Verhandlungen, Mitteilungen und Berichte des Centralverbandes Deutscher Industrieller: Band 109 April 1907 [Reprint 2020 ed.] 9783112387146, 9783112387139


217 126 7MB

German Pages 100 Year 1907

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Verhandlungen, Mitteilungen und Berichte des Centralverbandes Deutscher Industrieller: Band 109 April 1907 [Reprint 2020 ed.]
 9783112387146, 9783112387139

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Verhandlungen, Mitteilungen und

Berichte des

Oiitriilurrliiiiiiic'j Deutscher MWeller. .V. 105. herausgegeben

Geschäftsführer M. M. Kueck, Berlin W., Karlsbad ^a. Telephon: Nr. 2527 21mt VI

April 1907.

Berlin 1907. I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.

I.

Mängel des deutschen Patentrechts und Vorschläge zu ihrer Seseitigung. Verhandlung zu

Berlin am 16. Mär; 1907.

II. Eingaben des

Eentraluerbandes Deutscher Industrieller aus den Jahren 1906 und 1907.

III.

Glückwunschschreiben an

Seine Durchlaucht den Reichskanzler Fürsten von Dülow über den Ausgang der Reichstagswahlen 1907 und die Antwort des Reichskanzlers darauf.

Inhaltsverzeichnis. Seite

I. Versammlung zur Verhandlung über Mangel des deutschen Patentrechts und Vorschläge zu ihrer Beseitigung am 16. März 1907 zu Berlin. Vorsitzender: Geheimer Regierungsrat Koenig-Berlin ... 7, 14,16, 23, 32,37, 38,40,41,47,50,52,53,68,75, 77, 79, 80, 81, 82, 83 Prof. Dr. Leidig-Berlin . . 8, 18, 24, 29, 32, 38, 39, 40, 42, 47, 48, 50, 52, 53, 60, 65, 68, 73, 75, 78, 79, 80 Wandel-Essen 14, 62, 70, 81 Guttsmann- Grünewald - Berlin 16, 30, 40, 51, 72 Bucck-Berlin 17, 83 Haeuser-Hoechst ... 20, 26, 34, 40, 42, 49, 56, 65, 72, 79, 82 Dr. Beumer-Düsseldorf 21, 68, 81 Adolf Langen-Cvln 22, 30, 64 Dr. Bartz- Braunschweig 23, 44 v. Schütz-Berlin 25, 32, 47, 68, 78 Dr.-Jng. Lürmann-Berlin 33 Claviez-Adorf 34 Schäfer-Dessau 35, 41, 51, 63 Gondos-Kalk bei Cvln 35, 47, 67, 70 Neumann-Deutz 36, 45, 54, 71 Dr. Röwer-Hamburg 37 Wohlgemutb-Essen 37, 52, 55 Spaethe-Gera 37, 46, 78, 80 Dr. Fiebelkorn-Berlin 39 Hochwald-Berlin 41 Exzellenz Krüger-Berlin 46, 74 Prof. Krainer-Berlin 62, 77 Prof. Dr. Osterrieth-Berlin 74, 78, 83 Schwager-Berlin 75

Vorschlag für die Führung der Verhandlungen über die Mängel des Patentrechts

6 Seite

II. Eingaben -es Centralverbandes Deutscher Industrieller aus -en Jahren 1906 und 1907. 1. Eingabe an den Herrn Staatssekretär des Reichsschatzamts, betreffend Erweiterung des zollfreien Bezuges von Benzin für Kraftfahrzeuge und Motoren vom 14. Dezember 1906 ... 2. Eingabe an die Königliche Eisenbahndirektion Halle a. S., betr- Frachtermäßigung für Glassand vom 19. Dezember 1906 3. Eingabe an die Generaldirektion der König!, bayer. Staats­ eisenbahnen, München, und an die Königl. Eisenbahndirektionen Essen, Cöln, Saarbrücken, Breslau, betr. Frachtermäßigung für Glassand vom 29. Dezember 1906 ...................................... 4. Eingabe an den Herrn Staatssekretär des Reichs-Justizamts, betreffend den „vorläufigen Entwurf" eines Gesetzes über die Erleichterung des Wechselprotestes vom 4. Januar 1907 ... 5. Eingabe an den Herrn Staatssekretär des Reichs-Justizamts, betreffend den Vorbehalt des Eigentums beim Verkauf von Maschinen vom 30. Januar 1907 ................................................. 6. Eingabe an den Minister für Handel und Gewerbe, Berlin, betreffend den Entwurf eines Gesetzes gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landwirtschaftlich hervorragenden Gegenden vom 9. April 1907 ......................................................................... 7. Eingabe an das Haus der Abgeordneten, Berlin, betreffend den Entwurf eines Gesetzes gegen die Verunstaltung von Ort­ schaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden ....

III. Glückwunschschreiben an Seine Durchlaucht den Reichs kanzler Fürsten von Bülow über den Ausgang der Reichs­ tagswahlen 1907 und die Antwort des Reichskanzlers darauf........................................................

85

88

91

92

95

95

97

99

I.

Versammlung zur

Verhandlung über Mvgel des dentslhen Patentrechts und Vorschläge z« ihrer Beseitigung. Einberufe« vom Ceutralverbande Deutscher Industrieller.

Koit«abe«d, den 16, Marx 1907, vormittag» 11 Uhr zrr Berlin im Savoy- Hotel. Vorsitzender

Geheimer

Regierungsrat

Koenig-Berlin:

Meine

hochverehrten Herren! Namens des Centralverbandes Deutscher Industrieller habe ich die Ehre, die heutige Versammlung damit zu eröffnen, daß ich Sie alle auf das herzlichste willkommen heiße. Der Zweck, meine Herren, der uns heute hier zusammenführt, ist für die gesamte deutsche Industrie von ganz besonderer Wichtigkeit. Fast so

lange wie die heute geltenden Patentgesetze in Kraft sind, fast so alt sind auch die Wünsche auf Abänderung und Verbesserung derselben. Besonders sind aus den Kreisen des Centralverbandes sowohl von den körperschaftlichen Mitgliedern als auch von den einzelnen Firmen Klagen über Mängel dieser Gesetze erhoben worden und Wünsche und Anregungen auf Abänderung und Verbesserung kundgegeben wordenDas ist der Grund, weshalb das Direktorium des Centralverbandes

diese Angelegenheit seinerseits in die Hand genommen hat. Die erste Frage war die, wie diese so wichtige, aber auch so

schwierige und umfangreiche Angelegenheit am zweckdienlichsten zu behandeln sein möchte. Wir meinten, daß die Beratung und Er­ örterung der bezüglichen Fragen von Anbeginn in einer Versammlung der sämtlichen Mitglieder des Centralverbandes wohl kaum zu einem klaren Ergebnis führen würde.

Wir meinten, daß zuerst einmal eine Uebersicht geschaffen werden müsse, und zwar eine Uebersicht ebenso­ wohl über diejenigen, welche Wünsche zu dem Patentgesetz haben, wie

8

eine Uebersicht über das, was zu den Patentgesetzen gewünscht wird. Dann, meinten wir, müßte von den Interessenten und deren Sach­ verständigen in einer Kommission dieses Material gesichtet — vielleicht in Subkommissionen geprüft und geklärt —, dort die Einzelwünsche festgelegt, gruppiert und redigiert und schließlich in Gesamtberatungen

die Gegensätze ausgeglichen werden, und so die Wünsche der gesamten

Industrie niedergelegt werden, und zwar immer Hand in Hand mit dem Verband zum Schutz des gewerblichen Eigentums. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, meine Herren, hat das Direktorium des Centralverbandes zuerst eine entsprechende Rundfrage an seine Mitglieder erlassen und dann, den Wünschen aus den Kreisen der Mitglieder des Centralverbandes entsprechend, auf heute zu einer Versammlung eingeladen, um im Anschluß an die Rundfrage eine Aussprache der Interessenten herbeizusühren. Eine Uebersicht über das Ergebnis der Rundfrage liegt Ihnen gedruckt vor. Herr Professor Dr. Leidig wird die Güte haben, darüber zu referieren. Sobald Sie, meine Herren, dann die Erläuterung von Herrn Professor Leidig gehört haben werden, werde ich mir erlauben vor­ zuschlagen, daß wir zunächst in eine Generaldiskussion ein treten, und aus dieser wird sich dann wohl ergeben, welches Procedere im ein­ zelnen die Herren für das geeignetste halten. Ich werde mir erlauben, eine Präsenzliste herumzuschicken und

möchte Sie bitten, Ihre werten Namen in diese Liste einzutragen mit den betreffenden Vereinen, Verbänden und Firmen, die Sie etwa vertreten. Nunmehr bitte ich Herrn Regierungsrat Professor Dr. Leidig,

das Wort zu ergreifen. Regierungsrat Professor Dr.Leidtg-Berlin: Meine geehrten Herren, innerhalb des umfangreichen Interessengebietes, mit dem sich der Centralverband Deutscher Industrieller zu beschäftigen hat, ist die Frage der Schaffung und der Reform des deutschen Patentrechts eine derjenigen, die den Centralverband bereits mit am längsten beschäftigen. Schon am 31. Oktober 1876 in der ersten Delegierten­ versammlung, die der damals neugegründete Centralverband Deutscher

Industrieller überhaupt abgehalten hat, stand auf der Tages­ ordnung die Schaffung eines deutschen Patentgesetzes, und, meine Herren, nach Maßgabe seines damaligen Einflusses und seiner damaligen Bedeutung hat der Centralverband Deutscher Industrieller auch zu jener Zeit schon sich an den Vorarbeiten für die Schaffung

unseres deutschen Patentgesetzes eifrig beteiligt.

9 Viel umfangreicher und viel bedeutsamer ist dann aber die Tätigkeit unseres Verbandes gewesen bei den Vorarbeiten zur Durch­ führung der Reform des Patentgesetzes, zur Durchführung der Novelle von 1891. Durch umfangreiche Verhandlungen, durch Einsetzung eines

besonderen Ausschusses, durch sehr lebhafte Beteiligung an der Enqußtekommission, die damals von der Reichsregierung berufen war, hat sich

der Centralverband Deutscher Industrieller zu jener Zeit bemüht, das Patentgesetz entsprechend den Wünschen und den Interessen der deutschen

Industrie zu gestalten. Meine Herren, es ist, glaube ich, uns allen eine besondere Freude, daß, wie bei den damaligen Verhandlungen mit in erster Linie der Verein zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der chemischen Industrie gestanden hat, wir auch heute, wo wir diese Verhandlungen und diese Bestrebungen wieder aufnehmen, die Herren Vertreter dieses hochansehnlichen Vereins unter uns begrüßen dürfen, und, meine Herren, ich glaube, ich darf, daran anschließend, auch die Freude darüber aussprechen, daß wir heute auch den Sohn desjenigen Mannes unter uns begrüßen dürfen, der damals an führender Stelle bei diesen Fragen im Centralverbande gestanden hat. Es ist damals der Geheime Kommerzienrat Langen gewesen, der in allen diesen Verhandlungen der Wortführer für den Centralverband gewesen ist. Meine Herren, nachdem die Reform des Patentgesetzes durch die Schaffung des Gesetzes, das ja noch heute in Gültigkeit steht, zu einem gewissen Abschluß gekommen war, konnte der Centralverband Deutscher Industrieller diese Frage ein wenig zurückschieben, weil sich ja inzwischen

ein besonderer Verein zum Schutze des gewerblichen Eigentums, dessen Herren Vorsitzenden und Geschäftsführer wir gleichfalls die Freude haben, heute unter uns zu begrüßen, dieser Frage in ganz allgemein anerkannter, ungemein sachlicher, eingehender und kenntnisreicher Weise

angenommen und dafür seitdem gearbeitet hat. Immerhin haben wir auch seither unsere Tätigkeit auf diesem Gebiete nicht eingestellt, und ich darf namentlich daran erinnern, daß der Centralverband Deutscher Industrieller sich mit der Frage der Ordnung des Patentanwaltgesetzes schon seinerzeit wieder lebhaft beschäftigt und eine Reihe von Eingaben an die Reichsregierung

gerichtet hat.

Vor nunmehr zwei Jahren trat an den Centralverband aus verschiedenen Kreisen der deutschen Industrie die Aufforderung heran, doch wieder seine Arbeiten zur Reform des Patentrechts aufzunehmen; die daraufhin von uns veranstaltete Umfrage hat in sehr weiten Kreisen

unserer Mitglieder Interesse und Beteiligung gefunden, und die heutigen

10 Verhandlungen, meine Herren, sind wieder eigentlich in erster Linie veranlaßt worden auS den Kreisen der deutschen Industrie, die den dringenden Wunsch aussprach, daß nunmehr auf der Grundlage dieser Erörterungen, die stattgefunden haben, eine Aussprache unter den

Interessenten stattfinden möchte. Meine Herren, wenn ich zu dem Ergebnis der Umfrage selbst übergehe, so möchte ich glauben, daß es nicht Ihrem Wunsche ent­

sprechen würde, wenn ich auf Einzelheiten eingehe. Die Grund­ stimmung möchte aber doch wohl hier hervorzuheben sein, und das ist die, daß im großen und ganzen von der deutschen Industrie die Grundlagen unseres Patentrechts als dem Bedürfnis der deutschen Industrie entsprechend bezeichnet werden. Ich hebe das um deswillen hervor, weil wir ja in einzelnen Kreisen einen prinzipiellen Gegensatz gegen die Grundlagen des heutigen Patentrechts finden. Auch die Frage, die ja früher manche Kreise der deutschen Industrie lebhaft berührt hat: der Hinzutritt Deutschlands zur gewerblichen Union, die Vorteile und Nachteile, die sich daraus ergeben, kann jetzt als erledigt angesehen werden. Es ist zwar in der Umfrage vielfach auf die Ver­ hältnisse, die sich durch den Hinzutritt zur gewerblichen Union ergeben haben, zurückgegriffen. Ich möchte aber doch glauben, daß der allgemeine Eindruck der ist, daß die deutsche Industrie mit diesem Hinzutritt, der ja auch in sehr wesentlichem Maße gerade den Be­ mühungen Ihres Vereins, Herr v. Schütz, zu verdanken ist, durchaus einverstanden ist, und diese Maßnahme als ein glückliches Vorgehen

der Reichsregierung betrachtet hat. Wenn somit die Grundlagen des Patentgesetzes und des deutschen Patentrechts den Anschauungen der deutschen Industrie zu entsprechen

scheinen, so sind doch, meine Herren, eine ganz große Reihe von Aenderungswünschen geltend gemacht worden, und Sie erkennen ja schon aus der Aufstellung, die hier vorgelegt worden ist*) und bei der bereits eine Reihe von Einzelwünschen, die die Aenderung einzelner Paragraphen und dergleichen betreffen, weggelassen worden sind, daß

von sehr verschiedenen Seiten doch auch Wünsche geltend gemacht worden sind, die eine Aenderung sehr wesentlicher Grundlagen des Gesetzes erheischen würden. Allerdings besteht auch nach der Richtung hin keine Einigkeit, und wir können uns nicht verhehlen, daß innerhalb

der deutschen Industrie sich zwei Strömungen ergeben, die nebenein­

ander, ja zum Teil auch gegeneinander gehen.

Eine Strömung, die

*) Der Versammlung war eine systematische Zusammenstellung der ange­ regten Bedenken und ausgesprochenen Wünsche vorgelegt worden. Diese Zusammen­ stellung findet stch am Schluffe dieser Verhandlungen auf Seite 83 abgedruckt.

11 von einem Teil

der Industrie vertreten wird, wünscht eine weitere

Ausdehnung des Patentschutzes, eine Erweiterung über das jetzt vor­ handene Maß hinaus, während von sehr großen Jndustriegruppen andererseits die Auffassung vertreten wird, daß heute bereits zuviel

Patente verliehen werden, daß das Maß der Ausdehnung des Patent­ schutzes heute über das Bedürfnis und die Interessen der Industrie hinausgehe. Sie finden, meine Herren, den Niederschlag dieser An­ schauungen ja in den Ausführungen unter „Allgemeines", wo dieser Gegensatz angedeutet worden ist. Es ist von einer Reihe von großenFirmen und von ganzen Jndustriegruppen hervorgehoben worden, daß es

wünschenswert sei, nur solche Patente zu verleihen, die tatsächlich einen technologischen und technischen Fortschritt für die Industrie bringen, während die Ausgestaltung eines an sich bereits bekannten Gedankens nicht als patentfähig zu erachten sei. Ich möchte hervorheben, daß ähnliche Auffassungen bereits auch Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts innerhalb des Centralverbandes zum Ausdruck gekommen sind, und daß sich damals die Mehrheit des Centralverbandes diesen Auffassungen, wenn auch nicht ganz, so doch in ziemlich großem Umfange angeschlossen hat. Diese Auffassungen wurden namentlich von dem ja selbst als glücklichen und erfolgreichen Erfinder bekannten

Herrn Geheimrat Langen vertreten, der besonders wünschte, daß eine vorherige Ausführung der Erfindung stattfinden müsse, ehe über­

haupt ein Patent erteilt werden könne. Diese Gedanken sind damals in erheblichem Umfange vom Centralvcrbande zu den seinigen gemacht worden. Sie sind aber bei der Revision des Gesetzes nicht berücksichtigt worden, während sie ja bis zu einem gewissen Grade beim Gebrauchs­ musterschutz ihre gesetzliche Verwertung gefunden haben. Eine zweite allgemeine Klage ist dann die hinsichtlich der Dauer der Patente und hinsichtlich der Patentgebühren. Es gibt auf diesem Gebiet keine Gegensätze. Innerhalb der ganzen Industrie

wird die Höhe der Patentgebühren beklagt. In unserer Enquete ist meiner Erinnerung nach nur eine einzige Stimme laut geworden, die erklärte, sie wäre eher noch für eine Erhöhung als für eine Erniedrigung der Patentgebühren, um damit das Uebermaß der Patente ein wenig einzuschränken. Im übrigen wird allgemein darauf hingewiesen, daß die Patentgebühren Deutschlands — ich glaube mich nicht zu irren — die höchsten der Welt sind und daß hier eine

Aenderung dringend notwendig sei, und der zweite eigentlich allgemein von den Gutachtern vertretene Wunsch ist der, eine Aenderung in der Gestaltung der Dauer des Patentschutzes herbeizuführen. Es wird im allgemeinen darauf hingewiesen, daß die jetzige Stellungnahme unserer

12 deutschen Patentgesetzgebung, wonach die Dauer unseres Patent­ schutzes mit der Anmeldung des Patentes beginnt und, ohne Rück­ sicht darauf, wann das Patent erteilt wird, ja auch nur, wann der vorläufige Patentschutz bewilligt wird, weiterläust, von vornherein zu sehr erheblichen Schwierigkeiten geführt habe. Es ist ja jetzt vor wenigen Wochen erst eine Mitteilung durch die Zeitungen gegangen, daß sich ein Patent bereits seit vierzehn Jahren in der Vorprüfung beim Patentamt befindet (Heiterkeit); man darf hoffen, daß das

Patentamt Ablauf der Hier des Laufes

nun wenigstens so witzig sein wird, das Patent erst nach fünfzehnjährigen Frist zu erteilen. (Heiterkeit.) ist allgemein der Wunsch ausgesprochen, daß der Beginn der Patentschutzsrist verschoben wird, sei es, daß die Patent­

schutzfrist erst beginnt mit der Veröffentlichung des Patentanspruches, sei es, daß sie, wie es ja ein Teil der auswärtigen Patentgesetz­ gebungen gestaltet hat, erst beginnt mit der wirklichen Erteilung des

Patentes. Von einzelnen Seiten ist übrigens auch eine Verlängerung der Patentschutzsrist an sich gewünscht worden. Das, meine Herren, sind aber nur wenige Stimmen. Im großen und ganzen scheint die Industrie der Meinung zu sein, daß diese fünfzehnjährige Frist dem Bedürfnis genüge, ja es ist sogar eine Abkürzung der Frist verlangt worden, andererseits allerdings dann vorgeschlagen worden, unter gewissen Umständen eine Verlängerung der normalen Frist eintreten zu lassen. Wenn ich nun auf einzelne Fragen eingehe, die sich aus dem Gutachtenmaterial als wesentliche Wünsche ergeben, so ist vor allem

hervorzuheben, meine Herren, die Stellung zu der Gerichtsbarkeit in dem Patentwesen. Unsere ganze Enquote ist eigentlich von dieser Frage ausgegangen. Es ist ja innerhalb der Industrie von ver­ schiedenen Seiten geklagt worden namentlich über die Gestaltung

der Patentverletzungsklage, die heute den ordentlichen Gerichten über­ wiesen ist. Da eine Reihe von Firmen durch die jetzige Gestaltung Nachteile gehabt zu haben glaubte, so nahmen sie eine gewisse Agitation zu Gunsten der Reform der Patentgerichtsbarkeit auf und beantragten

bei uns, wir möchten uns mit dieser Frage beschäftigen. Das ist eigentlich der erste Ursprung unseres jetzigen Vorgehens gewesen. Nun, meine Herren, es wird Ihnen ja bekannt sein, daß hier

eine Reihe von Vorschlägen vorliegen. Es wird ein völliger Sonder­ gerichtshof für Patentwesen gewünscht. Das ist der Vorschlag gewesen,

den seinerzeit der Centralverband Deutscher Industrieller gemacht hat, und der im wesentlichen auch wohl übereinstimmt mit derjenigen

13 Stellung, die heute der Verein zum Schutz des gewerblichen Eigentums einnimmt. Es sind dann andere Vorschläge gemacht ivorden, namentlich

in den den meisten Herren ja wohl bekannten Aufsätzen des Patent­ anwalts Schütze über die Gestaltung von Feststellungskammern und dergleichen innerhalb des Patentamts selbst. Es wird ja wohl eine der Hauptaufgaben dieser Versammlung sein, gerade zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Es läßt sich nicht verkennen, daß andererseits auch eine Reihe von Gegenbehauptungen aufgestellt werden können. Der vermittelnde Weg ist ja der, daß die letzte Instanz, wie bisher, auch künftighin beim Reichsgericht belassen wird. Meine Herren, eine der Fragen, die in den letzten Jahren in der Oeffentlichkeit eine erhebliche Bedeutung gewonnen haben, und die zweifellos auch in diesem Kreise und bei diesem Anlaß erörtert werden muß, ist die, wer berechtigt sein soll, den Patentschutz für sich geltend zu machen, der Anmelder oder der wirkliche Erfinder, und damit steht weiter in Zusammenhang die ja an der Grenze des Patentrechts stehende und zu der sozialpolitischen Gesetzgebung, in die sozialpolitische Auffassung des einzelnen hinüber greifende Frage über die Stellung der Angestellten zu den Erfindungen, die sic während ihrer Anstellung und in Ausübung ihrer Berufspflicht oder aus Anlaß der Ausübung ihrer Berufspflicht machen. Die Frage hat, wie den Herren ja bekannt sein wird, gerade in den letzten zwei Jahren in der öffentlichen Diskussion eine ziemliche Bedeutung gewonnen. Sie hat auch bereits zu Erörterungen und Anträgen im Parlament geführt. Wir werden um die Erörterung dieser Frage zweifellos hier nicht herumkommen können, und es wird versucht werden müssen,

eine Einigung und einen Ausgleich der An­

schauungen und der Gegensätze, die hier vorliegen können, zu finden. Meine Herren, die anderen Gesetze, das Gebrauchsmusterschutz­

gesetz und die übrigen mit dem Patentrecht in einem gewissen Zu­ sammenhänge stehenden Gesetze scheinen in der Industrie im großen und ganzen zu irgend welchen Beschwerden — immer nach Maßgabe derjenigen Gutachten, die uns vorliegen — keinen Anlaß gegeben zu haben. Sie wollen das freundlichst auch daraus ersehen, daß nur verhältnismäßig wenige Punkte in dieser Beziehung ihnen hier in der Aufstellung vorgelegt worden sind.

Eine Reihe von Erörterungen ist allerdings angeknüpft worden an das Warenzeichenrecht. Ich darf auch da als bekannt voraussetzen — und dieselben Anschauungen treten auch hier in dieser Umfrage her­ vor —, daß mehrfach Firmenzeichen verlangt werden. Auch die sehr umstrittene Frage der Zeichen für bestimmte Warenklassen ist zur Er-

14 örterung gekommen. Es haben sich einzelne dafür, andere Gruppen auch sehr lebhaft dagegen ausgesprochen. Eine Klärung und Einheit­ lichkeit der Auffassung ist nach der Richtung hin nicht zu konstatieren. Allgemein wird eine schärfere Fassung der Bestimmungen über das Recht der Benutzung der Warenzeichen zu unlauteren Zwecken ge­

wünscht. Es mag darauf hingewiesen werden, daß nach der Richtung hin unter Umständen die neuen Bestimmungen des Bürgerlichen Ge­

setzbuches

schon

gegenüber

dem

früheren

Rechte

einen

erweiterten

Schutz gewähren werden. Ich möchte glauben, meine Herren, daß ich damit die Darlegung des allgemeinen Inhalts der Ergebnisse, welche unsere Umfrage gebracht hat, zu Ende geführt habe.

Was nun die Erörterungen hier in diesem Kreise selbst anbelangt, meine Herren, so gibt es ja zwei verschiedene Möglichkeiten. Die eine ist die, die einzelnen hier als Ergebnis dieser Umfrage herausgezogenen Stichproben und Stichworte zur Diskussion zu stellen und damit zu einem gewissen Abschluß zu kommen. Ob es möglich sein wird, namentlich in einem immerhin nicht kleinen Kreise, in dieser Weise zu verfahren, ist mir allerdings sehr zweifelhaft, und ich möchte deshalb glauben, meine Herren, daß wir vielleicht besser wegkommen, wenn nicht die einzelnen Worte, sondern die einzelnen Abteilungen, die ich mir erlaubt habe, hier abzugrenzen, zur Diskussion gestellt werden. Es wird sich dann immerhin, wie ich glauben möchte, eine gewisse Kenntnis der Stimmungen und der Auffassungen ergeben, und es wird daraus dann eine Folgerung für das weitere Verfahren und unser weiteres Verhalten gezogen werden können. (Beifall.)

Vorsitzender: Meine hochgeehrten Herren! Nach diesem ein­ leitenden Referat des Herrn Professor Leidig fragt es sich, ob die Herren zunächst in eine Generaldiskussion einzutreten wünschen. Wollen Sie eine Generaldiskussion über das gesamte Material haben, oder wollen Sie eine Generaldiskussion über die einzelnen Abschnitte der hier zusammengestellten, aus der Rundfrage hervorgegangenen Fragen belieben? Oder wollen Sie das eine tun und das andere nicht lassen? Mir würde es angezeigt erscheinen, daß wir zunächst über­ haupt in eine Generaldiskussion eintreten, um aus derselben zu ersehen,

wie wir weiter vorzugehen haben. Wünscht hierzu jemand der Herren das Wort? Justizrat Wandel-Essen: Meine Herren, ich habe große Be­ denken dagegen, ob der Centralverband im allgemeinen und unsere heutige Versammlung im speziellen überhaupt in der Lage ist, in

15 einigermaßen eingehender Weise die Notwendigkeit einer Abänderung des Patentgesetzes zu erörtern. Das Patentrecht, meine Herren, ist, wie Ihnen ja allen bekannt ist, eine ganz außerordentlich schwierige Materie, in der es von Streitfragen und verschiedenen Ansichten wimmelt, ein so schwieriges

Gebiet, daß es eingehend und eindringend nur von Juristen, Technikern, Erfindern und Industriellen zusammen bearbeitet werden kann. Ich hege Zweifel, ob im Centralverbande die erforderlichen

Kräfte ausreichend vertreten sind, und ob speziell unsere heutige große Versammlung in der Lage ist, eingehend die Sache zu beraten. Wie schon vorher ausgeführt ist, existiert ja der Ihnen allen bekannte Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums, der sich schon in einer Reihe von Kongressen und, ich möchte sagen, ständig mit diesen Fragen beschäftigt hat und sie auf das eingehendste

studiert. Ich bin nun zwar nicht der Ansicht, daß der Centralverband vollständig zu Gunsten dieses Vereins abdizieren soll. Die Materie ist doch von einer so großen Bedeutung für die Industrie, daß es gar nicht angeht, daß ein Verband wie der Centraloerband Deutscher Industrieller sich darin vollständig der Stimme enthält. Ich meine

aber, der Centralverband könnte unbeschadet seines Ansehns doch dem Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums den Vortritt lassen. Er könnte insbesondere berücksichtigen, daß in diesem Jahre der genannte Verein einen Kongreß in Düsseldorf abhält, in dem ein Teil der hier vorliegenden Fragen besprochen werden soll. Ich meine, es wäre richtig, die Beschlüsse dieses Kongresses abzuwarten, dann die Hauptpunkte herauszusuchen, zusammenzustellen und zu ihnen Stellung zu nehmen, entweder in zustimmendem oder ablehnendem

Sinne. Wenn die Herren anderer Ansicht sind, so habe ich trotzdem das Bedenken, ob wir auf Grund der Beratung dieser hier aufgestellten Rubriken zu einem ersprießlichen Ergebnis kommen. Meiner Ansicht nach sind das doch mehr zufällige Ergebnisse einer Enquöte, die wir hier zusammengestellt finden.

Die Enquete war ganz

allgemein ge­

halten, es war gar kein Fragebogen oder irgend etwas derartiges beigefügt. Man hat also einfach geantwortet zu einem Punkt, der der betreffenden befragten Stelle gerade am nächsten lag. Infolge­ dessen sind teilweise Sachen von mehr theoretischer Bedeutung in diesen Aeußerungen enthalten; teilweise sind hier außerordentlich wichtige Dinge überhaupt nicht berührt worden. Charakteristisch dafür war die Ausführung des Herrn Dr. Leidig, daß hinsichtlich des

16 Gebrauchsmusterschutzgesetzes

anscheinend keinerlei

Wünsche

auf Ab­

änderung in der Industrie vorhanden wären. Jeder, der die Sache genau kennt, weiß, daß gerade das Gebrauchsmusterschutzgesetz eine große Fülle von Streitfragen gezeitigt hat, gipfeln, ob überhaupt erhalten ist, weiter ob

die ins besondere darin

das Gebrauchsmusterschutzgesetz aufrechl zu auch »eine Vorprüfung für Gebrauchsmuster

ferner ob die Nichtigkeitserklärung von Gebrauchsmustern anders zu regeln ist mindestens nach einer bestimmten Richtung einzuführen ist,

als heute. Ich glaube also nicht,

daß,

wenn wir die Sache-im Central-

verbande eingehend behandeln wollen, wir damit weiter kommen, wenn wir an diese Rubriken uns anschließen. Ich meine, daß dann zunächst eine Aufstellung gemacht werden müßte, die objektiv, also abgesehen von dem Resultat der Umfrage, die einzelnen, abänderungs­ bedürftigen Punkte hervorhebt, und daß dann eine Kommission ge­ bildet werden sollte, die im Verein mit Delegierten des Vereins für gewerblichen Rechtsschutz berät.

Vorsitzender: Meine Herren, ich hatte gebeten, zunächst das Wort über die Frage zu ergreifen, ob wir in eine Generaldiskussion eintreten sollen, oder wie sonst das Procedere sein soll. Ich wollte Herrn Justizrat Wandel nicht unterbrechen, aber Herr Justizrat Wandel hat bereits die Generaldiskussion eröffnet. Daraus, daß niemand anders sich zu der formellen Frage zum Wort gemeldet hat, schließe ich, daß die Herren damit einverstanden sind, wenn wir nunmehr in die Generaldiskussion eintreten. Gerade die Generaldiskussion wird den Zweck einer allgemeinen Aussprache, die mit der heutigen Versammlung beabsichtigt war, meines Erachtens erfüllen. Wie ich schon in meinen einleitenden Worten andeutete, sind auch die Organe des Centralverbandes der Ansicht, daß es in der heutigen Versammlung kaum bereits zu Einzelbeschlüssen kommen werde oder die Materie im speziellen durchdiskutierbar sein werde.

Aber wir wollen und müssen heute mit den Herren Sachverständigen, welche nun hier versammelt sind, klarstellen, wie die Sache weiter zu

behandeln ist, mnd zwar, wie ich vorhin auch schon sagte, Hand in Hand mit derjenigen Stelle, die in dieser Frage besonders versiert ist,

mit dem Verein zum Schutz des gewerblichen Eigentums. Also, ich bitte, meine Herren, nun weiter zur Generaldiskussion

das Wort ergreifen zu wollen. Handelsrichter Guttsmann-Grünewald-Berlin: Meine Herren, ich möchte empfehlen, daß wir uns heute nur verhältnismäßig kurze

17 Zeit in einer Generaldiskussion

aussprechen und in die Einzelheiten

gar nicht hineinsteigen, wie das ja Herr Geheimrat Koenig schon vorgeschlagen hat. Ich bin der Meinung, daß wir bei einer so schwierigen Materie, deren Besprechung, wie sie jetzt hier vorgenommen werden

sollte,

wohl

14 Tage dauern dürfte,

Kommissionen einsetzen müßen,

und ich dachte mir das so, daß vielleicht ein oder zwei Kommissionen für die einzelnen Fragen

des Patentgesetzes

gebildet werden,

eine

Kommission für das Gebrauchsmusterschutzgesetz und eine für das Warenzeichenrecht. Wenn drei oder vier solche Kommissionen ernannt werden, werden sie in der Lage sein, in verhältnismäßig kurzer Zeit einer Versammlung, wie es die heutige hier ist, ihre Wünsche und Vorschläge vorzulegen, und dann werden wir uns in einer verhältnis­ mäßig kurzen Diskussion über die ganze Materie schlüssig machen können. Anders vorzugehen, glaube ich, wäre nicht praktisch. Generalsekretär Bveck-Berlin: Meine Herren, ich möchte mir

doch erlauben, einige Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Justizrat Wandel zu machen. Vollständig bin ich mit ihm darin

einverstanden, daß diese Materie eine außerordentlich bedeutende und schwierige ist, und in dieser Beziehung wird wohl eine abweichende Meinung hier in dieser geehrten Versammlung nicht bestehen. Aber ich kann seiner Ansicht nicht zustimmen, daß im Centralverbande Deutscher Industrieller nicht diejenigen Kräfte vorhanden sein sollen, die geeignet sind, ein sachgemäßes Urteil in dieser Frage abzugeben (sehr richtig!); denn im Centralverbande sind wohl mit sehr geringen Ausnahmen alle Industrien vertreten, und ich glaube, daß in den Beamten, in den Technikern, in den Herren Rechtsbeiständen, die die größeren Werke ja alle haben, diejenigen Kräfte vorhanden sind, die voll­ kommen befähigt und qualifiziert sind, in diesen Fragen mitzuarbeiten.

Wenn der Enquote kein besonderer Fragebogen beigelegt worden ist, so hat das seinen Grund darin, daß man überhaupt noch nicht

so weit war. Man wollte durch die Enqußte eben nur einzelne Wünsche der einzelnen Mitglieder des Centralverbandes hören, um für die weitere Bearbeitung der Sache eine gewisse Unterlage zu haben. Daß der Centralverband nur in innigster Fühlung mit dem Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums vorangehen kann und vorangehen will, das hat mein Herr Stellvertreter bereits in

genügender Weise betont, und so wird es jedenfalls auch vom Direk­ torium geübt werden. Was den Kongreß betrifft, der in Düsseldorf stattfinden wird,

so hat der Centralverbaud ja den Vorzug, auch Mitglied des Vereins zu sein, und wird sich jedenfalls auch an diesem Kongreß beteiligen. Heft 105.

2

18 Daß

aus den heutigen

Beratungen gleich

Resolutionen Und

bestimmte Ergebnisse hervorgehen könnten, haben auch wir nicht an­ genommen, sondern wir haben von Anfang an in Aussicht genommen, der Versammlung vorzuschlagen, eine Kommission zu bilden. Sollte

die Versammlung nach den Vorschlägen des Herrn Handelsrichter Guttsmann zu dem Ergebnis kommen, mehrere Kommissionen zu wählen, so würde sich das ja vollständig in Uebereinstimmung mit den Absichten vollziehen, die bei der Einladung zu dieser Versamm­ lung vorgelegen haben. Also, meine Herren, ich glaube, Sie können hier ruhig in eine vorläufige Beratung eintreten, und zwar vielleicht an der Hand der einzelnen auf der Vorlage verzeichneten Abteilungen kurz Ihre An­ sichten äußern. Daraus wird sich dann jedenfalls am besten ersehen lassen, wie für die Zukunft zn verfahren ist. Ich niöchte Ihnen Vor­ schlägen, in eine nicht zu ausgedehnte Beratung der einzelnen Punkte einzutreten. Daraus wird sich dann ergeben, was Sie weiter für die Förderung der Behandlung dieser Sache zu tun haben. Negierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, nur noch wenige Worte. Herr Bueck hat schon darauf hingewiesen, daß wir mit Absicht keinen Fragebogen der Umfrage beigelegt haben. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß ein Fragebogen immer bis zu einem gewissen Grade das Ergebnis der Enquete bestimmt. Wenn ich einen Frage­ bogen herausgebe, dann muß ich mir — das wird ja jeder, der statistisch arbeitet, mir bestätigen - gewissermaßen das wahrscheinliche Ergebnis der Enqußte vorher klar machen und mir sagen, nach den und den Richtungen werden wahrscheinlich die Ergebnisse kommen; danach stellen wir den Fragebogen auf. Hier handelte es sich aber

um etwas anderes.

Hier handelte es sich darum, gerade ganz unbe­

einflußt aus den Kreisen und aus den Verhältnissen der Industrie zü hören und zu erfahren, nach welchen Richtungen man Wünsche auf Abänderung des Patentrechts hat oder nicht. Ich glaube, wir würden da eine gewisse Kaptivierung der industriellen Firmen herbei­

geführt haben, wenn wir bereits einen Fragebogen beigefügt hätten. Wir haben, wie gesagt, diese Erfahrung fast in allen Fällen gemacht, in denen wir Fragebogen beigefügt haben,

daß sich dann die Ant­

worten wesentlich auf die gestellten Fragen beschränkten. Dann aber weiter, meine Herren; es kann doch nicht verkannt werden, daß in Bezug auf die Regelung des Patentwesens die An­ schauungen auch derjenigen — und das wird ja zweifellos die große Mehrheit sein —, die heutzutage auf dem Standpunkt eines durch-

19 greifenden Patentschutzes stehen, doch nach einzelnen Richtungen ver­ schieden sind, und daß da nicht bloß Rechtsanschauungen und abgezogene Theorien in Frage kommen, sondern daß auch sehr wesentliche

tatsächliche wirtschaftliche Interessen, wie sie in den einzelnen Kreisen ver­ treten sind, Geltung verlangen. Diese sind nun einmal in den einzelnen Gruppen der an dem Patentwesen Interessierten verschieden. Eine dieser Interessengruppen zu vertreten, dazu ist der Centralverband Deutscher Industrieller berufen. Die verschiedenen Auffassungen inner­ halb der Interessengruppen auszugleichen, das ist die Aufgabe des Vereins zum Schutz des gewerblichen Eigentums. Meine Herren, unsere Aufgaben sind ganz verschieden. Wir können in dem Verein zum Schutz des gewerblichen Eigentums gar nicht in entsprechender Weise wirken, wenn wir nicht vorher wissen, welches denn die Auf­ fassungen und Wünsche der deutschen Industrie oder doch derjenigen Teile der deutschen Industrie sind, die uns mit ihrer Vertretung beauftragt haben. Erst dann läßt sich eine Möglichkeit herbeiführen, auch von diesem Gesichtspunkte aus gegenüber den übrigen Kreisen, die auch, und zwar recht stark in dem Verein zum Schutz des gewerb­ lichen Eigentums vertreten sind — ich darf nur an die Herren Patent­ anwälte erinnern und an die Herren Rechtsanwälte, die dort eine sehr wesentliche Rolle in der Führung der Diskussionen spielen —, unsere Anschauungen zu vertreten. Ich möchte also glauben, meine Herren, ebenso wie die einzelnen Firmen ihre Vertreter in die Versammlungen des Vereins zum Schutz

des gewerblichen Eigentums schicken nach Orientierung, nach Kenntnis, nach Darstellung und nach Erörterung der Interessen, die die einzelne Firma an diesen Fragen hat, ebenso ist es auch die Aufgabe der Gesamtvertretung, die sich die industriellen Vereine und Firmen im Centralverbande Deutscher Industrieller geschaffen haben, sich zunächst

über die Anschauungen und Wünsche dieser Firmen und Verbände zu informieren. Nun hat Herr Justizrat Wandel moniert, daß wesentliche

Wünsche, die in der Industrie bestehen, in unserer Vorlage nicht zum Ausdruck gekommen sind. Ich möchte doch annehmen, meine Herren, daß, wenn tatsächlich wesentliche, weit verbreitete Wünsche und Be­ schwerden innerhalb der Industrie hinsichtlich des Gebrauchsmuster­

schutzgesetzes vorlägen, diese irgendwo und irgendwann in dem doch ziemlich dicken Bande unserer Enquete zum Ausdruck gekommen wären. Das ist aber tatsächlich nicht geschehen, und wir müssen daraus doch bis auf weiteres schließen, da wir ja doch nicht bloß von einzelnen Firmen, sondern auch von einer großen Anzahl von Vereinen Antwort bekommen haben, daß diese Wünsche vielleicht mehr von denjenigen

2*

20 Interessenten ausgehen,

welche sich vom rechtlichen Standpunkte aus

mit dem Patentgesetz und den damit zusammenhängenden Gesetzen beschäftigen. Aber es mag ja sein, daß unsere (Snquete, wie manche andere auch, unvollständig ist. Das ist dann aber nicht unsere Schuld, sondern die Schuld derjenigen, die wir um Auskunft gebeten haben.

Das muß jedenfalls ausdrücklich festgestellt werden, sowohl der Kreis derjenigen, die um Auskunft ersucht worden sind, wie derjenigen, die sich geäußert haben, umfaßt alle Hauptrichtungen der deutschen Industrie, ich glaube, wir haben in unserer Enquste einen breiten und sicheren Boden für unsere Verhandlungen. Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, was ich sagen wollte, bewegt sich in demselben Gedankengange, den eben Herr Professor Leidig ausgeführt hat. Ich glaube nicht, daß die Industrie darauf verzichten kann, ihre Ansichten als solche zur Geltung zu bringen, und ich glaube, daß das geeignete Organ für die Industrie zu diesem Zwecke nicht der Verein für gewerblichen Rechtsschutz, der sogenannte grüne Verein ist, sondern daß die industriellen Jnteressentengruppen selbst in dieser Frage das Wort ergreifen müssen. Ich schätze ja die Tätigkeit des grünen Vereins außerordentlich hoch. Ich selbst habe mich an seinen Arbeiten stets eifrig beteiligt. Aber, meine Herren, die Wünsche der Industrie kommen in diesem Verein nach meiner Ansicht nicht rein und auch nicht vollkommen zum

Ausdruck. In diesem Verein, und namentlich in seinen Verhandlungen überwiegt, wie die Erfahrung gezeigt hat, das Element der Rechts­ anwälte und der Patentanwälte. (Lebhafte Zustimmung.) Deshalb glaube ich auch für den von mir vertretenen Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie das Recht und die Pflicht in Anspruch nehmen zu müssen, daß wir uns, wie früher so auch jetzt,

mit allen Fragen der Reform des Patentrechts eingehend beschäftigen

und uns auch das Recht vorbehalten, unsere Wünsche direkt zum Ausdruck zu bringen, und ich glaube, der Centralverband Deutscher Industrieller wird nicht anders vorgehen können. Eine andere Frage ist ja die, ob es möglich ist, in der heutigen

Sitzung irgend welche Stellung zu dieser sehr großen Tagesordnung zu nehmen. Ich halte das für viele Punkte für ganz unmöglich. Aber, meine Herren, es gibt einige, ich möchte sagen, große Gesichts­ punkte, zu denen man doch wohl auch heute in dieser Versammlung schon Stellung nehmen kann, und ich glaube, wenn diese Versammlung

heute zu diesen Gesichtspunkten Stellung nimmt, dann wird das auch für den Verein für gewerblichen Rechtsschutz insofern wertvoll sein, als er vielleicht derartige Punkte, über die die Industrie im wesentlichen

21 eigentlich einig ist, zunächst auch als zur Zeit wenigstens entschieden hinnehmen wird, sie mehr nur einer theoretischen Erörterung — man kann ja theoretisch über alles diskutieren — unterziehen, dagegen für seine praktischen Arbeiten diese Punkte zurücktreten lassen und sich mehr den anderen Punkten widmen wird, über die die Industrie sich vielleicht

noch nicht einig ist, oder über die

die Industrie auch

noch weiterer

Aufklärung bedarf. Ich will von solchen großen Gesichtspunkten, die zur Erörterung stehen, heute zunächst nur den einen erwähnen: Sollen wir das heutige System des Patentgesetzes beibehalten oder nicht? Das ist z. B. eine Frage, die nach meiner Anschauung vollkommen ent­

scheidungsreif ist. Wir haben ja eigentlich die Entscheidung schon aus den Worten des Herrn Professor Leidig entnehmen können.

So ist es auch mit der Frage der Sondergerichtsbarkeit. Da kann man vielleicht auch heute schon in irgend einem Sinne Stellung nehmen. Ich will jetzt nicht weiter auf diese einzelnen Punkte eingehen. Das sind die großen Gesichtspunkte. Ueber die einzelnen kleinen

Abänderungen, glaube ich, kann man sehr viel diskutieren, und ich bin nicht der Ansicht, daß es Zweck hat, heute darauf einzugehen. Man wird je nach seinen Erfahrungen darüber sehr verschiedener Ansicht sein. Ich persönlich habe den Eindruck, daß nian es so oder anders machen kann, daß eine absolut richtige Entscheidung da über­

haupt gar nicht zu treffen ist. (Sehr richtig!) Deshalb möchte ich Ihnen Vorschlägen, meine Herren, daß wir an der Hand dieses Programmes, das für uns nun einmal aufgestellt ist, die einzelnen Punkte erörtern. Wir werden ja dann sofort sehen, was große prinzipielle Gesichtspunkte sind. Zu den kleineren Maßregeln rechne ich z. B. auch, von welchem Zeitpunkte an man die Patent­

dauer rechnen soll. Man kann da sehr verschiedener Meinung sein. Einen absolut gerechten Maßstab gibt es ja nicht. Aber einige Ge­

sichtspunkte ließen sich auch da geltend machen, und ich glaube,

wir

werden auf diese Weise doch etwas Positives auch heute schaffen können, was für die späteren Beratungen von Nutzen sein wird. (Beifall.) Landtags abgeordneter Dr. Beumer-Düsseldorf: Meine Herren, ich glaube wir tun gut, im Interesse der Sache, über die wir ver­ handeln wollen, die gegenwärtige Diskussion tunlichst abzukürzen.

Ich

werde mich daher auf einige ganz kurze Ausführungen beschränken. Von dem Werte oder Unwerte der heutigen Verhandlung und der Schritte, die sich eventuell an sie knüpfen werden, wird ja der Verlauf der heutigen Verhandlung am besten Zeugnis ablegen. Das bemerke ich gegenüber den Ausführungen des Herrn Justizrat Wandel.

22 Im übrigen wird die Ansicht, die mein verehrter Freund Bueck

hier ausgesprochen hat, völlig geteilt von dem Verein,

den ich zu

vertreten die Ehre habe; das ist der „Verein zur Wahrung der gemein­ samen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen". Ich kann die Stellung dieses Vereins ganz kurz zusammeniassen, wenn ich

Ihnen sage: Wir wünschen durchaus nicht dem Düsseldorfer Kongreß und den sonstigen Arbeiten des Vereins zum Schutz des gewerblichen Eigentums vorzugreifen, sondern wir wünschen Vorarbeiten dafür zu liefern. Nach dieser Richtung hin schließe ich mich vollständig den Ausführungen des Herrn Justizrat Haeuser an, daß es für diesen Verein nur vorteilhaft erscheinen kann, ans der Praxis der Industrie heraus die Wünsche kennen zu lernen, die tatsächlich bestehen, d. h. also die Wünsche, soweit sic sich bis jetzt in Bezug auf das Patent­ gesetz herausgebildet haben und noch nicht zur Kenntnis dieses Vereins gekommen sind. Solcher Wünsche werden heute doch in dieser an­ sehnlichen Versammlung eine ganze Anzahl formuliert werden. Wir werden auch einen praktischen Weg finden können, durch Einsetzung einer oder mehrerer Kommissionen die Wünsche, die in der Praxis der Industrie bestehen, zur Kenntnis des Vereins zum Schutz des gewerblichen Eigentums zu bringen.

Direktor Adolf Langen-Cöln: Meine Herren, ich kann mich nach den Aeußerungen meiner beiden Herren Vorredner ganz kurz fassen, denn ich stimme im allgemeinen mit ihren Aeußerungen überein. Ich möchte aber doch ganz besonders betonen, daß der Central­ verband mit seiner Rundfrage das Richtige getroffen hat. Die Rund­ frage hat überall, soviel ich gehört habe, ein großes Interesse in den Kreisen der Industrie erweckt. Die Rundfrage hat den einzelnen

Vereinen Gelegenheit gegeben, die Frage des Patentgesetzes ein­ gehend wieder durchzusprechen, die einzelnen industriellen Firmen haben sich eingehend wieder mit dieser Frage beschäftigt, und die Herren, die heute hier erschienen sind, setzen sich doch zum großen Teil aus sachverständigen Herren zusammen, wodurch wir doch in die Lage versetzt sind, über die Punkte, die hier zur Tagesordnung stehen,

zn beraten. Es ist ja allgemein die Ansicht, sondern

daß

es

eine Beratung,

ein

daß wir keine Beschlüsse fassen, gemeinsamer Austausch unserer

Gedanken über das Patentgesetz sein wird. Ich möchte noch besonders hinzusügen,

daß es mir gegenüber von keiner Seite als ein Fehler bezeichnet oder empfunden worden ist, daß kein Fragebogen von feiten des Centralverbandes aufgestellt worden ist.

Ich kann auch tatsächlich keinen Mangel in dem Fehlen

23 eines Fragebogens

finden,

nachdem ich das vorliegende Aufgestell

übersehe, denn ich bin der Ueberzeugung, daß es im großen und ganzen in sehr gedrängten Worten ziemlich alles enthält, was von feiten der Industrie gewünscht worden ist. Ich glaube, daß die Fragen hier wohl komplett wiedergegeben sind. Ich möchte mich also auch dem Vorschlag

anschließen,

die

einzelnen Punkte hier der Reihe nach gemeinsam zu besprechen, möchte aber bitten, daß bei der Behandlung der Fragen vielleicht auch von

einem Punkt auf den anderen übergegriffen werden kann. Dr. Bartz-Braunschweig: Meine Herren, da wir uns noch in der Generaldiskussion befinden, möchte ich mir erlauben, darauf auf­ merksam zu machen, daß es mit allerdings richtig erscheint, einen großen Teil dieses Programms in die Spezialkommissionen zu verweisen. Ich möchte aber doch der Meinung sein, daß es heute unsere Aufgabe ist, zwei Dinge als besonders wichtig heroorzuheben. Das eine ist

die Gebührenfrage und das andere ist die Frage der Verlängerung der Schutzdauer. Ich glaube, das sind zwei Punkte, die den aller­ wichtigsten Gegenstand unserer Beratung bilden, es sind zwei Punkte, bei denen wir vielleicht zu einer gewissen positiven Arbeit auch schon

heute kommen können. Nun hat Herr Professor Leidig mitgeteilt, daß in Bezug auf die Verlängerung der Patentschutzfrist die Enquete dahin ausgefallen sei, daß nur einer, wenn ich Herrn Professor Leidig recht verstanden habe, sich dafür ausgesprochen hat, daß der Patentschutz verlängert werde. (Regierungsrat Professor Dr. Leidig: Nein, das war bei den Gebühren!) Dann bitte ich um Entschuldigung. Ich habe mit großem Interesse einen sehr sachverständigen Artikel eines Herrn Ingenieurs Neumann gelesen, der ebenfalls eine Umfrage veranstaltet hat, und

da hat sich in Bezug auf die Verlängerung der Schutzdauer das Resultat ergeben, daß 260 von 320 Angefragten sich entschieden für die Verlän­ gerung des Patentschutzes ausgesprochen haben.

Meine Herren, ich möchte bitten, damit einverstanden zu sein, daß wir uns über diese Fragen heute ganz besonders aussprechen, und daß alle die Details, die in der Vorlage enthalten sind, und die doch mehr

oder

weniger

eine

ganz

eingehende Beratung

verlangen,

an

die

Spezialkommissionen verwiesen werden.

Borfitzender: Meine Herren, dann schließe ich nunmehr die Generaldiskussion. Ich habe aus derselben den Eindruck gewonnen, daß allgemein eine weitere Diskussion zu einzelnen Punkten des vor­ liegenden Programms heute gewünscht wird, und wenn sich kein Wider­ spruch dagegen erhebt, so konstatiere ich das hiermit.

24

soll.

Die Frage ist nur, wie diese weitere Diskussion eingeteilt werden ES sind von verschiedenen Herren Rednern gewisse Punkte hervor­

gehoben. Dahin gehört die Frage: Soll das heutige System des Patentgesetzes beibehalten werden? dazu gehört ferner die Frage der Sondergerichtsbarkeit, die Angestellten-Frage, die Frage der Patent­

gebühren und die Verlängerung der Schutzdauer. Ich persönlich, meine Herren, möchte doch Bedenken haben, die Diskussion nur über diese Punkte zu eröffnen. Ich halte es für zweckdienlicher, wenn wir, um heute nichts zu versäumen, die einzelnen, in der vorliegenden Uebersicht gestellten Fragen durchgehen. Die Herren haben es alsdann in der Hand, bei denjenigen Punkten, über die sie

heute überhaupt nicht oder weniger diskutieren wollen, eine Diskussion überhaupt nicht zu eröffnen oder zu beschränken. Nur auf diese Weise kommen wir zu einer systematischen Behandlung der ganzen Sache. Ich erlaube mir daher den Vorschlag, daß wir der Reihe nach die Punkte durchgehen, und da, wo die Herren es für angebracht halten, in eine nähere Diskussion eintreten. Erhebt sich hiergegen ein Widerspruch? -- Das ist nicht der Fall. Dann werde ich so, wie vorgeschlagen, verfahren. Wir treten nunmehr in die Diskussion des ersten Punktes ein. Ich möchte diesen Punkt in die von Herrn Justizrat Haeuser auf­ geworfene Frage zusammenfassen: Soll das heutige System der Patent­ gesetze beibehalten werden? — Herr Regierungsrat Leidig macht eben darauf aufmerksam, daß auch die Frage des Patentanwalts darin mit enthalten ist.

Diese Frage wird mit in die Diskussion gezogen werden.

Ich eröffne hiermit die Diskussion zu Punkt a.*)

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Ich kann natürlich nur mitteilen, was in der Enquöte zum Ausdruck gekommen ist, und da habe ich mir schon vorher erlaubt, darauf hinzuweisen: Im großen und ganzen ist der Eindruck der: die Industrie ist mit dem System

des jetzigen Patentgesetzes einverstanden, insbesondere hält sie es auch für richtig, daß das Vorprüfungsverfahren eingeführt worden ist, und wünscht, daß an diesem Vorprüfungsverfahren festgehalten werde.

Es

sind einige Stimmen, die sich etwas anders ausgedrückt haben, aber sie sind ganz vereinzelt.

Die Bedenken, die von feiten der Industrie erhoben worden sind, beziehen sich namentlich auf die Durchführung der, wie ich es hier ausgedrückt habe,

Einheitlichkeit des

Erfindungsgedankens, und sie

*) a Allgemeines: Anmelde- oder Vorprnfnngssystem. Zn viel oder zu ivenig Patente? Der Begriff der Erfindung: ihre Abgrenzung vom Gebrauchsmusterschutz. Die Einheitlichkeit des Erfindnngsgedailkeils (sog. technologische Einheit). Der Begriff der Patentfähigkeit. (Neu? Fortschritt in der Technik?) Patcntainvälte, Reformen in ihrer Stellung. Ihre Honorare.

25 richten sich nach den Ausführungen, die uns zur Kenntnis gekommen

sind, allerdings weniger gegen das System des Gesetzes selbst als gegen die Praxis des Patentamts. Nach dieser Richtung sind allerdings von einer ganzen Reihe von großen Firmen und von Vereinen Bedenken

gegen die jetzige Praxis erhoben worden. Im übrigen ist, wie gesagt, auch noch zur Geltung gebracht worden — ich habe das schon bei meinen einleitenden Bemerkungen hervorgchoben —, daß man den Begriff der Erfindung derart beschränkt zu haben wünscht, daß man die, wenn ich mich so ausdrücken darf, kleinen Erfindungen, die Ausgestaltung eines Erfindungsgedankens, bei dem sich nunmehr weitere Erfindungen daran heften, nur durch den Gebrauchsmusterschutz

gesichert

wünscht,

während

man

andererseits

unter Erfindung, wie es in der Enquöte heißt, nur ein wirkliches Fortschreiten der Technik durch die Tätigkeit der Phantasie des Erfinders

betrachten will. Ich habe schon bei meinen

einleitenden Bemerkungen darauf

hingewiesen, daß im Zusammenhänge damit und mit dem, was ich eben andeutete, die Frage steht, ob wir nicht überhaupt zu viel Patente heutzutage haben. Diese Behauptung wird von einer Reihe großer, führender Firmen, namentlich auch unserer deutschen Maschinen-Jndustrie aufgestellt. Man behauptet, es gebe heutzutage zu viel patentierte Erfindungen, und diese kleinen Erfindungen seien geradezu ein Hindernis für den technischen Fortschritt, und finden sich aber andererseits auch warme Freunde eines möglichst weit ausgedehnten Erfindungsschutzes. Direktor v. Schütz-Berlin: Meine Herren, gestatten Sie mir zunächst, Ihnen im Namen meines Vereins unseren Dank dafür aus­

zusprechen, daß Sie den Deutschen Verein für den Schutz des ge­ werblichen Eigentums heute zu Ihren Verhandlungen eingeladen und dadurch Gelegenheit gegeben haben, uns über die Stimmung, welche in den Kreisen des Centralverbandes herrscht, zu orientieren. Es ist ja bereits gesagt worden, daß wir demnächst in Düssel­ dorf, und zwar im September, einen Kongreß haben werden, der sich mit diesen Fragen eingehend beschäftigen wird. Ich habe aus den uns

Verhandlungen mit Freuden entnommen, daß der Centralverband diesen Kongreß beschicken wird, und daß wir auch dort Gelegenheit haben werden, die Stimme des Centralverbandes zu hören. Was Herr Professor Leidig eben aussührte, kann ich nur be­

stätigen. Es hat sich auch in den Diskussionen unseres Vereins mit absoluter Deutlichkeit ergeben, daß die große Majorität an dem bisherigen System unseres Patentgesetzes, insbesondere dem Vor­ prüfungssystem, festzuhalten wünscht.

Wir haben bereits drei Kongresse gehabt, einen in Frankfurt, einen

in Cöln und einen in Hamburg. Diese Kongresse haben vorbereitende Arbeiten geliefert, sie haben aber auch zu einem gewissen Abschluß geführt. Dann ist das ganze Material von uns in einer Denkschrift bearbeitet worden, die wir an alle in Frage kommenden Vereine und

Verbände zur weiteren Durcharbeitung versandt haben. Diese große Enquöte ist an uns zurückgegangen, und wir haben nun diesen Winter benutzt, um zur Vorbereitung des Düsseldorfer Kongresses die einge­ gangenen Anträge zu sichten und das Material neu zu bearbeiten. Bei diesen Verhandlungen unserer Kommission, die zahlreiche Sitzungen abgehalten hat, ist mit vollständiger Deutlichkeit hervorgetreten, daß die große Majorität wünscht, an dem Prüfungssystem festzuhalten, aber doch mit einer gewissen Abänderung. Es hat sich herausgestellt, daß die bisherige Art der Prüfung für das Patentamt eine gewaltige Arbeit mit sich bringt, die sich ohne Schäden für die Sache vermindern läßt. Wir wünschen, daß der bisherige Vorprüfer zu einer selbständigen Instanz gestaltet wird, daß die bisherige Anmeldeabteilung, die in jedem einzelnen Falle zu urteilen hatte, eine Appellinstanz bilden, und daß das Verfahren vor dieser Abteilung auf Verlangen kontra­ diktorisch sein soll. Es wird damit zugleich ein weiterer Vorteil erreicht. Es wird nämlich dem Vorprüfer das Vollgefühl der Verantwortlichkeit gegeben, und darauf legen wir sehr großen Wert. Es ist auf jeden Menschen von Einfluß, wenn er mit seinem Namen zu Buche stehen

muß für das, was er entscheidet. Bisher war der Vorprüfer regel­ mäßig durch die Anmeldeabteilung gedeckt. Wir sind der Meinung, daß es besser ist, wenn der Vorprüfer mit seiner Person für die Entscheidung, die er trifft, einstehen muß, und dann nachher die Sache von der Anmeldeabteilung als Berufungsinstanz behandelt wird, aber, meine Herren, kontradiktorisch mit Zuziehung der Parteien. (Sehr richtig!) Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, ich möchte für die chemische Industrie die Erklärung abgeben, daß diese Judustrie einheitlich

auf dem Standpunkte steht, daß an dem System unseres Gesetzes nichts

geändert werden soll. Wir sind der Ansicht, daß für unsere deutschen Verhältnisse sich dieses System sehr gut bewährt hat, und daß wir an diesem Vorprüfungssystem festhalten sollen. Ob innerhalb dieses Systems noch einzelne Verbesserungen angebracht werden sollen, das ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Von solchen Verbesserungen innerhalb des Systems ist eigentlich ja nur vorgeschlagen, den Vorprüfer zu einer

eigenen Instanz auszubilden. Ich glaube, in gewissem Sinne bewegen sich in dieser Richtung auch die Wünsche des Patentamtes selbst, und

zwar von dem Gesichtspunkte aus, das Patentamt zu entlasten bezw. die vorhandenen Kräfte des Patentamtes besser auszunützen. Man ist, glaube ich, der Ansicht, daß im allgemeinen die Meinung des Vor­

prüfers für die Anmeldeabteilung, die ja den Auflegungsbeschluß hinter verschlossenen Türen ohne Zuziehung der Parteien faßt, doch

maßgebend sein wird und daß es eigentlich ganz überflüssig ist, nun für die Anmeldeabteilung noch einmal einen besonderen Referenten zu bestellen, der neben dem Vorprüfer das Material noch einmal prüft und in fast allen Fällen — ich glaube, das bestätigt die Praxis, so­ viel ich gehört habe — doch zu demselben Resultat kommt, wie der Vorprüfer, so daß also diese Zuziehung der Anmeldeabteilung nichts bedeutet als eine enorme Belastung des Patentamtes, ohne daß praktisch etwas anderes dabei herauskommt. Also man wird allerdings den Vorprüfer zu einer eigenen Instanz gestalten können. Es fragt sich nur, ob man soweit gehen soll, daß

man ihn zu einer vollständig selbständigen Instanz gestaltet, oder ob man nur soweit gehen soll — darüber wird noch weiter zu beraten sein, es ist aber, glaube ich, heute nicht der Ort, das näher auszu­ führen —, daß der Vorprüfer vorläufig endgültig über die Bekannt­

machung einer Anmeldung entscheiden soll, wenn er sich für die Patent­ fähigkeit der betreffenden angemeldeten Erfindung ausspricht, daß er dagegen dann, wenn er die Erfindung zurückweisen will, an die An­ meldeabteilung rekurrieren und wie bisher einen Beschluß der Anmelde­ abteilung herbeiführen muß. Es ist auch eine weitere Frage, ob man das Verfahren unter allen Umständen kontradiktorisch gestalten soll. Ich verstehe indes diese Vorschläge wohl richtig dahin, daß sie den Sinn haben sollen, wie es der heutigen Praxis im Patentamt schon entspricht, daß den

Parteien ein Recht auf Gehör bei der Anmeldeabteilung erteilt wird,

so daß sie eine kontradiktorische Verhandlung verlangen können, daß nicht etwa eine kontradiktorische Verhandlung — was ja überhaupt bis jetzt in den ganzen Patentverfahren nicht der Fall ist — obligatorisch herbeigeführt werden soll. Das letztere würde natürlich

zu einer ungeheuren Belastung für alle die Firmen führen, die nicht in Berlin selbst ihren Sitz haben. Sie würden geradezu gezwungen werden,

vor

dem

Patentamt persönlich

zu

erscheinen;

wenn sie nicht erscheinen, dann würden sie eben riskieren, daß von vornherein ihnen das Vorurteil entgegenstände, daß sie dieser Erfindung doch nicht die nötige Bedeutung beilegen und daß es ihnen nicht einmal eine Reise nach Berlin lohnt, um diese Erfindung zu

vertreten.

28 Ich glaube aber, daß die Vorschläge in diesem Sinne auch gemeint sind. (Direktor v. Schütz: Es ist so gemeint!) Dann kann man sich ja nur damit einverstanden erklären. Aber damit wird ja an sich nicht viel Neues

geschaffen,

das entspricht ja schon,

wie erwähnt,

der

heutigen Praxis des Patentamtes. Ich weiß z. B. aus der Abteilung,

die die chemischen Patente behandelt, daß uns vom Vorsitzenden direkt nahegelegt worden ist, doch in allen Fällen, wo wir es irgendwie für angebracht halten, selbst eine mündliche Verhandlung zu be­ antragen, da die Abteilung solche mündlichen Verhandlungen außer­ ordentlich gern sähe und unsere Anträge sehr gern entgegennähme. Also wir kommen da den Wünschen des Patentamtes im wesentlichen

wohl selbst entgegen. WaS im übrigen die hier innerhalb des Systems ausgesprochenen Wünsche angeht, so sind diese Wünsche, wenn man die Aufstellung durchsieht, im wesentlichen solche bezüglich der Handhabung. Ich glaube nun, daß eine Handhabung gegebener gesetzlicher Vorschriften sich kaum durch eine gesetzliche Vorschrift festlegen läßt, denn Sie mögen vorschreiben, was Sie wollen — jedes System kann wieder schlecht und kann gut gehandhabt werden. (Sehr richtig!) Meine Herren,

das sind keine Fehler des Gesetzes, das sind eben Fehler der Aus­ führung, und Fehler der Ausführung müssen durch fortgesetzte geeignete Vorstellungen der Jnteressentengruppen beseitigt werden, sie lassen sich aber nicht durch gesetzliche Bestimmungen beseitigen. Man kann nicht

eine gesetzliche Bestimmung dahin treffen: dies System ist gut und nützlich anzuwenden (Heiterkeit); damit ist nichts gesagt, das versteht sich von selbst. Das schließt aber nicht aus, daß die Anwendung, wie wir sie heute öfter erleben, eine recht schlechte, ungenügende ist. Das sind aber menschliche Mängel, meine Herren, die bei Ausführung jedes Gesetzes vorkommen, die sich eben nicht vermeiden lassen werden. Wir haben eben tüchtige und weniger tüchtige Beamte im Patentamt, wie sie sich in allen Behörden finden, und je nach der Tüchtigkeit wird die Behandlung in verschiedenem Sinne ausfallen. Wenn nun besondere Wünsche bezüglich der Einheitlichkeit des

Erfindungsgedankens ausgesprochen sind, so rechne ich diese Wünsche

auch eigentlich im wesentlichen als in den Rahmen der Ausführung fallend. Ich weiß wenigstens nicht, in welcher gesetzlichen Form man diese Wünsche festlegen sollte.

Die Wünsche gehen, soviel mir bekannt

ist — und wir in der chemischen Industrie haben auch diese Wünsche — dahin, daß nicht allzu ängstlich auf einer Zerreißung der zusammengehörigen Erfindungen in verschiedene Patente bestanden werden soll.

29 daß vielmehr in einer möglichst liberalen Weise dem Anmelder ge­

stattet wird, ein Konglomerat von Erfindnngen, will ich einmal sagen,

die durch

eine technologische Einheit verbunden sind,

auch in einer

Anmeldung zur Patentierung zu bringen. In diesem Sinne hat sich die Praxis des Patentamtes nach meiner Kenntnis wenigstens prinzipiell unserem Standpunkt sehr angenähert. Aber, wie gesagt, die Handhabung ist auch in dieser Hinsicht je nach der Art der Vorprüiung und je nach der Zusammensetzung der Anmeldeabteilung eine verschiedene. Es wird aber wünschenswert sein, wenn man in dieser Beziehung die Auffassung der Interessentenkreise auch scharf zum Aus­ druck bringt, ohne daß sich dieser Ausdruck aber nach meiner Ansicht

zu einer gesetzlichen Bestimmung verdichten kann.

Reglerungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich kann den Ausführungen meines Herrn Vorredners eigentlich nur nach allen Richtungen hin beistimmen. Ich möchte nur noch auf eins Hin­ weisen. Es ist ja richtig, daß eine Reihe von Beschwerden sich eigentlich nicht gegen das Gesetz, sondern gegen die Handhabung des Gesetzes richten, und daß auch hier, meine Herren, die Anschauungen im Laufe der Zeit sehr gewechselt haben. Die Herren von dem Verein zum Schutz des gewerblichen Eigentums werden es mir be­ stätigen, daß in einer ihrer früheren Sitzungen lebhafte Beschwerden gegen die Handhabung des Patentamts nach der Richtung hin erfolgt sind, daß in Deutschland viel zu wenig, nur 30 pCt. aller Patent­ anmeldungen tatsächlich auch Patente erhalten. Meine Herren, damals hat daS Patentamt versprochen, es werde sich jetzt bessern und werde mehr Patente erteilen. (Heiterkeit.) Jetzt, meine Herren, finden Sie in einer ganzen Reihe von Mitteilungen, die wir hier erhalten haben, die entgegengesetzte Klage. Es wird behauptet, die Vorprüfung werde zu lax gehandhabt, es werden jetzt zu viel Patente erteilt. Es wandeln sich also die Voraussetzungen im Laufe der Zeit, und es ist

auch für die Behörde sehr schwer, den richtigen Mittelweg nach dieser Richtung hin zu finden. Immerhin, glaube ich, muß gerade das auch für die Behörde von Interesse und wünschenswert sein, daß sie

darauf hingewiesen wird, daß nach der Auffassung der Interessenten der Pendel von der einen Seite jetzt ein bißchen zu sehr nach der anderen Seite ausgeschlagen hat. Ich will es dahingestellt sein lassen,

ob diese Beschwerden tat­

sächlich berechtigt sind. Jedenfalls liegen sie augenblicklich hier vor. Meine Herren, was die Frage der Einheitlichkeit der Ver­

wendung anlangt, so sind Klagen namentlich nach der Richtung hin

erhoben worden, daß das Ausland in dieser Beziehung viel praktischer,

30 möchte ich sagen, vorgehe, als das deutsche Patentamt, und daß diese,

wenn ich

mich so

ausdrücken darf,

Sorgfalt des deutschen Patent­

amtes der deutschen Industrie in den Unionsländern Schaden bringe, daß es schwer sei, die tatsächliche Einheitlichkeit der Erfindung dann in den anderen Unionsländern durchzusetzen. Es ist das auch unter f angedeutet, meine Herren, wo Sie finden, daß die Frage der zu­ Patente und die Priorität der zusammengesetzten Patente in den Unionsländern zu Klagen Anlaß gegeben hat. Das

sammengesetzten

hängt mit dieser Frage, die hier zur Erörterung steht, zusammen. Handelsrichter Gutlsmamt-Grunewald-Berlin: Meine Herren, ich möchte davor warnen, dem Patentamt nahezulegen, die Zahl der Patenterteilungen zu verringern. Ich halte das nicht für praktisch, lueil in diesem Bestreben zu leicht dem einen oder anderen bei Nicht­ erteilung des Patentes Unrecht geschehen kann. Die Sache reguliert sich ja in der Regel von selbst, weil, wie Ihnen, meine Herren, bekannt sein wird, nach zwei Jahren ein Drittel der erteilten Patente fallen gelassen werben, da sie sich in der Praxis und als gewerblich verwert­

bar nicht erwiesen haben. Also ich möchte Sie davor warnen, in dieser Beziehung irgend etwas Wesentliches zu ändern. Die Schaffung der beiden Instanzen gefällt mir ausgezeichnet, denn jetzt ist die Vorprüfungs- und die Anmeldekammer ein und dasselbe Ding. Die Dorprüfungskammer macht eigentlich weiter

nichts, als daß sie der Anmeldekammer die Arbeit erleichtert; aber es ist immer nur eine Instanz. Es ist also für diejenigen, welche der Meinung sind, daß ihnen bei der Erlangung eines Patentes ein Unrecht geschehen könnte, von großem Wert, wenn sie persönlich zu­ gezogen werden. Es können sich dann die auswärtigen Herren durch einen Patentanwalt vertreten lassen, und wenn sie das nicht wollen, dann haben sie keinen Nachteil gegenüber dem jetzigen Verfahren.

Direktor Adolf Langen-Cöln: Meine Herren, ich möchte die Ansicht des Vereins der Industriellen des Regierungsbezirks Cöln dahin vertreten, und die gleiche Ansicht ist ja heute allgemein zum Ausdruck gekommen, daß nämlich an unserem Patentgesetz als solchem verhältnismäßig wenig Ausstellungen zu machen sind.

Die einzelnen

Punkte, die da in Frage kommen, können wohl in Kommissionen und womöglich in gemeinsamer Arbeit mit den Herren des Patent­

amtes erledigt werden; die Hauptsache, die uns interessiert, ist die Handhabung des Gesetzes. Wenn auch vorhin gesagt worden ist, daß es schwer halten wird, durch Gesetzbestimmungen die Handhabung eines Gesetzes zu verändern, was ja auch ohne weiteres zuzugeben ist, so muß doch das große Interesse hervorgehoben werden, das die

31 Industrie daran hat,

eine gewisse Konstanz in der Handhabung des

Gesetzes zu finden.

Es

ist in meinem Verein die Auffassung verbreitet,

daß heute

tatsächlich bei weitem zu viel patentiert wird, derart zu viel, daß direkt eine Hemmung und Lahmlegung der industriellen Tätigkeit dadurch erfolgt. Wir besitzen eine Beschränkung des Umfanges der Patent­ erteilungen schon allein in der gesetzlichen Erklärung des Wortes „Erfindung", wonach ja nur wirkliche Neuheiten patentiert werden sollen, und nur solche Neuheiten, die einen technischen Fortschritt bedeuten. Ich glaube, daß in der Auslegung dieses Grundbegriffes heute im Patentamt zu weit gegangen wird, daß dadurch Dinge patentiert werden, die nicht als Erfindung zu bezeichnen sind, Dinge, die auf der Grundlage unserer heutigen technischen Wissenschaft, sich lediglich als rein fachmännische Maßnahmen und naheliegende Uebertragungen bekannter Einrichtungen darstellen. Es ist heute schon soweit gekommen, daß es ganze Gesellschaften gibt, die nichts betreiben als die Entnahme von Patenten, und diese Gesellschaften machen es zu ihrem Gegenstand, einen Gedanken derartig von allen Seiten ein­ zukreisen, daß die industrielle Tätigkeit nachher auf dem Gebiete aus­ geschlossen ist, und das sind Gedanken, wo nicht der einzelne einen technischen Fortschritt bedeutet, obwohl er allerdings neu sein mag, sondern die Menge derselben an sich, die alle möglichen Kombinationen berücksichtigt, engt dann durch die Entnahme der einzelnen Patente, die keinen technischen Fortschritt an sich darstellen, nur die industrielle Tätigkeit auf dem ganzen Gebiete ein.

Ich möchte kurz noch auf das Vorprüfungssystem zu sprechen

kommen und da der Ansicht Ausdruck geben, daß von der Industrie aus wohl kaum ein Interesse an der Veränderung besteht. Ob der Vorprüfer selbständig und definitiv entscheidet, das sind, meine ich, mehr interne Angelegenheiten des Patentamts. Wir haben durch das bisherige Verfahren noch keinen Nachteil empfunden, und wir haben

auch keinen Nachteil dadurch empfunden, daß nicht ein kontradiktorisches Verfahren absolut immer eintreten muß. Anträge

Wenn von einer Seite aus

auf ein kontradiktorisches Verfahren gestellt wurden, so ist

denen immer bereitwillig entgegengekommen worden.

(Zustimmung.)

Also wir haben in dieser Beziehung durchaus keinen Nachteil für die Industrie zu verzeichnen. Es wäre vielleicht von Interesse, durch Herrn Professor Leidig zu hören, wie weitgehend die Wünsche von

feiten der Industrie gerade für das Vorprüfungssystem geäußert

worden sind.

32 Regierungsrat Professor vr. Leidig-Berlin. Meine Herren, soweit überhaupt Wünsche geäußert und Anträge gestellt wurden - und das sind nicht sehr viele gewesen —, haben sie sich nach der Richtung hin

bewegt, daß eine selbständigere Stellung

des Vorprüfers gewünscht

wird. Ueber die Frage der kontradiktorischen Verhandlung innerhalb des Patentamtes und einer etwaigen Abänderung des Gesetzes dahin

ist meines Erinnerns in den ganzen Aeußerungen nicht gesprochen worden. Soweit ich es aber verstanden habe, besteht ein Gegensatz zwischen Herrn Langen und den Ausführungen des Herrn v. Schütz nicht. Auch künftig soll nicht etwa ein Zwang eintreten bezüglich der kontradiktorischen Verhandlung, sondern es soll so bleiben wie jetzt, bloß daß, während jetzt die Frage in einer Instanz zur Entscheidung kommt, künftig zwei Instanzen gebildet werden sollen, auf diese Weise also die Dreiteilung

der Instanzen geschaffen

wird, die früher vor­

handen war. Meine Herren, vielleicht ist es Ihnen aber, nach dem, was Herr Direktor Langen andeutete, interessant, noch eine Aeußerung zu hören,

die sich etwas schroff zu der jetzigen Stellungnahme des Patentamtes stellt. Eine unserer ersten deutschen Firmen bringt zum Ausdruck, der Begriff der Neuheit würde von dem Patentamt überspannt und nach der Richtung hin aufgefaßt, daß, wenn eine Zusammenfassung von Natur­ kräften in möglichst verrückter Weise — wie die Herren sich ausdrücken — stattfindet, daß dann der Betreffende mit ziemlicher Sicherheit auf

ein Patent rechnen könne; wenn er aber durch eine an sich bekannte Zusammensetzung der Naturkräfte einen neuen, bisher unbekannten technisch wertvollen Erfolg erziele, dann habe er durchaus nicht die Möglichkeit oder wenigstens eine geringe Möglichkeit, ein Patent zu erlangen. Inwieweit das tatsächlich zutrifft, will ich dahingestellt sein

lassen; aber da diese Auffassung so scharf und so deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist, glaubte ich, sie Ihnen mitteilen zu sollen.

Borfitzender: Wird zu Punkt a noch das Wort gewünscht? Direktor v. Schütz-Berlin:

Meine Herren,

da sich

keiner der

Herren gemeldet hat, gestatten Sie, daß ich noch ein paar Worte sage. Es ist richtig, daß der Frankfurter Kongreß mit sehr großer

Majorität damals zum Ausdruck gebracht hat, 30pCt. Patenterteilungen von den eingegangenen Anmeldungen seien zu wenig. Inzwischen hat sich in ganz kurzer Zeit die Erteilungsziffer auf 60pCt. erhoben, und es ist mir ebenso bekannt, daß, wie Herr Direktor Langen sagte, nun schon wieder Klagen aus der Industrie kommen: das ist zu viel. Es ist

sehr schwer, da das Richtige zu treffen, und zwar wird es aus dem Grunde niemals gelingen, es allen recht zu machen, weil die

33 Interessen in der Richtung ja sehr verschieden sind. Es kommt einmal die Großindustrie in Betracht, und ich kann sehr gut begreifen — ich gehöre ja selber als Beamter der Großindustrie an —, daß man dort

sagt:

die Masse Patente engt schließlich den Konstrukteur in einer

Weise ein, daß er sich nicht rühren kann, ohne in das Netz eines Patentes hineinzugeraten. Andererseits aber muß man doch auch

bedenken, daß schließlich die Großindustriellen und die Industriellen überhaupt nicht die einzigen sind, die Interesse am Erfinderschutz

haben, sondern doch vor allen Dingen auch die Erfinder, und es wird sich in der Praxis des Patentamtes immer nur darum handeln können, gerecht abzumessen und niemandem unrecht zu tun. Ich meine, ein Korrelat gegen zuviel Patente besteht zunächst in unseren steigenden Gebühren. Wie hier mein Herr Nachbar eben schon sagte, verfällt ja ein großer Teil der Patente ganz von selber in dem Augenblicke, wo die Erfinder einsehen, daß es sich um wertlose Sachen handelt. Das Vorgehen des Deutschen Vereins war damals äußerlich veranlaßt durch den internationalen Kongreß in London, auf dem die lebhaftesten Klagen gegen die Praxis des Deutschen Patentamts laut wurden. Es ist dort von englischer, französischer und amerikanischer Seite direkt ausgesprochen worden, unser ganzes deutsches System sei eine Art Räubersystem. Die Ausländer brächten ihre Erfindungen hierher, sie legten alles klar, um dann nachher den Bescheid zu bekommen, daß ein Patent auf ihre Erfindung nicht erteilt werden könne, und dann hätten sie ihre Erfindung preisgegeben. Dann hat der Deutsche Verein diese Sache geprüft — er hatte sich übrigens auch früher schon damit beschäftigt —, und wir haben gesagt: ein Teil der Klagen ist nicht unberechtigt, denn 30pCt. sind tatsächlich zu

wenig, und das ist damals auch in Frankfurt zum Ausdruck gekommen.

Wie nun das Patentamt die Sache augenblicklich handhabt,

glaube ich, daß es allen Wünschen ziemlich gerecht wird. Ich meine, wenn man wirklich als industrieller Konstrukteur irgendwo auf ein Patent stößt, dann wird es in den meisten Fällen nicht schwer sein, sich mit . dem betreffenden Elfinder zu vertragen und sich eine Lizenz geben zu lassen. Im Durchschnitt, kann man wohl sagen, sind unsere deutschen Erfinder in ihren Ansprüchen bescheiden. Dr.-Jng. h. c. Lürmann-Berlin Zu der Frage, ob zu viel oder zu wenig Patente erteilt werden, möchte ich noch bemerken, wie ja einige der

Herren Vorredner eS auch schon getan haben, daß das deutsche Gesetz dafür einen ausgezeichneten Regulator hat — und ich glaube nicht, daß ein anderes Patentgesetz in einem anderen Staate diesen Regulator H-ft 105.

34 hat —, es ist das die Höhe der Gebühren. Ich habe damals mit zu den Mitgliedern der Kommission für die erste Enquete über die Patentgesetze gehört. Es ist zu jener Zeit ganz besonders hervor­ gehoben worden, daß die Gebühren in dieser Höhe als Regulator eingesetzt werden müßten, und zwar ist dieser Regulator für den Erfinder deshalb nicht unangenehm, weil er ihn ja selbst hand­ haben kann. Indem der Erfinder die Patentgebühren zahlt oder nicht zahlt, gibt er zugleich sein eigenes Urteil über den Wert seiner Erfindung bekannt. Ich möchte deshalb von vornherein sagen: ich bin nicht dafür, die Patentgebühren zu vermindern. (Sehr richtig!)

Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, ich möchte mir nur eine kurze Bemerkung zu der Frage der Zuviel-Patentierung gestatten. Ich bin der Ansicht, daß diese Frage sich allgemein gar nicht beantworten läßt. (Zustimmung). Die Verhältnisse liegen zweifellos in der gesamten Industrie nicht gleich, sondern sie liegen in den einzelnen Industrie­ zweigen, glaube ich, ganz verschieden. Es ist möglich, daß ein einzelner Industriezweig sich durch zu große Konnivenz des Patentamts, will ich einmal sagen, beeinträchtigt fühlt und es für einen Mißbrauch hält, daß zu viel patentiert wird. Andere Industriezweige werden anderer Ansicht sein. Wir in der chemischen Industrie sind mit dem heutigen System durchaus zufrieden, wir sind der Ansicht, daß nicht zu viel und nicht zu wenig patentiert wird. Im übrigen liegt ja praktisch die Sache so, daß, wenn man ein Patent anmeldet, einem

dann das Vielpatentieren sehr recht ist, und wenn der andere ein Patent anmeldet, dann ist man natürlich für recht wenig Patentierung. (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Dann möchte ich nur noch bemerken, daß auch die Frage, ob das Patentamt den sogenannten technischen Fortschritt, welcher mit bekannten Mitteln bewirkt wird, genügend würdige, jedenfalls soweit

die chemische Industrie in Betracht kommt, nicht abfällig bezüglich der Praxis des Patentamts zu beantworten ist. Bei uns werden mindestens

90 pCt.

aller angemeldeten Patente lediglich aus

dem

Gesichtspunkte heraus erteilt, daß ein gewerblicher Fortschritt mit an sich gegebenen Mitteln erzielt wird, und ich glaube, daß man nicht

wohl irgendwie dem Patentanlt den Vorwurf machen darf, daß es diesen Gesichtspunkt nicht genügend bei der Patentierung in Betracht zieht. Claviez-Adorf: Meine Herren, wenn ich aus meiner eigenen Er­

fahrung sprechen darf, so kann ich wohl sagen, daß das System des Patent-

35 gesetzes so bleiben möchte, wie es ist; wohl aber hat die Handhabung des Systems manche Mängel, und auch ich muß sagen, daß der

Begriff eines neuen Erfindungsgedankens ein zu dehnbarer geworden ist. Wir haben zu viel kleine Patente, ganz besonders in der Textil­ industrie, und diese Patente schaden mehr, als sie nützen, und zwar ganz besonders dann, wenn sie im zweiten Jahre zurückgenommen sind, oder dadurch, daß die Taxe nicht mehr bezahlt worden ist, zurück­ genommen werden mußten, um aber dann als dagewesene Patente noch zu bestehen und die späteren Erfinder in der weiteren Ausführung einer Erfindungsidee zu schädigen. Ich glaube aber, meine Herren, daß

darin Abhilfe geschaffen werden könnte, wenn der unter b angeführte Punkt „Veröffentlichung der Anmeldung" bis zu einem gewissen Grade beschränkt werden könnte, so daß nicht der Erfinder gezwungen ist, alle Details seiner Erfindung preiszugeben und dadurch anderen

sogenannten

Erfindungsfabriken

Gelegenheit

zu

geben,

durch

Ab­

änderungen Patente zu bekommen. Ingenieur Schäfer-Dessau: Meine Herren, ich möchte im Anschluß

an das, was Herr Lürmann gesagt hat, darauf Hinweisen, daß wir einen zweiten Regulator gegen zu viele Patente in dem Einspruchsverfahren besitzen. Wenn die Industrie sich bis jetzt an die mildere Stellung des Patentamtes gegenüber den Anmeldungen vielleicht noch nicht in dem Umfange gewöhnt hat, wie sie früher an das schärfere Verfahren gewöhnt war, so wird es sich empfehlen, daß die Industrie sich der veränderten Haltung des Patentamtes anpaßt und in weiterem Maße als bisher die Patentanmeldungen daraufhin prüft, ob es notwendig und angebracht ist, ihnen Einsprüche entgegenzusetzen. Deswegen möchte ich auch das von vielen Seiten angegriffene Einspruchsverfahren

unter allen Umständen als einen Bestandteil unseres Patentgesetzes ge­ wahrt wissen. Ingenieur Gondos-Kalk bei Cöln. Meine Herren, ich will mich ganz kurz fassen. Die Industrie hat Interesse daran, gute Patente zu haben, mit wertlosen Patenten ist ihr nicht gedient; daher kann ihr

eine strenge Vorprüfung nur erwünscht sein. — Das Einspruchverfahren als Korrektur der Vorprüfung ist ja an sich leicht durchführbar, jedoch kostspielig und führt nicht immer zum Ziele. Wir haben durchschnittlich

15 bis 20 schwebende Einsprüche, was, besonders wenn eine Vor­ benutzung zu beweisen ist, viel Geld kostet. Man kann der Industrie nicht die Arbeit des Vorprüfers aufbürden. Unser Hauptangriff richtet sich aber gegen die engherzige Aus­

legung des Begriffes „Einheitlichkeit" seitens der Prüfungsbehörden, denn auf diese Weise werden die Vorteile der Unionspriorität sozusagen

36

illusorisch. Wir können sie fast nie in Anspruch nehmen. In Deutsch­ land wird die Erfindung in 5, 6 Patente zerstückelt, im Auslande müssen wir aus finanziellen Gründen die Patente vereinigen und sind dann der Priorität verlustig. Oberingenieur Reumann-Deutz: Ich möchte auch zum Ausdruck bringen, daß in der Maschinenindustrie, speziell in der Gasmotoren­

industrie, eine außerordentliche Menge von Patenten erteilt wird, die keine Erfindungen darstellen, daher unberechtigt und zwecklos sind. Ich bin nicht der Ansicht, daß die verschiedenen Regulatoren zur Ausscheidung der überflüssigen Patente, die hier erwähnt worden sind, genügend funktionieren. Wenn schon nach kurzer Zeit eine Reihe von Patenten fallen gelassen wird, so liegt das nicht daran, daß die Erfindungen als wertlos erkannt wurden, denn in 1 bis 2 Jahren läßt sich nicht entscheiden, ob etwas wertvoll ist oder nicht. Es liegt vielmehr an der Höhe der Patentgebühren, wenigstens ist es mit dadurch beeinflußt. Dann ist das Einspruchsverfahren ebenfalls angeführt worden. Dieselbe Behörde aber, die über die Patentfähigkeit im Vorprüfungs­ verfahren zu urteilen hat, urteilt auch im Einspruchsverfahren. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Einsprüche einfach nichts nützen.

Es werden die Einsprüche in der letzten Zeit in einer ganz über­ wiegenden Zahl zurückgewiesen, so daß also tatsächlich die Industrie in dieser Beziehung gar keinen Druck auf das Patentamt ausüben kann, wenn das Patentamt nicht seine Auffassung ändert. Nun ist gesagt worden, diejenigen, die gerade Patente an­

meldeten, wären natürlich in diesem betreffenden Augenblick dafür, daß möglichst viel Patente erteilt werden. Das trifft nicht immer zu. Wir sind gezwungen, eine ganze Reihe von Gegenständen, die wir nach unserer innersten Ueberzeugung nicht für patentfähig halten, zum Patent anzumelden, einfach weil wir uns dagegen wehren müssen, daß andere uns damit zuvorkommen und weil wir ein Vorbenutzungsrecht nicht

immer geltend machen können.

Die Industrie ist in dieser Beziehung

in einer Zwangslage, und ich habe eine ganze Reihe von Ent­ scheidungen gesammelt — die ich aber hier nicht vortragen will, denn das würde zu weit führen —, bei denen ganz offenbar ein Techniker

sich auf den Standpunkt stellen muß: es ist diese vermeintliche Erfindung weiter nichts als der selbstverständliche Ausfluß des technisch

gebildeten

Geistes

auf

Grund

der vorhandenen Erfahrungen

auf

gegebener Bahn. Ich will nur ein einziges Beispiel anführen, das eklatant ist. Es war ein Gaswascher mit kleiner Wasseroberfläche für ein Unterseeboot zum Patent angemeldet worden. Das Patentamt entscheidet, in der Verwendung solchen Waschers in einem Untersee-

37 boote sei bei Berücksichtigung der Borveröffentlichung solchen Wäscherin einem großen Schiffe und bei Berücksichtigung der bezüglich beweglicher Ladungen bekannten Tatsachen dennoch eine Erfindung zu erblicken, „weil bei Unterseebooten ganz besonders darauf geachtet werden muß, daß ihre ohnehin schon geringe Stabilität nicht noch

weiter vermindert wird." Also es lag in diesem Falle nicht ein neuer Effekt vor, sondern der Effekt war nur in dem betreffenden Falle besonders wertvoll. Das scheint mir denn doch zu weit zu gehen. Dr. Röwer-Hamburg: Ich möchte denjenigen Herren zustimmen, die hier zum Ausdruck gebracht haben — namentlich ist dies durch Herrn Direktor Langen geschehen —, daß bei der milden Auffassung, die heute im Patentamt herrscht, tatsächlich leicht zu viele Patente erteilt werden. Ich sehe darin, daß es den Erfindern zu leicht gemacht wird, Patente zu erhalten, eine Beeinträchtigung der Rechte des wirklichen Erfinders. Die milde Auffassung des Patentamtes zieht geradezu die sogenannte Patentjägerei oder Patentfabriken, wie sie hier genannt wurden, groß. Dem sollte man doch entgegentreten, indem man an geeigneter Stelle darauf hinweist, daß das viele Patentieren bezw. die leichte Erteilung von Patenten eine Gefahr für den wirklichen Erfinder bezw. Erfindung

bedeutet.

Wohlgemuth-Essen Meine Herren, im Gegensatz zu den ver­ schiedenen Aeußerungen, die soeben hier zum Ausdruck gebracht worden sind, kann ich im Namen der Firma, die ich hier vertrete, Th. Gold­ schmidt, Chemische Fabrik und Zinnhütte, in Essen, feststellen, daß wir uns vollkommen der Ansicht des Herrn Justizrat Haeuser an­ schließen. Wir sind mit der jetzigen sogenannten milden Praxis des Patentamtes vollständig einverstanden und halten sie für richtiger als die frühere allzu strenge Praxis. Wir können nicht sehen, daß irgend­

wie ein Mangel für unsere Industrie hier vorliegt. Den Aeußerungen über Patentjägerei, die hier soeben gefallen sind, kann ich mich für unseren Industriezweig auch nicht anschließen.

Ich meine, wir müssen doch immer wieder hervorheben, daß die Ver­ hältnisse in den verschiedenen Industrien recht verschieden find.

Also für

die

chemische

und

für

die

metallurgische Industrie

— das betone ich nochmals — ist nach unserer Ansicht ein Mangel nicht vorhanden.

Vorsitzender: Meine Herren, es ist der Wunsch ausgesprochen worden, daß die Herren Redner die Branche angeben möchten, sie vertreten.

die

Stzaethe-Gera (von der Handelskammer Gera, Verband deutscher Musikwerkfabrikanten): Meine Herren, ich vertrete eine sehr kleine

38 Industrie, das ist die Musikinstrumentenindustrie, und die Patente in dieser Industrie sind vom Jngenieurstandpunkt aus natürlicherweise ganz minimal. Sie sind aber gegenüber der Konkurrenz, vor allem gegenüber unserer amerikanischen Konkurrenz, für die Industrie sehr

wichtig, und die Industrie ist heute mit bem Verfahren des Patent­ amtes ganz einverstanden. Nur klagen alle Leute bei uns, daß der kleine Mann sein Patent nicht halten kann. Die Patente sind ja nicht schwerwiegender Natur; aber es ist in vielen Beziehungen eine Reklame für den Mann. Indes, wenn er sich erst gründlich zwei Jahre durch­ gekämpft hat, um das Patent zu halten, dann ist er schon gar nicht mehr in der Lage, die Patentkosten zu bezahlen. Deshalb kann ich mich durchaus nicht der Ansicht anschließen, daß zu viel Patente erteilt werden. Ich bin aber der Ansicht, daß die Patentgebühren zu hoch sind, und daß wir hier den Blick nach Amerika wenden und mehr auf das amerikanische System für unsere kleine Industrie Bezug nehmen müssen, daß wir die Patente auf eine Reihe von Jahren festlegen, wodurch der Erfinder Zeit gewinnt, seine Sache in irgend einer Weise auszubeuten. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine geehrten Herren, ich möchte glauben, daß gerade diese Diskussion, die sich an­ scheinend jetzt zum Ende neigt, ein Beweis dafür ist, daß doch die Einberufung dieser Versammlung zweckmäßig gewesen ist. Meine

Herren, schon in den Vortagen vor unserer Konferenz fand sich bei uns eine Reihe von Herren ein, die sich — außer anderen Quali­ täten — auch als Erfinder bezeichneten, und die in dieser Versammlung

das Wort nehmen wollten. Diese Herren stehen auf einem gänzlich anderen Standpunkt wie Sie. (Heiterkeit.) Sie erklärten, daß das Patentamt mit seiner jetzigen viel zu scharfen Praxis geradezu eine Räuberhöhle und Tod und Mord alles Erfindungsgeistes sei. (Heiter­ keit.) Wir haben geglaubt, daß es nicht zweckmäßig sei, die ohnehin

schon

große Tagesordnung durch

die uns

freundlichst angebotenen

Vorträge dieser Herren Erfinder zu belasten. Aber, meine Herren, Sie wollen daraus freundlichst ersehen — das ist ja auch hier in der

Debatte schon zum Ausdruck gekommen —, daß eben sehr verschiedene Auffassungen

über ein gutes Patentgesetz bestehen, während wir hier

von einem ganz bestimmten Standpunkt, dem Standpunkt der In­ dustrie aus, diese Fragen zu erörtern haben.

Borsitzender: Wird noch zu Punkt a das Wort gewünscht? — Das ist nicht mehr der Fall. Dann darf ich wohl zu dem Punkte „Patentanwälte" übergehen.

39 Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Ich möchte noch zu a etwas bemerken. Der Verein deutscher Patentanwälte hat sich an eine Reihe von industriellen Körperschaften, und auch an den

Centralverband

Deutscher Industrieller gewandt und

angeregt, die

Frage der Reform des Patentanwaltgesetzes auch von feiten der Industrie aufzunehmen. Die Herren hatten auch eventuell vorgeschlagen, sie hier an dieser Verhandlung zu beteiligen.

daß das nicht zweckmäßig sei. Ich möchte glauben, meine Herren,

Wir haben geglaubt,

daß die Wünsche,

welche

vom Standpunkt des Vereins deutscher Patentanwälte geäußert worden sind — so heißt er ja wohl — (Professor Dr. Osterrieth: Es gibt einen Verband, einen Verein und einen Bund!) — die Ber­ einigung ist es — die zum Teil dahin gehen, eine weitere Verschärfung der Bestimmungen und eine größere Durchbildung des Patentanwalt­ standes herbeizuführen, wohl durchaus sympathisch zu begrüßen sind, daß sie aber immerhin nicht unmittelbar zu den Aufgaben der In­ dustrie gehören. Soweit sich die Enquete mit dieser Frage beschäftigt hat, meine Herren, stehen die Anschauungen nicht ganz auf dem Standpunkt der Herren Patentanwälte; insbesondere wird von einzelnen Firmen geradezu der Wunsch geäußert, daß die Patentagenten nicht zu sehr

gedrückt werden möchten, sie böten für gewisse Fälle den einzelnen Firmen eine Ergänzung des Patentanwaltstandes. Weiter aber ist von einer Reihe von Firmen Beschwerde erhoben

über die gänzlich ungeregelte Art der Honorare der Patentanwälte (sehr richtig!), und es ist da der Wunsch ausgesprochen worden, daß es erforderlich sei, ähnlich wie bei den Rechtsanwälten, eine öffentlichrechtliche Ordnung,

einzuführen.

eine Gebührenordnung für die Patentanwälte Es ist dabei allerdings, wie ich bemerken muß, hervor­

gehoben worden, daß die Honorare jetzt nicht etwa zu niedrig seien, sondern im Gegenteil, daß sie zum Teil excessio hoch seien, und daß es nötig sei, daß da eine Aenderung und eine Ordnung eingeführt wird. Inwieweit das den Tatsachen entspricht, können wir ja auch nicht beurteilen. Dieser Wunsch aber nach einer öffentlich-rechtlichen Ordnung, nach

einer Gebührenordnung der Patentanwälte ist ver­

schiedentlich zum Ausdruck gebracht worden. Dr. Mebelkorn-Berlin (Ziegelindustrie): Ich würde es bedauern, wenn eine derartige Regelung der Honorare der Patentanwälte durch­

geführt wird. Es gibt eine Anzahl Spezial-Patentbureaus, deren Kenntnisse auf einem und demselben Gebiete im Laufe langer Jahre erworben und

ausgestaltet sind.

Die Bewertung

dieser Kenntnisse

40 muß höher sein,

als die Bewertung derjenigen Erfahrungen,

die bei

der Bearbeitung der Industrie im allgemeinen gemacht sind. Handelsrichter Guttsmam»-Grünewald-Berlin: Ich kann mich der Ansicht des Herrn Dr. Fiebelkorn nicht anschließen. Ich halte eine solche Ordnung schon deshalb für notwendig, weil schon sehr Viele übervorteilt worden sind; und es gibt selbst bei den Rechts­ anwälten ein Mittel, ihnen, wenn man will, etwas mehr zuzuführen. Wenn heute eine solche Gebührenordnung für die Patentanwälte existieren würde, so kann ich, wenn ich weiß, daß ein Patentanwalt eine größere Erfahrung hat, oder wenn ich wünsche, daß er mein Interesse über das gewöhnliche Maß hinaus wahrnehmen soll, ihm eine Extragebühr zuwenden. Justizrat Haeuser-Hoechst: Ich möchte mir zu dieser Frage kurz zu bemerken gestatten, daß ich durchaus nicht dafür eintrete, daß man die Patentanwälte in ihren Gebührenforderungen zu sehr einen gen soll. Ich glaube, daß diese Frage in der liberalsten Weise geregelt werden kann. Aber die Gebühren, die mir bei den Patentanwälten immer zu hoch vorgekommen sind, sind diejenigen, die man bei den Rechts­ anwälten als sogenannte Korrespondenzgebühren bezeichnet, das heißt die Gebühren, die der deutsche Anwalt — dessen sich sehr viele Firmen dabei bedienen — dafür fordert, daß er die Patentanmeldung dem ausländischen Anwalt übermittelt, und daß umgekehrt die Korrespon­ denz von dort durch sein Bureau geht. Für diese Arbeit, die so ziemlich eine reine Briefträgerarbeit ist, werden sehr hohe Gebühren gefordert, Gebühren, die nach meinem Dafürhalten nicht berechtigt

sind. Der ausländische Anwalt berechnet seine vollen Gebühren, und zu diesen vollen Gebühren schlagen die hiesigen Anwälte für ihre

Tätigkeit, die nur in dem Briefwechsel besteht, vielfach 25 pCt. und mehr darauf. Ich glaube, daß diese Sache doch einmal ins Auge

gefaßt werden muß, und daß diese Gebühren jedenfalls der Regelung zugänglich sind, ohne daß dabei die Gesichtspunkte meines Nachbarn (des Herrn Dr. Fiebelkorn) irgendwie in Frage gestellt werden.

Borfitzender: Wird jetzt noch zu den Patentanwälten das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Darf ich dann zu b übergehen: Das Erteilungsverfahren, die Stellung des Vorprüfers, die Veröffentlichung der An­ meldung. (AusführlichereVeröffentlichung oder nur derHauptanspruch?) Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ein Teil derZ^ge ist ja eigentlich schon erledigt, insbesondere ist die Stellung

des Borprüfers in der bisherigen Erörterung, wie ich glaube wohl auch

nach Auffassung der Herren, schon genügend behandelt worden.

41 Was die Veröffentlichung

der Anmeldung anlangt,

auf

welche

in der Erörterung auch bereits zurückgegriffen worden ist, so stehen sich da zwei Anschauungen ganz scharf gegenüber; die eine Anschauung,

die auch hier zum Ausdruck gebracht worden ist, ging dahin, daß die weniger ausführliche Veröffentlichung der Patentansprüche einen großen Teil der bestehenden Bedenken gegen die Patentpraxis beseitigen würde. Dem, meine Herren, stehen aber andere Auffassungen gegenüber, die gerade eine Veröffentlichung in größerem Umfange verlangen, als es jetzt der Fall ist, und die ausführen, daß lediglich dann die Gelegenheit gegeben wird, sachgemäße Einsprüche zu erheben, wenn die Patentansprüche in umfassender Weise veröffentlicht werden.

Es ist dabei von einer Seite auch vorgeschlagen worden, die Patent­ ansprüche von den jetzigen Veröffentlichungen abzutrennen und selbst­ ständig herauszugeben. Das, meine Herren, sind nun Gegensätze, die miteinander kaum zum Ausgleich zu bringen sind. Oberingenieur Hochwald-Berlin (Firma Borsig): Ich sollte meinen, daß diese Gegensätze sich insoweit vereinigen lassen, daß nur der Hauptanspruch ausgelegt wird; wenn der Einsprechende dann ein berechtigtes Interesse nachweist, müßte ihm allerdings in die vollständige Anmeldung Einblick gewährt werden. Dadurch ließe sich sowohl dem Entstehen unberechtigter Patente, als auch der mißbräuchlichen Aus­ nutzung der Anmeldungen vorbeugen.

Schäfer-Dessau (Gasindustrie): Meine Herren, bei b vermisse ich noch einen Punkt, der meines Erachtens wohl auch zur Sprache

gebracht werden muß, nämlich die Klage der Industrie über die lange Dauer des Erteilungsverfahrens, und ich möchte den Wunsch zum

Ausdruck bringen, daß sowohl bei den Verhandlungen unserer Kom­ mission, wie auch bei den Verhandlungen der Düsseldorfer Versamm­

auch einmal mit auf die Tagesordnung gebracht wird. Selbst bei der heutigen milden Praxis unseres Patentamtes dauert es nach meinen Erfahrungen durchschnittlich drei Jahre, ehe lung diese Klage

eine Anmeldung entweder zur Erteilung durchgedrungen oder ehe sie definitiv gefallen ist. Darin sieht gerade meine Industrie eine große Schädigung ihrer Interessen.

Vorsitzender: Es hat sich niemand weiter zu b zum Wort gemeldet. Dann gehe ich zu c*) über. *) Die Dauer des Patentschutzes. Berechnung der Schutzzeit von der Anmeldung oder der Veröffentlichung des Patentanspruchs oder aber von Erteilung des Patents ab. Nachträgliche Ver­ längerung der Patentschutzzeit.

42

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: diese Fragen sind hier bereits in die Erörterung

Meine Herren, auch

mit hineingezogen

rvorden, die Frage, ob nicht der Lauf des Patentschutzes von Beginn der Anmeldung ab in einzelnen Fällen zu großen Schwierigkeiten

geführt hat, und ob da nicht eine Aenderung einzutreten hat.

Bon

verschiedenen Seiten wird gewünscht, daß nach dem Vorgang der ausländischen Gesetzgebung erst von der Erteilung des Patentes ab die 15 jährige Schutzfrist läuft, von anderer Seite, daß wenigstens erst von der Veröffentlichung des Patentanspruchs an die Schutzfrist beginne. Damit hängt noch eine weitere Bestimmung zusammen, die sich ja allerdings erledigen würde, wenn nach dieser Richtung hin eine Aenderung eintretcn würde. Es ist nämlich der Wunsch ausgesprochen

worden, daß eine Möglichkeit gegeben werden möchte, in gewissen Fällen für gewisse Patente — allerdings ist nicht näher auseinander­

gesetzt worden, um welche Patente es sich da handeln soll — eine Verlängerung der jetzigen 15 jährigen Schutzfrist zu gewähren. Es ist ausgeführt worden, daß im allgemeinen die 15 jährige Schutzfrist wohl genüge, daß es aber Fälle gebe, in denen eine Erweiterung eintreten müsse, in denen dann aus besonderen Gründen, etwa auf Grund eines Beschlusses des Patentamtes, eine Verlängerung um 5 Jahre, also bis zu 20 Jahren gewährt werden solle. Dieser Gedanke ist angeregt worden. Er geht allerdings, wie ich bemerken möchte, von dem jetzigen Verfahren aus, bei dem, wie gesagt, ein Teil der Patent­ schutzfrist durch das Vorprüfungsverfahren und die weiteren Er­ mittelungen und Verhandlungen verloren geht. Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, ich stehe auf dem Standpunkt, daß man es bei der bisherigen Regelung der Dauer des

Patentschutzes belassen kann. Ich will nur, ohne die Diskussion weiter auszudehnen, einige Punkte in dieser Richtung hervorheben. Die Frage hängt nach meiner Ansicht mit der Frage der Dauer des Erteilungsverfahrens zusammen. Ich glaube, meine Herren, die Allgemeinheit hat ein Jntereffe daran, daß ein angemeldetes Patent sobald wie möglich zur Bekanntmachung gelaugt (sehr richtig!), schon von dem einfachen Gesichtspunkte aus, daß das Vorbenutzungsrecht bekanntlich nicht mehr eintreten kann nach Einreichung der Patent­

anmeldung.

Je länger also

daS Patent beim

Patentamt geheim

bleibt, um so mehr ist die Gefahr vorhanden, daß ein anderer schon die Erfindung in Benutzung genommen hat, schon Ausgaben für die Ausführung der Erfindung gemacht hat, daß er aber späterhin die Be­ nutzung wieder einstellen muß, weil sich herausstellt, daß eine frühere

Patentanmeldung ihm entgegensteht.

Das ist ein großer Uebelstand,

43

den ein jeder in der Praxis an sich schon erfahren hat, und der möglichst zu beseitigen ist. Wenn also die Patentdauer etwa erst von der Aus­ legung an berechnet wird — und einen späteren Zeitpunkt könnte man ja kaum nehmen, da mit der Auslegung schon der Schutz ein­ tritt, und der Zeitpunkt des Schutzbeginns doch der maßgebende Zeit­ punkt sein müßte —, so geben wir den Anmeldern geradezu den An­ reiz, das Erteilungsverfahren künstlich zu verlängern (sehr richtig!), um auf diese Weise künstlich die Dauer des Patentes zu verlängern. (Zuruf: Das wird ja gemacht!) Wir geben auch dem Patentamt in gewissem Sinne die Entgegnung an die Hand: Du wirst ja durch die

lange Dauer des Patenterteilungsoerfahrens eigentlich nicht geschädigt, denn dein Patent läuft ja nachher um so länger. Jedermann weiß auch, meine Herren, daß nicht die ersten Jahre eines Patentes die nutz­ bringendsten sind, sondern die letzten, wenigstens wenn es sich um ein gutes Patent handelt. Die ersten Jahre gehen über Versuche und über die Einführung hin, und diese Zeit ist eigentlich für die nutz­ bringende Ausnutzung der Erfindung verloren, während, wenn ich die Patentdauer durch ein längeres Erteilungsverfahren verlängere, ich mir dadurch eine größere Zeit für die Ausarbeitung der Erfindung verschaffe, und wenn ich mit der Ausarbeitung fertig bin, dann noch in den vollen Genuß des Patentschutzes für 15 Jahre gelange. Ich glaube, von diesem Gesichtspunkte aus würden wir zu er­ heblich schlechteren Zuständen gelangen, wenn die Patentdauer nicht von der Einreichung, sondern erst von der Auslegung bemessen würde. Ich kann aber auch den Vorwurf, daß die Patenterteilung zu lange dauert, nicht unwidersprochen lassen. Das gehört ja in gewissem Maße in diesen Zusammenhang hinein. Das Patentamt hat sich der Erwägung, daß eine längere Dauer des Verfahrens zu vermeiden ist, nicht verschlossen, und hat seinerseits alles mögliche getan, um das

Es ist Ihnen ja bekannt, daß es verschiedene Male die Verfügung erlassen hat: Wir geben jetzt eine 2 monatliche Frist für die Erledigung unserer Beanstandungen, und Patenterteilungsverfahren abzukürzen.

dann bewilligen wir keine Verlängerung mehr. Ja, meine Herren, das Patentamt konnte einfach diese Praxis nicht durchsetzen. Sie scheiterte an dem Widerspruch der Beteiligten, die doch immer wieder eine neue Frist verlangten, und ich muß sagen, nach meinen Erfahrungen

liegt in sehr vielen Fällen, ich möchte sagen in den weitaus meisten Fällen, die Schuld an der langen Dauer des Patenterteilungsverfahrens nicht beim Patentamt, sondern bei den Parteien, die die Sache hinaus­

zögern, meist allerdings nicht aus bösem Willen, sondern weil sie nicht in der Lage sind, den Anforderungen, die das Patentamt, zum großen

44 Teil mit Recht, stellt, mit genügender Schnelligkeit gerecht zu werden.

Wir müssen aber gerade durch den Druck, daß der Patentanmelder auch künftig seine Patentdauer sonst verkürzt, darauf hinwirken, daß er selbst alles dafür tut, um möglichst rasch seine Erfindung zur Er­

ledigung zu bringen. Was nun die Frage angeht, ob der Patentschutz durch einen Beschluß des Patentamtes über die normale Dauer von 15 Jahren — die ja der Patentdauer in den meisten Kulturländern entspricht — soll verlängert werden können, so habe ich nichts dagegen, wenn eine solche Bestimmung getroffen werden sollte. Ich glaube, große praktische

Bedeutung wird sie im allgemeinen nicht haben. Es könnte sich da nur um Erfindungen handeln, die von ganz enormer Bedeutung für das öffentliche Wohl sind, und die trotzdem durch besondere Umstände dem Erfinder erst sehr spät seinen Lohn zu teil werden lassen, so daß es billig wäre, den Patentschutz zu verlängern. In England hat viele Jahre lang diese Bestimmung bestanden; ich weiß im Augenblick nicht, ob sie jetzt noch dort besteht. Ich glaube aber, die Fälle kann man an den Fingern einer Hand herzählen, in denen von dieser Bestimmung je Gebrauch gemacht worden ist (Zustimmung), und wie die industrielle Entwickelung heutzutage ist, glaube ich, würden derartige Bestimmungen nur in seltenen Ausnahmefällen Anwendung finden können. Ich glaube deshalb, eine besondere praktische Bedeutung ist einer solchen Vorschrift in keinem Falle beizulegen. Dr. Bartz - Braunschweig: Ich kann mich den Ansichten des Herrn Vorredners doch nicht ganz anschließen. Der Literaturschutz dauert be­ kanntlich beinahe 60 Jahre im Durchschnitt. Er wird gewährt für die Dauer des Lebens und noch 30 Jahre darüber hinaus. Nun, meine Herren, die Produkte der Schriftsteller und Dichter sind Produkte des Geistes,

Erfindungen des Technikers, des Ingenieurs sind aber nichts anderes,

auch sie sind Produkte des Geistes. Weshalb soll das eine geistige Produkt einen größeren und längeren Schutz gewährt erhalten als das andere? Das ist nicht recht einzusehen. Jedenfalls wird einer großen Zahl von Erfindern damit gedient werden, wenn der Patentschutz ver­ längert wird, denn die Fälle sind denkbar und sie sind dagewesen, daß der Gegenstand einer Erfindung erst in den praktischen Betrieb über­ geführt wurde, nachdem das Patent nahe daran war, zu verfallen. Der Erfinder hat also in solchen Fällen das Nachsehen.

Ich möchte mich also für die Schutzverlängerung aussprechen — und ich glaube, ich spreche da im Sinne eines großen Teiles der Erfinder; es sind, wie schon erwähnt, von 320 Leuten, die gefragt worden sind, 260 dafür eingetreten, daß der Patentschutz verlängert

45 werde —, ich möchte im Sinne dieser Leute, die sich dahin geäußert

haben, auch dafür eintreten, daß eine Ausdehnung des Patentschutzes angestrebt werde, und zwar mindestens auf die Dauer von 25 Jahren. Meine Herren, ich kann auch nicht recht einsehen, wem damit geschadet werden sollte. Ich glaube im Gegenteil, wir stiften großen Nutzen mit einer solchen Maßregel und verdienen uns den Dank der allermeisten Erfinder. Oberingenieur Reumann-Deutz: Meine Herren, ich möchte gerade auf die letzte Bemerkung mit einem praktischen Beispiel antworten. Es betrifft den Dieselmotor. Die ersten fünf Jahre des Patentes, das in diesem Jahre abgelaufen ist, waren für Versuche nötig, um einen betriebs­ fähigen Motor herzustellen. Es ist dann aber auch noch nicht ein sofortiger Nutzen der Erfindung zu Tage getreten, insofern, als die

Motoren zunächst nur mit gewöhnlichem Petroleum arbeiteten und für diesen Brennstoff andere billigere Motoren vorgezogen wurden; erst als es dann nach weiteren vier Jahren möglich wurde, den Dieselmotor mit billigeren Teerölen arbeiten zu lassen, trat der eigentliche Nutzen ein. Aber durch die Vorbereitungen, die bis dahin getroffen waren, ihn wenigstens schon für einige wenige beschränkte Fälle einzuführen, ist es doch möglich gewesen, in diesen letzten sechs Jahren ein ganz enormes Geschäft damit zu machen. Der Erfinder und die Ausbeuter des Patentes sind also trotz der langen Vorarbeiten auch bei dem 15 jährigen Patent auf ihre Rechnung gekommen. Heute kennt jeder den Dieselmotor, und es fordert nun auch wieder das Interesse der

Allgemeinheit, daß eine solche Errungenschaft nicht mehr das Vorrecht einzelner sein soll. Die Motoren waren außerordentlich teuer und es war eine so große Nachfrage danach, daß die Patentinhaber und die Lizenz­ nehmer sie nicht decken konnten. Das Patentgesetz ist im allgemeinen Interesse der Industrie geschaffen worden, und es ist daher auch richtig, daß man dieses Interesse der Industrie nicht vernachlässigt. Gewiß sollte die Industrie gerade dadurch geschützt werden, daß eine Zeitlang der Erfinder Ruhe hat, seine Erfindung auszubauen. Nachdem er

das aber getan hat, und seinen Nutzen daraus gezogen hat, soll auch wieder das allgemeine Interesse zu seinem Rechte kommen. Wenn von anderer Seite einzelne Fälle angeführt werden, in denen es so abnorm lange gedauert haben soll, bis Patente zu einem Nutzen verhalfen haben, so kann das nur darin liegen, daß sie nicht in der richtigen Weise aufgegriffen worden sind. Es kommt sehr häufig

vor,

daß eine Erfindung jahrelang liegen gelassen wird, und daß

man erst dann auf die Idee kommt, nachdem man die Lösung des Problems auf andere Weise vergeblich versucht hat: es ist doch noch

46 etwas aus der Erfindung zu machen. Das soll man dann aber nicht dem Mangel des Patentgesetzes, sondern mehr oder weniger der Kurz­

sichtigkeit oder geschäftlichen Ungeschicklichkeit des Patentinhabers zu­ rechnen. Jedenfalls sind das Ausnahmefälle. Im allgemeinen dürfte es bedenklich sein, das Schutzrecht allzuweit anszudehnen.

Spaethe-Gera. Ich möchte mich meinem Herm Vorredner nicht anschließen und auch für unsere Industrie ganz entschieden dafür ein­ treten, daß der Schutz gegenüber dem geistigen Eigentum etwas ausgedehnt wird. Wir kämpfen oft jahrelang mit den Verlegern, ehe ein Patent bestätigt werden kann, weil die Forderungen der Verleger derart sind, daß das Patent praktisch gar nicht verwertet werden kann.

Das ist ein Grund, der für unsere Industrie sehr maßgebend ist. Die Verleger haben die 30 jährige Schutzfrist, sie streben sogar, wie in Belgien, nach einer 50 jährigen, sie sind in allen Ländern für Er­ schwerungen. Jedenfalls wäre ich, soweit angängig, für Verlängerung der Schutzdauer zu Gunsten der Musikinstrumenten-Jndustrie.

Exzellenz Kriiger-Berlin: Ich möchte den entgegengesetzten Standpunkt auch im Interesse der gesamten Industrie vertreten. Wenigstens macht sich in der Branche, die ich zu vertreten habe, in der Fabrikation der landwirtschaftlichen Maschinen, das Bedürfnis dringend geltend, den Schutz einer wertvollen Erfindung, deren an­ gemessener Lohn dem Erfinder gewiß nicht bestritten werden soll, nicht allzulange auszudehnen. Dafür spricht in der Neuzeit z. B. der Erfolg des Alfapatentes bei den Milchseparatoren. Zu einer Zeit, wo die Entwickelung unserer Molkerei von der allergrößten Bedeutung war, hat die schwedische Alfa-Laval-Separatoren-Gesellschast, die im Besitz dieses Patentes war, die ganze deutsche Industrie unter Druck gehalten und dasselbe 15 Jahre hindurch außerordentlich hoch verwertet.

Es wurde deshalb auch von vielen Seiten umgangen, und daraus ent­ stand eine große Reihe von Prozessen. Es war eine Wohltat für die Industrie sowohl, wie für die Landwirtschaft, daß endlich zn soliden Bedingungen diese, wie es scheint, gar nicht zu ersetzende Erfindung für die Konstruktion der Milchzentrifugen freigegeben wurde. Ich

glaube daher,

die Interessen,

die

die

Allgemeinheit

an

geistigen Produkten der Literatur hat, und die Interessen, die das Volk und im engeren Sinne die Industrie an solchen technischen Erfindungen

haben

muß,

können

nicht

als gleichwertig betrachtet

werden. Ich glaube, daß man das richtige Kompromiß getroffen hat, wenn man industriellen Erfindungen nur eine Schutzdauer von 15 Jahren zugebilligt hat.

47 Ingenieur Goudos-Kalk bei Cöln (Maschinenfabrik): 15 Jahre sind für die Maschinenindustrie hinreichend. Wir lassen unsere Patente bei weitein nicht so lange bestehen, die meisten verfallen schon in 10 Jahren, nicht etwa mit Rücksicht auf die Kosten, sondern weil sich die Technik in dieser Zeit überlebt. Es müßten Ausnahmefälle sein, wo man Patente 15 Jahre lang aufrecht erhält. Der Vorschlag, den Beginn des Patentschutzes vom Tage der Auslegung oder Erteilung ab zu berechnen, ist nicht angängig; das würde nur zu Mißbräuchen Anlaß geben. Der Anmelder hat es immer in der Hand, die Erteilung so lange wie möglich hinauszuschieben.

Vorsitzender: Wird noch zu c das Wort gewünscht? Wir gehen zu d*) über.

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, die Frage ist nur von einzelnen Gutachtern angeregt worden, und es ist hier auch das mit hineingezogen worden, was der Verein zum Schutz des gewerblichen Eigentums in seinen Erörterungen und in seiner Denkschrift von 1903 zum Ausdruck gebracht hat, daß man im inter­ nationalen Verkehr den Wegfall des Ausübungszwanges wünscht. Andererseits ist aber zum Ausdruck gebracht worden, daß im nationalen Verkehr der Ausübungszwang aufrecht erhalten werden soll. Er ist nun, soweit mir bekannt kaum jemals im deutschen Patentrecht zur praktischen Ausübung gekommen. Ich glaube nicht, daß Fälle vorliegen. Zur Erörterung ist dann weiter gestellt worden, ob nicht etwa an

Stelle des Wegfalls des Patentes, im Falle der Betreffende das Patent nicht ausübt, ein System von Zwangslizenzen eingeführt werden soll. Das sind diejenigen Fragen, die in der Enquete zur Erörterung gekommen sind. Direktor v. Schütz-Berlin:

Meine Herren, der deutsche Verein

zum Schutz des gewerblichen Eigentums hat sich, wie Herr Regierungs­ rat Leidig schon hervorgehoben hat, gerade mit dieser Frage seit

langen Jahren beschäftigt, und von uns aus ist die Frage auf die internationalen Kongresse, die alle Jahre stattfinden, übergegangen. Wir haben uns längst durch eingehende Studien davon überzeugt, daß

dem Ausübungszwange eine praktische Bedeutung nicht inne wohnt, weil dasjenige, was man durch den Zwang der Ausübung der Er­ findung erreichen will, doch nicht erreicht wird, sondern sich vielmehr durch andere ungeschriebene Gesetze reguliert.

Wir haben in Deutsch­

land bisher auf unseren Kongressen gesagt, wir wollen den Ausübungs*) 2er Ausübunqszwcknst.

'Wegfall im interimtimmleii Verkehr? ^nrnngltzenzen?

48 zwang formell beibehalten, aus dem Grunde, um ein Zwangsmittel gegenüber dem Auslande zu haben, damit dieses seinen AusübungS-

zwang fallen läßt. Wir stehen aber im Prinzip auf dem Boden, daß der Ausübungszwang überhaupt zu beseitigen ist. Die internationalen Kongresse haben

sich von Jahr zu Jahr

mehr und mehr auf diesen Standpunkt gestellt, und der Berliner Kongreß, der im Jahre 1904 stattfand, hat kurz und bündig gesagt,

es erscheint notwendig und wünschenswert, daß der Ausübungszwang durch eine Zwangslizenz ersetzt werde. Wir haben nun im Laufe dieses Winters diese Frage aufs neue in unserer Kommission behandelt, und wir werden in Düsseldorf auch hierüber eine Vorlage machen. Wir sind zu dem Entschluß gekommen, nunmehr klipp und klar zu sagen: Der Ausübungszwang hat keinen Zweck und soll als solcher beseitigt werden. An seine Stelle soll eine Zwangslizenz treten, aber erst dann, wenn drei Jahre seit der Erteilung des Patentes verflossen sind. Wir wollen also den Patent­ inhaber davor schützen, daß er, wenn er kaum sein Patent hat, gleich mit der Forderung von Zwangslizenzen überschüttet wird. Es sollen deshalb drei Jahre bis dahin verfließen. DaS haben wir aus dem ehemaligen Ausübungszwange entnommen. Im übrigen sind wir der Meinung, daß alles das, was etwa durch den Ausübungszwang erreicht werden kann und erreicht werden soll, besser und einfacher auf dem Wege der Zwangslizenz erreicht wird. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich möchte eine Sache nachholen. Aus den Kreisen der chemischen In­

dustrie ist zum Ausdruck gebracht worden, daß unsere Stellung gegen­ über Amerika eine eigenartige sei. In Amerika entwickelt sich eine

Strömung innerhalb der dortigen Industrie, die den Ausübungszwang in das dortige Patentrecht hineinnehmen wolle und damit eine schwere Schädigung der deutschen industriellen Interessen und auch der deut­ schen wirtschaftlichen Interessen herbeiführen würde, falls diese Strö­ mung zum Durchbruch kommt. Es würde dann die Notwendigkeit

sich ergeben, die patentierten Artikel, die jetzt in Deutschland fabriziert und nach Amerika übergeführt werden, dort auf Grund des amerikani­ schen Patentrechtes in amerikanischen Filialfabriken herzustellen.

Inwieweit diese, namentlich auch mit Rücksicht auf unsere Ver­ handlungen mit Amerika bedeutsame Frage auch für andere Industrien von Bedeutung ist, und in welchem Umfange dies der Fall ist,

dies zu dem Ergebnis,

ob

das von dieser Seite sehr gewünscht wird,

führen müßte, daß wir in Deutschland aus diesem Grunde auch den nationalen Ausübungszwang beseitigen müssen, nm nicht den Ameri-

49 sauern eine Handhabe für eine Aenderung ihres Patentgesetzes nach dieser Richtung zu geben, das, meine Herren, kann ich nicht beurteilen, und das würde vielleicht aus diesem Kreise noch zum Ausdruck ge­

bracht werden können.

Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, ich hatte mich zum Wort gemeldet, um derartige Gesichtspunkte zu betonen, wie sie eben Herr Professor Leidig angeführt hat. Wir müssen bei der Beseitigung des Ausübungszwanges, wie Herr v. Schütz ja auch bemerkt hat, entschieden auf die internatio­ nalen Verhältnisse Rücksicht nehmen. Ich stehe an sich prinzipiell auf demselben Standpunkt wie Herr v. Schütz. Trotzdem bin ich der Ansicht, wir sind in Deutschland aus praktischen Rücksichten auf das Ausland nicht in der Lage, den Aus­ übungszwang fallen zu lassen, denn die Entwickelung ist leider in der neueren Zeit nicht so, daß der Ausübungszwang im Auslande be­ seitigt wird, sondern daß er im Gegenteil in den Ländern, in denen er bisher nicht bestand, eingeführt werden soll, und gerade im Hinblick auf die deutsche Industrie. In England ist ein Gesetz in Vor­ bereitung, wonach ein ganz scharfer, rücksichtsloser Ausführungszwang eingeführt werden soll. Diese Bewegung in England geht aus von der englischen chemischen Industrie, welche irrtümlicher Weise glaubt, daß sie auf diese Weise die Ueberlegenheit der deutschen chemischen Industrie mit Erfolg bekämpfen könne, und daß es auf diese Weise gelingen müsse, eine kräftige chemische Industrie in England großzuziehen. Ebenso ist ja, wie schon Herr Professor Leidig bemerkte, eine ähnliche Strömung in Amerika vorhanden. Hier hatte sich dieselbe gleichfalls schon zu einer Gesetzesvorlage verdichtet, und nur durch einen Zufall ist diese Gesetzesvorlage unter den Tisch gefallen. Sie

kann aber jeden Tag wieder auftauchen. Meine Herren, für diese Fälle müssen wir den Ausübungszwang in Deutschland beibehalten, um ein Aequioalent in der Hand zu haben für die Beseitigung des Ausübungszwanges in den anderen Ländern.

Wir müssen also bei den betreffenden Verhandlungen mit England und Amerika diesen Ländern anbieten können: Wir lassen euren Staatsangehörigen gegenüber den Ausübungszwang fallen, ihr müßt ihn aber ebensogut unseren Staatsangehörigen gegenüber aufgeben. Haben wir gar kein Aequioalent mehr, meine Herren, dann hat der Ausländer in Deutschland alle Rechte, er braucht nicht auszuführen; umgekehrt wird dann aber das Ausland gar keine Rücksichten auf

uns nehmen,

sondern erst recht rücksichtslos

gegenüber verfolgen.

seine Interessen uns

50 Deshalb möchte

ich auch

eigentlich den grünen Verein bitten,

daß er die Frage in dieser Form in Düsseldorf lieber nicht zur Diskussion stellen möchte, denn ich glaube nicht, daß er damit das Interesse der Industrie, wie die Verhältnisse heute — ich muß sagen leider — liegen, fördern wird.

Borfitzender: Wird zu d noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu e: Die Patentgebühren. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich habe schon bei meinen einleitenden Ausführungen darauf hingewiesen, daß hier fast allgemein Uebereinstimmung besteht, daß die Gebühren

des deutschen Patentgesetzes zu hoch seien.

Wie gesagt, nur von einer

Seite ist demgegenüber hervorgehoben worden, daß es wünschenswert sei, die Patentgebühren sogar noch zu erhöhen, aus dem Grunde, der hier in der Debatte ja auch einmal durchklang, daß diese Höhk der Patentgebühren ein Regulator gegenüber den zu vielen Patent­ anmeldungen und den zu vielen Patenten sei. Andererseits, meine Herren, ist aber auch betont worden, daß es vielleicht ohne Ermäßigung der Gebühren doch möglich sei, den Interessen auch der Erfinder entgegenzukommen dadurch, daß die

Gebühren mehr verteilt würden, daß insbesondere die ersten Jahre vielleicht ganz gebührenfrei belassen würden, oder daß nur eine ein­ malige Gebühr in der Höhe, wie sie jetzt für das erste Jahr besteht, erhoben würde, und daß dann vielleicht erst nach 5 oder 6 Jahren eine rasch steigende Gebührenerhöhung eintritt.

Man geht dabei von der Auffassung aus, die ja auch hier ver­

schiedentlich bestätigt worden ist, daß Patente, die sich eine gewisse Zeit lang gehalten haben, tatsächlich sich als wirtschaftlich wertvoll für den Erfinder erweisen, daß sie dann auch durchgearbeitet sind und nunmehr zur wirtschaftlichen Verwertung gelangen — das ist Ihnen ja gerade vom Dieselmotor hier auch angeführt worden —, so daß sie dann in den letzten Jahren der Patentdauer auch erhöhte Gebühren tragen können. Es handelt sich dabei lediglich um eine Verstärkung der Tendenz, die schon jetzt bei der Ausgestaltung des Gebührensystems in unserem deutschen Patentgesetz durchgeführt worden ist.

Ich möchte noch bemerken, meine Herren, es ist nicht aus unseren, aber aus anderen Kreisen, die an uns herangetreten sind und die ich ja auch schon vorher andeutete, also ich will einmal sagen aus Erfinderkreisen, gesagt worden, anständigerweise könnten überhaupt keine Gebühren erhoben werden, das ganze Patentverfahren müsse

umsonst sein, gerade Ivie der Urheber einer künstlerischen, einer literarischen Idee den Schutz des Staates habe, ohne daß er etwas dafür zahle. Handelsrichter Guttsmann-Grunewald-Berlin: Im Prinzip bin

ich dafür, die Gebühren nicht zu ermäßigen; Bedenken und möchte bitten, mich zu belehren. In

Amerika

beträgt

bekanntlich

die

aber ich habe gewisse

Gebühr

für

die

ganze

Patentdauer von 17 Jahren 160 M. Bei uns beträgt sie dagegen ein paar Tausend Mark. Vielleicht kann mir einer der Herren darüber Auskunft geben, wie sich die Verhältnisse in Amerika abspielen.

(Zuruf:

Nordamerika hat keine Stufen! Schäfer: Einmalige Zahlung!) Da die Zahlung nur einmal erfolgt — wie äußert sich das auf die Eintragung der Patentanmeldung? Es wäre interessant, darüber etwas zu hören. Bei uns wirkt natürlicherweise die hohe Patent­

gebühr für die spätere Dauer etwas abschreckend; aber, meine Herren, ich weiß nicht, ob das ein Fehler ist. Wenn jemand die hohe Patent­ gebühr fürchtet, so ist das wohl als Beweis dafür anzusehen, daß die ganze Erfindung keinen angemessenen Wert hat und daß sie materiell nicht viel einbringt. Dann soll ein solches Patent fallen, und tatsächlich verfallen ja auch, wie ich mir vorhin schon zu er­ wähnen erlaubte, in den ersten zwei Jahren über ein Drittel aller Patente. Im Prinzip bin ich nicht für eine Ermäßigung.

Schäfer-Dessau: Herr Professor Dr. Leidig hat vorhin in Bezug auf die Gebührenfrage einen Gesichtspunkt hervorgehoben, der vom Standpunkt der Industrie aus mir auch sehr wichtig und bedeut­ sam erscheint, nämlich die Erhebung einer nicht von Jahr zu Jahr steigenden Gebühr, sondern die Einteilung der Dauer der Schutzfrist und die Einziehung der Gebühren in, sagen wir, zwei oder drei Perioden,

von denen die erste mindestens fünf bis sechs Jahre dauern sollte. Die Industrie hat ein Interesse daran, daß während der ersten Periode,

während dieser fünf oder sechs Jahre, nur eine niedrige Gebühr er­ hoben wird, weil sie doch vielfach gezwungen ist, Patente lediglich deshalb nachzusuchen, Türen zu befinden,

um sich nicht eines Tages vor verschloffenen

also Patente zu entnehmen,

nächst überhaupt nicht zu verwerten gedenkt.

die ihr Inhaber zu­

Wenn in solchen Fällen

nach fünf oder sechs Jahren durch die Notwendigkeit, eine zweite, höhere Gebühr entrichten zu müssen, ein gewisser Zwang auferlegt wird, die Patente noch einmal zu prüfen, dann kann das nur vorteilhaft für die Industrie sein, indem in dieser Zeit die wünschenswerte Klarheit

darüber gewonnen sein muß, ob der betreffende Weg, den man sich hat

52 schützen lassen/ nur um ihn offen zu halten, in der Zukunft überhaupt zu einem Ziele führen wird oder nicht. Das kann man sehr häufig in einem Zeitpunkt, wo eine Erfindung entsteht, nicht überschauen.

Deswegen wäre es erwünscht, wenn es erreicht würde, daß nur etwa alle fünf Jahre eine Gebühr zu zahlen wäre.

Wohlgemuth-Essen: Meine Herren, ich möchte mir eine kleine Bemerkung in Betreff des amerikanischen Patentgesetzes erlauben. Das wird uns immer als das vorzüglichste hingestellt, namentlich auch hinsichtlich der Gebühren.

Es wurde eben von Herrn Guttsmann deswegen angefragt, und ich bemerke dazu, daß eine staffelförmige Gebührenzahlung wie bei uns in Amerika überhaupt nicht vorhanden ist. Es werden erst 15 und bei der Erteilung noch 20 Dollars be­ zahlt, mehr nicht. Ich möchte aber darauf verweisen — was vielleicht wenig bekannt ist —, daß seit November 1906 bis Februar 1907 keine einzige patentamtliche Zeitschrift (Official Gazette) nach Europa gekommen ist wegen lack of freight, weil das Geld für Porto fehlte. (Heiterkeit.) Das ist so ein kleines Ereignis, das zu denken Anlaß gibt. Wenn so etwas in Deutschland vorkommen sollte, wie würden wir jammern und schreien! Aber in Amerika ist es vorgekommen. Da ist es doch besser, daß das Patentamt Ueberschüsse hat!

Vorsitzender: Wird zu e noch das Wort gewünscht? — DaS ist nicht der Fall.

Wir kommen zu f.*)

Regierungsrat Professor Dr. Leidig: Meine Herren, die Frage der zusammengesetzten Patente ist in der Enquete unter dem Gesichts­ punkt behandelt worden, der eigentlich erst unter h kommt, der ab­ hängigen Patente und zwar unter dem Gesichtspunkt, der, wenn ich

nicht irre, vorher schon von Herrn Gondos hervorgehoben worden ist, daß die Praxis des deutschen Patentamtes dazu führt, daß bei den zusammengesetzten Patenten unsere deutschen Erfinder und unsere deutsche Industrie in den übrigen Unionsländern in Nachteil gebracht

werden, weil eben die Einheitlichkeit des Erfindungsgedankens von unserem deutschen Patentamt zu eng aufgefaßt werde. Infolgedessen müsse eine Reihe von selbständigen Patentansprüchen geltend gemacht

werden; daraus ergebe sich dann eine Anzahl von Schwierigkeiten. Hinsichtlich der Zusatzpatente ist lediglich der Wunsch aus­ gesprochen worden, daß die Praxis des Patentamtes gemildert werden möge, so daß das Patentamt leichter Zusatzpatente erteilen möge, als

das bisher der Fall ist. •) Zusammengesetzte Patente und Zusatzpatente: Die Behandlung der Priorität: zusammengesetzter Patente in der Union. Die Praxis bei Errettung von Zusatzpatenten.

53 Vorsitzender: Wird das Wort zu f noch gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zu g.*) Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, diese Frage g wird uns wohl etwas länger aufhalten. Es treten da ja Fragen in die Betrachtung hinein, die über den Kreis des Patent­

rechtes

hinausgreifen

in

soziale

Erwägungen und

Begründungen

allgemeiner Art.

Ich brauche ja hier in diesem Kreise nicht hervorzuheben,

daß

unser deutsches Patentrecht heute denjenigen als zum Patentschutz be­

rechtigt betrachtet, der die Erfindung zuerst angemeldet hat. Diese Stellungnahme ist auch in der Enqußte an sich von keiner Seite bestritten worden. Dagegen ist von verschiedenen Seiten doch an­ gedeutet worden, auch in dieser industriellen Enquete, daß der Wunsch bestehe, den Namen des wirklichen Erfinders auch in der Patentveröffentlichung und in dem Patentanspruch zum Ausdruck zu bringen, daß das ein berechtigtes Verlangen des Erfinders sei. Ich möchte gleich bemerken, daß mir dabei persönlich die Schwierigkeit aufgestoßen ist, daß, so weit ich weiß, bei vielen in­ dustriellen Erfindungen eigentlich ein Zusammenwirken sehr vieler Personen innerhalb der einzelnen Firmen stattfindet, so daß cs manchmal schwer fallen wird,

zu konstatieren:

wer ist denn eigentlich derjenige,

der als Erfinder zu bezeichnen ist. Nun, meine Herren, diese Frage ist, wie Ihnen ja auch allen bekannt ist, namentlich in den letzten zwei oder drei Jahren von den Vereinen und

Organisationen der technischen Angestellten und auch von Ingenieur­ vereinen eifrig diskutiert worden. Sie ist auch zur Erörterung auf dem letzten deutschen Juristentage gekommen — Herr Professor Osterrieth, Sie waren ja auch da — und, meine Herren, ich muß dabei bemerken, daß ich damals auf dem deutschen Juristentage ein gewisses Versprechen ge­

geben und gesagt habe, die Herren möchten diese Erörterung nicht zu Ende führen, namentlich von einer Resolution nach dieser Richtung absehen, so lange die Frage nicht auch in industriellen Kreisen erwogen worden wäre. Sie würde bei Gelegenheit dieser Erörterung des Patentwesens, also in der heutigen Versammlung, auch zur Sprache kommen; erst dann iväre wohl die Gelegenheit und Möglichkeit gegeben daß auch die Juristen sich mit diesen Fragen beschäftigen, wenn sie innerhalb der nächsten Interessentenkreise zunächst zu einer gewissen

Klärung geführt worden sind. *) Wer ist patentschn ^berechtigt, Anmelder oder Erfinder? Namhaftmachung des Erfinders. Tie Stellung der Angestellten als Erfinder

Tie Verpflichtung

54 Ich

darf

darauf

Hinweisen,

daß eine Reihe von Wünschen

namentlich nach der Richtung hin bestehen, daß die Erfindungen, welche von Angestellten während ihrer Anstellung gemacht werden, nicht der Firma gehören, sondern den Angestellten selbst, und daß

hier wieder verlangt wird — die weiteste Auffassung geht ja dahin —, daß überhaupt derjenige, der die Erfindung gemacht hat, das Patent erhält. Gemilderte oder gemäßigtere Auffassungen sind dann die, daß eine Scheidung getroffen werden soll, daß bei denjenigen

Angestellten, die beauftragt werden, Erfindungen zu machen, zu deren Berufspflicht es gewissermaßen gehört, Erfindungen zu machen, die also in ein Laboratorium hingesctzt werden mit dem Auftrag, dort eine gewisse Gruppe, ich will einmal sagen, von chemischen Körpern nach gewisser Richtung hin zu untersuchen, daß deren Erfindungen dann der Firma als solcher gehören, daß aber Elfindungcn, die etwa bei dieser Gelegenheit von Angestellten gemacht werden, außerhalb des Weges, der ihnen angewiesen, und des Zieles, das ihnen vorgezeichnet worden ist, daß solche Erfindungen den Angestellten selbst gehören. Eine weitere Auffassung geht dahin, daß auch diese Erfindungen an sich der Firma zu gehören haben, daß aber Erfindungen, auf die der Betreffende zwar durch seine Arbeit in der Firma geführt worden ist, die er aber mit eigenen Mitteln, auf eigenes Risiko, auf eigene Gefahr gewissermaßen, außerhalb der Firma weiter verfolgt und die ihn dann zu günstigen Ergebnissen führen, daß wenigstens diese Er­ findungen den Angestellten selbst gehören. Dieser ganze Komplex von Erörterungen, meine Herren, ist ja übrigens auch von patentrechtlicher Seite aus, namentlich vom Justizrat

Seligsohn in ziemlich scharfer und, ich möchte sagen, doch in etwas

industriefeindlicher Weise behandelt worden (Zuruf: Katz!) — Katz urteilt aber doch immerhin günstiger als Seligsohn. Seligsohn ist weit schärfer; allerdings widerspricht das der Auffassung, die er in seinem Kommentar niedergelegt hat. Da vertritt er andere An­ schauungen. — Ich meine, diesen ganzen Komplex von Fragen hier

zu erörtern, wird doch bis zu einem gewissen Grade wünschenswert sein. Oberingenieur Reumann-Deutz: Meine Herren, ich möchte zunächst zu der ersten Frage einiges bemerken, nämlich zu der Frage, ob der Er­ finder genannt werden soll. Da ist ja das praktische Bedenken vorgebracht

worden, daß der Erfinder nicht immer zu ermitteln sein wird, weil die Erfindung vielfach durch das Zusammenarbeiten mehrerer zu stände kommt. Das scheint mir nach meiner bisherigen Praxis insofern nicht so schwerwiegend zu sein, als zur Entnahme des amerikanischen Pa­ tentes ja immer der Erfinder ermittelt werden muß, und ich habe irr



55



meiner Firma eigentlich immer verhältnismäßig leicht die Erfinder fest­ stellen können. Die Nennung der Erfinder hat eine praktische Bedeu­ tung — ganz abgesehen von den Rechten, die mit der Nennung verknüpft sein sollen —, weil die Allgemeinheit ein Interesse daran hat,

die Erfinder zu kennen.

Wenn ein Angestellter einer Firma

vielfach Erfindungen gemacht hat, und es wird sein Name vielfach genannt, so weiß die Allgemeinheit, daß er etwas wert ist, und es

kommt somit auch der Allgemeinheit diese Kenntnis zu gute. Es ist also dem Interesse beider in diesem Falle gedient. Was die zweite Frage anlangt, ob die Erfindung ganz oder zum

Teil dem Angestellten gehören soll, oder ob er daran beteiligt sein soll, so möchte ich nur auf einen Punkt Hinweisen, der mir ebenfalls in meiner Praxis aufgestoßen ist. Wenn solche Verträge gemacht werden, daß der Angestellte überhaupt bedingungslos seine Erfindungen abzutreten hat, so wird die Beobachtung gemacht, daß die Angestellten auf Umwegen die Erfindung der Firma anbieten. Dann kommt die Sache aber so, daß die Angestellten nicht etwa ihren Vorteil dabei haben, sondern wenn die Erfindung in unreifer Form und in unge­ schickter Weise von außen her der Firma angeboten wird, so entschließt diese sich schwer dazu, sie auszugreifen. Gewöhnlich werden ja von den Firmen von außerhalb herantretende Erfindungen nur dann aufgegriffen, wenn sie eine einigermaßen prinzipielle Bedeutung haben, da man sonst die unbequeme Bindung durch Patentverträge scheut. Der Angestellte würde sich in diesen Fällen tatsächlich besser

gestanden haben, wenn er der Firma die Erfindung überlassen hätte. Sie hätte dann, selbst ivenn sie verpflichtet war, ihm eine Entschädi­

gung zu geben, einen Nutzen gehabt. So aber hat keiner einen Nutzen. Es ist mir tatsächlich bekannt, daß aus diesem Grunde verschiedene Erfindungen ins Wasser gefallen sind. Aus diesem rein praktischen Gesichtspunkte heraus erscheint es mir vorteilhaft, daß den Angestellten ein gewisser Nutzen gewährt wird, weil das im Interesse beider Teile liegt.

Wohlgemuth - Essen: Meine Herren, ich glaube die Frage: welches Recht hat der Angestellte an der Erfindung, ist in erster Linie vom rechtlichen Standpunkte aus zu betrachten, und da liegen allerdings recht abweichende Anschauungen der verschiedenen Juristen vor. Einige sind vorhin von Herrn Professor Leidig schon

genannt worden. Ich möchte noch Hinweisen auf die Aeußerungen von Bolze, dem früheren Senatspräsidenten am Reichsgericht, und auf eine Aeußerung von Dern burg in der Deutschen Juristenzeitung. Bolze stellt sich ganz auf den Standpunkt, daß dieErfindung zweifellos nur derFirma

56 gehört, bei der der Angestellte beschäftigt ist, während sich Dernburg

auf den Standpunkt stellt, daß ein Drittel des Reingewinns dem An­ gestellten zukommen solle. Ein Drittel rechnet er der Firma für Ent­ nahme des Patentes, Instandsetzung der Erfindung usw. an, und ein Drittel soll die Firma als solche bekommen. Ich glaube, dieser letztere Standpunkt ist rechtlich und praktisch

unhaltbar. Meine Firma — ich vertrete die chemisch-metallurgische Industrie — steht auf dem Standpunkt, daß rechtlich der Angestellte kein Anrecht auf die Erfindung hat, daß die Erfindung der Firma gehört. Zweifellos kann und soll sich aber der Angestellte dadurch decken, daß

er einen entsprechenden Vermerk in seinem Vertrage macht; und ich glaube, das wird die zweckmäßigste Lösung der Frage sein und bleiben. Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, ich glaube, man muß, wenn man zu dieser Frage Stellung nehmen will, die Verhältnisse in den einzelnen Industrien sehr genau ansehen. Mit rein juristischen De­ duktionen ist diese Frage gar nicht zu lösen, sondern sie ist nur zu

lösen aus der Praxis heraus. Ich kenne nun die Verhältnisse in den anderen Industrien nicht genügend. Ich kann also nur von den Verhältnissen in der chemischen Industrie sprechen und da, muß ich sagen, liegen die Verhältnisse so, daß man im allgemeinen von einem Erfinder, wie es in diesen Forderungen verlangt wird, nicht sprechen kann. In der chemischen Industrie ist die Erfindung tatsächlich meist reine Etablissements-Er­ findung. Die Erfindungen werden gar nicht von einer einzelnen Persönlichkeit gemacht, sie werden tatsächlich von einem Etablissement

gemacht. Das liegt in der Eigentümlichkeit der chemischen Industrie. Jede Fabrik in der chemischen Industrie verfügt über eine Summe von Erfahrungen, die in dieser Fabrik sich aufgespeichert haben. Der Chemiker, der in diese Fabrik eintritt, kennt von diesen Erfahrungen

in der Regel nichts, er wird in den Genuß dieser Erfahrungen gesetzt, er bekommt die Hilfsmittel, er bekommt das Arbeitsgebiet, er bekommt die Aufgabe. Meine Herren, Sie wissen alle, daß häufig in der Stellung einer Aufgabe, in der Anweisung eines bestimmten Arbeits­ gebietes, der Angabe der Richtung, in der gearbeitet werden muß, die

Hauptsache liegt, um wirklich eine Erfindung zu machen. Deshalb kann man ruhig sagen: der Erfinder, der eine Erfindung macht, hat kein besonders großes persönliches Verdienst, sondern die Erfindung ist ein fast notwendiger Ausfluß der ihm zugewiesenen Tätigkeit, zu der er kontraktlich verpflichtet ist. Es kommt dann die weitere Schwierigkeit bei chemischen Erfin­

dungen in Betracht,

daß eine solche Erfindung sich gewöhnlich nicht

57 aufbaut allein auf die Tätigkeit des einzelnen Chemikers, sondern das

Ergebnis des Zusammenwirkens von verschiedenen Faktoren ist, nament­ lich sind regelmäßig eine ganze Zahl von Mitarbeitern beteiligt. Häufig sind insbesondere Vorarbeiten bis zu einem gewissen Abschlüsse ge­ diehen; ein anderer Chemiker bekommt dann durch einen zufälligen Personenwechsel, der aus irgend welchem Grunde eingetreten ist, die Arbeit in die Hand, er vollendet die Arbeit, er erscheint, rein äußerlich betrachtet, als der Erfinder. In Wirklichkeit hat er das geringste Verdienst, seine Vorgänger, die nicht die Erfinder sind, haben das Hauptverdienst. Soll ich nun dem betreffenden Herrn ein besonderes Verdienst dafür vindizieren, daß ihm eine bestimmte Tätigkeit zuge­ wiesen ist, daß ihm die Mittel einschließlich der wertvollen Vorarbeiten anderer an die Hand gegeben worden sind, daß ihm die Aufgabe ge­ geben wird: du hast das und das zu probieren und nach der und der Richtung hin, um zu dem und dem Ziel zu gelangen? Ich glaube, der Mann, der eine solche Erfindung macht, hat nicht eine selbständige Erfindertätigkeit entwickelt, er hat einfach getan, was seine Pflicht und Schuldigkeit war, er hat seine Arbeit ausgeführt, und für

diese Arbeit wird er durch sein kontraktliches Salär belohnt, und wenn er tüchtig arbeitet, soll er dafür entsprechend belohnt werden. Aber er darf nicht in erster Linie belohnt werden für den Erfolg, den seine Arbeit hat. Das würde zugleich auch eine außerordentliche Zu­

rücksetzung aller anderen Männer sein, die an anderen Stellen arbeiten, wo sich die Aufgabe als sehr viel schwerer lösbar erweist, wo der Betreffende unter Umständen mit einem enormen Aufwand von Geist und einem enormen Fleiß gearbeitet hat, während eine glückliche Lösung der ihm gestellten technischen Aufgabe ihm doch nicht gelungen ist.

Der letztere hat an sich ebensoviel — zwar nicht äußerlich genommen — geleistet wie der andere, und wir müssen unsere Beamten in der chemischen Industrie hinstellen können, wo es für richtig gehalten wird, und der Angestellte kann nicht verlangen, auf einem Gebiete beschäftigt zu werden, wo sich übersehen läßt: hier ist eine Erfindung verhältnis­ mäßig leicht zu machen. Wir haben in der chemischen Industrie Ge­ biete, wo täglich sozusagen Erfindungen gemacht werden, z. B. das

der Azofarben, auf welchem zu Dutzenden, zu Hunderten neue Pro­ dukte hergcstellt werden, deren Herstellung dann, wenn durch die Ver­ suche in der Färberei eine besondere Brauchbarkeit festgestellt wird, zur Erfindung wird. Meine Herren, die Erfindertätigkeit ist dabei eine außerordentlich geringe. Jeder andere tüchtige Chemiker hätte an der Stelle des Betreffenden ähnliches geleistet. belohnt werden?

Warum soll das besonders

58

uns

Auf der anderen Seite haben wir wohl Gebiete, wo Aufgaben entgegcnstehen, die sehr schwer zu lösen sind, wo man nachein­

ander eine ganze Reihe von Leuten hinstellt. Jeder fördert die Sache etwas, und schließlich gelingt einem die Lösung, aber doch nur, weil ihm seine Vorarbeiter den Weg bereitet hatten. Meine Herren, ver­ gessen Sie dabei nicht: die gescheiterten Versuche bilden vielfach auch ein Fundament für den letzten von Erfolg gekrönten Versuch. Ich will sagen, es sind 12 Versuche nach 12 verschiedenen Richtungen hin

gemacht worden, sie sind alle nicht gelungen, und jetzt heißt es: in der und der neuen Richtung muß nun gearbeitet werden und da ge­ lingt endlich die Lösung. Dann hat der Betreffende von den Vor­ arbeiten enorm profitiert. Denn hätte er alle die Vorarbeiten machen müssen, dann wäre das weit über seine Kräfte hinaus gegangen, eS wäre ihm nicht gelungen. Wir haben ja Aufgaben in der chemischen

Industrie, zu deren Lösung 15, 20 und mehr Jahre gebraucht wurden. Es haben eine Unmenge Chemiker daran gearbeitet, und die Lösung ist schließlich gelungen kraft der vielen zunächst vergeblichen Vor­ arbeiten, die andere geleistet haben. Deswegen nun dem letzten als Erfinder gegenüber seinen Mit- und Vorarbeitern eine besondere Krone zu verleihen, erscheint im allgemeinen nicht gerechtfertigt. Unsere Chemiker sehen das meist auch sehr wohl ein, und diese Forderungen, die hier vom Bunde der technischen Beamten aus gestellt werden, finden bis jetzt sehr wenig Vertretung in den Kreisen unserer Chemiker.

Was nun die amerikanischen Patente anlangt, von denen Herr Neumann gesprochen hat, so müssen wir freilich auch jemand haben, der das amerikanische Patent beschwört. Das ist eine Formalität, die erfüllt werden muß. Wie vollzieht sich das aber praktisch? Mit

außerordentlich geringen Schwierigkeiten, weil die Beteiligten meist sehr vernünftig sind und keiner behauptet, daß er nun deshalb ganz allein das große Verdienst als Erfinder habe, weil er zufällig das amerikanische

Patent beschwört. Ich kenne die frühere Praxis einer großen chemischen Fabrik, welche die oben erörterten Gesichtspunkte dadurch auch äußerlich zum Ausdruck brachte, daß der Direktor derFabrik sämtliche amerikanischen Patente beschwor. Er sagte: das Etablissement hat die Erfindung gemacht, ich bin der Vertreter des Etablissements, ich beschwöre alles.

(Heiterkeit.) Meine Herren, das konnte er vor seinem Gewissen sehr gut rechtfertigen. Diese Praxis ist fallen gelassen worden. Man läßt die Herren sich darüber untereinander einigen. Ich entsinne mich aber, daß, wenn drei zusammen gearbeitet hatten, sehr häufig gesagt wurde: Es ist ja

ganz

einerlei,

wer das

amerikanische Patent beschwört ;

es soll der

59 der den letzten Versuch, die letzte Ausführung gemacht die anderen haben ebensoviel Verdienst, legen aber darauf gar

übernehmen,

hat;

keinen Wert, als Erfinder bei der Entnahme der amerikanischen Patente zu erscheinen. Wer ein tüchtiger Chemiker ist, das weiß man in der chemischen

Industrie ganz gut, dazu brauchen wir nicht die Angabe in den Patenten, das wild auf andere Weise kund. Die Wissenschaft und die Praxis weiß ganz genau, wer eigentlich der tüchtige Mann ist, der die Wissenschaft und die Industrie fördert, und wer es nicht ist. dem Gesichtspunkte aus hätte man es nicht nötig, den Namen des Erfinders anzugeben. Würde man aber den Namen einfügen, dann würden wir auf die große Schwierigkeit stoßen, daß wir nun untersuchen müßten, wer hat eigentlich das Verdienst? Man kann diese Feststellung leicht zur Erfüllung der Formalität für Amerika machen, man stößt aber auf erhebliche, praktisch manchmal nicht zu Von

lösende Schwierigkeiten, wenn man wirklich die wahren Verhältnisse zum Ausdruck bringen will. Also für die chemische Industrie sind diese Vorschläge nicht brauchbar, sie würden zu ganz unhaltbaren schädlichen Zuständen in der Industrie führen. Deshalb glaube ich, man soll nicht einen Zwang einführen. Man soll vielleicht gestatten, daß der Erfinder genannt werden kann. Dann mögen die Industrien, die es gut können, wo es gerechtfertigt ist, den Namen des Erfinders zu nennen, diesen Namen angeben; wo das aber nicht möglich ist, wie in der chemischen Industrie, werden die Beteiligten selber in richtiger Erkenntnis der Sachlage von einem

solchen Verlangen absehen. Uebrigens würde auch der, welcher darauf bestehen sollte, daß sein Name als Erfinder genannt wird, in sehr vielen Fällen in die unangenehmsten Konflikte und Streitigkeiten mit seinen Kollegen kommen, und während die anständigen Kollegen solchen Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen suchen würden, würde schließlich sich vielleicht der als Erfinder produzieren, der nicht das

Verdienst hat, sondern der der größte Schreier unangenehmste Herr ist. (Sehr richtig!) größte

oder der

Deshalb möchte ich bitten, diese Verhältnisse in Betracht zu ziehen und jedenfalls nicht eine Stellung einzunehmen, die diesen

Forderungen der Beamten entgegenkommt. Daß ein Beamter an­ ständig und seinen Leistungen entsprechend bezahlt wird, ist eine Ehren­ pflicht jedes Etablissements. Aber dieser ganz äußerliche Standpunkt,

angebliche Erfinderrechte zur Geltung zu bringen, ist nach meiner Ansicht für die chemische Industrie nicht brauchbar und nicht ver­ wertbar.

60 Regierungsrat Professor Dr. Leidig- Berlin: Meine Herren, ich möchte glauben, so einfach, wie Herr Wohlgemuth die Frage dar­ stellt, gestaltet sie sich doch tatsächlich nicht. Das ist ja richtig, daß man aus den ganzen Differenzen und Schwierigkeiten durch die Ab­

machungen des jeweiligen Vertrages herauskommen kann. Da tritt nun aber eben die Behauptung auf, daß, ich will einmal sagen, in

Zeiten der wirtschaftlichen Depression der einzelne Ingenieur, der einzelne Chemiker vergnügt ist, daß er überhaupt eine Stelle bekommt, mögen ihm in dem Vertrage Bedingungen auferlegt sein, welche auch immer, und daran knüpft sich ja gerade die Forderung, daß durch objektives Recht hier irgend welche Grenzen gezogen werden sollen. Nun, meine Herren, wird das, was Herr Justizrat Haeuser an­ geführt hat, glaube ich, auch von den gemäßigten Verfechtern oder Verteidigern der Angestellten-Erfindungen anerkannt. Darüber besteht, abgesehen von den radikalen Verfechtern der Angestellten-Erfindungen, eigentlich Einstimmigkeit, daß diese — lassen Sie mich einmal den kurzen Ausdruck gebrauchen — Etablissements - Erfindungen dem Etablissement als solchem gehören und daß der einzelne Angestellte insoweit keinen Anspruch auf die Erfindung hat. Die Fälle, die zu Streitigkeiten führen, liegen auf etwas anderem Gebiet. Es sind dem Juristentage in Kiel Verträge aus der Praxis vorgelegt worden, in denen es heißt, daß der Betreffende verpflichtet ist, alle Erfindungen,

die er während seiner Anstellung macht, mag er sie in der Fabrik, mag er sie außerhalb der Fabrik machen, mögen sie in seinem Berufe oder außerhalb seines Berufes liegen, dem Etablissement zur Ver­ fügung zu stellen hat. Das scheint mir doch ein Vertrag zu sein, der zu weit geht. Wenn jemand in der Textilindustrie arbeitet und er erfindet zu Hause, ich will einmal sagen, irgend etwas auf dem Gebiete der elektrischen Industrie, so kann ich nicht ganz einsehen, weshalb in normalen Fällen das Etablissement, in dem er zufällig angestellt ist, einen Anspruch auf diese Erfindung hat. Nun, meine Herren, ist das ja zweifellos richtig,

daß in allen

Fällen auch die Erfindungen, die außerhalb des Berufes liegen, an­ geregt sein können durch Erscheinungen und Erfahrungen innerhalb des Berufes. Hier ist aber wieder von den Verteidigern der An­ gestellten-Erfindungen — und auch darüber läßt sich doch nicht ohne weiteres hinweggehen — angeführt worden, daß es beispielsweise zweifellos zu den Aufgaben der leitenden Beamten eines Werkes gehört, nicht bloß das Werk in Ordnung zu halten, sondern auch für

die Ausgestaltung des Werkes und des Betriebes auch durch Er­ findungen zu sorgen; eine Erfindung, die in diesem Sinne gemacht

61 wird, ist nach meiner Ueberzeugung zweifellos zu den Etablissements-

Erfindungen zu rechnen, mag sie sich auf ein Gebiet des Etablissements

beziehen, auf welches es sei. Dagegen ist gesagt worden, daß, wenn einer der mittleren Angestellten oder der gewöhnlichen Angestellten,

der eine Ueberwachungsaufgabe oder eine regelmäßige technische Ver­ waltungsaufgabe hat, eine Erfindung macht, sei es auf seinem Gebiete, sei es auf einem Gebiete, das innerhalb der Tätigkeit des Etablissements liegt, in dem er aber nicht beschäftigt wird, daß dann doch die Frage zweifelhaft sei, inwieweit diese Erfindung als Etablissements-Erfindung aufzufassen sei. Man hat versucht, über diese Schwierigkeiten dadurch Hinweg­ zukommen, daß man gesagt hat, in solchen Fällen soll der Angestellte

an sich zwar der Erfinder sein, es soll aber bestimmt werden, daß er kraft Gesetzes gezwungen sei, seinem Geschäftsherrn eine Lizenz zu er­ teilen, und daß hinsichtlich dieser Lizenzpflicht gesetzliche Vorschriften gegeben werden. Inwieweit das möglich und praktisch ist, muß ja auch weiter erörtert werden. Ich wollte nur, meine Herren, andeuten, daß diese von Herrn Justizrat Haeuser erörterten Fälle, nach meiner Auffassung, nicht nur für die chemische Industrie, sondern auch für sämtliche anderen Industrien bedeutsam sind und wohl auch innerhalb der ganzen Industrie in genau demselben Sinne entschieden werden müssen, wie es Herr Justizrat Haeuser zum Ausdruck gebracht hat, daß die Zweifelsfragen aber auf diesen Grenzgebieten liegen: Kann der An­ gestellte verpflichtet werden, sämtliche Erfindungen, mögen sie auf welchem Gebiete auch immer stattfinden, die er während seiner Dienst­ zeit macht, seinem Geschäftsherrn zur Verfügung zu stellen, kann er

verpflichtet werden und liegt ihm die Verpflichtung ob, sämtliche Er­ findungen, die er macht und die zwar innerhalb des Bereichs des

Etablissements,

aber nicht innerhalb des

Bereichs seiner amtlichen

Tätigkeit liegen, dem Etablissement zur Verfügung zu stellen? Zu Gunsten der letzteren Behauptung läßt sich ja anführen, daß er

immerhin doch eine Reihe von Anregungen, von Kenntnissen, von Erfahrungen, von, ich möchte sagen, organisatorischen Anschauungen

aus seiner Anstellung in dem betreffenden Etablissement gewinnt, die ihm auf dem Gebiet die Erfindung erleichtern. Aber das sind die

Schwierigkeiten, die nach

dieser Richtung

hin nicht bloß von dem

Bunde der technischen industriellen Angestellten, sondern auch beispiels­

weise von einer ganzen Reihe von Bezirksvcreinen des Vereins deutscher Ingenieure hervorgehoben worden sind, über die wir also wohl nicht ohne weiteres, glaube ich, hinweggehen können.

62 Professor Kramer-Berlin: Meine Herren, ich könnte auf das Wort eigentlich verzichten, da die ausführlichen Auseinandersetzungen von Herrn Justizrat Haeuser und von Herrn Professor Leidig schon dasjenige getroffen haben, was mich als Vertreter der Großmaschinen­

industrie interessiert. Die Verhältnisse liegen genau so wie bei der chemischen Industrie. Es ist tatsächlich die Erfindung nicht die eines einzelnen, sondern es ist die Erfindung der Fabrik oder des Etablisse­

ments oder meinetwegen des Bureaus, und diejenigen Fälle, in denen es zweifelhaft sein kann, sind eben die wenigen, die Herr Professor

Leidig anführte, wo vielleicht einer — wie er sagte — der gewöhn­ lichen Angestellten die Erfindung macht. Aber sonst liegt bei der Groß­ maschinenindustrie der Fall genau so wie bei der chemischen Industrie. Justizrat Wandel-Essen: Auch mir haben die Ausführungen des Herrn Regierungsrat Leidig schon manches vorweg genommen, waS ich sagen wollte. Ich wollte für die von mir vertretene Firma Krupp erklären, daß auch bei uns die Verhältnisse ebenso liegen, wie sie Herr Justizrat Haeuser für die chemische Industrie dargelegt hat. Ich habe da besonders im Auge die Spezialität der Firma Krupp, das Ar­ tilleriematerial. Auch hier sind die Erfindungen ausschießlich als Eta­ blissementserfindungen zu betrachten. Es ist nötig, um auf diesem Spezialgebiet Fortschritte zu erzielen, die einschlägigen Erscheinungen in sämtlichen übrigen Artillerien zu verfolgen. Des weiteren wirken die Anforderungen der verschiedenen Militärbehörden ein. Es werden umfangreiche Versuche angestellt, es werden Versuchskonstruktionen jeder Art gemacht, und so entwickelt sich erst allmählich durch das Zusammenarbeiten vieler eine neue Sache, die dann schließlich einen

Fortschritt bedeutet. Ganz richtig ist es ja, daß beim amerikanischen Patentgesuch ein Erfinder namentlich genannt werden muß. Das ist aber, wie auch schon Kollege Haeuser angeführt hat, eine reine Formsache, die gar keine besondere Bedeutung hat. Was dann die materiellen Rechte der Angestellten als Erfinder an dem Ertrag ihrer Erfindungen anlangt, so kommt es ja hier darauf an, wie auch schon Herr Regierungsrat Leidig angeführt hat, wie

weit man die Vertragsfreiheit gelten lassen will. Ich bin aber der Meinung, daß prinzipiell die Vertragsfreiheit im Interesse der Industrie möglichst weit ausgedehnt werden und daß es also zulässig sein muß, von vornherein alle Erfindungen zu Gunsten des Etablissements in Anspruch zu nehmen, die auch nur im entferntesten im Zusammenhang mit dem Betriebe des Etablissements stehen. Na­ türlich kann es ja sein, daß im einzelnen Falle die Vereinbarung zu



63



weit geht. Ich meine aber, daß die allgemeinen rechtlichen Vorschriften vollständig genügen, um einen solchen Vertrag anzufechten. Bekanntlich ist ein Vertrag, der gegen die guten Sitten verstößt, nichtig, und auch der höchste Gerichtshof ist ja immer geneigt, in solchen Fällen dem Schwächeren beizustehen und anzunehmen, daß eine bestimmte zu weit gehende Beschränkung der freien Bewegung gegen die guten Sitten verstößt und infolgedessen der betreffende Vertrag nichtig ist. Ich bin also der Ansicht, daß hier neue gesetzliche Vorschriften

nicht notwendig sind. Schäfer-Dessau: Meine Herren, die erste Frage unter diesem Punkte ist als Alternative gefaßt: Wer soll patentschutzberechtigt sein, der Anmelder oder der Erfinder? Es dürfte vielleicht interessieren, zu hören, in welcher Weise die Firma, der anzugehören ich die Ehre habe, die Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft in Dessau, diese Frage gelöst hat. Sie hat nämlich nicht gesagt, Anmelder oder Er­ finder, sondern Anmelder und Erfinder, das heißt, die Firma hat schon seit längerer Zeit die Praxis eingeführt, daß alle Beamten, die etwas erfinden, alsbald der Firma davon Kenntnis geben, daß die Firma dann, wenn die betreffende Erfindung in ihr Interessengebiet

fällt, gemeinsam mit dem Erfinder das Patent anmeldet, und zwar daß die Firma die Kosten der Erlangung und Aufrechterhaltung der Patente trägt, daß aber der Erfinder dabei stets genannt wird, und

ferner hat die Firma die Einrichtung findung sich für die Gesellschaft als betreffende Erfinder in einer von Fall Reingewinn beteiligt wird oder daß

getroffen, daß, falls die Er­ von Wert erweist, dann der zu Fall wechselnden Höhe am er in Form einer einmaligen

Remuneration oder eines einmaligen Honorars entschädigt wird. Bei diesem Verfahren sind bisher, soweit sich beurteilen läßt, beide Parteien sehr gut gefahren, und ich möchte wünschen, daß dieses Vorgehen auch anderwärts in den Kreisen der Industrie Nachahmung finden möchte. Dann möchte ich ferner sagen, daß der Verpflichtung zur Nam­ haftmachung des Erfinders doch in manchen Fällen von feiten der

Industrie das Bedenken entgegenzuhalten ist, das schon seinerzeit bei der Schaffung des deutschen Patentgesetzes dahin geführt hat, daß der Anmelder, nicht bloß der Erfinder, Anspruch auf den Patentschutz haben sollte, nämlich die sehr erwünschte Möglichkeit, daß ein Erfinder bei Einreichung und der Veröffentlichung eines Patentgesuchs nicht

sogleich mit seinem Namen hervorzutreten braucht. Sehr häufig liegt auch heute der Fall so, daß es z. B. für eine bekannte, prosperierende Fabrik von Wert ist, nicht mit ihrem Namen und auch nicht mit dem

64 Namen ihrer Beamten heroortreten zu müssen, sondern durch einen sogenannten Strohmann das Patent anmelden zu lassen. Dies Vor­ gehen sieht vielleicht auf den ersten Blick bedenklich aus, aber in vielen Fällen ist es im Interesse der betreffenden Industrie geboten.

Wenn also die Verpflichtung zur Namhaftmachung des Erfinders ge­ setzlich festgelegt würde, so käme der Nutzen, den viele Industrielle davon gehabt haben, einen Strohmann vorschicken zu können, ins­

künftig in Fortfall. Direktor Adolf Laitgen-Cöln: Meine Herren, ich glaube, daß die Frage der Namhaftmachung des Erfinders in vielen Fällen nicht so einfach liegt, wie Herr Neumann es uns vorhin dargestellt hat und aus seiner Praxis kennt. Ich muß mich mehr den Ausführungen

des Herrn Justizrat Haeuser anschließen. In einem gut geleiteten Betriebe beruht eine Erfindung immer auf einem Zusammenarbeiten von vielen Menschen. Soll da nun nachher derjenige, der zuletzt den Kern der Sache findet, der Glückliche sein, dessen Name in die Welt hineingesetzt wird? Ich glaube, daß das nicht überall leicht möglich und nicht immer gerecht ist. Ich muß allerdings zugestehen, daß es in gewissen Fällen ein berechtigtes Interesse des einzelnen ist, seinen Namen bekannt zu machen, und ich möchte daher die Anregung geben, die Möglichkeit offen zu lassen, auf solche Patente den Namen des Erfinders wenigstens einzusetzen. Die Frage nach dem Besitz des Patentes wird ja durch die Verträge geregelt, und ich glaube, daß die Verträge, die heute all­

gemein üblich sind, doch schon dem Rechnung tragen, daß eine un­ moralische Ausnutzung der Beamten ausgeschlossen ist. Bei unserer heutigen Rechtsprechung hätte es auch

gar keine Aussicht,

Verträge

abzuschließen, die dem nicht in weitem Maße Rechnung tragen. Ich glaube auch, daß ein dringendes Bedürfnis, in dieser Hinsicht generelle Maßnahmen zu treffen, tatsächlich nicht vorliegt. Ich glaube

nicht, daß viele Fälle genannt werden können, wo von feiten der Großindustrie nicht diejenigen, die große Erfindungen gemacht haben, auch in entsprechender Weise gelohnt worden sind. Es wird auf der anderen Seite, wenn man derartige Verträge machen will, auch schwer fallen, einen Normalvertrag zwischen dem Unternehmer und einem Angestellten zu finden, der beide Seiten in gleich gerechter Weise sicher­

stellt, denn diese Verträge würden sehr wesentlich abhängen müssen von der Stellung des einzelnen Angestellten, sie würden abhängen müssen von der Art der Industrie, in der er arbeitet. Also es wird außerordentlich schwer sein, Normen aufzustellen.

65 Ich

möchte

dringend

davor warnen,

derartige Normen

auf­

zustellen, dagegen ausdrücklich betonen, daß cs eine berechtigte Auf­ fassung der Industrie ist, daß die Erfindungen, die in einem großen Betriebe von Angestellten gemacht werden, mit nur ganz vereinzelten

Ausnahmen, ohne weiteres Eigentum der betreffenden Firma sein müssen.

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich möchte nur auf die eine Frage eingehen, die von Herrn Schäfer

angeregt worden ist,

daß Patente von feiten

der Firma und des

Erfinders gemeinsam genommen werden. Nicht hier bei dem jetzigen Anlaß, aber bei früherer Gelegenheit sind dem Centraloerbande doch

eine Reihe von Tatsachen oorgelegt worden — diese Tatsachen finden sich übrigens auch in den veröffentlichten Entscheidungen des Reichs­ gerichts —, wonach gerade diese gemeinsamen Anmeldungen der Patente nachher zu sehr großen Schwierigkeiten geführt haben. Ich erinnere mich einer in den letzten Wochen veröffentlichten Entscheidung des Reichsgerichts, wo es sich um einen lebhaften scharfen Prozeß zwischen dem früheren Direktor einer Firma und der Firma selbst handelte. Sie haben gemeinsam das Patent angemeldet, später sind die Interessen ganz verschiedene Wege gegangen, sie sind aber jetzt gegenseitig durch die gemeinsame Patentanmeldung aneinander ge­ koppelt. Derartige Schwierigkeiten können ja natürlich durch sorgfältig ausgearbeitete Verträge beseitigt werden, das muß ich von vornherein

zugeben, namentlich wenn etwa die Firma mit der alleinigen Ver­ tretung nach außen beauftragt wird und der Betreffende nur gewisse

Lizenzgebühren zu erhalten hat. Aber darauf muß doch aufmerksam gemacht werden, daß, wenn die Herren diesen Weg gehen, der ja von

vornherein sehr loyal, möchte ich sagen, erscheint, dann ein sorgfältig

ausgearbeiteter Vertrag, der die Interessen und Rechte beider Parteien regelt, abgeschlossen werden muß; sonst kann man dadurch in große Schwierigkeiten kommen. Justizrat Haeuser-Hoechst: MeineHerren, anknüpfend an das Letzte, möchte ich nur bemerken, daß allerdings durch diese Anmeldung seitens des Beamten

für die Fabrikanten ganz außerordentliche Schwierig­ Nehmen wir nur den Fall, daß der be­

keiten entstehen können.

treffende Beamte kurz nach

der Anmeldung stirbt.

Dann bekommen

wir das ganze Verfahren mit den Erben und Verwandten, und wer das durchgemacht hat, weiß, welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, bis man die Erben aufgeklärt und bis man die nötigen Bescheinigungen erhalten hat, um die Rechte beim Patentamt wahrnehmen zu können. Auch die Erfahrungen in Amerika bieten ja in der Hinsicht

außerordentlich Lehrreiches. Heft 105.

Uns ist ein Fall vorgekommen,

daß der 5

66 betreffende Erfinder, den wir für Amerika zur Entnahme des Patents

haben mußten, gestorben ist, ehe die Anmeldung in Amerika erfolgt war. Wir mußten einfach auf das amerikanische Patent verzichten, weil es uns beim besten Willen nicht möglich war, alle die Be­ scheinigungen der betreffenden Erben — obwohl sie alle unsere An­ sprüche anerkannten — beizubringen, die die amerikanische Behörde verlangte. Die Erfindung wurde in Amerika nicht patentiert. Es

war keine Möglichkeit, die Formschwierigkeiten zu überwinden. Dann möchte ich noch bemerken, daß, wenn man Unterschiede macht, ob der Erfinder die Erfindung im Rahmen seiner gewöhnlichen Tätigkeit gemacht hat, oder ob die Erfindung aus diesem Rahmen herausfällt, auch das in der Praxis zu ganz erheblichen Schwierig­ keiten und Streitigkeiten Anlaß geben würde. Die Bezeichnung der Tätigkeit eines Beamten innerhalb eines Etablissements ist gewöhnlich nicht so

scharf, und

die Sache

läßt sich auch nicht so streng durch­

führen, wenn man einen Beamten nicht ganz hermetisch abschließen will. Vielen Beamten und namentlich tüchtigen Beamten gestattet man in ihrer Tätigkeit eine gewisse Bewegungsfreiheit. Der Beamte

unterhält sich mit anderen, er bekommt manchmal auch aus einem anderen Gebiet eine sehr gute Idee, die er dann ausführt. Diese Idee ist auch nicht ganz auf seinem Boden gewachsen; trotzdem könnte er sagen, das gehört nicht ganz in den Bereich meiner Tätigkeit. Ja, dann haben wir Streitigkeiten, und um diese Streitigkeiten ab­ zuschneiden, macht man eben vertragsmäßige Bestimmungen, die nicht odiös sein sollen, sondern die nur Unannehmlichkeiten vorbeugen sollen, indem man dann eben sagt: alle Erfindungen, die der Angestellte inner­ halb seiner Tätigkeit im Etablissement macht, gehören dem Etablissement. Wenn jemand eine Erfindung auf einem ganz anderen Ge­ biete macht, wenn ein Chemiker z. B. eine Erfindung an einer

die nicht zum chemischen Betrieb gehört — sonst fällt sie ja auch in sein Tätigkeitsgebiet, denn der Chemiker muß be­ kanntlich auch bis zu einem gewissen Grade Mechaniker sein —, dann Maschine macht,

gehört sie ihm, und dann weiß ich aus unseren Erfahrungen heraus,

daß wir stets gesagt haben: das geht uns gar nichts an, das inter­ essiert uns nicht, mit der Erfindung können Sie machen, was Sie wollen; lassen Sie sie sich patentieren und verwerten Sie sie so gut, wie Sie wollen; die Erfindung berührt unser Etablissement nicht. Also mit solchen verständigen Entscheidungen kann man Un­ annehmlichkeiten vorbeugen. Aber wenn man von vornherein zu viel Klauseln macht, dann kommt man zu nichts. Der Beamte muß sich seiner Verpflichtungen bewußt sein, und das Geschäft muß zu ihm

Vertrauen haben, sonst ist eine ersprießliche Arbeit in der Industrie nicht möglich. Das Vertrauen muß auf jede Weise gewahrt werden. Allerdings muß sich auch der Geschästsherr seiner Rechts- und Anstands­ pflichten gegenüber dem Angestellten bewußt sein. Ich will nicht verkennen, daß allerlei Mißbräuche auf diesem Gebiet vorgekommen sind. Solche Mißbräuche sind bedauerlich und sie sollen beseitigt werden. Aber ich glaube, man darf nicht das Kind

mit dem Bade ausschütten. Daß übrigens, soweit die Chemie in Betracht kommt, das Verlangen, daß der Erfinder selbst das Patent nimmt, gar nicht so sehr groß ist, beweist mir die Tatsache, daß die uns von außen zu­ gebrachten Erfindungen, die z. B. von Chemikern gemacht werden, die

auf Hochschulen beschäftigt sind, von Professoren oder von sonst prak­ tisch sich irgendwo betätigenden Chemikern gewöhnlich auch von vorn­ herein von der Firma angemeldet werden und daß die Herren im allgemeinen nicht bloß nicht verlangen, daß die Anmeldung auf ihren Namen geschieht, sondern in der Regel von vornherein den Wunsch ausdrücken: melden Sie gleich in Ihrem Namen an, das ist uns das Allerbequemste, wir wollen mit der ganzen Anmeldung der Erfindung nichts zu tun haben. (Sehr richtig!) Das beweist doch, daß das Bedürfnis, daß der Erfinder genannt werde, in dem Maße, wie es jetzt betont wird, nicht vorliegen kann. Der Betreffende sagt sich: ich mache nachher über die Erfindung, die ich gemacht habe, in einer

wissenschaftlichen Zeitschrift meine Publikation, und damit ist mein Autorrecht an meiner Erfindung genügend gewahrt und festgestellt. Das scheint mir auch der richtige Weg zu sein. Wenn eine Erfindung ein größeres Interesse bietet, wird man dem Betreffenden auch das Recht geben, über seine Erfindung eine wissenschaftliche Erörterung erscheinen zu lassen und damit seine Verdienste an der Sache klar ans Licht zu stellen. Ingenieur Gondos-Kalk b. Cöln: Ich kann mich im Namen meiner Firma den Ausführungen des Justizrats Haeuser ganz anschließen.

Wir haben das von Herrn Schäfer empfohlene System, den Erfinder bei der Anmeldung mit zu nennen, früher vielfach geübt, und zwar mit Wohlwollen, haben damit aber die schlimmsten Erfahrungen gemacht, denn es stellten sich vielfach große formalrechtliche Schwierig­ keiten heraus. Der eine Erfinder starb, und es war unmöglich, die Zustimmung der Erben zur Uebertragung der Patente zu erhalten. Mit einem anderen hatten wir uns entzweit, er verweigerte seine Unterschrift für die ausländischen Patente, und so gab es immer lang­

wierige Verhandlungen, um zu unserem Rechte zu kommen.

68 Die Industrie hat gewiß keine Veranlassung, mit dem jetzigen

Standpunkt der Rechtsprechung unzufrieden zu sein. Wohin käme man, wenn man den Angestellten jede kleinste Verbesserung abkaufen müßte; denn das wäre ja die direkte Folge, wenn man den Angestellten be­ stimmte Rechte ausdrücklich einräumt. — Dann müßte ja der Dienstherr sozusagen jede Schraube an der Maschine abkaufen.

So kann man nicht lukrativ arbeiten. Wenn jemand eine gute Erfindung macht, so macht sich das auch für ihn bezahlt. Die Firma hat ein Interesse daran, ihn zu belohnen; sonst geht er zur Konkurrenz. Direktor v. Schütz-Berlin: Meine Herren, ich wollte nur einen

Teil der Frage und diesen auch nur mit ein paar Worten berühren. Ich erkenne die Schwierigkeit, den richtigen Erfinder zu eruieren, voll­ Ich weiß das auch aus eigener Erfahrumg. Auf der anderen Seite existiert der Wunsch, daß der Erfinder genannt werden möchte, und da gibt es vielleicht einen Mittelweg: wenn man zur Patentbeschreibung eine Einleitung macht, die gewissermaßen eine

ständig an.

Geschichte der Erfindung darstellt, und sagt: an der Erfindung haben die und die Herren mitgearbeitet. Da kann man ein Dutzend Namen nennen. Dann ist dem Wunsche der betreffenden Herren, genannt zu

werden, Genüge geleistet, und auf der anderen Seite sind alle Unannehmlichkeiten, die damit verbunden sind, vermieden. Anmelderin bleibt unter allen Umständen nur die Firma.

Landtagsabgeordneter Dr. Beumer-Düsseldorf: Meine Herren, ich möchte auch aus meiner Erfahrung bei großen industriellen Werken, mit denen ich wiederholt darüber gesprochen habe, bestätigen, was Herr

Justizrat Haeuser gesagt hat. Es ist außerordentlich charakteristisch, daß die Erfinder durchweg ganz damit einverstanden sind, daß die Firma das Patent nimmt; und ich glaube auch, meine Herren, daß die Dränger, die jetzt den Reichstag bestürmen mit dem Wunsche aus eine Aenderung der bestehenden Gesetzgebung, in der Hauptsache durch­

aus nicht die tüchtigsten Leute sind, sondern die gekränkten Leberwürste. (Heiterkeit.)

Vorsitzender: Meine Herren, die Rednerliste ist zu Ende. frage, ob zu g noch jemand das Wort wünscht.

Ich Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zu h.*)

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich glaube, daß diese Frage uns nicht so lange aufhalten wird, wie es von vornherein aussieht. Denn ein großer Teil des hier Aufgeführten ♦) Die Gerichtsbarkeit in Patentsachen: Tie Ueberweisnng von Eingrifssstreiten, ?lbhängigkeitsklagen usw. von den ordentlichen Gerichten an Condergerichte oder das Patentamt. Einsprnchsverfahren. Bergütmig von Kosten an die obsiegende Partei. Einsührnng einer dritten Instanz im Erteilnngsverfahrem

69 ist schon in der bisherigen Erörterung berührt worden. Ich erinnere daran, daß das Einspruchs verfahren und das Erteilungsverfahren ja schon vorher erörtert worden ist bei der Frage der Vorprüfung und der Gestaltung der Stellung des Vorprüfers, und daß da auch bereits davon gesprochen worden ist, daß auf diese Weise die dritte Instanz

geschaffen wird, die von vielen Seiten verlangt wird.

Dagegen dürfte

wohl als eine Kleinigkeit oder eine verhältnismäßige Kleinigkeit zu betrachten sein — was allerdings von mehreren Seiten angeregt

worden ist —, daß es notwendig oder wenigstens sehr wünschenswert sei, daß demjenigen, der das Einspruchsoerfahren durchgeführt und daraufhin durchgesetzt hat, daß das Patent nicht oder nur in wesentlich beschränktem Umfange erteilt wurde, ein Teil der Kosten, die ihm das Einspruchsverfahren bereitet hat, von dem Patentanmelder oder von dem Patentinhaber ersetzt werden solle. Es ist angeführt worden, daß ein Einspruchsverfahren unter Umständen den Firmen, die das Einspruchsverfahren durchführen müssen, sehr erhebliche Kosten bereite, und daß sie diese Kosten von keiner Seite ersetzt erhalten. Bei den Ausführungen sind nun zwei Möglichkeiten aufgestellt worden. Einmal kann derjenige, welcher zu Unrecht ein Patent ver­

langt hat, verpflichtet werden, der gewissermaßen obsiegenden Partei des Einsprechers diese Kosten zu ersetzen. Es ist aber noch ein anderer und meines Erachtens nicht unbedeutender Gesichtspunkt hervorgehoben worden, nämlich daß derjenige, der das Einspruchsverfahren durchführt, gewissermaßen die Interessen der Allgemeinheit und der Freiheit der industriellen Tätigkeit wahrnimmt, und daß es infolgedessen nicht

unberechtigt sei, wenn ihm ein Teil der Kosten, die ihm das Einspruchs­ verfahren

mache,

vom Staate selbst ersetzt würde,

also

daß das

Patentamt dann gewissermaßen in der Lage sein solle, demjenigen, der das Einspruchsverfahren mit Erfolg durchgeführt habe, diese Kosten zu erstatten. Ob dem Patentamt vom Reiche das Recht dazu bewilligt

werden wird, meine Herren, das ist ja eine andere Frage. (Heiterkeit.) Ich wollte nur auf diesen Gesichtspunkt aufmerksam machen. Nun, meine Herren, tritt dann aber als wohl von wesentlicher Bedeutung diejenige Frage ein, die, wie ich schon ausführte, eigentlich

der Ausgangspunkt der ganzen Erörterung gewesen ist, nämlich die Gestaltung der Patentverletzungsklage. Die Patentverletzungsklagen werden ja jetzt von den ordentlichen Gerichten entschieden. Da tritt

aber gleichzeitig noch die Frage auf über die Stellung des Patentamtes zu den Abhängigkeitsklagen oder vielmehr, wie weit eine derartige Ab­ hängigkeit von dem Patentamt mit rechtlicher Wirkung festgestellt

70 werden kann, und damit im Zusammenhang steht wieder die Frage, inwieweit alle diese mit dem Patentwesen zusammenhängenden Streit­

fragen den ordentlichen Gerichten mehr oder weniger entzogen und einer Sondergerichtsbarkeit, sei es nun durch Bildung eines besonderen Gerichtshofes,, zusammengesetzt aus Technikern und Juristen, oder von

Abteilungen in dem Patentamte, wie das Herr Patentanwalt Schütze in seiner Darstellung vorgeschlagen hat, zugewiesen werden sollen. Es

wird auch da im allgemeinen wohl davon ausgegangen, daß die letzte Instanz dem Reichsgericht, also einer vollständig juristischen Instanz, verbleiben soll. Wie die Herren sich zu diesen grundlegenden Fragen entschließen wollen, das wird wohl Sache der Erörterung sein. Natürlich, auf die Einzelheiten werden wir heute auch hier wohl nicht eingehen können.

Ingenieur Gondos-Kalk b. Cöln: Um die Frage kurz zu beant­ worten, möchte ich bemerken, daß das Einspruchsverfahren zur Zeit sehr teuer ist. Meine Firma zahlt jährlich nur für die Evidenzhaltung der ausgelegten Patentanmeldungen ca. 2000 M. In einem Falle, den ich hier beispielsweise erwähne, mußte man die Vorbenutzungen nachweisen, was uns rund 800 M. kostete. Wir haben jährlich eine

ganze Anzahl von Einsprüchen. — Man kann der Industrie unmöglich die Verpflichtung aufbürden, für das allgemeine Interesse zu sorgen. Was nun die Patentgerichtsbarkeit anlangt, so haben wir wieder­ holt die Erfahrung gemacht, daß die Gerichte in den seltensten Fällen in der Lage sind, die an die Gutachter zu stellenden Fragen richtig

abzufassen. Die Fragen sind schon an sich unrichtig und infolgedessen sind dann auch die Antworten ganz falsch. Auf diese Weise wird das Verfahren unendlich in die Länge gezogen und die Kosten ganz wesentlich erhöht. Justizrat Wandel-Essen: Meine Herren, diese Frage hat ja einen ganzen Kongreß des Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigen­ tums beschäftigt, und es ist deshalb selbstverständlich, daß sie hier nicht in extenso behandelt werden kann. Ich meine aber, es sollte im

Einklang mit den Ausführungen der Vorredner hier zum Ausdruck gebracht werden, daß der jetzige Zustand ein äußerst unbefriedigender ist. Ich bin selbst Jurist, aber ich muß zu meinem Bedauern sagen, daß der Jurist im allgemeinen nicht in der Lage ist,

den Feinheiten

der Technik in dem Maße zu folgen, um in einem Streit über den Schutz des gewerblichen Eigentums für sich allein das Richtige zu

finden.

Die Juristen sind ja gewiß unentbehrlich dabei, aber sie müssen

in viel innigerer Weise als bisher zusammenwirken mit besonders ge­ bildeten technischen Kräften.

71 Ich

glaube nun

aber, wir müssen uns hier auf die Negative

beschränken. Wir sollten sagen: So, wie es ist, kann es nicht bleiben, es muß in der Beziehung eine Aenderung geschaffen werden, und wir

sollten im übrigen nur den allgemeinen Gedanken zum Ausdruck bringen, daß ein innigeres Zusammenwirken der juristischen Elemente mit den

technischen gewährleistet werden muß, sei es nun, daß es in Form eines

besonderen Gerichtshofes oder, was mir persönlich näher liegen würde, durch Angliederung an das Patentamt ermöglicht würde. Oberingenieur Reumann-Deutz: Meiue Herren, ich möchte zum Ausdruck gebracht haben, daß in der Frage der abhängigen Patente eine Aenderung wünschenswert ist. Das Patentamt hat ja nach dem Patent­

gesetz überhaupt die Abhängigkeit des Patentes auszusprechen; es ist aber davon abgekommen, nachdem das Reichsgericht sich auf den Stand­ punkt gestellt hat, daß das Patentamt in dieser Frage nicht zuständig ist. Nun stellt sich aber in der Praxis tatsächlich heraus, daß es sehr

wünschenswert ist, die Abhängigkeit eines Patentes von einem anderen möglichst frühzeitig zu wissen, und es hat auch gar keine Bedenken, diese Befugnis speziell dem Patentamte einzuräumen, deshalb, weil im Gegensatz zu den Patentprozessen (insbesondere Verletzungsklagen) es hier gar nicht notwendig ist, auf das Vorhandensein und die Beschaffen­ heit von wirklichen Ausführungen der betreffenden Erfindungen ein­ zugehen. Es ist im wesentlichen nur die Abgrenzung zweier techno­ logischer Begriffe vorzunehmen und ihre Ueber- oder Unterordnung zueinander zu prüfen. Es sind ähnliche Fragen vom Patentamt in dem Falle zu begutachten, wie sie im Erteilungsverfahren bei der Frage der Unterordnung eines Anspruches unter einen anderen, und bei der Beurteilung des Zusatzverhältnisses, sowie im Erteilungs- und Nichtigkeitsverfahren bei der Prüfung der Identität mit einem älteren Schutzrecht auftreten.

Wir haben unausgesetzt mit der irrigen Ansicht daß ihre Patente auf

der Besitzer von Patenten zu kämpfen gehabt,

Abhängigkeit mitgeprüft wären und daß sie daher nicht in Anspruch genommen werden können wegen Eingriff in ein älteres bestehendes Patentrecht. Wir haben beispielsweise das grundlegende Patent auf die Andrehkurbel mit Rückstoßsicherung für Explosionskraftmaschinen. Später sind anderen Erfindern eine Reihe von Ausführungsformen

patentiert worden, und es macht nun große Schwierigkeiten, die Leute zu überzeugen, daß ihr Patent den Charakter einer Abhängigkeit hat, obgleich es in der Patentschrift nicht zum Ausdruck gebracht ist. Fast jedesmal muß man erst sein Recht in einem Patentprozeß erkämpfen, der vielfach vermieden worden wäre, wenn amtsseitig die Frage der Abhängigkeit von vornherein geprüft wäre.



72



Handelsrichter Guttsmann- Grünewald - Berlin: Ich möchte nur erwähnen, daß ich der Meinung bin, daß der jetzige Zustand abänderungsbedürftig ist. Das weitere kann ja wohl später in Kommissionen besprochen werden. Jedenfalls wäre das Ideal ein Sondergerichtshof. Das Patentamt möchte ich nicht in hervorragender Weise beteiligt wissen. Die Gründe liegen auf der Hand. Einen Sondergerichtshof haben wir z. B. auch in den Kammern für Handels­ sachen, Kaufmannsgerichten rc., die sich gut bewähren. Ich möchte dann aber noch den Wunsch aussprechen, daß zur Beurteilung dieser Frage in den Kommissionen noch einer der hiesigen Patent-Rechtsanwälte zugezogen wird, wie z. B. Katz oder Seligsohn. Das würde ich für sehr praktisch halten. Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, auf die Frage der Sondergerichtsbarkeit möchte ich hier nicht eingehen. Dieselbe ist ganz außerordentlich schwierig.

Ich möchte mich nur gegen die Bemerkung des Herrn Neumann über die Behandlung der Abhängigkeitsfrage durch das Patentamt mit einigen Worten wenden. Die Sache liegt gar nicht so einfach,

wie Herr Neumann sie uns hinstellte. Bei der Frage der Abhängigkeit handelt es sich durchaus nicht nur um eine technologische Feststellung, sondern zum guten Teil um rein juristische Fragen. Die technologische Feststellung ist lediglich die Feststellung, was ist in dem früheren Patent technisch kundgegeben. Aber, meine Herren, die zweite Frage ist, wenn ich auf die Frage der Abhängigkeit komme: nicht, was ist

in dem früheren Patent kundgegeben, sondern, was ist in dem früheren Patent geschützt, und da kommt die Frage sehr in Betracht, ist das Patent gut oder schlecht genommen, hat der Erfinder verstanden, seine Erfindung in richtigem Umfange zu Schutz zu bringen, oder hat er durch eine unglückliche Fassung des Patentes, durch Entnahme eines schlechten Patentes lediglich ein Stück seiner Erfindung unter Schutz gestellt, und ist ein ganz wesentlicher Teil seiner Erfindung durch dieses

Versehen schutzlos geblieben.

Das ist eine durchaus schwierig zu be­

antwortende Frage. Deswegen ist die Frage der Abhängigkeit auch für das Patentamt eine außerordentlich schwierig zu entscheidende. Ich möchte aber nur noch den einen Gesichtspunkt betonen: Gibt man dem Patentamt das Recht, mit Rechtskraft ein Patent als abhängig von einem anderen zu erklären, dann folgt daraus, daß, wenn diese

Erklärung abgelehnt wird, man auch, wie das stets angenommen worden ist, die Möglichkeit geben muß, im Nichtigkeitsverfahren noch eine

Abhängigkeitserklärung herbeizuführen. Dann geben Sie also dem In­ haber des älteren Patentes vier Instanzen: erstens die beiden Instanzen

73 im Erteilungsverfahren — das würden ja eventuell künftig sogar drei werden — und dann noch einmal die beiden Nichtigkeitsinstanzen. Dagegen hat der zweite Erfinder, der ja an sich ebensoviel Recht hat, nach meiner Ansicht, wie der frühere Erfinder, nur die zwei Instanzen im Pätentamte. Wird die Abhängigkeit ausgesprochen, so kann er nicht im Nichtigkeitsverfahren auf Zurücknahme der Abhängigkeits­ erklärung klagen. Daher bin ich der Ansicht, daß, wenn überhaupt das Patentamt befugt sein soll, Abhängigkeitserklärungen auszu­ sprechen — und zwar mit bindender Kraft für die Gerichte, denn sonst

haben sie ja gar keinen Wert, und das Patentamt wird sich dafür bedanken, als lediglich begutachtende Behörde tätig zu sein —, unbe­ dingt die Forderung gestellt werden muß, daß im Nichtigkeitsverfahren

auch auf Beseitigung einer Abhängigkeitserklärung geklagtwerden darf. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich stimme mit Herrn Justizrat Haeuser vollkommen dahin überein, daß die Frage der Sondergerichtsbarkeit ja zu weit greift, um sie hier heute eingehend zu beurteilen. Ich möchte aber nicht unterlassen, darauf hinzuweisen oder vielleicht noch mehr zu betonen, daß doch die Frage der Sondergerichtsbarkeit des Patentgesetzes schließlich genau unter dieselben Voraussetzungen fällt wie das Bestreben, das auf so vielen anderen Gebieten heute vorliegt, von der ordentlichen Gerichts­ barkeit Abbröckelungen vorzunehmen und für jede einzelne Sache Sondergerichte zu schaffen. Meine Herren, die Tätigkeit des Juristen hat überall mit mehr oder weniger komplizierten wirtschaftlichen und sozialen Erscheinungen zu tun, und ob es sich um ein Patent handelt oder um ein schwieriges kausnlännischcs Unternehmen oder sonst irgend etwas auf wirtschaftlichem Gebiet — das bleibt schließlich für die Frage der Entscheidung durch Juristen oder Nichtjuristen meines Erachtens völlig gleichgültig. Der

unbefriedigende Zustand liegt ja auch eigentlich nicht darin, wenigstens nach den Erfahrungen und nach dem, was ich ersehe, daß der Jurist darüber entscheidet, denn es besteht ja allgemein die Ansicht, wenigstens soweit ich sehe, daß die letzte Instanz das Reichsgericht, also eine lediglich juristische Instanz bleiben soll, und man erklärt sich im großen und ganzen auch mit der jetzigen Berufungsrechtsprechung des Reichs­ gerichts innerhalb der Industrie einverstanden — sondern die schwierige Situation ist eigentlich dadurch geschaffen, daß vielfach nicht genügend vorgebildete Juristen an die Frage herantreten, daß einem einzelnen

Juristen namentlich bei einem kleinen Landgericht vielleicht alle 20 Jahre irgend ein Patentstreit vorgelegt wird, und er dann natürlich schwer in der Lage ist, sich in diese Fragen hineinzufinden. Meine Herren,

74 der Landrichter bei einem kleinen Landgericht im Inneren Deutschlands wird sich aber auch sehr schwer in eine Frage des seerechtlichen Verkehrs, des Schiffahrtsverkehrs hineinfinden, die dem Hamburger oder Bremer Richter durchaus geläufig ist. Die Aufgabe wird darin zu suchen sein, daß hinsichtlich des Gerichtsstandes für derartige Sachen innerhalb der Civilprozeßordnüng andere Entscheidungen getroffen werden.

Ich darf aber darauf nicht näher eingehen. Ich wollte nur in dieser Versammlung darauf aufmerksam machen, daß diese ganze Frage auch von anderen Gesichtspunkten aus betrachtet werden kann, und daß es eine sehr komplizierte Frage ist, die über den Kreis des Patentrechtes eigentlich durchaus hinausgreift und in die allgemeinen Stimmungen und Strömungen hineingeht, die heute ja ganz eigen­ artig sind; nachdem wir nach jahrhundertelangem Bemühen eine Ein­

heit in unserer juristischen Organisation erreicht haben, bemühen wir uns jetzt wieder nach allen Richtungen diese schwer errungene und gerade von Industrie und Handel herbeigesehnte Einheit zu zersplittern. Exzellenz Krüger-Berlin: Meine Herren, ich möchte nur im Interesse guter Erfindungen in der Maschinenindustrie konstatieren, daß der gegenwärtige Zustand unhaltbar ist. Es ist gar nicht möglich,

ein gutes Patent vor den ordentlichen Gerichten zu verteidigen, alle Patentprozesse überhaupt wahrzunehmen, die gegen eine gute Erfindung angestrengt werden, weil man nicht in der Lage ist, fortwährend durch ganz Deutschland zu reisen, und weil andererseits die größte Wahr­ scheinlichkeit vorliegt, daß der Prozeß verloren geht, wenn nicht der Direktor eines Werkes oder eine besonders dazu angestellte Kraft persönlich alle Termine wahrnimmt. Das spricht wohl dafür, daß Abhilfe geschaffen werden muß, gerade im Interesse guter solider Erfindungen, — ich meine Abhilfe in der Bildung eines besonderen

Gerichtshofes oder besonderer Kammern. Professor Dr. Osterrteth-Berlin: Meine Herren, ich möchte nur darauf Hinweisen, daß die Frage der Sondergerichtsbarkeit mit dem Sachverständigenwesen eng zusammenhängt, und anregen, daß die Kommission vielleicht auch auf diese Frage ihr Augenmerk richtet. Mit in erster Linie haben die Mißstände im Sachverständigenwesen den Wunsch nach Einführung einer Sondergerichtsbarkeit laut werden lassen. Die Wahl der Sachverständigen,' die Befragung der Sach­

verständigen, die Bewertung des Sachverständigen-Gutachtens bieten

Schwierigkeiten, die oft schon

der Rechtsprechung nachteilig gewesen

sind. Vielleicht läßt sich auf dem Gebiete des Sachverständigenwesens eine Regelung einführen, die man als eine provisorische ansehen kann,

bis die Frage der Sondergerichtsbarkeit reif ist. Denn, wie auch schon



Io



Herr Regierungsrat Leidig angeführt hat, wird es noch lange Zeit

dauern, bis die allgemeinen Grundprinzipien dieser Frage soweit ge­ klärt sind, daß an eine Entscheidung gedacht werden kann. Es wäre auch der Gedanke erwägenswert, ob man nicht nach Analogie der literarischen und künstlerischen Sachverständigenkammern auch gewerb­

liche Sachverständigenkammern einführen könnte.

Vorsitzender: Meine Herren, das war die Diskussion zum ersten Teile von Punkt h.

Da keine weitere Wortmeldung vorliegt, darf ich

wohl die Diskussion darüber schließen. Nun steht unter Punkt h noch: Die Nichtigkeit des Patents,*) die wir nach dem Vorschläge des Referenten Herrn Professor Leidig besonders behandeln wollten.

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, der zweite Absatz über die Nichtigkeit des Patentes stammt nicht aus der Enquote, sondern aus der Denkschrift des heute so genannten „grünen Vereins" von 1903 und ist hier gewissermaßen nur zur Abrundung zugefügt worden. Es fragt sich also, ob Sie sich dazu äußern wollen. Was den ersten Fall anbetrifft, so stehen sich die Aeußerungen diametral gegenüber. Es sind Aeußerungen, die sagen, es soll durch­ aus festgehalten werden an der fünfjährigen Ausschlußfrist, und andere sagen, sie muß entschieden aufgehoben werden. Was die Frage des entwendeten und deshalb für nichtig er­ klärten Patentes und die Uebertragung auf den redlichen Besitzer des

Patentinhalts anlangt, so stammt auch diese nicht aus der Enquote, sondern aus den Beschlüssen des „grünen Vereins". Sie scheint mir aber gerade für unser deutsches Patentrecht und auch für die Industrie

nicht von unerheblicher Wichtigkeit zu sein, und deshalb auch mit herangezogen worden.

ist sie hier

Ingenieur Schwager-Berlin: Meine Herren, in meiner Eigen­ schaft als Sachverständiger komme ich oft in die Lage, Einblick in Prozeßakten zu nehmen, und da hat sich speziell in den Sachen, die mir

dabei bekannt geworden sind, die Tatsache ergeben, daß Patent- und andere technische Streitigkeiten merkwürdig lange währen. Es sind

mir Prozesse bekannt geworden, die fünf Jahre bis zu ihrer Entscheidung

in Anspruch genommen haben. Was soll daraus werden, wenn die streitenden Parteien so lange warten müssen. Wenn Sie die Zwischen­ verfügungen verfolgen, so sind es nur formale Vorschiebungen; es wird eine Verhandlung angemeldet, sie wird wieder aufgehoben, immer *) Die Nichtigkeit des Patents. Soll die fünfjährige Präklusivfrist für die Nichtigkeits­ klage bleiben? Uebertragung des entwendeten und deshalb für nichtig erklärten Patents auf den redlichen Besitzer des Palentinhalrs. Bereicherungsklage in Fällen objektiver Patentverletzung.

76 neue Einwände und Erhebungen folgen, und wenn man dann die

Aussagen der Sachverständigen prüft, kommt man oft zu der Ueber­ zeugung, eine solche Aussage würde doch etwas modifiziert ausgefallen sein, wenn sie vor einem Forum von Sachverständigen abgegeben worden wäre (sehr richtig!).

Die Richter haben bei allem Fleiß und

bei aller Kenntnis doch eine ganze Masse Fragen vor sich, über die sie sich nicht vollständig klar werden können und bei denen sie außer­

stande sind, die Tragweite der Behauptungen des Sachverständigen richtig zu würdigen. Ich meine, wenn ein Sachverständigengerichtshof ernannt wird, möge er zusammengesetzt sein, wie er wolle, wenn nur einige Sachverständige dem Kollegium angehören, dann wird der betreffende Sachverständige, der zu vernehmen ist, sich doch einige Fesseln in seinen Aeußerungen anlegen, er wird nicht so weit aus­ greifen, und das Recht wird viel mehr zur Geltung kommen. Es sind mir Fälle bekannt, in denen ganz unerhörte Auslegungen gemacht wurden, zum Beispiel: In einer Zeichnung hat jemand die Begrenzungslinien nebeneinander liegender, aber voneinander getrennter Körper angeführt, und auf Grund der einfachen Be­ grenzungslinien hat ein Sachverständiger Abstände der Maschinenteile

berechnet. Die Begrenzungslinien hatten einen Abstand von ungefähr V» mm und nun sagte der Sachverständige, die Zeichnung ist in einem

Maßstabe von 1:10 ausgeführt, folglich multipliziere ich den Abstand mit 10, und dann habe ich den Abstand der Teile, welcher in der Ausführung einzuhalten ist, und wenn Du ihn nicht einhältst, hast Du gegen den Vertrag gefehlt. Darauf hat die andere Partei gesagt: Es ist kein Abstand, es sind bloß Begrenzungslinien gezeichnet,

die andeuten, daß hier zwei verschiedene Körperformen zusammen­ kommen, die nur nebeneinander liegen, aber in welchem Abstande sic liegen, das ist gar nicht damit ausgedrückt. Meine Herren, das ist nur ein einzelner Fall, aber für viele bezeichnend. Ich würde ganz entschieden dafür plädieren, Sonder­ gerichte herbeizuführen, in denen Sachverständige sitzen.

Der Handelsstand erfreut sich seit einem halben Jahrhundert oder noch länger der Handelsgerichte. Ich glaube doch, daß es wenig Richter geben wird, die die Rechtsfragen in Handelsstreitig­ keiten nicht beurteilen könnten. Trotz alledem hat der Handclsstand die Ueberzeugung gewonnen und die Gerichte ebenfalls, daß die Handelsgerichte sehr am Platze sind. Wenn nun aber die Industrie, die sich so vielseitig entwickelt, über ihre Kardinalfragen von Leuten urteilen lassen soll, die eigentlich dem Kern der Sache ganz fremd gegenüberstehen, dann ist das doch etwas Unnatürliches, und aus



77



dem Grunde halte ich mir erlaubt, bei dem Direktorium des Vereins

der Deutschen Zuckerindustrie derartige Anträge zu stellen, und kann ich auch an dieser Stelle die Anträge nur wiederholen. Ich würde aufs

wärmste empfehlen, daß deraritge Einrichtungen eingeführt werden. Ich will aus den hier zur Verhandlung stehenden Fragen nur noch die eine herausnehmen: Soll die fünfjährige Präklusivfrist für

die Erhebung der Nichtigkeitsklage bestehen bleiben?

Meine Herren,

ich glaube, daß sie unbedingt fallen muß. Es ist doch ganz ungehörig, daß, wenn das Patent fünf Jahre bestanden hat, dann die Berechtigung zur Erhebung der Nichtigkeitsklage aufhören soll. Wie

ist das denkbar? Ich kann mir keine Vorstellung darüber machen, wie das zu rechtfertigen sein soll. Ich würde also auch ganz entschieden dafür sprechen, daß die Präklusivfrist abgeschafft wird. Ich will nicht längere Ausführungen darüber machen. Es sind ja doch heute hier nur vorläufige Besprechungen. Ich glaube, es wird sich später noch Gelegenheit finden, eingehend auf diese wie auch auf die anderen Fragen zurückzukommen.

Professor Krainer-Berlin: Ich wollte mir nur zu Punkt h die Bemerkung erlauben — weil es eigentlich in absolut klarer Weise noch nicht ausgesprochen worden ist —, daß bei diesem Punkt auch Be­ sprechungen darüber zu pflegen wären, ob tatsächlich das Reichsgericht

in seiner jetzigen Zusammensetzung die letzte Instanz in Patentsachcn sein soll. Es ist, glaube ich, von Herrn Regierungsrat Leidig wohl angedeutet, aber nicht so ausgesprochen worden. Wenn ich recht gehört habe, wurde sogar gesagt, es soll beim gegenwärtigen Zustand bleiben, d. h. es sollen bloß Juristen zu urteilen haben. Soweit meine Er­ fahrungen in dieser Beziehung reichen, glaube ich wohl sagen zu können, daß an eine andere Zusammensetzung dieses Gerichtshofes gedacht werden muß. Das Reichsgericht, wie es jetzt ist, als letzte Instanz zu lassen,

glaube ich, dürfte wohl kaum im Interesse der Industrie liegen. Es sind Reichsgerichtsentscheidungen getroffen worden, die geradezu haar­ sträubend sind — ich meine vom technischen Standpunkte aus haar­

sträubend.

Ich will gar nicht an die berühmte, in Kneipliedern be­

sungene Entscheidung erinnern, daß die Entnahme elektrischer Kraft kein Diebstahl sei. (Justizrat Haeuser: Das war eine ganz richtige Entscheidung!) Herr Justizrat, vom rein juristischen Standpunkte aus war sie ganz richtig. (Zuruf: Vom gesetzlichen!) Ich wollte nur darauf

Hinweisen, daß die Erörterung über die letzte Instanz in Patentsachen vielleicht auch unter den Punkt h dieser Vorschläge gehört.

Vorsitzender: Meine Herren, es hat sich zu h niemand mehr zum Worte gemeldet; ich darf die Diskussion über diesen Punkt schließen.

78 Damit wären wir mit Punkt I der Vorschläge zu Ende, und wir

kämen zu Punkt II:

Gebrauchsmusterschutz. Da sind zwei Unterabteilungen, a und b.

Wird zu a: Verlän­

gerung der Schutzfrist, das Wort gewünscht? Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, in dem Material, das uns vorgelegen hat, sind nur diese beiden Einwände gegen das Gebrauchsmusterschutzgesetz erhoben worden. Es ist nach der einen Richtung hin verlangt worden eine Verlängerung der Schutz­ frist bis auf 10 Jahre, und es ist andererseits hervorgehoben worden, daß heute vielfach bei Gebrauchsmustern gesagt wird „patentamtlich geschützt" und dergleichen, und daß das beim Publikum den Eindruck mache, als wenn der Betreffende auf Grund eines Patentes arbeite und nicht nur unter dem Gebrauchsmusterschutz stehe. Das stelle sich als unlauterer Wettbewerb dar, auch wenn der gebrauchte Ausdruck wörtlich den Tatsachen entspreche, und es sei notwendig, dagegen

einzuschreiten. Das sind die beiden einzigen Einwände, die in dem uns mit­ geteilten Material erhoben worden sind.

Spaethe-Gera: In der Kurzwarenbranche ist das Gebrauchs­ musterschutzgesetz jedenfalls ein wesentlicher Faktor und hat zu vielen Differenzen schon Anlaß gegeben. Es wäre jedenfalls notwendig, daß eine Prüfung der Neuheit eingeführt würde. Jetzt wird alles geschützt, nnd wenn jemand Einspruch erhebt, heißt es, geh ans Gericht, und die Gerichte scheuen sich rviederum davor. Also ich niöchte befürworten, daß wenigstens eine gewisse Prüfung auf Neuheit ins Auge gefaßr wird, und daß die Aburteilung von Löschungsklagen von den gewöhn­ lichen Gerichtshöfen an das Patentamt verwiesen wird. Direktor v. Schütz-Berlin: Meine Herren, unser Verein steht auf dem Standpunkt, daß sich die Frage einfacher lösen läßt. Eine Prüfung der Gebrauchsmuster auf Neuheit ist ganz unmöglich. Dazu bedürfte

es eines halben Dutzend Patentämter. Dagegen würde allen Klagen abgeholfen sein, wenn man das Löschungsverfahren einfacher gestaltet.

Jetzt findet das Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten statt, und es dauert jedesmal länger, als der Schutz dauert. Uebergeben Sie aber das Löschungsverfahren dem Patentamt, was sich bei Patent­ sachen gut bewährt hat, dann ist den ganzen Klagen mit einem Male abgeholfen.

Professor Dr. Osterrieth-Berlin: Ich wollte nur zur Frage des unlauteren Wettbewerbes darauf aufmerksam machen, daß es nach der



79



konstanten Rechtsprechung schon jetzt als unlauterer Wettbeiverb an­ gesehen wird, wenn jemand, der nur ein Gebrauchsmuster Hal, auf

seine Artikel setzt „patentamtlich geschützt".

In dieser Beziehung ist

der Wunsch, von dem wir gehört haben, schon erfüllt.

Justizrat Haeuser-Hoechst: Meine Herren, auf dem Gebiete des Gebrauchsmusterschutzes besteht bekanntlich eine Bewegung, die diesen Schutz erweitern und ausdehnen will. Demgegenüber möchte ich nur für die chemische Industrie erklären, daß wir in keiner Weise die Ein­ führung eines Gebrauchsmusterschutzes für unsere Erfindungen, auch

nicht für die kleinen Erfindungen, wünschen.

Vorsitzender: Wird sonst noch zu II das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich darf zu III:

Wareuzeichenrecht übergehen.

In dem Abschnitt sind vier Punkte, a—d.

a betrifft: die Frage der Firmenzeichen.

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, es ist von einer ganzen Reihe von Gutachtern der Wunsch aus­ gesprochen worden, namentlich auch von industriellen Verbänden, daß Firmenzeichen eingeführt werden, so daß die einzelnen Firmen das Recht haben, nicht bloß für bestimmte Waren, sondern für alles, was von ihnen ausgeht, ein bestimmtes Zeichen zu führen.

Vorsitzender: Wird hierzu das Wort gewünscht? — Dann bitte ich Herrn Professor Leidig, zu b zu referieren. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, da stehen sich, wie Ihnen allen wohl bekannt sein wird, zwei An­ schauungen gegenüber. Einige wünschen, daß das Warenklassenspstem

durchgeführt wird, die Mehrzahl aber scheint dies, soweit ich übersehe, gradezu für ein Unglück für die Industrie zu halten. Irgend ein Ausgleich hat sich bisher nicht ergeben. Die beiden Anschauungen

stehen sich vollkommen gegenüber. Justizrat Haeuser-Hoechst: Ich bin über diese Mitteilungen des Herrn Referenten sehr überrascht. Ich habe bisher aus meinen

Erfahrungen heraus geglaubt, daß eigentlich Einstimmigkeit darüber bestände, daß eine Ordnung in unser Warenzeichenwesen nur kommen könne, wenn die Anmeldung nach Klassen durchgeführt wird, daß dann

allein eine richtige Uebersicht gewonnen werden kann. In diesem Sinne hat sich meines Wissens auch einstimmig die Kommission des Deutschen Handelstages ausgesprochen.

80

Vorsitzender:

Wird zu b noch das Wort gewünscht? — Das

ist nicht der Fall. Wir kommen

zu c:

DaS

Recht

des

Vorbenutzers

von

Warenzeichen. Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, darüber gibt die Enquete selbst keinen Aufschluß. Das bezieht sich auch wieder auf die Beschlüsse von 1903 vom „grünen Verein", die hier in Bezug genommen sind.

Vorsitzender: Wünscht zu Punkt c noch jemand das Wort ? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zu d: zu unlauteren Zwecken.

Die Eintragung von Warenzeichen

Regierungsrat Professor Dr. Leidig-Berlin: Meine Herren, ich habe durch die Enquete einen neuen technischen Ausdruck kennen­ gelernt. „Sauger", steht da drin, heißt eine gewisse Gruppe von Personen, die sich Warenzeichen für alle Gruppen eintragen lassen und dann verlangen, daß ihnen die Warenzeichen abgekauft werden. Es soll sehr schiver sein, nach den Mitteilungen, die mir geworden sind, ein hübsches Warenzeichen zu finden, und einige Leute sollen sich

dazu hergeben, dies gewerbsmäßig zu machen und das Zeichen dann für alle möglichen und unmöglichen Gruppen eintragen zu lassen. Es wird behauptet, es liege hier ein Mißstand vor für eine Reihe von Industrien, und es sei notwendig, dem entgegenzutreten, daß Personen, die überhaupt keinen Geschäftsbetrieb haben, Warenzeichen für alle möglichen Dinge eintragen lassen, oder daß, wenn sie einen Geschäftsbetrieb haben, sie sich Warenzeichen Waren, die nicht in ihrem Betriebe liegen.

eintragen

lassen

für

Spoethe-Gera: Hamburger Exporteure lassen sich für tausende von Artikeln Zeichen registrieren, wogegen die Fabrikanten ohnmächtig sind. Auch Namen wie Liszt und Beethoven sind für Pianos ein­ getragen.

Nun ist es ja leider Gebrauch, daß unter derartigen Namen

Pianos verkauft werden. Namen Einspruch erhoben,

Ich habe gegen die Eintragung dieser weil ich selbst im Auslande die Namen

bei billigen Pianos gefunden habe. Mir wird nun vom Patentamt gesagt: Bringe mir Beweise. Da soll ich also erst im ganzen Aus­ lande herumsuchen und dem Patentamte gedruckte Beweise bringen, daß die Sache existiert. Es müßte unmöglich sein, daß ein Zeichen für die verschiedensten Dinge, Chemikalien, Kurzwaren, Viktualien eingetragen und von den Leuten bloß benutzt wird, Auslande den Fabrikanten Konkurrenz zu machen.

um draußen im

81 Justizrat Wandel-Essen: Ich wollte nur konstatieren, daß, wenn die Eintragung nur für bestimmte Warenklassen zugelassen wird, dann die Kollektivanmeldungen und damit die von dem Herrn Vorredner beklagten Ucbelstände fortfallen.

Vorsitzender:

Meine Herren, wird zu d noch das. Wort ge­ wünscht'? Das ist nicht der Fall. Nun sind wir, meine sehr geehrten Herren, am Ende des Programms. Ihrem Wunsche gemäß haben wir die Vorschläge einzeln durchberatcn. Stillschweigend haben Sie dem zugestimmt, daß ich über die einzelnen Punkte nicht habe abstimmen lassen. Eine Ab­

stimmung würde unserem heutigen Zwecke auch

widersprochen haben.

Ich habe den Eindruck, und Sie werden ihn vielleicht alle mit mir haben, daß der Zweck der heutigen Aussprache - eine solche sollte es ja nur sein — durchaus erreicht ist. Diese Aussprache war nicht allein interessant, sondern ich bin auch von ihrem praktischen Werte überzeugt. Wir kommen nun zu der Frage, wie iveiter zu prozedieren sein wird. Gleich zu Anfang unserer heutigen Beratung wurde darauf hingewiesen, daß Spczialberalung in Kommissionen oder in einer Kommission doch wohl zweckentsprechend sein dürfte. Die Frage wird nun sein: ivas sind für Konimissionen einzusetzen und wie sind die

Mitglieder für diese Kommissionen zu finden? Es ivurde vorgcschlagen: mehrere Kommissionen für das Patent­ gesetz, eine für das Gebrauchsmusterschutzgesetz, eine für das Warenzeichenrccht. Nach dem Verlaufe der heutigen Diskussion möchte ich der Ansicht sein, daß es doch vielleicht praktischer sein ivird, für das Patentgesetz nur eine Kommission einzusetzen, weil die einzelnen Punkte bald minder, bald aber mehr ineinandergreifen. Ich stelle anheim, wie die Herren bestimmen wollen. Was sodann die Zusammensetzung der Kommission anbetrifft, so glaube ich, wird es schwer sein, heute gleich

die richtigen Männer benennen zu können. Es ist überhaupt eine schwierige Aufgabe, die Kommission richtig zusammenzusetzen. Ich bitte Sie, sich darüber auszulassen, ob Sie diese Zusammensetzung vielleicht

dem Direktorium des Centraloerbandes überlassen wollen. Meine Herren, ich stelle zunächst fest, daß Kommissionsberatung beschlossen wird. Ein Widerspruch dagegen wird nicht erhoben. Wir kommen zu der Frage, erstens, wieviel Kommissionen sollen gebildet werden, und zweitens, wie sollen diese Kommissionen zusammen­

gesetzt werden. Landtagsabgeordneter Dr. Beumer - Düsseldorf: Ich habe, nachdeni ich dem Gang der Diskussion sehr aufmerksam gefolgt bin, doch auch den Eindruck bekommen, daß diese verschiedenen Fragen so außerHeft 105.

82 ordentlich

ineinandergreifen



die

verschiedenen

Redner

sind

ja

zu rekurrieren oder den einen oder anderen Punkt vorweg zu nehmen —, daß ich doch glaube, wir sollten den Centralverband Deutscher Industrieller bitten, eine große Kommission einzusetzen, die dann innerhalb ihres Gremiums ja unter Umständen zur Bildung eines Unterausschusses oder­ mehrerer Unterausschüsse schreiten kann. Auch stimme ich vollständig damit überein, daß wir heute in der Versammlung kaum in der Lage sein werden, gleich die richtigen Männer zu nennen, sondern daß wir das dem Centralverband Deutscher In­ genötigt gewesen, manchmal von einem Punkt auf den anderen

dustrieller überlassen. Ich möchte aber dabei gewisse — Kautelen darf ich dem hohen Direktorium gegenüber nicht sagen — Direktiven vorbehalten wissen. Ich erlaube mir deshalb, Ihnen folgenden Beschlußantrag zu

unterbreiten: Die Versammlung ersucht den Centralverband DeutscherIndustrieller, zum Zwecke eingehender Prüfung der betreff des

Patentgesetzes bestehenden Wünsche eine Kommission zu bilden, und bei deren Zusammensetzung die in Betracht kommenden Jnteressentengruppen unter Würdigung der in der heutigen Beratung zu Tage getretenen Ansichten zu berücksichtigen. Ich glaube, das Protokoll, das ja stenographisch ausgenommen

wird, wird dem Direktorium entschieden eine Handhabe bieten, in völlig, wie ich nicht zweifle, gerechter Weise alle Jnteressentengruppen bei der Bildung der Kommission zu berücksichtigen.

Vorsitzender: In dem Anträge ist nur vom Patentgesetze die Rede. Ich frage Herrn Dr. Beumer, ob er meint, daß für alle drei Gesetze nur eine Kommission eingesetzt werden soll, die ja dann zur Beratung einzelner Punkte Unterkommissionen bilden kann? (Wird bejaht.) Es müßte also in dem Anträge heißen „Patentgesetzes, Gebrauchsmuster­ schutzes und Warenzeichenrechtes". Meine Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Dr. Beumer mit meiner kleinen Aenderung gehört. Wird zu dem Anträge das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Antrag. Ich bitte, daß diejenigen Herren, die gegen den Antrag sind, die Hand erheben. — Der Antrag des Herrn Dr. Beumer ist einstimmig angenommen. Damit, meine Herren, dürften wir am Schluffe unserer heutigen

Beratung sein. Justizrat Haeuser: Meine Herren, gestatten Sie mir vor Schluß der Versammlung noch, meinen Dank auszusprechen, daß Sie mich hier

83

dis Gast, als Vertreter des Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie, in Ihrer Mitte ausgenommen haben. Die chemische Industrie ist dem Direktorium des Centralverbandes dankbar für diese Einladung. Ich glaube, ich kann versichern, daß wir hier aus den Aeußerungen der Herren der übrigen hier vertretenen Industrien manches auch für uns gelernt haben, und ich muß speziell dem verehrten Herrn Vorsitzenden der Versammlung danken, daß er mir Gelegenheit gegeben hat, den Standpunkt der chemischen Industrie zu einzelnen Fragen in so ausgiebiger Weise zur Geltung zu bringen.

Generalsekretär Bueck-Berlin: Ich hoffe, daß die chemische In­ dustrie auch in der Kommission mitarbeiten wird. Professor vr. Osterrieth-Berlin: Ich möchte mich im Namen des Deutschen Vereins zum Schutze des gewerblichen Eigentums dem Danke an den Centralverband und an den Herrn Vorsitzenden durch­ aus anschließen.

Vorsitzender: Wird sonst noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. — Ich danke den Herren nochmals für Ihr Erscheinen wie für Ihre rege Teilnahme an der heutigen Versammlung und schließe die Versammlung. Schluß 3 Uhr.

Worschtag für die

Führung der Verhandlungen über Mängel des Patentrechts. I. Patentgesetz. Ä) Allgemeines: Anmelde- oder Vorprüfungssystem. Zu viel oder zu wenig Patente? Ter Begriff der Erfindung; ihre Abgrenzung vom Gebrauchsmuster­ schutz. Die Einheitlichkeit des Erfindungsgedankens (sog. technologische Einheit). Der Begriff der Patentfähigkeit. (Neu? Fortschritt in der Technik?) Patentanwälte, Reformen in ihrer Stellung. Ihre Honorare. d) Das Erteilungsoerfahren: Die Stellung des Vorprüfers. Die Veröffentlichung der Anmeldung. (Ausführlichere Veröffent­ lichung oder nur der Hauptanspruch?)

c) Die Dau er- des Patentschutzes: Berechnung der Schutzzeit von der Anmeldung oder der Veröffent­ lichung des Patentanspruchs oder aber von Erteilung des Patents ab. Nachträgliche Verlängerung der Patcntschutzzeit. d) Der Ausübungszwang: Wegfall im internationalen Verkehr? Zwanglizenzen?

e) Die Patentgebühren. f) Zusammengesetzte Patente und Zusatzpateute: Die Behandlung der Priorität zusammengesetzter Patente in der Union. Die Praxis bei Erteilung von Zusatzpatenten. g) Wer ist pateni schutzberechtigt, Anmelder oder Erfinder? Die Verpflichtung zur Namhafiutachung des Erfinders. Die Stellultg der Angestellten als Erfinder. h) Die Gerichtsbarkeit in Patentsachen: Die Ueberweisung von Eiugriffsstreiten, Abhängigkcitsklagen usw. von den ordentlichen Gerichten an Sondergerichte oder das Patentamt. Einspruchsverfahren. Vergütung von Kosten an die obsiegende Partei. Einführung einer dritten Instanz im Erteilungsverfahrcn.

Die Nichtigkeit des Patents. Soll die fünfjährige Präklusivfrist für die Nichtigkeitsklage bleiben? Uebcrtragung des entwendeten und deshalb für nichtig er­ klärten Patents auf deu redlichen Besitzer des Patentinhalls. Bereicherungsklage in Fällen objektiver Patentverletzung.

II. Gebrauchsmusterschutz. a) Verlängerung der Schutzfrist. b) Unlautere Reklame von Inhabern geschützter Gebrauchsmuster.

III. Warenzeichenrecht. a) b) c) d)

Firmenzeichen? Uebergang zum Warenklassensystem. Das Recht des Vorbenutzers von Warenzeichen. Die Eintragung von Warenzeichen zu unlauteren Zwecken.