Urgeschichte des Menschengeistes, Abteilung 1: Fragment eines Systems speculativer Theologie mit besonderer Beziehung auf die Schelling'sche Lehre von dem Grunde in Gott [Reprint 2021 ed.] 9783112458181, 9783112458174


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Urgeschichte des Menschengeistes,  Abteilung 1: Fragment eines Systems speculativer Theologie mit besonderer Beziehung auf die Schelling'sche Lehre von dem Grunde in Gott [Reprint 2021 ed.]
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Urgeschichte des Menschengeistes. Fragment eine-

Systemes spekulativer Theologie mit

besonderer Beziehung auf die Schelling'sche Lehre von dem Grunde in Gott.

Bon

Georg Friedrich Danmer, Professor am Gymnasium ju Nürnberg.

Erste Abtheilung.

Berlin, bei

Georg

Reimer.

18 2 7.

„So id) mich entsinne und denke, warum ich also schreibe und eS nicht andern scharfsinnigen Leuten stehen lasse, so finde ich, daß mein Geist in diesem Wesen, wovon ich schreibe, entzündet ist. Denn es ist ein lebendig laufend Feuer dieser Dinge in meinem Geist. Darum, was ich mir auch sonst vor­ nehme, so quillet doch immer daS Ding oben, und bin also mit meinem Geiste damit gefangen und ist mir auferleget, alS ein Werk, das ich treiben muß." Jacob Böhm von den drei Principien göttliches Wesen- C. 2». §. 1.

u einer Zeit, in welcher sich die Philosophie so

ausgelebt und in sich selbst aufgerieben zeigt, wie

in der unsrigen *), scheint sich kein undankbareres und weniger versprechendes Unternehmen denken

zu lassen,

als der Versuch, den Anfangspunkt

und Anstoß zu einer neuen Entwicklung des phi-

*) Hegel hat das Verdienst, dem völligen Einschlummerft und Verkommen des Geistes der Philosophie einigermaßen gewehrt $u haben. Indessen ist seine Philosophie nichts weiter als der Versuch, daS Schelling'sche System, so weit es vor der Abhandlung über die Freiheit, der Vor­ läuferin einer künftigen Philosophie, gediehen war, dia­ lektisch durchzubilden und wissenschaftlich genügendzu ma­ chen, und ist somit in Hinsicht auf den ihm zu Grunde liegenden Inhalt als etwas bereits Antiquirtes zu be­ trachten.

IV

losophischen Denkens und Forschens zu geben.

Zu­

mal unter ungünstigen Verhältnissen, wie in Be­

ziehung auf philosophische Studien die des Ver­

fassers find, dürfte ein solcher Versuch den Mei­ sten als eine Vermessenheit erscheinen.

Allein mit

unaufhaltsamer Nothwendigkeit verfolgt das innere

Leben der Menschheit seine Wege; und wenn an­ erkannte und

durch Umstände

nicht

beschränkte

Geisterdas, woran es eigentlich gebricht, nicht zu gewähren,

unser

stockendes

geistiges Leben

nicht zum Ziele zu fördern vermögen, so mag es

minder glücklichen, und äußerlich unberufenen zu

keinem Vorwurfe gereichen, wenn sie das, was sie für Wissenschaft und Menschheit Förderliches

entdeckt zu haben glauben, der Oeffentlichkeit zu übergeben wagen, sey es vorerst auch nur ein

Fragment, eine Andeutung.

Im Betreff der Tendenz dieser Schrift im Allgemeinen erlaube ich mir vorläufig die Bemer­

kung, daß mit ihr, wie ich glaube, der Anfang zur Aufstellung des wahrhaften, religiösem Glau-

bett und Gefühl nicht widerstreitenden wissens schaftlichen Theismus

gegeben ist — eine

Sache, die, wenn ste nur überhaupt für erreich­ bar gehalten werden kann *),. als letztes Ziel und

höchster Preis aller höheren menschlichen Bestre­ bungen, und als jeder Anstrengung, jedes OpferS des Individuums würdig anzusehen ist.

Keinem,

der nicht Fremdling in der Philosophie ist, kön­ nen die ungeheueren,

von so vielen als. unüber­

windlich behaupteten spekulativen Schwierigkeiten verborgen seyn, die sich einer solchen Gotteslehre

entgegenstellen, während mit gewöhnlicher Ober­

flächlichkeit moderngläubig hingenommen der Theis­ mus allerdings das Leichteste und Bequemste, von

*) „Der verborgene Mensch ist Gottes eigenes Wesen; —

wie solltest du nicht Macht haben, zu reden von Gott, der dein Vater ist, deß Wesens du selber bist? — Sie­

het doch der Sohn wohl, war der Vater im Hause ma­

chet, so es nun der Sohn auch lernet, was Mißfallen hat der Vater am Sohne? Wird sich nicht der Vater

freuen über den Sohn, daß e.r so wohl gerathen ist?" —

Jacob Böhms drei Princ. C. s. h. 7. und s.

*■*

VI

*—

der Welt und denen, welche im Verzichten auf das Wissen höherer Wahrheiten ihre vornehmste Stärke haben *),

das Willkommenste ist,

stch

auch aus Mangel an einem Besseren neben den übrigen unerquicklichen Zeiterscheinungen,

neben

gemüthaushöhlendem, im Spiele der Nichtigkeiten

sich ewig umhertreibendem Pantheismus,

neben

dumpfem, geistesentmanntem Pietismus nnd My­

sticismus, neben Zweifel, Verzweiflung und Da-

♦) Wenn Faust bei Göthe sagt: Ich sehe, daß wir Nicht­

wissen können, das will mir schier das Herz verbrennen, — so giebt er durch diesen Schmerz denjenigen Adel seines

Geiste- kund, kraft dessen er uns als eine so tief inter­

essante Gestalt erscheint.

Bei vielen hingegen der jetzt

Lebenden und zu philosophiren Vorgebenden ist zu fürch­

ten, daß ihnen schier das Herz verbrennen würde, wenn

sie zur Anerkennung, daß wir wirklich (im Sinne Fausts) etwa- wissen können, auf irgend eine Art einmal ge­

zwungen würden. — Origenes sagt schön von Ambrosiu-, er habe sich den Irrlehren deshalb hingegeben, weil

er den unvernünftigen und unwissenden Glau­

ben au- Liebe zu Jesu- nicht habe ertragen können. (Neander'S Kirchengeschichte iBd. 2. Abth.

p. 670.)

VII

hingestelltseynlassen, fortwährend erhält und er­

halten muß.

Wenn in dieser Nacht, in der wir

wandeln, auch nur ein schwaches Licht uns an­ gezündet würde, so wäre auch dieß wohl schon des Dankes werth. —

Die fast alle meine Kraft in Anspruch neh­ menden Pflichten meines Amtes, andern

äußern

Hindernissen,

verbunden mit haben

mir

es

nicht erlaubt, hier sogleich ein Ganzes aufzustcl-

len und, wie es sich gehörte, mit dem ersten,

schwierigeren Theile des Systems zu beginnen, der diesem Fragmente vorausgesetzt bleibt.

Was ich

hier gebe und was — wenn mir die Umstände

auch nie gestatten sollten, das Uebrige zu ent­

wickeln — als ein besonderes Ganzes einstweilen für sich bestehen und eines künftigen Glücklicheren,

als seines Vollenders, warten kann, ist die Dar­ stellung dessen, was den Uebergang,

die Mitte

und Vermittlung zwischen Göttlichem und Natür­

lichem, Unendlichem und Endlichem, Ewigem und

Zeitlichem — oder wie man es sonst noch nen-

VIJI

nett will — bildet, mit einem Worte, die Lehre von der Geburt des allgemeinen Welt- und Men­

schengeistes — des

Xoyoq XQtxcpOQixos nach einem

alttheologischen Ausdrucke — aus Gott vor der

Weltschöpfung, ein Gegenstand, der unserer theils verseichteten, .theils in eine falsche Tiefe verlor­ nen Zeit, bis auf wenige Spuren wieder erwa­ chender Erinnerung, gänzlich aus den Augen ge­

kommen.

Schon die älteste Welt muß ein sehr

wahres und vollständiges Wissen darum gehabt haben *), und es ließe sich das, was ich hierüber

aufgestellt,

wohl durch die gesammte Religions­

lehre, Symbolik und Mythologie des Alterthums auf das bestimmteste nachweisen.

Es sind nur

wenige Hinweisungen, die ich schon hier zu geben

in Bereitschaft hatte^ aber vor allen übrigen an-

*) Vergl. Schelling über die Gottheiten von Samothrace p. so mit Anmerk. 90. — Doch will ich mich hiemit nicht zu der Schelling'schen Meinung bekannt haben, daß jenes urweltliche System der Erkenntniß ein wissenschaftliches im eigentlichen Sinne des Wortes gewesen sey.

IX

deren Philosophemen möchte mein Fragment dieß voraus haben,

daß es durch geschichtliche For­

schungen fortwährend gewinnen, und als ein zu allen Zeiten unter irgend einer Form vorhandenes und anerkanntes Gemeingut des menschlichen Ge­ schlechtes sich wird bewähren und bestätigen las­

sen. —

In der zweiten Abtheilung vorliegender Schrift bin ich gesonnen zur Erläuterung des ersten Pa­

ragraphen, der den Kern der Schriften Jacob Böhm's enthält, die Lehre dieses wunderbaren,

langverkannten Schriftstellers *) von der Geburt

Gottes aus dem Grunde in geordneten Auszügen darzustellen, was ich schon früher zu Stande ge­ bracht und Gegenwärtigem beigefügt haben würde, wenn nicht eine Augenerkrankung meine Arbeit

unterbrochen hätte. Dieser Unfall verhinderte mich auch, die Correktur und letzte Durchsicht des Ge-

*) Vergleiche über ihn Fr. v. Baader'» fermenta cogni-

tionis 2. H. Dorr. r>. III, f.

druckten selbst zu übernehmen; doch habe ich Gründe zu hoffen, daß nach Verbesserung des am Ende Angezeigten, worunter einige durch Schuld einer Abschrift des Manuskripts entstandene erheblichere Unrichtigkeiten sind, nichts Fehlerhaftes von Be­ deutung mehr zu finden seyn wird.

Einleitung *ö«itn wir von Allem abstrahiren, so bleibt uns zu­ letzt nur noch das bloße Abstrahiren selbst, dieß Thun

der reinen Negativität, — wir verhalten uns nur noch

als sie, sind nur noch als sie, alle übrige Bestimmt­

heit ist in dieß absolute Negiren aufgezehrt/ ist mit ihm zusammengesunken zu völliger Unbestimmtheit und Indifferenz. Näher betrachtet entsteht uns durch vollendetes

Abstrahiren ans der einen Seit« das Abstraktum de'r Objektivität und Bestimmtheit, das reine Seyn,

die ganz allgemeine, unbestimmte Bestimmtheit, welche der letzte Rest des Objektiven im Bewußtseyn und als das völlig Entleerte gleich dem Nichts ist*); — *) Dergl. Hegel'» Logik irThl. p.

m,

Encyclop. §. ->o.

Soll übrigen» dieß reine Seyn und reine Nicht» al» da»

Unmittelbare in Hegel'» Sinne, al» da» Voraussetzung«, lose,

gelten und eine Entwicklung aus ihm dargeffellt

werden, so kann dieß nur durch folgende Erschleichung geschehen.

Seyn und Nicht» werden al» höchste Ab­

straktionen ruerst für einerlei ausgegeben; — denn da» Unmittelbare kann nicht als Unterschiedenes und Entge­ gengesetztes begriffen werden (Log. irThl. p.7); — dann sind sie in der That nichts Anderes, als zwei Namen für

A

L auf der andern Seite bleibt uns als letzter Rest des Subjektiven der bloße Act des Abstrahirens oder Ne-

girens, die abgeschiedene Seele des bewußten Seyns; — wie aber das Feuer im Verzehren seines Gegenstandes

sich selbst verzehrt und nur verzehrend aciu ist, so erEineS und dasselbe und einer von ihnen ist überflüssig» Da nun aber bei solchem Wortunterschiede aus der Einerleiheit des Gedankens nicht herauszukommen und kein Fortgang zu begreifen wäre, so werden die Namen unvermerkt als unterschiedene Gedankentestimmnngen genommen; wodurch denn der Fortgang aus dem Unmittelbaren begründet ist. Cs ist somit der Gegensatz und Widerspruch im Unmittelbaren (Voraussetzungslosen) offenbar vorausgesetzt und jene Hauptschwierigkeit der Philosophie, den absoluten Anfang in ihr zu finden, ist auch durch Hegel nicht gelöst worden. Die Analyse der Vorstellung des (endlichen) Anfangs und Werdens selbst bringt unS nur zu-einem, wiewohl in der Indifferenz deS AufgehobenseynS gefaßten, dennoch in ihr unüberwindlich vorausgesetzt bleibenden Widerspruch, und so leidet dieses seyn sollende schlechthin Erste deS Hegel'schen SystemeS an demselben Mangel und ist in der That nichts Anderes, als daS Schelling'sche Indifferente, auf welchem, alS sei­ nem Grunde, das ganze Schattenspiel der Hegel'schen Logik aufgetragen ist. Ist nun „der Anfang der Philo­ sophie die in allen folgenden Entwicklungen gegenwärtige und sich erhaltende Grundlage, der seinen weitern Be­ stimmungen durchaus immanente Begriff" (Hege l's Logik irBd. p. io), so sieht eS nach Obigem schlimm aus um dieses System; denn so wäre jener taschenspielerische Be­ trug die in alley Entwicklungen gegenwärtige und sich er­ haltende Grundlage, der seinen weitern Bestimmungen durchaus immanente Begriff.

5

lischt auch unmittelbar mit der vollendeten Abstraktion das Abstrahiren selbst und sinkt mit der aufgehobenen Objektivität zu einem bloß Potentiellen, Indifferenten, einem An sich des Verstandes zusammen, das dessen tiefstes, einfachstes Inneres und die absolute Grenze für ihn als speculirenden ist. Diese Nacht nun des ausgelöschten Bewußtseyns ist von den Einen für das schlechthin Erste und Unbe­ dingte selbst, aus welchem Alles, als aus seinem abso­ luten Grunde hervorgegangen, erklärt worden, von den Andern im Eifer der Polemik für ein bloß ,, logi­ sches" Blendwerk und wesenloses Trugbild des Ver­ standes, der dieß sein Machwerk dem wahrhaft Unbe­ dingten, dem Unbedingten der Vernunft unterschiebe, so aus dem Niederen das Höhere, aus dem Unvvllkom, menen das Pollkommene, aus der Finsterniß das Licht entspringen lasse, Alles verwirre und umkehre. „Das leere Chaos, die Ungestalt, das durchaus Unbestimmte (Plato und die Pythagoräer nannte» es das Unendliliche) ist das Unbedingte, das Absolute des Verstandes, -jenes Phantasm, welches er über das Absolut«! der Vernunft erhebt und als das Wesen aller Wesen, das allein wahrhaft objektive Asl- lind Eine zu erkennen meint." *) Man hat auf beiden Seiten Recht gehabt und eben deßhalb auch Unrecht **)• Die Einen hatten Recht, in *) Jacobi von den göttt. Dingen p.ist. **) Die Schelling'sche Schule hat sich gerühmt, allen Einsei­ tigkeiten in der Philosophie «in Ende gemacht zu haben. A2

4 so fern sie in jenem Unendlichen und Indifferenten daS tiefste Wesen dep Natnr und des menschlichen Geistes zu erkennen glaubten, Unrecht, indem sie es als das

Absolute selbst, als das schlechthin Erste aussprachen, vor Kem nichts Höheres, Bestimmendes und Bedin­

gendes sei; die Andern hatten Recht, insofern sie es

nicht für das wahrhaft Absolute, Unrecht, wenn sie es für nichts weiter, als ein formell- logisches Abstraktum, für rin bloßes Machwerk und Phantasm des Verstandes

erklärten,

das nur durchs subjektive Denken und in

ihm allein sein Bestehen habe.

Wenn sich die Vernunft gesträubt hat, jenes NichtS des in sich selbst zu Ende gekommenen Verstandes, der sich in dieser Selbstncgation mit ihrem Namen schmückte,

als ihr Absolutes.anzuerkennen, so fragt es sich, ob

sie sich nicht endlich doch gezwungen sehen werde, es Mar nur für ein Wesen zweiter Art,, vor sowohl als über welchem **) das wahrhaft Absolute, Gott, sey;

doch für mehr als Abstraktionsgemächte, für das wahr­

hafte Ansich der Erscheinungswelt, für den innersten Kern.der Natur und des menschlichen (nicht des .göttlichen) Geistes anzucrkennrn»,..Denn so wenig

auf der einen Seite die Vernunft den Gedanken jenes Zn der That aber ist durch sie nur die eine Seite dr-

Hauptgegensatzes in der Philosophie zu seiner höchsten Schärfe und Vollendung gediehen, und sie mußte daher da- nicht zu überwindende, nicht in sich aufzunehmende

Moment al- sogenannte Subjektivität-philosophie von sich au-scheiden.

*) Schelling'- Denkmal der Schrift Jacobi'-re. p.76.

„ ewig verschlingenden, ewig wiederkäuenden Ungeheu­

ers," als absoluter- Macht, ertragen kann"), so un­ entbehrlich ist doch auf der andern für Philosophie und

Wissenschaft ein solches Ansich, als immanenter Grund-

aus dem sie die Welt begreifen, die Dinge sich ent­

wickeln lassen und so ein bestimmtes und zusammen­ hängendes Wissen der physischen und geistigen Narur

gewinnen könne.

Aber die Philosophie unserer Zeit,

*) „Betracht' ich die Wett bloß als Zuschauer, nicht alMensch, nicht als determinirte, bedürfnißvolle Person, so scheint sie mir ein universalganzes , ewiges, nothwendigeSystem unwillkürlicher Kräfte zu seyn, welches willkür­ liche Kräfte, wie der Rheinfall Wasserstäubchen, auswirft; das große Getöse dauert fort, immer wandelnd, immer dasselbe; — die Stäubchen zerstieben und werden vom Wogengebrausc wieder verschlungen; — kurz ich sehe ein ewiges, regelmäßig gebärendes und wieder verzehrendeUngeheuer. 9hiny möcht ich sagen, hat dieses immerge­ bärende und allverzehrende Ungeheuer die Meprise gemacht und die ungeheuere Etourderie begangen, mich so zy organisiren; daß ich kein immergebärendes, allverzehrendes Ungeheuer ertragen kann." Lavater in Jacobi'Briefwechsel. Wenn es diesem Ungeheuer gesungen ist, sich durch den Idealismus der neuern Philosophie bis zu seiner höchsten und für sich wahrsten Gestalt heranzutautern, so hat eS deßhalb seine dämonische negative Natur nicht im Geringsten abgelegt. Man sehe nur Hegel'Phänomenologie am Ende, wo der Heges'sche Weltgeist­ völlig als grauenhaftes Weltgespenst (vergl. Jacobi v. d. göttt. D. p. *), alS das alles in sich auszehrende, nur über den Trümmern seiner Welt sich zu erfassen vermö­ gende verneinende Princip erscheint.

6 itm sich alles,,Jenseitigen" zu entschlagen, hat den

allgemeinmenschlichen Geist mit dem göttlicher» und des­

sen an sich seiendes Wesen, mit dem Voraussetzungs­ losen in Gott, welches kein Abstraktes und Negatives

seyn kann, verwechselt, und dieß ist der alte, unge­

heure Irrthum, der, lange unterdrückt und niedergehal­ ten, sich endlich mit aller Macht und iu höchster, durchgeführtester Form der Wissenschaft erhoben und all un­ ser Denken und Empfinden in Verwirrung gebracht.

Zwar hat man ihn mit mächtiger Reaction, mit Zorn lUib Leidenschaft befehdet und zurückgewiesen; für den Anfang mochte das genug seyn, aber die Wurzel des Uebels hat diese Weise nicht zu finden und auszurotten

vermocht;

denn die Parteien sind geblieben und das

Ende des Kampfes war nicht Sieg, sondern allgemeine Ermattung und Zersplitterung. Soll nun ein weiterer, wahrhafter Fortschritt in der Philosophie begründet werden, so käme es unsers

Erachtens darauf an, jenes sogenannte Absolute einer neuen Untersuchung zu unterwerfen und zu erforschen,

was es denn eigentlich sei, jenes zweideutige Innerste, das wir zwar nicht mehr als das wahrhaft Absolute

verehren mögen, in dem wir aber ehrlicher nnd beson­

nener Weise unser eignes tiefstes Wesen, den Grund und Abgrund unseres Seyns und Bewußtseyns nicht zu verkennen und zu verläugnen vermögen, — und in

welchem Verhältniß es stehe zu dem wahrhaft Absolu­ ten, zu Gott.

Den nächsten Schritt zur Erkenntniß des wahren

Verhältnisses hat Schelling selbst gethan in seiner

7 Abhandlung über die Freiheit, in der man einmal dest

Wendepunkt der ganzen neuern Philosophie erkennen

wird — nämlich durch die bestimmtere verkehrte Auf­

stellung -desselben.

Bekanntlich läßt Schelling hier wie

in spätern Erklärungen und Darstellungen den trifti# rende» und persönlichen Gott aus dem indifferente« Urgründe oder — mit einem Worte Jacob Bohm's

(wie denn die ganze in jener Abhandlung vorgetragene Lehre aus diesem Schriftsteller genommen ist) — aus

dem Ungrunde mittels eines Grundes zur Eristenz

hervorgchen; Gott muß den Grund haben, um zu wir­

ken und persönlich zu seyn,

um gleichsam über dem

Abgrunde seines eignen Wesens erhöht und erhalten zu seyn; und ohne diese verneinende Kraft, die daö unendliche, indifferente Wesen „in die Enge bringt"

uifb zu sich selber treibt, gäbe es gar kein Bewußtseyn-

keine Persönlichkeit desselben. Wenn auch gegen diese Lehre durch das vermit­

telnde Denken durchaus nichts aufzubringen wäre, — die nach unserem Erachten wahrhaftere Theorie der

göttlichen Persönlichkeit ist an diesem Orte nicht aufzu­ stellen — so liegt es doch einmal in der Idee Gottes>

Wie sie bereits ins menschliche Bewußtseyn getreten, einer Idee, der sich die wahre Vernunft nicht entäussern kann, und die sie voraus setz end behaupten

wird, so lange sie noch nicht zum begreifenden Erken­ nen gediehen ist, — daß Gott das, was er als solcher

in eristirender Vollkommenheit ist, durch nichts ist, was

sich auf irgend eine Weise als an und für sich seyendes Anderes zu ihm verhielte oder verhalten könnte; ja

8 unter den Ausdrücken, daß Gott von sich selbst oder durch sich selbst, Grund seiner selbst sei, den Grund seiner Eristenz in sich selbst habe, hat man früher gc-

rade das zu verneinen und aus der Vorstellung

zu

entfernen gesucht, was Schelling, sich die Ausdrucks­

form zu Nutze machend, daraus zu entwickeln und zu

behaupten sich bemühte. ES ist ein sonderbares und merkwürdiges Schau­ spiel, wenn man betrachtet, wie die speculative Got­

teslehre der nachkantischen Systeme unmittelbar durch sich selbst und innerhalb ihrer selbst in das Entgegrngesetzteste überschlug und aus einer Noth in die andere gerieth.

Persönlichkeit und unendliches, unbeschränktes

Wesen ■ schienen zuerst ganz unvereinbare Begriffe zu

seyn; daher entkleidete man das göttliche Wesen von aller Persönlichkeit und allem Selbstbewußtseyn: „Gott

Bewußtseyn und Persönlichkeit zuschreiben,

behauptete

Fichte, heiße ihn zu einem endlichen Wesen machen; Kenn Bewußtseyn

und jener

höher« Grad desselben,

Persönlichkeit, seien an Beschränkung und Endlichkeit gebunden."

In so fern war denn früher auch die

Schellinq'sche Philosophie

mit Fichte

einverstanden,

wenn z. B. tut Systeme des transcendentalen Idealis­ mus (Vorr. p. XIV.) erklärt wurde:

„Das,

was

zwjr als den letzten Grund der Harmonie zwischen dem Subjektiven und Objektiven

anzusehen

haben,

muß

Mar als ein absolut Identisches gedacht werden, wels­ ches aber als substantielles oder als persönliches Wesen vorzustellen, um nichts besser wäre, als es in

rin bloßes Abstraktum zu setzen."

Die weitere Ent-

9 Wicklung des Systemes aber trieb zu einem Neuen gcrrnß hin: Gott sollte persönlich wenigstens werden;

so war es jedoch um den Begriff des Unendlichen und Schrankenlosen geschehen; nun wurde in Gott als vor­ hergehend seiner persönlichen und intelligenten Eristenz „ein Negatives,

eine Natur"

gesetzt:

„Gott

selbst, damit er seyn kann, bedarf eines Grundes, nur

daß dieser nicht außer ihm,

sondern in ihm ist und

hat in sich eine Natur, die, obgleich zu ihm selbst ge­

hörig, doch von ihm verschieden ist." ten p. 453 f )

(Philos.Schrif­

„So lange nicht in Gott eine wirk­

liche Zweiheit erkannt und der bejahenden, ansbreitenden Kraft eine verneinende, beschränkende entgegenge­

setzt wird *), so lange wird die Läugnung eines per-

*) Eben so sagt I a c o b B ö h m z. B. im dreifachen Leben des Menschen (C. i. §. 35): „die große Weite ohne Ende begehret der Enge und Einfaßtichkeit, darin sie sich kann offenbaren; denn in der Weite und Stille wäre keine Offenbarung; so muß ein Anziehen und Einschließen seyn, daraus die Offenbarung erscheine." — „In Ja und Nein bestehen alle Dinge. Das Eine, das Ja, ist eitel Kraft und Leben, und ist die Wahrheit Gottes und Gott selber. Dieser wäre in sich selber unerkennlich und wäre darin keine Freude oder Erheblichkeit noch Empfind­ lichkeit ohne daS Nein. Das Nein ist ein Gegenwurf des Ja oder der Wahrheit, auf daß die Wahrheit offen­ bar und etwas sei, darinnen ein Contranurrr, darinnen die ewige Liebe wirkend, empfindlich, wollend und das zu lieben fei. " Theosophische Fragen III. §.2. „Das Nein heißet darum Nein, weil es eine eingekehrte Begierde ist, alS N e i n warts (Hineinwärts) einschließend." Ebendas.

10

fönlicheu GotteS wissenschaftliche Aufrichtigkeit seyn, die Behauptung eines solchen Mangel an Aufrichtigkeit.^ ;, wa- vor dem Grunde ist, erkannte schon Jacob Böhm und sah sich hier an der Grenze feiner Speculation. „Der Ungrund hat einen Willen, nach welchem wir nicht trachten noch for» schen sollen, denn eg turbiret uns; mit demselben Willen verstehen wir den Grund der Gottheit, welcher keineUrsprungs ist, denn er fasset sich selber in sich, davon wir billig stumm sind, denn er ist außer der Natur/' Mensch­ werdung 2r Thl. C. 1. §. 8. „Wiewohl wir erkennen, daß der ewige Anfang im Ungrunde ein ewiger Wille in sich selber sei, dessen Urstand keine Creatur wissen soll, so ist uns doch im Geiste zu erkennen gegeben sein Grund, Pen er sich selbst machet, darin er ruhet. Ebendas. C. 2. tz. i. „Da wir doch daS Fiat kennen, und wissen, wie wir sind gemacht worden, so wissen wir doch nicht die erste Bewegung Gottes zur Schöpfung. DaS Machen der Seele wissen wir wohl, aber wie das, welches in Ewigkeit ist in seinem Wesen gestanden.



rr



ZeneS aus Gott hervorgebrachte erste Wesen, — welches in Mythen und Religionen bald Sohn, bald Tochter, bald Weib, bald Mutter des höchsten GotteS heißt **) — war nach seiner Hervorbringung ohne ist beweglich worden, davon wissen wir keinen Grund; denn es hat nichts, daS eSerreget hätte und hat einen ewigen Willen, der ohne Anfang und un­ veränderlich ist." Fragen von der Seele I. §.273.— Letzteres ist dasselbe, wie wenn Eschenmaier (Zeit­ schrift v. D. f. D p. 59, 60) bei Schelling „das differenrirende Princip deS Einen" — „ein Princip des TheilenS deS UngrundeS in die zwei ewigen Anfänge" vermißt.

*) DaS ist z. B. die Chochma (Weisheit als erzeugte- An­ deres GotteS, nicht personificirteEigenschaft) derProverbien (VIII. 22.): „Zuerst vor Allem schuf Jehova mich Eh er von AlterS her sein Werk begann: Von Anbeginn bin ich zur Königin gesalbt Schon vor der Erde Schöpfung. Noch war kern Meeresgrund, da ich geboren wurde. Noch waren keine wasserreichen Quellen; Eh eingesenkt die Berge wurden. Vor den Hügeln bin geboren ich. Noch war der Erde Fläche nicht geschaffen. Noch nicht des Erdenstaubes Anfang. AlS er den Himmel festigte, war ich zugegen' Als auf den Abgrund er den Bogen niedersenkte. Als er am Horizont die Wolken festigte Und öffnete des Abgrund- Quellen, Als er dem Meere Grenzen setzte Den Wogen ihren Bord, den sie nicht überschritten, AlS er der Erde Säulen gründete.

22

Selbstbewußtseyn in Gott, in Gottes Wesen aufgegarißen und versenkt, und ohne Begehren seiner selbst. Die Selbstlosigkeit dieses'Zustandes ist jenes ursprüng­ liche Gutseyn, die erste Unschuld des gottgebornen Gei­ stes, insofern auf dieser Selbstlosigkeit und Indifferenz gegen sich selbst die Identität mit Gott, aus dem Acte aber des SelbstbewußtwerdenS die Abscheidung von Da war ich als Vertraute neben ihm, -War seine Wonne Tag für Tag, Und scherzte fröhlich vor ihm hin." (nach Ammons biblisch. Theol. ir Bd. p. 188.) — trn nirv auch nach Gesenius im

Lex. unter HJp,rvtsM") und IpTI- Jehova schuf mich den Erstling seiner Werke, wie int Hiob vom Behemoth: —*3*1*1 TVE/Wi Vergl. Um breit'S

Commentar über die Sprüche Salomos p. 102 f. „Ohne Zweifel ist nach unbefangener Exegese, wenigstens extlöe mehr dem Zusammenhänge angemessen; denn die Weisheit spricht ja zu deutlich von ihrem wirklichen ersten Entstehen als einer bestimmten Person." — MD nach Umbreit nicht „von Alters her," sondern „ehe noch ein damals war," also ganz zuerst, ehe es eine vergangene.Zeit gab. — potf „Vertraute" 1) Kind, Zögling. 2) Künstler, Künstlerin, Werkmei­ sterin, was Umbreit vorzieht; das wate dann wieder der Theos deuteroS der Alten als Demiurg. Vergt. de Wette's bibl. Dogmat. §. m bis 157, und über den Theos deuteroS überhaupt Nitz sch theolog. Studien iS Stück, vornämlich p?77. „AlS das ausgeborne VerstandeSwesen GotteS, und wiederum als Quell aller Weis­ heitsgaben und Werkzeug aller Weisheitswerke heißt der

25 Gott, die Entzweiung beruht. -aus diesem Zustande trat, vom Baume

der Erkenntniß

Wie das Grundwesen

auf sich selbst reflektirte, aß,

Selbstbewußtseyn,

somit „wie Gott" wurde, — trat es mit Gott und sich selbst, als dem gut oder identisch geweseuen, in

Widerspruch, verstrickte sich in Irrthum, war abgefal­ len von Gott.

Diese Ichheit aber geht in diesem

zweite Gott auch Weisheit u. s. w." — Das ist anch di Weisheitsgöttin der griechischen Mythologie, Metis und Athene, in ihrem ursprünglichen Sinne. DaS ist bei den Indiern Parashakti/ Bhavani, Maja, als Erstgeborne Gottes. „Parabrahma (dem unerzeugten, durch sich selbst seienden Urwesen) steht Parashakti zur Seite. Was jener männlich, diese weiblich; jener der erzeugende Geist, diese die allhervorbringende Urmutter. Wenn sie als solche nicht nur die Mutter, sondern auch die Gattin der drei erst gezeugten Götter genannt wird, so scheint der Grund davon zu seyn, daß die weiblichen Kräfte in Brahma, Wischnu und Schiwa als unmittelbare Fortleitungen jener Urkraft betrachtet werden." K l e u k e r' S Brahmanisches Religionssystem p. 38. „Einige der In­ dianer glauben, Gott habe zuerst, vor dem Anfang aller Dinge ein weibliches Wes«i, die Göttin Bhavani, hervor­ gebracht, worunter sie die alles erzeugende Natur ver­ stehen, welche sie unter der Gestalt eines Weibes personificirt haben. Nach den Versicherungen einiger Missiona­ rien verstehen die Indier darunter den Willen Gottes, der in weiblicher Form von ihm ausgefloffen ist, um die Erschaffung der Welt anzufangen. Diese Göttin verwandelt sich nach der Lehre der Brahminen in tausenderlei Ge­ stalten und erscheint bald als Mann, bald als Weib. In Tibet wird sie Lhamaciupral, und Nepal Mayadevi, in

24

Widersprach mit sich und Gott zu Grunde, denn „Da Gottes Eristenz nicht aufgehoben werden samt" i?), so muß die entgegengesetzt^ im Streite mit ihr erliegen und verlöschen, sie kann Nur in der Selbstaufgebung, nur im Tode ihre Ruhe und Versöhnung finden; so wird das Grundwesen wieder selbstlos und ist so auch wieder in die Stelle, aus der es ausgestoßen, ins Centrum der göttlichen Eristenz zurückgekehrt, da der Widerspruch, der das Verwehrende war, nicht mehr vorhanden ist. Zurückgekehrt aber ist es nicht mehr jenes rein Selbstlose, es ist gewesenes Selbst, wel^ cheS, indem es von Neuem in Gott aufgeht, sich seiner Selbstheit in Gott erinnert und so in Gott sie wieVengalen Zschani genannt und überall verehrt man. fie als die Göttin der Natur." Mayer's mytholog. Lex, irBd. p.226. Vergl. GörreS's Mythengesch.p. 638 ff. — „Im System von Diospolis Magna (Thebe) gieng eine Reihe von Göttern aus einem weiblich gedachten er­ st en Wesen aus. Dort hieß es vermuthlich Isis (zu SaiS Reith, anderwärts Athor); zuerst trat hervor JupiterAmmon, dann Osiris, ferner Horus u. s. w. oder nach einer andern bessern Ansicht: jenes erste Wesen offenbarte sich zuerst als Ammon-Jupiter, dann als OsiriS-Dionysus, weiter als HoruS-Apollo. Daher wird begreiflich, wie diese Isis-Persephone einmal Jupiters Mutter, dann seine Tochter und zugleich auch sein Weib heißen kann." Creuzer's Symb. und Myth. IV. 242. Ueber die eben so hieher gehörige celtische Ceridwen s. Mone in Creuzer'S S. und M.IV. in Moser'S Auszug p. 923. *) Schelling'S phil. Schr. p.476.

25 drrfindet mit aufgehobenem Widerspruche; es ist nun we­ der das nur (§ott bewußtlos anschauende, noch das sich

im Gegensatze zu ihm wissende und ergreifende; eS ist

nunmehr das sich selbst in Gott und Gott in sich wis­ sende, alle Wahrheit in ihm erkennende Andere Got­

tes,

seine ausgeborne Weisheit, die Vernunft.

Das Grundwesen wurde zu solcher Vernünftigkeit von Gott gleichsam erzogen urd gebildet schon vor der

Welt, um mir diesem Erbtheile aus der Ewigkeit von Gott auszugehen und Welt zu werden.

Gott entläßt

es aus sich in den Abgrund der Objektivität desselben *),

*) DaS ist der Tod des GotteS des Mysterien, das der Raub der Proserpina. „Nach der Theologie der Eleusinier blieb Kore-Proserpina einriial im Hause der Mutter oben auf unerklimmbaren Höhen. Da erhielt sie sich als Jungfrau. Dort begattete sie sich mit Zeus, dem es gelang, sie zu überwältigen. Nun kam aber auch von unten Pluto, und raubte sie, und sie mußte auch sein Weib werden. Da­ will nach Eleusinischer Lehre sagen: Die Kore ist Lebens­ quell im Weltall. Sie begattet sich mit jedem Demiurgen, mit dem unteren, wie mit dem oberen; sie strahlet allen Wesen nach Einem ungetheilten Grunde das Leben zu. Sie ist die Leben gebende Kraft des Ganzen. Sie webet für die Regenten deS Weltalls das Erste, das Mittlere und daS Aeußerste zusammen. IHv Gewebe ist die Schöpfung beseelter Wesen. Im Verhältniß zur Minerva und Artemis ist sie die untere Jungfrau — aber Minerva ist doch wieder ganz und gar in ihr. Auch als Weisheitund Kriegliebende ist Minerva in ihr und sie in der Mi­ nerva. Auch die Demeter faßt Plato unter dem Namen Koqt! im EratyluS mit der Proserpina zusammen. Kore ist aber auch die Kraft, die von der Demeter nach unten

26

in die Welt des Scheins, der Endlichkeit; — denn d as Ertrem der Anschauung, worein sich Gott zum Grunde entäußerte, und welches die im Aufgang, des Geistes

aufgehobene Objektivität des Grnndwesenö ist, ist der Schein, der nichts in sich selbst seyn kann und nur in einem Andern besteht**)» — es tritt über in Raum und

Zeit und hat den langen Läuterungsweg durch Natur

und Geschichte durchzumachen, um zu Gott und in die

Freiheit zurückzukehren.

In der Entäußerung ist es

nur noch die Negation seiner selbst, als des entäußer­ ten, der blinde Zeugungs- und Fortgangstrieb der Na­

tur, ein dunkles Suchen nach sich selbst und der ver­

lornen Herrlichkeit/ an welchem erfaßt es vom göttli­ chen Geiste gelenkt und geleitet und durch die Schran­

ken stufenweiser Gestaltung in die Freiheit und Einfach­ heit der Intelligenz zurück erhoben wird.

Im Bewußt­

seyn trennt sich Producirendes und Produkt, es ergiebt sich das Reich der Vorstellung und des Gedankens **)

wirkt, in die Tiefe.

Sie ist die zeugende Seele.

Sie ist

aber auch, als das Reine, Jungfräuliche in der Höhe, die Zurückführerin der Seelen nach oben."

Creuzer's

Symb. und Myth. IV. 5-i6. ff. *) Die Scheinwelt bildend ist das Grundwesen jene Maja der Indier, als kosmische Täuschen», jene Venus-Pro-

serpina als Weberin des Endlichen (Creuzer's S. und

M. IH. 520), jenerZagreus-Dkonysos, der, alsDemiurg in den täuschenden Wellspiegel schauend, die bunte

Welt gestaltet (CreuzerHI. rsr) u. s. w. **) Daß Hegel in seinem Systeme die Logik als speculative Philosophie voranstellt und die logischen Gedankenbestim-

27 im Gegensatze der Wirklichkeit.

In der Tiefe des er»

scheinenden Bewußtseyns aber ruht die in der Erschei­

nung

gebrochene Indifferenz,

das

reine Wesen der

Welt und des Bewußtseyns, an welchem, als dem al­

lein sich unmittelbar zu

ihm

verhaltenden Centrum,

Gott seinen Zusammenhang mit der Welt und die Mög­ lichkeit seines Eingehens in sie hat, welches Eingehens

zeitlicher Prozeß die Offenbarung ist.

Der Wende­

punkt der gesammten Weltgeschichte (im weitesten Sinne)

ist Christus, in welchem das reine Wesen der Welt und

des Bewußtseyns,

Menschengeist,

der

allgemeine Natur- und

als der völlig geläuterte, durch sein

Leiden nnd Sterben der Entäußerung entäußerte, als der andere Adam in das Licht der Gottheit emporgeho­ ben, zur freien Identität mit Gott wiedergeboren ist,—

so wie umgekehrt Gott in ihm von seiner Ueberwelt-

lichkeit und Jenseitigkeit herabsteigt **), — und der die

mungen für den an und für sich seyenden Grund von Al­ lem erklärt, ist ein völlig verfehltes Unternehmen, ent­ standen aus dem philosophischen Bedürfniß, das Schcl-

ling'sche Absolute nicht in seiner Leerheit und Unbestimmt­ heit zu lassen.

Auch ist es auffallend, daß bei Hegel die

Logik als solche zweimal auftritt (Encyclop. §. 386); was

zu Folge der Anmerk. zu demselben § Hegeln selber ver­ wunderlich vorgekommen zu seyn scheint: *) 3n der That,

nicht nur scheinbar,

wie wenn Hegel

sagt (Phanom. p. 711): „Das absolute Wesen, welches

als ein wirkliches Selbstbewußtsepn da ist, scheint von seiner ewigen Einfachheit herabgestiegen zu seyn, aber in der That hat es damit erst sein höchstes Wesen er-

28

entwickelte Welt, als „Glieder Eines LeibeS," als den Organismus des Geisterreiches zu Gott in die ab­ solute Einheit zurückzuführen hat. Von nun an vermag Gott mittels deS mit ihm durch freie Selbstentäußerung identisch gewordenen Innersten der Welt, seines wiedergebornen Sohnes und Erstlinges der Weltwesen, in die Welt, als ihr begeistendes Princip einzugehen, reicht." Diese Philosophie kennt nur die eine Seite des Prozesses, die aus der Entäußerung zurückgehende Bewe­ gung deS allgemeinen Natur - und Menschengeistes, wel­ cher in Christus aus der Nacht seines Selbstverlustes und seiner Gottentfremdung heranfgestiegen ist; aber in Christus ist zugleich eine Offenbarung der Höhe und der Tiefe; der Geist, der in Natur und Welt entäußert und verhüllt ist, steigt herauf, und der Geist, der über und außer der Welt ist — welches ein zwar wirkliches aber unwahres und aufzuhebendes Verhältniß, die Weltkrankheit ist, die des Heilandes bedurfte — steigt herab; jener hat sich selbst.im Göttlichen wieder zu gewinnen, denn außer dem Göttlichen und ohne das­ selbe käme er nicht wahrhaft zu sich selbst; dieser hat zwar nicht sich selbst, alS Selbstbewußtseyn, wohl aber die Wett zu gewinnen und in die Welt sich einzugeben, welche ihm alS unversöhntes Anderes gegenübersteht. Eben dieß ist -er erhabene Begriff deS Christenthums, daß in ihm die zwei größten Weltmächte, der Gott in der Welt, und der Gott über der Welt sich zusammenbewegt und ge­ einigt haben, — auf dem höchsten Entwicklungsmoment der alten Welt, in deren Extremen, dem Heidenthum und dem Judenthum, Heide Mächte ihr abgesonderteDaseyn hatten, zusammengetroffen und in einander ein­ gegangen sind.

-

ry

-

sie zu sich zu Machen, zu heiligen: durch den Sohn als

Mittler hindurch, durch das aufgeschlossene Centrum

der Welt, geht aus der Geist, der Erneuerer, Der, klarer und Heiliger aller Dinge *). —

Diese einleitenden Bemerkungen werden hinreichen, rm zum Verständniß unseres Fragmentes den Weg zu

bahnen, und dasselbe, so viel es bei solcher bloß an­

deutenden Kürze möglich ist, im Verhältnisse zu dem ihm im Systeme Dorausgehrnden und Nachfolgenden

erblicken zu lassen.

Doch wollen wir, bevor wir d»ese

Einleitung schließen, in Beziehung auf die Schellingsche

Lehre und die neuesten Bestimmungen, die sie erhalten hat, noch Folgendes bemerken. In den von Schelling vor einigen Jahren zu Er­

langen gehaltenen Vorlesungen ist, so viel wir wissen,

die Lehre vom Ungrund und Grund, aus welchen der

rristirende Gott oder das actu seyende Absolute hervor­

geht,

im Wesentlichen unverändert geblieben.

Aber

eine sehr wichtige Bestimmüng ist hinzugetreten, durch welche uns das System einen wahrhaften Fortschritt

gethan zu haben scheint, — während wir anderes Neu­ hinzugekommenes,

z. B.

die

neue Weise,

wie

die

Entwicklung Gottes aus seinem Grunde zur Existenz

dargestellt worden, nnr für eine unwahre, erkünstelte Dialektik halten — näinlich eine der in unserem 7. §♦ gegebenen ähnliche Darstellung vom Heraustreten des

*) Das ist die Trinitätslehre in ihrer historischen Bedeu­ tung. womit aber dieser Gegenstand noch keineswegs erschöpft seyn soll.

5.0

Grundes aus Gott durch Selbstergreifung oder Selbst, Das, was den Grund oder das nur

bewußtwerdung.

potentia seyende Absolute zu diesem Ergreifen seiner

selbst oder seines Seyns sollicitirt, ist das Gesetz: du, sollst dich nicht gelüsten lassen nach deinem Seyn, von

welchem man nicht wetß, woher es kommt oder dessen

Ableitungaus der göttlichen Idee nicht gegeben wird, und. welches von der in unserem 5- §.

dargestcllten

Dialektik des Sollens nur die eine, die negative Seite

ist.

Die Vermittlung der Ichheit oder des, abstrakte»!

Selbstbewußtseyns, die sich bei uns im 11. Z. ergiebt, fehlt bei Schelling in derjenigen Sphäre, in welche die

Urgeschichte des menschliche»! Geistes fällt, gänzlich; sie wurde

als Zweck

Weltentwicklung

und Ziel

der Weltwerdung

angenommen,

nachdem

in seinem Widersprüche mit dem

und

der Grund

actu seyenden Ab»

fehlten nur als zu nichte geworden und zu bloßem

Stoff erloschen dargestellt worden; da aber dasGruud-

weseu .schon, vor der Weltenistehung Vernünftigkeit gebracht worden,

von Gott

zur

so wird..als Zweck

und.Ziel der Weltentwicklung etwas Anderes zu setzen

seyn, als die bloße Vermittlung des Wissens und Nicht­

wissens .für den Grund in Gott als solchen.

Urgeschichte des Mcnschengeistes. Fragment eines Systems spekulativer Theologie.

System speculativer Theologie. Erster Theil.

Vorweltliche Geschichte des Geistes. [I. Das Absolute. 1) Das Voraussetzungslose. 2) Oer absolute Geist. 3) Die Ideenwelt. 1

II. Das Andere des Absoluten, daS (relative) Grundwesen. 1) Hervorbringung des Grundwesens. §. 1. 2) Entwicklung desselben zur Vernünftlgkeit. a) Das Grundwesen als selbstloses. §. 2 — 6. b) Das Erundwesen als Ich. §. 7 — ii. c) Vermittlung der Ichheit, Vernunft. §. 11. 3) Uebergang zur Natur, Welrschvpfung. §. 12.

§. 1. Llin sich sein Anderes, als den Grund der Weltwerdung, zu setzen (Einleit. p. 13 ff.) überschwingt sich der ab­

solute Geist aus der Freiheit seiner Selbstanschanung

in die völlige Objektivität, worin das subjektive Wesen

desselben so entäußert ist, daß es 1) in diesem Ab­ grunde der Entäußerung nur noch als das Negative

derselben,

als die dunkle Sehnsucht nach sich selbst,

dem Eristirenden, besindlich ist.

Daher 2) zieht der

aufgelöste Geist in diesem Abgrunde seiner selbst sich selber an, setzt dem abstrakten Außersichseyn das .ab­

strakte Jnsichseyn entgegen und faßt sich mit seiner Ob­ jektivität als Grund zusammen.

Eben so sehr aber,

als er den Grund gesetzt hat, ist er 3) das Negative

auch dieses (des Grundes), als in welchem er zwar

gefaßt, aber in begrenzter, unfreier Innerlichkeit ist; er ist das Streben, über ihn hinauszugehcn, und in die Freiheit der Offenbarkeit zurückznkehren.

So ge-

räth er mit sich selbst, als dem Grunde, und mit sich

selbst, als der Negation desselben, in Widerspruch und

indem er ihn ll) durchbricht, sich von ihm ausscheidet und in sich reflektirend über ihn erhebt, in offen­

baren Gegensatz 5).

Dieser Gegensatz, worin der ins

Ertrem des Andersseyns hinausgesetzte Grund und mit

ihm zugleich die Reflexion an ihm zu nichte wird, hebt

sich unmittelbar wieder auf zur Indifferenz, uüd aus dieser erst kann sich^ö) der absolute Geist, als

C 2

s6 solcher, in sich emporheben; er gebiert sich selbst, als solcher, aus dem indifferenten Grunde heraus, fty daß eben so sehtz der Grund der Gebärer des Geistes ist. Wie.zuvor der Geist dem Grunde innerlich, in ihm ver­ borgen war, so wird nun der Grund im Aufgang 'des

Geistes mit umgekehrtem Verhältniß zum ciiigchüllten, verborgenen Innern, zum unendlichen Centrum des ob# solutsn Geistes gemacht; das über dem Grunde von

Neuem actu gesetzte Absolute hat ihn mit' aufgehobe­ nem Anderssevn als das nur potentielle Andere zu

seinen» ruhigen, identischen Innern.' Anmerkungen.

Bei jener ersten Reflexion des Absoluten in sich unter t|)

ist Schelling

Freiheit stehen geblieben.

in der Abhandlung über die „So also müssen wir uns

die ursprüngliche Sehnsucht vorstellen, wie sie zwar zu

dem Verstände sich richtet, den sie noch nicht erkennt, wie wir in der Sehnsucht nach unbekanntem, namen­ losem Gur verlangen, und sich ahndend bewegt als ein

wogend wallend Meer,

- aber entsprechend

der Sehnsucht, welche als der noch dunkle Grund die erste Regung göttlichen Daseyns ist,

erzeugt sich in

Gott selbst eine reflexive Vorstellung, durch welche, d'a sie keinen andern Gegenstand haben kann, als Gott, Gott sich selbst in einem Cbeubilde erblickt." (p. 433).

Diese Reflexion nennt 2acob Böhm den Blitz (Blick) der Freiheit, durch welchen sich in der göttlichen Ge­

burt hie beiden Principien des Lichts und der Finster­ niß scheiden, —

auch

den

auffahrenden Sch rack

57 (Schreck) worin der Grund in den Tod (der Indiffe­

renz) ersinkt und

das Lichtlebcn über

sich aufgrhen

läßt — z. B. „ der Wille kann das Anziehen nicht lei­ den, denn er will frei seyn - -

und fasset in

sich einen andern Willen aus der Finsterniß auszugehen

in sich selber, und derselbe andere gefaßte Wille ist das ewige Gemüthe und gehet in sich selber als ein schneller

Blitz und zersprenget die Finsterniß und gehet in sich sel­ ber aus und wohnet in sich selber und machet sich also ein

ander Principium anderer Quall (Natur)." Dreif. Leb.

C. 1- §. 29. „Des Vaters Eigenschaft ist nicht Finsterniß, soudtrn die Finsterniß wird im strengen Begehren erboren und des Vaters Eigenschaft ist die lichte, freie

Ewigkeit, die hat einen Willen zur Natur und derselbe lickte Wille ist in der Natur

der Blitz der Freiheit,

der scheidet sich in zwei Principien, einer vor sich

mit der strengen Macht des Feuers, der andere in

sich in die Freiheit der lichten Ewigkeit." C. 5. §, 20-

Baader

Ebendas.

„Der Blitz oder Schrack, sagt Fr. v. cognitionis

(fermenta

nichts Geringeres,

p. 6),

Zs H.

als jener Act

ist

Ungrundes,

des

welcher den bereits und zwar zuerst oder unmittelbar

gefaßten Grund

wieder

wieder frei machend,

zweiten

aufhebt,

um,

sich hiedurch

tiefer eingehcir, und in einer

tiefern Fassung (Gründung) sich

ten zu können u. s. w."

erleuch­

Vcrgl. dessen Schrift:

Ueber den Blitz als Vater des Lichts.

Ueberhaupt hat

Jacob Böhm die im §. angegebenen sechs Momente

der göttlichen Geburt bereits bestimmt genug angege­

ben, wie auch Fr. v. Baader bemerkt (Ferm. cogn.

5s H. p. 82):

„Jacob Böhm weist diese strenge Ge­

burt nach all ihren Momenten' bestimmt nach.

Näm­

lich: mit dem Ansatz zu jenem Wort- oder Begrifffas­

sen c Selbstgründen oder Sich-selbst-ergründen) wird eine widerstreitende Fassung oder Trübung

(die der

finstern Natur) welche erst wieder aufzuheben, deren

Widerspruch zu lösen ist, um durch und in dieser Auf­ hebung und Lösung zur zweiten oder der Fassung des

Begriffs oder Worts,

oder zur Klarheit zu gelangen.

Die Aufhebung (dieses ersten Unmittelbaren) erzeugt

erst, nach I. B., die Kraft der Sclbstheit oder Spon, taneität (des Ich in Gott und Creatur) und in der

aufzuhebenden und scheidenden Macht deS Feuers wird

der Geist erst als abgeschiedener von der Natur, ein Wissender dieser Natur und ihrer mächtig."

Nur ist

zu bemerken, daß hier bei Jac. Böhm, wie bei Schel­

ling (s. Einleitung), jene Verwechselung des entäußer­

ten Gottes (Ungrundes) mit dem Doraussetzungölosen in Gott und der Irrthum herrscht, als habe sich Gort

durch den Grund erst selbst gefunden und erfaßt (Ver­ wechselung des Setzens des xöyoS evöcdtero; oder des

göttlichen Selbstbewußtseynsactes mit dem Setzen des

Xöyog xeopoetxö; und der Rückkehr in sich); wie denn auch in Fr. v. Baader's ,, Vierzahl des Lebens" und sonst das Setzen des Grundes, des Sohnes, des zdyo?

XQOtpOQLXOg ,

als Selbstbewußtseynsact

Wesens behauptet wird.

des

göttlichen

Jacob Böhm schreibt dem

Ungrunde ein, wenn man so sagen kann, blindes Se, hen zu, ein unendliches Ausschauen aus sich ohne Ein­

schauen, Rückkehr oder Reflexion, — was er als das

schlechthin Erste und Unmittelbare nimmt.

In der Ent­

äußerung zum Grunde ist Gott in der That dieß blinde

aus sich Hinausschauen mit aufgehobener Reflerion, und da die Reflerion dennoch in der Entäußerung ist, nur als ncgirte, so ist dieß jener Wille, jene Sehnsucht,

sich selbst zu fassen, zu begreifen und der Anfang zum Fassen des Grundes; aber der absolute Anfang ist es

nicht und die ewige Reflerion in Gott ist diesem Ab­ grunde oder Ungrunde vorausgesetzt.

Die Objektivität

im bewußtlosen Anschauen des Ungrundes nennt Jacob Böhm die ewige Weisheit Gottes, nach welcher, als

einem leblos vorschwebenden Scheine oder Bilde *) deu Ungrund lästert, und die er erfaßt und an sich zieht,

um sich selbst darin zu finden und zu erforschen; diese wird nach Vollendung der Geburt aus dem Grunde zur Objektivität des wirklichen Selbstbewußtseyns Gottes **),

zum lichten lebendigen Spiegel seiner selbst, worin er

seine Ideen bildet; was dann Jac. Bohm in der Auf-

*) S. z. B. die von Tennemann (Gesch. d. Ph. X. m) angeführten Stellen,

wo unbegreiflich unsinniger Weise

3- Böhm's „Glast" d. h. Glanz,

Schein (verw. mit

gleisen), welches doch so oft bei I. B. im deutlichsten

Zusammenhänge verkommt, durch GlaS übergetragen ist. **) „Weisheit" ist sonach bei Jac. Böhm, nicht wie die

Chochma der Proverbien und (zum Theil wenigstens) die Sophia der Apogryphen, der iöyo; agoyoeixog, sondern

das durch die Geburt aus dem Grunde zur vollkommenen Existenz und freien Selbstanschauung hervorgegangene Ab­ solute, der Z070S evdid-Sero? als aus dem Grunde her­

vorgegangen.

40 Zählung der Momente die siebente Gestalt der Geburt nennt, in der die andern ihr Ziel und ihre Ruhe sin­

ken, den Umschluß (die Peripherie) des Centrums der Geburt.

Dergl. Fr. v. 93«aber’6 Ferm. cogn. 5öH.

p. 80.

Roch ist zu bemerken, daß Jacob Böhm den Grund durch den Widerspruch des dritten Momentes in der Akme jener innern Spannung („der Angstqual") üt

Rotation

die in Erplosion (in den

läßt,

gerathen

„Blitz" oder-,,Schrack") übergeht, wodurch einer­ seits der Grund

überwunden (indifferenzirt) zurück­

sinkt, andererseits aus dem überwundenen Grunde das

Lichtprincip ausgcht. Begründung

Bergl. Fr. v. Baader über die

der Ethik

durch

die Physik p. 16, 17.

Begründungslchre des Lebens §. 7-

Ueber den Blitz rc.

p. 4 und ii ff. oder im neuern Abdruck hinter d. Be­

gründ. d. L. p. 35 und 40 ff-

Diese Rotation ist nach

I- Böhm der Anfang alles Natur- und Creaturlebcns und die Creatur erweckt dieses „Angstrad der Natur" in sich durch ihre Abkehrung.

(S. zu tz. 10.)

So ließen sich also die Momente jener göttlichen

Geburt in folgende Uebersicht bringen: I.

Der Geist im Grunde.

1) Die Entäußerung

des

Setzen des.Grundes

absoluten Geistes

zum

und die dunkle Sehnsucht

nach sich selbst. ' 2) Das Anziehen, das Fassen seiner selbst in diesem Abgrunde, wodurch der Grnnd entsteht. 3) Das Hinausstreben über den gefaßten Grund.

41 tl) Das Auseinandertrctcn des ideellen und reellen

Princips innerhalb des Grundes.

II.

Umwandlungsmomcnt.

5) Die Aufhebung des Gegensatzes und Indifferenz zirung des Grundes. III.

Der Grund im Geiste.

6) Das Aufgehen des Geistes aus dem indifferenzirten Grunde. Oder nach der mehr bildlichen Darstellung Jacob

Böhm's, bei welchem auch die drei ersten Momente in

etwas veränderter Beziehung erscheinen:

Erstes Princip: „Die Finster- und Feuerwelt, die vier ersten Ge­ stalten der Natur, worin Gott ein zorniger Gott ist Und nicht eigentlich Gott genannt wird."

I.

Finsterniß.

1) Die Begierde des Ungrundes, sich zu fassen, und dieß Fassen und Einschließen zum Grunde selbst.

2) Der „andere geschöpfte Wille, aus der Finster­

niß der Einschließung zum Grunde in sich selber auszugehen" — „der Stachel der Regung des

Grundes."

3) Der höchste Punkt der innern Spannung zwischen

den beiden vorigen Richtungen, „die Angst und

das Angstrad der Geburt."

— II.



42

Feuer.

q) „Der Blitz oder Schrack," worin sich die Prin­

cipien scheiden.

Zweite- Principe Die „Licht- und Liebewelt," worin Gott eigent­

lich Gott heißt. Licht.

III.

5) Verwandlung

des Zorns

(des Negativen) in

Sanftmuth; — Lichtaufgang.

6) Der „Hall oder Schall" des Sich-Aussprechens

des göttlichen Geistes. 7) Der sich ausgesprochen, zur Existenz gebracht und gefunden habende göttliche Geist und seine in ihm gesetzte Ideenwelt:

„Spiel des Geistes mit sich

selbst in seiner Weisheit."

Dergl. hiemit die Uebersichten, die er selbst giebt, z. B. Mysterium magnum

C. 6. §. 13 ff.

Schlüssel

etlicher vornehmer Punkte a. E. In Beziehung auf altere dogmatische Bestimmun­

gen kann bemerkt werden, daß nach Vollendung des

dargestellten Prozesses der Zöyo? xgocpogixo;

(wiederhergestellte)

UNd

zugleich —

dkk wie­

wohl ersterer nur potentiä, nicht actu — eristirt und

daß auf diese Weise die Lehre, daß Gott den Sohn ohne Wesensbcraubung (ohne sich selbst als solchen zu

verlieren) gezeugt hat, allerdings ihre Geltung behält.

Unter denjenigen Mythen, welche von der Geburt

des Grundmesens Bestimmteres enthalten, kann hier

43 z. B. genannt werden Brahma's Geburt im Lotus (dem Symbole der Potenz des Materiellen) aus dem ewi­

gen Gdtt nach dem Bagävadam.

„In der Fülle der

Zeit war das Weltall noch im Schooße des Wischnu. In betrachtenden Schlummer versenkt, auf der Schlange

Adisescbcn ruhend, schwebte dieser Gott auf dem Milch­ meere.

Seine Begleiter waren Macht und Weisheit;

denn das Verhängniß und die übrigen Dinge waren

noch nicht vorhanden, sondern in seinem Schooße ver­ schlossen.

Tausend göttliche Jahre brachte er in die­

sem Schlummer zu. den Entschluß,

Nach Verlauf derselben faßte er

die Welt

hervorzubriugen.

Indem

Wischnu sich selbst durch seine anschauende Kenntniß betrachtete, erzeugte er in dieser Anschauung das Wol,

len zu schaffen, und der Act dieses Wollens war das

Verhängniß. Das Verhängniß, nachdem es aus ihm her­ vorgegangen war, wurde die einzige Ursache aller Erschaf­

fungen, Erhaltungen und Zerstörungen; denn es ließ durch die Qualität, Sinnlichkeit hervorzubringe» (Rascha), ei, nen Stengel der Tamara- oder Lotos-Pflanze aus dem

Nabel des Wischnu wachse».

Auf diesem Stengel er­

schien eine Blumenknospe, welche sich durch die Strah­ len der höchsten Sonne, die Wischnu selbst ist, auf­

schloß.

In dieser Blume wurde Brahma erschaffen mit

vier Gesichtern, welche ein Bild der vier Vedas sind."

(Majer's mythvlog. 8er. I. 247 f.)

Man sieht, diese

Darstellung hat schon etwas verloren und fängt vom

schlummernden (entäußerten) Gotte an. hat schon Kanne bemerkt:

„Ei'?, griech.

AehnlicheS

oder

bjtavos hieß die Pflanze, von der das ladanum kam

44 -obsjf bic bcs einschläfernden laudanum.

Im Acgypti-

schon war lot bic Lotuspflanze, bic nach ber Indischen Ihre mit dem Lingam im Heiligen Dreieck ruhte in Schi,

wens Paradies.

Dann gehen aus der Nacht und dem

Todesschlaf dieser Pflanze

aber weil bas Licht

alle Schöpfungen hervor,

des Bewußtseyns

doch

eher, und schon da war, als es wurde, so hat

Wischnu, — das Weltall noch in seinem Sckooße »er# schloffen — schlafend auf dem Milchmeer geschwom­ men, aus seinem Nabel die Lotuspflanze geboren und

durch die Strahlen der Sonne, die er, Wischnu, selbst

war, ihren Kelch aufgeschlossen.

in ihrem Stengel Brahma,

Entfaltet erzeugte sie

und dem wird dann die

Schöpfung der Dinge aufgetragen."

Kanne's Pan­

theon p. 77-

In der griechischen Mythologie kommt diese Geburt in verschiedenen Mythenkrcisen vor; höchst merkwürdi­

gerweise in einigen selbst dasjenige Moment derselben, welches Jacob Böhm mit treffend analogem Bilde den

auffahrenden Blitz oder Schreck der Geburt nennt, in welchem das Princip der Materialität und des Dun­ kels in den Tod zurücksinkt und über ihm das Lichtleben

aufgcht.

Wenn nämlich bei Erzeugung des Dionysos

Semele durch den Blitz des Zeus entseelt wird und dieser die unreife Frucht ans der todten Mutter nimmt

und in

eine Hüfte verbirgt, so wird dieß ursprünglich

das Dcrzchrtwerden des Grundes, als des Andersseyns, durch die Negativität des Göttlichen in ihm bedeutet

haben,

wodurch

zum verborgenen,

das

subjektive Wesen des Grundes

eingehüllten Innern der Gottheit

45 wurde.

Auch so kommt die Vebrennung der Mutter

vor, daß Ammon den Dionysos mit der Nymphe Amalthca erzeugt,

Blitz erschlägt.

und diese, wie die Semele, mit dein (CreuzerlH. 136.)

Ferner wieder»

holt sich die Geburt des Götterkindes aus der tod­ ten Mutter im Feuer in jene« Mythus der Epidanrier, nach welchem Artemis Apollo's Geliebte Coro»

nis todter und auf dem brennenden Scheiterhau­ fen Hermes das Gvtterkind Asklepios von der Go­

to d t e t e n nimmt.

(Creuzer

-397.)

Wie oben Wischnu, als höchster Gort genommen, auf der Schlänge 'schlafend (entäußert) den zweiten

Gott und Demiurgen Brama hervorbringt, so gehl der Stiergott Zagreus-Sabazius-Dioiiyfus aus der 58er» dindung des Schlangen - Zeus mit der Todeögötti» Per­ sephone,

die hier die Entäußerung bedeutet, hervor

(Er e uze rill. 341, 356).

Der Schlang en g vtt. ist

also symbolisch der zum Setzen des Grundwesens ent­ äußerte Gott, die Schlange Symbol des durch die Ent­

äußerung entstandenen abstrakt-objektiven, rein endli­

chen Scyns.

Der

zweite Gott

symbolisch

ist

Stier gott (vergl. Anm. zu §. 3.)

Stier drucken zusammen

der

Schlange und

das Geheimniß der. Geburt

des Weltgeistes aus Gott aus, und da im Umwandlungs­

processe der Geburt Gott aus dem aus ihm selbst her­ vorgegangenen Grunde hervorgeht,

so ist symbolisch

„ der Sohn des Bakers Vater — hab es summum gene-

rantis circuli mysterium: patris iilias est, qui filii pa­ ter fuit“ — (Kanne's Pantheon p. 16.) und es er­

klärt sich jene Mysterienformel: taurus draconem genuit



4t>



et tauruni draco (richtiger: draco tau rum genuit, et taurus draconem), die sich auf den als Schlange die

Persephone beschlafenden Zeus und die Wundergcburt drsSabazius beziehen soll. (Creuzerl. 768. III. 36i.j

Wie endlich Zeus den Dionysos in seine Hüfte verbirgt, so verschlingt er in einem andern Mythen­

kreise die Metis *) und läßt sie dann als gcwaffnete

Athene, als die Kriegerin im Weltbildungskampfe auS sich hervorgehen.

Hesiod. Theog. D. 879 ff-:

Zeus nun der König der Götter erkor als erste Ge­

nossin Metis, die kundigste weit vor sterblichen Menschen

und Göttern. Aber, da ihr zu gebären die heilige Pallas Athene Nahte die Zeit, jetzt listig mit sanfteinnehmenden

Worten

.Täuscht' er ihr Herz und barg im eigenen Bauche die Göttin —

womit man das . merkwürdige Fragment vergleichen muß (Doß's Uebcrs. des Hesiod, p. 233):

„ Jetzt mit den Händen ergriff er, und barg sie im eigenen Bauche;

---------------------------------- bald brachte sie Pallas

Athene *) Auch Dionysos wird als Phanes von ZeuS verschlungen (CreuzrrlH. p. 382.), wodurch wir um so mehr berech­ tigt sind, in ter Verschlingung der Metis und der Ein-

nähung des Dionysos in die Hüfte des ZeuS,

so wie in

der Geburt der Metis als Athene, und der des Dionysos aus Zeus denselben ursprünglichen Sinn }u finden.

47



Dort zur Reife,



die dann der Menschen und

Ewigen Vater Selbst aus dem Haupte gebar, am Bord deS strö­ menden Triton.

Metis aber, dem Zeus im Verborgenen unter dem Herzen Saß sie« Athene's Mutter, Erfinderin deß, was

gerecht ist.

Sie, die kundigste weit vor sterblichen Menschen und Göttern."

§. 2Der aufgehobene Grund ist identisch mit Gott

und indifferent gegen sich selbst.

Nämlich die abstrakte

Objektivität deü Grundes, das Andersseyn, welche sei«

Seyn ist, ist in ihm negirt und er als reines Sub­ jekt des Andersseyns,

Geiste aufgegangen.

ohne Sclbstobjektivirung im

Hiemit sind folgende Verhältniß­

bestimmungen gegeben, wie sie der Geist in seinem An­ schauen des identischen Grundwesens erkennt und er­

kennend in . ihm entwickelt. Anmerkungen. Wir unterscheiden hier zwischen Identität und

Indifferenz näher folgendermaßen.

Das Grund­

wesen ist indifferent in Beziehung auf sich, als seyen­ des oder auf sein Seyn, es ist als nicht seyend.

Identisch ist es i» Beziehung auf Gott, es ist mit ihm so eins, daß es sich nicht als wirkliches, sondern nur

als mögliches Anderes zu ihm verhält, es ist in seinem

Lö Wesen verschlungen und aufgegaugen, ohne jedoch von

ihm nicht unterschieden zu seyn; es ist aber noch nicht geschieden von ihm und hat sich selbst von

ihm noch nicht unterschieden.

Nur Gott unterschei­

det es bereits- von sich selbst, Gottes identisches Ver­

halten zu ihm ist eben so sehr Ans ein and erhalten, als Zusammenhalten,

ein bewußtes Enthalten.

Die Identität des Grundwesens mit Gott beruht ferner

aüf der Indifferenz gegen sich oder gegen sein Seyn. Sobald es »st, nämlich actu, so ist es von Gott ge­

schieden,

der in der Indifferenz latente Widerspruch

des Natur- und Creaturlebcns wird offenbar, es tritt

aus Gott' heraus und mit ihm in Gegensatz.'—

In

den Mythen erscheint daher diese Indifferenz als Stand

der Unschuld des Urmenschen. Vergs.^Schvlling über die Freiheit rc. p. 468-

§. 3. Der - aufgehobene Grund ist

das Subjekt alles

Seyns außer dem absoluten Geiste und ist von diesem

zum Träger und Entwickler'der Ideenwelt bestimmt;

in ihm wird alles,

was werden soll,

Möglichkeit angeschaut.

in unendlicher

Diese Anschauung, dieß Be-

tzriffenseyN'Bes Grundwesens in der göttlichen Idee und

"Provivenz ist die Weihe desselben ans- der Ewigkeit,

woher es feilte Würde und absolute Bestimmung Haie Anmerkungen. „Bon Anbeginn

bin -ich. zur

Königin

gesalbt