H aus dem Auslöser die Implikatur ableitet, daß S entsprechende Vorkehrungen getroffen hat.19 Die verbleibenden Fälle, in denen die Differenz zwischen Fs und Fh auf der Ebene der Proposition besteht, die aber nicht wie die bisher besprochenen und erwähnten Beispiele mit unterschiedlicher Referenz oder einer Implikatur erklärbar sind, haben zum überwiegenden Teil lautliche Ursachen. In allen diesen Fällen, also auch, wenn keine lautliche Ursache gegeben ist, ist xs * xh. Verschiedene sprachliche Strukturen aus Sicht von S und H können auch eine Differenz auf einer anderen Funktionsebene als der Proposition bewirken. In manchen der Beispiele, um die es hier geht und in denen nur die Proposition betroffen ist, kann Ph aufgrund von Hs Reaktion mit einiger Wahrscheinlichkeit rekonstruiert werden, und xh läßt sich nur erraten. In (5.47) scheint H eine Frage nach Besonderheiten der Frankfurter Küche verstanden zu haben. (5.47)
NW 264
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S und H sprechen über Ss geplante Reise mit Vic Wilcox nach Frankfurt im Rahmen des shadow scheme. Zu Ss Überraschung ist schon alles arrangiert - die Uni übernimmt die Hälfte ihrer Ausgaben -, weil Wilcox an der Uni angerufen hat.]
19
Weitere Mißverständnisse, die in der Differenz hinsichtlich einer Implikatur lokalisierbar sind, sind BM 50, CP 30, CP 33/1, CP 101, CP 218, CP 223, CP 235, NW 129, NW 194, NW 303, NW 340/2 und SW 202. Andere Phänomene (also keine Mißverständnisse), in denen Implikaturen eine vergleichbare Rolle spielen, sind BM 63, BM 111 und NW 211 ( = (5.20 ), vgl. 5.1.4.2, S. 113).
130 [S:] 'You mean, I can go?' [H:] 'He was very insistent that you should. He seems to take the terms of the Shadow Scheme very literally.' < < < 'What shall I do about my teaching on Thursday?' > > > [S] said. > > > 'Oh, it's the usual rather heavy German cuisine,' < < < said [H], > > > 'Pork and dumplings and sauerkraut, you know. ' < < < 'No, my teaching on Thursday,' [S] said more loudly. 'What shall I do about it? I'd rather not cancel classes in the last week of term. ' 'Quite,' said [H], rather sharply, as if [S] had been responsible for the misunderstanding. 'I've been looking at your timetable [...]'
Über Ähnlichkeiten zwischen xs und ?xh, die H zu dieser Interpretation veranlassen, könnte bestenfalls spekuliert werden; die Illokution einer Frage in Fs inferiert H möglicherweise aufgrund der entsprechenden Intonation. Die Frage erscheint gerechtfertigt, ob solche Fälle - die im übrigen aufgrund des humoristischen Effekts, der mit ihnen in NW verbunden ist, im Korpus überrepräsentiert sind und sonst eher ein Randphänomen darstellen - mit der Angabe der Differenz zwischen xs und xh nicht hinlänglich beschreibbar wären. Aufgrund der Definition in 4.1.4 ist aber eindeutig von Mißverständnissen auszugehen, weil H der Äußerung trotz des völlig unzulänglich empfangenen lautlichen Ereignisses eine Funktion zuweist. Daher halte ich es in solchen Fällen für sinnvoll, die Differenz zwischen Fs und Fh auf der Ebene der Proposition zu lokalisieren, auch wenn sich über die Beschaffenheit von Ph nichts allzu Befriedigendes sagen läßt, und damit Fälle wie (5.47) von Beispielen zu unterscheiden, in denen xs Φ xh eine Funktionsdifferenz auf einer anderen Ebene bewirkt.20 Im folgenden Abschnitt wird es nun um Mißverständnisse gehen, bei denen auch auf der Ebene der Illokution eine Differenz zwischen Fs und Fh besteht.
5.2.2 Mißverständnisse auf illokutionärer Ebene Wie bereits in 5.2.1 festgestellt wurde, ist eine funktionale Differenz auf illokutionärer Ebene grundsätzlich auch mit voneinander abweichenden Propositionen verbunden.21 Entscheidend für die Lokalisierung des Mißverstandenen in der Illokution ist daher, daß die Feststellung einer propositionalen Differenz allein das Mißverständnis nicht oder nicht ausreichend erklärt und daß Fs und Fh in der schematisierten Repräsentation, wie sie in 4.2.2 entworfen wurde, zwei verschiedene Sprechhandlungsverben zugrunde gelegt werden können. Dabei kann zwischen Fällen unterschieden werden, in denen die Illokutionen in Fs und Fh verschiedenen Klassen der Searleschen (1976) Typologie angehören, und solchen, in denen Is und Ih aus der gleichen Klasse stam-
20
21
Aus dem gleichen Grund betrachte ich auch BM 125, das lediglich in Form von zusammenhanglosen Gesprächsfetzen wiedergegeben ist, sowie EIG 3 und EIG 15 als Mißverständnisse auf der propositionalen Ebene. Die einzige Ausnahme hierzu stellt die Differenz zwischen einer verneinenden und einer bejahenden Illokution dar, bei der sich Ps und Ph nicht unterscheiden.
131 men. Eine naheliegende Frage in diesem Zusammenhang ist, ob zwischen diesen Möglichkeiten grundlegende Unterschiede bestehen oder nicht. Ein denkbarer Unterschied könnte sein, daß die Handlungsobligationen, die sich für H aus Fs beziehungsweise aus Fh ergeben, bei Illokutionen aus verschiedenen Klassen deutlicher voneinander abweichen als bei 'verwandten' Illokutionen. Ich werde zunächst auf solche Beispiele eingehen, in denen eine Differenz zwischen Illokutionen aus verschiedenen Klassen vorliegt. Den häufigsten Fall unter den Beispielen im Korpus, die in Fs und Fh Illokutionen aus verschiedenen Searleschen (1976) Klassen enthalten, stellen Mißverständnisse dar, bei denen eine nichtdirektive Illokution als Direktiv interpretiert wird oder umgekehrt. In solchen Fällen tritt die für H durch die Illokution in Fh etablierte Handlungsobligation und deren 'Unangemessenheit' aus Sicht von S deutlich zutage. (5.48
)
EIG 7
[S = Oberstarzt, H = Sanitätssoldat. S, H und anderes medizinisches Personal stehen während der Visite in einem Militärhospital an einem Krankenbett. S hat soeben mehrere Fragen an den Patienten gestellt, der in dem Bett liegt.] S: [mit Blick auf das Bett] < < < D a kann man das Kopfteil hochstellen> > > III H: > > >Ja das sind patente Dinger< < < S: [mit Blick auf H] Also das ist ja wirklich die Höhe [lauter] Stellen Sie sofort das Kopfteil hoch! Das war ein Befehl
In (5.48 ) (= (5.30 ), vgl. 5.1.7, S. 121) ist der Auslöser von S als Befehl, also als Direktiv, gemeint. H dagegen faßt das lautliche Ereignis als Mitteilung, also als Repräsentativ, auf. Er reagiert damit in der Searleschen (1975) Terminologie auf die direkte statt auf die indirekte Illokution der indirekten Sprechhandlung. Es ist anzunehmen, daß H im Zuge eines Inferenzprozesses (vgl. Searle 1975) beziehungsweise einer konversationeilen Implikatur (vgl. Grice 1975) sehr bald die Möglichkeit in Erwägung ziehen würde, daß S ihn nicht nur über die technischen Möglichkeiten des Krankenhausbettes informieren will, weil sich alle Anwesenden dieser Möglichkeiten vollauf bewußt sind. Für eine solche Implikatur, die H aufgrund der sprachlichen Struktur der Äußerung und auch angesichts des körpersprachlichen Verhaltens von S (dessen Blickrichtung) zunächst nicht vollzieht, bleibt aber keine Zeit. Hs Reaktion ist aus Ss Sicht völlig unangemessen, und S bringt dies sofort nach der Manifestation deutlich zum Ausdruck und wiederholt seine direktive Sprechhandlung, diesmal nicht indirekt. Der militärische Rahmen der Interaktion erlaubt es S noch dazu, die in Fs enthaltene Illokution eines Befehls schließlich explizit zu benennen. Die Differenz der Propositionen in Fs und Fh ergibt sich unmittelbar aus den voneinander abweichenden Illokutionen. In Fs befiehlt S, 'daß H das Kopfteil hochstellt', in Fh wird H mitgeteilt, 'daß man das Kopfteil hochstellen kann'.
132 Beispiel (5.49) (= (4.7), militärischen Rahmen ab.
vgl. 4.2.2, S. 90 f.) spielt sich ebenfalls in einem
(5.49)
BM 27
[Adam Appleby fahrt mit dem Roller über die Albert Bridge, an der auf einem Schild steht, daß Soldaten nicht im Gleichschritt darübermarschieren dürfen. Adam stellt sich eine Situation vor, when he would be the innocent victim of military vanity. Das Beispiel ist also ein Text im Text. S = Ponsonby (Soldat), H = militärischer Vorgesetzter (höher als S).] [H:j [S:] [H:] [S:] [H:] [S:] [H:] [S:] [H:]
The men seem in good spirit this morning, Ponsonby. Yes, sir. Keeping step very well. Yes, sir. < < > > [H:] > > > 'Pleased to make your acquaintance, Mr Appleby. Is Bernie there?' < < < [S:] 'Well no, I'm afraid he isn't. I'm sorry you've had all this trouble and expense, but-' [H:] > > > 'He's out, is he? Well, Ο Κ, you can give him a message. Will you tell him he can have one hundred thousand for books and fifty thousand for manuscripts?' < < < 'One hundred thousand for books,' [S] repeated, mesmerized. 'Right. And fifty grand for manuscripts,' said [H], 'That's great, Adam, thanks a lot. You been working with Bernie for long?' 'Well, no,' said [S]. 'As a matter of fact-' 'Your time's up, Colorado,' said [O]. 'Do you want to pay for another two minutes?' [H:] 'No, that's all. 'Bye, Adam. Say hallo to Bernie for me.' 'Good-bye,' said [S] weakly. The line went dead.
Die Illokution in Fs kann wohl am ehesten als die einer Mitteilung angesehen werden: S will H informieren, daß er Adam Appleby und daher nicht der gesuchte Bemie ist. H interpretiert die Äußerung dagegen in dem Sinn, daß S sich als jemand namentlich vorstellen will, der Bernie kennt oder mit ihm zusammenarbeitet, wie Hs Reaktion, die Manifestation des Mißverständnisses, klar zeigt (vgl. zur Illokution des Sichvorstellens (5.56 ), S. 135, und EIG 2).
140 Angesichts der Beispiele, die in diesem Abschnitt diskutiert wurden, dürfte eine klare Antwort auf die eingangs formulierte Frage naheliegend sein. Einen grundlegenden Unterschied zwischen Mißverständnissen, die auf einer Differenz zwischen Illokutionen verschiedener Searlescher Klassen beruhen, und solchen, bei denen Is und Ih der gleichen Klassen angehören, gibt es nicht. In allen vorgestellten Fällen resultieren aus F s und F h deutlich differierende Handlungsobligationen für H. Der Grund dafür, daß es auch innerhalb Searlescher Illokutionsklassen derart klare Differenzen gibt, liegt auf der Hand. Searle (vgl. 1976) faßt Illokutionen lediglich aufgrund einiger weniger Kriterien - "illocutionary point [...], direction of fit and expressed sincerity conditions" - zu Typen zusammen. Illokutionen, die so verschiedene Handlungsobligationen etablieren wie etwa Fragen (ask) und Befehlen (order), können so zum Beispiel in der gleichen Klasse untergebracht werden, ebenso auch Verneinen (deny) und Bejahen (confirm). Diese Einteilung erfolgt durchaus anhand nachvollziehbarer Überlegungen (vgl. 4.1.2.2). Sie hat aber, wie sich gezeigt hat, keine unmittelbaren konkreten Auswirkungen auf Möglichkeiten für Mißverständnisse. Eine andere Frage ist, ob es nicht in bezug auf Illokutionen aus derselben Klasse, die sich weniger stark voneinander unterscheiden als ask und request oder als deny und confirm, ebenfalls zu Differenzen zwischen F s und Fh kommen kann, die zwar nicht als Mißverständnisse in Erscheinung treten, aber dennoch als Mißverstehen anzusehen sind. Ich werde darauf in 6. bei der Diskussion des graduellen Charakters von Mißverständnissen und Mißverstehen zurückkommen.
5.2.3 Mißverständnisse auf der Ebene der Modifikatoren Als dritte Ebene der kommunikativen Funktion von Äußerungen wurden in 4.2.2 die sogenannten Modifikatoren vorgestellt. Diese Faktoren beeinflussen die gesamte Funktion in einer Weise, die aufgrund von Illokution und Proposition allein nicht erklärbar ist. In 4.2.2 wurden bereits einige Beispiele vorgestellt, in denen eine Funktionsdifferenz auf dieser Ebene zu Mißverständnissen führt. Dabei wurden verschiedene Elemente identifiziert, die bewirken, daß eine Äußerung aus Sicht von S oder H 'uneigentlich' ist. Dieser Effekt könnte auch als Verfremdung bezeichnet werden. Wenn er eintritt, ist die Äußerung aus Sicht von S oder H (oder beiden, sofern kein Mißverständnis eintritt) nicht so 'gemeint', wie es aufgrund von Proposition und Illokution anzunehmen wäre. In (5.65 ), das bereits in 4.2.2 vorgestellt wurde ( = (4.11 ), S. 94 f.), enthält F s das modifizierende Element des Zitates, während H das lautliche Ereignis als eigentliche Äußerung interpretiert.
141 (5.65)
SW 215
[S = Akbil Borak, H = Custer. S und H haben Philip Swallow in Ankara zum Zug gebracht.] < < < "One of the pleasantest things in the world is going on a journey," > > > said [S] with a smile, < < < "but I prefer to go by myself. " > > > > > > "Do you really?" < < < said [H]. > > > "I prefer company." < < < "No, no!" [S] laughed. "I was quoting Bill Hazlitt. The essay O n going on a journey'."
Das gleiche ist auch in folgendem Beispiel von Sinclair & Coulthard (1992: 15) der Fall: (5.66) In the following example a quoted question is understood as an elicitation. [S = teacher, H = pupil.] H: Well, he should take some look at what the man's point of view is. S: Yes, yes. But he wasn't asked that question don't forget. He was merely asked the question 'Why, why are they reacting like this?' H: Well, maybe its the way they've been brought up.
Im Unterschied zu (J. 65 ) ist hier das Zitat sprachlich als solches markiert. Daß es in Fh dennoch wie eine eigentliche Frage interpretiert wird, erklären Sinclair & Coulthard (1992: 15) aufgrund kotextueller Faktoren: [...] in any succession of statements, questions, and commands the pupil knows that he usually has only to respond to the final one which alone has an initiating function. This can lead to an incorrect response if the pupil doesn't fully understand what the teacher is saying.
In (5.67) ist der Auslöser zwar auch ein Zitat, doch H ist sich dessen im Gegensatz zu H in (5.65 ) und (5.66 ) durchaus bewußt. (5.67)
s w 251
](S = W. B. Yeats), H = Mrs Finklepearl, O = Persse McGarriggle. O betreut für die Celtic Twilight Summer School eine Gruppe von Amerikanerinnen, die sich die Insel Innisfree im Lough Gill ansehen werden. Im Ruderboot:] " 7 will arise and go now, and go to Innisfree, ' " an overweight matron in tartan Bermuda shorts and dayglo pink tee-shirt [H] recited aloud in the accents of Brooklyn, with a knowing smile in |0]'s direction. [...] < < < " 'And a small cabin build there, of clay and wattles made. '>>> >>> Do we get to see the cabin, [0]?"< < < "I don't think Yeats actually got around to building it, [H]," said (O). "It was more of a dream than a reality. ]...]"
Daß es dennoch zu einer Differenz zwischen der uneigentlichen Fs und der eigentlichen Fh kommt, liegt daran, daß H die im fiktionalen Text bekundete Absicht And a
142 small cabin build there ... als reale Intention des Autors interpretiert. Der in Fs enthaltene und in Fh fehlende Modifikator kann als Fiktionalität bezeichnet werden. Was (5.65 ), (5.66 ) und (5.67 ) gemeinsam haben, ist, daß in allen drei Fällen die Uneigentlichkeit in Fs, die durch den Modifikator bewirkt wird, die Illokution der Äußerung unwirksam macht. In (5.65 ) hat Fs nicht wirklich die Illokution einer Aussage, in (5.66) stellt S nicht wirklich eine Frage, und die Ankündigung einer Absicht in (5.67) ist nicht real.24 Dieser Effekt des Modifikators auf die Illokution wird auch an einer Reihe anderer Beispiele zu beobachten sein. Dennoch ist es keineswegs prinzipiell so, daß durch Modifikatoren die Wirksamkeit der Illokution aufgehoben oder beeinträchtigt wird. So wäre es in Fällen wie (5.65 ) und (5.67) durchaus denkbar, daß S sich eine Aussage oder Frage, die an sich ein Zitat aus einem Text darstellt, zu eigen macht. (5.65 ) könnte dann etwa folgendermaßen verlaufen: (5.65')
sw 215'
[S = Akbil Borak, H = Custer. S und H haben Philip Swallow in Ankara zum Zug gebracht.] < < < < > > [S: 1
< "One of the pleasantest things in the world is going on a journey," > > > said [S] with a smile, < "but I prefer to go by myself. " > > > > "Do you really?" < < < said [H]. > > > "I prefer company. " < < < "Well, whenever I go by myself I find it a lot easier to get in contact with people."
In diesem Fall läge immer noch ein Mißverständnis vor, da H den Zitatcharakter des Auslösers nicht erkennt. Die Funktion enthielte sowohl ein uneigentliches Element (das Zitieren) als auch ein eigentliches (Ss tatsächliche Mitteilungsillokution). Für S ergäbe sich aber nicht wie in (5.65 ) die Notwendigkeit, das Mißverständnis zu klären - es könnte im Gegenteil ratsam sein, H aus Höflichkeit nicht auf das Zitat hinzuweisen, wenn er es nicht selbst erkennt. Neben der Mehrzahl der Fälle, in denen der Modifikator die Illokution unwirksam macht, werden in diesem Abschnitt immer wieder auch Beispiele zur Sprache kommen, bei denen dies nicht so ist. Die theoretischen Implikationen dieser beiden Möglichkeiten werden am Ende von 5.2.3 diskutiert. In (5.68 ) wird die Uneigentlichkeit in Fs dadurch erzeugt, daß S H parodiert. (5.68)
NW 239
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H gehen nach dem Mittagessen mit Hs Familie zu zweit spazieren; sie sprechen über Sandra, Hs Tochter; H will, daß S mit ihr spricht, um sie vom Sinn eines Studiums zu überzeugen, an dem sie kein großes Interesse zeigt. S ist sich aber nicht sicher, daß ein Studium für Hs Tochter das Richtige wäre.]
24
Deshalb sind die illokutionären Verben in der schematischen Repräsentation der Äußerungsfunktionen bei diesen und vergleichbaren Fällen im Anhang jeweils in einfache Anführungsstriche gesetzt.
143 [S:] '[...] She'd probably make much more money out of hairdressing.' 'Money isn't -' [H] pulled himself up. 'Everything?' [S] completed [H's] sentence, with arched eyebrows. Ί never thought to hear you say that.' Ί was going to say, money isn't something she understands,' [H] lied. 'None of my kids do. They think it comes out of the bank like water out of a tap - or it could if mean old Dad didn't keep his thumb over the spout. ' [S:] < < < 'The trouble is, they've had it too easy. They've never had to work for their living. They take everything for granted. ' > > > > > >'Right!' [H] agreed enthusiastically,< < < then saw, too late, by [S's] expression, that she was parodying him. 'Well, it's true,' [H] said truculently.
In diesem Phänomen fallen Merkmale des Zitierens mit einem weiteren Modifikator, der Ironie25, zusammen. S distanziert sich in (5.68 ) von Illokution und Proposition der Sprechhandlung.26 In der Regel kann dies, wenn jemand parodiert wird, durch das Nachahmen für diese Person typischer Aussprachemerkmale oder auch Mimik signalisiert werden. (5.68 ) enthält allerdings keine entsprechenden Hinweise, was angesichts der vom Text intendierten komischen Wirkung der Manifestation auch nicht verwundert - denn wenn der Auslöser mit klaren Signalen ausgestattet wäre, würde H die Parodie sofort bemerken und nicht erst in die 'Falle' gehen. In (5.69 ) legt S ihre stark ironisch gefärbte Aussage H, die bei einer Bank arbeitet und von ihrer Tätigkeit sehr überzeugt ist, quasi in den Mund. Aufgrund der Frageform des Auslösers ist hier eine parodistische Intention nicht anzunehmen. (5.69)
NW 184
[S = Robyn Penrose, H = Debbie, Freundin von Ss Bruder Basil. S und H unterhalten sich über die schlechte Jobsituation an der Uni.] [S:] '[...] That's what this Government is doing to the universities: death by a thousand cuts.' 'What a shame,' said [H]. 'Why doncher try somethink else?' < < < 'Like the money market?' > > > [S] inquired sardonically, though [H] seemed to take the suggestion seriously. [H:] > > > ' N o , love, it's too late, I'm afraid. You're burned out at thirty-five, they reckon, in our game. < < < But there must be something else you could do. Start a little business!' Ά business?' [S] laughed at the absurdity of the idea.
25
26
Vgl. dazu das von Leech (1983: 82) formulierte Irony Principle: "If you must cause offence, at least do so in a way which doesn't overtly conflict with the PP [Politeness Principle, Anm. d. Verf.], but allows the hearer to arrive at the offensive point of your remark indirectly, by way of implicature. " Lapp (vgl. 1992: v. a. 88-103) diskutiert ausführlich die Frage, wie Ironie in ein Sprechhandlungsmodell integriert werden kann und ob sie auf illokutionärer oder propositionaler Ebene anzusiedeln ist. Seine Überlegungen münden letztlich in ein Modell (1992: 168), in dem drei "Ebenen der Simulation", auf denen "die Opposition zwischen Gesagtem und Gemeintem" in ironischen Sprechhandlungen liegt, unterschieden werden: eine illokutionäre, eine propositionale sowie eine illokutionäre und propositionale Ebene. Diese Unterscheidung ist angesichts zahlreicher Beispiele (vgl. 1992: 160 ff.) überzeugend. Sie macht meines Erachtens aber auch klar, daß Ironie als Faktor, der sowohl die Illokution als auch die Proposition modifizieren kann, nicht innerhalb einer dieser beiden Ebenen lokalisierbar ist, sondern neben diesen als zusätzliches Element der Äußerungsfunktion angesehen werden muß. Lapps Argumentation liefert damit einen äußerst aussagekräftigen Beleg für die von mir vertretene Annahme einer dritten Ebene der Äußerungsfunktion neben Proposition und Illokution.
144
Im Unterschied zu (5.68 ), wo H die Uneigentlichkeit der Äußerung nur anfanglich nicht erkennt, bleibt das Mißverständnis hier für H verborgen. (5.70 ), bei dem nicht entschieden werden kann, ob H die Ironie in Fs erkennt oder nicht (und das insofern auch nicht mit Sicherheit als Mißverständnis bestimmbar ist), stellt im Vergleich zu den vorhergehenden Beispielen insofern eine Ausnahme dar, als S neben der parodierenden Absicht H auch wirklich mitteilen will, was sie essen möchte. (5. 70 )
NW 199
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H beim Mittagessen in einem Pub.] The menus were huge laminated cards that garnished every dish with epithets designed to tickle the appetite: 'succulent', 'sizzling', 'tender', 'farm-fresh', etc. [...] In short, it was the kind of establishment that [S] would normally have avoided like the plague. 'Nice place, this,' said [H], looking around him with satisfaction. 'What will you have?' Ί think I'll have an omelette,' said [S], [H] looked disappointed. 'Don't stint yourself,' [H] said. 'Lunch is on the firm.' 'All right,' said [S]. < < < 'I'll have a half of luscious avocado pear with tangy French dressing to start, and then I'll have golden-fried ocean-fresh scampi and a crisp farm-house side salad. Oh? and a homebaked wholemeal roll coated with tasty sesame seeds. ' > > > If [H] perceived any irony in her pedantic recitation of the menue, he did not betray it. 'Some chips as well?' [H] inquired.
H kann auf diese durch den Modifikator nicht unwirksam gewordene Illokution reagieren, ohne auf die Ironie einzugehen, wenn er sie denn bemerkt hat. (5.70 ) ähnelt insofern dem oben spekulativ diskutierten (5.65 '). In (5.71 ) weist O (S ist in diesem Fall Hazlitt, der Autor des Textes, aus dem H zitiert) H auf die von ihr nicht bemerkte Ironie in Fs hin: (5.71)
s w 119
[(S = Hazlitt), H = Fulvia Morgana, O = Morris Zapp. O liest H aus Philip Swallows Hazlitt-Buch vor.] "Well, listen to this, it will give you the flavour." [O] read aloud a passage he had marked in Philip's book: "Very interesting," said [H], "Is that Philip Swallow?" [O:] "No, that's Hazlitt." [H:] > > > "You surprise me. It sounds very modern. 'Uncertainties, difficulties, contradictions.' 'Azlitt was obviously a man ahead of his time. That is a remarkable attack on bourgeois empiricism. " < < < "I think it was meant to be ironic," said [O] gently. "It comes from an essay called 'The Ignorance of the Learned'." [H] pouted. "Ooh, the English and their ironies! You never know where you are with them."
Ein weiterer Modifikator neben den bisher festgestellten Phänomenen - Zitat, Fiktionalität, Parodie, Ironie - ist scherzhaftes Sprechen. In (5.72 ) spricht S half-seriously.
145 (5.72 )
CP 182
[S = Philip Swallow, H = Luke Hogan.] < < < ' S u p p o s i n g I asked you for a permanent j o b ? ' > > > [S] asked, half-seriously, recalling his conversation with Désirée. [H]'s response was entirely serious. An expression of great pain passed over his big, brown face, parched and eroded like a Western landscape. > > > 'Gee, [S], I wish I could...' < < < [S:] Ί was only joking.'
Angesichts des recht substantiellen Inhalts von Ss Andeutung reagiert H völlig ernsthaft, worauf S sich auf die Scherzhaftigkeit seiner Äußerung beruft. Darin liegt fur S eine Möglichkeit, angesichts der für ihn durchaus erwartbaren und unerfreulichen Reaktion von H sein face (vgl. S. 5, Anm. 9) zu wahren. S zieht sich auf die Möglichkeit zurück, die Illokution von Fs aufgrund der modifizierenden Scherzhaftigkeit nachträglich für unwirksam zu erklären, auch wenn Fs zunächst nicht nur uneigentlich gemeint war. In (5.72 ) ist in Fs Scherz enthalten und in Fh nicht. Alle anderen Beispiele im Korpus, bei denen Scherz eine Rolle spielt, weisen ein umgekehrtes Verhältnis auf. H unterstellt einen Scherz, den S nicht beabsichtigt. Zwei derartige Mißverständnisse sind in 4.2.2 bereits zur Sprache gekommen ((4.12 ) und (4.13 ), vgl. S. 95 f.) und brauchen hier nicht wiederholt zu werden.27 In (5.73 ) nimmt H zunächst an, Ss Akzent sei mit einer scherzhaften Absicht verbunden: (5.73 )
NW 180
[S = Debbie (Freundin von Robyns Bruder Basil), H = Robyn Penrose. S spricht mit starkem CockneyAkzent.] [S:] < < < 'It was a real lark,' [...] 'Held in a sorter castle. Just like a horror film, wonnit?' [...] 'Suits of armour and stuffed animals' heads and everyfink. ' > > > At first [H] thought that [S]'s cockney accent was some sort of joke, but soon realized that it was authentic. Despite of her Sloaney clothes and hair-do, [S] was decidedly lower-class.
In diesem Fall wird das Mißverständnis nicht nur von einem, sondern von mehreren lautlichen Ereignissen ausgelöst, an denen H Ss Akzent bemerkt.28 Einen Sonderfall im Korpus, der dem Scherz ähnelt, repräsentiert die Unterstellung unbeabsichtigter Uneigentlichkeit in (5.74 ) (= (3.4 ), vgl. 3.3.3, S. 65 f.).
27 28
Vergleichbar sind BM 51/1, NW 209 und SW 14 ( = (5.86 ), vgl. 5.3.3, S. 155), bei dem die Manifestation in parasprachlichem Verhalten besteht. Vgl. SW 136, in dem ebenfalls mehrere lautliche Ereignisse das Mißverständnis auslösen und der Modifikator mehreren Äußerungen zugeordnet werden kann.
146 (5. 74
)
SW 175
[S = Thelma Ringbaum, H = Howard Ringbaum (Mann von S). Ronald Frobisher hat auf der Themse in London gerade aus Rache die Leinen der Annabel Lee losgemacht, auf der die prizegiving party der Royal Academy of Literature stattfindet.] < < < "[H]," > > > said [S], < < < Ί think the boat's moving." > > > [H:] > > > "Shut up, [S]." < <
> > says [S], > > > Ά very sticky wicket,' < < < says [H]. 'Pickets. I said, they'll notice the pickets,' says [S], raising his voice against the surrounding hubbub. [H:] 'Hmm, mounting pickets, are we? [...]'
147 H scheint seiner Interpretation eine sprachliche Struktur wie A sticky wicket zugrunde zu legen und bekräftigt diese vermeintliche Aussage von S durch seine Reaktion A very sticky wicket. Das Mißverständnis hat, wie auch in (5.77) (= (5.4 ), vgl. 5.1.1, S. 103), eine lautliche Ursache. (5. 77)
NW
86
[S = Rupert Sutcliffe, H = Philip Swallow. S und H befinden sich - in Gegenwart von Bob Busby - auf der Instituts-Toilette. H berichtet S und Busby von dem shadow scheme.] Ί need a volunteer,' says [H], and briefly explains the Shadow Scheme. < < < 'Not my cup of tea, I'm afraid,' > > > says [S], 'What are you laughing at, [H]?' [H:] > > > 'Cup of pee. Very good, [S], I must admit.' < < < 'Tea. I said cup of tea,' says [S] frostily.
Das Besondere an diesem Fall ist, daß sich die in Fs enthaltene Metaphorik in Fh durchaus als Modifikator wiederfindet. Das Mißverständnis bezieht sich darauf, daß Η der Äußerung einen zusätzlichen Modifikator zuschreibt, nämlich den des scherzhaften Sprechens, den S nicht intendiert. Schließlich ist Höflichkeit als Modifikator zu nennen. Höflichkeit spielt in der Kommunikation generell eine zentrale Rolle (vgl. Brown & Levinson 1987). Für Mißverständnisse wird sie da relevant, wo sie die Eigentlichkeit der Äußerung in spürbarer Weise beeinflußt (also in Fällen, in denen Leech (vgl. 1983: 80 ff.) von einer Überlagerung des Cooperative Principle durch das Politeness Principle spricht). In (5.78 ) versucht S, O zu schmeicheln, indem sie ihm für seine Hilfe dankt. (5.78 )
sw 30/2
[S = Angelica Pabst, H = Persse McGarrigle, O = Morris Zapp. S und O haben nach Os Vortrag bei der Jahrestagung der University Teachers of English Language and Literature in Rummidge über Bezüge des Vortrags zum Thema von Ss in Entstehung befindlicher Dissertation gesprochen. H hat das Gespräch mitgehört.] [S:] < < < "Thank you very much, Professor Zapp, you've been most helpful. " > > > [O:] "Any time, Al." [...] "Let me know if I can give you any more help." > > > "He didn't give you any help at all,"< < < said [H] indignantly, as [S and H] helped themselves to tea and biscuits. "You provided the ideas and the examples." [S:] "Well, his lecture provided the stimulus." [...) "You have to treat these professors carefully, Persse," said [S], with a sly smile. "You have to flatter them a bit."
H nimmt sie dabei wörtlich und hält den Dank für unangebracht, worauf S ihn auf den primären funktionalen Aspekt ihrer Äußerung hinweist (You have to flatter them a bit.) Die Eigentlichkeit der Illokution des Dankens, die vor allem dem übergeordneten Zweck des Schmeicheins dient, ist also stark eingeschränkt.
148 Umgekehrt unterstellt in (5.79 )29 H S höfliche Uneigentlichkeit, obwohl die Illokution in F s uneingeschränkt wirksam ist. (5.79)
EIG 8
[S (w.) und H (m.) sind Kolleginnen und teilen sich ein Büro. H war im Urlaub, S sieht ihn das erste Mal danach wieder.] S: < < < Wie war's im Urlaub? > > > H: > > > S c h ö n e <
> [S] straightened her features and shook her head. > > > [ H ] shot her a suspicious glance [ . . . ] < <
> > [H:] > > > 'Don't play games with me, Mac, I haven't the time. ' < < < [S:] 'Terribly sorry!'
S ist aufgrund seiner Aufregung über die Polizeikontrolle so verwirrt, daß er einen eigentlich geringfügigen Fehler in seinem außersprachlichen Handeln begeht. H kann seinerseits nicht davon ausgehen, daß jemand nicht weiß, ob bei seinem eigenen Fahrzeug der Kofferraum vorne oder hinten ist, und sieht in Ss Verwirrung eine bewußte Provokation. Auch hier unterstellt H also eine Intention, wo seitens S keine ist. Aus Sicht des Funktionskônzeptes ist eine Analyse von (5.82 ) und (5.83 ) noch problematischer als im Fall von (5.81 ). Auch in (5.82 ) und (5.83 ) gibt es jeweils keine Fs, aber noch dazu ist auch Fh funktional schwer festlegbar. Der Unterschied scheint mir darin begründet zu liegen, daß in (5.81 ) die von H unterstellte Äußerung in etwa in Form einer sprachlichen Struktur rekonstruierbar ist (zum Beispiel als Can I give you a lift?), während in (5.82 ) und (5.83 ) nicht in vergleichbarer Weise klar wird, was H unterstellt.
5.3.2 Nonverbale kommunikative Handlungen als Auslöser Auch intentionales para- oder nichtsprachliches kommunikatives Verhalten kann Gegenstand mißglückter Interpretationsversuche sein. In (5.84 ) und (5.85 ) handelt es sich bei diesem Verhalten, ebenso wie in (5.82 ), um ein Lächeln, aber mit dem wesentlichen Unterschied zu (5.82 ), daß dieses Lächeln hier mit einer Intention von S verbunden ist. In (5.84 ) löst das freundliche Lächeln von S, das S schließlich mit einem konkreten außersprachlichen Anlaß (Hs Hut) begründet, bei H einen Interpretationsversuch aus, der sich in der Frage Have we met before? manifestiert.
154 (5.84)
s w 115
[S = Cheryl Summerbee, H = Morris Zapp. H steht an dem Flugabfertigungsschalter, an dem S arbeitet. S lächelt H an.] < < < [S] smiled at [H] > > > as [H] hesitated in front of the two desks servicing the Milan flight, and, catching this smile, [H] joined the line in front of [S). "Hi," [H] said when his turn came to be attended to. > > > "Have we met before?" < < < "I don't think so, sir," said [S]. "I was just admiring your hat. "
H zieht die Möglichkeit, daß S ihn kennt, zumindest in Betracht. Er ist sich seiner Interpretation des Lächelns aber nicht sicher genug, als daß hier von einem Mißverständnis gesprochen werden kann. Eindeutiger manifestiert sich die Mißinterpretation des Lächelns von S in (5.85 ). (5.85)
NW 99
[S = Robyn Penrose, H = young West Indian. S hat sich mit ihrem Auto in ein überwiegend von West Indians bewohntes Stadtviertel verfahren.] Halted on the inside lane, [S] catches the eye of a young West Indian [H] with Rastafarian dreadlocks, hunched in the entrance of a boarded-up shop, and < < < s m i l e s : a friendly, sympathetic, anti-racist smile. > > > To her alarm > > > [H] immediately straightens up, takes his hands out of the pockets of his black leather jacket, and comes over to her car, stooping to bring his head level with the window. [H] mouths something through the glass < < < which [S] cannot hear. The car in front moves forward a few yards, but when [S] inches forward in turn [H] lays a restraining hand on the Renault's wing. [S] leans across the passenger seat and winds the window down a little way. 'Yes?' [S] says, her voice squeaky with suppressed panic. > > > 'Yow want soom?' < < < [H] says in a broad Rummidge accent. 'What?' IS] says blankly. [H:] > > > 'Yow want soom?' < < < [S:] 'Some what?' [H:] > > > 'The weed, man, wudjerthink?' < < < 'Oh,' says [S], as the penny drops. 'No thank you.' [H:] 'Somethin' else? Smack? Speed? Yow nime it.' [S:J 'No, really, it's very kind of you, but -' The car ahead moves forward again and the car behind hoots impatiently. 'Sorry - 1 can't stop!' [S] cries and lets out the clutch.
H fühlt sich durch Ss - äußerst bewußt zur Schau gestelltes und damit intentionales friendly, sympathetic, anti-racist smile dazu ermuntert, ihr seine Ware anzubieten. Das wiederholte Yow want soom? stellt die verbale Reaktion auf eine vermeintliche nonverbale Aufforderung und damit klar die Manifestation eines Mißverständnisses dar. Auch in (5.84 ) und (5.85 ) ist - wie bereits in (5.82 ) und (5.83 ) - die Festlegung auf eine bestimmte Ebene funktionaler Differenz zumindest schwierig, obwohl die jeweilige kommunikative Handlung aus Sicht beider Beteiligter eine Funktion hat. In (5.84 ) könnte F s die expressive Illokution eines Kompliments (wegen Hs Hut) zugeschrieben werden, doch die Unsicherheit der Interpretation in Fh läßt keine klare Aussage darüber zu, welche Absicht H bei S vermutet. In (5.85 ) ist dagegen Fh
155 relativ eindeutig die direktive Illokution des Aufforderns zuzuordnen, wogegen die Analyse von F s ziemlich vage bleiben muß. Am ehesten kann in F s wohl von einer expressiven Illokution ausgegangen werden, aber auch die Zuweisung eines Modifikators wie zum Beispiel 'reassuringly' ist denkbar. Sonderlich befriedigend sind solche Aussagen nicht. Folgerungen für den Mißverständnisbegriff, die sich aus dieser Problematik ergeben, werden in 5.3.5 diskutiert.
5.3.3 Nonverbale Manifestationen Während Mißverständnisse (beziehungsweise benachbarte Phänomene wie in (5.84 )) mit nonverbalen Auslösern für die funktionale Analyse Probleme aufwerfen, sind Beispiele mit nonverbalen Manifestationen ohne Schwierigkeit analysierbar. In (5.86 ) ist parasprachliches Verhalten - Lachen - Indiz für das Vorliegen eines Mißverständnisses. (5.86)
sw 14
[S = Persse McGarrigle, H = Angelica Pabst. S und H sprechen über einen Konferenz-Vortrag über Strukturalismus.] [H] looked annoyed. "Oh, what a nuisance that I missed it. I'm very interested in structuralism." [S:] < < < "What is it, exactly?" > > > > > > [H] laughed. < < < "No, I'm serious," said [S]. "What is structuralism? Is it a good thing or a bad thing?"
Für H ist Strukturalismus offenbar etwas so Selbstverständliches, daß sie die Frage von S What is it, exactly? zunächst nicht ernst nimmt und einen Scherz vermutet. Auf ihr Lachen hin stellt S die Ernsthaftigkeit seiner Frage klar und wiederholt sie. Dieser Fall stellt zweifellos ein Modifikatoren-Mißverständnis dar. Hs Lachen weist ebenso wie der weitere Interaktionsverlauf eindeutig darauf hin, daß sie die Frageillokution nicht für ernstgemeint hält und nicht etwa die Illokution selbst oder die Proposition mißversteht. In (5.87) besteht die Manifestation eines Mißverständnisses in einer nonverbalen nichtkommunikativen Handlung. (5.87)
sw 16
(S = Bob Busby, H = Morris Zapp, O = Philip Swallow. H wird bei einer Konferenz in Rummidge erwartet. Hs Anschlußflug von Heathrow nach Rummidge wurde wegen Schnee annulliert. ] "When did he phone?" [O] was saying, and [S] replied, "About two hours ago. He said he would do his best to get here by this afternoon. < < < 1 told him to spare no expense."> > > "Did you?" said [0]. "I'm not sure that was entirely wise, Bob. "
156 > > > [Morris Zapp nimmt ein Taxi von Heathrow nach Rummidge, die Fahrt kostet 46,80 Pfund.) < < < [O:] "[...] How did you get here in the end?"
[...] "By taxi," said [H], "Which reminds me: you owe me fifty pounds for the cab fare. Hey, what's the matter, Philip? You've gone white."
[..·] "When I said 'Take a cab,'" said [S] reproachfully to [H], "I meant from Heathrow to Huston, not from London to Rummidge."
Zwei Äußerungen von S sind als Auslöser anzusehen: zum einen und sicherlich primär die Aufforderung take a cab, die H kurzerhand auf die gesamte Strecke von London nach Rummidge bezieht anstatt, wie von S gemeint, auf die Fahrt vom Flughafen Heathrow zum Bahnhof Euston, in Verbindung damit zum anderen aber auch der Zusatz spare no expense - keine Ausgaben zu scheuen, um trotz der Annullierung des Fluges rechtzeitig zur Konferenz in Rummidge zu sein. (Die horrenden Kosten trägt der Veranstalter der Konferenz, also das English Department in Rummidge.) Hs verbale Antwort auf Os Frage How did you get here in the end? - By taxi - stellt nicht selbst die Manifestation dieses Mißverständnisses dar, sondern lediglich den Bericht über die Manifestation, die darin besteht, daß H mit dem Taxi gefahren ist. Aus funktionaler Perspektive ist dieses Mißverständnis der propositionalen Ebene zuzuordnen. Es gehört zu den Fällen, in denen S und H an einen außersprachlichen Referenten oder Sachverhalt verschiedene Bewertungsmaßstäbe anlegen (vgl. (5.43 ) und (5.44 ), 5.2.1, S. 127 f.). Hs nichtsprachliche Handlung ist mit einer verbalen Manifestation (wie etwa O.k., I'll take the taxi from Heathrow then) aus funktionaler Sicht gleichsetzbar.
5.3.4 Rein nonverbale Mißverständnisse Prinzipiell kann von einem Mißverständnis im bisher diskutierten Sinn auch dann gesprochen werden, wenn weder der Auslöser noch die Manifestation verbaler Natur sind. In (5.88 ) (= (5.13 ), vgl. 5.1.2, S. 108 f.) ist der Auslöser eines auf kulturelle Differenz zurückfuhrbaren Mißverständnisses eine nichtintentionale außersprachliche Handlung. (5.88 ) SW 180 [S = Mr Custer, H = Philip Swallow, Ol = Akbil Borak, 0 2 = Oya (Akbil Boraks Frau). Ol erzählt 0 2 , die an dem berichteten Ereignis nicht beteiligt war, wie S und Ol mit ihrem Gast H das AtatürkDenkmal in Ankara besucht haben.] [Ol:] "[...] Perhaps I should not have told [H] that it was a capital offence to show disrespect to the memory of Ataturk. " [02:] "Well, so it is."
157 [Ol:] "I said it as a kind of joke. However [H] seemed to be very worried by the information. He kept saying, 'Is it all right if I blow my nose?' and 'Will the soldiers be suspicious of my limp?'" [·..] [01:] "[...] [S] told him, 'Don't worry, just do exactly as I do.' [...] And then < < < [ S ] had the misfortune to trip over a paving stone that was sticking up and, being impeded by the wreath, fell on to his hands and knees. > > > Before I could stop him, > > > [H] flung himself to the ground and lay prostrate like a Muslim at prayer. " < <
> > H: > > > Einen HUMmer? < < < S: Hunger, (lacht) Weil's was zu essen gibt H: (lacht)
H kann aufgrund varietätenbedingter Faktoren einen Hunger nicht verstehen, entscheidet sich aber statt für eine offene Rückfrage, zum Beispiel Wie bitte? oder WAS soll ich mitbringen?, für die lautlich nächstliegende Möglichkeit einen HUMmer?. Dabei zieht H diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung, die Intonation ihrer Rückfrage zeigt deutliches Erstaunen an. Auch hier handelt es sich also nicht um ein Mißverständnis. Neben eindeutigen Rückfragen wie in (6.7 ) und (6.4 ) gibt es Fälle, in denen die Reaktion von H auf ein lautliches Ereignis zwar die sprachliche Struktur einer Frage hat, tatsächlich aber - aus Hs Perspektive - ganz andere Funktionen erfüllt. Es lohnt sich, verschiedene Fälle genauer zu untersuchen, weil sich damit der Grenzbereich zwischen Nicht- und Mißverstehen einer differenzierteren Analyse erschließt. (6.5
)
NW 206
[S = Vic Wilcox, H = Robyn Penrose. S und H fahren nach dem Gespräch mit Ted Stoker bei der Abnehmerfinna Rawlinson's im Auto zusammen zurück. S konnte bei Rawlinson's nicht herausfinden (er hat allerdings einen Verdacht), wer die Firma neuerdings mit Zylinderblöcken beliefert und Ss Firma Pringle's damit Konkurrenz macht.]
165 [S:] '[...] I don't like to be beaten,' [...] 'If the mystery supplier turns out to be Foundrax, I'll make Norman Cole rue the day.' [H:] 'How?' [S:] < < < 'I'll blast him. I'll attack his other customers. ' > > > > > > 'You mean assault them?' < < < said [H], shocked. [S] guffawed, the first full-blooded laugh [H] had heard from him. 'What d'you think we are - the Mafia?' [H] flushed. [S's] melodramatic talk of setting men to spy on Rawlinson's had misled her. 'No, I mean attack 'em with low prices,' said [S], 'take his business away. [...]'
In (6.5 ) reagiert H auf I'll blast him. I'll attack his other customers, mit einer Rückfrage. Die Interpretation von U5 I'll attack his other customers im Sinn von Uh I'll assault his other customers erscheint H offenbar abenteuerlich, aber andererseits aufgrund des vorhergehenden Gesprächs auch nicht so abwegig, daß sie diese Möglichkeit sofort ausschließt. Eine andere mögliche Bedeutung scheint ihr als Alternative nicht zur Verfugung zu stehen, denn sonst würde sie nicht in dieser Form rückfragen. Sie zieht die (Fehl-)Interpretation also in Erwägung, und zwar durchaus ernsthaft, wie die Adverbiale shocked zeigt, mit der ihre Haltung gegenüber dieser Interpretation beschrieben wird. Auch in (6.6 ) steht H offenbar nur eine Interpretationsmöglichkeit für das von S produzierte lautliche Ereignis zur Verfügung, die er in Form einer suggestiven Rückfrage zum Ausdruck bringt. (6.6)
CP 33/1
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich soeben im Flugzeug kennengelernt und sprechen über Ss geplante Abtreibung.] [H:] 'Listen, kid, let me give you some fatherly advice. Don't do it. You'll never forgive yourself. Have the baby. Get it adopted - no sweat, the adoption agencies are screaming for new stock. Maybe the father will want to marry you when he sees the kid - they often do, you know. ' [S:] < < C H e can't.'> > > > > > 'Married already, huh?' [H] shakes his head over the depravity of his sex. < < < [S: 1 'No, he's a priest.' [H] bows his head, buries his face in his hands.
H legt sich mit dieser Rückfrage aber bereits stärker auf seine Interpretation fest als H in (6.5 ). In der Tat ist die Bandbreite denkbarer Gründe dafür, daß der Vater von Ss ungeborenem Kind sie nicht heiraten kann, recht gering, und H entscheidet sich für die statistisch wohl häufigste und daher nächstliegende Erklärung, daß der Vater bereits verheiratet ist. Hs Reaktion auf den wahren Hintergrund des Problems (am Ende des wiedergegebenen Textausschnittes) zeigt, daß er diese Alternative wirklich nicht in Erwägung gezogen hat. Hs außersprachliches Verhalten vor der Aufklärung durch S (... shakes his head over the depravity of his sex) deutet ebenfalls darauf hin, daß er sich seiner Interpretation sicher ist und seine Reaktion Married already, huh?
166
nur aus rhetorischen6 Gründen als Frage formuliert und nicht etwa deshalb, weil er Zweifel hat. in (6.7) (= (5.16 ), vgl. 5.1.3, S. 110) hat die Manifestation die Struktur einer Frage, die das von H Verstandene paraphrasiert. (6.7 )
CP 33/2
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich im Flugzeug soeben kennengelernt.] [S:] '[...] As a matter of fact I worked my first year through college as a topless dancer. < < > > [H:] > > > "A natural ambition, but haven't you come rather a long way for that purpose?" < < < [S:] "It's a particular girl that I'm looking for [...]"
S meint mit a girl eine bestimmte Person (Angelica), H versteht dagegen S so, daß er ganz allgemein auf der Suche nach einem - nicht nach einem bestimmten - Mädchen sei. Diese Interpretation manifestiert sich in Form einer Frage, die sich für H aus Uh ableitet. Die Phrase that purpose verweist ebenso wie A natural ambition zurück auf die Aussage I'm looking for a girl, die zwar als sprachliche Struktur in xs und xh identisch ist, wobei aber die - spezifische beziehungsweise unspezifische - Referenz (vgl. 4.2.2, S. 92) der indefiniten Nominalphrase a girl in Ps und Ph Gegenstand des Mißverständnisses ist. In (6.8 ) wie auch in (6.7) läßt sich die Diskrepanz zwischen Fs und Fh, also das Vorliegen eines Mißverständnisses, aufgrund einer als Frage (wohlgemerkt nicht als Rückfrage) formulierten Manifestation klar nachweisen.
6
Ich verwende 'rhetorisch' hier in seinem umgangssprachlichen Sinn; mit einer rhetorischen Frage meine ich also eine Frage, auf die S keine Antwort erwartet, weil in der Frage schon eine Antwort enthalten oder impliziert ist.
167 (6.9)
CP
ιοί
[S = 'Cowboy' (Student), H = Philip Swallow. H nimmt in seinem Haus in Euphoria an einer Party von Studierenden teil, in deren Verlauf unter anderem foot massage erprobt wird, bei der die Beteiligten einander mit den Füßen den Rücken massieren. H ist gerade in der Küche, um Scherben einer Tasse aufzuräumen, die er zerbrochen hat.) As he was disposing of these in the trashcan, [S] rushed into the kitchen and began opening cupboards and drawers. He was wearing only jockey shorts. [S:] < < < 'Seen the salad oil anywhere, [H]?' > > > [H:] > > > 'People getting hungry again?' < < < |S: 1 'No, no. We're all gonna strip and rub each other with oil. Ever tried it? [...]'
In (6.9 ) bezieht H die Frage nach dem Salatöl, für ihn selbstverständlich, auf einen Kontext, der mit Essen zu tun hat. Diese Interpretation des Zwecks, der sich aus Hs Sicht für S mit dem von ihm gesuchten Salatöl verbindet, manifestiert sich in der Frage People getting hungry again?. Das Mißverständnis hat also auch in diesem Fall bereits stattgefunden, H hat keinerlei Zweifel an seiner Interpretation, und seine Frage kann bereits als weiterer Schritt in Hs Denkablauf verstanden werden: Daß das Salatöl mit Essen zu tun hat, ist klar; anscheinend besteht also bei den Anwesenden wieder Bedarf nach etwas zu essen. Zusammenfassend lassen sich anhand der Manifestationen beziehungsweise (sofern kein Mißverständnis vorliegt) Reaktionen von H in den vorgestellten Beispielen (6.1 ) und (6.4 ) bis (6.9 ) folgende Möglichkeiten unterscheiden: a. H ist sich des Verstandenen nicht sicher (aufgrund akustischer oder auch anderer Ursachen), kann oder will sich auch nicht für eine wahrscheinlichste Möglichkeit entscheiden und gibt dies durch eine offene Rückfrage zu erkennen {6.1). b. H ist sich des Verstandenen nicht hundertprozentig sicher, ihm/ihr steht aber eine bestimmte Möglichkeit der Interpretation zur Verfügung, die entweder die einzige ist oder diejenige, die er/sie für die wahrscheinlichste hält, und die er/sie in einer gerichteten Rückfrage zum Ausdruck bringt (Beispiele (6.4 ) und (6.5 )). c. H glaubt, die auslösende Äußerung verstanden zu haben, formuliert seine Reaktion aber aus rhetorischen Gründen in Form einer Frage, die somit keine Rückfrage darstellt, sondern eine oberflächlich umformulierte Aussage (Beispiel (6.6 )). d. H glaubt, die auslösende Äußerung verstanden zu haben, akzeptiert diese Interpretation als gegeben und fahrt mit einer Frage fort, die sich logisch aus dieser Interpretation ableitet. Auch hier liegt keine Rückfrage vor wie in a. und b. (Beispiele (6.7 ), (6.8 ) und (6.9 )). In den Fällen c. und d. handelt es sich zweifelsfrei um Mißverständnisse. Fälle nach dem Muster in a. scheiden andererseits für eine Bestimmung als Mißverständnis aus, da H selbst klar ist, daß ein Interpretationsproblem vorliegt. Problematisch hinsichtlich des Grenzverlaufs zwischen Mißverstehen und Nichtverstehen sind also Fälle wie in
168 b. mit einer gerichteten Rückfrage. Die gerichtete Rückfrage zeigt eindeutig an, daß für H eine 'falsche' Interpretationsmöglichkeit zur Verfugung steht. Ausschlaggebender Parameter für die Entscheidung, ob ein Mißverständnis vorliegt oder nicht, muß meiner Ansicht nach sein, daß H sich für einen gewissen - wenn auch sehr kurzen Zeitraum auf diese 'falsche' Interpretation festlegt. Hier liegt der Unterschied zwischen den Beispielen (6.4 ) und (6.5). In (6.4) ist sich H ziemlich sicher, daß Uh nicht mit Us übereinstimmt. Der erstaunte Ton ihrer Rückfrage zeigt das an. In (6.5 ) dagegen zieht H ihre Interpretation wenigstens für kurze Zeit ernsthaft in Erwägung. Deshalb verläuft die Trennlinie zwischen Nichtverstehen und Mißverständnis zwischen diesen beiden Beispielen, so ähnlich sie auf den ersten Blick erscheinen. Daß die Abgrenzung hier schwierig ist, stellt meines Erachtens nicht nur ein Problem aus Sicht der linguistischen Analyse dar. Auch für die an einer Gesprächssituation Beteiligten ist es in vielen derartigen Fällen schwierig oder unmöglich, bewußt zu entscheiden, wie stark eine bestimmte Interpretation in Erwägung gezogen wird und wie offen der Interpretationsvorgang andererseits für Alternativen bleibt. Verstehensprozesse laufen in kürzester Zeit ab und werden in einer fortlaufenden Interaktion von anderen Faktoren wie der Planung eigener Äußerungen permanent überlagert. Entscheidungen für die eine oder andere Möglichkeit bei der Interpretation eines sprachlichen Ereignisses können dabei nicht immer eindeutig getroffen werden. Kommunikation ist, wie die Untersuchung von Grenzbereichen wie dem zwischen Mißverständnis und Nichtverstehen zeigt, auch Zufallen, für die Beteiligten selbst unklaren Strategien und ungelösten Entscheidungsprozessen unterworfen. Was das linguistische Abgrenzungsproblem hier widerspiegelt, ist also ein fließender Übergang in der kommunikativen Wirklichkeit. Ein weiteres 'Nachbarphänomen' von Mißverständnissen, um das es im folgenden Abschnitt gehen wird, ist die Mißinterpretation außersprachlicher Zustände oder Handlungen.
6.2 Mißverständnisse und Mißinterpretationen In 5.3 wurden Fälle untersucht, in denen nonverbales nichtkommunikatives und nonverbales kommunikatives Verhalten Mißverständnisse auslöst, weil ihm eine bestimmte kommunikative Absicht unterstellt wird. Es gibt aber auch Situationen, in denen außersprachliche Zustände mißinterpretiert werden, ohne daß H irgend jemandem eine kommunikative Absicht unterstellt. Um solche Fälle wird es in diesem Abschnitt gehen. Im Mittelpunkt steht die Frage, in welchem Verhältnis sie zu Mißverständnissen stehen und ob sie sich klar von diesen abgrenzen lassen.
169 {6.
IO)1
NW 131
[H = Robyn Penrose, O = Vic Wilcox. Inhaltliche Fortsetzung von NW 129: H und O stehen vor der Kunkel Wagner Automatic Moulding Line, einer von O neu angeschafften Maschine.] [H:] 'What does it do?' [O:] 'Makes moulds for cylinder blocks.' > > > 'It seems quieter than the other machines,' < < < said [H], 'It's not running at the moment,' [O] said, with a pitying look.
H, die sich in technischen Dingen nicht auskennt, nimmt angesichts einer ausgeschalteten Maschine an, diese laufe leiser als die anderen. Dieser Irrtum kann natürlich durch umgebende Geräusche in der Fabrikhalle begünstigt sein. In (6.11 ) gerät H in der Hoffnung, dort einen quiet drink zu sich nehmen zu können, versehentlich in eine Karaoke-Bar in Tokio. (6.11)
SW 292
[H = Persse McGarrigle, O = Akira Sakazaki. H gerät in Tokio unwissentlich in eine Karaoke-Bar. Die Bedienung fordert ihn auf, sich ein Lied auszusuchen, doch er versteht nicht, was sie will. Sie bringt 0 , einen jungen Japaner, der dolmetschen kann, an Hs Tisch.] "Are you American? British?" [O] says. [H:] "Irish." [O:] "Irish? That is very interesting. May I interpret for you? Which song do you wish to sing?" > > > " 1 don't wish to sing at a l l ! " < < < [H] protests. > > > " 1 just came in here for a quiet drink."< <
> I don't think you've met her > > > Of COURSE I know her< < < I thought because she doesn't study German Who are you talking about Pepa, she's doing Spanish and English Oh I thought you said PIPpa
Die Differenz zwischen Us und Uh ist in diesem Fall aufgehoben, sobald S sich des Mißverständnisses bewußt wird (+ S real.). In (6.13 ) sowie auch in (6.14 ) wird das Mißverständnis bemerkt und repariert (in (6.13 ) etwas früher als in (6.14 )), weil die Manifestation für eine/n der Beteiligten das Vorliegen eines Mißverständnisses klar anzeigt. In (6.15 ) ist das anders. Hier deutet für alle Beteiligten zunächst nichts daraufhin, daß ein Mißverständnis aufgetreten sein könnte.
172 (6.15)
EIG18
[S = Deutsche, H = Engländer, O = Ss Mann (ebenfalls englischer Muttersprachler). Andere deutsche Muttersprachlerinnen sind anwesend. Während des Abendessens kommt das Gespräch, das auf englisch gefuhrt wird, auf das Thema 'Kinofilme'. S hat von einem bestimmten Film erzählt, der ihr gefallen hat und "mit sparsamen Mitteln" hergestellt worden sei; diese Worte läßt sie auf deutsch einfließen und schließt die an H gerichtete Frage an:] S: < < < H o w do you say that in English - mit sparsamen Mitteln"! > > > H: I don't know
III mit sparsamen
Mitteln
III 'Made on a shoestring'? Yes, I suppose it's 'made on a shoestring'
Erst als sich S und O am folgenden Tag noch einmal über dieses Thema unterhalten, bemerken sie (in Abwesenheit von H), daß zwischen Us und Uh eine Differenz bestanden hat. S hatte mit sparsamen Mitteln 'geringen technischen Aufwand' gemeint, was geringe finanzielle Mittel zwar möglicherweise einschließt, aber darüber hinausgeht. Sie hatte sich jedoch mit Hs Antwort zufriedengegeben in der Auffassung, made on a shoestring hieße in ihrem Sinn 'mit sparsamen Mitteln'; alle anderen Anwesenden hatten sowohl Ss Frage als auch Hs Antwort (letztere zurecht) nur in der Bedeutung 'billig, mit geringen finanziellen Mitteln' interpretiert. Auch in (6.16 ) (= (5.38 ), vgl. 5.2.1, S. 125) wird das Mißverständnis zunächst nicht bemerkt. (6.16)
EIG 27
[S und H, Kollegen, sprechen am Telefon über eine geplante Abschiedsfeier für eine gemeinsame Kollegin. S und H teilen sich an ihrem Arbeitsplatz ein Büro, sind aber zum Zeitpunkt des Telefongesprächs beide zuhause.] S: < < > > H: Ja, des wär ne gute Idee S: Da könnt' ja jeder was zum Essen mitbringen, nen Salat oder so [Pause] H: Ja ... da müßt mer doch gar kein so großen kulinarischen Aufwand treiben S: Na ja, wenn mers abends machen? H: Ach so, abends, ich hab gedacht, nachmittags S: Nein, abends eher, so um sieben rum H: Ach so - ja gut
Erst einige Tage später stellt sich heraus, daß S mit bei uns 'bei meiner Freundin und mir zuhause' gemeint, H aber 'in unserem Büro' verstanden hat. H bekundete im nachhinein, angesichts seiner Interpretation von bei uns über den Vorschlag, daß jeder was zum Essen mitbringen sollte, etwas erstaunt gewesen zu sein. S konnte seinerseits den Einwand wegen des kulinarischen Aufwands nicht recht einordnen, schrieb Hs Bedenken aber der Möglichkeit zu, daß H von einer früheren Tageszeit der geplanten
173 Veranstaltung ausging. Der Redebeitrag von H Ja ... da müßt mer doch [...] könnte das Mißverstehen aufdecken und wäre damit als Manifestation anzusehen, doch die Irritation der Beteiligten und auch die momentan entstehenden praktischen Konsequenzen für die Interaktion sind nicht stark genug, um eine korrekte Lokalisierung des Mißverständnisses notwendig zu machen. Stattdessen wird die geringfügige Kommunikationsstörung woanders lokalisiert. Mit der Korrektur Na ja, wenn mers abends machen? und mit Hs Reaktion darauf scheint das Problem denn auch ausgeräumt zu sein. Tatsächlich besteht ja offensichtlich auch hinsichtlich der Tageszeit eine Interpretationsdifferenz. Während diese Differenz von S und H erkannt wird, bleibt das Mißverständnis in bezug auf bei uns einige Tage lang bestehen, bis sich ein konkreter Klärungsbedarf ergibt - die Regelung weiterer praktischer Fragen in Zusammenhang mit dem geplanten Fest. Was die bisher diskutierten Fälle gemeinsam haben, ist, daß bei der 'Reparatur' des Mißverständnisses die Differenz zwischen Fh und Fs jeweils dadurch ausgeglichen wird, daß Fh nachträglich als 'falsch' erkannt und quasi an Fs angepaßt wird. Fs setzt sich also gegen Fh durch. Die Angleichung konfligierender Interpretationen kann aber auch umgekehrt verlaufen. (6.17)
EIG 17
[S (m.) informiert H (w.) am Telefon über eine bevorstehende Autorenlesung im 'Künstlerhaus', von der er annimmt, daß sie H interessiert, zu der er aber selbst nicht gehen kann. H fragt S, ob er weiß, wo es dafür Eintrittskarten gibt.] S: < < > > H: > > >Tät'st das machen? Das war' aber nett< < < III S: Ja, da ruf ich in den nächsten Tagen an, und dann sag' ich dir Bescheid H: Ja gut, wenn dir das nix ausmacht, das war' nett
In (6.17) (= (5.51 ), vgl. 5.2.2, S. 133) ist der Auslöser als Vorschlag im Sinn von 'Ich an deiner Stelle würde dort anrufen' gemeint. H interpretiert das als Angebot, daß S für sie dort anrufen könnte. S bemerkt nach Hs Reaktion das Mißverständnis. Nach kurzem Zögern zieht S es aber vor, H nicht über die in Us enthaltene Illokution aufzuklären, sondern sich das in Uh unterstellte Angebot zu eigen zu machen, um H nicht vor den Kopf zu stoßen. H wird also nicht auf das Mißverständnis aufmerksam. Dennoch ist die Differenz zwischen Us und Uh - im Vergleich zu (6.15 ) und (6.16) in umgekehrter Richtung - aufgehoben und der Zustand des Mißverstehens damit beendet. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, wie ein Mißverständnis interaktiv aufgearbeitet werden kann.9 Ich komme nun auf die Dauer des Mißverstehens als Kriterium
9
Zur Rolle der states of realization innerhalb der Struktur von Mißverständnissen vgl. ausführlich Humphreys-Jones (1986a: 167 ff.) sowie meine Kritik in 2.4.
174 zurück. Unter den in 6.3 bisher diskutierten Fällen heben sich (6.15 ) und (6.16 ) hinsichtlich der Dauer des Mißverstehens - Zeitspannen von einem beziehungsweise mehreren Tagen - klar von (6.13 ) und (6.14 ) ab, bei denen angesichts einer Klärung des Mißverständnisses innerhalb weniger Redebeiträge die Dauer in der Größenordnung von wenigen Sekunden liegt. In (6.18 ) bleibt das Mißverstehen etwas länger bestehen als in (6.13 ) und (6.14 ). (6.18)
cp 30
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich soeben im Flugzeug kennengelernt.] [H:] 'Say, have you noticed anything funny about this plane?' [S:] 'Funny?' [H:] 'About the passengers.' The magazine is lowered, the swollen spectacles turned slowly in his direction. [S:] < < < 'Only you, I guess. ' > > > > > > 'You figured it out too!' < < < [H] exclaims. 'It only just struck me. [...]' [··.]
[S:] '[...] How come you're on this charter anyway?' [H:] 'One of my students sold me her ticket.' 'Now all is clear,' says [S], Ί figured you couldn't be needing an abortion.' BOINNNNNNNNGGGGGGGGGG! The penny drops thunderously inside [H]'s head.
Ss Antwort auf Hs Frage wegen der - außer ihm - ausschließlich weiblichen Passagiere, Only you, I guess, interpretiert H lediglich als Bestätigung seiner eigenen Beobachtung, daß er der einzige Mann unter den Fluggästen ist. S dagegen, die weiß, daß alle Frauen an Bord des Flugzeugs zu einer Abtreibung nach England fliegen, setzt dieses Wissen anscheinend bei H voraus. Ss lapidare Antwort Only you, I guess spielt auf dieses Wissen bereits an, doch H ahnt davon nichts und versteht erst einige Redebeiträge später den tatsächlichen Hintergrund. Auf einer schematisierten zeitlichen Skala (Abb. 6.1, S. 175) lassen sich die fünf diskutierten Beispiele hinsichtlich der Dauer des Mißverstehens im Verhältnis zueinander anordnen. Unter der Prämisse, daß (6.13 ) die Grundstruktur eines Mißverständnisses darstellt, könnte dieser Fall als unteres Ende der Skala angesehen werden. Ich glaube jedoch, daß sich eine Verbindung zwischen dem hier diskutierten Spektrum und dem in 6.1 problematisierten Übergangsbereich zwischen Mißverstehen und Nichtverstehen herstellen läßt. In 6.1 wurde als ausschlaggebendes Kriterium dafür, ob ein Mißverständnis vorliegt oder nicht, Hs Festlegung auf die von Fs abweichende Interpretation für einen gewissen - wenn auch sehr kurzen - Zeitraum identifiziert. Die Zeitspanne, um die es dabei geht (vgl. z. B. (6.5 )), bewegt sich unterhalb der Grenze, die auf der Skala in Abb. 6.1 von (6.13 ) markiert wird. Am Nullpunkt der Skala stehen Fälle, in denen H sich zu keiner Zeit auf eine von Fs abweichende Interpretation des lautlichen Ereignisses festlegt (vgl. etwa (6.4 )). Jeder Wert über Null bedeutet, daß Fs und Fh kurzfristig differieren. Ob diese Differenz in der Interaktion als Mißverständnis in Erscheinung tritt, ist ein graduelles Phänomen. (6.5 )
175 habe ich als Mißverständnis bezeichnet, doch in der realen Interaktion gibt es viele Fälle, für die diese Entscheidung schwierig oder unmöglich ist.
A (6.16)
mehrere Tage (6.15 ) zeitliche Dauer
ein Tag (6.18)
jeweils einige Sekunden
(6.14) (6.13 ) Grenzbereich zum Nichtverstehen
Abb 6.1
Die Dauer des Mißverstehens bei Mißverständnissen
Daß (6.16) auf der Skala nach oben hin keinen Grenzwert markiert, liegt auf der Hand. Beispiele zeigen, daß es hier auch gar keinen Grenzwert gibt. In (6.19 ), einem Beispiel aus Varonis & Gass (1985), bleibt das Mißverstehen ein Jahr lang bestehen: (6.19) In this example, a correction was made a full year later. The male, a NNS [normative speaker, Anm. d. Verf.] of English, uttered what he intended as a proposal of marriage: "I want to make a life with you." Sally understood: "I want to make love with you." Her response was nonverbal. A year later, after they were married, she was wondering why he had never made a marriage proposal. He, of course, insisted that he had. It was then that the correction was made and the misunderstanding cleared up. (Varonis & Gass 1985: 330 f.)
Da sich das Mißverstehen in der ursprünglichen Gesprächssituation nicht im eigentlichen Sinn manifestiert, wird es - bis zur expliziten Thematisierung des Gemeinten und Verstandenen ein Jahr später - von den Beteiligtèn nicht bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Mißverstehen vom Gang der Ereignisse bereits überholt. In (6.20 )(= (5.5 ), vgl. 5.1.1, S. 104) gibt es zwar eine Manifestation, doch aufgrund der Bewußtseinszustände der Beteiligten ist ein Ende des Mißverstehens nicht erkennbar.
176 (6.20)
NW 209
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S und H sprechen über das shadow scheme.] [H:] 'The VC [Vice Chancellor, Anm. d. Verf.] is looking forward to your report. He takes a personal interest in the scheme. ' < < < 'Perhaps he'll take a personal interest in keeping me on, then,' > > > said [S], < < > > from which [H] evidently inferred that she had made a joke. 'Ha, ha, very good,' [H] said. Ί must remember to tell him that.' Ί hope you will,' said [S]. Ί must dash now, I'm in the middle of a tutorial.' 'Yes, yes, of course,' said [H]. 'Tutorial' was one of the words [H] still recognized without too much difficulty, perhaps because it had a lot of vowels in it.
Hier reagiert H aufgrund des Mißverstehens mit einer Sprechhandlung (Ha, ha, very good [...] I must remember to tell him that), die als Reaktion auf den Auslöser gut genug paßt, um von S nicht als Manifestation eines Mißverständnisses erkannt zu werden. H (Philip Swallow, der sich an diesem Punkt in NW seines schlechter werdenden Gehörs längst bewußt ist) entscheidet sich aufgrund parasprachlichen Verhaltens von S für eine Interpretation des Auslösers, die mit Us nicht übereinstimmt. Hs Reaktion auf Ss vermeintlichen Scherz bezieht S dennoch auf Us. Das Mißverstehen bleibt von beiden Beteiligten unbemerkt und wird nicht aufgeklärt.10 Angesichts derartiger Fälle muß auf der Skala (Abb. 6.2, S. 177), die die Dauer des Mißverstehens anzeigt, der obere 'Grenzwert' mit Unendlich angegeben werden. Natürlich stellt sich die Frage, ob Fälle, in denen zwar aus der Analyseperspektive ein Auslöser und eine Manifestation vorliegen, für die Beteiligten jedoch das Mißverstehen auf Dauer bestehen bleibt, als Mißverständnisse angesehen werden können. In der Definition in 4.1.4 wird das Bewußtwerden wenigstens einer/s Beteiligten, daß eine Differenz zwischen Us und Uh besteht, als für ein Mißverständnis konstitutiv betrachtet. Muß diese Aussage revidiert werden? Die Beobachtungen zur Dauer des Mißverstehens weisen meines Erachtens auf ein sehr viel grundlegenderes Problem hin, das von der Frage der Mißverständnisdefinition nur an der Oberfläche berührt wird. Den 'Normalfall', das quasi prototypische Erscheinungsbild des Mißverständnisses, repräsentieren diejenigen Fälle, die sich für wenigstens eine/n der Beteiligten innerhalb eines überschaubaren Gesprächsabschnittes aufklären. Diese Aufklärung folgt meist einem interaktiven Bedarf, der sich aus der (aus Sicht von S) 'Unangemessenheit' von Hs Reaktion auf den Auslöser aufgrund der Differenz zwischen Us und Uh ergibt. Wenn der Klärungsbedarf nicht im unmittelbar folgenden Gesprächsverlauf, sondern einen Tag oder mehrere Tage später entsteht, so
10
Daß H weiß, daß er aufgrund seiner Hörbehinderung nicht versteht, was S sagt, würde dafür sprechen, (6.20 ) nicht als Mißverstehen, sondern als Nichtverstehen zu analysieren. Die Interpretation, die H sich zurechtlegt, geht nicht von einer sprachlichen Struktur aus, und Fh enthält keine spezifische Proposition, sondern lediglich das Modifikator-Element des Scherzes. Daß H zu dieser unvollständigen Interpretation kommt und sich auch damit zufriedengibt, statt rückzufragen, weist den Fall aber klar als Mißverstehen aus.
177 ändert das im Prinzip nichts. Eine theoretisch gerechtfertigte Grenzziehung ist aber auch dann nicht möglich, wenn dieser Zeitraum länger ist. Mißverstehen kann über Jahre bestehen und erst dann von einer/m oder auch beiden Beteiligten bemerkt werden. Ob es zu einer Klärung kommt, kann letztlich von Zufall abhängig sein.
Unendlich
Λ
ein Jahr
zeitliche Dauer
mehrere Tage
(6.20 )
Mißverstehen
(6.19)
--
(6.16) Mißverständnisse
einige Sekunden
--
(6.13 ) Grenzbereich zum Nichtverstehen
Abb. 6.2
Die mögliche Dauer des Mißverstehens insgesamt
Interessant ist hier ein Vergleich von Fällen, in denen die erwähnte interaktive Notwendigkeit einer Klärung nicht erkannt wird, weil die Manifestation des Mißverständnisses von S nicht als unangemessene Reaktion auf den Auslöser aufgefaßt wird, wie in (6.15 ) und (6.20 ). In (6.15 ) wird das Mißverstehen bemerkt, weil S und O am Tag nach dem Gespräch, aus dem der wiedergegebene Abschnitt stammt, aus sprachlichem Interesse noch einmal über dieses Thema sprechen. Diese Klärungsmöglichkeit hätte durch eine Reihe von denkbaren Umständen verhindert werden können. In (6.20 ) könnte sich ein späterer Klärungsbedarf ergeben, wenn etwa S H nach einigen Tagen fragt, ob er ihren Vorschlag an den Vice Chancellor weitergegeben hat. Davon ist im Text aber nicht die Rede, und aufgrund von Hs untergeordneter Stellung gegenüber S ist es auch nicht sehr wahrscheinlich, daß S H auf seine Zusage noch einmal ansprechen wird. Wie der Vergleich zeigt, liegt der Unterschied, daß das Mißverstehen im einen Fall nachträglich bemerkt wird und im anderen Fall nicht, in außersprachlichen Faktoren begründet, die eine systematische Abgrenzung schwierig machen. Ich halte es dennoch für sinnvoll, den Begriff des Mißverständnisses im Sinn der Definition in 4.1.4 für solche Fälle zu reservieren, in denen das Mißverstehen von S oder H
178 bemerkt wird. Wann dieses Bewußtsein eintritt, ist grundsätzlich egal; entscheidend ist, daß es eintritt. Wenn es zu keinem Zeitpunkt eintritt, ist die Dauer des Mißverstehens unendlich; dann liegt per definitionem kein Mißverständnis vor. In 1.1 wurde Mißverstehen charakterisiert als das Phänomen des scheinbaren gegenseitigen Verstehens, auch wenn es von niemandem erkannt wird. Nun handelt es sich bei (6.20 ) insofern um einen seltenen Sonderfall, als das Mißverstehen hier aus Sicht der Analyse erkennbar ist. Nur aufgrund der vom Text mitgelieferten metakommunikativen Information (... from which [H] evidently inferred that [SJ had made a joke) ist die von den Beteiligten unbemerkte Manifestation als solche identifizierbar. Stünde der gleiche Gesprächsausschnitt zum Beispiel in Form einer Tonbandaufzeichnung zur Verfügung, also ohne die entsprechende Hintergrundinformation des fiktionalen Textes, so bliebe er dem Zugriff der Analyse vorenthalten. Das scheinbare Verstehen zwischen den Beteiligten würde nicht als scheinbar entlarvt, es ginge als tatsächliches Verstehen durch - was es für die Beteiligten im fiktionalen Beispiel ohnehin tut. Diese Feststellung hat weitreichende Folgen, die ich verdeuüichen will, indem ich die zentralen Aussagen dieses Abschnitts schlaglichtartig zusammenfasse: -
-
Ein Mißverständnis ist ein Fall von Mißverstehen, der von mindestens einer oder einem Beteiligten zu irgendeinem Zeitpunkt bemerkt wird. Der Zeitraum, über den das Mißverstehen andauert, bis es als Mißverständnis erkannt wird, variiert stark und ist nach oben hin nur mit 'kleiner als unendlich' begrenzbar. Mißverstehen, das die Beteiligten zu keinem Zeitpunkt bemerken, ist auch aus der Perspektive der Beobachtung durch Dritte nur in Ausnahmefällen erkennbar. Mißverstehen wird von den Beteiligten als Verstehen wahrgenommen.
Aus diesen Aussagen ergibt sich zum einen, daß es für Kommunikationspartnerinnen abgesehen von der Möglichkeit des Nichtverstehens, das notwendigerweise bemerkt wird, nur zwei erkennbare Folgen einer sprachlichen Handlung gibt: Verstehen oder ein Mißverständnis. Mißverstehen, wie es hier definiert worden ist, gibt es nur aus Sicht der Analyse. An einer Gesprächssituation Beteiligte glauben zu verstehen, solange nicht ein Mißverständnis erkannt wird, auch wenn sie einander tatsächlich mißverstehen.11 Daß sich zum anderen aus theoretischer Sicht der Nachweis der Scheinbarkeit des Verstehens, wo kein Mißverständnis eintritt, auf Ausnahmefalle beschränken muß, läßt darauf schließen, daß in der weitaus größeren Zahl der Fälle Mißverstehen nicht beweisbar ist. Diese 'Dunkelziffer' des Mißverstehens wiederum hat Auswirkungen auf das, was als Verstehen empfunden und bezeichnet wird. In
π
Vgl. in diesem Sinn auch Dobrick (1985: 8): "Es ist ein Spezifikum an Mißverständnissen, daß sie erst bemerkt werden, wenn sie sich auflösen. Deswegen ist es unmöglich, Beispiele aus dem eigenen Erlebnisbereich zu benennen, in denen sich ein Mißverständnis nicht aufgelöst hat. "
179 einem nicht quantifizierbaren Anteil der Fälle, in denen Verstehen angenommen wird, liegt in Wirklichkeit Mißverstehen vor.
7. Zusammenfassung Die erste der in 1.2 formulierten Zielsetzungen dieser Arbeit war es, Mißverständnisse als eigenständigen Untersuchungsgegenstand zu analysieren. Grundlage der Korpusanalyse war das in 4. entwickelte Kommunikationsmodell. Dieses Modell hat sich als geeignetes Instrument für die Beschreibung von Mißverständnissen wie auch von anderen kommunikativen Phänomenen erwiesen. Zum einen war es möglich, aufgrund der verschiedenen Dimensionen des Modells Ursachen von Mißverständnissen zu identifizieren. Zum anderen vermag der subjektivistische Äußerungsbegriff, der dem Modell zugrunde liegt, differierende Interpretationen eines lautlichen Ereignisses durch die Beteiligten systematisch zu erfassen. Daß sich damit der Beschreibungsansatz insgesamt als tragfahig erwiesen hat, läßt den Schluß zu, daß die Grundannahmen des Kommunikationsmodells richtig sind. Mit der Typologie, die sich aus dem Analysekriterium der funktionalen Differenz ergibt, steht darüber hinaus eine klare und auf alle Mißverständnisse im engeren Sinn anwendbare Unterscheidungsmöglichkeit zur Verfügung. Damit möchte ich nun die Überlegungen in 6.3 aufgreifen, die zum Ausgangspunkt in 1.1 zurückführen, zu der Annahme nämlich, daß es kein hundertprozentiges Verstehen gibt. Ich will diese Annahme, auf der die zweite Zielsetzung der Arbeit beruht, angesichts der in verschiedenen Kapiteln gewonnenen Erkenntnisse abschließend diskutieren. Wie in 1.1 festgestellt, kann wohl für die meisten sprachlichen Handlungen in natürlicher Kommunikation eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Gemeintem und Verstandenem angenommen werden. Wie groß diese Übereinstimmung ist und ob sie total sein kann, entzieht sich aber einer sprachwissenschaftlichen Analyse. Natürlich kann zwischen Menschen der Eindruck entstehen, daß sie einander 'gut verstehen', daß sie 'die gleiche Wellenlänge' haben, und Ziel dieser Arbeit ist es keineswegs, solche Eindrücke zu relativieren. Es hat sich aber - vor allem bei den Überlegungen in 6.3 - gezeigt, daß Verstehen nicht nachweisbar ist, weil Mißverstehen nicht nachweisbar ist. Mißverstehen, das in der Kommunikation auftritt und nicht bemerkt wird, bleibt als Verstehen im Bewußtsein der Beteiligten. Die Möglichkeit, daß Mißverstehen nicht bemerkt wird, ist vor allem dann gegeben, wenn das 'Funktionieren' der Kommunikation in einem praktischen Sinn nicht beeinträchtigt ist, wenn sich also die Folgen, die sich in der jeweiligen Perspektive der Beteiligten aus dem Gemeinten und dem Verstandenen ergeben, nicht so stark voneinander unterscheiden, daß sich aufgrund dessen das Mißverstehen manifestiert. Auch dann gibt es hinsichtlich des Ortes', an dem das unbemerkte Mißverstehen auftreten kann, noch genügend viele Möglichkeiten. S und H können mit einem Wort
182 verschiedene Konnotationen1 verbinden. Die Illokutionen in Fs und Fh können zwar derselben Searleschen (1976) Klasse angehören und auch die gleiche Handlungsobligation für H nach sich ziehen, aber dennoch hinsichtlich dessen differieren, was Searle (1976: 5) als "the force or strength with which the illocutionary point is presented" bezeichnet. Unterschiede wie der zwischen suggest und insist (vgl. Searle 1976: 5) und das breite Spektrum direktiver Illokutionen insgesamt zeigen, daß es hier großen Spielraum für abweichende Interpretationen gibt, die keine bemerkbaren Folgen haben müssen, aber im Bewußtsein der Beteiligten doch recht unterschiedliche Spuren hinterlassen können. Auf der Modifikatoren-Ebene schließlich können Faktoren wie Höflichkeit, Ironie oder Scherz in Nuancen anders interpretiert werden, als sie gemeint sind, ohne daß dies zur Notwendigkeit - oder auch Chance - einer Reparatur führen muß. Nach dem als Teil des Kommunikationsmodells formulierten Konzept funktionaler Differenz liegt in solchen Fällen stets Mißverstehen vor. Zugleich entziehen sie sich aber der Analyse, sofern es nicht aus irgendeinem Grund - wie sich in 6.3 gezeigt hat, kann das auch Zufall sein - doch zu einer Manifestation kommt. Aufgrund dieser Erkenntnis wäre es meiner Ansicht nach inkonsequent, nur bei Mißverständnissen von einem objektiv nachweisbaren lautlichen Ereignis und zwei daraus entstehenden separaten kognitiven Einheiten - Us und Uh - zu sprechen, für den Fall angenommenen Verstehens zwischen S und H aber zu einem objektivistischen Äußerungskonzept zurückzukehren. Es erscheint mir aus den diskutierten Gründen auch in Fällen 'funktionierender' Kommunikation angebracht, bei S und H subjektive Bewußtseinszustände als Ergebnisse individueller Interpretationsprozesse anzusetzen. Angesichts der Komplexität kommunikativer Funktionen und der grundsätzlich unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen der Beteiligten ist die völlige Übereinstimmung dieser subjektiven Einheiten, also hundertprozentiges Verstehen, denkbar unwahrscheinlich und jedenfalls aus analytischer Sicht nicht zu beweisen. Das Kommunikationsmodell eignet sich also nicht nur für die Analyse von Mißverständnissen, sondern kann darüber hinaus allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Daß es meist zu einer Ähnlichkeit zwischen Fs und Fh kommt, die groß genug ist, um als Verstehen empfunden zu werden, wird in dem Modell ja keineswegs ausgeschlossen. Was die in 1.1 erwähnte Opposition zwischen sogenannten 'telegraphischen' Kommunikationsmodellen einerseits und dem von Smith (1988) vertretenen 'ökonomischen' Modell andererseits angeht, so stellt der subjektivistische Äußerungsbegriff meines Erachtens eine sinnvolle Alternative zu beiden Arten von Konzepten dar. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse erscheint es mir unumgänglich, den objektiv feststellbaren Aspekt einer Sprechhandlung auf das lautliche Ereignis zu reduzieren, das keinen kommunikativen Inhalt besitzt. Soweit ist Smith (1988) zuzustimmen und
1
Zu 'Konnotation' beziehungsweise 'konnotatìve Bedeutung' im Verhältnis zur 'denotativen Bedeutung' von Lexemen vgl. etwa Hansen et al. (1990: 17) und Kastovsky (1982: 37 ff.), zu den verschiedenen Verwendungen des Terminus Lipka (1992: 63 ff.).
183 der herkömmlichen Äußerungsdefinition, wie sie etwa Allan (1986a, Bd. 1: 55) formuliert (vgl. 4.1.3, S. 80), zu widersprechen. Mit der Interpretation durch H beziehungsweise mit dem Bewußtsein, das S aufgrund der Produktion des lautlichen Ereignisses als Erinnerung an dieses Ereignis bildet, entstehen aber Einheiten, Äußerungen aus Sicht von S und H, als Kombinationen kommunikativer Funktionen und sprachlicher Strukturen. Über diese Einheiten wird zwischen den Beteiligten wenn es etwa zu einem Mißverständnis kommt - verhandelt, sie sind subjektiv, aber real. Im Gegensatz zu Smiths Auffassung gibt es also kommunikative Funktionen, und zwar jeweils aus Sicht der Beteiligten. Für die Analyse dieser Funktionen erweisen sich Konzepte aus den sogenannten 'telegraphischen' Modellen, wie die Illokution und die Proposition - wenn auch in modifizierten Varianten -, als brauchbare Instrumente, wenn sie als Konsequenz einer subjektivistischen Sichtweise aus den Perspektiven von S und H bestimmt werden.
Anhang Im Anhang ist das gesamte Korpus wiedergegeben, das aus 1541 Fällen von Mißverständnissen und anderen aus Sicht der Arbeit relevanten Phänomenen -
aus Romanen von David Lodge (1978, 1983, 1984, 1985 und 1989), aus meiner eigenen Materialsammlung von Fällen aus natürlicher Interaktion und aus dem Korpus von Cheepen & Monaghan (1990)
besteht. Hinsichtlich der in der Arbeit getroffenen Unterscheidungen gliedert sich das Material folgendermaßen: Es enthält
-
127 Mißverständnisse, davon - 119 Mißverständnisse im engeren Sinne (Typ A nach der Typologie in 5.4), davon - 70 propositionale Mißverständnisse (Al), davon - 39 Mißverständnisse des referentiellen Subtyps ( A l . l ) , - 14 Mißverständnisse des Implikaturen-Subtyps (Al .2), - 17 Mißverständnisse des propositional-strukturellen Subtyps (Al.3), - 27 illokutionäre Mißverständnisse (A2), - 22 Modifikatoren-Mißverständnisse (A3), - acht Mißverständnisse im weiteren Sinne (Typ Β nach der Typologie in 5.4), zwei Fälle unbemerkten Mißverstehens (vgl. v. a. 6.3), sieben von S oder H intentional herbeigeführte 'Mißverständnisse' (vgl. 5.1.4), acht Fälle von Nichtverstehen (vgl. 6.1), neun Fälle von Mißinterpretationen (vgl. 6.2) sowie einen Fall von Verstehen aufgrund von Erwartung.
Im folgenden werden die Vorgehensweise bei der Angabe der Quellen sowie andere Aspekte der Wiedergabe der Beispiele erklärt.
1. Quellenangaben Oben rechts über jedem Beispiel steht ein Quellenkürzel, das die Herkunft des Beispiels angibt. Dieses Kürzel besteht aus einer Buchstabenkombination sowie einer oder
1
Diese Zahl übersteigt die der 150 Datensätze (also der mit einem Quellenkürzel numerierten Einheiten, auf die sich die Angaben auf S. 66 f. beziehen) um vier, weil in 6 M 84/2, das als ein Textabschnitt wiedergegeben ist, fünf Fälle relevanter Phänomene enthalten sind.
186 mehreren Zahlen (ζ. Β. 'NW 358' oder 'CP 33/2'). Von den Buchstabenkombinationen stehen BM für The British Museum is falling down (Lodge 1983), CHMO für Cheepen & Monaghan (1990), CP für Changing places (Lodge 1978), EIG für meine eigene Sammlung von Beispielen, GB für Ginger, you're barmy (Lodge 1984), NW für Nice work (Lodge 1989) und SW für Small world (Lodge 1985). Die erste (vor einem Schrägstrich) oder einzige angegebene Zahl, die maximal dreistellig ist, bezeichnet -
bei meinem eigenen Material (EIG) die fortlaufende Nummer des jeweiligen Beispiels im Korpus (1 bis 30), in allen anderen Fällen (BM, CHMO, CP, GB, NW und SW) die Seite im Buch (in der im Literaturverzeichnis angegebenen Ausgabe und Auflage), auf der das Beispiel beginnt. Da sich die wiedergegebenen Textabschnitte in einer Reihe von Fällen in der Quelle über mehr als eine Druckseite erstrecken, wird unmittelbar nach dem Ende des Abschnittes die Seitenangabe präzisiert (ζ. B. für GB 72: '72 f.'). Auch in allen anderen Fällen wird die Seitenzahl an dieser Stelle zur Sicherheit wiederholt.
Wenn nach einem Schrägstrich eine weitere Zahl folgt (einstellig und nur bei BM, CP, GB, NW und SW), so bedeutet dies, daß auf einer Seite in der Quelle zwei Fälle vorkommen, die entsprechend ihrer Reihenfolge im Quellentext mit ' Γ und '2' numeriert sind. Bei meinem eigenen Material ist jeweils unmittelbar nach dem wiedergegebenen Gesprächsausschnitt nach 'Q:' (für 'Quelle') die Herkunft des Beispiels präzisiert. Dabei steht 'W. F.' für 'Wolfgang Falkner', und es gibt folgende Möglichkeiten:
-
'S (oder Η oder O)2 = W. F.', wenn ich an dem Gespräch beteiligt war, 'W. F. (anwesend)', wenn ich bei einem Gespräch anwesend, aber an dem wiedergegebenen Ausschnitt nicht beteiligt war, und 'von S (oder H oder O) berichtet', wenn mir das Beispiel von jemandem erzählt wurde. Eines der Beispiele (EIG 30) ist konstruiert.
2
Zu den Abkürzungen S, H und O vgl. die technische Vorbemerkung, S. XI.
187
2. Zur Wiedergabe der Beispiele Links über jedem Beispiel, also unmittelbar nach dem Quellenkürzel, ist bei allen Mißverständnissen nach der Abkürzung 'T:' für 'Typ' der Typ des jeweiligen Falles angegeben, wie er sich aus der in 5.4 vorgestellten Typologie ergibt. Dabei stehen 'Prop./ref.' für Fälle des referentiellen Subtyps propositionaler Mißverständnisse (Al. 1), 'Prop./Implik.' für Fälle des Implikaturen-Subtyps propositionaler Mißverständnisse (Al. 2), 'Prop./strukt. ' für Fälle des strukturellen Subtyps propositionaler Mißverständnisse (Al.3), 'Illok.' für illokutionäre Mißverständnisse (A2), 'Modif. ' für Modifikatoren-Mißverständnisse (A3) und 'MV i. w. S.' für Mißverständnisse im weiteren Sinn (B). Sofern Intention einer/eines der Beteiligten nicht auszuschließen ist, steht nach der Angabe des Typs 'intentional (S bzw. H)?'. Wenn mit Sicherheit Intention vorliegt, handelt es sich nicht um ein Mißverständnis. In solchen und allen weiteren Fällen, in denen keine Mißverständnisse, sondern andere in dieser Arbeit identifizierte Phänomene vorliegen, ist an dieser Stelle ohne die Abkürzung 'T:' das entsprechende Phänomen bezeichnet. Soweit das bei dem jeweiligen Phänomen aufgrund seiner in der Arbeit diskutierten Eigenschaften möglich ist, wird danach ebenfalls die Ebene angegeben, auf der eine funktionale Differenz lokalisierbar ist. Danach und noch vor dem eigentlichen Text werden zu jedem Beispiel in eckigen Klammern Angaben zu den Beteiligten und zu dem für die Analyse relevanten Kontext und Kotext gemacht. Für die verschiedenen Rollen in der Interaktion werden grundsätzlich die Abkürzungen S, H und O (bzw. H l , H2, O l , 0 2 etc.) verwendet. Für die fiktionalen Beispiele werden zu diesen Abkürzungen stets die jeweiligen Romanfiguren angegeben. In den Beispielen aus Cheepen & Monaghan (1990) werden die im Original verwendeten Abkürzungen für die Beteiligten ebenfalls durch S, H und O (in eckigen Klammern) ersetzt. In meinem eigenen Beispielmaterial sind zu diesen Rollen jeweils die Informationen angegeben, die für das Beispiel relevant erscheinen. Auf Eigennamen wird weitestgehend verzichtet, wo ihnen nicht eine zentrale Funktion im Ablauf des Mißverständnisses zukommt. Auch die Angabe des Geschlechts der Beteiligten ('w.' oder 'm.') erfolgt nur dort, wo innerhalb des Beispiels selbst oder in der Diskussion im Text (in Kapitel 4., 5. oder 6.) durch geschlechtsspezifische Personalpronomina Bezug auf Personen genommen wird. Sofern an einem Gespräch Muttersprachlerinnen und Nichtmuttersprachlerlnnen der jeweiligen Sprache beteiligt sind, wird dies ebenfalls angegeben.
188 Nach diesen Angaben in eckigen Klammern folgt der Text des Beispiels. Mein eigenes Material ist, ebenso wie die Transkripte aus Cheepen & Monaghan (1990), in Dialogform wiedergegeben (von wenigen Ausnahmen abgesehen, bei denen dies aufgrund der Herkunft des Materials nicht möglich ist), wobei zu jedem Redebeitrag die Rolle der/des Sprechenden angegeben wird (S, Η, O etc.). Die Ausschnitte aus den fiktionalen Texten sind so geringfügig modifiziert wie möglich. Anfuhrungsstriche werden genauso wiedergegeben wie im Original, also bei wörtlicher Rede entweder doppelt (SW) oder einfach (BM, CP, GB, NW). Lediglich die Namen oder Bezeichnungen der Beteiligten sind durch die Angabe der jeweiligen Rolle (S, Η, O etc.) in eckigen Klammern ersetzt. Pronomina, die sich im Text auf eine/n der Beteiligten beziehen, werden nach Möglichkeit beibehalten und nur dann durch Abkürzungen (S, H, O etc.) ersetzt, wenn dies für das Verständnis einer aus dem Textzusammenhang gerissenen Passage unerläßlich ist. Redebeiträge, deren Urheberin im Original nicht explizit angegeben ist, werden durch eine in eckigen Klammern vorangestellte Abkürzung ('[S:]' etc.) entsprechend markiert. Auslassungen im Text sind durch [...] gekennzeichnet. Die zentralen Bestandteile von Mißverständnissen sind folgendermaßen markiert: -
der Auslöser durch nach außen spitze Klammern - < < < . . . > > > , die Manifestation durch nach innen spitze Klammern - > > > . . . < < < .
Diese Markierung wird auch dann verwendet, wenn es sich nicht um ein Mißverständnis, sondern um eines der anderen Phänomene handelt, sofern von einem auslösenden Element und/oder von einer Manifestation im weiteren Sinn gesprochen werden kann. Wenn mehrere sprachliche Ereignisse den Auslöser oder die Manifestation darstellen, werden die Markierungen mehrfach verwendet. In meinem eigenen Material werden darüber hinaus folgende Markierungen und Symbole verwendet: -
-
Mit Sternchen (*...*) gekennzeichnete Passagen innerhalb von Redebeiträgen verschiedener Beteiligter markieren gleichzeitiges Sprechen (dieses Symbol wird auch von Cheepen & Monaghan 1990 verwendet, alternierend mit Pluszeichen, die das gleiche Phänomen anzeigen: + ...+). Schrägstriche { I I I ) stehen für Sprechpausen. In Großbuchstaben geschriebene Teile von Redebeiträgen (z.B. HUMmer) zeigen betonte Silben oder Wörter an (dies entspricht ebenfalls der Markierung bei Cheepen & Monaghan 1990).
Unter den Transkripten beziehungsweise Textausschnitten folgt auf die Angaben zur Quelle (siehe oben)
189 -
-
-
-
zunächst, sofern möglich, nach der Abkürzung 'Urs:' die Angabe einer Ursache (vgl. 5.1 und 5.4), dann, soweit das bei dem jeweiligen Phänomen möglich ist, die Analyse aus Sicht des typologischen Kriteriums funktionaler Differenz (nach den Abkürzungen 'Fs:' und 'Fh:' - die Versionen mit tiefgestellten Buchstaben, wie sie im Text der Arbeit verwendet werden, Fs und Fh, sind angesichts des kleineren Schrifttyps im Anhang nicht sinnvoll) (vgl. 5.2 und 5.4) - bei Mißverständnissen im weiteren Sinn werden solche Angaben teilweise in Klammern gemacht, sofern sich Funktionen nonverbaler Handlungen nicht in Form des dreistufigen funktionalen Schemas ausdrücken lassen, bei Beispielen mit lauüichen Ursachen und anderen Fällen, in denen eine Differenz zwischen xs und xh anzunehmen ist, nach der Abkürzung 'xh: ' die Angabe der von H empfangenen sprachlichen Struktur, sofern diese identifizierbar ist, und schließlich nach der Abkürzung 'K:' Kommentare, die zur Erklärung des Falles relevant erscheinen. Kommentare werden vor allem für diejenigen Beispiele beigefügt, die im Text nicht vorgestellt und diskutiert werden. Für die Fälle, die auch im Text der Arbeit vorkommen, wird/werden schließlich die Erwähnung/en mit Angabe der Nummer des Kapitels oder Abschnitts und der Seitenzahl dokumentiert, so daß es möglich ist, dort jeweils die Analyse eines Beispiels nachzuvollziehen.
Der Abkürzung 'xh' folgt ein Fragezeichen, wenn sich zu der von H rezipierten sprachlichen Struktur aus Sicht der Analyse keine sicheren Aussagen machen lassen. Auch Angaben zur Ursache werden im Zweifelsfall mit einem Fragezeichen versehen, wobei sich dieses bei mehreren angegebenen Ursachen jeweils nur auf diejenige bezieht, hinter der das Fragezeichen steht. Nach 'Fh:' steht ein Fragezeichen, wenn das von H Verstandene unklar bleibt. In Fällen, in denen H selbst offenbar Zweifel an der verstandenen Äußerungsfunktion hat, wird der Abkürzung 'Fh' ein Fragezeichen vorangestellt.
190
3. Das Material 3.1 Lodge (1983), The British Museum is fáUing down (BM) BM 10 Verstehen aufgrund von Erwartung [S = Barbara, H = Adam. S liegt im Bett und mißt ihre Temperatur.] From the next room came a muffled thump and a sharp cry, which modulated into a low whining that [H] attributed hesitantly to his youngest child, Edward. [H] glanced sideways at [S]. [S] lay on her stomach, sucking a thermometer. A small peak in the bedclothes further down indicated the presence of a second thermometer. [...] Catching [H's] eye, [S] < < > > rendered unrecognizable as a human utterance by the presence of the thermometer, but which [H] interpreted as, 'Make a cup of tea.' An interesting example of the function of predictability in casual speech, [H] mentally observed [...]. [-I [H] suddenly wondered whether he had over-estimated the function of predictability in casual speech. Supposing [S] had not said, 'Make a cup of tea', but 'Edward has fallen out of his cot', or 'My rectal thermometer is stuck'? [H] hastened back to the bedroom, pausing only to peep into the children's room to assure himself of Edward's safety. [...J 'You did want me to make a cup of tea?' [H] inquired [...]. [S] took the thermometer from her mouth and squinted at it. 'Yes,' [S] said, and replaced the thermometer. 10 f. Urs: Erwartung 4.1.4, S. 83
BM 20 Τ:
Prop./réf. (Al. 1); intentional (H)?
(S = Adam, H = seine dreijährige Tochter Clare. H hat S beim Anziehen einer Damenunterhose beobachtet.] 'Mummy says a transvestite is a poor man who likes wearing ladies' clothes because he's silly in the head,' remarked H from the door. ]S) grabbed his trousers and pulled them on. [S: ] < < < 'Clare, how many times have I told you not to come into this room without knocking. > > > You're quite old enough to remember.' > > > Ί didn't come in. I'm standing outside,' < < < [H] replied, pointing to her feet. 20 Urs: Intention seitens H? Fs: _ / tell H off / for standing at the door watching S Fh: _ / tell H off / for entering the room
191 Κ: Die unterschiedliche Interpretation durch S und H bezieht sich auf die Bedeutung von come in. Da H in BM insgesamt als in ihrer sprachlichen Entwicklung für ihr Alter sehr fortgeschritten dargestellt wird, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit von einer intentionalen Uminterpretatìon und damit nicht von einem Mißverständnis auszugehen.
BM 27 T:
Illok. (A2)
[Adam Appleby fahrt mit dem Roller über die Albert Bridge, an der auf einem Schild steht, daß Soldaten nicht im Gleichschritt darübermarschieren dürfen. Adam stellt sich eine Situation vor, when he would be the innocent victim of military vanity. Das Beispiel ist also ein Text im Text. S = Ponsonby (Soldat), H = militärischer Vorgesetzter (höher als S).] [H:] [S: 1 [H:] [S:] [H:] [S:] [H:] [S:] [H:] [...]
The men seem in good spirit this morning, Ponsonby. Yes, sir. Keeping step very well. Yes, sir. < < > > [H:] > > > 'You mean boys can't have babies? I know.' < < < [S: 1 'No, I mean cut people with scissors. [...]' 50 Fs: _ / tell Η off / for cutting her brother Fh: _ / tell Η off / for giving her brother a Caesarean because boys can't have babies
193 BM 51/1 Τ:
Modif. (A3)
[S = Barbara, H = Adam. S und H sprechen am Telefon über Ss mögliche erneute Schwangerschaft.] < < < ' . . . And the 13th was a Friday,' > > > continued [S]. > > > 'This is no time for joking,' < < < said [H], suspiciously. [S:] 'Who's joking?' [H:] 'I'm certainly not. [...]' 51 Fs: seriously / state / that the 13th was a Friday Fh: jokingly / 'state' / that the 13th was a Friday and therefore it is not surprising that something disastrous might have happened K:
Zusätzlich zur Differenz auf Modifikatoren-Ebene hegt in Fh auf propositìonaler Ebene eine von S nicht beabsichtigte Implikatur vor.
T:
Illok. (A2)
BM 51/2
[S = Barbara, H = Adam. S und H sprechen am Telefon über die Ursache für Ss mögliche erneute Schwangerschaft. Fortsetzung von BM 51/1.] [H:] '[...] Can't you remember anything about that night?' [S:] Ί remember you were a bit... you know.' [Η:] Ά bit what?' [S: 1 < < < 'You know what you're like when you've had a few drinks. ' > > > > > > 'You're just the same,' < < < said [H] defensively. [S:] 'I'm not blaming you.' 51 Fs: _ / state / that Η behaves in a certain way when he's had a few drinks Fh: _ / blame Η / for behaving in a certain way when he's had a few drinks
BM 63 Intentional (H); prop./Implik. [Treffen der Dollingerites, eines nach Ignaz Doellinger benannten (aber nicht altkatholischen) Diskussionsklubs, an dem auch Adam teilnimmt. S = Maple (Teilnehmerin), H = Father Wildfire (Teilnehmer, relativ liberaler Priester).] At this point the door burst open, and [H] entered. 'Ah!' said [S], with relief. < < < 'You come at an opportune moment, Father.' > > >
194 > > > 'Why, somebody dying?' < < < said [H], with a boisterous laugh. |S: 1 'No, it's just that we're getting into rather deep theological waters. [...]' 63 Urs: Intention seitens H Fs: _ / inform H / that H comes at an opportune moment because a question has come up which H might be able to answer Fh: _ / inform H / that H comes at an opportune moment because somebody is dying
BM 83 T:
Illok. (A2)
[S = Adam, H = männliche Stimme aus den USA (am Telefon). S hat am Münztelefon im British Museum ein Gespräch entgegengenommen, dessen Adressat der - nicht anwesende - Amerikaner Bernie ist.] [...] the operator had gone again, and a faint American voice [H] was saying anxiously: 'Bernie? Is that you, Bernie? Bernie? ' < < < 'No, it's not, I'm afraid,' > > > said [S]. [H:| > > > 'Ah, Bernie. I thought I'd lost you.' < < < [S:] 'No, I'm not Bernie.' [H:] 'Who are you then?' 83 Urs: lautlich (mangelhafte Telefonverbindung)? Fs: _ / negative / that S is Bernie Fh: _ / affirm / that S is Bernie xh: ? 5.2.2, S. 139
BM 84/1 T:
Illok. (A2)
[S = Adam, H = männliche Stimme aus den USA (am Telefon), O = operator. S hat am Münztelefon im British Museum ein Gespräch entgegengenommen, dessen Adressat der - nicht anwesende - Amerikaner Bernie ist. Unmittelbare Fortsetzung von BM 83] [S:] < < < 'My name's Appleby. Adam Appleby. ' > > > [H:] > > > 'Pleased to make your acquaintance, Mr Appleby. Is Bernie there?' < < < [S:] 'Well no, I'm afraid he isn't. I'm sorry you've had all this trouble and expense, but-' [H:] > > > 'He's out, is he? Well, Ο Κ, you can give him a message. Will you tell him he can have one hundred thousand for books and fifty thousand for manuscripts?' < <
> > and it came out "eighteenth-century gas-stove" ...' 125 Urs: lautlich? Fs: _ I _ I eighteenth-century gusto Fh: _ / _ / eighteenth-century gas-stove xh: ... eighteenth-century gas-stove ...
Misinterpretation
BM 134
[H = Father Finbar Flannegan, Ol = Verkäufer im Sex-Shop, 0 2 = Adam Appleby. 0 2 wollte soeben einen einschlägigen Laden betreten, um Kondome zu kaufen, wird aber vor dem Laden in dichtem Nebel von Η überrascht, der nicht bemerkt, um welche Art von Geschäft es sich handelt, und mit ihm hineingeht.] 'Aye, the fog gets right up your nose, doesn't it. Filthy stuff, I'm half choked m'self,' said [H]. > > > 'Could I have a packet of throat lozenges?' < < < [H] said. 'We don't stock them,' said [01]. 'Don't stock them?' [H] repeated, looking round him in surprise. > > > 'This is a chemist's shop, isn't it?' < < < 'No-' [01] began. 'It's only a step to the Marble Arch, Father,' said [02], cutting in swiftly and loudly. 134 f. 6.2, S. 169 f.
T:
Prop./ref. (Al.l)
BM 136
[S = Father Finbar Flannegan, Η = Adam Appleby. Im Anschluß an die Situation in BM 135: S hatte H gerade dabei überrascht, wie dieser in einem Sex-Shop Kondome kaufen wollte. S war sich dessen aber nicht bewuBt und hielt den Laden für einen chemist's shop.] [S:] 'You know, I shouldn't be surprised if our man back there didn't deal in the things himself. ' 'No!' said [H], [S:] Oh, yes. I shouldn't be surprised at all. Under the counter, you know, under the counter ... < < > > [S] murmured in his ear. Her breath made his skin tingle. With his free hand he began to stroke her back. > > > 'You mean ...' [H] said hoarsely, letting his fingers slide down her spine. < < < f S :} Ί don't mind taking a chance.' [H] opened his eyes and jumped back. 'Are you mad?' 142 f. Fs: _ / reassure Η / that Η need not worry (because S does not mind taking a chance) Fh: _ / reassure H / that H need not worry because S has taken precautions 5.2.1, S. 129
BM 154 Mißinteipretation [H = Adams und Barbaras dreijährige Tochter Clare, O = Barbara. H erkundigt sich bei O nach Adam. Am gleichen Tag waren O und die Kinder im British Museum, um wegen des Feueralarms nach Adam zu suchen.] [H:] [O:] [H:] [O:] [H:] [O:] [H:] [O:] 154
'Is Daddy back?' 'Yes, dear.' > > > Where's Daddy's uniform, Mummy?' < < < 'What do you mean?' 'The men who worked at the British Museum had uniforms.' 'Daddy doesn't do that kind of work.' 'What kind of-' 'Ssh. Go to sleep. It's late.'
200 32 Cheepen & Monaghan (1990), Spoken English: A practical guide (CHMO) CHMO 118 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S (w.) und H (w.) unterhalten sich über ein Kleid.] [H]: [S]: [H]: IS]: [H] : [S]: [H]: [S]: [H]: [S]: [H]: IS]r [H]: [S]: [H]: IS]:
no it's not itchy but don't you'll look at yourself in the mirror and you'll think God I look fat oh and it took me .S oh an hour to get used to yeh maternity almost cause it only comes to about there yeh and then it goes straight out mind you it depends how much depth you've got on it doesn't it and where you wear *it to* »mine's about* the same as yours mind you C you're much taller than me < < > > > > >well you can't wear it much higher than that --< < < yeh but I mean you could wear it lower couldn't you I mean if you have it low it's gonna come down lower *isn't it* *ah yeh* but you can't again you're restricted to +how high + +oh yeh+ and how low you have it I mean laugh
118 (Tape - dresses) Fs: _ / state / that it depends on how low Η wears the dress Fh: _ / state / that it depends on how high Η wears the dress
CHMO 127 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S (w.) und H (w.) sprechen über Kleidung.] [H]:
|S]: [H]: [S]: [H]: [S]: [H]: [S]: [H]: [S]: [H]:
I thought they were gorgeous I saw the ones they had some pink ones and other colours with just the bit of gathering at the top and then at the waist mind you the thing is with them you've got to to be ever so skinny I think to wear them »well I* *I think* they're alright if you haven't got a bust to start with well I don't know I think it depends on how much room there is there cause if you bla if it's long enough and blouse it yes I suppose so yeh cause I'm quite fond of that blousing it covers a *multi* *it suits you* it suits you but it suits you much better than it suits me yeh you look really good in those bloused tops but I don't look so good in them but j3 +they suit you + +cause you're longer waisted+ and well you see I haven't got a waist to speak of < < > > > > > right honourable < < < oh right (laugh) *and Mrs C B.A. *(inaud.)*
135 f. (Tape - Xmas 83) Fs: jokingly / repeat / 'right honourable' as 'right 'orrible' Fh: seriously / ask H / if she said 'right 'orrible' Κ:
H bemerkt die scherzhafte Intention im Auslöser nicht und denkt, S habe sie nicht richtig verstanden. Anders ist die ernsthafte Wiederholung von right honourable durch H in der Manifestation nicht zu erklären.
CHMO 168 Nichtverstehen mit Rückfrage; prop./ref. [S = Mieterin, H = vorübergehende Mieterin, O = Vermieterin.] [S[:
< < < what are you going to do when you LEAVE university . > > >
202 [O]: [H]: [S]: [H]: [O]: [H]: [S]: [H]: [S]:
eh > > >now . tomorrow < < < no when you leave UNIVERSITY *ohff* *teach* probably I become a teacher a teacher of English .and history mhmh . .
168 (Tape - Sylvia) Urs: Varietäten? Fs: _ / ask H / what H is going to do when H leaves university ?Fh: _ / ask H / what H is going to do the next day K: Es handelt sich eher um Nichtverstehen mit Rückfrage als um ein Mißverständnis; aufgrund des sprachlichen Materials ist das aber nicht eindeutig zu entscheiden. Zur Ursache: Die spätere Aussage von H probably 1 become a teacher deutet aufgrund der Verwendung von become darauf hin, daß es sich bei H mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um eine englische Muttersprachlerin handelt. Diese Annahme wurde von einem englischen Muttersprachler bestätigt.
3.3 Lodge (1978), Changing places (CP) CP 30 Τ:
Prop./Implik. (Α1.2)
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich soeben im Flugzeug kennengelernt.] [H:] 'Say, have you noticed anything funny about this plane?' [S:] 'Funny?' [H:] 'About the passengers.' The magazine is lowered, the swollen spectacles turned slowly in his direction. [S:] < < < Only you, I guess.' > > > > > > 'You figured it out too!' < < < [H] exclaims. 'It only just struck me. [...]' [...] [S:] '[...] How come you're on this charter anyway?' [H:] 'One of my students sold me her ticket.' 'Now all is clear,' says [S], Ί figured you couldn't be needing an abortion.' BOINNNNNNNNGGGGGGGGGG! The penny drops thunderously inside [H]'s head. 30 Urs: Hs Wissen Fs: _ / tell H / that the funny thing is that H, as a man, is on the same plane as all the women who are planning to have an abortion Fh: _ / tell H / that S, too, has noticed that H is the only man on board 6.3, S. 174
203 CP 33/1 Τ:
Prop./Implik. (A1.2)
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich soeben im Flugzeug kennengelernt und sprechen über Ss geplante Abtreibung.] [H:] 'Listen, kid, let me give you some fatherly advice. Don't do it. You'll never forgive yourself. Have the baby. Get it adopted - no sweat, the adoption agencies are screaming for new stock. Maybe the father will want to marry you when he sees the kid - they often do, you know. ' [S:J < < < 'He can't.' > > > > > > 'Married already, huh?' [H] shakes his head over the depravity of his sex. < < < [Sri 'No, he's a priest.' [H] bows his head, buries his face in his bands. 33 Fs: _ / inform H / that the father cannot marry S (because he is a priest) Fh: _ / inform H / that the father cannot marry S because he is married already 6.1, S. 165
CP 33/2 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Mary Makepeace, H = Morris Zapp. S und H haben sich im Flugzeug soeben kennengelernt.] [S:] '[...] As a matter of feci I worked my first year through college as a topless dancer. < < > >
204 [H:] > > > I thought you liked it! ' < < < |S: 1 Ί don't mean that, trust your dirty mind, I mean psychologically. [...]' 40 Urs: Intention seitens H? Fs: metaphorically / accuse H / of consuming all S's psychological energy Fh: metaphorically / accuse H / of being sexually aggressive K:
In einem engeren Sinn ist die Interpretation von eat Ort des Mißverständnisses.
Τ:
Modif. (A3)
CP 50
[S = Charles Boon, Student, H = Philip Swallow. S und H sitzen im Flugzeug von England nach Euphoria. S erzählt H schon seit längerer Zeit über Euphorie State University, die S aufgrund eines längeren Aufenthaltes bereits kennt, H dagegen noch nicht. S sagte gerade (CP S. 50): '[...] To tell you the truth, Phil, I don't have too much time for work, academic work.'] 'What other kind of work are you doing?', [H] asks ironically. [S:] < < < 'Well, you see, I have this radio show . . . ' > > > > > > 'The Charles Boon Show?' [H] enquires, laughing heartily. < < < [S:| 'That's right, you know about it?' [S] is not laughing. The same old [S], barefaced liar, weaver of fantasies. 50 Urs: Wissen (Hs Einschätzung von S) Fs: seriously / inform H / that S has a radio show Fh: jokingly / 'inform' H / that S has a radio show 4.2.2, S. 95
CP 101 Τ:
Prop./Implik. (A 1.2)
IS = 'Cowboy' (Student), H = Philip Swallow. H nimmt in seinem Haus in Euphoria an einer Party von Studierenden teil, in deren Verlauf unter anderem foot massage erprobt wird, bei der die Beteiligten einander mit den Füßen den Rücken massieren. H ist gerade in der Küche, um Scherben einer Tasse aufzuräumen, die er zerbrochen hat.] As he was disposing of these in the trashean, [S] rushed into the kitchen and began opening cupboards and drawers. He was wearing only jockey shorts. |S:] < < < 'Seen the salad oil anywhere, [H]?' > > > [H:] > > > 'People getting hungry again?' < <
> [H:J > > > "That sounds like blackmail. ' < < < [S:] 'It wasn't meant to be.' 176 Fs: _ / state / that if S married H there would be no problems about visas Fh: _ / insinuate / that S might stay only if H married him
CP 182 T:
Modif. (A3)
[S = Philip Swallow, H = Luke Hogan.] < < < 'Supposing I asked you for a permanent job?' > > > [S] asked, half-seriously, recalling his conversation with Désirée. [H]'s response was entirely serious. An expression of great pain passed over his big, brown face, parched and eroded like a Western landscape. > > > 'Gee, [SJ, I wish I could...' < < < [S:] Ί was only joking.' 182 Fs: half-jokingly / insinuate / that S might ask H to give S a permanent job Fh: seriously / insinuate / that S might ask H to give S a permanent job 5.2.3, S. 145
206 CP 185 Τ:
Prop./réf. ( A l . l )
[S = Désirée Zapp, H = Philip Swallow.] O h , dear!' [S] sighed after they made love for the first time. [H:] 'What's the matter?' [S:] < < < 'It was nice while it lasted. ' > > > > > > 'It was tremendous,' < < < [H] said. > > > 'Did I come too soon?' < < < [S:] Ί don't mean that, stupid. I mean our chastity was nice while it lasted.' 185 Fs: _ / express regret / that S's and H's chastity is over Fh: _ / express regret / that S's and H's intercourse was too short 5.2.1, S. 126
CP 190 T:
MV i. w. S. (B)
[S = Philip Swallow, H = Polizist. H hat S, der mit dem Auto in Euphoria unterwegs ist, soeben angehalten. S hat gestohlene Ziegelsteine im Kofferraum; die Studentinnen, die sie gestohlen haben, sind weggelaufen.] [H:] 'Just open up the trunk.' [S] was so flustered he forgot the Corvair was a rear-engined car and < < < opened the engine cowling by mistake. > > > [H:] > > > 'Don't play games with me, Mac, I haven't the time.' < < < |S:] 'Terribly sorry!' 190 Fs:
0
Fh: ? (make a joke; provoke H) 5.3.1, S. 153
CP 208 Mißinterpretation [H = Mary Makepeace, O = Morris Zapp. H und O sprechen über Dr O'Shea (auf ihn bezieht sich of his in Hs erstem Redebeitrag).] [H:] '[...] > > >There was this nurse of his-' < <
> > 'You mean - she's deceiving him?' < < < [S:] 'No, no. She wants to be considered on her own merits, without any favouritism.' 218 Fs: _ / inform H / that Hilary Swallow probably has not told her husband about her application (because she wants to be considered on her own merits) Fh: _ / inform H / that Hilary Swallow probably has not told her husband about her application (and is thus deceiving him) K:
Die Manifestation hat die Form einer Frage. Insofern könnte es sich um ein Interpretationsproblem (hinsichtlich einer möglichen Implikatur) mit Rückñage handeln (vgl. die Diskussion in 6.1). Hs insgesamt erregte Reaktion deutet aber darauf hin, daß H seine Interpretation für sehr plausibel hält.
Τ:
Prop./Implik. (A1.2)
CP 223
[S = Helen, Sekretärin von H, H = Vice Chancellor Stroud. H hat in seinem Büro eine Unterredung mit Morris Zapp. S betritt den Raum, ohne anzuklopfen.] [H:] 'Yes? What is it, [S]? I said I was not to be disturbed.' [...] [S:] 'I'm sorry Vice-Chancellor. < < > > [H:] > > > 'If you would just ask them to wait until Professor Zapp has left-' < < < [S:] 'But it's Professor Zapp they want to see. A matter of Ufe and death, they said.' 223 Urs: Script
208 Fs: _ / inforni H / that there are two gentlemen (who want to see Professor Zapp) Fh: _ / inform H / that there are two gentlemen who want to see H 5.1.5, S. 116
CP 232 Τ:
MV i. w. S. (Β)
[S = Gordon Masters, H = Morris Zapp, O = Vice-Chancellor. H und O am Telefon über den Zwischenfall, bei dem S H durch das Gebäude verfolgt hat.] [0:1 Ί think you must have imagined that [S] was shooting at you today. There was no evidence that he'd been armed, or that he was intending any violence to you personally. ' 'What was he chasing me all over the Hexagon for, then?' [H] demanded. 'To kiss me on both cheeks?' [O:] 'He wanted to talk to you.' [H:] 'Talk to me?' 232 K:
Auslöser und Manifestation sind im Text schwer markierbar. Auslöser ist, daß S H verfolgt, Manifestation ist Hs Davonlaufen.
Τ:
Prop./Implik. (Al.2)
CP 235
[S = Hilary Swallow, Η = Morris Zapp. Η sitzt in Ss Badewanne. S ist ans Telefon gegangen und kommt nun zurück ins Badezimmer. Angerufen hat Désirée, die S von ihrer Affäre mit Philip, Ss Mann, berichtet hat.] [S:] < < < 'It was Désirée. ' > > > [H:] > > > 'Désirée! Why didn't you fetch me?' [H] leaped out of the bath and grabbed a towel. < < < 'She didn't want to speak to you,' said [S]. 'She wanted to speak to me.' 235 Fs: _ / inform H / that H's wife called (and wanted to talk to S) Fh: _ / inform H / that H's wife called (and wanted to talk to H)
209
3.4 Eigene Beispiele (EIG) EIG 1 T:
Illok. (A2)
[S und H (Freunde) stehen in einem vollen und lauten Pub nebeneinander an der Theke. S hat sich soeben eine Zigarette angezündet. Hinter H auf der Theke, außerhalb der Reichweite von S, steht ein Aschenbecher. H hat eine neue Brille auf.] S: H: S:
< < < Your glasses are fashionable > > > > > > [dreht sich zur Seite und reicht S den Aschenbecher] < < < [überrascht] Oh thank you III H: Didn't you say ... S: I said your GLASSes are fashionable H: Oh I thought you'd asked me for the ashtray S: No I didn't Q: W. F. (anwesend) Urs: lautlich (akustisch) Fs: _ / compliment H / on H's glasses Fh: _ / request H / to pass S the ashtray xh: Could you pass me the ashtray 5.1.1, S. 101 f.; 5.2.2, S. 134
EIG 2 Τ:
Illok. (A2)
[S (m.) und H (m.), die einander nicht kennen, treffen sich auf einer Party. Beide heißen Wolfgang.] S: H: S: H: S:
[streckt H die Hand entgegen] < < < Wolfgang > > > [streckt S die Hand entgegen] > > > J a ? < < < [schüttelt Hs Hand, lächelt freundlich] Hallo - ich heiß' Wolfgang [lacht] Achso - ich heiß' auch Wolfgang, hallo [lacht] Achso
Q:
H = W. F.
Fs: _ / sich H vorstellen / als 'Wolfgang' Fh: _ / H mit seinem Namen ansprechen / K: Wie in SW 333 (vgl. dazu 5.2.2, S. 135) liegt eine Differenz zwischen der repräsentativen Illokution des Sichvorstellens in Fs und der expressiven Illokution des Ansprechens in Fh vor.
210 EIG 3 Τ:
Prop./strukt. (A 1.3)
[S ist bei H zum Essen eingeladen und hat sich verspätet. H hatte eigentlich mit dem Kochen auf S warten wollen, fing aber dann doch ohne S an.] S: [mit vollem Mund] < < < Why did you cook it with the bone? > > > H: > > > 1 was so hungry I couldn't wait any longer < < < S: I said why did you cook it with the bone Q:
H = W. F.
Urs: lautlich (artikulatorisch) Fs: _ / ask H / why H cooked it (the meat) with the bone Fh: _ / ask H / why H did the cooking on his own xh: Why did you cook it on your own 5.1.1, S. 101
EIG 4 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S = Lektor (Deutscher), H = Studentin (Engländerin). S ist soeben in einen Unterrichtsraum gekommen, in dem H sich bereits seit einiger Zeit aufhält.] S: < < < Have you seen Linda recently? > > > H: > > > Oh she just walked out didn't you see her < < < S: Oh sorry I mean Linda BLACK Q:
S = W. F.
Fs: _ / ask H / if H has seen Linda Black recently Fh: _ / ask H / if H has seen Linda Myers recently 5.2.1, S. 124; 6.3, S. 171
EIG 5 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Lektor (Deutscher), H = Studentin (Engländerin). S und H unterhalten sich über ein bevorstehendes Treffen.] S:
< < < Pepa is coming as well > > > I don't think you've met her H: > > > Of COURSE I know her< <
> > III H: > > >Ja das sind patente Dinger< < < S: [mit Bück auf H] Also das ist ja wirklich die Höhe [lauter] Stellen Sie sofort das Kopfteil hoch! Das war ein Befehl Q: H = W. F. Fs: _ / H befehlen / das Kopfteil hochzustellen Fh: _ / H mitteilen / daü man das Kopfteil hochstellen kann 5.1.7, S. 121; 5.2.2, S. 131
EIG 8 T:
Modif. (A3)
[S (w.) und H (m.) sind Kolleginnen und teilen sich ein Büro. H war im Urlaub, S sieht ihn das erste Mal danach wieder.] S: H:
< < < Wie war's im Urlaub? > > > > > >Schön< <
> > H: > > >Ich hab schon noch was im Kühlschrank < < < S: [lacht] Ich habe jetzt eigentlich gemeint, wieviele Beispiele sind es denn noch H: [lacht] Ach so - schon noch'n paar S: Ja gut - dann mag ich schon noch was Q: H = W. F. Urs: Varietäten (Formulierung in Fs aufgrund von Interferenz Englisch-Deutsch)
213 Fs: _ / H fragen / wieviele Beispiele es noch sind Fh: _ / H fragen / wieviel Bier noch da ist
EIG 10 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Amerikanerin, H = Deutscher. S und H telefonieren aus AnlaB von Ss Geburtstag Ende Dezember. Sie haben zuvor längere Zeit nichts voneinander gehört. Im Gespräch war bisher über Hs und Ss Arbeit, zuletzt über Hs zurückliegenden Urlaub gesprochen worden.]
S: H:
< < < So what are your plans for next year? > > > > > >Work harder< <
> > H: > > > Einen HUMmer? < < < S: Hunger, (lacht) Weil's was zu essen gibt H: (lacht) Q:
S = W. F.
Urs: regionale Varietäten Fs: _ / H auffordern / daß H nicht zu Abend ißt, bevor sie zu S und O kommt ?Fh: _ / H auffordern / daß H einen Hummer mitbringt ?xh: ... daß du einen Hummer mitbringen sollst 5.1.2, S. 106; 6.1, S. 164
214 EIG 12 Τ:
Prop./ref. ( A l . l )
[S, H, Ol und 0 2 beim Abendessen. S und Ol sind bei H und 0 2 eingeladen. Alle trinken Wein aus relativ kleinen Gläsern, die häufiges Nachschenken erfordern, das S bis zu diesem Zeitpunkt selbst besorgt hat; jetzt hat H nachgeschenkt, S hat das aber nicht gesehen.] S: < < < Wo kommt der Wein her? > > > H: [dreht auf dem Tisch stehende Flasche so, daß sie das Etikett lesen kann] > > >aus Italien< < < S: [lacht] Ich meine, wie kommt er jetzt in mein Glas? H: [lacht] achso S: Danke H: Bitte Q: 0 2 = W. F. Fs: _ / H ftagen / wer S Wein nachgeschenkt hat Fh: _ / H ftagen / aus welchem Land der Wein kommt K: Mißverstanden wird die Referenz von wo beziehungsweise wo ... her.
EIG 13 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S, H und andere sitzen abends zusammen. S legt eine CD mit Musik von Mozart auf, auf der er ein bestimmtes Stück hören will, über das er zuvor mit H gesprochen hat. Die Stücke sind für die Programmierung des CDPlayers numeriert. H hält die CD-Hülle in der Hand.] S: H:
< < < Was hatn das für eine Nummer? > > > > > > Köchelverzeichnis zweihundertfünfundsiebzig < < < III
S:
Ach geh [lacht], ich mein doch die Nummer auf der CD
Q: W. F. (anwesend) Fs: _ / H fragen / welche Nummer das Stück auf der CD hat Fh: _ / H fragen / welche Nummer das Stück im Köchelverzeichnis hat
EIG 14 T:
Illok. (A2)
[S (m.) und H (w.), Ehepaar, essen zusammen mit mehreren anderen Beteiligten in einem indischen Restaurant in München. Töpfchen mit verschiedenen Gerichten, die mit Deckeln verschlossen sind und gleich aussehen, werden zum Probieren ausgetauscht.]
S:
< < < Was ist denn deins? [deutet mit dem Finger auf ein Töpfchen] > > >
215 H: S:
[hat sich mit einer anderen Person unterhalten, wendet ihren Blick erst jetzt S zu und > > > deutet auf das gleiche Töpfchen wie zuvor S] Das d a < < < Ich mein doch, was ist in deinem drin
Q:
W. F. (anwesend)
Fs: _ / H fragen / wie ihr Gericht heißt Fh: _ / H auffordern / S zu zeigen, welches Hs Töpfchen ist 5.2.2, S. 136
EIG 15 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S, H, und andere beim Abendessen während der Hauptspeise. H kaut zum Zeitpunkt des Auslösers.] S: H: S:
< < < Mag noch jemand Reis? > > > > > > J a , ich mag gern dann ein Eis. < < < REIS. Ob noch jemand Reis mag.
Q:
W. F. (anwesend)
Urs: lautlich (auditiv) Fs: _ / fragen / ob noch jemand Reis mag Fh: _ / fragen / ob jemand Eis mag xh: Mag noch jemand Eis? 5.1.1, S. 104
EIG 16 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S = Besucher im Krankenhaus, H = Stationsschwester. S will einen Verwandten besuchen, weiß aber dessen Zimmernummer nicht. S fragt H, die am Fenster des Stationszimmers sitzt.] S: H:
< < < I c h möchte zu Herrn Wörl, wo find' ich den?> > > > > > Zimmer 223 - der ist grade da am Gang unterwegs [deutet mit der Hand in einer Richtung] < <
> > H: > > > Ist das irgendwo in Rußland? < < < S: *Nee* H: *Oder* heißt Walachei das gleiche, wie wenn man sagt 'irgendwo in der Pampa?' S: 'In der Pampa' sagen wir nicht - ja, aber ich habe gemeint, irgendwo, ich weiß nicht genau wo, aber irgendwo am Land, also Jottweedee [= 'j. w. d.' für 'janz weit draußen'] H: Und dazu sagt man 'Walachei' S: Ich weiß jetzt nicht, ob das alle sagen würden, 'in der Walachei', aber ich sag' das schon, ja Q: H = W. F. Urs: regionale Varietäten Fs: Metaphorisch / H erzählen / daß Y ein Praktikum irgendwo auf dem Land gemacht hat Fh: _ / H erzählen / daß Y ein Praktikum in der Walachei gemacht hat
EIG 22 T:
Illok. (A2)
[H (w.) übersetzt einen literarischen Text aus dem Deutschen ins Englische. Im Hintergrund läuft Musik. S (m.) ist Bayer, H nicht.] H: Was heißtn nochmal auf englisch 'Henkel'? S: [in etwas erstauntem Ton, weil er den Gebrauch des von ihm verstandenen Wortes bei S aus dialektalen Gründen nicht erwartet hätte] < < < HENDL? > > > H: > > > Ach ja richtig, handle. > [*raschelt laut mit einer Plastiktüte*, in die sie Ware für einen anderen Kunden verpackt] > > > Vor ner Stunde so < < < Nein, ich meine, wann kriegen Sie wieder welche rein Ach so ... frühestens nächsten Montag, ja, nächsten Montag, wenn wir die heute noch bestellen
Q:
S = W. F.
Urs: lautlich (akustisch) Fs: _ / H fragen / wann wieder Starter zu bekommen sind Fh: _ / H fragen / wann die Frau die dreißig Starter gekauft hat xh: Wann war diese Frau da? 4.1.4, S. 83 f.
EIG 24 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S (w.) und H (m.) unterhalten sich am Telefon. O l und 0 2 sind gemeinsame Freunde von S und H, die wie S in Berlin leben (H in München).]
220 S: H:
S:
Q:
< < < Hast du von [02] was gehört? > > > > > > I n letzter Zeit nicht ... zuletzt ham wir vor unserem Urlaub mal telefoniert, da war [02] mal in München 'n paar Tage, aufin Rückweg von Frankreich mit [Ol], aber [02] hat mich erst am letzten Tag erreicht, da konnten wir uns dann nicht mehr treffen < < < Ja nee, weil [Ol] war gestern hier und hat erzählt, daß [02] am Montag für seinen Sender vier Wochen nach Moskau geht H = W. F.
Fs: _ / H fragen / ob H von 0 2 schon weiß, daß 0 2 am Montag für seinen Sender vier Wochen nach Moskau geht Fh: _ / H fragen / ob H in letzter Zeit mit 0 2 Kontakt gehabt hat K:
Im engeren Sinn läßt sich das Mißverständnis in der unterschiedlichen Interpretation von was lokalisieren. S meint damit 'etwas Bestimmtes', H versteht dagegen 'irgendetwas' und interpretiert daher ... von [02] was gehört im Sinn von 'mit [02] Kontakt gehabt (telefoniert etc.)'.
T:
Prop./ref. (Al.l)
EIG 25
[H (w.) lebt in Erfurt, S (m.) nicht. S und H fahren mit dem Auto durch Erfurt und sind in der Nähe des Fußballstadions, das vom Auto aus teilweise zu sehen ist.] S: < < < W o spielt denn eigentlich Rot-Weiß Erfurt?> > > H: > > > Da drüben rechts, da sieht man sogar die Stadionleuchten < < < S: Ja nee, ich hab gemeint, in welcher Liga Q: W. F. (anwesend) Fs: _ / H fragen / in welcher Fußball-Liga Rot-Weiß Erfurt spielt Fh: _ / H fragen / wo das Fußballstadion ist, wo Rot-Weiß Erfurt spielt
EIG 26 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S = (mit anderen) (Deutscher) Gast in einem ziemlich vollen und lauten italienischen Lokal, H = Ober (Italiener). S hat soeben bei H seine Bestellung abgegeben.] S: Ach ja, und vorher hätten wir noch gem ... < < > > H: Ja S: Ja dann bitte einmal vor dem anderen, < < < einmal Knoblauchbaguette > > > [ca. zehn Minuten später:] H: > > > [bringt einen Teller Spaghetti mit Knoblauchsoße und stellt ihn vor S auf den Tisch] Bittesehr< < < S: Das haben wir aber nicht bestellt H: > > > Wieso - einmal Knoblauchspaghetti? Haben Sie nicht bestellt? < < < S: Ach so - dann war das ein Mißverständnis - wir wollten KnoblauchbaGUETTE, nicht Spaghetti H: Ach BaGUETTE - BaGUETTE hamwer nich, Knoblauchbaguette.
221 S: Macht jetzt auch nichts, dann essen wir die Spaghetti H: Tut mir leid S: Macht wirklich nichts Q:
S = W. F.
Urs: lautlich (akustisch); Erwartung; Varietäten? Fs: _ / H mitteilen / daß S ein Knoblauchbaguette essen möchte Fh; _ / H mitteilen / daß S Knoblauchspaghetti essen möchte xh: Haben Sie Knoblauchspaghetti? ... einmal Knoblauchspaghetti
EIG 27 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S und H, Kollegen, sprechen am Telefon über eine geplante Abschiedsfeier für eine gemeinsame Kollegin. S und H teilen sich an ihrem Arbeitsplatz ein Büro, sind aber zum Zeitpunkt des Telefongesprächs beide zuhause.] S: < < < Wir ham jetzt mal gedacht, daß wir das bei uns machen könnten > > > H: Ja, des wär ne gute Idee S: Da könnt' ja jeder was zum Essen mitbringen, nen Salat oder so III H: Ja ... da müßt mer doch gar kein so großen kulinarischen Aufwand treiben S: Na ja, wenn mers abends machen? H: Ach so, abends, ich hab gedacht, nachmittags S: Nein, abends eher, so um sieben rum H: Ach so - ja gut Q: S = W. F. Fs: _ / H mitteilen / daß die Abschiedsfeier bei S zuhause stattfinden könnte Fh: _ / H mitteilen / daß die Abschiedsfeier bei S und H im Büro stattfinden könnte 5.2.1, S. 125; 6.3, S. 172 f. (vgl. dort auch zum Fehlen einer Manifestation)
EIG 28 Intentional (S); Modif. [S (w.) und H (m.), offenbar gute Bekannte, sitzen zusammen in einem Restaurant.] S: < < < Weißt du, was an dir so liebenswert ist? > > > H: > > > N e i n < < < S: Oh je - ich hab gehofft, DU könntest es mir sagen Q: W. F. (anwesend - Gespräch am Nebentisch in einem Restaurant)
222 Urs: Intention seitens S Fs: scherzhaft / H 'fragen' / ob H weiß, was an H so liebenswert ist Fh: ernsthaft / ein Kompliment ankündigen / was an H so liebenswert ist K:
Aus Sicht von H ist die Äußerung eine formelhafte pre-sequence mit der Funktion, ein Kompliment anzukündigen. Auch die Manifestation Nein ist daher als fester Bestandteil eines ritualisierten Interaktionsablaufes anzusehen. Diese Ritualisiertheit beutet S humoristisch aus.
5.1.4.1, S. 112
EIG 29 T:
Prop./strukt. (Al.3)
S:
< < < . . . carne ... (/ka:ne/)> > >
xh: ... cane ... Q: von S berichtet Urs: Ss Akzent aufgrund sprachlicher Interferenz Fs: _ / _ / ... carne di maiale ... Fh: _ / _ / . . . cane ... 5.1.2, S. 108
EIG 30 Mißverstehen; Modif. S:
< < < Fetch the cat! > > >
Q:
konstruiert
Fs: politely / request H / to fetch the cat Fh: rudely / request H / to fetch the cat K:
EIG 30 kann dann einen Fall von Mißverstehen darstellen, wenn die funktionale Differenz von den Beteiligten nicht bemerkt wird. Ein Mißverständnis kann dagegen vorliegen, wenn die Differenz bemerkt wird.
4.2.2, S. 89 und 96 f.; 5.2.3, S. 149
223
3.5 Lodge (1984), Ginger, you're barmy (GB) GB 72 Intentional (H); prop./réf. [S = Ludlow, H = Jon Browne. H übergibt sein Büro-Inventar an seinen Nachfolger S.] While orders were in progress [H] handed over the contents of the cupboard behind [H's) desk to [S]: 137 jars of bianco. [...] 1 egg-poacher ... 'One whafí' exclaimed [S], [H:] O n e egg-poacher.' [S: 1 < < < 'What the fugg's that for?' > > > [H:] > > > 'For poaching eggs.' < < < [S:] Ί know it's for poaching eggs you funny bastard. What's it doing in the P.R.I, cupboard?' [H:l 'Look, if you're going to start asking why things are in the P.R.I, cupboard I'm not going to get out on Wednesday. If you look at the inventory you'll see that that egg-poacher has been handed on to P.R.I, clerk after P.R.I, clerk. Surely you don't want to break a splendid old tradition like that?' [S:] Ί dunno what the fugg you're talking about. [...]' 72 f. Urs: Intention seitens H Fs: _ / ask H / why there is an egg-poacher in the cupboard Fh: _ / ask H / what an egg-poacher is for K:
Im engeren Sinn bezieht sich die intentionale Fehlinterpretation durch H auf den Bezug von what...
for.
5.1.4.2, S. 114
GB 158 Τ:
Prop./réf. ( A l . l )
[S = Jonathan, H = Pauline, Freundin von Mike, der mit S zusammen beim Militär ist. Mike sitzt für den Angriff auf einen Vorgesetzten in Haft. S besucht H, die beiden essen zusammen. Beim Abspülen sprechen sie über Mikes Familie, mit der H Probleme hat.] 'So Mike's mother is the problem,' [S] said, as [S + H] were washing up. [H:] 'Yes. Mr Brady's all right. I get on with him quite well. A bit too well. He pinched me once.' [S:J < < < 'Where?' > > > [H] blushed and said: > > > 'The usual place.' < < < Laughing, [S] explained: Ί mean whereabouts. I mean, did Mrs Brady see him? It might explain her hostility.' [H:] 'No, she didn't see, thank goodness. [...]' 158 f. Fs: _ / ask Η / whereabouts Mr Brady pinched Η Fh: _ / ask Η / what part of H's body Mr Brady pinched 5.2.1, S. 126
224 GB 185 Τ:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Earnshaw, H = Jonathan. S und H halten sich zusammen mit anderen Soldaten im guard room auf.] 'What yer reading?' said [S], who had left his desk. To avoid the labour of an explanation, [H] passed him the book. [S] glanced at the title on the spine, and began to read where [H] bad left the book open, his brows knitted. [S:] < < < 'What's it about then?' > > > [H:] > > > 'Literature. ' < < < [S:] 'Yer, but what it's about. Anything 'ot in it, like?' 185 Fs: _ / ask H / what the topic of the book is Fh: _ / ask H / what type of book it is 5.2.1, S. 127
3.6 Lodge (1989), Nice work (NW) NW 23 Intentional (H); prop./Implik. [S = Marjorie Wilcox, H = Vic Wilcox. S und H diskutieren über die Notwendigkeit, einen Mikrowellenherd zu kaufen.] < < < 'Everybody we know has got one,' > > > says [S]. > > > 'Exactly,' < < < says [H], [S] looks unhappily at [H] [...] 23 Urs: Intention seitens H Fs: _ / argue / that everybody S and H know has got a microwave, and therefore S and H need one, too Fh: _ / argue / that everybody S and H know has got a microwave, and therefore S and H should not buy one 5.1.4.2, S. 112
NW 34 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Vic Wilcox, Hl = Doreen, H2 = Lesley. Hl und H2 arbeiten an der Rezeption von Pringle's, der Firma, die S leitet. S kommt zur Arbeit, Hl und H2 begrüßen ihn.]
225 [Hl, H2:] 'Morning, MrWUcox.' [S:] 'Morning. < < < Think we could do with some new chairs in here?' > > > [HI, H2:J > > > 'Oh yes, Mr Wilcox, these are ever so hard.' < < < [S:] Ί didn't mean your chairs, I mean for visitors.' [HI, H2:] Oh...' They don't know quite how to react. [S] is still Mr New Broom, slightly feared. 34 Fs: _ / suggest / that new chairs for visitors are needed Fh: _ / suggest / that new chairs for HI and H2 are needed 5.2.1, S. 123
NW 36 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S = Shirley, Sekretärin von Vic Wilcox, H = Vic Wilcox. S zeigt H (Nackt-) Modellaufnahmen von ihrer Tochter. H äußert MiOfallen und sagt, er würde so etwas bei seiner Tochter nicht zulassen.] Ί don't see the harm,' says [S]. 'People think nothing of it nowadays, topless sort of thing. You should have seen the beach at Rhodes last summer. And even television. If you've got a beautiful body, why not make the most of it? < < CLook at Sam Fox!' > > > [H:] > > > 'Who's he?' < < < 'She. Samantha Fox. You knowl' Incredulity raises [S]'s voice an octave. 36 Urs: Hs Wissen Fs: _ / direct H's attention / to Samantha Fox Fh: _ / direct H's attention / to Samuel Fox 5.1.3, S. 109 f.
NW 62/1 T:
Modif. (A3)
[S = Bob Busby, H = Philip Swallow. S und H sprechen (und sind uneins) über den Sinn von Streikmaßnahmen an der Uni.] [Η:] Ί just doubt the effectiveness of a strike. Who will notice? It's not as if we're like bus drivers or air traffic controllers. I fear the general public will find they can get along quite well without universities for a day.' < < < They'll notice the pickets,' > > > says [S], > > > Ά very sticky wicket,' < < < says [H], 'Pickets. I said, they'll notice the pickets,' says [S], raising his voice against the surrounding hubbub. [H:] 'Hmm, mounting pickets, are we? [...]'
62
226 Urs: lautlich (auditiv, evtl. zusätzlich akustisch) Fs: literally / predict / that they'll notice the pickets Fh: metaphorically / state / that this is a tricky issue xh: A sticky wicket 5.1.1, S. 104 f.; 5.2.3, S. 146
NW 62/2 Τ:
Prop./réf. (Al.l)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. H hat S um ein Gespräch gebeten und wird ihr sagen, daß es nach dem Ablauf ihres Dreijahresvertrages keine Chance für eine Verlängerung gibt. H leitet das Gespräch mit phatic communion ein und fragt S, wie sie die zurückliegenden Weihnachtsferien verbracht hat.] 'Have a good vac?' [H] says again [...]. [S:] 'Yes, thanks.' '[...] Go anywhere interesting? North Africa? Winter Sports?' [H] grins encouragingly [...]. [S:] 'Good Lord, no.' [Η:] Ί hear they have very cheap packages to the Gambia in January.' Ί couldn't afford the time, even if I had the money,' says [S]. I had a lot of marking to catch up on. Then I was interviewing all last week. ' [H:] 'Yes, of course.' [S:] < < < 'What about you?' > > > [H:] > > > 'Oh, well, I, er, don't do admissions any more. Used to, of course -' < < < 'No,' says [S], smiling. Ί mean, did you go anywhere interesting?' 'Ah. I had an invitation to a conference in Florida,' says [H] wistfully. 'But I couldn't get a travel grant.' 62 f. Urs: Kotext Fs: _ / ask Η / whether Η went on a holiday during the term break Fh: _ / ask Η / whether Η also did interviews during the term break 5.1.6, S. 118
NW 65 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S und H sprechen über die miserable Finanzsituation der Universität.] [H:] '[...] Won't be long before they're sending in the demolition crews, no doubt.' < < < 'I'm surprised you don't support the strike then,' > > > says [S] tartly. But [H] evidently thinks she said something entirely different.
227 [H:] > > > 'Exactly. It's like the Big Bang theory of (he universe. They say that at a certain point it will stop expanding and start contracting again [ . . . ] ' < < < 65 f. Urs: lautlich (auditiv) Fs: /ask for reasons / why H does not support the strike although he agrees with its aims Fh: ? xh: ? 5.1.1, S. 103
NW 72 T:
Illok. (A2); intentional (S)?
[S = Vic Wilcox, H = Brian Everthorpe.] 'I've been looking at your expense account, Brian,' says [S], turning over a small pile of bills and receipts. 'Yes?' [H] stiffens slightly. [S:] < < < 'It's very modest. ' > > > [H] relaxes. > > > 'Thank you. ' < < < [S:] I didn't mean it as a compliment.' [H] looks puzzled. 'Sorry.' [S:] 'I'd expect the Marketing Director of a firm this size to claim twice as much for overnight stays.' 72 Urs: Intention seitens S? (sehr wahrscheinlich) Fs: _ / accuse H / of not claiming enough expenses Fh: _ / compliment H / on H's modest expense account
NW 86 T:
Modif. (A3)
[S = Rupert Sutcliffe, H = Philip Swallow. S und H befinden sich - in Gegenwart von Bob Busby - auf der Instituts-Toilette. H berichtet S und Busby von dem shadow scheme.] Ί need a volunteer,' says [H], and briefly explains the Shadow Scheme. < < < 'Not my cup of tea, I'm afraid,' > > > says [S]. 'What are you laughing at, [H]?' [H:] > > > 'Cup of pee. Very good, [S], I must admit. ' < < < 'Tea. I said cup of tea,' says [S] frostily.
86
228 Urs: lautlich (auditiv) Fs: seriously + metaphorically / inform H / that S does not want to volunteer for the scheme Fh: jokingly + metaphorically / inform H / that S does not want to volunteer for the scheme xh: Not my cup of pee, I'm afraid K:
Auch Hs Lachen, das in Ss Frage What are you laughing at. Swallow? erwähnt wird, ist bereits eine Manifestation des Mißverständnisses.
5.1.1, S. 103; 5.2.3, S. 147
NW 88 T:
Modif. (A3)
[S = Bob Busby, H = Philip Swallow. S und H sprechen über das shadow scheme. H sucht eine/n Freiwillige/n, die/der sich seitens der Universität an dem Programm beteiligt.] [S:] 'Why don't you ask Robyn Penrose?' [H:] "The most junior member of the Department? Surely it wouldn't -' [S:] < < < 'It's right up her street.' > > > [H:] > > > 'Is it?' < < < [S:] 'Of course - her book on the Victorian industrial novel.' [H:] 'Oh, that. It's hardly the same ... Still, it's a thought, Bob.' 88 Fs: metaphorically / state / that Robyn Penrose has some affinity with what the shadow scheme is about Fh: literally / state / that Pringle's is near where Robyn Penrose lives 5.2.3, S. 146
NW 89 T:
Prop./ref. (Al.l)
[H - Stuart Baxter, O = Vic Wilcox. H ruft O an und erzählt ihm von dem shadow scheme und daß O für die Teilnahme daran vorgesehen ist.] [O (nach einigem Zögern und Verhandeln):] 'All right.' [H:] 'Great! The name of your shadow is Dr Robyn Penrose. ' [Ο:] Ά medic?' [H:] 'No.' [O:] 'Not a shrink, for Christ's sake?' [H:] > > > 'No, I understand he's a lecturer in English Literature.' < <
> > To her alarm > > > [H] immediately straightens up, takes his hands out of the pockets of his black leather jacket, and comes over to her car, stooping to bring his head level with the window. [H] mouths something through the glass < < < which [S] cannot hear. The car in front moves forward a few yards, but when [S] inches forward in tura [H] lays a restraining hand on the Renault's wing. [S] leans across the passenger seat and winds the window down a little way. 'Yes?' [S] says, her voice squeaky with suppressed panic. > > > 'Yow want soom?' < < < [H] says in a broad Rummidge accent. 'What?' [S] says blankly. [H:] > > > 'Yow want soom?' < < < [S:] 'Some what?' [H:] > > > 'The weed, man, wudjerthink?' < < < O h , ' says [S], as the penny drops. 'No thank you.' [H:] 'Somethin' else? Smack? Speed? Yow nime it.' [S:] 'No, really, it's very kind of you, but -' The car ahead moves forward again and the car behind hoots impatiently. 'Sorry - 1 can't stop!' [Sj cries and lets out the clutch. 99 f. Fs: (give H a reassuring smile) ?Fh: _ / request H / to come over to S's car and sell her some drugs 5.3.2, S. 154
NW 103 Intentional (H); prop. [S = Brian Everthorpe, H = Robyn Penrose. H kommt in Begleitung von S zum ersten Mal zu Pringle's.] 'Where are the chimneys?' [H] asked. [S:] < < < 'What chimneys?' > > >
230 [H:] > > > 'Well, you know. Great tall things, with smoke coming out of them. ' < < < [S] laughed. 'We don't need 'em. Everything runs on gas or electricity.' [S] looked at [H] quizzically. 'Ever been inside a factory before?' 'No,' said [H], 103 f. Urs: Intention seitens H Fs: _ / ask H / what chimneys H means Fh: _ / ask H / what H means by 'chimneys' 5.1.4.2, S. 113 f.
NW 116 T:
Prop./Implik. (A1.2)
[S = Vic Wilcox, H = Robyn Penrose. Erstes Gespräch zwischen S und H an Hs erstem Tag bei Pringle's.] [S:] 'Well, I suppose I'd better show you round the estate. < < < Just give me a few minutes, will you?' > > > [S] stood up, seized his jacket and thrust his arms into the sleeves. > > > 'Aren't I supposed to follow you everywhere?' < < < said [H], rising to her feet. Ί don't think you can follow me where I'm going,' said [S], O h , ' said [H], colouring. Then, recovering her poise, she said, 'Perhaps you would direct me to the Ladies.' 116
Fs: _ / ask H / to excuse S for a few minutes (because S wants to go to the toilet) Fh: _ / ask H / to excuse S for a few minutes because S wants to do something which is none of H's business 5.2.1, S. 128
NW 129 T:
Prop./Implik. (Al.2)
[S = Tom Rigby, H = Robyn Penrose, O = Vic Wilcox. H wird von O durch den Betrieb geführt; S macht H auf eine Maschine aufmerksam, die sie bei der Führung sehen wird.] [S:] 'Something worth seeing, the KW, when she's on song.' 'What's a KW?' [H] asked. 'Kunkel Wagner Automatic Moulding Line,' said [O]. 'The boss's pride and joy,' said [S]. < < < 'Only installed a few weeks back. > > > You should show her,' he said again to [0]. [.··] > > > Ί thought the man in the office, [S], said it was a new machine,' < < < was [H]'s first comment, when they stood before its [the KW's] massive bulk. > > > 'It doesn't look new.' < <
> [S] straightened her features and shook her head. > > > [H] shot her a suspicious glance< < < [...] 130 f. Fs: 0 Fh: (make fun of H) 5.3.1, S. 152
NW 131 Miß interpretation [H = Robyn Penrose, O = Vic Wilcox. Inhaltliche Fortsetzung von NW 129: H und O stehen vor der Kunkel Wagner Automatic Moulding Line, einer von O neu angeschafften Maschine.] [H:] 'What does it do?' [O:] 'Makes moulds for cylinder blocks.' > > > 'It seems quieter than the other machines,' < < < said [H]. 'It's not running at the moment,' [O] said, with a pitying look. 131 Urs: Hs Wissen Κ:
'Auslöser' ist, daß die Maschine kein Geräusch verursacht.
6.2, S. 169
232 NW 140 Τ:
Prop./ref. (Al.l)
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. Brian Everthoipe hat H die Idee eines Kalenders mit Nacktfotos von Shirleys Tochter unterbreitet. S hat eingegriffen und sich gegen Sexismus verwahrt. Brian will später nochmal mit H darüber sprechen, doch auch H steht der Idee negativ gegenüber und scheint Ss Argumenten Sympathie entgegenzubringen.] [H], who had been frowning after the departing figure of Everthorpe, turned and almost smiled. Ί quite enjoyed that,' [H] said. [S:] < < < You agree with me, then?' > > > [H:] > > > Ί think we'd make ourselves a laughing-stock.' < < < [S:| Ί mean about the principle. The exploitation of women's bodies.' Ί don't have much time for that sort of thing myself,' said [H]. 'But some men never grow up.' 140 f. Fs: _ / ask Η / if Η agrees with S in that the idea with the calendar represents sexual exploitation of women Fh: _ / ask H / if H agrees with S in that the calendar would be bad for the image of Pringle's
NW 180 Τ:
Modif. (A3)
[S = Debbie (Freundin von Robyns Bruder Basil), H = Robyn Penrose. S spricht mit starkem Cockney-Akzent.] [S:] < < < 'It was a real lark,' [...] 'Held in a sorter castle. Just like a horror film, wonnit?' (...] 'Suits of armour and stuffed animals' heads and everyfink.' > > > At first [H] thought that [S]'s cockney accent was some sort of joke, but soon realized that it was authentic. Despite of her Sloaney clothes and hair-do, [S] was decidedly lower-class. 180 f. Urs: Varietäten Fs: seriously / (various illocutions and propositions) Fh: jokingly / (various illocutions and propositions) K:
Das anfängliche MiBverständnis manifestiert sich nicht sprachlich, klärt sich fur H aber gedanklich auf. Einen Hinweis auf das MiBverständnis stellt lediglich Hs Gedanke (At first [H] thought that [S] 's Cockney accent was some sort ofjoke [...J) dar.
5.2.3, S. 145
NW 184 Τ:
Modif. (A3)
[S = Robyn Penrose, H = Debbie, Freundin von Ss Bruder Basil. S und H unterhalten sich über die schlechte Jobsituation an der Uni.]
233 [S:] '[...] That's what this Government is doing to the universities: death by a thousand cuts.' 'What a shame,' said [H]. 'Why doncher try somethink else?' < < < 'Like the money market?' > > > [S] inquired sardonically, though [H] seemed to take the suggestion seriously. [H:] > > > 'No, love, it's too late, I'm afraid. You're burned out at thirty-five, they reckon, in our game. < < < But there must be something else you could do. Start a little business!' Ά business?' [S] laughed at the absurdity of the idea. 184 Fs: cynically / 'ask' Η / if Η thinks that a banking job would be the right thing for S to do Fh: seriously / ask H / if H thinks that a banking job would be the right thing for S to do 5.2.3, S. 143
NW 194 T:
Prop./Implik. (Al.2)
[S = Vic Wilcox, H = Norman Cole (Chef von Foundrax, einer Konkurrenzfirma von Pringle's), O = Robyn Penrose. S hat H soeben erklärt, warum O ihn zu Foundrax begleitet.] [H] turned to [O]: 'And what is it you do at the University, Miss er ...' < < < 'Doctor,' > > > said [S], < < < 'she's Dr Penrose.' > > > [H:] > > > 'Oh, on the medical side, are you?' < < < 'No, I teach English Literature,' said [O], 194 Urs: Stereotyp ('Dr. = Dr. med.') Fs: _ / correct H / in that O is not to be addressed 'Miss', but 'Doctor ...' Fh: _ / correct H / in that O is not to be addressed ' Miss', but ' Doctor ... ' (because she is a Doctor of Medicine) K:
Die Manifestation hat zwar die Form einer Frage, H ordnet der in der Manifestation ausgedrückten Annahme aber eine hohe Wahrscheinlichkeit zu (vgl. das einleitende Oh sowie die tag question are you?).
Τ:
Illok. (A2)
NW 197
[S = Robyn Penrose, H = Shirley, Sekretärin von Vic Wilcox. S sitzt neben Wilcox im Auto und ruft von seinem Autotelefon aus in seinem Büro an, um zu sagen, daß er später zurückkommt.] > > > 'I'm afraid Mr Wilcox is out at the moment,' < < < [H] intoned in a secretarial sing-song. Ί know,' said [S], 'I'm with him.' 'Oh,' said [H]. 'Who did you say you were?' [S:] 'Robyn Penrose. The shadow.' 197
234 Urs: Script Fs: / identify herself / Fh: _ / request H / to put S through to Vic Wilcox K: Die Analyse beruht auf der Annahme (die durch Hs spätere Rückfrage Who did you say you were? gestützt wird), daß der Auslöser, der im Text nicht wiedergegeben ist, in etwa lautet: Hello, this is Robyn Penrose. 5.1.5, S. 115
NW 199 T:
Modif. (A3)
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H beim Mittagessen in einem Pub.] The menus were huge laminated cards that garnished every dish with epithets designed to tickle the appetite: 'succulent', 'sizzling', 'tender', 'farm-fresh', etc. [...] In short, it was the kind of establishment that [S] would normally have avoided like the plague. 'Nice place, this,' said [H], looking around him with satisfaction. 'What will you have?' Ί think I'll have an omelette,' said [S]. [H] looked disappointed. 'Don't stint yourself,' [H] said. 'Lunch is on the firm.' 'All right,' said [S]. < < < 'I'll have a half of luscious avocado pear with tangy French dressing to start, and then I'll have golden-fried ocean-fresh scampi and a crisp farm-house side salad. Oh, and a home-baked wholemeal roll coated with tasty sesame seeds. ' > > > If [H] perceived any irony in her pedantic recitation of the menue, he did not betray it. 'Some chips as well?' [H] inquired. 199 Fs: ironically / inform H / what S wants to eat ?Fh: seriously / inform H / what S wants to eat K:
Ob es sich tatsächlich um ein Mißverständnis handelt, weil H die Ironie im Auslöser nicht bemerkt, bleibt offen. Daher ist keine Manifestation markiert.
5.2.3, S. 144
NW 201 Mißinterpretation [H = Ober in einem Pub, Ol = Robyn Penrose, 0 2 = Vie Wilcox. Ol und 0 2 essen in einem Pub zu Mittag. H hält Ol für 02s Sekretärin.] [Ol] was less amused by [H]'s evident assumption that she herself was [02]'s secretary, being set up for seduction. > > > [H] referred to her throughout the meal as 'the young lady', winked and smirked when [02] suggested another glass of wine, and recommended something 'sweet and lovely' for dessert. < < < Ί wish you'd drop a hint to that young man that I'm not your dolly-bird,' [01] said at last.
235 201 Κ:
Η mißinterpretiert das Verhältnis zwischen Ol und 02.
T:
Prop./ref. ( A l . l )
NW 202
[S = Robyn Penrose, Η = Vic Wilcox. S und H sind im Auto auf dem Weg nach Leeds.] 'Oh look, that's the way to Haworth!' [S] exclaimed, reading a roadsign. < < < 'The Brontes!' > > > > > > 'What are they?' < < < [H] asked. [S:] 'Novelists. Charlotte and Emily Brontë. Have you never read Jane Eyre and Wuthering Heights?' 'I've heard of them,' said [H] guardedly. 202 Urs: Hs Wissen Fs: _ / inform H / that Haworth is where the Bronte sisters lived Fh: _ / inform H / that Haworth is where a sight called 'the Brontës' is 5.2.1, S. 124
NW 205 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Robyn Penrose, H = Ted Stoker (managing director bei Rawlinson and Co, einem Abnehmer von Pringle's). S ist mit Vic Wilcox zu einem Gespräch mit H bei Rawlinson's.] [H] addressed his answer to Robyn. 'We sell a lot to the third world,' [H] said. 'Irrigation pumps, mosüy. The third world is broke. The banks won't lend them any more money. Our Nigerian order book is down fifty per cent on last year. ' < < < 'That's terrible,' > > > said [S], 'It is,' said [H], > > > 'We may have to go on to short time.' < < < [S:] Ί mean for the third world.' O h , the third world ...' [H] shrugged off the insoluble problems of the third world. 205 Urs: Kotext Fs: _ / deplore / the problems of the Third World Fh: _ / deplore / the problems of H's company 4.2.2, S. 92
236 NW 206 Τ:
Modif. (A3)
[S = Vic Wilcox, H = Robyn Penrose. S und H fahren nach dem Gespräch mit Ted Stoker bei der Abnehmerfirma Rawlinson's im Auto zusammen zurück. S konnte bei Rawlinson's nicht herausfinden (er hat allerdings einen Verdacht), wer die Firma neuerdings mit Zylinderblöcken beliefert und Ss Firma Pringle's damit Konkurrenz macht.] |S: 1 '[...] I don't like to be beaten,' [...] 'If the mystery supplier turns out to be Foundrax, I'll make Norman Cole rue the day. ' [H:] 'How?' [S: 1 < < < 'I'll blast him. I'll attack his other customers.' > > > > > > 'You mean assault them?' < < < said [H], shocked. [S] guffawed, the first full-blooded laugh [H] had heard from him. 'What d'you think we are - the Mafia?' [H] flushed. [S's] melodramatic talk of setting men to spy on Rawlinson's had misled her. 'No, I mean attack 'em with low prices,' said [S], 'take his business away. [...]' 206 Urs: Hs Wissen Fs: metaphorically / inform H / that S will try to take Foundrax's business away by offering low prices to their customers Fh: literally / inform H / that S will assault Foundrax's customers 6.1, S. 164 f.
NW 208/1 Mißinterpretation [H = Vic Wilcox, O = Robyn Penrose. H hat herausgefunden, daß Foundrax Rawlinson's mit Zylinderblöcken beliefert; er ruft O an der Universität an, um es ihr sofort zu sagen.] 'Have you brought me to the phone just to tell me that?' [O] inquired icily. [H:] > > > 'Don't you have your own phone?' < < < [O:] 'No, I don't. Furthermore, I was in the middle of a tutorial.' 'Oh, sorry,' said (H], > > > 'Why didn't your secretary tell Shirley?' < < < Ί don't have a personal secretary,' said [O]. 'We have one secretary between fifteen of us, and she isn't in the office at the moment. She's probably in the store-room steaming open letters so we can reuse the envelopes. [..·]' 208 Urs: Hs Wissen Κ:
Η schätzt die Situation an Os Arbeitsplatz falsch ein und denkt, O sei ebenso telefonisch erreichbar wie er selbst
237 NW 208/2 Τ:
Prop./stnikt. (Al.3)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S hat im Institutssekretariat soeben ein Telefongespräch mit Vie Wilcox beendet, der sie mit seinem Anruf aus einem Kurs geholt hatte. H kommt ins Sekretariat.] 'Hallo, Robyn,' [H] said. 'How are you?' < < < 'Cross, ' [S] said. 'That man Wilcox I'm supposed to be shadowing seems to think he owns me.' > > > > > > 'Yes, it is depressing weather,' < < < [H] said, nodding. > > > 'How's that shadow business going by the way? The VC [Vice Chancellor, Anm. d. Verf.] was asking me only the other day.' < < < [S:] 'Well, it's going.' 208 f. Urs: lautlich (auditiv) Fs: _ / complain / about Wilcox who just interrupted S's tutorial Fh: _ / complain / about the weather xh: ? K:
Zusätzlich zur ersten Manifestation (Yes, it is depressing weather) zeigt sich das Mißverständnis auch darin, daß H seine anschließende Frage nach dem shadow scheme als neues Gesprächsthema einfuhrt (... by the way), obgleich S soeben erst darauf Bezug genommen hat.
NW 209 Mißverstehen; Modif. [S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S und H sprechen über das shadow scheme.] [H:] 'The VC [Vice Chancellor, Anm. d. Verf.] is looking forward to your report. He takes a personal interest in the scheme. ' < < < 'Perhaps he'll take a personal interest in keeping me on, then,' > > > said [S], < < > > from which [H] evidently inferred that she had made a joke. 'Ha, ha, very good,' [H] said. Ί must remember to tell him that.' Ί hope you will,' said [S]. Ί must dash now, I'm in the middle of a tutorial.' 'Yes, yes, of course,' said [H], 'Tutorial' was one of the words [H] still recognized without too much difficulty, perhaps because it had a lot of vowels in it. 209 Urs: lautlich (auditiv) Fs: ironically / suggest / that the VC might take a personal interest in keeping S on Fh: jokingly / ? / ? xh: ? K:
Das Mißverstehen wird von beiden Beteiligten nicht bemerkt. (Hs Reaktion - Ha, ha, very good [...] 1 must remember to tell him that würde ansonsten die Manifestation darstellen.) Somit liegt im Sinn der Definition
238 in 4.1.4 kein Mißverständnis vor. - Ss Lächeln ist als Teil des Auslösers anzusehen, offensichtlich beruht Hs Interpretation auch nur darauf. 5.1.1, S. 104; 6.3, S. 176
NW 211 Intentional (H); prop./implik. [S = Stuart Baxter, H = Vic Wilcox. H hat soeben in gereizter Atmosphäre mit Brian Everthorpe gesprochen.] A little later [H] phoned [S) and told him he wanted to let Brian Everthorpe go. [S:] 'Why, [H]?' [H:] 'He's no good. He's idle. He's stuck in old grooves. He doesn't like me and I don't like him.' |S: 1 < < < 'He's been with the company a long time. ' > > > [H:] > > > ' E x a c t l y . ' < < < [S:] 'He won't go without a fight.' [H:] 'I'll enjoy that.' 211 Urs: Intention seitens H Fs: _ / argue / that Brian Everthorpe has been working with the company for a long time and should therefore stay Fh: _ / argue / that Brian Everthorpe has been working with the company for a long time and should therefore not stay Κ: H interpretiert das von S verwendete Argument bewußt als Argument gegen Ss Standpunkt. 5.1.4.2, S. 113
NW 239 T:
Modif. (A3)
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H gehen nach dem Mittagessen mit Hs Familie zu zweit spazieren; sie sprechen über Sandra, Hs Tochter; H will, daß S mit ihr spricht, um sie vom Sinn eines Studiums zu überzeugen, an dem sie kein großes Interesse zeigt. S ist sich aber nicht sicher, daß ein Studium für Hs Tochter das Richtige wäre.] [S:] '[...] She'd probably make much more money out of hairdressing.' 'Money isn't -' [H] pulled himself up. 'Everything?' [S] completed [H's] sentence, with arched eyebrows. Ί never thought to hear you say that.' Ί was going to say, money isn't something she understands,' [H] lied. 'None of my kids do. They think it comes out of the bank like water out of a tap - or it could if mean old Dad didn't keep his thumb over the spout. ' [SrJ < < < 'The trouble is, they've had it too easy. They've never had to work for their living. They take everything for granted. ' > > >
239 > > > ' R i g h t ! ' [H] agreed enthusiastically, > > [S] said. > > > O h , it's the usual rather heavy German cuisine,' < < < said [H], > > > 'Pork and dumplings and sauerkraut, you know. ' < < < 'No, my teaching on Thursday,' [S] said more loudly. 'What shall I do about it? I'd rather not cancel classes in the last week of term. ' 'Quite,' said [H], rather sharply, as if [S] had been responsible for the misunderstanding. 'I've been looking at your timetable [...]' 264 Urs: lautlich (auditiv) Fs: _ / ask H / what S shall do about her classes on Thursday Fh: ? _ / ask H / what the food in Frankfurt is like xh: ? 5.2.1, S. 129 f.
NW 296 T:
Prop./ref. (Al.l); intentional (H)?
[S = Vic Wilcox, H = Robyn Penrose. S und H in Frankfurt am Morgen nach ihrer kurzen Affäre.] When they went back upstairs to pack [S] followed [H] into her room and < < < asked what they were going to do. > > > > > > [H] said she thought she might look at the Old Town while [S] did his business at the trade fair, < < < and [S] said, I don't mean that, I mean what are we going to do about last night? And [H] said, we don't have to do anything about it, do we?
240 296 f. Urs: Intention seitens H? Fs: _ / ask H / what S and H are going to do about their affair Fh: _ / ask H / what S and H are going to do right now
NW 303 T:
Prop./Implik. (A1.2)
[S = Sandra (Tochter von Vic Wilcox), H = Robyn Penrose. S kommt kurz nach Hs Affare mit Ss Vater zu H ins Büro.] Oh, hallo, [S], said [H], come in, aren't you at school today? I had to go to the dentist's this afternoon, [S] said. It wasn't worth going back to school so I thought I'd drop in. Fine, said [H], what can I do for you? < < < I t ' s not for me, it's my Dad, > > > said [S]. > > >Why, what's the matter with him, < < < said [H] anxiously. I mean it's my Dad who made me come, said [S]. Oh I see, said [H], with a light laugh, but she had given something away to the girl, and it was a subtext of their conversation about the pros and cons of going to university. 303 Urs: Erwartung Fs: Fh:
T:
/ inform H / that it is S's Dad who told S to see H / inform H / that S wants to talk about her Dad
Illok. (A2)
NW 304
[S = Penny Black, H = Robyn Penrose. S und H sitzen in der Sauna. H hat S soeben ausfuhrlich von ihrer Affäre mit Vic Wilcox erzählt.) [H:] '[...] How can I get out of it?' < < < 'I've had enough,' > > > said [S], getting to her feet. > > > 'I'm sorry, [S],' < < < said [H], contritely. [S:] Ί mean, I've had enough of this heat. I'm going to shower.' 'I'll come too,' said [H]. 304 Fs: _ / inform H / that S has had enough of the sauna and is now leaving Fh: _ / request H / to stop telling S about H's affair 5.2.2, S. 134
241 NW 324 Τ:
Prop./réf. (Al.l)
[S = Morris Zapp, H = Robyn Penrose. Bei einer Party bei den Swallows zu Ehren von S unterhalten sich S und H über Konferenzen.] [S:] < < < ' [ . . . ] You been to any good ones lately?' > > > [H:] > > > ' N o , I'm añaid I missed the UTE [= University Teachers of English Language and Literature, Anm. d. Verf.] conference this year. ' < < < 'If that's the one I attended here in '79, then you did well to avoid it,' said [S], Ί mean real conferences, international conferences.' Ί couldn't afford to go to one of those,' said [H], 'Our overseas conference fund has been cut to the bone.' 324 Urs: Wissen (Hs Erfahrungshorizont) Fs: _ / ask H / if H has been to any interesting international conferences lately Fh: _ / ask H / if H has been to any conference lately 5.2.1, S. 127
NW 326 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. Swallows veranstalten eine Party zu Ehren von Morris Zapp.] [S] left the party early. [H] intercepted [S] as she wormed her way through the crowded hall on her way to the front door. 'Oh, leaving so soon?' [H] said. [S:] < < < 'Professor Zapp has kindly offered to look at my work-in-progress. It's still on floppy discs, so I'm going home to print it out. ' > > > > > > 'What a pity, you should have brought him,' < < < said [H], [S:] 'Who?' [H:] > > > 'That young man of yours from Suffolk. ' < < < [S:] 'Oh, Charles! I'm not seeing Charles any more. He's become a merchant banker.' 326 Urs: lautlich (auditiv) Fs: _ / inform H / why S is leaving already Fh: ? _ / inform H / that S is leaving because Charles is waiting for S xs: ? K:
Unklar ist nicht nur, was H verstanden hat, sondern auch, auf welchen Teil des lautlichen Ereignisses sich Hs Interpretation bezieht. Daher ist Ss gesamter Redebeitrag als Auslöser markiert.
242 NW 330 Τ:
Illok. (A2)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow. S kommt gerade ins Institut und findet dort zu ihrem Unbehagen Vie Wilcox vor, der auf sie wartet.] [H], Spotting [S], beckoned. 'Ah, there you are,' [H] said. Ί discovered your shadow outside your door, "alone and palely loitering". Apparently he's been here since nine o'clock.' 'Hallo, [S],' said Vic. [S] ignored him. < < < 'What do you mean, my shadow?' > > > [S] said to [H]. > > > 'Ah, that explains it,' < < < [H] said, nodding. ' What do you mean, my shadow?' [S] repeated, raising her voice against the surrounding babble. [H:] 'Yes, the second stage of the Shadow Scheme. We talked about it yesterday.' Ί didn't know what you were referring to,' said [S]. 'And I still don't,' [S] added, though she could now have made a good guess. 330 f. Urs: lautlich (auditiv) und Kotext Fs: _ / ask Η / what Η means by '[S's] shadow' Fh: ? _ / explain / why S wasn't there earlier xh: ? Κ:
H versteht wegen seiner Schwerhörigkeit das lautliche Ereignis nicht. Seine Interpretation ist insofern mit einem Einfluß des Kotextes erklärbar, als er offenbar mit einer Erklärung von Ss spätem Erscheinen rechnet.
5.2.2, S. 133
NW 331 T:
Illok. (A2)
[S = Robyn Penrose, H = Philip Swallow, O = Vic Wilcox. O ist überraschend an Ss Institut aufgetaucht, um von nun an als Ss shadow die zweite Stufe des shadow scheme zu erfüllen. H hat S soeben darüber aufgeklärt.] 'Yes, me shadowing you, for a change,' said [O]. [...) < < < 'No way,' > > > said [S], > > > 'Jolly good,' < < < said [H], nibbing his hands. I said I WON'T DO IT,' [S] shouted. 'Why not?' [H] looked worried. 331 f. Urs: lautlich (auditiv) Fs: _ / oppose the idea / that O is now going to be S's shadow Fh: _ / agree / that O is now going to be S's shadow xh: ?
243 NW 340/1 Τ:
Prop./réf. ( A l . l )
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. H ist bei S im Institut.] [S:] < < < 'Do you want to borrow Daniel Deronda for next week?' > > > [H:] > > > 'What did he write?' < < < [S:] 'He's not a he, he's a book. By George Eliot.' 340 Urs: Hs Wissen Fs: _ / ask H / if H wants to borrow the novel Daniel Deronda Fh: _ / ask H / if H wants to borrow a book by Daniel Deronda Κ:
Vgl. NW 340/2
Τ:
Prop./Implik. (A1.2)
NW 340/2
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. H ist bei S im Institut.] [S:] 'Do you want to borrow Daniel Deronda for next week?' [H:] 'What did he write?' [S:] 'He's not a he, he's a book. < < < B y George Eliot.' > > > [H:] > > > 'Good writer, is he, this Eliot bloke?' < < < [S:] 'He was a she, actually. You see how slippery language is. But, yes, very good. [...]' 340 Urs: Hs Wissen Fs: _ / inform H / that George Eliot wrote the novel Daniel Deronda Fh: _ / inform H / that (the male writer) George Eliot wrote the novel Daniel Κ:
Deronda
Weiteres Mißverständnis im wiedergegebenen Textabschnitt: vgl. NW 340/1
NW 358 Nichtverstehen; prop. [S = Morris Zapp, H = Robyn Penrose. S und H telefonieren wegen der Möglichkeit einer Stelle für H in den USA.] [S:] '[...] Now what I need is your CV, fast as possible. < < < Could you fax it to me?' > > > [H:] > > > ' F a c t s ? ' < < < [S:] 'F-a-x, fax. Fax? OK, forget it. Send it airmail, special delivery. [...]'
244 358 Urs: Hs Wissen Fs: _ / request H / to fax H's CV to S ?Fh: _ / request H / to ? H's CV to S Κ:
H hat wohl noch nie ein Faxgerät benutzt und weiß auch nicht, was das ist.
T:
Prop./ref. (Al.l)
NW 380
[S = Robyn Penrose, H = Vic Wilcox. S und H sprechen über Hs geplante Firmengründung und Ss Idee, in Hs Firma zu investieren.] [H:] 'It's a question of raising the necessary capital.' < < < 'I've got a lot of capital,' > > > says [S], 'I'll invest it in your spectrometer. I'll be a - what do they call it? A sleeping partner. ' [H] laughs. > > > 'I'm talking six figures here. ' < < < 'So am I,' says [S], and tells [H] about her legacy. 380 f. Urs: Wissen Fs: _ / inform H / that S has got capital in the order of six figures Fh: _ / inform H / that S has got capital in the order of less than six figures 5.2.1, S. 127
3.7 Lodge (1985), Small world (SW) SW 10 T:
Prop./ref. (Al.l); intentional (H)?
[S = Angelica Pabst, H = Persse McGarrigle. S und H unterhalten sich über Ss Vornamen.] [S:] < < < "If you use initials in the academic world, people think you're a man and take you more seriously. " > > > > > > "No one could mistake you for a man, Angelica," < < < [H] said sincerely. [S:] "I mean in correspondence. Or publications. " 10
Urs: Intention seitens H (sehr wahrscheinlich)
245 Fs:
/ state / you more Fh: _ / state / you more
that if you use initials in correspondence or publications, people think you are a man and take seriously that if you use initials on your lapel badge at conferences, people think you are a man and take seriously
SW 14 T:
Modif. (A3)
[S = Persse McGarrigle, H = Angelica Pabst. S und H sprechen über einen Konferenz-Vortrag über Strukturalismus.] [H] looked annoyed. "Oh, what a nuisance that I missed it. I'm very interested in structuralism. " [S:] < < < "What is it, exacdy?" > > > > > >[H] laughed. < < < "No, I'm serious," said [S). "What is structuralism? Is it a good thing or a bad thing?" 14 Fs: seriously / ask H / what structuralism is Fh: jokingly / 'ask' H / what structuralism is 5.3.3, S. 155
SW 16 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Bob Busby, H = Morris Zapp, O = Philip Swallow. H wird bei einer Konferenz in Rummidge erwartet. Hs Anschlußflug von Heathrow nach Rummidge wurde wegen Schnee annulliert.] "When did he phone?" [O] was saying, and [S] replied, "About two hours ago. He said he would do his best to get here by this afternoon. < < < I told him to spare no expense. " > > > "Did you?" said [O], "I'mnotsure that was entirely wise, Bob. " [ > > >Morris Zapp nimmt ein Taxi von Heathrow nach Rummidge, die Fahrt kostet 46,80 Pfund. < < < ] [O:] "[...] How did you get here in the end?" [...] "By taxi," said [H], "Which reminds me: you owe me fifty pounds for the cab fare. Hey, what's the matter, Philip? You've gone white. " [·.·] "When I said 'Take a cab,'" said [S] reproachfully to [H], "I meant from Heathrow to Euston, not from London to Rummidge." 16 f., 20 Urs: Hs Wissen
246 Fs: _ / encourage H / to take a taxi from Heathrow to Euston Fh: _ / encourage H / to take a taxi from Heathrow to Rummidge K:
Zur Ursache: H geht von US-Universitäten und deren finanziellen Möglichkeiten aus und zieht die begrenzten Mittel nicht in Betracht, die in Rummidge zur Verfügung stehen. Der Ort des Mißverständnisses liegt im engeren Sinn in den differierenden Weitmaßstäben oder Normen, die die Beteiligten mit einem Sachverhalt verbinden - hier damit, was es heißt, keine Ausgaben zu scheuen (spare no expense). Vgl. die Diskussion zu NW 324 und NW 380 in 5.2.1, S. 127 f.
5.3.3, S. 155 f.
SW 18 T:
Prop./strukt. (Al.3)
[S = Persse McGarrigle, H = Morris Zapp. S und H treffen zum ersten Mal aufeinander und stellen sich vor.] [S:] "What's your name?" [Η:] "Morris Zapp." [S:] "I'm sure I've heard that name before. " [H:] "I should hope so. What's yours?" < < < "Persse McGarrigle, > > > from Limerick. Aren't you giving a paper this afternoon?" [S] said. "'Title to be announced?' " [H:] > > > "Right, Percy. [...]"< < < 18 Urs: Hs Wissen? Fs: _ / inform H / that S's name is Persse McGarrigle Fh: _ / inform H / that S's name is Percy McGarrigle xh: Percy McGarrigle K:
Zur Ursache: H kennt möglicherweise den irischen Vornamen Persse nicht. Im übrigen ist H im Umgang mit Namen des öfteren ungenau (vgl. z. B. SW 23 und SW 30/1).
T:
Prop./strukt. (Al.3)
SW 23
[H = Morris Zapp, O = Philip Swallow. O stellt H und Angelica Pabst einander vor. Auf Angelicas Namensschild steht (not boldly printed [...], but written in a minute italic script) < < < "A. L. Pabst" > > > (S. 9).J
[O:] "Miss Pabst - Professor Zapp." "Morris, please," said [H], extending his hand, and peering at Angelica's lapel badge. > > > "Glad to meet you Al."< < < 23
247 Fs: _ / inform H / that the lapel badge bearer's name is Ά . L. Pabst' Fh: _ / inform H / that the lapel badge bearer's name is 'Al Pabst' xh: Al Pabst K:
Der Auslöser ist schriftlich, insofern ist Fs in diesem Fall als Funktion aus der Sicht der Urheberin der schriftlichen Information anzusehen. Ansonsten ist SW 23 mit Mißverständnissen mit mündlichen Auslösern durchaus vergleichbar.
T:
IUok. (A2)
SW 30/1
[S = Angelica Pabst, H = Morris Zapp. S und H haben nach Hs Vortrag bei der Jahrestagung der University Teachers of English Language and Literature in Rummidge über Bezüge des Vortrags zum Thema von Ss in Entstehung befindlicher Dissertation gesprochen.] |S: 1 "Thank you very much, Professor Zapp, you've been most helpful." [H:] "Any time, Al." < < < "Actually, you know, my name is Angelica," > > > [S] smiled. > > > "Well, I thought Al must be short for something," < < < said [H]. 30 Fs: _ / correct H / to the effect that Ά . L.' does not mean 'Al' but that Ά . ' stands for Angelica Fh: _ / inform H / that 'Al' is the short form of 'Angelica' Κ:
H sieht sich in seiner falschen Interpretation von Ss Namensschild bestätigt (vgl. SW 23).
5.1.7, S. 122; 5.2.2, S. 137
SW 30/2 Τ:
Modif. (A3)
[S = Angelica Pabst, H = Persse McGarrigle, O = Morris Zapp. S und O haben nach Os Vortrag bei der Jahrestagung der University Teachers of English Language and Literature in Rummidge über Bezüge des Vortrags zum Thema von Ss in Entstehung befindlicher Dissertation gesprochen. H hat das Gespräch mitgehört.] [S:] < < < "Thank you very much, Professor Zapp, you've been most helpful. " > > > [O:] "Any time, Al." [...] "Let me know if I can give you any more help." > > > "He didn't give you any help at all," < < < said [H] indignantly, as [S and H] helped themselves to tea and biscuits. "You provided the ideas and the examples. " [S:] "Well, his lecture provided the stimulus." [...] "You have to treat these professors carefully, Persse," said [S], with a sly smile. "You have to flatter them a bit." 30
248 Fs: politely (flatteringly) / 'thank' 0 / for O's 'help' Fh: seriously / thank O / for O's help 5.2.3, S. 147
SW 39 T:
Prop./ref. (Al.l)
[S = Angelica Pabst, H = Persse McGarrigle. H hat S gefragt, ob sie ihn heiraten will. Sie sagt, sie kenne ihn noch nicht lang genug und wolle außerdem zu diesem Zeitpunkt nicht heiraten.] [SJ shook her head. "You're a hopeless romantic, Persse," she said. "Why do you want to marry me, anyway?" "Because I love you," [H] said, "and I believe in premarital chastity." < < < "Perhaps I don't,"> > > [S] said archly. > > > "Oh, Angelica, don't torment me! If you've had other lovers, I don't want to hear about them." < < < "That's not what I meant," said [S). 39 Urs: Kotext Fs: _ / call into question / that S loves H Fh: _ / call into question / that S believes in premarital chastity 5.1.6, S. 117
SW 44 T:
Illok. (A2)
[S = Morris Zapp, H = Persse McGarrigle. S und H joggen gemeinsam und unterhalten sich.] [S:] "You must have some ambitions." "I would like to get my poems published, " said [H]. "And I have another ambition too personal to be divulged. " < < < "Al Papps! " > > > [S] exclaimed. > > > "How did you guess?" < < < [H] asked, astonished. [S:] "Guess what? I just said that's Al Papps running ahead of us." 44 Urs: Kotext Fs: _ / direct H's attention / to the fact that Angelica Pabst is running in front of S and H Fh: _ / guess / that H is talking about Angelica Pabst 5.2.2, S. 132
249 SW 47 Τ:
Prop./stnikt. (A 1.3)
[S = Persse McGarrigle, Η = Verkäuferin in einem chemist's shop. S hofft auf ein amouröses Abenteuer mit Angelica Pabst und will Kondome kaufen.] The shop appeared to be deserted, and [S] looked rapidly around for the object of his quest, hoping that, when the chemist appeared, he would be able merely to point. He could not see what he was looking for, however, and to his dismay [H] appeared from behind a barricade of shelves. "Yis?" [H] said listlessly. [S] felt throttled by his embarrassment. He wanted to ran and flee through the door, but his limbs refused to move. "Kinoielpyew?" said [H] impatiently. [S] stared at his boots. < < < "I'm after wanting some Durex, please," > > > he managed to mutter, in strangled accents. > > > "Small meedyum or large?" < < < said [H] coolly. This was a turn of the screw [S] had not anticipated. "I thought they were all the one size," he whispered hoarsely. > > > "Nah. Small meedyum or large," < < < drawled [H], inspecting her fingernails. "Well, medium, then," said [S]. [S kauft die Packung, die surprisingly big und surprisingly heavy ist, und öffnet sie in einer dunklen Unterführung.] [S] withdrew from the paper bag a cardboard box which bore on its wrapper the picture of a plump, pleasedlooking baby in a nappy, being fed something that looked like porridge. The brand-name of this product, displayed in large letters, was "Farex" [sic (kein Punkt)] 47 Urs: lautlich (artikulatorisch) Fs: _ / request H / to sell S some Durex Fh: _ / request H / to sell S some Farex xh: I'm after wanting some Farex, please
SW 115 T:
MV i. w. S. (B)
[S = Cheryl Summerbee, H = Morris Zapp. H steht an dem Flugabfertigungsschalter, an dem S arbeitet. S lächelt H an.] < < < [S] smiled at [H] > > > as [H] hesitated in front of the two desks servicing the Milan flight, and, catching this smile, [H] joined the line in front of [S], "Hi," [H] said when his turn came to be attended to. > > > "Have we met before?" < < < "I don't think so, sir," said [S]. "I was just admiring your hat." 115 Fs: (give H a friendly smile because of H's hat) ?Fh: _ / signal H / that S and H have met before 5.3.2, S. 154
250 SW 118 Miß interpretation [H = Morris Zapp, O = Fulvia Morgana. O und H lernen sich im Flugzeug kennen.] While the plane was still taxiing to the runway, [H] had Philip Swallow's book on Hazlitt out on his lap, and [0] her copy of Althusser's essays. Each glanced surreptitiously at the other's reading matter. It was as good as a masonic handshake. They met each other's eyes. "Morris Zapp, Euphoric State." [H] extended his hand. [0:] "Ah, yes, I 'ave 'eard you spick. Last December, in New York." [H:] "At the MLA? > > > You're not a philosopher, then?" < < < [H] nodded at Lenin and Philosophy. [O:] "No, cultural studies is my field. [...]" 118 K: Bis zur Manifestation - die insofern keine echte Manifestation ist, als H damit bereits das Ende seiner Interpretation anzeigt - nimmt H angesichts von Os Lektüre an, daß O Philosophin ist.
SW 119 T:
Modif. (A3)
[(S = Hazlitt), H = Fulvia Morgana, O = Morris Zapp. O liest H aus Philip Swallows Hazlitt-Buch vor.] "Well, listen to this, it will give you the flavour." [O] read aloud a passage he had marked in Philip's book: < < < "He is the most learned man who knows the most of what is farthest removed from common life and actual observation, that is of the least practical utility, and least liable to be brought to the test of experience, and that, having been handed down through the greatest number of intermediate stages, is the most full of uncertainty, difficulties and contradictions."> > > "Very interesting," said [H], "Is that Philip Swallow?" [0:] "No, that's Hazlitt." [H:] > > > "You surprise me. It sounds very modern. 'Uncertainties, difficulties, contradictions.' 'Azlitt was obviously a man ahead of his time. That is a remarkable attack on bourgeois empiricism. " < < < "I think it was meant to be ironic," said [O] gently. "It comes from an essay called 'The Ignorance of the Learned'." [H] pouted. "Ooh, the English and their ironies! You never know where you are with them." 119 f. Fs: ironically / 'praise' / the 'learned' man Fh: seriously / praise / the learned man 5.2.3, S. 144
SW 121 Intentional (S); illok. [S = Fulvia Morgana, H = Morris Zapp. S und H sprechen über den Unesco-Lehrstuhl, von dem Morris zuvor nichts wußte.]
251 "Will he have the job for life, or for a limited tenure?" [H] asked. [S:] < < < "I think she will be appointed for three years, on secondment from 'er own university. " > > > > > > "She?" < < < [H] repeated, alarmed. Had Julia Kristeva or Christine Brooke-Rose already been lined up for the job? > > > "Why do you say, 'she'?" < < < [S:] "Why do you say "e'?" [H] relaxed and raised his hands in a gesture of surrender. "Touché! Someone who was once married to a bestselling feminist novelist shouldn't walk into that kind of trap." 121 Urs: Intention seitens S; Stereotyp Fs: _ / correct H / to the effect that the person who will get the chair may as well be a woman ?Fh: _ / inform H / that a particular female person will get the chair K: S intendiert mit ihrer gesamten Sprechhandlung durchaus auch, H die gewünschte Information (... will be appointed for three years) zu geben. Die mit der Verwendung von she verbundene Illokution ist in diese Mitteilungsabsicht eingebettet. - Die Manifestation hat Frageform, H verbindet mit seiner Interpretation des Auslösers aber durchaus eine hohe Wahrscheinlichkeit.
SW 122 T:
Illok. (A2)
[S und H = cleaners am Flughafen Heathrow. Eine Gruppe moslemischer Pilger betet im Flughafengebäude in Richtung Mekka. S und H unterhalten sich darüber.] "Bloody Pakis," said [H], "If they must say their bloody prayers, why don't they go and do it in the bloody chapel?" < < < "No use to them, is it?" > > > said [S], who seemed a shade less bigotted. < < < "Need a mosque, don't they?" > > > > > > " O h yerse\"< < < said [H] sarcastically. > > > " T h a t ' s all we need in 'Eathrow, a bloody mosque. " < < < "I'm not sayin' we ought to 'ave one," said [S] patiently, "I'm just sayin' that a Christian chapel wouldn't be no use to 'em. Them bein' in-fid-els." 122
Fs: _ / correct H / to the effect that Muslims need a mosque and not a Christian chapel for praying Fh: _ I suggest / that there should be a mosque at Heathrow airport 5.2.2, S. 138
SW 135 T:
Illok. (A2)
[S = Morris Zapp, H = Fulvia Morgana. S und H im Bett.]
252 [H:] "Airy as a beast ... You were a beast to your wife, I think." < < < "Ow! " > > > exclaimed [S], for [H] had dug her long lacquered nails into his flesh for emphasis. [H:] > > > " O w ? Well, for example, tying 'er up with leather straps and doing all those degrading things to 'er." < < < "Lies, all lies!" said [S] desperately. 135 Urs: Varietäten (Interferenz aufgrund von Hs italienischem Akzent) Fs: _ / request H / to stop hurting S Fh: _ / ask H / in what respect H thinks that S was a beast to his wife 5.1.2, S. 106; 5.2.2, S. 137
SW 136 T:
Modif. (A3)
[S = Morris Zapp, H = Fulvia Morgana. S erklärt H, mit der er eine Affare hat, warum ihm sein früher so aktives Sexualleben nicht so sehr fehlt.] [S:] "You know, I don't miss it as much as I thought I would. < < < It's a relief to be free of all the hassle."> > > [H:] "'Assle?" [S:] < < < "Yeah, you know - all the undressing and dressing again in the middle of the day, and showering before and after, and making sure your undershorts are clean and brushing your teeth all the time and gargling with mouthwash. " > > > > > > [H] threw back her head and laughed loud and long. "You funny man," she gasped. < < < [S] grinned uncertainly, for he had not intended to be that funny. 136 Fs: seriously / describe / the hassle connected with S's former affairs Fh: jokingly / 'describe' / the 'hassle' connected with S's former affairs 4.2.2, S. 95
SW 142 Nichtverstehen; prop. [Fragen von Übersetzer Akira Sakazaki an Ronald Frobisher bezüglich der Übersetzung eines Buches von Frobisher.] "p. 152, 'jam-butty'. What is it? p. 182, Ύ-fronts'.
What are they? p. 191 'sweet fanny adams'. Who is she'!"
142 Urs: Sprachliche und kulturelle Differenz beziehungsweise Hs Wissen
253 Κ:
Vgl. auch SW S. 105 und S. 108
5.1.2, S. 108
SW 157 Τ:
Modif. (A3)
[S = postgraduate student, H = Rudyard Parkinson. S und H unterhalten sich in Hs Büro.] [H:] "Tell me, if you were flying to Vancouver would you go by British Airways or Air Canada?" "I'm not much of an expert on air travel," said [S], "A charter flight to Majorca is about the limit of my experience. " [H:] "Majorca? Ah yes, I remember visiting Robert Graves there once. Did you happen to meet him?" "No," said [S], < < < "It was a package holiday. Robert Graves wasn't included."> > > Rudyard Parkinson glanced at the young man with momentary suspicion. Was it possible that callow Newcastle could be capable of irony - and at his expense? > > > T h e youth's impassive countenance reassured him. < < < Parkinson turned back to face the window. 157 Fs: ironically / inform H / that Robert Graves wasn't included in S's package holiday ?Fh: seriously / inform H / that Robert Graves wasn't included in S's package holiday K:
Es ist nicht völlig auszuschließen, daß H mit seiner Interpretation des Auslösers recht hat. Ich halte aber eine ironische Interpretation für weitaus wahrscheinlicher. Damit ist SW 157 einer der seltenen Fälle, in denen H eine Interpretation im Sinn von Fs immerhin zunächst in Erwägung zieht, dann aber bewußt verwirft.
SW 158 T:
Illok. (A2)
[S = Digby Soames, H = Philip Swallow. S ruft H an. Es geht um Hs bevorstehende Vortragsreise in die Türkei.] The telephone rang. "[S] here, British Council. < < < I t ' s about your lectures in Turkey."> > > [H:] "Oh yes. > > > Didn't I give you the titles? There's 'The Legacy of Hazlitt' and 'Jane Austen's Little Bit of Ivory' - that's a quotation from -" < < < "Yes, I know," [S] interrupted. "The trouble is, the Turks don't want it." "Don't want it?" [H] felt slightly winded. 158 Fs: _ / inform H / that there is a problem about H's lectures in Turkey Fh: _ / request H / to give S additional information on H's lectures in Turkey 5.1.7, S. 121; 5.2.2, S. 135
254 SW 159 Τ:
Prop./strukt. (A1.3)
[Η = Digby Soames, O = Philip Swallow. Fortsetzung von SW 158.] [H:J "I've just had a telex from Ankara. It says, > > > 'No mileage in Jane Austen here, can Swallow lecture on Literature and History and Society and Philosophy and Psychology instead'." > [H:] > > > "Shut up, [S]."< < < 175 Fs: seriously / warn H / that the boat is moving Fh: jokingly (hallucinating) / 'warn' H / that the boat is moving 3.3.3, S. 65; 5.2.3, S. 146
255 SW 178 Nichtverstehen mit Rückfrage; illok. [S = Greg, Radio-Producer in Sydney, H = Rodney Wainwright, O = Ronald Frobisher. O wird in einem Londoner BBC-Studio über Satellit aus Australien von H, der sich in Cooktown, Queensland, befindet, interviewt. Danach unterhalten sich S und H noch über eine Leitung in Australien und merken nicht, daß auch die Leitung nach London noch offen ist. H kommentiert Os Antworten während des Interviews:] [Η:] "(O] had absolutely nothing to say about postmodernism. He didn't seem to even understand the question." [O] bent to switch on the sound engineer's mike, "You can stick your question about postmodernism up your arse, Wainwright," he said. There was a stunned silence from the antipodes. Then, "Who said that?" [H] quavered. < < < "Jesus," > > > said [S], [H:] > > > "Jesus?" < < < "I mean, Jesus, the fucking line is still open," said [S]. 178 Urs: Kotext Fs: _ / swear / ?Fh: _ / inform H / that it was Jesus who said that K:
Die Interpretation in Fh ist für H natürlich nicht plausibel.
T:
MV i. w. S. (B)
SW 180
[S = Mr Custer, H = Philip Swallow, Ol = Akbil Borak, 0 2 = Oya (Akbil Boraks Frau). Ol erzählt 0 2 , die an dem berichteten Ereignis nicht beteiligt war, wie S und Ol mit ihrem Gast H das Atatürk-Denkmal in Ankara besucht haben.] [Ol:] "[...] Perhaps I should not have told [H] that it was a capital offence to show disrespect to the memory of Ataturk." [02:] "Well, so it is." [Ol:] "I said it as a kind of joke. However [H] seemed to be very worried by the information. He kept saying, 'Is it all right if I blow my nose?' and 'Will the soldiers be suspicious of my limp?' " [.·.] [01:] "[...] [S] told him, 'Don't worry, just do exactly as I do.' [...] And then < < < [S] had the misfortune to trip over a paving stone that was sticking up and, being impeded by the wreath, fell on to his hands and knees. > > > Before I could stop him, > > > [H] flung himself to the ground and lay prostrate like a Muslim at prayer. " < < < 180 Urs: kulturelle Differenz Fs:
0
Fh: _ / request H / to fling himself to the ground 5.1.2, S. 108; 5.3.4, S. 156 f.
256 SW 182 Nichtverstehen mit Rückfrage [S = Persse McGarrigle, H = Ronald Frobisher. S hat den Maud Fitzsimmons Bequest for the Encouragement of Anglo-Irish poetry-Preis - 1000 Pfund - bekommen und ist jetzt mit H in einem Pub.] "What are you going to spend it on, the thousand pounds?" [H] asked [S] when [S] returned with the drinks [.··]. < < < "Looking for a girl," > > > said [S] indistinctly. [H:] > > > "Looking for the Grail?" < < < [S:] "A girl. Her name is Angelica. [...]" 182 Urs: lautlich (akustisch, Pub-Geräusche) Fs: _ / inform H / that S is looking for a girl ?Fh: _ / inform H / that S is looking for the Grail xh: Looking for the Grail K:
Die in der Rückfrage zum Ausdruck gebrachte Interpretation wird von H selbstverständlich nicht für plausibel gehalten. Zu der Anspielung, die der Text in Hs Interpretationsversuch ausdrückt, vgl. Weiß (1994: 158 f.), der SW als "Romanze" bezeichnet, "in der statt fahrender Ritter ruhmbegierige Literaturprofessoren auf der Suche nach Abenteuern und Frauen sind und um die Würde des wissenschaftlichen Gralskönigs streiten [...] Der Parzival dieser akademischen Romanze ist [...] Persse McGarrigle [...]." Vgl. dazu ausführlich Pfandl-Buchegger (1993: 358 ff.). - Zusätzlich zur lautlichen Ursache könnten auch varietätenbedingte Faktoren eine Rolle spielen. Im IrE (S ist Ire) wird das nonprävokalische /r/ in girl im Gegensatz zum Standard-BrE ausgesprochen. Damit ist die lautliche Ähnlichkeit zwischen girl und Grail größer als im Standard-BrE.
T:
Prop./Implik. (A1.2)
SW 202
[S = Persse McGarrigle, H = Morris Zapp. S und H gehen im Amsterdamer Rotlichtviertel spazieren. S glaubt Angelica (tatsächlich handelt es sich um deren Zwillingsschwester Lily) in einem Fenster gesehen zu haben und will zurück.] [H:] "Are you OK? What d'you want to do?" < < < "I'd rather be on my own for a while, if you don't mind," > > > [S] said. [H:] "Ah ha! > > > You saw something that took your fancy in one of those windows back there, huh? Well, I don't blame you, Percy, you're only young once. [ . . . ] " < < < 202 Urs: Hs Wissen Fs: _ / inform H / that S wants to be on his own for a while Fh: _ / inform H / that S wants to be on his own for a while because he wants to go back to one of the women he just saw
257 SW 215 Τ:
Modif. (A3)
[S = Akbil Borak, H = Custer. S und H haben Philip Swallow in Ankara zum Zug gebracht.] < < > > said [S] with a smile, < < < "but I prefer to go by myself. " > > > > > > "Do you really?" said [H], "1 prefer company."< < < "No, no!" [S] laughed. "I was quoting Bill Hazlitt. The essay O n going on a journey'." 215 Fs: as a quotation / 'state' / that S prefers to go on journeys by himself Fh: literally / state / that S prefers to go on journeys by himself 4.2.2, S. 94; 5.2.3, S. 141
SW 241 T:
Prop./ref. ( A l . l )
[S = Joy Simpson, H = Philip Swallow. S und H, die seit kurzem eine Affare miteinander haben - H ist verheiratet -, sitzen auf einem Hotelbalkon in Athen und sprechen über die Zukunft.] "Will your wife divorce you, then?" says [S], buttering a croissant. "If I choose the right moment," says [H], "I went home with every intention of telling her about us, but when she announced that she wanted to be a marriage counsellor, it just seemed too cruel. [...]" IS] bites into her croissant and chews meditatively. < < < "What are your plans?" > > > > > > "I thought," says [H], squinting in the sun at the Acropolis [...], "that we might hire a car and drive to Delphi."< < < [S:] "I don't mean this weekend, idiot, I mean long-term plans. About us." 241 f. Urs: Kotext? Fs: _ / ask H / what H's plans are concerning a possible divorce from his wife Fh: _ / ask H / what H's plans for the weekend are 5.1.6, S. 119
SW 251 T:
Modif. (A3)
[(S = W. B. Yeats), H = Mrs Finklepearl, O = Persse McGarriggle. O betreut fïàr die Celtic Twilight Summer School eine Gruppe von Amerikanern, die sich die Insel Innisfree im Lough Gill ansehen werden. Im Ruderboot:]
258 " 7 will arise and go now, and go to Innisfree,'" an overweight matron in tartan Bermuda shorts and dayglo pink tee-shirt [H] recited aloud in the accents of Brooklyn, with a knowing smile in [0]'s direction. [...] < < < " 'And a small cabin build there, of clay and wattles made. ' > > > > > > Do we get to see the cabin, [0]?" >"[...] then she told her mother and me she was going to Yale graduate school to do complete literature, or somethin'. " < < < [0:1 "Comp. Lit.? Comparative Literature?" [H:] "That's it. [...]" 278 Urs: Hs Wissen Fs: _ / inform H / that S is going to do Comparative Literature ?Fh: _ / inform H / that S is going to do complete literature K: Der Auslöser des Miflverständnisses liegt einige Zeit zurück und ist im Text nicht wiedergegeben. - H ist sich seiner Interpretation der offenbar von S verwendeten Abkürzung Comp. Lit. nicht ganz sicher, wie der Zusatz or somethin ' in der Manifestation zeigt. - Vgl. das sehr ähnliche SW 279.
SW 279 T:
Prop./ref. (Al.l)
[(S = Angelica,) H = Hermann Pabst (Angelicas Vater, chief executive bei Transamerican), O = Persse McGarrigle. O hat H aufgesucht, um ihn zu fragen, wo Angelica ist (gleiche Situation wie in SW 278).] [H:] "[...] She's in Honolulu right now." [...] [H:] "And I'll give you three guesses why she's there." [0:] "Another conference?" [H:] "Right. > > >Some conference on John." < <