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English Pages 306 [312] Year 2008
Kay Ehling
Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164–63 v. Chr.) Vom Tode des Antiochos IV. bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius
Geschichte Franz Steiner Verlag
Historia Einzelschriften – 196
Kay Ehling Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden
HISTORIA Zeitschrift für Alte Geschichte Revue d’histoire ancienne Journal of Ancient History Rivista di storia antica –––––––––––––––––– EINZELSCHRIFTEN Herausgegeben von Kai Brodersen/Mannheim Mortimer Chambers/Los Angeles Martin Jehne/Dresden François Paschoud/Genève Aloys Winterling/Basel
HEFT 196
Kay Ehling
Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164–63 v. Chr.) Vom Tode des Antiochos IV. bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius
Franz Steiner Verlag Stuttgart 2008
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09035-3 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2008 Franz Steiner Verlag, Stuttgart Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Printservice Decker & Bokor, München Printed in Germany
Für Eveline „Wenn du nicht wärst, was wär mir die ganze Welt?“ Bettine von Arnim
Для человеческого ума недоступна совокупность причин явлений. Но потребность отыскивать причины вложена в душу человека. „Der menschliche Verstand vermag die Gesamtheit der Ursachen der Erscheinungen nicht zu begreifen. Aber das Bedürfnis, nach diesen Ursachen zu forschen, liegt in der Seele des Menschen“. Tolstoj, Krieg und Frieden, 4. Buch, 2. Teil, 1. Kapitel (Übersetzung von H. Röhl)
InHAlTSvERzEIcHnIS Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Einleitung: Forschungsstand und -diskussion, Quellenüberblick, zusammenfassung der Kapitel II 1−13, Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Kapitel: Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.) literarische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.) Griechische Autoren 30 2.) lateinische Autoren 50 3.) Jüdische Autoren 54 2.) Epigraphische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1.) namen, Amtsbezeichnungen und Rangklassenzugehörigkeit der hohen Funktionäre 63 2.) Ethnische Herkunft der hohen Funktionäre 66 3.) Epitheta der Könige und Rolle der Königinnen 67 4.) Beziehungen zwischen Seleukiden und bedeutenden Städten und Heiligtümern wie Athen, Delos, cypern, Olba 67 5.) Städtische verwaltungsorgane und Städte mit dynastischen und nicht-dynastischen namen 72 6.) Keilinschriften 76 7.) Umstrittene Inschriften 77 3.) numismatische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1.) Münzporträts 85 2.) Rückseitenbilder 90 3.) Reverslegenden 97 4.) Jahreszahlen 99 5.) Städtische Prägungen 101 6.) Indigene Götter 104 II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr. . . . . . . . . . . . . . . . 111 1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164−162) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2.) landung des Demetrios I. in Syrien (162) und Aufstand des Timarchos (161/60) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3.) Judäa-Politik des Demetrios I. und Ende des Makkabäeraufstandes (158) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.) Regierung des Alexander I. (150−145) und Erhebung des Demetrios II. (147) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 6.) Erste Regierung des Demetrios II. (145−138) und Erhebung des Antiochos vI. (144) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
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Inhalt
8.) 9.) 10.) 11.) 12.) 13.)
Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon (138/37) und Belagerung Jerusalems (135/34) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Partherfeldzug des Antiochos vII. (131−129) und Alleinherrschaft des Antiochos vIII. (121−113) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Erhebung des Antiochos IX. (113) und Kämpfe mit Antiochos vIII. (113−98/97) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Tod des Antiochos vIII. (98/97) und Gefangennahme des Demetrios III. (88/87) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Regierung des Antiochos XII. (87 ?−84/83) und Herrschaft des armenischen Königs Tigranes II. (83−69) . . . . . . 246 Regierung des Antiochos XIII. (69−64) und Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius (64/63) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
III. Kapitel: Epilog. Überlegungen zum niedergang und zerfall des Seleukidenreiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Benützte Quellenausgaben und Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 literatur- und Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Register der namen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
vORBEMERKUnG An einem strahlend blauen Sommertag im Juni 1993 lief ich durch die Akazienstraße im Berliner Stadtteil Schöneberg. Gegenüber der im Jahr 1900 aus rotem Backstein erbauten heutigen Riesengebirgs-Oberschule, an der in goldenen lettern die Worte lITTERIS, vIRTvTI und PATRIAE prangen, befand sich ein kleiner laden, der Münzen verkaufte und in dem ich schon die eine oder andere zumeist spätantike Kleinbronze erworben hatte. An diesem Morgen fiel mein Blick auf ein neues Silberstück, dessen vorderseite einen schönen, knabenhaften, gelockten Kopf zeigte, aus dem sechs Strahlen entsprangen; auf der Rückseite war zu dem Bild des auf einem Omphalos sitzenden Apollon der name des Königs, Antiochos Epiphanes Dionysos, zu lesen. Während der U-Bahnfahrt von Eisenacher-Straße nach Dahlem holte ich die Drachme immer wieder hervor, ohne mich satt sehen zu können. nach zwei anregenden Referats- und Diskussionsstunden in dem unvergeßlichen Hauptseminar über den Senatorenstand in der römischen Republik bei Ernst Baltrusch, der damals noch Privatdozent war, eilte ich in die Bibliothek, um meinen Antiochos genauer zu bestimmen: es war, wie sich herausstellte, der sechste. Im I. Makkabäerbuch 11, 54 ff. las ich dann: ÌåôN äc ôá™ôá PðÝóôñåøå Ôñýöùí êár EÁíôßï÷ïò ìåôE ášôï™ ðáéäÜñéïí íåþôåñïí· êár dâáóßëåõóå êár dðÝèåôï äéÜäçìá … êár hëáâå Ôñýöùí ôN èçñßá (d. h. die Elephanten) êár êáôåêñÜôçóåí EÁíôéï÷åßáò. Unglaublich, wie spannend! An diesem Sonnentag im Juni eröffnete sich mir eine ganz neue Welt. 1995 erschien mein erster kleiner Aufsatz zu Alexander II. in den Schweizer Münzblättern, und genau zehn Jahre später, im Sommer 2005, reichte ich die vorliegende Arbeit als Habilitationsschrift bei der Philologisch-Historischen Fakultät der Universität Augsburg ein. Für das Korrekturlesen möchte ich mich bei meinem Münchner Kollegen in der Münzsammlung, Herrn Matthias Barth, sehr herzlich bedanken. Für Hinweise und Unterstützung danke ich Frau Professorin Dr. Marion lausberg (Augsburg), Frau Dr. Ulrike Peter (Berlin) und meinem ößëïò Konstantin Olbrich (München) sehr herzlich. Auch Frau cornelia und Herrn Peter von cube von der Firma prograph gmbH (München) danke ich sehr für ihre professionelle Erstellung des Familienstammbaums. Großer Dank gilt Herrn Professor Dr. Ernst Baltrusch (Berlin), Herrn Professor Dr. Kai Brodersen (Mannheim) und Herrn Professor Dr. valentin Kockel (Augsburg), die nicht nur die Mühen der Gutachten auf sich genommen, sondern auch sehr wichtige verbesserungsvorschläge beigesteuert haben. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Erstgutachter Herrn Professor Dr. Gregor Weber (Augsburg). Gregor Weber hat der Arbeit von Beginn an aller größtes Interesse entgegengebracht und mit seinen zahllosen Hinweisen, Anregungen und Korrekturen wesentlich zu ihrem Gelingen beigetragen. Ihnen allen sei Dank! Für die verbliebenen Fehler, Mängel und Unzulänglichkeiten haftet allein der verfasser. So etwa, daß es kein eigenes Kapitel zu den archäologischen Quellen gibt.
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Vorbemerkung
Auch Eigentümlichkeiten im Aufbau der Arbeit, wie die in der Einleitung vorangestellte zusammenfassung, gehen ganz zu meinen lasten. Auf Münztafeln mußte aus Kostengründen verzichtet werden, doch sind alle Stücke in den Anmerkungen detailliert nachgewiesen, so daß sie leicht aufzufinden sind. neuere literatur, die mir nach Sommer 2005 bekannt geworden ist, habe ich, so gut es ging, noch einzuarbeiten versucht. zuletzt hat mich vor allem das gemeinsam mit Herrn Professor Dr. Peter Weiß (Kiel) publizierte Marktgewicht für Seleukos vI. sehr beschäftigt. ziel aller weiteren Forschungen muß letztlich eine umfassende Darstellung und Deutung der gesamten Seleukidenzeit sein, vergleichbar den Arbeiten von G. Hölbl und W. Huß zu den Ptolemäern. Der verfasser hofft, mit seinen hier vorgelegten ‚Untersuchungen‘ wenigstens eine kleine vorarbeit dazu geleistet zu haben. München, im August 2006
EInlEITUnG: FORScHUnGSSTAnD UnD -DISKUSSIOn, QUEllEnÜBERBlIcK, zUSAMMEnFASSUnG DER KAPITEl II 1−13, ERGEBnISSE Seit dem Erscheinen von A. R. Bellingers „The End of the Seleucids“ im Jahr 1949 ist kein versuch mehr unternommen worden, die Geschichte der späten Seleukiden erneut umfassender zu behandeln. Um einiges älter noch als diese Arbeit sind die beiden umfangreichen Gesamtdarstellungen der seleukidischen Geschichte von E. R. Bevan und A. Bouché-leclercq aus den Jahren 1902 bzw. 1913. Beide Werke sind in Teilen überholt, aber insgesamt immer noch grundlegend. Eine neuere Überblicksdarstellung bietet nur der 1984 verfaßte Beitrag von chr. Habicht für die 2. Auflage der cambridge Ancient History mit dem Titel „The Seleucids and their Rivals“. Doch werden die Jahre nach 129 von Habicht nicht behandelt. Das geringe Interesse der Forschung gerade an den letzten Jahrzehnten der Seleukidenherrschaft scheint symptomatisch zu sein, denn diese werden fast immer nur kursorisch beleuchtet. Dabei ist gerade die spätere Seleukidenzeit ein interessantes historisches lehrstück dafür, wie in den Jahren des zerfalls einer Großmacht sowohl benachbarte Groß- und Mittelmächte als auch in diesem Prozeß aufkommende lokale Gewalthaber versuchen, das entstehende machtpolitische vakuum auszufüllen und für ihre ziele zu nutzen. Fehlt es einerseits also an neuen, die ganze spätere Seleukidenzeit betreffenden Arbeiten, so steht dem andererseits eine große Anzahl von historischen, historischphilologischen, numismatischen, archäologischen und prosopographischen Einzelstudien gegenüber, die unsere Kenntnisse bezüglich des Seleukidenreiches in den letzten Jahren wesentlich erweitert haben. Unter den historischen Arbeiten sei zunächst die wichtige, 1983 publizierte Abhandlung von K. Bringmann über hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa genannt.1 Ihr Schwerpunkt liegt zwar auf der Regierung Antiochos’ Iv. (175−164), reicht aber thematisch in die hier untersuchte zeit nach 164 hinein, da die Anfänge des Makkabäeraufstandes und der Abschluß des Religionsfriedens unter Antiochos v. im Jahr 163 mitbehandelt werden. Mit dem Religionsverbot von Dezember 168 nahm der seleukidisch-jüdische Konflikt, der letztlich bis in das Jahr 135/34 (bzw. 129) anhielt, seinen Ausgang; am Ende dieses Prozesses war Judäa ein unabhängiger Staat unter Führung der Hasmonäerdynastie (siehe unten Kap. II 8). Wenn Bringmann − ohne an dieser Stelle in eine detaillierte Diskussion eintreten zu können − auch die religiöse Motivation der Reformer um die Hohenpriester Jason und Menelaos unterschätzt bzw. zugunsten politisch-pragmatischer Motive margi1
Im folgenden Bringmann, Reform.
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Einleitung
nalisiert,2 so beschreibt er doch die Absichten und ziele der seleukidischen Seite m. E. zutreffend: Die Regierung in Antiocheia habe sich bei der verhängung des Religionsverbotes von Erwägungen politischer Opportunität leiten lassen, und es sei ihr letzten Endes nur um die Absicherung der eigenen Herrschaft gegangen. Wie bereits E. Bickermann festgestellt hat, haben gezielte Hellenisierungsbestrebungen seitens der Seleukiden nie bestanden, und Antiochos Iv. war in religiösen Fragen nicht weniger tolerant als seine vorgänger oder nachfolger. − Der politische Irrtum des Königs (und seiner jüdischen Berater?), den Demetrios I. (162−150) wiederholen, nach wenigen Jahren aber auch korrigieren sollte (siehe unten Kap. II 3), bestand darin, die seleukidische Herrschaft über Judäa allein auf die ‚Partei‘ der hellenisierten seleukidentreuen Juden gründen zu wollen. Als im Jahr 158 deutlich geworden war, daß auf diese Weise keine stabilen politischen verhältnisse in Judäa herzustellen waren, gab Demetrios I. die hellenisierten Juden zugunsten einer zusammenarbeit mit den orthodoxen Hasmonäern preis. Der seleukidisch-jüdische Konflikt der Jahre 169/68 bis 135/34 (129) ist durch die literarische Überlieferung besonders gut dokumentiert. Gerade deshalb sollte man sich aber immer wieder ins Gedächtnis rufen, daß Judäa zumindest aus Sicht der seleukidischen Führung ein Schauplatz von sekundärer Bedeutung war (siehe unten Kap. I 1). Ereignisse wie der Abfall des ‚Generalstatthalters der Oberen Satrapien‘, Timarchos, im Jahr 161/60 waren von weit größerer Bedeutung und Tragweite. Auf welche Schwierigkeiten man aber stößt, wenn man den sozusagen quellenmäßig ‚gesicherten‘ Boden Judäas verläßt, zeigt der Aufsatz von A. Kneppe aus dem Jahr 1989 zum Aufstand des Timarchos.3 zwar kann Kneppe die engen verbindungen zwischen dem Seleukidenhof bzw. Timarchos und Milet aufzeigen, die für uns vor allem durch verschiedene Inschriftenzeugnisse greifbar sind, aber schon das genaue Datum der niederwerfung des Usurpators durch Demetrios I. ist nur schwer bestimmbar, und über die Gründe und Motive, die Timarchos dazu bewogen haben, nach der Königsherrschaft zu greifen, lassen sich nurmehr vermutungen anstellen (siehe unten Kap. II 2). Kontrovers und unter ganz verschiedenen Aspekten sind die Regierungen Antiochos’ vI. und Tryphons zu Beginn der Siebziger Jahre diskutiert worden. Anhand der Münzmeistermonogramme auf den undatierten Münzen mit dem böotischen Helm für Antiochos vI. und Tryphon hat H. R. Baldus eine bis in das Jahr 139/38 dauernde Samtherrschaft der beiden Könige erschließen wollen. Baldus setzt die Ausrufung Antiochos’ vI. in das Jahr 146/45, die Erhebung des Tryphon in das Jahr 142/41, die Ermordung des Kinderkönigs ins Jahr 139/38 und den Tod Tryphons bald nach 139/38 an. Dagegen kann Th. Fischer plausibel machen, daß es eine der2
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vgl. die Besprechungen der Bringmannschen Abhandlung durch Sh. Applebaum: Gnomon 57, 1985, S. 191−193 und Th. Fischer: Klio 67, 1985, S. 350−355 (die freilich in ihrer Kritik arg überzogen ist) sowie die Bemerkungen von Hengel, Jerusalem S. 282 f. mit Anm. 74 und Baltrusch, Juden S. 46. Im folgenden Kneppe, Timarchos. vgl. Günther, Didyma; Herrmann, Milesier. Helm S. 217−239.
Einleitung
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artige Samtherrschaft nicht gegeben hat und Antiochos vI. im Jahr 142/41 starb. Die chronologie Fischers wird in den Kap. II 6 und 7 im wesentlichen bestätigt, in entscheidenden Punkten aber auch verbessert: Antiochos vI. wurde wahrscheinlich im Frühjahr (?) 144 erhoben und starb vor Oktober 141; Tryphon fand jedoch nicht schon 138, sondern erst Mitte (?) 137 den Tod. Anders als in der Forschung, die der tryphonfeindlichen Überlieferung folgend, animmt, Tryphon habe den kleinen Antiochos vI. bei einem ärztlichen Eingriff böswillig beseitigen lassen, um Alleinherrscher werden zu können, wird in Kap. II 7 die vermutung begründet, daß der Tod des Kinderkönigs in Wirklichkeit eine unbeabsichtigte Folge dieser Operation war und sich nach dessen Tod Tryphon gezwungenermaßen zum König ausrufen lassen mußte. − Auch der auffällige Helmtyp mit dem hochgebogenen Steinbockhorn auf den Münzen Antiochos’ vI. und Tryphons ist ganz unterschiedlich gedeutet worden: H. Seyrig bringt den Helm mit dem zeus von Apameia in verbindung,8 Baldus sieht einen Indien- und damit Alexanderbezug gegeben, und jüngst wurde in dem Helm ein Emblem kretisch-ägäischer Söldner vermutet.9 In den letzten Jahren sind der Partherfeldzug Demetrios’ II., seine parthische Gefangenschaft und der charakter seiner zweiten Herrschaftsphase (129−125) in die Diskussion gekommen. Die Datierung des Feldzuges ins Jahr 139/3810 wird durch die 1996 erfolgte Publikation einer Keilinschrift, die die Gefangennahme des Königs und seiner ößëïé im Jahr 138 erwähnt,11 praktisch zur Gewißheit, da von einer nur einjährigen Feldzugsdauer auszugehen ist. Umstritten bleibt jedoch, ob die Entlassung des Demetrios II. aus der Gefangenschaft im Jahr 130/29 ein Schachzug der Parther gegen Antiochos vII. war12 oder ob es sich um eine ‚echte‘ Flucht des Königs nach Syrien handelte,13 da der Bericht des Iustin (36, 1, 5−6; 38, 9, 3−10, 1; 38, 10, 5−11) widersprüchlich ist und verschiedene Deutungen zuläßt. Kontrovers bleibt ferner, ob die Herrschaft des Demetrios II. nach seiner zweiten Thronbesteigung im Jahr 129 gewisse ‚parthische züge‘ annahm oder nicht.14 nicht sehr viel besser als die Quellenlage zum Partherfeldzug Demetrios’ II. ist die zum Partherkrieg Antiochos’ vII. Th. Fischer verdanken wir eine Einzeluntersuchung dieses Krieges, die 1970 erschienen ist.15 Eingangs diskutiert er in Anknüpfung und Weiterentwicklung von Beobachtungen und Überlegungen H. Drüners die Frage nach der verlorenen ‚Syrischen Geschichte’ des Josephus (siehe unten Kap. I 1, 3). Im Hauptteil der Arbeit werden vor allem chronologische und topographische Probleme erörtert. Fischer weist einerseits nach, daß der Krieg im Jahr 131 eröffnet 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Tryphon S. 212. Ehling, Überlegungen S. 22 Anm. 10. notes S. 8 f. Ehling, Überlegungen S. 21−27. Ehling, Probleme S. 229. Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 167 nr. 137 z. 10; Dąbrowa, l’expédition S. 9 ff. Ehling, Geschichte S. 142. Mittag, Demetrios II. S. 386 ff. vgl. die Diskussion bei Ehling, Geschichte S. 148 f. und Mittag, Demetrios II. S. 389 ff. Im folgenden Fischer, Partherkrieg.
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wurde (nicht 130 oder 129), und andererseits, daß Antiochos vII. und sein Heer bis in die Parthyene vorstoßen konnten, wo der König 129 den Tod fand. nach dem Jahr 121 (Tod der Kleopatra Thea) verschlechtert sich die Quellenlage zur seleukidischen Geschichte dramatisch. Daß wir kaum etwas über die Jahre zwischen 121 und 113 sowie 106 und dem Tode Antiochos’ vIII. (98/97) wissen, muß G. cohen in seinem 1989 erschienenen Abriß zur Geschichte dieser Jahre etwas resigniert feststellen.16 cohens historischer Abriß dient der genaueren chronologischen Einordnung des ptolemäischen ‚Kriegs der Szepter‘. Diese poetische Wendung begegnet in der 12. zeile einer Grabinschrift für den ptolemäischen Offizier Apollonios. Während U. v. Wilamowitz-Moellendorff den ‚Krieg der Szepter‘ in die Regierungszeit des Ptolemaios vIII. bzw. Alexander II. datiert,17 kommen cohen und seine Mitautoren zu dem Ergebnis, daß er in die Jahre 103 bis 101 zu setzen sei.18 Obwohl dieser Krieg teilweise auf seleukidischem Territorium stattfand, waren die verfeindeten Halbbrüder Antiochos vIII. und Antiochos IX. offenbar vollkommen in eigene Kämpfe verwickelt.19 Den samaritanischen Konflikt zwischen Antiochos IX. und Hyrkan I. datiert cohen in die zeit zwischen 111 und 107.20 Dabei wurde der Seleukide durch Truppen Ptolemaios’ IX. Soter II. unterstützt (siehe unten Punkt 2). Die einzige Arbeit, die sich ausführlicher mit der Endphase des Seleukidenreiches befaßt, ist die 1978 veröffentlichte Dissertation von H. Koehler.21 Darin werden die beiden Umbruchsjahrzehnte zwischen der Eroberung des Seleukidenreiches durch den armenischen König Tigranes II. im Jahr 83 und der Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius im Winter 64/63 untersucht. Obwohl Koehler etwa die Haltung des römischen Imperators lucullus zu Antiochos XIII. richtig einschätzt22 oder den Aufstand der antiochenischen Bevölkerung gegen Antiochos XIII. überzeugend in die zweite Hälfte des Jahres 67 datiert,23 unterliegt er doch einem schweren Irrtum, wenn er die Eroberung des Seleukidenreiches durch Tigranes II. in das Jahr 87/86 setzt und die Überlieferung von der nominierung und Wahl des Tigranes II. durch die Bevölkerung Antiocheias für glaubwürdig hält.24 In der zwischenzeit gibt es neben dem Fund neuer Asylie-Erklärungen des Sulla und des lucullus für das Isis- und Sarapisheiligtum von Mopsuhestia in Ostkilikien (Sayar/Siewert/Taeuber, Asylie-Erklärungen [1994]) weitere Spezialstudien insbesondere zu Kilikien (Dreizehnter, Pompeius [1975]; ziegler, Ären [1993]) und den Piraten (Pohl, Piraterie [1993], Schulz, Weltreichsbildung [2000] sowie de Souza, Piracy [2001²]), so daß Koehlers Arbeit in Teilen als überholt betrachtet werden muß. 16 cohen, conflict S. 15; 17. 17 U. von Wilamowitz-Moellendorff, zwei Gedichte aus der zeit Euergetes’ II., APF 1, 1901, S. 219−225. 18 cohen, conflict S. 84 ff. 19 Ebenda S. 17. 20 Ebenda S. 16; 122. Siehe unten Kap. II 10: 110/09−108/07. 21 Im folgenden Koehler, nachfolge. 22 nachfolge S. 111 Anm. 122; 117 Anm. 148, siehe auch unten Kap. II 13. 23 Ebenda S. 68. 24 nach Iust. 40, 1, 2−3. Koehler, nachfolge S. 21 ff. Siehe unten Kap. I 1, 3; II 12.
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Als ein bedeutender vorteil erweist sich, daß mit den Büchern von G. Hölbl und W. Huß zwei umfangreiche Arbeiten zum bedeutendsten hellenistischen nachbarreich, den Ptolemäern, vorliegen.25 Umfang und Intensität der seleukidisch-ptolemäischen Beziehungen zeichnen sich immer deutlicher ab (siehe unten Punkt 2). Ähnliche Gesamtdarstellungen wünschte man sich zum östlichen nachbarn, den Parthern. Die spannungsreichen seleukidisch-jüdischen Beziehungen und der vertrag der Juden mit Rom vom Jahr 161 werden zuletzt in der wichtigen Studie von E. Baltrusch beleuchtet.26 Baltrusch gelangt einerseits zu einer durchaus positiven Bewertung der Perserherrschaft über Judäa und andererseits zu einer kritischen Beurteilung des charakters des Seleukidenreiches als eines „multikulturelle(n) vielvölkerstaat(es)“ (Funck/Gehrke).27 Damit werden markante Positionen in der aktuellen Diskussion bezogen. Im Bereich der historisch-philologischen Textkritik sind für unser Thema insbesondere die Arbeiten von J. Malitz und K. Brodersen hervorzuheben. Malitz bietet sowohl eine Übersetzung als auch einen detailreichen historischen Kommentar zu den zahlreichen Seleukiden-Fragmenten des Poseidonios.28 Außerdem sind seine Ausführungen zum leben des Philosophen und Historikers und zu den, die Juden betreffenden Fragmenten sehr hilfreich (siehe unten Kap. I 1, 1). Brodersen bietet eine kritische Textedition von Appians ‚Abriß der Seleukidengeschichte‘ (Syriake 45, 232−70, 369) mit Kommentar und betont (S. 15) mit Recht gegen die ältere Forschung den großen Quellenwert dieses antiken Autors (siehe auch unten Kap. I 1, 1). Seit den Achtziger Jahren sind weitere große Fortschritte auf dem Gebiet der seleukidischen numismatik gemacht worden, und zwar sowohl im Bereich der Materialerfassung und -vorlage in Form von corpora als auch in der differenzierten Auswertung einzelner Münztypen und -serien. Diese Forschungen sind insbesondere mit den namen A. Houghton und G. le Rider verbunden. Beide haben nicht nur neue umfangreiche Katalogwerke publiziert, sondern auch gewichtige Einzelstudien vorgelegt.29 Aus der Fülle der Arbeiten Houghtons sei nur sein Aufsatz über die unter Antiochos vIII. und Antiochos IX. in Antiocheia und Tarsos ausgebrachten Münzen hervorgehoben, der viel zur Klärung der komplizierten chronologie der Jahre nach 113 beiträgt.30 Der interessante, von Houghton und le Rider gemeinschaftlich verfaßte Aufsatz mit dem Titel: Un premier règne d’Antiochos vIII Épiphane à Antioche en 128, BcH 112, 1988, S. 402−411 ist nicht zuletzt ein gutes Beispiel dafür, wie konträr historisch relevante Münzzeugnisse diskutiert werden können.31
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Im folgenden Hölbl, Geschichte; Huß, Ägypten. Im folgenden Baltrusch, Juden. vgl. Funck, Hellenismus S. 5 und dazu Baltrusch, Juden S. 47 ff. Im folgenden Malitz, Poseidonios. Siehe Kap. I 3 und das literatur- und Abkürzungsverzeichnis. Reigns S. 87−111. vgl. die Erwiderung des verfassers auf diesen Beitrag: nachfolgeregelung S. 31−37.
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Auch für ein anderes Gebiet sind die numismatischen zeugnisse in vielfacher Hinsicht von Bedeutung: die Archäologie. zwar fehlt eine Studie zur Kunst des Seleukidenreiches,32 doch liegen inzwischen einschlägige Arbeiten zum seleukidischen Herrscherbildnis vor, in denen verschiedene Formen herrscherlicher Selbstdarstellung herausgearbeitet werden. So kann c. Bohm aufzeigen, daß Könige wie Alexander I., Tryphon und Alexander II. eine auffällige imitatio Alexandri betrieben haben.33 Dies gilt auch noch für einen König wie Antiochos XIII. (siehe unten Kap. II 13). Andere Könige wie Demetrios II. und Seleukos vI. betonten ihre Abstammung vom Dynastiegründer Seleukos I. (siehe unten Kap. I 3, 1). Wie sich aus den Untersuchungen von D. Svenson und M. Bergmann ergibt, werden Alexander I., Antiochos vI. und Alexander II. durch eine Strahlenaureole, die ptolemäischen Ursprungs ist,34 an Helios, aber auch an Alexander d. Gr. und den ðñüãïíïò Antiochos Iv. angeglichen.35 Weitere wichtige Götterattribute sind löwen- und Elephantenexuvie, mit denen sich Demetrios I., Demetrios II., Alexander I. und Alexander II. bzw. Antiochos Iv. und Alexander II. darstellen lassen.36 last but not least sei die umfassende Arbeit von R. Fleischer zum seleukidischen Herrscherbildnis genannt,37 die bereits jetzt zu einem Standardwerk über hellenistische Herrscherikonographie geworden ist und eine Fülle an treffenden Beobachtungen enthält, auch wenn man dem Autor bei den plastischen Bildnissen nicht in allen seinen ‚Benennungen‘ folgen wird.38 Die Arbeit profitiert schließlich auch von den sehr weitreichenden Ergebnissen, die in den letzten zehn Jahren auf dem Gebiet der Prosopographie erzielt worden sind. In den umfangreichen Arbeiten von J. D. Grainger, c. carsana und I. Savallilestrade sind die hohen seleukidischen Würdenträger und königlichen ößëïé systematisch erfaßt.39 Hinzu kommen Einzelstudien wie die von P. Herrmann über landsmannschaftliche Gruppierungen am Seleukidenhof,0 von E. Olshausen über die Rolle der ößëïé als Gesandte,41 und von J.-D. Gauger über die Titulatur der ößëïé42 oder vom verfasser über das herausragende Amt des ¿ dðr ô§í ðñáãìÜôùí.43 Auf der Grundlage der genannten Arbeiten lassen sich nun z. B. ‚Problemfälle‘ klären, die sich aus der Homonymität einzelner, sich zeitlich nahestehender Funktionäre 32 Der von Fleischer, Herrscherbildnisse S. XI angekündigte Band zu diesem Thema ist bislang nicht erschienen. 33 Imitatio S. 95 ff.; bes. 101 ff. 34 Bergmann, Strahlen S. 4 u. ö. 35 vgl. Svenson, Darstellungen S. 19 ff.; 288 ff.; Bergmann, Strahlen S. 61. 36 vgl. Svenson, Darstellungen bes. S. 101; 111 f.; siehe auch unten. 37 Im folgenden zitiert als Fleischer, Herrscherbildnisse. 38 vgl. die Besprechung der Arbeit durch H. v. Heintze: Gymnasium 100, 1993, S. 171. 39 Grainger, Prosopography; carsana, Dirigenze; Savalli-lestrade, Philoi. zu Grainger vgl. die Bemerkungen von Ogden, Polygamy S. 158 f. Anm. 1 und zu Savalli-lestrade die Besprechung von G. Weber: Gnomon 75, 2003, S. 698−701. 0 Herrmann, Milesier. 41 Olshausen, Prosopographie. 42 J.-D. Gauger, zu einem offenen Problem des persischen Hoftitelsystems, in: Bonner Festgabe J. Straub (Bonner Jahrbuch Beiheft 39), Bonn 1977, S. 137−158. 43 Ehling, ‚Reichskanzler‘.
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ergeben. Darüber hinaus können Herkunft und Aufstiegswege nicht zuletzt auch der indigenen Amtsträger näher bestimmt werden. Für die weitere Diskussion wird die Frage nach den „höfischen Konfigurationen“ (Gregor Weber) von entscheidender Bedeutung sein, d. h. die Frage nach dem verhältnis und zusammenspiel von König und ößëïé sowie den Beziehungen der ößëïé untereinander. zu nennen ist hier nach der bekannten Arbeit von chr. Habicht über die herrschende Gesellschaft an erster Stelle die wegweisende Studie von G. Weber zu Interaktion, Repräsentation und Herrschaft an den hellenistischen Königshöfen. Die vorliegenden ‚Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden‘ sind vollständig aus den Quellen gearbeitet. Da unsere Überlieferung in weiten Teilen aus verstreuten nachrichten unterschiedlichster Herkunft besteht, ist es notwendig, im vorfeld den Aussagegehalt und -wert insbesondere der literarischen, epigraphischen und numismatischen zeugnisse jeweils näher kritisch zu bestimmen (Kap. I 1−3). Eine genaue Überprüfung der literarischen Quellen ergibt, daß die griechische und lateinische Überlieferung zu den späten Seleukiden in hohem Maße von Poseidonios’ Geschichtswerk, den Historien, abhängig ist (Kap. I 1, 1−2). Auch Flavius Josephus, der insgesamt gesehen wichtigste Autor für unsere zeit, geht in vielen Details auf Poseidonios zurück (Kap. I 1, 3). In Abschnitt 2 des Quellenkapitels werden die einschlägigen Inschriften erfaßt und historisch ausgewertet. Dabei zeigt sich, daß das epigraphische Material zum einen die literarische Überlieferung bestätigt, z. B. was die ethnische Herkunft der hohen Amtsträger betrifft (Kap. I 2, 2), bzw. diese Überlieferung erweitert, etwa im Hinblick auf namen, Amtsbezeichnungen und Rangklassen der Funktionäre, zum anderen aber auch Informationen liefert, die sonst so gut wie keinen niederschlag gefunden haben. So werden (abgesehen von der auf Polybios zurückgehenden Bemerkung bei livius 41, 20, 5−9) allein aus den Inschriften die engen Beziehungen des Seleukidenhauses zu Städten und Heiligtümern wie Athen, Milet, Teos, Delos, Paphos auf cypern und Olba in Kilikien erkennbar. Die Besprechung der numismatischen zeugnisse (Kap. I 3) nimmt innerhalb des Quellenkapitels einen breiten Raum ein, da es nicht möglich ist, eine Geschichte der späten Seleukiden ohne genaue Kenntnisse der zeitgenössischen Münzen zu schreiben. Der verfasser hat an manchen Stellen dieses Abschnittes etwas weiter ausgeholt, um auch dem nicht-numismatiker den Quellenwert dieser kleinen geprägten Metallstücke vor Augen führen zu können. Für die Festlegung der chronologie von größter Bedeutung sind die auf den Münzen vorkommenden Jahreszahlen nach der Seleukidenära (S. Ä.). Seit dem Jahr 158 S. Ä., d. h. ab 155/54 v. chr., kommen diese Seleukidendaten öfters (aber nicht durchgängig) auf den Münzen Antiocheias vor. Diesem Beispiel folgen wenig später die phönikischen Städte Tyros und Sidon sowie chr. Habicht, Die herrschende Gesellschaft in den hellenistischen Monarchien, vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 45, 1958, S. 7−16. Weber, Königshof. Um dafür ein Beispiel zu geben, sei auf die dynastischen verbindungen Antiochos’ vIII. und Antiochos’ IX. hingewiesen, die sich aus einer kommagenischen Inschrift (OGIS I 383) und einer Stelle bei dem byzantinischen Historiker Malalas (208, 26) erschließen lassen.
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Damaskos in Koilesyrien; sporadisch werden auch die Münzen von Seleukeia in Pierien, Apameia, Ptolemaïs, Berytos und Byblos mit Daten versehen. Die Jahresdaten erlauben es, Regierungsbeginn und -ende verschiedener Könige chronologisch sehr viel genauer zu fixieren als dies durch die Schriftquellen möglich ist. lesung und Bedeutung der Jahreszahlen werden in Kap. I 3, 4 erläutert. Auf der Grundlage einer ausführlichen Darlegung und Diskussion der erhaltenen Quellenzeugnisse wird dann die Geschichte der späten Seleukiden in den Blick genommen. ziel der Kapitel II 1−13 ist die möglichst genaue historische Rekonstruktion und Analyse der komplexen Ereignisgeschichte der Jahre von 164 bis 63, um dadurch zu einem weiterreichenden und tieferen verständnis der Welt des späten Hellenismus zu gelangen. In Kap. II 1 werden die Hintergründe, die zur endgültigen Aufhebung des von Antiochos Iv. verhängten verbotes der jüdischen Religion durch die neue seleukidische Regierung führten, aufgezeigt: Einerseits ist die Beendigung des Religionsverbotes auf den politischen Weitblick des ‚Reichskanzlers‘ lysias zurückzuführen, andererseits war ein schneller Friedensschluß mit den im Aufstand befindlichen Juden notwendig, um Philippos militärisch entgegentreten zu können, der das Amt des ‚Kanzlers‘ gegen lysias usurpiert hatte und an der Spitze der Ostarmee nach Syrien zurückkehrte. Außerdem wird in Kap. II 1 wahrscheinlich gemacht, daß die Rede des seleukidischen Prinzen Demetrios (I.) vor dem Senat zur Entsendung der römischen Gesandtschaft nach Syrien im Jahr 163 führte. Die Herrschaft des Demetrios I., der kurz vor dem 1. Oktober 162 nach seiner Flucht aus Rom in Tripolis landete und sich zum König ausrufen ließ, steht im Mittelpunkt der Kap. II 2−4. Wie die Münzen zeigen, zog Demetrios I. in nachahmung Alexanders d. Gr. im Winter 161/60 nach Seleukeia am Tigris und besiegte den abtrünnigen ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘, Timarchos. Was Judäa betrifft, so knüpfte seine Regierung jedoch nicht an den Friedenskurs des 162 ermordeten ‚Reichskanzlers‘ lysias an, sondern führte mit Unterstützung der jüdischen Hellenisten den Kampf gegen die aufständischen Makkabäer militärisch fort. In diese Jahre fallen die niederlage des seleukidischen óôñáôçã’ò ôyò EÉïõäáßáò nikanor und der vertrag (foedus) der Juden mit Rom. Gegen E. S. Gruen ist mit E. Baltrusch zu betonen, daß der jüdische Tempelstaat damit völkerrechtlich als eigenständige politisch-ethnische Einheit von Rom anerkannt wurde und der vertragsabschluß beiden Seiten vorteile brachte. Erst im Jahr 158 lenkte die seleukidische Regierung ein. Die Hellenisten, d. h. die hellenisierten seleukidentreuen Juden, auf die sich die Seleukidenherrscher seit Antiochos Iv. in Jerusalem und Judäa gestützt hatten, wurden geopfert. Die Erhebung des Alexander I. durch eine Allianz aus Ptolemaios vIII., Attalos II. und Ariarathes v. ist vor dem Hintergrund der aktiven Außenpolitik des ersten Demetrios zu sehen. Diese war nicht rein defensiv orientiert (so H. volkmann), wenngleich man sie auch nicht als ‚imperialistisch‘ bezeichnen kann (so c. Bohm). Daß diese Erhebung durch Rom indirekt mitunterstützt wurde, trug allerdings kaum zur Stabilisierung der politischen verhältnisse in Syrien bei, wie Gruen meint. Die wachsende Einflußnahme der Ptolemäer einerseits und der Aufstieg der Hasmonäer andererseits sind die wichtigsten politischen Erscheinungen der Jahre zwischen 150 und 142 (Kap. II 5 und 6). Die bemerkenswerteste Gestalt dieser zeit auf seleuki-
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discher Seite ist Diodotos (Tryphon): Als Stadtkommandant krönte er gemeinsam mit Hierax im Jahr 146 Ptolemaios vI. in Antiocheia zum König von Asien und erhob im Frühjahr (?) 144 den zweijährigen Sohn Alexanders I., Antiochos vI., als dessen vormund (dðßôñïðïò) er die Regierung führte. In dieser Funktion gab er im Winter 143/42 den Befehl zur Ermordung des Hasmonäers Jonathan (Kap. II 6). nach dem unglücklichen Tod des Kinderkönigs ließ sich Tryphon Ende 141 ohne dynastische Grundlage gegen den legitimen Demetrios II. zum âáóéëå˜ò ášôïêñÜôùñ ausrufen, zählte seine Regierungsjahre nach ptolemäischem vorbild und betrieb eine auffällige imitatio Alexandri (Kap. I 3, 1; II 7). Allerdings muß bezweifelt werden, daß er die sich seit dem verlust der seleukidischen Flotte im Frieden von Apameia (188) und dem niedergang von Rhodos ausbreitende Piraterie im östlichen Mittelmeerraum selbst aktiv unterstützt hat, ja daß man in ihm ein erstes „example of a pirate leader“ (de Souza) sehen darf (Kap. II 6). von Antiochos vII. in Dor belagert, kam Tryphon Mitte (?) 137 vermutlich durch Selbstmord ums leben. nachdem Tryphon ausgeschaltet war, konnte sich Antiochos vII. Judäa zuwenden. Wie in Kap. II 8 gezeigt wird, kann die bislang in ihrer chronologischen Ansetzung umstrittene Belagerung Jerusalems sicher in das Jahr 135/34 datiert werden. Die Judenpolitik des siebten Antiochos hebt sich bewußt von der Antiochos’ Iv. ab und knüpft an die konstruktive Politik Antiochos’ III. an. nach der ‚Befriedung‘ Judäas kehrte Antiochos vII. nach Antiocheia zurück und zog nach einer 2½jährigen Rüstungsphase im März (?) 131 gegen die Parther (Kap. II 9). Den Entwicklungen im Osten ihres Reiches haben die Seleukidenherrscher zu spät Beachtung geschenkt: 148/47 ging Medien, die Kornkammer des Reiches, an die Parther verloren. Im Juli 141 besetzten die Truppen Mithradates’ I. die Stadt Seleukeia am Tigris, um 140 eroberten sie die Susiana mit ihrer Hauptstadt Susa (Kap. II 7). Daraufhin entschloß sich Demetrios II. zum Feldzug, geriet aber, wie aus einem neupublizierten keilinschriftlichen zeugnis hervorgeht, bereits im folgenden Jahr, 138, mit seinen ößëïé in parthische Gefangenschaft. 131 rückte, wie erwähnt, sein Bruder, der siebte Antiochos, den Euphrat entlang bis nach Babylon vor und zog im Jahr 130 bis Susa und Ekbatana. Da jedoch die einheimische Bevölkerung auf Seiten der Parther stand, scheiterte dieser Rückeroberungsversuch. Antiochos vII., der „letzte tüchtige König aus dem Seleukidengeschlecht“ (c. B. Welles), fand 129 den Tod. Der Untergang Antiochos’ vII. und der seleukidischen Armee in der Parthyene hatte für Syrien weitreichende Folgen: nur ein unerwarteter Aufstand skythischer Hilfstruppen hinderte Phraates II. daran, das von Truppen entblößte land zu besetzen. Gegen Demetrios II., der wohl mit parthischer Unterstützung nach Syrien zurückgekehrt war, erhoben die Ptolemäer Alexander II. In den nächsten Jahren beherrschten beide Könige verschiedene Teile Syriens, Phönikiens und Kilikiens. In Kap. II 9 werden sowohl die politische Ausrichtung der Regierung des Demetrios II. als auch die dynastische Propaganda des Alexander II. diskutiert. nach der Ermordung des zweiten Demetrios, die, wie gezeigt werden kann, in das Jahr 125 zu setzen ist und damit einen entscheidenden Anhaltspunkt zur verbesserung der chronologie bei Porphyrios liefert (Kap. I 1, 1), ließ Kleopatra Thea ihren Sohn von Demetrios II., Antiochos vIII., zum König ausrufen und führte mit diesem gemein-
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sam die Regierung. Alexander II. wurde im Jahr 123 besiegt, Kleopatra Thea 121 von ihrem Sohn zum Selbstmord gezwungen. Kap. II 9 schließt mit einer Würdigung dieser bemerkenswerten Königin und Überlegungen zum zeuskult unter Antiochos vIII. Im Mittelpunkt von Kap. II 10 stehen die verwickelten militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Halbbrüdern Antiochos vIII. und Antiochos IX., die sich letztlich von 113 bis zur Ermordung des achten Antiochos im Jahr 98/97 hinzogen. chronologie und Ereignisabfolge dieser Kämpfe sind dank der von A. Houghton gesammelten und ausgewerteten Münzen bis ins Jahr 106/05 in den Grundzügen erkennbar. Abermals kann die Einflußnahme der Ptolemäer auf die Politik in Syrien wahrscheinlich gemacht werden, denn Antiochos IX. dürfte mit Unterstützung des Ptolemaios X. Alexander I. von cypern die Macht im Seleukidenreich ergriffen haben. In diesem zusammenhang läßt sich die Aufstellung einer Ehrenstatue durch Antiochos vIII. für den römischen Konsul des Jahres 113 auf Delos erklären (OGIS I 260 = IvDélos 1550): Der Seleukide bedankte sich mit der Weihung bei dem Römer offenbar dafür, daß dieser ihm das Exil im pamphylischen Aspendos ermöglicht hatte. In Kap. II 10 werden außerdem Argumente dafür gesammelt, daß als verfasser des im Jahr 109 geschriebenen Königsbriefes OGIS I 257 = Welles, Rc 71/72, in dem die Stadt Seleukeia in Pierien auf ewige zeit für frei erklärt wird, Antiochos IX., nicht Antiochos vIII. (so U. Wilcken u. a.) anzusprechen ist. Schließlich werden aus zwei zeugnissen (OGIS I 383 und Malalas 208, 26) weitreichende dynastische verbindungen und politische Allianzen erkennbar: Während Antiochos vIII. sich durch verheiratung seiner Tochter laodike Thea Philadelphos mit Mithradates I. Kallinikos der kommagenischen Dynastie verband (vgl. Th. Mommsen), suchte Antiochos IX. sich durch Heirat der parthischen Königstochter Brittane mit dem großen nachbarn im Osten zu verbünden (siehe Stammtafel). Kap. II 11 widmet sich zunächst der Datierung des Todesjahres Antiochos’ vIII. Trotz der Überlieferung bei Josephus ant. Iud. 13, 365, durch die sich das Jahr 96 als Todesjahr ergeben würde, wird man das Datum auf 98/97 korrigieren müssen. Damit verschieben sich aber auch andere wichtige Ereignisse, etwa die Entscheidungsschlacht zwischen Antiochos IX. und Seleukos vI. vor den Toren Antiocheias von 96/95 auf 97/96. nach 98/97 (dem Todesjahr Antiochos’ vIII.) bzw. 97/96 (dem Todesjahr Antiochos’ IX.) kämpften die Söhne des achten bzw. neunten Antiochos um die Macht. zweifellos hatte die Bevölkerung unter diesen permanenten bewaffneten Auseinandersetzungen zu leiden; ihr Unmut über die anarchischen zustände kommt in dem Aufstand der Bewohner von Mopsuhestia in Kilikien gegen Seleukos vI. und seine ößëïé deutlich zum Ausdruck (94 ?). Die Auflösung der Seleukidendynastie nahm an Dynamik zu, die zersplitterung des seleukidischen Restreiches (Syrien, Kilikien, Koilesyrien, Teile Phönikiens) schritt weiter voran. zugleich eroberten Araber und Juden immer größere Gebiete. Bezeichnend für diese Jahre ist ein Schicksal wie das des Königs Demetrios III.: Er kämpfte sowohl in Judäa gegen den jüdischen König Alexander Jannaios (zwischen ca. 92 und 89/88) als auch gegen seinen eigenen Bruder Philipp I. (ca. 89/88), um schließlich einer Koalition aus Arabern und Parthern zu unterliegen (88/87) und in parthischer Gefangenschaft zu
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sterben. Eine Allianz zwischen Philipp I. und Mithradates II. (so E. Dąbrowa) hat gleichwohl nicht bestanden. Die nachfolge des Demetrios III. trat sein jüngerer Bruder Antiochos XII. im Jahr 87 (?) an (Kap. II 12). Dessen vierjährige Regierungszeit war gekennzeichnet durch Konflikte mit seinem Bruder Philipp I. und anhaltenden Kämpfen gegen Araber und Juden, die die Schwäche der seleukidischen Herrschaft weiterhin für ihre territorialen Eroberungen nutzten. Im Jahr 84/83 fiel Antiochos XII. im Gefecht mit dem nabatäerkönig Aretas III.; dies ist der neunte Seleukidenkönig (nach Antiochos Iv. [175−164] und mit Demetrios I.), der sein leben im zusammenhang mit Kampfhandlungen verloren hat (zur ‚Todesstatistik‘ der Könige siehe unten Punkt 4). Die Wirren im Seleukidenreich nützte schließlich der armenische König Tigranes II. (95−55) aus und gliederte Syrien und große Teile des östlichen Kilikien seinem Reich an (83). vermutlich mit ptolemäischer Unterstützung kam Kleopatra v. Selene im Jahr 73/72 aus ihrem Exil in Kleinasien (?) nach Ptolemaïs, während ihre beiden Söhne, Antiochos Philometor und Antiochos XIII., in Rom um die Anerkennung ihrer Herrschaftsansprüche verhandelten. Im zuge einer militärischen Offensive gelang es Tigranes II. Kleopatra v. Selene gefangenzunehmen; sie wurde im Frühjahr 69 auf seinen Befehl ermordet. Im letzten Kapitel des Hauptteils der Arbeit (II 13) werden der Rückzug des Tigranes II. aus Syrien und Kilikien, die Machtkämpfe der beiden Könige Antiochos XIII. und Philipp II. sowie der Übergang des Seleukidenreiches an Rom dargestellt und untersucht. Obwohl das seleukidische Restreich nach dem Ende der armenischen Herrschaft wieder in zahlreiche unabhängige Territorien zerfiel, über die kleinere Dynasten, Priesterfürsten, Tyrannen, Stadtherren und warlords geboten, hat der römische Senat offenbar zunächst nicht an eine Provinzialisierung Syriens gedacht. Erst als Pompeius im Jahr 67 die Kriegsführung gegen die Piraten übernahm und im darauffolgenden Jahr lucullus als Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithradates vI. ablöste, wurde ein Kurswechsel eingeleitet. Eine Analyse der Gründe zeigt, daß die Eingliederung des Seleukidenreiches in das Imperium Romanum einerseits eine der Piraterie vorbeugende Maßnahme war, andererseits insbesondere römische Sicherheitsinteressen gegenüber Parthern und Ptolemäern den Ausschlag dafür gaben; nicht zuletzt dürften auch wirtschaftliche Motive eine gewisse Rolle gespielt haben. In einem Ausblick (Kap. III) wird abschließend den Gründen, die zum niedergang und zerfall des Seleukidenreiches führten, nachgegangen. zusammenfassend darf man sagen, daß die vorgelegten Untersuchungen fünf wesentliche, die Forschung und Diskussion weiterführende Ergebnisse erbringen: 1.) chronologie und Ereignisabfolge der seleukidischen Geschichte zwischen 164 und 63 stehen nicht zuletzt durch eine intensive Auswertung aller einschlägigen Münzzeugnisse auf einer gesicherteren Grundlage, als dies bislang der Fall war. zahlreiche Datierungen der älteren Forschung können verbessert, andere Ereignisse chronologisch neu verankert werden. Genannt seien z. B. der 2. Bakchides-Feldzug: 161, niederwerfung des Timarchos: vor März 160, Herrschaftsantritt Alexanders I.:
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Sommer 152, Erhebung Antiochos’ vI.: Frühjahr (?) 144, Tod Antiochos’ vI.: vor Oktober 141, verleihung der Asylie an Tyros: 141/40, Aufbruch Demetrios’ II. in den Partherkrieg: 139, Gefangennahme Demetrios’ II.: 138, Tod Tryphons: Mitte (?) 137, Belagerung Jerusalems: 135/34, Ermordung Demetrios’ II. in Tyros: 125, landung Antiochos’ IX. in Syrien: 113, Ermordung Antiochos’ vIII.: 98/97, Erhebung Demetrios’ III.: 98/97, Entscheidungsschlacht zwischen Antiochos IX. und Seleukos vI.: 97/96, Tod Seleukos’ vI.: 94 (?), Herrschaftsantritt Antiochos’ XI. und Philipps I.: 94 (?), Tod Antiochos’ X.: 92 (?), Regierung der Kleopatra v. und des Antiochos’ Philometor in Antiocheia: 92, Regierung Antiochos’ XII.: 87 (?)−84/83, Aufstand der antiochenischen Bevölkerung gegen Antiochos XIII. und Einzug Philipps II. in Antiocheia: 67. Die genauere Rekonstruktion der Ereignisgeschichte ermöglicht wiederum eine weitergehende Einbettung bestimmter Quellenzeugnisse, deren historischer Kontext bislang nicht recht deutlich war: z. B. des in I. Makk. 14, 38 f. überlieferten Briefes des Demetrios II. an den jüdischen Hohenpriester Simon (siehe Kap. II 7) oder die aus OGIS I 260 = IvDélos 1550 hervorgehende Statuenweihung des Antiochos vIII. für den römischen Konsul des Jahres 113, cn. Papirius c. f. carbo (siehe Kap. II 10). 2.) Die Ptolemäer haben, in einem höheren Maße als bislang erkannt, Einfluß auf die seleukidische Politik genommen oder versucht, diesen zu gewinnen. Offene Eingriffe oder Einflußnahmen ptolemäischerseits sind für die Jahre nach 154 (?) (Unterstützung des Alexander I. gegen Demetrios I.), 150−145 (Regierungszeit Alexanders I.), 129 (Erhebung Alexanders II. gegen Demetrios II.) und 124/23 (Unterstützung und verheiratung Antiochos’ vIII. mit Kleopatra Tryphaina durch Ptolemaios vIII.) sicher bezeugt und lassen sich darüber hinaus für die Jahre 138/37 (geplanter Einmarsch Ptolemaios’ vIII. in Phönikien), 113 (Ankunft Antiochos’ IX. in Syrien), 110/09−108/07 (Unterstützung des Antiochos IX. durch Truppen des Ptolemaios IX. Soter II.), 104 (?) (Heirat des Antiochos vIII. mit Kleopatra v. Selene), 98/97 (landung Demetrios’ III. in Syrien), 87 (?) (Machtübernahme Antiochos’ XII.) und 73/72 (Ankunft der Kleopatra v. Selene in Ptolemaïs) wahrscheinlich machen. Tatsächlich dürfte der Anteil der ptolemäischen ‚Einmischungen‘ bzw. ‚Einmischungsversuche‘ noch viel höher liegen. Dabei konnten die Ptolemäer aufgrund ihrer Beliebtheit bei der Bevölkerung auf Erfolge gegen die Seleukiden hoffen, denn bei den Bewohnern Phönikiens und Koilesyriens bestanden, wie Polybios (5, 86, 10) anmerkt, immer große Sympathien für die Regierung in Alexandreia, während die Bevölkerung umgekehrt mit der Seleukidenherrschaft permanent unzufrieden war, wie Poseidonios schreibt. Für die Bewohnerschaft insbesondere des phönikisch-syrischen Raumes stellte die Herrschaft der Ptolemäer immer eine potentielle politische Alternative zur Herrschaft der Seleukiden dar. Unruhen, Aufstände und Abfallbewegungen der Bevölkerung waren in nicht wenigen Fällen Reaktionen auf Spannungen, die sich aus dem vorhandensein dieser potentiellen Bei Diod. 33, 4, 4. Malitz, Poseidonios S. 278 f.; Ehling, Unruhen S. 333. Wenngleich diese Aussage des Poseidonios sicher als etwas übertrieben zu bewerten ist.
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politischen Alternative ergaben.8 Sehr bezeichnend sind etwa die Krönung Ptolemaios’ vIII. in Antiocheia zum König von Asien im Jahr 146 oder die proptolemäische Einstellung der Stadtbewohner von Seleukeia in Pierien oder Ptolemaïs.49 3.) Seit der Regierung Antiochos’ Iv. (175−164) erscheinen auf den unter königlicher Regie geprägten städtischen Bronzemünzen besonders im phönikischen Raum lokale Gottheiten (z. B. in Berytos oder Byblos). Auch wenn diese Götter auf den Münzen zumeist in griechischer Weise abgebildet werden,0 handelt es sich bei ihnen letztlich doch um einheimische Baale. Seit Mitte des 2. Jhs. kommen indigene Götter sogar auf königlichem Silbergeld vor (Sandan in Tarsos, Athena Magarsia in Mallos, Atargatis und Hadad in Damaskos), und zwar im Bildtypus archaischer Kultbilder (siehe Kap. I 3, 6). Diese neuen Münztypen spiegeln eine veränderte Haltung der Seleukidenkönige in Bezug auf Religion und Kultur ihrer Untertanen wider: Wenn die Könige und ihre Funktionäre nicht mehr ausschließlich griechische Gottheiten auf ihren Münzen abbilden ließen, dann kann man die neuen einheimischen Götterbilder als Reflexe einer größeren Toleranz gegenüber lokalen Traditionen werten. Dahinter darf man die Absicht vermuten, daß die Seleukiden die kilikisch-syrischphönikische Bevölkerung für sich zu gewinnen und stärker in das Reich zu integrieren versuchten. Da der griechische Bevölkerungsanteil − genau wie bei den Ptolemäern51 − im 2. Jh. zunehmend an Bedeutung verlor,52 waren die Könige im wachsenden Maße auf die Akzeptanz ihrer Herrschaft durch die ansässige Bevölkerung angewiesen. In einem hohen Grade dürfte das Eingehen auf einheimische Traditionen deshalb der Herrschaftsabsicherung gedient haben. Im Rahmen künftiger Forschungen wäre zu klären, ob es − wie hier in Kap. I 3, 6 vermutet − seit der Regierung Antiochos’ Iv. (sieht man freilich vom ‚Sonderfall‘ Judäa ab) verglichen mit den vorangegangenen Jahrzehnten einen qualitativen Wandel im Umgang mit indigenen Kulten und Traditionen gegeben hat und wenn ja, ob sich ähnliche Entwicklungen oder Tendenzen auch bei den späteren Ptolemäern und Attaliden feststellen lassen.53 4.) Die spätere seleukidische Monarchie unterscheidet sich ihrem Wesen nach nicht von der frühen. Der König gründete seine Herrschaft auf dem charisma, das er aus der Abstammung von der Seleukidendynastie gewann, und legitimierte sie durch 8 49 0 51
Ehling, Unruhen S. 336. vgl. dazu Ehling, Unruhen S. 300 ff. bes. 332. Die Ausnahme ist Gebal auf den Münzen von Byblos, siehe unten I 3. F. Heichelheim, Die auswärtige Bevölkerung im Ptolemäerreich (Klio, Beihefte 18, neue Folge, Heft 5), leipzig 1925, S. 41 ff. 52 Bezeichnend ist, daß der im Jahr 128 an die Macht gekommene Gegenkönig Alexander II. von der Bevölkerung Antiocheias mit Zabinas einen aramäischen, nicht griechischen Spitznamen erhielt: Mehl, cities S. 106. 53 zumindest bei den Ptolemäern scheint es sich so zu verhalten. Seit der Regierung Ptolemaios’ vIII. nahm die Bedeutung der ägyptischen und jüdischen Bevölkerung stark zu: Huß, Ägypten S. 589 ff. Könige wie Ptolemaios XII. haben augenfällig um die zustimmung der ägyptischen Priester geworben: Huß, Ägypten S. 700 ff.
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Bewährung seiner Person in Krieg und Politik. Die wichtigsten Säulen des Staates waren nach wie vor Armee und ößëïé. Ein später König wie Seleukos vI. ist keineswegs eine mediokere Gestalt, sondern letztlich ‚aus demselben Holz geschnitzt‘ wie sein ðñüãïíïò Seleukos I. Das charismatisch-agonale Königsideal bestand unverändert fort. verändert haben sich lediglich die geographischen Dimensionen und personellen und materiellen Größenordnungen. Während die Armee Antiochos’ III. in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos 60.000 Fußsoldaten und 12.000 Reiter umfaßte, bekämpfte ein später nachkomme wie Antiochos XII. mit 8.000 Fußsoldaten und 800 Reitern die nabatäer in Koilesyrien. Aber über Herrschaft oder Untergang entschied allein der militärische Erfolg, und dieser erforderte die persönliche Tapferkeit des Königs und seinen Sieg auf dem Schlachtfeld. Daß die späteren Seleukiden kaum einen weniger gefährlichen lebens- und Herrschaftsstil pflegten als ihre ðñüãïíïé im 3. Jh., macht der Blick auf die nachstehende ‚Todesstatistik‘ deutlich: von den ersten 14 Seleukidenkönigen starben nur zwei im Palast (Antiochos II. und Seleukos Iv.). zehn fanden während Feldzügen bzw. auf dem Schlachtfeld den Tod. Eine genaue Auflistung für den hier behandelten zeitraum ergibt folgende ‚Statistik‘: Unbekannt bleibt die Todesart bei Antiochos Philometor, Philipp I. und Philipp II. Drei Könige, Antiochos Iv., Antiochos Antiochou Epiphanes und Demetrios III., starben an einer Krankheit, also eines natürlichen Todes. Antiochos vI. verstarb wahrscheinlich infolge eines ärztlichen Eingriffes. Sieben Könige und drei Königinnen wurden ermordet: Antiochos v., Alexander I., Demetrios II., Seleukos v., Antiochos vIII., Antiochos XIII., Seleukos Kybiosaktes, Kleopatra Iv., Kleopatra Tryphaina und Kleopatra v. Kleopatra Thea wurde zum Selbstmord gezwungen. Im Kampf fielen oder töteten sich selbst Tryphon, Antiochos vII., Alexander II., Antiochos IX. und Seleukos vI. von vier Königen ist ausdrücklich der Tod auf dem Schlachtfeld bezeugt: Demetrios I., Antiochos XI., Antiochos X. und Antiochos XII. Wenigstens neun Könige kamen demnach im zusammenhang mit Kampfhandlungen ums leben. „Rien ne montre mieux le caractère guerrier de la royauté séleucide que ce petit tableau statistique“. 5.) Seit der niederlage gegen Rom bei Magnesia am Sipylos (Dezember 190) und dem Friedensvertrag von Apameia (188) befand sich das Seleukidenreich in einer militärischen, politischen und finanziellen Krise. nach einer letzten Konsolidierungsphase unter der Regierung des Antiochos Iv. gewann diese Krise zunehmend an Dynamik. In den Jahren nach dem Tode des Antiochos vIII. (98/97) zeigte die Herrschaft der Seleukiden schließlich offene Auflösungserscheinungen. Die immer bedenklicher werdende zersplitterung der politischen und militärischen Kräfte begünstigte insbesondere die weitere Ausbreitung der Piraterie und die landnahme durch verschiedene Araberstämme. So konnte das aus Kilikien, Syrien, Koilesyrien und Teilen Phönikiens bestehende Restreich im Jahr 83 zur ‚leichten Beute‘ für den zum Wesen der hellenistischen Monarchie vgl. Bikerman, Institutions 11 ff., Préaux, Monde hellénistique S. 195 ff. und Gehrke, König S. 255 ff. Bikerman, Institutions S. 13. Ebenda S. 13.
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armenischen König Tigranes II. werden. Die prekäre Gesamtentwicklung im östlichen Mittelmeerraum mußte schließlich die neue Ordnungsmacht Rom auf den Plan rufen. Die in Kap. III gesammelten Überlegungen machen deutlich, daß der Zerfall des Seleukidenreiches in der Hauptsache auf innerdynastische Ursachen zurückzuführen ist, der Niedergang allerdings durch Roms den Seleukiden aufgezwungene Sicherheitspolitik eingeleitet wurde. Damit kann die bereits in der Antike zuerst von Poseidonios vertretene Auffassung, das Seleukidenreich sei an der discordia consanguineorum regum zugrundegegangen bestätigt werden,8 berücksichtigt man außerdem Roms ‚indirekte Mitschuld‘.
zum Begriff des ‚niedergangs‘ siehe Kap. III, Anm. 1. 8 Iust. 40, 2, 5. zur Abhängigkeit dieser Stelle von Poseidonios siehe unten Kap. I 1, 2.
I. KAPITEl: QUEllEn
1.) lITERARIScHE QUEllEn Der Hellenismus ist eine Blütezeit antiker Geschichtsforschungen und -darstellungen gewesen.1 c. Schneider hat berechnet, daß von den 856 verfassern der nur mehr fragmentarisch überlieferten, bei F. Jacoby gesammelten Historiker (FGrHist) über 600 der zeit des Hellenismus angehören.2 Über die Geschichte der späten Seleukiden geben uns zeugnisse von mehr als 25 antiken Autoren Auskunft.3 Der einzigartige Wert der erzählenden literarischen Quellen besteht darin, daß nur diese die zeitliche Abfolge der Ereignisse schildern und dabei Einblicke in die Ursachen des historischen Geschehens vermitteln können. Eine Besonderheit der Quellenlage ergibt sich daraus, daß die Darstellung der späteren seleukidischen Geschichte entscheidend von der Sichtweise der jüdischen Historiographen auf die Ereignisse geprägt ist. Dies ist in zweifacher Hinsicht nicht ganz unproblematisch: zum einen stehen vor allem Jason von Kyrene, der verfasser des II. Makkabäerbuches (bzw. dessen Bearbeiter), und der anonyme Autor des jüngeren I. Makkabäerbuches der Politik der Seleukidendynastie und ihrer Funktionäre ablehnend bis feindlich gegenüber. zum anderen rückt damit der seleukidisch-jüdische Konflikt der Jahre 169/68−135/34 in den Mittelpunkt der Überlieferung, der zumindest aus Sicht der Seleukiden allenfalls von sekundärer Bedeutung war. Dies bewirkt eine nicht unerhebliche verschiebung der historischen Perspektive und eine Konzentration auf den Raum Judäa. Um nur ein Beispiel dafür anzuführen, welche Folgen diese Perspektivverschiebung mit sich bringt, sei auf den Aufstand des ‚Generalstatthalters der Oberen Satrapien‘ Timarchos (161/60) hingewiesen, der von den jüdischen Historikern mit keinem Wort erwähnt wird − auch nicht von 1 2
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Einen knappen aber gehaltvollen Überblick über die Geschichtsschreibung im Hellenismus bietet der Artikel von G. Wirth/H. H. Schmitt, Geschichtsschreibung, in: Schmitt/vogt, lexikon Sp. 360−373. Kulturgeschichte II S. 439: „Allein schon diese imponierende zahl ist ein Hinweis darauf, daß der Geschichtsschreibung in der hellenistischen Kultur eine Sonderstellung zukam. nur das neunzehnte Jahrhundert läßt sich einigermaßen damit vergleichen, wenn solche vergleiche überhaupt zulässig sind. Der Hellenismus war ein zeitalter der Historie“. Diese sind in alphabetischer Reihenfolge: Ailian, der anonyme verfasser des I. Makkabäerbuches, Appian, Athenaios, cassius Dio, charax, cicero, Diodor, Eutropius, Festus, Frontin, Granius licinianus, Iulius Obsequens, Iustin, Jason von Kyrene, Johannes Antiochenus, Josephus, libanios, livius, Malalas, Orosius, Plutarch, Polybios, Porphyrios, Poseidonios, Strabon, Synkellos, Theophanes, zonaras. Der Quellenwert reicht von ausführlichen Schilderungen bei Polybios oder Iustin bis zu kurzen Erwähnungen bestimmter Ereignisse bei charax oder Frontin. Bemerkenswert ist, daß Alexander I. und Antiochos vI. positiv geschildert werden; beide haben eine besonders judenfreundliche Politik betrieben, siehe unten.
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I. Kapitel: Quellen
Josephus. Für den Seleukidenhof in Antiocheia war diese Abfallbewegung im Osten jedoch weitaus bedrohlicher, ihre möglichen Folgen für den regierenden König Demetrios I. viel weitreichender als die Kämpfe mit den Juden. Dennoch wissen wir über Timarchos sehr wenig, während wir über die gleichzeitigen seleukidisch-jüdischen Konflikte gut informiert sind. Weit bedauerlicher als diese ‚einseitige‘ Überlieferungslage ist allerdings die Tatsache, daß mit dem Ende der seleukidischjüdischen Spannungen nach dem unglücklichen Ausgang des Partherkrieges unter Antiochos vII. im Jahr 129 praktisch auch das Interesse der jüdischen Historiographie an den Seleukiden endet. Diesem Umstand ist im wesentlichen die schlechte Quellenlage für die spätere Seleukidenzeit zuzuschreiben. Im folgenden sollen zunächst die griechischen, dann die römischen und schließlich die jüdischen Historiker und deren Werke vorgestellt und auf ihren Quellenwert hin befragt werden. 1.) Griechische Autoren. Am Anfang steht Polybios. Unter „allen uns erhaltenen griechischen Historikern nimmt Polybios unstreitig den ersten Rang ein, Thukydides allein etwa ausgenommen“. Er entstammte einer der vornehmsten und reichsten Familien von Megalopolis im südlichen Arkadien.8 Um 200 „oder wenig davor“ geboren,9 starb er im Alter von 82 Jahren, also um 120. Im Jahr 167 wurden über 1.000 der Makedonenfreundschaft beschuldigte Achäer, unter ihnen der spätere Historiker, zur Aburteilung nach Rom deportiert.10 Durch die Freundschaft mit dem jungen P. cornelius Scipio Aemilianus, dessen geistiger Mentor Polybios wurde, kam er mit den führenden Familien Roms in verkehr.11 Gegenstand und ziel seiner Universalgeschichte, die vom Beginn des 2. Punischen Krieges im Jahr 220 bis zur 5
Fischer, Partherkrieg S. 5 bezeichnet die Quellenlage zur späten Seleukidengeschichte als „äußerst dürftig“. Dies gilt für einzelne Ereignisse wie den Partherfeldzug Demetrios’ II. (139/38), den Partherkrieg Antiochos’ vII. (131−129), die Jahre nach dem Tode der Kleopatra Thea (121) oder das Jahrzehnt vom Rückzug des neunten Antiochos nach Tripolis (106) bis zur Ermordung des achten Antiochos im Jahr 98/97 in besonderem Maße. Insgesamt gesehen ist die Quellensituation aber gar nicht so schlecht. Sie ist für einzelne Abschnitte der späten Seleukidengeschichte sogar besser als die Überlieferung zum 3. Jh. oder zur Regierung des Seleukos Iv. (187−175). 6 Polybios wird im folgenden nach der auf l. Dindorf basierenden Teubneredition von Th. Büttner-Wobst, Polybius Historiae. volume II–Iv, Stuttgart 1962/63 zitiert. Durchgehend zu berücksichtigen ist der Kommentar von F. W. Walbank, A Historical commentary on Polybius, volume III. commentary on Book XIX−Xl, Oxford 1979. zu Buch 26 vgl. ebenda S. 284 ff., Buch 27 ebenda S. 290 ff., Buch 28 ebenda S. 321 ff., Buch 29 ebenda S. 361 ff., Buch 30 ebenda S. 415 ff., Buch 31 ebenda S. 463 ff. und Buch 32 ebenda S. 518 ff. Der Kommentar wird im folgenden zitiert als Walbank, commentary III. 7 So die Bewertung durch J. Beloch, Griechische Geschichte I: Bis auf die sophistische Bewegung und den peloponnesischen Krieg, Straßburg 1893, S. 16, die freilich den Wert Herodots verkennt. Polybios steht in einer Tradition mit Thukydides einer- und Tacitus andererseits. 8 ziegler, Polybios Sp. 1444. 9 Ebenda Sp. 1446. 10 ziegler, Polybios Sp. 1450. Im Jahr 169 hatte Polybios das Amt des Hipparchen im Achäerbund bekleidet: Bengtson, Geschichte S. 366; Bringmann, Republik S. 140. 11 ziegler, Polybios Sp. 1451.
1.) literarische Quellen
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zerstörung Karthagos im Jahr 146 reicht,12 ist die Darlegung der Ursachen für den Aufstieg Roms zur alles beherrschenden Großmacht des Mittelmeerraumes. Sein Werk bestand aus 34 Büchern, von denen nur die ersten fünf vollständig erhalten sind.13 In den Büchern 26 bis 32 berichtet Polybios Ereignisse der seleukidischen Geschichte.14 Das nur in „zitaten“ bei livius 41, 20, 1−13 und Athenaios 10, 439 erhaltene 26. Buch gibt eine charakterisierung des Antiochos Iv. Buch 27 und 28 enthalten die Schilderung des 6. Syrischen Krieges (170−168). In Buch 31 erzählt der griechische Historiker von der Flucht des Demetrios (I.) aus Italien, und Buch 32 enthält die Streitigkeiten zwischen Orophernes und Ariarathes Iv. von Kappadokien, in die Demetrios I. verwickelt war. In Buch 33, das nur in Fragmenten erhalten ist, berichtet er von den Kämpfen zwischen Alexander I. und Demetrios I. Anders als Poseidonios, der eine sehr negative charakterisierung des ersten Demetrios gibt (siehe unten), stellen Iustin 15, 1, 11 und Josephus ant. Iud. 13, 56−61 den heldenhaften Mut dieses Seleukiden heraus und sind darin offenbar von Polybios abhängig. Seine positive Bewertung dieses Seleukidenkönigs ist sicher dem Umstand zuzuschreiben, daß er persönlich mit ihm bekannt, ja eng befreundet war. Die beiden hatten sich bei einem Jagdausflug in der Gegend von circeii, etwas nördlich von Terracina, näher kennengelernt und rasch Freundschaft geschlossen (Pol. 31, 14, 3). Da Polybios dem engsten ößëïé-Kreis des späteren Königs zuzurechnen ist, zu dem noch Apollonios, Diodoros, nikanor, Meleagros und Menestheos gehörten,15 verfügte er über genaue Kenntnisse der Beratungswege und Herrschaftspraxis. Polybios ist als Begründer der „pragmatischen Geschichtsschreibung“ bezeichnet worden.16 Den Gegenpol dazu stellt die pathetische oder rhetorische Historiographie dar, als deren vertreter hier etwa Jason von Kyrene angeführt werden kann.17
12 Polybios beginnt sein Werk mit der 140. Olympiade: 1, 3, 1. vgl. auch ziegler, Polybios Sp. 1444. Polybios schließt damit an das Geschichtswerk des Westgriechen Timaios an. Im Jahr 146 stand er im Stabe des Scipio auf den Trümmern Karthagos: Bengtson, Geschichte S. 366. 13 ziegler, Polybios Sp. 1478; Bengtson, Geschichte S. 366. 14 ziegler, Polybios Sp. 1481 f. 15 Polybios als Berater: 31, 12, 7. Siehe unten Kap. II 2. zu den Freunden des Demetrios I. vgl. carsana, Dirigenze S. 168; Savalli-lestrade, Philoi S. 65 f.; 68 f.; 71. 16 M. Gelzer, Die pragmatische Geschichtsschreibung des Polybios, in: Festschrift für c. Weickert, Berlin 1955, S. 87−91. Wiederabgedruckt in: K. Stiewe/n. Holzberg (Hg.), Polybios (WdF 347), Darmstadt 1982, S. 273−280. 17 vgl. die charakterisierung durch niese, Makkabäerbücher S. 300 f.: „All diese Dinge (z. B. Wundergeschichten oder numerische Übertreibungen bei Jason von Kyrene, Anm. des verf.) entsprechen der herrschenden Richtung der rhetorischen Geschichtsschreibung, wie wir sie in ihren hervorragendsten vertretern, Theopomp, Klitarch und Phylarch kennen, von der sich nur wenige auserlesene Geister wie Polybios frei gehalten haben“. zustimmend: Bickermann, Makkabäerbücher Sp. 793.
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I. Kapitel: Quellen
An Polybios schließt Poseidonios an.18 Poseidonios wurde im Jahr 135 im syrischen Apameia geboren und starb im Alter von 84 Jahren.19 Der Stoiker galt als der „gelehrteste“ unter den Philosophen seiner zeit (Strab. 16, 2, 10 = 753). Aus seiner frühesten Kindheit könnte er noch eigene Eindrücke vom Untergang der Seleukidenarmee in der Parthyene (im Jahr 129, siehe unten Kap. II 9) behalten haben und von Rhodos aus, dessen Bürger Poseidonios wurde,20 konnte er die Kämpfe zwischen den Söhnen und nachfolgern Antiochos’ vIII. und Antiochos’ IX. aus der Distanz beobachten. Sein Geschichtswerk, die jóôïñßáé ìåôN Ðïëýâéïí,21 knüpft, wie der Titel sagt, an Polybios an und bestand aus insgesamt 52 Büchern,22 die verloren sind, aber vor allem aus Diodor, Strabon und Athenaios rekonstruiert werden können (siehe unten).23 Die den Seleukiden gewidmeten Bücher der Historien umfassen die Geschichte der Jahre vom Tode des Demetrios I. (150) bis etwa zu Poseidonios’ Romreise (86)24 oder zum Ende des Mithradatischen Krieges (85).25 Wie K. Reinhardt feststellt, ist nicht auszumachen, ob „das Werk sein vorgesehenes Ende erreichte oder abbrach“.26 Offenbleiben muß auch, ob das bei Strabon bezeugte Werk über Pompeius einen Anhang zu den Historien oder eine eigenständige Schrift bildete.27 Die ersten nachrichten, die vermutlich auf Poseidonios zurückgehen, sind seine negative Beurteilung des Demetrios I.,28 der bei Athenaios überlieferte Scherz, den
18 Grundlegend zu Poseidonios sind das Buch von K. Reinhardt, Poseidonios, München 1921 und sein Artikel in der RE sowie das umfassende Buch von Malitz, Poseidonios. zu Poseidonios als naturwissenschaftler vgl. Waldherr, Erdbeben S. 59−63. Poseidonios wird im folgenden nach W. Theiler, Poseidonios. Die Fragmente I: Texte, Berlin/new York 1982 zitiert. Benützt und zitiert wird darüber hinaus die Übersetzung von Malitz, Poseidonios. − Poseidonios nimmt zwischen Polybios auf der einen und Jason von Kyrene auf der anderen Seite eine Mittelposition ein. 19 Malitz, Poseidonios S. 7; 12. 20 Er bekleidete das Amt eines Prytanen und reiste im Winter 87 als rhodischer Gesandter nach Rom: Reinhardt, Poseidonios Sp. 565; Strasburger, Poseidonios S. 40; Malitz, Poseidonios S. 14 ff. zum ‚intellektuellen Klima‘ von Rhodos vgl. B. Mygind, Intellectuals in Rhodes, in: v. Gabrielsen/P. Bilde/T. Engberg-Pedersen/l. Hannestad/J. zahle (Hg.), Hellenistic Rhodes: Politics, culture, and Society (Studies in Hellenistic civilization 9), Aarhus 1999, S. 247−293. Dort auch S. 257 nr. 12 zu Poseidonios und K. Bringmann, Rhodos als Bildungszentrum der hellenistischen Welt, chiron 32, 2002, S. 65−81. 21 Den Titel überliefert Athenaios, z. B.: 4, 151 e; 4, 153 b. 22 Reinhardt, Poseidonios Sp. 630. 23 Malitz, Poseidonios S. 34 ff. 24 Malitz, Poseidonios S. 42. 25 Reinhardt, Poseidonios Sp. 630. Reinhardt (und ihm folgend Strasburger, Poseidonios S. 42) läßt das Geschichtswerk mit dem Jahr 145/44 beginnen, doch setzt es einige Jahre früher ein, siehe unten. 26 Poseidonios Sp. 631. 27 Siehe unten bei Plutarch. 28 Bei Ios. ant. Iud. 13, 35 f. Diese steht im Gegensatz zu der positiven Beurteilung dieses Königs durch Polybios, die bei Ios. ant. Iud. 13, 59−61 und Iust. 35, 1, 11 erhalten geblieben ist. vgl. zu Ios. ant. Iud. 13, 35 f. Marcus, Josephus S. 243 Anm. f und Fischer, Partherkrieg S. 22.
1.) literarische Quellen
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sich Alexander I. mit dem Epikureer Diogenes von Seleukeia am Tigris erlaubte,29 und die bei Strabon (16, 2, 4 = 749) erwähnte Eintracht der Städte Antiocheia, Seleukeia in Pierien, Apameia und laodikeia am Meer.30 Poseidonios blickt gleichermaßen kritisch auf die Seleukidenkönige, deren Funktionäre und die Bewohner der syrischen Städte.31 Interessant ist, daß er der jüngeren, von Antiochos Iv. abstammenden (bzw. sich auf diesen berufenden) linie des Seleukidenhauses (Alexander I., Antiochos vI., Alexander II.) freundlicher gegenübersteht als der älteren, von Seleukos Iv. abstammenden linie (Demetrios I., Demetrios II., Antiochos vIII.).32 So geht die negative Beurteilung des Demetrios II. (Diod. 33, 4 a) ebenso auf Poseidonios zurück wie sein wohlwollendes Urteil zu Alexander II. (Diod. 34/35, 22).33 Den korrupten Regimen der ‚Reichskanzler‘ Ammonios (unter Alexander I.) und lasthenes (unter Demetrios II.)34 steht er deutlich ablehnend gegenüber.35 Über seine landsleute macht sich Poseidonios zuweilen lustig36 und kritisiert deren Dekadenz und Wohlleben,37 nimmt aber Anteil am Schicksal der großen Städte.38 Insgesamt wird man Poseidonios eine moralisierende Tendenz unterstellen dürfen, die nicht ganz frei von Übertreibungen ist. Inwieweit ihm höfische Quellen (seleukidische Hofhistoriker, Erinnerungen der Könige, leibärzte und ößëïé) zur verfügung standen, läßt sich nicht mehr sagen. Aber viele Details lassen vermuten, daß Poseidonios die verschiedenartigsten und besten nachrichtenquellen einsehen konnte.39 Das Geschichtswerk des Poseidonios wurde intensiv von dem aus dem sizilischen Agyrion stammenden Diodor benutzt.0 In der zeit der ausgehenden Republik verfaßte dieser unter dem Titel âéâëéïèÞêç eine Weltgeschichte in 40 Bänden.41 29 Dies wird vorsichtig von Malitz, Poseidonios S. 272 vermutet. Malitz schreibt, daß Athen. 5, 211 a−d „nicht mit Gewißheit der poseidonischen Überlieferung zuzurechnen ist“. vgl. auch Ehling, Freunde S. 49. Den Scherz mit dem Epikureer wird Poseidonios um so genüßlicher notiert haben, als er selbst ja Stoiker war. 30 Siehe unten Kap. II 5. 31 Malitz, Poseidonios S. 277. 32 Malitz, Poseidonios S. 278 Anm. 156 weist darauf hin, daß Poseidonios der einzige antike Historiker ist, der diese Unterscheidung in ältere und jüngere linie trifft. 33 Malitz, Poseidonios S. 296. 34 Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103 f. 35 Malitz, Poseidonios S. 276; 281. 36 Fischer, Partherkrieg S. 24. 37 vgl. z. B. Poseidonios’ Kritik am Partherfeldzug des siebten Antiochos: Malitz, Poseidonios S. 292 f. zu untersuchen wäre, inwieweit ein zusammenhang zwischen Poseidonios’ Kritik an derartigen Phänomenen und seiner stoischen Philosophie besteht, zu dieser vgl. etwa G. nebel, zur Ethik des Poseidonios, Hermes 74, 1939, bes. S. 36 ff. 38 So gibt er einen detaillierten Überblick über den Streit der Städte Marathos und Arados: Diod. 33, 5, 1−6. vgl. dazu Malitz, Poseidonios S. 276 f. 39 So werden z. B. die Überlieferungen bei charax von Pergamon zur Flucht Tryphons aus Dor (FGrHist 103, 29) oder das Strategematon bei Frontin (2, 13, 2) auf von Poseidonios eingesehene höfische Quellen zurückgehen. 0 Diodor wird im folgenden nach der von F. R. Walton, Diodorus of Sicily, Band XI und XII, london/cambridge 1967 besorgten Ausgabe bei loeb zitiert. 41 E. Schwartz, Diodoros (38), RE v 1, Stuttgart 1930, Sp. 663 ff.
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I. Kapitel: Quellen
Die Bibliothek beruht nicht auf eigenen Forschungen,42 sondern bietet eine Kompilation aus von Diodor „für gut und wichtig gehaltenen Autoren“,43 die von der Entstehung der Welt vermutlich bis zum Jahr 59 reichte, als caesar Britannien unterwarf. Die Bücher 28, 5−32 schöpfen bzw. stellen Exzerpte aus Polybios dar. von Buch 33 bis 37 ist Poseidonios die Hauptquelle Diodors. Die Textstellen Diod. 28, 1, 3 (zu Alexander I.), 28, 1, 4 (Aufstand in Antiocheia unter Demetrios II.), 28, 1, 4 a (Tryphon), 33, 5, 1−6 (Streit zwischen Marathos und Arados), 28, 24, 28 (Erhebung Antiochos’ vI.), 33, 4, 4 (die Bevölkerung Syriens begrüßt jeden Regierungswechsel), 34/35, 1 (Belagerung Jerusalems), 34/35, 15−19 (Partherfeldzug des Antiochos vII.) und 34/35, 22 (Erhebung der Feldherren Antipatros, Klonios und Aeropos gegen Alexander II.) gehen auf Poseidonios zurück, obwohl sein name in den erhaltenen Teilen der Bibliothek nirgends ausdrücklich erwähnt wird.8 Wahrscheinlich sind für die Bücher 33−37 keine weiteren Quellen benützt worden.49 Diodor hat die Ausführungen Poseidonios’ zwar verkürzt und stilistisch teilweise umgeformt,0 dennoch sind die erhaltenen Poseidonios-Partien „zwar als ein schwacher, aber nicht verfälschter Abglanz der verlorenen Historien zu betrachten“.51 Unbeantwortet ist bislang die Frage, welche Quelle(n?) Diodor für die letzten Bücher (38−40) bzw. seine Darstellung der Jahre von 86/85 bis 63/59 benützt hat. In 40, 1 a−1 b ist ausführlich vom Aufstand der Antiochener gegen Antiochos XIII. die Rede.52 Benützt wurde Poseidonios darüber hinaus von Strabon53 und Athenaios. Der in augusteischer zeit schreibende, aus dem pontischen Amaseia gebürtige Strabon ist der Verfasser einer Schrift mit dem Titel ãåùãñáöéêÜ ›ðïìíÞìáôá. Diese ãåùãñáöéêÜ ›ðïìíÞìáôá sind eine geographisch-kulturhistorische Quelle allerersten Ranges. In Buch 14, 5, 1−20 = 668−676 gibt Strabon eine Beschreibung 42 43 8 49 0 51 52 53
Malitz, Poseidonios S. 35. Malitz, Poseidonios S. 35. Malitz, Poseidonios S. 35 mit Anm. 8. E. Schwartz, Diodoros (38), RE v 1, Stuttgart 1930, Sp. 689 f. E. Schwartz, Diodoros (38), RE v 1, Stuttgart 1930, Sp. 690; Malitz, Poseidonios S. 37; 39; 41 u. ö. vgl. zu dieser Stelle: Ehling, Unruhen S. 333. Malitz, Poseidonios S. 37. Ebenda S. 41. Ebenda S. 41. Ebenda S. 42. Malitz, Poseidonios S. 301 Anm. 333; Ehling, Unruhen S. 326 f. und siehe unten Kap. II 13. Malitz, Poseidonios S. 42 ff. vgl. auch noch E. Honigmann, Strabon (3), RE Iv A 1, Stuttgart 1931, Sp. 109−122. zuletzt ausführlich dazu: Engels, Universalhistorie S. 166 ff. Strabon wird zitiert nach: H. l. Jones, The Geography of Strabo with an English Translation, Band v, vI und vII, london/cambridge 19613/4 (loeb). letzterer zitiert ihn 33mal: Malitz, Poseidonios S. 49. Genaue lebensdaten haben wir nicht, aber Strabon ist gewiß vor 23/24 n. chr. gestorben: E. Honigmann, Strabon (3), RE Iv A 1, Stuttgart 1931, Sp. 78. Engels, Universalhistorie S. 25 spricht sich für 24 n. chr. oder bald danach aus. Grundlegend zu Strabon ist Engels, Universalhistorie.
1.) literarische Quellen
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Kilikiens, im 2. Kapitel des 16. Buches folgt die Schilderung der landschaften Syrien, Phönikien und Judäa. Darin erwähnt er zahlreiche landschaftsnamen wie Seleukis „in Syrien“ (16, 1, 2 = 749), Koilesyrien (16, 1, 2 = 749) oder Kyrrhestike (16, 2, 8 = 751), Flußnamen wie den Oinoparas (16, 2, 8 = 751), Eleutheros (16, 2, 15 = 754) oder chrysorrhas (16, 2, 16 = 755), Bergnamen wie den Kasios (16, 2, 33 = 760), Heiligtümer wie das der kyrrhestikischen Athena (16, 2, 7 = 751), die wichtige Brücke bei Seleukeia (zeugma) am Euphrat (16, 2, 3 = 749) oder völkerschaften wie die „zeltaraber“ (16, 2, 1 = 749). Die Syria Seleukis bezeichnet Strabon als die beste landschaft von allen in dieser Gegend. Die vier bedeutendsten Städte der Seleukis sind Antiocheia dðr ÄÜöíw, Seleukeia dí Ðéåñßu,8 Apameia und laodikeia, und alle vier sind Gründungen (êôßóìáôá) Seleukos’ I. Die größte (ìåãßóôç) von ihnen ist Antiocheia;59 diese Stadt wird von Alexandreia und Seleukeia am Tigris nur um wenig übertroffen (16, 2, 5 = 750). Antiocheia besteht aus vier Stadtvierteln, von denen das erste von Seleukos I., das zweite von den Antiochenern, das dritte von Seleukos II. und das vierte von Antiochos Iv. gegründet wurde.0 Auch auf den Gründungsmythos kommt Strabon zu sprechen. Er schreibt, daß die von Antigoneia unter Seleukos I. nach Antiocheia umgesiedelten Griechen von sich behaupteten,61 Abkömmlinge jener Argiver zu sein, die in mythischer zeit mit Triptolemos62 durch Kilikien (14, 5, 12 = 673) nach Syrien gezogen waren, um Io
16, 2, 4 = 749. zur Seleukis vgl. Rostovtzeff, History I S. 478. 8 Pierien hieß die griechische landschaft nördlich des Olymps, in der der Hauptort der Makedonen, Aigai, lag. 59 16, 2, 4 = 750. Antiocheia ist bislang archäologisch noch nicht umfassend untersucht worden, vgl. die Grabungsberichte von W. A. campbell, Excavations at Antioch-on-the-Orontes, AJA 38, 1934, S. 201−206; ders., The Third Season of Excavation at Antioch-on-the-Orontes, AJA 40, 1936, S. 1−9; ders., The Fourth and Fifth Seasons of Excavation at Antioch-on-the-Orontes: 1935−1936, AJA 43, 1938, S. 205−218 und ders., The Sixth Season of Excavation at Antiochon-the-Orontes: 1937, AJA 44, 1940, S. 417−427. Am besten erforscht sind die Mosaike der Stadt: D. levi, Antioch Mosaic Pavements, Princeton 1947 und S. campbell, The Mosaics of Antioch, Toronto 1988. Die Mosaike stammen zwar aus spätantiker bzw. frühbyzantinischer zeit, aber Themenwahl, Bildgestaltung und Ausführung lassen die hellenistischen vorbilder zumeist erahnen. zu Antiocheia zuletzt: Orth, Geographie S. 81, Held, Residenzstädte S. 241 ff. und Hoepfner, Antiochia S. 3−9. zum spätantiken Antiocheia vgl. insbesondere den Ausstellungskatalog: c. Kondoleon (Hg.), Antioch. The lost Ancient city, Princeton 2000. 0 16, 2, 5 = 750. zu den verschiedenen Stadtvierteln vgl. Hoepfner, Geschichte S. 477 f. mit Stadtplan S. 474 f. und Held, Residenzstädte S. 241 ff. mit Plan (nach Hoepfner, Geschichte). nach dem Erdbeben im achten Regierungsjahr des Antiochos III. wurde die „neustadt“ gegründet (lib. or. 11, 119; Malal. 8, 208, siehe auch unten). Waldherr, Erdbeben erwähnt dieses Beben nicht. W. Hoepfner verdanken wir die Entdeckung der topographischen lage Epiphaneias. Die Stadt wurde außerhalb (hîù) Antiocheias auf einem Berg (dðr ô’ –ñïò: Malal. 8, 205) gegründet. vgl. Hoepfner, Geschichte S. 483 ff., dens., Antiochia S. 3 ff. mit den Abbildungen 1 und 6. zustimmend: Held, Residenzstädte S. 243. 61 lib. or. 11, 91 erwähnt Argiver und Athener unter den ersten Siedlern. 62 Triptolemos war eine einerseits eng mit Argos, Eleusis und Athen, andererseits mit der Göttin Demeter verbundene Agrar- und Mysteriengottheit. zu den seleukidisch-argivischen Beziehungen vgl. Mastrocinque, zeus S. 362 f.
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I. Kapitel: Quellen
zu suchen, die bei Tyros verschwunden war.63 Argivische Herkunft galt als besonders vornehm: Der zeussohn Herakles stammte von Alkmene, der Enkelin des Perseus und Tochter des Königs von Mykene und Tiryns, ab, und auf den argivischen Herakles führte sich das Argeadenhaus stolz zurück. Den Bewohnern der ostkilikischen Stadt Mallos erließ Alexander d. Gr. im Jahr 333 den an Dareios III. zu zahlenden öüñïò mit dem Hinweis, daß sie aus Argos stammten (Arr. Anab. 2, 5, 9). Obwohl Antiocheia also eine neugründung war, waren seine Bewohner nicht irgendwelche geschichtslosen Neusiedler, sondern Griechen alter, vornehmer argivischer Abstammung. Mit dem Triptolemos-Mythos verknüpften sich ebenso die Bewohner der kilikischen Städte Tarsos, Aigeai und Anazarbos. Den antiochenischen vorort Daphne mit seinem berühmten Apollon- und Artemisheiligtum erwähnt Strabon in 16, 2, 6 = 750. Einige Städte beschreibt der Geograph ausführlich, zahlreiche andere nennt er wenigstens kurz.8 Seleukeia in Pierien wird als eine uneinnehmbare Festung und laodikeia als eine schön gebaute Stadt mit gutem Hafen und fruchtbarem Umland geschildert (16, 2, 8 = 751).69 Bei Apameia befindet sich eine landschaft, die nach ihren ersten Siedlern früher Pella genannt wurde.0 Dort hielt Seleukos I. die 500 Elephanten, die ihm der indische 63 Malal. 8, 199 erwähnt eine Stadt namens Iopolis auf dem Berg Silpios. zur Io-Sage: Fatouros/ Krischer, Antiochikos S. 86 ff. zu Triptolemos und Io vgl. auch T. Scheer, Mythische vorväter. zur Bedeutung griechischer Heroenmythen im Selbstverständnis kleinasiatischer Städte, München 1993, S. 273 ff. vgl. auch Wiemer, vergangenheit S. 450 f. Bekanntlich ist nach Herodot 1, 1−2 der Raub der Königstochter Io aus Argos durch phönikische Kaufleute der Anfang der Feindseligkeiten zwischen Griechen und Persern gewesen. vgl. das Stemma bei H. J. Rose, A Handbook of Greek Mythology, hier zitiert nach der deutschen Ausgabe: Griechische Mythologie. Ein Handbuch, München 1955, S. 210 Anm. 1. Hdt. 5, 22, 2; Thuk. 2, 99, 3. U. Huttner, Die politische Rolle der Heraklesgestalt im griechischen Herrschertum (Historia Einzelschriften 112), Stuttgart 1997, S. 65 ff.; 175 ff. Da außerdem der vorort Daphne ursprünglich von Herakles erbaut worden war, wie Malalas zu berichten weiß (8, 204), ließ sich die argivische Herkunft der Antiochener sicher auch über diese Tradition ableiten. zu Tarsos vgl. Strab. 14, 5, 12 = 673; 16, 2, 5 = 750, zu Aigeai: SnG Bn 2391 und zu Anazarbos: R. ziegler, Kaiser, Heer und städtisches Geld. Untersuchungen zur Münzprägung von Anazarbos und anderer ostkilikischer Städte (ETAM 16), Wien 1993, S. 117 mit Anm. 306. 8 z. B. Hierapolis (Bambyke), Berrhoia und Herakleia: 16, 2, 7 = 751. 69 zu Seleukeia vgl. Orth, Geographie S. 95 f., Held, Residenzstädte S. 240 f. und H. Pamir, Eine Stadt stellt sich vor. Seleukia in Pieria und ihre Ruinen, AW 35, 2004, S. 17−21 (dort auch die weitere lit.). 0 Apameia wird von belgischen Archäologen erforscht: v. verhoogen, Apamée de Syrie aux Musées royaux d’art et d’histoire, Brüssel 1996; J. ch. Balty, Guide d’Apamée, Brüssel/Paris 1981. Über die Geschichte der Grabungen unterrichten: J./J. ch. Balty/M. Dewez, Belgian Archaeological Research on a Site in Syria: Apamea on the Orontes, Brüssel 1970. Dort findet sich jeweils auch die neuere literatur. zur eindrucksvollen lage der Stadt bzw. der Akropolis vgl. die Photographien bei verhoogen, ebenda Abb. 2; Balty/Dewez, ebenda S. 25; Balty, ebenda S. 11 Abb. 4. Die Stadt lag geographisch sehr zentral und verband die phönikische Küste bzw. Antiocheia mit Palmyra. Ein schönes archäologisches zeugnis für den Karawanenhandel ist das Dromedarmosaik aus der großen Kolonnade, das sich heute im nationalmuseum von Damaskos befindet: Balty, ebenda S. 84 Abb. 85. vgl. außerdem noch Schneider, Kulturgeschichte I S. 739 f. und Orth, Geographie S. 81.
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König Tschandragupta geschenkt hatte,71 und dort befand sich auch die königliche Pferdezucht. Wohl in Apameia selbst war die Militärverwaltung des Seleukidenreiches untergebracht, das ëïãéóôÞñéïí ô’ óôñáôéùôéê’í.72 Wie Poseidonios schreibt, den Strabon in 16, 2, 4 = 750 zitiert, war die Seleukis genau wie Koilesyrien in vier Satrapien unterteilt, während das riesige Mesopotamien eine einzige Satrapie bildete. An der phönikischen Küste werden die Städte Arados (16, 2, 13 f. = 753 f.), Tripolis (16, 2, 15 = 754), Sidon (16, 2, 23 f. = 757) und Ptolemaïs (16, 2, 25 = 758) behandelt. Erwähnung finden die phönikische Purpur- und Glasindustrie (16, 2, 23; 25). Außerdem werden zahlreiche andere Städte, so z. B. Byblos (16, 2, 18 = 755), Orthosia und Berytos (16, 2, 22 = 756) genannt. zu Damaskos in Koilesyrien macht Strabon die interessante Bemerkung, daß es in persischer zeit die „glänzendste“ der dortigen Städte war.73 In 16, 2, 16 = 755 wird der See Genessaret erwähnt. von Interesse sind ebenfalls die zahlreichen Entfernungsangaben, die Strabon Artemidoros folgend (16, 2, 33 = 760) angibt. So ist zu erfahren, daß der Hain von Daphne einen Umfang von 80 Stadien besaß, was 14,79 km entspricht (16, 2, 5 = 750). Das 2. Kapitel des 16. Buches ist nicht zuletzt auch deshalb eine wichtige historische Quelle, weil sich etwa Details zur Herkunft Tryphons (10 = 752) oder wichtige Hinweise auf die politischen Machthaber der Jahre kurz vor Auflösung des Seleukidenreiches durch Pompeius finden, z. B. wird in 18 = 755 der Tyrann von Byblos, Kinyras, genannt. Der unter Kaiser Marc Aurel (161−180 n. chr.) geborene (oder schreibende) Athenaios stammte aus dem ägyptischen naukratis. In seiner ursprünglich 30 Bücher umfassenden Schrift äåéðíïóïöéóôáß („Das Gelehrtengastmahl“) gibt er die geistreich-witzigen Gespräche vornehmer eôásñïé beim Weingelage wieder, die sich „gegenseitig durch die zahl und durch die Entlegenheit ihrer lesefrüchte an literarischer Bildung zu übertrumpfen“ versuchen. Themen sind u. a. die lebensweise der homerischen Helden, Schlemmereien jeder Art, Weine, Trinklieder und Spiele, aber auch Polemiken gegen bestimmte Philosophen. An drei Stellen kommen die Symposiasten ausführlich auf die Seleukiden zu sprechen: 5, 193 d−194 c schildert − nach Polybios − den exzentrischen charakter des Antiochos Iv., 5, 194 c−195 f beschreibt − ebenfalls nach Polybios − den berühmten Festzug Antiochos’ Iv. bei
71 Ehling, Freunde S. 55 Anm. 49. 72 16, 2, 10 = 752. Schneider, Kulturgeschichte I S. 740. 73 16, 2, 20. vgl. außerdem Iustin, der die Stadt in 36, 2, 1 die „edelste“ Gemeinde Syriens nennt: Damascena, Syriae nobilissima civitas. z. B. 16, 2, 28 = 759; 16, 2, 32 = 760; 16, 2, 33 = 760. Für Athenaios liegt die neuübersetzung von c. Friedrich, Athenaios. Das Gelehrtenmahl. Eingeleitet und übersetzt von c. Friedrich. Kommentiert von Th. nothers, in: P. Wirth/W. Gessel (Hg.), Bibliothek der griechischen literatur 47, Stuttgart 1998, vor. zu Athenaios’ leben und Werk vgl. ebenda die Einleitung. Malitz, Poseidonios S. 46 mit Anm. 93. Malitz, Poseidonios S. 46.
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I. Kapitel: Quellen
Daphne im Herbst (September/Oktober) 1668 und 5, 211 a−d erzählt − nach Poseidonios − eine Anekdote vom Hofe Alexanders I.79 Dabei geht aus 5, 211 a hervor, daß es sich um ein zitat aus dem ebenfalls von Athenaios verfaßten Buch ðåñr ô§í dí Óõñßu âáóéëåõóÜíôùí handelt.80 Der verlust dieser Schrift „Über die Könige von Syrien“ ist besonders zu bedauern. zwar wird es kaum politische Geschichte im engeren Sinne, dafür aber unvergleichliche Einblicke in das leben und Treiben an den Höfen der Seleukidenkönige geboten haben. Als Quellen standen Athenaios nicht nur die Werke der großen Historiker Polybios und Poseidonios, sondern vermutlich auch noch ein Teil der höfischen literatur (seleukidische Hofhistoriker, Memoiren der Könige, leibärzte und ößëïé) zur verfügung.81 Gerade was das Verhältnis der Könige und ößëïé zueinander, aber auch die Rolle der Königinnen anbelangt, hätte dieses Buch, wenn es erhalten geblieben wäre, wohl seltene Einsichten vermitteln können. Über die Jahre unmittelbar vor der Annexion Syriens durch Rom, d. h. den Seeräuberkrieg, die letzten Kämpfe mit Mithradates vI., den Friedensschluß mit Tigranes II. und die Besetzung Syriens durch römische Truppen unterrichten die Kapitel 24−42 der Pompeiusbiographie des Plutarch.82 Die „Parallelviten“ (âßïé ðáñÜëëçëïé) des um 45 n. chr. im böotischen chaironeia geborenen und um 125 n. chr. verstorbenen Plutarch gehören zu den in der neuzeit meistgelesenen Schriften des Altertums. Insgesamt sind 23 Doppelbiographien überliefert, die jeweils eine historisch bedeutsame griechische mit einer römischen Persönlichkeit verbinden, in unserem Fall den römischen Imperator Pompeius mit dem Spartanerkönig Agesilaos.83 Die Pompeiusbiographie des Plutarch gliedert sich in zwei große Teile: Die Kapitel 1−45 berichten von Aufstieg und Größe, Kapitel 46−80 von niedergang und Fall des Imperators.8 Bis Kapitel 20 (Ende des Sertoriuskrieges) folgt der Autor im wesentlichen einer pompeiuskritischen Quelle, die er auch in den viten des Ser-
8 zur Datierung Bunge, Daphne S. 71. 79 Ehling, Freunde S. 49, siehe unten Kap. II 5. Die Symposionsteilnehmer kommen ansonsten nur am Rande auf die Seleukiden zu sprechen: In 1, 18 e etwa wird Phylarchos erwähnt, der berichtet, daß der indische König Tschandragupta dem Seleukos I. auch Aphrodisiaka schenkte, vgl. dazu Ehling, Freunde S. 46 mit lit. in Anm. 49. Aristodemos erwähnt im 2. Buch seiner „Spaßigen Erinnerungen“ den Parasiten Sostratos am Hofe eines Antiochos (Athen. 6, 244 f), und in den „lustigen Geschichten“ des Protagorides wird von der Bootsfahrt eines Antiochos erzählt (Athen. 3, 124 e). 80 D. Braund, Athenaeus, On the Kings of Syria, in: D. Braund/J. Wilkins (Hg.), Athenaeus and his World. Reading Greek culture in the Roman Empire, Exeter 2000, S. 514−522. 81 vgl. dazu auch die Überlegungen und vermutungen bei Ehling, Freunde S. 46 ff.; 51. 82 Plutarch wird zitiert nach der griechisch-englischen loeb-Ausgabe von B. Perrin, Plutarch’s lives, Band 5, london 1961. Einen Kommentar zu den Kapiteln 1−45 seiner Pompeiusvita bietet Heftner, Plutarch. 83 verloren sind die viten des Epameinondas und des Scipio: Heftner, Plutarch S. 3 Anm. 16. Der einzige nicht-Grieche bzw. nicht-Römer in dieser Reihe ist der persische Großkönig Artaxerxes II. (404−359). 8 Heftner, Plutarch S. 22 f.
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torius, lucullus und crassus benützt.8 Aber entgegen der sonst feststellbaren Tendenz zur Abhängigkeit von einer Hauptquelle hat Plutarch in der Pompeiusvita ab Kapitel 20 Quellen sehr unterschiedlicher Provenienz verarbeitet. Wie schwierig es ist, die Herkunft der nachrichten im einzelnen festzustellen, wird am Piratenexkurs (Kap. 24−28) deutlich, der umfassendsten und gelungensten Schilderung des Piratenunwesens in der antiken literatur überhaupt.8 Eine poseidonische Urheberschaft dieses Exkurses wird von H. Strasburger vermutet,8 während R. Merkelbach bei der Erwähnung des Mithraskultes in Pomp. 24, 5 an eine Benutzung des Theophanes von Mytilene denkt.88 Doch finden sich gerade in diesem Exkurs einige latinismen, die wiederum „auf eine lateinischsprachige vorlage hindeuten“.89 Welche Quellen könnte Plutarch also für die Kapitel 24−42 ausgewertet haben? zuerst wird man an Theophanes von Mytilene, den politischen Ratgeber und Historiker des Pompeius, als Hauptquelle denken dürfen.90 Bei der für Theophanes ungünstigen Überlieferungslage91 muß zwar ungewiß bleiben, ob er den Seeräuberkrieg einerseits und Pompeius’ Eingreifen in Syrien andererseits mitbehandelt hat, wie F. Jacoby feststellt,92 da durch ein zitat bei Plutarch (Pomp. 37, 4) lediglich eine Bemerkung des Theophanes sicher belegbar ist, die in den zusammenhang des Mithradates vI.-Feldzuges von 65/64 gehört. Doch könnte nach einer trefflichen Beobachtung von J. Malitz die bei Strabon (11, 1, 6 = 492) erhalten gebliebene Schilderung des Besuches des Pompeius bei Poseidonios auf Rhodos im Jahr 66 aus der Feder des Theophanes stammen,93 wodurch dann wahrscheinlich würde, daß Theophanes zumindest den kilikischen Seeräuberkrieg des Römers dargestellt hätte. Der Titel der Schrift des Theophanes ist verloren. F. Jacoby vermutet, daß er ôN ðåñr Ðïìðçßïõ oder Ðïìðçßïõ ðñÜîåéò gelautet haben könnte.94 Sie wird im Winter 63/2 abgefaßt worden sein und war in Rom im Jahr 62 bekannt.95 Im selben Jahr wurden die Heimatstadt des Theophanes für frei erklärt96 und der Geschichtsschreiber selbst von Pompeius mit dem römischen Bürgerrecht beschenkt, was inschriftlich durch IG XII 2, 150 bezeugt ist, wo er cn. Pompeius Theophanes heißt.97 8 8 8 88 89 90
91 92 93 94 95 96 97
Ebenda S. 13. vgl. Heftner, Plutarch S. 177 mit verweis auf eine Bemerkung R. Flacelières. Poseidonios S. 40 ff. R. Merkelbach, Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult, Königstein 1984, S. 45. Siehe auch unten Kap. II 13. Heftner, Plutarch S. 48; 178 f. mit Diskussion dieser lateinischen Begriffe. Reinhardt, Poseidonios Sp. 565 charakterisiert Theophanes als intimen Berater, Historiographen und Propagandachef des Pompeius. zu kritisch ist m. E. Jacoby, FGrHist (1930) S. 615, wenn er schreibt, daß es für die Annahme, Plutarch habe Theophanes direkt benutzt, nicht den „schatten eines beweises“ gibt. Man muß sich bei einer derart skeptischen Einstellung dann aber auch die Frage stellen, wen Plutarch sonst benutzt haben könnte. Das Fragment FGrHist 188 besteht aus nur sieben kurzen Teilstücken. FGrHist (1930) S. 614. Poseidonios S. 24. Jacoby, FGrHist (1930) S. 614. Ebenda S. 614. Plut. Pomp. 42, 4. zum Hintergrund vgl. auch Baltrusch, caesar S. 35. Das früheste zeugnis zu Theophanes ist die Inschrift: v. I. Anastasiadis/G. A. Souris, Theopha-
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I. Kapitel: Quellen
Außer Theophanes könnte Plutarch für die Kapitel 24 bis 42 seiner Pompeiusbiographie auch Poseidonios herangezogen haben. Aus Strabon wissen wir, daß Poseidonios eine Geschichte des römischen Imperators verfaßt hat.98 Einige, die 80er und 70er Jahre betreffende Textstellen bei Plutarch weisen nach H. Strasburger poseidonische Anklänge auf.99 Allerdings läßt sich bei der von Strabon erwähnten Pompeiusgeschichte des Poseidonios heute nicht mehr feststellen, ob es sich dabei um ein reines Enkomion oder eine Art Fortsetzung der Historien handelte.100 Ersteres vermutet J. Malitz,101 letzteres erwägt H. Strasburger.102 zudem hat oder könnte Plutarch Sallusts Historiae, das Werk des Timagenes (FGrHist 88) sowie diverse Mithradates vI.-Historiker und nikolaos von Damaskos gelesen und verarbeitet haben.103 Doch läßt sich darüber kaum etwas Genaues aussagen.104 Insgesamt gesehen muß man feststellen, daß die von Plutarch in den Kapiteln 24 bis 42 seiner Pompeiusvita benützten Hauptquellen − die Schriften des Theophanes und/oder des Poseidonios − aufgrund der äußerst lückenhaften Überlieferungslage nur mehr wahrscheinlich gemacht werden können, aber nicht mehr konkret benennbar sind. Eine weitere wichtige, griechisch verfaßte Quelle ist Appians Syriake.105 Appian wurde gegen Ende des 1. Jhs. n. chr. in Alexandreia geboren und bekleidete ein hohes Amt in der verwaltung seiner Heimatstadt.106 Später kam er nach Rom, erhielt das römische Bürgerrecht und wurde ritterlicher zivilbeamter.107 Durch Vermittlung seines Freundes, des hochberühmten M. cornelius Fronto, bekam er die Ehrenstelle eines procurators Augustorum unter Marc Aurel und lucius verus. In den 160er Jahren n. chr. verstarb Appian wohl noch vor Fertigstellung seines Geschichtswerkes, mit dem er wahrscheinlich zur zeit des Antoninus Pius begonnen hatte.108 Sein Werk ist nicht vollständig erhalten; es umfaßte 24 Bücher, die dem byzantinischen Patriarchen, literaten und Historiker Photios noch vorlagen.109 Das 11. Buch
98 99 100 101 102 103 104 105
106 107 108 109
nes of Mytilene: A new Inscription Relating to his Early career, chiron 22, 1992, S. 377−383. Außer den beiden genannten Inschriften gibt es noch zwei weitere Ehreninschriften für Theophanes, vgl. dazu ebenfalls Anastasiadis/Souris, ebenda S. 377. In 11, 1, 6 = 492 heißt es: … ôxí jóôïñßáí óõíÝãñáøå (= Poseidonios) ôxí ðåñr ášôüí (= Pompeius). Poseidonios S. 43 f. zustimmend Heftner, Plutarch S. 46 mit Anm. 176. Heftner, Plutarch S. 46 f. Poseidonios S. 72 f. Poseidonios S. 44. Heftner, Plutarch S. 44 ff. Aber nicht livius: ebenda S. 59 ff. vgl. dazu Heftner, Plutarch S. 48 ff.; 58 f.; 62. Appian wird nach dem griechischen Text bei Brodersen, Abriß zitiert. Eingesehen wird die Übersetzung von O. veh: Appian von Alexandria. Römische Geschichte. Erster Teil. Die römische Reichsbildung. Übersetzt von O. veh. Durchgesehen, eingeleitet und erläutert von K. Brodersen, in: P. Wirth/W. Gessel (Hg.), Bibliothek der griechischen literatur 23, Stuttgart 1987. veh, ebenda S. 1. Ebenda S. 1. Ebenda S. 1. Photios (810 ?−886 n. chr. ?) gilt als einer der belesensten und kenntnisreichsten Gelehrten der makedonischen Epoche. Er war von 875−886 n. chr. Patriarch von Konstantinopel. Seine Bibliothek enthält Auszüge und Inhaltsangaben von 279 Büchern: A. Krumbacher, Geschichte der
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widmet sich den Seleukiden.110 Es zerfällt in mehrere Teile:111 1.) von 1, 1−44, 232 wird der Krieg zwischen Rom und Antiochos III. geschildert. Als Quelle für diesen Teil ist jedoch nicht Polybios selbst (oder livius), sondern ein Polybios benützender Annalist anzusehen.112 2.) 45, 232−50, 254 bzw. 51, 259 gibt einen knappen Abriß der Geschichte von Seleukos Iv. bis zur Einnahme Syriens durch Pompeius bzw. einen kurzen Ausblick auf die römische verwaltung Syriens. 3.) 52, 260−64, 342 bietet die Geschichte des Seleukos I., darauf folgt 4.) wieder, 65, 343−70, 369, ein kurzer Abriß, der die zeit von Antiochos I. bis Antiochos XIII. in wenigen Sätzen behandelt. Die für die späte Seleukidenzeit wichtigen nachrichten finden sich demnach in den beiden Abrissen 45, 232−50, 254 und 65, 343−70, 369. Diese Abrisse („Seleukidenlisten“)113 erinnern in gewisser Weise an die chronik des Porphyrios;114 die Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Werken hat K. Brodersen aufgelistet.115 Doch sind auch die Unterschiede bezeichnend: So bringt Appian keine Jahresangaben, die gerade in einer chronographischen Quelle, wäre eine solche benützt worden, vorgelegen hätten. Während sich bei Porphyrios für den hier untersuchten zeitraum 18 chronologische Angaben finden (siehe unten), werden bei Appian überhaupt nur an zwei Stellen zahlen genannt und dann auch keine konkreten Jahresdaten (Syr. 48, 248: Bagadates herrscht 14 Jahre als Statthalter des Tigranes II. und Syr. 70, 368: der zeitraum vom Tode Alexanders d. Gr. bis zur Eingliederung Syriens ins Römische Reich erstreckt sich auf 270 Jahre). Weitere auffällige Unterschiede sind etwa die abweichenden versionen der Todesumstände Seleukos’ vI., die verschiedenen Altersangaben zu Antiochos v. (Porphyrios: FGrHist 260 F 32, 13 gibt das Alter mit zwölf, Appian Syr. 46, 236; 66, 352 aber richtig mit neun Jahren an) oder die Erwähnung (App. Syr. 68, 357) bzw. nicht-Erwähnung Tryphons. Und während Appian Alexander II. nicht nennt, ist gerade Porphyrios über die Hintergründe seiner Erhebung durch die Ptolemäer bestens unterrichtet.116 Es ist daher m. E. eher unwahrscheinlich, daß Appian und Porphyrios die gleiche Überlieferung eingesehen und ausgewertet haben. Auffällig ist, daß Appian die verschiedenen Beinamen der Könige ziemlich genau kennt und auch kurz erläutert,117 weshalb man fast vermuten möchte, er habe für seine Abrisse ein Buch ðåñr ô§í dðéèÝôùí der Seleukidenkönige benützt. Für bestimmte Abschnitte der seleukidischen Geschichte ist darüber hinaus sein Mithradates-Buch von Wichtigkeit: Mithr. 92, 416−93, 427 berichtet über das Problem der Seeräuberei im östlichen Mittelmeer, 94, 428−96, 445 über den Seeräuberkrieg des Pompeius, 104, 484−489 erzählt von Pompeius’ Kriegsführung gegen Tigranes II. und 105, 491−106, 500 von dessen Syrienaufenthalt.
110 111 112 113 114 115 116 117
byzantinischen litteratur. von Justinian bis zum Ende des oströmischen Reiches, München 1897², S. 151 ff.; Demandt, Spätantike S. 27. Brodersen, Abriß S. 21. vgl. die Feingliederung bei Brodersen, Abriß S. 49 ff. E. Schwartz, Appianos (2), RE II 1, Stuttgart 1895, Sp. 220. Brodersen, Abriß S. 52. Ebenda S. 15; 232. Ebenda S. 232. Ehling, Alexander II. S. 2. Brodersen, Abriß S. 53 f.
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I. Kapitel: Quellen
Der historische Wert Appians ist in der älteren Sekundärliteratur eher gering veranschlagt worden. So nannte ihn H. nissen eine „Quelle dritten Ranges“.118 Erst in den letzten Jahren hat sich mit Recht eine positivere Beurteilung durchgesetzt. Manche wichtige nachricht hat bei Appian ihren einzigen literarischen Beleg.119 Bemerkenswert ist ferner, daß er den literarisch sonst nicht weiter bezeugten Ausdruck Óåëåõêßäáé (Syr. 48, 248) verwendet, auf den die moderne Begriffsbildung „Seleukiden“ zurückgeht.120 Einzelnachrichten verdanken wir claudius Ailianus und charax von Pergamon.121 In der ðïéêßëç jóôïñßá des nach 193 n. chr. in Rom oder Praeneste geborenen Ailian werden verschiedene Seleukidenkönige (Antiochos I., Antiochos III., Antiochos Iv. und Antiochos vII.) als starke Weintrinker erwähnt (var. 2, 41). Ailian könnte dabei auf Quellen zurückgegriffen haben, die auch von Athenaios benutzt wurden. charax, ein Schriftsteller des 2. oder 3. Jhs. n. chr., überliefert in seiner ÷ñïíéêx jóôïñßá die Flucht Tryphons aus dem belagerten Dora nach Ptolemaïs,122 von der er bei Poseidonios gelesen haben dürfte. Im Hinblick auf die Jahre 69 bis 63 sind die Bücher 36 und 37 des cassius Dio von großem Wert.123 Der aus dem bithynischen nikaia stammende Autor hatte hohe Reichsämter inne und bekleidete im Jahr 229 n. chr. gemeinsam mit Kaiser Severus Alexander den Konsulat.124 Sein Hauptwerk, die FÑùìáúêx jóôïñßá oder FÑùìáúêÜ, umfaßte 80 Bücher,125 von denen größere Teile verloren oder nur in constantinischen und byzantinischen Exzerpten erhalten sind. In Buch 36, das die Jahre von 69 bis 66 enthält, schildert Dio ausführlich die Feldzüge des lucullus und in Buch 37, das die Jahre 65 bis 60 umfaßt, werden die Kriege des Pompeius gegen die Seeräuber, Mithradates vI. und Tigranes II. erzählt. Syrien wird dabei allerdings nur am Rande berührt. Hauptquelle des Dio dürfte ab Buch 36 livius gewesen sein.126 118 H. nissen, Kritische Untersuchungen über die Quellen der vierten und fünften Dekade des livius, Berlin 1863, S. 117, zitiert nach Brodersen, Abriß S. 13. E. Schwartz, Appianos (2), RE II 1, Stuttgart 1895, Sp. 237 beklagt das „romanhaft fälschende Element in der Darstellung“ Appians. 119 Brodersen, Abriß S. 15. 120 Ebenda S. 97 mit Anm. 4. 121 Für Ailian wird die neue Übersetzung von H. Helms, Älian, Bunte Geschichten, leipzig 1990 benützt. zu diesem vgl. zuletzt E. Bowie, Ailianos (2), DnP 1, Stuttgart/Weimar 1996, Sp. 327 f. charax wird nach F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (F Gr Hist). 2. Teil: zeitgeschichte. c: Kommentar zu nr. 64−105, Berlin 1926 zitiert. zu diesem vgl. E. Schwartz, charax (19), RE III 2, Stuttgart 1899, Sp. 2122 f. 122 FGrHist 103, 29. F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (F Gr Hist). 2. Teil: zeitgeschichte. c: Kommentar zu nr. 64−105, Berlin 1926, S. 312 weist auf die nachhaltige Benutzung des charax durch Stephan von Byzanz hin, bei dem sich unter dem lemma ħñïò auch das charax-Fragment 29 findet. 123 Dio wird zitiert nach der Ausgabe von E. cary, Dio’s Roman History with an English Translation, Band 3, london/cambridge 1961³ (loeb). 124 E. Schwartz, cassius (40) Dio cocceianus, RE III 2, Stuttgart 1899, Sp. 1684. 125 Ebenda Sp. 1685. 126 Ebenda Sp. 1698. Ebenda Sp. 1698 f. listet Schwartz zahlreiche Übereinstimmungen zwischen Dio und Eutropius, Florus, Frontin und Orosius auf, die ihrerseits auf livius oder eine liviusepitome zurückgehen.
1.) literarische Quellen
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Eine sehr wichtige Quelle stellt die chronik des Porphyrios dar,127 ein Kompendium der zeit von der Eroberung Trojas128 bis zum Jahr 270 n. chr., dem Ende der Regierung des römischen Kaisers claudius II.,129 was ungefähr auch dem terminus post quem der Abfassung entsprechen dürfte.130 Porphyrios „muß vorzügliche Quellen vor sich gehabt haben“,131 die jedoch unbekannt sind.132 Eher unwahrscheinlich ist, daß er die auch von Appian eingesehene Überlieferung benutzt hat (siehe oben). Da sich Porphyrios über die Hintergründe der Erhebung des Alexander II. genau informiert zeigt, lag ihm vielleicht u. a. eine ptolemäische liste vor.133 Die chronik ist in zwei Fassungen überliefert: In der version des Eusebios (etwa 260−340 n. chr.), die später auch von dem lateinischen Kirchenvater Hieronymus ins lateinische übersetzt und fortgeführt wurde,134 und in einer armenischen Textfassung des Eusebios, deren Bearbeitung und Übersetzung F. Jacoby besorgt hat.135 Im folgenden sind die zahlreichen Daten bei Porphyrios vollständig aufgelistet. In Klammern wird die verbesserte chronologie angegeben, wie sie sich aus den hier vorgelegten Untersuchungen ergibt: Tod Antiochos Iv.: 1. Jahr der 154. Olympiade = 164/3 (nov./Dez. 164), Todesdatum des Demetrios I.: 4. Jahr der 157. Olympiade = 149/8 (nach März? 150), Regierungsübernahme des Alexander I.: 3. Jahr der 157. Olympiade = 150/49 (Alexander I. landete im Sommer 152 in Syrien und war ab März ? 150 Alleinherrscher), Todesdatum des Alexander I.: 4. Jahr der 158. Olympiade = 145/44 (Frühjahr 145), Demetrios II. erlangt das Königtum: 1. Jahr der 160. Olympiade = 140/39 (das Datum bezieht sich offenbar auf den Beginn der Alleinherrschaft, die nach dem Tode Antiochos’ vI. Ende 142/41 beginnt), Demetrios II. zieht in den Partherkrieg: 2. Jahr der 160. Olympiade = 139/38 (Frühjahr ? 139), Demetrios II. wird gefangengenommen: 3. Jahr der 160. Olympiade = 138/37 (138), Antiochos vII. bemächtigt sich Syriens: 4. Jahr der 160. Olympiade = 137/36 (das Datum bezieht sich wohl auf die niederwerfung Tryphons, der Mitte ? 137 starb, 127 zu Porphyrios vgl. den Kommentar von Jacoby, FGrHist (1930) S. 854 ff. 128 Das Ende des trojanischen Krieges wurde nach dem von Eratosthenes entwickelten System der Olympioniken ins Jahr 1184 gesetzt. 129 R. Beutler, Porphyrios (21), RE XXII 1, Stuttgart 1953, Sp. 287. 130 Porphyrios starb um oder nach 305 n. chr.: R. Beutler, Porphyrios (21), RE XXII 1, Stuttgart 1953, Sp. 278. 131 Ebenda Sp. 287. 132 Malitz, Poseidonios S. 301 denkt zumindest für die 90er Jahre an Poseidonios als Quelle. 133 Ehling, Alexander II. S. 2. 134 Der griechische Kirchenvater Eusebios stammte aus caesarea Maritima, wo er seit 315 n. chr. Bischof war und zum Berater constantins d. Gr. avancierte. Der lateinische Kirchenvater Hieronymus hielt sich 367 n. chr. in Trier auf, war 382−385 n. chr. Sekretär des Papstes Damasus in Rom und starb 419 oder 420 n. chr. Seine chronik reicht bis ins Jahr 378 n. chr.: Demandt, Spätantike S. 19. Hieronymus wird zitiert nach: R. Helm (Hg.), Eusebius Werke. 7. Band: Die chronik des Hieronymus. Hieronymi chronicon, 3., unveränderte Auflage mit einer vorbemerkung von U. Treu, Berlin 1984. 135 Der Teilband FGrHist 2. Teil B mit den Fragmenten 154 bis 261, Berlin 1929 (siehe die folgende Anmerkung), erschien drei Jahre, bevor Jacoby von den nationalsozialisten zur Emigration aus Deutschland gezwungen wurde: W. Theiler, Felix Jacoby †, Gnomon 32, 1960, S. 388. Der Teilband 3. Teil mit den Fragmenten 262 bis 296 erschien dann 1940 bei E. J. Brill in leiden.
I. Kapitel: Quellen
wodurch Antiochos vII. Alleinherrscher in Syrien wurde), Belagerung Jerusalems: 3. Jahr der 162. Olympiade = 130/29 (134/33), Antiochos vII. zieht in den Partherkrieg: 3. Jahr der 162. Olympiade = 130/29 (131), Phraates II. greift das Heer Antiochos’ vII. an: 4. Jahr der 162. Olympiade = 129/28 (129), Demetrios II. kehrt nach zehn Jahren aus parthischer Gefangenschaft zurück: 2. Jahr der 162. [163.]136 Olympiade = 135/34 (129), Tod des Demetrios II.: 1. Jahr der 164. Olympiade = 124/23 (125), Beginn der Regierung des Antiochos vIII. (mit Kleopatra Thea): 2. Jahr der 164. Olympiade = 123/22 (vor Oktober 123), Tod des Alexander II.: 3. Jahr der 164. Olympiade = 122/21 (vor Oktober 123), landung Antiochos’ IX. in Syrien: 4. Jahr der 166. Olympiade = 113/12 (Ende ? 113), Antiochos vIII. geht nach Aspendos und Antiochos IX. ist Alleinherrscher: 1. Jahr der 167. Olympiade = 112/11 (Ende ? 113), Antiochos vIII. kehrt aus dem aspendischen Exil zurück: 2. Jahr der 167. Olympiade = 111/10 (Ende ? 112), Antiochos vIII. regiert bis zum 4. Jahr der 170. Olympiade = 97/96 (98/97), Antiochos IX. stirbt im 1. ? Jahr137 der 171. Olympiade = 96/95 (97/96), Beginn der Kämpfe zwischen Antiochos’ X. und Philipp I. 3. ? Jahr138 der 171. Olympiade = 94/93 (93 ?). Auffällig an dieser liste ist, daß es neben einer ganzen Reihe richtiger Daten (z. B. Todesdatum Antiochos’ Iv., Aufbruch Demetrios’ II. in den Partherkrieg und landung Antiochos’ IX. in Syrien) eine Anzahl von Datierungen gibt, die genau um ein Jahr zu niedrig angesetzt sind,139 so z. B. das Todesdatum Demetrios’ I., der Partherfeldzug Antiochos’ vII., das Todesdatum Demetrios’ II. oder das Todesdatum Antiochos’ vIII. Porphyrios scheint daher aus zwei verschiedenen „listen“ geschöpft zu haben, wobei ihm im Falle der zu niedrig angesetzten Daten immer derselbe Umrechnungsfehler in Olympionikenjahre unterlaufen ist (bzw. der Rechenfehler in seiner Quelle bereits vorlag). verhält es sich so, dann können letztlich aber auch diese Daten zur Abstützung der Seleukidenchronologie herangezogen werden, indem man sie einfach um ein Jahr nach oben rechnet. Wichtige Details sind den aus spätantiker zeit stammenden Stadtgeschichten von Antiocheia zu entnehmen. zu nennen sind hier libanios’ lobrede (or. 11) „An-
136 Die verbesserte zählung „Jahr 163“ in eckigen Klammern setzt Jacoby, FGrHist (1929) S. 1218, da die Angabe „Jahr 162“ ein versehen des Porphyrios ist. 137 Das Fragezeichen setzt Jacoby, FGrHist (1929) S. 1219. 138 Das Fragezeichen setzt Jacoby, ebenda S. 1219. 139 Dies hat schon niese, Makkabäerbücher S. 492 ff. gesehen, doch ist seine Erklärung, die er dafür bietet, letztlich nicht stichhaltig. Er stellt fest, daß das letzte Jahr des Antiochos III. mit dem Olympiadenjahr 148, 2 statt 148, 1 gezählt wird. Deshalb sei, so niese, „die ganze liste bis Alexander Balas um ein Jahr verschoben“. Wie oben gezeigt stimmt dies allerdings nicht ganz, denn das Todesdatum Antiochos’ Iv. ist bei Porphyrios korrekt angegeben und keineswegs um ein Jahr verschoben. Des weiteren ist nieses Bemerkung, der Fehler setze sich über Alexander I. hinaus nicht fort, „weil die liste bei ihm (= Porphyrios, Anm. d. verf.) eine Unterbrechung erleidet und mit einem Sprung auf Demetrios II.“ übergehe, ebenfalls nicht richtig, denn sowohl der Partherfeldzug Antiochos’ vII. als auch das Todesdatum Demetrios’ II. sind jeweils um ein Jahr zu niedrig datiert.
1.) literarische Quellen
tiochikos“140 und Malalas’ Weltchronik.141 Wenn diese beiden Autoren auch sehr viel spätere kaiserzeitliche bzw. frühbyzantinische zustände vor Augen haben − libanios’ Rede auf seine Heimatstadt wurde (in Teilen) im Jahr 356 n. chr. vorgetragen142 und Malalas’ chronik nach 563 n. chr. abgeschlossen143 −, so gelten doch etwa libanios’ ausführliches lob des milden Klimas, des Wasserreichtums und der Fruchtbarkeit des landes (11, 19; 24) oder seine Erwähnung der viehwirtschaft (11, 26) und des Weizen- und Weinanbaues (11, 23) oder des Exportes von Olivenöl, das „in alle Richtungen verschifft“ wird (11, 22), grundsätzlich auch für die seleukidische zeit. Schon Strabon nennt die Syria Seleukis die „beste“ landschaft dieser Gegend,144 und wenn es im seleukidischen Antiocheia, anders etwa als in Rom, niemals zu Protesten oder Unruhen der Bevölkerung wegen knapper lebensmittel gekommen ist, so hängt dies mit der überaus günstigen lage der Stadt zusammen, deren reiche versorgung aus dem Umland selbst in schwierigen zeiten immer gewährleistet war.145 Ausführlich referiert libanios sowohl die frühesten Gründungsmythen von Io, Triptolemos und den Argivern146 als auch die Gründung Antiocheias durch Seleukos I. (11, 85−93). Dabei erwähnt er die zerstörung Antigoneias147 und die Übersiedlung der athenischen Bevölkerung nach Antiocheia (11, 92). libanios konzentriert sich in den die Seleukiden betreffenden Kapiteln seiner lobrede insbesondere auf die leistungen des Seleukos I. Er hebt dessen verdienste um Daphne hervor148 und weist auf seine zahlreichen Städtegründungen hin (11, 100−104). Knapper geht der Rhetor auf die nachfolger des ersten Seleukos ein (11, 105−123). 140 Der griechische Text wird nach der Teubner-Ausgabe von R. Foerster, libanii Opera. vol. I. Fasc. II. Orationes vI−XI, leipzig 1903 zitiert. Benützt werden Übersetzung und Kommentar von Fatouros/Krischer, Antiochikos. 141 Malalas wird zitiert nach: I. Thurn, Ioannis Malalae chronographia (corpus Fontium Historiae Byzantinae XXXv), Berlin/new York 2000. Benützt wird die Übersetzung von E. Jeffreys/M. Jeffreys/R. Scott, The chronicle of John Malalas. A Translation (Australian Association for Byzantine Studies. Byzantina Australiensia 4), Melbourne 1986. vgl. außerdem E. Jeffreys, The Sources of Malalas, in: E. Jeffreys/B. croke/R. Scott (Hg.), Studies in John Malalas (Australian Association for Byzantine Studies. Byzantina Australiensia 6), Sydney 1990, S. 167−216. 142 Fatouros/Krischer, Antiochikos S. 9. zu der Rede vgl. auch Wiemer, vergangenheit S. 442−468. 143 Demandt, Spätantike S. 23. 144 16, 2, 4 = 749, siehe oben. libanios steigert dieses lob noch. Er nennt Syrien das schönste land unter der Sonne und die Stadt Antiocheia ihren schönsten Teil: 11, 16. 145 Ehling, Unruhen S. 328 f. nach lib. 11, 24 lassen Klima und Fruchtbarkeit des landes es nicht zu, „daß der Hunger sich bei uns breit macht“ (Übersetzung Fatouros/Krischer, Antiochikos). Ein einziger Hinweis auf eine Hungersnot findet sich in der babylonischen Keilinschrift: Sachs/ Hunger, Astronomical Diaries III S. 85 nr. 149 z. 3 f. im zusammenhang mit den Kämpfen zwischen Demetrios I. und Alexander I. 146 11, 44−58. Diese namen stehen für die in der römischen Kaiserzeit so hoch veranschlagte edle Abkunft der Bevölkerung und das hohe Alter der Stadt ein. 147 Eine Gründung des Antigonos Monophthalmos, die ins Jahr 307 datiert wird. Antigoneia lag 40 Stadien von Antiocheia entfernt: lib. 11, 85. Mehl, Seleukos S. 129 und Orth, Geographie S. 80 f. Malalas 8, 201 kennt das Kultbild der Stadt, das später nach Rhosos überführt wurde. 148 11, 94−99. In 11, 99 heißt es: „Und Daphne war für Seleukos alles“ (êár ðÜíôá ƒí ½ ÄÜöíç Óåëåýêv).
I. Kapitel: Quellen
Für die Geschichte der späten Seleukiden sind dabei zum einen die Überführung eines gehörnten Isisstandbildes von Memphis nach Antiocheia von Bedeutung (11, 114), da dies ein früher Beleg für die Förderung des ‚ägyptischen‘ Kultes durch das Seleukidenhaus ist,149 zum anderen die Erwähnung eines Aufstandes in Kilikien unter Antiochos Iv. (11, 122−123), ein wichtiger Hinweis darauf, daß es in dieser Region immer unruhig war, was auch Alexander I. und Seleukos vI. Probleme bereitete.150 leider nur mehr summarisch erwähnt libanios die nachfolger Antiochos’ Iv., obwohl er nach eigener Aussage einiges zu berichten gehabt hätte: „11, 124. Auch über die weiteren Könige weiß ich vieles zu berichten, doch möchte ich, wie gesagt, nicht durch Ausführlichkeit zur last fallen, … 125. Da errichtete der eine (König) ein Heiligtum des Minos, der andere eines der Demeter, ein anderer eines des Herakles, und wieder ein anderer das eines anderen. Dieser schuf ein Theater und jener ein Rathaus; einer ebnete die Straßen, und andere leiteten das Wasser der nymphen in Aquädukten, sei es aus den vorstädten in die Stadt, sei es daß die neustadt versorgt wurde aus den Quellen, die in der Altstadt so zahlreich fließen. Tempel um Tempel wurde errichtet, bis der größere Teil der Stadt von Heiligtümern beschützt wurde“ (Übersetzung Fatouros/Krischer, Antiochikos). Die Errichtung eines Heiligtums für Minos geht möglicherweise auf Demetrios II. zurück, der mit Hilfe kretischer Söldner an die Macht gelangte.151 Darüber hinaus wird es aber kaum möglich sein, die Errichtung der genannten Tempel und Profanbauten bestimmten Königen oder Königinnen, auf deren aktive politische Rolle libanios in 11, 128 eigens aufmerksam macht, zuzuweisen. Trotz des lokalpatriotischen Untertones wird man schließen dürfen, daß auch die späten Seleukidenkönige ihren Beitrag zum Ausbau und zur verschönerung der syrischen Hauptstadt geleistet haben. Fassen können wir dies etwa noch für Antiochos IX.152 In ihrem Quellenwert schwer zu beurteilen sind die Fragmente des Johannes Antiochenus.153 Über das leben dieses griechischen Geschichtsschreibers (und Mönches ?) ist nichts bekannt;154 seine lebenszeit fällt aber wohl nicht ins 7., sondern ins 6. Jh. n. chr.155 Das Fragment Müller 58 berichtet vom 6. Syrischen Krieg, dem Religionsverbot Antiochos’ vI. und der Regierungsübernahme durch Demetrios 149 150 151 152 153
Ehling, Unruhen S. 333 f.; Wiemer, vergangenheit S. 456 ff. Siehe auch Kap. II 7. Ehling, Unruhen S. 323; 326. Siehe unten Kap. II 5. Malal. 235, 15. Austin, Krieg und Kultur S. 141. Siehe unten Kap. II 10. Johannes Antiochenus wird zitiert nach der neuen noch ungedruckten Textedition von S. Mariev, die im corpus Fontium Historiae Byzantinae erscheinen wird. Herrn Sergei Mariev, M. A. (München) danke ich für die Möglichkeit, Einblick in das Manuskript nehmen zu dürfen. Die numerierung der Fragmente folgt der zählung bei K. Müller, Fragmenta Historicorum Graecorum, Band 4, Paris 1851. 154 Demandt, Spätantike S. 20. Selbst daß Johannes Antiochenus Mönch gewesen sei, ist keineswegs wirklich gesichert. 155 Da die letzten Fragmente, d. h. die Fragmente 217 a−b und 218 b−f, wohl nicht Johannes Antiochenus zuzuschreiben sind. vgl. G. Sotiriadis, zur Kritik des Johannes von Antiochia, leipzig 1888, S. 60 ff. und P. Sotiroudis, Untersuchungen zum Geschichtswerk des Johannes von Antiocheia, Thessaloniki 1989, S. 39 ff. Sein Geschichtswerk ist deshalb wohl um 520−530 n. chr. entstanden (freundlicher Hinweis von Herrn Sergei Mariev, M. A. [München]).
1.) literarische Quellen
I. ‚Religionsedikt‘ und Maßnahmen des vierten Antiochos gegen die Juden werden nicht nach dem I. Makkabäerbuch oder Josephus wiedergegeben, sondern folgen einer späteren christlichen Tradition.156 Die positive Beurteilung des Demetrios I. geht über Josephus ant. Iud. 13, 56 ff. bzw. Iustin 15, 1, 11 auf Polybios zurück. Da Johannes Antiochenus in den späteren, die römische Kaiserzeit betreffenden Fragmenten mit Eutropius eine lateinische Quelle bevorzugt,157 könnte für die hellenistische zeit ebenfalls eine lateinische Quelle herangezogen worden sein, nämlich Iustin. Denn sowohl der Skythenaufstand unter Phraates II. (Müller Frag. 66, 2) im Jahr 129 als auch die Flucht des Demetrios II. nach Tyros (Müller Frag. 66, 3) im Jahr 125 werden von Iustin überliefert (39, 1, 8; 42, 1, 3). Unverständlich bleibt, warum Alexander II. als ¿ ðñåóâýôåñïò bezeichnet wird158 und aus Arabien − nicht Ägypten − kommend gegen Demetrios II. zieht. Allein von Johannes Antiochenus überliefert wird, daß 1.) es zur zeit Antiochos’ IX. zu einem Erdbeben (óåéóì’ò ìÝãéóôïò) an der phönikischen Küste kam, das Tyros schwer in Mitleidenschaft zog, 2.) ein êïìÞôçò Ende und Tod des neunten Antiochos ankündigte159 und 3.) Demetrios II. eine Frau namens Apame hatte, die ihren Sohn Seleukos auf hinterlistige Weise in Damaskos ermordete (Müller Frag. 66, 3). letzteres dürfte auf ein Mißverständnis zurückgehen bzw. eine Dublette darstellen, denn Iustin überliefert (39, 1, 9), daß Kleopatra Thea, die erste Frau des Demetrios II., ihren Sohn Seleukos hinterlistig ermorden ließ; nur den Ortsnamen Damaskos nennt Iustin nicht. Die Textstelle macht aber wiederum eine Benutzung Iustins durch den byzantinischen Geschichtsschreiber wahrscheinlich. Eine Apame aber wird Demetrios II. nie zur Frau gehabt haben; sie ist deshalb nicht in die Familienstammtafel aufgenommen worden.160 Die bis in das Jahr 563 n. chr. reichende Weltchronik (÷ñïíïãñáößá) des Johannes Malalas,161 eines zur zeit des Kaisers Iustinian griechisch schreibenden 156 So zwingt der König die Bewohner Jerusalems angeblich dazu, Griechisch zu sprechen. Auch ist die von Johannes erwähnte Errichtung eines Kultbildes des olympischen zeus unhistorisch, wird aber ebenfalls von Hieronymus comm. i. Dan. 11, 31 = Jacoby, FGrHist (1929) S. 1226 berichtet. 157 Die Belege für die Benutzung des Eutrop sind legion. Die Forschung geht mehrheitlich davon aus, daß Johannes Antiochenus Eutrop in der griechischen Übersetzung des Kapito von lykien benutzt hat. (Diese Übersetzung wird in der Suda s. v. Êáðßôùí erwähnt, sie ist aber nicht erhalten.) So zuletzt P. Sotiroudis, Untersuchungen zum Geschichtswerk des Johannes von Antiocheia, Thessaloniki 1989, S. 110 Anm. 55. Allein F. R. Walton, A neglected Historical Text, Historia 14, 1965, S. 236−251 hat die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß Johannnes Antiochenus eine eigene Übersetzung anfertigte. Wenn sich eine Benutzung Iustins definitiv nachweisen ließe, würde Waltons Annahme an Wahrscheinlichkeit gewinnen. 158 Müller Frag. 66, 2. Es dürfte hier eine verwechslung vorliegen, denn als der ältere Alexander wäre Alexander I., der fiktive vater des Alexander II., zu bezeichnen; richtig wäre ¿ íåþôåñïò für Alexander II. gewesen vgl. den Kommentar von Müller S. 561. 159 zu Erdbeben und Komet vgl. l. zusi, l’età mariano-sillana in Giovanni Antiocheno, Padua 1989, S. 110 f. 160 Anders Grainger, Prosopography S. 39; 66 und Ogden, Polygamy S. 149; 151, die beide die Überlieferung bei Johannes Antiochenus für glaubwürdig halten. 161 Malalas wird zitiert nach I. Thurn, Ioannis Malalae chronographia (corpus Fontium Historiae
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I. Kapitel: Quellen
chronisten aus Antiocheia, enthält eine Geschichte der syrischen Hauptstadt, die allerdings, wie das ganze Werk, „ohne Kritik zusammengestellt“ ist.162 Neben zahlreichen Ungenauigkeiten und Fehlern finden sich aber auch einzelne sehr wertvolle Angaben: So überliefert der byzantinische Autor die Gründungslegenden von Antiocheia, Seleukeia in Pierien (8, 199), laodikeia (8, 203) und erwähnt, daß Daphne ursprünglich von Herakles erbaut wurde (8, 204). Wie libanios hebt er die zahlreichen Städtegründungen des ersten Seleukiden hervor, dem er Gründungen zuschreibt.163 Daß der erste Seleukide in Seleukeia in Pierien beigesetzt wurde, weiß neben Malalas (8, 204: dôÜöç dí Óåëåõêåßá ôyò Óõñßáò) auch App. Syr. 63, 336 zu berichten, während die meisten späteren Könige vermutlich in Antiocheia bestattet wurden.164 Außerdem erwähnt nur Malalas (208, 26) eine Eheschließung zwischen Antiochos IX. und der parthischen Königstochter Brittane.165 Auch nennt er verschiedene seleukidische Kunstdenkmale, von denen wir sonst wenig wissen,166 Byzantinae XXXv), Berlin/new York 2000. 162 Demandt, Spätantike S. 23. Eine Übersetzung bieten: E. Jeffreys/M. Jeffreys/R. Scott, The chronicle of John Malalas, Melbourne 1986. 163 8, 203. Damit würde er sogar noch Alexander d. Großen übertreffen, dem die Gründung von 70 Städten zugeschrieben wurde: Plut. De fortuna Alexandri I 5, Moralia 328 E. vgl. R. ziegler, Alexander der Große als Städtegründer. Fiktion und Realität, in: U. Peter (Hg.), Stephanos nomismatikos. E. Schönert-Geiß zum 65. Geburtstag, Berlin 1998, S. 679−697 und Brodersen, Gründungen S. 357 ff. 164 Wahrscheinlich wurde Antiochos Iv. in Antiocheia beigesetzt, siehe unten Kap. II 1. leider haben wir über die Begräbnisstätten der seleukidischen Könige kaum genauere Kenntnisse. Wenig wissen wir über die mit diesen Grabstätten sicher verbundenen Kulte. Überhaupt ist unser Wissen bezüglich des seleukidischen Herrscherkultes eher dürftig. noch immer gilt im Grunde das, was Rostovtzeff, ÐÑÏÃÏÍÏÉ S. 59 schreibt: “The evidence which we possess on the organisation of the official dynastic cult of the Seleucids in their empire is both scanty and late”. zum Thema jetzt: P. van nuffelen, le culte royal de l’empire des Séleucides: une réinterprétation, Historia 52, 2004, S. 278−301. 165 Siehe dazu Kap. II 10. 166 In 8, 201 erwähnt er eine Stadttyche von Antigoneia, die später nach Rhosos überführt wurde, und eine Athenastatue, die möglicherweise später auf den Münzen Antiochos’ vII., Alexanders II., Antiochos vIII. (?), Antiochos’ IX. und Seleukos’ vI. (?) abgebildet wurde: cSE 264−267 und 329−331; 335; 530−538; SnG Israel I 1846−1875; 2289−2291; 2300−2307; 2573 f.; 2677−2680; 2698 f.; 2716−2719; 2732; 2745−2748; 2755−2759; 2779−2786. Bei der Athena auf den Münzen Antiocheias, die als Plastik dem Apollon von Daphne vergleichbar gewesen sein dürfte, steht die nike auf der rechten Hand der Göttin immer nach links. In 8, 202 nennt der byzantinische chronist eine Adlerskulptur aus Stein, die Plastik eines Pferdekopfes und in 8, 205 den in den Fels oberhalb von Antiocheia eingehauenen Kopf, den Malalas mit einer „Maske, Gesicht“ (ðñïóùðåsïí) vergleicht und den die Antiochener „charonion“ nannten (… ”ðåñ ðñïóùðåsïí êáëï™óéí fùò ôï™ í™í ïj EÁíôéï÷åsò ×áñþíéïí). Dieses charonion ist noch heute zu sehen: Downey, Antioch S. 103 f.; Hoepfner, Antiochia Abb. 10. Der Kopf ist mehr als fünf Meter hoch: Hoepfner, Geschichte S. 487. P. Perdrizet/ch. Fossey, voyage dans la Syrie du nord, BcH 21, 1897, S. 66−91, bes. S. 79 ff. vermuten S. 82 in dem Kopf eine Kore oder Demeter. Hoepfner, Antiochia S. 8 hingegen erkennt einen männlichen Kopf mit Tiara, auf deren rechter Schulter sich eine kleinere Gestalt befindet. In der „Manier alter hethitischer Felsreliefs“, so meint Hoepfner, steht hier die neue Stadt Epiphaneia auf den Schultern des alten Antiocheia. Die Deutung ist insofern problematisch, als man erwarten würde, daß Antiocheia und Epiphaneia durch weibliche Figuren mit Mauerkronen personifiziert würden. − Aus der
1.) literarische Quellen
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und Bauwerke in Antiocheia.167 Trotz aller vorzüge, mit der die syrische Hauptstadt von der natur ausgestattet war, ist sie in seleukidischer zeit doch wahrscheinlich wenigstens zweimal Opfer von Erdbeben geworden: So im achten Regierungsjahr des Antiochos III. (223/22−187), was zur Errichtung der auch von lib. or. 11, 119 erwähnten neustadt führte (Malal. 8, 207 f.), und wahrscheinlich in der Regierungszeit des Tigranes II. (Malal. 8, 211).168 In der zeit des vierten Antiochos wütete in Antiocheia die Pest (Malal. 8, 205). Synkellos,169 der Sekretär des Patriarchen von Konstantinopel, schrieb vermutlich als Mönch nach 806 n. chr. eine Weltchronik bis Kaiser Diocletian.170 Der byzantinische Autor ist weitgehend von Eusebios171 und dem I. Makkabäerbuch abhängig, das er ausführlich benützt.172 An ganz wenigen Stellen verfügt er über ‚Sondergut‘. So berichtet Synkellos, daß Antiochos vII. über Sidon gegen Tryphon ins Feld zog (351, 16 f. = 553). Die Stadt Sidon wird in diesem Kontext von keiner anderen Quelle erwähnt. An gleicher Stelle (351, 18 f. = 553) berichtet er zudem, daß Tryphon während der Belagerung Doras durch Antiochos vII. Selbstmord beging, was außer ihm nur noch Strabon vermerkt (14, 5, 2 = 668); die nachricht dürfte letztlich auf Poseidonios zurückgehen.173 Heillos verwirrt sind Synkellos’ Ausführungen zu den Jahren nach 129.174 Der jüngste in der Reihe byzantinischer Historiker, der auch nachrichten über die Seleukiden verzeichnet, ist zonaras.175 zonaras war Offizier und hoher Staatsbeamter und starb als Mönch um 1150 n. chr. Seine chronik dðéôïìx jóôïñé§í beginnt mit der Erschaffung der Welt und reicht bis 1118 n. chr.176 Der Autor erwähnt die römische Senatsgesandtschaft des Jahres 163 nach Antiocheia.177 Außerdem kennt er Details der Flucht des Demetrios (I.) aus Rom, die er bei Polybios
167 168 169
170 171 172 173 174 175 176 177
Schilderung bei Malalas (8, 205) gewinnt man den Eindruck, daß der „Maske“ apotropäische Eigenschaften zugeschrieben wurden, denn sie wurde in den Fels gemeißelt, als zur zeit des Antiochos Iv. eine Pest in Antiocheia wütete. Er nennt das Bouleuterion: 8, 205; 211 und ein Heiligtum des zeus Bottiaios. vgl. zum zeus Bottiaios Mastrocinque, zeus S. 358 f. Dieses Ereignis ist auch bei Iust. 40, 2, 1 vermerkt. Synkellos wird zitiert nach A. A. Mosshammer (Ed.), Georgii Syncelli Ecloga chronographica, leipzig 1984 (Teubner). Benützt werden auch Übersetzung und Kommentar von W. Adler/P. Tuffin, The chronography of George Synkellos. A Byzantine chronicle of Universal History from the creation, Oxford 2002. Demandt, Spätantike S. 31. So erwähnt Eusebios (chron. I 256 = FGrHist 260 F 32, 16) für Demetrios II. den aramäischen Spottnamen Seripides, den auch Synkellos kennt (351, 12: Sirippides). zum namen vgl. Willrich, Demetrios (41) Sp. 2800. Die nachweise bieten W. Adler/P. Tuffin, The chronography of George Synkellos. A Byzantine chronicle of Universal History from the creation, Oxford 2002, in den Anmerkungen. zu den Selbstmorden von Seleukidenkönigen vgl. Ehling, Miszellen S. 376 ff. Seine Hauptquelle, das I. Makkabäerbuch, endet mit dem Jahr 135. zonaras wird zitiert nach der Teubneredition von l. Dindorf, Ioannis zonarae Epitome Historiarum, leipzig 1869. K. ziegler, zonaras, RE X A, München 1972, Sp. 718 ff.; Demandt, Spätantike S. 33. Siehe unten Kap. II 1.
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I. Kapitel: Quellen
gelesen hat.178 Wie K. ziegler in seinem RE-Artikel zu zonaras vermutet, stand diesem noch der ganze Polybios zur verfügung.179 Ansonsten folgt er insbesondere den Makkabäerbüchern und Josephus; letzteren gibt er z. B. in Buch 4, 16 c namentlich als Quelle an. 2.) Lateinische Autoren. Die wichtigste erhaltene, lateinisch abgefaßte Quelle ist das Exzerpt Historiarum Philippicarum Pompei Trogi libri quadraginta quattuor, das M. Iunianus Iustin im 2. oder 3. Jh. n. chr. von den 44 Büchern des Pompeius Trogus anfertigte.180 letztere trugen den Titel Historiae Philippicae und wurden in augusteischer zeit geschrieben.181 Die Bücher 13−40 der Epitome geben eine zusammenfassung der Geschichte der hellenistischen zeit vom Tode Alexanders d. Gr. bis zum Ende des Ptolemäerreiches.182 Seleukidisches wird in den Büchern 15, 4: Seleukos I. und Tschandragupta, 27, 1−2: 3. Syrischer Krieg, 27, 3: Flucht des Antiochos Hierax, 31−32, 3, 5: Regierung und Tod Antiochos’ III., 34, 2, 7−3, 9: 6. Syrischer Krieg und Anfänge des Demetrios I., 35: Demetrios I. und Alexander I., 36, 1: Demetrios II. und Antiochos vII., 38, 9−10: Gefangennahme des Demetrios II., 39, 1: Flucht und Tod des Demetrios II. und Regierung des Alexander II., 39, 2−3: niederlage des Alexander II. und die Kämpfe zwischen Antiochos vIII. und Antiochos IX., 40: Regierung des Tigranes II. und Einzug des Pompeius in Syrien sowie 41, 4−5: Ostfeldzug Antiochos’ I. und Abfall der Oberen Satrapien berichtet. Die ältere Auffassung, daß Pompeius Trogus kaum etwas anderes biete als eine lateinische Bearbeitung des Timagenes von Alexandreia,183 ist kaum haltbar und gilt heute als widerlegt.184 Vielmehr hat Trogus eine Vielzahl von Quellen benutzt, „deren Spektrum äußerst breit gefächert ist“.185 Was die spätere seleukidische Geschichte betrifft, so sind Polybios und Poseidonios seine Hauptquellen. Die Bücher und Abschnitte bei Iustin: 34, 2, 7−3, 9 und 35, 1, 1−2, 4 gehen auf Polybios, 36, 1, 38, 9−10, 39, 1−3 und Buch 40 auf Poseidonios zurück.186 Damit liegen den drama178 Siehe unten Kap. II 2. 179 K. ziegler, zonaras, RE X A, München 1972, Sp. 727. 180 Wenig schmeichelhaft ist die Beurteilung Iustins durch J. Beloch, Griechische Geschichte I: Bis auf die sophistische Bewegung und den peloponnesischen Krieg, Straßburg 1893, S. 18, der dessen Schrift als „ein ganz elendes Machwerk“ bezeichnet. 181 Iustin wird zitiert nach der Teubneredition von O. Seel, M. Iuniani Iustini, Epitoma Historiarum Philippicarum Pompei Trogi, Stuttgart 1972. Benützt wurde die Übersetzung von O. Seel, Pompeius Trogus. Weltgeschichte von den Anfängen bis Augustus im Auszug des Justin, zürich/ München 1972. Einen Kommentar bietet Richter, Untersuchungen. 182 Richter, Untersuchungen S. 13. 183 So A. v. Gutschmid, Trogus und Timagenes, RhM 37, 1882, S. 548−555; F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (F Gr Hist). zweiter Teil: zeitgeschichte. c: Kommentar zu nr. 64−105, Berlin 1926, S. 220; H. R. Breitenbach, Timagenes (2), KP 5, München 1975 Sp. 833 u. a. 184 vgl. die Diskussion dieser These bei Richter, Untersuchungen S. 26 ff. 185 Ebenda S. 29 f. mit Anm. 11. 186 Wie Richter, Untersuchungen S. 165 ff. gegen l. Santi Amantini, Fonti e valore storico di Pompeo Trogo (Iustin XXXv e XXXvI), Genova 1972, feststellt, bediente sich Trogus nicht einer zwischen- oder Mittelquelle, sondern griff direkt auf Poseidonios zurück. Eine solche zwischen-
1.) literarische Quellen
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tischen Beschreibungen vom Tode der Kleopatra Thea187 oder von der Ermordung der Kleopatra Tryphaina188 poseidonische Schilderungen zugrunde. Ein Problem stellt das 40. Buch dar. Iustin faßt darin einen zeitraum von 50 Jahren, d. h. die Jahre von 113 bis 63 kurz zusammen.189 Es enthält offensichtliche Fehler: So wird die Regierungsdauer des Tigranes II. mit 17 bzw. 18 Jahren angegeben;190 richtig ist die Angabe bei Appian, der von 14 Jahren spricht.191 In Iust. 40, 2, 2 wird Antiochos XIII. als Sohn des Antiochos IX. bezeichnet; richtig ist, daß er der Sohn des Antiochos vIII. war. Bemerkenswert ist die positive Beurteilung des Tigranes II., dessen Regierung als tranquillissimus charakterisiert wird (40, 1, 4). Möglicherweise stützte sich Trogus auf einen Tigranes II.-Historiker wie Metrodoros von Skepsis.192 Die positive Einschätzung kann aber auch noch auf Poseidonios zurückgehen, wenngleich seine Historien nur bis zum Jahr 86 oder 85 reichten.193 Ganz merkwürdig ist die Überlieferung, Tigranes II. sei durch Wahl des populus zum König von Syrien geworden und habe dabei vor Mithradates vI. und Ptolemaios IX. Soter II. den vorzug erhalten.194 Hinter dieser Überlieferung ‚steckt‘ vermutlich ein Tigranes II.-Historiker.195 Die abschließende Beurteilung, das Seleukidenreich sei letztlich an den innerdynastischen Bruderkämpfen zugrundegegangen,196 geht mit ziemlicher Sicherheit auf Poseidonios zurück.197 Erstens ist nur Poseidonios ein solcher historischer ‚Tiefblick‘ zuzutrauen, zweitens macht er schon in einem anderen zusammenhang, nämlich für das Aufkommen der Piraterie im östlichen Mittelmeerraum Ende der 140er Jahre, die mit Tryphon einsetzenden innerdynastischen Kämpfe verantwortlich.198 Poseidonios ist auch, darauf wurde oben bereits hingewiesen, der einzige Historiker, der zwischen älterer und jüngerer linie des
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oder Mittelquelle könnten nikolaos von Damaskos, Strabon oder Timagenes gewesen sein: Richter, Untersuchungen S. 208. Iust. 39, 2, 7−8. Iust. 39, 3, 3. Richter, Untersuchungen S. 199 f. Schon Trogus war, wie prol. 40 zeigt, hier sehr knapp: Richter, Untersuchungen S. 202. F. Rühl nimmt in seiner Iustin-Edition bei Teubner, leipzig 1886, die lesung „XvII“, O. Seel, M. Iuniani Iustini, Epitoma Historiarum Philippicarum Pompei Trogi, Stuttgart 1972, hingegen die lesart „XvIII“ auf. App. Syr. 48, 248. Brodersen, Abriß S. 78; Richter, Untersuchungen S. 203. FGrHist 184. Richter, Untersuchungen S. 204 mit Anm. 2. Malitz, Poseidonios S. 301; Richter, Untersuchungen S. 203. Iust. 40, 1, 2−3. Siehe unten Kap. II 12. Denkbar wären neben Metrodoros von Skepsis auch Herakleides von Magnesia und Hypsikrates von Amisos: Richter, Untersuchungen S. 204 Anm. 2. zu diesen Historikern ausführlich ebenda S. 178 ff. Iust. 40, 2, 5: Atque ita Syriam in provinciae formam redegit, paulatimque Oriens Romanorum discordia consanguineorum regum factus est. vgl. dazu Richter, Untersuchungen S. 204 f., der an dieser Stelle aber nicht an Poseidonios denkt, sondern meint, die Überlieferung ginge entweder auf Theophanes von Mytilene oder eine mündliche Tradition „Trogus’ Onkel, der als Augenzeuge die Kampagnen des Pompeius im Osten miterlebte …“ zurück. vgl. Strab. 14, 5, 2 = 668, wo sicher Poseidonios zugrunde liegt: W. capelle, Griechische Ethik und römischer Imperialismus, Klio 25, 1932, S. 102 f. Anm. 2; Strasburger, Poseidonios S. 43 mit Anm. 34; Malitz, Poseidonios S. 164 ff. Siehe auch unten Kap. II 6.
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I. Kapitel: Quellen
Seleukidenhauses unterscheidet199 und den daraus erwachsenden Problemen Beachtung schenkt. Auf diese poseidonische Analyse wird am Schluß der Arbeit bei der Diskussion der Frage nach den Gründen des niedergangs und zerfalls des Seleukidenreiches noch eingegangen. nach Iustin ist livius (59 v.−17 n. chr.?) unsere wichtigste lateinische Quelle zur Seleukidengeschichte.200 Der römische Geschichtsschreiber verfaßte ein 142 Bücher umfassendes Werk mit dem Titel ab urbe condita, von dem die Bücher 1−10 (bis 293), 21−45 (218−167) und Fragmente von Buch 91 (Sertoriuskrieg) erhalten sind.201 Wo livius in den erhaltenen Büchern detailliert über die Seleukiden berichtet (37, 39, 7−44, 7: Schlacht bei Magnesia am Sipylos, 38, 38, 1−18: vertrag von Apameia, 41, 20, 1−13: Geschenk- und Stiftungspolitik Antiochos’ Iv. und 45, 11, 8−13, 8: ‚Tag von Eleusis‘), liegen die Ausführungen des Polybios zugrunde.202 Die seleukidische Spätzeit behandelte livius in den Büchern 46 bis 101 (?).203 Diese sind verloren, aber wir besitzen wenigstens noch kurze Inhaltsangaben zu den einzelnen Büchern, die sogenannten Periochae (per.).204 Aus diesen geht hervor, daß livius im 49. Buch über Details vom Hofe des Alexander I. (per. 49) und im 50. Buch über die dynastischen Morde, die sich nach der Machtübernahme des ersten Alexander ereigneten, berichtete.205 Diese nachrichten hat der römische Autor sicher dem Geschichtswerk des Poseidonios entnommen.206 Die Kämpfe zwischen Alexander I. und Demetrios II. und Demetrios II. und Tryphon behandelte livius im 52. Buch (per. 52). Der Partherfeldzug des siebten Antiochos war, ebenfalls basierend auf Poseidonios’ Historien, Thema des 59. Buches (per. 59). In Buch 99 berichtete er vom Seeräuberkrieg des Pompeius und in Buch 101 von der Unterwerfung des Tigranes II. sowie der Einnahme Kilikiens, Syriens und Phönikiens (per. 99; 101).
199 Malitz, Poseidonios S. 278 Anm. 156. 200 livius wird zitiert nach: J. Briscoe, Titi livi. Ab urbe condita. libri XlI−Xlv, Stuttgart 1986. Die Kommentare zu livius beschäftigen sich bevorzugt mit den ersten Büchern. Für das bellum Antiochicum (bis 189) steht der Kommentar von J. Briscoe, A commentary on livy. Books XXXI−XXXIII, Oxford 1973, und ders., A commentary on livy. Books XXXIv−XXXvII, Oxford 1981, zur verfügung. 201 A. Klotz, livius (9), RE XIII 1, Stuttgart 1926, Sp. 820. 202 Polybios ist die wichtigste Quelle des livius „für die Ereignisse im Osten“: A. Klotz, livius (9), RE XIII 1, Stuttgart 1926, Sp. 845. 203 vgl. per. 101. 204 A. Klotz, livius (9), RE XIII 1, Stuttgart 1926, Sp. 824 ff. Die livianischen Periochae werden zitiert nach: H. J. Hillen, T. livius, Römische Geschichte. Buch Xlv. lateinisch und deutsch. Antike Inhaltsangaben und Fragmente der Bücher XlvI−cXlII, Darmstadt 2000. 205 Per. 50. Siehe unten Kap. II 5. 206 A. Klotz, livius (9), RE XIII 1, Stuttgart 1926, Sp. 846 schreibt, daß die Benutzung des Poseidonios durch livius „so gut wie sicher“ ist.
1.) literarische Quellen
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Jüngere Autoren wie Festus,207 Eutropius,208 Iulius Obsequens209 und Orosius210 haben livius benützt, dabei aber wahrscheinlich nicht auf das Gesamtwerk zurückgegriffen, sondern auf eine bereits von Martial (14, 190) bezeugte Epitome.211 Die wichtige notiz bei Orosius, daß Mithradates I. im Jahr 141 den Statthalter (praefectus) des Demetrios II. besiegte und die Stadt Babylon eroberte (5, 4, 16), dürfte über die livius-Epitome wiederum auf Poseidonios zurückgehen. Orosius’ Schilderung des Partherfeldzuges des Antiochos vII. (5, 10, 8) liegt die Epitome des 59. Buches des livius zugrunde, der aus Poseidonios schöpfte. Orosius benützt darüber hinaus für die Seleukidenzeit insbesondere das I. Makkabäerbuch. Die bei Eutropius überlieferten Maßnahmen des Pompeius in Syrien (6, 14, 2) sind livius’ 101. Buch bzw. der Epitome entnommen. Frontins Strategmaton schließlich dürfte ebenfalls über die livius-Epitome auf die Historien Poseidonios’ zurückgehen,212 der die Episode vielleicht in einer höfischen Quelle gelesen hat. Außer Polybios, der mit dem Prinzen Demetrios (I.) eng befreundet war, ist von den hier zu besprechenden Historikern und Autoren wohl nur ein einziger mit einem weiteren Seleukiden persönlich in Berührung gekommen, nämlich cicero mit Antiochos Philometor und/oder Antiochos XIII. Als der römische Politiker zu Beginn des Jahres 74 aus Sizilien nach Rom zurückkehrte,213 trafen etwa gleichzeitig die Brüder Antiochos Philometor und Antiochos XIII. dort zu verhandlungen mit dem Senat ein.214 cicero dürfte den beiden während ihres zweijährigen Romaufenthaltes mehrfach begegnet sein. Als er Anfang des Jahres 70 offiziell zum Ankläger des Verres ernannt wurde215 und auf Sizilien Beweise gegen den ehemaligen Statthalter 207 Festus wird zitiert nach: J. W. Eadie, The Breviarium of Festus. A critical Edition with Historical commentary, london 1967. Der Autor war, wie Eutropius (siehe die folgende Anmerkung), magister memoriae unter Kaiser valens und von 372 bis 378 n. chr. proconsul Asiae: Demandt, Spätantike S. 17. 208 Eutropius, der unter Kaiser valens magister memoriae und im Jahr 387 consul war, vgl. Demandt, Spätantike S. 16 f., wird zitiert nach der Teubneredition von c. Santini, Eutropii breviarium ab urbe condita, Stuttgart/leipzig 1992. 209 Iulius Obsequens, wohl ein Autor des ausgehenden 4. Jhs. n. chr., wird im folgenden zitiert nach H. J. Hillen, T. livius, Römische Geschichte. Buch Xlv. lateinisch und deutsch. Antike Inhaltsangaben und Fragmente der Bücher XlvI−cXlII, Darmstadt 2000. 210 c. zangemeister, Pauli Orosii Historiarum adversus Paganos. libri vII, leipzig 1889. Benützt wurde auch die Übersetzung von A. lippold, Paulus Orosius. Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht. Buch v−vII, zürich/München 1986. 211 vgl. A. Klotz, livius (9), RE XIII 1, Stuttgart 1926, Sp. 824 f. und Heftner, Plutarch S. 59 f. sowie bezüglich des Eutropius zuletzt: F. l. Müller, Eutropii breviarium ab urbe condita. Eutropius, Kurze Geschichte Roms seit Gründung (753 v. chr.−364 n. chr.). Einleitung, Text und Übersetzung (Palingenesia 56), Stuttgart 1995, S. 9. 212 2, 13, 2. Siehe unten Kap. II 8. Der verfasser, Iulius Sextus Frontinus, bekleidete drei Mal den Konsulat (in den Jahren 73, 98 und 100 n. chr.) und wird nach der lateinisch-deutschen Ausgabe von G. Bendz, Frontin: Kriegslisten (Schriften und Quellen der Alten Welt 10), Berlin 1987³, zitiert. 213 Fuhrmann, cicero S. 61. 214 Siehe unten Kap. II 12. 215 Fuhrmann, cicero S. 66.
I. Kapitel: Quellen
zu sammeln begann,216 hat cicero Antiochos Philometor oder Antiochos XIII. vielleicht sogar noch persönlich in Syrakus (?) als zeugen befragt.217 Jedenfalls zeigt er sich hinsichtlich des dem Seleukiden von verres abgepreßten Tafelgeschirres und der übrigen Kunstgegenstände gut unterrichtet.218 Darüber hinaus hat cicero sogar in gewisser Weise aktiv in die den nahen Osten betreffende Politik Roms eingegriffen, indem er als Prätor mit seiner Rede pro lege Manilia de imperio Cn. Pompei im Jahr 66 die Ernennung des Pompeius zum Oberbefehlshaber im Krieg gegen Mithradates vI. von Pontos und Tigranes II. von Armenien durch die lex Manilia unterstützte. Dieser Rede sind wichtige Details des Seeräuberkrieges von 67 zu entnehmen.219 Schließlich verdanken wir noch zwei interessante Details (Hochzeit Antiochos’ Iv. mit der Artemis von Hierapolis; zug mit der leiche Antiochos’ Iv. nach Antiocheia) dem aus dem 2. Jh. n. chr. stammenden lateinisch schreibenden Granius licinianus.220 Dieser hat ebenfalls livius oder einen liviusauszug benützt, aber auch andere, heute nicht mehr eruierbare Quellen.221 3.) Jüdische Autoren. Unter den von jüdischen Autoren verfaßten Schriften sind das I. und II. Makkabäerbuch sowie die „Jüdischen Altertümer“ (Antiquitates) des Flavius Josephus von ganz hervorragendem Quellenwert,222 auch wenn sie, wie oben ausgeführt, die Geschichte der Seleukidendynastie im wesentlichen aus der Perspektive des seleukidisch-jüdischen Konfliktes beschreiben. Das historisch älteste dieser drei Werke ist das II. Makkabäerbuch.223 Es handelt sich dabei um eine Epitome, die im Jahr 124 von einem Autor, vielleicht dem in II. 216 Ebenda S. 66 f. 217 Wenig später muß Antiochos Philometor bzw. der dreizehnte Antiochos von Sizilien abgereist sein, vermutlich nach Kilikien, denn im Frühjahr/Sommer 69 wurde Antiochos XIII. König in Syrien. 218 Die vierte Rede gegen verres wird zitiert nach: G. Peterson, M. Tulli ciceronis Orationes III (Scriptorum classicorum Bibliotheca Oxoniensis), Oxford 1978 (nachdruck der zweiten Edition von 1917). 219 Die Rede ciceros wird zitiert nach: A. c. clark, M. Tulli ciceronis Orationes I (Scriptorum classicorum Bibliotheca Oxoniensis), Oxford 1970 (nachdruck der ersten Edition von 1905). vgl. dazu die Ergänzungen: G. Perl/A. Blochwitz, ciceros Rede ‚De imperio cn. Pompei‘ im codex Berolinensis lat. fol. 252 (E), Hermes 132, 2004, S. 92−101. 220 Granius licinianus wird nach der neuen, 1981 bei Teubner in leipzig herausgekommenen Edition von n. criniti zitiert. Seleukidisches findet sich dort in Buch 28. 221 G. Funaioli, Granius (13), RE vII 2, Stuttgart 1912, Sp. 1822. 222 Wie schon niese, Makkabäerbücher S. 268 betont, sind die beiden Makkabäerbücher von „besondere(r) Wichtigkeit nicht nur für die jüdische Geschichte, sondern auch für die Geschichte des späteren Hellenismus, die in ihnen eine der wichtigsten Quellen besitzt“. In einem noch höheren Maße gilt dies für Josephus, siehe unten. 223 Der griechische Text des II. Makkabäerbuches wird nach der Edition von W. Kappler/R. Hanhart, Maccabaeorum liber II, in: Septuaginta. vetus Testamentum Graecum, Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum, vol. IX: Maccabaeorum libri I−Iv, fasc. 2: Maccabaeorum liber II, Göttingen 1976² zitiert. Die Übersetzungen stammen, wenn nicht vom verfasser, von Habicht, 2. Makkabäerbuch.
1.) literarische Quellen
Makk. 2, 14 erwähnten Judas,224 aus den fünf auf Griechisch verfaßten Büchern des Jason von Kyrene angefertigt wurde.225 Diese ô§í Ìáêêáâáúê§í dðéôïìÞ 226 wurde später von einem weiteren, anonymen Redakteur nochmals überarbeitet, so daß der Text in drei verschiedenen Bearbeitungsschichten vorliegt.227 In der vorliegenden Fassung stellt das II. Makkabäerbuch einen „stark verdünnten Auszug“ aus dem fünf Bücher umfassenden Werk des Jason dar.228 Es beginnt mit zwei Briefen der Jerusalemer Gemeinde an die Juden in Ägypten (II. Makk. 1, 1−9; 1, 10−2, 18) und einer vorbemerkung des Epitomators (II. Makk. 2, 19−32). Mit der Schilderung des vergeblichen versuches des seleukidischen ‚Reichskanzlers‘ Heliodor, die Jerusalemer Tempelschätze für Seleukos Iv. (187−175) einzuziehen, setzt die eigentliche historische Darstellung ein (II. Makk. 3, 1−40). Diese endet mit der niederlage des seleukidischen Strategen von Judäa, nikanor, im März 161.229 Der Schwerpunkt des II. Makkabäerbuches liegt auf den Ereignissen, die zum Religionsverbot Antiochos’ Iv. im Jahr 168 (II. Makk. 4, 1−6, 11) und zum Makkabäeraufstand (II. Makk. 6, 12−15, 36) führen. Der Tod Antiochos’ Iv. im nov./Dez. 164 wird in II. Makk. 9, 1−29 erzählt, der Regierungsantritt Antiochos’ v. in II. Makk. 10, 11 berichtet. Der ‚Held‘ des Buches ist Judas Makkabaios,230 dessen Tod, der noch in das Jahr 161 fällt, aber nicht mehr erwähnt wird. Daraus ergibt sich, daß Jason von Kyrene das II. Makkabäerbuch wohl bald nach 161 verfaßt hat.231 Im Gegensatz zum I. Makkabäerbuch (zu diesem siehe unten) findet sich im ganzen II. Makkabäerbuch lediglich ein einziges Jahresdatum nach der Seleukidenära (S. Ä.).232 Diese geringe zahl an chronologischen Angaben ist sehr wahrscheinlich nicht Jason von Kyrene anzulasten, sondern dem Epitomator zuzuschreiben, für den die exakte zeitliche Einordnung der Ereignisse bereits nicht mehr weiter wichtig war. Daß Jason von Kyrene aber wenigstens eine seleukidische Quelle 224 niese, Makkabäerbücher S. 304. 225 II. Makk. 2, 23. zum Jahr 124 vgl. die Datierung des ersten Briefes: II. Makk. 1, 9 und niese, Makkabäerbücher S. 277 sowie Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 175. zur Abfassung der fünf Bücher in griechischer Sprache: niese, Makkabäerbücher S. 269. zu Jason von Kyrene vgl. auch Hengel, Jerusalem S. 286, der Jerusalem für den Abfassungsort der fünf Bücher hält. Grundlegend zum II. Makkabäerbuch ist: J. G. Bunge, Untersuchungen zum zweiten Makkabäerbuch. Quellenkritische, literarische, chronologische und historische Untersuchungen zum 2. Makkabäerbuch als Quelle syrisch-palästinensischer Geschichte im 2. Jh. v. chr., (Diss.) Bonn 1971. 226 So der Titel des Buches nach clem. Al. Strom. 5, 14, 98: niese, Makkabäerbücher S. 279 mit Anm. 3. 227 Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 175. Auf den letzten Redakteur gehen insbesondere einige Textumstellungen zurück. 228 niese, Makkabäerbücher S. 304. 229 II. Makk. 15, 25−36. Den Amtstitel überliefert II. Makk. 14, 12. Bengtson, Strategie II S. 184 Anm. 2; Grainger, Prosopography S. 107 f. Siehe unten Kap. II 3. 230 niese, Makkabäerbücher S. 269; 306. zum Beinamen: Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 303 zu 4 a): Er bedeutet wahrscheinlich „der Hämmerer“ bzw. „der Hammerartige“. 231 zwischen 161 und 152, dem Jahr der Ernennung des Jonathan zum Hohenpriester: niese, Makkabäerbücher S. 304; Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 175. 232 II. Makk. 13, 1: „im Jahr 149“. Daß diese Jahresdaten nach der seleukidischen Herbstära von 312 gerechnet sind, kann Bringmann, Reform S. 15 ff. nachweisen, siehe unten.
I. Kapitel: Quellen
eingesehen haben muß, geht aus seiner präzisen verwendung seleukidischer Amtsbezeichnungen hervor: So wird z. B. Heliodor als ¿ dðr ô§í ðñáãìÜôùí tituliert (II. Makk. 3, 7), Apollonios als ÌõóÜñ÷çò (II. Makk. 5, 24), Krates als ¿ dðr ô§í Êõðñßùí (II. Makk. 4, 29) und nikanor als dëåöáíôÜñ÷çò êár óôñáôçã’ò ôyò EÉïõäáßáò (II. Makk. 14, 12).233 Der Verfasser ist zudem mit dem seleukidischen Titelwesen vertraut: Er kennt den óýíôñïöïò (II. Makk. 9, 29) ebenso wie den ¿ ô§í ðñþôùí ößëùí (II. Makk. 8, 9).234 Anders als das II. Makkabäerbuch ist das um 120 entstandene I. Makkabäerbuch ursprünglich in hebräischer Sprache geschrieben worden.235 Dieser Urtext ist verloren; die Überlieferung beruht daher auf den griechischen, lateinischen, syrischen, arabischen und armenischen Übersetzungen, wobei der griechischen Textüberlieferung „die größte Bedeutung“ zukommt.236 Das I. Makkabäerbuch gliedert sich in vier Teile:237 Nach einer kurzen Einleitung, die von Alexander d. Gr. und den Diadochen ausgeht (1, 1−9), wird im ersten Teil von der Erhebung Antiochos’ Iv. im Jahr 175, seinen Maßnahmen gegen die Juden und von den Anfängen des Makkabäeraufstandes unter dem Hasmonäer Mattathias berichtet (1, 10−2, 70). Im zweiten Teil wird die Schilderung des Makkabäeraufstandes unter Führung von dessen Sohn Judas fortgesetzt (3, 1−9, 22), der dritte Teil erzählt die weiteren Kämpfe unter Judas’ nachfolger, dem hasmonäischen Hohenpriester Jonathan (9, 23−12, 53). Der vierte Teil (13, 1−16, 22) kulminiert in der Erringung der Unabhängigkeit Judäas vom Seleukidenreich im Mai 142 (13, 51) und endet mit dem Tode des hasmonäischen Hohenpriesters Simon im Jahr 135 (14, 16). Der anonyme verfasser des I. Makkabäerbuches stützt sich sowohl auf jüdische als auch wenigstens eine seleukidische Quelle. Die Überlieferung zu den Juden basiert auf einer vita des Judas Makkabaios, den Jahrbüchern der Hohenpriester Alkimos (?), Jonathan und Simon sowie mündlichen Traditionen.238 Auf die Benutzung einer seleukidischen chronik weist schon die verwendung der Seleukidenära im zusammenhang mit Ereignissen der seleukidischen Geschichte hin.239 Wie K. 233 Die beiden zuletzt genannten Amtsbezeichnungen sind zwar weder epigraphisch noch sonst literarisch belegt, aber in der im II. Makkabäerbuch vorliegenden Schreibweise sicherlich authentisch. Mysarchen sind auch bezeugt bei Pol. 31, 3, 3 und liv. 37, 40, 8. 234 niese, Makkabäerbücher S. 294 ff.; Bickermann, Makkabäerbücher Sp. 793. 235 zum Abfassungsdatum vgl. Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 292. niese, Makkabäerbücher S. 276 datiert das I. Makkabäerbuch in die zeit zwischen 104 und 63. Fischer, Partherkrieg S. 6 mit lit. in Anm. 6 spricht sich für eine Abfassung gegen Ende des 2. Jhs. aus. zur Sprache des II. Makkabäerbuches vgl. niese, Makkabäerbücher S. 269 und Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 289. 236 Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 289. zitiert wird nach der Edition von W. Kappler, Maccabaeorum liber I., in: Septuaginta. vetus Testamentum Graecum, Auctoritate Academiae litterarum Gottingensis editum, vol. IX: Maccabaeorum libri I−Iv, fasc. 1: Maccabaeorum liber I, Göttingen 1967². Die Übersetzungen stammen vom verfasser oder werden nach Schunck, 1. Makkabäerbuch zitiert. 237 zum folgenden: niese, Makkabäerbücher S. 269 und Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 293. 238 Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 291. 239 niese, Makkabäerbücher S. 508; Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 291. vgl. die Auflistung der
1.) literarische Quellen
Bringmann nachgewiesen hat, folgen alle im I. Makkabäerbuch überlieferten Jahreszahlen der seleukidischen Herbstära von 312; Bringmann kommt damit das verdienst zu, ein vieldiskutiertes chronologisches Problem gelöst zu haben.240 Seleukidischer Herkunft sind ebenfalls die zahlreichen Urkunden und Briefe, die der Autor des I. Makkabäerbuches in einem Jerusalemer Archiv eingesehen und abgeschrieben bzw. paraphrasiert haben dürfte.241 Die nachstehende Auflistung gibt einen Überblick über alle derartigen im I. Makkabäerbuch verzeichneten offiziellen Dokumente: 1.) I. Makk. 1, 41−42: ‚Hellenisierungsbefehl‘ des Antiochos Iv., 2.) I. Makk. 1, 44−51: Religionsverbot des Antiochos Iv. im Jahr 168, 3.) I. Makk. 8, 23−30: Römisch-jüdischer vertrag des Jahres 161, 4.) I. Makk. 8, 31−32: Brief des Senates an Demetrios I. aus dem Jahr 161, 5.) I. Makk. 10, 3−6: Brief des Jonathan an Demetrios I.; Antwortschreiben Demetrios’ I. an Jonathan (Jahr 152), 6.) I. Makk. 10, 18−20: Ernennung Jonathans zum Hohenpriester durch Alexander I. im Jahr 152, 7.) I. Makk. 10, 25−45: Brief des Demetrios I. an den Hohenpriester Jonathan (152/51 ?), 8.) I. Makk. 10, 52−54: Brief des Alexander I. an Ptolemaios vI. (150), 9.) I. Makk. 10, 55−56: Antwortschreiben des Ptolemaios vI. an Alexander I., 10.) I. Makk. 11, 9−10: Brief des Ptolemaios vI. an Demetrios II. (147), 11.) I. Makk. 11, 30−37: Brief des Demetrios II. an den Hohenpriester Jonathan, in dem auch ein Schreiben des Königs an seinen ‚Reichskanzler‘ lasthenes zitiert wird (146 oder 145), 12.) I. Makk. 11, 57−59: Brief des Antiochos vI. an den Hohenpriester Jonathan (wohl 144), 13.) I. Makk. 12, 3: Brief des Hohenpriesters Jonathan an den Senat von Rom (144 oder 143), 14.) I. Makk. 12, 6−18: Brief des Hohenpriesters Jonathan und der Juden an die Spartaner (144 oder 143), 15.) I. Makk. 12, 20−23: Brief des Spartanerkönigs Areios an den Hohenpriester Onias (zur zeit Seleukos’ Iv. 187−175), 16.) I. Makk. 13, 15−16: Brief Tryphons an den Jonathan-nachfolger Simon (Ende 143/Anfang 142), 17.) I. Makk. 13, 36−40: Brief des Demetrios II. an den Hohenpriester Simon (etwa Anfang 142), 18.) I. Makk. 14, 18: Schreiben des römischen Senates an den Hohenpriester Simon (142), 19.) I. Makk. 14, 20−24: Antwortschreiben der Spartaner an die Juden, 20.) I. Makk. 14, 38−39: Brief des Demetrios II. an den Hohenpriester Simon (140 ?), 21.) I. Makk. 15, 2−9: Brief des Antiochos vII. an den Hohenpriester Simon (139). Die Echtheit dieser Urkunden und Briefe ist in der Forschung intensiv diskutiert worden. Während auf der einen Seite etwa E. Meyer die Ansicht vertritt, daß die meisten zweifel an der Echtheit dieser Dokumente unbegründet seien,242 haben insbesondere H. Willrich und J.-D. Gauger die Authentizität vieler dieser Schreiben in Frage gestellt.243 Dabei besteht allerdings die Gefahr, die Kritik zu überziehen. Eine detaillierte Diskussion zu Echtheit und Unechtheit soll an dieser Stelle nicht geführt werden, sondern erfolgt, wenn notwendig, unten in den einzelnen Kapiteln
240 241 242 243
Daten bei niese, Makkabäerbücher S. 507 und Bringmann, Reform S. 15 f. Reform S. 15 ff. bes. 28. Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 291. vgl. z. B. seine Bemerkung Ursprung II S. 255 Anm. 1. vgl. Willrich, Urkundenfälschung und Gauger, Beiträge.
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I. Kapitel: Quellen
jeweils in ihrem historischen Kontext. nur soviel sei hier vorausgeschickt: Daß das Schreiben 15.) I. Makk. 12, 20−23: Brief des Spartanerkönigs Areios an den Hohenpriester Onias fiktiv ist, wird in der Forschung allgemein angenommen.244 Darüber hinaus äußert E. Bickermann m. E. mit Recht zweifel an 1.) dem ‚Hellenisierungsbefehl‘ des vierten Antiochos.245 Schließlich möchte ich mit H. Willrich und anderen die Echtheit des Königsbriefes 7.) in Frage stellen.246 Entscheidend aber ist, daß es sich bei diesen Urkunden keineswegs um bewußte Fälschungen im eigentlichen Sinne handelt, sondern diese Schriftstücke dem anonymen Autor des I. Makkabäerbuches als echt überliefert wurden.247 Insgesamt ist das I. Makkabäerbuch eine gute und historisch zuverlässige Quelle.248 Die Darstellung des II. Makkabäerbuches umfaßt also die Jahre 175/169 bis 135 und fällt nur für den zeitraum von 169 bis 161 mit dem Bericht des I. Makkabäerbuches zusammen. Die beiden Bücher weisen in den Grundzügen die gleiche Tendenz auf: Beide Schriften stehen auf einem streng jüdischen, hasmonäertreuen Standpunkt und sehen in den seleukidischen Funktionären ebenso wie in den hellenisierten jüdischen Gegnern gottlose Frevler.249 Der ‚Reichskanzler‘ Heliodor wird genauso von Gott bestraft (II. Makk. 3, 23−40) wie die vom Gesetz abgefallenen Hohenpriester Menelaos (II. Makk. 13, 4−6) und Alkimos (I. Makk. 9, 55 f.). Wie im I. Makkabäerbuch großer nachdruck auf die Einführung des von den Juden channuka genannten Festes der Tempelweihe am 25. Kislev gelegt wird,250 so endet der Bericht des II. Makkabäerbuches mit der Einführung des „nikanortages“ (13. Adar) als Festtag.251 Schon E. Bickermann vermutet bezüglich der Epitome, daß sie als eine Art „Agitationsschrift“ dazu bestimmt war, für den 13. Adar ‚Stimmung‘ zu machen.252 vielleicht gilt etwas ähnliches hinsichtlich des channukafestes auch für das I. Makkabäerbuch. Die beiden Bücher wären dann also möglicherweise (mit) aus der Absicht hervorgegangen, den orthodoxen Juden den theologisch-historischen Hintergrund, der zur Einführung jener Feier- und Gedenktage geführt hat, darzulegen.253 Die insgesamt gesehen ausführlichste Quelle zur Geschichte der späten Seleukidenzeit sind die Antiquitates des Flavius Josephus.254 Stünden uns nur die Bücher 244 So schon von Schubart, Königsbriefe S. 343. Siehe unten Kap. II 4. 245 Siehe unten Kap. I 3. Es gab aller Wahrscheinlichkeit nach kein an alle Reichsbewohner gerichtetes Schreiben, sondern nur eins an die Juden. 246 Siehe unten Kap. II 4. 247 vgl. Bickermann, Makkabäerbücher Sp. 787. 248 So zuletzt noch einmal betont von Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 292. 249 niese, Makkabäerbücher S. 270; Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 292. Eine Wertung, die Josephus vom I. Makkabäerbuch übernimmt. Positiv beurteilt werden allein Alexander I. und Antiochos vI.: I. Makk. 10, 47−50; 11, 54−59 bes. 12, 39 f. 250 niese, Makkabäerbücher S. 270. 251 II. Makk. 15, 36. Der Tag erinnert an den Sieg der Juden unter Judas Makkabaios über den Strategen von Judäa im Jahr 161, siehe unten Kap. II 3. 252 Bickermann, Makkabäerbücher Sp. 794. 253 Interessanterweise schließt auch das um 300 abgefaßte Buch Ester mit der Einführung eines Festes, des Purimfestes, das am 14. und 15. Adar begangen wird: Est. 9, 1 ff.; 9, 21 f. 254 Josephus wird zitiert nach B. niese, Flavii Iosephi Opera. vol. III. Antiquitatum Iudaicarum
1.) literarische Quellen
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12 und 13 dieser Schrift und die Münzen zur verfügung, wäre es gleichwohl möglich, sich auf dieser Grundlage ein zusammenhängendes Bild von den Seleukiden ab der zeit Antiochos’ Iv. (175−164) zu machen. Josephus wurde im Jahr 37/38 n. chr. in Jerusalem geboren und gehörte zum Priesteradel der Stadt.255 zu Beginn des Jüdischen Krieges, im Jahr 66 n. chr., wurde er zum Oberbefehlshaber von Galiläa gewählt.256 nachdem Josephus in römische Gefangenschaft geraten war, weissagte er dem Feldherren vespasian und seinem Sohn Titus die Kaiserwürde. Als die in Ägypten und Judäa stehenden legionen im Jahr 69 n. chr. vespasian zum Kaiser ausriefen, erinnerte sich dieser des jüdischen Propheten und schenkte ihm die Freiheit.257 Als Freigelassener (libertus) des Flaviers führte Josephus, wie es der Sitte entsprach, den Geschlechternamen seines Herren und Gönners.258 Im Gefolge des Titus erlebte Flavius Josephus Belagerung und Einnahme Jerusalems (vita 416). Mit Titus kam er schließlich nach Rom, wo ihm vespasian das römische Bürgerrecht verlieh und ein Jahresgehalt aussetzte.259 zwischen 75 und 79 n. chr. verfaßte Josephus das bellum Iudaicum,260 im Jahr 93/94 n. chr. erschienen die Antiquitates zusammen mit seiner Autobiographie (vita) im Anhang.261 Um 100 n. chr. oder bald danach verstarb der jüdische Historiker vermutlich in der römischen Hauptstadt am Tiber.262 Die Antiquitates sind griechisch abgefaßt und tragen den Titel EÉïõäáúêx Pñ÷áéïëïãßá oder kurz ½ Pñ÷áéïëïãßá.263 Die Pñ÷áéïëïãßá ist symmetrisch aufgebaut: Sie besteht aus zwei großen Teilen, die jeweils zehn Bücher umfassen.264 Teil 1 enthält die Geschichte des ersten (ant. Iud. 1, 1−10, 218), Teil 2 die Geschichte des zweiten Tempels (ant. Iud. 11, 1−20, 268). Ant. Iud. 1, 27 beginnt mit der Erschaffung der Welt durch Gott;265 ant. Iud. 20, 258 endet mit der Geschichte des römischen procurator Iudaeae Gessius Florus (64−66 n. chr.) am vorabend des Jüdischen Krieges. von ant. Iud. 1, 27 bis 13, 212 folgt die Darstellung den biblischen bzw. einzelnen apokryphen Büchern von der Genesis (vgl. ant. Iud. 1, 27−2, 200) über das Buch Ester (vgl. ant. Iud. 11, 184−296) bis zum I. Makkabäerbuch
255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265
libri XI−Xv, Berlin 1892² (Weidmann). Benützt und verglichen wird außerdem R. Marcus, Josephus. With an English Translation, Band vII: Jewish Antiquities, Books XII−XIv, cambridge/london 1961³ (loeb). vita 5; 198; bell. Iud. 1, 3. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1934. Die beste Josephus-Biographie ist die von T. Rajak, Josephus. classical life and letters, london 1983. vita 29. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1937. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1937. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1938. vita 422 f. vgl. auch Suet. vesp. 18: primus e fisco Latinis Graecisque rhetoribus annua centena constituit. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1939. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1940; 1942; Mason, Josephus S. 87 ff. Hölscher, Josephus (2) Sp. 1940. Mason, Josephus S. 101 ff. Mason, Josephus S. 75. Die Muttersprache des Josephus war aramäisch oder hebräisch: bell. Iud. 1, 3. Der Titel des Buches wird in Ios. ant. Iud. 20, 267 überliefert. zur Einteilung in 20 Bücher bzw. 60.000 linien vgl. Ios. ant. Iud. 20, 267. zur Symmetrie des Buches vgl. Mason, Josephus S. 102 f. vgl. Gen. 1, 1.
0
I. Kapitel: Quellen
(vgl. ant. Iud. 12, 237−13, 212).266 Darüber hinaus dürfte Josephus das II. Makkabäerbuch gekannt haben.267 Josephus’ Hauptquelle aber ist von ant. Iud. 12, 240 bis 13, 212 (Ermordung des Hohenpriesters Jonathan und dessen Beisetzung in Modeïn) das I. Makkabäerbuch (bis 13, 30).268 Dabei hält er sich sehr eng an seine Vorlage,269 variiert sie aber doch gelegentlich,270 greift kürzend oder erweiternd in den Text ein,271 korrigiert stillschweigend und verbessert den griechischen Ausdruck. Die veränderungen und Abweichungen gegenüber dem I. Makkabäerbuch erklären sich zum einen daraus, daß Josephus die Plausibilität seiner Schilderungen erhöhen möchte, weshalb er übertriebene zahlenangaben oder unglaubwürdige Amtsbezeichnungen vermeidet bzw. umformuliert.272 zum anderen benützt Josephus eine gegenüber der heutigen Septuaginta abweichende Textfassung.273 Schon Ios. ant. Iud. 1, 27 weicht im Wortlaut vom ersten Satz der Bibel ab: Während es in Gen. 1, 1 heißt: EÅí Pñ÷† dðïßçóåí ¿ èå’ò ô’í ïšñáí’í êár ôxí ãyí … schreibt Josephus: EÅí Pñ÷† hêôéóåí ¿ èå’ò ô’í ïšñáí’í êár ôxí ãyí … Weitere Abweichungen listet G. Hölscher in seinem RE-Artikel zu Josephus auf.274 Schließlich erklären sich einzelne veränderungen und Abweichungen gegenüber dem I. Makkabäerbuch auch durch die Hinzuziehung weiterer Quellen (Polybios und Poseidonios, siehe unten). Wenn in I. Makk. 10, 69 Apollonios als óôñáôçãüò des Demetrios (II.), in Ios. ant. Iud. 13, 88 aber als ½ãåìþí des Alexander I. erscheint, so muß dies keineswegs eine willkürliche Abänderung des Josephus sein. vielmehr könnte Apollonios erst im Dienste des Alexander I. gestanden haben und im laufe der Kämpfe des Jahres 147 auf die Seite Demetrios’ (II.) übergetreten sein, was Josephus bei Poseidonios gelesen haben 266 Eine detaillierte Auflistung der von Josephus eingesehenen biblischen bzw. apokryphen Bücher gibt Hölscher, Josephus (2) Sp. 1951. 267 vgl. niese, Makkabäerbücher S. 518 ff. Er macht z. B. auf ant. Iud. 12, 257−264 und II. Makk. 6, 2 aufmerksam (Brief der am Garizim wohnenden Samaritaner an Antiochos Iv. und Antwortschreiben des Königs an nikanor; diese Briefe fehlen im I. Makkabäerbuch). Hingewiesen sei außerdem noch auf die Schilderung der Ermordung des abgesetzten Hohenpriesters Menelaos, die sich in II. Makk. 13, 4−6 und Ios. ant. Iud. 13, 385, aber nicht im I. Makkabäerbuch findet. 268 Ohne daß Josephus dies ausdrücklich angibt: Fischer, Partherkrieg S. 6. zu Josephus und dem I. Makkabäerbuch vgl. I. M. Gafni, Josephus and I Maccabees, in: l. H. Feldman/G. Hata (Hg.), Josephus, the bible, and history, Detroit 1989, S. 116−131, der eine Reihe von Textpassagen vergleichend gegenüberstellt. 269 Hölscher, Josephus (2) Sp. 1951. 270 Drüner, Untersuchungen S. 35 ff.; Fischer, Partherkrieg S. 7 mit Anm. 8. 271 Fischer, Partherkrieg S. 7 mit Anm. 11; 12. 272 Was die zahlenangaben betrifft, so sei nur ein Beispiel angeführt: Während es im I. Makkabäerbuch 11, 45 heißt, es hätten sich am Aufstand gegen Demetrios II. 120.000 Antiochener beteiligt, spricht Josephus ant. Iud. 13, 137 von vielen 10.000, siehe unten Kap. II 6. Gerade die zahlen der Gefallenen korrigiert Josephus gegenüber dem I. Makkabäerbuch nach unten. Aus der unpräzisen Amtsbezeichnung êáôÝóôçóåí ášô’í dðr ðÜóçò ôyò âáóéëåßáò ášôï™ für den ‚Gegenkanzler‘ Philippos in I. Makk. 6, 14 macht Ios. ant. Iud. 12, 360 dðßôñïðïò ôyò âáóéëåßáò, siehe unten Kap. II 1. 273 niese, Josephus S. 214. 274 Sp. 1953 ff.
1.) literarische Quellen
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dürfte.275 von ant. Iud. 13, 213 an dient nicht mehr das I. Makkabäerbuch, sondern Josephus’ eigene Darstellung der Ereignisse im bellum Iudaicum als Hauptvorlage.276 An verschiedenen Stellen der Bücher 12 und 13 der Antiquitates verweist Josephus auf ein Werk, von dem sonst nichts überliefert oder erhalten ist.277 Es handelt sich dabei um verweise, die „sich in den Schriften des Josephus nicht realisieren lassen“278 und formelhaft mit „wie wir anderswo erzählt haben“ oder „wie anderswo erzählt worden ist“ (êáè¦ò êár dí Tëëïéò äåäçëþêáìåí oder äåäÞëùôáé) ausgedrückt sind.279 Insgesamt gibt es elf derartige verweisungen, die alle im zusammenhang mit der seleukidischen Geschichte stehen. Im einzelnen sind es folgende: 1.) ant. Iud. 12, 242 (Antiochos Iv. im 6. Syrischen Krieg), 2.) 12, 390 (Demetrios I. landet in Syrien), 3.) 13, 36 (Demetrios I. zieht sich in eine Burg bei Antiocheia zurück), 4.) 13, 61 (Demetrios I. regiert elf Jahre), 5.) 13, 108 (Flucht des ‚Reichskanzlers‘ Ammonios aus Antiocheia), 6.) 13, 119 (Alexander I. regiert fünf Jahre), 7.) 13, 186 (Demetrios II. wird lebend von den Parthern gefangengenommen), 8.) 13, 253 (Antiochos vII. zieht in den Partherkrieg), 9.) 13, 271 (Ehen der Kleopatra Thea), 10.) 13, 347 (Ptolemaios IX. Soter II. lathyros erobert Ptolemaïs) und 11.) 13, 371 (Demetrios III. und Philipp I. kontrollieren Syrien). Wie soll man diese Hinweise auffassen? Während B. niese in ihnen nicht viel mehr „als eine bequeme und wohllautende Formel“ sieht, „um die Erzählung abzubrechen“,280 nimmt H. Drüner im Anschluß an A. v. Gutschmid an, daß Josephus auf eine eigene vorstudie zu den Büchern 12 und 13 bzw. eine nicht veröffentlichte Schrift hinweist.281 Von Drüners Überlegungen ausgehend schließt Th. Fischer aus den äåäÞëùôáé-Verweisen auf „eine verlorene ‚Syrische Geschichte‘ des Josephus“.282 Er schreibt: „Die Vermutung einer geschichtlichen Darstellung, die den Niedergang des Seleukidenreiches von Antiochos Iv. bis zum Ende der Dynastie (64 v. chr.) behandelt, ist für einen jüdischen Historiker hellenistischer Bildung, der in Rom lebt und für griechische und römische leser schreibt, nicht gerade unwahrscheinlich“.283 Nimmt man an, daß es eine solche ‚Syrische Geschichte‘ gegeben hat,284 wird Josephus darin im wesentlichen Polybios und Poseidonios ausgeschrieben haben. Denn die Textstellen ant. Iud. 12, 242 und 12, 390 legen eine Benutzung des Polybios, die Stellen ant. Iud. 13, 36; 61; 108; 119; 186; 253 und 13, 271 eine Benutzung des Poseidonios nahe. Da Poseidonios’ Historien bis in das Jahr 86 bzw. 85 reichten, dürften auch noch 13, 347 und 13, 371 auf diese Schrift zurückzuführen sein. 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284
Siehe unten Kap. II 5. Fischer, Partherkrieg S. 9 f. niese, Josephus S. 234; Drüner, Untersuchungen S. 70 ff.; Fischer, Partherkrieg S. 13 ff. Drüner, Untersuchungen S. 84. niese, Josephus S. 234. Ebenda S. 235. Untersuchungen S. 80. Partherkrieg S. 8 ff. 12 ff. Fischer, Partherkrieg S. 16. Die aber, wie gesagt, nicht direkt bezeugt ist: Fischer, Partherkrieg S. 17.
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I. Kapitel: Quellen
zusammenfassend läßt sich sagen, daß die literarische Überlieferung zur Geschichte der späten Seleukiden im wesentlichen auf einer griechischen und einer jüdischen Säule ruht: Polybios bzw. Poseidonios und dem I. Makkabäerbuch bzw. Josephus. 2.) EPIGRAPHIScHE QUEllEn Eine sehr ergiebige Quelle stellen die inschriftlichen zeugnisse dar. Es ist mit Recht von R. Merkelbach darauf hingewiesen worden, daß eine neubearbeitung von W. Dittenbergers Orientis Graeci Inscriptiones Selectae gerade auch für die Seleukiden wünschenswert wäre, da sich hier „das verhältnis der literarischen Überlieferung zu der inschriftlichen längst umgekehrt“ habe.285 Die umfangreichen und historisch besonders wertvollen Inschriften sind fast alle in Kleinasien gefunden worden und stammen aus der zeit zwischen 281 und 188. So etwa der Sympolitievertrag zwischen Smyrna und Magnesia am Sipylos, der für die innere, vor allem militärische Organisation des Seleukidenreiches nach 246/45 von wesentlicher Bedeutung ist,286 oder das Schreiben Antiochos’ III. an Teos.287 Mit dem Verlust der kleinasiatischen Gebiete jenseits des Tauros im Jahr 188 nimmt die zahl der erhaltenen Inschriften rapide ab. Die epigraphischen zeugnisse aus der hier behandelten späten Seleukidenzeit sind zwar schon von daher weniger ergiebig, bieten aber dennoch zahlreiche bemerkenswerte Informationen. Sie werden im folgenden unter sieben Aspekten betrachtet: 1.) Die Inschriften geben Auskunft über namen, Amtsbezeichnungen und Rangklassenzugehörigkeit einzelner hoher Funktionäre und weisen 2.) auf deren ethnische Herkunft hin. Sie nennen 3.) weitere Epitheta der Könige und lassen Rückschlüsse auf die Rolle der Königinnen zu. Darüber hinaus werden 4.) die Beziehungen zwischen Herrscherhaus und Städten und Heiligtümern wie Athen, Delos, cypern und dem kilikischen Olba durch die Inschriften erkennbar, und sie geben 5.) Hinweise auf die verwaltungsorgane einiger Städte des Seleukidenreiches und deren dynastische bzw. nicht-dynastische namen. 6.) Einige keilinschriftliche zeugnisse erwähnen anderweitig nicht belegte Ereignisse.
285 R. Merkelbach, Überlegungen zur Fortführung der Inscriptiones Graecae, zPE 117, 1997, S. 301 und ders., nochmals Inscriptiones Graecae, zPE 122, 1998, S. 299. 286 OGIS I 229. vgl. die Kommentare von Th. Ihnken, Die Inschriften von Magnesia am Sipylos (I. K. 8), Bonn 1978, S. 23 ff. und G. Petzl, Die Inschriften von Smyrna, Teil II 1 (I. K. 24, 1), Bonn 1987, S. 1 ff. 287 P. Herrmann, Antiochos der Große und Teos, Anadolu (Anatolia) 9, 1967, S. 29−159; R. M. Errington, Rom, Antiochos der Große und die Asylie von Teos, zPE 39, 1980, S. 279 ff.; Ma, Antiochos III S. 308 ff.
2.) Epigraphische Quellen
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Schließlich werden unter 7.) drei bedeutsame, in ihrer Datierung und Interpretation jedoch umstrittene Inschriften ausführlicher diskutiert. 1.) Namen, Amtsbezeichnungen und Rangklassenzugehörigkeit der hohen Funktionäre: Die in Delos gefundenen Statuenbasen IG X 4, 1112−1114 nennen den ‚Reichskanzler‘ (¿ dðr ô§í ðñáãìÜôùí ôåôáãìÝíïò) des Seleukos Iv. (187–175), Heliodoros.288 Alle drei Inschriften bezeichnen ihn als óýíôñïöïò und 1112 als óõããåíÞò des Königs. Auch spätere ‚Kanzler‘ wie Philippos sind in ihrer Kindheit „Milchbruder“ des Königs gewesen289 und gehörten der höchsten höfischen Rangklasse, der óõããåíåsò, an.290 Inschriftlich ist noch ein anderer „Verwandter“ des Königs überliefert, Bithys, der dðéóôïëïãñÜöïò Antiochos’ vIII. (OGIS I 259 = IvDélos 1549). Hingegen werden frühere ‚Kanzleichefs‘ wie Dionysios unter Antiochos Iv. und Menochares unter Demetrios I. als ößëïò291 bzw. ðñ§ôïò ößëïò292 bezeichnet. Es hat also den Anschein, daß das Amt in späterer zeit an Bedeutung zugenommen hätte und die Amtsträger deshalb zu óõããåíåsò aufstiegen. Eine von l. Robert besprochene Ehreninschrift, die im Iran (laodikeia/nihavend) entdeckt wurde, betitelt Menedemos als ¿ dðr ô§í Tíù óáôñáðåé§í.293 Der Amtstitel bezeichnet den ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘, eine Funktion, die Menedemos in den letzten Jahren des Antiochos III. und den ersten Jahren des Seleukos Iv. ausübte.294 Timarchos, der in den erzählenden Quellen als Satrap von Medien bzw. Babylonien erscheint (Diod. 31, 27 a; App. Syr. 45, 235), dürfte also offiziell den Titel des ¿ dðr ô§í Tíù óáôñáðåé§í geführt haben. In dieser Funktion rebellierte er in den Jahren 162–160 gegen seinen Oberherren Demetrios I.295 Die in die zeit Antiochos’ Iv. gehörende, in Babylon gefundene Inschrift OGIS I 254 nennt das Amt des dðéóôÜôçò ôyò ðüëåùò und weitere ïj dðr ô§í Pêñïöõëáêßùí. Für den in II. Makk. 5, 22 erwähnten dðéóôÜôçò Philippos läßt sich 288 zu Heliodoros vgl. Bringmann/v. Steuben, Schenkungen I S. 216 nr. 169; Savalli-lestrade, Philoi S. 45; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 99 ff. 289 II. Makk. 11, 35. Die Übersetzung des Ausdrucks nach niese, Makkabäerbücher S. 295 und Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 248 zu vers 28. Im Französischen heißt er „frère de lait“: z. B. Bouché-leclercq, Histoire I S. 306. Wie bei den Ptolemäern Pol. 15, 33, 11: óýíôñïöïé ôyò EÁñóéíüçò und dazu Huß, Ägypten S. 485 mit Anm. 95 gab es sicher auch bei den Seleukiden Milchschwestern. 290 So ausdrücklich lysias: II. Makk. 11, 1 und lasthenes: I. Makk. 11, 31 f.; Ios. ant. Iud. 13, 126 f. zu der Frage, ob lasthenes ‚Reichskanzler‘ des Demetrios II. war, vgl. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103. zum Ursprung des óõããåíÞò-Titels vgl. Gauger, Beiträge S. 129 ff. und dens., zu einem offenen Problem des persischen Hoftitelsystems, in: Bonner Festgabe J. Straub (Bonner Jahrbuch Beiheft 39), Bonn 1977, S. 137−158 und zuletzt Savalli-lestrade, Philoi S. 395 ff. 291 Pol. 30, 25, 16. Grainger, Prosopography S. 88 nr. 3; Savalli-lestrade, Philoi S. 53. 292 IvDélos 1543; Pol. 31, 33, 1 und 32, 2, 1 (ohne Amtsbezeichnung). Grainger, Prosopography S. 105 f. 293 vgl. das neue Fragment bei l. Robert, Addenda au tome vII, Hellenica vIII, Paris 1950, S. 73 ff. zu: ders., Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 5 ff.; Bengtson, Geschichte S. 439 und zuletzt Müller, Archiereus S. 527. 294 Schmitt, Untersuchungen S. 19 mit Anm. 5 und S. 116 f.; Bengtson, Geschichte S. 439. 295 Siehe unten Kap. II 2. Im Amt des ¿ dðr ô§í Tíù óáôñáðåé§í ist zuletzt noch Kleomenes inschriftlich (bei Bisutun im Iran) für den Sommer 148 bezeugt: Mørkholm, Antiochus S. 178 f. Siehe unten Kap. II 7.
I. Kapitel: Quellen
daraus schließen, daß er Kommandant von ganz Jerusalem war, wohl nicht nur Befehlshaber der im Jahr 168 errichteten Akra;296 letzterer wird den Titel Pêñïöýëáî geführt haben.297 Kleinere Wacheinheiten hießen öñïõñÜ, ihre Führer öñïýñáñ÷ïé. Diesen nachgeordnet waren die ïj dðr ô§í ôüðùí ôåôáãìÝíïé.298 Bemerkenswert sind ferner die Inschriften OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548. Sie nennen Krateros, den Erzieher (ôñïöåýò) Antiochos’ IX.299 Wie aus Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 20 bekannt, begleitete dieser den jungen König im Jahr 129 nach Kyzikos. Krateros war zugleich leibarzt (Pñ÷éáôñüò) und Kämmerer (¿ dðr ôï™ êïéô§íïò) der Königinmutter, Kleopatra Thea.300 Er gehörte der Rangklasse der ô§í ðñ§ôùí ößëùí an;301 zu dieser Klasse gehörte auch lysias, der Satrap der Syria Seleukis (IvDélos 1544) und der Pñ÷éãñáììáôå˜ò ô§í äõíÜìåùí.302 In einem Brief des Seleukos Iv. (Welles, Rc 45 = Austin, Hellenistic world 176) 296 So jedoch Bengtson, Strategie II S. 168. 297 Pol. 5, 50, 10 erwähnt Alexis als Pêñïöýëáî von Apameia. Ios. ant. Iud. 13, 388 nennt einen Milesios als ôyò Têñáò öýëáî von Damaskos. Wohl nicht ganz korrekt, sondern eine Umschreibung ist hðáñ÷ïò ôyò Pêñïðüëåùò: II. Makk. 4, 28. 298 Th. Fischer, zur Seleukideninschrift von Hefzibah, zPE 33, 1979, S. 132 z. 16. 299 Aus der literatur kennen wir sonst nur noch Diodoros als Erzieher Demetrios’ I.: Pol. 31, 12, 3. Savalli-lestrade, Philoi S. 83 f. 300 zu Krateros: Jacoby, FGrHist (1930) S. 874 f.; Savalli-lestrade, Reines S. 66 mit Anm. 28; Ehling, Freunde S. 51 f. Ein anderer Kämmerer, nikanor, wird in einem Brief Antiochos’ III. an zeuxis erwähnt: H. Malay, letter of Antiochos III to zeuxis with two covering letters (209 B. c.), EA 10, 1987, S. 7 ff.; Grainger, Prosopography S. 108: nikanor (3); Müller, Archiereus S. 528 ff. 301 OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548. nikanor, der dðr ôï™ êïéô§íïò des dritten Antiochos, war óýíôñïöïò des Königs: H. Malay, letter of Antiochos III to zeuxis with two covering letters (209 B. c.), EA 10, 1987, S. 8 z. 21 f. und zuletzt Müller, Archiereus S. 528 ff. − Ärzte gehörten immer zu den engsten vertrauten des Herrscherhauses, vgl. chr. Habicht, Die herrschende Gesellschaft in den hellenistischen Monarchien, Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 45, 1958, S. 7, und konnten unter bestimmten Umständen zu den einflußreichsten Ratgebern werden, wie Apollophanes, der leibarzt Antiochos’ III.: Pol. 5, 56, 1. zu diesem auch Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 99. Die Inschrift IvIlion 34 nennt Metrodoros aus Amphipolis, den Arzt des Antiochos I. (?). zu erinnern wäre hier auch an Ktesias aus Knidos, den leibarzt des persischen Königs Artaxerxes II.: Xen. Anab. 1, 8, 26; 27. zu den Ärzten vgl. insbesondere G. Marasco, les médecins de cour à l’époque hellénistique, REG 109, 1996, S. 435−466, l./K. Hallof/chr. Habicht, Aus den Arbeiten der „Inscriptiones Graecae“ II. Ehrendekrete aus dem Asklepieion von Kos, chiron 28, 1998, S. 109; 111 und Ehling, Freunde S. 50 ff. mit Anm. 77 ff. 302 landau, Inscription S. 119 f. Die in Ptolemaïs gefundene Inschrift stammt aus dem Jahr 130/29. Unter Alexander d. Gr. führte Eumenes den Titel des Pñ÷éãñáììáôåýò: Plut. Eum. 1, 2 (ungenau: nepos Eum. 1, 5), vgl. H. Berve, Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage. Band I: Darstellung, München 1926, S. 43. Eumenes war der chef der ganzen königlichen Kanzlei. Demgegenüber ist der Pñ÷éãñáììáôå˜ò ô§í äõíÜìåùí zwar ein hoher, aber doch reiner Militärfunktionär. landau übersetzt den Titel mit „chief secretary of the army“. Der name des Amtsinhabers, der außerdem ¿ dðr ô§í ôüðùí war, ist nicht erhalten. Das Amt des Pñ÷éãñáììáôå˜ò ô§í äõíÜìåùí wird auch bei Polybios genannt: 5, 54, 12. A. Mauersberger, Polybios-lexikon, Band I, Berlin 1956, Sp. 236 übersetzt mit „Schreiber, etwa chef der Heeresverwaltung“.
2.) Epigraphische Quellen
wird ein verdienter General des Antiochos III., Aristolochos,303 in die Reihe der ô§í ôéìùìÝíùí ößëùí gestellt; es ist jedoch nicht ganz sicher, ob dies eine feste Rangklasse war.304 Wie bei den Ptolemäern so übten auch im Seleukidenreich die höchsten Würdenträger eine führende Funktion im Herrscherkult aus.305 Ptolemaios, der Sohn des Thraseas,306 der etwa im Jahr 204 von Ptolemaios v. abgefallen und zu Antiochos III. übergegangen war,307 nennt sich in der in Soloi gefundenen Weihung OGIS I 230 für Hermes, Herakles und Antiochos III. óôñáôçã’ò êár Pñ÷éåñå˜ò Óõñßáò Êïßëáò êár Öïéíßêáò.308 In der 1960 entdeckten Inschrift von Hefzibah (in der nähe von Bethsan oder Baithsane, dem antiken Skythopolis)309 trägt er denselben Titel: óôñáôçã’ò êár Pñ÷éåñåýò (z. 10 f.; 19; 29). Daß Ptolemaios nicht nur Oberaufseher über die in seiner Strategie liegenden Heiligtümer war, sondern Oberpriester des Herrscherkultes, hat H. Bengtson ausdrücklich betont.310 E. Bickermann hat die interessante These aufgestellt, daß der dynastische Kult gerade den oftmals aus ihrer Heimat ‚entwurzelten‘ ößëïé einen Rahmen für die Ausübung ihrer Religiosität bot; darüber hinaus stärkte der dynastische Kult die loyalität zum Königshaus.311 303 Grainger, Prosopography S. 82; Savalli-lestrade, Philoi S. 42 ff. 304 zu den Rangklassen am Ptolemäer- und Seleukidenhof vgl. M. l. Strack, Griechische Titel im Ptolemäerreich, RhM 55, 1900, S. 161 ff. und A. Momigliano, Honorati Amici, Athenaeum 11, 1933, S. 136−141; Günther, Didyma S. 79 Anm. 62; J.-D. Gauger, zu einem offenen Problem des persischen Hoftitelsystems, in: Bonner Festgabe J. Straub (Bonner Jahrbuch Beiheft 39), Bonn 1977, S. 140 Anm. 21; Savalli-lestrade, Philoi S. 374 ff.; Bikerman, Institutions S. 41 geht bei den Seleukiden von folgender Hierarchie aus: 1.) Rangklasse ‚der Freunde‘ (ô§í ößëùí), 2.) Rangklasse ‚der verehrten Freunde‘ (ô§í ôéìùìÝíùí ößëùí), 3.) Rangklasse ‚der ersten Freunde‘ (ô§í ðñþôùí ößëùí), 4.) Rangklasse ‚der ersten und hochverehrten Freunde‘ (ô§í ðñþôùí êár ðñïôéìùìÝíùí ößëùí) und 5.) Rangklasse ‚der verwandten‘ (ô§í óõããåí§í). vgl. auch Muccioli, Titolature S. 295 ff. und Ehling, Freunde S. 45. 305 zu den Ptolemäern vgl. J. Ijsewijn, De sacerdotibus sacerdotiisque Alexandri Magni et lagidarum eponymis, Brüssel 1961; W. clarysse/G. van der veken, The Eponymous Priests of Ptolemaic Egypt, leiden 1983. Doch stellen diese Arbeiten eigentlich eher listen als Abhandlungen dar. Wirklich befriedigende Untersuchungen zu dem Thema stehen noch aus. Für Hinweise danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. W. Huß (München) herzlich. − zum Reichskult bei den Seleukiden vgl. zuletzt Müller, Archiereus S. 519 ff. bes. 527 mit lit. in Anm. 45 und S. 536 Anm. 89 und P. van nuffelen, le culte royal de l’empire des Séleucides: une réinterprétation, Historia 52, 2004, S. 278−301. 306 Grainger, Prosopography S. 115: Ptolemaios (4). 307 D. Gera, Ptolemy Son of Thraseas and the Fifth Syrian War, AncSoc 18, 1987, S. 63 ff. zum Datum ebenda S. 73. 308 Die Inschrift wird in die zeit zwischen 197 und 187 datiert. zu dieser zuletzt D. Gera, Ptolemy Son of Thraseas and the Fifth Syrian War, AncSoc 18, 1987, S. 66 mit der literatur in Anm. 19 und M. H. Sayar, Kilikien und die Seleukiden. Ein Beitrag zur Geschichte Kilikiens unter der Seleukidenherrschaft anhand einer neuentdeckten Festung und einer neugefundenen Inschrift, in: Studien zum antiken Kleinasien Iv (Asia Minor Studien 34), Bonn 1999, S. 135 Anm. 55. 309 Th. Fischer, zur Seleukideninschrift von Hefzibah, zPE 33, 1979, S. 131−138; J. M. Bertrand, Sur l’inscription d’Hefzibah, zPE 46, 1982, S. 167−174. 310 vgl. seine Argumentation und Begründung in Strategie II S. 166. 311 Institutions S. 249 ff. bes. S. 255 f. zustimmend F. W. Walbank, Könige als Götter. Überlegungen zum Herrscherkult von Alexander bis Augustus, chiron 17, 1987, S. 378.
I. Kapitel: Quellen
2.) Ethnische Herkunft der hohen Funktionäre: Was die ethnische Herkunft der hohen Amtsträger betrifft, so bestätigen die Inschriften das aus den erzählenden Quellen gewonnene Bild: letztere nennen den Athener Geron,312 den Myser Apollonios,313 den Phryger Philippos,314 den Kreter lasthenes315 und die cyprioten Krates und nikanor.316 Hegemonides, der Stratege Antiochos’ v., war der Sohn des zephyros aus Dyme in Achaia.317 [---]os, der Sohn des lysias und Satrap der Seleukis unter Demetrios I. oder Demetrios II., stammte aus Athen,318 ebenso [---]leios, ein Funktionär Seleukos’ vI.319 Der aufständische ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘ Timarchos kam wie sein Bruder Herakleides, der ‚Finanzminister‘ Antiochos’ Iv.,320 und die Jugendfreunde des Demetrios I., Apollonios, Meleagros und Menestheos, aus Milet.321 Aus dieser Stadt stammte auch der nauarch (Flottenadmiral) des Alexander I., Antigonos.322 Sosistratos, der aus zwei delischen Inschriften, aber keiner erzählenden Quelle bekannt ist, war Samier.323 Heliodoros, der oben
312 Er war im Jahr 168 Gesandter des Antiochos Iv. an die Juden: II. Makk. 6, 1. Das Partizip ãÝñïíôá ist zu dem Eigennamen ÃÝñùí zu emendieren; vgl. die Bemerkungen von Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 229 zu vers 6. Der name ÃÝñùí ist schon in W. Pape’ s Wörterbuch der griechischen Eigennamen, neubearbeitet von G. E. Benseler, Band I, Braunschweig 1875, S. 247 verzeichnet. carsana, Dirigenze S. 127; Savalli-lestrade, Philoi S. 117. Skeptisch zu Geron als Eigenname und Athenaios als Ethnikon: Olshausen, Prosopographie S. 211 f. nr. 147. 313 II. Makk. 5, 24. Apollonios wird nicht ausdrücklich als Myser bezeichnet, aber als Kommandant der mysischen Söldner dürfte er auch selbst aus dieser landschaft stammen. Mysarchen sind bei Pol. 31, 3, 3 und liv. 37, 40, 8 belegt. 314 II. Makk. 5, 22. Philippos war dðéóôÜôçò von Jerusalem unter Antiochos Iv. Möglicherweise stammte auch Menochares, der ‚Kanzleichef‘ des Demetrios I., aus Phrygien, da sein name mit dem des phrygischen Mondgottes Men gebildet ist. 315 Der Kreter war vermutlich der ‚Kanzler‘ des Demetrios II.: Savalli-lestrade, Philoi S. 80 f.; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103. Außerdem: carsana, Dirigenze S. 157. 316 Krates und nikanor werden zwar nicht ausdrücklich als cyprioten bezeichnet, da sie aber Kommandanten (¿ dðr ô§í Êõðñßùí, so die Amtsbezeichnung in II. Makk. 4, 29; in II. Makk. 12, 2 heißt der Amtstitel ÊõðñéÜñ÷çò) der cypriotischen Söldner waren, werden sie beide ebenfalls von der Insel kommen. 317 OGIS I 252 (Delos). chr. Habicht, Der Stratege Hegemonides, Historia 7, 1958, S. 376−378 mit den Belegen. zu Hegemonides siehe auch unten Kap. II 1. 318 IvDélos 1544; 1545; A. Wilhelm, neue Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde 4, Wien 1915, S. 21 ff., wiederabgedruckt in: Akademieschriften zur griechischen Inschriftenkunde (1895−1951). Teil 1: neue Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde. Attische Urkunden, leipzig 1974, S. 196. zu der Frage, wann diese Strategie eingerichtet wurde, vgl. Bengtson, Strategie II S. 16; 42; 192: Demetrios I. oder Demetrios II.; Jones, cities S. 241 f. 319 OGIS I 261 = IvDélos 1553. 320 App. Syr. 45, 235; Diod. 31, 27 a. Herrmann, Milesier S. 171 ff. 321 Pol. 31, 13, 3. Herrmann, Milesier S. 175 ff. Aus Milet kam schon Demodames, der General Seleukos’ I. und Antiochos’ I.: Mehl, Seleukos S. 217 f.; carsana, Dirigenze S. 142. zu den intensiven Beziehungen zwischen Seleukiden und Milet vgl. Günther, Didyma S. 23 ff. zur Stoa des ersten Antiochos vgl. H. Schaaf, Untersuchungen zu Gebäudestiftungen in hellenistischer zeit, Köln/Weimar/Wien 1992, S. 26 ff. 322 Herrmann, Milesier S. 183 ff. 323 OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548.
2.) Epigraphische Quellen
erwähnte ‚Reichskanzler‘ Seleukos’ Iv.,324 und Krateros, der ôñïöåýò Antiochos’ IX.,325 entstammten einer griechischen Familie Antiocheias.326 Eine Ausnahme stellt Dionysios, der Satrap von Mesopotamien unter Demetrios II., dar: Er wird als Meder bezeichnet.327 3.) Weitere Epitheta der Könige und Rolle der Königinnen: OGIS I 255 und 256 = IvDélos 1547 und 1548 bestätigen, daß Antiochos vII. – wie Iustin berichtet328 – noch während des Partherfeldzuges (131–129) den ìÝãáò-Titel annahm. Inschriftlich heißt Antiochos vII. später – genau wie Antiochos III. (vgl. etwa IvDélos 1540; 1541) – „Großkönig“. – Für Antiochos vIII. überliefern die Inschriften OGIS I 258–260 bzw. IvDélos 1549−1552 noch den Beinamen Kallinikos;329 dieses Epitheton hat er vermutlich entweder nach seinem Sieg über Alexander II. im Jahr 123 oder nach einem bedeutenden Erfolg über seinen konkurrierenden Halbbruder Antiochos IX., also nach 113, angenommen. Es ist sicher kein zufall, daß insgesamt sechs Inschriften die âáóßëéóóá Kleopatra Thea nennen, und zwar als Ehefrau des Demetrios II. und Mutter des Antiochos vIII.330 sowie als Ehefrau des Antiochos vII. und Mutter des Antiochos IX.331 Von dem dynastischen Selbstbewußtsein dieser Herrscherin wird unten bei den Münzen noch einmal die Rede sein (Kap. I 3, 1).332 4.) Beziehungen zwischen Seleukiden und bedeutenden Städten und Heiligtümern: Mit den intensiven Beziehungen, die zwischen der Seleukidendynastie und der Stadt Athen bestanden, beschäftigt sich chr. Habicht in seinem Aufsatz über Athen und die Seleukiden,333 in dem auch alle einschlägigen epigraphischen zeugnisse gesam324 IvDélos 1114. 325 OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548. 326 zur Herkunft der seleukidischen Gesandten vgl. Olshausen, Prosopographie S. 171 ff. und Funck, Herrscherkult S. 405. 327 Diod. 33, 28: Äéïíýóéïò ¿ Ìyäïò. Grainger, Prosopography S. 88; carsana, Dirigenze S. 115; Savalli-lestrade, Philoi S. 120. Eine Sonderrolle spielen auch die Juden Jonathan und Simon, die als Stratege und Meridarches von Judäa (I. Makk. 10, 65) bzw. Stratege von Judäa (I. Makk. 11, 59) fungierten. 328 Iust. 38, 10, 6: Antiochus tribus proeliis victor cum Babyloniam occupasset, Magnus haberi coepit. 329 Auf Münzen heißt er immer nur Epiphanes. Babelon, Rois S. clIv zitiert ein verlesenes Stück. Den Beinamen Kallinikos führte vielleicht auch Antiochos IX., vgl. Fischers lesung und Interpretation der Inschrift IEJ 11, 1961, S. 118 ff., Partherkrieg S. 102 ff., siehe dazu auch unten. 330 OGIS I 258–260 = IvDélos 1549; 1550; 1552. zur Bedeutung des Begriffes âáóßëéóóá in Inschriften: Müller, Stratonike S. 404 f. 331 OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548. Fischer, Partherkrieg S. 102 ff. 332 Außer Kleopatra Thea wird nur laodike, die Ehefrau des dritten Antiochos, so häufig in Inschriften genannt: l. Robert, Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 5−29; M. H. Sayar, Kilikien und die Seleukiden. Ein Beitrag zur Geschichte Kilikiens unter der Seleukidenherrschaft anhand einer neuentdeckten Festung und einer neugefundenen Inschrift, in: Studien zum antiken Kleinasien Iv (Asia Minor Studien 34), Bonn 1999, S. 131−136. zu den Königinnen vgl. Savalli-lestrade, Reines S. 59 ff. 333 chiron 19, 1989, S. 7 ff.
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I. Kapitel: Quellen
melt und kommentiert sind. Die Siegerliste (IG II/III 2, 2, 2317) nennt in z. 36 f. und 46 f. zwei Siege des Antiochos, Sohn des Königs Antiochos Epiphanes (Iv.), in den hippischen Agonen der Panathenäen; bei ihm dürfte es sich um Antiochos v. handeln.334 Ein athenischer volksbeschluß ehrt einen unbekannten Höfling des Königs Demetrios (II. ?),335 der sich athenischer Gesandter und Privatleuten in Antiocheia angenommen hatte und wegen seiner å¡íïéá gelobt wird.336 Ein 1967 veröffentlichtes Dekret der Athener337 für einen seleukidischen Funktionär mit namen [Me] oder [ze]nodoros sieht u. a. vor, diesen durch die Aufstellung einer Bronzestatue zu ehren, die auf der Agora neben dem Standbild seines Königs Antiochos stehen soll.338 Wie erst kürzlich gezeigt wurde, ist mit dem König nicht Antiochos Iv.,339 sondern Antiochos vII. gemeint.340 [Me] oder [ze]nodoros war – vermutlich sogar kurz vor dem Aufbruch Antiochos’ vII. in den Partherkrieg (131) – als Gesandter des Seleukidenhofes in Athen auch zum vorteil der Stadt tätig.341 – Diese Inschriften machen hinreichend deutlich, daß auch die späten Seleukidenkönige größten Wert darauf legten, in Athen „als dem publizistischen und literarischen zentrum der griechischen Welt“ präsent zu sein und Resonanz zu finden.342 Gute Beziehungen zur Stadt Athen scheint Antiochos vIII. unterhalten zu haben.343 Der athenische Priester Helianax weihte diesem im Jahr 102/01 in Delos eine 334 So der Herausgeber J. Kirchner und diesem folgend Habicht, Athen S. 22. 335 A. Wilhelm, neue Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde 4, Wien 1915, S. 21 ff., wiederabgedruckt in: Akademieschriften zur griechischen Inschriftenkunde (1895−1951). Teil 1: neue Beiträge zur griechischen Inschriftenkunde. Attische Urkunden, leipzig 1974, S. 195 ff. denkt S. 196 an Demetrios II., meint aber, es könne sich auch um den gleichnamigen vater oder Demetrios III. gehandelt haben: S. 196 f. Doch ist Demetrios III. eher unwahrscheinlich, da sich Antiocheia nur kurze zeit in seiner Hand befand. name und Herkunft des Geehrten sind nicht erhalten. 336 Habicht, Athen S. 22. zum Begriff vgl. Funck, Herrscherkult S. 405 f. 337 B. D. Meritt, Greek Inscriptions, Hesperia 36, 1967, S. 59 ff. nr. 6 mit Taf. 21 = SEG 24, 1969, 135. Dazu kommt jetzt ein neugefundenes Fragment: St. v. Tracy, IG II² 937: Athens and the Seleucids, GRBS 29, 1988, S. 383−388. 338 Habicht, Athen S. 22 f. 339 So noch B. D. Meritt, Greek Inscriptions, Hesperia 36, 1967, S. 63, J. und l. Robert, REG 83, 1970, S. 387 nr. 240 und Olshausen, Prosopographie S. 215 f. 340 Habicht, Athen S. 22; carsana, Dirigenze S. 128. Die Athener Münzen neuen Stils (M. Thompson, The new Style Silver coinage of Athens, new York 1961, S. 143 ff. nr. 360 ff. mit Taf. 36 f.), die als Beizeichen einen Anker mit Stern tragen und früher mit Antiochos Iv. verbunden und ins Jahr 166/65 datiert wurden, werden jetzt ins Jahr 134/33 gesetzt und spielen wohl „wirklich auf Wohltaten eines seleukidischen Königs“ – und zwar Antiochos’ vII. – an, vgl. Habicht, Athen S. 21 mit den nachweisen. 341 z. 20–25. Habicht, Athen S. 23 f.; carsana, Dirigenze S. 128; Savalli-lestrade, Philoi S. 85. 342 Habicht, Athen S. 24. 343 Darauf weisen möglicherweise auch einige Münzzeugnisse hin. Auf einer Emission athenischer Tetradrachmen des neuen Stils, für die ein Antiochos als Münzbeamter verantwortlich zeichnet, begegnet ein Elephant als Beizeichen: M. Thompson, The new Style Silver coinage of Athens, new York 1961, S. 155 ff. nr. 396 ff. mit Taf. 40. Während Thompson vermutet, der Münzmeister könnte in absentia Antiochos v. gewesen sein, und die Emission ins Jahr 163/62 datiert, schlägt H. B. Mattingly in seiner Buchbesprechung (nc 1969, S. 329) gestützt auf App. Syr. 68,
2.) Epigraphische Quellen
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Statue (OGIS I 258 = IvDélos 1552). vermutlich ließ Antiochos vIII. auch seinen Sohn Seleukos vI. in Athen erziehen, denn diesem setzte ein anderer Athener mit namen Dionysios ebenfalls in Delos ein Standbild (OGIS I 261 = IvDélos 1553). In Delos, das Antiochos Iv. mit Altären und Statuen schmücken ließ (liv. 41, 20, 9),344 sind aus der zeit nach dem Jahr 166 15 ptolemäische (IvDélos 1525–1539), 14 seleukidische (IvDélos 1540–1553), aber nur eine attalidische Inschrift (IvDélos 1554) gefunden worden. Sie weisen auf die enge, auch wirtschaftliche verflechtung des ägyptisch-phönikisch-syrischen Raumes mit dem bedeutendsten Handelszentrum und Freihafen des ägäischen Meeres hin. nach Delos stifteten Kaufleute und Reeder aus dem phönikischen laodikeia dem ‚Reichskanzler‘ Heliodoros (187–175) ein Standbild, wohl aufgrund besonderer vergünstigungen;345 hier ehrte der Demos von laodikeia König Antiochos vIII. (IvDélos 1551). Das hohe internationale Prestige, das die Insel genoß, wird auch daran erkennbar, daß Antiochos vIII. dem römischen Konsul des Jahres 113, cn. Papirius c. f. carbo, eine Statue aufstellen ließ.346 – Diese Statuen waren, wie man vermuten darf, von den besten Bildhauern ihrer zeit gearbeitet.347 Die letzte seleukidische Inschrift von Delos gehört in die
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361 vor, die Münzen mit Antiochos (vIII.) in verbindung zu bringen und ins Jahr 131/29 zu datieren. An anderer Stelle (Some Problems in Second century Attic Prosopography, Historia 20, 1971, S. 36) greift er diese Überlegungen noch einmal auf und schreibt: “I looked for a Seleucid prince resident at Athens and found that the future Antiochos vIII was there precisely in 130/29 B. c., …” Dazu stellt Habicht, Athen S. 21 fest: „Es ist durchaus möglich, daß dieser Antiochos in den Jahren 131−129 in Athen war. Aber nichts zwingt dazu, im Münzmeister Antiochos eher ihn als einen athenischen Bürger zu erkennen, der den namen Antiochos vielleicht deshalb trug, weil seine Familie Beziehungen zum Königshaus hatte. Aber es könnte auch der name allein gewesen sein, der ihn bestimmte, mit dem Symbol des Elephanten der Familie zu huldigen, der die berühmtesten Träger dieses namens angehörten“. Eine Stütze findet Mattinglys These allerdings in einer Serie datierter Kleinbronzemünzen des Antiochos vIII. (vgl. auch nc 1969, S. 330), die auf der Rückseite eine auf einer Amphora sitzende Eule darstellen: cSE 317−319; SnG Israel I 2441−2452 (190 S. Ä. = 123/22) und 2453−2464 (191 S. Ä. = 122/21). Das Motiv ist aus der athenischen Tetradrachmenprägung des neuen Stils übernommen und könnte somit eine Anspielung auf den Athen-Aufenthalt des Antiochos (vIII.) bzw. auf seine Übernahme des Münzmeisteramtes (ehrenhalber) sein. Doch ist einschränkend anzumerken, daß das Motiv der Eule auf der Amphora bereits auf Kleinbronzen des Alexander I. vorkommt: SnG Israel I 1584 f. (unbestimmte Münzstätte). Die Münzen des Antiochos vIII. können also nicht zwingend als athenische Reminiszenz angesehen werden. vgl. Pol. 26, 1, 11. Mørkholm, Antiochus S. 58. IG XI 4, 1114. W. Otto, Heliodoros (6), RE vIII 1, Stuttgart 1912, Sp. 13; carsana, Dirigenze S. 165 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 44 ff.; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 99 ff. OGIS I 260 = IvDélos 1550. Savalli-lestrade, Philoi S. 121. zum Hintergrund dieser Statuenweihung siehe unten Kap. II 10: Der römische consul hat Antiochos vIII. wahrscheinlich das Exil in Aspendos ermöglicht, und dafür bedankte sich der Seleukidenkönig mit einer Statuenstiftung. IvDélos 1547; 1548 nennen den Samier Philotechnos als Bildhauer der von Sosistratos (zu diesem: Savalli-lestrade, Philoi S. 86) geweihten Statuen für Antiochos IX. und für Krateros. Eine liste von Künstlern, die aus dem seleukidischen Herrschaftsbereich stammten und auf Rhodos tätig waren, gibt: F. Hiller v. Gaertringen, Rhodos, RE Suppl. v, Stuttgart 1931, Sp. 827 ff.
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I. Kapitel: Quellen
zeit kurz vor der Katastrophe, die der 1. Mithradatische Krieg Mitte der 90er Jahre über die Insel brachte, und ist Seleukos vI. (98/97–95) gewidmet. Ein anderes im östlichen Mittelmeerraum gelegenes zentrum seleukidischer Weihungen war cypern.348 Hier ließ Demetrios II. dem „vater seiner Ehefrau“, Ptolemaios vI., im Jahr 146/45 eine Ehreninschrift setzen.349 Im Heiligtum der Aphrodite hat sich auch ein Brief Antiochos’ vIII. oder Antiochos’ IX. erhalten (siehe unten). Für ‚kulturpolitische‘ Aktivitäten der späten Seleukiden in Kleinasien könnten möglicherweise zwei epigraphische zeugnisse sprechen, die in Priene entdeckt wurden.350 Die Inschrift 108 stellt den Beschluß für den Priener Bürger und Gesandten Moschion dar und erwähnt in z. 153 Demetrios I. und in z. 155 ff. Demetrios II. Die Gesandtschaften des Moschion, die ihn an den Hof von Antiocheia, Alexandreia (z. 167) und sogar nach Petra ins ferne nabatäerreich (z. 168) führten, „mögen den zweck gehabt haben, Beiträge für die verschönerung der Stadt zu erhalten“;351 ebenso vielleicht die in der Priener Inschrift 121 genannte Gesandtschaft an den Prinzen Seleukos (vI.).352 von Antiochos Iv. (175–164) ist ausdrücklich überliefert, daß er den Ausbau von Athen, Megalopolis, Tegea, Kyzikos, Rhodos und Delos mit Geldmitteln oder durch kostbare Geschenke förderte.353 Beziehungen dieser Art
348 Die Bedeutung cyperns spiegelt auch das bei nea Paphos gefundene Archiv von Tonbullen mit Siegelbildern wider, vgl. dazu H. Kyrieleis, Èåïr ¿ñáôïß. zur Sternsymbolik hellenistischer Herrscherbildnisse, in: K. Braun/A. Furtwängler (Hg.), Studien zur klassischen Archäologie. F. Hiller zu seinem 60. Geburtstag am 12. März 1986, Saarbrücken 1986, S. 56 f. mit Abb. 4−8. 349 SEG 13, 1956, 585 mit den Ergänzungen von Piejko, Ptolemies S. 131 mit Anm. 9. 350 F. Hiller von Gaertringen (Hg.), Die Inschriften von Priene, Berlin 1906, S. 84 ff. nr. 108 und 116 f. nr. 121. zu dieser Inschrift zuletzt: J.-l. Ferrary, les gouverneurs des provinces romaines d’Asie Mineure (Asie et cilicie), depuis l’organisation de la province d’Asie jusqu’à la première guerre de Mithridate (126−88 av. J.-c.), chiron 30, 2000, S. 170 ff. 351 F. Hiller von Gaertringen (Hg.), Die Inschriften von Priene, Berlin 1906, S. XvIII. 352 z. 14. Seleukos (vI.) führt den Königstitel noch nicht. 353 liv. 41, 20, 5−9: in duabus tamen magnis honestisque rebus uere regius erat animus, in urbium donis et deorum cultu. Megalopolitanis in Arcadia murum se circumdaturum urbi est pollicitus maioremque partem pecuniae dedit; Tegeae theatrum magnificum e marmore facere instituit; Cyzici (in) prytaneo – id est penetrale urbis, ubi publice quibus is honos datus est vescuntur – uasa aurea mensae unius posuit. Rhodiis, (ut) nihil unum insigne, ita omnis generis, ut quaeque usus eorum postulauerunt, dona dedit. magnificentiae uero in deos uel Iovuis Olympii templum Athenis, unum in terris incohatum pro magnitudine dei, potest (testis) esse; sed et Delum aris insignibus statuarumque copia exornauit, … livius paraphrasiert Pol. 26, 1, 10 f. Die Großzügigkeit des Antiochos Iv. erwähnt auch I. Makk. 3, 30. Downey, Antioch S. 96 ff. bes. 99; Mørkholm, Antiochus S. 58; Bunge, „Theos Epiphanes“ S. 78 Anm. 99; Bringmann/v. Steuben, Schenkungen I S. 218 nr. 170; Bringmann, Ökonomie S. 113 f. Wie Polybios 29, 24, 11 ausdrücklich anmerkt, bildete Antiochos Iv. mit seiner Großzügigkeit innerhalb des Seleukidenhauses eine Ausnahme: Ehling, Unruhen S. 335. zur Bedeutung von Geben und Wohltun als Bestandteil des Königsideals vgl. allgemein H. Schaaf, Untersuchungen zu Gebäudestiftungen in hellenistischer zeit, Köln/Weimar/Wien 1992, S. 12 ff. bes. 19 ff.; vgl. außerdem J. lippstreu, Antiochos Iv. und Eumenes II. von Pergamon als Architekturstifter, in: W. Hoepfner/G. zimmer (Hg.), Die griechische Polis. Architektur und Politik, Tübingen 1993, S. 126 ff. bes. 130 ff.
2.) Epigraphische Quellen
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mögen auch mit Kalchedon354 und Teos355 bestanden haben. Es ist wahrscheinlich, daß auch die späten Seleukidenkönige diese Tradition gepflegt und weitergeführt haben. Mit die interessantesten Inschriften wurden beim zeustempel von Olba im Rauhen Kilikien gefunden.356 Der von Strabon (14, 5, 10 = 672) erwähnte Tempelstaat liegt 20 km nördlich von Seleukeia am Kalykadnos auf dem hügeligen Hochland des südwestlichen Tauros in etwa 1100 m Höhe.357 Das Heiligtum des von den Griechen mit zeus identifizierten, ursprünglich indigenen Wettergottes358 ist „wohl das schönste und historisch wichtigste Baudenkmal des ganzen kilikischen landes“;359 noch heute sind 32 korinthische Säulen „vorzüglich erhalten“.360 Eine von R. Heberdey und A. Wilhelm in die zeit zwischen 150 und 50,361 von E. Herzfeld in das Dezennium 60−50 datierte,362 in die Peribolos-Mauer in sekundärer verwendung verbaute Inschrift besagt, daß der Großpriester Teukros, Sohn des zenophanes, des Sohnes des Teukros, dem zeus Olbios die Dächer erneuerte, die früher unter dem König Seleukos I. nikator gebaut worden waren.363 Da der Tempel nach der Datierung von chr. Börker etwa in der Mitte des 2. Jh. errichtet wurde,364 ist die Stiftung Seleukos’ I. vermutlich auf die Dächer der hinter dem zeusheiligtum 354 R. Merkelbach (Hg.), Die Inschriften von Kalchedon (I. K. 20), Bonn 1980, S. 3 ff. nr. 1. Eudamos, der Sohn des nikon aus Seleukeia am Kalykadnos, ein einflußreicher Funktionär und ößëïò des Antiochos Iv., wurde für seine verdienste, die er sich beim zustandekommen dieser Beziehungen erworben hatte, von der Stadt durch verleihung von Bürgerrecht und Proxenie geehrt. Die Inschrift wird in die zeit um 172 datiert. 355 zum ionischen Teos vgl. A. Mastrocinque, Seleucidi divinizzati a Teo, EA 3, 1984, S. 83−86 und Piejko, Ptolemies S. 129 ff. 356 MAMA III S. 62 ff.; A.-M. vérilhac/G. Dagron, Une nouvelle inscription au temple de zeus à Diocésarée Uzuncaburç (cilicie), REA 1974, S. 237–242; SEG 26, 1976/77, 1451 ff.; J. und l. Robert, REG 90, 1977, S. 426 nr. 525. zur namensform: Stephan von Byzanz s. v. EÏëâßá, wo er unter 9.) das kilikische IÏëâá nennt. zu Olba zuletzt ausführlich: Trampedach, Olba S. 269−288. 357 E. Herzfeld, Olba, AA 1909, Sp. 436; Schneider, Kulturgeschichte I S. 727; MacKay, Sanctuaries S. 2083; Trampedach, Olba S. 269 ff 358 MacKay, Sanctuaries S. 2084. 359 E. Herzfeld, Olba, AA 1909, Sp. 439. 360 Ebenda Sp. 439. vgl. auch MAMA III S. 47 ff.; chr. Börker, Die Datierung des zeus-Tempels von Olba-Diokaisareia in Kilikien, AA 1971, S. 37−54 und Bringmann/v. Steuben, Schenkungen S. 378 f. nr. 304 mit Abb. 18 f. und S. 517 nr. 460 mit weiterer literatur. 361 Reisen in Kilikien (Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 44), Wien 1896, S. 86. 362 Olba, AA 1909, Sp. 440. 363 OID 36: EÁñ÷éåñå˜ò ìÝ(ã)áò Ôå™êñïò ÆçíïöÜíïõò [ôï™] Ôåýêñïõ Äér EÏë[âß]ùé ôNò [ó]ôÝãáò dêáßíùóåí [ô]Nò ðñüôåñï[í ãåãå]íçìÝíáò ›ð’ âáóéëÝù[ò] Óåëåýêïõ ÍéêÜôïñïò. zu der Inschrift zuletzt: Trampedach, Olba S. 273 f. 364 chr. Börker, Die Datierung des zeus-Tempels von Olba-Diokaisareia in Kilikien, AA 1971, S. 37 ff.; 54. c. Williams, The corinthian Temple of zeus Olbios at Uzuncaburç: a Reconsideration of the Date, AJA 78, 1974, S. 405 ff. bes. 413 f. bringt den Bau des Tempels mit der (angeblichen) Förderung des zeuskultes durch Antiochos Iv. in verbindung. zu Recht dagegen kritisch Bringmann/v. Steuben, Schenkungen S. 517.
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I. Kapitel: Quellen
liegenden, einschiffigen Halle zu beziehen.365 Die Inschrift ist ein äußerst wichtiges zeugnis dafür, daß Seleukos I. bei der Hellenisierung Kilikiens nicht nur Rücksicht auf gewachsene indigene Strukturen nahm, sondern lokale Heiligtümer gezielt unterstützte.366 In ähnlicher Weise förderte Antiochos III. (223/2−187) den architektonischen Ausbau des Jerusalemer Tempels, als er um 200/198 Judäa unter seine Kontrolle bekam (Ios. ant. Iud. 12, 138−144). Gute Beziehungen zwischen den Seleukidenkönigen und den Priesterfürsten von Olba bestanden bis in die ausgehende Seleukidenzeit. Inschriften bezeichnen den Großpriester zenas als Päåëö’ò ô§í âáóéëÝùí, gemeint sind Philipp I. und Philipp II.367 Mit „Bruder“ sprach der Seleukidenkönig den Ptolemäerkönig (OGIS I 257 = Welles, Rc 71 = Austin, Hellenistic world 173 [Paphos]) und den Hohenpriester von Jerusalem an (I. Makk. 10, 18; Ios. ant. Iud. 13, 45). Die Inschrift MAMA III 62 = OID 85 bezeichnet Hermias als óýíôñïöïò Philipps II.368 Danach läßt sich vermuten, daß der kilikische Fürstensohn gemeinsam mit diesem erzogen worden war. Wegen seiner Píäñáãáèßá, d. h. wegen einer unter Einsatz des lebens vollbrachten Heldentat,369 erhielt Hermias von Philipp II. eine Goldkette im Wert von 100 Goldstücken geschenkt.370 Philipp I., der sich nach seiner niederlage im Jahr 83 nach Olba zurückgezogen hatte371 und dort Hof hielt, ist vielleicht in dem Grabturm bestattet worden, der sich zwei Kilometer südlich vom Tempel befindet.372 5.) Verwaltungsorgane und Stadtnamen: Überdies geben die Inschriften auch Aufschluß über die städtischen verwaltungsorgane. Für Seleukeia in Pierien nennt die in den August/September 109 datierte Inschrift OGIS I 257 = Welles, Rc 72 (Paphos) Beamte (Tñ÷ïíôåò), Rat (âïõëÞ) und volk (äyìïò). IÁñ÷ïíôåò wird zumeist wörtlich mit „Archonten“ übersetzt; der Begriff kann aber auch ganz allgemein „Beamte“ bedeuten und die städtischen Magistrate in ihrer Gesamtheit bezeichnen.373 Für 365 R. Heberdey/A. Wilhelm, Reisen in Kilikien (Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 44), Wien 1896, S. 86; chr. Börker, Die Datierung des zeus-Tempels von Olba-Diokaisareia in Kilikien, AA 1971, S. 38; MacKay, Sanctuaries S. 2087; Bringmann/v. Steuben, Schenkungen S. 378 nr. 304. 366 Pohl, Piraterie S. 118 f. sieht in diesen „wichtige Bollwerke gegen die Piraterie“. 367 A.-M. vérilhac/G. Dagron, Une nouvelle inscription au temple de zeus à Diocésarée Uzuncaburç (cilicie), REA 1974, S. 237–242; SEG 26, 1976/77, 1451 ff.; J. und l. Robert, REG 90, 1977, S. 426 nr. 525; Savalli-lestrade, Philoi S. 89 f.; Trampedach, Olba S. 274 ff. 368 Savalli-lestrade, Philoi S. 90 f. 369 MAMA III S. 67. 370 MAMA III S. 64 ff. nr. 62 und 63; MacKay, Sanctuaries S. 2088; Trampedach, Olba S. 274. Eine goldene Halskette (óôñåðô’ò ÷ñõóï™ò) als Ehrengabe (ä§ñïí) des jüngeren Kyros an den Syennesis von Kilikien erwähnt Xen. Anab. 1, 2, 27. zu dieser Stelle vgl. Erzen, Kilikien S. 118. zum Syennesis: ders., S. 99 ff. Eine Kette (torquis) und goldene Armbänder (armillae aureae) als Schmuck des persischen Satrapen nennt nepos in Dat. 3, 1. zum Ornat der seleukidischen Könige und den Insignien der ößëïé vgl. auch Ehling, Seleukos I. S. 43 f. mit Anm. 28. 371 MacKay, Sanctuaries S. 2088. 372 MAMA III S. 59 f. mit Abb. 89; MacKay, Sanctuaries S. 2091. 373 So richtig cohen, colonies S. 85 Anm. 66. vgl. auch die Einleitung zu dem ðñüóôáãìá: l.
2.) Epigraphische Quellen
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laodikeia am Meer sind ðåëéãOíåò bezeugt.374 nach Hesychios entsprechen diese ðåëéãOíåò den griechischen âïõëåõôáß,375 nach Strabon den spartanischen Geronten; dabei handelt es sich um einen epirotisch-makedonischen Ausdruck.376 Hinzu kommt noch eine weitere makedonische Institution: der dðéóôÜôçò.377 Wir kennen den dðéóôÜôçò im Osten378 und Westen379 des Reiches. Das ðñüóôáãìá Seleukos’ Iv. (IGlS 1183 = Welles, Rc 45) z. B. ist an den dðéóôÜôçò ôyò ðüëåùò, Theophilos, die Tñ÷ïíôåò und die ðüëéò Seleukeia in Pierien gerichtet. Dieser war ein königlicher Beamter,380 „entrusted with both civil and military powers“.381 Es scheint, daß bei den von Seleukos I. gegründeten Städten382 das griechische PolisModell mit makedonischen Elementen ‚ergänzt‘ wurde.383 Diese sollten eine möglichst umfassende Kontrolle der jeweiligen Stadt für den König sichern. Um den Verwaltungsaufwand zu minimieren und für griechische Siedler attraktiv zu sein,384
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Robert, Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 7, in der Antiochos III. Apollodoros und die Tñ÷ïíôåò von laodikeia begrüßt. Diese Tñ÷ïíôåò sind also ein Sammelbegriff. vgl. z. B. auch lk 23, 13, wo allgemein von Tñ÷ïíôåò die Rede ist, daß damit aber die ãñáììáôåsò gemeint sind, geht aus lk 22, 66 klar hervor. P. Roussel, Décret des péliganes de laodicée-sur-Mer, Syria 23, 1942/43, S. 21 ff.; Downey, Antioch S. 112 f.; cohen, colonies S. 80; Mehl, cities S. 108 f.; Grainger, cities S. 153. S. v. ðåëéãOíåò· ïj híäïîïé ðáñN äc Óýñïéò ïj âïõëåõôáß. Strab. vII Frag. 2. Downey, Antioch S. 112 f. zum makedonischen Hintergrund vgl. R. M. Errington, König und Stadt im hellenistischen Makedonien: die Rolle des Epistates, chiron 32, 2002, S. 51−63. vgl. außerdem Bikerman, Institutions S. 162 f.; Jones, cities S. 105; Aperghis, Economy S. 284. Für Seleukeia am Tigris sind zwei epistatai bezeugt: Diomedon zur zeit des dritten Antiochos: Pol. 5, 48, 12. Grainger, Prosopography S. 88 und Demokrates zur zeit des vierten Antiochos: OGIS I 254. Grainger, Prosopography S. 86. Seleukeia in Pierien: IGlS 1183 = Welles, Rc 45; laodikeia am Meer: IGlS 1261 nennt einen Asklepiades als epistates; Tyros: Iust. 39, 1, 8: praefectus = dðéóôÜôçò; Jerusalem: II. Makk. 5, 22 und Olba im Rauhen Kilikien: E. l. Hicks, Inscriptions from Western cilicia, JHS 12, 1891, S. 226 nr. 2. Außerdem wohl Ilion: IvIlion S. 84 nr. 32 aus dem Partizip in z. 1 zu schließen. Weitere Belege bei Kreißig, Wirtschaft S. 59. Bikerman, Institutions S. 162 f.; cohen, colonies S. 81; Mehl, cities S. 108; A. Heuss, Stadt und Herrscher des Hellenismus in ihren staats- und völkerrechtlichen Beziehungen (Klio Beiheft 39), leipzig 1937 (nachdruck Aalen 1963), S. 23 f.; 29 ff. und Bringmann, Reform S. 87 ff. weisen auf die Vieldeutigkeit des dðéóôÜôçò-Begriffs hin. Downey, Antioch S. 112; cohen, colonies S. 81 betont hingegen nur seine zivilen vollmachten: “The epistates occupied a unique position. He acted as the civil representative of the king in the polis and collaborated with the magistrates in governing the city”. Bei Hieronymus (Helm S. 127) heißt es: Seleucus Antiochiam Laodiciam Seleuciam Apamiam Edessam Beroeam et Pellam urbes condidit. Quarum Antiochiam XII anno regni sui extruxit. Grundlegend zu den Gründungen des Seleukos I.: v. Tscherikower, Die hellenistischen Städtegründungen von Alexander dem Großen bis auf die Römerzeit, leipzig 1927, S. 165 ff.; Fatouros/Krischer, Antiochikos S. 141 ff.; Brodersen, Gründungen S. 361 ff. So schreibt Welles zu der Inschrift Rc 45 S. 187: “It is interesting to see how the Seleucids combined democratic forms with strict supervision over their capital cities”. Grainger, cities S. 153. Daß Seleukos I. auf die griechisch-makedonische Bevölkerung bzw. auf griechisch-makedonische Siedler angewiesen war, betont Mehl, Seleukos S. 325 f. und ders., cities S. 100. So sollen, wie libanios or. 11, 58; 92 berichtet, Athener unter den ersten Siedlern gewesen sein; sie wurden
I. Kapitel: Quellen
dürfte der erste Seleukide in seinen neugründungen ein gewisses Maß an städtischer Selbstverwaltung zugelassen haben. Aber angesichts der wirtschaftlichen, mehr aber noch geostrategischen Bedeutung nordsyriens385 mußte er darauf bedacht sein, einen hohen Grad an Kontrolle auszuüben, um Stabilität in dieser Region zu erzielen.386 Institutionen wie die städtischen peliganes und der königliche epistates garantierten weitestgehend den ordentlichen Eingang von Tributen und zöllen ebenso wie die loyalität der Stadtbewohner gegenüber der Seleukidendynastie. Bezeichnenderweise wurde eine ‚demokratische‘ Institution wie das Bouleuterion von Antiocheia erst unter Antiochos Iv. um 170 eingerichtet,387 ein zeichen wachsender Schwäche der Regierung, oder positiv ausgedrückt, ein zeichen steigender Unabhängigkeit der Städte in der späteren Seleukidenzeit.388 Eine Homonoia-Inschrift belegt, daß es auch in Tarsos (Antiocheia am Kydnos) und Antiocheia am Pyramos (= Magarsos)389 Rat (âïõëÞ), volksversammlung
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aus dem zerstörten, 40 Stadien entfernten Antigoneia umgesiedelt. Andere Siedler waren Argiver und Kreter: lib. or. 11, 91. Unter den in Antiocheia angesiedelten Soldaten Seleukos’ I. (lib. or. 11, 91) werden sich Makedonen und Griechen befunden haben. Unter Antiochos III. wurden schließlich Aitoler, Kreter und Euboier angesiedelt, die lib. or. 11, 119 als hellenische Bevölkerung bezeichnet. Downey, Antioch S. 79 ff.; Wiemer, vergangenheit S. 458. Ios. ant. Iud. 18, 374 f. unterscheidet bei der frühkaiserzeitlichen Bevölkerung von Seleukeia in Pierien zwischen Makedonen, Griechen und Syrern, wobei die Gruppe der Griechen gegenüber der der Makedonen quantitativ überwog. − Außer Griechen und Syrern lebten in den seleukidischen Städten auch Juden. So befand sich in Antiocheia im Stadtteil, viertel oder an einem Platz, der Kerateon genannt wurde, eine Synagoge: dí EÁíôéï÷åßu ô† ìåãÜëw dí ô² ëåãïìÝív ÊåñáôÝù· ƒí ãNñ óõíáãùãx dêås ô§í EÉïõäáßùí (Malal. 8, 207). Dies ist die jüdische Gemeinde der Apostelgeschichte: 11, 19 ff.; 11, 26. Auch in den anderen von Seleukos I. gegründeten Städten lebten Juden, die der König dort angesiedelt und rechtlich angeblich den Griechen gleichgestellt hatte: Seleucus in eas urbes, quas extruxert, Iudaeos transfert ius eis ciuium et municipalem ordinem cum Graecis aequali honore consedens (Hier. chron. 128). Der Textstelle dürfte Ios. ant. Iud. 11, 119 f. zugrunde liegen, der außerdem darauf hinweist, daß die Juden diese vergünstigungen von Seleukos I. für geleistete Kriegsdienste erhielten. Wie Griechen und Syrer werden die Juden in der Form eines ðïëßôåõìá organisiert gewesen sein. zum ðïëßôåõìá: Baltrusch, Juden S. 51 f. Die Städte dieser landschaft sicherten ihm den zugang zum Mittelmeer und damit zur griechischen Welt, vgl. auch Mehl, Seleukos S. 216. zugleich bestand immer eine Gefährdung dieser so wichtigen nordsyrischen Städte durch die Ptolemäer, vgl. Jähne, „Syrische Frage“ S. 506. Deshalb spricht D. Musti, Syria and the East, cAH vII 1, cambridge 1984², S. 178 f. zu Recht von einer bewußten ‚Makedonisierung‘ nordsyriens. Wohl in dem von ihm gegründeten Stadtteil Epiphaneia: Malal. 8, 205; lib. or. 11, 125. Downey, Antioch S. 99; 106; Mehl, cities S. 108. zur lage von Epiphaneia: Hoepfner, Geschichte S. 483 ff., ders., Antiochia S. 3 ff. mit den Abbildungen 1 und 6. cohen, colonies S. 85 Anm. 65 meint, daß aber zumindest die boule schon seit einiger zeit existierte. Auch das Bouleuterion von Milet wurde in seinem Auftrag gebaut. Dazu zuletzt Herrmann, Milesier S. 171 ff.; H. Schaaf, Untersuchungen zu Gebäudestiftungen in hellenistischer zeit, Köln/Weimar/Wien 1992, S. 37 ff.; Kneppe, Timarchos S. 40. Mehl, cities S. 109. Es läßt sich nicht definitiv entscheiden, ob Antiocheia am Pyramos Magarsos oder Mallos war. Wahrscheinlich trug jedoch Magarsos den dynastischen namen, so zuletzt noch einmal cohen, Settlements S. 360 ff.
2.) Epigraphische Quellen
(dêêëçóßá) und Beamte (Tñ÷ïíôåò; ðñõôÜíåéò; ãñáììáôå˜ò ôyò âïõëyò êár ôyò dêêëçóßáò) gab.390 Die Seleukidenkönige haben die älteren Städte Kilikiens hellenisiert391 und den seleukidischen neugründungen angeglichen. Die Inschriften liefern noch einen weiteren wichtigen Beleg für die Hellenisierung Kilikiens in seleukidischer zeit: zwei in Delphi gefundene Proxenie-Dekrete (für Stasianax und Athenodotos) beweisen, daß mit Sicherheit zumindest Tarsos bereits im 3. Jh. seinen nicht-griechischen Namen392 zugunsten des dynastischen namens Antiocheia am Kydnos abgelegt hatte.393 Nach den Münzen,394 den ins Jahr 166/65 gehörenden athenischen Siegerlisten395 und Stephan von Byzanz396 könnte man meinen, die Stadt hätte erst unter Antiochos Iv. ihren dynastischen namen angenommen. Es ist deshalb gut möglich, daß auch die anderen ostkilikischen Städte bereits während des 3./2. Jhs. dynastische Stadtnamen führten, wenngleich die epigraphischen und numismatischen Belege dafür alle erst aus der zeit des vierten Antiochos stammen.397 390 S. und R. Werner, Eine griechische Inschrift aus Karatas, Jahrbuch für Kleinasiatische Forschungen 2, 1951, S. 326 f.; F. Sokolowski, lois sacrées de l’Asie mineure, Paris 1955, S. 183 f. nr. 81; SEG 12, 1955, 511 mit den verbesserungen von l. Robert: SEG 14, 1957, 900. cohen, Settlements S. 359 f. Die Inschrift stammt aus der zeit zwischen 160 und 140. vgl. auch die Asylie-Erklärungen des Sulla und des lucullus für den Isis-Tempel von Mopsuhestia (Seleukeia am Pyramos), die Tñ÷ïíôåò, âïõëÞ und äyìïò nennen und sehr wahrscheinlich in das Jahr 86/85 gehören: Sayar/Siewert/Taeuber, Asylie-Erklärungen S. 120; SEG 44, 1994, 1227; SEG 45, 1995, 1834; SEG 46, 1996, 1731. 391 S. Sherwin-White/A. Kuhrt, From Samarkhand to Sardis. A new approach to the Seleucid empire, london 1993, S. 184. Es muß dort aber SEG 14, 1957, 900 heißen, nicht 980. Einen guten Überblick über Kilikien unter den Seleukiden gibt M. H. Sayar, Kilikien und die Seleukiden. Ein Beitrag zur Geschichte Kilikiens unter der Seleukidenherrschaft anhand einer neuentdeckten Festung und einer neugefundenen Inschrift, in: Studien zum antiken Kleinasien Iv (Asia Minor Studien 34), Bonn 1999, S. 125−136. 392 W. Ruge, Tarsos, RE Iv A 2, Stuttgart 1932, Sp. 2414. zur Etymologie des Stadtnamens vgl. J. Tischler, Der Ortsname Tarsos und verwandtes, zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 100, 1987, S. 339 ff. Tischler nimmt ein hethitisch-luwisches Wort tarsa für Schädel an und weist auf die Erklärung bei Stephan von Byzanz hin, der s. v. Ôáñóüò schreibt, die Stadt Tarsos habe früher den Namen Êñáíßá gehabt, was von griechisch êñáíßïí ‚Schädel‘ abgeleitet sei. Anders Erzen, Kilikien S. 73 mit der literatur in Anm. 134, der meint, daß der Stadtname vielleicht mit dem einheimischen Gott Tarku zusammenhängt. 393 l. couve, Inscriptions de Delphes, BcH 18, 1894, S. 267. R. Flacelière, les Aitoliens à Delphes, Paris 1937, S. 436 f. setzt das Archontat des Aristion ins Jahr 276/75? und das des Dion S. 468 f. ins Jahr 243/2. Das Archontat des Dion datiert J. Beloch, Griechische Geschichte. Iv 2: Die griechische Weltherrschaft, Berlin/leipzig 1927², S. 402 ff.; 420 f. ebenfalls ins Jahr 243/2. Das Archontat des Aristion setzt W. Ruge, Tarsos, RE Iv A 2, Stuttgart 1932, Sp. 2419 ins Jahr 212/11. vgl. dazu zuletzt cohen, Settlements S. 359 mit weiterer literatur. 394 Münzen mit dynastischem namen z. B.: SnG Switzerland I 909−916. Allerdings prägte Tarsos diese Münzen anders als die anderen kilikischen Städte nicht mit dem Kopf des Antiochos Iv. auf der vorderseite. 395 vgl. dazu St. v. Tracy/chr. Habicht, new and Old Panathenaic victor lists, Hesperia 60, 1991, S. 187 f. col. II z. 27−33, und S. 202 mit Taf. 71 ff. 396 Dort heißt es: Ôáñóüò, … dêëÞèçí äc êár EÁíôéü÷åéá Pð’ EÁíôéü÷ïõ ôï™ EÅðéöáíï™ò. 397 So wird z. B. in z. 48 der panathenischen Siegerliste aus dem Jahr 166/5 Antiocheia am Pyramos (= Magarsos?) erwähnt. Alle nachweise finden sich bei cohen, Settlements S. 355 ff. Jones,
I. Kapitel: Quellen
Schließlich beweisen die Inschriften, genauso wie die Münzen, daß die Städte ihren dynastischen namen keineswegs gleich nach dem Tode des Antiochos Iv. wieder ablegten.398 6.) Keilinschriften: Manch wichtiges historisches Ereignis hat auch in den astronomischen Keilinschriften Babylons seine Spuren hinterlassen.399 Einige dieser Dokumente sind in der ersten zeile nach einem Seleukidenkönig datiert.00 Die Inschrift Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 35 nr. 161 zeile 1/1 nennt für den siebten Monat des Jahres 150 S. Ä. (nach der babylonischen Frühjahrszählung) noch Antiochos v. als König (Lugal) des Seleukidenreiches; im Herbst 162 übernahm Demetrios I. die Herrschaft.401 Als Folge der Kämpfe zwischen Demetrios I. und Alexander I. scheint es in Antiocheia zu einer Hungersnot gekommen zu sein,402 der einzigen lebensmittelknappheit von der wir in dem hier behandelten zeitraum hören. Berichtet wird auch, daß Demetrios I. von Antiocheia aus 25 Elephanten gegen Alexander I. ins Treffen führte.403 Im Jahr 141 nahmen die Parther unter ihrem König (Lugal) Arsakes (= Mithradates I.) von Medien aus Seleukeia am Tigris und Babylon ein.0 Besonders hervorzuheben ist, daß die Gefangennahme Demetrios’ II. und seiner ößëïé durch die Parther nach der Inschrift Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 167 nr. 137 z. 10 ins Jahr 138 zu datieren ist und damit der Aufbruch des Königs in den Partherkrieg ins Jahr 139 gehört.0 Für das Jahr 130 ist die Rückeroberung
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cities S. 200 hat natürlich grundsätzlich recht, wenn er schreibt: “The date when these dynastic names were granted is not known”. So wird die bei Karatas gefundene Inschrift: S. und R. Werner, Eine griechische Inschrift aus Karatas, Jahrbuch für Kleinasiatische Forschungen 2, 1951, S. 326 f.; F. Sokolowski, lois sacrées de l’Asie mineure, Paris 1955, S. 183 f. nr. 81; SEG 12, 1955, 511 mit den verbesserungen von l. Robert: SEG 14, 1957, 900, die Antiocheia am Kydnos (Tarsos) und Antiocheia am Pyramos (Magarsos?) nennt, in die zeit zwischen 160 und 140 datiert. Seleukeia am Kalykadnos und Epiphaneia führten ihren dynastischen namen noch in der römischen Kaiserzeit: SnG Switzerland I 680 ff. bes. 720−789. Auch Gadara legte seinen dynastischen namen erst später ab: Wörrle, Gadara S. 269. vgl. aber auch nollé, Seleukeia S. 89 f. Diese Inschriften bieten für den heutigen leser oftmals nur ziemlich monotone Auflistungen der Planeten- bzw. Sternbilderkonstellationen. Die Texte liegen bei Del Monte, Testi und Sachs/ Hunger, Astronomical Diaries III in Umschrift und Übersetzung vor. z. B. Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 59 nr. 157 z. 1: „Jahr 154, König Demetrios“ oder S. 87 nr. 149 z. 1: „[Jahr 162,] König Alexander“. Siehe unten Kap. II 2. Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 85 nr. 149 z. 3 f. Ebenda S. 87 nr. 149 z. 8−11. Interessanterweise kommt ein Elephantenkopf auf Bronzemünzen des Demetrios I. vor: z. B. cSE 172. Die Münzen sind vielleicht im Kontext dieser keilinschriftlichen Überlieferung zu sehen. Der Elephant auf Bronzemünzen des Alexander I.: z. B. cSE 198; 205 f. hingegen stehen eher in einem dionysischen zusammenhang. Ebenda S. 135 nr. 140 z. 3−9. In der Inschrift wird Seleukeia als „königliche Stadt“ bezeichnet. nach Olmstead, Texts S. 13 erfolgte die Eroberung Seleukeias am Tigris vor dem 22. Juli 141. zum Titel Lugal: Oelsner, Randbemerkungen S. 35 f. mit Anm. 34, der darauf hinweist, daß seit Mithradates II. (122−91/88) statt Lugal der Titel Šarru verwendet wird; diesem Wechsel „liegen veränderungen in der Königsideologie zugrunde“. Dazu ausführlich unten Kap. II 7.
2.) Epigraphische Quellen
Babylons durch Antiochos vII. keilinschriftlich bezeugt, und dies ist, wie A. T. Olmstead feststellt, „the last witness to Western rule …“.0 7.) Umstrittene Inschriften: Abschließend seien noch drei wichtige Inschriften angesprochen, deren Datierung und Interpretation Schwierigkeiten bereiten. Es handelt sich 1.) um die bekannte Inschrift des zeustempels von Baitokaike (OGIS I 262 = Welles, Rc 70), 2.) um eine in Ptolemaïs gefundene und von Y. H. landau, A Greek Inscription from Acre, IEJ 11, 1961, S. 118 ff. mit Fig. 1 und Taf. 28 publizierte Inschrift und 3.) um die im Aphroditeheiligtum von Paphos auf cypern entdeckte Inschrift OGIS I 257 = Welles, Rc 71; 72 = Austin, Hellenistic world 173. zu 1.) Die große, aus der späten römischen Kaiserzeit stammende Inschrift des zeustempels von Baitokaike (OGIS I 262 = Welles, Rc 70) besteht aus fünf Dokumenten, von denen in unserem zusammenhang die Kopie des Briefes (dðéóôïëÞ) eines Antiochos an Euphemos (z. 15−18) und die folgenden Anweisungen zur Umwandlung einer früheren äùñåÜ in Tempelland (z. 18−31) von Interesse sind.0 Da der Antiochos keinen Beinamen führt und ohne Filiation genannt wird, ist über seine Identität viel gerätselt worden. Während c. B. Welles einen späten Seleukiden, Antiochos vIII., vorschlug,08 gelangte H. Seyrig zu der Ansicht, daß es sich um Antiochos I. oder II. handeln dürfte.409 Der einzige chronologisch verwertbare Anhaltspunkt ist die Erwähnung der Satrapie Apameia in z. 21. Da unter Demetrios I. die Tetrapolis noch in der Satrapie Syria Seleukis zusammengefaßt war (IvDélos 1544),410 gehört die Aufteilung dieser Satrapie in vier (?) Satrapien (die von Antiocheia, Seleukeia, laodikeia und Apameia)411 wohl doch in die zeit nach 162−150, der Regierungszeit des Demetrios I.412 Die Übertragung einer ehemaligen äùñåÜ an einen Tempel läßt an die Auflösungszeit des Reiches denken.413 Da unter Antio0 Olmstead, Texts S. 14. vgl. außerdem Oelsner, Randbemerkungen S. 34 mit Anm. 30. 0 Rostovtzeff, History I S. 494; Rigsby, Asylia S. 504 ff. Der entscheidende Passus lautet in der Übersetzung von Kreißig, Wirtschaft S. 53 f.: „Da mir über die Kraft des Gottes zeus von Baitokaike berichtet wurde, ist beschlossen worden, ihm für alle zeit zu übertragen den Ort, von dem die Gewalt des Gottes ausging − das Dorf Baitokaikene, das früher Demetrios … gehörte, mit seinem ganzen (Grund- und lebenden) Besitz nach den bestehenden Registern und mit den Produkten des laufenden Jahres … Und am 15. und 30. Tag jedes Monats sollen abgabefrei Märkte abgehalten werden. Der Tempel soll unverletzbar und das Dorf frei von Einquartierungen sein …“. Der Ort befindet sich nördlich des libanongebirges etwa auf der Höhe von Arados. vgl. die Karte bei le Rider, Antioche S. 9. Außerdem: Orth, Geographie S. 84. 08 Rc 70. 409 H. Seyrig, Antiquités syriennes 48. Aradus et Baetocaecé, Syria 28, 1951, S. 191−206 bes. 202. Gegen diese Auffassung spricht sich Orth, Geographie S. 84 aus. 410 Siehe auch oben. 411 Für die ersten drei dieser neugeschaffenen Satrapien haben wir bislang keinen Beleg. 412 Rigsby, Asylia S. 509: “The attested dates (meager evidence) for a satrapy of Apamea are between the mid-second century and the early first, before which we hear of the satrapy of Seleucis …”. IvDélos 1544 nennt einen König Demetrios, wobei aus der Inschrift nicht hervorgeht, ob damit der erste oder der zweite Demetrios (145−138/129−125) gemeint ist, d. h. die Satrapie Syria Seleukis ist demnach vielleicht auch erst nach 125 aufgeteilt worden. Rigsby selbst legt sich zeitlich nicht genauer fest. 413 Welles, Rc S. 282; Kreißig, Wirtschaft S. 54.
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I. Kapitel: Quellen
chos vIII. praktisch mit Beginn der Alleinregierung im Jahr 121 der zeuskult nachhaltig propagiert wurde,414 läge eine Förderung dieses zeusheiligtums ganz auf seiner linie. Ein weiteres Indiz für eine Spätdatierung bietet der name des früheren Besitzers. Er hieß Demetrios, Sohn des Demetrios (z. 20 f.). Möglicherweise handelte es sich bei diesen beiden um Höflinge, die ihre namen nach einem der beiden Könige, Demetrios I. oder Demetrios II., erhalten hatten.415 zu 2.) Der Herausgeber Y. H. landau ergänzt und deutet die Inschrift als Weihung für Antiochos vII. und Kleopatra Thea und datiert sie ins Jahr 130/29.416 Ergänzung und Datierung sind u. a. von G. le Rider,417 H. Bengtson418 und E. Will419 übernommen worden. landaus lesung ist jedoch mit einer Reihe von Ungereimtheiten verbunden, auf die zuerst Th. Fischer aufmerksam gemacht hat.420 Demnach ist das ›ðÝñ lediglich auf den in z. 1 f. genannten Großkönig Antiochos [ ] Euergetes Kallinikos zu beziehen und das dã auf den König [---]ßïõ Óùôyñïò Ìåãßóôïõ und Kleopatra Thea. Die Weihung erfolgte also nicht für (›ðÝñ) Kleopatra Thea, sondern die Königin erscheint als Mutter des in z. 1 f. genannten Königs Antiochos. Ergänzt man in z. 3 die lesung [ ]ßïõ mit landau zu Äçìçôñßïõ, dann muß es sich um Demetrios II. handeln, und der in z. 1 f. vermerkte Antiochos wäre Antiochos vIII. Problematisch ist jedoch, daß Antiochos vIII. dann statt der Beinamen Epiphanes Philometor Kallinikos die namen [ ] Euergetes Kallinikos führen würde und Demetrios II. statt Theos Nikator421 Soter Megistos hieße. Folgt man Fischers vorschlag und liest in z. 3 statt [ ]ßïõ nur [ ]ïõ, dann ließe sich EÁíôéü÷ïõ ergänzen; dieser wäre dann Antiochos vII. und der Antiochos in z. 1 f. sein Sohn Antiochos IX. Freilich geht auch diese lesung nicht einfach auf: Antiochos vII. führte offiziell das Epitheton Euergetes und seit 134/33 nannte er sich Megas Euergetes, nicht aber Soter Megistos. Allerdings nennt ihn Josephus in ant. Iud. 12, 222 Antiochos Soter. Die Richtigkeit dieser nachricht wird möglicherweise nun durch die diskutierte Ptolemaïs-Inschrift bestätigt. vermutlich wurde Antiochos vII. der Beiname Soter postum verliehen und in Ptolemaïs zu Soter Megistos gesteigert. Für Antiochos IX. 414 Siehe unten Kap. I 3, 2. nach den Tetradrachmen: cSE 322; 336; SnG Israel I 2493−2500; 2530−2533; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 509 (Antiocheia); cSE 723 f.; SnG Israel I 2575−2578; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 511 (Sidon); cSE 812 f.; SnG Israel I 2580−2586; 2590−2595; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 512 (Ptolemaïs); cSE 850−854; SnG Israel I 2646−2661 (Damaskos); SnG Israel I 2568−2571 (unbekannte nordsyrische Münzstätte). Sie zeigen einen stehenden zeus mit Hüftmantel, über dessen Kopf sich eine Mondsichel befindet und der auf der vorgestreckten rechten Hand einen Stern oder eine Sonne hält. Siehe auch unten Kap. II 10. 415 Rigsby, Asylia S. 509: “I imagine Demetrius to have been a courtier of some rank …”. Bei Rigsby auch die ältere literatur. zur Tempelanlage von Baitokaike ist immer noch grundlegend das Buch von R. Krenker/W. zschietzschmann, Römische Tempel in Syrien, Berlin/leipzig 1938, S. 65 ff. 416 landau, Inscription S. 122; 126. 417 Suse S. 378 Anm. 2. 418 Strategie II S. 424. 419 Histoire II S. 348. 420 Partherkrieg S. 102 ff. 421 Den Philadelphos-Beinamen legte er etwa 139 ab: Ehling, Miszellen S. 375.
2.) Epigraphische Quellen
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Philopator (in z. 1 f.) ergäben sich damit zwei weitere, bislang unbekannte Epitheta, nämlich Euergetes Kallinikos. Die Inschrift müßte noch einmal Buchstabe für Buchstabe gelesen werden. Da Fischers vorschlag weniger Schwierigkeiten bereitet und insgesamt einige Wahrscheinlichkeit besitzt, sollte auch seine Datierung der Inschrift in die zeit zwischen 114 (?) bzw. 113 und 104 übernommen werden.422 zu 3.) Der Königsbrief (OGIS I 257 = Welles, Rc 71; 72 = Austin, Hellenistic world 173 [Paphos]) wurde zuerst von E. A. Gardner/D. G. Hogarth/M. R. James/ R. E. Smith, Excavations in cyprus, 1887−1888, JHS 9, 1888, S. 229 ff. publiziert und seitdem immer wieder besprochen.423 Darin unterrichtet ein König Antiochos seinen auf cypern residierenden „Bruder“ Ptolemaios X. Alexander I.424 im August/ September 109 darüber, daß die Stadt Seleukeia in Pierien für alle zeiten frei sein soll (z. 13 f.). zur Begründung heißt es, daß die Bewohner schon seinen vater unterstützt hätten und auch gegen ihn selbst in „späteren schweren zeiten“ immer wohlgesinnt waren (z. 5–9). Deshalb wolle er die Bewohner mit der vornehmsten und größten Wohltat, der Freiheit,425 belohnen (z. 11–14). – Auch wenn als erster U. Wilcken die begründete Ansicht vertritt, es könne sich bei dem Briefschreiber nur um Antiochos vIII. handeln,426 und die Forschung ihm weitgehend gefolgt ist,427 ist es doch auch möglich, daß der Brief von seinem Halbbruder Antiochos IX. verfaßt wurde.428 Die unten in Kap. II 10 vorgeschlagene Rekonstruktion der Ereignisse des Jahres 113 macht es wahrscheinlich, daß Antiochos IX. in diesem Jahr über cypern kommend in Seleukeia in Pierien landete und zur Eroberung Syriens überging. Gewichtige Gründe sprechen m. E. dafür, in dem Briefschreiber eher Antiochos IX. als 422 Fischer, Partherkrieg S. 109. Der Deutung Fischers sind J. und l. Robert, REG 84, 1971, S. 527 f. nr. 689 und H. castritius in seiner Besprechung: Hz 214, 1972, S. 626 gefolgt. Skeptisch bleibt dagegen M. A. R. colledge in seiner Besprechung: classical Review 86, 1972, S. 426 f. Er datiert die Inschrift in die zeit 121/0 bis 114/13. nach der unten in Kap. II 10 vorgeschlagenen chronologie landete Antiochos IX. im Jahr 113 in Syrien. 423 Am ausführlichsten von Wilcken, Beitrag S. 436 ff. zu der Inschrift zuletzt: Rigsby, Asylia S. 486 f. Sie wurde im Heiligtum der cyprischen Aphrodite gefunden, das auf kaiserzeitlichen Münzen abgebildet ist, vgl. z. B. das schöne Münchner Stück für caracalla: M. Bernhart, Aphrodite auf griechischen Münzen, München 1934, S. 5 f. mit Taf. IX b. 424 Ptolemaios X. Alexander I. war seit 114/13 Stratege von cypern. zwischen Oktober 110 und Februar 109 war er kurzzeitig Mitregent seiner Mutter und kehrte nach seiner Entthronung unter Beibehaltung des Königstitels nach cypern zurück: H. volkmann, Ptolemaios X. Alexander I. (31), RE XXIII 2, Stuttgart 1959, Sp. 1743 f. und Hölbl, Geschichte S. 184; 186. Welles, Rc 71 schreibt Ptolemaios IX. Alexander I. 425 Auf den Münzen bezeichnet sich die Stadt nun als autonom: Wroth BMc Galatia S. 270 ff. nr. 15−28 mit Taf. XXXII 6−8. 426 Beitrag S. 440. 427 z. B. W. W. Tarn, The Political Standing of Delos, JHS 44, 1924, S. 144; E. Bickermann, Rom und lampsakos, Philologus 84, 1932, S. 284; Austin, Hellenistic world S. 284; cohen, conflict S. 16. 428 Welles, Rc S. 290: “certain identification of the king Antiochus of these letters is, in the present state of evidence, impossible”. Welles selbst neigt dazu, den Brief Antiochos vIII. zuzuschreiben. Dagegen lassen Jones, cities S. 100 oder F. W. Walbank, The Hellenistic World, london 1981, deutsch: Die hellenistische Welt, München 1983, S. 143 und Rigsby, Asylia S. 486 die Frage unentschieden.
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I. Kapitel: Quellen
Antiochos vIII. zu sehen (siehe unten Kap. II 10). – Auf dem Inschriftenstein folgten dem Brief des Seleukidenkönigs Antiochos IX. ? an Ptolemaios X. Alexander I. sehr wahrscheinlich das Antwortschreiben des Ptolemäers429 und dann vielleicht die Kopie des Briefes, der den römischen Senat über die Entscheidung des Königs unterrichtet,430 die jedoch beide nicht erhalten sind. 3.) nUMISMATIScHE QUEllEn Für eine Untersuchung gerade der späten Seleukidenzeit sind die Münzen von größtem Wert.431 Es ist kaum übertrieben zu behaupten, daß es nicht möglich ist, eine Geschichte der späten Seleukiden zu schreiben, ohne genaue Kenntnisse der königlichen und städtischen Münzprägung dieser Jahre.432 Der eindrucksvollste Beleg für ihre historische Bedeutung stammt von E. Bickermann: Er konnte durch Auswertung der numismatischen zeugnisse den nachweis erbringen, daß Antiochos Iv. keineswegs die Hellenisierung des Reiches durch die Einführung des für alle Untertanen verbindlichen zeuskultes beabsichtigt bzw. betrieben hat.433 Denn seit Anfang der 429 E. Bickermann, Rom und lampsakos, Philologus 84, 1932, S. 284 Anm. 22. 430 OGIS I 257 z. 23 ff. = Welles, Rc 72 z. 4 ff. 431 Eine Bibliographie bietet Th. Fischer, literaturüberblicke der griechischen numismatik: Seleukiden, chiron 15, 1985, S. 283−389 und ders., literaturüberblicke der griechischen numismatik: Seleukiden (nachtrag 1984−89), chiron 21, 1991, S. 425−464. Eine Übersicht über den neuesten Forschungsstand zur seleukidischen Numismatik geben die zu den Kongressen in Berlin und Madrid herausgegebenen Surveys: A. Houghton/c. lorber, The Seleucids and the Ptolemies, in: c. Morrisson/B. Kluge (Hg.), A Survey of numismatic Research 1990−1995, Berlin 1997, S. 115−124 und F. Duyrat, les Séleucides et l’Orient, in: c. Alfaro/A. Burnett (Hg.), A Survey of numismatic Research 1996−2001, Madrid 2003, S. 177−188. vgl. außerdem Aperghis, Economy S. 213 ff., der insbesondere die Münzproduktion unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beleuchtet. Die von Fischer, Partherkrieg S. 5 Anm. 3 erhobene Forderung nach corpora seleukidischer Münzen wird in absehbarer zeit erfüllt sein. Bislang stehen die Bände von E. T. newell, The Seleucid Mint of Antioch, AJn 51, 1917, S. 1−151 (im folgenden abgekürzt mit SMA), der Auktionskatalog naville Kat. 10, A. Houghton, coins of the Seleucid Empire from the collection of Arthur Houghton, new York 1983 (im folgenden abgekürzt mit cSE), A. Houghton/A. Spaer/c. lorber, Sylloge nummorum Graecorum Israel I. The Arnold Spaer collection of Seleucid coins, london 1998 (im folgenden abgekürzt mit SnG Israel I), G. le Rider, Antioche de Syrie sous les Séleucides. corpus des monnaies d’or et d’argent. I: De Séleucos I à Antiochos v c. 300−161, Paris 1999 und A. Houghton/c. lorber, Seleucid coins. A comprehensive catalogue. Part I: Seleucus I through Antiochus III, volume I: Introduction, Maps, and catalogue, volume II: Appendices, Indices and Plates, new York/lancaster/london 2002 zur verfügung. Band II des corpus von le Rider bzw. Teil II des Kataloges von Houghton/ lorber werden in den nächsten Jahren erscheinen. 432 Bereits Bouché-leclercq hat sich bemüht, die numismatischen Quellen auszuwerten. Im II. Band seiner Histoire hat er einen Katalog der wichtigsten Seleukidenmünzen mit vier Tafeln angehängt. Bikerman, Institutions S. 211 ff. widmet den seleukidischen Münzen fast 25 Seiten. Schließlich wertet auch Bellinger in seiner Arbeit über das Ende der Seleukiden die Münzen immer intensiv aus und beschäftigt sich in zwei Exkursen (S. 87 ff.) mit wichtigen numismatischen Details. 433 Die Hellenisierungsthese vertraten nachdrücklich U. Wilcken, Antiochos Iv. (27), RE I 2, Stutt-
3.) numismatische Quellen
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160er Jahre wurden in zahlreichen syrischen und phönikischen Städten Münzen ausgebracht, die auf der vorderseite den Kopf des Königs tragen, auf der Rückseite aber nicht das Bild einer seleukidischen Reichsgottheit, sondern das des jeweiligen lokalgottes zeigen.434 So erscheint z. B. auf Bronzen der phönikischen Stadt Byblos erstmals der sechsflüglige Gott Kronos;435 die Münzlegende ist aramäisch und nennt den phönikischen Stadtnamen Gebal. Diese Münzzeugnisse lassen berechtigten zweifel an dem Wortlaut des in I. Makk. 1, 41−42 überlieferten ‚Hellenisierungsbefehls‘ des Antiochos Iv. aufkommen, in dem der König seine Reichsbewohner auffordert, ihre Eigenarten aufzugeben, um zu einem einzigen volk zu werden.436 gart 1894, Sp. 2474 und Bouché-leclercq, Histoire I S. 283. vgl. auch noch Bengtson, Geschichte S. 493 f. Dagegen schreibt Bickermann, Makkabäer S. 46 f. mit Recht: „Die moderne Gelehrsamkeit hat es erfunden, daß der König überall den zeus-Kult einführen wollte. Unzweideutige zeugnisse, seine Münzen, zeigen jedoch, daß Antiochos Iv. eine Hellenisierung seines Reiches keineswegs betrieben hat“. Die Bedeutung des zeuskultes für Antiochos Iv. darf nicht überschätzt werden (eine Mittelposition nimmt Mørkholm, Antiochus S. 133 ein: “He had a personal preference for zeus Olympius, but showed no missionary zeal”). zum zeuskult der Seleukiden: Mastrocinque, zeus S. 361 mit Anm. 44 und 45. Hingegen sieht Rostovtzeff, History II S. 704 in diesem Gott einen „counterpart“ zum ptolemäischen Sarapis. Doch hat Antiochos Iv. gerade auch den Isis- und Sarapiskult gefördert, wie seine im ‚ägyptischen‘ Stil geprägten Bronzen belegen: Ehling, Unruhen S. 334 f. mit Anm. 198, dort die weitere literatur, siehe auch unten. Der Seleukidenkönig scheint keinen Gott besonders favorisiert, sondern im Gegenteil den Kult aller Götter seines Reiches gefördert zu haben. So wurden bei den Festspielen von Daphne im Herbst 166 die Bilder aller Götter, göttlichen Wesen und Heroen des Reiches mitgeführt (Pol. 30, 25, 13). In dieselbe Richtung einer toleranten, für alle Strömungen offenen Religionspolitik weisen auch die kultischen Hochzeiten, die Antiochos Iv. mit der Artemis von Hierapolis (Gran. lic. 28, 6, d. h. der Atargatis von Hierapolis-Bambyke, vgl. Schneider, Kulturgeschichte I S. 742; Mørkholm, Antiochus S. 132) und der persischen nanäa (II. Makk. 1, 13−17; bes. 1, 14) feierte. zum Brauch des jåñ’ò ãÜìïò vgl. niese, Makkabäerbücher S. 287 mit Anm. 2 und Schmitt, Untersuchungen S. 102 f. Eher skeptisch, was die religiöse Toleranz des vierten Antiochos betrifft, ist Baltrusch, Juden S. 54; 56, der freilich die verhältnisse in Judäa vor Augen hat. 434 Mørkholm, Municipal coinages S. 63 ff. 435 Babelon, Rois S. 85 nr. 671; Mørkholm, Municipal coinages S. 65; cSE 694−696; SnG Israel I 1070 f. Dieser Gott scheint noch auf spätantiken Gemmen und magischen Amuletten vorzukommen: P. zazoff, Die antiken Gemmen, München 1983, S. 358 ff. mit Taf. 114, 3; 115, 1 (auf einem Tier stehend). von zazoff als „Pantheos“ bezeichnet. 436 I. Makk. 1, 41 f.: Êár hãñáøåí ¿ âáóéëå˜ò ðÜów ô† âáóéëåßu ášôï™ åqíáé ðÜíôáò åkò ëá’í fíá êár dãêáôáëéðåsí fêáóôïí ôN íüìéìá ášôï™. êár dðåäÝîáíôï ðÜíôá ôN hèíç êáôN ô’í ëüãïí ôï™ âáóéëÝùò. viele Übersetzungen sind hier nicht ganz korrekt und sprechen von einem „Schreiben“ oder „Dekret“ (so Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 302) des Königs. Die Seleukidenkönige regierten mit schriftlichen Erlassen, die als „Brief“ (dðéóôïëÞ), „verordnung“ (ðñüóôáãìá) oder „Bekanntmachung“ (ðñüãñáììá) bezeichnet werden. vgl. Demandt, Staatsformen S. 302. In I. Makk. 1, 41 f. ist aber weder von einem „Brief“ noch von einer „verordnung“ noch von einer „Bekanntmachung“ die Rede. Es heißt nur, daß der König „schrieb“ bzw. die völker dem ëüãïò („Befehl“) Folge leisteten. Der Autor des I. Makkabäerbuches zitiert den Text nicht wörtlich (zu den im I. Makkabäerbuch wörtlich zitierten Briefen und Urkunden siehe oben Kap. I 1, 3), sondern paraphrasiert ihn. Bemerkenswert ist des weiteren, daß Josephus, obwohl er das I. Makkabäerbuch ausgiebig als Quelle benützt hat, diesen ëüãïò nicht erwähnt. Es hat daher wahrscheinlich keinen an alle Ethnien des Seleukidenreiches gerichteten ‚Helleni-
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I. Kapitel: Quellen
Im folgenden sollen die Münzen unter sechs Gesichtspunkten näher betrachtet werden, die den historischen Quellenwert der numismatischen zeugnisse besonders deutlich hervortreten lassen: 1.) die Münzporträts geben Auskunft darüber, wie die Herrscher gesehen werden wollten, 2.) die Rückseitenbilder haben politisch-programmatischen charakter, 3.) die Reverslegenden nennen die Kultnamen der Könige und weisen auf legitimatorische und charismatische Aspekte hin, 4.) die in Abschnitt oder Feld befindlichen Jahreszahlen der Seleukidenära (S. Ä.) geben oftmals entscheidende Hinweise für die chronologie, 5.) die königliche bzw. städtische Bronze- und Silberprägung der phönikischen und palästinischen Hafenstädte läßt Rückschlüsse auf die politischen Beziehungen zwischen den Seleukidenherrschern und diesen reichen Poleis zu, 6.) und schließlich spiegeln die Münzen einerseits die Persistenz älterer religiöser Kulte aus vorseleukidischer zeit wider, andererseits zeigen sie bedeutende Akkulturationsvorgänge an. Bevor mit der Untersuchung dieser sechs Punkte begonnen werden kann, ist es sinnvoll, einige kurze Bemerkungen zum nominalsystem und den Münzstätten des Seleukidenreiches vorauszuschicken. Im Seleukidenreich wurden in Gold, Silber und Bronze Münzen geprägt. Die Prägung in Gold war eigentlich immer eine notlösung, wie eine Episode aus dem Jahr 123 vor Augen führt: Als Alexander II. sich vor Antiochos vIII. nach Antiocheia zurückziehen mußte, ließ er aus dem zeustempel der Stadt eine goldene nikestatue holen und einschmelzen (Iust. 39, 2, 5), um seine Soldaten bezahlen zu können. Ein aus dem Golde dieser nike geschlagener Goldstater befindet sich heute im British Museum.437 Gold lag als Münzmetall nicht vor und mußte durch Einschmelzen von Schätzen oder ähnlichem erst gewonnen werden. Dementsprechend sind seleukidische Goldmünzen überaus selten. Es liegen heute Stücke nur für Antiochos Iv., Antiochos v., Demetrios I. und für Alexander II. vor. Polybios (28, 20, 11) erwähnt Goldstatere des Antiochos Iv., die anläßlich des ersten Ägyptenfeldzuges geprägt worden sein sollen. Goldstücke dieses Königs von über 8 g Gewicht haben sich
sierungsbefehl‘ gegeben, sondern vermutlich allein einen an die Juden adressierten „Erlaß“: Meyer, Ursprung II S. 143 f. Der Inhalt dieses „Erlasses“ könnte nach Eduard Meyer, Ursprung II S. 158 f. etwa gelautet haben, daß die Juden „wie alle andern völker des Reiches dieselben Götter und lebensordnungen anerkennen“ sollen. zum Religionsverbot zuletzt: Bringmann, Reform (vgl. dazu Hengel, Jerusalem S. 282 f. Anm. 74 mit weiteren literaturverweisen und Baltrusch, Juden S. 46); E. S. Gruen, Hellenism and Persecution: Antiochus Iv and the Jews, in: P. Green (Hg.), Hellenistic History and culture, Berkeley/los Angeles/london 1993, S. 238−264 und St. Weitzman, Plotting Antiochus’s Persecution, Journal of Biblical literature 123, 2004, S. 219−234, der die literarischen Stilisierungen des ‚schlechten‘ Königs im Alten Testament seit babylonischer zeit untersucht. 437 newell, SMA S. 88 nr. 358; Ehling, Alexander II. S. 2 mit weiterer literatur.
3.) numismatische Quellen
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erhalten,438 doch wurden sie mit Sicherheit erst nach 169/68 geprägt.439 Interessant sind die Goldmünzen aus dem letzten Regierungsjahr des Demetrios I. (151/50): Sie tragen auf der vorderseite Wertzeichen (B für „zwei Statere“ [cSE 166] und B mit einem halben A für „zweieinhalb Statere“ [cSE 165]). Möglicherweise dienten diese schweren Goldmünzen als persönliche Geldgeschenke des Königs an höhere Funktionäre.0 Weit wichtiger als die Gold- war die Silberprägung.441 Die Soldaten und Söldner erhielten ihren Sold in Silber ausgezahlt.442 Die gängigen Silbernominale im Seleukidenreich waren Tetradrachme, Drachme und Hemidrachme. Sehr selten wurden Diobolen ausgegeben,443 Obolen offenbar gar nicht. Die Münzen wurden im attischen Gewichtsstandard emittiert. An die Stelle der kleinen Einheiten, Diobolen und Obolen, trat wahrscheinlich auswärtiges Kleinsilber. Seit 151/50 wurde das umlaufende Silbergeld durch weitere königliche Prägungen in den phönikischen Städten (Tyros, Sidon, Ptolemaïs, Berytos) bereichert; diese Silbermünzen wurden im leichteren phönikisch-ägyptischen Münzfuß ausgebracht. Inschriftlich sind für Kleinasien die Bezeichnungen „Alexanderdrachmen“ (EÁëåîáíäñåßïõ äñá÷ìáß), „ptolemäische Drachmen“ und „Antiochosdrachmen“ überliefert (EÁíôéü÷ïõ äñá÷ìáß);danach wird man vermuten dürfen, daß andere Münznamen für seleu438 newell, SMA S. 28 nr. 62; SnG Israel I 1002. 439 zu Polybios vgl. den Kommentar von Walbank, commentary III S. 356. zu den Münzen: G. K. Jenkins, Recent Acquisitions of Greek coins by B. M., nc 1959, S. 43 und besonders Mørkholm, Antiochus S. 79 mit Anm. 58. Die Münzen müssen nach dem Ende des 6. Syrischen Krieges geprägt worden sein, weil sie den Beinamen Nikephoros tragen. zu den Beinamen siehe unten Kap. I 3, 3. 0 So die vermutung von c. lorber, numismatic Fine Arts 18, los Angeles 1987, 352 f. zustimmend Meyer, Königin S. 117. 441 zur Entwicklung der Gewichte der Tetradrachmen von Antiochos Iv. bis Alexander I. vgl. den Beitrag von E. Schlösser, Das Gewicht der Tetradrachmen des Antiochos Iv. von Syrien, SM 34, 1984, S. 29−33. 442 vgl. die Inschrift IG II/III² 329, aus der hervorgeht, daß ein Hypaspist Alexanders d. Gr. neben der verköstigung eine Drachme pro Tag als Sold erhielt. Dies wird den verhältnissen im Seleukidenreich vergleichbar sein. Eine Diskussion der Kosten, die durch die Armee verursacht wurden, bietet Aperghis, Economy S. 189 ff.; 202; 205; 239. 443 Unter Seleukos vI.: cSE 377; SnG Israel I 2778. Siehe unten Kap. II 5. R. Merkelbach, Der Überfall der Piraten auf Teos, EA 32, 2000, S. 110 ff. z. 72; 75 f.; 78; 80; S. 114 z. 96−101. Gemeint sind damit die von der Stadt Teos im 3. Jh. ausgegebenen Tetradrachmen des Alexandertyps. Die Inschrift wurde zuerst besprochen von S. Şahin, Piratenüberfall auf Teos. volksbeschluß über die Finanzierung der Erpressungsgelder, EA 23, 1994, S. 1−36, der den Stein ins 3. Jh. datiert: S. 3. vgl. W. Günther, Spenden für Didyma. zu einer Siftung aus naukratis, in: K. Geus/K. zimmermann (Hg.), Punica − libyca − Ptolemaica. Festschrift für Werner Huß von Schülern, Freunden und Kollegen zum 65. Geburtstag dargebracht (Studia Phoenicia 16), leuven/Paris/Sterling 2001, S. 190. Unter den in der milesischen Inschrift erwähnten „ptolemäischen Drachmen“ wird man sich konkret die im Münzfuß etwas leichteren Tetradrachmen und Drachmen der beiden ersten Ptolemäer vorstellen dürfen. W. Blümel (Hg.), Die Inschriften von Iasos, Teil I: 1−218 (I. K. 28, 1), Bonn 1985, S. 21 z. 24.
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I. Kapitel: Quellen
kidisches Silbergeld in Kleinasien und Syrien „Seleukosdrachmen“ und „seleukidische Drachmen“ waren. neben Drachme und Hemidrachme spielten die Bronzemünzen im tagtäglichen Geldverkehr als Wechselgeld zum Silber die wichtigste Rolle. Bei den seleukidischen Bronzemünzen lassen sich im wesentlichen fünf oder sechs Wertstufen unterscheiden. Der erste versuch, auch die Wertstufen des Bronzegeldes durchgängig mit antiken namen zu bezeichnen, stammt von E. Babelon. Er differenzierte die Bronzeprägung in Dichalkos, chalkos, Hemichalkos, Dilepton und lepton.8 Eine andere Einteilung nahm Th. Fischer bei den Bronzemünzen des Demetrios I. vor. Er unterschied zwischen Tetrachalkos (15−17 g), Dichalkos (7−9 g), chalkos (4−5 g), Hemichalkos bzw. lepton (2,5 g).449 Der vorteil dieser Benennung ist, daß sie in Analogie zu den Wertstufen des Silbers erfolgt: Der silbernen Tetradrachme entspricht der bronzene Tetrachalkos, der Didrachme der Dichalkos, der Drachme der chalkos, der Hemidrachme der Hemichalkos, dem Diobol das Dilepton und schließlich dem (nicht ausgeprägten) Obol das lepton als der kleinsten Einheit. Bei diesen nominalbezeichnungen handelt es sich allerdings um nachträgliche Benennungen der modernen numismatik. Sie sind deshalb mit vorsicht zu verwenden. Immerhin kennen wir chalkos (÷áëêüò) und lepton (ëåðôüí) als Geldnamen aus dem neuen Testament. chalkos allein war möglicherweise eine Sammelbezeichnung für jede Art von Bronzegeld (Mt 10, 9; Mk 6, 8; 12, 41); das lepton ist die kleinste Geldeinheit (Mk 12, 42; lk 12, 59; 21, 2). nach der hellenistischen Inschrift von Teos läßt sich jetzt als sehr wahrscheinlich annehmen, daß die ca. 4 g schweren Bronzemünzen als „chalkosdrachmen“ (÷áëêï™ äñá÷ìáß) bezeichnet wurden.0 zur Geldversorgung des riesigen Seleukidenreiches waren zahlreiche Münzstätten nötig. nach dem verlust Kleinasiens (im Jahr 188) bzw. Mediens (148/47) wurden neue Münzstätten eingerichtet, so daß die zahl der aktiven Prägestätten immer hoch blieb. Dennoch war Münzgeld ein eher knappes Gut.451 Die wichtigsten königlichen Münzstätten der späteren Seleukidenzeit befanden sich in Kilikien (Tarsos, Mallos, Soloi, Seleukeia am Kalykadnos), in der Syria Seleukis (Antiocheia, Seleukeia in Pierien), Phönikien (Tyros, Sidon, Ptolemaïs), Koilesyrien (Damaskos) und in Babylonien (Seleukeia am Tigris). Bei einer Untersuchung der numismatischen zeugnisse als Quelle für die späte Seleukidenzeit ist in erster linie von der Münzprägung Antiocheias auszugehen. Die Stadt am Orontes stieg bald nach ihrer Gründung um 300 neben Sardeis im Westen und Seleukeia am Tigris im Osten zum wichtigsten Herrschafts- und verwaltungszentrum des Seleukidenreiches auf, und hier läßt sich eine staatliche lenkung der Münzstätte erkennen, die es in anderen 8 vgl. seine durchgehende nominalbenennung in Rois. 449 In seinem postum erschienenen Aufsatz: Ein delphisches Rätsel?, SnR 74, 1995, S. 25−46. vgl. außerdem: E. Schlösser, Denominations and Weights of Bronze coins of Antiochus Iv of Syria and their Relation to the Silver coinage, SM 35, 1985, S. 33−36. 0 R. Merkelbach, Der Überfall der Piraten auf Teos, EA 32, 2000, S. 112 f. z. 93 f. zum seleukidischen nominalsystem vgl. auch H. M. cotton/W. Weiser, „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist …“ Die Geldwährung der Griechen, Juden, nabatäer und Römer im syrisch-nabatäischen Raum, zPE 114, 1996, S. 250. 451 Bringmann, Ökonomie S. 102−115, bes. 114 f.
3.) numismatische Quellen
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Münzstätten des Reiches nicht in demselben Maße gegeben hat.452 Dies sei an einigen Beispielen illustriert: Der Kinderkönig Antiochos vI. wird auf den Münzen von Antiocheia mit Heliosepiphaniestrahlen im Haar dargestellt;453 diese fehlen in Tarsos oder Ptolemaïs. Demetrios II. erscheint nach seiner Rückkehr aus parthischer Gefangenschaft auf den Münzen von Antiocheia und Tarsos mit langem Bart, der auf den Münzen der phönikischen Städte fehlt. Das Bildnis Seleukos’ vI. weist in Antiocheia kleine Stierhörner über der Schläfe auf, die bei den Bildnissen auf den Münzen von Seleukeia am Kalykadnos nicht vorhanden sind. Überhaupt sind die Porträts in der antiochenischen Münzstätte plastischer und lebendiger gestaltet als die der anderen Münzstätten. Während Demetrios I. unmittelbar nach seiner Regierungsübernahme in Antiocheia Tetradrachmen mit dem Typ seiner Tyche prägen ließ,8 wurden in Susa die Tetradrachmen mit dem dynastischen Apollontyp geschlagen.459 Bei den Münzen der phönikischen Städte schließlich wurde oftmals auf die Angabe des oder der Kultnamen verzichtet.0 Wenn also im folgenden die Münzen der Seleukiden unter den oben genannten sechs Gesichtspunkten diskutiert werden, wird das besondere Augenmerk immer auf den Prägungen von Antiocheia liegen müssen. 1.) Münzporträts: Insgesamt überliefern die Münzen die Bildnisse von 32 Seleukidenkönigen und vier Königinnen, während im ganzen nur vier rundplastische Bildnisse mit Sicherheit identifizierbar sind.461 Schon dieses quantitative verhältnis 452 J. G. Bunge, Münzen als Mittel politischer Propaganda: Antiochos Iv. Epiphanes von Syrien, Stcl 16, 1974, S. 43. 453 cSE 232 ff. Tarsos: J. A. Seeger, An Unpublished Drachm of Antiochus vI, nc 1972, S. 305; H. lanz, München, Kat. 74, nov. 1995, 265; Gorny & Mosch, München, Kat. 104, Okt. 2000, 456; Ptolemaïs: cSE 798 f. Mittag, Demetrios II. S. 391 ff. mit den Belegen. z. B. SnG Israel I 2768; 2769. SnG Israel I 2779 ff. 8 SnG Israel I 1256 ff. 459 cSE 1066 ff. Es hat dort offenbar also keine Anweisung zur Änderung des Prägeprogramms gegeben. Auch wird hier der Soter-name nie auf Münzen verwendet: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 56. 0 z. B. cSE 796 ff.: Alexander I. und Antiochos vI. sind ohne Kultnamen in Ptolemaïs. 461 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 1 ff. hält sechs rundplastische Köpfe für Seleukidenporträts. Dagegen geht H. v. Heintze in ihrer Rezension: Gymnasium 100, 1993, S. 171 zu Fleischers Arbeit m. E. mit Recht davon aus, daß sicher bestimmbar nur Seleukos I. in neapel, Antiochos Iv. in Berlin und Antiochos IX. in Antakya sind. neu hinzugekommen ist inzwischen ein gut erhaltener, zweifellos als Alexander I. identifizierbarer Kopf: Salzmann, Bildnis S. 243−257. Hingegen vermag ich in dem von J. Meischner, Ein Porträt Antiochos’ vI. Epiphanes Dionysos in Mersin, Istanbuler Mitteilungen 51, 2001, S. 273−278 publizierten Kopf den Sohn des Alexander I. nicht zu erkennen. Insbesondere die Haarfrisur ist, was auch Meischner sieht, bei dem unterlebensgroßen Porträtkopf eine gänzlich andere als bei den Münzporträts des sechsten Antiochos. Um diese fehlende Übereinstimmung zu erklären, nimmt sie der chronologie von Baldus, Helm S. 217−239 folgend an, das Köpfchen wäre unter dem typologischen Einfluß des Tryphonporträts in den Jahren zwischen 141 und 139/38 entstanden. Doch hat schon Fischer,
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I. Kapitel: Quellen
macht deutlich, daß die Münzbildnisse im Mittelpunkt jeder Beschäftigung mit dem seleukidischen Herrscherporträt stehen.462 Einige dieser Münzporträts gehören zu den schönsten und eindrucksvollsten Herrscherbildnissen der antiken Münzkunst überhaupt.463 Die Herrscherdarstellungen auf den Münzen des Hellenismus sind nicht als ‚Porträts‘ im modernen Sinne aufzufassen. Die Stempelschneider hatten keineswegs die Aufgabe, ein möglichst exaktes Abbild ihres Königs anzufertigen. vielmehr stellen die Münzbilder dar, wie die Herrscher gesehen werden wollten. Sie sind daher mehr oder minder stark idealisiert, und auch scheinbar realistische Porträts sind mit Absicht in dieser Weise gestaltet. Ganz offensichtlich programmatischen charakter besitzt die nachahmung Alexanders d. Gr. Der erste Seleukidenkönig, dessen imitatio Alexandri sich in den Münzporträts niedergeschlagen hat, war Antiochos Iv. Die von O. Mørkholm unter Serie 3, Gruppe 17 (A 39−45) katalogisierten Tetradrachmen stellen den König mit der für den großen Makedonen charakteristischen Anastole8 und einem gen Himmel gerichteten Blick dar, der ebenfalls auf Alexander zurückgeht.469 Dieser sehr bemerkenswerte Porträttyp ist im ‚propagandistischen‘ vorfeld der Anabasis Antiochos’ Iv. zu sehen, zu der der König im Frühjahr 165 aufbrach. Auch Demetrios I. wurde mit der Stirnhaarlocke Alexanders dargestellt.0
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Tryphon S. 201−213 gezeigt, daß die These einer Samtherrschaft nicht haltbar ist, siehe unten Kap. II 7 mit weiteren Argumenten. Antiochos vI. starb im laufe des Jahres 141. Bei dem Mersiner Kopf handelt es sich wohl nicht um einen Seleukiden, sondern um den kappadokischen König Ariarathes IX. Eusebes Philopator, der im Jahr 101 als Achtjähriger den Thron bestieg. vgl. Simonetta, cappadocian Kings S. 38 f. nr. 1−13 mit Taf. Iv 16 ff. Diese m. E. schlagende Identifizierung verdanken wir Herrn Dr. W. Etterich (Berlin), der sie mir freundlicherweise brieflich am 9. Jan. 2005 mitteilte. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 1 ff.; H. v. Heintze: Gymnasium 100, 1993, S. 171. Etwa das Bildnis des Tryphon oder das des Antiochos Antiochou Epiphanes: Fleischer, Herrscherbildnisse Taf. 45 c; Ehling, nachfolgeregelung Taf. 1, 1. Siehe auch unten Kap. II 9. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 1 ff. Auch das Spätporträt Antiochos’ vIII. mit seinen geradezu karikaturhaften zügen (vgl. etwa Fleischer, Herrscherbildnisse Taf. 45 f) ist von Ptolemaios X. ab etwa 108 für den Seleukiden übernommen worden: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 81. Was von Bohm in ihrem Buch über die Imitatio Alexandri im Hellenismus übersehen wurde. Studies S. 27 f. mit Taf. vIII f. Plut. Pomp. 2, 1. Mørkholm, Studies S. 61 deutet den Himmelsblick Alexanders im Anschluß an l’ Orange als Ausdruck der Beziehungen des von den Göttern inspirierten Herrschers zu den himmlischen Mächten. Skeptisch dazu Fleischer, Herrscherbildnisse S. 49. In der römischen Kaiserzeit ließen sich Gallienus (R. Göbl, Die Münzprägung der Kaiser valerian I./Gallienus/Saloninus (253/268), Regalianus (260) und Macrianus/Quietus (260/262) [MIR 36, 43, 44], Wien 2000, S. 92), Aurelian (RIc v 1 Taf. 7, 98) und Konstantin d. Gr. in dieser Weise abbilden (RIc vII S. 450 f. nr. 206 mit Taf. 13 auf Goldmünzen in Siscia). Dieses Konstantinsstück gehört im übrigen zu den wenigen in der antiken literatur ausdrücklich erwähnten Münztypen: Euseb. vc 4, 15. vgl. außerdem Plut. Alex. 4, 1, der aber von einer linkswendung des Kopfes spricht, nicht von einem himmelwärts gerichteten Blick. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 57 mit literaturhinweisen in Anm. 478.
3.) numismatische Quellen
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Interessant ist, daß die imitatio Alexandri gerade von jenen Seleukiden besonders intensiv betrieben wurde, die dynastisch nicht legitimiert bzw. zweifelhafter Herkunft waren.471 Alexander I., der von vielen als Smyrnäer von niedriger Herkunft angesehen wurde, bei dem es sich aber möglicherweise um einen illegitimen Sohn Antiochos’ Iv. handelte,472 trug nicht nur den Thronnamen des Makedonen, sondern glich sich ihm auch durch das Tragen des von Herakles übernommenen löwenfelles an,473 ebenso der von den Ptolemäern aufgestellte Gegenkönig Alexander II., der in Wirklichkeit der Sohn eines ägyptischen Kaufmannes war. Ein weiteres Alexanderattribut war die Elephantenhaube, mit der sich nicht nur Alexander II., sondern vor ihm schon Antiochos Iv., Demetrios I. und Demetrios II. abbilden ließen. Geradezu als neuer Alexander erscheint der Usurpator Tryphon. Seine langen Haare sind genauso kräftig und dynamisch bewegt wie die des großen Makedonen, dessen Stirnhaarlocke ebenso nachgeahmt wird wie Form und Ausdruck der Augenund Mundpartie und der gebuckelte Stirnwulst.8 Mit der im Münzbild dargestellten Berufung auf Alexander sollte der Eindruck eines alexandergleichen leistungsethos erweckt und dadurch die fehlende legitimation wettgemacht werden.479 Als vorbildhaft wurde darüber hinaus auch die Gestalt des Dynastiegründers, Seleukos I., empfunden. Es ist überliefert, daß Standbilder Seleukos I. mit Stierhörnern darstellten (App. Syr. 57, 294; lib. or. 11, 92). Seine nachfolger Demetrios II. und Seleukos vI. (aber nicht Antiochos XIII.)80 ließen sich ebenfalls mit (kleinen)
471 Alexander I., Tryphon und Alexander II. Bohm, Imitatio S. 101 betont, daß die „entscheidenden Rahmenbedingungen“ für den Gedanken der Alexandernachfolge in der „schwere(n) innenpolitische(n) Krise des Seleukidenreiches“ zu suchen sind. 472 Siehe unten Kap. II 4. 473 volkmann, Münzprägung S. 63; ausführlich Bohm, Imitatio S. 105 ff.; Ehling, Alexander II. S. 4 f. mit Abb. 5. Bohm, Imitatio S. 127 ff.; Ehling, Alexander II. S. 4 f. mit Abb. 6. Alexander d. Gr. wurde erstmals auf Tetradrachmen des Ptolemaios I. mit Elephantenfell dargestellt: B. Kuschel, Die neuen Münzbilder des Ptolemaios Soter, JnG 11, 1961, S. 9−18. Kuschel datiert die Münzen ins Jahr 321/20 und bringt sie mit der Diodor-Stelle 18, 34, 2 in verbindung. O. Mørkholm, Early Hellenistic coinage, cambridge 1991, S. 64 mit Taf. 6, 90 folgt der Datierung Kuschels. Dagegen schlägt G. K. Jenkins, An Early Ptolemaic Hoard from Phacous, AnSMn 9, 1960, S. 24 aufgrund der Fundhortevidenz das Jahr 318 vor. Alexander d. Gr. im Elephantenfell kommt auch auf Bronzemünzen vor, die unter Seleukos I. geschlagen wurden: B. Kritt, The Early Seleucid Mint of Susa, lancaster 1997, S. 111 Typ 1 a − 4. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 52; 57; 65; 75 mit Taf. 23 b; 29 f; 33 f; 43 d; Ehling, Bronzemünze S. 85 f. mit Abb. 1 (Alexander II.). Bei den Königen Antiochos Iv., Demetrios I. und Demetrios II. steht das Elephantenfell mit ihren Feldzügen in die Oberen Satrapien in zusammenhang: Ehling in seiner Rezension des Buches von Svenson, Darstellungen: Geldgeschichtliche nachrichten 32, 1997, S. 379. Bohm, Imitatio S. 116 ff.; Klose, Beiträge S. 194. 8 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 69 schreibt: „Der geöffnete Mund und die wehenden locken lassen den Usurpator wie in stürmischer Bewegung nach vorne erscheinen“. 479 noch Antiochos XIII., der letzte offiziell regierende Seleukide, knüpft im Porträttypus an den großen Makedonen an: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 89. Siehe auch unten Kap. II 13. 80 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 89.
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I. Kapitel: Quellen
Stierhörnern darstellen, die der Schläfe entwachsen.481 Wie der erste Seleukide trugen auch sie den Beinamen Nikator. Durch die verwendung von bestimmten Attributen war auch eine Angleichung482 an eine Gottheit möglich: Antiochos Iv. ist der erste Seleukidenkönig, der sich mit Strahlenaureole oder Strahlendiadem an Helios anglich,483 Antiochos vI. erscheint durch Strahlen und Efeukranz als Helios-Dionysos. Kleopatra Thea wird durch Kalathos und Füllhorn zur Tyche.8 Mit laodike, der Frau Seleukos’ Iv. und Antiochos’ Iv., erscheint erstmals eine seleukidische Königin auf den Münzen.8 Gemeinsam mit ihrem Sohn, dem ‚kleinen‘ Antiochos, wurde sie auf Goldoktadrachmen abgebildet, die in die Regierung des ‚Reichskanzlers‘ Heliodoros gehören.8 Im Doppelbildnis darstellen ließen sich Antiochos Iv. mit laodike, Demetrios I. mit laodike, Kleopatra Thea mit Alexander I., Kleopatra Thea mit Antiochos vIII., Antiochos XI. mit Philipp I. sowie Kleopatra v. Selene mit Antiochos Philometor.8 Die Aussage dieser Doppelporträts ist emi481 Dürr, Seleukos vI. S. 90 ff.; ders., Demetrios II. S. 7 ff.; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 72; 132. 482 zum Begriff der Angleichung: Bergmann, Strahlen S. 38. 483 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 47; Bergmann, Strahlen S. 61 ff. bes. 65. 8 Küthmann, Münzen S. 52; Houghton, Alexander I S. 93; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 76; Svenson, Darstellungen S. 77. 8 cSE 90 f.; 112 ff.; SnG Israel I 914 f.; 963 ff.; 1014 ff. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 41 f. Meyer, Königin S. 107 ff. laodike ist m. E. auch auf den massenhaft geprägten Kleinbronzen cSE 90; 112 ff.; SnG Israel I 914 f.; 963 ff.; 1014 ff. und Fleischer, Herrscherbildnisse Taf. 20 f dargestellt, die auf der Rückseite den Kopf eines Elephanten tragen. Die Reverslegende nennt jedoch nicht den namen der Königin, sondern den des Ehemannes und regierenden Königs, Seleukos’ Iv. (cSE 90; SnG Israel I 914 f.) bzw. Antiochos’ Iv. (cSE 112 ff.; SnG Israel I 963 ff.; 1014 ff.). Die Bestimmung der Dargestellten − Königin oder Göttin bzw. göttliche Personifikation − bleibt deshalb letztlich unsicher. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 43 nr. 1−4 sieht in der verschleierten Frauenbüste auf der vorderseite Demeter. Gegen diese Deutung spricht sich Fleischer, Herrscherbildnisse S. 42 mit dem Argument aus, daß eine gesicherte Darstellung dieser Göttin in der seleukidischen Reichsprägung sonst „zu fehlen scheint“. Babelon, Rois S. lXXXIII; Xc erkennt zwei verschiedene Königinnen, Euböa, die zweite Ehefrau des Antiochos III., bzw. laodike als Ehefrau des Seleukos Iv. Doch handelt es sich wahrscheinlich immer um ein und dieselbe Person: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 42. Fleischer selbst S. 42 hält die Deutung der Frauenbüste als Königin für möglich, weist aber darauf hin, „daß der Schleiermantel der Frau höher auf den Hinterkopf gezogen ist als bei dem … Doppelporträt und hierin den Münzbildern der Ptolemäerinnen und teilweise auch der Kleopatra Thea … entspricht“. Er kommt zu dem Schluß, daß die Deutung des Münzbildes „einstweilen noch offen bleiben“ muß. Dagegen wurde die Frauenbüste zuletzt von O. D. Hoover, Two Seleucid notes. II. laodice Iv on the Bronze coinage of Seleucus Iv and Antiochus Iv, AJn 14, 2002, S. 81−87 als laodike identifiziert. − Anders Meyer, Königin S. 127 Anm. 11: „wohl keine Königin“. Merkwürdig bleibt die Bedeutung des Elephanten auf der Münzrückseite. Der Elephant galt als Tier des Dionysos: Ehling, Elephant Sp. 266. Er war aber auch mit Athena verknüpft: cSE 1027 ff. Gibt es eine verbindung zwischen der Königin und dem Elephanten? vielleicht war laodike AthenaPriesterin? Oder war der Elephantenkopf einfach nur ein schönes Reversmotiv? 8 cSE 91. G. le Rider, l’enfant-roi Antiochos et la reine laodice, BcH 110, 1986, S. 409 ff. mit Fig. 1 und 2; Meyer, Königin S. 108 und Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 100 f. 8 Eine Übersicht bietet Meyer, Königin S. 107 f. mit Abb. 1. Als nachweise genügen hier: Antio-
3.) numismatische Quellen
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nent politisch. Im Falle des Antiochos Iv. mit laodike, des Demetrios I. mit seiner Schwestergemahlin laodike und der Kleopatra Thea mit Alexander I. drücken sie die Eintracht der königlichen Eheleute aus und versprechen Festigkeit und Bestand der Dynastie. Wenn Mutter und Sohn gemeinsam auf den Münzen erscheinen, wie laodike mit dem ‚kleinen‘ Antiochos oder Kleopatra v. Selene mit Antiochos Philometor, dann sollen diese Bilder einerseits den zukünftigen legitimen Regenten vorstellen, andererseits aber − und das war zum zeitpunkt der Münzprägung das weit wichtigere − die Funktion der Königinmutter als Erzieherin und vormund hervorgehoben und damit deren eigene politische Stellung legitimiert werden. Bei Kleopatra Thea und Antiochos vIII. bzw. Antiochos XI. und Philipp I. wird die einträchtige gemeinsame Regierung dokumentiert,88 wobei Kleopatra Thea bzw. Antiochos XI. die jeweils führende Position innehatten, was darin zum Ausdruck kommt, daß ihre Münzbüsten im Bildvordergrund stehen und ihre namen in der legende zuerst genannt werden. Die Erfindung des Doppelporträts geht − wie die der Strahlenaureole489 − auf die Ptolemäer zurück.490 Doppelporträts gibt es auch in Kappadokien, Pontos und bei den Graeco-Baktriern.491 Die herausragende Stellung der Kleopatra Thea, die an den Doppelbildnissen mit ihrem ersten Mann, Alexander I., und ihrem Sohn, Antiochos vIII., sichtbar wird, bestätigt sich auch darin, daß sie die einzige seleukidische Königin ist, für die Goldund Silbermünzen geprägt wurden, die allein ihr Bildnis tragen. Wohl im pierischen Seleukeia492 wurden parallel zu den Hochzeitsmünzen mit Alexander I. Goldstatere für die Königin geschlagen, die sie − ohne Kalathos − mit Diadem, Stephane und
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chos Iv. und laodike: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 41 f. mit Taf. 20 e; Demetrios I. und laodike: cSE 991 ff.; Kleopatra Thea und Alexander I.: cSE 407; Kleopatra Thea und Antiochos vIII.: cSE 316; Antiochos XI. und Philipp I.: cSE 589; Kleopatra v. Selene und Antiochos Philometor: Hoover, Dethroning S. 95 Abb. 1−3 und Fleischer, Herrscherbildnisse S. 89 f. mit Taf. 57 a. Was sich bei Antiochos XI. und Philipp I. auch darin ausdrückt, daß beide dieselben Beinamen Epiphanes Philadelphos führten: Ehling, Miszellen S. 375. Bergmann, Strahlen S. 56. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 43. Die Bildnisform wurde für die Theon Adelphon-Münzen des Ptolemaios II. und der Arsinoe II. geschaffen: R. S. Poole, BMc of Greek coins. The Ptolemies, Kings of Egypt, london 1883 (nachdruck Bologna 1963), S. XXXvIII f. mit Taf. vII; H. Kyrieleis, Bildnisse der Ptolemäer, Berlin 1975, S. 17 f. mit Taf. 8, 1−3. In Kappadokien Mutter und Sohn: nysa mit Ariarathes vI.: Simonetta, cappadocian Kings S. 29 (Münzen aus dem Jahr 130); in Pontos, die Eheleute Mithradates Iv. (ca. 170−150) und laodike: Mørkholm, Early Hellenistic coinage, cambridge 1991, S. 175 mit Abb. 624; in Baktrien, die vergöttlichten Eltern Heliokles und laodike auf den Münzen des Eukratides (ca. 170−145): O. Bopearachchi, Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecques. catalogue raisonné, Paris 1991, S. 209 f. nr. 68−71. Babelon, Rois S. cXXX und S. 119 nr. 928. Ihm folgen Küthmann, Münzen S. 52, Houghton, Alexander I S. 87 ff., Fleischer, Herrscherbildnisse S. 77 und Meyer, Königin S. 117. Die nike auf der Hand des zeus hält ein Blitzbündel, das Babelon auf Seleukeia bezog, da zeus dort als zeus Keraunios in Form eines Blitzes verehrt wurde, vgl. auch App. 58, 299 und die Münzdarstellungen (cSE 402; 405 f.; 412 ff.). M. E. wäre auch Ptolemaïs als Prägeort in Erwägung zu ziehen.
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I. Kapitel: Quellen
über den Hinterkopf gezogenen Schleier darstellen.493 Auf der Münzrückseite erscheint das ptolemäische, diademgeschmückte Doppelfüllhorn mit Früchten und strahlenförmig angeordneten Pyramidenkuchen oder Getreideähren.494 Außerdem ließ sie ihr Bild auf Tetradrachmen des Jahres 125 setzen.495 Bemerkenswert ist dabei, daß sich oberhalb von Diadem und Stephane ein Ährenkranz befindet496 und daß die Königin eine Isisfrisur trägt. Das Attribut des Ährenkranzes spielt (wie das Füllhorn auf den Münzrückseiten) auf den zweiten Beinamen der Herrscherin, Eueteria, an, der die Fülle an lebensmitteln und Getreide bedeutet, den die Königin ihren Untertanen spendet.497 Mit der Frisur weist sich Kleopatra Thea als Anhängerin der ‚ägyptischen‘ Isis-Religion aus,498 eines Kultes, der sich, wie es scheint, ganz besonders in dem immer proptolemäisch gesinnten Städten Phönikiens großer Beliebtheit erfreute499 und vermutlich von dieser Königin massiv gefördert wurde.00 2.) Rückseitenbilder: Die beiden Hauptreversmotive der seleukidischen Tetradrachmen sind der auf einem Omphalos sitzende Apollon und der thronende zeus mit nikestatuette. zunächst zur Bedeutung des Apollon:501 Wie die anderen hellenisti493 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 77 mit Taf. 44 b; Meyer, Königin S. 117 mit Abb. 11. 494 Meyer, Königin S. 117 mit Abb. 11; Bemmann, Füllhörner S. 117. Das Ährenattribut gibt es auch für römische Kaiserinnen, vgl. den gut erhaltenen Sardonyx mit der idealisierten Porträtbüste Faustina d. Ä.: P. zazoff (Hg.), Antike Gemmen in deutschen Sammlungen. Hannover, Kestner-Museum. Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe, Wiesbaden 1975, S. 324 nr. 1776 mit Taf. 240. 495 cSE 803; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 77 f. mit Taf. 44 c; d; Meyer, Königin S. 117 f. mit Abb. 13 a−c. Die Münzen sind in das Jahr 126/25 datiert (siehe dazu unten Kap. II 9) und wurden in Ptolemaïs geprägt. 496 So E. Brunelle, Die Bildnisse der Ptolemäerinnen, Frankfurt am Main 1976, S. 71; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 77; Meyer, Königin S. 119. vorsichtiger Svenson, Darstellungen S. 259 zu nr. 217, die dies mit Fragezeichen versieht. 497 Savalli-lestrade, Reines S. 71. 498 Svenson, Darstellungen S. 85 ff.; 259 f. ist vorsichtiger und spricht von einer Frisur mit „Korkenzieherlocken“ ähnlich den Isislocken. Die Haargestaltung der Kleopatra Thea läßt sich aber sehr gut mit den Isisfrisuren der vollplastischen Köpfe bei Svenson Taf. 45 vergleichen bzw. dem von ihr unter Gruppe 5 gefaßten Frisurentypus, vgl. dazu ihre Umzeichnung S. 356 Abb. 6. Unterschiede und Abweichungen erklären sich aus den Denkmälergattungen Münzbild − Plastik. Daß Kleopatra Thea Isis-Anhängerin war, beweisen ihre Bronzemünzen: SnG Israel I 1900 ff.; 2474 ff.; vielleicht hat sie ja eine hohe Priesterinnenfunktion ausgeübt. Deshalb wird man auch ihre Haarfrisur als Isisfrisur bezeichnen dürfen. zum Isis- und Sarapiskult im Seleukidenreich siehe unten Kap. II 7, S. 189 f., Anm. 643. 499 zur proptolemäischen Gesinnung der breiten Bevölkerung in Phönikien und Koilesyrien: Pol. 5, 86, 10 und Ehling, Unruhen S. 332 ff. − Ein zeugnis für die verbreitung des Isiskultes in Phönikien sind die Kleinbronzen von Byblos (cSE 699 f.; SnG Israel I 1073 ff.): sie stellen einen Stier- oder Kuhkopf mit Isiskrone dar. Das Stück SnG Israel I 1072 (Byblos) bildet Harpokrates, den Sohn der Isis und des Osiris, ab. 00 Die bei den Inschriften der kleinasiatischen Städte zu beobachtende verknüpfung der seleukidischen Königinnen mit der Göttin Aphrodite, vgl. dazu Savalli-lestrade, Reines S. 70, spiegelt sich in den Münzen der Königinnen nicht. 501 zum Hintergrund vgl. Mehl, Seleukos S. 97 ff.
3.) numismatische Quellen
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schen Königshäuser ihre Herkunft auf den argivischen Heroen Herakles502 bzw. Herakles und Dionysos503 zurückführten, so leiteten sich die Seleukiden von dem licht- und Heilgott Apollon als ihrem Stammvater ab.0 Iustin überliefert, daß laodike, die Mutter des ersten Seleukos, eines nachts ein Traumgesicht hatte, in dem es ihr so vorkam, als habe Apollon ihr beigeschlafen.0 Am nächsten Morgen soll ein kostbarer Ring mit eingraviertem Anker in ihrem Bett gelegen haben, ein Geschenk des Gottes für diese nacht. Als Bestätigung seiner Gottessohnschaft fand sich das zeichen des Ankers am Oberschenkel des Seleukos I.0 und aller seiner nachfahren.0 Der Ring ist eine Insignie, die auf die Königsherrschaft des Seleukos I. vorausweist.08 Das Motiv des Ankers erklärt sich konkret daher, daß der erste Seleukide nach seiner vertreibung aus Babylonien durch Antigonos zwischen 314 und 312 Admiral der Flotte des Ptolemaios I. war.509 Als Beizeichen begegnet der Anker bereits auf bald nach 311 geprägten Tetradrachmen von Susa510 und auf den Münzen der späten Seleukiden als wappenartiges Einzelmotiv.511 In Daphne bei Antiocheia ließ Seleukos I. einen Tempel für Apollon bauen.512 Die von Bryaxis geschaffene Kultstatue des Apollon ist auf Tetradrachmen Antiochos’ Iv. abgebildet; sie verbrannte durch ein Unglück am 22. Oktober 362 n. chr.513 Auch förderte er 502 So die Argeaden und Attaliden: U. Huttner, Die politische Rolle der Heraklesgestalt im griechischen Herrschertum (Historia Einzelschriften 112), Stuttgart 1997, S. 65 ff., 175 ff. 503 So die Ptolemäer: OGIS I 54; FGrHist 631 F 1 (Satyros). 0 Eine charakterisierung des Gottes gibt nilsson, Religion I S. 529. zum folgenden: Mehl, Seleukos S. 98 ff. mit weiteren literaturhinweisen. 0 Weber, Traum S. 19 f. mit der weiteren literatur. vgl. auch die Berichte über die Abstammung Platons (Diog. laert. 3, 2) oder Alexanders (Plut. Alex. 2, 4). vgl. außerdem etwa die Episode aus tiberischer zeit bei Ios. ant. Iud. 18, 66−77, wo berichtet wird, daß die Römerin und IsisPriesterin Paulina glaubte, mit Anubis zu verkehren. Dies stellte sich zwar bald als Schwindel heraus, denn hinter dem vermeintlichen Anubis steckte ein gewisser Decius Mundus, aber die Geschichte macht deutlich, daß man derartiges für möglich hielt. zur Anubis-Episode: R. Merkelbach, Isis regina − zeus Sarapis, Stuttgart/leipzig 1995, S. 167. 0 Iust. 15, 4, 2−6: Huius (= Seleukos I.) quoque virtus clara et origo admirabilis fuit; siquidem mater eius Laodice, cum nupta esset Antiocho, claro inter Philippi duces viro, visa sibi est per quietem ex concubitu Apollinis concepisse, gravidamque factam munus concubitus a deo anulum accepisse, in cuius gemma anchora sculpta esset; iussaque donum filio, quem peperisset, dare. Admirabilem fecit hunc visum et anulus, qui postera die eiusdem sculpturae in lecto inventus est, et figura anchorae, quae in femore Seleuci nata cum ipso parvulo fuit. Mehl, Seleukos S. 98 f. 0 nilsson, Religion II S. 154 Anm. 2. 08 I. Makk. 6, 15. Ringe, insbesondere eiserne Fingerringe, bedeuten Glück: Weber, Traum S. 20. 509 Mehl, Seleukos S. 77 ff.; 98 ff. 510 B. Kritt, The Early Seleucid Mint of Susa, lancaster 1997, S. 6 f. nr. Al. 18 ff.; S. 52. 511 Demetrios II.: SnG Israel I 1634 ff.; Alexander II.: cSE 300; SnG Israel I 2382 ff. 512 nach lib. or. 11, 99 kam die Aufforderung zur Errichtung des Heiligtums aus Didyma: Fatouros/Krischer, Antiochikos S. 141. 513 Die Münzen: cSE 110 f. M. Flashar, Apollon Kitharodos. Statuarische Typen des musischen Apollon, Köln/Weimar/Wien 1992, S. 70 ff. mit Abb. 44 f. Dort S. 70 Anm. 433 die literatur. zum Brand: Amm. 22, 13, 1. Das Kultbild (simulacrum) hatte die Größe der Statue des zeus des Phidias in Olympia.
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I. Kapitel: Quellen
das alte Apollonheiligtum von Didyma bei Milet, das er persönlich zwei Mal besucht hatte.514 Doch stand, nach den Münzzeugnissen zu schließen, Apollon zunächst an Bedeutung hinter zeus und Athena zurück.515 Erst auf den Münzen seines Sohnes und nachfolgers, Antiochos I., kommt das bekannte Bild des auf einem Omphalos sitzenden Apollon auf den Tetradrachmen vor.516 Auch inschriftlich ist Apollon als Pñ÷çã’ò ôï™ ãåíï™ò erstmals in der ilischen Steinurkunde OGIS I 219 z. 26 f. für Antiochos I. belegt.517 Scheint unter Seleukos I. daher noch eine gewisse zurückhaltung in der Propagierung der Apollondeszendenz bestanden zu haben, so wurde diese von Antiochos I. aufgegeben. zurückzuführen ist dies möglicherweise auf einen erhöhten legitimationsdruck, unter dem Antiochos I. seit Übernahme der Alleinregierung im Jahr 281 stand. Eine Rolle gespielt haben könnte auch, daß die Abstammung von seiner baktrisch-iranischen Mutter Apame − zumindest in den Augen der Griechen − vielleicht einen Makel bedeutete. Mit dem Typ des auf dem Omphalos sitzenden Apollon, der Pfeil und Bogen hält, haben auch die nachfolger Antiochos’ I. Münzen geprägt.518 von den späteren Seleukidenkönigen ließen in Antiocheia noch Antiochos Iv. (Tetradrachmen und Drachmen zu Beginn seiner Regierung), Alexander I. (Drachmen), Demetrios II. (Tetradrachmen zu Regierungsanfang) und Antiochos vI. (Drachmen) Münzen dieses Typs schlagen, aber es setzte sich mehr und mehr die Tendenz durch, diesen dynastischen Münztyp durch ‚individuelle‘ Reversbilder zu ersetzen (siehe unten). Der Typ des zeus nikephoros wurde unter Antiochos Iv. im Jahr 174 eingeführt.519 Mit diesem Münzbild haben in Antiocheia Antiochos v., Alexander I., Alexander II., Demetrios II. (2. Regierungszeit), Kleopatra Thea mit Antiochos vIII., Antiochos vIII., Antiochos IX. und die folgenden Könige Tetradrachmen prägen 514 H. von Steuben, Seleukidische Kolossaltempel, AW 12, Heft 3, 1981, S. 3−12 bes. S. 3 ff.; Mehl, Seleukos S. 98. 515 Apollon kommt nur auf Bronzemünzen vor: SnG Israel I 3 ff. 516 SnG Israel I 224 f.; 232; 238 f.; 287 ff. Gleichzeitig erscheint dieser Apollontyp auf postum geprägten Tetradrachmen für Seleukos I.: SnG Israel I 231 (Sardeis). 517 OGIS I 219 = IvIlion 32. Taeger, charisma I S. 310 f.; nilsson, Religion II S. 154 Anm. 2. In einem Schreiben des Seleukos II. an Milet spricht der König von der óõããÝíåéá seiner ðñüãïíïé und seines ðáôÞñ mit Apollon: Günther, Didyma S. 66 f. z. 2 bzw. 6. 518 Unter Seleukos II. wurde der Typ des stehenden Apollon, der sich auf einen Dreifuß stützt, eingeführt. Interessant ist, daß der Usurpator Achaios auf Apollon als Reverstyp verzichtet. Haupttyp ist Athena (cSE 609 f.), die auch auf seinem berühmten Goldstater in München abgebildet ist: F. I. von Streber, Achäus. König von lydien (Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München für die Jahre 1816/17, classe der Geschichte), S. 5−22; G. Kleiner, Der Münchner Goldstater des Achaios, JnG 5/6, 1954/55, S. 143−149. Molon und Timarchos prägen mit Apollon: z. B. cSE 917; 1230. 519 Mit der 2. Serie. Mørkholm, Studies S. 11 datiert den Beginn der 2. Serie ins Jahr 173/2. Die Begründung meiner Datierung ins Jahr 174 erfolgt unten in Kap. I 3, 3. Bei diesem zeus nikephoros auf den Münzen handelt es sich sicher um die Darstellung des zeus-Kultbildes, das im neu erbauten zeustempel aufgestellt wurde. Der zeustempel selbst dürfte sich in dem unter Antiochos Iv. neu eingerichteten Stadtteil Epiphaneia befunden haben. Bauherr des Tempels war wahrscheinlich der römische Architekt cossutius: Fatouros/Krischer, Antiochikos S. 176. zu den Großtempeln der Seleukiden vgl. H. von Steuben, Seleukidische Kolossaltempel, AW 12 Heft 3, 1981, S. 10.
3.) numismatische Quellen
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lassen.520 Seit der späteren Regierungszeit des achten Antiochos (ab ca. 108/07) verdrängte der zeus nikephoros den Apollon auf dem Omphalos vollständig. Die nikefigur kann zeus zu- oder abgewandt sein und bekränzt je nach dem dann den Gott oder den namen des Königs bzw. einen seiner Beinamen.521 Es ist oft festgestellt worden, daß der Apollonrevers von der ‚älteren‘, auf Seleukos Iv. zurückgehenden linie bevorzugt wurde (Demetrios I., Demetrios II.), der zeus nikephorosTyp hingegen von der ‚jüngeren‘, sich auf Antiochos Iv. zurückführenden linie (Antiochos v., Alexander I., Antiochos vI., Alexander II.).522 Insofern kommt in der Wahl der Reverstypen ein dynastisches Programm zum Ausdruck.523 Grundsätzlich ist diese Beobachtung richtig, doch zeigt sich bei einer Durchsicht der Münzen, daß die verwendung des Apollontyps durch die ‚ältere‘ und die des zeus nikephorosTyps durch die ‚jüngere‘ linie der Dynastie nicht vollständig durchgehalten wird:524 Alexander I. und Alexander II. verwenden zeus nikephoros für die Tetradrachmen-, aber Apollon auf dem Omphalos für die Drachmenprägung525 und Demetrios II. wechselt nach Wiederantritt seiner Herrschaft im Jahr 129 vom Apollon- zum zeustyp.526 Seit der Regierung Demetrios’ I. werden die traditionellen Münztypen mehr und mehr von neuen, weniger auf die Dynastie als auf die Person des jeweiligen Königs bezogenen Bildern abgelöst.527 Die Tetradrachmen des ersten Demetrios weisen das Bild einer sitzenden Frauenfigur auf, die mit einem Mantel bekleidet ist und Szepter und Füllhorn hält.528 Die Deutung dieser Gestalt ergibt sich aus dem Möbelstück, das kastenförmig oder zylindrisch sein kann, und an dem sich eine nike befindet, die durch ihre Fischschwänze einer Tritonin angenähert ist, wie sie am Bug von Kriegsschiffen angebracht sein kann.529 Die Frau, die man am besten als Tyche bezeichnet, weist auf die siegreiche Ankunft des Demetrios I. in Syrien zur See hin, 520 Antiochos v.: SnG Israel I 1243 ff.; Alexander I.: ebenda 1394 ff.; 1417 ff.; Alexander II.: ebenda 2275 ff.; Demetrios II.: ebenda 2162; Kleopatra Thea/Antiochos vIII.: ebenda 2437 ff.; Antiochos vIII. (ab ca. 108/07): ebenda 2554 ff.; Antiochos IX.: ebenda 2709 f.; Seleukos vI.: ebenda 2768 ff.; Antiochos X.: ebenda 2787 ff.; Antiochos XI./Philipp I.: ebenda 2796; Antiochos XI.: ebenda 2797; Philipp I.: ebenda 2799 ff.; Demetrios III.: ebenda 2823; für Antiochos XII. gibt es nur Münzen aus Damaskos; Antiochos XIII.: ebenda 2919. 521 Auf den Tetradrachmen des Antiochos v. bekränzt nike den namen Antiochos; auf den Tetradrachmen des Alexander I. bekränzt nike zeus. Auf den Tetradrachmen des Alexander II. oder Demetrios II. befindet sich nike zeus abgewandt im linken Feld der Münze. 522 Die letzten drei Könige dieser linie waren gegenüber der ‚älteren‘ allerdings kaum legitimiert. 523 Küthmann, Münzen S. 53; Th. Fischer, Silber aus dem Grab Davids? Jüdisches und Hellenistisches auf Münzen des Seleukidenkönigs Antiochos’ vII. 132−130 v. chr. (Kleine Hefte der Münzsammlung an der Ruhr-Universität Bochum 7), Bochum 1983, S. 24; zahle, coins S. 131. 524 Abgesehen von Antiochos v., der konsequent mit dem zeus nikephoros-Typ prägen ließ. 525 Der Apollontyp wurde ebenso für die Drachmenprägung Antiochos’ vI. verwendet. 526 cSE 286 ff. 527 Fleischer, Tyche S. 705. 528 Genaue Beschreibung des Münzbildes bei Fleischer, Tyche S. 699 f. 529 Diese Tritonennike befindet sich auf einigen Stücken auf einer Schiffsprora, gut zu sehen auf dem Stück: SnG Israel I 1274.
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I. Kapitel: Quellen
der sich im Jahr 162 in der phönikischen Hafenstadt Tripolis zum König ausrufen ließ.530 Der Münztyp enthält keinen Bezug zum Seleukidenhaus mehr, sondern steht allein für den persönlichen Erfolg, das glückliche Schicksal des Demetrios I.531 Ein weiterer ‚Sondertyp‘ sind die reitenden Dioskuren auf den Tetradrachmen des Antiochos vI.532 Obwohl die Dioskuren bereits auf Münzen des Seleukos I. erscheinen533 und als Reiter auf Münzen Antiochos’ II. vorkommen,534 ist der Typ nicht eigentlich dynastisch; die Wahl dieses Motives bleibt, wie E. T. newell anmerkt, „obscure“.535 Sie ist wohl kaum beeinflußt von der Tetradrachmenprägung des Timarchos, der das Dioskurenmotiv seinerseits von Eukratides I. von Baktrien übernahm.536 Vielleicht gab es während der Entscheidungsschlacht gegen Demetrios II. im Sommer 144 einen besonderen vorfall, der auf die Dioskuren als Schlachtenhelfer bezogen wurde.537 Eine andere Möglichkeit ist, daß die Dioskuren für das Sternbild „zwillinge“ stehen, in dessen zeichen Antiochos vI. dann gezeugt oder geboren worden wäre. Das Münzbild ist von einem lotosblütenkranz eingefaßt.538 Ohne jeden Bezug auf die Seleukidendynastie ist ebenso der Helmtyp auf den Drachmen Antiochos’ vI. und den Tetradrachmen, Drachmen und Bronzen Tryphons.539 Es handelt sich um einen böotischen Helm mit dem Horn eines Steinbocks über dem Stirnbügel. Das Horn stammt von der Bezoarziege, einem Tier, das in hellenistischer zeit insbesondere mit Kreta in verbindung gebracht wurde. Da bronze- und früheisenzeitliche Helme aus dem Ägäisraum mit nur einem ‚Horn‘ archäologisch nachgewiesen sind und ägäische bzw. kretische Söldner auch in seleukidischen Diensten kämpften, wäre es durchaus möglich, daß der auf den Münzen abgebildete Helm ägäischen bzw. kretischen Ursprungs war und von jenen Söldnern mit nach Syrien gebracht wurde.0 530 vgl. Fleischer, Tyche S. 699 ff. Die ältere Deutung der Tyche als Tyche von Antigoneia ist damit obsolet, ebenso die Überlegung von Küthmann, Münzen S. 3, der das Münzbild vor dem Hintergrund der unter dem Einfluß des Demetrios von Phaleron (Diod. 31, 10, 1−2) entwickelten Tyche-Philosophie des Polybios 29, 21, 1−9 versteht. zu Tyche bei Polybios vgl. Walbank, commentary III S. 393 ff. und K.-E. Petzold, Kyklos und Telos im Geschichtsdenken des Polybios, in: Geschichtsdenken und Geschichtsschreibung. Kleine Schriften zur griechischen und römischen Geschichte (Historia Einzelschriften 126), S. 48−85 bes. 59 ff. zum historischen Hintergrund des Münzbildes siehe unten Kap. II 2. 531 Meyer, Königin S. 115. 532 cSE 232; 234 ff.; SnG Israel I 1757; 1762 f. Klose, Beiträge S. 193 f. Anm. 37. 533 Gardner, BMc Seleucid Kings S. 5 f. nr. 51−57. 534 z. B. auf Münzen, die Tarsos zugeordnet werden: E. T. newell, The coinage of the Western Seleucid Mint (AnSnS 4), new York 1941, S. 221 nr. 1321 ff.; cSE 458. 535 newell, SMA S. 68. 536 Siehe unten Kap. II 2. 537 In diesem Sinne Babelon, Rois S. cXXXvI mit Hinweisen auf die ältere literatur. Die Dioskuren, mit denen schon Alexander d. Gr. auf einem Gemälde des Apelles dargestellt worden war (Plin. h. n. 35, 93), galten als Schutzgötter (auch bei Seeunternehmungen) und Schlachtenhelfer: Taeger, charisma I S. 320. 538 H. Baumann, Pflanzenbilder auf griechischen Münzen, München 2000, S. 36 f. mit Abb. 64. Küthmann, Münzen S. 61 schreibt: „Efeublätter“. 539 zum folgenden: Ehling, Überlegungen S. 21 ff. 0 Anders Klose, Beiträge S. 191 Anm. 21.
3.) numismatische Quellen
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Schließlich sei noch auf den unter Antiochos vIII. eingeführten Münztyp mit dem zeus Uranios genannten Gott eingegangen. Das neue Bild dieses Gottes erscheint praktisch mit Beginn seiner Alleinregierung im Jahr 121 auf Münzen von Antiocheia, Sidon, Ptolemaïs und Damaskos.541 Der nach rechts oder links stehende, mit Hüftmantel bekleidete zeus stützt sich mit der linken auf ein langszepter und hält auf der rechten Hand einen sechs- bis achtstrahligen Stern, der wohl als Sonne zu deuten ist. Über dem Kopf befindet sich eine Mondsichel.542 Der Gott ist eine neuschöpfung des 2. Jhs. und ein bedeutendes zeugnis für die synkretistischen Tendenzen in der Religion des späteren Hellenismus.543 Was die Einführung dieses ungewöhnlichen Münztyps veranlaßte, läßt sich heute nicht mehr sagen. Am wahrscheinlichsten ist, daß zeus Uranios die persönliche Schutzgottheit des Antiochos vIII. war, der vielleicht einem astrologischen Glauben anhing. noch unerklärlicher ist jedoch, daß dieser zeus später wieder von den Münzen verschwindet und ab ca. 108/07 durch das traditionelle Bild des zeus nikephoros ersetzt wurde. Auch dafür wird man am ehesten persönliche Gründe vermuten dürfen: vielleicht hatte ihn sein Schutzgott in den Kämpfen mit seinem Halbbruder Antiochos IX. im Stich gelassen. Ein beliebtes Motiv auf Münzen der späten Seleukiden ist das Füllhorn. Beim Füllhorn handelt es sich ursprünglich um ein Symbol, das in der griechischen Kunst seit ca. 470 als Attribut chtonischer Gottheiten, insbesondere für Hades-Pluton, verwendung fand. In die hellenistische Bildsprache gelangte es über den Sarapiskult ins ptolemäische Ägypten: nach einer Traumerscheinung ließ Ptolemaios I. aus dem pontischen Sinope die Kultstatue eines Gottes mit Kalathos, Opferschale und Füllhorn nach Alexandreia überführen.8 von dieser später mit Sarapis identifizierten Gottheit übernahmen die Ptolemäer das Füllhorn549 als Symbol des Wohl541 cSE 322; 336; SnG Israel I 2493−2500; 2530−2533; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 509 (Antiocheia); cSE 723 f.; SnG Israel I 2575−2578; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 511 (Sidon); cSE 812 f.; SnG Israel I 2580−2586; 2590−2595; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 512 (Ptolemaïs); cSE 850−854; SnG Israel I 2646−2661 (Damaskos); SnG Israel I 2568−2571 (unbekannte nordsyrische Münzstätte). 542 zahle, coins S. 131. 543 zahle, coins S. 131 mit literatur. zur Datierung: Houghton, Reigns S. 105 f.; Oman, Antiochus vIII S. 205: ab 104. Umgekehrt bringt linfert, Herrscher S. 159 diesen Wechsel mit militärischen Erfolgen Antiochos’ vIII. in verbindung. Dahmen, Füllhörner S. 171−183. Bemmann, Füllhörner S. 20 ff.; 165. Füllhörner sind zuerst nachweisbar auf vasenbildern. 8 Tac. Hist. 4, 83 f. J. E. Stambaugh, Sarapis under the Early Ptolemies (EPRO 25), leiden 1975, S. 6 ff.; S. 27 ff. Dort auch die Diskussion, um welches Sinope es sich handelt. − Interessant ist, daß ein Kultbild der gehörnten Isis von Seleukos II. ebenfalls aufgrund einer Traumerscheinung aus Memphis nach Antiocheia ‚geholt‘ wurde: lib. or. 11, 114. vgl. dazu A. Schenk Graf von Stauffenberg, Die römische Kaisergeschichte bei Malalas, Stuttgart 1931, S. 467 mit Anm. 54. Hintergrund ist der Friedensschluß mit Ptolemaios III. im Jahr 241: Ehling, Unruhen S. 334 mit Anm. 196. 549 J. E. Stambaugh, Sarapis under the Early Ptolemies (EPRO 25), leiden 1975, S. 6 ff.; S. 27 ff.; Bemmann, Füllhörner S. 125 f.
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I. Kapitel: Quellen
standes, Glückes und Heiles. Erstmals auf postum geprägten Oktadrachmen der im Jahr 270 oder 268 vergöttlichten Arsinoe II. erscheint das Füllhorn in Gestalt des Dikeras (Doppelfüllhorn).0 Bei den Seleukiden kommt das Füllhorn erstmals auf Drachmen Demetrios I. vor und steht pars pro toto für ‚seine‘ Tyche. Das Füllhorn ist weniger aufwendig gestaltet als die ptolemäischen, und es fehlt die umgeschlungene Königsbinde.551 Es setzt sich ikonographisch von den prunkvolleren ptolemäischen Hörnern ab, auch dadurch wird eine politische Botschaft vermittelt. Auf Goldstateren aus dem letzten Regierungsjahr des Demetrios I. (151/50) begegnet erstmals auf seleukidischen Münzen das Doppelfüllhorn mit Diademband;552 das ptolemäische Doppelfüllhorn diente hier als unmittelbares vorbild. In den folgenden Jahrzehnten begegnet das Dikeras auf Bronzemünzen des Timarchos,553 vereinzelt auf Bronzen Demetrios’ II., Antiochos’ vIII. und auf Edelmetallprägungen für Kleopatra Thea. Wie K. Bemmann feststellt, stehen die Doppelfüllhörner dieser Königin „in direkter Tradition der Arsinoe-Prägungen und wurden von Kleopatra möglicherweise in bewußter Anlehnung an ihre berühmte vorgängerin gewählt …“. Der unikale Goldstater (cSE 408) aus dem Jahr der Hochzeit mit Alexander I. im Jahr 150 zeigt auf der Rückseite ein prächtiges diademumschlungenes Füllhorn, dessen Körper aus drei Dekorationszonen besteht, wobei jeweils die untere und die obere zone kanneliert sind. Am unteren Ende befinden sich zwei Ranken genau wie beim Füllhorn der Arsinoe II. Als Füllung sind vier Pyramidenkuchen und zwei Granatäpfel zu erkennen, zwei Weintrauben hängen über.8 Ganz ähnlich sieht das Füllhorn auf den datierten, ins Jahr 125 gehörenden Silberstücken aus, nur daß hier zwei Pyramidenkuchen und vier Granatäpfel über die Füllhornöffnung hinausragen. Ein wichtiges Thema bildet die Füllhornmotivik schließlich auf den Münzen des im Jahr 129 von den Ptolemäern zum Gegenkönig zu Demetrios II. erhobenen Alexander II.559 Doppelfüllhörner mit Diadembinde kommen sowohl auf Drachmen0 als auch Bronzen vor.561 Die Bronzeserie (SnG Israel I 2310−2329) ist deshalb von besonderem Interesse, weil sie eine vollkommen neuartige Ikonographie des Doppelfüllhorns aufweist, die sich im 1. Jh. in ähnlicher Form auch auf den Kleinbron0 zum Datum Hölbl, Geschichte S. 38 mit Anm. 29. vgl. z. B. R. S. Poole, BMc of Greek coins. The Ptolemies, Kings of Egypt, london 1883 (nachdruck Bologna 1963), S. 42 ff. nr. 1 ff. mit Taf. vIII; Bemmann, Füllhörner S. 83. 551 Bemmann, Füllhörner S. 112. 552 cSE 165 f.; D. Gorny, München, Kat. 89, Mai 1998, 265. Bemmann, Füllhörner S. 113. 553 SnG Israel I 1390. SnG Israel I 1622; 1633; 1746 ff. Bemmann, Füllhörner S. 116 f. cSE 350 f. Füllhörner S. 117. Bemmann, Füllhörner S. 117. 8 Meyer, Königin S. 116 Abb. 11. 559 Dazu ausführlich: Dahmen, Füllhörner S. 171−183. 0 SnG Israel I 2283 f.; 2296 ff. 561 Bei diesen Bronzen sind zwei Darstellungsweisen zu unterscheiden: SnG Israel I 2310 ff. und 2336 ff.
3.) numismatische Quellen
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zen der jüdischen Könige wiederfindet.562 Dabei sind die Füllhörner in der Weise antithetisch angeordnet, daß die unteren Enden zwar ineinander verschlungen sind, aber separat auslaufen und nicht zu einem gemeinsamen Abschluß verschmelzen.563 Ob die Einführung dieses neuen Typs auf einen bestimmten Anlaß zurückzuführen ist, oder ob es sich einfach um eine neue Bilderfindung handelt, läßt sich nicht sagen. Die letzten Füllhorndarstellungen gibt es auf Münzen Seleukos’ vI. 3.) Reverslegenden: Die Umschriften der Rückseiten setzen sich aus Königstitel, namen des Königs und bis zu drei Kultnamen zusammen. Die Münzen nennen die offiziellen Beinamen der Könige, von denen die ‚volkstümlichen‘ Spitz- und Spottnamen wie Kyzikenos („der aus der Stadt Kyzikos“) für Antiochos IX. oder Grypos („Habichtsnase“) für Antiochos vIII. zu unterscheiden sind. Diese kommen niemals auf Münzen vor, sind aber literarisch überliefert. Keine Epitheta, sondern Bestandteil des Königstitels sind Megas im Falle des Basileus Megas Timarchos und Autokrator bei Tryphon. Die offiziellen Epitheta lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1.) Dynastische Beinamen: Eupator, Theopator, Philadelphos, Philopator und Philometor, 2.) Religiös-kultische Beinamen: Epiphanes, Epiphanes Dionysos, Eueteria, Eusebes, Thea, Theos und Theos Epiphanes, 3.) Politisch-militärische Beinamen: Euergetes, Megas Euergetes, Kallinikos, nikator, nikephoros und Soter. Die Grenze zwischen Gruppe 2 und 3 ist fließend. viele Könige führen Beinamen aus verschiedenen Kategorien. Antiochos X. z. B. nennt sich auf seinen Münzen Eusebes Philopator und kombiniert damit einen religiös-kultischen mit einem dynastischen Beinamen. Diese Beinamen geben wichtige Hinweise auf die legitimationsgrundlagen und das charismatische Selbstverständnis der Könige:8 So wurde für den von den Ptolemäern aufgestellten nicht-seleukidischen Gegenkönig Alexander II. eine genealogische legende erfunden, die ihn als Sohn des Alexander I. und Enkel des Antiochos Iv. ausgab und sich auch darin niederschlug, daß für ihn auf den Münzen genau dieselben Epitheta Theos Epiphanes Nikephoros verwendet wurden, wie sie sein angeblicher Großvater getragen hatte.569
562 zu den Doppelfüllhörnern auf jüdischen Münzen vgl. Meshorer, Jewish coins S. 33 f. Auf die Unterschiede weist Dahmen, Füllhörner S. 177 f. hin. 563 Bemmann, Füllhörner S. 118. Ein denkbarer Anlaß für die Einführung dieses neuen Münzmotives könnte die Hochzeit mit einer Ptolemäerprinzessin gewesen sein. Unentschieden bleibt Dahmen, Füllhörner S. 179 f. Bemmann, Füllhörner S. 120. z. B. Athen. 12, 540 a: Grypos für Antiochos vIII. Ähnlich Demandt, Staatsformen S. 304. 8 Gehrke, König S. 266. Daß die Beinamen von der Öffentlichkeit sehr genau registriert wurden und man sich über diese Gedanken machte, zeigt lib. or. 11, 126 f. 569 Ehling, Alexander II. S. 2; 5.
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I. Kapitel: Quellen
Seit der zeit Antiochos’ Iv. erscheinen Epitheta regelmäßig auf den Seleukidenmünzen.0 Der vierte Antiochos nennt sich auf den Münzen zunächst nur Basileus Antiochos, dann Basileus Antiochos Theos Epiphanes und schließlich Basileus Antiochos Theos Epiphanes Nikephoros. Diese Abfolge gibt die Möglichkeit an die Hand, das gesamte Münzmaterial in drei Serien zu gliedern,571 die zuletzt von O. Mørkholm in die Jahre 175−173/2, 173/2−169/8 und 169/8−164 datiert wurden.572 Da jedoch die erste, beinamenlose Serie wenig umfangreich ist,573 und Appian (Syr. 234, 45) erwähnt, Antiochos Iv. sei (bei seiner Regierungsübernahme) von der syrischen bzw. antiochenischen Bevölkerung als Epiphanes begrüßt worden, möchte ich die 1. Serie auf 175/Anfang 174 und den Beginn der 2. Serie bereits auf 174 ansetzen. nach seinem Sieg über Ägypten nahm er den Beinamen Nikephoros an; der Beginn der 3. Serie ist m. E. aber eher nach Juli 168, dem ‚Tag von Eleusis‘, anzusetzen, da die im ‚ägyptischen‘ Stil geprägten Großbronzen noch ohne Nikephoros-Beinamen ausgegeben wurden. Die Quellen berichten mehrfach davon, daß den Königen Kultnamen durch die Bevölkerung verliehen wurden. So wurde Demetrios I. nach der niederwerfung des abtrünnigen Satrapen Timarchos (Frühjahr 160) von den Bewohnern der Stadt Babylon als Soter begrüßt (App. Syr. 47, 242; 67, 353). Den Beinamen ließ der König sofort auf seine in Seleukeia am Tigris geprägten Tetradrachmen setzen; ab 155/54 erscheint dieser dann auch auf den in Antiocheia geprägten Münzen. Den Beinamen Nikator erhielt Demetrios II. „von den Syrern“ dafür, daß er Alexander I. besiegt hatte (App. Syr. 67, 355); mit diesem Beinamen wurde er zugleich in die nähe 0 Ein Beiname, Soter, kommt erstmals auf einer für Antiochos I. postum unter Seleukos II. in Antiocheia geprägten Sonderemission von Tetra- und Oktadrachmen vor: le Rider, Antioche S. 74 f. Diese dürfte bald nach dem Tode Antiochos’ II. im Jahr 246 ausgebracht worden sein: le Rider ebenda S. 89. Auf Münzen lebender Herrscher erscheint ein Beiname erstmals auf Drachmen Ariarathes’ Iv. von Kappadokien (220−163): Simonetta, cappadocian Kings S. 21 ff. 571 newell, SMA S. 17 ff. schlug als erster diese Einteilung in drei Serien vor. Serie 1 setzt er in die Jahre 176/5−170/69, Serie 2 in die Jahre 169−167 und die Serie 3 in die zeit 167−165. 572 Studies S. 8 ff.; 11 ff.; 24 ff. Ihm folgt le Rider, Antioche S. 190 ff.; 192 ff.; 201 ff. 573 Sie umfaßt nach Mørkholm, Studies S. 8 f. nur vier vorder- und 13 Rückseitenstempel. Anders Mørkholm, der den Beginn der 3. Serie etwas früher, nämlich 169/68 ansetzt. Die Münzen im ‚ägyptischen‘ Typus tragen nur die Beinamen Theos Epiphanes: SnG Israel I 978 ff. zur Bedeutung und Funktion des ägyptisierenden Bronzegeldes: O. Mørkholm, Some Reflections on the Production and Use of coinage in Ancient Greece, Historia 31, 1982, S. 303; E. Schlösser, Egyptian Bronze coins of Antiochus Iv of Syria, SM 37, 1987, S. 54−56; G. le Rider, Antiochos Iv (175−164) et le monnayage de bronze Séleucide, BcH 118, 1994, S. 17−34; Bergmann, Strahlen S. 62 f.; Ehling, Unruhen S. 334 mit Anm. 198. cSE 991 ff.: überprägte Timarchos-Münzen und cSE 996−999; SnG Israel I 1358; 1360 ff. cSE 148 ff.; SnG Israel I 1266 ff. newell, SMA S. 34 ff. teilt die Münzen des Demetrios I. in drei Serien ein. vgl. dazu aber die kritischen Bemerkungen von Küthmann, Münzen S. 5. Eine Einteilung der Münzen Demetrios’ II. in drei Serien unternimmt Bikerman, Institutions S. 220 f. nach einer neu publizierten Tetradrachme ergibt sich eine Anordnung der Münzen in vier Serien. zu dem neuen Stück: B. Kritt/O. D. Hoover/A. Houghton, Three Seleucid notes, AJn 12, 2000, S. 102−107 mit Taf. 19, 1, das von dem Bearbeiter, O. D. Hoover, der Münzstätte Seleukeia in Pierien zugewiesen wird. Die Tetradrachme gehört m. E. aber wohl eher in die zeit unmittelbar nach der landung des Demetrios II. in Kilikien. Auf der Münzrückseite steht nur
3.) numismatische Quellen
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des Dynastiegründers, des ersten Seleukos, gerückt. Auch Antiochos X. bekam seinen Beinamen Eusebes von der Bevölkerung (App. Syr. 69, 366) und führte diesen auch auf seinen Münzen. Anders Antiochos vII.: ihm verliehen die Bewohner Jerusalems ebenfalls den Eusebes-Kultnamen (Ios. ant. Iud. 13, 244), den er jedoch offiziell nie geführt hat. Der bei seinem Regierungsantritt erst neunjährige Sohn und nachfolger Antiochos’ Iv., Antiochos v., bekam seinen Beinamen Eupator, mit dem die dynastische Kontinuität betont wurde, von seinem vormund und ‚Kanzler‘ lysias (I. Makk. 6, 17). letztlich entschieden der König und der Kreis der ößëïé, welches Epitheton geführt wurde und auf die Münzen kam. Durch die Publikationen neuer Münzen werden auch weitere Beinamen bekannt bzw. alte lesungen korrigiert: Ein 1986 vorgelegter unikaler Goldstater überliefert für Antiochos vII., der sich nach seinem Regierungsantritt im Jahr 138 Euergetes nannte, nun den Beinamen Megas Euergetes, den der König im Jahr 134/33 annahm. Auf einigen Bronzemünzen las man bis 1983 als Beinamen des Alexander I. auch das Epitheton Eupator.8 Besser erhaltene Exemplare desselben Typs erlauben inzwischen jedoch die lesung ÅÕÐÁÔÑÅÙÍ. Es handelt sich dabei um das Ethnikon einer vermutlich in nordphönikien gelegenen Stadt.579 4.) Jahreszahlen der Seleukidenära: Erstmals unter Demetrios I. wurden die in Antiocheia geprägten Tetradrachmen mit einem Datum der Seleukidenära versehen.80 Das erste sicher lesbare Jahresdatum auf den Tetradrachmen und Drachmen dieses Königs lautet ÇÍÑ und steht für das Jahr 158 der Seleukidenära (S. Ä.), was nach unserem Kalender dem Jahr 155/54 entspricht.581 In Syrien rechnete man die Jahre nach der Herbstära von 312, d. h. das neue Jahr begann wie in Makedonien am 1. Dios (etwa 1. Oktober). Der Epochenbeginn zählte vermutlich von der nach der Schlacht bei Gaza (Frühjahr 312) erfolgten Rückeroberung Babyloniens an.582 Im
8 579 80
581 582
der Beiname Nikator. zu den Beinamen des zweiten Demetrios vgl. Muccioli, Epiteti S. 41−56. z. B. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 55 nr. 33. Eupator war der Beiname des vermeintlichen Bruders des Alexander I., Antiochos v. vgl. cSE S. 47 die Anmerkungen zu den Stücken 565 und 566. Es gibt sporadisch bereits vorher Daten auf einigen Münzen Antiochos’ III. und Seleukos’ Iv. So tragen die in Tyros für Antiochos III. geprägten Bronzen derartige Daten, erstmals im Jahr 115 S. Ä. = 198/97: cSE S. 73 Anm. 1. Ebenfalls in Tyros gibt es datierte Stücke für Seleukos Iv.: SnG Israel I 917−925. Außerdem sind einige der ins Jahr 169/68 gehörenden phönikischen Städteprägungen datiert: Mørkholm, Municipal coinages S. 63 ff. bes. 64. SnG Israel I 1266 ff. Babylonien wurde 312/11 eingenommen: Mehl, Seleukos S. 101. zur seleukidischen zeitrechnung vgl. W. Kubitschek, Grundriß der antiken zeitrechnung (HdA I 7), München 1928, S. 70 ff.; A. E. Samuel, Greek and Roman chronology. calendars and Years in classical Antiquity (HdA I 7), München 1972, S. 139 ff.; 245. − In der literatur wird vielfach die Meinung vertreten, Seleukos I. sei nach seiner Rückkehr im Jahr 312/11 König von Babylon geworden (vgl. die literaturnachweise bei U. Scharrer, Seleukos I. und das babylonische Königtum, in: K. Brodersen [Hg.], zwischen West und Ost. Studien zur Geschichte des Seleukidenreichs, Hamburg 1999, S. 98 Anm. 13). Weil in Makedonien und im Orient mit der Thronbesteigung traditionell ein neuer Ärenbeginn verbunden war, könnte man vermuten, der Ärenbeginn von 312/11 erkläre
100
I. Kapitel: Quellen
Westen des Seleukidenreiches dauerte das Jahr also von Anfang Oktober bis Oktober. Bei den Jahresdaten auf den Münzen stehen die Buchstaben des griechischen Alphabetes für zahlzeichen. zu beachten ist, daß sich zwei alte Buchstaben als zahlzeichen erhalten haben und nach Å = 5 ein Stigma (� = 6) und nach Pi (Ð = 80) ein Koppa für den Wert 90 eingeschoben ist.583 1=Á 2=Â 3=Ã 4=Ä 5=Å 6=� 7=Æ
8=Ç 9=È 10 = É 20 = Ê
30 = Ë 40 = Ì 50 = Í
60 = Î 70 = Ï 80 = Ð
90 = 100 = Ñ 200 = Ó; c 300 = Ô
Die Daten sind von rechts nach links aufzulösen. Bei dem oben erwähnten ersten Datum der Demetrios I.-Münzen steht also Ñ für 100, Í für 0 und Ç für 8. Für die Rekonstruktion der chronologie der späten Seleukidenzeit sind diese datierten Münzen äußerst wichtige Fixpunkte. Allerdings sind keineswegs alle Münzen konsequent datiert, im Gegenteil, die große Masse der Stücke trägt kein Datum. Besonders wichtig sind die jeweils ersten bzw. letzten datierten Münzen eines Königs, da sich nach diesen Regierungsbeginn und -ende festlegen lassen. Auf diese Weise können Anfang und Ende der Herrschaft des Alexander I., Demetrios II., Antiochos vI., Antiochos vII., Alexander II., der Kleopatra Thea, des Antiochos vIII., Antiochos IX. und Antiochos XII. datiert werden.8 Anhaltspunkte bieten die Münzen auch für die äußerst verworrene chronologie der Bruderkämpfe zwischen sich mit der Annahme des Königstitels. Daß dies nicht zutrifft, zeigt Scharrer S. 98 f. In den babylonischen Quellen wird zwischen der seleukidischen zählung und dem Beginn von Seleukos’ I. Königtum klar unterschieden: Scharrer S. 99. Die Differenz beträgt sieben Jahre, d. h. Seleukos I. war, wie im Westen des Reiches, erst im Jahr 305 König in Babylon. vgl. auch Mehl, Seleukos S. 119 ff. Kubitschek S. 70 weist auf die Möglichkeit hin, daß der Epochenbeginn von der Ermordung Alexanders Iv., des nachgeborenen Sohnes Alexanders d. Gr., an gerechnet sein könnte. − Jenseits des Euphrat rechnete man nach der Frühjahrsära von 311. Das neue Jahr begann dort am 1. nisan, was in etwa dem 1. April entspricht. 583 vgl. z. B. Sellwood, coinage S. 13. 8 Alexander I. in Phönikien: z. B. cSE 742; 796 und Antiocheia: z. B. cSE 173 ff.; Demetrios II. in Antiocheia: z. B. cSE 214 ff.; Antiochos vI. in Antiocheia: z. B. cSE 214 ff. (Anfang) und z. B. SnG Israel I 1763 ff. (Ende); Regierungsjahre Tryphons: z. B. cSE 800; Antiochos vII. in Antiocheia: z. B. cSE 272 ff.; Alexander II. in Antiocheia: z. B. cSE 299 f.; Kleopatra Thea in Seleukeia in Pierien: cSE 803 (Alleinregierung); Samtregierung Kleopatra Thea und Antiochos vIII. in Antiocheia: cSE 317 ff.; Antiochos vIII. in Antiocheia: z. B. cSE 323 ff. (Alleinregierung); Antiochos IX. in Seleukeia in Pierien: z. B. SnG Israel I 2681 ff. (Beginn); Antiochos XII. in Damaskos: newell, lSM S. 86 f. nr. 132 f. (Anfang) und classical numismatic Group, lancaster/london, Kat. Triton vI, Januar 2003, 467 (Ende).
3.) numismatische Quellen
101
Antiochos vIII. und Antiochos IX. in den Jahren zwischen 113 und 98/97. Datierte antiochenische Münzen8 bestätigen die Angabe bei Iustin (39, 2, 9), daß Antiochos vIII. acht ruhige Regierungsjahre verbrachte und Antiochos IX. im Jahr 113 in Syrien landete.8 nachstehend noch einige weitere Hinweise auf wichtige Münzen-Daten: Ein ins Jahr 134/33 datierter, in Antiocheia für Antiochos vII. geprägter Goldstater macht sehr wahrscheinlich, daß die Belagerung Jerusalems durch diesen König im Oktober 134 endete.8 Für die Einführung des oben beschriebenen zeus Uranios unter Antiochos vIII. liefern die ins Jahr 120/19 datierten Münzen von Damaskos den terminus ante quem.88 Die letzten datierten Seleukidenmünzen stammen aus Damaskos von Antiochos XII. und gehören ins Jahr 84/83.589 Die in Damaskos für Tigranes II. geprägten Münzen weisen für die Jahre 241−243 S. Ä. (= 72−70) Daten auf,590 woraus man wohl schließen darf, daß sich die nabatäer fast bis Ende der 70er Jahre in Damaskos und Koilesyrien (?) halten konnten. 5.) Städtische Prägungen: Im 5. Syrischen Krieg (202−198) fielen die seit der Schlacht von Gaza (312) von den Ptolemäern regierten Gebiete Phönikien, Koilesyrien, Samaria, Palästina und Judäa an die Seleukiden.591 Der Gewinn dieser landschaften war für die Seleukiden in doppelter Hinsicht von größter Bedeutung: Militärisch, weil damit zwischen ihrem administrativen zentrum nordsyrien und Ägypten eine geostrategische Pufferzone entstand, wirtschaftlich, weil jetzt das Seleukidenreich vom Warenverkehr insbesondere der im Süden Phönikiens gelegenen reichen Handelsstädte Sidon, Tyros und Ptolemaïs profitierte und insgesamt einige Tausend Talente Silber in Form von Steuern (öüñïò) als Mehreinnahmen in die königliche Kasse flossen.592 Über die Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen den phönikischpalästinischen Hafenstädten und den Seleukiden geben zunächst die von den Königen in diesen Städten geprägten Münzen Auskunft, später die städtischen Prägungen selbst. nach den Münzen lassen sich drei Phasen im verlauf dieses Prozesses unterscheiden: In der ersten Phase wurden die Städte in das Seleukidenreich inte8 8 8 88 589 590 591 592
SnG Israel I 2681−2686. zur chronologie dieser Ereignisse ausführlich unten Kap. II 10. Siehe unten Kap. II 8. SnG Israel I 2646 f. Wahrscheinlich wurde der Kult schon mit Beginn der Alleinherrschaft des achten Antiochos propagiert. Siehe unten Kap. II 9. classical numismatic Group, lancaster/london, Kat. Triton vI, Januar 2003, 467. newell, lSM S. 86 ff. nr. 132 ff.; Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 138 nr. 13 ff. Grainger, Phoenicia S. 98 ff.; Hölbl, Geschichte S. 121 ff. So nennt Ios. ant. Iud. 12, 175 f. für Syrien, Phönikien, Judäa und Samaria eine Gesamtsteuerpachtsumme von 8.000 Talenten. Weit mehr als die Hälfte davon brachte Phönikien auf. Unter seleukidischer Herrschaft zahlte Judäa bis in die Regierungszeit des vierten Seleukos wohl keinen öüñïò: Bringmann, Reform S. 115 mit Anm. 17 und Hinweis auf Sul. Sev. chron. 2, 7, 15. zu den Handelswegen vgl. die Karte 4 bei D. Musti, Syria and the East, cAH vII 1, cambridge 1984², S. 176 f. zu den Städten Phönikiens vgl. auch F. Millar, The Phoenician cities: a case-study of Hellenisation, Proceedings of the cambridge Philological Society 209, 1983, S. 55−71.
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I. Kapitel: Quellen
griert und waren abhängig. In der zweiten Phase erhielten sie von den Königen Privilegien zugesprochen, ein Reflex wachsender Eigenständigkeit. Schließlich konnten immer mehr Poleis die Unabhängigkeit erringen, und zwar als Folge der andauernden innerdynastischen Kämpfe, in denen sie gezwungen waren, für König oder Gegenkönig Partei zu ergreifen und je nach Sieg oder niederlage belohnt oder bestraft wurden. Im folgenden soll dieser historische Entwicklungsprozeß anhand der Münzen von Tyros exemplarisch aufgezeigt werden. nach dem Sieg Antiochos’ III. über den ptolemäischen Feldherren Skopas im Frühjahr/Sommer 199593 wurden in Tyros für den Seleukidenkönig Bronzemünzen geschlagen.594 Die Münzen tragen ein Datum nach der Seleukidenära,595 auch dies ein sichtbares zeichen der Abhängigkeit der Stadt vom Reich. Griechisches Ethnikon und aramäische legende erscheinen erstmals auf Münzen des vierten Antiochos.596 In der zeit Alexanders I. beginnt die königliche Münze von Tyros mit dem Prägen von Silbermünzen. Diese Tetradrachmen und Drachmen wurden im leichteren phönikischen Gewichtsstandard ausgegeben und tragen auf der vorderseite die Büste des Königs,597 auf der Rückseite den ptolemäischen Adler mit Palmblatt auf einer Schiffsprora stehend; im Feld befindet sich die Keule als zeichen für den in der Stadt verehrten Gott Herakles-Melkart. Die Aufnahme der Silberprägung in der königlichen Münze von Tyros, Sidon, Ptolemaïs und Berytos seit 151/50 ist vor dem Hintergrund der engen politischen und wirtschaftlichen zusammenarbeit zwischen Alexander I. und seinem Schwiegervater Ptolemaios vI. zu sehen.598 Die anhaltende Silberprägung in den folgenden Jahrzehnten − zunächst in der königlichen, dann in der städtischen Münze − weist auf eine gewachsene wirtschaftliche Bedeutung von Tyros und der anderen phönikischen Städten hin. Auf tyrischen Tetradrachmen des Demetrios II. aus dem Jahr 172 S. Ä. (= 141/40) kommt erstmals der Titel jåñN êár Tóõëïò vor,599 was man mit „heilig und asylieberechtigt“ oder „heilig und unverletzlich“ übersetzen kann. Mit dieser Titulatur sind einige Probleme verbunden: 1.) die Frage, wann Tyros bzw. der Herakles-MelkartTempel „heilig und asylieberechtigt/unverletzlich“ wurde, 2.) welche politische Bedeutung dieser Status hatte und 3.) ob der Ausdruck jåñN êár Tóõëïò gleichbe593 Hölbl, Geschichte S. 121. 594 E. T. newell, The Seleucid coinages of Tyre (AnSnnM 73), new York 1936, S. 2 ff. nr. 1 ff.; cSE 726−730. 595 E. T. newell, The Seleucid coinages of Tyre (AnSnnM 73), new York 1936, S. 3; cSE S. 73 Anm. 1. Das erste auf diesen tyrischen Münzen genannte Datum ist das Jahr 115 S. Ä. = 198/97. 596 E. T. newell, The Seleucid coinages of Tyre (AnSnnM 73), new York 1936, S. 14 nr. 39 a−40 b; cSE 732 ff. 597 Während die Münzen von Antiocheia nur den Kopf des Königs abbilden, zeigen die phönikischen Münzen oftmals die Büste des Herrschers, an dessen Schulteransatz die chlamys zu erkennen ist. 598 Siehe unten Kap. II 9. 599 Babelon, Rois S. 126 nr. 976; E. Rogers, The Second and Third Seleucid coinage of Tyre (AnSnnM 34), new York 1927, S. 19 nr. 39; Kahrstedt, Territorien S. 77. Der Titel wird auf den späteren Münzen als Monogramm abgekürzt.
3.) numismatische Quellen
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deutend ist mit der Bezeichnung der Stadt als jåñN êár ášôüíïìïò,00 die sich ebenfalls auf Münzen findet. zunächst zu der Frage, wann dem tyrischen HeraklesMelkart-Tempel der jåñN êár Tóõëïò-Titel zugesprochen wurde. Die Forschung geht davon aus, daß Tyros bereits um 150 das Recht der Asylie erhielt.601 zwar ist die Datierung in die historische Situation der Kämpfe zwischen Demetrios I. und Alexander I. an sich plausibel, aber es muß doch die Tatsache verwundern, daß der Titel erst auf Münzen Demetrios’ II., also mit zehnjähriger verspätung, erscheint. Wahrscheinlicher ist, daß eine derartige Statuserhöhung, wie sie die Asylie bedeutete, unmittelbar auf den Münzen vermerkt worden wäre. Wenn also der Titel jåñN êár Tóõëïò erstmals auf Münzen des Demetrios II. im Jahr 141/40 vorkommt, wird man m. E. auch davon ausgehen können, daß er von Demetrios II. in diesem Jahr an Tyros verliehen wurde, und zwar vor dem Hintergrund des Kampfes mit Tryphon und des bevorstehenden Partherfeldzuges. Demetrios II. wollte mit der verleihung der Asylie die Bewohner von Tyros für ihre Unterstützung gegen Tryphon belohnen und sich zugleich für die zeit seines zuges nach den Oberen Satrapien ihrer weiteren loyalität versichern. Eine Ironie des Schicksals ist, daß eben dieser König, 15 Jahre später, als er das von ihm verliehene Asylrecht selbst in Anspruch nehmen wollte, in Tyros auf Befehl des dðéóôÜôçò ermordet wurde (125).602 Die politische Bedeutung der Asylie-verleihung lag vermutlich in erster linie in dem enormen Prestigegewinn für die Stadt. Tyros rückte damit als erste Stadt Phönikiens nominell in die Reihe so illustrer Städte wie Ephesos, Smyrna, Samos und Teos auf,603 die dieses Privileg bereits seit vielen Jahrzehnten besaßen. Der für die städtische Kultur der Kaiserzeit so charakteristische Wettkampf um wohlklingende Auszeichnungen, Ehrennamen und Titel nimmt nach der Mitte des 2. Jahrhunderts v. chr. seinen Anfang und führte in den nächsten Jahrzehnten zu einer wahren Inflation von Städten mit dem Titel jåñN êár Tóõëïò oder jåñN êár ášôüíïìïò.0 Ob den Städten daraus tatsächlich größere vorteile erwuchsen, scheint aber eher fraglich. U. Kahrstedt hat die Auffassung vertreten, daß die Titel 00 So Kahrstedt, Territorien S. 76. 601 Head, Hn S. 800; E. Rogers, The Second and Third Seleucid coinage of Tyre (AnSnnM 34), new York 1927, 1927, S. 14; 19; H. Seyrig, Antiquités syriennes. 24. les rois Séleucides et la concession de l’asylie, Syria 20, 1939, S. 35−39; Kahrstedt, Territorien S. 77; W. Ruge, Tyros, RE vII A 2, Stuttgart 1948, Sp. 1897. 602 Siehe unten Kap. II 9. 603 P. Stengel, Asylon, RE II 2, Stuttgart 1896, Sp. 1882 f.; Bikerman, Institutions S. 149 ff. zu der Stadt Smyrna, der der jåñN êár Tóõëïò-Status (an den Tempel der Aphrodite Stratonikis) unter Seleukos II. um oder bald nach 245 verliehen wurde, vgl. OGIS I 229 und dazu die Kommentare von Th. Ihnken, Die Inschriften von Magnesia am Sipylos (I. K. 8), Bonn 1978, S. 23 ff., G. Petzl, Die Inschriften von Smyrna, Teil II 1 (I. K. 24, 1), Bonn 1987, S. 1 ff. und Buraselis, Asylie S. 146 f. zu Teos vgl. zuletzt Pohl, Piraterie S. 119 und Buraselis, Asylie S. 153 ff. P. Herrmann, Antiochos der Große und Teos, Anadolu (Anatolia) 9, 1967, S. 108 ff. schreibt, daß für die Seleukidenkönige die Asyliepolitik insbesondere ein politisch-propagandistisches Instrument zur Ausweitung und Festigung des eigenen Einflusses war. 0 vgl. die Auflistung bei Kahrstedt, Territorien S. 76 ff. Unbefriedigend ist der Beitrag von W. Wirgin, On the Right of Asylum in Hellenistic Syria, in: congrès international de numismatique, Paris 1953, Band 2, S. 137−148.
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I. Kapitel: Quellen
jåñN êár Tóõëïò bzw. jåñN êár ášôüíïìïò gleichbedeutend sind.0 Scheint dies schon auf den ersten Blick zweifelhaft, da sich das Asylrecht auf einen Tempel, die Autonomie aber auf die Stadt bezieht, so ergibt eine Überprüfung der These ihre Unhaltbarkeit. Die kilikische Stadt Rhosos führt auf den vor dem Jahr 42 geprägten Münzen den Titel jåñN êár Tóõëïò,0 auf den Münzen aus der zeit nach 42 nennt sie sich jåñN êár ášôüíïìïò.0 Es wurde also von den Machthabern zunächst das Asylrecht und später die Autonomie vergeben, was beweist, daß die verleihung der Autonomie eine weitere Statuserhöhung darstellte. Der Titel jåñN êár ášôüíïìïò ist deshalb nicht gleichbedeutend mit jåñN êár Tóõëïò, sondern eine Abkürzung für jåñN êár Tóõëïò êár ášôüíïìïò.08 Mit der Autonomie war meistens auch die Annahme einer neuen Ära verbunden. Wichtig ist jedoch Kahrstedts treffende Beobachtung, daß die Städte, die jåñN êár Tóõëïò hießen, alle seleukidisch waren und in späthellenistischer zeit den gleichen Emanzipationsprozeß durchliefen.609 6.) Indigene Götter: Waren schon auf den seit 169/68 geprägten städtischen Bronzemünzen lokale Gottheiten abgebildet worden,610 so erscheint mit der Athena Magarsia auf den im kilikischen Mallos geprägten Tetradrachmen Demetrios’ I. erstmals eine indigene Gottheit auf dem unter königlicher Regie geprägten Silbergeld.611 Die Athena von Magarsos (die Stadt ist wahrscheinlich identisch mit Antiocheia am Pyramos, der Hafenstadt von Mallos)612 war eine mit der ephesischen Artemis verwandte, altanatolische Muttergottheit.613 Die Entscheidung der seleukidischen Funktionäre, nicht zeus oder Apollon, sondern das Bild einer einheimischen Göttin als Münzmotiv zu verwenden, wurde wohl dadurch begünstigt, daß in Mallos vorher noch keine Münzen für den Seleukidenkönig geprägt worden waren und daher bei der Wahl des Münzbildes eine größere Freiheit bestand.614 Dies verhielt 0 0 0 08
609 610 611 612 613 614
Kahrstedt, Territorien S. 76. SnG Bn 2420. SnG Bn 2421 ff. Wie die Inschrift Welles, Rc 71/72 zeigt, war eine Stadt, die sich auf ihren Münzen ášôüíïìïò nennt, immer auch dëåýèåñïò. Rc 71/72 weist Seleukeia in Pierien seit Sommer 109 als dëåýèåñïò aus (z. 13). Auf den Münzen nennt sich die Stadt seitdem jåñN êár ášôüíïìïò. vgl. Wilcken, Beitrag S. 444. Kahrstedt, Territorien S. 79. vgl. außerdem auch Pohl, Piraterie S. 120, der darauf hinweist, daß die privilegierten Städte fast ausschließlich am Meer lagen. z. B. Kronos in Byblos: Babelon, Rois S. 85 nr. 671; cSE 694−696; SnG Israel I 1070 f.; oder Poseidon in laodikeia: cSE 446; SnG Israel I 1051−1053. cSE 505; Houghton, Mallus S. 94 nr. 1 mit Taf. 12, 1. Dazu ausführlich D. Pohl, Athena Magarsia in Mallos, in: Meyer/ziegler (Hg.), Kulturbegegnung S. 93 ff. Jones, cities S. 197; Erzen, Kilikien S. 71 f.; M. H. Sayar, Magarsa, DnP 7, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 654 und ders., Mallos, ebenda Sp. 780. Siehe auch unten Kap. I 3. Mallos ist auf der Tabula Peutingeriana verzeichnet, Magarsos nicht. Fleischer, Artemis S. 260 ff. mit Taf. 110 a−b. Die eigene, städtische Münzprägung von Mallos beginnt noch vor 400. Die Athena Magarsia kommt dabei als Münzbild nicht vor: SnG Switzerland I 124 ff. Jones, cities S. 200 nimmt an, daß Mallos bis in das 2. Jh. hinein ptolemäisch war. Allerdings hatte Antiochos III. im Frühjahr 197 auf seinem Feldzug durch Kilikien auch Mallos eingenommen: liv. 33, 20, 4; Hier. comm. in Daniel. 11, 13 = Jacoby, FGrHist (1929) S. 1126, 46. Hölbl, Geschichte S. 123.
3.) numismatische Quellen
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sich in der nachbarstadt Tarsos, der bedeutendsten Polis Ostkilikiens, anders. Die in Tarsos geschlagenen Königsmünzen tragen seit der zeit des Antiochos II. als Reverstyp das Bild des Dynastiegottes Apollon.615 Auf den unter Antiochos Iv. ausgebrachten tarsischen Munizipalbronzen mit dem dynastischen namen Antiocheia am Kydnos erscheint Sandan,616 ein ursprünglich altanatolischer, hethitischluwischer Kriegs- und Fruchtbarkeitsgott,617 der als Gründer von Tarsos galt618 und schließlich auch auf königlichen Geprägen, erstmals auf Drachmen Alexanders I., begegnet.619 von etwa 146 bis ca. 95 wird Sandan zum Standardtyp und kommt auf Münzen der Könige Antiochos vI., Demetrios II., Antiochos vII., Alexander II., Antiochos vIII., Antiochos IX. und Seleukos vI. vor.620 Die Drachmen zeigen Sandan mit Kalathos auf einem löwenartigen, gehörnten Fabeltier stehend.621 Über der linken Schulter trägt der Gott Köcher und Bogen, an der Seite ein Schwert und in der linken Hand eine Doppelaxt.622 Die Tetradrachmen geben ein Sandan,monument‘ wieder, bei dem es sich aber nicht um den (hölzernen) „Scheiterhaufen“ des mit 615 E. T. newell, The coinage of the Western Seleucid Mints from Seleucus I to Antiochus III (numismatic Studies 4), new York 1941, S. 220 ff. nr. 1307 ff.; cSE 454 ff. 616 SnG Switzerland I 910 ff.; R. ziegler, Münzen Kilikiens aus kleineren deutschen Sammlungen (vestigia 41), München 1989, S. 85 f. nr. 624 ff. 617 Götter, die auf Tieren stehen, sind im hethitischen Bereich öfters anzutreffen, etwa Hepat, die Große Göttin, und Sarruma, der Göttersohn: vgl. etwa die Mittelszene des Reliefs von Yazilikaya aus dem 13. Jh. v. chr. bei E. Akurgal, Die Kunst der Hethiter, in: G. Walser (Hg.), neuere Hethiterforschungen (Historia Einzelschriften 7), Stuttgart 1964, S. 104 Fig. 11. Auf Sandan als Kriegsgott weisen Schwert, Bogen, Köcher und Axt, auf Sandan als Fruchtbarkeitsgott der Kalathos und die Blume hin, die er des öfteren in der Hand hält. E. Meyer, Reich und Kultur der chetiter, Berlin 1914, S. 118 sah in ihm einen kilikischen vegetationsgott. vgl. auch Erzen, Kilikien S. 36. 618 Amm. 14, 8, 3. Als Gründer von Tarsos galten außerdem Herakles (Dion chrys. 33, 47), Perseus (Amm. 14, 8, 3; nonn. 18, 291) und Triptolemos (Strab. 14, 5, 12 = 673; 16, 2, 5 = 750), vgl. Erzen, Kilikien S. 73 f. 619 cSE 475. Küthmann, Münzen S. 54. 620 Alexander I.: cSE 475; Demetrios II.: naville, Kat. 10, 1358; cSE 485; Antiochos vI.: J. A. Seeger, An Unpublished Drachm of Antiochus vI, nc 1972, S. 305; H. lanz, München, Kat. 74, nov. 1995, 265; Gorny & Mosch, München, Kat. 104, Okt. 2000, 456; Alexander II.: naville, Kat. 10, 1370; cSE 486 f.; F. R. Künker, Osnabrück, Kat. 24, März 1993, 103; Antiochos vII.: J. Hirsch, München, Kat. 21, nov. 1908, 4125 (Slg. Weber); cSE 479; Kleopatra Thea und Antiochos vIII.: J. Hirsch, München, Kat. 21, nov. 1908, 4119; naville, Kat. 10, 1387; Antiochos vIII.: naville, Kat. 10, 1442 ff.; cSE 488–492; SnG Israel I 2572; Oman, Antiochus vIII S. 199 f.; Antiochos IX.: J. Hirsch, München, Kat. 21, nov. 1908, 4133; naville, Kat. 10, 1488 ff.; SnG Israel I 2730; Seleukos vI.: G. le Rider, Monnaies grecques récemment acquises par le cabinet de Paris, Rn 1969, S. 13 mit Taf. 1. 621 O. Höfer, Sandas, in: W. H. Roscher (Hg.), Ausführliches lexikon der griechischen und römischen Mythologie, leipzig 1909−1915, Sp. 323 und A. Barb, Die kaiserzeitlichen Münzen der Stadt Tarsos in Kilikien (masch. Diss. Wien 1924), S. 10 halten den Kalathos für eine Tiara. Das Fabeltier, das auf einigen Stücken mehr wie eine ziege aussieht, scheint gelegentlich geflügelt zu sein: Küthmann, Münzen S. 54. 622 Gut zu erkennen auf den Stücken cSE 479 (Antiochos vII.) und 492 (Antiochos vIII.). Die Doppelaxt ist ein altes Blitzsymbol: P. Jacobsthal, Der Blitz in der orientalischen und griechischen Kunst. Ein formgeschichtlicher versuch, Berlin 1906, S. 10.
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I. Kapitel: Quellen
Sandan identifizierten Herakles handelt,623 sondern sehr wahrscheinlich um reale Architektur in Stein: Auf einem girlandengeschmückten Unterbau befindet sich ein pyramidenförmiger Aufsatz, der oben mit einem Adler bekrönt ist. In dem Dreiecksfeld steht Sandan mit Kalathos und Bewaffnung auf dem Fabeltier; das Ganze ist vermutlich als Reliefbild vorzustellen. In den auf der Bodenlinie des Aufsatzes rechts und links befindlichen Gegenständen sind möglicherweise Dioskurenkappen zu erkennen.624 Über den Gott ist kaum etwas bekannt, selbst beim namen, Sandan, Sandon, Sandas, Sandes, bestehen Unsicherheiten.625 Weitere indigene Gottheiten finden sich auf Münzen von Damaskos. Die königliche Münze der in Koilesyrien gelegenen Handelsstadt626 prägte von der zeit des Demetrios II. bis zum Ende der Regierung des achten Antiochos im Jahr 98/97 immer mit dem offiziellen Reverstyp des thronenden zeus nikephoros.627 Mit Beginn der Herrschaft Demetrios’ III. über Damaskos im Jahr 97/96 erscheint das Kultbild der Atargatis in verschiedenen Gewandungen auf seinen Tetradrachmen.628 Das Kultbild der Atargatis wirkt wie ein archaisches Xoanon; hinter den Schultern ragen 623 Die Gleichsetzung von Sandan und Herakles in Tarsos findet sich bei nonnos 34, 192. von einer Selbstverbrennung des Herakles erzählt Sophokles Trach. 1191 ff. Dazu M. P. nilsson, Der Flammentod des Herakles auf dem Oite, ARW 21, 1921, S. 310 ff. In Tarsos wurde beim Heraklesfest ein Scheiterhaufen (ðýñá) errichtet: Dion chrys. 33, 47. In der älteren literatur z. B. E. Meyer, Reich und Kultur der chetiter, Berlin 1914, S. 118; O. Höfer, Sandas, in: W. H. Roscher (Hg.), Ausführliches lexikon der griechischen und römischen Mythologie, leipzig 1909−1915, Sp. 323 und J. zwicker, Sandon, RE 2. Reihe Band I, Stuttgart 1920, Sp. 2266 f. wurde das Sandan,monument‘ auf den Münzen deshalb als Pyra des Sandan-Herakles gedeutet. Dafür gibt es jedoch keinen Grund: T. S. Scheer, Mythische vorväter. zur Bedeutung griechischer Heroenmythen im Selbstverständnis kleinasiatischer Städte, München 1993, S. 295 ff. 624 Der Unterbau ist möglicherweise rund gewesen: G. Fuchs, Architekturdarstellungen auf römischen Münzen der Republik und der frühen Kaiserzeit (AMuGS 1), Berlin 1969, S. 3 f. Bei den „Dioskurenkappen“ handelt es sich vielleicht auch um konische Steine. vgl. auch K. Ehling, Die Götterwelt von Tarsos, in: Meyer/ziegler (Hg.), Kulturbegegnung S. 140 ff. 625 Dieser Gott wird bei Stephan von Byzanz s. v. IÁäáíá unter dem Namen Sandes als kilikische Gottheit geführt. Die Identifizierung Sandans mit dem Gott auf dem großen Felsrelief von Iwriz am nordhang des Tauros bei Eregli, die E. Meyer, Reich und Kultur der chetiter, Berlin 1914, S. 117 ff. u. ö. vorgenommen hat, scheint mir äußerst fragwürdig. Das Relief, das Erzen, Kilikien S. 106 treffend als assyrisierend charakterisiert, zeigt einen nach rechts stehenden Gott, der Weinrebe und Ährenbündel hält und zu ebener Erde steht, also nicht mit Bewaffnung auf einem Tier. nicht weniger problematisch ist m. E. Meyers Gleichsetzung von Baal Tars auf den Münzen der in Tarsos residierenden Persersatrapen (SnG Switzerland I 71 ff.; SnG Bn 251 ff.) mit Sandan (S. 118). Die Ikonographie der Götter spricht in keiner Weise dafür, im Gegenteil, sie macht vielmehr deutlich, daß es sich auch bei Baal Tars und Sandan um zwei völlig verschiedene Götter handeln muß. Erzen, Kilikien S. 106 f. stimmt Meyer zu, meint aber, um die ikonographischen Unterschiede erklären zu können, Sandan hätte in hellenistischer zeit züge des kilikischen Gottes Tarku angenommen. zu Tarku: Erzen, Kilikien S. 35; 73. Aber wie Tarku aussah, wissen wir nicht. 626 Damaskos lag auf dem bedeutenden Handelsweg zwischen Palmyra und Tyros, vgl. die Karte 4 bei D. Musti, Syria and the East, cAH vII 1, cambridge 1984², S. 176 f. Außerdem Orth, Geographie S. 85; 88. 627 newell, lSM S. 49 ff. nr. 67 ff.; cSE 480 ff. 628 newell, lSM 78 ff. nr. 115 ff.; cSE 858 ff.; SnG Israel I 2825 f.; 2853 f.; 2862; 2865 f.; vgl.
3.) numismatische Quellen
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Getreideähren auf, was auf ihre Funktion als Fruchtbarkeitsgöttin hinweist.629 Auf den Tetradrachmen seines nachfolgers Antiochos XII. wird ihr Bild durch das des Wetter- und Fruchtbarkeitsgottes Hadad abgelöst.630 Im Typus eines phönikischen Baales steht Hadad auf einem zweistufigen Postament zwischen zwei liegenden Stieren;631 er ist bärtig, trägt eine hohe Tiara und hält in der linken ein Szepter, das in Form einer Getreideähre gebildet ist und ihn ebenfalls als Garanten reicher Ernteerträge ausweist. Die entscheidende Frage ist, wie sich das Aufkommen indigener Gottheiten auf seleukidischen Reichsmünzen erklärt. zunächst ist festzuhalten, daß die Münzen von Mallos, Tarsos und Damaskos mit Athena Magarsia, Sandan, Atargatis und Hadad ein bemerkenswertes zeugnis für die Persistenz von einheimischen Kulten aus vorseleukidischer zeit sind. Trotz jahrzehntelangen griechischen Einflusses wurden hier ältere religiöse Grundzüge bewahrt und nicht durch eine alles durchdringende Gräzisierung verdrängt. Andererseits spiegeln diese Münzen aber auch eine veränderte Haltung der Seleukidenkönige in Bezug auf die religiöse Einstellung ihrer Untertanen wider: Wenn die Könige nicht mehr darauf bestanden, ausschließlich griechische Reichsgottheiten wie zeus, Apollon oder Artemis auf ihren Münzen abzubilden, dann kann man die neuen Götterbilder als Bereitschaft zu einer größeren Toleranz gegenüber lokalen religiösen Traditionen deuten. Damit zeigen die Münzen einen bedeutenden qualitativen Wandel von der frühen zur späten Seleukidenzeit an.632 zwar nahmen auch die ersten Seleukidenherrscher Rücksicht auf gewachsene indigene Strukturen,633 aber stärker unter makedonisch-griechischen vorzeichen. vermutlich erklärt sich das Auftauchen der indigenen Gottheiten auf den Königsmünzen dadurch, daß der Anteil der griechischen Bevölkerung in den Städten im laufe des 3./2. Jh. kontinuierlich abgenommen hatte. Wenn der Seleukidenherrscher bzw. seine Funktionäre in Mallos, Tarsos und Damaskos darauf verzichteten, einen griechischen Gott auf die Münzen zu setzen, dann ist darin aber mehr als nur eine wohlwollende Geste an die einflußreicher gewordene einheimische Bevölkerung zu sehen. Diese Münzbilder machen einen tiefgreifenden Umwandlungsprozeß der seleukidischen ‚Reichskultur‘ sichtbar,634 wie wir ihn ähnlich anhand der Münzen der graeco-baktrischen Herr-
629 630 631 632 633 634
auch Fleischer, Artemis S. 263 ff. mit Taf. 111a−113a und die guten Umzeichnungen bei Haider/ Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 190 Abb. 74. Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 189 f. newell, lSM S. 86 ff. nr. 132 ff.; cSE 864; Fleischer, Artemis S. 379 ff. mit Taf. 167 b−168 b; Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 189 mit Abb. 73. vgl. etwa den Baal auf den Münzen von Rhosos: E. levante, The coinage of Rhosus, nc 1985, S. 237 ff. mit Taf. 42; Fleischer, Artemis S. 383 f. Diese tolerante, lokale Traditionen berücksichtigende Religionspolitik begann mit Antiochos Iv. und zielte auf die Integration der syro-phönikischen Bevölkerung ab: Grainger, Phoenicia S. 117, der von “Semitic populations“ spricht. vgl. z. B. das verhalten des Seleukos I. gegenüber dem Priesterstaat von Olba oder das des Antiochos III. gegenüber Jerusalem (siehe oben Kap. I 2, 4). Mit ‚Reichskultur‘ meine ich die von der herrschenden Gesellschaft des Seleukidenreiches getragene makedonisch-griechische Kultur.
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I. Kapitel: Quellen
scher im Fernen Osten beobachten können: Dort wurden schon unter der Regierung des Agathokles und des Pantaleon (beide ca. 190−180) indische Gottheiten auf die Münzen gesetzt und die legenden bilingue, in Griechisch und Brahmi (Prakrit), geschrieben.635 Münzen des Königs Menander (ca. 155−130) bilden mit dem chakra-Rad des Buddha ein religiöses Symbol der untertänigen indigenen Bevölkerung ab.636 Wenngleich die Aufnahme lokaler Traditionen im graeco-baktrischen Osten früher einsetzte und noch intensiver war als im Seleukidenreich, so sind die Prozesse doch strukturell vergleichbar. Das Wesen des Hellenismus macht eben nicht nur die Gräzisierung des Orients aus, sondern umgekehrt auch die Einschmelzung lokaler Kulturelemente, die desto stärker hervortraten, je schwächer der griechische Einfluß war. Die negative Wertung E. Meyers, der Hellenismus sei in Folge der „zersetzung des griechischen Geistes durch die verschmelzung mit den Orientalen“ zusammengebrochen,637 wird man heute wohl kaum mehr teilen, sondern vielmehr diese (freilich regional unterschiedlich verlaufende) verschmelzung selbst als besondere kulturelle leistung anerkennen.638 Definiert man reziproke Akkulturation als einen Übernahme- und Wandlungsprozeß, der aus der Berührung zweier unterschiedlicher Kulturen hervorgeht und für beide Seiten Veränderungen mit sich bringt,639 dann kann man diesen Vorgang 635 vgl. O. Bopearachchi, Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecques. catalogue raisonné, Paris 1991, S. 57 (zur Brahmi-Schrift) und S. 175 Serie 9 mit Taf. 7 f; S. 182 Serie 6 mit Taf. 9. In anderen Regionen wurde auf den Münzen Kharoshthî verwendet: M. Hallade, Indien. Gadhâra − Begegnung zwischen Orient und Okzident, 1975², S. 23. 636 O. Bopearachchi, Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecques. catalogue raisonné, Paris 1991, S. 87 f. und S. 246 Serie 37 mit Taf. 33 g. zu buddhistischen Motiven auf antiken indischen Münzen vgl. S. Goyal, Buddhist Symbols and Buddha Image on Ancient Indian coins, Journal of the numismatic Society of India 49, 1987, S. 109−114. zu Menander ebenda S. 111. − Die indischen Quellen nennen Menander Milinda: Demandt, Staatsformen S. 298 f. Im sog. Milindapañha sind die Streitgespräche des Königs mit dem Weisen Mönch nagasena aufgezeichnet: M. Alram, Die Geschichte der Seidenstraße im Spiegel der Münzen, MÖnG 42, 2002, S. 121. 637 Blüte und niedergang des Hellenismus in Asien. Kunst und Altertum, Alte Kulturen im lichte neuer Forschungen 5, Berlin 1925, S. 1−82, wiederabgedruckt in: F. Altheim/J. Rehork (Hg.), Der Hellenismus in Mittelasien, WdF 91, Darmstadt 1969, S. 57 (nach dieser Ausgabe hier zitiert). zu Meyers Position kritisch R. Bichler, ‚Hellenismus‘. Geschichte und Problematik eines Epochenbegriffs, Darmstadt 1993, S. 137. 638 zur Diskussion von J. G. Droysens Hellenismus-Begriff vgl. R. Bichler, ‚Hellenismus‘. Geschichte und Problematik eines Epochenbegriffs, Darmstadt 1993, S. 55 ff. Droysen faßte Hellenismus als „Mischprodukt“ auf, als „vermischung des abend- und morgenländischen lebens“. 639 Die klassische Definition von Akkulturation stammt von M. J. Herskovits/R. linton/R. Redfield, Memorandum for the Study of Acculturation, American Anthropologist 38, 1936, S. 149−152 bes. 149. Sie besagt, daß man von Akkulturation spricht, wenn Gruppen verschiedener Kulturen in einen direkten und anhaltenden Kontakt zueinander treten und dabei auf einer oder beiden Seiten veränderungen der ursprünglichen Kulturmuster erfolgen. zum hier verwendeten Begriff der reziproken Akkulturation vgl. insbesondere H. Esser, Akkulturation, in: B. Schäfers (Hg.), Grundbegriffe der Soziologie, Opladen 2000, S. 1 und H. Heinen, Ein griechischer Funktionär des Ptolemäerstaates als Priester ägyptischer Kulte, in: Funck, Hellenismus S. 339. Eine umfassende Diskussion bieten jetzt U. Gotter, „Akkulturation“ als Methodenproblem der historischen Wissenschaft, in: W. Eßbach (Hg.), wir/ihr/sie. Identität und Alterität in Theorie und Methode,
3.) numismatische Quellen
109
exemplarisch an der Münzprägung von Damaskos nachvollziehen: Während die Reichsmünzen unter Demetrios III. bzw. Antiochos XII., wie erwähnt, die indigenen Gottheiten Atargatis und Hadad abbilden, tragen die gleichzeitig ausgebrachten städtischen Münzen nicht heimische, sondern griechische Bilder: Apollon, die Tyche von Damaskos im Typus der Tyche von Antiocheia, nike und eine männliche Gottheit, in der vielleicht zeus zu sehen ist.0 Wie in einem Brennglas fokussieren sich in diesen Münzbildern aus den 90/80er Jahren des 1. Jhs.641 einerseits der Einfluß und die Aufnahme älterer religiöser Schichten in die griechisch geprägte ‚Reichskultur‘ der Seleukiden und andererseits die nachhaltige Gräzisierung der syro-phönikischen Stadtbevölkerung durch eben diese von der herrschenden Gesellschaft getragenen Kultur.642
Würzburg 2000, S. 373−406 bes. 385 und H. Blum, Überlegungen zum Thema „Akkulturation“ in: H. Blum/B. Faist/P. Pfälzner/A.-M. Wittke (Hg.), Brückenland Anatolien? Ursachen, Extensität und Modi des Kulturaustausches zwischen Anatolien und seinen nachbarn, Tübingen 2002, S. 1−19. 0 Babelon, Rois S. 208 nr. 1578. vielleicht ist dieser zeus sogar die interpretatio Graeca des heimischen Hadad. 641 zur Datierung vgl. auch nollé, Seleukeia S. 90 f. 642 zum Hintergrund vgl. besonders F. Millar, The Problem of Hellenistic Syria, in: A. Kuhrt/S. Sherwin-White, Hellenism in the East. The interaction of Greek and non-Greek civilizations from Syria to central Asia after Alexander, london 1987, S. 110−133.
II. KAPITEl: SElEUKIDIScHE GEScHIcHTE vOn 164 BIS 63 v. cHR.
1.) TOD DES AnTIOcHOS Iv. (164) UnD vORMUnDScHAFTSREGIERUnG DES lYSIAS (164−162) Ende des Jahres 164 lag der seleukidische König Antiochos Iv. in der Stadt Gabai im Sterben.1 nach dem Bericht des I. Makkabäerbuches 6, 14−152 ließ er seinen engen vertrauten (ößëïò) Philippos3 ans Sterbebett rufen, „setzte ihn über sein ganzes Königreich“ und forderte ihn unter Aushändigung der königlichen Insignien (Diadem: äéÜäçìá, Mantel: óôïëÞ und Siegelring: äáêôýëéïò) auf, seinem Sohn 1
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Das Datum november/Dezember 164 ergibt sich aus der babylonischen Königsliste BM 35603 rev. 15: A. J. Sachs/D. J. Wiseman, A Babylonian King list of the Hellenistic period, Iraq 16, 1954, S. 202 ff. bes. 209 mit Taf. lIII; A. Aymard, Du nouveau sur la chronologie des Séleucides, REA 57, 1955, S. 102−112 bes. 109 ff.; R. A. Parker/ W. H. Dubberstein, Babylonian chronology 626 B. c. − A. D. 75, Providence 1956, S. 23; Mehl, Seleukos S. 143 f. zuletzt E. Grzybek, zu einer babylonischen Königsliste aus der hellenistischen zeit (Keilschrifttafel BM 35603), Historia 41, 1992, S. 190−204 und Del Monte, Testi S. 82. Der Ortsname ist als Tabai und Gabai überliefert. Ein Tabai in der Persis wird von Pol. 31, 9, 3 genannt; zur geographischen lage vgl. Mørkholm, Antiochus S. 170 f. und le Rider, Suse S. 323 mit Hinweis auf curt. Ruf. 5, 13, 2: an der Straße nach Persepolis östlich von Susa, vgl. auch Karte 1 S. 256. Der richtige Sterbeort ist aber vermutlich Gabai: P. F. Mittag (Köln) mündliche Mitteilung. zum Tode des vierten Antiochos immer noch wichtig ist M. Holleaux, Études d’histoire hellénistique: III. la mort d’Antiochos Iv Épiphanès, REA 18, 1916, S. 76−102. zum Thema vgl. insbesondere Mørkholm, Antiochus S. 170 ff. und zuletzt G. W. lorein, Some Aspects of the life and Death of Antiochus Iv Epiphanes. A new Presentation of Old viewpoints, AncSoc 31, 2001, S. 157−171. Antiochos Iv. starb entweder an den Folgen eines Sturzes (II. Makk. 9, 7) oder an einer schweren Krankheit. App. Syr. 66, 352 schreibt, er sei öèßíùí dôåëåýôçóå „an Auszehrung gestorben“, danach A. v. Gutschmid, Geschichte Irans und seiner nachbarländer von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Arsaciden, Tübingen 1888, S. 42 und niese, Geschichte III S. 218. Kiechle, Konsolidierung S. 170 hält dies für ein „lungenleiden“ und lorein für Tuberkulose. Der in II. Makk. 9, 5 ff. geschilderte Krankheitsverlauf des ‚Judenfeindes‘ Antiochos Iv., der an einen Krebstod erinnert, diente dem verfasser der Apostelgeschichte als vorlage für den Tod des Agrippa I. (Apg. 12, 23) und dem lateinischen Kirchenvater lactanz als literarisches vorbild für seine Schilderung des Todes des christenverfolgers Galerius: MP 33. zur göttlichen Heimsuchung von Tyrannen und Gottesverächtern wie Agathokles, Sulla und Herodes I.: niese, Makkabäerbücher S. 303. Und davon abhängig Ios. ant. Iud. 12, 360 f. zu Philippos vgl. Treves, Philippos (66) Sp. 2551 f.; Bunge, Daphne S. 58 ff.; Savalli-lestrade, Philoi S. 61 und Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 102.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
die Herrschaft zu sichern. Ob diese Überlieferung historisch richtig ist, oder ob Philippos seinen Anspruch auf das Amt des ‚Reichskanzlers‘ nach dem Tode Antiochos’ Iv. lediglich fingierte, läßt sich nicht mit letzter Sicherheit entscheiden. Es spricht aber die größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß er unrechtmäßig das ‚Kanzleramt‘ und damit die Vormundschaft über den damals neunjährigen8 Sohn des Antiochos Iv., Antiochos (v.), zu usurpieren versuchte. Denn der König hatte vor seinem Aufbruch nach den Oberen Satrapien im Frühjahr 165 den aus königlichem Geschlecht stammenden lysias zum ‚Reichskanzler‘ (¿ dðr ô§í ðñáãìÜôùí) und vormund (dðßôñïðïò) seines Sohnes bestellt.9 Ein zweiter ‚Kanzler‘ bedeutete eine gefährliche Konkurrenzsituation, die unweigerlich in eine militärische Auseinandersetzung führen mußte. Um seinem Sohn die nachfolge zu sichern, wäre die Bestellung des Philippos ein denkbar ungeeignetes Mittel gewesen, darüber war sich Antiochos Iv. bestimmt im Klaren.10 Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Philippos ohne vorherige Ernennung durch Antiochos Iv. die vormundschaftsregierung über Antiochos (v.) beansprucht und wurde darin offenbar von Teilen der Ostarmee unterstützt. Die nachricht vom Tode des vierten Antiochos dürfte nach spätestens sechs Wochen Syrien erreicht haben. lysias gab sie der Öffentlichkeit bekannt und ernannte mit zustimmung der Bevölkerung den jungen Antiochos zum König mit dem
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I. Makk. 6, 14−15: êár dêÜëåóå Ößëéððïí fíá ô§í ößëùí ášôï™ êár êáôÝóôçóåí ášô’í dðr ðÜóçò ôyò âáóéëåßáò ášôï™. êár häùêåí ášô² ô’ äéÜäçìá êár ôxí óôïëxí ášôï™ êár ô’í äáêôýëéïí ôï™ Pãáãåsí EÁíôßï÷ïí ô’í õj’í ášôï™ êár dêèñÝøáé ášô’í ôï™ âáóéëåýåéí. Es gab wohl außerdem einen Brief, in dem er seinen Sohn zum nachfolger bestimmte: II. Makk. 9, 25. 5 Skeptisch schon niese, Geschichte III S. 218 Anm. 6. 6 Dies ist sicherlich mit dem unpräzisen Ausdruck I. Makk. 6, 14: êáôÝóôçóåí ášô’í dðr ðÜóçò ôyò âáóéëåßáò ášôï™ gemeint; Ios. ant. Iud. 12, 360 spricht von dðßôñïðïò ôyò âáóéëåßáò. 7 Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 255. 8 App. Syr. 46, 236; 66, 352. Bevan, House II S. 181; Brodersen, Abriß S. 66. Anders Euseb. chron. I 253 = FGrHist 260 F 32, 13: zwölf Jahre. Die Münzporträts stellen ihn mit Absicht älter dar: Ehling, nachfolgeregelung S. 36. zur Bildnisangleichung an seinen vater: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 55. 9 I. Makk. 3, 32; II. Makk. 13, 2; Ios. ant. Iud. 12, 295. zu lysias vgl. Savalli-lestrade, Philoi S. 57 f.; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 101 f. 10 Daß es daran zweifel geben könnte, erklärt sich wohl aus der als widersprüchlich und inkonsequent empfundenen Persönlichkeit des Königs, wie sie im verlorengegangenen 26. Buch des Polybios geschildert wurde: 26, 1−14 (bei Athen. 10, 439 a). nach Polybios ist der Bericht bei livius 41, 20, 1−13 abgefaßt. vgl. auch die Schilderung des verhaltens des Königs bei den Festspielen von Daphne (166): Pol. 30, 26, 4−8. Danach Bouché-leclercq, Histoire I S. 278 f., der Antiochos Iv. mit nero und caligula vergleicht. Ausgewogene Diskussion und Urteilsbildung bei Bringmann, Reform S. 136 f. Daß Antiochos Iv. aber in äußerst schwierigen Situationen pragmatisch dachte und handelte, zeigt nichts deutlicher als sein kluges verhalten am ‚Tag von Eleusis‘ (liv. 45, 12, 1−8) oder beim Empfang der Gesandtschaft des Tiberius Gracchus kurz nach Daphne: Pol. 30, 27, 1−4.
1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164–162)
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Beinamen Eupator;11 er selbst wurde in seinem Amt als ‚Reichskanzler‘ bestätigt.12 Protarchos wurde zum Strategen von Koilesyrien und Phönikien befördert,13 den Oberbefehl über die Westarmee hatte lysias inne (Ios. ant. Iud. 12, 367). von der Absicht des Philippos, die vormundschaftsregierung zu übernehmen, kann in Syrien nichts bekannt gewesen sein. Denn statt diesem militärisch entgegenzutreten, zogen lysias und Antiochos v. Anfang des Jahres 16314 an der Spitze eines bedeutenden Heeres von Antiocheia nach Idumaea bzw. Jerusalem (Ios. ant. Iud. 12, 367 ff.). Diesem Feldzug war eine weitere Initiative des ‚Reichskanzlers‘ lysias vorausgegangen, den Konflikt mit den seit drei Jahren im Aufstand befindlichen Juden auf dem verhandlungswege beizulegen. Aus dieser zeit15 stammt das in II. Makk. 11, 22−26 überlieferte Antwortschreiben des Antiochos v., in dem das Ende der Religionsverfolgung angekündigt wird. In der Übersetzung von chr. Habicht lautet der Text:16
„König Antiochos grüßt seinen Bruder lysias (22). nachdem unser vater sich zu den Göttern begeben hat, haben wir, in dem Wunsch, daß die Menschen im Königreich sich ohne Beunruhigung ihren eigenen Angelegenheiten widmen können (23), sowie auf die Kunde hin, daß die Juden der von unserem vater verfügten Umstellung auf die griechische lebensweise nicht zustimmen, sondern ihre eigenen lebensformen vorziehen und verlangen, daß ihnen das Herkömmliche zugestanden werde (24), endlich von dem vorsatz bestimmt, daß auch diese nation ohne Beunruhigung sein soll, verfügt, daß ihnen das Heiligtum wiederhergestellt werde und daß
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I. Makk. 6, 17; Ios. ant. Iud. 12, 361; App. Syr. 46, 236. Brodersen, Abriß S. 67. − Anders Mørkholm, Antiochus S. 166, der davon ausgeht, daß Antiochos v. im Frühjahr 165, als Antiochos Iv. in die Oberen Satrapien aufbrach, zum Mitregenten ernannt wurde. Ebenso Fischer, Makkabäer S. 60 f. und A. Houghton/G. le Rider, le deuxième fils d’Antiochos Iv à Ptolémaïs, SnR 64, 1985, S. 73 ff. bes. 81 ff. mit Taf. 12 und 13, die sich dabei auf Münzen stützen (z. B. cSE 772; SnG Israel I 1252 f.), die in Ptolemaïs geprägt wurden und auf vorder- und Rückseite ein Monogramm aus den Buchstaben Ëv tragen, das die Autoren, zu lysias auflösen. Man beachte aber, daß auf den später in Seleukeia in Pierien geprägten Hochzeitsmünzen des Alexander I. und der Kleopatra Thea das gleiche Monogramm vorkommt: cSE 407; Fleischer, Herrscherbildnisse Taf. 43 g und h, d. h., das Kürzel Ëv muß also keineswegs für den ‚Reichskanzler‘ lysias stehen. So möchte ich II. Makk. 10, 11 verstehen: Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 101. vgl. auch niese, Makkabäerbücher S. 295; Bengtson, Strategie II S. 165 und zuletzt Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 251. Anders Fischer, Makkabäer S. 83 Anm. 202 und S. 204, der meint, daß lysias vor seiner Ernennung bzw. Bestätigung als ‚Reichskanzler‘ durch Antiochos v. Stratege von Koilesyrien und Phönikien bzw. ‚Generalstatthalter des Westens‘ gewesen sei. Ich möchte allerdings bezweifeln, daß es nach dem Wegfall der kleinasiatischen Besitzungen nach dem Friedensschluß von Apameia das Amt des ‚Generalstatthalters des Westens‘ überhaupt noch gab. Bengtson, Strategie II S. 165; Grainger, Prosopography S. 114. Etwa im Januar/Februar 163. Die Datierung ist durch kein Quellenzeugnis abgesichert. Man muß aber in Rechnung stellen, daß Philippos nicht allzuviel zeit verlieren durfte, wollte er die Herrschaft über Syrien gewinnen. Sein Erfolg hing im wesentlichen auch davon ab, wie schnell er Antiocheia erreichte. Er wird also zügig nach Westen gezogen sein. vgl. die andere historische Einordnung und Datierung des Briefes durch Mölleken, Geschichtsklitterung S. 219; 222. Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 257 f. vgl. außerdem niese, Makkabäerbücher S. 476 ff., Bikkermann, Makkabäer S. 181 und Bringmann, Reform S. 40 ff.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr. sie ihr leben gemäß den zur zeit ihrer vorväter bestehenden Sitten gestalten (25). Du wirst mithin gut daran tun, wenn Du zu ihnen schickst und ihnen Garantien gibst, damit sie in Kenntnis unserer Einstellung wohlgemut sind und sich gern zur Handhabung ihrer eigenen Angelegenheiten wenden (26)“.17
Das Schreiben ist, wie aus der Eingangsformulierung hervorgeht, nach dem Tode des Antiochos Iv. verfaßt.18 Wenn es in 11, 25 heißt, daß den Juden der Jahwetempel wiederhergestellt werden solle, so wird damit nur etwas zugestanden, was längst Realität war. Denn bereits im Dezember 165 hatten sie unter ihrem Anführer Judas Makkabaios Jerusalem (bis auf die Akra) erobert, den Tempel entsühnt und den Opferkult nach jüdischem Ritus im neugeweihten Heiligtum wieder aufgenommen.19 Interessant ist der Ausdruck in II. Makk. 11, 24 „Umstellung auf die griechische lebensweise“ (dðr ôN FÅëëçíéêN ìåôáèÝóåé).20 Unter dieses Schlagwort hatte die seleukidische Regierung in Antiocheia das gegen die Juden verhängte Religionsverbot und ihre repressive Politik der Jahre 168−163 gestellt. Das von lysias Anfang 163 angeführte Heer bestand zum Großteil aus Söldnern, die von den ägäischen Inseln und Kreta angeworben waren.21 Angeblich zogen 50.000 Fußsoldaten, 5.000 Reiter, 300 Sichelwagen und 22 Kriegselephanten gegen die in Idumaea kämpfenden Juden zu Felde. Die zahlen sind sicher weit übertrieben, nur die der Elephanten dürfte richtig sein.22 Die Stadt Bet-zur wurde zerniert und schwere Belagerungsmaschinen herangefahren (I. Makk. 6, 31). Um Entsatz zu bringen, entschloß sich Judas, die Belagerung der Jerusalemer Akra aufzuheben, zog nach Süden und setzte sich bei Bet-Sacharja gegenüber dem königlichen lager fest (Ios. ant. Iud. 12, 369). Daraufhin ließ lysias Truppen an der Straße nach BetSacharja aufmarschieren.23 17 Âáóéëå˜ò EÁíôßï÷ïò ô² Päåëö² Ëõóßu ÷áßñåéí (22). ôï™ ðáôñ’ò ½ì§í åkò èåï˜ò ìåôáóôÜíôïò âïõëüìåíïé ôï˜ò dê ôyò âáóéëåßáò PôáñÜ÷ïõò –íôáò ãåíÝóèáé ðñ’ò ôxí ô§í käßùí dðéìÝëåéáí (23) Pêçêïüôåò ôï˜ò EÉïõäáßïõò ìx óõíåõäïêï™íôáò ô† ôï™ ðáôñ’ò dðr ôN FÅëëçíéêN ìåôáèÝóåé, PëëN ôxí eáõô§í Pãùãxí ájñåôßæïíôáò Pîéï™í óõã÷ùñçèyíáé ášôïsò ôN íüìéìá (24) ájñïýìåíïé ï¤í êár ôï™ôï ô’ hèíïò dêô’ò ôáñá÷yò åqíáé êñßíïìåí ôü ôå jåñ’í ášôïsò Pðïêáôáóôáèyíáé êár ðïëéôåýåóèáé êáôN ôN dðr ô§í ðñïãüíùí ášô§í hèç (25). å¤ ï¤í ðïéÞóåéò äéáðåìøÜìåíïò ðñ’ò ášôï˜ò êár äï˜ò äåîéÜò, ”ðùò åkäüôåò ôxí ½ìåôÝñáí ðñïáßñåóéí å¡èõìïß ôå ¯óé êár ½äÝùò äéáãßíùíôáé ðñ’ò ôxí ô§í käßùí Píôßëçìøéí (26). 18 vgl. auch den Kultkalender von Teos: A. Mastrocinque, Seleucidi divinizzati a Teo, EA 3, 1984, S. 83−86. 19 I. Makk. 4, 36−61; Ios. ant. Iud. 12, 316−322. Bringmann, Reform S. 40. 20 vgl. auch II. Makk. 6, 9: ìåôáâáßíåéí dðr ôN FÅëëçíéêÜ. Bringmann, Reform S. 14. 21 I. Makk. 6, 29. Schürer, Geschichte S. 213 ff. zum Feldzug Bar-Kochva, Army S. 174 ff. mit Datierung ins Jahr 162. zu Kretern in seleukidischen Diensten vgl. M. launey, Recherches sur les armées hellénistiques, Paris 1949, Band I, S. 248−286. 22 Die zahlen sind unterschiedlich überliefert: I. Makk. 6, 30; II. Makk. 13, 2; Ios. ant. Iud. 12, 366 und Ios. bell. Iud. 1, 5, 41. Ich habe jeweils die niedrigste Angabe gewählt. niese, Makkabäerbücher S. 300 meint, die biblischen zahlenangaben seien mindestens um das zehnfache vergrößert. Diskussion der zahlen bei Bar-Kochva, Army S. 177. Daß Sichelwagen bei diesem Feldzug mitgeführt wurden, hält Bar-Kochva, Army S. 84 für unwahrscheinlich, da das gebirgige Gelände den Einsatz dieser Fahrzeuge kaum erlaubte. 23 zur Ortschaft: Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 325 zu 32 a).
1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164–162)
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Welchen tiefen Eindruck die seleukidischen Kriegselephanten bei den Juden hinterlassen haben, spürt man noch deutlich beim Autor des I. Makkabäerbuches (6, 30−46): Er weiß zu berichten, daß die Tiere mit Wein und Maulbeersaft angriffslustig gestimmt wurden; auf ihrem Rücken trugen sie den mit einem Gurt befestigten hölzernen Turm, in dem vier Krieger standen (6, 37), die mit Pfeil und Bogen bzw. Sarissen von oben herab kämpften.24 Im nacken des Tieres saß der aus Indien stammende lenker (6, 37). I. Makk. 6, 43−46 erzählt die Heldentat des Eleasar Awaran:25 Da er glaubte, der Seleukidenkönig säße auf dem größten und prächtigsten Elephanten, warf er sich unter diesen, um ihn von unten zu durchbohren, und wurde dabei von dem zusammenbrechenden Koloß selbst zu Tode gedrückt.26 Trotz ihres opfervollen Mutes wurden die Juden besiegt. Judas und seine Soldaten mußten sich in die Berge von Gophna nördlich von Jerusalem zurückziehen.27 lysias ließ die Belagerung von Bet-zur fortführen; einen Teil des Heeres setzte er Richtung Jerusalem in Marsch (Ios. ant. Iud. 12, 375). Die Annahme, lysias selbst habe diese Truppen nach Jerusalem geführt, während Antiochos v. die Belagerung Bet-zurs leitete,28 ist abwegig, weil es von lysias mehr als unklug gewesen wäre, sich von seinem jungen König zu trennen. Da die Juden gerade das alle sieben Jahre wiederkehrende Sabbatjahr feierten29 und weder im Herbst gesät noch im Frühsommer geerntet hatten,30 gingen die lebensmittel zur neige. So waren die verteidiger von Bet-zur zu verhandlungen gezwungen. Gegen die eidliche zusage des ‚Kanzlers‘ und Oberbefehlshabers des Heeres, lysias, das leben der Bevölkerung zu schonen, zogen die seleukidischen Truppen in die Stadt ein. Die Mauern wurden geschleift und eine Besatzung (öñïõñÜ) in die Stadt gelegt (I. Makk. 6, 49 f.; Ios. ant. Iud. 12, 376 f.). Dann zogen lysias und Antiochos v. nach Jerusalem ab, wo die Armee begonnen hatte, die Juden mit schwerem Gerät auf dem Tempelberg zu belagern.31 24 Ehling, Elephant Sp. 265. vgl. die Abbildungen der Kriegselephanten bei Rostovtzeff, History I S. 432 Taf. lII 2 und lIII 1; 2. 25 Eleasar war ein Bruder des Judas: Ios. ant. Iud. 12, 373; Ios. bell. Iud. 1, 5, 42. In der namensschreibung folge ich Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 303. Der Beiname bedeutet „der Blasse“. 26 Ios. ant. Iud. 12, 373 f.; Ios. bell. Iud. 1, 5, 42 ff. Ehling, Elephant Sp. 265. 27 Ios. bell. Iud. 1, 5, 45. Danach Mölleken, Geschichtsklitterung S. 219. Anders Ios. ant. Iud. 12, 375. Jason von Kyrene schreibt, daß lysias den Judas in Jerusalem empfing: II. Makk. 13, 24. Ob sich Judas bereits in der Stadt befand, oder ob er aus den Bergen nach Jerusalem kam, geht daraus jedoch nicht hervor. 28 So Mölleken, Geschichtsklitterung S. 219 ff.; 222. 29 I. Makk. 6, 49; 53; Ios. ant. Iud. 12, 378. Das Sabbatjahr begann im Herbst: Schürer, Geschichte S. 214 Anm. 13. 30 In Syrien wurde im november/Dezember das Getreide ausgesät und im Mai/Juni geerntet: Downey, Antioch S. 21; 365 mit Anm. 222. 31 I. Makk. 6, 51: êár ðáñåíÝâáëåí dðr ô’ Qãßáóìá ½ìÝñáò ðïëëNò êár hóôçóåí dêås âåëïóôÜóåéò êár ìç÷áíNò êár ðõñïâüëá êár ëéèïâüëá êár óêïñðßäéá åkò ô’ âÜëëåóèáé âÝëç êár óöåíäüíáò. Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 326 übersetzt: „Gegen das Heiligtum aber lagerte er sich viele Tage; er stellte dort Schießtürme, Belagerungsmaschinen, Flammenwerfer, Steinwerfer, Skorpionen − zum Abschießen von Pfeilen − und Schleudern auf.“ Bei Bar-Kochva, Army vermißt man weitere Ausführungen zum Einsatz von Belagerungsgeräten im Seleukidenheer.
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Angesichts dieser massiven Technik war es nur eine Frage der zeit, wann die Juden auf dem Tempelberg aufgeben mußten, zumal auch hier die lebensmittel ausgingen (I. Makk. 6, 53; Ios. ant. Iud. 12, 377 f.). In dieser Situation traf unerwartet die nachricht ein, daß der mit dem leichnam Antiochos’ Iv. aus dem Osten zurückgekehrte Philippos sich in Antiocheia zum vormund Antiochos’ v. und ‚Kanzler‘ des Reiches hatte ausrufen lassen.32 verständlicherweise war lysias jetzt an einer raschen verhandlungslösung interessiert, um möglichst schnell gegen seinen Kontrahenten ins Feld ziehen zu können. Ohne die Soldaten von dem Umschwung in der syrischen Hauptstadt zu informieren, verstand er es, Offiziercorps und Mannschaft davon zu überzeugen, daß eine Fortsetzung der Belagerung nur zeitraubend und uneffektiv sein würde (Ios. ant. Iud. 12, 380 f.). Der König bot den Belagerten Frieden an und versprach, daß sie von nun an nach den Gesetzen ihrer väter leben dürften.33 Bereitwillig gingen die Juden auf das Friedensangebot ein (I. Makk. 6, 60; Ios. ant. Iud. 12, 382). Eine ihrer Hauptforderungen muß die nach der Absetzung des kompromittierten Hohenpriesters Menelaos gewesen sein. Wie W. Mölleken ausführlich und überzeugend dargelegt hat,34 wurde Alkimos, der mit hebräischem namen Iakim bzw. Iakeimos hieß (Ios. ant. Iud. 12, 385), nicht erst unter Demetrios I.,35 sondern bereits im Herbst 163 auf vorschlag des lysias für dieses Amt als nachfolger des Menelaos bestimmt. Unter Eid wurde den Juden im Falle der Übergabe von Stadt und Tempel Straffreiheit zugesagt (Ios. ant. Iud. 12, 382). Angesichts von lebensmittelknappheit und guten Friedensbedingungen wurden die Tore geöffnet und König und Heer zogen, wohl im Frühjahr 163, in Jerusalem ein. Die Tempelbefestigung, d. h. die von Judas im Jahr 165/64 errichteten Türme und Mauern (I. Makk. 4, 60), wurde geschleift (I. Makk. 6, 62), angeblich gegen den Eid des Königs (Ios. ant. Iud. 12, 383); Antiochos v. opferte vor dem Tempel36 und zeigte damit – wie später Antiochos vII. während der Belagerung Jerusalems im Jahr 135/34 (siehe unten Kap. II 8) – seine å¡íïéá. nach II. Makk. 13, 24 läßt sich vermuten, daß lysias und Antiochos v. den militärischen Führer der Widerstandsbewegung, Judas Makkabaios, in Jerusalem empfingen.37 Hegemonides,38 der zum óôñáôçãüò über das Gebiet von Ptolemaïs bis zu den Gerrenern (Stadt der Bewohner von Gerar,
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vgl. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 102. Ios. ant. Iud. 12, 382. Schürer, Geschichte S. 214. Geschichtsklitterung S. 205 ff.; Fischer, Makkabäer S. 212. So der Bericht in I. Makk. 7, 5. Danach etwa niese, Makkabäerbücher S. 77 und Willrich, Demetrios (40) Sp. 2796. Richtig bereits Meyer, Ursprung II S. 234 Anm. 1. 36 II. Makk. 13, 23. vor ihm hatte bereits der ‚Reichskanzler‘ des Seleukos Iv., Heliodoros, beim Tempel geopfert: II. Makk. 3, 35. 37 Fischer, verwaltung S. 36. 38 Daß der name nicht korrupt ist, wie niese, Geschichte III S. 242 Anm. 7 und Bengtson, Strategie II S. 177 Anm. 2 vorsichtig vermuten, beweisen jetzt die epigraphischen zeugnisse. Hegemonides war der Sohn des zephyros aus Dyme in Achaia und ist uns aus zwei Inschriften bekannt: OGIS I 252 = SEG 14, 1957, 368 = BcH 78, 1954, S. 395 nr. 7 und SEG 14, 1957, 369 = BcH 78, 1954, S. 396 nr. 8. vgl. chr. Habicht, Der Stratege Hegemonides, Historia 7, 1958, S. 376−378.
1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164–162)
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südlich von Gaza), d. h. bis zur ägyptischen Grenze ernannt wurde,39 war vermutlich judenfreundlich eingestellt.0 Im Frühjahr 163 war nach über vier Jahren das Religionsverbot endgültig und offiziell aufgehoben,41 doch ruhte der Friedensschluß insgesamt auf keiner stabilen Grundlage. Beide Seiten waren aus unterschiedlichen Gründen unter dem Druck der verhältnisse gezwungen gewesen, zu einer schnellen Kompromißlösung zu finden. zwar durften die orthodoxen Juden ihre Religion nun wieder frei und ungehindert ausüben, und damit war die Übernahme des Tempels vom Dezember 165 legalisiert, aber in der Akra von Jerusalem lag weiterhin eine Militärbesatzung, die jederzeit ‚polizeilich‘ eingreifen konnte.42 Insofern war der ursprüngliche zustand, wie er vor Sommer 168 bestanden hatte, nicht wiederhergestellt worden. Durch die militärische Kontrolle des landes, wie sie mittels der seleukidischen Stützpunkte etwa in Bet-zur und auf dem Garizim in Samaria43 ausgeübt wurde, bestand im Grunde genommen die Situation von Herbst 168 weiter, wenn auch die zuständigen Organe wohl Anweisung bekommen haben dürften, die Juden besser zu behandeln. Darüber hinaus war der neue Hohepriester Alkimos zwar aus dem Stamme Aaron, aber nicht aus dem hohenpriesterlichen Geschlecht der Oniaden; da er zudem ein treuer Parteigänger des Hofes von Antiocheia war, barg diese Konstellation im Kern bereits den Stoff für neue Konflikte, die schon sehr bald aufbrechen sollten. nach Abschluß des Friedens zog das Seleukidenheer ab. Den abgesetzten Hohenpriester Menelaos führte es mit sich fort. lysias riet dem König, Menelaos beseitigen zu lassen, wenn er Ruhe vor den Juden haben wolle. „Denn von ihm komme alles Unheil her“, heißt es bei Josephus, „weil er den vater des Königs (also Antiochos Iv., Anm. d. verf.) veranlaßt habe, die Juden zum Abfall von der Gottesverehrung ihrer väter zu zwingen“. Antiochos v. befahl, Menelaos nach dem syrischen Berrhoia zu bringen. Dort fand er den Tod des Tempelräubers und wurde von einem 39 Damit wurde an Stelle der ehemaligen Strategie Koilesyrien und Phönikien eine kleinere verwaltungseinheit geschaffen: Bengtson, Strategie II S. 176 ff. 0 II. Makk. 13, 24 suggeriert geradezu, Judas habe Einfluß auf die Bestellung des Hegemonides nehmen können. Dieser Eindruck entsteht durch die asyndetische Satzkonstruktion, vgl. dazu Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 269 zu vers 18. Bevan, House II S. 184 Anm. 3 nahm irrtümlich an, daß das çãåìïíéäíç (sic) im Text korrupt sei und meinte, dies sei nicht der name eines Strategen, sondern Judas selbst sei zum königlichen óôñáôçãüò ernannt worden. Diesen Irrtum korrigieren niese, Geschichte III S. 242 Anm. 7; Kahrstedt, Territorien S. 58 und Bengtson, Strategie II S. 177 Anm. 2. 41 Der Religionsfriede ist von keinem der folgenden Könige angetastet worden: Schürer, Geschichte S. 214. 42 Einen guten Überblick zur verwaltung Judäas bietet Fischer, verwaltung S. 33 ff. 43 Dieser Stützpunkt war im Herbst 168 von Antiochos Iv. eingerichtet worden. Als epistates kommandierte dort Andronikos: II. Makk. 5, 23; sicherlich bestand der Stützpunkt auch nach dem Friedensschluß von 163 fort. I. Makk. 7, 14. Ios. ant. Iud. 12, 387. Fischer, Makkabäer S. 84; 212. Siehe unten Kap. II 3. Ant. Iud. 12, 385 (Übersetzung H. clementz). vgl. auch II. Makk. 1, 4−6 und dazu Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 267.
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50 Ellen hohen Turm in die glühende Asche eines Altars gestürzt (II. Makk. 13, 4−6; Ios. ant. Iud. 12, 385). Einhellig sehen die antiken jüdischen Autoren (II. Makk. 13, 7; Ios. ant. Iud. 12, 385) in Menelaos den großen Übeltäter, der sein volk zum Abfall von der Religion ihrer väter verführt hat. E. Bickermann hat ein anderes Bild dieses umstrittenen Hohenpriesters entworfen: Er sieht in der Religionspraxis des Menelaos und seiner Glaubensbrüder das Bemühen, den ursprünglichen Glauben der Juden in Toleranz mit den Heiden zu leben. Die Religionsverfolgung erscheint Bickermann nur der Versuch zu sein, diese Toleranz den noch „verblendeten“ Glaubensgenossen aufzwingen zu wollen.8 Auf seinem Weg an der phönikischen Küste Richtung Syrien passierte Antiochos v. auch die Stadt Ptolemaïs. Hier wurde Protest gegen die Friedensvereinbarungen mit den Juden laut und sogar die Forderung erhoben, diese wieder aufzukündigen (II. Makk. 13, 25). Die phönikischen Großstädte Tyros, Sidon und Ptolemaïs waren judenfeindlich eingestellt und hatten die aufständischen Juden von Beginn der Erhebung an bekämpft. vermutlich war die jüdische Bevölkerung von Ptolemaïs als ðïëßôåõìá organisiert gewesen49 und hatte diesen privilegierten Status nach dem Religionsverbot durch Antiochos Iv. im Dezember 168 verloren, was nun wieder rückgängig zu machen war und deshalb den Unmut der phönikischen Bevölkerung erregte.0 nur mit der Autorität seiner ganzen Person gelang es lysias in einer persönlichen Ansprache, den Friedensschluß zu rechtfertigen und die erhitzten Gemüter zu beruhigen. In diese zeit könnte auch die ‚Gründung‘ der Stadt der Eupatreis, Eupatreia (?), fallen, die ihren namen wahrscheinlich nach dem Epitheton des Königs, Eupator, erhielt und vermutlich in nordphönikien lag.51 Die Benennung von Städten nach königlichen Beinamen war auch außerhalb des Seleukidenreiches üblich.52 zuletzt 8 Makkabäer S. 133. 49 So vermutet Downey, Antioch S. 107, daß die Juden Antiocheias in einem ðïëßôåõìá organisiert waren: „Under Seleucus I Jews who were presumably retired mercenaries settled at Antioch. Probably they were granted individually isopolity, that is, the right to be enrolled as citizens, provided, of course, that they apostatized and worshiped the city gods. Whether they were also given special privileges at this time, as Josephus claims, seems very doubtful. Probably those Jews who preferred to retain their faith (and these must have been the majority) were organized in a politeuma which made them a quasi-autonomous unit within the Greek community, enjoying certain rights, such as being judged by their own judges according to their own law“. vgl. außerdem ebenda S. 115 und Baltrusch, Juden S. 51 sowie G. Thür, Politeuma, DnP 10, Stuttgart/Weimar 2001, Sp. 27. Speziell zu den verhältnissen in Ägypten vgl. S. Honigman, Politeuma and Ethnicity in Ptolemaic and Roman Egypt, AncSoc 33, 2003, S. 61−102. 0 zum Prozeß der Hellenisierung und zum Hellenisierungsgrad der phönikischen Städte vgl. F. Millar, The Phoenician cities: a case-study of Hellenisation, Proceedings of the cambridge Philological Society 209, 1983, S. 55−71. 51 Was sich aus Bronzemünzen schließen läßt, die in der zeit des Alexander I. geprägt wurden: cSE 565 f.; SnG Israel I 1499. D. Draganov/A. Houghton/W. Moore, Four Seleucid notes, AJn 5/6, 1993/94, S. 54−59 mit Katalog der Stücke. Dort auch zu den Fund- bzw. Erwerbsorten der Münzen. Das Ethnikon lautet ÅÕÐÁÔÑÅÙÍ. Die Münzen sind datiert: 148/6−146/5. 52 So erhielt beispielsweise die lydische Stadt Philadelphia ihren namen nach dem Epitheton des attalidischen Königs Attalos II.
1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164–162)
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hatte Antiochos Iv. in Kilikien die Stadt Epiphaneia gegründet53 bzw. bekannte Städte wie nisibis in Epiphaneia umbenannt. Antiochos v. (bzw. lysias) führte damit in gewisser Weise die Städtepolitik Antiochos’ Iv. fort. An der Spitze der Ostarmee war Philippos über die Brücke bei Seleukeia am Euphrat (zeugma) nach Syrien zurückgekehrt und hatte die sterblichen Überreste des Antiochos Iv. (sicherlich unter großem Pomp) in Seleukeia in Pierien oder Antiocheia bestattet. Die Bevölkerung der Hauptstadt hatte ihn zum dðßôñïðïò und, nach II. Makk. 13, 23 zu schließen, auch zum ¿ dðr ô§í ðñáãìÜôùí des Antiochos v. ausgerufen.8 lysias eroberte dennoch die von Philippos kontrollierte Stadt zurück und besiegte den ‚Gegenkanzler‘ (I. Makk. 6, 63; Ios. ant. Iud. 12, 386). nach Ios. ant. Iud. 12, 386 wurde Philippos getötet, II. Makk. 9, 29 zufolge konnte er nach Ägypten an den Hof des Ptolemaios vI. Philometor entkommen. letzteres scheint sehr gut möglich, da die nachricht doch heraussticht und gerade deshalb Glauben verdient;59 über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.0 Der seit 178/7761 als Geisel in Rom lebende 23jährige62 Sohn des Seleukos Iv., Demetrios (I.), meldete nach dem Tode seines Onkels Antiochos Iv. seinen Anspruch auf den syrischen Thron an. Wir sind über diesen vorgang und die spätere Flucht des Seleukiden detailliert unterrichtet, weil der Historiker Polybios als Freund und Ratgeber des späteren Königs an diesen Ereignissen aktiv beteiligt war. In sei53 An der Ostgrenze Kilikiens (Hierokles 705, 5). Die hellenistischen Münzen: z. B. SnG Switzerland I 1805−1808. Den namen führte die Stadt noch in der Kaiserzeit: SnG Switzerland I 1809−1830, er ist durch Amm. 22, 11, 4 auch noch für die Spätantike bezeugt. Sie hieß ursprünglich Oiniandos (Plin. n. h. 5, 93: Oenoandos): Jones, cities S. 200; cohen, Settlements S. 365. zu der Städtepolitik Antiochos’ Iv. vgl. v. Tcherikover, Die hellenistischen Stadtgründungen von Alexander dem Großen bis auf die Römerzeit (Philologus, Supplementband XIX, Heft 1), leipzig 1927, S. 176 f. Auch wenn es sich bei den meisten ‚neugründungen‘ einfach um Umbenennungen handelte. Grainger, cities S. 104. Einen Überblick über die archäologische Forschung zu Seleukeia am Euphrat (zeugma) bietet der Beitrag von R. Ergeç/M. Önal/J. Wagner, Seleukeia am Euphrat/ zeugma. Archäologische Forschungen in einer Garnisons- und Handelsstadt am Euphrat, in: Wagner, Gottkönige S. 105 ff. So niese, Geschichte III S. 218. In Seleukeia in Pierien hatte Antiochos I. die Asche seines vaters beigesetzt: App. Syr. 63, 336. Der Begräbnisbezirk hieß nikatoreion. Seleukeia war daher vielleicht Begräbnisstätte auch der späteren Seleukidenkönige. von Antiochos II. vermutet man, daß er in Belevi, einem Dorf bei Ephesos, beigesetzt wurde: W. Elliger, Ephesos. Geschichte einer antiken Weltstadt, Stuttgart/Berlin/Köln 1992², S. 52 f.; 55 mit der weiteren literatur. So läßt sich die Textstelle bei Granius licinianus 28, 8: corpus eius (= Antiochos’ Iv.) cum Antiochia[m] portaretur, … deuten. zu dieser notiz vgl. auch niese, Makkabäerbücher S. 296. 8 vgl. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 102. 59 niese, Makkabäerbücher S. 295; Bunge, Daphne S. 58 mit Anm. 33. 0 Bevan, House II S. 185. 61 nach der Inschrift St. v. Tracy, Greek Inscriptions from the Athenian Agora. Third to First centuries B.c., Hesperia 51, 1982, S. 60 ff. nr. 3 mit Taf. 24 befand sich Antiochos Iv. bereits im Jahr 178/77 in Athen. Demetrios (I.) muß also, da er gegen seinen Bruder Antiochos Iv. ausgetauscht wurde, bereits in diesem Jahr in Rom gewesen sein. 62 Pol. 31, 12, 5.
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ner langen Rede (31, 12, 4−5) vor den römischen Senatoren führte der Prinz aus, daß ihm die Königsherrschaft über Syrien zustehe, nicht Antiochos v., dem Sohn seines Onkels. Seine Treue zu Rom beschwor er mit den Worten, daß die Stadt ihm „vaterland und Pflegemutter“ sei, da er ja noch als Kind nach Rom gekommen war;63 die „Söhne der Senatoren seien für ihn allesamt wie Brüder, die Senatoren selbst wie väter“. Trotz dieses Treuebekenntnisses entschieden die patres, Demetrios (I.) weiter als Geisel in Rom festzuhalten. Obwohl die letzte römische Gesandtschaft unter Führung des Tiberius Sempronius Gracchus erst im Herbst 166 in Syrien gewesen war und dem Senat anschließend nichts nachteiliges berichtet hatte, wurde beschlossen, abermals eine Delegation nach Osten zu entsenden, die die verhältnisse in Syrien im römischen Sinne ordnen sollte (Pol. 31, 12, 9−10). Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dieser Beschluß geradezu das Resultat der Rede des Demetrios (I.) war. Wahrscheinlich hat er selbst ganz bewußt darauf aufmerksam gemacht, daß in Syrien nicht alle vereinbarungen von Apameia strikt eingehalten würden und dabei auch noch so stark übertrieben, daß die Senatoren in ernsthafte Sorge gerieten. Polybios hätte uns dann diesen wenig rühmlichen Teil der Rede des Demetrios (I.) einfach unterschlagen. Etwa im Herbst 163 trafen die Senatoren Gnaeus Octavius, Spurius lucretius und lucius Aurelius in Syrien ein,8 nachdem sie zuvor Makedonien, Galatien und Kappadokien inspiziert hatten.69 Polybios übertreibt, wenn er schreibt, es sei den Gesandten nur darum gegangen, die königliche Macht um jeden Preis zu schwächen (31, 2, 11), aber ihr Auftrag zielte doch darauf ab, das Militärpotential des Reiches ‚zurückzufahren‘.0 Die rechtliche Grundlage zur Kontrolle und Einflußnahme bot der Friedensvertrag von Apameia, den Antiochos III. nach der vernichtenden niederlage seiner Armee durch die Römer bei Magnesia am Sipylos im kleinasiatischen 63 Also im Alter von etwa zehn Jahren. Pol. 31, 12, 5. Übersetzung von H. Drexler. Kurz nach den Feiern in Daphne: Pol. 30, 27, 1; Diod. 31, 17. Briscoe, Eastern Policy S. 52; Gruen, Aftermath S. 77. Walbank hat dies nicht erkannt. Denn er wirft commentary III S. 467 die Frage auf: “It is not clear why the Senate decided to act now and not earlier”. Der Senat erfuhr eben offenbar erst durch die Rede des Seleukidenprinzen von den vertragsverstößen. Damit stimmt die Bemerkung bei Appian (Syr. 46, 239) überein, wo es heißt: „Als sie (= die Senatoren, Anm. d. verf.) nun (= im Jahr 163, Anm. d. verf.) erfuhren, daß es in Syrien eine Menge Elephanten gebe und mehr Schiffe, als dem Antiochos vertragsmäßig zugestanden waren, schickten sie Gesandte mit dem Auftrag dorthin …“ (Übersetzung von O. veh). Das genaue Datum ist nicht überliefert. vgl. Gruen, Aftermath S. 81. 8 Die Hauptquellen zur Gesandtschaftsreise sind Pol. 31, 2, 12 ff.; App. Syr. 46, 239−241 und zon. 9, 25. Außerdem cic. Phil. 9, 4; Plinius n. h. 34, 24. vgl. Briscoe, Eastern Policy S. 52, E. Will, Rome et les Séleucides, in: AnRW I 1, Berlin/new York 1972, S. 623 f. und Gruen, Aftermath S. 81 ff. 69 Pol. 31, 2, 12 f. zur Gesandtschaft: niese, Geschichte III S. 243 f. zum Kappadokien-Aufenthalt: Bevan, House II S. 186. 0 Kaum dürfte sich die dreiköpfige Senatsgesandtschaft jedoch als dðéôñüðïé des Antiochos v. verstanden haben, wie zonaras 9, 25 – nach Polybios – schreibt. Gruen, Aftermath S. 81 mit Anm. 60 meint, der Senat habe tatsächlich den Wunsch gehabt, „to help secure and protect the rule of Antiochus v“, aber das ist viel zu positiv aufgefaßt.
1.) Tod des Antiochos Iv. (164) und vormundschaftsregierung des lysias (164–162)
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lydien (Dezember 190) im Jahr 188 unterschrieben hatte. Der vertragstext wurde nun streng ausgelegt:71 Da den Seleukiden das Halten von Elephanten gänzlich verboten war und in ihrer Flotte nicht mehr als zehn große Deckschiffe segeln durften,72 ließ Octavius den Elephanten in Apameia (?)73 die Sehnen durchtrennen und in laodikeia am Meer die Trieren verbrennen (Pol. 31, 2, 11; App. Syr. 46, 240; zon. 9, 25). Man kann sich leicht vorstellen, daß dieses brutale Abschlachten der Elephanten, aber auch das willkürlich scheinende Abbrennen der Schiffe Unmut, ja Empörung erregte, und als der aus laodikeia stammende leptines den Octavius im städtischen Gymnasium ermordete, geschah dies mit zustimmung der einheimischen Bevölkerung. leptines, der durch die Straßen seiner Heimatstadt spazierte und erklärte, er habe die Tat nach dem Willen der Götter vollbracht, wurde als Held gefeiert. Der ãñáììáôéêüò Isokrates lobte den Anschlag und bedauerte nur, daß nicht auch den beiden anderen Gesandten das selbe Schicksal zuteil geworden war; das Regiment der Römer bezeichnete er als Willkürherrschaft. chr. Habicht hat vermutet, daß lysias laodikeia durch Militär besetzen ließ, offenbar aus Sorge vor einem Aufstand. Doch konnte D. Gera den nachweis erbringen, daß das Frag. 9 des Papyrus P. Herc. 1044 auf frühere Ereignisse der zeit um 175 zu beziehen ist.8 Ob die Staatsführung unter lysias in dieser Situation irgendwelche Maßnahmen zur ‚Beruhigung‘ Syriens unternahm, wissen wir also nicht. zwar wurde der ermordete Gesandte ehrenvoll bestattet (App. Syr. 46, 241), und eine Gesandtschaft beteuerte in Rom die Unschuld der Regierung,79 aber den Mörder des Octavius und seinen Gesinnungsgenossen lieferte Antiocheia nicht aus.80 vermutlich wäre diese Maßnahme in Syrien zu unpopulär gewesen. 71 Während Rom gegenüber Antiochos Iv. nachsichtiger war: Er zog mit einer großen Flotte und Elephanten gegen Ägypten in den 6. Syrischen Krieg: I. Makk. 1, 17. 72 Der vertragstext bei Pol. 21, 17, 1−12 und liv. 38, 38, 1−17. 73 niese, Geschichte III S. 244. Auch wenn man mit chr. Habicht, zur vita des Epikureers Philonides (P. Herc. 1044), zPE 74, 1988, S. 213 in leptines einen „Fanatiker“ sehen darf, ist die Bemerkung von Briscoe, Eastern Policy S. 52 schon etwas verblüffend: “It is not surprising that the senior member of the embassy, cn. Octavius, was murdered”. Pol. 32, 2, 7. Bevan, House II S. 186. Pol. 32, 2, 7. Polybios zeichnet ein äußerst negatives Bild von Isokrates und bezeichnet ihn als „ekelhaften Schwätzer und Aufschneider“. Ob dieser Isokrates in näherer Beziehung zum Seleukidenhof stand, ist nicht überliefert: Austin, Krieg und Kultur S. 153 Anm. 64. chr. Habicht, zur vita des Epikureers Philonides (P. Herc. 1044), zPE 74, 1988, S. 213 f. 8 D. Gera, Philonides the Epicurean at court: Early connections, zPE 125, 1999, S. 77−83. In Frag. 9 z. 1−3 S. 81 ist wohl davon die Rede, daß Demetrios (I.) im Austausch mit Antiochos (Iv.) nach Rom geschickt wurde (= 178/77). zeile 3 f. nennt einen EÁíôéü÷ïõ [Óå]ëåýêïõ, in dem Gera S. 81 f. den kleinen Antiochos, den Sohn des Seleukos Iv., erkennt (siehe auch Stammtafel). Gera vermutet S. 82, daß hinter dem Wunsch, laodikeia (? der Stadtname wird in dem Papyrus nicht ausdrücklich erwähnt) zu zerstören, der ehemalige ‚Reichskanzler‘ und Mörder des Seleukos Iv., Heliodoros, stand; dieser ist sehr wahrscheinlich S. 79 Frag. 28, 25 genannt. zu Heliodoros vgl. auch Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 99 ff. 79 D. h. der ößëïé: Pol. 31, 11, 1−3. 80 leptines und Isokrates wurden erst von Demetrios I. im Jahr 160 ausgeliefert: Pol. 32, 2, 1 ff.; App. Syr. 47, 243.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
2.) lAnDUnG DES DEMETRIOS I. In SYRIEn (162) UnD AUFSTAnD DES TIMARcHOS (161/60) nach der Ermordung des Octavius (im Herbst/Winter 163) sprach Demetrios (I.) noch einmal beim Senat vor, erhielt jedoch nur eine zweite Absage.81 Der Prinz ließ sich von seinem früheren Erzieher (ôñïöåýò) Diodoros, der gerade aus Syrien gekommen war, über die lage in Antiocheia unterrichten,82 und da die Regierung an Rückhalt in der Bevölkerung verloren hatte83 und die Situation für einen Umsturz günstig schien, entschloß er sich zur heimlichen Flucht aus Rom. In den Plan eingeweiht waren außer Polybios, der die ganze Geschichte detailreich und spannend überliefert,8 nur die engsten ößëïé des Demetrios (I.), sein aus Milet stammender óýíôñïöïò Apollonios und dessen Brüder Menestheos und Meleagros,8 Nikanor,8 sowie einige namentlich nicht genannte ößëïé, schließlich sein ehemaliger 81 Pol. 31, 11, 9–12, 1. zum folgenden Walbank, commentary III S. 478 ff. 82 Pol. 31, 12, 2 f. vermutlich hatte ihn Demetrios (I.) selbst als Beobachter dorthin geschickt. zu Diodoros: Grainger, Prosopography S. 87: Diodoros (2); Savalli-lestrade, Philoi S. 68. 83 Pol. 31, 12, 4 f. Der Mord an dem römischen Gesandten Octavius dürfte jedoch nicht der Grund für den Machtverlust der Regierung bzw. des lysias gewesen sein. Es läßt sich in Syrien vielmehr eine permanente Unzufriedenheit der breiten Bevölkerung mit der jeweils herrschenden Regierung beobachten, weshalb praktisch jeder Machtwechsel begrüßt und unterstützt wurde. vgl. auch die Bemerkung des Poseidonios bei Diod. 33, 4, 4 und dazu Malitz, Poseidonios S. 278 f. bzw. Ehling, Unruhen S. 333. 8 Pol. 31, 12, 6–15, 12. Wie volkmann, Demetrios I. S. 382 vermutet, beruht der Bericht des Polybios, „der ganz aus dem Rahmen der übrigen Erzählung fällt, … auf gleichzeitigen, tagebuchartigen Aufzeichnungen“. vgl. außerdem auch R. laqueur, Die Flucht des Demetrios aus Rom. (Ein Beitrag zur Kritik des Polybius.), Hermes 65, 1930, S. 129–166. 8 Herrmann, Milesier S. 175 ff. Ihr vater Apollonios hatte Seleukos Iv. gedient (Pol. 31, 13, 3; II. Makk. 4, 4). Es sind hier mehrere homonyme Funktionäre zu unterscheiden: 1.) Apollonios, Sohn des Thraseas, Stratege von Koilesyrien und Phönikien = Grainger, Prosopography S. 80 nr. 4; 2.) Apollonios, Sohn des Menestheos, Amtsnachfolger des Apollonios, Sohn des Thraseas = Grainger, Prosopography S. 79 nr. 3 (der diesen aber irrtümlich mit dem Mysiarchen Apollonios zusammenwirft: II. Makk. 5, 22, siehe auch oben Kap. I 2, 2. vgl. außerdem: Olshausen, Prosopographie S. 209 f. nr. 145; carsana, Dirigenze S. 124 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 49 f.); dieser nahm 174 im Auftrag des vierten Antiochos an der Mündigkeitserklärung (ðñùôïêëÞóéá) Ptolemaios’ vI. in Alexandreia teil (vgl. Huß, Ägypten S. 542 mit Anm. 33: Die Wortform ðñùôïêëÞóéá [nicht ðñùôïêëçóßá] wird in II. Makk. 4, 21 überliefert und ist der lesart ðñùôïêëßóéá vorzuziehen) und war 173 als Gesandter in Rom, sowie 3.) Apollonios, Sohn des Apollonios, Sohn des Menestheos und Milchbruder des Demetrios I. = Grainger, Prosopography S. 79 nr. 1; carsana, Dirigenze S. 168; Savalli-lestrade, Philoi S. 65 f. vgl. auch Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 214 f. zu 4 a. 8 Er wurde später zum Anführer der Elephantentruppe und Strategen von Judäa ernannt (II. Makk. 14, 12). Für die Identität dieses nikanors mit nikanor, Sohn des Patroklos (II. Makk. 8, 9), sprechen sich Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 239 zu 9 a, Grainger, Prosopography S. 107 und carsana, Dirigenze S. 111 f. aus. Anders und m. E. richtig Savalli-lestrade, Philoi S. 60. Der Freund des Demetrios (I.) dürfte jünger gewesen sein als jener nikanor, der für lysias und Antiochos v. im Jahr 165 gegen Judas Makkabaios zu Felde gezogen war. Skeptisch ist auch Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 329 zu 26 a, der auf H. Bévenot, Die beiden Makkabäerbücher, Bonn 1931, S. 30 hinweist.
2.) landung des Demetrios I. in Syrien (162) und Aufstand des Timarchos
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Erzieher Diodoros (Pol. 31, 13, 2; 14, 4). Mit Hilfe des Menyllos, eines aus Alabanda stammenden Gesandten des Ptolemaios vI. Philometor8 und Freundes des Polybios (31, 12, 8), entkam die Gruppe im Frühjahr 16288 von Ostia per Schiff durch die Straße von Messina nach dem Osten.89 Der Senat, der die Flucht zu spät bemerkt hatte,90 verzichtete darauf, den Prinzen verfolgen zu lassen, griff aber zu dem bewährten Mittel der Entsendung einer Gesandtschaft, die die Verhältnisse in Griechenland und Kleinasien kontrollieren und ein Auge auf den Seleukiden haben sollte. Die Senatsgesandtschaft wurde von dem mit den politischen verhältnissen im Osten vertrauten Tiberius Sempronius Gracchus angeführt.91 Wie B. niese nach einer auf Polybios zurückgehenden notiz bei zonaras (9, 25) bemerkt, segelte Demetrios (I.) nicht gleich nach Syrien,92 sondern ging zunächst in lykien an land.93 Er sandte Diodoros nach Antiocheia, um die Stimmung im lande auskundschaften zu lassen.94 An den Senat schrieb Demetrios (I.), „daß er nicht gegen seinen neffen Antiochos, … sondern gegen lysias ziehe, um den Octavius zu rächen“ (zon. 9, 25). vermutlich hat er – wie später Antiochos vII. von Rhodos aus – seine landung in Syrien durch die versendung von Briefen an die wichtigsten Städte propagandistisch vorbereitet und in diesen den Eindruck erweckt, er handle im Einvernehmen mit Rom. Denn als er im Spätsommer 162 von lykien nach Tripolis in Phönikien übersetzte, meinte die Bevölkerung, er sei von den Römern geschickt worden; von seiner Flucht aus Rom war nichts bekannt (zon. 9, 25). Demetrios (I.) landete mit einer größeren Flotte und einer bedeutenden zahl Soldaten, d. h. Söldnern,95 in Tripolis und ließ sich zum König ausrufen;96 H. 8 Pol. 31, 12, 8. zu dessen Auftrag vgl. Hölbl, Geschichte S. 161. 88 volkmann, Demetrios I. verzichtet auf eine genauere Datierung; aus dem zusammenhang ergibt sich aber klar, daß er das Ereignis ins Jahr 162 setzt. Da der Schiffsverkehr im Mittelmeer zwischen 11. november und 10. März im allgemeinen ruhte (vegetius Epit. rei milit. 4, 39), also etwa im März 162. 89 Pol. 31, 14, 7. 90 Pol. 31, 15, 7. Mit Recht weist volkmann, Demetrios I. S. 385 darauf hin, daß seine Flucht in keiner Weise – auch nicht inoffiziell – vom Senat unterstützt wurde. Hingegen schreibt A. Heuß, Römische Geschichte, Braunschweig 1971³, S. 119, daß Demetrios (I.) unter Duldung römischer Kreise aus Italien floh. Doch muß man sich fragen, wer konkret die Fluchtaktion unterstützt haben soll. 91 Pol. 31, 15, 9. Briscoe, Eastern Policy S. 52. Er hatte bereits im Herbst 166 die Gesandtschaft nach Antiocheia angeführt. 92 Dieser Eindruck entsteht durch I. Makk. 7, 1; II. Makk. 14, 1 und Ios. ant. Iud. 12, 389. Danach Bevan, House II S. 193; Bouché-leclercq, Histoire I S. 314 u. a. 93 niese, Geschichte III S. 245 und volkmann, Demetrios I. S. 386 f. mit ausdrücklichem Hinweis auf zonaras 9, 25. 94 volkmann, Demetrios I. S. 387 f. 95 II. Makk. 14, 1; Ios. ant. Iud. 12, 389; Euseb. chron. I 253 = FGrHist 260 F 32, 14. I. Makk. 7, 1 hingegen spricht von „wenigen Männern“. Flotte und Söldner muß er in lykien bzw. an der Südküste Kleinasiens angeworben haben. 96 I. Makk. 7, 1; Ios. ant. Iud. 12, 389. niese, Geschichte III S. 245; volkmann, Demetrios I. S. 388. Ritter, Diadem S. 136 weist mit Recht darauf hin, daß es keine Ausrufung in Form einer Heeresversammlung gab. Dennoch wird es eine ‚Proklamation‘ gegeben haben, an der die
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volkmann datiert die Königsproklamation in die zeit kurz vor dem 1. Oktober 162.97 nach Anwerbung weiterer Söldner (Ios. ant. Iud. 12, 389) zog der neue König nach Apameia (zon. 9, 25) und eroberte „mit dieser Stadt die Rüstkammer des ganzen seleukidischen Reiches“.98 In der syrischen Hauptstadt Antiocheia wurde Demetrios I. begeistert begrüßt (App. Syr. 47, 242); im Königspalast nahmen seine Soldaten Antiochos v. und lysias fest und schleppten sie vor Demetrios I. Mit dem Satz: „zeigt mir nicht ihre Gesichter“99 besiegelte er deren Ende. König und ‚Kanzler‘ wurden von den Soldaten erschlagen.100 vielleicht wurde Demetrios I. nach seinem Einzug in die Stadt durch eine Heeresversammlung nachträglich zum König ausgerufen101 bzw. die Ausrufung von Tripolis bestätigt, jedenfalls war er nun Herr des Reiches. Auf die geglückte und siegreiche Ankunft des Demetrios I. zur See weist das Reversbild der in Antiocheia geprägten Tetradrachmen hin.102 Es zeigt eine sitzende Tyche, deren Thron von einer tritonenähnlichen fischschwänzigen nike verziert ist.103 Dieses Motiv wird später auch der Sohn des Demetrios I., Demetrios II., der ja ebenfalls über See nach Syrien kam (im Jahr 147), auf seine Tetradrachmen setzen lassen.104 Der Satrap von Medien (Diod. 31, 27 a) und/oder Babylonien (App. Syr. 45, 235) d. h. ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘,105 Timarchos, erkannte den
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Söldner des Königs und die Bevölkerung von Tripolis beteiligt gewesen sein werden. Der Ausdruck bei Ios. ant. Iud. 12, 389, Demetrios I. habe ðåñéôßèçóéí ìcí eáõô² äéÜäçìá, weist auf eine Selbstkrönung hin. zu der Frage, ob es im Seleukidenreich überhaupt die makedonische Einrichtung der Heeresversammlung gab, vgl. Bikerman, Institutions S. 9 ff.; 23 f. zu den ‚Mechanismen‘ der Königsernennung zuletzt: Hammond, Institutions S. 143 ff. Demetrios I. S. 388. − J. Beloch, Griechische Geschichte. III 2: Die griechische Weltherrschaft, Straßburg 1904, S. 144 hat den Sommer 162. volkmann, Demetrios I. S. 388. I. Makk. 7, 3: ÌÞ ìïé äåßîçôå ôN ðñüóùðá ášô§í. vgl. Bevan, House II S. 194; Bouchéleclercq, Histoire I S. 315; vgl. außerdem auch volkmann, Demetrios I. S. 388, mit dem Hinweis, daß es orientalischer Sitte entsprach, sich unbequemer Gegner zu entledigen, ohne einen direkten Befehl zur Hinrichtung zu geben. App. Syr. 47, 242; I. Makk. 7, 4; Ios. ant. Iud. 12, 390. Ritter, Diadem S. 136. Siehe oben Kap. II 2, 2. Fleischer, Tyche S. 699 ff.; newell, SMA S. 34 ff. nr. 79 ff.; naville, Kat. 10, 1073 ff.; cSE 143 ff.; Ehling, Münzen S. 30 mit Abb. 8. Das Motiv gibt es auch, aber seltener, auf Drachmen: naville, Kat. 10, 1085 f. Auf den Goldstateren fehlt die Seenike am Sitzmöbel: Bouché-leclercq, Histoire II S. 656 f. nr. 32 mit Taf. III nr. 32; Küthmann, Münzen S. 49 f. mit Taf. 1, 10; cSE 165 f.; D. Gorny, München, Kat. 89, Mai 1998, 265. Diese nike ist auf einigen Stücken auf einer Schiffsprora stehend dargestellt, gut zu sehen, auf der Tetradrachme SnG Israel I 1274. naville, Kat. 10, 1184−1188; SnG Israel I 1752 ff. Die Stücke werden von Houghton cSE 1008 ff. Seleukeia am Tigris zugeschrieben. So Bengtson, Strategie II S. 88. nach der bei laodikeia/nihavand im Iran gefundenen Inschrift für Menedemos lautete der griechische Amtstitel ¿ dðr ô§í Tíù óáôñáðåé§í, d. h. ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘, vgl. das neue Fragment bei l. Robert, Addenda au tome vII, Hellenica vIII, Paris 1950, S. 73 ff. zu der Inschrift: l. Robert, Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 7 ff. vgl. außerdem auch Th. lenschau, Timarchos (6), RE Suppl. vII, Stuttgart 1940, Sp. 1574; Herrmann, Milesier S. 172 mit Anm. 5; Grainger,
2.) landung des Demetrios I. in Syrien (162) und Aufstand des Timarchos
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Regierungswechsel in Antiocheia nicht an;106 andere Satrapen verhielten sich abwartend (Diod. 31, 27 a). Timarchos war der Enkel des gleichnamigen milesischen Tyrannen, der von Antiochos II. beseitigt worden war (App. Syr. 65, 344),107 und der Sohn des Herakleides aus Milet.108 Er und sein jüngerer Bruder Herakleides109 waren Jugendfreunde (ðáéäéêÜ) des Antiochos Iv. gewesen110 und hatten sich vermutlich mit dem König bis 178/77 in Rom aufgehalten.111 nach dessen Regierungsübernahme wurde Timarchos zum Satrapen von Medien und/oder Babylonien bzw. ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘, Herakleides zum ‚Reichsfinanzminister‘ oder ‚Finanzminister der Oberen Satrapien‘ (¿ dðr ô§í ðñïóüäùí) ernannt.112 Als Gesandte des Königs waren beide mehrfach in Rom tätig.113 Aus dieser zeit rühren ihre sehr guten Kontakte zu den römischen Senatoren, von denen sie manche auch durch Bestechung auf ihre Seite zu ziehen wußten (Diod. 31, 27 a). Timarchos und Herakleides ließen in ihrer Heimatstadt Milet im Auftrag des Königs114 das Buleuterion erbauen und,
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Prosopography S. 68. Parallel dazu gab es für die kleinasiatischen Satrapien einen ¿ dðr ô§í dðéôÜäå ôï™ Ôáýñïõ ðñáãìÜôùí, ‚Generalstatthalter der Gebiete jenseits des Taurus‘, der in Sardeis residierte. Dieses Amt bekleideten Achaios, Alexandros und zeuxis: Schmitt, Untersuchungen S. 158 ff.; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 99 Anm. 27; R. Merkelbach, Wer war der Alexandros, zu dem Asoka eine Gesandtschaft geschickt hat?, EA 32, 2000, S. 128 und Ma, Antiochos III S. 125 ff. zu Timarchos vgl. Bevan, House II S. 194 f.; Bouche-leclercq, Histoire I S. 318; 323; K. ziegler, Timarchos (5), RE vI A 1, Stuttgart 1936, Sp. 1237 f.; Th. lenschau, Timarchos (6), RE Suppl. vII, Stuttgart 1940, Sp. 1574; volkmann, Demetrios I. S. 392 ff.; carsana, Dirigenze S. 126 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 63 f. und zuletzt ausführlich Kneppe, Timarchos S. 37 ff. zu den Münzen: Bellinger, Bronze coins S. 37−44; A. Houghton, Timarchus as King in Babylonia, Rn 21, 1979, S. 213−217; le Rider, Suse S. 332 ff. Dafür erhielt er von der städtischen Bevölkerung den Beinamen Theos verliehen. Diod. 31, 27 a. Dazu zuletzt Herrmann, Milesier S. 171 ff. mit weiterer literatur. So K. ziegler, Timarchos (5), RE vI A 1, Stuttgart 1936, Sp. 1238, nach der milesischen Propylon-Inschrift, die den älteren Bruder zuerst nennt, vgl. auch volkmann, Demetrios I. S. 392 und Herrmann, Milesier S. 171 ff. zu Herakleides vgl. W. Otto, Herakleides (32), RE vIII 1, Stuttgart 1912, Sp. 465 ff. Dies scheint Appian in 45, 235 zu meinen. Etwas allgemeiner von ößëïé spricht Diod. 31, 27 a. Kneppe, Timarchos S. 38 f. nach der Inschrift St. v. Tracy, Greek Inscriptions from the Athenian Agora. Third to First centuries B.c., Hesperia 51, 1982, S. 60 ff. nr. 3 mit Taf. 24 befand sich Antiochos Iv. bereits ab 178/77 in Athen, nicht erst seit 175. App. Syr. 45, 235 bezeichnet ihn als ¿ dðr ô§í ðñïóüäùí. Bengtson, Strategie II S. 127 Anm. 1 mit der älteren literatur möchte in Herakleides den Reichsfinanzminister (äéïéêçôÞò) sehen, doch ist dieser Titel für die Seleukiden bislang nicht belegt. vielleicht gab es neben einem ‚Finanzminister der Oberen Satrapien‘ auch einen ‚Finanzminister der Gebiete jenseits des Taurus‘. Das Amt des ¿ dðr ô§í ðñïóüäùí ist in einer Inschrift aus der zeit des dritten Antiochos belegt (OGIS I 238) und damit ein terminus technicus. vgl. zum Amt zuletzt Aperghis, Economy S. 276 f. zu Herakleides vgl. auch carsana, Dirigenze S. 126 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 56 f. Diod. 31, 27 a. Olshausen, Prosopographie S. 216 f. nr. 153; Kneppe, Timarchos S. 39 f. Bei einem dieser Aufenthalte werden sie Demetrios (I.) kennengelernt haben. zu der Formulierung ›ðcñ âáóéëÝùò EÁíôéü÷ïõ EÅðéöáíï™ò vgl. die Bemerkung von H.
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wie die Dedikationsinschrift des Propylons besagt, dem Apollon von Didyma, der Hestia Boulaia und dem Demos der Stadt weihen.115 noch während des Jahres 162 ging Timarchos nach Rom.116 leider ist der Text bei Diodor, der uns darüber berichtet, an der Stelle 31, 27 a verderbt, aber die Entscheidung des Senates (óõãêëÞôïõ äüãìá) läßt sich mit A. v. Gutschmid als ÔéìÜñ÷v dîåsíáé êár ášô² âáóéëÝá åqíáé,117 mit B. niese als ÔéìÜñ÷v fíåêåí ášô§í âáóéëÝá åqíáé118 bzw. nach E. R. Bevan als Ôßìáñ÷ïí fíåêåí ášô§í âáóéëÝá åqíáé rekonstruieren.119 Das senatus consultum, daß Timarchos den Königstitel annehmen könne, wenn er wolle, sollte nicht bagatellisiert werden und ist kaum, wie E. S. Gruen behauptet, einfach eine „polite formality“.120 Auch wenn man in Rom nicht genau wußte, wie sich die verhältnisse nach dem Tode Antiochos’ Iv. entwickeln würden121 und Timarchos wahrscheinlich auch nur als „König von Medien“ angesehen wurde,122 so war dies doch auch eine klare Entscheidung gegen Demetrios I., dessen Stellung ganz erheblich geschwächt und im Falle einer militärischen Auseinandersetzung gänzlich in Frage gestellt wurde. Umgekehrt tat sich der Senat sehr schwer, diese „polite formality“ an Demetrios I. zu vollziehen: Denn dieser ist zwar von der römischen Senatsgesandtschaft, aber, wie es scheint, niemals vom Senat selbst offiziell als „König von Asien“ anerkannt worden.123 Nach Ekbatana in Medien zurückgekehrt,124 ließ sich Timarchos zum Medorum rex (Iust. prol. 34) ausrufen (nach Mai 161)125 und stellte ein größeres Heer auf.126 Die landschaft bot die besten voraussetzungen für die Bildung eines unabhängigen Königtums: Wie Polybios im zusammenhang mit der Rebellion des ‚Generalstatt-
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Hommel, Ein König aus Milet. Fragment einer milesischen Weihinschrift (1969), chiron 6, 1976, S. 321 Anm. 5; Kneppe, Timarchos S. 40. zu der Inschrift zuletzt Herrmann, Milesier S. 171 ff. und Kneppe, Timarchos S. 40. zum Bauwerk: H. Schaaf, Untersuchungen zu Gebäudestiftungen in hellenistischer zeit, Köln/Weimar/ Wien 1992, S. 37 ff. zur Datierung vgl. Kneppe, Timarchos S. 43. zum verhältnis von Timarchos und Senat vgl. Gauger, Beiträge S. 243 ff. Geschichte Irans und seiner nachbarländer von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Arsaciden, Tübingen 1888, S. 42 Anm. 2; volkmann, Demetrios I. S. 393 schließt sich an. Makkabäerbücher S. 501 Anm. 5. Bevan, House II S. 194 übersetzt den Satz „as far as Rome was concerned Timarchus was King“. Dieselbe Rekonstruktion des griechischen Textes gibt auch K. ziegler, Timarchos (5), RE vI A 1, Stuttgart 1936, Sp. 1237. Gruen, Aftermath S. 85. Ebenda S. 85. Ebenda S. 85. Siehe unten Kap. II 4. Ekbatana war Hauptmünzstätte des Timarchos: le Rider, Suse S. 332 und sicherlich seine Residenzstadt. Im Mai 161 ist Demetrios I. inschriftlich noch als König bezeugt: R. A. Parker/W. H. Dubberstein, Babylonian chronology 626 B. c. − A. D. 75, Providence 1956, S. 23; Kneppe, Timarchos S. 46 mit anderer chronologie; er meint, Timarchos wäre im Mai 161 bereits von Demetrios I. besiegt gewesen. Diod. 31, 27 a. volkmann, Demetrios I. S. 393; Kneppe, Timarchos S. 44 f.
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halters der Oberen Satrapien‘ Molon127 unter Antiochos III. in den Jahren 222–220 schreibt (5, 43, 5 ff.), war das Gebiet die Kornkammer des Seleukidenreiches und militärstrategisch besonders günstig gelegen.128 Der Satrap von Medien besaß alle „Hilfsquellen eines Königreiches“ (Pol. 5, 45, 1). Unterstützung fand Timarchos bei König Artaxias von Armenien,129 mit dem er ein Bündnis schloß.130 Gleichzeitig erhob sich Ptolemaios von Kommagene gegen die seleukidische Oberhoheit.131 Ohne auf Widerstand zu stoßen, rückte Timarchos bis nach zeugma am Euphrat vor und beherrschte seit Frühsommer 161 mit Medien, Babylonien und Mesopotamien den gesamten Osten des Seleukidenreiches.132 Für das politische Selbstverständnis des Usurpators geben seine in der Hauptmasse in Ekbatana geprägten Münzen133 wichtige Hinweise: In seiner Tetradrachmenprägung spiegelt sich, was längst gesehen worden ist,134 seine Anlehnung an den baktrischen König Eukratides I. (170–145)135 wider. nicht nur, daß Timarchos sich genau wie dieser âáóéëå˜ò ìÝãáò nennt,136 er übernimmt auch den Porträttyp
127 Schmitt, Untersuchungen S. 116 f. 128 Kneppe, Timarchos S. 44 f. 129 Armenien war immer nur lose mit dem Reich verbunden, aber tributpflichtig: B. niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten seit der Schlacht bei chaeronea. 2. Teil: vom Jahr 281 v. chr. bis zur Begründung der römischen Hegemonie im griechischen Osten 188 v. chr., Gotha 1899, S. 72 mit Anm. 4. Artaxias hatte bereits unter Antiochos Iv. Unabhängigkeitsbestrebungen gezeigt (App. Syr. 45, 236; Diod. 31, 17 a). Der Seleukide besiegte ihn, als er im Jahr 165 in die Oberen Satrapien zog, beließ Artaxias aber die Königswürde. Brodersen, Abriß S. 65 f. Davon, daß Timarchos mit Ptolemaios, dem Satrapen von Kommagene, verhandelt hätte bzw. Demetrios I. diesen auf seinem Feldzug nach Osten unter seine Botmäßigkeit hätte bringen müssen, hören wir nichts. Kommagene fiel daher wahrscheinlich erst nach 160 vom Reich ab. Dagegen datiert Th. Mommsen, Die Dynastie von Kommagene, AM 1, 1876, S. 30 den Abfall dieser landschaft in die letzten Jahre des Antiochos Iv. bzw. die Regierungszeit des Antiochos v. und nimmt an, daß Demetrios I. „Kommagene wieder in seine Gewalt gebracht“ hätte. zuletzt hat J. Wagner, Die Könige von Kommagene und ihr Herrscherkult, in: Wagner, Gottkönige S. 25 die Annahme des Königstitels durch den seleukidischen Statthalter Ptolemaios und die Unabhängigkeit Kommagenes vom Seleukidenreich ins Jahr 163 datiert. 130 Diod. 31, 27 a. volkmann, Demetrios I. S. 393; Kneppe, Timarchos S. 42 (mit anderer chronologie). 131 Diod. 31, 19 a. Die genaue chronologie ist jedoch unsicher: Bouché-leclercq, Histoire I S. 323; Gruen, Aftermath S. 86. 132 Diod. 31, 27 a. volkmann, Demetrios I. S. 393; Kneppe, Timarchos S. 46; Del Monte, Testi S. 87. 133 zu den Prägeorten vgl. le Rider, Suse S. 332 ff. und A. Houghton, Timarchus as King in Babylonia, Rn 21, 1979, S. 213−217. Danach wurden vermutlich auch in Seleukeia am Tigris und nisibis Münzen geprägt. nisibis liegt im norden nahe der Grenze zu Armenien. 134 c. Küthmann, Bemerkungen zu einigen Münzen des hellenistischen Ostens, SM 1, 1949/50, S. 66. 135 zu Eukratides I. und seinen Münzen: O. Bopearachchi, Monnaies gréco-bactriennes et indogrecques. catalogue raisonné, Paris 1991, S. 66 ff. 199 ff. mit Taf. 16−22. 136 Der Titel des ‚Großkönigs‘ geht auf persische Tradition zurück. Timarchos führt ihn auf allen Gold-, Silber- und Bronzemünzen: Babelon, Rois S. 89 f. nr. 702−705; Bellinger, Bronze coins S. 37 ff. Den Titel eines âáóéëå˜ò ìÝãáò führen Ptolemaios III. in seinem „Tatenbericht“ von
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mit dem böotischen Helm137 und das Rückseitenmotiv der beiden nach rechts reitenden Dioskuren. Die Imitation der Eukratides I.-Münzen mag wirtschaftspolitische Gründe gehabt haben,138 wichtiger ist indes, daß sich in diesen Prägungen vor allem der Anspruch des Timarchos dokumentieren dürfte, mit Eukratides I. ebenbürtig und wie dieser unabhängig vom Seleukidenreich zu sein.139 – Auf Drachmen ließ sich Timarchos als Hermes abbilden, der das Kerykeion über der Schulter trägt.140 Die Rückseiten seiner Bronzen zeigen nike,141 die Drachmen Apollon und Artemis.142 Demetrios I., der sich noch im Herbst 161 in Antiocheia aufhielt,143 warf sich erst im Winter 161/60 auf Timarchos, der geschlagen wurde und leben und Thron verlor.144 Bei seinem zug nach Osten stellte sich Demetrios I. in die nachfolge Alexanders d. Gr.145 In Seleukeia am Tigris wurden Kleinbronzen geschlagen, die den König mit Elephantenskalp zeigen, eine deutliche Anspielung auf Alexanders Indienzug.146 Aus Dank für die Beseitigung des despotischen Regiments des Timarchos begrüßten die Babylonier Demetrios I. als ihren óùôÞñ (App. Syr. 47, 242; 67, 353). Den Beinamen ließ der König sogleich auf seine in Seleukeia geprägten Münzen setzen.147 Im März/April 160 war Demetrios I. dort offiziell als König aner-
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Adulis (OGIS I 54) und Antiochos III.: App. Syr. 1, 1; 37, 192, vgl. dazu auch Ma, Antiochos III S. 272 ff. P. Dintsis, Hellenistische Helme, Rom 1986, Band I, S. 9 und 207 nr. 23; 24. Allerdings ohne den für Eukratides I. typischen Helmschmuck, dem seitlich angebrachten Stierhorn und -ohr. So le Rider, Suse S. 333 Anm. 2. Kneppe, Timarchos S. 46 meint, daß Timarchos in Eukratides einen weiteren verbündeten gegen Demetrios I. gesucht und gefunden hätte. Svenson, Darstellungen S. 54 mit Kat. 164 und Taf. 24. Damit versprach er seinen Untertanen wirtschaftlichen Wohlstand. cSE 1231−1238. SnG Israel I 1391−1393. Das Motiv ist auf seinen siegreichen zug nach zeugma zu beziehen. nach A. R. Bellinger/M. A. Berlincourt, victory as a coin Type (AnSnnM 149), new York 1962, S. 37 spielt die nike auf den Besitz Mediens an. Apollon: cSE 1230 und die Schwester des seleukidischen Reichsgottes: Bellinger, Bronze coins S. 39. volkmann, Demetrios I. S. 393. Daß Timarchos bei zeugma geschlagen worden wäre, wie K. ziegler, Timarchos (5), RE vI A 1, Stuttgart 1936, Sp. 1237 f. niese unterstellt, wird von niese, Geschichte III S. 247 nicht behauptet. vgl. K. Ehling, Rez. zu Svenson, Darstellungen, in: Geldgeschichtliche nachrichten 32, 1997, S. 379. le Rider, Suse S. 145 mit Taf. XXvIII M; n; ders., Séleucie du Tigre les monnaies Séleucides et Parthes, Florenz 1998, S. 11 nr. 10 mit Taf. 1, 18; 19; SnG Israel I 1365; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 57 mit Taf. 29 f; H. P. laubscher, Ptolemäische Reiterbilder, AM 106, 1991, S. 232 ff. deutete die Elephantenexuvie als zeichen des Sieges über oder des Besitzes von Elephanten. zustimmend Bergmann, Strahlen S. 33. Jenkins, notes S. 1 ff.; le Rider, Suse S. 141 ff.; cSE 991 ff. zum Soter-Namen wichtig sind die Ausführungen von J. Kaerst, Geschichte des hellenistischen zeitalters. Band 2, 1: Das Wesen des Hellenismus, leipzig/Berlin 1909, S. 312 ff. Kaerst betont, daß der Beiname nicht auf die messianischen Ideen des Orients hinweist, sondern sich auf die unmittelbare Gegenwart der befreienden oder errettenden Tätigkeit des Herrschers bezieht. Die Richtigkeit seiner Deutung bestätigt auch der vorliegende Fall, da Demetrios I. den namen konkret für die Befreiung der Stadt Babylon von Timarchos bekam. Ähnliches gilt auch für andere Ehrenbeinamen: So erhielt
2.) landung des Demetrios I. in Syrien (162) und Aufstand des Timarchos
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kannt.148 Die Münzen des „Großkönigs“ wurden eingezogen,149 die Tetradrachmen überprägt: Die vorderseiten dieser überprägten Stücke tragen das Doppelbildnis des Demetrios I. und seiner Schwestergemahlin laodike,150 die Rückseiten die thronende Tyche, im Abschnitt befindet sich der neue Kultname im Genitiv ÓÙÔÇÑÏÓ.151 Über die Gründe des Timarchos, nach der Königsherrschaft zu greifen, lassen sich nur vermutungen anstellen. Als Jugendfreund des Antiochos Iv. scheint er auch dessen Sohn Antiochos v. die Treue gehalten zu haben. A. Kneppe vermutet dagegen, daß Timarchos bereits unter diesem begonnen hatte, „die voraussetzungen für eine loslösung“ zu schaffen.152 Als Demetrios I. im Herbst 162 (?) den Bruder des Timarchos, den ‚Reichsfinanzminister‘ oder ‚Finanzminister der Oberen Satrapien‘, Herakleides, abberief (App. Syr. 47, 242), konnte sich Timarchos ausrechnen, daß auch er bald seinen Posten als Satrap von Medien und/oder Babylonien bzw. ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘ verlieren würde, was er hinzunehmen offenbar nicht gewillt war. Dennoch hatte er im Kampf gegen den dynastisch legitimierten Demetrios I. so wenig eine chance wie sein vorgänger Molon gegen Antiochos III. Das Erbcharisma des Demetrios I. erwies sich als mächtiger als das charisma des Satrapen und ößëïò des Antiochos Iv.153 Oft liefen die Soldaten schon vor der Entscheidungsschlacht zum legitimen König über, sobald sie diesen nur leibhaftig vor Augen hatten.154 Herakleides hatte sich am Aufstand seines Bruders vermutlich nicht beteiligt, sondern war ins Ausland gegangen, vielleicht in seine Heimatstadt Milet. Bei der
148
149 150
151 152 153 154
Antiochos II. von den Milesiern den Beinamen Theos, nachdem er den Tyrannen Timarchos, den Großvater des gleichnamigen abtrünnigen Satrapen (siehe oben), beseitigt hatte: App. Syr. 65, 344. vgl. auch die Inschrift von Teos: P. Herrmann, Antiochos der Große und Teos, Anadolu 9 (Anatolia), 1967, S. 33 z. 21 f.: Der Demos von Teos verleiht Antiochos III. den Ehrentitel eines Wohltäters und Retters (Soter). Ma, Antiochos III S. 308 ff. J. n. Straßmaier, zur chronologie der Seleuciden, zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete 8, 1893, S. 110: Die Inschriften nennen als König des Jahres 150 S. Ä. Antiochos v., für das Jahr 151 S. Ä. (= April 160−April 159) Demetrios I. Das Datum März/April 160 nach Del Monte, Testi S. 88. Für Timarchos fehlt bislang ein keilinschriftliches zeugnis. Andere chronologie bei Kneppe, Timarchos S. 46; Bellinger, Bronze coins S. 43 und Jenkins, notes S. 4. Dies erklärt die geringe zahl der heute erhaltenen Münzen, vgl. auch Küthmann, Münzen S. 4. laodike wird Demetrios I. auf diesem Feldzug begleitet haben. Daß Königinnen an militärischen Aktionen aktiv teilnahmen, wissen wir von Arsinoe III., die bei Raphia (217) mit ihrem Brudergemahl Ptolemaios Iv. die Front abritt und sich während der Schlacht beim linken Flügel aufhielt: Pol. 5, 83, 3; 84, 1; 87, 6. Hölbl, Geschichte S. 115. Jenkins, notes S. 2 f. mit Taf. I 1−5; 5 f.; le Rider, Suse S. 332 mit Taf. XXvII; naville, Kat. 10, 1122; cSE 991; O. D. Hoover, A Dedication to Aphrodite Epekoos for Demetrius I Soter and his Family, zPE 131, 2000, S. 107 f. Kneppe, Timarchos S. 42. Gehrke, König S. 268 f. So lief im Herbst 220 Molons linker Flügel sofort über, als seine Soldaten den legitimen König erkannten: Pol. 5, 54, 1. Schmitt, Untersuchungen S. 146.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Inauguration des Alexander I. im Jahr 153/2 sollte er noch eine entscheidende Rolle spielen.155 Etwa in diese zeit dürfte die Eroberung Susas durch Hyknapses fallen.156 Die Existenz dieses Königs ist durch vier Bronzemünzen bezeugt, die G. le Rider als erster ausführlich publiziert und diskutiert hat.157 Die Münzen stellen auf der Vorderseite den Hyknapses mit Strahlenkrone dar, auf der Rückseite ist ein stehender Apollon abgebildet. Der name dieses Herrschers ist weder griechisch, noch läßt er sich aus der semitischen oder iranischen namenskunde ableiten.158 Seine Regierung kann nur kurz gewesen sein,159 gehört aber, wie der erst für Antiochos Iv. belegte Porträttyp mit Strahlen beweist,160 sicher in die zeit nach 164. Die Einnahme Susas durch die Soldaten des Hyknapses erfolgte daher wahrscheinlich nach dem Regierungsantritt des Antiochos v. oder des Demetrios I. bzw. im zuge des Abfalls des Timarchos. le Rider setzt seine Regierung vermutungsweise in die Jahre 162 bis 160.161 Er wurde wohl entweder von Timarchos oder von Demetrios I. beseitigt.162 3.) JUDÄA-POlITIK DES DEMETRIOS I. UnD EnDE DES MAKKABÄERAUFSTAnDES (158) Schon sehr bald nach dem Abzug des Seleukidenheeres aus Judäa im Frühsommer 163 traten erneut innerjüdische Spannungen auf. Auch unter dem neuen, griechenfreundlichen (II. Makk. 14, 3) Hohenpriester Alkimos war eine Aussöhnung zwischen den altgläubigen und hellenisierten Juden nicht möglich bzw. wurde vom militanten Flügel der Orthodoxen unmöglich gemacht.163 Deren Führer Judas beanspruchte das Amt des Hohenpriesters längst für sich. Die nach griechischer Weise lebenden Juden wurden verfolgt und umgebracht, der amtierende Hohepriester aus Jerusalem vertrieben (Ios. ant. Iud. 12, 391 f.). Im Herbst 162 erschien Alkimos mit goldenem Kranz, Palmzweig und Ölbaumzweigen huldigend vor Demetrios I. in Antiocheia und erhob im Rat (óõíÝäñéïí) schwere vorwürfe gegen die Hasmonäer.164 Der Seleukidenkönig, der – eben anders als der ermordete ‚Reichskanzler‘ lysias – noch keine Erfahrungen mit den Juden gesammelt hatte und dem deshalb 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164
Siehe unten Kap. II 4. Herrmann, Milesier S. 173. le Rider, Suse S. 346 f. Suse S. 68 nr. 65 mit Taf vI und S. 346 f. le Rider, Suse S. 346. Ebenda S. 346. cSE 123; 405 f.; 448; 694 ff.; 785 ff.; 982 ff. vgl. auch J. Bunge, „Antiochos-Helios“. Methoden und Ergebnisse der Reichspolitik Antiochos’ Iv. Epiphanes von Syrien im Spiegel seiner Münzen, Historia 24, 1975, S. 164 ff. und speziell zu Susa: 180 f. Suse S. 68; 346 f. von beiden wurden Münzen in Susa gefunden: le Rider, Suse S. 332 ff. Für Demetrios I. wurden in Susa selbst auch Münzen geprägt, die aber leicht barbarisiert sind: ebenda Taf. vI. Daß es unter den hohen Geistlichen, den Hasidäern, eine versöhnungsbereite Gruppierung gab, geht aus I. Makk. 7, 12 f. hervor. Ios. ant. Iud. 12, 391 f.; II. Makk. 14, 4 f. Die Rede des Alkimos: II. Makk. 14, 6−10.
3.) Judäa-Politik des Demetrios I. und Ende des Makkabäeraufstandes
131
auch jede Einsicht in die Ursachen der jüdischen Unruhen fehlte, sah in Judas nur den antiseleukidischen Rebellen, den es zu beseitigen galt. Deshalb entsandte er Bakchides, einen alten ößëïò des Antiochos Iv.,165 der im Jahr 162 zum Statthalter der Seleukis166 befördert worden war, nach Judäa, um die hasmonäische Bewegung zu unterdrücken.167 Der Seleukidengeneral versuchte Judas durch eine list gefangenzunehmen, was aber mißlang (I. Makk. 7, 10; Ios. ant. Iud. 12, 394 ff.). Eine Gruppe von 60 Frommen (Hasidäer), die dem Friedensangebot des Bakchides und Alkimos Glauben geschenkt hatte und zu verhandlungen bereit war, wurde gefangengenommen und hingerichtet.168 Diese rigorose Maßnahme zeigt, daß Bakchides gewillt war, den national-religiösen Widerstand mit aller Härte zu brechen, um Alkimos und den seleukidentreuen Hellenisten die alleinige Führung des landes zu verschaffen.169 von Jerusalem zog Bakchides nach Berzetho170 und ließ dort eine Menge Überläufer und Dorfbewohner ermorden (I. Makk. 7, 19; Ios. ant. Iud. 12, 397). nachdem seine Soldaten Angst und Schrecken zur Einschüchterung der Bevölkerung verbreitet hatten, kehrte Bakchides nach Antiocheia zurück (I. Makk. 7, 20; Ios. ant. Iud. 12, 397), ohne seinen Auftrag, Judas zu vernichten, ausgeführt zu haben. vermutlich wurde er von Demetrios I. aus Judäa abberufen, da sich der Krieg mit Timarchos Ende 162 schon abzuzeichnen begann.171 Die seleukidischen Militäreinheiten, die Bakchides zum Schutz des Alkimos in Judäa zurückgelassen hatte (I. Makk. 7, 20; Ios. ant. Iud. 12, 397), waren numerisch viel zu schwach, um in dem Guerillakrieg mit Judas’ Soldaten bestehen zu können. Wieder mußte sich der Hohepriester nach Antiocheia wenden und um militärische Unterstützung bitten. noch Ende 162 oder Anfang 161 ernannte Demetrios I. seinen „besten und vertrautesten“ Freund Nikanor,172 den Befehlshaber der Elephanten165 Ios. ant. Iud. 12, 393. Grainger, Prosopography S. 84 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 66 ff.; carsana, Dirigenze hat Bakchides übersehen. 166 So deutet Bengtson, Strategie II S. 181 ff. den Ausdruck êõñéåýùí dí ô² ðÝñáí ôï™ ðïôáìï™ in I. Makk. 7, 8. Ios. ant. Iud. 12, 393 mißversteht den Ausdruck und macht Bakchides zum Statthalter von Mesopotamien, danach Bevan, House II S. 300, volkmann, Demetrios I. S. 396 und Grainger, Prosopography S. 84 f. 167 I. Makk. 7, 8; Ios. ant. Iud. 12, 393 ff. Wie schon volkmann, Demetrios I. S. 396 erkannte, wurde zuerst Bakchides und dann nikanor nach Judäa entsandt. Anders niese, Geschichte III S. 232 f., der beide Feldzüge zu einer Aktion zusammenzieht. Auch wenn das II. Makkabäerbuch 14, 4 nur von nikanor berichtet und von Bakchides nichts weiß, wird man, wie volkmann, Demetrios I. S. 396 anmerkt, „die züge des Bakchides und nikanor, zeitlich getrennt, aufeinanderfolgen lassen mit der Erklärung, daß sich dem verfasser des 2. Makkabäerbuches, der sein Werk mit nikanors niederlage als triumphierenden Höhepunkt abschloß, die im vergleich zu dessen Taten nur episodenhafte Erscheinung des Bakchides ganz in den Hintergrund schob“. 168 I. Makk. 7, 12−16; Ios. ant. Iud. 12, 396. volkmann, Demetrios I. S. 396, wo in Anm. 2 die Talmudquellen genannt werden. 169 volkmann, Demetrios I. S. 396. 170 zur Schreibung des Ortsnamens: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 46 ff. Dort befand sich eine große zisterne: I. Makk. 7, 19. vgl. außerdem Meyer, Ursprung II S. 244 mit Anm. 1. 171 volkmann, Demetrios I. S. 396. 172 Ios. ant. Iud. 12, 402: ÍéêÜíïñá ô’í åšíïýóôáôïí … êár ðéóôüôáôïí ô§í ößëùí. Daß nikanor mit Demetrios (I.) in Rom war, hat Josephus bei Polybios 31, 14, 4 gelesen. Dieser nikanor ist nicht identisch mit dem in II. Makk. 12, 2 genannten, gleichnamigen Anführer der cypriotischen
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
truppe,173 zum Strategen von Judäa.174 Bei dem Dorf Dessau175 brachte Nikanor Judas’ Bruder Simon eine niederlage bei (II. Makk. 14, 16), schlug dann aber den verhandlungsweg ein, wohl weil er erkannte, daß Bakchides’ Terrorregiment zu nichts geführt und die Fronten nur verhärtet hatte. Drei Gesandte, Poseidonios, Theodotos und der Jude Mattathias, gingen in das lager des Judas, um einen vertrag (äåîéÜ) zu schließen.176 Das vertragswerk fand die zustimmung der HasmonäerPartei (II. Makk. 14, 20). An einem neutralen, für beide Seite strategisch günstig gelegenen Ort trafen sich nikanor und Judas zu einer persönlichen Unterredung und schlossen Frieden (II. Makk. 14, 21 f.). Der Stratege von Judäa entließ seine Hilfstruppen und bezog Quartier in der Akra.177 Judas selbst scheint sich zeitweise in Jerusalem aufgehalten zu haben (II. Makk. 14, 24 f.). In Jerusalem verloren die Hellenisten um Alkimos rasch an Boden.178 Vermutlich gab es im Friedensvertrag eine Abmachung zwischen nikanor und Judas, daß letzterer nach dem Rücktritt oder Tod des Alkimos Hohenpriester werden sollte; denn in II. Makk. 14, 26 heißt es, daß Judas von nikanor zu dessen nachfolger bestimmt worden war. Anfang des Jahres 161179 ging Alkimos deshalb ein drittes Mal nach Antiocheia und beschwerte sich über die versöhnungspolitik des nikanor (II. Makk. 14, 26), die er als verrat am Staat bezeichnete.180 Demetrios I. stellte sich auf die Seite des Alkimos und lehnte den mit den Hasmonäern ausgehandelten vertrag ab; nikanor erhielt Anweisung, Judas gefangenzunehmen und nach Antiocheia bringen zu lassen (II. Makk. 14, 27). nicht ohne Skrupel folgte er der Anordnung seines Königs (II. Makk. 14, 28). Etwa im Februar 161 zog der Stratege von Judäa mit dem Heer gegen Judas, der sich im Gebiet von Samaria aufhielt. An der Grenze Samariens, bei Kapharsalama,181 erlitt Nikanor eine Niederlage und verlor 00 Mann (I. Makk. 7, 31 f.). Die seleukidischen Truppen mußten sich in die Akra zurückziehen
173 174 175 176 177 178 179 180 181
Söldner. volkmann, Demetrios I. S. 397 Anm. 1 läßt diese Frage von Identität oder nichtidentität unentschieden (doch bedeutet der Ausdruck Êõðñßáñ÷çò in II. Makk. 12, 2 auch nicht „Statthalter von cypern“, wie volkmann annimmt, sondern bezeichnet nur den Truppenführer: Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 261 mit Kommentar zu vers 12). Dieser nikanor könnte der Sohn jenes nikanor gewesen sein, der Antiochos Iv. gedient hatte und dessen vater Patroklos hieß (II. Makk. 8, 9). zu nikanor, dem Sohn des Patrokles, vgl. Savalli-lestrade, Philoi S. 60. II. Makk. 14, 12: dëåöáíôÜñ÷çò. Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 272 zu vers 12 macht darauf aufmerksam, daß auch nach der verstümmelung der seleukidischen Kriegselephanten durch cn. Octavius wieder eine königliche Elephantentruppe gebildet wurde. II. Makk. 14, 12. Das Amt des óôñáôçã’ò ôyò EÉïõäáßáò ist nur vorübergehend geschaffen worden: Bengtson, Strategie II S. 184 Anm. 2. Die lage des Ortes ist unsicher: Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 273 zu vers 16. II. Makk. 14, 19. Der Bericht des I. Makkabäerbuches 7, 26 ff. (und danach Ios. ant. Iud. 12, 402 ff.) ist sehr stark verkürzt und setzt sogleich mit den Ereignissen des Februar/März 161 ein. II. Makk. 14, 23. niese, Geschichte III S. 253. zum folgenden vgl. auch niese, Makkabäerbücher S. 499 f. volkmann, Demetrios I. S. 397. II. Makk. 14, 26: … ‚êå (= Alkimos) ðñ’ò ô’í ÄçìÞôñéïí êár hëåãå ô’í ÍéêÜíïñá Pëëüôñéá öñïíåsí ô§í ðñáãìÜôùí. zur lokalisierung: Marcus, Josephus S. 211 Anm. c.
3.) Judäa-Politik des Demetrios I. und Ende des Makkabäeraufstandes
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(I. Makk. 7, 32; Ios. ant. Iud. 12, 405). Angeblich drohte nikanor den Priestern in Jerusalem damit, den Jahwetempel niederreißen zu lassen und an dessen Stelle ein Dionysosheiligtum zu errichten, falls man ihm Judas nicht ausliefere.182 Mit dieser Ankündigung dramatisiert Jason von Kyrene die Situation literarisch in doppelter Hinsicht: zum einen wird der Eindruck erweckt, daß ein neues Religionsverbot unmittelbar bevorsteht, zum anderen zeigt sich nikanors Überhebung gegen Gott, die nicht ungestraft bleiben wird. Im März 161 brach nikanor erneut nach Samaria auf, unterstützt von jüdischen Hilfstruppen.183 Am 13. Adar184 kam es zwischen Baithoron und dem Dorf Adasa185 zur Entscheidungsschlacht (Ios. ant. Iud. 12, 408): Die Heeresstärke des Judas wird mit 3.000 (I. Makk. 7, 40), 2.000 (Ios. ant. Iud. 12, 408) oder „kaum 1.000“ Mann186 angegeben. Die seleukidischen Truppen waren wahrscheinlich insgesamt numerisch unterlegen.187 nikanor positionierte die Reiterei auf den Flügeln, die Elephanten in der Mitte seines Aufgebots (II. Makk. 15, 20) und rückte unter Trompetenmusik und Schlachtgesang188 gegen Judas’ Soldaten vor.189 Doch die Seleukiden unterlagen; zahlreiche Soldaten wurden noch auf der Flucht von den Bewohnern der umliegenden Dörfer niedergehauen (I. Makk. 7, 46). Als die Juden unter den Gefallenen den General nikanor in „voller Rüstung“190 fanden, entstanden „Geschrei und Verwirrung“.191 Judas befahl, dem Toten Kopf und rechten Arm abzuschlagen.192 Die leichenteile wurden in Jerusalem zur Schau gestellt. nachdem die zunge des „gottlosen“ nikanor herausgetrennt und den vögeln zum Fraß vorgeworfen worden war (II. Makk. 15, 33), wurde der Kopf für alle sichtbar an der Akra angebracht (II. Makk. 15, 35). Der 13. Adar wurde zum Feiertag erklärt.193 nach dem vollständigen Sieg über den seleukidischen Strategen von Judäa stand Judas auf dem Höhepunkt seiner Macht. nachdem es bereits im Jahr 164 zu ersten 182 II. Makk. 14, 31−34. Knapper und ohne Hinweis auf den geplanten Dionysostempel: I. Makk. 7, 33−38; Ios. ant. Iud. 12, 406. Dionysos wurde später auch in Aelia capitolina verehrt, der Stadt, die Kaiser Hadrian im Jahr 130? auf den Trümmern Jerusalems errichten ließ. vgl. die Münzen mit Dionysos-Darstellungen bei l. Kadman, The coins of Aelia capitolina (corpus nummorum Palaestinensium Band I), Jerusalem 1956, S. 43 f. und die Typen S. 84 nr. 25; S. 98 nr. 94 f.; S. 100 nr. 107. 183 II. Makk. 15, 2. Diese Mannschaft wird aus Söldnern und Hellenisten bestanden haben. 184 II. Makk. 15, 36: „Am 13. Tag des zwölften Monats, der auf aramäisch Adar heißt“ und dem makedonischen Dystros entsprach (Ios. ant. Iud. 12, 412), etwa unserem Februar/März, vgl. volkmann, Demetrios I. S. 398. Das Jahr ist nicht überliefert, ergibt sich aber aus II. Makk. 9, 3. Der anschließende Feldzug des Bakchides ist zeitlich unmittelbar nach der niederlage des nikanor anzusetzen, vgl. volkmann, Demetrios I. S. 398 f. 185 zu name und Ortslage: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 3 f. 186 In einer handschriftlichen variante: Marcus, Josephus S. 213 Anm. d. 187 Die in II. Makk. 15, 27 genannte zahl von 35.000 gefallenen Soldaten muß nicht kommentiert werden. nikanor wird insgesamt über kaum mehr als 1.000−2.000 Soldaten verfügt haben. 188 II. Makk. 15, 25: … ìåôN óáëðßããùí êár ðáéÜíùí ðñïóyãïí. 189 nach Ios. ant. Iud. 12, 409 war es Judas, der den Angriff einleitete. 190 II. Makk. 15, 28: ó˜í ô† ðáíïðëßu. 191 II. Makk. 15, 29: êñáõãÞ êár ôáñá÷Þ. 192 Mit der Rechten hatte nikanor den Friedensvertrag beeidet, den er später brach. 193 II. Makk. 15, 36. Siehe auch oben Kap. I 1, 3.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Kontakten zwischen Jerusalem und Rom gekommen war,194 entsandte er jetzt195 Eupolemos und Jason196 zu den Römern, „um mit ihnen Freundschaft und ein Waffenbündnis zu schließen …“.197 Insbesondere ging es der jüdischen Gesandtschaft auch darum, römische Unterstützung gegen Demetrios I. zu erlangen.198 Eupolemos und Jason wurden vom Senat gehört (I. Makk. 8, 19 f.), ihr Begehren um óõììá÷ßá êár åkñÞíç und die Bitte um Eintragung in die formula amicorum et sociorum angenommen bzw. gewährt.199 Ein vertrag (foedus) zwischen Römern und Juden wurde geschlossen. Auf die Art des vertrages und den vertragstext muß hier im einzelnen nicht näher eingegangen werden, da nach den detaillierten Untersuchungen von D. Timpe und E. Baltrusch alles wesentliche dazu gesagt ist.200 Für unseren zusammenhang von Bedeutung ist, daß es im zuge des vertragsabschlusses auch zu der jüdischerseits gewünschten Abfassung eines Senatsschreibens an Demetrios I. gekommen ist. Der Inhalt des Briefes wird in einer kurzen, literarisch stark überformten Passage des I. Makkabäerbuches wiedergegeben und lautet in der Übersetzung von K.-D. Schunck201: „Warum hast du dein Joch unseren Freunden, den verbündeten Judäern, auferlegt? Wenn sie nun noch weiter gegen dich Klage führen, werden wir ihnen Recht verschaffen und dich zu Wasser und zu lande bekämpfen“.202 Wenngleich die römischen Senatoren wohl kaum an eine militärische Intervention zugunsten der Juden gedacht haben werden, so warnten sie Demetrios I. doch eindeutig vor einer weiteren Kriegsführung in Judäa und räumten damit dem jüdischen Ethnos indirekt das Recht auf militärische Selbstverteidigung ein. Wenn auch noch in der neueren literatur die Meinung vorherrscht,203 der römische vertrag hätte für die Juden kaum einen ‚wirklichen‘ vorteil gebracht, so wird verkannt, 194 In Form des Briefes der beiden Gesandten Quintius Memmius und Titus Manius: II. Makk. 11, 34−38. Bringmann, Reform S. 42; 47; E. S. Gruen, The Hellenistic World and the coming of Rome, Berkeley-los Angeles 1984, Band II, S. 745 ff.; Baltrusch, Juden S. 84 f. 195 Auf den zeitpunkt wird von Baltrusch, Juden S. 92 mit Recht ausdrücklich hingewiesen. Der Hasmonäer befand sich in einer Position der Stärke. 196 Eupolemos ist der verfasser eines romanhaften Geschichtswerkes „Über die Könige in Judäa“ gewesen, von dem Fragmente durch Alexander Polyhistor erhalten sind: Hengel, Jerusalem S. 285 mit Anm. 80. Sein vater, Johannes (zu seinem namen vgl. Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 332 zu vers 17), wird in II. Makk. 4, 11 erwähnt. Dieser hatte in den 170er Jahren verhandlungen mit Antiochos Iv. geführt. 197 I. Makk. 8, 17: … êár NðÝóôåéëåí ášôï˜ò åkò FÑþìçí óôyóáé ášôïsò öéëßáí êár óõììá÷ßáí. Übersetzung von Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 332. 198 I. Makk. 8, 18; Ios. ant. Iud. 12, 415. Timpe, vertrag S. 140 ff. 199 I. Makk. 8, 20 f. Timpe, vertrag S. 140. zu der Frage, ob ein römischer socius et amicus dasselbe wie ein griechischer óýììá÷ïò êár ößëïò ist, vgl. Baltrusch, Juden S. 76. 200 Timpe, vertrag S. 133 ff.; Baltrusch, Juden S. 83 ff. 201 1. Makkabäerbuch S. 332 f. 202 I. Makk. 8, 31−32: ÄéN ôß dâÜñõíáò ô’í æõãüí óïõ dðr ôï˜ò ößëïõò ½ì§í ôï˜ò óõììÜ÷ïõò EÉïõäáßïõò; dNí ï¤í hôé díôý÷ùóé êáôN óï™, ðïéÞóïìåí ášôïsò ôxí êñßóéí êár ðïëåìÞóïìÝí óå äéN ôyò èáëÜóóçò êár äéN ôyò îçñOò. 203 E. S. Gruen, The Hellenistic World and the coming of Rome, Berkeley-los Angeles 1984, Band II, S. 751 beurteilt die römisch-jüdischen verträge zusammenfassend folgendermaßen: “The pattern of Roman affirmations on the one hand and lack of implementation on the other has a remarkable regularity. The senate sent pro forma messages − and let the recipients work matters
3.) Judäa-Politik des Demetrios I. und Ende des Makkabäeraufstandes
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welche grundlegenden veränderungen sich gerade für die Juden aus dem vertragsabschluß ergaben:204 Aus seleukidischer Sicht war Judäa Teil des Seleukidenreiches. Jede wie auch immer geartete Rebellion oder Aufstandsbewegung war deshalb gleichbedeutend mit einem Abfall von König und Reich, den der Seleukidenherrscher ganz nach eigenem Ermessen beantworten durfte. Genau dieses ‚Recht‘ sprachen die Römer dem Seleukidenkönig jetzt ab. Durch den vertragsabschluß zwischen Rom und Jerusalem war der Tempelstaat also völkerrechtlich als eigene politisch-ethnische Einheit anerkannt und Judäa nicht mehr einfach eine Strategie des Seleukidenreiches. Auch wenn Rom selbst nicht unmittelbar aktiv wurde, so räumte es den Juden indirekt das Recht ein, sich gegen militärische Übergriffe der seleukidischen Regierung zur Wehr zu setzen. Doch zeigt ein Blick auf die nachfolgenden Ereignisse, daß, als der Abschluß des römischen vertrages in Antiocheia bekannt geworden sein und Demetrios I. den Brief des Senates erhalten haben dürfte, Judas bereits tot und Judäa von seleukidischen Truppen besetzt war. Die schwere niederlage des nikanor konnte und wollte Demetrios. I. nicht einfach hinnehmen, da die Gefahr bestand, daß Judas’ Sieg zum Fanal eines Aufstandes des ganzen landes werden würde. vor seinem zug nach dem Osten mußten in Judäa unbedingt Ruhe und Sicherheit hergestellt werden. zu diesem zweck entsandte er nur wenige Wochen205 nach dem Untergang des nikanor abermals Bakchides, seinen Statthalter der Syria Seleukis. In Begleitung des Alkimos206 und 22.000 Kriegern207 brach dieser von Antiocheia auf und belagerte die Juden in den Höhlen von Arbela, einer Stadt in der nähe von Galgala.208 nachdem Bakchides sie gefangengenommen hatte, zog er im März/April 161 rasch nach Jerusalem (Ios. ant. Iud. 12, 421), offenbar um Alkimos wieder in das Amt des Hohenpriesters einzusetzen.209 Bei Adasa210 oder Betzetho (Ios. ant. Iud. 12, 422) lagerte Judas mit 1.000 Mann, von denen ihn auch noch 200 angesichts der erdrückenden Übermacht des Seleukidenheeres verließen.211 Der Seleukidengeneral stellte auf beiden Flügeln
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out for themselves”. Als Beispiel für die älteren Forschungsmeinungen sei auf Meyer, Ursprung II S. 247 hingewiesen. Aber auch für die Römer hatte der vertrag vorteile: Baltrusch, Juden S. 98. Rom bekam dadurch die Möglichkeit in die Hand, jederzeit militärisch im nahen Osten eingreifen zu können, wenn es wollte. Die von Bar-Kochva, Army S. 14 und S. 210 Anm. 29 vorgeschlagene Datierung des 2. Bakchides-Feldzuges ins Jahr 160 ist daher − trotz der vorsichtigen zustimmung von Bringmann, Reform S. 28 − abzulehnen, zumal dieser durch I. Makk. 9, 3 fest ins Jahr 161 datiert ist. nach I. Makk. 9, 1 war der Hohepriester ebenfalls in Antiocheia anwesend. Josephus erwähnt ihn nicht, weil er in ant. Iud. 12, 413 f. bereits den Tod des Alkimos verzeichnet: Marcus, Josephus S. 219 Anm. 1. 20.000 Fußsoldaten und 2.000 Reitern: I. Makk. 9, 4; Ios. ant. Iud. 12, 422. zu den zahlen vgl. Meyer, Ursprung II S. 248, zum Feldzug Bar-Kochva, Army S. 184 ff. I. Makk. 9, 2; Ios. ant. Iud. 12, 421. Josephus konjiziert Galiläa, vgl. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 22. volkmann, Demetrios I. S. 399. nach I. Makk. 9, 3 lautet das Datum: „im ersten Monat des Jahres 152“. Das Jahr 152 S. Ä. = 161/60. I. Makk. 9, 5: zum Ort Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 333 Anm. 5 a. Die zahl von 1.000 ist wahrscheinlicher als die in I. Makk. 9, 5 genannten 3.000 Männer, da
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Reitertruppen auf und vor die Phalanx der Fußsoldaten Schleuderer (óöåíäïíyôáé) und Bogenschützen (I. Makk. 9, 11; Ios. ant. Iud. 12, 426). Er selbst befehligte den rechten Flügel (I. Makk. 9, 12), als das Angriffszeichen gegeben wurde.212 In der Hoffnung, daß die Seleukidenarmee die Flucht ergreifen würde, wenn ihr Anführer tot wäre, konzentrierte Judas seinen verzweiflungsangriff auf den von Bakchides kommandierten Flügel;213 doch wurde er vom linken Flügel umfaßt und im Kampf getötet (I. Makk. 9, 16−15; Ios. ant. Iud. 12, 431). Die Juden suchten ihr Heil in der Flucht.214 Judas’ Brüder, Jonathan und Simon, verhandelten mit Bakchides um die Erlaubnis, die Gefallenen bestatten zu dürfen und begruben Judas neben seinem vater Mattathias in Modeïn.215 Judas war tot und „ganz Israel hielt ihm große Totenklage“.216 Wenn Josephus schreibt, daß das jüdische volk durch Judas’ Tapferkeit (PñåôÞ) aus der „makedonischen Knechtschaft“217 befreit wurde (ant. 12, 434), so ist das nicht richtig. Im Gegenteil: Bakchides legte Festungen (“÷õñþìáôá) bei den Städten Jericho, Ammaous, Baithoron, Baithel, Thamnatha (= Thamna?), Pharathos, Tochoa (Tephon) und Gazara an.218 Diese “÷õñþìáôá waren mit festen Toren und Türmen versehen219 und darin lagen Wacheinheiten, „um Israel zu bekämpfen“.220 Auch die Jerusalemer Akra wurde – wie die Stützpunkte Bet-zur und Geser – weiter ausgebaut, mit Truppen verstärkt und neuem Proviant versorgt.221 Bakchides ließ die Anhänger der Hasmonäer verfolgen und hinrichten und besetzte die verwaltung des landes (Ios. ant. Iud. 13, 4: ôxí ôyò ÷þñáò dðéìÝëåéáí) mit hellenistischen Juden.222 Die vornehmsten jüdischen Familien mußten Geiseln stellen, die in der Akra gefangengehalten wurden (I. Makk. 9, 53; Ios. ant. Iud. 13, 17). Eine Folge der Wirren in Judäa war eine schwere Hungersnot (I. Makk. 9, 23; Ios. ant. Iud. 13, 3), unter der die Hasmonäer besonders zu leiden hatten. Diese wählten Jonathan zu ihrem Anführer (I. Makk. 9, 28–31; Ios. ant. Iud. 13, 5). Der Seleukidengeneral
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Judas am Ende bloß 800 Kämpfer blieben (I. Makk. 9, 6; Ios. ant. Iud. 12, 422). Josephus scheint die zahl stillschweigend nach unten korrigiert zu haben. Mit der Trompete: Ios. ant. Iud. 12, 427. Der angeblich sogar geschlagen wurde: I. Makk. 9, 15. I. Makk. 9, 18; Ios. ant. Iud. 12, 431. I. Makk. 9, 19; Ios. ant. Iud. 12, 432. Meyer, Ursprung II S. 248. I. Makk. 9, 20. Übersetzung von Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 334. zur Gleichsetzung der Seleukiden mit den Makedonen vgl. z. B. auch Ios. ant. Iud. 13, 29; 13, 273; App. Syr. 51, 260; 70, 369; Iust. 38, 7, 1 und lib. or. 11, 129. Weitere literarische Belege und Diskussion ihrer Bedeutung bei c. Edson, Imperium Macedonicum: The Seleucid Empire and the literary Evidence, clPh 80, 1958, S. 153 ff. I. Makk. 9, 50; Ios. ant. Iud. 13, 15 f. Identifikation und Diskussion der Ortsnamen und ihrer Schreibungen bei Möller/Schmitt, Siedlungen S. 34 ff. Tepho(n) ist vielleicht eine verstümmelung von Âåèëåðôçöá, (Âåè)ëåôçöùí bzw. dessen hebräischer Entsprechung, Bet nattif: ebenda S. 37. Andere Schreibung der namen bei Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 336: Emmaus, Beth-Horon, Bethel, Thamnatha, Pharathon und Tephon. I. Makk. 9, 50; Ios. ant. Iud. 13, 16. I. Makk. 9, 51. Übersetzung Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 336. I. Makk. 9, 52. zu diesem zernierungsgürtel vgl. volkmann, Demetrios I. S. 400. I. Makk. 9, 25. volkmann, Demetrios I. S. 400.
3.) Judäa-Politik des Demetrios I. und Ende des Makkabäeraufstandes
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versuchte ihn zwischen der Wüste Thekoa223 und den Sümpfen der Jordanmündung am Toten Meer einzukreisen;224 es kam zu kleineren Gefechten,225 aber Jonathan rettete sich über den Jordan schwimmend ans andere Ufer (I. Makk. 9, 48; Ios. ant. Iud. 13, 14). chronologie und Ereignisabfolge dieser Jahre gehen aus der Schilderung des I. Makkabäerbuches bzw. Josephus nicht eindeutig hervor.226 Man darf aber annehmen, daß Bakchides im Herbst 161 nach Antiocheia zurückgekehrt war,227 um an der Seite des Königs gegen Timarchos zu ziehen (Herbst 161/Frühjahr 160).228 Etwa im Mai 160 war der Hohepriester Alkimos in Jerusalem verstorben.229 Da die Hasmonäerpartei wieder erstarkte, kam eine Gesandtschaft der jüdischen Hellenisten230 in die syrische Hauptstadt und bat Demetrios I., Bakchides gegen Jonathan zu entsenden (I. Makk. 9, 59; Ios. ant. Iud. 13, 23). nach zwei ruhigen Jahren231 stand im Herbst 159232 wieder ein größeres (I. Makk. 9, 60) Seleukidenheer in Judäa. Aber alle versuche, Jonathan gefangenzunehmen, schlugen fehl (I. Makk. 9, 60). Bakchides ließ seinen Unwillen nun an den Hellenisten aus und 50 vornehme von ihnen hinrichten. 233 Als die Belagerung des stark befestigten Wüstendorfes Betbas oder Bethalaga,234 in dem sich Jonathan und seine Gefolgsleute verschanzt hielten, mißglückte, bot der Hasmonäer Bakchides durch eine Gesandtschaft „Freundschaft und Bundesgenossenschaft“ (öéëßá êár óõììá÷ßá: Ios. ant. Iud. 13, 32) an. Der Seleukidengeneral ging auf das Angebot ein und schloß einen Freundschaftsvertrag mit Jonathan.235 Beide Seiten versprachen unter Eid, die Waffen ruhen zu lassen (Ios. ant. Iud. 13, 33). nachdem die Gefangenen ausgetauscht worden waren, zog Bakchides endgültig aus Judäa ab. 223 I. Makk. 9, 33. Südöstlich von Bethlehem. vgl. auch Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 335 zu 33. 224 I. Makk. 9, 45. volkmann, Demetrios I. S. 400. 225 Bei diesen soll Bakchides 2.000 Soldaten verloren haben: Ios. ant. Iud. 13, 14, aber die zahlangabe ist viel zu hoch. 226 Daher ist die Forschung hier zu abweichenden Ergebnissen gekommen, vgl. z. B. die zeittafel von Fischer, Makkabäer S. 216 f. 227 Darauf möchte ich Ios. ant. Iud. 13, 22 beziehen. 228 Anders volkmann, Demetrios I. S. 400, der davon ausgeht, daß Bakchides erst nach dem Tode des Alkimos (Mai 160) Judäa verlassen habe. 229 I. Makk. 9, 54: „im zweiten Monat des Jahres 153“, nachdem er „vier Jahre lang“ im Amt gewesen war: Ios. ant. Iud. 12, 413. Das Jahr 163 zählt als erstes Amtsjahr, vgl. auch volkmann, Demetrios I. S. 400. Fischer, Makkabäer S. 217 datiert den Tod ins Jahr 159. 230 Die von Josephus immer nur verächtlich als ïj öõãÜäåò êár Póåâåsò bezeichnet werden. In ant. Iud. 13, 23 heißen sie: ïj ðïíçñïr êár öõãÜäåò und ant. Iud. 13, 34: ïj ðïíçñïr êár Póåâåsò. 231 So Ios. ant. Iud. 13, 22. 232 Fischer, Makkabäer S. 217 hat vom Tode des Alkimos aus gerechnet das Jahr 157. 233 So Ios. ant. Iud. 13, 25; allgemeiner I. Makk. 9, 61. 234 I. Makk. 9, 64; Ios. ant. Iud. 13, 26. zur Ortslage vgl. die Bemerkung bei Marcus, Josephus S. 239 Anm. f.; Grainger, Prosopography S. 703. Der Ort fehlt bei Möller/Schmitt. In I. Makk. 9, 64 heißt der Ort Beth-Basi. 235 … óðÝíäåôáé ðñ’ò ô’í EÉùíÜèçí öéëßáí (Ios. ant. Iud. 13, 33).
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Jonathan bezog die Stadt Machma als Residenzstadt236 und ging hart gegen die Hellenisten, die ðïíçñïr êár Póåâåsò (Ios. ant. Iud. 13, 34), vor.237 Im Jahr 158 war der Makkabäeraufstand schließlich beendet.238 Daß der Friedensschluß zustande kam und von Dauer war, hat im wesentlichen zwei Gründe: 1.) Bakchides hatte während des Jahres 161 die seleukidische Oberhoheit über Judäa wiederhergestellt und das land mit Militärgarnisonen überzogen. Dieser Übermacht konnten die Hasmonäer nichts mehr entgegensetzen, da Jonathan kaum 1.000 Getreue geblieben waren. Die Besatzungstruppen hätten diese mit gezielten Aktionen vermutlich in kurzer zeit endgültig aufgerieben. Schließlich dürfte die Hungersnot des Jahres 161/60 den Widerstandswillen der jüdischen Bevölkerung erheblich geschwächt haben. Jonathan brauchte den Frieden, um zu überleben und neue Kräfte sammeln zu können. 2.) Am Seleukidenhof hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß Judäa mit den Hellenisten allein nicht zu regieren war. Diese hellenisierten Juden, die wahrscheinlich fast ausnahmslos der Oberschicht entstammten,239 verfügten in Jerusalem und vielleicht einigen größeren Städten wie Bet-zur und Geser240 über einen gewissen Rückhalt, kaum jedoch auf dem ‚flachen‘ land.241 Obwohl seleukidentreu, wurden sie 158 von Bakchides geopfert. Der Frieden hielt vor allem deshalb, weil Demetrios I. und Bakchides darauf verzichteten, das seit dem Tode des Alkimos (Mai 160) vakante Amt des Hohenpriesters neu zu besetzen. Wie schon lysias, der ‚Reichskanzler‘ Antiochos’ v., so hatten inzwischen auch sie erkannt, daß ein ‚Hellenist‘ als Hoherpriester eine permanente Beunruhigung und religiöse Provokation darstellte. Der militärische Aufwand, den die Seleukidenkönige betreiben mußten, um ihren Parteigänger im Amt des Hohenpriesters zu halten, stand in keinem verhältnis zu dem nutzen, den Antiocheia davon hatte. Wollten die Seleukiden wirklich ‚Ruhe und Sicherheit‘ in Judäa herstellen, das vor allem als Pufferstaat zum Ptolemäerreich dienen und nicht zu diesem abfallen sollte,242 so war dies letztlich nur durch einen Ausgleich mit den altgläubigen Juden und der seit 167 führenden Familie des landes, den Hasmonäern, möglich. Die künftige Politik mußte auf eine positive Einbindung der Hasmonäer abzielen, denn nur sie hatten einen echten Rückhalt in der Bevölkerung. Es war daher nur konsequent, daß schon wenige Jahre später Jonathan von dem Thronprätendenten Alexander (I.) offiziell 236 I. Makk. 9, 73; Ios. ant. Iud. 13, 34. Jerusalem wurde sicher deshalb nicht als Residenzstadt gewählt, weil dort eine seleukidische Besatzung in der Akra lag. 237 I. Makk. 9, 73: … Éùíáèáí … zöÜíéóå ôï˜ò Póåâåsò dî Éóñáçë. „ … Jonathan … vertrieb die Gottlosen aus Israel“. 238 nicht schon 162. Richtig volkmann, Demetrios I. S. 401. 239 von den ‚Hellenisten‘ wissen wir nur wenig. Außer den Hohenpriestern Jason, Menelaos und Alkimos kennen wir nur einen einzigen noch mit namen: Mattathias, vgl. II. Makk. 14, 19. 240 Wahrscheinlich wurden seleukidische Besatzungen auch deshalb in diese Städte gelegt, um die Gemeinschaften der hellenistischen Juden zu schützen. 241 Dies wirft ein interessantes licht auf die Sozialstruktur der Hellenisten. Im ländlich-bäuerlichen Milieu hat diese Bewegung kein Echo gefunden. 242 Diese Gefahr war im Jahr 169 akut geworden, als es in Jerusalem zum Aufstand des Jason gekommen war: II. Makk. 5, 5−8, der nach Ägypten floh und in Sparta verstarb: II. Makk. 5, 9−10. Ehling, Unruhen S. 319.
4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?)
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zum Hohenpriester der Juden und zum ößëïò des Königs ernannt wurde.243 Als Alexander I. König geworden war, ernannte er Jonathan im Jahr 150 sogar zum königlichen óõããåíÞò und óôñáôçã’ò êár ìåñéäÜñ÷çò (von Judäa? I. Makk. 10, 65). Die Integration der Hasmonäer in den Seleukidenstaat schien gelungen. 4.) AUSSEnPOlITIK DES DEMETRIOS I. UnD ERHEBUnG DES AlEXAnDER I. (154?) nach seiner Thronbesteigung im Oktober 162 hatte Demetrios I. seinen ðñ§ôïò ößëïò und ‚Kanzleichef‘ (dðéóôïëïãñÜöïò) Menochares244 nach Kleinasien entsandt. Aller Wahrscheinlichkeit nach führte dieser die verhandlungen mit dem ebenfalls gerade an die Macht gekommenen Ariarathes v. Eusebes Philopator von Kappadokien (163−130) und bot ihm „Freundschaft“ (öéëßá)245 und Demetrios’ I. Schwester laodike, die Witwe des makedonischen Königs Perseus, zur Frau an.246 Der Seleukidenkönig versuchte durch die vermittlung der dynastischen Heirat gute Beziehungen zu seinem nördlichen nachbarn herzustellen und sich aus der politischen Isolation zu befreien.247 Ariarathes v. nahm die öéëßá an,248 und vermutlich kam es sogar zu einer ‚verlobung‘.249 Als jedoch die römische Gesandtschaft unter Führung des ‚nahostexperten‘ Ti. Sempronius Gracchus Ende 162/Anfang 161 Kappadokien erreichte250 und beim König intervenierte, rückte Ariarathes v., dem sehr viel an einem guten Einverständnis mit Rom lag,251 von Demetrios I. ab, und 243 Eine Kurzfassung des Ernennungsschreibens aus dem Jahr 152 gibt I. Makk. 10, 18–20. Danach Ios. ant. Iud. 13, 45. 244 Rang und Amtstitel des Menochares kennen wir aus seiner für Demetrios I. gesetzten Inschrift: IvDélos 1543. zu Menochares vgl. auch Olshausen, Prosopographie S. 221 f. nr. 154; Grainger, Prosopography S. 105 f.; carsana, Dirigenze S. 127; Savalli-lestrade, Philoi S. 71. Der name ist wie etwa Menodotes oder Menophiles mit dem namen des phrygischen Mondgottes Men gebildet: F. Bechtel, Die historischen Personennamen des Griechischen bis zur Kaiserzeit, Halle 1917, S. 316. 245 Diod. 31, 28. Der Ausdruck ist hier wohl verkürzt, d. h. Demetrios I. wird öéëßá êár óõììá÷ßá angeboten haben. zum Hintergrund vgl. Müller, Stratonike S. 412 ff. 246 Seibert, Dynastische verbindungen S. 69; 115; Müller, Stratonike S. 415. Beide Königshäuser waren verwandt, da Antiochos III. seine Tochter Antiochis um 192 mit Ariarathes Iv. verheiratet hatte: Simonetta, cappadocian Kings S. 21. 247 Seibert, Dynastische verbindungen S. 69. 248 Dies ergibt sich daraus, daß er sie im Jahr 160 durch eine Gesandtschaft offiziell vor dem Senat in Rom widerrufen ließ: Diod. 31, 28. 249 Th. lenschau, Orophernes (2), RE XvIII 1, 1, Stuttgart 1939, Sp. 1168; volkmann, Demetrios I. S. 390. 250 Ti. Sempronius Gracchus ist der vater der beiden bekannten Gracchen. Er hatte bereits die Gesandtschaft des Jahres 165 zu Antiochos Iv. angeführt: Briscoe, Eastern Policy S. 52. zur Datierung vgl. Olshausen, Prosopographie S. 222 nr. 155. vgl. außerdem Müller, Stratonike S. 412. − Interessant ist, daß die ganz große Masse der Silbermünzen des Ariarathes v. gerade zu Beginn seiner Regierung, im 1., 2. und 3. Jahr geprägt wurde. Dies hängt sicher auch mit dem Besuch der römischen Gesandtschaft zusammen. 251 Pol. 31, 3, 1−5; Diod. 31, 19, 8. niese, Geschichte III S. 206.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
die dynastische Eheverbindung kam nicht zustande. Eine Gesandtschaft, die der Kappadokier ein Jahr später im Frühjahr 160 nach Rom schickte, widerrief offiziell vor dem Senat jede mit Demetrios I. getroffene vereinbarung.252 Mehr Glück hatte Demetrios I. bei König Pharnakes I. von Pontos, der nysa, eine Tochter Antiochos’ Iv. und laodikes,253 heiratete (noch vor 160/59);254 aber Pharnakes war nach seiner niederlage von 179 selbst politisch isoliert und ohne großen Einfluß in Kleinasien.255 Ende 162/Anfang 161 traf der ‚Kanzleichef‘ Menochares auch auf die durchziehende Senatsgesandtschaft und erhielt eine Audienz bei Ti. Gracchus. Dieser weigerte sich zunächst, Demetrios I. als nachfolger Antiochos’ v. anzuerkennen. Erst als weitere seleukidische Gesandte bei den römischen Senatoren zunächst in Pamphylien, dann in Rhodos vorstellig wurden und versicherten, ihr König werde sich gegenüber Rom vollkommen loyal verhalten, wurde „er von ihnen König genannt“ (… âáóéëå˜ò ›ðEášô§í ðñïóáãïñåõèyíáé: Pol. 31, 33, 3), vor allem deshalb, weil Gracchus dem Seleukiden wohlgesinnt war (Pol. 31, 33, 1−4). Der römische Senat hat diese Entscheidung jedoch anschließend nie bestätigt, so daß es fraglich ist, ob Demetrios I. jemals offiziell als König anerkannt war.256 Die Gelegenheit, sich für die schmähliche Behandlung durch Ariarathes v. zu rächen (Iust. 35, 1, 2), ergab sich, als gerade in diesem Augenblick sein Halbbruder Orophernes257 am Hofe von Antiocheia erschien und Ansprüche auf den kappadokischen Thron geltend machte.258 Gegen das versprechen von 1.000 Silbertalenten (App. Syr. 47, 244) erhielt Orophernes militärische Unterstützung und konnte mit Hilfe von seleukidischen Truppen oder frisch angeworbenen Söldnern Ariarathes v. im Jahr 159/58 aus Kappadokien vertreiben259 und sich zum König des landes 252 Diod. 31, 28. Müller, Stratonike S. 416. 253 nysa war nicht die Tochter Antiochos’ III. oder seines ältesten, 193 verstorbenen Sohnes, vgl. Mørkholm, Antiochus S. 54; Grainger, Prosopography S. 52. 254 Die Hochzeit wird erwähnt in IvDélos 1497 bis; OGIS II 771. S. Dow, Inscriptions from the Athenian Agora, Hesperia 4, 1935, S. 91; Mørkholm, Antiochus S. 54; Habicht, Seleucids S. 357 Anm. 125; Grainger, Prosopography S. 52. 255 Habicht, Seleucids S. 357. 256 Für eine mehr oder weniger offizielle Anerkennung des Demetrios I. durch den Senat sprechen sich volkmann, Demetrios I. S. 390 f., Will, Histoire II S. 368 und Gruen, Aftermath S. 84 mit Anm. 78, dagegen Meyer, Ursprung II S. 252, Willrich, Demetrios (40), Sp. 2796 und Briscoe, Eastern Policy S. 53 aus. vgl. dazu auch die gute Diskussion von Hopp, Attaliden S. 82 Anm. 121, der schreibt, „daß Demetrios I. keine eigentliche Anerkennung fand, sondern − trotz des sicher wohlwollenden Berichts des Ti. Gracchus − nur toleriert wurde, …“. Huß, Ägypten S. 582 schließt sich Hopp an. 257 zu den Familienverhältnissen vgl. Th. lenschau, Orophernes (2), RE XvIII 1, 1, Stuttgart 1939, Sp. 1168. Einen Überblick über die Geschichte des kappadokischen Königshauses bietet Diod. 31, 19, 1 ff. 258 zum folgenden vgl. Bevan, House II S. 205 ff.; Bouché-leclercq, Histoire I S. 326 ff.; niese, Geschichte III S. 250 ff.; volkmann, Demetrios I. S. 401 f.; Will, Histoire II S. 371 f.; Habicht, Seleucids S. 359 ff.; Müller, Stratonike S. 415. 259 Wie die Unterstützung, die Demetrios I. dem Orophernes zukommen ließ, konkret ausgesehen hat, läßt sich nicht sagen. Appian (47, 244) schreibt ihm jedenfalls eine aktive Rolle zu: „Demetrios vertrieb ferner den Ariarathes aus seiner Herrschaft über Kappadokien und setzte für
4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?)
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machen.260 Ariarathes v. floh nach Pergamon261 und traf im Sommer 158 in Rom ein.262 Aus Syrien kam eine Gesandtschaft unter Führung des Miltiades.263 Polybios erwähnt nicht, welches Amt dieser am Seleukidenhofe bekleidete. vielleicht ist er der nachfolger des inzwischen verstorbenen (?) Menochares gewesen, der die Gesandtschaft des Jahres 160 angeführt hatte;264 er sollte die seleukidische Position vertreten und Ariarathes v. anschwärzen. Timotheos und Diogenes, die Gesandten des Orophernes, brachten einen Goldkranz als Huldigungsgeschenk mit und baten um Freundschaft und Erneuerung des Bündnisses (öéëßá êár óõììá÷ßá: Pol. 32, 10, 4). Im Jahr 157 schließlich entschied der Senat, das Königreich Kappadokien zu teilen. Im Auftrage Roms führte Attalos II. von Pergamon Ariarathes v. in seine Reichshälfte zurück.265 Die Stellung des Orophernes wurde immer unsicherer. Um seinen verschwenderischen lebensstil finanzieren und an Demetrios I. die versprochenen 1.000 Talente bezahlen zu können, erhöhte er den Steuerdruck auf seine Untertanen.266 Insgesamt erhielt Demetrios I. 670 Talente (Diod. 31, 32). Um seine meuternden Söldner entlohnen zu können, raubte Orophernes sogar den zeustempel am Berg Ariadne aus.267 400 Talente hinterlegte er im Tempel der Athena Polias von Priene und gab weitere Mittel, um der Athena ein neues Kultbild zu stiften.268 Als sich der unfähige König in Kappadokien nicht mehr halten konnte, floh er im Jahr 156 nach Antiocheia (Iust. 35, 1, 2). Demetrios I. hatte zunächst beabsichtigt, ihn wieder in sein Reich einzusetzen (Iust. 35, 1, 3). Da sich Orophernes jedoch noch 156? an
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1.000 Talente an seine Stelle den Olophernes, …“ (Übersetzung O. veh: Appian von Alexandria. Römische Geschichte. Erster Teil: Die römische Reichsbildung. Übersetzt von O. veh, durchgesehen, eingeleitet und erläutert von K. Brodersen, in: P. Wirth/W. Gessel [Hg.], Bibliothek der griechischen literatur Band 23, Stuttgart 1987, S. 315). Bohm, Imitatio S. 108 spricht von Finanz- und Militärhilfe. Habicht, Seleucids S. 359 Anm. 133 und ihm folgend Müller, Stratonike S. 416 mit Anm. 135 und 420 gehen von einer „Invasion“ Kappadokiens durch Demetrios I. aus. Auf seinen in Priene geprägten Tetradrachmen, von denen nur sechs Exemplare bekannt sind, trägt er den Königstitel: Simonetta, cappadocian Kings S. 28 f. mit Taf. III 10. zur Datierung vgl. niese, Geschichte III S. 250: 159; Habicht, Seleucids S. 359: 159/58. Diod. 31, 32 a. In Pergamon regierte zu diesem zeitpunkt vielleicht doch noch Eumenes II., vgl. die Diskussion des Inschriftenfundes durch G. Petzl, Inschriften aus der Umgebung von Saittai, zPE 30, 1978, S. 266 f., der das Todesjahr des Eumenes II. nicht auf 159/58, sondern 158/57 ansetzt. Das höhere Datum haben niese, Geschichte III S. 250 Anm. 5 und Hopp, Attaliden S. 59. Pol. 32, 10, 1. niese, Geschichte III S. 250 schreibt „Spätsommer“; Müller, Stratonike S. 417. Pol. 32, 10, 3. Olshausen, Prosopographie S. 222 nr. 155; Grainger, Prosopography S. 106. Auch Miltiades fehlt bei carsana, Dirigenze. Olshausen Prosopographie S. 221 f. nr. 154. Siehe oben Kap. II 2. niese, Geschichte III S. 251; Müller, Stratonike S. 418. Diod. 31, 32. Willrich, Demetrios (40) Sp. 2797. Diod. 31, 34. Th. lenschau, Orophernes (2), RE XvIII 1, 1, Stuttgart 1939, Sp. 1169. Pol. 33, 6; Diod. 31, 32. vgl. Brief (?) und Senatsbeschluß zum Streit des Ariarathes v. und des Orophernes: F. Hiller von Gaertringen (Hg.), Inschriften von Priene, Berlin 1906, S. 45 nr. 39 mit Kommentar S. XvIII; Welles, Rc 63; Walbank, commentary III S. 547 f.; Müller, Stratonike S. 419.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
einem Aufstand der antiochenischen Bevölkerung beteiligte (Iust. 35, 1, 2), ließ der Seleukide diesen festnehmen und, um ihn gegebenenfalls noch einmal gegen Ariarathes v. ins Spiel bringen zu können, in Seleukeia in Pierien internieren.269 vermutlich benutzte Demetrios I. die 670 Talente, die er von Orophernes erhalten hatte, nicht nur dazu, den Rhodiern eine großzügige Getreidespende von 200.000 Scheffeln Weizen und 100.000 Scheffeln Gerste zu finanzieren,270 sondern auch, um Archias, den ptolemäischen Statthalter von cypern,271 zu bestechen. Polybios 33, 5, 3 zufolge willigte Archias darin ein, Demetrios I. gegen die Bezahlung von 500 Talenten die Insel abzutreten. Das Komplott wurde aber offenbar bald aufgedeckt. Um dem ihm drohenden Prozeß zu entgehen, beging der Stratege Selbstmord.272 Das cypern-Unternehmen ist von der Forschung sehr verschieden datiert und in seinem charakter konträr beurteilt worden. W. Otto und l. Mooren setzen es früh auf das Jahr 158/57,273 H. volkmann spät auf das Jahr 150 an,274 während E. Will meint, daß es nicht möglich sei, den Annexionsversuch zeitlich näher einzugrenzen.275 Gegen das hohe Datum spricht, daß der Makkabäeraufstand erst 158 mit einiger Mühe endgültig unterdrückt worden war; gegen das niedrige Datum die historische Situation des Jahres 151/50 (siehe unten): Da Alexander I. im Jahr 151 die phönikische Küste unter seine Kontrolle gebracht hatte und die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen dem Thronprätendenten und Demetrios I. ihrer militärischen Entscheidung entgegentrieb, wäre es nicht gerade klug gewesen, in dieser prekären Situation eine Aktion gegen cypern zu starten, die nur finanzielle Mittel gebunden hätte, welche gegen Alexander I. dringend benötigt wurden. Plausibel hingegen ist eine Datierung ins Jahr 156/55,276 155277 oder 155/54.278 H. volkmann charakterisiert Demetrios’ I. Außenpolitik als nicht-imperialistische Defensivpolitik.279 Diese Beurteilung ist zuletzt von c. Bohm unter Hinweis
269 Iust. 35, 1, 4. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Th. lenschau, Orophernes (2), RE XvIII 1, 1, Stuttgart 1939, Sp. 1169. 270 Diod. 31, 36. Bringmann, Ökonomie S. 105. zur Förderung der Rhodier durch Antiochos Iv. vgl. liv. 49, 20, 7. Siehe auch unten Anm. 283. 271 zu Archias vgl. Mooren, Titulature S. 188 f. nr. 0351. Inschriftlich lauten seine Titel: ¿ óõããåíxò êár óôñáôçã’ò êár Pñ÷éåñå˜ò ôyò íÞóïõ, Mooren, ebenda mit der literatur. 272 Pol. 33, 5, 2. Walbank, commentary III S. 546 f. vgl. auch die vorgänge um Ptolemaios Makron, der von Ptolemaios vI. zum Statthalter cyperns ernannt worden war, aber zu Antiochos Iv. übertrat: II. Makk. 10, 12 f. Hölbl, Geschichte S. 133. 273 Geschichte S. 112; Mooren, Titulature S. 188: „158/57 or later“. 274 Münzprägung S. 54. 275 Will, Histoire II S. 376 schreibt er: «la date de la tentative d’annexion de chypre n’est pas déterminable avec précision et on l’a déplacée de 158 à 151/0». 276 H. Bengtson, Die Strategie in der hellenistischen zeit. Ein Beitrag zum antiken Staatsrecht (Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 36. Heft), Band III, München 1967², S. 233 zu nr. 139; Bohm, Imitatio S. 108. 277 niese, Geschichte III S. 258 Anm. 6; Bevan, House II S. 208; Bouché-leclercq, Histoire I S. 329. 278 Walbank, commentary III S. 41 f. zustimmend Habicht, Seleucids S. 361 mit Anm. 140. 279 Münzprägung S. 54 f. und Demetrios I. S. 401 f.
4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?)
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auf das cypern-Unternehmen abgelehnt worden.280 Versucht man sich ein Gesamtbild von der Außenpolitik des Königs zu machen, so müssen folgende vier Aspekte berücksichtigt werden: 1.) Gegenüber Rom war Demetrios I. im wesentlichen auf Ausgleich bedacht. Er bemühte sich um eine offizielle Anerkennung durch den römischen Senat und bekundete mit der Auslieferung des Mörders des Octavius und später des illegitimen Philipp-Sohnes Andriskos281 seinen guten Willen. Dennoch ignorierte er die rö280 Imitatio S. 107 f. Sie spricht von „expansiver Außenpolitik“ und „imperiale(r) Politik“. 281 Dieser Andriskos-Philippos stammte aus Adramytteion und gab sich als Sohn des letzten Makedonenkönigs Perseus aus (liv. per. 49, 21; Amm. 14, 11, 31). Er nannte sich Philippos (seine Gegner deshalb Pseudophilippos: Diod. 32, 15, 7; Eutrop. 4, 13, 1) und erhob Ansprüche auf Makedonien. nach einem vergeblichen versuch, in Makedonien genügend Anhänger zu gewinnen, begab er sich 153 oder 151/50 (so die Datierung Wilckens) zu Demetrios I. nach Syrien, mit dem er angeblich verwandt war (zon. 9, 29, 2), um dessen Unterstützung zu erlangen (liv. per. 49, 27; zon. 9, 29, 2). Demetrios I. ließ aber diesen Andriskos-Philippos gefangensetzen und nach Rom ausliefern. vom Senat interniert, gelang diesem jedoch bald die Flucht nach Milet, wo er verbindung zum thrakischen Fürsten Teres aufnahm, der eine Schwester des Perseus zur Frau hatte. zu seinem weiteren Schicksal vgl. U. Wilcken, Andriskos (4), RE I 2, Stuttgart 1894, Sp. 2142 f.; Grainger, cities S. 156 und zuletzt K. Rosen, Andriskos. Milesische Geschichten und makedonische Geschichte, in: W. Will (Hg.), Alexander der Große. Eine Welteroberung und ihr Hintergrund (Antiquitas Reihe 1, Band 46), Bonn 1998, S. 117−130. Am ausführlichsten wird der ‚Fall‘ des Andriskos behandelt von: J. M. Helliesen, Andriscus and the Revolt of the Macedonians 149−148 B. c. (Diss.) Wisconsin 1968. − In der Überlieferung zu AndriskosPhilippos bleibt vieles im Dunkeln. Eine echte verwandtschaft mit dem Seleukidenhaus scheint jedenfalls nicht bestanden zu haben, da in der Überlieferung nirgends behauptet wird, daß die syrische Ehefrau des Perseus, laodike (zur Ehe vgl. Seibert, Dynastische verbindungen S. 43 ff.), die Tochter des Seleukos Iv. und Schwester des Demetrios I., die Mutter des AndriskosPhilippos gewesen sei. vielmehr heißt es bei livius (per. 49, 22) ausdrücklich, seine Mutter sei eine paelex gewesen, was die Übersetzung des griechischen Wortes ðÜëëáî ist und eine Mätresse bezeichnet. Andriskos-Philippos dürfte damit − wie Alexander I. und der Attalide Aristonikos (= Eumenes III.) (siehe unten) − aus einer illegitimen verbindung stammen. vermutlich wurde er von seinem vater Perseus nach Adramytteion ‚abgeschoben‘. Unsicher ist ferner, zu welchem zeitpunkt er nach Antiocheia kam (153 oder 151/50?). Bei Wilckens Datierung in das Jahr 151/50 ist zu bedenken, daß Demetrios I. zu diesem zeitpunkt bereits mitten in Abwehrkämpfen gegen Alexander I. stand. Inwieweit Andriskos-Philippos zu dieser zeit noch auf militärische Unterstützung seitens des Demetrios I. hoffen durfte, bleibt fraglich. vielleicht sollte man deshalb ein früheres Jahr − 153 − für seine Ankunft in Syrien annehmen, so die Datierung von Hopp, Attaliden S. 83 mit Anm. 126; 93. Daß Demetrios I. Andriskos-Philippos an Rom als Gefangenen auslieferte, geht auch aus der Wortwahl Diodors hervor, da das Verb PíáðÝìðù bei Polybios, den Diodor hier als vorlage benützt, im Sinne von „als Gefangenen nach Rom schicken“ verwendet wird (vgl. z. B. die verwendung dieses verbs im lukasevangelium: So schickt [PíáðÝìðù] Pilatus Jesus zu Herodes Antipas [lk 23, 7] und Herodes schickt [PíáðÝìðù] Jesus an Pilatus zurück [lk 23, 11], vgl. dazu J. Jeremias, Die Sprache des lukasevangeliums [KEK Sonderband], Göttingen 1980, S. 301, der als Wortbedeutung von PíáðÝìðù „einen Angeklagten dem zuständigen Gericht überstellen“ angibt). Hätte Demetrios I. Andriskos-Philippos unterstützt, hätte Diodor wohl das verb PðïóôÝëëù bei Polybios gefunden (vgl. A. Mauersberger, Polybios-lexikon, Berlin 1956, Band I, S. 106; 204). − zwei überprägte römische Denare (M. H. crawford, Roman Republican coinage, cambrigde 1974, Band I, S. 256 nr. 217/1), die vor nicht langer zeit im Münzhandel aufgetaucht sind (vgl. H. lanz, München, Kat. 92, Juni 1999, 223 und Tkalec AG, zürich, Kat. o. nr., Feb. 2002, 33), haben
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
mische Forderung, den Krieg in Judäa einzustellen.282 Der versuch, cypern unter seleukidische Hoheit zu bringen, stellte einen klaren verstoß gegen das Friedensabkommen von Apameia dar. 2.) Ganz im traditionellen Rahmen hellenistischer Außen- und Bündnispolitik bewegten sich Demetrios’ I. Heiratspolitik und sein Werben um die Gunst der Rhodier. Im Falle von Rhodos folgte er einerseits der Politik seiner vorgänger,283 andererseits konkurrierte der Seleukide mit den Attaliden, denn noch in seinem Testament hatte Eumenes II. die Rhodier mit 30.000 Scheffel Getreide bedacht.284 3.) In den Jahren 159−156 versuchte Demetrios I., Einfluß auf die Politik in Kappadokien zu bekommen, der letztlich dazu dienen sollte, Druck auf das Attalidenreich auszuüben.285 Der Seleukide griff aber nicht selbst militärisch in die kappadokischen Thronwirren ein, wie Appian (Syr. 47, 244) es übertrieben und verkürzt darstellt, sondern ließ dem Thronprätendenten Orophernes Finanz- und Militärhilfe zukommen.286 4.) Schließlich versuchte Demetrios I. zwar, cypern unter seleukidische Herrschaft zu bekommen, aber es ist in der − wenn auch fragmentarischen − Überlieferung bei Polybios nicht von einer Militäraktion gegen cypern, sondern allein von dem ‚friedlichen‘ Bestechungsversuch die Rede. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß die Insel von seleukidischen Truppen gewaltsam besetzt werden sollte.287
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einiges Aufsehen erregt: Die vorderseite zeigt einen bärtigen Königskopf mit Diadem nach rechts, die Rückseite einen stehenden Herakles mit Rhyton, Keule und löwenfell. Die legende lautet: ÂÁÓÉËÅÙÓ ÖÉËÉÐÐÏÕ. Die beiden Stücke wurden auf Andriskos-Philippos gedeutet und wären dann 149/48 geprägt bzw. überprägt worden. Ihre Echtheit ist jedoch sehr umstritten. vermutlich handelt es sich um raffiniert gemachte Fälschungen. I. Makk. 8, 31 f. Seleukidische Hilfe für Rhodos hat eine längere Tradition: So hatte Seleukos II. der im Jahr 227/26 von einem Erdbeben schwer getroffenen Insel u. a. 200.000 Medimnen Getreide und große Mengen an Harz und Bauholz geschenkt: Pol. 5, 89, 8 f. Aperghis, Economy S. 209; Bringmann, Ökonomie S. 104. Diod. 31, 36. Eumenes II. starb 159/58 oder 158/57: G. Petzl, Inschriften aus der Umgebung von Saittai, zPE 30, 1978, S. 266 f. Die Getreidespende des Demetrios I. könnte im Jahr 156/55 erfolgt sein. Müller, Stratonike S. 420 f. So richtig Bohm, Imitatio S. 108. Anders Habicht, Seleucids S. 359 Anm. 133 und Müller, Stratonike S. 416 mit Anm. 135 und S. 420. Müller geht davon aus, daß Demetrios I. über den Taurus zog und militärisch aktiv in Kappadokien eingriff. Allerdings macht er, Stratonike S. 417, selbst darauf aufmerksam, daß mehr noch als das Eingreifen Demetrios’ I. in die ‚kappadokischen Affären‘ verwundert, daß „Rom die flagrante verletzung des zentralen Artikels des vertragsinstruments von Apameia, der Festschreibung der Taurusgrenze für das Seleukidenreich und des verbots, sie in kriegerischer Absicht zu überschreiten, nicht nur ohne Protest hinnahm …, sondern … auch keineswegs eindeutig für … Ariarathes v. Partei ergriff“. Anders als Antiochos Iv., der cypern mit seiner Flotte angreifen ließ (Pol. 29, 27, 10; liv. 45, 11, 9): Hölbl, Geschichte S. 133, aber nach dem ‚Tag von Eleusis‘ wieder an die Ptolemäer zurückgeben mußte: Kiechle, Konsolidierung S. 165 f.
4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?)
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Insgesamt kommt man zu dem Ergebnis, daß Demetrios’ I. Außenpolitik sicher nicht rein defensiv orientiert war, wie volkmann meinte. Sie ist aber auch schwerlich als ‚imperialistisch‘ zu bezeichnen.288 Während die seleukidische Armee in Judäa mit aller Härte gegen die Aufständischen vorging, betrieb Demetrios I. gegenüber den benachbarten hellenistischen Reichen eine Politik der indirekten Mittel. Diese war im Ansatz nicht ungeschickt gedacht, scheiterte aber aufs Ganze gesehen289 und hatte letztlich nur eine gefährliche verbündung der Könige von Pergamon, Kappadokien und Ägypten gegen ihn zur Folge. nach dem verrat seines Statthalters Archias war Ptolemaios vIII. Euergetes II. nicht mehr gewillt, der Politik seines ruhelosen nachbarn weiterhin tatenlos zuzusehen. Wie es scheint, kam es spätestens im Jahr 154 zwischen Ptolemaios vIII., Attalos II. und Ariarathes v. zur verständigung darüber,290 wie der Seleukide ohne eigenes militärisches Engagement, was sicher nur das Mißtrauen Roms erregt hätte, am schnellsten ausgeschaltet werden könnte.291 Bereits 158 hatte Attalos II.292 als Reaktion auf die vertreibung des Ariarathes v. durch den von Demetrios I. unterstützten Orophernes einen in Smyrna lebenden jungen Mann namens Balas, der sich als Sohn des Antiochos Iv. ausgab und dem ermordeten Antiochos v. angeblich ähnlich sah,293 nach Pergamon holen lassen und ihn als Gegenkönig zu Demetrios I. aufgestellt.294 Die Herkunft des Balas ist zweifelhaft. Appian (Syr. 67, 354) schreibt, daß er „fälschlich angab, aus dem seleukidischen Geschlecht zu stammen“;295 in Syr. 67, 355 bezeichnet er ihn als íüèïò ôï™ ãÝíïõò.296 Die jüdischen Quellen sehen in ihm einen echten Seleukiden (I. Makk. 10, 1; Ios. ant. Iud. 13, 35). Doch betonen gerade sie seine legitimität, da sonst, wie H. volkmann anmerkt, die den Juden von Alex288 So Bohm, Imitatio S. 108. 289 Hopp, Attaliden S. 82 f.; Bohm, Imitatio S. 108. 290 nach Iustin 35, 1, 6 waren alle drei Könige an der Erhebung des Gegenkönigs Alexander (I.) beteiligt. 291 vgl. zum Hintergrund, insbesondere der Unterstützung des Alexander (I.) von ptolemäischer Seite, auch Huß, Ägypten S. 582 ff. 292 nicht Eumenes II., wie Diod. 31, 32 a irrtümlich schreibt: Habicht, Seleucids S. 359 Anm. 133. Die andere Rekonstruktion der Ereignisabfolge von Ritter, Diadem S. 137, der diese Geschehnisse in das Jahr 153 verlegt, ist mit Recht von Hopp, Attaliden S. 80 Anm. 117 und Bohm, Imitatio S. 110 abgelehnt worden. 293 Ein vergleich der Münzporträts ergibt allerdings, daß von einer physiognomischen Ähnlichkeit zwischen Antiochos v. und Alexander I. nicht die Rede sein kann: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 63; Salzmann, Bildnis S. 255. 294 zum historischen Hintergrund vgl. Bohm, Imitatio S. 109 ff.; Müller, Stratonike S. 421 f.; Huß, Ägypten S. 582 f. 295 Übersetzung von O. veh: Appian von Alexandria. Römische Geschichte. Erster Teil: Die römische Reichsbildung. Übersetzt von O. veh, durchgesehen, eingeleitet und erläutert von K. Brodersen, in: P. Wirth/W. Gessel (Hg.), Bibliothek der griechischen literatur Band 23, Stuttgart 1987, S. 327:EÁëÝîáíäñïò øåõäüìåíïò åqíáé ôï™ Óåëåõêåßïõ ãÝíïõò. Ähnlich Iust. 35, 2, 4 und Athen. 5, 211, 47, der ihn als „untergeschobenen, unechten“ Sohn des Antiochos Iv. bezeichnet: ¿ äEEÁëÝîáíäñïò ï£ôïò ¬í EÁíôéü÷ïõ ôï™ EÅðéöáíï™ò õj’ò ›ðïâëçèåßò, … Appian und Iustin gehen beide auf Poseidonios zurück. 296 vgl. auch Hopp, Attaliden S. 80 Anm. 116.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
ander I. verliehenen Privilegien später rechtsungültig erscheinen konnten.297 In der modernen literatur wird er zumeist als „Schwindler“298 und von „niederer Herkunft“299 bezeichnet. A. Bouché-leclercq allerdings zog in Betracht, daß es sich bei ihm vielleicht auch um einen unehelichen Sohn des Antiochos Iv. handeln könnte,300 eine vermutung, die plausibel erscheint, gerade wegen des Ausdrucks íüèïò ôï™ ãÝíïõò, der diesen als mit einer Beischläferin oder Sklavin gezeugt nennt.301 Immerhin kennen wir ja wenigstens eine nebenfrau (ðÜëëáî) des vierten Antiochos namentlich, und zwar Antiochis,302 und es ist gut möglich, daß Alexander I. einer solchen Verbindung mit einer ðÜëëáî entstammte (siehe Stammtafel).303 Attalos II. verlieh ihm den programmatischen Thronnamen Alexander,304 versah ihn mit Diadem und der einem König gebührenden Ausstattung (ðåñéêïðÞ)305 und sandte ihn zu zenophanes von Olba in die Kilikia Tracheia.306 Dort, an der Grenze zum Ebenen Kilikien unfern der syrischen Hauptstadt Antiocheia, stellte der Gegenkönig allein durch seine Anwesenheit eine dauernde Beunruhigung Syriens und Gefährdung der Herrschaft Demetrios’ I. dar.307 297 298 299 300
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Demetrios I. S. 403. volkmann, Demetrios I. S. 403; Schneider, Kulturgeschichte I S. 91. Wilcken, Alexandros (22) Sp. 1437. Histoire I S. 333 Anm. 1, ihm folgt Will, Histoire II S. 376: «On ne saurait dire si Balas était un aventurier sans rapport aucun avec la dynastie ou s’il était peut-être un bâtard d’Antiochos Iv.» In diese Richtung geht auch Ogden, Polygamy S. 143 ff. vgl. schließlich auch die Diskussion bei Houghton, Tetradrachm S. 154 Anm. 6. zu íüèïò vgl. auch Ogden, Polygamy S. 144. II. Makk. 4, 30. Grainger, Prosopography S. 77; Habicht, 2. Makkabäerbuch S. 220 übersetzt ðÜëëáî mit „Mätresse“. Ogden, Polygamy S. 143 meint aufgrund des seleukidischen namens Antiochis, daß es sich bei ihr eher um die Frau Antiochos’ Iv. als eine nebenfrau oder Konkubine handeln dürfte. Ähnlich wie der letzte pergamenische König, Eumenes III. (Aristonikos), der wahrscheinlich ein illegitimer Sohn des Eumenes II. war. Eutropius 4, 20, 1 schreibt: Motum interim in Asia bellum est ab Aristonico, Eumenis filio, qui ex concubina susceptus fuerat. vgl. auch chr. Mileta, Eumenes III. und die Sklaven. neue Überlegungen zum charakter des Aristonikosaufstandes, Klio 80, 1998, S. 49. Bei den Ptolemäern trug Ptolemaios XII. den Spitznamen Nothos, „Bastard“: Mittag, Unruhen S. 184. nebenfrauen sind sicher keine Ausnahmeerscheinung gewesen. So erwähnt Iust. 38, 8, 11 eine paelex des Ptolemaios vIII. Euergetes II. Iust. 35, 1, 7: nomen ei Alexandri inditur. zur Funktion und Bedeutung des namens ausführlich Bohm, Imitatio S. 111 ff. Wichtig dort S. 112 auch ihre Richtigstellung gegen Hopp, Attaliden S. 80 Anm. 116, der in Alexander lediglich einen Beinamen sieht. vgl. außerdem Huß, Ägypten S. 583. Diod. 31, 32 a. Der Begriff umfaßt nicht nur Kleider und Schmuck, sondern auch kostbares Geschirr, diverse Gerätschaften, Wagen und Diener: Ritter, Diadem S. 137 Anm. 2. vgl. auch cicero verr. 4, 30, 67, der Hofstaat und Ausrüstung des Antiochos Philometor bzw. Antiochos XIII. als comitatus regius atque ornatus bezeichnet. Schon Jones, cities S. 201 hat gesehen, daß es sich bei zenophanes wahrscheinlich um einen Angehörigen der Priesterdynastie von Olba handelte. Der name ist inschriftlich mehrfach bezeugt: MAMA III S. 67 ff. nr. 63 ff.; SEG 26, 1976/77, 1451 ff. Siehe auch oben Kap. I 2, 4 und unten Kap. II 12; 13. vgl. außerdem MacKay, Sanctuaries S. 2088 und Hopp, Attaliden S. 80 mit Anm. 118. volkmann, Demetrios I. S. 403.
4.) Außenpolitik des Demetrios I. und Erhebung des Alexander I. (154 ?)
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Im Jahr 154 (?) erinnerten sich die gegen Demetrios I. verbündeten Könige dieses in Kilikien residierenden Alexander (I.).308 Gemeinsam mit seiner Schwester (?) laodike309 reiste dieser im Auftrage Ptolemaios’ vIII. und Attalos’ II. im Frühjahr/Sommer 153 nach Rom. 310 Mit der Führung dieser Mission wurde der Milesier Herakleides, der ehemalige Finanzminister und Bruder des von Demetrios I. beseitigten ‚Generalstatthalters der Oberen Satrapien‘, Timarchos, betraut. Im Sommer 153 befand sich auch der Sohn des regierenden Seleukidenkönigs, Demetrios (II.), in Rom, um den Senatoren vorgestellt zu werden (Pol. 33, 18, 5). Alexander (I.) hielt eine Ansprache, in der er die Senatoren bat, sich der öéëßá êár óõììá÷ßá mit seinem ‚vater‘ Antiochos Iv. zu erinnern und ihn bei der Wiedergewinnung der ðáôñ°á Pñ÷Þ zu unterstützen.311 Anschließend sprach Herakleides: Er hielt eine lobrede auf den toten Antiochos Iv., beschuldigte Demetrios I. und beschwor die Senatoren, Alexander (I.) und laodike „als den leiblichen nachkommen des Königs Antiochos Iv.“ (…EÁíôéü÷ïõ ôï™ âáóéëÝùò dêãüíïéò êáôN öýóéí: Pol. 33, 18, 9) die Erlaubnis zur Rückkehr nach Syrien zu geben (Pol. 33, 18, 9). Und tatsächlich gab ihnen der Senat die Erlaubnis (dîïõóßá), in ihr väterliches Reich zurückzureisen (dðr ôxí ðáôñ°áí Pñ÷xí êáôáðïñåýåóèáé), und beschloß, ihnen zu helfen (âïçèåsí), wie sie es erbeten hatten (Pol. 33, 18, 12 f.). Dabei hat man in Rom jedoch keinesfalls an eine wirkliche Unterstützung des Alexander (I.) in finanzieller oder gar militärischer Hinsicht gedacht. ‚Unterstützen‘ meinte hier nicht viel mehr, als daß man dem Unternehmen keine Steine in den Weg legen würde.312 Dennoch ließ der Senat keine Gelegenheit aus, Demetrios I. nach Möglichkeit Schwierigkeiten zu bereiten, seit dieser sich durch seine Flucht aus Rom einer Kontrolle offen entzogen hatte. Wie schon mit dem Beschluß zugunsten der Unabhängigkeitsbestrebungen des Timarchos im Jahr 161 (siehe oben), so nahm der Senat durch die Absegnung der vermeintlichen Ansprüche Alexanders (I.) auch diesmal wieder eine schwere Destabilisierung der verhältnisse in Syrien bewußt in Kauf. Denn letztlich ließ sich dessen Thronbesteigung nur durch einen militärischen Umsturz realisieren.313 Wie glaubwürdig mochten da noch die Worte der römischen Senatoren klingen, wenn sie auf ihren Inspektionsreisen durch den Osten die Rolle Roms als wohlmeinende und gerechte Ordnungsmacht priesen. Immerhin gab es 308 309
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vgl. auch Huß, Ägypten S. 582 f. Bei dieser laodike, die später nicht mehr in Erscheinung tritt, handelt es sich möglicherweise um eine echte Tochter Antiochos’ Iv.: Bouché-leclercq, Histoire I S. 333; volkmann, Demetrios I. S. 404; Bohm, Imitatio S. 113 Anm. 60. Grainger, Prosopography S. 50 läßt die Abstammungsfrage unentschieden. Huß, Ägypten S. 583. Pol. 33, 18, 7 f. Walbank, commentary III S. 560 f. Walbank, commentary III S. 561: “ … the ‘help’ was little more than permission to help themselves”. Gruen, Aftermath S. 92 spricht vom ‚grünen licht‘, das Alexander (I.) signalisiert wurde; Bohm, Imitatio S. 114 Anm. 68; Huß, Ägypten S. 583 sieht darin eine ‚Absegnung‘. vom Gegenteil geht Gruen, Aftermath S. 92 aus, der meint, daß der Senat die Stabilität in Syrien mit Alexander (I.) zu erhöhen suchte, da Demetrios’ I. Herrschaft schon stark bröckelte. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht, siehe unten Kap. III.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Polybios zufolge (33, 18, 10) eine Gruppe verantwortungsbewußter Senatoren, ïj ìÝôñéïé, wie er sie nennt, die sich gegen das Alexander (I.)-Abenteuer aussprachen. A. Bouché-leclercq, H. volkmann, J. Briscoe und andere vermuten in diesen den ‚Scipionenkreis‘.314 Es dürfte sich vor allem um Senatoren handeln, die Ti. Sempronius Gracchus und den Mitgliedern der Senatsgesandtschaft von 162/61 nahestanden, bzw. um diese selbst.315 leider erfahren wir nichts von der Diskussion im Senat. Statt dessen gibt Polybios die ‚Schuld‘ an dem in seinen Augen unglücklichen senatus consultum der „zauberei“ (ãïçôåßá: 33, 18, 10) des Herakleides, hinter der die handfeste zahlung von Bestechungsgeldern stecken wird, und entlastet damit die Senatoren.316 In Ephesos, das in hellenistischer zeit Werbezentrale für Söldner war,317 verbrachten Herakleides und Alexander (I.) den Winter mit der vorbereitung der landung in Syrien. viele angesehene Männer (Tíäñåò dðéöáíåsò) schloßen sich dem Unternehmen an (Pol. 33, 18, 13 f.). Wie Josephus (ant. Iud. 13, 36) erwähnt,318 hatte sich Demetrios I. in einen mit vier Türmen umwehrten Palast bei Antiocheia zurückgezogen, wahrscheinlich als Reaktion auf den Aufstand von 156 (?).319 Sein hochmütiges und unfreundliches Wesen, seine angeblich träge und gleichgültige Art gegenüber den Staatsangelegenheiten machten den König bei der Bevölkerung unbeliebt, ja verhaßt.320 Als die Stimmung für einen Thronwechsel in Syrien günstig schien, entschloß sich Alexander (I.), das Unternehmen zu wagen. von Ephesos aus konnte er im Jahr 160 S. Ä. (= 153/52) in Ptolemaïs an land gehen,321 nachdem die Militärgarnison der Stadt von Demetrios I. abgefallen war (I. Makk. 10, 1; Ios. ant. Iud. 13, 35). Auch die Einwohner der Hafenstadt schlossen sich dem „Sohn des Antiochos Epiphanes“ 314
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Histoire I S. 335; Demetrios I. S. 386; Eastern Policy S. 61. zum ‚Scipionenkreis‘ vgl. H. Strasburger, Der ‚Scipionenkreis‘, Hermes 94, 1966, S. 60 ff., der bezüglich der philosophischen Interessen dieser Gruppe nachweist, daß es sich dabei im wesentlichen um ein Konstrukt ciceros handelt, der das Bildungserlebnis seiner Jugend im ‚Kreise‘ der Scaevolae und der Redner crassus und Antonius in die frühere zeit rückprojiziert. Ti. Sempronius Gracchus war Konsul des Jahres 177 und 163 und der Schwiegervater des Scipio: H. Strasburger, Der ‚Scipionenkreis‘, Hermes 94, 1966, S. 65. vgl. zu dieser Stelle auch Bouché-leclercq, Histoire I S. 334 f. volkmann, Demetrios I. S. 404 und Walbank, commentary III S. 561 mit Hinweis auf Plautus’ Miles gloriosus. vgl. auch Synkellos 350, 10, der Söldner ausdrücklich erwähnt; die Geldmittel dafür hatte Alexander (I.) von Ptolemaios vIII. Ios. ant. Iud. 13, 35 f. basiert wohl nicht auf Polybios oder nikolaos von Damaskos, wie Marcus, Josephus S. 243 Anm. f. meint, sondern auf Poseidonios. zu Poseidonios’ Urteil über Demetrios I.: Fischer, Partherkrieg S. 22. Siehe auch oben Kap. I 1. Ios. ant. Iud. 13, 36: Pðïêëåßóáò ãNñ á›ô“í åkò ôåôñáðýñãéüí ôé âáóßëåéïí, • êáôåóêåýáóåí ášô’ò ïšê Tðùèåí ôyò EÁíôéï÷åßáò, … vgl. dazu Ehling, Unruhen S. 320 mit Anm. 127. Die Textstelle bei Josephus ist auch insofern interessant, als er hier nicht von einer ášëÞ spricht, die den eigentlichen Königspalast bezeichnet. zu ášëÞ, âáóßëåéïí und âáóßëåéá siehe Kap. II 6 Anm. 447. Das âáóßëåéïí des Demetrios I. ist, soweit ich weiß, noch nicht lokalisiert. Ios. ant. Iud. 13, 35; Iust. 35, 1, 8. Ehling, Unruhen S. 320; 331. Pol. 33, 18, 14. Hopp, Attaliden S. 84.
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an.322 Der Ausdruck dâáóßëåõóåí dêås (I. Makk. 10, 1) weist darauf hin, daß Alexander I. in Ptolemaïs zum König ausgerufen wurde.323 Bei der landung hat vermutlich Antigonos, der aus Milet stammende nauarch des Alexander I., eine entscheidende Rolle gespielt.324 Der Herrschaftsantritt Alexanders I. ist in den Sommer 152 zu datieren,325 hingegen findet sich in der älteren literatur, etwa bei U. Wilcken, E. Schürer oder H. volkmann, noch der Sommer 153.326 Beide Seleukidenkönige warben um Jonathan und die Juden als Bündnispartner. Angesichts der bevorstehenden Auseinandersetzungen ging es auch darum, nicht in einen feindlichen Aufstand in Judäa hineingezogen zu werden. Demetrios I. schickte eine Gesandtschaft ðåñr óõììá÷ßáò êár åšíïßáò mit einem Brief an Jonathan,327 in dem er diesem hohe Würden versprach und die Erlaubnis zu Truppenaushebungen gab (I. Makk. 10, 6; Ios. ant. Iud. 13, 38). Außerdem ließ er die seit 161 in Haft gehaltenen Geiseln freigeben, die von der Besatzung der Akra auch tatsächlich an Jonathan ausgeliefert wurden (I. Makk. 10, 6; 9; Ios. ant. Iud. 13, 39 f.). Die Jerusalemer Akra blieb seleukidisch, aber Jonathan verstärkte die Mauern von Tempelberg und Stadt (I. Makk. 10, 10 f.; Ios. ant. Iud. 13, 41). In den acht von Bakchides im Jahr 161 angelegten Festungen konnten sich die Besatzungstruppen nicht mehr halten und flohen nach Antiocheia (Ios. ant. Iud. 13, 42). nur Bet-zur blieb in seleukidischer Hand und wurde zum letzten zufluchtsort der jüdischen Hellenisten (I. Makk. 10, 12−14; Ios. ant. Iud. 13, 42). Aber Demetrios’ I. Gegenspieler Alexander I. war großzügiger und zu sehr viel weitergehenden Konzessionen bereit: Er ernannte Jonathan nicht nur zum Hohenpriester und machte den Hasmonäer damit offiziell zum höchsten Repräsentanten des jüdischen Ethnos, sondern gab ihm auch den Titel eines ößëïò ôï™ âáóéëÝùò. Mit dem Ernennungsschreiben (I. Makk. 10, 18−20) an seinen „Bruder“ Jonathan328 322 323
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Ios. ant. Iud. 13, 35. zur Beliebtheit des vierten Antiochos in den 40er Jahren des 2. Jahrhunderts vgl. Mørkholm, Posthumous (1983) S. 60. Genau wie Demetrios I. im Jahr 162 nach seiner landung in Tripolis (siehe oben Kap. II 2). Wie Ritter, Diadem S. 137 f. gezeigt hat, wurde Alexander I. zwar von Attalos II. mit einem Diadem ausgestattet (Diod. 31, 32 a), aber nicht „gekrönt“. Erst in Ptolemaïs trat er seine Königsherrschaft an. Herrmann, Milesier S. 183 ff. Siehe auch oben Kap. I 2, 2. Hopp, Attaliden S. 84. Das Datum ergibt sich daraus, daß der von Alexander I. sehr bald nach seiner landung zum Hohenpriester ernannte Jonathan beim laubhüttenfest im Oktober 152 erstmals in dieser Funktion auftrat (siehe unten). Wilcken, Alexandros (22) Sp. 1437; Schürer, Geschichte S. 228; volkmann, Demetrios I. S. 404. Gesandte erwähnt Ios. ant. Iud. 13, 37, nicht aber das I. Makkabäerbuch. Mit Päåëöüò sprach der Seleukidenkönig den Ptolemäerkönig (OGIS I 257 = Welles, Rc 71 = Austin, Hellenistic world 173 [Paphos]) an, siehe auch Kap. I 2, 4. Willrich, Ordens-Wesen S. 417 schreibt: „vers 18−20 folgt dann ein Aktenstück, ein Brief Alexanders an Jonathan. Alexander redet ihn als Päåëöüò an, ernennt ihn zum Hohenpriester der Juden und ößëïò (im technischen Sinne) des Königs und übersendet ihm ein Purpurgewand und einen Goldkranz. Hierbei fällt die Anrede ô² Päåëö² auf, sie kann keinem ößëïò zukommen, sondern nur einem Angehörigen der höchsten Rangklasse, einem óõããåíÞò, der verfasser des Briefes kennt also die Kurialien nicht“. vgl. auch dens., Urkundenfälschung S. 36. Gauger, Beiträge S. 117 f. schließt sich Willrich ausdrücklich an. − Richtig ist, daß die Anrede mit Päåëöüò innerhalb
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übersandte Alexander I. die für die ößëïé üblichen Insignien Purpurgewand (ðïñöýñá) und Goldkranz (óôÝöáíïò ÷ñõóï™ò).329 Beim laubhüttenfest des Jahres 160, d. h. etwa im Oktober 152, legte Jonathan erstmals das Gewand des Hohenpriesters an (I. Makk. 10, 21; Ios. ant. Iud. 13, 46). I. Makk. 10, 25−45 (und dies in etwas überarbeiteter Form paraphrasierend Ios. ant. Iud. 13, 48−57) überliefert ein weiteres Schreiben Demetrios’ I., bei dem es sich aber, wie schon die ältere Forschung klar erkannt hat,330 auf keinen Fall um einen authentischen Königsbrief handeln kann. Dafür sind die darin ausgesprochenen zugeständnisse an die Juden viel zu weitgehend, selbst wenn man in Rechnung stellt, daß Demetrios I. hier versprechungen machte, die er kaum je einzulösen die Absicht hatte.331 So soll der König einen umfassenden Steuer- und Abgabennachlaß versprochen haben (10, 29−31; 34; 42), die Rückgabe der Akra (10, 32), die Freilassung aller jüdischen Kriegsgefangenen (10, 33), die Aufnahme von 30.000 Mann in die königliche Armee,332 die Schenkung der Einkünfte der Stadt Ptolemaïs an den Tempel von Jerusalem,333 die Stiftung von jährlich 15.000 Silberschekel (10, 40), die Bestreitung der Kosten für den Wiederaufbau der Tempelgebäude und die Befestigung der Stadtmauer (10, 44 f.) sowie noch einiges mehr.334 Dies alles geht weit über das wahrscheinliche Maß hinaus.335 Dennoch handelt es sich bei diesem Brief nicht um eine böswillige Fälschung. Treffend merkt E. Schürer an: „Man wird … annehmen dürfen, dass es sich mit dem Brief ähnlich verhält, wie mit den Reden, welche die alten Autoren ihrer Geschichtsdarstellung einverleiben. Der jüdische Verfasser lässt den Demetrius das schreiben, was der damaligen Situation angemes-
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des seleukidischen Hoftitelsystems nur dem óõããåíÞò zukam, etwa dem ‚Reichskanzler‘ (II. Makk. 11, 22), vgl. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 104. Aber im Falle des Jonathan gilt diese Anrede nicht dem ößëïò, sondern dem Hohenpriester. So wurde auch der Großpriester von Olba, zenas, als Päåëöüò bezeichnet, siehe oben Kap. I 2, 4. Jüdischer Hohepriester und ptolemäischer König stehen titular auf einer Stufe. Die Kritik von Willrich und Gauger ist deshalb zurückzuweisen. Diesen Kranz wird man sich vielleicht ähnlich dem bei Athenaios 5, 211 c erwähnten vorstellen. zu diesen Kränzen vgl. Ehling, Freunde S. 45 mit lit. in Anm. 38; 49. Schürer, Geschichte S. 229 mit Anm. 14; Schubart, Königsbriefe S. 343; Willrich, Urkundenfälschung S. 36 ff. Siehe oben Kap. I 1, 3. − Anders Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 291, der alle im I. Makkabäerbuch überlieferten Urkunden für echt hält, mit Ausnahme von I. Makk. 12, 20−23 (Brief des Spartanerkönigs Areios an den Hohenpriester Onias zur zeit des vierten Seleukos, siehe oben Kap. I 1, 3). Schürer, Geschichte S. 229 Anm. 14. Dazu bemerkt Schürer, Geschichte S. 229 Anm. 14: „Auffallend ist auch die Parallele von 10, 36−37 mit dem Aristeas-Brief … Wie nach letzterem Ptolemäus lagi 30,000 Juden in den Festungen verwendet hat, so verspricht Demetrios 30,000 Juden (dieselbe zahl !) in sein Heer aufzunehmen und zu Festungs-Besatzungen zu verwenden (in 10, 37, Anm. des verf.). Die vermuthung, dass dies aus der Feder eines jüdischen Autors stammt, der den Aristeas-Brief gekannt hat, ist kaum abzuweisen“. Diese Schenkung ist historisch undenkbar. So die höchst unwahrscheinliche verleihung des hiera-Status für Jerusalem: I. Makk. 10, 31: êár Éåñïõóáëçì }ôù Qãßá … „Jerusalem aber soll heilig sein …“. Schürer, Geschichte S. 229 Anm. 14.
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sen war, …“.336 Entscheidend ist, daß die in dem Brief aufgeführten Steuerarten und Abgabeformen, Tribut, Salzsteuer, Kranzsteuer, naturalabgaben, zehnte und zölle, historisch sein dürften.337 Allerdings wurden diese sicher nicht alle gleichzeitig erhoben. So konnte A. Mittwoch gegen die Auffassung von M. Rostovtzeff und E. Bickermann wahrscheinlich machen, daß die naturalabgaben, d. h. der dritte Teil der Feld- und die Hälfte der Baumfrüchte (I. Makk. 10, 30; 11, 34), in der hohenpriesterlosen zeit zwischen 160 und 152 nicht zusammen mit dem öüñïò veranlagt wurden, sondern gerade als Ersatz für den öüñïò dienten, für dessen Einsammlung der Hohepriester verantwortlich war.338 zu Demetrios I. hatten Jonathan und die Juden freilich kein vertrauen mehr (I. Makk. 10, 46). zu frisch und schmerzhaft waren noch die Erinnerungen an die Feldzüge des nikanor und Bakchides während der Jahre zwischen 162 und 158, in denen Judas gefallen und Judäa hart unterworfen worden war. Deshalb hielten sie zu Alexander I., den sie auch militärisch unterstützten.339 Demetrios I. zog alle Truppen zusammen und marschierte gegen Alexander I. (Ios. ant. Iud. 13, 37). Seine beiden Söhne, Antiochos (vII.) und Demetrios (II.), ließ er vorsichtshalber zu einem Gastfreund nach Knidos in Sicherheit bringen.340 Das Heer des Alexander I. bestand aus 336 337
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Geschichte S. 229 Anm. 14. In I. Makk. 10, 29−31 heißt es: êár í™í Pðïëýù (= Demetrios I.) ›ìOò êár Pößçìé ðÜíôáò ôï˜ò EÉïõäáßïõò Pð’ ô§í öüñùí êár ôyò ôéìyò ôï™ Që’ò êár Pð’ ô§í óôåöÜíùí, 30 êár Píôr ôï™ ôñßôïõ ôyò óðïñOò êár Píôr ôï™ ½ìßóïõò ôï™ êáñðï™ ôï™ îõëßíïõ ôï™ dðéâÜëëïíôüò ìïé ëáâåsí Pößçìé Pð’ ôyò óÞìåñïí êár dðÝêåéíá ôï™ ëáâåsí Pð’ ãyò EÉïýäá êár Pð’ ô§í ôñé§í íïì§í ô§í ðñïóôéèåìÝíùí ášô† Pð’ ôyò Óáìáñßôéäïò êár Ãáëéëáßáò Pð’ ôyò óÞìåñïí ½ìÝñáò êár åkò ô’í Rðáíôá ÷ñüíïí. 31 êár Éåñïõóáëçì }ôù Qãßá êár PöåéìÝíç êár ôN ”ñéá ášôyò, áj äåêÜôáé êár ôN ôÝëç. Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 339 f. übersetzt: „Dazu befreie ich euch jetzt und entbinde alle Juden von den Steuern, auch von der Salzsteuer und der Kronen(steuer). 30 Ebenso verzichte ich von heute an und weiterhin darauf, (die Steuern) für den dritten Teil der Saatfrüchte und für die Hälfte der Baumfrüchte, die zu erheben mir zusteht, vom land Juda und von den drei Bezirken, die ihm von Samaria [und Galiläa] angeschlossen wurden, von heute an und für alle zeiten zu erheben. 31 Jerusalem aber soll heilig sein und steuerfrei, ebenso sein Gebiet; zehnten und zölle verzichte ich“. vgl. dazu auch Aperghis, Economy S. 169 ff. zu Salz, Salzgewinnung und Salzsteuer im Seleukidenreich ebenda S. 76 f.; 154 ff. Mittwoch, Tribute S. 352 ff. Gegen Rostovtzeff, History I S. 467 und Bikerman, Institutions S. 131 f. zustimmend zu Mittwoch: Bringmann, Reform S. 116 mit Anm. 25. Der öüñïò betrug 300 Silbertalente und ist seit der zeit des Seleukos Iv. bezeugt: Sulp. Sev. chron. 2, 17, 5. Was die Höhe des öüñïò betrifft, so ist bemerkenswert, daß der König von Juda, Hiskija, zur zeit der Assyrer (um 700) König Sargon II. 300 Talente Silber und dreißig Talente Gold abliefern mußte (2. Kön. 18, 14). Die Seleukiden scheinen sich, zumindest was die Menge des Silbers betrifft, an ihren orientalischen vorgängern orientiert zu haben. Bringmann, Reform S. 117 weist darauf hin, daß die Steuerlast, die der jüdische Bauer zu tragen hatte, in seleukidischer zeit vermutlich höher war als unter Kaiser Augustus. So I. Makk. 10, 47. In welcher Form und in welchem Umfang, wird nicht näher ausgeführt. Iust. 35, 2, 1. Daß einer der beiden Söhne Demetrios (II.) war, sagt Iust. 35, 2, 3 ausdrücklich. Der andere war mit größter Wahrscheinlichkeit der spätere König Antiochos vII. Der dritte namentlich bekannte Sohn des Demetrios I., Antigonos, ist vermutlich erst nach 152 geboren worden, vgl. Ehling, Miszellen S. 376, wo der verfasser zu zeigen versucht, daß nicht Demetrios II. der älteste Sohn des Demetrios I. war, sondern Antiochos vII. Anders Bevan, House
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Söldnern und Soldaten, die von Demetrios I. abgefallen waren (Ios. ant. Iud. 13, 58). neben jüdischen Kontingenten kämpften auch ptolemäische Truppen für Alexander I., die ihm von Ptolemaios vI. Philometor zur Unterstützung geschickt worden waren und unter dem Kommando des Galaistes, des Königs der Athamanias, standen.341 nach einem keilinschriftlichen zeugnis zu schließen, führte Demetrios I. 25 Elephanten ins Treffen.342 Bei einem ersten Kampf blieb Demetrios I. siegreich (Iust. 35, 1, 10). In der anschließenden Entscheidungsschlacht unterlagen jeweils die beiden rechten Flügel, auf denen die Könige gekämpft hatten. Alexanders I. lager wurde geplündert. Demetrios I. geriet bei der Flucht in morastiges Gelände; sein Pferd stürzte, der König wurde umzingelt. Im dichtesten Haufen heldenhaft kämpfend fand er im Hagel der lanzen den Tod.343 Diese bei Josephus ant. Iud. 13, 59−61 und Iustin 35, 1, 11 überlieferte heroische version geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf den verlorenen Bericht des Polybios zurück, der ja mit Demetrios I. während dessen zeit in Rom freundschaftlich verkehrt hatte.344 Dagegen stellt das I. Makkabäerbuch die Kampfeskraft des Alexander I. heraus (10, 48−50). Wie die datierte Münzprägung zeigt, hatte Alexander I. im Jahr 151 die phönikische Küste unter seine Kontrolle gebracht. Sowohl in Sidon als auch in Tyros, Berytos und Seleukeia in Pierien wurden mit dem Datum ÂÎÑ (= 162 S. Ä. = 151/50) Tetradrachmen mit dem Bildnis Alexanders I. geschlagen.345 Mit dem Datum ÂÎÑ wurden in Antiocheia die letzten Münzen für Demetrios I. ausgegeben346 und noch mit demselben Datum Bronzemünzen ausgebracht, die auf der vorderseite Antiochos Iv. als Dionysos darstellen.347 Für Alexander I. sind dort bislang nur Münzen (Te-
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II S. 302 Appendix P zu S. 223, der in Antigonos den ältesten Sohn sah. Danach Piejko, Ptolemies S. 129 und Grainger, Prosopography S. 8. zum Ende des Antigonos siehe unten Kap. II 5. In Knidos lebt später auch Demetrios (III.) bis zu seiner Erhebung zum König im Jahr 98/97. Diod. 33, 20. volkmann, Demetrios I. S. 405. Galaistes war ein ößëïò des Ptolemaios vI. und wird von Diodor als ô§í äõíáìÝíùí ô§í Pð’ EÁëåîáíäñåßáò ½ãåìþí bezeichnet. vgl. auch F. Heichelheim, Die auswärtige Bevölkerung im Ptolemäerreich (Klio, Beihefte 18, neue Folge, Heft 5), leipzig 1925, S. 53 und Mooren, Titulature S. 71 nr. 027. Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 87 nr. 149 z. 8−11; Del Monte, Testi 91 ff. Iust. 35, 1, 11: Ad postremum tamen invicto animo inter confertissimos fortissime dimicans cecidit. Ios. ant. Iud. 13, 61. Die Überlieferung geht vermutlich auf Polybios zurück: Malitz, Poseidonios S. 271. zu den im Gefecht verletzten oder getöteten hellenistischen Königen vgl. Bikerman, Institutions S. 13; Préaux, Monde hellénistique S. 195 ff.; Austin, Krieg und Kultur S. 148. zum martialischen charakter der hellenistischen Monarchien vgl. die treffenden Ausführungen von Gehrke, König S. 255 ff. Siehe auch die ‚Todesstatistik‘ in der Einleitung S. 25 f. unter Punkt 4. Siehe oben Kap. I 1, 1. Sidon: naville, Kat. 10, 1153 f.; cSE 713; SnG Israel I 1512. Tyros: naville, Kat. 10, 1152; cSE 742; SnG Israel I 1527 f. Berytos: SnG Israel I 1501; Sawaya, Bérytos S. 111; 115 f.; Seleukeia: Sawaya, Bérytos S. 111. newell, SMA S. 43 nr. 128 ff.; SnG Israel I 1288 f. Darunter auch die goldenen zwei- und zweieinhalbfachen Statere (cSE 164−166), die, wie c. lorber, numismatic Fine Arts, los Angeles, Kat. 18, 1987, 352 vermutet, als Ehrengeschenke an hohe Funktionäre gedient haben könnten. zustimmend Meyer, Königin S. 117. Siehe auch oben Kap. I 1. SnG Israel I 1485 f. Mørkholm, Posthumous (1983) S. 57 ff. Diese Prägungen gehören in jene
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tradrachmen und Drachmen) mit dem Datum ÃÎÑ (= 163 S. Ä. = 150/49) bezeugt,348 genau wie von Apameia.349 Danach befand sich die Reichshauptstadt erst seit Oktober 150 fest in den Händen des Gegenkönigs.350 Die Datierung der Entscheidungsschlacht zwischen Demetrios I. und Alexander I. durch F. X. Kugler in die zeit zwischen 27. September 151 und 23. März 150,351 die H. volkmann akzeptiert hat,352 ist, nach den Münzzeugnissen zu urteilen, zu früh angesetzt. Solange keine Münze mit dem Datum 162 S. Ä. aus der Münzstätte Antiocheia für Alexander I. belegt ist, wird man seinen Sieg über Demetrios I. eher später als März 150 datieren müssen.353 Obwohl Demetrios I. bei seinen Untertanen wenig beliebt war, ist er in der modernen Forschung positiv beurteilt worden. A. v. Gutschmid nannte ihn einen „der begabtesten des reichbegabten Seleukidengeschlechts“,354 und H. volkmann bezeichnet Demetrios I. als kraftvolle Persönlichkeit, die versucht habe, „dem syrischen Reich noch einmal die verlorene politische Selbständigkeit wieder zu erobern“.355 In der Tat muß Demetrios I. mit so energischen und politisch aktiven Königen wie Antiochos Iv. und Antiochos vII. verglichen und in eine Reihe gestellt werden.
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kurze zwischenphase, als die Truppen des Demetrios I. die Stadt bereits verlassen und die des Alexander I. die Kontrolle über Antiocheia noch nicht errungen hatten. In dieser prekären Situation wollten sich die Antiochener offenbar auf keinen der beiden Könige festlegen und wählten deshalb für ihre Münzprägung einen ‚neutralen‘ Typ. Da sich Alexander I. als Sohn des vierten Antiochos ausgab bzw. vermutlich sogar tatsächlich ein unehelicher Sohn des Antiochos Iv. war (siehe oben), stand dieser Münztyp aber Alexander I. tendenziell näher. − Auf die besprochenen Münzen hat zuerst F. M. Heichelheim, numismatic comments. I. cebren, not Sigeum. II. A Seleucid Pretender Antiochus in 151/0 B. c., Hesperia 13, 1944, S. 363 f. mit Taf. XIv, 3 aufmerksam gemacht. Heichelheim vermutet, daß es sich bei dem in der Reverslegende genannten Antiochos um einen sonst nicht weiter bezeugten Gegenkönig gehandelt haben könnte. Die richtige Deutung der Bronzestücke verdanken wir Mørkholm. newell, SMA S. 46 f. nr. 135 ff.; SnG Israel I 1417 ff.; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 499. cSE 441−443; SnG Israel I 1487−1494; Sawaya, Bérytos S. 111. zu diesen Münzen, die auf der Rückseite das Ethnikon ÁÐÁÌÅÙÍ und nicht den Königstitel und -namen tragen, vgl. auch O. D. Hoover, Quasi-Municipal coinage in Seleucid Apamea: countermarks and counterrevolution, SnR 80, 2001, S. 21−33. Die Münzen wurden später, vermutlich im Frühjahr 145, auf Anordnung von Beamten des Demetrios II. mit einem Gegenstempel versehen, um sie im Umlauf zu halten. Der Gegenstempel besteht aus einem Palmzweig, der auch als Beizeichen auf antiochenischen Münzen des Demetrios II. erscheint (cSE 217−220) und der auf den Sieg des Demetrios II. über Alexander I. hinweist. zu diesen Ereignissen siehe unten Kap. II 5. Houghton, Tetradrachm S. 157. F. X. Kugler, von Moses bis Paulus, Münster 1922, S. 331. Demetrios I. S. 405 Anm. 1. So auch Del Monte, Testi S. 92. Geschichte Irans und seiner nachbarländer von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Arsaciden, Tübingen 1888, S. 43. zustimmend Th. Fischer, Ein delphisches Rätsel?, SnR 74, 1995, S. 25. Demetrios I. S. 402.
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5.) REGIERUnG DES AlEXAnDER I. (150−145) UnD ERHEBUnG DES DEMETRIOS II. (147) Gleich zu Beginn seiner Alleinherrschaft schickte Alexander I. eine Gesandtschaft nach Alexandreia.356 Der neue König suchte nun offiziell um Freundschaft (öéëßá) mit Ptolemaios vI. Philometor357 nach und hielt um die Hand seiner Tochter Kleopatra, die später den Beinamen Thea führte, an.358 Die Initiative ging zwar von Alexander I. aus, doch geht der Hochzeitsplan, wie H. volkmann überzeugend vermutet,359 auf Ptolemaios vI. zurück, der durch das Bündnis und die dynastische verbindung mit dem Seleukiden zugriff auf Phönikien und Koilesyrien zu bekommen suchte.360 Ptolemaios vI. beglückwünschte Alexander I. brieflich dazu, daß er in das land seiner väter zurückgekehrt sei,361 und erklärte sich mit der dynastischen verbindung einverstanden. Im Jahr 150362 zog Ptolemaios vI. in Begleitung seiner Tochter nach Ptolemaïs, wo beide schon von Alexander I. erwartet wurden. In der Stadt wurde die Hochzeit (ãÜìïò) „im großen Glanz“ gefeiert (I. Makk. 10, 58: dí äüîw ìåãÜëw). Alexander I. machte Geschenke (I. Makk. 10, 54), und Kleopatra brachte eine reiche Mitgift an Gold und Silber in die Ehe mit (Ios. ant. Iud. 13, 82). Alle ößëïé des Alexander I. und Ptolemaios vI. waren in Ptolemaïs zugegen.363 Auch der jüdische Hohepriester Jonathan, der schriftlich eingeladen worden war, traf mit großem Gefolge ein und brachte wertvolle Geschenke für die beiden Könige und ihre Freunde mit.364 Dafür bekam er das für die ðñ§ôïé ößëïé übliche Purpur356 357 358
359 360 361 362 363 364
zum folgenden vgl. niese, Geschichte III S. 262; Bevan, House II S. 212. zu dessen Syrienpolitik vgl. Hölbl, Geschichte S. 169 ff. Das Schreiben des Alexander I. wird in I. Makk. 10, 52−54 und Ios. ant. Iud. 13, 86 paraphrasiert wiedergegeben. vgl. auch volkmann, Demetrios I. S. 405 f. und Hölbl, Geschichte S. 170. Der Beiname wird auf späteren Inschriften und Münzen überliefert: landau, Inscription S. 118 ff. und SnG Israel I 2467 ff.; 2491 f. Wie A. Bouché-leclercq, Histoire des lagides, II: Décadence et fin de la dynastie (181−30 avant J.-c.), Paris 1904 (nachdruck Brüssel 1963), S. 48 Anm. 2 erkannt hat, erhielt sie diesen anläßlich der Hochzeit mit Demetrios II., siehe unten. Eine Biographie dieser bemerkenswerten Königin gibt G. H. Macurdy, Hellenistic Queens, Baltimore/london/Oxford 1932, S. 93 ff. Was aus laodike geworden ist, mit der Alexander I. in Rom war, ist nicht überliefert. volkmann, Demetrios I. S. 405 f. zum Interesse der früheren Ptolemäer an Koilesyrien vgl. Jähne, „Syrische Frage“ S. 501 ff. Wie Pol. 5, 86, 10 schreibt, gab es in Koilesyrien und Phönikien gerade bei der breiten Bevölkerung immer Sympathien für die Ptolemäer. vgl. dazu auch Ehling, Unruhen S. 332 ff. Die Formel I. Makk. 10, 55: … PíÝóôñåøáò åkò ãyí ðáôÝñùí óïõ entstammt der Kanzleisprache. vgl. den ähnlichen Ausdruck in I. Makk. 15, 3, wo Antiochos vII. vom „Königreich unserer Väter“ ½ âáóéëåßá ô§í ðáôÝñùí ½ì§í spricht. I. Makk. 10, 57: 162 S. Ä. (= 151/50). I. Makk. 10, 60. Ptolemaïs hieß spätestens seit der zeit Antiochos’ Iv. Antiocheia in Ptolemaïs: newell, lSM S. 3 f. und A. B. Brett, Seleucid coins of Ake-Ptolemais in Phoenicia, AnSMn 1, 1945, S. 19. I. Makk. 10, 60; Ios. ant. Iud. 13, 83. Savalli-lestrade, Philoi S. 82. Die Feierlichkeiten werden sich über Tage hingezogen haben.
5.) Regierung des Alexander I. (150–145) und Erhebung des Demetrios II. (147)
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gewand von Alexander I. überreicht365 und durfte an der Festtafel in der Nähe des Königs Platz nehmen. Ptolemaïs wurde zunächst Residenzstadt des Alexander I.366 Wahrscheinlich herrschte dort eine clique ptolemäischer Höflinge unter Führung des Ammonios. Dieser wird als ðñïåóôçê¦ò ôyò âáóéëåßáò bezeichnet367 und war vermutlich der ‚Reichskanzler‘ des Seleukidenkönigs.368 Da der name Ammonios in Ägypten und der Kyrenaika am häufigsten vorkommt, ist es wahrscheinlich, daß er vom Hofe des Ptolemaios vI. kam und dem Alexander I. als ‚Aufpasser‘ an die Seite gestellt wurde.369 Im Auftrag des Alexander I. ermordete der ‚Kanzler‘ laodike,370 die Schwester und offizielle Gattin des gefallenen Demetrios I., ihren jüngsten Sohn Antigonos371 und die ößëïé des Demetrios I. (liv. per. 50). Im Mittelpunkt des Hofes stand Kleopatra. Obwohl noch ein Kind,372 stellen die Münzen sie als junge Frau dar. Daß Alexander I. nicht viel mehr als ein vasall seines Schwiegervaters Ptolemaios vI. war, dessen Funktionäre im Palast regierten, zeigen die sehr wahrscheinlich anläßlich der Hochzeit geprägten Goldstatere und Tetradrachmen mit dem hintereinander gestaffelten Doppelbildnis des Brautpaares:373 Die Münzbüste der Kleopatra erscheint vor der des Alexander I., wodurch ihre höhere Würde angezeigt wird. Auf dem Kopf trägt sie einen Kalathos; hinter ihrer Schulter sind ein Füllhorn mit Früchten, Weintrauben und Ähre sichtbar.374
365
366 367 368 369
370 371 372 373
374
I. Makk. 10, 62; 10, 65. zu den Purpurgewändern der ößëïé: Bikerman, Institutions S. 32 und Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 104. In den lateinischen Quellen heißen die ößëïé auch einfach purpurati (liv. 37, 23, 7). In II. Makk. 8, 35 wird das „leuchtende Gewand“ (äïîéêN dóèÞò), d. h. ‚Prachtgewand‘ des seleukidischen Generals nikanor erwähnt. Auf „ägyptischen Einfluß hin“: volkmann, Demetrios I. S. 406. Ptolemaïs wurde aber auch deshalb als Residenzort gewählt, weil die Stadt Alexander I. im Sommer 152 aufgenommen hatte und der neue König hier offenbar stärkeren Rückhalt in der Bevölkerung besaß. Diod. 33, 5, 1. Denselben Ausdruck verwendet er in 33, 4, 1 für lasthenes, der vermutlich der ‚Reichskanzler‘ des Demetrios II. war: Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103; Muccioli, Titolature S. 302 mit Anm. 29. Bouché-leclercq, Histoire I S. 343; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103 und ders., Unruhen S. 323. Ebenso der mit ziemlicher Sicherheit aus Alexandreia kommende Hierax, der gemeinsam mit Diodotos (Tryphon) in Antiocheia kommandierte. Denn dieser floh, wie Diod. 33, 22, 1 schreibt, nach dem Tode des Ptolemaios vI. nach Ägypten, siehe unten. zu Hierax vgl. Grainger, Prosopography S. 94. zu dieser laodike vgl. niese, Geschichte III S. 263 mit Anm. 1. Ehling, Miszellen S. 376. Anders Bevan, House II S. 302 Appendix P zu S. 223. Er hält Antigonos für den älteren Sohn. Ios. ant. Iud. 13, 8: ðásò. Das Geburtsjahr ist nicht überliefert: G. H. Macurdy, Hellenistic Queens, Baltimore/london/Oxford 1932, S. 94, sie dürfte aber um die 15 Jahre alt gewesen sein: Ogden, Polygamy S. 149. Houghton, Alexander I S. 85−93 mit Taf. 10; SnG cop. 267; cSE 407 = Bank leu, zürich, Kat. 52, Mai 1991, 119; SnG Israel I 1483. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 76; Meyer, Königin S. 114 mit Abb. 8. Die auf der Hand des zeus stehende nike auf der Münzrückseite ist dem Betrachter zugewandt und hält ein Blitzbündel. zum Blitzbündelmotiv vgl. die bei App. Syr. 58, 299 überlieferte Gründungssage von Seleukeia in Pierien. Eine genaue Beschreibung des Münzbildes gibt Fleischer, Herrscherbildnisse S. 76 f.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
E. Brunelle sah sie an die kleinasiatische Artemis angenähert,375 das Vorbild wird aber die Göttin Tyche gewesen sein;376 Kalathos und Füllhorn sind als Hinweis auf den Wohlstand zu verstehen, den die Königin ihren Untertanen gewährt.377 Die enge politische verbindung zwischen Alexandreia und Ptolemaïs brachte eine Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit sich. Dies läßt sich daran ablesen, daß die Städte Ptolemaïs,378 Tyros,379 Sidon380 und Berytos381 Silbermünzen nach phönikisch-ägyptischem Gewichtsstandard und mit dem Bild des ptolemäischen Adlers auf der Rückseite ausprägten.382 Alexander I. ist der erste Seleukidenkönig, der in den Städten Phönikiens derartige Tetradrachmen und Drachmen in großem Umfang schlagen ließ. Alexander I. selbst betrieb eine ostentative imitatio Alexandri, wie seine Bronzemünzen zeigen, die ihn mit löwenexuvie abbilden.383 Sein Porträttyp lehnt sich an das Bildnis Antiochos’ Iv. an, weist aber auch züge Alexanders d. Gr. auf.384 Das Epitheton Theopator betont seine Abkunft von dem vergöttlichten Antiochos Iv.385 Das Hauptreversmotiv der Tetradrachmen, der zeus nikephoros, ist eine klare Anlehnung an die Münzprägung Antiochos’ Iv.386 – Insgesamt spiegelt der Typenreichtum der Silber- und Bronzemünzen seine legitimitätsbestrebungen wider,387 möglichst viele Götter für sich zu vereinnahmen. neu erscheint jetzt etwa Dionysos auf seleukidischen Münzen.388 375 376 377 378 379 380 381 382 383
384 385
386 387 388
E. Brunelle, Die Bildnisse der Ptolemäerinnen, Frankfurt am Main 1976, S. 69; 72. Das Füllhorn vergleicht sie S. 69 wenig überzeugend mit dem Köcher der Artemis. Houghton, Alexander I S. 93; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 76. zur Füllhornsymbolik bei den Seleukiden vgl. Bemmann, Füllhörner S. 112 ff. bes. 115 f. Siehe auch oben Kap. I 3, 2. cSE 796 f. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 51 nr. 6; naville, Kat. 10, 1157 ff. (163 S. Ä. = 150/49); 1166 f. (164 S. Ä. = 149/48); 1171 ff. (165 S. Ä. = 148/47); 1174 (166 S. Ä. = 147/46); 1177 f. (167 S. Ä. = 146/45); cSE 742 ff. (162 S. Ä. = 151/50). naville, Kat. 10, 1168 ff. (164 S. Ä. = 149/48); 1170 (165 S. Ä. = 148/47); cSE 713 (162 S. Ä. = 151/50). naville, Kat. 10, 1161 ff. (163 S. Ä. = 150/49); SnG cop. 268. Babelon, Rois S. cXXv f.; Wilcken, Alexandros (22) Sp. 1438; E. Rogers, The Second and Third Seleucid coinage of Tyre (AnSnnM 34), new York 1927, S. 3 ff.; Hölbl, Geschichte S. 170; Salzmann, Bildnis S. 252 f. Ausführlich zu seiner imitatio Alexandri: Bohm, Imitatio S. 105 ff.; vgl. außerdem Fleischer, Herrscherbildnisse S. 61 mit Taf. 31 f.; cSE 204; SnG Italia. Mailand. Band XII. Syria – Bactria et India. 1. Seleucides (reges) – chalcidice, Mailand 1992, 250–254; SnG Israel I 1448– 1464; Ehling, Geschichte S. 145 mit Taf. 2, 4, siehe auch oben Kap. I 1, 2. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 61. Mit dem Theopator sollte das Eupator des Antiochos v. übertrumpft werden: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 61. Sein zweiter Beiname ist Euergetes. Die Münzen bei Babelon, Rois S. 108 nr. 850 und S. 113 nr. 886 mit den Beinamen Epiphanes Nikephoros gehören nicht zu Alexander I., sondern sind unter Alexander II. geprägt worden. Auf den Drachmen erscheint dann der auf dem Omphalos sitzende Apollon: cSE 185−192. volkmann, Münzprägung S. 61 ff. cSE 199; Ehling, Alexander II. S. 3 f. Dies geht auf ptolemäische Anregungen zurück, siehe unten Kap. II 6.
5.) Regierung des Alexander I. (150–145) und Erhebung des Demetrios II. (147)
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Der sympathischste zug an Alexander I. ist sein Umgang mit epikureischen und stoischen Philosophen und literaten, die er mit Gunstbezeugungen zu überhäufen pflegte.389 Athenaios (5, 211 a–d)390 überliefert einen netten Scherz, den sich der König gegenüber dem Epikureer Diogenes von Seleukeia am Tigris erlaubte,391 der hier erzählt werden soll, da er eines der seltenen Schlaglichter auf das leben am Seleukidenhof wirft: Diogenes wünschte sich von Alexander I. ein Purpurgewand und einen besonderen Goldkranz, dessen Mittelmedaillon das Antlitz der Göttin Arete darstellen sollte,392 als deren Priester der Philosoph zu gelten beanspruchte. Der König gewährte ihm das Gewünschte. Als sich Diogenes in eine Schauspielerin verliebte, verschenkte er die königlichen Präsente an diese weiter. Alexander I., der davon gehört hatte, lud beim nächsten Symposion auch Diogenes ein und forderte ihn auf, doch mit jenem Kleid und Kranz zur Tafel zu erscheinen. Diogenes wurde gebeten, neben dem König Platz zu nehmen, mußte aber zugeben, Gewand und Goldkranz verschenkt zu haben. Als Alexander I. dann zur Unterhaltung seiner Gäste eine Schauspieltruppe auftreten ließ, erkannte Diogenes unter dem Gelächter der Anwesenden auch seine Geliebte wieder, die mit besagtem Gewande bekleidet war und den Kranz mit dem Bildnis der Arete auf dem Kopf trug.393 Ansonsten wird 389
390 391 392
393
volkmann, Demetrios I. S. 406. Wilcken, Alexandros (22) Sp. 1438 sieht darin „kaum mehr als ein Kokettieren mit den geistigen Interessen im Geschmack der zeit“. Alexander I. selbst hing der lehre der Stoa an: Athen. 5, 211 a. zu den Philosophen am Seleukidenhof vgl. W. crönert, Der Epikureer Philonides (Sitzungsbericht der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1900, Band 2), S. 942 ff. und dens., Die Epikureer in Syrien, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts, 10, 1907, S. 145 ff.; Bikerman, Institutions S. 39 f.; E. leuteritz, Paidaia und Randgruppen der Gesellschaft, (Diss.) München 1997, S. 65 ff. (zu dieser Arbeit vgl. aber die zu Recht kritische Rezension von G. Weber: Klio 83, 2001, S. 245 ff.); Ehling, Miszellen S. 377 f. und dens., Freunde S. 48 ff. zur möglichen Abhängigkeit dieser Stelle von Poseidonios vgl. Malitz, Poseidonios S. 272 f. zu diesem ausführlich: Savalli-lestrade, Philoi S. 75 f. vgl. den Goldkranz mit dem Mittelbild der Athena im British Museum GR 1877.9-10.1 (Jewellery 1632), der in die zeit zwischen 300 und 280 datiert wird. Den Goldkranz des Diogenes wird man sich wohl ähnlich vorstellen dürfen. In einem spätptolemäischen Grabgedicht (U. von Wilamowitz-Moellendorff, zwei Gedichte aus der zeit Euergetes’ II., APF 1, 1901, S. 219−225) wird eine ìßôñá zum ersten Mal als Abzeichen der ptolemäischen óõããåíåsò erwähnt. In seiner nachbemerkung zu diesem Beitrag vermutet U. Wilcken ebenda S. 225, daß es sich bei der ìßôñá um einen „goldenen lorbeerkranz“ handeln könnte. Da die Abzeichen der ptolemäischen und seleukidischen óõããåíåsò − nach Wilcken − gleich oder sehr ähnlich gewesen sein werden, könnte es sich bei dem erwähnten Goldkranz des Diogenes um eine solche ìßôñá gehandelt haben: Ehling, Freunde S. 49. Diese óõããåíåsò-Kränze sind anscheinend den Priesterkränzen sehr ähnlich gewesen: In den aus dem Jahr 193 stammenden Inschriften von nihavand (ein antikes laodikeia im heutigen Iran) und Dodurga (in Phrygien) – vgl. l. Robert, Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 7 z. 23 f. (nihavand) bzw. S. 10 z. 25 f. (Dodurga) – heißt es, daß die Oberpriesterinnen (Pñ÷éåñåsáé) der laodike goldene Kränze mit dem Bildnis der Königin tragen sollen … öïñÞóïõóéí óôåöÜíïõò ÷ñõóï™ò h÷ïíôáò åkêüíáò ášôyò (= laodike), … vgl. dazu zuletzt Müller, Archiereus S. 527. Hingegen trugen die persischen óõããåíåsò Diademe: Neuffer, Kostüm S. 34. Bevan, House II S. 214; D. Braund, Athenaeus, On the Kings of Syria, in: D. Braund/J. Wil-
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Alexander I. als rechter Wüstling geschildert, der sich im Königspalast mit einem ganzen Harem von Prostituierten vergnügte.394 Über die eigentliche Regierungstätigkeit des Alexander I. berichten die Quellen wenig. noch während der Feierlichkeiten des Jahres 150 hatte der König Jonathan in Ptolemaïs zum óôñáôçã’ò êár ìåñéäÜñ÷çò von Judäa ernannt.395 Daß es in Judäa noch Hellenisten gab, erfahren wir aus I. Makk. 10, 61, aber der Seleukide verweigerte ihnen jede Unterstützung, als sie bei ihm in Ptolemaïs vorsprachen. Die syrische Hauptstadt wurde von zwei ehemaligen Generalen des Demetrios I., Hierax und Diodotos,396 die noch rechtzeitig die Seite gewechselt hatten, verwaltet (Diod. 33, 3). vor allem wegen des korrupten Regimes seines ‚Reichskanzlers‘ Ammonios wurde Alexander I. in Syrien unbeliebt.397 Bezeichnend ist, daß der ‚Erste Minister‘ den Streit zwischen Marathos und Arados nicht unparteiisch zu schlichten versuchte, sondern sich mit der Summe von 300 Talenten bestechen ließ und dafür bereit war, Marathos dem Untergang zu überantworten.398 In den beiden Jahren 149/48 und 148/47 prägten die Städte Antiocheia, Seleukeia in Pierien, Apameia (?) und laodikeia am Meer (?) gemeinsam Bronzemünzen aus, die auf der Rückseite alle die Genitivlegende ÁÄÅËÖÙÍ ÄÇÌÙÍ tragen.399 Der historische und politische Hintergrund dieser Adelphoi Demoi-Prägungen bleibt im Dunkeln. nur bei Strabon (16, 2, 4 = 749 wohl nach Poseidonios)00 gibt es den kurzen Hinweis, daß diese Städte „ihrer Eintracht wegen sich gegenseitig Schwestern nannten“ (dëÝãïíôï PëëÞëùí Päåëöár äéN ôxí ¿ìüíïéáí, …).401 Diese notiz könnte auf die verhältnisse der zeit um 150 zurückgehen. Warum der ‚Städ-
394 395 396 397 398
399
00 401
kins (Hg.), Athenaeus and his World. Reading Greek culture in the Roman Empire, Exeter 2000, S. 514 ff. Iust. 35, 2, 2. Bei livius (per. 49) wird dieser König außerdem als Freund der guten Küche charakterisiert. I. Makk. 10, 65. Bengtson, Strategie II S. 172. Meyer, Ursprung II S. 256 übersetzt ìåñéäÜñ÷çò mit „Bezirkobersten“. Während der óôñáôçãüò ein militärisches Amt ist, dürfte der ìåñéäÜñ÷çò ein ziviles Amt sein. Bei Diodotos handelt es sich um den späteren König Tryphon (141–Mitte? 137), siehe unten. Ios. ant. Iud. 13, 108; 112 bezeugt dies ausdrücklich für die Antiochener. Dem die Stadt dann mehr oder minder nur durch zufall entging: Diod. 33, 5, 1–6. vgl. dazu niese, Geschichte III S. 279 Anm. 3; Malitz, Poseidonios S. 276 f.; Grainger, cities S. 159; dens., Prosopography S. 76. Einen Überblick über das Thema Korruption in hellenistischer zeit gibt l. Mooren, Korruption in der hellenistischen Führungsschicht, in: W. Schuller, Korruption im Altertum, München/Wien 1992, S. 93–101. Münzstätte war vermutlich Seleukeia in Pierien: Wroth, BMc Galatia S. 151 f. nr. 1−11; Hunter III S. 141 f.; SnG München 576 ff. Motive der Münzen sind Blitzbündel, thronender zeus und Dreifuß. nach Seyrig (zitiert nach Bellinger, End S. 60 Anm. 6) wurden die Münzen nur für Antiocheia und Seleukeia in Pierien geprägt, da sie dort unter den Fundmünzen häufiger vorkommen, während sie in Apameia und laodikeia fehlen. Es muß also offen bleiben, ob die Münzen auch für jene beiden Städte geprägt wurden. vgl. auch Downey, Antioch S. 121 mit Anm. 11; 143 und Grainger, cities S. 152 f. Malitz, Poseidonios S. 42 ff.; 264 f. betont, daß Strabon die Historien des Poseidonios zwar kannte, doch läßt sich eine direkte Benutzung nicht erweisen. Siehe auch oben Kap. I 1, 1. Die Städte hießen „Schwestern“, die Gemeinden (Demoi) „Brüder“.
5.) Regierung des Alexander I. (150–145) und Erhebung des Demetrios II. (147)
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tebund‘ schon 147/46 keine gemeinsamen Münzen mehr ausbrachte, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Dies könnte wirtschaftliche Gründe gehabt haben, d. h., daß kein aktueller Kleingeldbedarf bestand. Möglich wäre aber auch, daß die ‚Städtepartnerschaft‘ der Adelphoi Demoi in dem mit dem Jahr 147 einsetzenden Bürgerkrieg zwischen Alexander I. und Demetrios (II.) zerfiel (siehe unten). Die Städte haben sich vielleicht teils Alexander I., teils Demetrios (II.) angeschlossen. In jedem Falle spiegelt sich in diesen Münzen auch die wachsende Unabhängigkeit der Städte wider, während die königliche zentrale gleichzeitig schwächer wurde. Im Frühjahr 147402 erhob sich der erst 13jährige403 Sohn des Demetrios I., Demetrios (II.), und setzte mit einem Söldnerheer von Kreta nach Kilikien über.0 Seine Söldner hatte Demetrios (II.) auf den ägäischen Inseln (I. Makk. 11, 38) und vor allem auf Kreta angeworben.0 Diese Truppen unterstanden dem Kreter lasthenes (Ios. ant. Iud. 13, 86), der in den Urkunden auch als ðáôÞñ und óõããåíÞò des Demetrios II. tituliert wird (I. Makk. 11, 31 f.; Ios. ant. Iud. 13, 126 f.). Dies und der Umstand, daß Diodor für lasthenes die inoffizielle Bezeichnung ðñïåóôçê¦ò ôyò âáóéëåßáò überliefert, weisen darauf hin, daß der Kreter das Amt des dðr ô§í ðñáãìÜôùí bekleidet haben dürfte.0 nachdem Alexander I. nach Seleukeia in Pierien0 bzw. Antiocheia (I. Makk. 10, 68) gezogen war, fiel der Statthalter von Koilesyrien, Apollonios, von ihm ab und wechselte zu Demetrios (II.) über.08 In 402 403 0
0 0
0 08
I. Makk. 10, 67; Ios. ant. Iud. 13, 86: 165 S. Ä. volkmann, Demetrios I. S. 407. Bevan, House II S. 302 Appendix R zu S. 232 und Ehling, Miszellen S. 374 ff. Er wurde um 160 geboren. Anders volkmann, Demetrios I. S. 407: „fast“ 15jährig, Malitz, Poseidonios S. 278: „erst vierzehnjährig“ und Ogden, Polygamy S. 148 „around 14“. I. Makk. 10, 67; Ios. ant. Iud. 13, 86. Im kilikischen Mallos wurden vermutlich jetzt die von Houghton, Mallus S. 94 nr. 2−7 katalogisierten Münzen geprägt. Demetrios II. führte zunächst nur den Beinamen Nikator. Das Theos-Epitheton nahm er nach der Hochzeit mit Kleopatra Thea an, siehe unten. Ios. ant. Iud. 13, 86; Iust. 35, 2, 2. zu den kretischen Söldnern im Dienste hellenistischer Könige vgl. M. launey, Recherches sur les armées hellénistiques, Paris 1949, Band I, S. 248−286. Savalli-lestrade, Philoi S. 80 f.; Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 103. libanios or. 11, 125 erwähnt, daß unter einem der nachfolger Antiochos’ Iv. ein Heiligtum des Minos in Antiocheia errichtet wurde. vielleicht darf man diese nachricht auf Demetrios II. und seine kretischen Söldner beziehen. nach der in Seleukeia geprägten Sonderemission (vs. Kopf des zeus/Rs. geflügeltes Blitzbündel) mit dem Datum �ÅÑ (166 S. Ä. = 147/46) zu schließen. vgl. den Katalog von Houghton, Tetradrachm S. 153 ff. und siehe oben Kap. I 1. Die Überlieferung zu Apollonios mit dem Beinamen Taos oder Daos, vgl. zum namen niese, Geschichte III S. 263 Anm. 4, ist widersprüchlich: nach Ios. ant. Iud. 13, 88 war und blieb er Alexanders I. ‚Kommandant‘ (½ãåìþí) von Koilesyrien; nach I. Makk. 10, 69 war er Demetrios’ (II.) Stratege von Koilesyrien. Übereinstimmend berichten beide Quellen, daß Apollonios anschließend gegen Jonathan zog, um ihn zu bekämpfen. Bengtson, Strategie II S. 177 Anm. 3 meint, in I. Makk. 10, 69 wäre der name des Königs Demetrios (II.) „fälschlicherweise“ in den Text geraten, und gibt der Tradition bei Josephus den vorzug. Dagegen hat schon volkmann, Demetrios I. S. 407 richtig gesehen, daß Alexanders I. ‚Kommandant‘ dann einen treuen verbündeten des Königs, nämlich Jonathan, bekämpft hätte, was wenig Sinn macht. volkmann hält daher I. Makk. 10, 69 für glaubwürdiger, ebenso niese, Geschichte III S. 263 Anm. 4. Ich möchte beide Überlieferungen insofern verknüpfen, als nichts dagegen spricht, daß Apol-
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
dessen Auftrag zog er mit einem Heer von 3.000 Reitern und 8.000 Fußsoldaten (Ios. ant. Iud. 13, 92) nach Jamnia409 und versuchte Jonathan durch Drohungen auf die Seite des Demetrios (II.) zu ziehen.410 Aber Jonathan hielt zu Alexander I. Gemeinsam mit seinem Bruder Simon marschierte er an der Spitze eines 10.000 Mann starken Heeres von Jerusalem in die Küstenebene nach Joppe hinab (I. Makk. 10, 74; Ios. ant. Iud. 13, 91). Bei Azotos (= Asdod)411 trafen die beiden Heere aufeinander (I. Makk. 10, 78; Ios. ant. Iud. 13, 92 f.). Jonathan geriet in einen Hinterhalt und wurde von Bogentruppen beschossen,412 aber Simon gelang es, mit einem Entlastungsangriff die seleukidischen Truppen zum Weichen zu bringen (I. Makk. 10, 82 f.; Ios. ant. Iud. 13, 95 ff.). Bei der verfolgung der Feinde zeigte Jonathan große Härte und gab Befehl, auch noch den Dagon-Tempel von Azotos anzuzünden (I. Makk. 10, 84; Ios. ant. Iud. 13, 100). Die nachbardörfer wurden abgebrannt und geplündert; die zahl von 8.000 Toten wird überliefert (I. Makk. 10, 85; Ios. ant. Iud. 13, 99). zur Belohnung für den Sieg über Apollonios erhielt Jonathan eine „goldene Spange“ (ðüñðç ÷ñõóy),413 „wie es den verwandten der Könige zu geben Sitte ist“, d. h. er wurde in die höfische Rangklasse der óõããåíåsò aufgenommen.414 Außerdem schenkte der König ihm die Stadt Akkaron mit ihrem Gebiet als êëçñïõ÷ßá.415 Auf die nachricht von der landung des Demetrios (II.) in Kilikien begann Ptolemaios vI. Flotte und Heer auszurüsten416 und zog entlang der phönikischen Küste
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lonios zunächst ½ãåìþí des Alexander I. war, dann aber abfiel und im Auftrag des Demetrios (II.) den zu Alexander I. haltenden Jonathan bekämpfte (in der Funktion eines óôñáôçãüò). Bengtson, Strategie II S. 177 und S. 410 ordnet Apollonios unter die Strategen der Provinz von „Ptolemaïs bis zur ägyptischen Grenze“ ein; er wäre damit einer der nachfolger des Hegemonides gewesen, siehe oben Kap. II 1. I. Makk. 10, 67; Ios. ant. Iud. 13, 88. Jamnia diente öfter als ‚Einfallstor‘ der Seleukiden nach Judäa, vgl. auch I. Makk. 15, 40, zu den von dort ausgehenden Übergriffen des Epistrategen Kendebaios siehe auch unten Kap. II 8. I. Makk. 10, 70−73 und Ios. ant. Iud. 13, 89 f. paraphrasieren den Brief, den Apollonios an Jonathan schrieb. zu der Stadt: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 7; Orth, Geographie S. 83; Grainger, Prosopography S. 697. Der Gott Dagon wird möglicherweise auf Münzen von Arados dargestellt und ist halb Mensch, halb Fisch: G. F. Hill, BMc of the Greek coins of Phoenicia, london 1910 (nachdruck Bologna 1965), S. 12 nr. 83 ff. mit Taf. II 30 f. vgl. F. cumont, Dagon, RE Iv 2, Stuttgart 1901, Sp. 1985 f. So der Bericht des I. Makkabäerbuches 10, 79 f.; bei Josephus werden Bogentruppen nicht erwähnt. zu den Rangabzeichen bei den Seleukiden vgl. Robert, noms S. 446 mit Anm. 1 und 2 und Ehling, Seleukos I. S. 43 mit Anm. 28. Ios. ant. Iud. 13, 102: ©ò hóôéí hèïò äßäïóèáé ôïsò ô§í âáóéëÝùí óõããåíÝóéí. vgl. auch Fischer, verwaltung S. 37. Ios. ant. Iud. 13, 102; I. Makk. 10, 89: êëçñïäïóßá vgl. zu Akkaron, das etwas nordwestlich von Geser lag, Kahrstedt, Territorien S. 66; Rostovtzeff, History I S. 494; Keel/Küchler, Orte II S. 829 ff.; Möller/Schmitt, Siedlungen S. 10. zum Begriff der êëçñïõ÷ßá allgemein: Kreißig, Wirtschaft S. 46 ff. I. Makk. 11, 1; Ios. ant. Iud. 13, 103. Hölbl, Geschichte S. 170. Für die folgenden Ereignisse
5.) Regierung des Alexander I. (150–145) und Erhebung des Demetrios II. (147)
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nach norden. Der Ptolemäer kam als Bundesgenosse seines Schwiegersohnes Alexander I.,417 aber wie G. Hölbl vermutet, „offensichtlich von Anfang an mit dem ziel, Koilesyrien wiederzugewinnen“.418 Die Küstenstädte hatten von Alexander I. Weisung bekommen, Ptolemaios vI. die Tore zu öffnen (I. Makk. 11, 2; Ios. ant. Iud. 13, 104), d. h. sicher auch zur versorgung des Heeres beizutragen und die ptolemäische Flotte ankern zu lassen. In jeder Stadt wurde eine ptolemäische Besatzung (öñïõñÜ) zurückgelassen (I. Makk. 11, 3). Die Bewohner von Azotos419 beklagten sich bei Ptolemaios vI., daß Jonathan den Dagon-Tempel eingeäschert hatte, aber dieser „schwieg dazu“ (I. Makk. 11, 5; Ios. ant. Iud. 13, 105). Jonathan, der óôñáôçãüò und ìåñéäÜñ÷çò von Judäa, empfing den Ptolemäerkönig bei Joppe, wurde reich beschenkt und erhielt verschiedene Ehrenbezeugungen (I. Makk. 11, 6; Ios. ant. Iud. 13, 105). Gemeinsam zogen sie nach Ptolemaïs weiter. Hier scheint Ptolemaios’ vI. Tochter, Kleopatra, zurückgeblieben zu sein. vermutlich hielt sich der lagide längere zeit in der Stadt auf, jedenfalls ließ er Tetradrachmen mit seinem Bild und namen prägen; das Datum auf den Münzen lautet l Ëà und bezeichnet sein 33. Regierungsjahr (= 146).420 Angeblich soll der seleukidische ‚Kanzler‘ Ammonios im Auftrag des Alexander I. versucht haben, einen Mordanschlag auf Ptolemaios vI. zu verüben.421 Doch dürfte die Geschichte nachträglich erfunden worden sein, um Ptolemaios vI. einen triftigen vorwand zu geben, Alexander I. fallenzulassen.422 von Ptolemaïs aus zog Ptolemaios vI. unter zurücklassung weiterer Besatzungen Richtung Seleukeia in Pierien (I. Makk. 11, 8).423 Noch bis zum Eleuthe-
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stehen uns zwei voneinander unabhängige Traditionen zur verfügung: zum einen die Schilderung des I. Makkabäerbuches, die auch von Josephus benutzt wurde, zum anderen der von Diodor herangezogene Bericht des Poseidonios: Malitz, Poseidonios S. 273 f. Eine gute Diskussion der unterschiedlich überlieferten Absichten des Ptolemaios vI. gibt volkmann, Demetrios I. S. 408 ff. nach Ios. ant. Iud. 13, 103 ff. kam Ptolemaios vI., um Alexander I. Hilfe zu leisten, ebenso Diod. 32, 9 c. Dagegen war Ptolemaios vI. dem I. Makkabäerbuch 11, 1 zufolge gegenüber Alexander I. von Beginn an feindlich eingestellt. Ptolemaios mußte aber „seinen vorteil zunächst in der Erhaltung seines vasallen sehen, durch den er seinen Einfluß auf Syrien gewonnen hatte“, wie volkmann, Demetrios I. S. 410 richtig feststellt. Er kam also nach Syrien, um Alexander I. gegen Demetrios (II.) militärisch zu unterstützen. Hölbl, Geschichte S. 170. Bengtson, Geschichte S. 499 geht m. E. zu weit, wenn er schreibt, daß das ziel die „Angliederung Syriens an Ägypten“ war. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 7; Grainger, Prosopography S. 697. Küthmann, Münzen S. 51 mit Taf. 1, 11 kennt zwei Exemplare dieses Typs (Paris und Den Haag). zu dem wohl aus dem Demotischen stammenden l für hôïò: R. S. Poole, BMc of Greek coins. The Ptolemies, Kings of Egypt, london 1883 (nachdruck Bologna 1963), S. XlIX f. So Ios. ant. Iud. 13, 106 f. Dies wird in I. Makk. 11, 10 nur andeutungsweise erwähnt, was zeigt, daß Josephus hier auf einer anderen Quelle − Poseidonios − basiert. niese, Geschichte III S. 264. volkmann, Demetrios I. S. 410 f. Anders Hölbl, Geschichte S. 170. Seleukeia war bereits 246 in ptolemäischen Besitz und erst im Frühjahr 219 wieder in seleukidische Hände gekommen: Hölbl, Geschichte S. 113; Ehling, Unruhen S. 304 ff.
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ros424 wurde er von Jonathan geleitet, der dann nach Jerusalem zurückkehrte (I. Makk. 11, 7; Ios. ant. Iud. 13, 105). Auf seinem zug durch die Küstenstädte muß der lagide erkannt haben, daß das bestehende Regime überall auf Ablehnung stieß und sich Alexander I. zur Regierung als gänzlich unfähig erwiesen hatte.425 Unter dem vorwand, Alexander I. verweigere die Auslieferung und Bestrafung des Ammonios, brach Ptolemaios vI. mit seinem Schwiegersohn, schickte eine Gesandtschaft ðåñr óõììá÷ßáò êár öéëßáò (Ios. ant. Iud. 13, 110) an Demetrios (II.) und sicherte ihm Kleopatra zur Frau und die Königsherrschaft über Syrien zu.426 Dieses Angebot war die neuauflage des Bündnisses von 150 und sollte dem Ptolemäer weiterhin die Möglichkeit geben, Einfluß auf die Politik in Syrien auszuüben. Demetrios (II.) nahm Bündnis und Ehe an (Ios. ant. Iud. 13, 110). Alexander I. war inzwischen nach Kilikien gezogen, um die von ihm abgefallene Bevölkerung wieder unter seine Herrschaft zu bringen.427 In Antiocheia wurde die Münzprägung für den König eingestellt und Tetradrachmen, Drachmen und Bronzen mit Bild und namen des Antiochos Iv. geprägt.428 Schließlich übergaben die Stadtkommandanten, Hierax und Diodotos, die Hauptstadt kampflos, und Ptolemaios vI. konnte in Antiocheia einziehen (I. Makk. 11, 13; Ios. ant. Iud. 13, 113). Ammonios, der in Frauenkleidern zu flüchten versuchte, wurde erkannt und vom Stadtvolk erschlagen (Ios. ant. Iud. 13, 108). Da vor allem die Antiochener fürchteten, Demetrios (II.) werde sie für ihren Abfall von seinem vater Demetrios I. im Jahr 156 (?) bestrafen,429 boten sie Ptolemaios vI. als erstem Ptolemäer430 die Krone Asiens an.431 424 425 426 427
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Der Fluß (heute: nahr al-Kabir), zwischen Orthosia und Arados, bildete die Grenze zwischen Phönikien/Koilesyrien und der Seleukis (Strab. 16, 2, 12 = 753). vgl. auch Orth, Geographie S. 85. vgl. das Urteil Diodors 33, 1, 3. niese, Geschichte III S. 262; volkmann, Demetrios I. S. 410. Diod. 32, 9 c; I. Makk. 11, 9 f.; Ios. ant. Iud. 13, 109 f. vgl. die Diskussion dieser zeugnisse und der Begriffe öéëßá, äéáèÞêç und óõììá÷ßá durch Seibert, Dynastische verbindungen S. 88 f. I. Makk. 11, 14; Ios. ant. Iud. 13, 112. Ehling, Unruhen S. 323. Diod. 32, 10, 2 erwähnt einen Besuch des Alexander I. bei dem Orakel des Apollon Sarpedonios. zu Sarpedon vgl. Mutafian, cilicie I S. 81 ff.; MacKay, Sanctuaries S. 2110 ff. Strab. 14, 5, 19 = 676 kennt eine Artemis Sarpedonia. Die tarsischen Drachmen, die auf der vorderseite den Kopf des Königs und auf der Rückseite den indigenen, ursprünglich hethitisch-luwischen Gott Sandan zeigen (cSE 475), gehören wahrscheinlich in diese zeit. − zum Fortleben des Apollon Sarpedonios in der Spätantike vgl. U. Gotter, Thekla gegen Apoll. Überlegungen zur Transformation regionaler Sakraltopographie in der Spätantike, Klio 85, 2003, S. 189−211. Diskussion und Katalog der Stücke bei Mørkholm, Posthumous (1960) S. 25 ff. mit Taf. 1; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 63; SnG Israel I 1593 ff. Die Tetradrachmen tragen das Datum: ÒÎÑ = 167 S. Ä. (= 146/45); sie zeigen auf der Rückseite das Motiv des nach links thronenden zeus, die Drachmen dagegen den auf dem Omphalos nach links sitzenden Apollon. Die Stücke sind von Bohm, Imitatio S. 111 Anm. 54 mißverstanden worden. Sie nimmt an, die Münzen seien für Alexander I. geprägt worden. Siehe oben Kap. II 4. niese, Geschichte III S. 264. Diod. 32, 9 c; I. Makk. 11, 13; Ios. ant. Iud. 13, 113. volkmann, Demetrios I. S. 411; Hölbl, Geschichte S. 170 f.
5.) Regierung des Alexander I. (150–145) und Erhebung des Demetrios II. (147)
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vor der Bevölkerung der Hauptstadt, dem in Antiocheia stationierten Militär und dem ptolemäischen Heer432 wurden ihm zwei Diademe, das von Ägypten und das von Asien, von den beiden Stadtkommandanten umgelegt.433 Aber Ptolemaios vI. war sich bewußt, daß die faktische Ausübung dieser Doppelherrschaft einen Konflikt mit Rom heraufbeschwören würde (Ios. ant. Iud. 13, 114). Daher setzte er alles daran, die Antiochener in einer versammlung (dêêëçóßá) davon zu überzeugen, Demetrios (II.) doch in ihrer Stadt aufzunehmen, und versprach, dafür Sorge zu tragen, daß ihnen nichts Unrechtes geschehen werde (Ios. ant. Iud. 13, 115). Daraufhin zog Demetrios (II.) in Antiocheia ein, wurde mit Kleopatra, die den Kultnamen Thea erhielt,434 verheiratet und vermutlich gleich zum König ausgerufen.435 Ptolemaios vI. ließ sich den Besitz von Koilesyrien garantieren (Diod. 32, 9 c) und wurde in den seleukidischen Reichskult aufgenommen, wie Inschriften in Teos und Paphos bezeugen.436 Auf die nachricht von den Ereignissen in der syrischen Hauptstadt marschierte Alexander I. mit einem großen Heer von Kilikien nach Syrien (I. Makk. 11, 15; Ios. ant. Iud. 13, 116) und verwüstete das Gebiet von Antiocheia (Ios. ant. Iud. 13, 116). Ptolemaios vI. und Demetrios II. traten ihm entgegen (I. Makk. 11, 15; Ios. ant. Iud. 13, 116), und am Oinoparas kam es zur Entscheidungsschlacht.437 Das Pferd Ptolemaios’ vI. scheute vor einem der Kriegselephanten und warf seinen Reiter ab. Hart attackiert wäre der König noch auf dem Schlachtfeld seinen zahlreichen Kopfverletzungen erlegen, wenn ihn nicht seine óùìáôïöýëáêåò gerettet hätten (Ios. ant. Iud. 13, 117). Alexander I. unterlag, da seine leute während des Kampfes überliefen (Iust. 35, 2, 3), und floh mit 500 Reitern zu einem Araberfürsten (¿ ô§í EÁñÜâùí äõíÜóôçò) nach Abai.438 Der Araber ließ Alexander I. umbringen 432 433 434 435 436
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Bengtson, Geschichte S. 499: „durch die Heeresversammlung und das volk von Antiocheia“. Ritter, Diadem S. 139 schreibt, daß Ptolemaios vI. „von der makedonischen Heeresversammlung des Seleukidenreiches zum König ausgerufen“ wurde. I. Makk. 11, 13; Ios. ant. Iud. 13, 113; Diod. 32, 9 c. Bunge, „Theos Epiphanes“ S. 75 Anm. 84 weist mit Recht darauf hin, daß dies eine Revanche für die Krönung Antiochos’ Iv. in Memphis darstellte. Wie A. Bouché-leclercq, Histoire des lagides, II: Décadence et fin de la dynastie (181−30 avant J.−c.), Paris 1904 (nachdruck Brüssel 1963), S. 48 Anm. 2 erkannte. vgl. außerdem Hölbl, Geschichte S. 170. Demetrios II. nahm wohl gleichzeitig den Beinamen Theos an. nach Ios. ant. Iud. 13, 120 wurde er erst nach dem Tode des Alexander I. zum König erhoben. Siehe oben Kap. I 2, 4. OGIS I 246 = SEG 32, 1982, 1207 (Teos) und SEG 13, 1956, 585 (Paphos): [ÂáóéëÝá Ðô]ïëåìásïí Èå’[í ÖéëïìÞôïñá] [Âáóéëå˜ò] ÄçìÞôñéïò Èå’ò [ÍéêÜôùñ êár] [ÖéëÜäåë]öïò ô’í ðáôÝñá ôyò ãõíáéê’ò [åšíïßáò] fíåêá ôyò åkò d[áõôüí]. vgl. zu beiden Inschriften insbesondere Piejko, Ptolemies S. 129 ff. Enge Beziehungen zwischen dem ionischen Teos und den Seleukiden bestanden bereits seit der zeit des Antiochos III.: P. Herrmann, Antiochos der Große und Teos, Anadolu (Anatolia) 9, 1967, S. 29−159. Strab. 16, 2, 8 = 751. niese, Geschichte III S. 264. I. Makk. 11, 15 f.; Ios. ant. Iud. 13, 116 f. niese, Geschichte III S. 265; volkmann, Demetrios I. S. 411. zur ungefähren Ortslage von Abai vgl. Altheim/Stiehl, Araber S. 296 mit Anm. 241: „Abai gehört eindeutig in das Randgebiet nordsyriens zur Wüste“. Araber hatten bereits im Heer des Antiochos III. an der Schlacht bei Magnesia am Sipylos teilgenommen: liv. 37, 40, 12.
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und sandte das abgeschlagene Haupt an Ptolemaios vI.439 nach Josephus (ant. Iud. 13, 118) soll sich dieser noch kurz über die Todesnachricht und den Anblick des Toten gefreut haben; Ptolemaios vI. selbst verstarb nur wenige Tage später an den Folgen der schweren verwundungen.0 6.) ERSTE REGIERUnG DES DEMETRIOS II. (145−138) UnD ERHEBUnG DES AnTIOcHOS vI. (144) nach dem Tode des Ptolemaios vI. war Demetrios II. seit Frühjahr 145 Alleinherrscher in Syrien.441 Die ersten antiochenischen Münzen des Demetrios II. tragen das Datum �ÎÑ (= 167 S. Ä. = 146/45). Auf den Münzen des Jahres ÇÎÑ (= 145/44) ist sein Porträt mit einem lorbeerkranz eingefaßt, der auf den Sieg über Alexander I. hinweist.442 Die Stellung des neuen Königs war höchst prekär. Er ließ die im land stehenden ptolemäischen Truppen beseitigen (Ios. ant. Iud. 13, 120), und die Bewohner der Küstenstädte machten die fremden Besatzungen nieder (I. Makk. 11, 18); wer überlebte, floh nach Alexandreia (Ios. ant. Iud. 13, 120). Um seine Herrschaft über Koilesyrien und Phönikien zu festigen, zog Demetrios II. nach Süden. vermutlich legte er selbst nun seleukidische Besatzungen in die Städte. In Ptolemaïs angekommen, befahl er Jonathan zu sich (Ios. ant. Iud. 13, 123). Dieser hatte inzwischen damit begonnen, die Akra zu belagern (I. Makk. 14, 20). Wieder waren Hellenisten am Seleukidenhof erschienen, in der Hoffnung, von dem Regierungswechsel zu profitieren. Jonathan kam in Begleitung von Ältesten (ðñåóâýôåñïé) und Priestern (jåñåsò) nach Ptolemaïs, überbrachte kostbare Geschenke (Gold, Silber, Gewänder) und fand Gnade (÷Üñéò) beim König (I. Makk. 11, 23 f.; Ios. ant. Iud. 13, 124). Die Klagen der „Gesetzlosen“ (Tíïìïé) stießen auf taube Ohren (I. Makk. 11, 25 f.; Ios. ant. Iud. 13, 125). Jonathan wurde im Amt des Hohenpriesters bestätigt und unter die ðñ§ôïé ößëïé des Seleukidenkönigs eingeschrieben.443 zweifellos behielt er auch sein Amt als óôñáôçã’ò êár ìåñéäÜñ÷çò von Judäa, auch wenn dies weder im I. Makkabäerbuch noch bei Josephus ausdrücklich bezeugt ist. Gegen Bezahlung von 300 Talenten Silber erhielten die in Judäa und Teilen von Samaria lebenden Juden Steuerfreiheit vom Seleukidenkönig (I. Makk. 11, 28). Sicherlich 439
0 441 442 443
I. Makk. 11, 17. Der Araber hieß zabeilos (Ios. ant. Iud. 13, 118) bzw. Diokles (Diod. 32, 27, 9 d/10, 1); Altheim/Stiehl, Araber S. 296. Die namen der Mörder überliefert Diod. 32, 27, 9 d/10, 1: Heliades und Kasios. Beide waren Offiziere des Alexander I. gewesen: Grainger, Prosopography S. 91; 99. Préaux, Monde hellénistique S. 198. I. Makk. 11, 19: 167 S. Ä. = 146/45. niese, Geschichte III S. 265. zur Situation in Ägypten nach dem Tode des Ptolemaios vI.: Hölbl, Geschichte S. 172; Huß, Ägypten S. 596 ff. Küthmann, Münzen S. 56; cSE 217−220; Fleischer, Herrscherbildnisse Taf. 33 b; D. Gorny, München, Kat. 90, Okt. 1998, 469. I. Makk. 11, 27. Danach wäre er aber kein óõããåíÞò, d. h. Angehöriger der obersten Rangklasse, mehr. zu den Rangklassen siehe oben Kap. I 2, 1. 300 Talente entsprachen der seit der Regierung des vierten Seleukos üblichen Höhe des jährlich zu zahlenden öüñïò, siehe Kap. II 5, S.151 Anm. 338.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
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mußten die Juden dafür in irgendeiner Form Abgaben an Jonathan leisten. Aus I. Makk. 13, 34 (zum Jahr 142) geht allerdings hervor, daß gewisse Steuern doch noch bestehen blieben und an den Seleukidenhof abgeführt werden mußten. nachdem Demetrios II. in den Küstenstädten anerkannt war, Besatzungen eingesetzt hatte (?) und die verhältnisse in Judäa stabil schienen, konnte er nach Antiocheia zurückkehren. Da Frieden im land herrschte, entließ Demetrios II. einen Großteil seiner Soldaten (I. Makk. 11, 38; Ios. ant. Iud. 13, 129), eine Maßnahme, die der Sanierung der Staatskasse diente, ihm aber den „Haß“ dieser Soldaten eintrug. Auch bei den Antiochenern war der König wegen seiner tyrannischen Art äußerst unbeliebt. Im Sommer (?) 145 griff die Bevölkerung zu den Waffen, schloß Demetrios II. im Königspalast (ášëÞ) ein und besetzte die wichtigsten Durchgangsstraßen der Stadt. Doch mit Hilfe seiner kretischen Söldner und 3.000 jüdischer Soldaten, die Jonathan zur Unterstützung gesandt hatte,8 schlug Demetrios II. den Aufstand blutig nieder. Die Stadt ging in Flammen auf449 und „fast“ 100.000 Menschen sollen erschlagen worden sein.0 Angesichts dieser verheerungen ergaben sich die aufständischen Bewohner und legten die Waffen nieder (I. Makk. 11, 49 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 141). Für ihre Dienste wurden die jüdischen Soldaten Jonathans mit reicher Beute, die sie aus den Häusern der Antiochener geplündert hatten,451 nach Jerusalem entlassen (I. Makk. 11, 51; Ios. ant. Iud. 13, 142). Dem Autor des I. Makkabäerbuches merkt man in dem Abschnitt 11, 44−51 noch deutlich den Stolz an, daß der Seleukidenkönig sein Überleben dem Einsatz jüdischer Krieger verdankte.452 Die brutale niederschlagung des antiochenischen Aufstandes kostete Demetrios II. weitere Sympathien. Diese Stimmung nützte Diodotos (Tryphon), ein ehemaliger óôñáôçãüò des Demetrios I. und Alexander I.453 und zuletzt dessen Befehlshaber
8 449 0 451 452 453
Diod. 33, 4, 1−4; Ios. ant. Iud. 13, 135. Diese negative Beurteilung geht auf Poseidonios zurück: Malitz, Poseidonios S. 279 f. Siehe auch oben Kap. I 1, 1. Fischer, Tryphon S. 212 datiert den Aufstand in den Frühherbst. nach I. Makk. 11, 45 beteiligten sich 120.000 Menschen an dem Aufstand. Ios. ant. Iud. 13, 137 spricht von vielen 10.000. vgl. Ehling, Unruhen S. 324. I. Makk. 11, 46; Ios. ant. Iud. 13, 136. Der Königspalast im Seleukidenreich wurde ášëÞ genannt: B. Funck, Beobachtungen zum Begriff des Herrscherpalastes, in: Hoepfner/Brands (Hg.), Basileia S. 54 f. Der gesamte Königsbezirk besaß einen Umfang von 160 ha und war damit ebenso groß wie der Königsbezirk der Ptolemäer in Alexandreia: Hoepfner, Geschichte S. 479. I. Makk. 11, 44; Ios. ant. Iud. 13, 134; 137. Dafür hatte Demetrios II. versprochen, die seleukidische Besatzung aus der Akra von Jerusalem abzuziehen: I. Makk. 11, 41 f.; Ios. ant. Iud. 13, 134, ein versprechen, das der König nicht einhielt. Das Feuer sollen nach I. Makk. 11, 48 die jüdischen Hilfstruppen gelegt haben. Da die Häuser aus Holz gebaut waren, breitete sich das Feuer rasch über die ganze Stadt aus: Ios. ant. Iud. 13, 139. Die zahl ist wieder viel zu hoch angesetzt, aber vielleicht Ausdruck dessen, daß die verluste unter der zivilbevölkerung sehr groß waren. So dürften I. Makk. 11, 48; 51 zu verstehen sein. Die kretischen Söldner werden bei ihm nicht erwähnt, vgl. aber Ios. ant. Iud. 13, 137. Diod. 33, 3; Ios. ant. Iud. 13, 131; allgemeiner: I. Makk. 11, 39; Diod. 33, 4 a ist etwas mißverständlich, weil sich die Textstelle so liest, als sei Tryphon ein ößëïò des zweiten Demetrios gewesen. Hoffmann, Tryphon Sp. 716.
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in Antiocheia, gegen Demetrios II. aus. Tryphon hielt sich längere zeit bei dem Araberfürsten Jamblichos (so Diod. 33, 4 a), Jamliku (so I. Makk. 11, 39) oder Malchos (so Ios. ant. Iud. 13, 131) auf, der den zweijährigen Sohn des Alexander I. und der Kleopatra Thea in seiner Obhut hatte. Tryphon gelang es, den Araber zur Aushändigung des Kindes zu bewegen (I. Makk. 11, 40; 54; Ios. ant. Iud. 13, 131). Mit diesem ging er nach Syrien zurück (I. Makk. 11, 54; Ios. ant. Iud. 13, 144) und krönte es vermutlich im Frühjahr 1448 bei Apameia, sicherlich unter zustimmung der von Demetrios II. abgefallenen Truppen, mit einem Diadem zum König.459 Mit der Proklamation des Antiochos vI. gab sich Tryphon als dessen dðßôñïðïò (Ios. bell. Iud. 1, 49) bzw. tutor (liv. per. 55; Iust. 36, 1, 7) eine dynastische Grundlage für seinen Kampf gegen Demetrios II.0 Eine besondere Rolle bei der Erhebung des Antiochos vI. spielten Militärkolonisten aus dem thessalischen larissa,461 die sich dem Seleukidenhaus eng verbunden fühlten (Diod. 33, 4 a). von Apameia zog Tryphon nach chalkis.462 Im Sommer 144463 griffen Tryphons Truppen Demetrios II. an, der nach Seleukeia in Pierien floh. Tryphon erbeutete die Kriegselephanten und nahm Antiocheia ein. 8
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zusammen mit Hierax siehe oben. zu Tryphon vgl. insbesondere Hoffmann, Tryphon Sp. 715 ff. und Fischer, Tryphon S. 201 ff. I. Makk. 11, 40. zum nabatäischen namen Malchos vgl. A. Schalit, König Herodes. Der Mann und sein Werk, Berlin 1969, S. 749 f. Der Araber wird ein Gastfreund des Alexander I. gewesen sein. In der älteren Forschung wird ein früheres Erhebungsdatum vertreten, z. B. Bouché-leclercq, Histoire I S. 354: 145. Fischer, Tryphon S. 212 setzt die Ausrufung des Antiochos vI. in die zeit zwischen Herbst 145 und Spätsommer 144 und meint S. 210 Anm. 48, daß die Erhebung am ehesten an den Anfang des Jahres 168 S. Ä., d. h. in den Herbst 145 zu datieren sei. Da jedoch die große Masse der für Antiochos vI. in Antiocheia geprägten Münzen mit dem Datum 169 S. Ä. (= 144/143) beginnt, war die syrische Hauptstadt sehr wahrscheinlich erst gegen Ende 168 S. Ä., d. h. im Sommer 144 in Tryphons Hand, vgl. auch Del Monte, Testi S. 100. Dies spricht für das Frühjahr 144 als Erhebungsdatum. Diod. 33, 4 a; Ios. ant. Iud. 13, 144. Den Ort legt Strabon 16, 2, 10 = 752 nahe. Bevan, House II S. 226; Bouché-leclercq, Histoire I S. 354; newell, SMA S. 61 Anm. 31. vgl. auch Ritter, Diadem S. 140 und Wilcken, Antiochos (29) Sp. 2477, der meint, Antiochos vI. wäre erst in Antiocheia zum König proklamiert worden. Hoffmann, Tryphon Sp. 717. Der Ort lag südöstlich unweit von Apameia. vgl. Orth, Geographie S. 89. Diod. 33, 4 a. Strab. 16, 2, 18 = 755 nennt chalkis, die Akropolis der Marsyas-Ebene. Die Stadt lag nordöstlich von Apameia. Dieses Datum hat newell, SMA S. 61. Bevan, House II S. 227 schreibt Oktober 145. liv. per. 52: bello superatus (scil. Demetrios II.) Seleuciam confugit. zu der Stelle: Wilcken, Beitrag S. 441 und Bouché-leclercq, Histoire I S. 354 Anm. 3. Mit Demetrios II. floh auch Kleopatra Thea, die später in Seleukeia ihre Residenz hatte: Ios. ant. Iud. 13, 221. Bevan, House II S. 227; Grainger, cities S. 159; 163. I. Makk. 11, 56: ôN èçñßá; Ios. ant. Iud. 13, 144; liv. per. 52. Hinter der Erbeutung der Elephanten könnte die Einnahme Apameias stehen, so die vermutung von niese, Geschichte III S. 278 Anm. 2. Auf Bronzemünzen des Antiochos vI. begegnet der Elephant als Reversmotiv: SnG cop. 304−307; SnG Israel I 1771−1777. Das Münzbild ist jedoch weniger eine Anspielung auf die erbeuteten Kriegselephanten als vielmehr religiös zu verstehen. Der Elephant galt
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
167
Der zweijährige Antiochos vI. wurde von Tryphon und seinen Beratern zum Epiphanes Dionysos stilisiert. Der Beiname Epiphanes wird auch von Diodor (= Poseidonios) erwähnt (33, 4 a) und sollte an seinen Großvater (?) Antiochos Iv. erinnern.8 Josephus (ant. Iud. 13, 218) kennt außerdem noch das Epitheton Theos für Antiochos vI., der also vielleicht Theos Epiphanes Dionysos hieß. Damit wurde, wie F. Taeger feststellt, zum ersten Mal in der Geschichte der hellenistischen Reichskulte „nunmehr die Angleichung … an einen der großen Götter in aller Form verkündet“.469 Der historische Hintergrund für die erstmalige, intensive Propagierung des Dionysos im seleukidischen Herrscherkult0 ist darin zu sehen, daß der sechste Antiochos aus der Ehe zwischen Alexander I. und Kleopatra Thea stammte und das Ptolemäerhaus seinen Ursprung auch auf Dionysos zurückführte. In der berühmten, noch im 6. Jh. n. chr. von Kosmas Indikopleustes abgeschriebenen Inschrift von Adulis am Roten Meer im heutigen Eritrea (OGIS I 54), dem „Tatenbericht“ Ptolemaios’ III. (246−222/21), bezeichnet sich der König als Pðüãïíïò väterlicherseits von Herakles471 und mütterlicherseits von Dionysos.472 Durch die Eheverbindung mit Kleopatra Thea konnte sich schon Alexander I. zu Dionysos in Bezug setzen, und für Antiochos vI. als echtem ‚Abkömmling‘ des Gottes wurde das Dio-
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471 472
als Tier des Dionysos: Ehling, Elephant Sp. 266. Bronzen des Alexander I. (z. B. SnG Israel I 1477−1479) tragen deshalb zum Elephanten auf der Münzrückseite den Kopf des Dionysos auf der vorderseite. Einer dieser Berater wird jener ÓÔÁ(öõëïò?) gewesen sein, dessen namenskürzel auf den Münzen erscheint und bei dem es sich nicht um einen einfachen Münzbeamten handeln kann, wie newell, SMA S. 69 annimmt. Interessanterweise gibt es zwei Tetradrachmen aus dem Jahr 170 S. Ä. (= 143/42), auf denen der name eradiert wurde: K. Regling, zur griechischen Münzkunde III, zfn 24, 1924, S. 135 f. Es muß in diesem Jahr zum Bruch zwischen Tryphon und ÓÔÁ gekommen sein. zu ÓÔÁ, der in der Prosopographie von Grainger nicht vermerkt ist, vgl. Küthmann, Münzen S. 61 und zuletzt Klose, Beiträge S. 193 f. Anm. 37. So heißt er auf allen Münzen: newell, SMA S. 62 nr. 216 ff.; cSE 232 ff.; SnG Israel I 1757 ff. Wie oben in Kap. II 4 ausgeführt, ist es nicht unwahrscheinlich, daß Alexander I. von einer nebenfrau des Antiochos Iv. geboren wurde. Der vierte Antiochos wäre dann tatsächlich der Großvater des sechsten Antiochos gewesen. charisma I S. 322. Die Dionysosthematik klingt bereits auf Münzen Alexanders I. an. So sind für diesen Bronzen geschlagen worden, die das Bild eines efeubekränzten Dionysos auf der vorderseite und eines Elephanten auf der Rückseite zeigen: Gardner, BMc Seleucid Kings S. 56 nr. 56 ff. mit Taf. XvI 13; SnG Israel I 1477−1479. Für seinen vater (?) Antiochos Iv. ließ derselbe König Bronzen ausgeben, die auf der vorderseite einen Dionysoskopf mit den Gesichtszügen Antiochos’ Iv. tragen; auf der Rückseite befindet sich ein Thyrsos: cSE 564; SnG Israel I 1485; Mørkholm, Posthumous (1983) S. 57 ff.; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 63 f.; Svenson, Darstellungen S. 32 mit Taf. 17, 68. vgl. auch Ehling, Alexander II. S. 3. vgl. auch Satyros FGrHist 631 F 1. U. Huttner, Die politische Rolle der Heraklesgestalt im griechischen Herrschertum (Historia Einzelschriften 112), Stuttgart 1997, S. 124 ff. zeile 5 f. Eine deutsche Übersetzung der Inschrift, die etwa 245 abgefaßt wurde, geben K. Brodersen/W. Günther/H. H. Schmitt, Historische Inschriften in Übersetzungen, Darmstadt 1996, Band III, S. 4 nr. 403. zur Inschrift vgl. H. Bengtson, Kosmas Indikopleustes und die Ptolemäer, Historia 4, 1955, S. 151−156.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
nysosthema dann intensiv genutzt.473 Auf zahlreichen Münznominalen sind dionysische Motive auf den Reversen abgebildet: Elephant, Kantharos, palmzweighaltender Panther und Dionysos selbst mit Thyrsos in der linken und Kantharos in der rechten Hand. Die Porträts auf den Bronzemünzen zeigen den König mit dionysischem Efeukranz.8 Die sechs glatten Strahlen, die unmittelbar aus dem Kopf entspringen und nicht am Diadem befestigt sind, unterstreichen den Beinamen Epiphanes,479 sind darüber hinaus aber als Hinweis auf Helios zu verstehen.80 Bemerkenswert ist, daß alle Bildnisse den sechsten Antiochos eher als Jugendlichen denn als Kind von zwei bis vier Jahren zeigen. Anscheinend wollte Tryphon das wahre Alter seines Schützlings im Münzbild nicht zum Ausdruck gebracht sehen, vermutlich um nach außen den Eindruck einer größeren politischen Selbständigkeit des Kinderkönigs zu erwecken.481 zwischen Demetrios II. und Tryphon begann ein langwieriger Bürgerkrieg, in dem das Reich in Einflußsphären aufgeteilt wurde. zu dem in Seleukeia in Pierien residierenden Demetrios II. hielten die Küstenstädte, mit Sicherheit jedenfalls Tyros,482 Sidon483 und vielleicht laodikeia am Meer.8 Auch scheint er in Gebieten Kilikiens (Ios. ant. Iud. 13, 145) anerkannt gewesen zu sein8 und behauptete wohl 473 8 479 80 481
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8
Ehling, Alexander II. S. 3 f. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 66 f. nr. 42 ff. mit Taf. XIX 12; cSE 248 ff.; SnG Israel I 1771 ff. zum Elephanten als dionysischem Tier vgl. Ehling, Elephant Sp. 266. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 65 nr. 25 ff. mit Taf. XIX 9. Das Gefäß wird dort irrtümlich als Amphora bezeichnet. cSE 244 f.; SnG Israel I 1798 ff. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 64 nr. 16 ff. mit Taf. XIX 5; cSE 240 f.; SnG Israel I 1769 f. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 65 nr. 23 f. mit Taf. XIX 8; cSE 243; SnG Israel I 1795 ff.; Ehling, Geschichte Taf. 1 Abb. 2. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 63 ff. nr. 1 ff. mit Taf. XIX 8 ff.; cSE 248 ff.; SnG Israel I 1771 ff. Svenson, Darstellungen S. 70. Svenson, Darstellungen S. 70. Svenson, Darstellungen S. 19 ff. Einen ausführlichen Überblick über Ursprung und verwendung der Strahlen gibt das Buch von Bergmann. Ehling, nachfolgeregelung S. 36. Hier ergeben sich Parallelen zu Ptolemaios v., der mit ungefähr sechs Jahren auf den Thron gelangte, auf seinen Münzen aber ebenfalls als Jugendlicher erscheint: H. Kyrieleis, Die Porträtmünzen Ptolemaios’ v. und seiner Eltern. zur Datierung und historischen Interpretation, JdI 88, 1973, S. 213−246, bes. 216. Dort wurden in den Jahren 169 S. Ä. = 144/43 und 170 S. Ä. = 143/42 Münzen mit dem Bild des Demetrios II. geprägt: Babelon, Rois S. 124 ff. nr. 963 ff.; 970 ff.; cSE 754 f. Babelon, Rois S. 125 nr. 966 f. (169 S. Ä. = 144/43) und nr. 973 ff. (170 S. Ä. = 143/42); cSE 718 (172 S. Ä. = 141/40). niese, Geschichte III S. 278; Malitz, Poseidonios S. 280. Der von Diod. 33, 7, 9 bezeugte Aufenthalt eines Demetrios könnte auch in die zeit bald nach Frühjahr 145 fallen, so daß die zugehörigkeit laodikeias zum Herrschaftsbereich des Demetrios II. nach der Erhebung des Antiochos vI. im Frühjahr 144? keineswegs gesichert ist. Abgesehen davon sollte man diese Diodorstelle vielleicht gar nicht auf Demetrios II., sondern auf den als Trinker bekannten Demetrios I. beziehen. Demetrios I. als Trinker: Pol. 33, 19, 1. vgl. dazu und zum luxusleben der Seleukidenkönige vössing, Bankett S. 149 f. zum Alkoholkonsum der Seleukidenkönige vgl. außerdem Ail. var. 2, 41, der aber Demetrios I. nicht erwähnt. Aber nicht in ganz Kilikien, wie Wilcken, Antiochos (29) Sp. 2477 meint, siehe unten.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
169
Teile von Koilesyrien, zumindest werden Sarpedon und Palamedes als seine Strategen von Koilesyrien erwähnt.8 Ebenso blieb er in den Oberen Satrapien als König anerkannt;8 sein Satrap von Mesopotamien war der Meder Dionysios.88 Dagegen eroberte Tryphon im Jahr 144/43 im namen seines Königs Antiochos vI. die Burg Korakesion im Rauhen Kilikien.489 Nach Strabon soll damals das kilikische Piratenunwesen seinen Anfang genommen haben; ob man in Tryphon aber das erste Beispiel eines Piratenführers sehen darf, bleibt zweifelhaft.490 Tarsos und Mallos prägten Münzen im namen Antiochos’ vI.
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Diod. 33, 28; Athen. 8, 333 c = Poseidonios F. 101 (Theiler), vgl. dazu auch Malitz, Poseidonios S. 282. zu Sarpedon: Bengtson, Strategie II S. 178 mit Anm. 3; carsana, Dirigenze S. 114; Savalli-lestrade, Philoi S. 120 f., die aufgrund des namens eine lykische oder kilikische Herkunft dieses Mannes annimmt. Sarpedon wird auch bei Strab. 16, 2, 26 = 758 erwähnt. Unklar bleibt in diesem zusammenhang, wer die Ptolemäer sind, gegen die Sarpedon kämpft. Denkbar wären ptolemäische Besatzungen in dem Gebiet um Tyros. zu Palamedes: Savallilestrade, Philoi S. 120. J. n. Straßmaier, zur chronologie der Seleuciden, zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete 8, 1893, S. 111; Del Monte, Testi S. 101 f. Deshalb wandten sich die Bewohner Mesopotamiens im Jahr 141 mit ihrem Hilfegesuch auch an Demetrios II. und nicht an Tryphon, siehe unten. Diod. 33, 28. carsana, Dirigenze S. 115; Savalli-lestrade, Philoi S. 120. Mutafian, cilicie II Abb. 33−36 (heute Alanya). Hier kam es im Jahr 67 zur Seeschlacht zwischen der Flotte des Pompeius und den Seeräubern, vgl. dazu zuletzt de Souza, Piracy S. 169 ff. Sehr problematisch sind die vermutungen von Maróti, Seeräuberei S. 34, an die de Souza anknüpft. Maróti schreibt: „Beim Aufschwung der Seeräuberei in Kilikien spielte der Usurpator Diodotes Tryphon in Syrien eine wichtige Rolle. Aus der Politik und der Tätigkeit Tryphons können wir folgern, daß er sich bei der verwirklichung seiner ziele auch der Seeräuber bediente. … Tryphon war daher bemüht, diese Städte (die reichen phönikischen Handelsstädte, Anm. d. verf.) niederzuwerfen. Gegen sie setzte er auch Seeräuber ein, denen sich dabei gute Beutegelegenheiten boten. Er ließ deshalb den Hafen von Korakesion, den künftigen bedeutenden Stützpunkt der Seeräuber erbauen“. Daß Tryphon sich der Seeräuber bediente, wird in keiner Quelle behauptet. Siehe auch nachstehende Anmerkung und unten Kap. II 13. Strab. 14, 5, 2 = 668. Strabons eindringlicher Bericht basiert auf Poseidonios: W. capelle, Griechische Ethik und römischer Imperialismus, Klio 25, 1932, S. 102 f. Anm. 2; Strasburger, Poseidonios S. 43 mit Anm. 34; Malitz, Poseidonios S. 164 ff. Strabon schreibt, daß die mit Tryphon einsetzenden innerdynastischen Kämpfe das Aufkommen der Piraterie begünstigt hätten, nicht aber, daß Tryphon das erste „example of a pirate leader“ gewesen sei, so de Souza, Piracy S. 98. Die erwähnte Eroberung der Burg von Korakesion könnte eine Maßnahme gegen die Piraterie gewesen sein. Die Entstehung des Piratentums im östlichen Mittelmeerraum hängt auf das engste auch mit dem niedergang von Rhodos zusammen: Jones, cities S. 201. vgl. auch vogt, Republik S. 335; Pohl, Piraterie S. 126 f. mit Anm. 138; 147 und Bringmann, Republik S. 291. Anders Wiemer, Rhodos S. 129, der schreibt, daß es nicht der mangelnde Wille der Rhodier war, gegen die aufkommende kilikische Piraterie einzuschreiten, sondern das „politisch motivierte Bestreben, das Seleukidenreich zu schwächen“ dahinter stand. Speziell mit Tryphon und den Piraten beschäftigt sich E. Maróti, Diodotes Tryphon et la piraterie, AA 10, 1960, S. 187 ff. (non vidi), aber wohl ähnlich: Maróti, Seeräuberei S. 34. zu Rhodos und den Piraten vgl. Wiemer, Rhodos S. 111 ff. und zu Strabons Piratenexkurs ebenda S. 127 f.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Die in Tarsos geprägten Drachmen für Antiochos vI. zeigen auf der vorderseite das Bildnis des Königs (ohne Strahlen im Haar) und auf der Rückseite den auf einem gehörnten löwen (?) stehenden Gott Sandan. Die legende lautet ÂÁÓÉËÅÙÓ ÁÍÔÉÏ×ÏÕ ÅÐÉÖÁÍÏÕÓ ÄÉÏÍÕÓÏÕ. Bislang sind zwei Exemplare dieser Emission bekannt: J. A. Seeger, An Unpublished Drachm of Antiochus vI, nc 1972, S. 305 mit Abb. 1 und H. lanz, München, Kat. 74, nov. 1995, 265. Die Miszelle von Seeger enthält allerdings einige Irrtümer: Bei dem dort erwähnten Ptolemaios Philopator handelt es sich in Wirklichkeit um Ptolemaios vI. Philometor und bei Demetrios Soter um Demetrios II. Theos Philadelphos nikator. neu im Handel aufgetaucht ist inzwischen auch eine tarsische Tetradrachme für den sechsten Antiochos: Gorny & Mosch, München, Kat. 104, Okt. 2000, 456. Ein derartiges Stück wird cSE S. 33 Anm. 4 erwähnt. Die Tetradrachme trägt auf der Rückseite das Sandan‚monument‘.491 − nur wenige Kilometer südöstlich von Tarsos lag Mallos. Mit dem archaischen Kultbild der Athena Margarsia wurden dort Tetradrachmen für Antiochos vI. geprägt.492 Etwa im Herbst 143 (?) wurde Berytos von den Truppen Tryphons zerstört.493 Dort waren im Jahr 145 noch Münzen für Demetrios II. geschlagen worden.494 B. niese vermutet, daß Tryphon umgekehrt Arados begünstigte,495 aber aus diesen Jahren liegen keine Münzzeugnisse vor, so daß sich nicht sagen läßt, welchen der beiden Könige die Stadt unterstützte.496 Antiochos vI. bestätigte Jonathan im Amt des Hohenpriesters.497 I. Makk. 11, 57 zufolge wäre Jonathan lediglich der Titel „Freund des Königs“ (ößëïò ôï™ âáóéëÝùò) verliehen worden. Aber dies darf „unmöglich scharf im technischen Sinne genommen werden, denn dann läge ja eine Degradation vor“, wie H. Willrich richtig feststellt.498 vielmehr weisen die vom König übersandten Ehrengeschenke (I. Makk. 11, 58: Goldspange [ðüñðç ÷ñõóy],499 vergoldetes Eßgeschirr, goldener
491 492 493
494 495 496 497 498 499
zu Sandan auf Münzen vgl. D. Pohl, Sandan in Tarsos und K. Ehling, Die Götterwelt von Tarsos, in: Meyer/ziegler (Hg.), Kulturbegegnung S. 73 ff.; 140 ff. Houghton, Mallus S. 94 f. nr. 8 f.; D. Pohl, Athena Magarsia in Mallos, in: Meyer/ziegler (Hg.), Kulturbegegnung S. 93 ff. vermutlich handelt es sich bei Magarsos um die Hafenstadt von Mallos: Jones, cities S. 197. Siehe zu diesen Münzen oben Kap. I 3, 6. Strab. 16, 2, 219 = 756. niese, Geschichte III S. 278 f.; Grainger, Phoenicia S. 123 f. Dies bringen Maróti, Seeräuberei S. 34 und de Souza, Piracy S. 98 mit Tryphons Rolle als Seeräuberführer in verbindung, aber auch hier ist wieder die entgegengesetzte Deutung möglich, nämlich daß Tryphons Soldaten einen Seeräuberstützpunkt zerschlugen. Babelon, Rois S. 124 nr. 959. niese, Geschichte III S. 279 Anm. 1 nennt irrtümlich Stücke aus dem Jahr 168 S. Ä. = 145/44. Geschichte III S. 279 mit Anm. 3. Unklar ist auch, wann Marathos zerstört bzw. Arados einverleibt wurde. vgl. die Diskussion bei niese, Geschichte III S. 279 mit Anm. 3 und Grainger, Phoenicia S. 129 ff. zu Arados und Marathos vgl. auch Orth, Geographie S. 82; 90. I. Makk. 11, 57; Ios. ant. Iud. 13, 145. Baltrusch, Juden S. 99 mit Anm. 67. Willrich, Ordens-Wesen S. 419. Man darf im I. Makkabäerbuch „keine Korrektheit“ in den Ausdrücken, die das seleukidische Titelwesen betreffen, erwarten. zu den goldenen Rangabzeichen bei den Seleukiden: Robert, noms S. 446 Anm. 1 und 2.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
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Trinkbecher00 und Purpurgewand [ðïñöýñá]) eindeutig darauf hin, daß Jonathan weiterhin zur obersten höfischen Rangklasse der „verwandten“ (óõããåíåsò) zählte, in die ihn der vater des kleinen Königs, Alexander I., wenige Jahre zuvor aufgenommen hatte.501 Jonathans Bruder Simon wurde zum „Befehlshaber über das Gebiet zwischen der Tyrischen Treppe und der ägyptischen Grenze“ (óôñáôçã’ò Pð’ ôyò êëßìáêïò Ôýñïõ fùò ô§í ¿ñßùí Ájãýðôïõ [I. Makk. 11, 59] bzw. óôñáôçã’ò ôyò óôñáôéOò Pð’ êëßìáêïò ôyò Ôõñßùí fùò Ájãýðôïõ [Ios. ant. Iud. 13, 146]), d. h. zum Strategen von Ptolemaïs bis zur ägyptischen Grenze, ernannt.502 Auch bei diesem Ausdruck handelt es sich um eine nicht wörtlich zu nehmende Rückübersetzung ins Griechische.503 Simon war damit wahrscheinlich der direkte Gegenspieler zu Sarpedon (oder Palamedes).0 Möglicherweise ist Simon schon jetzt oder aber nach einem größeren Erfolg − vielleicht über Sarpedon oder Palamedes − zum óõããåíÞò erhoben worden. 0 Den Hasmonäern wurden außerdem die drei Bezirke 0 Aphairema, Ramathaim und lydda unterstellt0 und der Besitz von Akkaron bestätigt.08 Offiziell zogen Jonathan und Simon im Auftrage Antiochos’ vI. gegen die Heere und Besatzungstruppen Demetrios’ II., aber sie verstanden es, ihren Auftrag geschickt mit den eigenen Interessen zu verknüpfen. Mit königlicher Erlaubnis warb Jonathan ein großes Heer in (Koile-)Syrien und Phönikien an und zog nach Askalon. Er forderte die Bewohner auf, sich Antiochos vI. anzuschließen. Wer dem nicht nachkam, wie etwa Gaza, wurde belagert (I. Makk. 11, 61 f.; Ios. ant. Iud. 13, 150). Die Stadt mußte sich schließlich ergeben; ihre Bewohner versprachen „Freundschaft und Bundesgenossenschaft“ (öéëßá êár óõììá÷ßá Ios. ant. Iud. 13, 152), und die vornehmsten Familien wurden gezwungen, ihre Söhne als Geiseln zu stellen.509 Bis nach Damaskos dehnte Jonathan den jüdischen Einflußbereich aus (I. Makk. 11, 62; Ios. ant. Iud. 13, 153). 00
501 502 503 0 0 0 0 08 509
zum Geschirr hellenistischer Herrscher vgl. G. zimmer, Prunkgeschirr hellenistischer Herrscher, in: Hoepfner/Brands (Hg.), Basileia, S. 130−135 und zu der Stelle vössing, Bankett S. 115 mit Anm. 2. Polybios erwähnt im zusammenhang mit dem Festzug von Daphne im Jahr 166 mehrfach kostbares Geschirr (30, 25, 1−26, 9). − Dies ist auch vor einem jüdischen Hintergrund zu sehen: So waren die Trinkgefäße des sagenhaft reichen jüdischen Königs Salomo ebenfalls aus Gold: I. Kön. 10, 21; 25, und der Hohepriester Simon beeindruckte den seleukidischen Gesandten Athenobios mit der Pracht seiner goldenen und silbernen Gefäße, als dieser sich Anfang der 130er Jahre in Jerusalem zu verhandlungen aufhielt (I. Makk. 15, 32, siehe unten Kap. II 8). Als Belohnung für die Besiegung des Apollonios, Demetrios’ II. Strategen von Koilesyrien bzw. Strategen von Ptolemaïs bis zur ägyptischen Grenze, siehe oben Kap. II 5. Bengtson, Strategie II S. 176 ff. bes. 178. Fischer, verwaltung S. 37 mit Anm. 18. Bengtson, Strategie II S. 178. Sarpedon wird als óôñáôçãüò bezeichnet: Athen. 8, 333 c. Grainger, Prosopography S. 111; 116 bezeichnet Sarpedon und Palamedes als Satrapen oder Generale. So die vermutung von Willrich, Ordens-Wesen S. 419 Anm. 2 nach I. Makk. 14, 44. In I. Makk. 11, 57 u. ö. heißen sie íïìïß. Besser ist die Bezeichnung als Toparchien: Bengtson, Strategie II S. 25 (nach I. Makk. 11, 28). Kahrstedt, Territorien S. 65 ff.; Keel/Küchler, Orte II S. 829 ff. So dürfte I. Makk. 11, 57 zu verstehen sein, wo von „vier Bezirken“ die Rede ist. Sie wurden nach Jerusalem verbracht: I. Makk. 11, 62; Ios. ant. Iud. 13, 153.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Die Heerführer des Demetrios II.510 marschierten nach Kadesch (Kadesa), einer Stadt zwischen Tyros und Galiläa,511 mit der Absicht, Jonathan in eine Falle zu locken. In der Ebene von Hazor am See Genessaret stießen die Heere aufeinander (I. Makk. 11, 67; Ios. ant. Iud. 13, 158). Jonathans Soldaten ergriffen die Flucht, als Demetrios’ II. Truppen ihnen vom Gebirge her in den Rücken fielen (I. Makk. 11, 69; Ios. ant. Iud. 13, 159 f.). Mit einer kleinen Schar mutiger Kämpfer512 gelang es Jonathan, das Blatt zu wenden. Seine Männer kehrten um, nahmen den Kampf wieder auf und trieben nun ihrerseits die seleukidischen Truppen in die Flucht. 3.000 (I. Makk. 11, 74) bzw. 2.000 seleukidische Soldaten (Ios. ant. Iud. 13, 163) sollen den Tod gefunden haben; die übrigen zogen sich in das lager von Kadesch (Kadesa) zurück.513 Den Truppen Demetrios’ II. gelang es nicht, die Kontrolle über Judäa zu erringen. In der zwischenzeit begann der óôñáôçãüò Simon, den Jonathan in Judäa zurückgelassen hatte, damit, die Besatzung von Bet-zur zu belagern (Ios. ant. Iud. 13, 155 ff.), weil sie noch zu Demetrios II. hielt.514 Simon ließ Wälle aufschütten und Maschinen heranfahren. Die eingeschlossenen Soldaten nahmen verhandlungen auf und baten um freien Abzug, den Simon schließlich gewährte. nachdem in der Stadt fast 20 Jahre lang eine seleukidische Besatzung gelegen hatte, quartierten sich nun jüdische Truppen ein. Falls es im Jahr 144/43 in Bet-zur noch jüdische „Hellenisten“ gab,515 so wurden diese jetzt vertrieben.516 Mochte der Abzug der seleukidischen Besatzung aus Bet-zur − wenn es denn stimmt, daß sie zu Demetrios II. gehalten hatte −, noch im Interesse des Königs Antiochos vI. und seines dðßôñïðïò Tryphon gelegen haben, so zeigen die nächsten Schritte, die Jonathan unternahm, daß es ihm weniger um den Dienst am König als um die Durchsetzung jüdischer bzw. hasmonäischer Interessen ging. Jonathan und Simon verfolgten mehrere ziele: zum einen kämpften sie dafür, alle seleukidischen Truppen aus Judäa zu vertreiben und der verhaßten Besetzung des landes ein Ende zu bereiten. zum anderen versuchten sie, die jüdische Einflußsphäre auszudehnen und möglichst große Gebiete zu Judäa hinzuzugewinnen. Dadurch konnten die Hasmonäer ihr Prestige im eigenen land steigern und ihre herrscherliche Machtposition weiter ausbauen. letztlich ging es um die Erringung der Unabhängigkeit Judäas vom Seleukidenreich und die völkerrechtliche Anerkennung als souveräner Staat unter alleiniger Führung der hasmonäischen Dynastie.
510 511 512 513 514 515 516
vermutlich unter Führung des Sarpedon oder Palamedes. Unsere Quellen nennen keine namen. I. Makk. 11, 63; Ios. ant. Iud. 13, 154. zur Schreibung des Ortsnamens vgl. Marcus, Josephus S. 301 Anm. e. Josephus (ant. Iud. 13, 161) nennt die zahl von 50 Männern, darunter namentlich die Truppenführer Matthias und Judas, vgl. auch I. Makk. 11, 70. I. Makk. 11, 73. „lager“ heißt hier griechisch ðáñåìâïëÞ. So ausdrücklich Ios. ant. Iud. 13, 155, aber ob dies wirklich stimmt, muß offen bleiben. Einige „Hellenisten“ waren 153/52 aus den von Bakchides erbauten Festungen nach Bet-zur geflohen: I. Makk. 10, 12−14. Wie wenig später dann auch aus Geser: I. Makk. 13, 43−48, siehe unten.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
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Mit der Absendung einer jüdischen Gesandtschaft unter leitung des numenios, Sohn des Antiochos, und Antipatros, Sohn des Jason,517 nach Rom im Jahr 144,518 wurde die Souveränität nach außen dokumentiert. Die Gesandten erreichten die Bestätigung und Erneuerung des Bündnisses von 161,519 und es gibt, wie D. Timpe betont, keinen zwingenden Grund, an der Glaubwürdigkeit des Berichtes über den Abschluß des Foedus zu zweifeln.520 Auf dem Rückweg machten die Gesandten in Sparta und anderen Städten Halt.521 I. Makk. 12, 6−18 (und mit zusatz und stilistischen Glättungen versehen Ios. ant. Iud. 13, 167−170)522 referiert einen Brief des Pñ÷éåñå˜ò ôï™ hèíïõò ô§í EÉïõäáßùí Jonathan an die Spartaner.523 Aufgrund gewisser Ähnlichkeiten (Gesetzgeber: lykurg/Mose; Gesetzestreue; Abgeschlossenheit gegen Fremdes) und der ‚Sonderrolle‘, die die Spartaner in der griechischen Welt und die Juden im nahen Osten einnahmen, bildete sich vielleicht schon im 3. Jh. in der jüdischen Apologetik die vorstellung einer óõããÝíåéá524 aufgrund einer gemeinsamen Abstammung von Abraham heraus.525 An der historischen Authentizität des Jonathan-Briefes sind starke zweifel geäußert worden;526 doch dürften diplomatische Beziehungen zwischen Juden und Sparta bestanden haben.527 nach ihrer niederlage gegen Jonathan kehrten die Feldherren des Demetrios II. „mit einem noch größeren Heer“ zurück (I. Makk. 12, 24; Ios. ant. Iud. 13, 174). von Jerusalem zog die jüdische Armee rasch bis in die Gegend von Hamat.528 Um einer offenen Feldschlacht auszuweichen, bereitete das Seleukidenheer einen nächtlichen Überfall vor (I. Makk. 12, 26; Ios. ant. Iud. 13, 176). nachdem dieser Plan 517 518 519 520 521 522 523 524
525
526 527 528
I. Makk. 12, 16. Man beachte die griechischen namen. zu Juden mit griechischen namen vgl. Hengel, Jerusalem S. 288 f. Timpe, vertrag S. 146 datiert die Gesandtschaft auf „ca. 144“, ebenso Baltrusch, Juden S. 98; cardauns, Juden und Spartaner S. 317 schreibt: „etwa 143“. öéëßá êár óõììá÷ßá: I. Makk. 12, 1; 3; 16; Ios. ant. Iud. 13, 163−165. Timpe, vertrag S. 146. vertrag S. 146. I. Makk. 12, 2; Ios. ant. Iud. 13, 165. vgl. dazu cardauns, Juden und Spartaner S. 315. Baltrusch, Juden S. 100 ff. Ios. ant. Iud. 13, 167. von óõããÝíåéá ist auch in II. Makk. 5, 9 die Rede. zu diesem komplexen Begriff vgl. zuletzt S. lücke, Syngeneia. Epigraphisch-historische Studien zu einem Phänomen der antiken griechischen Diplomatie, Frankfurt am Main 2000, S. 15 ff.; 82 ff. vgl. auch Hengel, Jerusalem S. 284 und Baltrusch, Juden S. 101. vgl. den fiktiven Brief des Spartanerkönigs Areios an den Hohenpriester Onias zur zeit des vierten Seleukos: I. Makk. 12, 20−23; Ios. ant. Iud. 12, 225−227. cardauns, Juden und Spartaner S. 323 f.; A. Momigliano, Hochkulturen im Hellenismus. Die Begegnung der Griechen mit Kelten, Römern, Juden und Persern, München 1979, S. 136; Schunck, 1. Makkabäerbuch S. 291; S. lücke, Syngeneia. Epigraphisch-historische Studien zu einem Phänomen der antiken griechischen Diplomatie, Frankfurt am Main 2000, S. 83. In dem Schreiben heißt es, daß Juden und Spartaner eines Stammes sind und sich beide von Abraham herleiten. cardauns, Juden und Spartaner S. 321. Auch cardauns, Juden und Spartaner S. 321 hält diese für „nicht gänzlich ausgeschlossen“. Davon, daß diplomatische Beziehungen bestanden, geht etwa Th. Fischer, Rom und die Hasmonäer, Gymnasium 88, 1981, S. 142 aus. I. Makk. 12, 25; Ios. ant. Iud. 13, 174. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 13.
174
II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Jonathan durch Späher und Gefangene bekannt geworden und Abwehrmaßnahmen ergriffen waren, zogen sich die Truppen Demetrios’ II. im Schutz der Dunkelheit jedoch zurück (I. Makk. 12, 28−30; Ios. ant. Iud. 13, 177 f.). Jonathan ließ die Seleukiden noch bis zum Eleutheros verfolgen (I. Makk. 12, 30; Ios. ant. Iud. 13, 179). In der zwischenzeit war sein Bruder Simon nach Askalon gezogen, um die seleukidischen Wacheinheiten aus den Festungen (“÷õñþìáôá: I. Makk. 12, 33) zu vertreiben. Dann wandte er sich nach Joppe und legte eine militärische Besatzung in die Stadt; denn Simon hatte erfahren, daß sich ihre Bewohner Demetrios II. anschließen wollten (I. Makk. 12, 34 f.; Ios. ant. Iud. 13, 180). Die Juden begannen nun ihrerseits damit, Festungen (öñïýñéá) in Judäa anzulegen.529 In Jerusalem wurde zwischen Stadt und Akra, in der die seleukidische Besatzung stationiert war, eine hohe Mauer errichtet, „um die Burg völlig von der Stadt abzuschneiden, damit die Besatzung weder etwas kaufen noch verkaufen“ konnte.530 Gleichzeitig wurden die Mauern des Tempelstaates für den Fall einer seleukidischen Belagerung verstärkt (I. Makk. 13, 37; Ios. ant. Iud. 13, 181). Der antiochenische Hof konnte dieses verhalten nicht gutheißen. Dort mußte man die militärischen Aktivitäten der Hasmonäer, so effektiv sie sich gegen Demetrios II. auch erwiesen, dennoch als gegen sich selbst gerichtet sehen. zwar betonen die jüdischen Quellen die besondere Treue Jonathans zu Antiochos vI. (I. Makk. 12, 40; Ios. ant. Iud. 13, 187), aber dies nur, um Tryphon als den eigentlichen Bösewicht erscheinen zu lassen. Da die Gefahr bestand, daß Judäa vom Reich wegbrechen und sich selbständig machen würde, faßten Tryphon und die ößëïé des Königs531 vermutlich im Herbst 143 den Plan, Jonathan gefangenzunehmen. von Antiocheia marschierte Tryphon nach Skythopolis in Samaria.532 Jonathan zog ihm mit 40.000 Kriegern entgegen (I. Makk. 12, 41; Ios. ant. Iud. 13, 188). Da Tryphon und die königlichen Freunde Jonathan glänzend empfingen und reich beschenkten (I. Makk. 12, 43; Ios. ant. Iud. 13, 189), ließ er sich täuschen und gab seinem Heer Befehl, nach Judäa zurückzukehren (I. Makk. 12, 46; Ios. ant. Iud. 13, 190). Tryphon versprach, die phönikische Stadt Ptolemaïs und die übrigen Festungen (“÷õñþìáôá) an Jonathan zu übergeben (I. Makk. 12, 45; Ios. ant. Iud. 13, 190). Dabei lockten diesen mit Sicherheit die hohen Steuerabgaben, die aus der reichen Handelsstadt zu ziehen waren. Gemeinsam zogen sie nach Ptolemaïs, Jonathan schließlich nur noch in Begleitung einer 1.000 Mann starken leibwache (I. Makk. 12, 47; Ios. ant. Iud. 13, 191). Die Entlassung des Heeres dürfte vor allem auch aus logistischen Gründen erfolgt sein, da ein so starkes Heer ernährt werden mußte und land und Kasse zusätzlich belastet hätte. In Ptolemaïs angekommen, ließ Tryphon die jüdischen Soldaten niedermachen und Jonathan gefangennehmen. An dieser blutigen Aktion war auch die städtische Bevölkerung beteiligt (I. Makk. 12, 48; Ios. ant. Iud. 13, 192). 529 530 531 532
I. Makk. 12, 35; 38; Ios. ant. Iud. 13, 182 f. So baute Simon das in der Schefala (die Ebene zwischen der Küste und dem Gebirge Juda) gelegene Hadid aus. I. Makk. 12, 36: … ìÞôå PãïñÜæùóé ìÞôå ðùë§óé. Eine ähnliche Formulierung verwendet Ios. ant. Iud. 13, 182. Die ößëïé werden in I. Makk. 12, 43 genannt. I. Makk. 12, 41; Ios. ant. Iud. 13, 188. Der jüdische name von Skythopolis lautet Bethsan oder Baithsane: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 175 f.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
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Sie wollte sich zum einen sicherlich mit Tryphon gutstellen,533 zum anderen brach sich hier aber vermutlich auch eine seit Jahrzehnten bestehende Judenfeindlichkeit Bahn.534 Tryphon entsandte Fuß- und Reitertruppen nach Galiläa zur verfolgung der abgezogenen jüdischen verbände, doch wagten sie keinen Angriff (I. Makk. 12, 49 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 192) und kehrten nach Ptolemaïs zurück. In Jerusalem wurde Jonathans Bruder Simon zum Führer, d. h. Oberbefehlshaber des Heeres und Hohenpriester des jüdischen Ethnos gewählt.535 Simon gab Anweisung, die Mauern der Stadt weiter auszubauen (I. Makk. 13, 10; Ios. ant. Iud. 13, 202) und die Belagerung der seleukidischen Besatzung in der Akra fortzusetzen.536 Den Sohn des Abschalom, Jonathan, entsandte er nach Joppe, dessen Soldaten die Küstenstadt zurückeroberten537 und die Einwohner vertrieben (I. Makk. 13, 11; Ios. ant. Iud. 13, 202). Mit einem großen Heer rückte Tryphon von Ptolemaïs nach Judäa hinauf. Jonathan wurde als Gefangener mitgeführt (I. Makk. 13, 12; Ios. ant. Iud. 13, 203). Als Tryphon erfuhr, daß Simon zum neuen Anführer bestimmt worden war, schickte er Boten in das lager der Juden (I. Makk. 13, 14). Für die Freilassung Jonathans forderte er 100 Silbertalente538 und zwei seiner Söhne als Geiseln. Obwohl Simon Tryphon mißtraute, lieferte er das Geld und die beiden Söhne aus, um sich nicht dem vorwurf auszusetzen, er habe nicht alles getan, um Jonathans leben zu retten (I. Makk. 13, 17 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 206). Doch gab der Seleukide seinen Gefangenen nicht frei (I. Makk. 13, 19; Ios. ant. Iud. 13, 207) und wird dies bestimmt auch nie beabsichtigt haben. Die seleukidischen Truppen standen in Idumäa (Ios. ant. Iud. 13, 207), um in Judäa einzufallen. (I. Makk. 13, 20). Die in ärgste Bedrängnis geratene Besatzung in der Akra schickte Boten zu Tryphon und drängte ihn, von der Wüste her nach Jerusalem durchzubrechen (I. Makk. 13, 21; Ios. ant. Iud. 13, 208). In der nacht, als die seleukidischen Truppen den Durchbruch gegen Simons Armee erzwingen wollten, fiel jedoch soviel Schnee, daß das geplante Unternehmen abgebrochen werden mußte. Die Erwähnung des Schneefalls539 gibt die Möglichkeit, 533 534 535 536 537 538
539
Die Stadt Berytos war kurze zeit zuvor von Truppen Tryphons zerstört worden, siehe oben. zur judenfeindlichen Einstellung der phönikischen Bevölkerung vgl. die Textstellen II. Makk. 6, 8 (zur zeit des Religionsverbotes), I. Makk. 5, 15 (etwa 165) und II. Makk. 13, 25 (nach Abschluß des Religionsfriedens). I. Makk. 13, 8; Ios. ant. Iud. 13, 201. vgl. I. Makk. 13, 42, wo Simon als Hohepriester (Pñ÷éåñå˜ò ìÝãáò), Befehlshaber (óôñáôçãüò) und Führer (½ãåìþí) der Juden bezeichnet wird. vgl. auch: I. Makk. 14, 47 und Savalli-lestrade, Philoi S. 81 f. Dies geht aus I. Makk. 13, 21 hervor. Joppe war bereits zuvor von Simon erobert und mit einer Besatzung belegt worden (siehe oben). Offenbar war diese Besatzung vertrieben worden, so daß die Stadt erneut von Jonathan eingenommen werden mußte. Diesmal vertrieben die Juden die einheimische Bevölkerung. Für das seleukidische Ämterwesen interessant ist Tryphons Begründung dieser Forderung: Die 100 Talente schulde Jonathan der königlichen Schatzkammer (ô’ âáóéëéêüí) „für die Ämter, die er innehatte“ äéE Sò åq÷å ÷ñåßáò, óõíÝ÷ïìåí ášôüí: I. Makk. 13, 15. Anders Ios. ant. Iud. 13, 204. Die Bekleidung eines hohen Amtes scheint demnach auch mit bestimmten Abgaben verbunden gewesen zu sein. Die einzige Erwähnung von Schnee (÷éþí) in beiden Makkabäerbüchern; Ios. ant. Iud. 13, 208.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
das Ereignis in die zeit zwischen november 143 und März 142 zu datieren.0 Tryphon zog in den nordosten nach Gilead ab, offenbar um von hier aus nach Jerusalem zu gelangen. Dann aber ließ er Jonathan in der nähe von Baskama (Baska)541 ermorden und kehrte nach Antiocheia zurück (I. Makk. 13, 22 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 209). Wahrscheinlich kam es zu der abrupten Beendigung des Feldzuges aufgrund besonderer Ereignisse in Syrien. Denkbar wäre, daß Demetrios II. einen militärischen Erfolg errungen hatte oder daß ein Aufstand der Bevölkerung gegen Tryphon ausgebrochen war. Die Besatzung in der Jerusalemer Akra wurde ihrem Schicksal überlassen. Sollte Tryphon Jonathan ermordet haben, weil er fürchtete, dieser würde abfallen und sich Demetrios II. zuwenden,542 so trat genau dies ein: Die Juden wechselten die Seiten und erkannten nun wieder Demetrios II. als König an. Etwa Anfang 142 sandte Simon einige Botschafter mit Huldigungsgeschenken an Demetrios II. (vermutlich nach Seleukeia in Pierien). Simon bot diesem seine Unterstützung an und bat als Gegenleistung um Steuernachlaß für Judäa. Mit folgender dðéóôïëÞ (I. Makk. 13, 35) antwortete der Seleukide: „König Demetrios grüßt Simon, den Hohenpriester und Freund der Könige, den Ältestenrat und das volk der Juden (36). Goldkranz und Palmzweig, die Ihr gesandt habt, haben wir erhalten. Wir sind bereit, einen umfassenden Frieden mit Euch zu schließen und den Beamten (ïj dðr ô§í ÷ñåé§í) zu schreiben, Euch von den Tributen zu befreien (Pöåsíáé … PöÝìáôá) (37). Alles, was wir Euch zugestanden hatten, bleibt gültig. Auch die Festungen, die Ihr gebaut habt, sollen Euch gehören (38). Wir verzeihen Euch Eure Irrtümer und vergehen bis auf den heutigen Tag und verzichten auf den Kranz, den Ihr uns schuldet. Wenn Ihr noch irgendeinen zoll in Jerusalem zahlt, sollt Ihr ihn nicht länger entrichten (39). Wenn unter Euch geeignete Männer sind, die in unsere leibwache (ôï˜ò ðåñr ½ìOò) aufgenommen werden können, so sollen sie in die liste eingetragen werden. zwischen uns soll Friede herrschen (40)“.
In dem Brief, der an Hohenpriester, Ältestenrat und Ethnos der Juden adressiert ist, wird Simon zwar als ößëïò des Demetrios II. bezeichnet, aber nicht als Stratege.543 Das Amt eines Strategen von Ptolemaïs bis zur ägyptischen Grenze oder eines Strategen und Meridarchen von Judäa, scheint Demetrios II. ihm nicht wieder übertragen zu haben, d. h. Simon stand nicht mehr in Reichsdiensten. Als höchster Repräsentant des Tempelstaates wäre Simon m. E. aber als „Bruder“ (Päåëöüò) anzusprechen gewesen. vielleicht ist dies mit Absicht unterblieben, da das verhältnis zwischen König und Oberpriester ja als sehr gespannt bezeichnet werden muß. Der Seleukidenkönig bot Frieden an, gewährte völlige Abgabenfreiheit für Jerusalem (und Judäa?), bestätigte die früheren vereinbarungen und sanktionierte die hasmonä0 541 542 543
In Jerusalem schneit es heute, wenn auch selten, so doch mit einiger Regelmäßigkeit, am häufigsten im Januar: Keel/Küchler/Uehlinger, Orte I S. 40. zum Ortsnamen: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 37. Baskama bzw. Baska ist bislang nicht lokalisiert. Jonathan wurde später in Modeïn feierlich beigesetzt. I. Makk. 13, 27−30 gibt eine Beschreibung der hasmonäischen Grabanlage. So die vermutung nieses, Makkabäerbücher S. 285 Anm. 1. Savalli-lestrade, Philoi S. 81 f. vgl. Ios. ant. Iud. 13, 126. I. Makk. 11, 28; 34 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 127 f.
6.) Erste Regierung des Demetrios II. und Erhebung des Antiochos vI.
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ischen Festungsbauten. nicht bestätigt wurde die Eroberung von Bet-zur (und Geser, wenn die Stadt zum zeitpunkt der Abfassung des Briefes bereits in jüdischer Hand war). Was die Aufnahme jüdischer Söldner in die königliche Armee (wohl kaum leibwache) betrifft, so sei zum einen an das oben in Kap. II 4 zu I. Makk. 10, 36 Gesagte, zum anderen jedoch auch daran erinnert, daß Demetrios II. keine drei Jahre zuvor mit Hilfe von 3.000 jüdischen Soldaten einen Aufstand der antiochenischen Bevölkerung niedergeworfen hatte. Eine Aufnahme jüdischer Soldaten in das Heer Demetrios’ II. ist deshalb nicht ausgeschlossen. Der zitierte Brief darf als echt gelten.8 Mit stillschweigender Duldung Demetrios’ II. wurde die seleukidische Besatzung in der Akra ausgehungert (I. Makk. 13, 49 ff.); sie mußte sich schließlich ergeben. Als Geste des guten Willens gewährte Simon ihr freien Abzug (I. Makk. 13, 50). Die Akra wurde „entsühnt“549 und am 23. Tag des zweiten Monats des Jahres 171 S. Ä., d. h. im Mai 142,0 zogen die Juden in einer feierlichen Prozession mit Musik und Gesang in die Burg ein (I. Makk. 13, 51). Der Tag wurde zum Festtag erklärt (I. Makk. 13, 52). Die zur Akra hin gelegene Südseite des Tempelberges wurde noch stärker befestigt. nach dem Bericht des I. Makkabäerbuches bezog Simon die Akra als Residenz (13, 52). Dagegen schreibt Josephus, daß dieser Akra und Burgberg in dreijähriger Arbeit abtragen ließ (ant. Iud. 13, 217). Welche Überlieferung richtig ist, wird letztlich nicht zu entscheiden sein. Daß Simon in der prekären politischen lage des Jahres 142 die Akra aber zunächst stehen ließ, vor allem weil sie ihm bei seleukidischen Angriffen militärisch nur von nutzen sein konnte, leuchtet ein. Es ist deshalb wahrscheinlicher, daß die Akra erst später abgerissen wurde.551 Denn erst nach dem Tode Antiochos’ vII. (im Jahr 129) stellten die Seleukiden für Jerusalem und das jüdische Ethnos keine ernstliche Bedrohung mehr dar. Im Mai 142 wurde Judäa vom Seleukidenreich politisch faktisch unabhängig.552 Die Juden zahlten seitdem auch weder Tribute (öüñïò: Ios. ant. Iud. 13, 213) noch sonstige Steuern, zölle oder Abgaben an die Kasse in Antiocheia. zwar haben die Seleukidenherrscher ihren Anspruch auf Judäa nie aufgegeben und mehrfach versucht, den bestehenden zustand umzukehren,553 doch konnten sie ihre Suprematie 8 549 0 551 552 553
Diese werden in I. Makk. 12, 35; 38 erwähnt. Geser wurde etwa im Winter/Frühjahr 143/42 von den Juden eingenommen. Trotz Willrich, Urkundenfälschung S. 42. zur Echtheitsfrage der Urkunden und Briefe in den beiden Makkabäerbüchern siehe auch oben Kap. I 1. I. Makk. 13, 50: … dêáèÜñéóå (= Simon) ôxí Têñáí Pð’ ô§í ìéáóìÜôùí. Ios. ant. Iud. 13, 213. Schürer, Geschichte S. 247. Eine ausführliche Diskussion zur lage und Geschichte der Akra gibt B. Bar-Kochva, Judas Maccabaeus. The Jewish Struggle Against the Seleucids, cambridge 1989, S. 445 ff. Die Juden selbst feierten ihre Unabhängigkeit bereits seit dem Jahr 170 S. Ä. (I. Makk. 13, 41), d. h. seit 143/42. Antiochos vII. gelang es ein letztes Mal, für wenige Jahre (136/35−129) Jerusalem und Judäa unter seleukidische Kontrolle zu bringen. vor oder um 113 hatte Antiochos vIII. einen JudäaFeldzug geplant, der jedoch nicht zustande kam: Ios. ant. Iud. 13, 270. Im Jahr 107 führten Antiochos IX. (Ios. ant. Iud. 13, 274) und 89/88 Demetrios III. (bell. Iud. 1, 92) mehr oder weniger erfolglos Krieg in Judäa, siehe unten Kap. II 8 und II 11.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
nicht mehr erneut dauerhaft errichten. Die Präsenz seleukidischen Militärs blieb in den nächsten Jahren auf den schmalen Küstenstreifen zwischen Ptolemaïs und Ägypten beschränkt. 7.) TOD DES AnTIOcHOS vI. (141) UnD AnKUnFT DES AnTIOcHOS vII. In SYRIEn (138) Wahrscheinlich durch größere militärische Erfolge Demetrios’ II. gezwungen, war Tryphon nach Syrien zurückgekehrt (I. Makk. 13, 24), nicht ohne sich zuvor Jonathans gewaltsam entledigt zu haben. In dieser zeit dürfte sich der bei Porphyrios (FGrHist 260 F 32, 16) erwähnte Kampf zwischen den Heeren Demetrios’ II. und Antiochos’ vI. ereignet haben. Das aus dem Armenischen von F. Jacoby übertragene Porphyrios-Fragment besagt: … „als aufeinander einstürmten Demetrios des Demetrios von Seleukeia aus und Antiochos sohn Alexanders, von Syrien und von der stadt Antiokh her, siegte Demetrios und erlangte das königtum im 1. jahre der 160. olympiade“. Die Datierung „im 1. Jahr der 160. Olympiade“ = 140/39 ist allerdings wohl nicht richtig, da, wie unten gezeigt werden soll, Antiochos vI. zu diesem zeitpunkt bereits nicht mehr am leben war. Das berichtete Ereignis gehört nach der hier vorgeschlagenen chronologie in die erste Hälfte des Jahres 142. Während des Jahres 143/42 blieb Antiocheia im Besitz Tryphons. Dort sind mit dem Datum ÏÑ (= 170 S. Ä.) noch Münzen für Antiochos vI. geschlagen worden. Die letzten Münzen für den Kinderkönig wurden in Ptolemaïs geprägt, und zwar Tetradrachmen mit dem Datum ÁÏÑ (= 171 S. Ä. = 142/41). Sie lassen den Schluß zu, daß Antiochos vI. im Oktober 142 in jedem Fall noch am leben war, sich aber schon nicht mehr in Antiocheia befand, weil dort Münzen mit dem Datum 171 S. Ä. fehlen. Es ist gut möglich, daß sich Tryphon und sein Schützling seit Oktober 142 in Ptolemaïs aufhielten. vermutlich waren sie von Demetrios II. aus Syrien verdrängt worden, und vielleicht bereitete Tryphon von der phönikischen Küstenstadt aus einen neuen Judäa-Feldzug vor. Als Antiochos vI. dann sehr wahrscheinlich im laufe des Jahres 141 verstarb, wurden die Feldzugspläne aufgegeben. Das Todesjahr des Antiochos vI. und damit auch das Erhebungsdatum Tryphons sind umstritten, je nachdem, ob der literarischen Überlieferung oder den numismatischen zeugnissen der vorzug gegeben wird: Da datierte Münzen für diesen König seit 172 S. Ä. (= 141/40) nicht mehr vorliegen, muß man annehmen, daß Antiochos vI. im Oktober 141 schon tot war. Daß Antiochos vI. erst 139/38 gestorben sei, und Tod des Königs bzw. Erhebung Tryphons an die Gefangennahme Demetrios’ II. durch die Parther im Jahr 138 (siehe unten) gekoppelt waren, berichten Ios. ant. Iud. 13, 218, Diod. 33, 28, liv. per. 52; 55 und Iust. 36, 1, 7. Für die Beweiskraft der
Siehe oben Kap. II 6. Dieses Datum hat auch Fischer, Tryphon S. 212. A. B. Brett, Seleucid coins of Ake-Ptolemais in Phoenicia, AnSMn 1, 1945, S. 28 nr. 21 A; G. le Rider, Trésor du Hauran, in: Festschrift für leo Mildenberg/Studies in Honor of leo Mildenberg, Wetteren 1984, S. 166 ff. mit Taf. 25. Die babylonische Keilinschrift Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 153 nr. 140 z. 36 und Del Monte, Testi S. 102 f. erwähnt Antiochos vI. noch zum Jahr 141.
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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Münzen haben sich E. Schürer, U. Wilcken, B. niese, E. R. Bevan, E. T. newell, Th. Fischer und A. Houghton entschieden;8 für die Evidenz der literarischen Überlieferung: A. Bouché-leclercq, W. Hoffmann, U. Kahrstedt und ihm folgend c. Küthmann.559 Der versuch von H. R. Baldus, anhand der Münzmeisterzeichen auf den undatierten Helmdrachmen für Antiochos vI. und Tryphon eine Samtherrschaft beider Könige nachzuweisen und somit eine Brücke zwischen den literarischen und numismatischen Quellen zu schlagen,0 ist von K. Brodersen akzeptiert, von anderen abgelehnt worden.561 Für die Ansetzung des Todes des Antiochos vI. in das Jahr 141 und nicht auf 139/38 spricht außer den Münzen, daß der König nach der chronologie des I. Makkabäerbuches 13, 31 vor dem Beginn von Demetrios’ II. Partherfeldzug verstarb,562 und Josephus schreibt, daß er vier Jahre lang regierte (ôÝóóáñá âáóéëåýóáíôá hôç: ant. Iud. 13, 218). Mit dem Jahr 168 S. Ä. eingerechnet563 ist das vierte Regierungsjahr des Antiochos vI. das Jahr 171 S. Ä. (= 142/41), und mit diesem Datum wurden in Ptolemaïs auch die letzten Münzen für Antiochos vI. ausgegeben. Hätte der sechste Antiochos bis in das Jahr 139/38 regiert, hätte Josephus die Regierungsdauer eigentlich mit sieben Jahren angeben müssen. Übereinstimmend sprechen die Quellen davon, daß Tryphon Antiochos vI. hinterlistig ermorden (I. Makk. 31, 31; Diod. 33, 28; App. Syr. 68, 357; Iust. 36, 1, 7; Oros. 5, 4, 18) und anschließend verbreiten ließ, der König sei an den Folgen eines ärztlichen Eingriffs verstorben (Ios. ant. Iud. 13, 218; liv. per. 55). Die Forschung hat diese Überlieferung durchweg für glaubwürdig befunden. Es stellt sich m. E. aber die Frage, ob der Mordvorwurf nicht auf die im ganzen tryphonfeindliche Überlieferung zurückzuführen ist. Denn welchen vorteil soll Tryphon von der Ermordung seines von ihm völlig abhängigen unmündigen Schützlings gehabt haben? Nur die Funktion als dðßôñïðïò des legitimen Kinderkönigs legalisierte auch seine eigene Stellung und seinen Kampf gegen Demetrios II. Ich glaube deshalb, daß Antiochos vI. tatsächlich an den Folgen einer unglücklichen ärztlichen Operation verstorben ist und der König nicht mit Absicht beseitigt wurde. 8
559 0 561 562 563
Schürer, Geschichte S. 242 Anm. 2; Wilcken, Antiochos (29) Sp. 2478; niese, Geschichte III S. 283; Bevan, House II S. 230; newell, SMA S. 71; Fischer, Tryphon S. 230; A. Houghton, The Revolt of Tryphon and the Accession of Antiochus vI at Apamea, SnR 71, 1992, S. 141. Bouché-leclercq, Histoire II S. 630; Hoffmann, Tryphon Sp. 720 f.; Kahrstedt, Territorien S. 130 f.; Küthmann, Münzen S. 61 f. Helm S. 146−138 Brodersen, Abriß S. 221. Unentschieden: Habicht, Seleucids S. 367 Anm. 163. Dagegen Fischer, Tryphon S. 201 ff. und H. castritius: Hz 214, 1972, S. 626. Anders Ios. ant. Iud. 13, 218, der schreibt, daß Antiochos vI. kurz nach der Gefangennahme des Demetrios II. ermordet wurde. Als Regierungsbeginn des sechsten Antiochos ergab sich oben das Frühjahr (?) 144. niese, Geschichte III S. 283; newell, SMA S. 71. Fischer, Tryphon S. 208 f. zu Recht stellt niese, Geschichte III S. 283 deshalb fest: „Was Tryphon bewogen hat, den jungen König zu ermorden, wissen wir nicht; jedenfalls hat ihm die Tat eher nachteil als nutzen gebracht“. Ehling, Überlegungen S. 22 Anm. 10.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Durch den also vermutlich plötzlich eingetretenen Tod Antiochos’ vI. geriet Tryphon geradezu in den zwang, sich zum König erheben zu lassen. Es ist bezeichnend, daß es zunächst keineswegs sicher war, ob die Soldaten Tryphon wirklich zum König ernennen würden; seine ößëïé und ïkêåéüôáôïé mußten erst werben und große Geldversprechungen abgeben (Ios. ant. Iud. 13, 219). Da das Heer aus zahlreichen von Demetrios II. abgefallenen Soldaten und Söldnern bestand, kam für diese allerdings wohl kaum eine Rückkehr zu ihrem alten Dienstherren in Frage. Tryphon wurde zum âáóéëå˜ò ášôïêñÜôùñ ausgerufen8 und zwar entweder in Apameia oder Phönikien.569 Tryphon stellte sich als Heerkönig aus eigener Machtvollkommenheit dar, der zwar mit Antiochos vI. verbunden blieb,0 ansonsten aber aus der seleukidischen Tradition heraustrat, und, wie seine eindrucksvollen Münzporträts zeigen, an Alexander den Großen anknüpfte.571 Er verzichtete auf jeden dynastischen Beinamen und ließ auf seine phönikischen Münzen nicht mehr die zählung nach der seleukidischen Herbstära setzen, sondern datierte ptolemäischem vorbild folgend, nach eigenen Regierungsjahren (l Á−l Ä).572 Ptolemäisch beeinflußt war möglicherweise auch die Wahl des ungewöhnlichen Titels âáóéëå˜ò ášôïêñÜôùñ, der in Analogie zum ptolemäischen óôñáôçã’ò ášôïêñÜôùñ gebildet worden sein könnte.573 Auch der ihm von den Soldaten beigelegte name Tryphon („Schwelger“) könnte aus dem ptolemäischen Bereich stammen. 8
569 0 571 572 573
Ios. ant Iud. 13, 219 f. Die Textstelle ist wichtig für die Diskussion der Frage, ob es im Seleukidenreich eine Heeresversammlung gab, die ähnlich der makedonischen Heeresversammlung über gewisse politische Rechte verfügte: Bevan, House II S. 270 ff.; Bikerman, Institutions S. 9 ff.; 23 f. Siehe auch oben Kap. II 2 zur Königsproklamation Demetrios’ I. in Tripolis. zu den älteren makedonischen verhältnissen vgl. Hammond, Institutions S. 143 ff. Für Apameia spricht sich Fischer, Tryphon S. 203 mit Anm. 16 aus. nach den letzten für Antiochos vI. in Ptolemaïs geprägten Münzen muß man aber vielleicht auch an Phönikien denken, siehe oben. Denn Tryphon führte als Hauptreverstyp seiner Münzen den unter Antiochos vI. eingeführten böotischen Helm mit Horn weiter, siehe unten. Siehe oben Kap. I 1, 1. Seyrig, notes S. 12; Will, Histoire II S. 341 f.; Habicht, Seleucids S. 367 Anm. 163; Baldus, Bronzemünzen S. 145. Der Titel eines óôñáôçã’ò ášôïêñÜôùñ war schon Eumenes durch Perdikkas und später durch Polyperchon verliehen worden: Mehl, Seleukos S. 139. zum Titel allgemein vgl. H. Bengtson, Die Strategie in der hellenistischen zeit. Ein Beitrag zum antiken Staatsrechts (Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 26. Heft), Band I, München 1964², S. 82; 233. Es gab einige ptolemäische Funktionäre mit diesem Titel, z. B. der óõããåíÞò Krokos: H. Bengtson, Die Strategie in der hellenistischen zeit. Ein Beitrag zum antiken Staatsrecht (Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 36. Heft), Band III, München 1967², S. 234 f. nr. 143, vgl. auch OGIS 1 140 = IvDélos 1528, wo er diesen Titel führt, und seleukidische Funktionäre. Xenoitas, ein General Antiochos’ III., der erfolglos gegen Molon kämpfte, wird bei Polybios 5, 45, 6 als óôñáôçã’ò ášôïêñÜôùñ bezeichnet: Grainger, Prosopography S. 122. Taeger, charisma I S. 322, hingegen meint, der Autokrator-Titel sei aus dem Parthischen übernommen worden und verweist auf Head, Hn S. 767. Wie Tryphon führte auch der graeco-baktrische König Theophilos (ca. 90) diesen Titel: O. Bopearachchi, Monnaies gréco-bactriennes et indo-grecques. catalogue raisonné, Paris 1991, S. 307 Serie 1. Sein eigentlicher name war Diodotos. Ptolemaios III. und Ptolemaios vIII. führten den Bei-
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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Hauptreversmotiv der Tetradrachmen, Drachmen und Bronzen Tryphons ist ein Helm böotischen Typs, dessen charakteristisches Merkmal ein über dem Stirnbügel angebrachtes, hoch aufgebogenes Horn ist. In der literatur wird der Helm zumeist irrtümlich als makedonischer Helm bezeichnet. Der Verfasser hat an anderer Stelle die vermutung ausgeführt, daß es sich wohl um einen kretischen (bzw. ägäischen) Helm handelt. Da das applizierte Horn von der Bezoarziege (capra aegagrus) stammt, die in der Antike geradezu als Sinnbild Kretas galt, und bronze- und früheisenzeitliche ägäische Helme mit nur einem ‚Horn‘ archäologisch gesichert sind, wäre es möglich, daß es sich bei dem Helm ursprünglich um das Emblem von kretischen (ägäischen) Söldnern handelte. vielleicht jener kretischen Truppen, die im Jahr 147 mit Demetrios II. und lasthenes nach Syrien gekommen waren8 und dann um 142 zu Antiochos vI. überliefen, auf dessen Drachmen dieser Helm zuerst abgebildet wird.579 Wenn es sich um einen kretischen-ägäischen ‚Prunk-‘ oder ‚Paradehelm‘ handelt, dann ist Tryphon wahrscheinlich auch von kretischen (ägäischen) Soldaten zum König ernannt worden. Der neue König schickte eine Gesandtschaft nach Rom, die eine goldene nike im ‚üblichen‘ Wert von 10.000 Goldstücken überbrachte.80 Der Senat nahm das kostbare Präsent an, aber im namen des verstorbenen Antiochos vI. (Diod. 33, 28 a). Auf diese Weise wurde eine Anerkennung Tryphons oder gar Bestätigung seiner usurpierten Königsstellung umgangen. Wahrscheinlich, weil der Machtwechsel in Syrien die römischen Senatoren stark beunruhigte, entschloß man sich, eine Gesandtschaft unter Führung des Scipio Aemilianus Africanus in den nahen Osten zu entsenden. Die Gesandtschaft brach im Frühjahr 140 von Rom auf und kam Anfang des Jahres 139581 nach Syrien, nachdem sie zuvor Ägypten582 und cypern besucht hatte.583 zu den Gesandten gehörten l. caecilius Metellus calvus, Sp. Mummius und der Philosoph Panaitios. Mit welchem syrischen König die Römer verhandelten,
8 579 80 581 582
583
namen Tryphon: Hölbl, Geschichte S. 260. Man könnte vermuten, daß Tryphon für eine gewisse zeit in Diensten Ptolemaios’ vI. gestanden hat: Ehling, Unruhen S. 323. vgl. dazu Ehling, Münzen S. 29 f. mit Abb. 10 und siehe oben die Diskussion in der Einleitung. z. B. Hoffmann, Tryphon Sp. 716. Ehling, Überlegungen S. 21 ff. Gegen diese Deutung hat sich Klose, Beitrag S. 191 Anm. 21 ausgesprochen. Siehe oben Kap. II 5. Die Drachmen sind undatiert, gehören aber ins Jahr 142: Ehling, Überlegungen S. 21 Anm. 1. So hatte bereits Demetrios I. im Jahr 160 durch eine Gesandtschaft einen Kranz im Wert von 10.000 Goldstücken nach Rom überbringen lassen: Diod. 31, 29. Sie kam im Spätsommer 139 nach Rom zurück: Astin, Scipio S. 127. H. Heinen, Die Tryphè des Ptolemaios vIII. Euergetes II. Beobachtungen zum ptolemäischen Herrscherideal und zu einer römischen Gesandtschaft in Ägypten (140/39 v. chr.), in: ders. (Hg.), Althistorische Studien: Hermann Bengtson zum 70. Geburtstag dargebracht von Kollegen und Schülern, Wiesbaden 1983, S. 116 ff.; Huß, Ägypten S. 607 f. Diod. 33, 28 b. Astin, Scipio S. 127.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
wird in den Quellen nicht gesagt.8 Es kann sich aber eigentlich nur um Demetrios II.8 und nicht um Tryphon8 oder Antiochos vII.8 gehandelt haben. Im Frühjahr 139 brach Demetrios II. in die Oberen Satrapien auf.88 Seine Kriegspläne gegen die Parther dürfte er zuvor noch den römischen Gesandten dargelegt haben, so daß der Feldzug mit deren Billigung erfolgte. Die militärische und politische Situation im Osten des Seleukidenreiches war auf das äußerste angespannt: Im Sommer 148, zu Beginn der Regierung des Alexander I., befand sich Medien noch unter seleukidischer Kontrolle. Aus diesem Jahr stammt eine bei Bisutun zwischen Hamadan (Ekbatana) und Kermanshah gefundene Inschrift für den ‚Generalstatthalter der Oberen Satrapien‘ (“ dðr ô§í Tíù óáôñáðåé§í) Kleomenes.589 Aber schon bald darauf ging Medien an Mithradates I. (171−138) verloren. Die Thronbesteigung dieses Arsakidenkönigs zählt zu den epochalen Ereignissen der parthischen Geschichte.590 zwischen 160 und 155 hatte Mithradates I. die Grenzen seines Reiches gegen die baktrischen Griechen im Osten erweitert. Die territoriale Ausdehnung nach Westen auf Kosten des Seleukidenstaates erfolgte seit Anfang der 40er Jahre des 2. Jhs. 148/47 war Medien erobert;591 zum ‚Satrapen‘ von Medien setzte er Bakasis ein.592 Anschließend zog der Parther ans Kaspische Meer nach Hyrkanien (Iust. 41, 6, 7). Im Juli 141 besetzten die Truppen des Mithradates I. die Stadt Seleukeia am Tigris.593 Wenig später wurde Demetrios’ II. Statthalter von Babylonien besiegt.594 Um 140 eroberten die Parther die 8 8 8 8
88 589
590 591 592 593 594
Astin, Scipio S. 127. Die Quellen zu der Gesandtschaftsreise sind Diod. 33, 28 b; Athen. 12, 549 d−e (= FGrHist 87, F 6 [Poseidonios]) und Iust. 38, 8, 8−11. zu Poseidonios vgl. Malitz, Poseidonios S. 249 ff.; zu Iustin vgl. Richter, Untersuchungen S. 191 f. Tatsächlich aber gehört die Gefangennahme des Demetrios II. in das Frühjahr 138, siehe unten. Angesichts der Antipathien des Senats gegen Tryphon: Diod. 33, 28 a. vgl. Astin, Scipio S. 138. Dies meinen Astin, Scipio S. 127 mit Anm. 3 und S. 138 und Malitz, Poseidonios S. 287. Antiochos vII. kam aber erst nach der Gefangennahme seines Bruders Demetrios II. im Frühjahr 138 nach Rhodos, so daß Scipio Aemilianus nicht mit Antiochos vII. zusammengetroffen sein kann. Grundlegend zum Partherfeldzug des Demetrios II. ist der Beitrag von Dąbrowa, l’expédition S. 9−17. zu der Inschrift vgl. l. Robert: Gnomon 35, 1963, S. 76; Mørkholm, Antiochus S. 178 f. zu Kleomenes: Grainger, Prosopography S. 100 mit zwei Druckfehlern („Kleonemos“ und „Bisitun“). Er bezeichnet ihn als „satrap“. zum Amt des ‚Generalstatthalters der Oberen Satrapien‘: Bengtson, Strategie II S. 78−89; l. Robert, Inscriptions séleucides de Phrygie et d’Iran, Hellenica vII, Paris 1949, S. 24 und ders., Addenda au tome vII, Hellenica vIII, Paris 1950, S. 73 ff. K. Schippmann, Grundzüge der parthischen Geschichte, Darmstadt 1980, S. 23; Dąbrowa, Könige S. 45 und ders., l’expédition S. 9 ff. le Rider, Suse S. 339 f. Iust. 41, 6, 7 nennt das Amt allerdings nicht, sondern schreibt nur: … Mithridates Mediae Bacasin praeponit, … Olmstead, Texts S. 13. Oros. 5, 4, 16: Mithridates … uicto Demetrii praefecto Babylonam urbem finesque eius uniuersos uictor inuasit. Bei dem hier genannten praefectus handelt es sich am ehesten um einen
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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Susiana, in deren Hauptstadt seit dem Ende der seleukidischen Kontrolle über Medien Kamniskires I., der König der Elymais, regiert hatte.595 Die von den Parthern unterworfene griechische Bevölkerung schickte Gesandtschaften an Demetrios II. und bat den König um militärische Unterstützung (Ios. ant. Iud. 13, 185). Daß Demetrios II. trotz der für ihn prekären lage in Syrien − so befand sich ja etwa die Hauptstadt Antiocheia unter der Kontrolle Tryphons596 − dem Aufruf folgte, zeugt von seinem Herrschaftsanspruch über die Oberen Satrapien und spricht für sein politisches Ethos.597 Wenigstens an zwei Maßnahmen, der vergabe des jåñN êár Tóõëïò-Status an die phönikische Küstenstadt Tyros im Jahr 141/40598 und dem Schreiben an den jüdischen Hohenpriester Simon im Jahr 140 (?),599 läßt sich noch erkennen, mit welchen politischen Mitteln Demetrios II. die Herrschaft seines Hauses in der Heimat abzusichern suchte.00 Münzzeugnisse lassen vermuten, daß Demetrios I. als neuer Alexander in den Partherkrieg zog:601 Im Osten geprägte Kleinbronzen stellen ihn mit Elephantenexuvie dar.602 Andere Bronzestücke bilden den König mit Helm ab, ähnlich wie sich der baktrische König Eukratides oder Timarchos hatten darstellen lassen.603 Prägezeitpunkt und Prägeort dieser Bronzen lassen sich allerdings nicht genau bestimmen. Sie könnten in Seleu-
595
596 597
598 599
00 601 602
603
dðéóôÜôçò. zum lateinischen Wortgebrauch vgl. Iust. 39, 1, 8, wo der Stadtkommandant (= dðéóôÜôçò) von Tyros als praefectus bezeichnet wird. Einen dðéóôÜôçò aus Babylon kennen wir durch die Inschrift OGIS I 254, die in die zeit des vierten Antiochos gehört. Dieser König ist nur durch seine Münzen bekannt. Seine Tetradrachmen zeigen auf den Rückseiten Apollon auf dem Omphalos, ein Reflex dessen, daß er sich in seleukidische Traditionen stellte. Außerdem führte er den Beinamen Nikephoros. Während le Rider, Suse S. 349 ff. davon ausgeht, daß Kamniskires I. die Kontrolle über Susa bereits im Jahr 147 gewonnen hatte, setzt O. Mørkholm, A Greek coin Hoard from Susiana, Acta Archaeologica 36, 1965, S. 150 f. dessen Regierungsbeginn ins Jahr 145, da er der Ansicht ist, daß bis in dieses Jahr in Susa für Demetrios II. geprägt wurde. nach den Münzen: newell, SMA S. 71 ff. In I. Makk. 14, 1 und Ios. ant. Iud. 13, 186 ist als Grund für den Feldzug gegen die Parther angegeben, daß Demetrios II. Hilfe gegen Tryphon holen wollte. Auch wenn sich Demetrios II. die Gewinnung zusätzlicher Mittel aus seinem zug nach Osten versprochen haben sollte, so verfolgte er damit tatsächlich jedoch weitgehend Reichsinteressen und stellte dafür die Auseinandersetzung mit Tryphon zurück. Rigsby, Asylia S. 482. I. Makk. 14, 38 f. faßt einen Brief des Demetrios II zusammen, in dem der Seleukide Simon (abermals) im Amt des Hohenpriesters und als ößëïò bestätigt (vgl. aber schon das Schreiben I. Makk. 13, 36−40). Da in I. Makk. 14, 43 f. dann von Purpurkleidung und goldener Spange die Rede ist, darf man annehmen, daß Simon in I. Makk. 14, 38 f. nicht zum ößëïò, sondern vielmehr zum óõããåíÞò des Demetrios II. ernannt wurde. Siehe die Diskussion dieser Münzen in Kap. I 3, 5. Darauf weist auch die von ihm gewählte Tigrismarschroute hin. Bekanntlich zog ja auch Alexander d. Gr. im Jahr 332 nicht am Euphrat, sondern am Tigris entlang nach Süden. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 61 nr. 27 mit Taf. XvIII 9; le Rider, Suse S. 152 mit Taf. XXvIII M; S. 371 f. zur historischen Deutung vgl. Ehling, Alexander II. S. 5 und dens., Geldgeschichtliche nachrichten 32, 1997, S. 379 (Rez. des Buches von Svenson, Darstellungen). G. K. Jenkins, notes on Seleucid coins, nc 1952, S. 17 ff. mit Taf. 1, 9; le Rider, Suse Taf. XXX O.
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keia am Tigris im Jahr 141 noch vor der parthischen Eroberung der Stadt geprägt worden sein. nach diesen Münztypen und der unrichtigen zeitangabe in I. Makk. 14, 1 (siehe unten) ergibt sich die weitere vermutung, daß der Feldzug gegen die Parther bereits seit 141 geplant war.0 Die Kämpfe mit Tryphon aber verhinderten zunächst Demetrios’ II. Aufbruch in die Oberen Satrapien. Das seleukidische Heer zog wahrscheinlich über nisibis den Tigris abwärts, was sich aufgrund einer auffälligen Münzemission vermuten läßt, die früher Seleukeia am Tigris zugewiesen wurde.0 Die Münzen (Tetradrachmen und Mittelbronzen) stellen Demetrios II. auf der vorderseite mit Feldzugsbart dar.0 Auf den Rückseiten der Bronzen erscheint eine Tyche im Handschlag mit einer männlichen, bärtigen Gottheit, die mit Kalathos und Füllhorn ausgestattet ist, und bei denen es sich um Agathe Tyche und Agathos Daimon handeln könnte.0 Bemerkenswert ist auch die legende dieser Münzen: Demetrios II. führt nur noch die Beinamen Theos und Nikator, aber nicht mehr das Philadelphos-Epitheton.08 Der Verfasser hat an anderer Stelle zu zeigen versucht, daß dieses Epitheton sich auf Demetrios’ II. älteren (?) Bruder Antiochos vII. bezieht.609 Der Verzicht auf den Philadelphos-Beinamen dürfte als ein Hinweis darauf zu interpretieren sein, daß es zum Bruch zwischen den Brüdern gekommen war. vermutlich begann Antiochos vII., während sich Demetrios II. auf dem Feldzug im Osten befand vom pamphylischen Side aus, Anspruch auf den syrischen Königsthron zu erheben (siehe unten). nicht weniger interessant ist die parthische Münzprägung dieser Jahre: Mit dem Datum ÃÏÑ (= 173 S. Ä.) und ÄÏÑ (= 174 S. Ä.) wurden von der Münzstätte Seleukeia am Tigris Tetradrachmen in Umlauf gebracht, die zu dem Reversbild des griechischen Herakles mit Keule und Trinkgefäß die Genitivlegende ÂÁÓÉËÅÙÓ ÌÅÃÁËÏÕ ÁÑÓÁÊÏÕ ÖÉËÅËËÇÍÏÓ tragen.610 Sowohl das Bild des Herakles als auch der Beiname Philhellen sind neu auf parthischen Münzen. Eine weitere griechische Gottheit, zeus, erscheint als Reverstyp der Drachmen.611 Die Münzen reflektieren damit auf eindrucksvolle Weise die versprechungen der neuen Herren des zweistromlandes: Einerseits die dort ansässige griechische Bevölkerung zu 0 0
0 0 08 609 610 611
In diesem Jahr besetzten die Truppen Mithradates’ I. Seleukeia am Tigris. Unter Seleukeia sind die Münzen in cSE 1014−1019 zu finden. Ein weiteres Indiz für die Tigrisroute ist das Fehlen nennenswerter Mengen von Münzen Demetrios’ II. im archäologischen Fundmaterial von Dura-Europos am Euphrat, während umgekehrt die höhere Anzahl von Fundmünzen Antiochos’ vII. ein Indiz dafür ist, daß dieser im Jahr 131 die Euphratroute nach Babylon marschiert ist: siehe auch unten Kap. II 9. vgl. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 65, der den Bart aber nicht explizit als Feldzugsbart bezeichnet. vgl. W. Moore, The Divine couple of Demetrius II, nicator, and His coinage at nisibis, AnSMn 31, 1986, S. 130 ff. und besonders Taf. 31 Abb. E. Muccioli, Epiteti S. 54 mit Anm. 51. Ehling, Miszellen S. 374 ff. vgl. die Diskussion bei Muccioli, Epiteti S. 46 f. Der Beiname Theos korrespondiert mit dem Beinamen seiner Ehefrau Kleopatra Thea, und der Nikatorname spielt auf den Dynastiegründer Seleukos I. nikator an. Sellwood, coinage S. 38. Ebenda S. 39. Auf den Drachmen fehlt jedoch das Philhellen-Epitheton.
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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schützen, andererseits deren Religion und Kultur zu achten.612 Glaubt man der Überlieferung bei Josephus (ant. Iud. 13, 185), so gelang es den Parthern jedoch nicht, die griechische Bevölkerung von ihrem ‚Programm‘ zu überzeugen. nach einigen anfänglichen militärischen Erfolgen (Ios. ant. Iud. 13, 184−186; Iust. 36, 1, 4) ließ sich Demetrios II. von erheuchelten Friedensvorschlägen täuschen (Iust. 36, 1, 5) und geriet 138 vermutlich vor Seleukeia am Tigris mit seinen ößëïé in parthische Gefangenschaft.613 Der besiegte König wurde in Ketten gelegt614 und durch die Städte und Gebiete geführt, die den Seleukiden unterstützt hatten.615 Wie E. Dąbrowa richtig vermutet, sollte „diese zurschaustellung die griechische Bevölkerung dieser länder von der zwecklosigkeit eines weiteren Widerstandes und der mit ihm verbundenen Hoffnung auf eine Restauration der Herrschaft der Seleukiden im Osten überzeugen …“.616 Bald müssen Mithradates I. bzw. sein nachfolger Phraates II. (138−127) erkannt haben, daß sie mit Demetrios II. ein Faustpfand besaßen, das sich eines Tages vielleicht politisch ausspielen lassen würde.617 Der gedemütigte Seleukide wurde in königlichen Gewahrsam in Hyrkanien genommen618 und mit Rhodogune, einer Tochter des Mithradates I., verheiratet.619 Die exakte chronologie dieser Ereignisse war bislang nicht ohne weiteres festzulegen, da das I. Makkabäerbuch 14, 1 für den Aufbruch des Demetrios II. in den Osten das Jahr 172 S. Ä. angibt, d. h. das Jahr 141/40, während Porphyrios dieses Ereignis in das 2. Jahr der 160. Olympiade (Euseb. chron. I 255 = FGrHist 260 F 32, 16), d. h. in das Jahr 139/38 setzt. Dementsprechend finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Datierungsvorschläge. zuletzt hat sich E. Dąbrowa mit überzeugenden Argumenten für eine nur einjährige Feldzugsdauer ausgesprochen.620 Da das Datum der Gefangennahme des zweiten Demetrios durch das 1996 publizierte keilinschriftliche zeugnis (Sachs/Hunger, Astronomical Diaries S. 161 nr. 137) und die landung des Antiochos vII. sowohl durch I. Makk. 15, 10 als auch 612 613 614
615 616 617 618 619
620
zum Programm vgl. E. Dąbrowa, Philhellên. Mithradates Ier et les Grecs (Electrum 2), Krakau 1998, S. 35−44. Das Datum ist jetzt durch das keilinschriftliche zeugnis: Sachs/Hunger, Astronomical Diaries III S. 167 nr. 137 z. 10 bzw. Del Monte, Testi S. 110 f. gesichert. Die ößëïé, „his nobles“, werden ausdrücklich erwähnt. vgl. außerdem Dąbrowa, l’expédition S. 9 ff. Daher sein name Seripides (Euseb. chron. I 256 = FGrHist 260 F 32, 16). vgl. Willrich, Demetrios (41) Sp. 2800. zur Bedeutung des aramäischen Spottnamens hinsichtlich der zusammensetzung der Einwohnerschaft Antiocheias vgl. die Bemerkung von Mehl, cities S. 106. Ios. ant. Iud. 13, 186; Iust. 36, 1, 5; App. Syr. 67, 356. vgl. auch Bevan, House II S. 234; niese, Geschichte III S. 290. Will, Histoire II S. 342 ff. Dąbrowa, Könige S. 47. Die Möglichkeit ergab sich für seinen nachfolger Phraates II. Anfang 129: Bevan, House II S. 244. Mit seinem ößëïò Kallimandros, vgl. zu diesem Savalli-lestrade, Philoi S. 149. Iust. 38, 9, 3. vgl. M. Karras-Klapproth, Prosopographische Studien zur Geschichte des Partherreiches auf der Grundlage antiker literarischer Überlieferung, Bonn 1988, S. 155 ff. Als Hochzeitsdatum ergibt sich Frühjahr 138, denn Demetrios II. war bereits verheiratet, als Antiochos vII. im Frühjahr 138 in Seleukeia in Pierien landete. Dąbrowa, l’expédition S. 13 ff.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
die Münzen ins Jahr 138 datiert sind,621 ist der chronologie nach Porphyrios der vorzug zu geben. vermutlich liefen die Feldzugsplanungen jedoch seit 141 (siehe oben), was auch das in I. Makk. 14, 1 genannte Aufbruchsdatum erklären würde. Auf die nachricht von der niederlage und Gefangennahme seines Bruders setzte Antiochos vII. nach Rhodos über,622 warb zahlreiche Streitkräfte an (I. Makk. 15, 3) und bereitete durch die versendung von dðéóôïëáß seine Machtübernahme in Syrien propagandistisch vor. Das Sendschreiben Antiochos’ vII. an Simon, den Hohenpriester der Juden, überliefert I. Makk. 15, 2−9. Wir dürfen darüber hinaus davon ausgehen, daß derartige Briefe an alle größeren Städte Kilikiens, Syriens, Koilesyriens und Phönikiens gesandt worden sind.623 Bemerkenswert ist, daß sich Antiochos vII. eingangs ausdrücklich als âáóéëåýò bezeichnet624 und vom Königreich seiner väter spricht (I. Makk. 15, 2 f.). Antiochos vII. wäre also demnach entweder noch in Side oder schon auf Rhodos zum König ausgerufen worden;625 als legitimationsgrundlage diente ihm das dynastische Prinzip. In seinem Schreiben an die Juden bestätigt der König diesen 1.) alle älteren Privilegien,626 verspricht 2.) das Recht auf eigene Münzprägung (I. Makk. 15, 6), 3.) die Freiheit Jerusalems und des Tempels, gestattet 4.) den Besitz aller Waffen und neuerbauten Festungen (I. Makk. 15, 7) und erläßt 5.) alle bestehenden und künftigen Schulden an den königlichen Fiskus (I. Makk. 15, 8). Mit diesem sehr großzügigen Angebot versuchte Antiochos vII. die Unterstützung der Juden für seinen Kampf gegen Tryphon zu gewinnen, denn seit Ende der 60er Jahre des 2. Jhs. waren die Hasmonäer zu einem ernstzunehmenden lokalen Machtfaktor geworden. Die Echtheit des Schreibens I. Makk. 15, 2−9 ist von einem der besten Kenner der Seleukidengeschichte, H. Willrich, bezweifelt worden.627 Die Frage nach der Authentizität der Urkunde entzündet sich an der problematischen Erlaubnis zur 621 622 623 624 625 626
627
cSE 271−276; SnG Israel I 1890−1897. App. Syr. 68, 358. Wiemer, Rhodos S. 129 macht darauf aufmerksam, daß Antiochos vII. gerade von Rhodos aus zur Gewinnung Syriens aufbrach. Die Rhodier haben sich offenbar immer wieder in die seleukidische Politik eingemischt. So schon Bevan, House II S. 237 und niese, Geschichte III S. 292 f. Anm. 5. Dazu schreibt Bevan, House II S. 237: “If the document in the Book of the Maccabeer can be trusted, he already assumed in the letter the title of king”. In Form der PíÜäåéîéò, denn wie Bikerman, Institutions S. 9 ff.; 23 f. erkannt hat, gab es die Institution der Heeresversammlung im Seleukidenreich nicht. Anders noch Bevan, House II S. 270. I. Makk. 15, 5. Bei diesen handelt es sich insbesondere um die durch den Hohenpriester Jonathan bei Demetrios II. (gegen die zahlung von dreihundert Talenten Silber [I. Makk. 11, 28]) erwirkten vergünstigungen. Demetrios II. hatte den Juden den Besitz der eroberten samaritanischen Städte Ephraim, lydda und Ramatajim zugesprochen und erließ ihnen die Getreide-, Obst- und Salzsteuer, ebenso die Abgaben von zöllen, Beiträgen zum Ehrenkranz und vom zehnten (I. Makk. 11, 34 ff.; Ios. ant. Iud. 13, 127 f.). vgl. dazu auch Kreißig, Wirtschaft S. 72 f. und Aperghis, Economy S. 171. H. Willrich, zum Münzwesen der Makkabäer, zeitschrift für alttestamentliche Wissenschaft und die Kunde des nachbiblischen Judentums 51, 1933, S. 79 im Anschluß an Schubart, Königsbriefe S. 343.
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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Eigenmünzung. Der Passus lautet: dðÝôñåøÜ óïé ðïéyóáé êüììá näéïí, íüìéóìá ô† ÷þñu óïõ („ich gestatte dir einen eigenen Schlag Münzen in deinem land zu machen“). Denn nachweislich hat Simon vom Prägerecht keinen Gebrauch gemacht und keine Münzen schlagen lassen; die Bronzen, die in der älteren Forschung für Münzen Simons angesehen wurden, gehören in das vierte Jahr des Jüdischen Krieges, also in das Jahr 69 n. chr. Willrich, der in seinem Buch „Urkundenfälschung in der hellenistisch-jüdischen literatur“ zunächst noch von der Echtheit der Urkunde ausgeht, revidiert unter dem Eindruck eines umfangreichen Münzhortfundes zu Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts seine Ansicht und nimmt jetzt an, daß der Urkundenfälscher „die erst unter Johannes Hyrkanos beginnende Münzprägung willkürlich in die zeit Simons zurückdatierte, um die Unabhängigkeit des jüdischen Staatswesens als schon von diesem … erkämpft erscheinen zu lassen“.628 Doch dürfte die Kritik Willrichs insgesamt überzogen sein. zwar war nach hellenistischer vorstellung das Münzprägerecht ein königliches Privileg (Ps. Arist. Oecon. II 1, 2, 1345 b),629 doch bestand bei den Seleukiden seit der Regierungszeit Antiochos’ Iv. die Tendenz zur vergabe des Münzprägerechts an bedeutende Städte und Gemeinwesen.630 So begannen unter Antiochos Iv. dreizehn Städte Kilikiens, Syriens und Mesopotamiens sowie fünf phönikische Städte mit dem Prägen eigener Bronzemünzen,631 und im laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte kamen weitere Städte hinzu, so daß nichts gegen die Annahme spricht, Antiochos vII. habe auch dem Ethnarchen Simon als Oberherren der Stadt Jerusalem das Prägerecht für Bronzemünzen versprochen.632 I. Makk. 15, 6 ist daher kein Beweis dafür, daß die Urkunde (I. Makk. 628 629 630 631
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H. Willrich, zum Münzwesen der Makkabäer, zeitschrift für alttestamentliche Wissenschaft und die Kunde des nachbiblischen Judentums 51, 1933, S. 79. zu dieser Schrift vgl. Rostovtzeff, History I S. 440 ff. nach der Datierung von Mørkholm, Municipal coinages S. 63 ff.: seit 169/68. Es handelt sich nach der Auflistung von Bikerman, Institutions S. 231 ff. und Korrekturen nach Bringmann, Reform S. 75 Anm. 4 und Sawaya, Bérytos S. 109 f. um die Städte Aigeai, Antiocheia am Orontes, Antiocheia am Saros (Adana), Antiocheia/Edessa, Antiocheia in Mygdonien (nisibis), Antiocheia (Ptolemaïs), Alexandreia kat’Isson, Apameia, Hierapolis (Bambyke), Hieropolis-Kastabala, laodikeia am Meer, Seleukeia in Pierien und Seleukeia am Pyramos (Mopsuhestia) bzw. in Koilesyrien und Phönikien um Askalon, Byblos, Sidon, Tyros, laodikeia in Kanaan (Berytos?) und Tripolis. zu diesen Münzen zuletzt Sawaya, Bérytos S. 109 f. und speziell zu denen der genannten kilikischen Städte: M. Meyer, cilicia as Part of the Seleucid Empire. The Beginning of Municipal coinage, in: Jean/Dincol/Durugönül, cilicie S. 504−518. Die Städte waren an einer eigenen Münzprägung auch deshalb interessiert, weil sie vom Schlagschatz, d. h. der Differenz zwischen dem höheren Wert der ausgegebenen Münzen und den Materialkosten, profitierten. Eine hinreichende Erklärung dafür, warum Simon dieses Recht nicht ausübte, ist bis jetzt noch nicht gefunden worden. B. Kanael, literaturüberblick der griechischen numismatik: Altjüdische Münzen, JnG 17, 1967, S. 166 schlägt vor, daß „das Prägerecht mit anderen vorrechten von Antiochus, nachdem er sich des syrischen Thrones bemächtigt hatte, wieder rückgängig gemacht wurde, und daß es deshalb zu keiner Prägung des Simon kam“. So auch Meshorer, Jewish coins S. 36 und ders., A Treasury of Jewish coins. From the Persian Period to Bar Kokhba, Jerusalem/new York 2001, S. 23 f. Diese vermutung kann sich auf die Stelle I. Makk. 15, 27 stützen, die berichtet, daß es während der Belagerung der Stadt Dor (siehe unten) zum Bruch zwischen Antiochos vII. und Simon kam und Antiochos vII. nicht hielt, „was er früher
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
15, 3−9) im Ganzen eine Fälschung darstellt; es ist aber nicht auszuschließen, daß das Dokument nachträglich überarbeitet wurde.633 − Simons nachfolger, der Hohepriester Johannes Hyrkan I. (135−104), begann dann mit dem Prägen eigener Münzen.634 Insgesamt war die Resonanz der Städte auf die von Rhodos aus verschickten Sendbriefe des Antiochos vII., die sicherlich großzügige, auf die jeweilige Stadt berechnete versprechungen enthielten, aber keineswegs positiv. Keine der großen Küstenstädte erklärte sich bereit, seine Kriegsschiffe (I. Makk. 15, 4) im Hafen aufzunehmen, aus Furcht vor den Soldaten Tryphons (Ios. ant. Iud. 13, 222). Da bot Kleopatra Thea, die in Seleukeia in Pierien unter dem Schutz des Feldherren Aischrion (Diod. 33, 28) residierende Ehefrau des Demetrios II., ihrem Schwager Antiochos vII. die Ehe und den Thron Syriens an (Ios. ant. Iud. 13, 222: ãÜìïò êár âáóéëåßá). Der Grund für ihre Entscheidung lag sicher kaum in dem von Appian angeführten − sentimentalen − Motiv der Eifersucht auf die verbindung ihres zweiten Ehemannes Demetrios II. mit der parthischen Königstochter Rhodogune,635 als vielmehr in rein pragmatischen Erwägungen:636 zum einen konnte die Königin nur durch eine neue Eheverbindung ihre eigene Machtstellung weiter behaupten, zum anderen fürchteten Kleopatra und ihre Berater, daß die Bewohner von Seleukeia in Pierien die Stadt an Tryphon übergeben könnten (Ios. ant. Iud. 13, 222). Im Frühjahr 138 landete Antiochos vII. mit seiner Kriegsflotte in Seleukeia in Pierien. Auf die geglückte Überfahrt von Rhodos weisen die ersten Bronzemünzen hin, die im Jahr 174 S. Ä. (= 139/38) in Antiocheia für den König geprägt wurden. Die vorderseite zeigt eine Schiffsprora, darüber befinden sich zwei sternenbekrönte Dioskurenkappen; die Dioskuren galten als Reiseschutzgottheiten.637 Der Dreizack
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635 636 637
zugesagt hatte“. Doch trat das zerwürfnis erst am Ende der Belagerung ein, und die in I. Makk. 15, 5; 7; 8 zugesagten Privilegien wurden nicht zurückgenommen, warum also dann das Recht auf eine eigene Münzprägung? Dies vermutet Gauger, Beiträge S. 138, der zu Recht darauf hinweist, daß die regierenden Seleukidenherrscher in ihren offiziellen Dokumenten den pluralis maiestatis verwenden, und meint, da das Schreiben I. Makk. 15, 2−9 mit Ausnahme des Personalpronomens {ì§í in 15, 3 „vollständig im Singular gehalten“ ist, „auf eine Überarbeitung des Dokuments schließen“ zu können. Doch erklärt sich der ‚Singularstil‘ des Briefes vielleicht aus den speziellen Umständen seiner Abfassung auf Rhodos, wo Antiochos vII. zwar schon den âáóéëåýò-Titel führte, aber noch nicht in Syrien selbst als offizieller nachfolger seines Bruders anerkannt und bestätigt war. Dies kann jetzt nach verschiedenen Münzhortfunden als sicher gelten: Y. Meshorer, A Treasury of Jewish coins. From the Persian Period to Bar Kokhba, Jerusalem/new York 2001, S. 25 ff. Bislang galten die Münzen des Königs und Hohenpriesters Alexander Jannaios als die ersten jüdischen Herrschermünzen: So noch Y. Meshorer, Jewish coins of the Second Temple Period, Tel-Aviv 1967, S. 57 und ders., Jewish coins S. 35 ff. M. Karras-Klapproth, Prosopographische Studien zur Geschichte des Partherreiches auf der Grundlage antiker literarischer Überlieferung, Bonn 1988, S. 155 ff. vgl. dazu die Bemerkungen bei Brodersen, Abriß S. 225. cSE 271−274; SnG Israel I 1893 ff.; 1898 f. vor allem als Helfer in Seenot, vgl. zu den Dioskuren zuletzt T. lorenz, Die Epiphanie der Dioskuren, in: H. Froning/T. Hölscher/H. Mielsch (Hg.), Kotinos. Festschrift für E. Simon, Mainz 1992, S. 114 ff. mit weiterer literatur.
7.) Tod des Antiochos vI. (141) und Ankunft des Antiochos vII. in Syrien (138)
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des Poseidon auf der Münzrückseite weist darauf hin, daß auch der Gott des Meeres die Überfahrt des neuen Königs begünstigt hatte. Antiochos vII. führt auf seinen ersten Münzen bereits das Epitheton Euergetes. zur Belohnung erhielt Seleukeia den jåñN êár Tóõëïò-Status.638 Auf die Eheschließung zwischen Antiochos vII. und Kleopatra Thea ist der Kleinbronzetyp (cSE 275 f.; SnG Israel I 1896) zu beziehen: Der geflügelte Eros auf der vorderseite steht für die liebe des Antiochos vII. zu der durch den Isiskopfschmuck auf der Rückseite symbolisierten Ptolemäerin Kleopatra Thea.639 Die Isiskrone, die aus dem Kuhgehörn mit der Sonnenscheibe besteht, ist mit Getreideähren geschmückt und gleicht die Königin an Isis-Demeter an.0 Die ersten Hochzeits-Bronzen sind mit dem Datum ÄÏÑ (174 S. Ä. = 139/38) ausgebracht worden;641 die Ehe wurde also noch vor Oktober 138 geschlossen. − Auch später wurde das Motiv der Isiskrone für Kleopatra Thea verwendet.642 Wir dürfen daraus schließen, daß die Königin selbst Isis-Anhängerin war und deren Kult in Syrien nachhaltig förderte.643 638 639 0 641 642 643
Wilcken, Beitrag S. 442; Welles, Rc S. 292 Anm. 3; vgl. auch die Münzbelege aus dem Jahr ÅÏÑ (= 138/37): G. Macdonald, Seltene und unedierte Seleukidenmünzen, zfn 29, 1912, S. 99 mit Taf. 5, 5; Rigsby, Asylia S. 486. Küthmann, Münzen S. 63 Anm. 130. Ebenso: Ehling, Probleme S. 232 f. mit Abb. 2. Allgemein zu den Isisattributen der Ptolemäerinnen vgl. Svenson, Darstellungen S. 85 ff. und zu Ähren als Isisattribut ebenda S. 95 ff.; vgl. besonders die Abbildung 8 bei Svenson S. 357. cSE 275 f. und wurden noch bis ins Jahr 129/28 geprägt: cSE 277 ff.; SnG Israel I 1900 ff. Auf Bronzen aus der zeit der gemeinsamen Regierung mit ihrem Sohn Antiochos vIII.: cSE 807 f.; SnG Israel I 2474 ff. (Ptolemaïs). zum Isis- und Sarapiskult sei angemerkt, daß die Seleukiden den ägyptischen Göttern interessanterweise nicht nur ihre Reverenz erwiesen, sondern deren Kult im eigenen Reich gezielt gefördert haben, vgl. Ehling, Unruhen S. 324 mit Anm. 198. Dafür gibt es außer den oben erwähnten Hochzeitsmünzen noch sechs weitere Belege: 1.) Bereits im verzeichnis der großen Schatzstiftung des Apollonheiligtums von Didyma wird u. a. eine goldene Phiale „des Osiris“ im Gewicht von 190 Drachmen genannt: Günther, Didyma S. 44 z. 32 f. Es handelt sich dabei um ein Weihgeschenk, das Seleukos I. und Antiochos I. dem Heiligtum des Apollon von Didyma vermachten. Die Inschrift gehört ins Jahr 288/87: Günther, Didyma S. 47. Über diese Gabe mit der Aufschrift „des Osiris“ drückt nilsson, Religion I S. 127 Anm. 15 mit Recht seine verwunderung aus, denn daß die Seleukiden angesichts der seleukidisch-ptolemäischen Rivalität den ägyptischen Kult förderten, ist keineswegs selbstverständlich, im Gegenteil. − 2.) nach dem Ende des 3. Syrischen Krieges und dem Friedensschluß zwischen Ptolemaios III. und Seleukos II. im Jahr 241 (zum Datum vgl. B. Beyer-Rotthoff, Untersuchungen zur Außenpolitik Ptolemaios’ III., Bonn 1993, S. 40 mit Anm. 110) ließ Seleukos II. eine IsisStatuette aus Memphis holen und in der syrischen Hauptstadt aufstellen: lib. or. 11, 114, vgl. A. Schenk Graf von Stauffenberg, Die römische Kaisergeschichte bei Malalas. Griechischer Text der Bücher IX−XII und Untersuchungen, Stuttgart 1931, S. 467. − 3.) Eine Inschrift von laodikeia am Meer (IGlS 1261) aus dem Jahr 174 belegt, daß es mitten in der Stadt ein privates Heiligtum für Isis und Sarapis gab, vgl. dazu G. Klaffenbach, Epigraphische Studien, Philologus 97, 1948, S. 376 ff. − 4.) Während des 6. Syrischen Krieges ließ Antiochos Iv. Großbronzen im ‚ägyptischen Stil‘ prägen: cSE 117 ff.; Ehling, Münzen S. 28 f. mit Abb. 5−7 und siehe oben I 3, 3. − 5.) Die Beliebtheit des ägyptischen Kultes insbesondere im seleukidischen Phönikien bezeugen auch die Münzen von Byblos: SnG Israel I 1047; 1075 = cSE
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
8.) KAMPF DES AnTIOcHOS vII. GEGEn TRYPHOn (138/37) UnD BElAGERUnG JERUSAlEMS (135/34) Wie Antiochos vII. in seinem Sendschreiben angekündigt hatte (I. Makk. 15, 4), ging er zunächst entschlossen gegen Tryphon vor. Antiocheia war schon im Frühjahr 138 in der Hand des legitimen Seleukiden. zahlreiche Soldaten Tryphons liefen über (I. Makk. 15, 10). Der Gegenkönig wurde in einer Schlacht besiegt (Ios. ant. Iud. 13, 223), aus Syrien vertrieben und floh nach der phönikischen Küstenstadt Dor (I. Makk. 15, 11; Ios. ant. Iud. 13, 223). Antiochos vII. zog über Sidon (Synkellos 351, 13) nach Süden und begann die Belagerung der Stadt zu lande und zur See, angeblich mit einem Heer von 120.000 Fußsoldaten und 8.000 Reitern (I. Makk. 15, 14). An die Mauern der schwer einnehmbaren Stadt (Ios. ant. Iud. 13, 223) wurden Belagerungsmaschinen herangeführt (I. Makk. 15, 25). Archäologische zeugnisse der Kämpfe um Dor besitzen wir in den Bleigeschossen, die bei den israelischen Ausgrabungen zutage gekommen sind. Eins dieser ovalen Schleudergeschosse trägt die Inschrift: „Für den Sieg Tryphons. Dora. Jahr 5. Die Stadt der Dorianer. Koste von dieser Frucht“. Aus der Datierung „Jahr 5“ (lE) ergibt sich, daß die Belagerung Dors sich über das Jahr 138/37, dem 5. Regierungsjahr Tryphons, hinzog. Antiochos vII. schickte Gesandte an den jüdischen Hohenpriester Simon, um mit ihm ein Bündnis ðåñr öéëßáò êár óõììá÷ßáò abzuschließen (Ios. ant. Iud. 13, 223). nach dem Bericht des I. Makkabäerbuches sandte Simon 2.000 Soldaten, Gold, Silber und Waffen zur Unterstützung des Seleukidenkönigs (15, 26); Josephus hin-
700. Diese Kleinbronzen, die vermutlich in der königlichen Münze der Stadt geprägt wurden, zeigen auf der Rückseite einen Stierkopf mit Isiskrone. Andere Münzen derselben Stadt bilden Harpokrates ab: SnG Israel I 1072. − Und 6.) verliehen die Seleukidenkönige (Antiochos vIII./Antiochos IX.) um das Jahr 100 die Asylie an das Isis- und Sarapisheiligtum von Mopsuhestia im Ebenen Kilikien (siehe unten Kap. II 10). − zum Isis- und Sarapiskult in Ägypten vgl. W. Huß, Der makedonische König und die ägyptischen Priester (Historia Einzelschriften 85), Stuttgart 1994, S. 58 ff. mit der weiteren literatur. zumindest die zahl der Fußsoldaten ist weit übertrieben, vgl. z. B. die von Polybios 31, 3 genannten zahlen beim Festzug von Daphne: 46.000 Fußsoldaten. Dazu zuletzt Gera, Tryphon’s Sling Bullet S. 153−163. So nach der neuen Übersetzung Geras, Tryphon’s Sling Bullet S. 163. Gemeint ist die Frucht des Sumachbaumes (¿ oder ½ ñï™ò), die als Gewürz und für medizinische zwecke verwendet wurde, ebenda S. 161. zu solchen Geschossen vgl. den Beitrag von c. Brélaz/P. Ducrey, Une grappe de balles de fronde en plomb à Érétrie. la technique de fabrication des projectiles et l’usage de la fronde en Grèce ancienne, Antike Kunst 46, 2003, S. 99−114 mit Taf. 23 und 24. Publiziert werden neun gegossene, früchteförmige Schleuderbleie, die in Eretria gefunden wurden und die Aufschrift ÁÃÑÏÉÔÁ, die Genitivform des dorischen namens Agroitas, tragen. Bei diesem Agroitas könnte es sich um den Befehlshaber der makedonischen Garnison zur zeit des 2. Makedonischen Krieges handeln. Die Schleudergeschosse hätten dann gegen die Römer und ihre verbündeten zum Einsatz kommen sollen, die im Jahr 198 die Stadt Eretria belagerten. Gera, Tryphon’s Sling Bullet S. 157; 159. Tryphon zählt auf seinen Münzen nicht nach seleukidischen, sondern − ptolemäischem vorbild folgend − nach seinen eigenen Regierungsjahren, vgl. Seyrig, notes S. 12; Baldus, Bronzemünzen S. 145.
8.) Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon und Belagerung Jerusalems
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gegen weiß nur von Geld- und lebensmittellieferungen (ant. Iud. 13, 224). Es ist also nicht sicher, ob Simon tatsächlich zur Stellung jüdischer Truppenkontingente verpflichtet war. nicht glaubwürdig bzw. verkürzt dargestellt ist die Überlieferung im I. Makk. 15, 27, daß Antiochos vII. die jüdische Unterstützung abgelehnt und die gegebenen versprechen nicht gehalten hätte. Denn es ist wenig wahrscheinlich, daß der Seleukide bei der mühevollen Belagerung Doras auf die jüdischen Hilfsmittel verzichtet haben soll, die er durch das mit Simon geschlossene Bündnis ja zu erlangen suchte. vielmehr zählte der Hohepriester zunächst zu den ößëïé des Königs, wie Josephus schreibt (ant. Iud. 13, 224). zum Bruch zwischen Antiochos vII. und Simon kam es nicht zu Beginn, sondern zum Ende der Belagerung hin (siehe unten).8 Die Belagerung Doras, die sich über einige Monate hinzog, blieb erfolglos. Tryphon gelang trotz der Seeblockade mit dem Schiff die Flucht nach Ptolemaïs (charax FGrHist 103, 29) und von dort nach Orthosia.649 Antiochos vII. „aber jagte Tryphon nach, um ihn gefangenzunehmen“ (I. Makk. 15, 39). noch einmal jedoch glückte ihm auf eine recht spektakuläre Weise die Flucht: Wie ein bei Frontin überliefertes Strategematon erzählt, konnte sich Tryphon seinen verfolgern dadurch entziehen, daß er Münzen in großen Mengen in die luft warf, und die Reiter des Antiochos vII. mehr damit beschäftigt waren, das Geld einzusammeln als Tryphon einzuholen.0 Tryphon floh schließlich nach Apameia.651 Vom seinem Ende sind zwei Versionen überliefert: Bei Josephus (ant. Iud. 13, 224) und Appian (Syr. 68, 358) heißt es, daß er getötet wurde; Strabon (14, 5, 2 = 668) und Synkellos (351, 13) hingegen schreiben, daß er Selbstmord beging.652 Wie das in Dor gefundene Wurfgeschoß beweist, hat Tryphon fünf Jahre regiert.653 Vermutlich ist er bald nach seiner Flucht aus Dor noch in der Mitte (?) des Jahres 137 umgekommen. Der Sieg über Tryphon war nur mit großen Mühen errungen worden (App. Syr. 68, 358). Wahrscheinlich hielt der König anschließend Gericht und bestrafte diejenigen Städte, die bis zuletzt den Usurpator unterstützt hatten, während er die loyalen Städte belohnte. So erhielt Arados im Jahr 138/37 das Recht, autonome Te8 649 0 651 652 653
Der anonyme Autor des ersten Makkabäerbuches versucht, die seleukidisch-jüdischen Spannungen möglichst weit zurückzuverlegen und Antiochos vII. die Schuld an dem Konflikt zu geben. I. Makk. 15, 37; Synkellos 553. Bevan, House II S. 238. 2, 13, 2. Siehe dazu auch oben Kap. I 1. Hoffmann, Tryphon Sp. 722. Ehling, Miszellen S. 376 ff. Josephus (ant. Iud. 13, 224) zählt drei Regierungsjahre. In Ptolemaïs und Askalon wurden noch mit der Angabe „Jahr 4“ Tetradrachmen für Tryphon geprägt, vgl. Seyrig, notes S. 23 und Baldus, Bronzemünzen S. 145 ff. Gera, Tryphon’s Sling Bullet S. 160 schreibt: “Although none of these sources mentions the exact time of Tryphon’s death, the overall impression is that he died soon after his defeat at Dor.” Das Jahr 138 als Todesjahr haben z. B. Downey, Antioch S. 125 und Grainger, Phoenicia S. 125. nach dem Datum auf den Münzen, vgl. Seyrig, notes S. 17 f.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
tradrachmen zu prägen, wahrscheinlich deshalb, weil die Stadt Antiochos vII. mit Schiffen bei der Belagerung Dors unterstützt hatte. Münzzeugnisse lassen die vermutung zu, daß Ptolemaios vIII. Euergetes II., der 145 ein zweites Mal auf den ägyptischen Thron gekommen war, die Auseinandersetzungen zwischen Tryphon und Antiochos vII. für seine eigenen zwecke auszunützen gedachte und mit den Rüstungen zum Einmarsch in Phönikien und Koilesyrien bereits begonnen hatte. Für den Ptolemäer wurden im Jahr 138/37 Silberdidrachmen geschlagen, die den König mit Strahlenaureole und Ägis abbilden.8 Dieses Bildschema ist zuvor bereits für Ptolemaios III. und Ptolemaios v. auf Goldoktadrachmen verwendet worden, Geld, das zur Entlohnung der Soldaten und Söldner im 5. Syrischen Krieg gedient hatte,659 in dem um den Besitz Phönikiens und Koilesyriens gekämpft worden war.0 Die Königsdarstellung mit der Strahlenaureole auf Münzen ist daher besonders eng mit dem Kampf um Südsyrien und Phönikien verbunden.661 Wenn Ptolemaios vIII. sich ebenfalls mit Strahlen darstellen ließ, kann daraus vielleicht geschlossen werden, daß die Didrachmen im vorfeld des geplanten Feldzuges geprägt wurden und ein Einmarsch in Phönikien unmittelbar bevorstand. Der Prägeanlaß dieser ins Jahr 138/37 datierten ptolemäischen Didrachmen, der bislang unklar war,662 dürfte daher wohl vor dem Hintergrund der Eroberungsabsichten des achten Ptolemäers zu sehen sein, der die Kämpfe zwischen Tryphon und Antiochos vII. für seine ziele nutzen wollte. In der zwischenzeit hatte sich das verhältnis zwischen Seleukiden und Juden zunehmend verschlechtert. Der Grund war, daß Antiochos vII. für den Krieg gegen 8
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Seyrig, notes S. 19; Grainger, Phoenicia S. 125. Möglicherweise aber auch, weil die Stadt ihm gegen die Ptolemäer treu geblieben war. nach dem Tode Ptolemaios’ vI., siehe oben. zum historischen Hintergrund vgl. Hölbl, Geschichte S. 172. Die Stücke sind wahrscheinlich in Alexandreia geprägt worden. Für Hinweise danke ich Herrn Dr. H.-chr. noeske (Frankfurt am Main) sehr herzlich. zum Unterschied von Strahlenaureole und Strahlenkrone vgl. Bergmann, Strahlen S. 15: Bei der Strahlenaureole gehen die Strahlen direkt vom Kopf aus; bei der Strahlenkrone sind sie an einem Band oder Reif angebracht. zur Ägis: H. Kyrieleis, Die Porträtmünzen Ptolemaios’ v. und seiner Eltern. zur Datierung und historischen Interpretation, JdI 88, 1973, S. 220 und Bergmann, Strahlen S. 59 mit Taf. 9, 5. H. Kyrieleis, Die Porträtmünzen Ptolemaios’ v. und seiner Eltern. zur Datierung und historischen Interpretation, JdI 88, 1973, S. 213 ff.; Bergmann, Strahlen S. 60. zum 5. Syrischen Krieg: Bevan, House II S. 29 ff.; Bouché-leclercq, Histoire I S. 167 ff.; B. niese, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten seit der Schlacht bei chaeronea. 2. Teil: vom Jahr 281 v. chr. bis zur Begründung der römischen Hegemonie im griechischen Osten 188 v. chr., Gotha 1899, S. 637 ff.; Hölbl, Geschichte S. 121 f.; Huß, Ägypten S. 489 ff. Bergmann, Strahlen S. 5 schreibt: „Der Gebrauch von Herrscherbildnissen mit Strahlenaureole auf den Münzen war bei Ptolemäern und Seleukiden … von einer lange anhaltenden politischen Konstellation bestimmt. … Die weiteren Prägungen von Ptolemäern und Seleukiden mit dem Attribut bilden eine Kette von zitaten, die sich teils auf den Ausgangspunkt, teils aufeinander beziehen. Münzen mit den Bildnissen des Ptolemaios III. und v. … und des Antiochos Iv. … sind konkurrierende Prägungen im zusammenhang mit den Syrischen Kriegen“. Bergmann, Strahlen S. 61: „Den konkreten Anlaß für diese Prägung kennt man nicht“.
8.) Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon und Belagerung Jerusalems
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Tryphon mehr Geld brauchte663 und deshalb nicht auf die Tribute und Einkünfte der Städte und Gebiete verzichten wollte, die die Juden seit Ende der 40er Jahre des 2. Jhs. besetzt hielten. So war unter Simon die Küstenstadt Joppe eingenommen (I. Makk. 13, 11) und zum Hafen ausgebaut worden. Später wurden die seleukidischen Festungen Geser und Bet-zur (westlich und südlich von Jerusalem) erobert und schließlich sogar die seleukidische Besatzung aus der Akra von Jerusalem vertrieben. Antiochos vII. sandte deshalb seinen Freund Athenobios zu Simon nach Jerusalem,8 der die sofortige Rückgabe aller annektierten Gebiete669 und eine Entschädigung für die entgangenen Tribute oder eine einmalige Abschlagszahlung von 1.000 Talenten Silber forderte,0 andernfalls drohte er mit Krieg (I. Makk. 15, 31). Im vertrauen auf die eigene militärische Stärke lehnte Simon die Forderungen ab und bot lediglich für Joppe und Geser die zahlungen von 100 Talenten Silber an (I. Makk. 15, 35). Der seleukidische Gesandte Athenobios brach die verhandlungen ab und verließ Jerusalem.671 Antiochos vII. ernannte daraufhin seinen ößëïò Kendebaios zum dðéóôñÜôçãïò ôyò ðáñáëßáò.672 Der Titel des Epistrategen ist für das Seleukidenreich nur in diesem einen Fall belegt, und es läßt sich nicht entscheiden, ob der Titel offiziell war.673 Da die militärischen Operationen des Kendebaios keineswegs nur auf die Küstenregion beschränkt blieben, bedeutet das epi vor dem Strategentitel wohl, daß dieser Funktionär über besondere militärische und administrative Vollmachten verfügte. Wie H. Bengtson vermutet, könnte Kendebaios „als Epistratege noch andere Strategen, das wären die Bezirksstrategen und Meridarchen, unter sich gehabt haben“. Während Antiochos vII. selbst noch damit beschäftigt war, Tryphon auszuschalten (I. Makk. 15, 37; 39), ließ Kendebaios die Stadt Kedron befestigen (I.
663 8 669 0 671 672
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Daher der von Ios. ant. Iud. 13, 225 erhobene vorwurf der Habgier des Königs. vor September 141 (I. Makk. 14, 27), da zu diesem zeitpunkt Bet-zur, Joppe und Geser bereits in jüdischer Hand waren. I. Makk. 14, 5. Baltrusch/Schuol, Meer S. 109. Geser wurde Simons Sohn, Johannes Hyrkan I., unterstellt (I. Makk. 16, 1). I. Makk. 14, 7; 33; 34. Im Mai 142 war die Akra erobert (I. Makk. 13, 51). Grainger, Prosopography S. 84; carsana, Dirigenze S. 115; Savalli-lestrade, Philoi S. 83. Aber nicht die Rückgabe der Akra, wie J. Maier, Grundzüge der Geschichte des Judentums im Altertum, Darmstadt 1981, S. 47 schreibt. I. Makk. 15, 28−31. Baltrusch/Schuol, Meer S. 109. I. Makk. 15, 36. vgl. auch Bevan, House II S. 239. I. Makk. 15, 38; Ios. ant. Iud. 13, 225. Die Strategie umfaßte das Küstengebiet von Ptolemaïs bis zur ägyptischen Grenze und Judäa: Bengtson, Strategie II S. 176 ff. Wenn Bengtson, Strategie II S. 178 Anm. 1 schreibt, daß der zeitpunkt der Bestellung des Kendebaios auf jeden Fall vor dem Tode Tryphons erfolgte, so ist dies richtig, aber da Tryphon bereits Mitte (?) 137 tot war, kann die Ernennung des Kendebaios nicht erst 137/36 erfolgt sein. zu Kendebaios vgl. außerdem Grainger, Prosopography S. 99; carsana, Dirigenze S. 115 (ungenau, was den Titel betrifft); Savalli-lestrade, Philoi S. 84. vgl. Bengtson, Strategie II S. 180 f. Ebenda S. 181.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Makk. 15, 40) und fiel von dort immer wieder nach Judäa ein (I. Makk. 15, 41), um die Bevölkerung einzuschüchtern. Wahrscheinlich zwischen Herbst 137 und Frühjahr 136 kam es zur Entscheidungsschlacht zwischen dem seleukidischen dðéóôñÜôçãïò und einem jüdischen Heer von 20.000 Mann (I. Makk. 16, 4) unter dem Befehl der beiden Simon-Söhne, Johannes Hyrkan I. und Judas (I. Makk. 16, 2). Getrennt durch einen schwer passierbaren Gebirgsbach standen sich die Armeen in der Ebene von Modeïn (nordwestlich von Jerusalem) gegenüber.8 Das jüdische Heer, obwohl an Reiterei unterlegen (I. Makk. 16, 7), wagte den Übergang und schlug den Gegner in die Flucht (I. Makk. 16, 8). Die seleukidischen Soldaten zogen sich nach Kedron und die kleineren Befestigungen, die sogenannten „Türme“ (ðýñãïé), im Gebiet von Azotos (Asdod) zurück,679 die Hyrkan I. niederbrennen ließ (I. Makk. 16, 10). Die verluste auf seleukidischer Seite betrugen rund 2.000 Mann.80 Antiochos vII. griff nicht in die Kämpfe ein. Für die zeit vom Ende des Tryphon bis zur Belagerung Jerusalems (siehe unten) fehlen genauere Informationen über die militärischen und politischen Aktivitäten des Königs.681 Von Iustin erfahren wir lediglich, daß er die Städte und länder, die von seinem Bruder Demetrios II. abgefallen und zu Tryphon übergegangen waren, wieder unter seine Herrschaft brachte (36, 1, 9). Wie die Münzen zeigen, unterstanden ihm in Kilikien Tarsos und Mallos.682 Im Februar 135 (I. Makk. 16, 14) wurden Simon und zwei seiner Söhne von seinem Schwiegersohn, dem Strategen von Jericho, Ptolemaios, während eines
8
679 80 681 682
Y. Aharoni/M. Avi-Yonah, The Bible Atlas, new York 1968, hier zitiert nach der deutschen Übersetzung: Der Bibel Atlas, Hamburg 1982, S. 129, sprechen von „Terror“, den die Soldaten Kendebaios’ verbreiten sollten. Der terminus ante quem ergibt sich aus I. Makk. 16, 14, wo die Ermordung Simons im Februar 135 geschildert wird. Da im Schlachtbericht von einem „reißenden Gebirgsbach“ (÷åéìÜññïïò) die Rede ist, könnte man vermuten, daß sich dieser nach schweren Regenfällen gebildet hatte, die in den Monaten von Mitte november bis Mitte April mit katastrophalen Folgen auftreten können: Keel/Küchler/Uehlinger, Orte I S. 41 ff. Y. Aharoni/M. Avi-Yonah, ebenda S. 129, datieren die Schlacht ins Jahr 137. zu Hyrkan I. vgl. zuletzt D. Barag, new Evidence on the Foreign Policy of John Hyrcanus I, InJ 12, 1992/93, S. 1−12. I. Makk. 16, 5. Ob sich die Schlacht tatsächlich, wie Y. Aharoni/M. Avi-Yonah, The Bible Atlas, new York 1968, hier zitiert nach der deutschen Übersetzung: Der Bibel Atlas, Hamburg 1982, S. 129 Skizze 207, annehmen, vor den Toren Kedrons abspielte, geht aus der Beschreibung in I. Makk. 16, 4−10 nicht hervor. vielmehr heißt es dort (I. Makk. 16, 5): „Morgens, … als sie (= das jüdische Heer, Anm. d. verf.) von Modeïn in die Ebene kamen …“. Der Schlachtort scheint demnach näher bei Modeïn als bei Kedron gelegen zu haben. I. Makk. 16, 9; 10. zum Ort: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 7; Grainger, Prosopography S. 697. I. Makk. 16, 10. Die zahl beziffert wahrscheinlich die seleukidischen Gesamtverluste und nicht, wie der Bericht suggeriert, die verluste allein während des Rückzugs. Wilcken, Antiochos (30) Sp. 2478. Tarsos: naville, Kat. 10, 1305 f.; 1308 f.; SnG Israel I 1987 ff.; Mallos: naville, Kat. 10, 1307; Houghton, Mallus S. 95.
8.) Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon und Belagerung Jerusalems
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Trinkgelages in Dok (Dagon)683 bei Jericho ermordet.8 Ptolemaios schrieb an den Seleukidenkönig, bat um militärische Unterstützung und wohl auch die Übertragung der Hohepriesterwürde.8 Der überlebende Sohn Simons, Hyrkan I., aber, der in Geser noch rechtzeitig einem Mordanschlag zuvorgekommen war, belagerte den Ptolemaios in der Burg Dok.8 Da Ptolemaios die Mutter Hyrkans I. in seiner Gewalt hatte, gab Hyrkan I. die Belagerung bald auf (Ios. ant. Iud. 13, 234) und zog sich nach Jerusalem zurück. Diese Auseinandersetzungen und Wirren innerhalb der Hasmonäerdynastie boten Antiochos vII. eine willkommene Gelegenheit, in die verhältnisse in Judäa einzugreifen.8 Er marschierte mit einem Heer in Judäa ein und begann die Belagerung Jerusalems. Die genaue Datierung dieses Ereignisses ist schwierig, da unsere Hauptquelle, Josephus, zwei einander widersprechende Angaben macht: In den Antiquitates 13, 236 setzt er den Beginn der Belagerung in das 1. Jahr Hyrkans I. und das 4. Jahr Antiochos’ vII., also in das Jahr 135/34,88 fügt dazu aber noch die Angabe „und in der 162. Olympiade“, die im Jahr 132 beginnt.689 Die letzte Datierung wird in gewisser Weise von Porphyrios bestätigt, der die Belagerung in das 3. Jahr der 162. Olympiade setzt, d. h. in das Jahr 130/29. zu diesem zeitpunkt befand sich Antiochos vII. jedoch bereits auf dem Partherfeldzug, so daß die Angabe in dieser Weise nicht stimmen kann. Die chronologie der Ereignisse der 30er und 20er Jahre des 2. Jhs. ist bei Porphyrios nicht immer genau und oftmals um ein oder zwei Jahre nach oben zu korrigieren.690 In der Forschung sind aufgrund dieser widersprüchlichen Überlieferungslage daher verschiedene Datierungsvorschläge für den Beginn der Belagerung Jerusalems gemacht worden. Das Jahr 134 schlägt E. Schürer vor;691 E. R. Bevan setzt ihn in das Jahr 133,692 B. niese in das Jahr 132, ebenso E. Will.693 Offensichtlich also ist die chronographische Olympiaden-Angabe bei Josephus und Porphyrios für vertrauenswürdiger erachtet worden als das von Josephus zuerst genannte Datum „das 1. Jahr Hyrkans I. und das 4. Jahr Antiochos’ vII.“, d. h. das 683 8
8 8 8 88 689 690 691 692 693
Schürer, Geschichte S. 258. Im I. Makkabäerbuch heißt der Ort bzw. die Burg Dok, bei Josephus Dagon. vgl. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 77 f. I. Makk. 16, 11−17. Das Ereignis ist durch I. Makk. 16, 14 gut und fest datiert, vgl. Schürer, Geschichte S. 255. In der literatur liest man dennoch häufig „Februar 135 oder 134“, was sich daher erklärt, daß von diesen Autoren der Beginn der Belagerung Jerusalems nicht in den Herbst 135 (siehe unten), sondern mindestens ein Jahr später angesetzt wird. So muß wohl I. Makk. 16, 18 verstanden werden. Sicherlich bot Ptolemaios Antiochos vII. dafür eine größere Summe Geldes an, wie vor ihm Jason (II. Makk. 4, 8 f.) und Menelaos (II. Makk. 4, 24), vgl. dazu Bringmann, Reform S. 115 ff. Ios. ant. Iud. 13, 230. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 77 f. niese, Geschichte III S. 295. Das 1. Regierungsjahr Antiochos’ vII. ist 138/37: Schürer, Geschichte S. 259 Anm. 5; niese, Geschichte III S. 295 Anm. 4. Schürer, Geschichte S. 259 Anm. 5. vgl. niese, Geschichte III S. 295 Anm. 4; Jacoby, FGrHist (1930) S. 873; Ehling, Bronzemünze S. 89. zur chronologie bei Porphyrios siehe oben Kap. I 1. Geschichte S. 259 Anm. 5 mit guter Diskussion der Quellen. House II S. 240 bei einem Ausgang der Belagerung im Jahr 132. Histoire II S. 345: «Hyrcan dut capituler en 131».
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Jahr 135/34. Daß aber tatsächlich letzteres Datum sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit besitzt, haben etwa U. Wilcken694 und T. Rajak695 erkannt und begründet. Denn es kann davon ausgegangen werden, daß sich Antiochos vII. die Kämpfe, die im Anschluß an die Ermordung Simons im Februar 135 zwischen Hyrkan I. und Ptolemaios entbrannten, zunutze machte,696 um in Judäa einzufallen. Da Jerusalem, wie es bei Josephus heißt (ant. Iud. 13, 237), zum zeitpunkt des Untergangs der Plejaden − also im november697 − bereits fest eingeschlossen war, darf man annehmen, daß die Stadt seit Herbst 135 belagert wurde. Einigkeit besteht in der Sekundärliteratur darüber, daß die Belagerung rund ein Jahr dauerte. Wie Josephus schreibt, ergaben sich die Bewohner Jerusalems bald nach der Feier des laubhüttenfestes, das im September/Oktober begangen wird. nach dem hier ausgeführten chronologischen Ansatz ergibt sich daraus, daß die Belagerung Jerusalems durch die Seleukiden von Herbst 135 bis Herbst 134 dauerte. Die Richtigkeit dieser Datierung wird durch einen 1986 bekanntgewordenen Goldstater bestätigt.698 Dieser Stater ist durch die Datumsangabe ÈÏÑ in das 179. Jahr der Seleukidenära datiert, d. h. er wurde in der zeit zwischen Oktober 134 und Oktober 133 geprägt.699 Das Motiv der Rückseite, die in der Biga nach links fahrende nike, weist auf einen bedeutenden militärischen Erfolg hin.00 Wenn das Münzbild auch nicht allein die Besiegung der Juden feiern muß, so wäre es aber doch wohl nicht möglich gewesen, ein derartig eindeutiges Siegesmotiv auf die Münzen zu setzen, ohne daß die Belagerung Jerusalems erfolgreich beendet gewesen wäre. Der Goldstater kann daher eigentlich nur nach dem Abzug des seleukidischen Heeres aus Judäa geprägt worden sein,701 und damit würde sich die erste chronologische 694 695 696 697 698 699 00
701
Antiochos (30) Sp. 2479. Roman Intervention in a Seleucid Siege of Jerusalem?, GRBS 22, 1981, S. 65 Anm. 3. Was auch niese, Geschichte III S. 295 annimmt. Die äõïìÝíç ðëåßáò fanden nach Plin. n. h. II 47, 125 im november statt: Schürer, Geschichte S. 259 Anm. 5. A. Houghton, A ‘victory’ coin of Antiochus vII, in: Proceedings of the 10th International congress of numismatics/Actes du 10ème congrès International de numismatique, Band I, london 1986, S. 65 mit Taf. 6. Ebenda S. 65. von reichsrömischen Münzen bekannt und oftmals durch die legende gesichert ist, daß es sich um einen adventus handelt, wenn der Kaiser von rechts nach links, um eine profectio aber, wenn der Kaiser von links nach rechts etwa auf einem Pferd reitend dargestellt ist. Allerdings gibt es auch Abweichungen von diesem Schema. Insgesamt gesehen überwiegen aber Profectio-Darstellungen nach rechts und Adventus-Darstellungen nach links. Bei den römischen historischen Kaiserreliefs sind die Bewegungsrichtungen nicht durchgängig eingehalten: G. Koeppel, Profectio und Adventus, BJ 169, 1969, S. 130−194, ebenda S. 179 ff. zu den römischen Münzen. Bemerkenswert ist, daß das Motiv der in der Biga nach links fahrenden nike einen vorgänger in der Bronzeprägung Antiochos’ Iv. hat: cSE 786 f.; Münzzentrum, Köln, Kat. 24, Mai 1976, 180; SnG Israel I 1142 f. Andere Deutung der Münze bei A. Houghton, A ‘victory’ coin of Antiochus vII, in: Proceedings of the 10th International congress of numismatics/Actes du 10ème congrès International de numismatique, Band I, london 1986, S. 65, der das Motiv auf einen literarisch nicht überlieferten Parthersieg bezieht und meint, Antiochos vII. wäre erst anschließend in Judäa eingefallen.
8.) Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon und Belagerung Jerusalems
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Angabe des Josephus, daß die Belagerung in das 1. Jahr Hyrkans I. und das 4. Jahr Antiochos’ vII., d. h. in das Jahr 135/34, gehört, auf das beste bestätigen. Es gibt noch einen bislang kaum beachteten entscheidenden Anhaltspunkt dafür, daß die hier vorgetragene Datierung richtig ist: Das Jahr 135/34 war ein Sabbatjahr, wie Josephus (ant. Iud. 13, 234) zuvor in einem anderen zusammenhang erwähnt.702 Der Seleukidenkönig nützte also nicht nur die zwistigkeiten innerhalb des Hasmonäerhauses, sondern auch diesen besonderen religiösen Umstand aus. Daß Antiochos vII. seinen Angriff in ein Sabbatjahr legte, läßt vermuten, daß der Feldzug von langer Hand geplant war. Offensichtlich rechnete er damit, daß der jüdische Widerstand − aufgrund religiöser Bedenken − geschwächt wäre; vielleicht spekulierte er sogar darauf, daß die strenggläubigen Juden die strikte Einhaltung der vorschriften verlangen und die Kampfbereitschaft daher nicht so groß sein würde. Wenn es bislang, wie U. Wilcken schreibt,703 für das „absolute Datum“ der Belagerung Jerusalems „an einem festen Anhaltspunkt“ fehlte, sind nun genügend Indizien zusammengekommen, um die Belagerung mit großer Sicherheit in die zeit zwischen Oktober 135 und Oktober 134 zu datieren. Wenden wir uns nun den Ereignissen während der Belagerung der Stadt selbst zu.0 Antiochos vII. ließ Jerusalem rundum einschließen und einen tiefen Doppelgraben ziehen (Ios. ant. Iud. 13, 239). Den Angriff konzentrierte er auf die nordseite der Stadtmauer, weil hier das Geländeterrain günstig war und die Aufstellung von hundert dreistöckigen Belagerungstürmen erlaubte (Ios. ant. Iud. 13, 238). Doch die Belagerten verteidigten sich tapfer. An einigen Orten der Stadt gelangen bewaffnete Ausfälle, die den seleukidischen Angreifern Schlappen zufügten (Ios. ant. Iud. 13, 239). Als schließlich die Ernährungslage in Jerusalem äußerst kritisch, ja verzweifelt wurde, wies Hyrkan I. die nicht Wehrfähigen aus der Stadt (Ios. ant. Iud. 13, 240). Doch ließ Antiochos vII. die Flüchtlinge nicht passieren, so daß viele dieser Menschen, in der Hauptmasse wohl Frauen, Kinder und Alte, zwischen den Fronten hin und her getrieben, Hungers starben (Ios. ant. Iud. 13, 241). Erst als das laubhüttenfest bevorstand, nahm Hyrkan I. sie wieder in Jerusalem auf. Wegen des Festes bat der Hohepriester den Seleukidenkönig um einen siebentägigen Waffenstillstand (Ios. ant. Iud. 13, 242). Antiochos vII. willigte ein und ließ sogar Stiere mit vergoldeten Hörnern, Räucherwerk sowie goldene und silberne Gefäße in die Stadt bringen (Ios. ant. Iud. 13, 242). Der König handelte hier, wie J. Maier treffend formuliert, „als oberster Souverän, der sich auch für den Staatskult in Jerusalem verantwortlich wußte“, während die Belagerung „dem unbotmäßigen vasallen“ galt.0 Dieses fromme verhalten des Königs0 beeindruckte die Juden sehr und veranlaßte Hyrkan I., eine Gesandtschaft an Antiochos vII. zu schicken, um über 702 703 0 0 0
Bei der Belagerung der Burg Dok (Dagon) durch Hyrkan I., siehe oben. Ebenso Ios. bell. Iud. 1, 4, 57. Das Sabbatjahr dauerte von Oktober 135 bis Oktober 134. Antiochos (30) Sp. 2479. Schürer, Geschichte S. 259 f.; Bevan, House II S. 239 ff.; niese, Geschichte III S. 295 ff.; Wilcken, Antiochos (30) Sp. 2479. J. Maier, Grundzüge der Geschichte des Judentums im Altertum, Darmstadt 1981, S. 48. Das ihm bei den Juden den Beinamen ÅšóåâÞò eintrug (Ios. ant. Iud. 13, 244).
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
die Friedensbedingungen zu verhandeln. Im seleukidischen lager kam es nun zu der bei Diodor überlieferten berühmt-berüchtigten Beratung zwischen Antiochos vII. und seinen ößëïé,0 die dem König rieten, das „Geschlecht“ der Juden auszurotten, weil allein die Juden sich in einer menschenfeindlichen Weise von den anderen völkern absonderten und schon sein vorgänger Antiochos Iv. die jüdischen Sitten (ôN íüìéìá) abschaffen wollte.08 Aber Antiochos vII. sprach die Juden von den Anschuldigungen frei709 und folgte nicht dem negativbeispiel Antiochos’ Iv., dessen Religionsverbot des Jahres 168 letztlich die Auslöschung der religiösen und ethnischen Identität des Judentums zur Folge gehabt hätte,710 sondern orientierte sich an der konstruktiven Judenpolitik Antiochos’ III. Antiochos III. hatte im zuge des 5. Ptolemäischen Krieges nach der Besiegung des Feldherren Skopas beim Panheiligtum an den Jordanquellen am Südhang des Hermon711 um das Jahr 200/199 auch Judäa unter seine Kontrolle bekommen712 und nahm die Juden unter königlichen Schutz.713 In einem Brief (dðéóôïëÞ) bestimmte Antiochos III. eine hohe Geldsumme für den Kultbedarf an Opfertieren, 0 08
709 710 711 712 713
Diese Gruppe charakterisiert Meyer, Ursprung II S. 268 als „vertreter der traditionellen, hellenistischen Politik des Reiches“. Meyer, Ursprung II S. 268; Baltrusch, Juden S. 56. Das Diodor-Exzerpt stand bei Poseidonios ursprünglich wohl im 15. Buch, vgl. Malitz, Poseidonios S. 309. Es handelt sich um das bekannte Fragment 109. zu der Problematik der antiken Judenfeindlichkeit immer noch grundlegend ist der Antisemitismus-Artikel von Heinemann in der RE: I. Heinemann, Antisemitismus, RE Suppl. v, Stuttgart 1931, Sp. 3−43. Wichtig ist der Kommentar von Malitz, Poseidonios S. 309 ff. Ob die Freunde des Königs allerdings wirklich so gesprochen haben, wie Poseidonios überliefert, scheint mir keineswegs sicher: Ehling, Freunde S. 43 mit Anm. 24. zwar wollten einige ößëïé die Juden sicherlich für die erlittene niederlage des dðéóôñÜôçãïò Kendebaios und die Mühen der einjährigen Belagerung bestrafen, aber man darf annehmen, daß der Feldzug gegen die Parther, zu dem Antiochos vII. im März (?) 131 aufbrach, von den seleukidischen Funktionären bereits ins Auge gefaßt war und es deshalb darauf ankam, die Juden zur Heerfolge zu verpflichten und nicht ihr militärisches Potential zu vernichten. In der Tat zogen 131 dann auch jüdische Kontingente unter der Führung des Hohenpriesters Johannes Hyrkan I. mit in den Krieg (Ios. ant. Iud. 13, 250). Kontrastiert man die Argumente der anonym bleibenden ößëïé mit dem großzügigen verhalten des Königs in den Tagen des laubhüttenfestes und seinen äußerst milden Friedensbedingungen, so gewinnt man den Eindruck, daß Poseidonios den Passus aus literarischen, nicht historischen Gründen einschaltet, einerseits, um ein Beispiel für die ìåãáëïøõ÷ßá (Diod. 34/35, 5) des siebten Antiochos zu geben, andererseits, um sozusagen in einem negativen historischen Exkurs seinen lesern einen kurzen Überblick über alle zeitgenössischen antijüdischen vorurteile zu bieten. Die ìåãáëïøõ÷ßá ist ein Schlüsselwort zur charakterisierung des Königs: Gehrke, König S. 273 Anm. 76. Poseid. FGrHist F 109 = Diod. 35/34, 5. vgl. Malitz, Poseidonios S. 311; Baltrusch, Juden S. 187 Anm. 109. vgl. dazu Bringmann, Reform S. 29 ff. An diesem Paneion genannten Ort gründete später Herodes Philippos die Stadt caesarea Philippi. Ios. ant. Iud. 12, 131. Bevan, House II S. 37; Bickermann, Makkabäer S. 51 ff.; 176 f.; Hölbl, Geschichte S. 121 f. Ios. ant. Iud. 12, 138. zum folgenden: Marcus, Josephus S. 743 ff. Appendix D; Baltrusch, Juden S. 42 ff.; Aperghis, Economy S. 166 ff.
8.) Kampf des Antiochos vII. gegen Tryphon und Belagerung Jerusalems
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Wein, Öl, Weihrauch, Weizen, Weizenmehl und Salz, förderte den architektonischen Ausbau des Jerusalemer Tempels und befreite die hohe Priesterschaft von der Steuer an den königlichen Fiskus.714 Außerdem erließ der Seleukide eine Bekanntmachung (ðñüãñáììá), die die Unversehrtheit des Tempels garantierte und die verletzung der jüdischen Speise- und Opfervorschriften unter Strafe stellte.715 Als Antiochos vII. in den Tagen des laubhüttenfestes des Jahres 134 den Juden Opfertiere, Räucherwerk und kostbare Gefäße für den Gottesdienst überließ, verhielt er sich also ganz im Sinne der Maximen seines älteren vorgängers Antiochos III. Auch die äußerst milden Friedensbedingungen, die Antiochos vII. Hyrkan I. anbot, zeugen von seiner verantwortungsbewußten und auf Ausgleich bedachten Politik. Der Seleukide verlangte die Auslieferung aller Waffen, die Tribute für Joppe und „die anderen Städte“, d. h. wohl Geser und Bet-zur, und die Aufnahme einer seleukidischen Besatzung in die Akra von Jerusalem (Ios. ant. Iud. 13, 246). Als Hyrkan I. statt der Besatzung 500 Talente Silber und die Stellung von Geiseln anbot, ging Antiochos vII. auch darauf ein (Ios. ant. Iud. 13, 247). 300 Talente wurden sofort bezahlt und unter den Geiseln, die der König selbst auswählen durfte, befand sich der Bruder des Hohenpriesters. nachdem die Bekrönung der Stadtmauer abgebrochen worden war,716 zogen Antiochos vII. und die seleukidische Armee aus Judäa ab (Ios. ant. Iud. 13, 248).717 714
715 716
717
Ios. ant. Iud. 12, 138−144. Antiochos III. knüpfte damit unmittelbar an persische vorbilder, insbesondere Dareios I. und Artaxerxes I., an. vgl. das Schreiben des Dareios I. an seinen Statthalter Tattenai (Esra 6, 6 ff.): Genau wie in dem Schreiben des dritten Antiochos ist in Esra 6, 9 von der Unterstützung der Priesterschaft die Rede sowie von Weizen-, Salz-, Weinund Öllieferungen. In dem Brief des Artaxerxes I. (Esra 7, 12−26; bes. 21 f.) werden die königlichen Beamten angewiesen, Esra bzw. die Priester mit Weizen, Wein und Öl zu versorgen. zum Artaxerxes I.-Brief vgl. S. Grätz, Das Edikt des Artaxerxes. Eine Untersuchung zum religionspolitischen und historischen Umfeld von Esra 7, 12−26 (Beihefte zur zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 337), Berlin/new York 2004. Dort S. 144 ff. zum Schreiben des Antiochos III. zur persischen Herrschaft über Palästina vgl. Kreißig, Wirtschaft S. 55 und Baltrusch, Juden S. 29 ff. Ios. ant. Iud. 12, 145 f. vgl. dazu Willrich, Urkundenfälschung S. 18 ff.; E. Bikerman, Une proclamation Séleucide relative au temple de Jérusalem, Syria 25, 1946/48, S. 67−85 und J. E. Taylor, Seleucid Rule in Palestine. Duke University, Ph.D. Ann Arbor 1979, S. 57 ff. nach Ios. ant. Iud. 13, 247 wurde nicht die ganze Mauer geschleift, sondern nur die Bekrönung eingerissen. Das Schleifen der Mauer wird auch bei Porphyrios FGrHist 260 F 32, 18 erwähnt. Woher aber die Überlieferung stammt, Antiochos vII. habe die vornehmen niedermetzeln lassen, ist schwer zu erklären, es sei denn, man nimmt an, daß dies ein Mißverständnis des Rates ist, den die ößëïé Antiochos vII. gegeben haben sollen. Anders T. Rajak, Roman Intervention in a Seleucid Siege of Jerusalem?, GRBS 22, 1981, S. 65−81 bes. 72 ff., die den bei Josephus ant. Iud. 13, 259−264 überlieferten Beschluß des römischen Senats dahingehend interpretiert, daß Antiochos vII. von Rom gezwungen wurde, die Belagerung einzustellen. Die Urkunde ist jedoch nicht fest datierbar, und über ihren historischen zusammenhang war sich schon Josephus im Unklaren. Bei dem im Text genannten Antiochos kann es sich entweder um Antiochos vII. oder Antiochos IX. handeln. vieles spricht aber dafür, daß der Senatsbeschluß in der zeit um 107 gefaßt wurde, als Antiochos IX. gegen die Juden Krieg führte (Ios. ant. Iud. 13, 274), so zuletzt wieder Giovannini/Müller, Beziehungen S. 157 f. Siehe unten Kap. II 10.
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9.) PARTHERFElDzUG DES AnTIOcHOS vII. (131−129) UnD AllEInHERRScHAFT DES AnTIOcHOS vIII. (121−113) Der König kehrte in die syrische Hauptstadt zurück. Darauf weist der oben erwähnte unikale Goldstater hin, der in der Münzstätte von Antiocheia im Jahr 134/33 geschlagen wurde.718 Wie die Goldmünze beweist, nahm der König zum Euergetes-Titel, den er seit seiner Ankunft in Syrien im Frühjahr 138 führte,719 das Epitheton Megas hinzu. Jetzt, nachdem Tryphon besiegt und das seleukidische Kerngebiet pazifiziert war, durfte er sich mit Recht als Megas Euergetes bezeichnen. Der Stater gehört zu einer Sonderemission, die wohl anläßlich der siegreichen Heimkehr des Antiochos vII. geprägt wurde. Auf die zeit nach dem Ende der Belagerung Jerusalems folgte eine 2½jährige Phase intensiver Rüstungen für den Krieg gegen die Parther, in den Antiochos vII. im Frühjahr 131 aufbrach.720 Etwa ebensoviele Jahre hatte Antiochos Iv. nach dem Ende des 6. Syrischen Krieges (168) aufgerüstet, bis er im Frühjahr 165 zu seiner Anabasis in den Osten zog.721 Münzzeugnisse lassen die vermutung zu, daß Antiochos vII. noch vor seinem Aufbruch Anfang des Jahres 131 seinen ältesten, etwa vierjährigen Sohn Antiochos zum König mit dem Beinamen Epiphanes ausrufen ließ, der unter der vormundschaft der Kleopatra Thea in Syrien zurückblieb (siehe Stammtafel).722 Anders als Antiochos Iv., der im Jahr 165 seinen Sohn Antiochos (v.) ohne Königstitel in Antiocheia
718 719 720
721
722
A. Houghton, A ‘victory’ coin of Antiochus vII, in: Proceedings of the 10th International congress of numismatics/Actes du 10ème congrès International de numismatique, Band I, london 1986, S. 65. Muccioli, Titolature S. 304. Frühjahr 131 nach Fischer, Partherkrieg S. 47. Fischers chronologie ist zu Unrecht etwa von Oelsner, Randbemerkungen S. 31 ff. in zweifel gezogen worden. Wie er selbst S. 34 Anm. 30 einräumen muß, tragen die bis jetzt verfügbaren Keilschrifttexte nur wenig zur Klärung der chronologie des Partherkrieges Antiochos’ vII. bei. Für das Datum 131 tritt jetzt auch Dąbrowa, Könige S. 49 Anm. 25 mit neuen Argumenten ein. zum Ostfeldzug Antiochos’ Iv. vgl. Mørkholm, Antiochus S. 64 ff. Bunge, Daphne S. 55 betont mit Recht, daß die große Truppenparade in Daphne, die im Herbst 166 abgehalten wurde, weniger eine Reaktion auf den demütigenden Ausgang des 6. Syrischen Krieges und die Pompe des Aemilius Paullus als vielmehr eine große Heerschau am vorabend der Anabasis darstellt. Das in Daphne aufmarschierende Heer bestand im wesentlichen aus jenen Truppen, mit denen Antiochos Iv. zweimal in Ägypten siegreich gewesen war. − Truppenparaden im vorfeld des Partherfeldzuges Antiochos’ vII. sind nicht überliefert, aber anzunehmen. Hingegen werden zahlreiche Empfänge für die Bevölkerung erwähnt, bei denen es Fische, vögel, Fleisch und Honigkuchen im Überfluß gab (Athen. 12, 540 b zitiert hier aus dem 14. Buch des Poseidonios, vgl. Malitz, Poseidonios S. 287 f.). vgl. vössing, Bankett S. 149 f. Poseidonios kritisiert diese ‚Prasserei‘ und geht im zusammenhang solcher luxusschilderungen auf das Thema ‚Entartung‘ ein: Malitz, Poseidonios S. 288 f. Sinn der herrscherlichen Wohltätigkeit war freilich, die hauptstädtische Bevölkerung hinter sich zu bringen, um bei dieser, für die zeit der Abwesenheit, in guter Erinnerung zu bleiben. vgl. dazu Ehling, nachfolgeregelung S. 37.
9.) Partherfeldzug des Antiochos vII. und Alleinherrschaft des Antiochos vIII.
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unter der vormundschaft des ‚Reichskanzlers‘ lysias zurückgelassen hatte,723 traf Antiochos vII. damit eine ‚echte‘ nachfolgeregelung, als er in den Osten zog.724 Der König auf den Tetradrachmen (z. B. cSE 689−691) und Drachmen (z. B. SnG Israel I 2436) mit dem wohl schönsten Kinderporträt auf hellenistischen Münzen überhaupt wurde von A. Houghton und G. le Rider als Antiochos vIII. bestimmt, und die Münzen ins Jahr 128 datiert.725 Wie der Verfasser an anderer Stelle zu zeigen versucht hat, dürften zuschreibung und Datierung jedoch nicht richtig sein.726 Vielmehr handelt es sich bei dem auf den Münzen Dargestellten sehr wahrscheinlich um jenen bei Porphyrios (Euseb. chron. I 257 = FGrHist 260 F 32, 20) erwähnten, um 135 geborenen Sohn des Antiochos vII. und der Kleopatra Thea, Antiochos. Die Tetradrachmen und Drachmen (cSE 689−691; SnG Israel I 2436) sind vermutlich bereits 131 geprägt worden, in dem Jahr, in dem Antiochos vII. in die Oberen Satrapien aufbrach.727 Wenn die vorgeschlagene Identifizierung richtig ist, wäre damit ein neuer Seleukidenkönig bezeugt. Doch ist der kleine Antiochos Antiochou Epiphanes, genau wie seine beiden älteren Schwestern, schon bald verstorben. Im Jahr 129 war er nicht mehr am leben.728 Der Kriegsgrund wird einerseits im königlichen Selbstverständnis des Antiochos vII. zu suchen sein, andererseits galt es, die schmähliche niederlage seines Bruders Demetrios’ II. wettzumachen. Der Feldzug dürfte unter der Parole gestanden haben, die Griechen im Osten zu befreien und den in Gefangenschaft geratenen Bruder den Parthern zu entreißen.729 Wenn Iustin (38, 9, 10−10, 1) schreibt, daß die unmittelbar drohende Wiedereinsetzung des Demetrios II. als König in Syrien der Kriegsgrund gewesen sei, so geht diese Interpretation irrtümlich von der erst später erfolgten Freilassung des Demetrios II. durch Phraates II. aus (siehe unten). Aufgrund der lückenhaften Überlieferung730 läßt sich der Partherkrieg Antiochos’ vII. nur unvollständig rekonstruieren. Dennoch wissen wir über diesen besser Bescheid als über den Feldzug des Demetrios II. im Jahr 139/38 (siehe oben Kap. II 7). Quellenlage und Ereignisabfolge sind von Th. Fischer gründlich untersucht und diskutiert worden; auf seinen Ergebnissen basieren im wesentlichen die folgenden Ausführungen.731 Im März (?) 131732 brach der Seleukide mit einem angeblich 80.000-MannHeer von Antiocheia auf.733 vasallenfürsten wie Iohannes Hyrkan I. hatten Heer723 724 725 726 727 728 729 730 731 732 733
Siehe oben Kap. II 1. Hingegen meint Mørkholm, Antiochus S. 166, daß Antiochos v. im Jahr 165 zum Mitregenten des Antiochos Iv. ernannt worden war. Ehling, nachfolgeregelung S. 37. Houghton/le Rider, Premier S. 402 ff. vgl. die ausführliche Begründung bei Ehling, nachfolgeregelung S. 31 ff. Ebenda S. 37. Ebenda S. 37. zu möglichen Motiven Antiochos’ vII. vgl. auch Fischer, Partherkrieg S. 36. Ebenda S. 35. vgl. außerdem die gute, knappe Darstellung bei Meyer, Ursprung II S. 270 ff. Kaiser Julian brach am 5. März 363 n. chr. von Antiocheia in den Perserkrieg auf. Sehr wahrscheinlich ist auch Antiochos vII. im März losgezogen: Ehling, nachfolgeregelung S. 37. Die zahlen sind unterschiedlich überliefert. Iustin spricht von 80.000 Mann (38, 10, 2), Oro-
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
folge zu leisten (Ios. ant. Iud. 13, 250). Die Armee wurde von einem gewaltigen Troß an Köchen, Bäckern, Pferdeknechten, Marketendern, Schauspielern und Prostituierten begleitet (Iust. 38, 10, 2; Oros. 5, 10, 8). Der Troß wird numerisch schätzungsweise doppelt so stark gewesen sein wie die regulären Truppen.734 Wie Iustin in 38, 10, 3 berichtet,735 kamen mit Soldaten und Troß große Mengen an Edelmetall in den Osten und offenbar auch ungeheure Mengen Tetradrachmen und Drachmen des Antiochos vII. Dieses Geld muß noch Jahrhunderte lang in Mesopotamien, Babylonien und Medien umgelaufen sein. Anders ist es sonst kaum zu erklären, daß auf den Bronzemünzen der Urtukiden von Mardin, die im 12. Jahrhundert n. chr. im syrisch-türkischen Grenzgebiet siedelten, unzweifelhaft der Kopf Antiochos’ vII. auf der vorderseite abgebildet ist. Für diese Türken verband sich die vorstellung von Münzgeld offenbar in hohem Maße mit dem Bildnis dieses ihnen von den Münzen her so vertrauten Seleukidenkönigs.736 Dem heranrückenden Heer zogen multi orientales reges entgegen, die sich regnaque sua dem Seleukiden übergaben.737 Bereits im Juni (?) 131 kam es am lykos-Fluß zur Schlacht mit dem parthischen Strategen Indates.738 Nach zwei weiteren Gefechten marschierten König, Heer und Troß von Griechen und Makedonen freudig begrüßt an Dura-Europos739 vorbei den Euphrat abwärts nach Baby-
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sius von 100.000 Mann: 5, 10, 8. vgl. die Diskussion bei Downey, Antioch S. 125 mit Anm. 28; Fischer, Partherkrieg S. 24. Ich gehe auch hier wieder von der niedrigsten zahl aus. Orosius (5, 10, 8) spricht von einem Heer, das „angeblich“ 100.000 Mann stark war, und einem Troß, der 200.000 Menschen umfaßt haben soll; Orosius selbst ist also skeptisch, was die zahlenangaben betrifft. zahlen und Schilderung des luxus gehen auf Poseidonios zurück: Meyer, Ursprung II S. 270 mit Anm. 3; Malitz, Poseidonios S. 291 mit Anm. 250. Was auf Poseidonios zurückgeht: Meyer, Ursprung II S. 270 mit Anm. 3; Malitz, Poseidonios S. 291 mit Anm. 250. Die Urtukiden haben hellenistische, römische und byzantinische Münzen kopiert bzw. motivisch verwendet. zu den Antiochos vII.-Münzen vgl. S. l. Poole, BMc of Oriental coins. The coins of the Turkumán Houses of Seljook, Urtuk, zengee, Band III, london 1877, S. 139 f. nr. 364 ff. mit Taf. 8, 365; 372; 392 und M. Mitchiner, The World of Islam, london 2000³, S. 178 nr. 1024 ff. (Bronzen des Husan-ed-din-Timurtash). Iust. 38, 10, 5. Fischer, Partherkrieg S. 37 erinnert an die Araberdynastie von Edessa, vgl. zu dieser Altheim/Stiehl, Araber S. 309 ff. Ios. ant. Iud. 13, 251, der hier nikolaos von Damaskos zitiert, schreibt: …EÁíôßï÷ïò dðr ô² Ëýêv ðïôáì², íéêÞóáò EÉíäÜôçí ô’í ÐÜñèùí óôñáôçãüí … vgl. auch Synkel. 352, der den namen des parthischen Generals allerdings zu „Sindas“ verschreibt. Meyer, Ursprung II S. 271; Fischer, Partherkrieg S. 36; 48. zum lykos: Grainger, Prosopography S. 747. Während sich in dem von A. R. Bellinger bearbeiteten Fundmünzenmaterial von Dura-Europos nur eine einzige Münze aus der ersten Regierungszeit des Demetrios II. findet, liegen für Antiochos vII. immerhin zwölf Stücke vor: A. R. Bellinger, The coins, in: M. I. Rostovtzeff/ A. R. Bellinger/F. E. Brown/n. P. Toll/c. B. Welles (Hg.), The Excavations at Dura-Europos. Final Report vI, new Haven 1949, S. 4 nr. 79 (Demetrios II.) und S. 4 f. nr. 85−89 e (Antiochos vII.). Da das Heer des Antiochos vII. nach Babylon zog, liegt es nahe, daß es am Euphrat entlang nach Osten marschierte. Das Heer Demetrios’ II. hingegen zog von nisibis aus Tigris abwärts (siehe oben Kap. II 7). Antiochos vII. wählte demnach bewußt eine andere Route als sein in Gefangenschaft geratener Bruder acht Jahre zuvor.
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lon, wo Antiochos vII. den Beinamen ìÝãáò âáóéëåýò annahm.0 Dort verbrachten die Truppen den Winter 131/30.741 Im Frühjahr 130 kam es zu Friedensverhandlungen zwischen Antiochos vII. und Phraates II.742 Die Initiative dazu ging vom Partherkönig aus (Diod. 34/35, 15). Dieser war im Osten seines Reiches in Abwehrkämpfe gegen jene indogermanischmongolischen Reiternomaden verwickelt, die Ende der 130er Jahre das graeco-baktrische Reich zerstörten,743 und hatte deshalb ein vitales Interesse an ruhigen Verhältnissen im Westen. Antiochos vII. forderte neben der Freilassung seines Bruders Demetrios II. nicht nur die Rückgabe der parthisch besetzten, vormals seleukidischen Gebiete und die Beschränkung der Parther auf ihre Stammlande, sondern auch Tributzahlungen. Derartig hoch angesetzte Friedensbedingungen konnte Phraates II. nur als unannehmbar zurückweisen. Daraufhin rückte die seleukidische Armee auf den Spuren Alexanders des Großen und Antiochos’ Iv. aus dem mesopotamischen Winterquartier über den Tigris nach Susa vor. In der Stadt wurden Mün-
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Iust. 38, 10, 6: Antiochus tribus proeliis victor cum Babyloniam occupasset, Magnus haberi coepit. Meyer, Ursprung II S. 271; Fischer, Partherkrieg S. 37; 108. Antiochos vII. war damit ìÝãáò âáóéëåýò und stellte sich in die nachfolge des Antiochos III. Der Titel ist achämenidisch: Hölbl, Geschichte S. 116. Er ist noch Bestandteil seiner offiziellen Titulatur geworden: OGIS I 255; 256 = IvDélos 1547; 1548. vgl. auch Brodersen, Abriß S. 222 f. zum ìÝãáòTitel allgemein vgl. P. P. Spranger, Der Große. Untersuchungen zur Entstehung des historischen Beinamens in der Antike, Saeculum 9, 1958, S. 22−58. Keilinschriftlich ist die seleukidische Anwesenheit in Babylonien „nur für den Frühsommer 130“ „(e)inigermaßen“ bezeugt: Oelsner, Randbemerkungen S. 34 Anm. 30 und Del Monte, Testi S. 130 ff. vgl. auch die Übersichtskarte im Anhang bei Fischer, Partherkrieg. Fischer, Partherkrieg S. 41 f. Bereits sein vorgänger Mithradates I. mußte gegen nomadisierende Saken oder Sai ziehen, die um 160 an der nordost-Grenze des Iran aufgetaucht waren: M. Alram, Die Geschichte Ostirans von den Griechenkönigen in Baktrien und Indien bis zu den iranischen Hunnen (250 v. chr.−700 n. chr.), in: W. Seipel (Hg.), Weihrauch und Seide. Alte Kulturen an der Seidenstraße. Ausstellungskatalog, Wien 1996, S. 121 ff. Bengtson, Geschichte S. 495 ff.; le Rider, Suse S. 405 Anm. 1; Fischer, Partherkrieg S. 35. Diese Reitervölker werden in den antiken Quellen als Tocharer bezeichnet. In den chinesischen Annalen heißen sie Yuezhi (Yüeh-chih). von ihren Weideplätzen am Gelben Fluß (Hoang-ho) durch die Xiongnu (Hsiung-nu) vertrieben, zogen sie ab 160 mit ihren Herden westwärts. Um 130 hatten sie etwa den Raum von Samarkand (Sogdien) erreicht und begannen mit der schrittweisen Eroberung der Gebiete des heutigen Afghanistan. − Für das Jahr 121 sind erste Kontakte des chinesischen Hofes mit dem parthischen Großkönig bezeugt: Shiji 123, 2, 1, 1 bzw. Hanshu 2, 2, 7: M. Alram, Die Geschichte Ostirans von den Griechenkönigen in Baktrien und Indien bis zu den iranischen Hunnen (250 v. chr.−700 n. chr.), in: W. Seipel (Hg.), Weihrauch und Seide. Alte Kulturen an der Seidenstraße. Ausstellungskatalog, Wien 1996, S. 121 ff. und ders., Die Geschichte der Seidenstraße im Spiegel der Münzen, MÖnG 42, 2002, S. 38 f. Dort S. 44 f. weitere literatur. Diod. 34/35, 15: öüñïò. Bengtson, Geschichte S. 496; Fischer, Partherkrieg S. 42. Meyer, Ursprung II S. 270. zu den Feldzugsrouten des Makedonen vgl. die Karten bei S. lauffer, Alexander der Große, München 1978, S. 234−236 und W. Will, Alexander der Große, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1986, S. 200 f. zu dem Marschweg, den das Heer Antiochos’ vI. bei seiner Anabasis in den Osten nahm, vgl. Mørkholm, Antiochus S. 166 ff.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
zen für den Seleukiden geschlagen. Mitte des Jahres 130 dürfte Ekbatana und damit Medien unter dessen Kontrolle gekommen sein.8 Im Winter 130/29 wurden die seleukidischen Truppen rücksichtslos in die Städte der Parthyene ins Winterquartier gelegt.749 Schwerer Verfehlungen machte sich dabei offenbar auch der ‚Quartiermeister‘, der Stratege des Antiochos vII., Athenaios, schuldig.0 Da die einheimische Bevölkerung für deren verpflegung und Unterhalt aufzukommen hatte und es zu willkürlichen Übergriffen der Soldaten auf die Einwohner kam, schwanden die anfänglich bestehenden Sympathien für die Seleukidenarmee dahin (Iust. 38, 10, 6; 8). Im Februar/März 129 überfiel das parthische Heer − mit Unterstützung der Bevölkerung − überraschend einzelne im Winterquartier befindliche Truppenteile.751 Ob der 35jährige Antiochos vII. im Kampf mit dem Partherkönig Phraates II. fiel (so Iust. 38, 10, 10) oder Selbstmord beging (so App. Syr. 68, 359), läßt sich nicht sagen.752 In der niederlage des Königs sieht E. Meyer die „Katastrophe des Hellenismus im kontinentalen Asien und zugleich die des Seleukidenreichs“.753 Der jüngere Sohn des siebten Antiochos, Seleukos, geriet in parthische Gefangenschaft. Es fehlte nicht viel und die Parther hätten das von seleukidischen Truppen gänzlich entblößte Syrien besetzt. Da kam es plötzlich zu einem gefährlichen Aufstand skythischer Hilfstruppen, und Phraates II. war gezwungen, sein syrisches Unternehmen abzubrechen. Als Statthalter (óáôñÜðçò) setzte er Himeros ein, der von Babylon aus Strafaktionen gegen die Städte durchführte, die sich Antiochos vII. angeschlossen hatten. Wie einst 8 749 0 751 752
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le Rider, Suse S. 83 f. nr. 110; S. 377; Fischer, Partherkrieg S. 42. Ekbatana bzw. Medien werden bei Orosius genannt: 5, 10, 8. Fischer, Partherkrieg S. 39 f. Die Stadt war unter Antiochos Iv. in Epiphaneia umbenannt worden: Grainger, Prosopography S. 713. Iust. 38, 10, 8. Fischer, Partherkrieg S. 44; Malitz, Poseidonios S. 292. Diod. 34/35, 17, 20. vgl. Malitz, Poseidonios S. 292 f. Athenaios ließ seinen König während des parthischen Angriffs im Februar/März 129 im Stich, starb aber bald selbst. vgl. auch Grainger, Prosopography S. 84. Iust. 38, 10, 8. Fischer, Partherkrieg S. 44 f. vgl. Ehling, Miszellen S. 376 ff. Eine Selbstmordversion überliefert außerdem Ail. hist. anim. 10, 34 (zitiert nach A. F. Scholfield, london 1959 [loeb]). Ailians notiz zufolge hätte sich Antiochos vII. über einen Abhang in den Tod gestürzt: … eáõô’í êáôÜ ôéíïò hùóå êñçìíï™, was freilich etwas dramatisch klingt, aber eine Überlieferung sein könnte, die aus dem engsten Umkreis des Königs stammte. Ailian könnte dies bei Poseidonios gelesen haben. vgl. auch niese, Makkabäerbücher S. 288 Anm. 3. Ursprung II S. 272. Fischer, Partherkrieg S. 49 ff. nach Athen. 4, 153 a berichtete Poseidonios im 16. Buch über einen in parthische Gefangenschaft geratenen Seleukos. Wenn dabei nicht eine verwechslung mit Demetrios II. vorliegt, dürfte es sich um besagten kleinen Seleukos handeln, den Antiochos vII. mit auf den Feldzug nahm. Siehe auch Stammtafel. Iust. 42, 1, 3; Diod. 34/35, 18. vgl. Malitz, Poseidonios S. 293. Iust. 42, 1−5; Diod. 34/35, 21. vgl. Malitz, Poseidonios S. 294 mit Anm. 276. Die namensform Himeros, nicht Euhermos, so Diodor 34/35, 21, 1, belegt Iust. prol. 42: Himerus. vgl. le Rider, Suse S. 368. Der name ist im übrigen auch keilinschriftlich bezeugt: i-me-ru-us-su, vgl. Del Monte, Testi S. 131 ff. Die numismatischen zeugnisse lassen darüber hinaus vermuten, daß sich Himeros nach dem Tode des Phraates II. (138−127) für kurze zeit selbständig
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Alexander d. Gr. den toten Dareios III. „in königlichem Schmuck“ nach Persepolis hatte bringen lassen, so ließ Phraates II. Antiochos vII. ein leichenbegängnis bereiten, „wie es königlichem Brauch geziemt“ (Iust. 38, 10, 10). Der leichnam wurde in einen silbernen loculus gebettet und nach Syrien zur Bestattung überführt, wo die Bevölkerung trauernd Abschied nahm (Iust. 39, 1, 6). Mit einigem Recht nennt c. B. Welles Antiochos vII. den „letzte(n) tüchtige(n) König aus dem Seleukidengeschlecht“,8 denn die militärischen Aktivitäten der Seleukiden beschränkten sich von nun an auf Feldzüge in Kilikien, Syrien und Koilesyrien. Ein durchaus geschickter Schachzug des Phraates II. war es, den seit 138 in parthischem Gewahrsam (Euseb. chron. I 255 f. = FGrHist 260 F 32, 16) befindlichen jüngeren Bruder und vorgänger des Antiochos vII.,759 Demetrios II., im Winter 130/29 freizulassen, damit dieser, nach Syrien zurückgekehrt, Unruhe und verwirrung stiften und Antiochos vII. zum Rückzug zwingen würde.0 Nachdem das Seleukidenheer aufgerieben und der König tot war, bestand dazu keine notwendigkeit mehr, und die Parther versuchten noch einmal, Demetrios II. zurückzuholen, der aber bereits nach Syrien entkommen war (Iust. 38, 10, 11), vermutlich sogar mit den ihm zur militärischen Unterstützung mitgegebenen parthischen Truppen (Iust. 38, 10, 7). Phraates II. ehelichte eine Tochter des Demetrios II., die im Gefolge des Antiochos vII. in die Oberen Satrapien gezogen war (Iust. 38, 10, 10). Dieses namentlich nicht bekannte Mädchen dürfte der Ehe mit Kleopatra Thea entstammen und war zu diesem zeitpunkt allenfalls 14 Jahre alt. Wenn Iustin schreibt (38, 10, 1), der Partherkönig habe ihr aufrichtige zuneigung entgegengebracht, so war die verbindung zugleich eminent politisch. Sicherlich konnte Phraates II. in Demetrios II. einen politisch berechenbaren und verläßlichen Partner sehen, denn der Seleukidenkönig hatte nicht nur dessen Schwester, Rhodogune, geheiratet,761 sondern selbst weitgehend parthische Sitten angenommen.762 Darauf weist wohl auch der lange Bart hin, den Demetrios II. auf seinen Tetradrachmen und Drachmen während
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machte: E. T. newell, A Parthian Hoard, nc 1924, S. 153 nr. 71 und 72 mit Taf. XIv 1 und S. 171 f. (aber noch mit anderer Datierung). vgl. außerdem auch Oelsner, Randbemerkungen S. 35. Plut. Alex. 43, 3. Fischer, Partherkrieg S. 44. vgl. auch die Beisetzung des Mithradates vI. durch Pompeius: App. Mithr. 113, 553. c. B. Welles, Die hellenistische Welt, in: G. Mann/A. Heuß (Hg.), Propyläen Weltgeschichte, Band III, Berlin 1962, S. 511. zu Demetrios II. als jüngerem Bruder des Antiochos vII.: Ehling, Miszellen S. 374 ff. Dagegen Mittag, Demetrios II. S. 378, der nach wie vor Demetrios II. für den älteren der beiden hält. Iust. 38, 10, 7. Anders Mittag, Demetrios II. S. 387, der hier einen weiteren Fluchtversuch des Demetrios II. sieht. Die Hochzeit fand im Jahr 138 statt. Rhodogune war die Schwester des Phraates II. (App. Syr. 67, 356) und Tochter des Mithradates I. (Iust. 38, 9, 3). vgl. auch Brodersen, Abriß S. 217 und M. Karras-Klapproth, Prosopographische Studien zur Geschichte des Partherreiches auf der Grundlage antiker literarischer Überlieferung, Bonn 1988, S. 155 ff. zur Ehe vgl. Ogden, Polygamy S. 148 f. Willrich, Demetrios (41) Sp. 2801.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
seiner zweiten Herrschaftsperiode trägt.763 E. Babelon schlug vor, darin eine Anlehnung an Dionysos zu erkennen. nachdem entdeckt wurde, daß im Haar des Demetrios II. auf den zwischen Anfang 129 und Anfang 128 in Antiocheia geprägten Tetradrachmen ein kleines Horn sitzt, wäre es in der Tat sehr verlockend, in dem Münzbild eine Angleichung an den zuerst bei Stesimbrotes von Thasos (FGrHist 107, 13), Euripides (Bakchen vers 100; 618; 920−922) oder nonnos (Dion. 5, 559 ff.) geschilderten Stierdionysos zu erkennen. Aber Dionysos wird schon in der Kunst der ausgehenden Klassik als bartloser Jüngling dargestellt. Im Hellenismus trägt er teilweise sogar züge eines Hermaphroditen. zudem läßt sich beobachten, daß das Dionysos-Programm der jüngeren linie des Seleukidenhauses (Alexander I., Antiochos vI. und Alexander II.) vorbehalten ist. Der auf den Münzen dieser Könige abgebildete Dionysos trägt immer einen Efeukranz,8 auch der fehlt auf dem Münzbild des Demetrios II. Eine Deutung auf Dionysos ist demnach auszuschließen. Die Hörner sollen vermutlich eher an den ersten Seleukiden, Seleukos I., erinnern.769 Seleukos I. wurde auf Standbildern (PíäñéÜíôåò) mit Hörnern (êÝñáôá) dargestellt, weil er bei einem Opfer einen wilden Stier bei den Hörnern gefaßt und bezwungen hatte.0 Und Demetrios II. feierte man wegen seines Epithetons Nikator als zweiten Seleukos.771 − Das verblüffende an diesem Bildnis des Demetrios II. ist aber nicht so sehr das Horn772 als vielmehr die Barttracht, mit der er sich jetzt seinen Untertanen präsentierte. vor ihm hatten sich nur Seleukos II.773 und Acha763
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In Antiocheia, Damaskos, Ptolemaïs und Sidon: Dürr, Demetrios II. S. 7 ff. Babelon, Rois S. cXlvII. vgl. dazu Dürr, Demetrios II. S. 7 ff. und Mittag, Demetrios II. S. 395 mit Anm. 93. So die Deutung von Fleischer, Herrscherbildnisse S. 74. zum Stierdionysos vgl. auch Ehling, Demetrios Poliorketes S. 153 ff. mit weiterer literatur. zur Entwicklung des Dionysos-Bildes vgl. E. Pochmarski, Das Bild des Dionysos in der Rundplastik der klassischen zeit Griechenlands, (Diss.) Wien 1974. züge eines Hermaphroditen zeigt beispielsweise der Dionysos-Torso in Kyrene nr. 14237 oder die Terrakottastatue in Berlin (Inventarnummer 30129, 30) bei F. Winter, Die Typen der figürlichen Terrakotten, Band 2, Berlin/Stuttgart 1903, S. 367 nr. 1. vgl. auch H. Heinen, Die Tryphè des Ptolemaios vIII. Euergetes II. Beobachtungen zum ptolemäischen Herrscherideal und zu einer römischen Gesandtschaft in Ägypten (140/39 v. chr.), in: Ders. (Hg.), Althistorische Studien: Hermann Bengtson zum 70. Geburtstag dargebracht von Kollegen und Schülern, Wiesbaden 1983, S. 126 mit Taf. 6 a−b; 7. z. B. auf Bronzen des Alexander I. Balas: cSE 199. Auch der als Dionysos dargestellte Antiochos vI. trägt einen Efeukranz: z. B. Gardner, BMc Seleucid Kings S. 66 f. nr. 42 ff. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 132; Svenson, Darstellungen S. 177. zu den Hörnern der Seleukidenkönige vgl. Daniel 7, 7 und die Bemerkung von G. Theißen, Das „schwankende Rohr“ in Mt. 11, 7 und die Gründungsmünzen von Tiberias. Ein Beitrag zur lokalkoloritforschung in den synoptischen Evangelien, zDPv 101, 1985, S. 50. App. Syr. 57, 294. Brodersen, Abriß S. 144 f. lib. or. 11, 92 erwähnt ebenfalls ein Standbild des Seleukos I. mit Stierhörnern, sieht darin aber das Erkennungszeichen der Io. App. Syr. 67, 355. zum seleukidischen Kult der ðñüãïíïé, der in zwei Inschriften für Demetrios II. ein Rolle spielt, vgl. Rostovtzeff, ÐÑÏÃÏÍÏÉ S. 60 f. Mit Horn ließ sich später auch Seleukos vI. darstellen: Dürr, Seleukos vI. S. 90. Siehe unten Kap. II 11. Seleukos II. trug aber nur zeitweilig Bart: SnG Israel I 482−484. Es scheint sich dabei um
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ios mit Bart darstellen lassen. Drei Deutungen der Barttracht sind möglich: zum einen könnte es sich um einen zeusbart handeln, d. h. Demetrios II. hätte sich damit an zeus nikephoros angeglichen, zum anderen könnte der Seleukide die Mode (des langen Bartes) von den Parthern übernommen haben. Freilich wäre es auch möglich, daß die Barttracht einfach eine rein individuelle vorliebe des Königs war.8 Ausschließen darf man, daß Demetrios II. einen Trauerbart trägt.779 Sicher erscheint die Übernahme ‚barbarischer Sitten‘ für einen Seleukidenkönig nicht gerade angemessen.80 Dennoch war die Barttracht zu dieser zeit viel eher ein charakteristisches Merkmal der parthischen als der seleukidischen Herrscher, bei denen das Tragen eines Kurzbartes erst mit Antiochos IX. in Mode kam.781 Vergleicht man die Form des Demetrios II.-Bartes mit zeusbärten782 bzw. Bärten der Partherkönige,783 so scheint sie in länge und lockenbildung eher an letztere zu erinnern.8 vielleicht hat Demetrios II. also neben der Barttracht auch in seiner Kleidung, seinen
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einen ‚Feldzugsbart‘ zu handeln. Allerdings meint Fleischer, Herrscherbildnisse S. 27, daß der Bart dafür zu lang gewachsen sei. Er sieht im Barttragen eine persönliche vorliebe des Seleukos II. vgl. außerdem linfert, Herrscher S. 159 f. cSE 608. G. Kleiner, Der Münchner Goldstater des Achaios, JnG 5/6, 1954/55, S. 143−149; Fleischer, Herrscherbildnisse S. 40; linfert, Herrscher S. 160. Babelon, Rois S. cXXXIII; Mittag, Demetrios II. S. 373 ff.; bes. 389 ff.; 397. Einen kurzen Bart trägt der König bereits auf Münzen, die während des Feldzuges 139/38 geprägt wurden: cSE 1014 ff. (nisibis); Fleischer, Herrscherbildnisse S. 65 mit Taf. 33 e; Mittag, Demetrios II. S. 393 f. Willrich, Demetrios (41) Sp. 2801; newell, lSM S. 7; Dürr, Demetrios II. S. 8; R. R. R. Smith, Royal Portraits, Oxford 1988, S. 46 Anm. 2; n. Davis/c. M. Kraay, The Hellenistic Kingdoms. Portrait coins and History, london 1973 (nachdruck 1980), S. 218; linfert, Herrscher S. 160; 165; Ogden, Polygamy S. 148; Ehling, Geschichte S. 143. Ausdrücklich gegen diese Deutung sprechen sich Fleischer, Herrscherbildnisse S. 73 und Mittag, Demetrios II. S. 389 ff. aus. Diese lösung bleibt aber unbefriedigend. Bedenkt man, wieviele Bildniszüge politische Bedeutung haben, möchte man eigentlich auch in dem Bart mehr als nur eine persönliche vorliebe sehen. In diesem Sinne auch linfert, Herrscher S. 157 mit weiterer literatur in den Anmerkungen. So linfert, Herrscher S. 157−174. Gegen linfert haben sich R. R. R. Smith, Royal Portraits, Oxford 1988, S. 46 Anm. 2 und zuletzt Mittag, Demetrios II. S. 394 mit weiterer literatur in Anm. 89 ausgesprochen. Mittag, Demetrios II. S. 389. cSE 329 ff.; 493 ff.; 693; SnG Israel I 2677 ff. nach Antiochos IX. trugen dann Seleukos vI.: cSE 373 ff.; SnG Israel I 2775 ff., Demetrios III.: cSE 391 f.; 858 ff.; SnG Israel I 2823 ff. und Antiochos XII.: cSE 864 einen kurzen Bart und sowohl Antiochos X.: cSE 382 als auch Antiochos XI. einen Backenbart: SnG Israel I 2796 ff. vgl. dazu linfert, Herrscher S. 165 ff. und Fleischer, Herrscherbildnisse S. 85 ff.; 89. z. B. SnG Israel I 1003; le Rider, Antioche Taf. 23, 4 ff. (Münzen des Antiochos Iv.); cSE 409 (zeus von Seleukeia in Pierien). Sellwood, coinage S. 32 ff.; 40 ff.; 57 ff., Mithradates I., Phraates II. und Mithradates II. trugen Bärte, wobei einschränkend gesagt werden muß, daß Mithradates I. nicht gleich von Beginn seiner Regierung an mit Bart auf Münzen dargestellt wurde. Einen Überblick über die Barttracht im Orient bietet H. Mötefindt, zur Geschichte der Barttracht im alten Orient, Klio 19, 1925, S. 1−61. Auch Mittag, Demetrios II. S. 396 sieht, daß der zeusbart anders gestaltet ist als der Bart des Demetrios II.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Umgangsformen und Eßgewohnheiten parthische Sitten gepflegt. Dies verstärkte das negative Urteil der antiken Historiographen über Demetrios II. weiter. Bei Iustin heißt es, daß der König durch seinen „Umgang mit parthischer Grausamkeit unerträglich geworden war“ (39, 1, 3). zweimal wird auf seine superbia hingewiesen (39, 1, 3; 5), die dazu führt, daß die Bevölkerung Antiocheias von ihm abfällt (Iust. 39, 1, 3). Josephus bezeichnet ihn schlicht als ðïíçñüò (ant. Iud. 13, 267). Demetrios II. war schon bald nach seiner Rückkehr Anfang 129 wie in seiner ersten Regierungsphase wieder äußerst unbeliebt.8 Dennoch wurde er zunächst in ganz Syrien als König anerkannt. Der Hasmonäerfürst und Hohepriester Johannes Hyrkan I., der Antiochos vII. Heerfolge geleistet hatte (Ios. ant. Iud. 13, 250), kehrte nach dem Scheitern des Partherfeldzuges nach Judäa bzw. Jerusalem zurück und leitete eine expansive Eroberungspolitik ein. Die Juden eroberten einige syrische Städte, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen (Ios. bell. Iud. 1, 2, 6). Wie Josephus schreibt (ant. Iud. 13, 267), dachte Demetrios II. schon daran, die Juden zu unterwerfen; vermutlich wollte er sie aber nur aus den von ihnen neu eroberten Gebieten Syriens zurückdrängen. Als ihm von seiner Schwiegermutter Kleopatra der ägyptische Thron versprochen wurde (Iust. 39, 1, 2),8 rückte er mit seinem Heer bis vor Pelusion, wagte jedoch keine Schlacht mit dem ägyptischen König Ptolemaios vIII. Euergetes II. (145−116),8 da er sich auf seine eigenen (z. T. parthischen?) Soldaten nicht verlassen konnte, und zog sich wieder nach Syrien zurück (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21). Ptolemaios vIII. stellte einen Gegenkönig auf, der den Thronnamen Alexander erhielt (Iust. 39, 1, 5). Dieser war ägyptischer Herkunft, Sohn eines Kaufmanns (Iust. 39, 1, 4) und zu diesem zeitpunkt kaum älter als 20 Jahre.88 In der Forschung ist der detailreichere Bericht des Iustin bevorzugt wor8
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zu berücksichtigen sind in diesem zusammenhang aber auch die gängigen Topoi der antiken Tyrannenkritik und antipersische Ressentiments, vgl. z. B. die gegen den Spartaner Pausanias erhobenen Vorwürfe: non enim mores patrios solum, sed etiam cultum vestitumque mutavit. apparatu regio utebatur, veste Medica; satellites Medi et Aegyptii sequebantur; epulabatur more Persarum luxuriosius quam qui aderant perpeti possent. aditum petentibus conveniundi non dabat, superbe respondebat, crudeliter imperabat (nepos Paus. 3, 1−3 ed. E. O. Winstedt). Der Somatophylax Alexanders d. Gr., Peukestas, der als Satrap der Persis nicht nur (wie Alexander selbst) persische Kleidung anlegte, sondern sogar Persisch lernte, was bei der einheimischen Bevölkerung gut ankam, stieß mit diesem Gebaren auf den Widerstand der Hetairoi und des makedonischen Heeres: Arr. 6, 30, 3; 7, 6, 3. zu Alexanders orientalischen Gewändern: neuffer, Kostüm S. 30 ff. und H. Berve, Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage. Band I: Darstellung, München 1926, S. 17 f.; Ehling, Seleukos I. S. 44; 46. zu Peukestas: Berve, ebenda Band II: Prosopographie S. 318 und W. Will, Alexander der Große, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1986, S. 165. nach dem Tode des Demetrios II. wurde sein name aus der Inschrift SEG 8, 1937, 33 (Skythopolis, Bethsan oder Baithsane) eradiert. Dies war vermutlich kein Einzelfall und macht die Unbeliebtheit dieses Königs deutlich. Hölbl, Geschichte S. 178. nach der numerierung bei Huß, Ägypten: Ptolemaios vII. vgl. auch seine vorbemerkungen S. 11. Um der leichteren nachvollziehbarkeit willen halte ich an der alten zählung der ptolemäischen Könige fest, auch wenn die Gestalt des siebten Ptolemaios neos Philopator wohl aus der Geschichte zu streichen ist. Dieses Alter paßt auch zu den Münzporträts. Da Alexander II. als Sohn des 145 ermordeten
9.) Partherfeldzug des Antiochos vII. und Alleinherrschaft des Antiochos vIII.
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den, nach dem Alexander II. als Adoptivsohn Antiochos’ vII. ausgegeben wurde (39, 1, 5).789 Wie die Münzprägung für Alexander II. in den Jahren 128−123 beweist, ist aber die Überlieferung bei Porphyrios vorzuziehen, der schreibt, daß Alexander II. als Sohn des Alexander I. in den Kampf gegen Demetrios II. geschickt wurde.790 So spielt z. B. die Dionysosthematik im Münzprogramm des Alexander I., Antiochos vI. und Alexander II. eine sehr wichtige Rolle, sie hat aber für Demetrios I., Antiochos vII. und Demetrios II. keinerlei programmatische Bedeutung. Wie Alexander I. betreibt Alexander II. eine intensive imitatio Alexandri,791 indem sich beide auf Bronzen wie Alexander d. Gr. im löwenfell darstellen lassen. Auf einem späten Goldstater werden für Alexander II. die gleichen Epitheta wie für seinen vermeintlichen Großvater, Antiochos Iv., gebraucht.792 An den Münzen läßt sich ablesen, daß eine fiktive Genealogie geschaffen wurde, um Alexander II. dynastisch als Sohn des Alexander I. zu legitimieren. Wie erfolgreich diese ‚Familienpropaganda‘ war, zeigt sich daran, daß Josephus Alexander II. anscheinend für einen echten Seleukiden hält.793 Alexander II. wurde mit starken ägyptischen Truppen ausgerüstet (Iust. 34, 1, 5; Ios. ant. Iud. 13, 268) und hinter Demetrios II. hergeschickt (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21).794 noch im Jahr 184 S. Ä. (= 129/28) fiel Antiocheia von Demetrios II. ab (Iust. 39, 1, 3) und kam an Alexander II.795 Mit dem Datum ÄÐÑ (= 184 S. Ä.) sind dort für Demetrios II. die letzten, für Alexander II. die ersten Bronzen geprägt worden.796 Die Einnahme der Stadt ist etwa in das Frühjahr 128 zu datieren.797 von Antiocheia aus wurde wahrscheinlich schon bald laodikeia am 789 790
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Alexander I. ausgegeben wurde, konnte er nicht jünger als 16 Jahre sein. vgl. z. B. Wilcken, Alexandros (23) Sp. 1439; Bevan, House II S. 249; Bikerman, Institutions S. 20; Bellinger, End S. 62 mit Anm. 15; Will, Histoire II S. 365; Grainger, Prosopography S. 7; Huß, Ägypten S. 614 mit Anm. 146. So schon Babelon, Rois S. cXlIX und andere, aber ohne Begründung. vgl. dazu jetzt ausführlich Ehling, Alexander II. S. 2 ff. Die Stelle lautet: Ptolemaios vIII. ðÝìðåé âáóéëÝá ôyò EÁóßáò EÁëÝîáíäñïí, ©ò õj’í EÁëåîÜíäñïõ … (Euseb. chron. I 258 = FGrHist 260 F 32, 21). Anders Grainger, Prosopography S. 7, der über die angebliche Herkunft des Alexander II. schreibt: „claiming to be the son of an unnamed Seleukid, and/or the adopted son of Antiochos vII, though the coins suggest his claimed father was Alexander I Balas …“ (mit Hinweis auf Ehling, Alexander II. S. 2 ff.). Wer dieser „unnamed Seleukid“ allerdings sein sollte, bleibt rätselhaft. Man sollte in dieser Frage den numismatischen zeugnissen den vorzug geben und davon ausgehen, daß Alexander II. sich als Sohn des Alexander I. ausgegeben hat. Bohm, Imitatio S. 105 ff.; 127 ff. Dazu zuletzt Mørkholm, Posthumous (1983) S. 62. Denn er erwähnt nichts von dessen angeblicher Herkunft. Auf diesen Kriegszug bezieht U. von Wilamowitz-Moellendorff, zwei Gedichte aus der zeit Euergetes’ II., APF 1, 1901, S. 219−225 bes. 222 die Wendung „Krieg der Szepter“ (óêÜðôñùí }ëõèE IÁñçò Óõñßçí) in dem Grabgedicht des Apollonios, Sohn des Ptolemaios. Das Gedicht ist jedoch in die Jahre zwischen 103 und 101zu datieren: van’t Dack, conflict S. 84 ff., siehe unten Kap. II 10. Andere Rekonstruktion der Ereignisse bei Houghton/le Rider, Premier S. 402 ff. cSE 292 bzw. 299; 300. newell, SMA S. 84.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Meer unter die Herrschaft Alexanders II. gebracht.798 Apameia und einige andere (nord-?) syrische Städte waren bereits während Demetrios’ II. Feldzug gegen Ägypten abgefallen (Iust. 39, 1, 3). Das Herrschaftsgebiet des Alexander II. beschränkte sich gegen Ende 128 also auf nordsyrien; Tarsos blieb umkämpft, Mallos auf der Seite Demetrios’ II.799 Demetrios II. konnte sich insbesondere auf die phönikischen Küstenstädte stützen. Für ihn wurden in Ptolemaïs, Tyros und Sidon Münzen geschlagen.800 Aber auch Seleukeia, Damaskos und Askalon blieben loyal.801 In Askalon endet die Münzprägung für Demetrios II. mit dem Jahr 186 S. Ä. (= 127/26) und setzt mit dem Datum ÆÐÑ (= 187 S. Ä.) für Alexander II. ein; daraus ergibt sich, daß Alexander II. sich im Jahr 126 auf einem Feldzug durch Koilesyrien befunden hat, bei dem Askalon ungefähr im Oktober 126 in seine Hände fiel. Anfang (?) 125 kam es bei Damaskos zur Entscheidungsschlacht (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21), aus der Alexander II. siegreich hervorging.802 Demetrios II. floh nach Ptolemaïs (Ios. ant. Iud. 13, 268). In der Stadt hielt sich Kleopatra Thea auf, die dort schon seit Jahren kultische verehrung genoß. Eine Inschrift zu Ehren Antiochos’ vII. und Kleopatras aus dem Jahr 130/29 nennt sie ÅÕÅÔÇÑÉÁ.803 zwar schreibt Josephus (ant. Iud. 13, 268), daß sie sich weigerte, Demetrios II. in der Stadt aufzunehmen, doch muß man nach den dann folgenden Ereignissen annehmen, daß Demetrios II. in die Stadt eingelassen, ihm aber das dauernde Bleiberecht von Kleopatra verwehrt wurde. Denn Iustin zufolge (39, 1, 8) kam Demetrios II. mit einer navis nach Tyros, und so ist es sehr wahrscheinlich, daß er von Ptolemaïs aus gesegelt ist. Wichtig ist, daß auch Porphyrios eine Flucht mit dem Schiff erwähnt (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21), wenn auch sein Bericht dahingehend verkürzt ist, daß Demetrios II. das Schiff bestiegen habe, nachdem ihm in Tyros „kein Einlaß“ gewährt worden war. 798 799
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vgl. die Beizeichen und Monogramme auf den Bronzen von laodikeia bei Babelon, Rois S. 162 f. nr. 1258 ff. Eine tarsische Drachme für Alexander II.: naville Kat. 10, 1375. Die tarsischen Münzen für Demetrios II. bei A. Houghton, The Second Reign of Demetrius II of Syria at Tarsus, AnSMn 24, 1979, S. 116. Dagegen blieb Mallos fest in der Hand des zweiten Demetrios: Houghton, Mallus S. 95 f.; 101. Für Alexander II. sind von dort keine Münzen überliefert. Ptolemaïs: newell, lSM S. 4 ff. nr. 1 ff.; Tyros: Babelon, Rois S. 161 nr. 1245 ff. Tyros war dem König verpflichtet, weil die Stadt im Jahr 141/40 von diesem den jåñN êár Tóõëïò-Status erhalten hatte, siehe oben Kap. II 7. zu Sidon: Babelon, Rois S. 162 nr. 1251 ff. Seleukeia: Davon darf man ausgehen, auch wenn der in der paphischen Inschrift überlieferte Brief von Antiochos IX. stammen sollte. Siehe Kap. II 10; Damaskos: nach den Münzen, vgl. newell, lSM S. 49 ff. nr. 67 ff. und cSE 844 ff.; Askalon: nach den Münzen, vgl. A. B. Brett, The Mint of Ascalon under the Seleucids, AnSMn 4, 1950, S. 49 nr. 11. zur Münzprägung für Alexander II. in Askalon: A. B. Brett, The Mint of Ascalon under the Seleucids, AnSMn 4, 1950, S. 49 nr. 12 f. und A. Spaer, Ascalon: from Royal Mint to Autonomy, in: Festschrift für leo Mildenberg/Studies in Honor of leo Mildenberg, Wetteren 1984, S. 232 nr. 1; cSE 820. Das Datum der Schlacht bei Damaskos nach den Münzen: newell, lSM S. 56 nr. 78 und Wilcken, Alexandros (23) Sp. 1439. Dagegen hat Grainger, Phoenicia S. 135 das Jahr 126. landau, Inscription S. 120.
9.) Partherfeldzug des Antiochos vII. und Alleinherrschaft des Antiochos vIII.
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vor diesem Hintergrund ist eine in Antiocheia geprägte Bronze des Alexander II. zu sehen,80 die auf der vorderseite den Kopf des Königs im Elephantenfell nach rechts zeigt und auf der Rückseite zu der legende ÂÁÓÉËÅÙÓ ÁËÅÎÁÍÄÑÏÕ ein Aphlaston trägt. Das Aphlaston ist das Symbol eines Seesieges und neu auf in Antiocheia geprägten Seleukidenmünzen. In ganz einmaliger Weise wird hier durch die Selbstdarstellung des Alexander II. im Elephantenfell ein Motiv der imitatio Alexandri mit dem zeichen eines Seesieges verbunden. Der Bronzetyp muß wohl so interpretiert werden, daß Alexander II. Anspruch auf einen Seesieg erhob, der ihm zugleich die Möglichkeit bot, sich mit Alexander d. Gr. in Bezug zu setzen. Wie sich aus der oben dargelegten Abfolge der Ereignisse ergibt, kann sich der − literarisch nicht bezeugte − Seekampf zwischen Alexander II. und Demetrios II. nur während der Schiffsfahrt des Demetrios II. von Ptolemaïs nach Tyros ereignet haben. vielleicht hat Alexander II. seinen Sieg vor Tyros errungen und sucht sich durch das Tragen der Elephantenexuvie als Bewunderer und verehrer Alexanders d. Gr. darzustellen, der die Stadt im Jahr 332 nach siebenmonatiger Belagerung erobert hatte.80 Demetrios II. rettete sich mit einem Schiff und Besatzung nach Tyros und bat um Tempelasyl (Iust. 39, 1, 8). Auf Befehl des Stadtkommandanten (praefectus = dðéóôÜôçò) wurde er ermordet (Iust. 39, 1, 8; Ios. ant. Iud. 13, 268). Die Münzprägung für Demetrios II. endet in Tyros mit dem Jahr 187 S. Ä. (= 126/25).80 Porphyrios (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21) setzt den Tod des Königs in das 1. Jahr der 164. Olympiade (= 124/23); seine chronologie ist nach der datierten Münzprägung zu korrigieren und um genau ein Jahr nach oben zu rücken. Die Ermordung Demetrios’ II. dürfte etwa Frühjahr/Sommer 125 zu datieren sein,80 geht man davon aus, daß die Schlacht bei Damaskos Anfang dieses Jahres stattfand und die Schiffahrt im Mittelmeerraum vom 11. november bis zum 10. März ruhte (vegetius Epit. rei milit. 4, 39). H. Willrichs zusammenfassendem Urteil, Demetrios
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Die Münze ist ausführlich besprochen bei Ehling, Bronzemünze S. 85 ff. Ein neues, gut erhaltenes Exemplar dieser Münze findet sich bei Münzhandlung Ritter, Düsseldorf, lagerliste 61, Dez. 2002, 636 abgebildet. vgl. auch die Deutung durch Svenson, Darstellungen S. 177 und dagegen Ehling in seiner Rezension dieses Buches: Geldgeschichtliche nachrichten 32, 1997, S. 379. H. P. laubscher, Ptolemäische Reiterbilder, AM 106, 1991, S. 232 ff. sieht im Elephantenfell ein zeichen des Sieges über oder des Besitzes von Elephanten. zustimmend Bergmann, Strahlen S. 33. Unerklärt bliebe bei dieser Deutung jedoch das Aphlaston. zum Aphlaston als Seesiegzeichen vgl. G. Kleiner, Alexanders Reichsmünzen (Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Philosophisch-Historische Klasse, Jahrgang 1947 nr. 5), Berlin 1949, S. 20 ff. Eine andere Möglichkeit wäre, daß Alexander II. den Seesieg vor dem zwischen Ptolemaïs und Tyros gelegenen Küstenort Alexandroschoine errang. Die Gründung des Ortes geht vermutlich auf Alexander d. Gr. zurück; vielleicht ergab sich auch auf diese Weise der AlexanderBezug, vgl. dazu Ehling, Bronzemünze S. 88 f. Head, Hn S. 800; W. Ruge, Tyros, RE vII A 2, Stuttgart 1948, Sp. 1897. In der literatur wird das Todesdatum meist nur allgemein mit 126/25 angegeben, z. B. bei Meyer, Ursprung II S. 273 und Will, Histoire II S. 365. Grainger, Phoenicia S. 135 und ders., Prosopography S. 43 hat das Jahr 126.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
II. sei „sicherlich kein unbedeutender Fürst“ gewesen,808 kann man zustimmen, auch wenn er weit hinter seinem Bruder Antiochos vII. zurücksteht. Wegen seiner Abhängigkeit von Ägypten hatten die Syrer Alexander II. mit dem aramäischen Spottnamen ÆáâéíOò (so bei Diodor 34/35, 22) bzw. Æåâßíáò (so bei Ios. ant. Iud. 13, 268) belegt, was soviel wie „der Gekaufte“ oder „Sklave“ heißt.809 Aber mit der Übernahme der Alleinherrschaft begann er, sich aus dem Schatten Ptolemaios’ vIII. zu lösen.810 Als literarischer Topos taucht nun gegen ihn der vorwurf der Überheblichkeit auf (superba insolentia: Iust. 39, 2, 1), wie gegen fast alle späten Seleukiden.811 Positiv schildert ihn hingegen Diodor als ðñZïò êár óõããíùìïíéêüò, „sanftmütig und versöhnlich“; von der Bevölkerung wurde er geliebt.812 In nordsyrien konnte Alexander II. mit einem rund 40.000 Mann starken Heer (Diod. 34/35, 22) seinen Machteinfluß befestigen und Seleukeia in Pierien unter seine Kontrolle bringen.813 In welche zeit die Belagerung laodikeias und die niederwerfung der abtrünnigen Feldherren (½ãåìüíåò) Antipatros, Klonios und Aeropos durch Alexander II. gehören (Diod. 34/35, 22), ist unsicher,814 aber sehr wahrscheinlich sind diese Ereignisse in die Phase nach der Besiegung des Demetrios II. im Frühjahr/Sommer 125 zu setzen.815 zu erwähnen bleibt noch, daß Josephus ausdrücklich auf das gute verhältnis zwischen dem Seleukidenkönig und dem jüdischen Hohenpriester Hyrkan I. hinweist.816 Kleopatra Thea erkannte Alexander II. als König und nachfolger ihres ermordeten Mannes nicht an. Bereits mit dem Datum ÆÐÑ (= 126/25) hatte sie in Ptolemaïs Tetradrachmen mit ihrem Bildnis und der genitivischen Reverslegende 808 809 810 811 812 813 814
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Willrich, Demetrios (41) Sp. 2801. Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 21. Mit dem namen sollte die niedrige Herkunft des Alexander II. verspottet werden: Will, Histoire II S. 366. Huß, Ägypten S. 615 schreibt: „Das Selbstbewußtsein des „Gekauften“ scheint gestiegen zu sein, so daß er nicht mehr bereit war, jedem Wink Alexandreias zu folgen“. vgl. etwa I. Makk. 11, 38; Ios. ant. Iud. 13, 131. Diod. 34/35, 22: ›ð’ ô§í ðïëë§í zãáðOôï. Die charakterisierung geht auf Poseidonios zurück: Malitz, Poseidonios S. 295 f. mit Anm. 293; 298. Siehe auch oben Kap. I 1. nach den Münzen: cSE 413. Wilcken, Alexandros (23) Sp. 1439. vgl. auch Malitz, Poseidonios S. 295 f. Wenn Diodor ausdrücklich von Hegemonen und nicht von Strategen spricht, so darf man daraus den Schluß ziehen, daß es sich bei Antipatros, Klonios und Aeropos zwar um hohe Offiziere oder ‚Kommandanten‘ handelte, aber nicht um allerhöchste Generale. vgl. Bar-Kochva, Army S. 91 ff. zu Begriff und Amt. Die Diodorstelle wird bei Grainger, Prosopography nicht behandelt. In seinem Buch cities S. 166 vermutet Grainger, daß Antipatros, Klonios und Aeropos sich gegen Demetrios II. erhoben. Man muß sich dann allerdings fragen, warum Alexander II. gerade gegen diese ½ãåìüíåò vorgehen sollte. Und vor der Offensive des Antiochos vIII. im Jahr 123. Anders Grainger, cities S. 166, der die Revolte der Feldherren ins Jahr 128 setzt. Ant. Iud. 13, 269. F. W. Madden, coins of the Jews, london 1881, S. 77, meint, ein griechisches Alpha auf Hyrkan I.-Münzen auf Alexander II. beziehen zu können: “The Greek A, which is the initial letter of the name of Alexander, relates to the alliance between John Hyrcanus and Alexander II. zebina in B. c. 128”. Ob hier tatsächlich ein Bezug besteht, scheint doch zweifelhaft.
9.) Partherfeldzug des Antiochos vII. und Alleinherrschaft des Antiochos vIII.
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ÂÁÓÉËÉÓÓÇÓ ÊËÅÏÐÁÔÑÁÓ ÈÅÁÓ ÅÕÅÔÇÑÉÁÓ schlagen lassen;817 darin dokumentiert sich ihr eigener Herrschaftsanspruch. Als der Sohn des Demetrios II., Seleukos v.,818 ohne zustimmung der Mutter das Diadem nahm, ließ sie ihn rasch (åšèýò) durch eine list beseitigen.819 Da Kleopatra − vor allem beim Militär − als Alleinherrscherin nicht akzeptiert worden wäre, setzte sie ihren ebenfalls aus der Ehe mit Demetrios II. stammenden, etwa 16jährigen Sohn Antiochos vIII.820 als Mitregenten ein (Iust. 39, 1, 9). Mit dem Datum 188 S. Ä. (= 125/24) beginnt die gemeinsame datierte Silberprägung. Die Münzen zeigen auf der vorderseite die hintereinander gestaffelten Büsten, und es ist bezeichnend, daß die Büste der Kleopatra mit Stephane, Diadem und über den Hinterkopf gezogenem Schleier vor die des Antiochos vIII. gesetzt ist.821 Ihre gemeinsamen Münzbildnisse spiegeln die realen Machtverhältnisse der ersten Jahre wider. Denn, wie Iustin schreibt, trug zwar Antiochos vIII. den Königstitel, aber Kleopatra übte die Macht faktisch aus: nomen regis penes filium, vis autem omnis imperii penes matrem esset (39, 1, 9). Ptolemaios vIII., der sich mit seiner Schwestergemahlin Kleopatra II. ausgesöhnt822 und an dem selbständig agierenden Alexander II. das Interesse verloren hatte, unterstützte nun Antiochos vIII. (Iust. 39, 2, 2). Er schickte starke ägyptische verbände und verheiratete ihn im Jahr 124/23823 mit seiner Tochter Kleopatra Tryphaina.824 Auf diese Truppen gestützt, war Antiochos vIII. in der lage, gegen Alexander II. vorzugehen, der immer mehr Anhang in nordsyrien verlor. In der ersten Hälfte des Jahres 123 kam es zur Schlacht zwischen beiden Königen, und Alexander II. mußte sich nach Antiocheia zurückziehen (Iust. 39, 2, 5). Da Alexander II. kein Geld mehr zur Bezahlung seiner Soldaten hatte, ließ er aus dem zeustempel von Antiocheia eine goldene nikestatue holen und einschmelzen. Dieses sacrilegium kommentierte er mit der ironischen Bemerkung, zeus selbst habe die 817 818
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newell, lSM S. 10 nr. 7. Diesen Seleukos setzen Bouché-leclercq, Histoire II S. 599 f. und ihm folgend F. Stähelin, Seleukos (8), RE II A 1, Stuttgart 1921, Sp. 1245 irrtümlich mit dem homonymen Sohn des Antiochos vII. gleich. vgl. auch Malitz, Poseidonios S. 292 mit Anm. 263. Anders und richtig Fischer, Partherkrieg S. 49 ff.: Seleukos, der Sohn Antiochos’ vII., geriet im Jahr 129 in parthische Gefangenschaft. Siehe auch hier die Familienstammtafel im Anhang. Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 22; Iust. 39, 1, 9. In diesen zusammenhang gehört wohl die verwirrte Überlieferung bei Johannes Antiochenus (Müller Frag. 66, 3), siehe oben Kap. I 1. Er kennt einen Sohn des Demetrios II. namens Seleukos, der von seiner Mutter namens Apame in Damaskos hinterlistig ermordet wurde. Obwohl Grainger, Prosopography S. 39; 66 und Ogden, Polygamy S. 149; 151 die Überlieferung für glaubwürdig halten, glaube ich, daß der byzantinische chronist irrtümlich den namen Apame für Kleopatra Thea setzt. Antiochos vIII., der jüngere Sohn des Demetrios II. und der Kleopatra Thea, ist Ios. ant. Iud. 13, 365 zufolge im Jahr 141 geboren, er könnte aber auch zwei Jahre älter und also 143 geboren worden sein: Ehling, nachfolgeregelung S. 34. zu den Münzbildnissen: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 78; Meyer, Königin S. 117 ff. Hölbl, Geschichte S. 179 schreibt, daß die Gründe für die versöhnung verborgen bleiben, vermutet aber, daß sie möglicherweise mit der Syrienpolitik Ptolemaios’ vIII. in verbindung standen. Das Datum nach Hölbl, Geschichte S. 179 und Huß, Ägypten S. 615. Iust. 39, 2, 3. Diese Kleopatra hatte keine eigene nummer. Sie war die Tochter der dritten Kleopatra, der zweiten Ehefrau des Ptolemaios vIII.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Siegesgöttin zu ihm gesandt.825 Als Alexander II. aber auch noch das Hauptkultbild des Tempels, die goldene zeusstatue, heimlich abtransportieren lassen wollte, wurde er von der aufgebrachten Bevölkerung zum Abzug aus der Stadt gezwungen (Iust. 39, 2, 6). Er floh nach dem nahegelegenen Seleukeia, das ihm aber die Stadttore nicht öffnete.826 vom Ende des Alexander II. überliefern die Quellen verschiedene versionen.827 Bei Iustin (39, 2, 6) heißt es, er sei von Räubern gefangengenommen und dem Antiochos vIII. ausgeliefert worden, der ihn hinrichten ließ. Josephus schreibt (ant. Iud. 13, 269), Alexander II. sei in der Schlacht mit Antiochos vIII. besiegt und getötet worden. Ähnlich Porphyrios (Euseb. chron. I 257 f. = FGrHist 260 F 32, 23), der aber berichtet, Alexander II. habe nach der niederlage mit Gift Selbstmord begangen.828 Antiochos vIII. zog in Antiocheia ein. Möglicherweise nahm er jetzt den Beinamen Kallinikos an.829 Die datierte Bronzeprägung für ihn und seine Mutter setzt mit dem Datum 190 S. Ä. (= 123/22) ein, d. h. Alexander II. war im Oktober 123 bereits geschlagen.830 Aufschlußreich für die Beurteilung des antiochenischen Münzporträtstils ist, daß das Bildnis des Antiochos vIII. nicht so sehr wie in den phönikischen Münzstätten geschönt wird. Antiochos vIII. wurde wegen seiner riesenhaften gebogenen nase Grypos („Habichtsnase“) genannt (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 23; Athen. 12, 540 a). Während in Ptolemaïs und Sidon seine nase in der Regel nicht viel größer als die seiner Mutter ist, zeigen die antiochenischen Stücke seine Habichtsnase.831 Die in Antiocheia geprägten Münzen überliefern uns lebendigsten und authentischsten späten Seleukidenporträts. Das verhältnis zwischen Kleopatra Thea und Antiochos vIII. wurde in den nächsten zwei Jahren zunehmend gespannter. Die genauen Gründe dafür kennen wir nicht,832 aber es liegt auf der Hand, daß Kleopatra nach und nach ihren Einfluß auf den immer selbständiger handelnden Sohn einbüßte. So kam es, daß sie einen Mordanschlag auf ihren Sohn verübte. Poseidonios, der eine vorliebe für dramatische Szenen besitzt, hat diese Situation ausführlich geschildert, und sie ist uns bei Iustin833 erhalten geblieben: Kleopatra reichte Antiochos vIII. einen Becher mit Gift, als dieser gerade von einem Truppenmanöver heimgekehrt war. Da ihm der Anschlag 825 826 827 828 829 830
831 832 833
Iust. 39, 2, 5. Die Überlieferung geht auf Poseidonios zurück, siehe oben Kap. I 1. Aus dem Metall wurden Münzen geprägt, vgl. den Goldstater bei newell, SMA S. 88 nr. 358. Wegen des Tempelraubs: Diod. 34/35, 28. vgl. auch Wilcken, Alexandros (23) Sp. 1439. Jacoby, FGrHist (1930) S. 875. Ehling, Miszellen S. 377. Siehe oben Kap. I 2, 3. Bei Porphyrios (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 23) steht als Angabe des Todesjahres des Alexander II. „3. Jahr der 164. Olympiade“, d. h. 122/21. Richtig wäre also „2. Jahr der 164. Olympiade“ gewesen. vgl. die Münzen: cSE 317; SnG Israel I 2441 ff. und Will, Histoire II S. 365. Ptolemaïs: cSE 804; SnG Israel I 2473; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 508. Sidon: cSE 721; 722. Bei Iustin heißt es lediglich, daß sich Kleopatra in ihrer „Würde“ herabgesetzt fühlte (39, 2, 7). 39, 2, 7−8. Richter, Untersuchungen S. 198.
9.) Partherfeldzug des Antiochos vII. und Alleinherrschaft des Antiochos vIII.
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zuvor jedoch angezeigt worden war, bat er seine Mutter mit falscher Freundlichkeit, zuerst zu trinken. Diese sträubte sich, mußte dann aber doch trinken und starb. In Antiocheia endet die gemeinsame datierte Münzprägung mit dem Jahr 191 S. Ä. (= 122/21). In Ptolemaïs und Sidon sind noch Münzen mit dem Datum BR (= 192 S. Ä.) geprägt worden. Kleopatra dürfte daher Ende des Jahres 121 gestorben sein.834 Mit ihr stirbt eine der bedeutendsten hellenistischen Königinnen, die an politischem Geschick, Durchsetzungsfähigkeit, aber auch Skrupellosigkeit nur mit ihrer späteren namensschwester Kleopatra vII. vergleichbar ist.835 Durch ihren Kultnamen Eueteria836 wird ihre fecunditas mit dem Überfluß eines ertragreichen Erntejahres verglichen837 und durch das Füllhorn auf den Münzrückseiten symbolisiert.838 Wie dieses die versorgung der Reichsbewohner mit lebensmitteln gewährleistet, so garantiert die Königin den Fortbestand der Dynastie und damit die Sekurität des Reiches. Die ägyptische Königstochter war mit drei Seleukidenkönigen verheiratet: Alexander I. gebar sie einen Sohn, Antiochos vI., Demetrios II. zwei Söhne, Seleukos v. und Antiochos vIII., und eine Tochter und Antiochos vII. zwei weibliche und drei männliche Nachkommen, die Mädchen beide mit dem Namen laodike, dann Seleukos, einen Antiochos und den späteren Antiochos IX. Kyzikenos (Euseb. chron. I 257 = FGrHist 260 F 32, 20), d. h. insgesamt wenigstens neun Kinder, von denen fünf den Königstitel trugen.839 Kürzlich hat D. Ogden noch einmal darauf hingewiesen, daß es diese Königin war, die der Seleukidendynastie über einen zeitraum von mehr als 20 Jahren Kontinuität und Kohärenz verlieh.80 Mit Beginn der Alleinherrschaft des achten Antiochos erscheint auf dessen Münzen das Bild eines neuen Gottes, bei dem es sich um einen stehenden zeus handelt, der auf der rechten Hand einen sechs- bis achtstrahligen Stern hält und über dessen Kopf sich eine Mondsichel befindet. Der Gott, der in der literatur als zeus Uranios bezeichnet wird,841 stellt eine neuschöpfung des späten 2. Jhs. dar und ist ein bemerkenswertes zeugnis für die synkretistische Tendenz in der Religion dieser zeit.842 zeus Uranios war vermutlich der persönliche Schutzgott des Antiochos vIII.843 vielleicht läßt dieser neu eingeführte Münztyp den Schluß zu, daß Antiochos vIII. ab 121 den zeuskult im ganzen Seleukidenreich gezielt gefördert hat und 834 835
836 837 838 839 80 841 842 843
So newell, SMA S. 92. vgl. die charakterisierung der Königin bei J. Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte, Band Iv, Berlin/Stuttgart o. J., S. 585, der sie als „entsetzliche(s), mörderische(s) und dabei mit einer gewissen Intelligenz begabte(s) Weib“ beschreibt. vgl. außerdem G. H. Macurdy, Hellenistic Queens, Baltimore/london/Oxford 1932, S. 93 ff. und Ogden, Polygamy S. 143 ff. bes. 149 f. Ihr Kultname auf Münzen: cSE 803 und der Inschrift landau, Inscription S. 120. zu Kleopatra und ihrem Kultnamen vgl. auch Stähelin, Kleopatra (24) Sp. 785 ff. Taeger, charisma I S. 323; Meyer, Königin S. 119: Eueteria ist die verkörperung des Jahressegens. zum Füllhornmotiv: Bemmann, Füllhörner S. 117. Jacoby, FGrHist (1930) S. 874. Polygamy S. 152 mit Hinweis auf E. Breccia. So bereits Oman, Antiochus vIII S. 197 f. zahle, coins S. 131. zu den Münzen siehe auch Kap. I 3, 2. Siehe oben Kap. I 3, 2.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
es deshalb auch dieser König war, der dem zeustempel von Baitokaike das Dorf Baitokaikene zum Eigentum vermachte mit dem ganzen dazu gehörigen land und lebenden Besitz.8 Schließlich darf man in die ruhigen Jahre zwischen 121 und 113 wohl am ehesten die Überlieferung bei Athen. 5, 210 e und 12, 540 a−b einordnen, in der (nach Poseidonios’ Buch 28) berichtet wird, daß Antiochos vIII. anläßlich von Festspielen bei Daphne an seine Gäste nicht nur große Fleischportionen verteilen ließ, sondern neben goldenen Kränzen und silbernem Geschirr auch lebende Tiere wie Gänse, Hasen, Antilopen, Pferde und Kamele verschenkte.8
8 8
Kreißig, Wirtschaft S. 53 f. Siehe ausführlich oben Kap. I 2. vössing, Bankett S. 175 mit Anm. 1. Die Erwähnung von Antilopen ist als Hinweis darauf verstanden worden, daß die seleukidischen Könige die Parks und Tiergärten der Perserkönige übernommen und weitergeführt haben: A. Dalby, To Feed a King. Tyrants, Kings and the Search for Quality in Agriculture and Food, Pallas 52, 2000, S. 140. Ein persischer ðáñÜäåéóïò ìÝãáò voll wilder Tiere, der freilich nach dem Frieden von Apameia verloren ging, befand sich bei Apameia (Kelainai) in Phrygien: Xen. Anab. 1, 2, 7 (zum Jahr 401).
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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10.) ERHEBUnG DES AnTIOcHOS IX. (113) UnD KÄMPFE MIT AnTIOcHOS vIII. (113−98/97) Im Jahr 113 landete Antiochos IX. in Syrien,8 wahrscheinlich in Seleukeia in Pierien.8 Dieser etwa 20jährige Antiochos IX.88 war der Sohn des Antiochos vII. und der Kleopatra Thea und damit ein Halbbruder des Antiochos vIII.849 Seine Kindheit und Jugend hatte er im mysischen Kyzikos verbracht, daher sein inoffizieller Beiname Kyzikenos (Euseb. chron. I 257 = FGrHist 260 F 32, 20; Ios. ant. Iud. 13, 271). Auf seinen Münzen führte Antiochos IX. stolz den dynastischen Beinamen Philopator.80 Auch das Motiv der behelmten Athena mit lanze, Schild und nike, das Antiochos vII. in die seleukidische Münzprägung eingeführt hatte,851 übernahm Antiochos IX. von seinem vater.852
8
8
88 849 80 851 852
In der älteren Forschung findet sich noch das Jahr 117/16 für die Ankunft des neunten Antiochos in Syrien: Kuhn, Geschichte S. 19; Wilcken, Antiochos (32) Sp. 2483; ders., Beitrag S. 444; Bevan, House II S. 253: um 116; Bouché-leclercq, Histoire I S. 402; II 631. Dieses zu frühe Datum wurde aus liv. per. 52 bzw. verlesenen Daten auf den Münzen erschlossen. zu den Münzen vgl. Babelon, Rois S. 189, der aber selbst kein falsch gelesenes Stück katalogisiert hat. Die Richtigstellung des Datums erfolgte durch newell, SMA S. 97 und Bellinger, End S. 67 Anm. 37. Dagegen setzen Houghton, Reigns S. 92 und A. Mehl, Antiochos (10), DnP 1, Stuttgart/Weimar 1996, Sp. 770 den Beginn der Kämpfe ins Jahr 114 bzw. 115. zur Feststellung des Datums stehen uns drei voneinander unabhängige Quellen zur Verfügung: Erstens die Mitteilung Iustins (39, 2, 9), daß Antiochos vIII. zunächst acht ruhige Regierungsjahre verbrachte (siehe auch oben Kap. II 9). zweitens die Angabe bei Porphyrios (= FGrHist 260 F 32, 23), der die erste Regierungsphase des achten Antiochos im Jahr 113/12 enden läßt, und drittens die ins Jahr 199 S. Ä. = 114/13 datierten, in Antiocheia geprägten Münzen des Antiochos IX.: SnG Israel I 2681−2686. vgl. auch Houghton/Müseler, Reigns S. 61 und Houghton, Reigns S. 90 f.; 96. Bezieht man die Angabe Iustins auf den zeitraum nach dem Tode der Kleopatra Thea im Jahr 121, ergibt sich das Jahr 113 für die Ankunft Antiochos’ IX. in Syrien. Die Münzen bestätigen, daß der Herrscherwechsel mitten im Jahr 114/13 stattfand, denn in Antiocheia und Askalon gibt es Münzen mit dem Datum 199 S. Ä. = 114/13, sowohl für Antiochos vIII. als auch Antiochos IX.: Houghton, Reigns S. 96. Schließlich spricht für das Jahr 113 auch noch die delische Inschrift OGIS I 260 = IvDélos 1550. zu ihrer historischen Einordnung und Interpretation siehe unten. Eine landung in Seleukeia in Pierien möchte ich nach den Bronzemünzen cSE 332; SnG Israel I 2681−2686 vermuten. Auch wenn diese Münzen mit dem Datum 199 S. Ä. = 114/13 in Antiocheia (nicht Seleukeia selbst) geprägt wurden (so newell, SMA S. 97 mit Fig. 22 und Houghton, Reigns S. 90 f.), so weist das Rückseitenmotiv des geflügelten Blitzes ganz klar auf Seleukeia hin. vgl. z. B. die in dieser Stadt geprägten Tetradrachmen des Alexander I.: Houghton, Tetradrachm S. 153 ff., die Kleinbronzen für Demetrios II.: SnG Israel I 2196−2200 und die Mittelbronze SnG Israel I 2824 für Demetrios III. zum Geburtsdatum des Königs im Jahr 133: Ehling, nachfolgeregelung S. 35. Beide hatten dieselbe Mutter. Der vater des achten Antiochos war Demetrios II.: siehe Stammtafel. cSE 329 ff.; SnG Israel I 2677 ff. cSE 264 ff.; SnG Israel I 1846 ff. cSE 329 ff.; SnG Israel I 2677 ff.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Als vorwand für den im Jahr 113 beginnenden Erbfolgekrieg853 diente dem neunten Antiochos die Behauptung, sein Halbbruder habe ihn vergiften wollen (Iust. 39, 2, 10), wobei freilich nicht auszuschließen ist, daß Antiochos vIII. tatsächlich versucht hatte, seinen Halbbruder aus dem Wege räumen zu lassen. Der Angriff auf Syrien erfolgte von Kyzikos aus8 vermutlich über cypern, wo er ptolemäische Hilfe gefunden zu haben scheint.8 von Seleukeia aus dürfte sehr bald Antiocheia durch Truppen des neunten Antiochos erobert worden sein. Während des Jahres 113 gelang es diesem, Syrien, Teile Phönikiens und vielleicht Kilikien zu erobern,8 denn mit dem Jahr 199 S. Ä. = 114/13 setzt für Antiochos IX. die datierte Münzprägung in Antiocheia, Sidon und Askalon ein.8 nur in Ptolemaïs und im koilesyrischen Damaskos konnten sich die Anhänger Antiochos’ vIII. noch halten.88 Der militärische Erfolg Antiochos’ IX. scheint durchschlagend gewesen zu sein; die Truppen Antiochos’ vIII. wurden besiegt, der König selbst sah sich gezwungen, Syrien noch Ende des Jahres 113 (?) zu verlassen und nach Aspendos in Pamphylien auszuweichen.859 Bemerkenswerterweise gibt es in Delos eine Statuenweihung des achten Antiochos für den römischen Konsul des Jahres 113 cn. Papirius c. f. carbo (OGIS I 260 = IvDélos 1550). Die Weihung steht sehr wahrscheinlich mit der militärischen Offensive des Antiochos IX. und dem Exil des Antiochos vIII. in zusammenhang. Der römische Konsul hat dem Seleukiden vermutlich den Aufenthalt in Aspendos ermöglicht, und dafür bedankte sich der König umgehend mit der Stiftung einer Ehrenstatue in Delos. nach dem neufund eines römischen Meilensteines, der in die Jahre zwischen 129 und 126 datiert ist, wird deutlich, daß Rom seit dem letzten viertel des 2. Jhs. auch den Süden Pamphyliens beherrschte.80 Aspendos stand demnach unter römischer Kontrolle. 853
8 8 8
8 88 859 80
Wilcken, Antiochos (32) Sp. 2484 meint, daß Antiochos IX. keine legitimen Thronansprüche besaß. Doch verkennt er, daß nach dem charismatisch-agonalen Selbstverständnis der seleukidischen Könige jeder Königssohn Anspruch auf Herrschaft hatte, er mußte diesen nur durchsetzen können, siehe Einleitung unter Kap. III. So Ios. ant. Iud. 13, 270. Wie später Demetrios III., siehe unten Kap. II 11. zur weiteren Begründung dieser seleukidisch-ptolemäischen Koalition siehe unten. Bevan, House II S. 255; Bellinger, End S. 67; 87 ff. Ein Reflex der Kämpfe um Tarsos findet sich bei Iust. prol. 39. Malitz, Poseidonios S. 300 Anm. 329. zu Kilikien bzw. der Münzprägung von Tarsos vgl. insbesondere die Stücke naville, Kat. 10, 1442−1450 (Antiochos vIII.) bzw. naville, Kat. 10, 1487−1493 (mit unbärtigem und bärtigem Bildnis Antiochos’ IX.), cSE 493 ff. und Houghton, Reigns S. 93 ff. Das Problem ist allerdings, daß die tarsischen Münzen kein Datum tragen. letzte Sicherheit läßt sich für die verhältnisse und Entwicklungen in Kilikien deshalb nicht gewinnen. − Als Indiz dafür, daß Antiochos IX. wenigstens zeitweise nordsyrien beherrscht hat, läßt sich vielleicht der im Jahr 1972 bei den türkischen Grabungen in Iskenderum gefundene Marmorkopf des Königs interpretieren, der sich heute im Museum von Antakya befindet: Fleischer, Herrscherbildnisse S. 83 f. mit Taf. 47 a−48 b. vgl. die Überblickstabelle bei Houghton, Reigns S. 96. Houghton, Reigns S. 96. zur Geschichte von Damaskos am Ende des 2. Jhs. vgl. cohen, conflict S. 121 ff. Daß Antiochos vIII. gezwungen war, nach dem römisch kontrollierten Pamphylien zu gehen, läßt vermuten, daß die Städte Kilikiens sich für Antiochos IX. erklärt hatten. zu Pamphylien und Rom vgl. die Bemerkungen von nollé, Side I S. 68 mit Anm. 75. Die
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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Die genaue Abfolge der Ereignisse nach der landung Antiochos’ IX. ist leider immer noch nicht befriedigend rekonstruierbar, obwohl das numismatische Material inzwischen (wohl praktisch vollständig) gesammelt vorliegt.861 Die Datierung des aspendischen Exils Antiochos’ vIII. in der älteren Forschung bleibt problematisch (obwohl sie mit der hier vorgeschlagenen chronologie übereinstimmt),862 weil diese ja die Ankunft Antiochos’ IX. in Syrien sehr viel früher als 113 ansetzt (siehe oben). Dreh- und Angelpunkt sind die zeitangaben bei Porphyrios (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 23 f.): nach seiner chronologie endet die Alleinherrschaft Antiochos’ vIII. im „4. Jahr der 166. Olympiade“ (= 113/12). Im „1. Jahr der 167. Olympiade“ (= 112/11) ging Antiochos vIII. nach Aspendos und kehrte im darauffolgenden „2. Jahr der 167. Olympiade“ nach Syrien zurück. Das aspendische Exil des achten Antiochos wurde von E. T. newell, SMA S. 98 und A. R. Bellinger, End S. 68 mit Anm. 45 deshalb Porphyrios folgend in das Jahr 112−111 gesetzt und die Rückkehr des Antiochos vIII. nach Antiocheia in die zeit Frühjahr/Sommer (so newell) bzw. zwischen Juli und Oktober 111 (so Bellinger) datiert. Doch war Antiochos vIII. bereits Ende 112 wieder fest in Syrien etabliert, wie die für ihn in Antiocheia geprägten datierten Münzen bezeugen.863 Die chronologie bei Porphyrios ist also um genau ein Jahr zu niedrig angesetzt (siehe oben Kap. I 1). Demnach wäre ‚richtig‘ gewesen: Ankunft des Antiochos IX. 114/113, Exil des Antiochos vIII. 113/12, Rückkehr des Antiochos vIII. 112/11. Da, wie die datierten Münzen zeigen, die syrische Hauptstadt Antiocheia, die im Jahr 199 S. Ä. (= 114/13) von Antiochos IX. erobert worden war, bereits 200 S. Ä. (= 113/12) wieder an Antiochos vIII. fiel8 und das aspendische Exil des Antiochos vIII. ein Jahr dauerte (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 24), könnte Antiochos vIII. Ende des Jahres 113 nach Aspendos entwichen und Ende 112 zurückgekehrt sein. − Merkwürdig und unerklärbar ist, warum datierte Münzen von Antiocheia ausgerechnet zum Jahr 201 S. Ä. = 112/11 fehlen.8 Für einen Augenblick wenigstens war Antiochos IX. damit Alleinherrscher im ‚Reich seiner väter‘. nach der chronologie bei Iustin8 fällt in diese zeit die Hochzeit mit der Ptolemäerin Kleopatra Iv. Diese war im Jahr 115 von ihrem Brudergemahl Ptolemaios IX. Soter II. geschieden worden8 und brachte nun im Jahr 112 dem Seleukiden als „Mitgift“, wie es bei Iustin heißt, Truppen aus cypern
861 862 863 8 8 8 8
bisherige Forschung ging davon aus, daß Rom, wie nollé schreibt, „auf den südlichsten Teil seines pergamenischen Erbes verzichtete und Pamphylien sich selber überließ“. Diese vorstellung ist zu revidieren. zu dem neuen Meilenstein vgl. nollé, Side II S. 497 nr. 175. Houghton, Reigns S. 87 ff. z. B. Bevan, House II S. 255: 113−112; Bouché-leclercq, Histoire I S. 404: 113/12. Houghton, Reigns S. 96. Ebenda. Ebenda. 39, 3, 3. Sein Bericht geht über Trogus auf Poseidonios zurück: Richter, Untersuchungen S. 199 ff. Etwas zurückhaltender urteilt Malitz, Poseidonios S. 256 f. Das Datum nach Hölbl, Geschichte S. 185; Huß, Ägypten S. 636 f. Ptolemaios IX. Soter II. ehelichte auf verlangen seiner Mutter, Kleopatra III., nun seine jüngere Schwester Kleopatra v. Selene. Diese fünfte Kleopatra heiratete um 104/3 Antiochos vIII., siehe unten.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
mit.88 Angesichts dieses Ereignisverlaufes muß man annehmen, daß diese dynastische Eheverbindung mit dem Einverständnis des Ptolemaios X. Alexander I. von cypern geschlossen wurde und der König selbst seiner Schwester Kleopatra Iv. die Truppen zur verfügung stellte. Die hier sichtbar werdende Koalition des Jahres 112 aus Ptolemaios X. Alexander I., Kleopatra Iv. und Antiochos IX. wirft ein interessantes licht zurück auf die möglichen Ereignisse des vorjahres: Man darf wohl davon ausgehen, daß Antiochos IX. mit Unterstützung Ptolemaios’ X. Alexander I. von cypern in Syrien landete869 und die Ausrufung des Ptolemäers, die von der Forschung ins Jahr 114/13 gesetzt wird,80 dem militärischen Unternehmen des Seleukiden unmittelbar vorausging.871 Ptolemaios X. Alexander I. konnte hoffen, mit Antiochos IX. einen verbündeten gegen Ptolemaios IX. Soter II. zu gewinnen, so wie umgekehrt Antiochos IX. auf jede Hilfe gegen Antiochos vIII. angewiesen war. Dieser bislang noch nicht hergestellte zusammenhang zwischen Antiochos IX. und Ptolemaios X. Alexander I. wird unten bei der Besprechung der Inschrift Welles, Rc 71/72 noch zu berücksichtigen sein. Trotz der zusätzlichen Truppen aus cypern, die Antiochos IX. durch die Heirat mit Kleopatra Iv. gewonnen hatte, unterlag er in den Kämpfen, die sich an die Rückkehr Antiochos’ vIII. schlossen.872 Wie die datierten Münzen des Jahres 200 S. Ä. zeigen,873 kontrollierte der achte Antiochos bereits Ende 112 wieder die syrische Hauptstadt. vermutlich fiel ihm mit der Stadt auch Kleopatra Iv. in die Hände. Auf Betreiben ihrer Schwester, Kleopatra Tryphaina, der Ehefrau des achten Antiochos, wurde sie unter verletzung des Tempelasyls vermutlich in Daphne8 ermordet. Ein dramatischer Bericht von der Mordtat und eine ‚psychologische‘ Deutung der vorgänge finden sich bei Iustin (39, 3, 5−11), dessen Überlieferung über Trogus auf Poseidonios basieren dürfte.8 Wie er schreibt, soll Antiochos vIII. versucht haben, die Mordtat abzuwenden, was Tryphainas Eifersucht erweckte (Iust. 39, 3, 10). Der Kampf der ptolemäischen Schwestern verhält sich letztlich komplementär zu dem der seleukidischen Halbbrüder. vermutlich hätte umgekehrt Kleopatra Iv. ebenso für die Beseitigung der Kleopatra Tryphaina gesorgt. Bei dem Konkurrenzkampf 88
869 80 871 872 873 8 8
39, 3, 3: Sed Cleopatra … Cyziceno in Syria nubit, eique ne nudum uxoris nomen adferret, exercitum Cypri sollicitatum velut dotalem ad maritum deducit. „Aber Kleopatra … heiratete den Kyzikenos von Syrien, und damit sie ihm nicht einfach nur den bloßen namen einer Ehefrau mitbrachte, führte sie das gewonnene Heer von cypern wie eine Mitgift dem Ehemann zu“. zu der lesart „cypri“ statt „Grypi“ vgl. etwa Wilcken, Beitrag S. 448 f., der wieder für „Grypi“ eintritt, was aber mit Recht keinen Anklang gefunden hat. vgl. etwa Richter, Untersuchungen S. 199 Anm. 5 mit Hinweis auf E. Salomone, Fonti e valore storico di Pompeo Trogo (Iustin XXXvIII 8, 2−Xl), Genova 1973, S. 97 und Huß, Ägypten S. 637 mit Anm. 82. Und zwar in Seleukeia in Pierien, siehe unten. Hölbl, Geschichte S. 184; Mooren, Titulature S. 197 ff. (0356). Möglicherweise hängen beide Ereignisse sogar historisch zusammen. Iust. 39, 3, 4. Bellinger, End S. 68 vermutet, daß dessen Rückkehr mit ägyptischer Hilfe erfolgte. Houghton, Reigns S. 96. So Bevan, House II S. 254 und Bouché-leclercq, Histoire I S. 404. Siehe oben Kap. I 1.
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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zwischen Frauen an hellenistischen Königshöfen8 ging es immer um Absicherung und Festigung der eigenen Stellung, d. h. insbesondere um nähe zum König und dessen Gunst, gegebenenfalls auch durch die blutige Ausschaltung von Konkurrentinnen. Für Kleopatra Tryphaina bestand potentiell die Gefahr einer Eheschließung zwischen ihrem Mann Antiochos vIII. und Kleopatra Iv., was den verlust der eigenen Machtstellung bedeutet hätte (Iust. 39, 3, 10). Um den Tod seiner Frau zu rächen, unternahm Antiochos IX. einen Feldzug gegen seinen Halbbruder. nach dem Erzählzusammenhang bei Iustin (39, 3, 12) gelang es diesem relativ bald, nun seinerseits Tryphaina gefangenzunehmen.8 Nach den datierten Münzen von Antiocheia zu schließen, gewann Antiochos IX. in den Jahren 111−110/09 wenigstens teilweise wieder die Oberhand, so daß die Gefangennahme der Tryphaina in diese zeit fallen muß.88 Antiochos IX. ließ die Königin hinrichten und brachte damit „den Totengeistern seiner Gattin ein Opfer dar“.879 Bei Diodor (34/35, 34, 1) findet sich eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte charakterisierung Antiochos’ IX., die auf Poseidonios zurückgeht880 und einen Typus von König vorstellt, der einerseits an ðñüãïíïé wie Antiochos Iv.881 und Demetrios I. erinnert und andererseits an einen Attaliden wie Attalos III. denken läßt.882 Danach begeisterte sich der König für Mimen und Schauspielerei und beschäftigte sich bevorzugt mit Puppen und mechanischem Spielzeug statt mit Belagerungsmaschinen, wie ironisch hinzugefügt wird. War aber das eine Teil der Unterhaltung bei Hofe, für die Poseidonios offenbar kein verständnis hat, so übertreibt er in letzterem, denn Josephos erwähnt in ant. Iud. 14, 38 eine unter Antiochos IX. bei Apameia erbaute Têñá, was auf militärische Interessen schließen läßt.883 Des weiteren wird überliefert, daß sich Antiochos IX. bei seinen Jagdausflügen in den frühen Morgenstunden immer wieder in gefährliche Situationen begeben habe. Die Jagdleidenschaft, bei der der König seine PñåôÞ unter Beweis stellen konnte, erin-
8
8 88 879 880 881 882 883
Grundlegend zu Stellung und Rolle der hellenistischen Königin ist der Aufsatz von Savallilestrade, Reines S. 59−76. vgl. außerdem die Bemerkungen von Ogden, Polygamy S. 117−170. Im Ansatz überholt ist Schneider, Kulturgeschichte I S. 91 f. Gut analysiert ist das Konkurrenzphänomen für Frauen am römischen Kaiserhof. vgl. dazu A. Wieber-Scariot, Im zentrum der Macht. zur Rolle der Kaiserin an spätantiken Kaiserhöfen am Beispiel der Eusebia in den Res gestae des Ammianus Marcellinus, in: A. Winterling (Hg.), comitatus. Beiträge zur Erforschung des spätantiken Kaiserhofes, Berlin 1998, S. 103 ff. bes. 122 mit zahlreichen literaturhinweisen. von einer kurzen zeitspanne geht auch Bevan, House II S. 255 aus. Hölbl, Geschichte S. 186 und Huß, Ägypten S. 637 datieren diese an den Anfang des Jahres 111, was plausibel ist. Iust. 39, 3, 12: … supplicio uxoris manibus parentavit. Huß, Ägypten S. 637. In der Formulierung scheinen römische vorstellungen anzuklingen, doch geht die Schilderung letztlich auf Poseidonios zurück. Malitz, Poseidonios S. 299 f. vgl. außerdem vössing, Bankett S. 150. Malitz, Poseidonios S. 300 Anm. 324. Schneider, Kulturgeschichte I S. 639 f.; D. Engster, Attalos III. Philometor − ein ‚Sonderling‘ auf dem Thron?, Klio 86, 2004, S. 66−82. vgl. auch Malitz, Poseidonios S. 300 Anm. 327.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
nert an seinen Großvater Demetrios I.88 und das verlassen des Königspalastes ohne die ößëïé (Diod. 34/35, 34, 1) an Antiochos Iv.88 Diodors vorlage, Poseidonios, zeichnet das Bild eines unfähigen Königs, das durch die Quellen aber selbst korrigiert wird. So paßt auch der Tod in vorderster Schlachtreihe schlecht zu einem ‚Puppenspieler‘.88 Schließlich unterstützte der König auch den Bau eines Musenheiligtums (und einer Bibliothek ?) auf der Agora von Antiocheia.88 von den Kämpfen der verfeindeten Halbbrüder profitierten vor allem die syrisch-phönikischen Küstenstädte:888 Im Jahr 112/11 erhielt Tripolis den Status einer „heiligen, unverletzlichen und autonomen“ Stadt.889 Sidon wurde im Herbst 111,890 laodikeia 110/09 jåñN êár Tóõëïò.891 Die großzügige Privilegierung von Tripolis fällt ins Auge: Während etwa Tyros im Jahr 141/40 und Seleukeia in Pierien im Jahr 138/37 den Titel jåñN êár Tóõëïò erhielten und erst Jahre später auch autonom wurden (Tyros: 126/25; Seleukeia: 109, siehe unten), wurde Tripolis sogleich mit der Autonomie begünstigt.892 nach der hier vorgeschlagenen chronologie kam Antiochos vIII. Ende 112 aus Aspendos nach Syrien zurück. Genau 50 Jahre vorher, im Oktober 162, war sein Großvater, Demetrios I., in Tripolis an land gegangen und hatte sich zum König ausrufen lassen (siehe oben Kap. II 2). vor diesem Hintergrund möchte ich vermuten, daß Antiochos vIII. aus dem aspendischen Exil kommend Ende 112 in Tripolis landete und den Kampf um das Reich wiederaufnahm. Als Dank 88 88
88 88
888 889 890
891 892
zur Jagdleidenschaft Seleukos’ I.: lib. or. 11, 95 und Demetrios’ I.: Mørkholm, Antiochus S. 39 mit den Quellennachweisen in Anm. 7 sowie dessen Münzen mit der Darstellung eines Molosserjagdhundes: cSE 556 (unbestimmbare Münzstätte). Antiochos Iv. war dafür bekannt, daß er nachts aus dem Palast entschlüpfte, um in Antiocheia mit nur ein, zwei Begleitern durch die Straßen zu schweifen: Athen. 5, 193 c ff. (nach Polybios). vgl. dazu auch B. Funck, Beobachtungen zum Begriff des Herrscherpalastes, in: Hoepfner/Brands (Hg.), Basileia S. 54. Antiochos IX. starb wie Demetrios I. (Ios. ant. Iud. 13, 59 ff.; Iust. 35, 1, 11) im zusammenhang mit Kampfhandlungen: Euseb. chron. I 259 = FGrHist 260 F 32, 25. Siehe unten, sowie die ‚Todesstatistik‘ in der Einleitung unter Punkt 4. Malal. 235, 15. Austin, Krieg und Kultur S. 141; Ehling, Freunde S. 45. Bei dem von Malalas erwähnten „Antiochos Philopator“ könnte es sich auch um den Sohn des Antiochos IX., Antiochos X. Eusebes Philopator, handeln, auch wenn man diesen eher „Antiochos Eusebes“ genannt hätte. Antiochos IX. bezahlte den Bau des Musentempels allerdings nicht aus eigenen Mitteln, sondern erfüllte das Testament eines gewissen Maron, der von Antiocheia nach Athen ausgewandert war. Kahrstedt, Territorien S. 85. G. F. Hill, BMc Greek coins of Phoenicia, london 1910 (nachdruck Bologna 1965), S. cXX; 200 nr. 2; Kahrstedt, Territorien S. 78; Rigsby, Asylia S. 495 f. G. F. Hill, BMc Greek coins of Phoenicia, london 1910 (nachdruck Bologna 1965), S. cv f.; E. Honigmann, Sidon, RE II A 2, Stuttgart 1923, Sp. 2225; Rigsby, Asylia S. 491 ff. Mit dem Datum 202 S. Ä. = 111/110 wurden in Sidon Münzen für den neunten Antiochos geschlagen: Houghton, Reigns S. 96. IvDélos 1551. Der Demos von laodikeia ehrte Antiochos vIII. dafür mit einer Ehrenstatue (?) in Delos. Das Datum ergibt sich durch den in der Inschrift genannten eponymen delischen Beamten Polykleitos. Rigsby, Asylia S. 500 ff. Wie die unten besprochene Inschrift Welles, Rc 71 und die Münzen von Seleukeia in Pierien zeigen, sind die Begriffe Autonomie und Freiheit gleichbedeutend.
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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für die Unterstützung, die er dabei von den Tripolitanern erfuhr, schenkte er ihnen die Autonomie.893 Diese Vermutung wird noch wahrscheinlicher, wenn, wie im folgenden gezeigt werden soll, umgekehrt Antiochos IX. (und nicht, wie überwiegend angenommen wird, Antiochos vIII.) der Stadt Seleukeia in Pierien die Autonomie schenkte. Im August/September 109894 wurde Seleukeia in Pierien für ewige zeit für frei erklärt (dëåýèåñïò).895 Die vergabe dieser „vornehmsten und größten Wohltat“ (ðñþôç êár ìåãßóôç åšåñãåóßá)896 teilt ein König Antiochos seinem Bruder König Ptolemaios Alexander (= Ptolemaios X. Alexander I.) in einem Brief mit, der sich inschriftlich in Paphos auf cypern erhalten hat.897 In der Forschung wird, den Untersuchungen U. Wilckens898 folgend, fast immer Antiochos vIII. als verfasser des Freiheitsbriefes angesehen.899 Selten sind Stimmen, die darauf hinweisen, daß es sich letztlich nicht definitiv entscheiden läßt, ob die Urkunde von Antiochos vIII. oder Antiochos IX. stammt.900 Wenn in zeile 4−7 davon die Rede ist, daß die Bewohner von Seleukeia immer treu zum ðáôÞñ des Briefschreibers gestanden hätten, so kann sich dies auf Antiochos vII., den vater des Antiochos IX., ebensogut beziehen wie auf Demetrios II., den vater des Antiochos vIII.,901 da beide in hohem Maße von der Unterstützung der Bewohner profitiert hatten. Wie die datierten Münzen von Antiocheia belegen,902 wurde in der syrischen Hauptstadt im Jahr 203 S. Ä. = 110/09 (also dem Jahr der Inschrift) sowohl für Antiochos vIII. als auch Antiochos IX. geprägt.903 Im August/September 109 könnte also ebenso Antiochos IX. Herr über das nahegelegene Seleukeia gewesen sein,904 zumal er, wie A. Houghton 893 894
895
896 897 898 899 900 901 902 903 904
Gegen diese Annahme spricht nicht, daß Antiochos IX. um 107 für eine gewisse zeit in Tripolis residierte: Ios. ant. Iud. 13, 279. Das Datum nach der Textrekonstruktion bei Welles, Rc 71 z. 18: (hôïõò) ãóA, Ãïñãéáßïõ êèA. Das Jahr ÃÓ = 203 S. Ä. Bei Wilcken, Beitrag S. 437 z. 18 findet sich noch die ältere lesung: l ã Ãïñðéáßïõ ê[â?] (sic). nach den autonomen Münzen von Seleukeia gelangt Wilcken zur Datierung des Briefes in den August/September 108. Durch die lesung l ã „Jahr 3“ ist Wilcken zu der Annahme gezwungen, Antiochos vIII. habe nach seiner Rückkehr aus dem Exil in Aspendos im Jahr 111 mit einer neuen zählung seiner Regierungsjahre begonnen: S. 440. Danach Bevan, House II S. 255. Das demotische l steht für griechisch hôïò. Wilcken, Beitrag S. 437 z. 13 und S. 444; Welles, Rc 71 z. 13. Die Stadt war von Antiochos vII. 139/38 (= 174 S. Ä.) bereits für jåñN êár Tóõëïò erklärt worden: G. Macdonald, Seltene und unedierte Seleukidenmünzen, zfn 29, 1912, S. 99 nr. 27 mit Taf. 5, 5 (Berlin, Slg. löbbecke). vgl. auch Welles, Rc S. 292 Anm. 3 und Rigsby, Asylia S. 486 f. und siehe Kap. I 2, 7. Welles, Rc 71 z. 11 f. Wilcken, Beitrag S. 436 ff.; Welles, Rc 71. Dort auch S. 288 f. weitere literaturhinweise zu diesem wichtigen Schreiben. Beitrag S. 436 ff.; ders. Antiochos (31) Sp. 2482. zuletzt cohen, conflict S. 16: “probably Grypus”. Welles, Rc 71 S. 290: “certain identification of the king Antiochus of these letters is, in the present state of the evidence, impossible”. Welles, Rc 71 S. 291. Die Wilcken noch nicht komplett gesammelt vorlagen. Houghton, Reigns S. 92; 96. Seleukeia lag 120 Stadien von Antiocheia entfernt: Strab. 16, 2, 7 = 751.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
aus den Münzen schließt, nach der Wiedergewinnung Antiocheias (110/09) die Stadt vielleicht noch etwa zwei Jahre besetzt halten konnte,905 d. h. nicht Antiochos vIII., sondern Antiochos IX. im August/September 109 in Antiocheia regierte.906 Daß tatsächlich Antiochos IX. mit größerer Wahrscheinlichkeit der verfasser des Briefes (OGIS I 257 = Welles, Rc 71/72) war, geht m. E. aus der oben wahrscheinlich gemachten Allianz zwischen Ptolemaios X. Alexander I., Kleopatra Iv. und Antiochos IX. hervor: So dürfte Antiochos IX. vor seiner landung in Syrien im Jahr 113 seine Streitkräfte auf cypern versammelt haben. cypern wurde seit 116 von Ptolemaios X. Alexander I. in der Stellung eines óôñáôçãüò verwaltet, bis er sich 114/13 zum König in cypern ausrufen ließ.907 Da sich Ptolemaios X. Alexander I. den Königstitel ‚gegen‘ seinen Bruder Ptolemaios IX. Soter II. zulegte, war er auf verbündete angewiesen und hat deshalb wahrscheinlich den Seleukiden Antiochos IX. unterstützt. Davon muß man auch deshalb ausgehen, weil Kleopatra Iv. auf cypern ein Heer anwarb, das sie etwa 112 mit nach Syrien brachte und dem neunten Antiochos zur verfügung stellte.908 Die Anwerbung des Heeres kann eigentlich nur mit dem Einverständnis ihres Bruders Ptolemaios X. Alexander I. und dessen óôñáôçã’ò êár Pñ÷éåñå˜ò êár Pñ÷éêýíçãïò ôyò íÞóïõ Helenos erfolgt sein.909 Der Ausdruck bei Iustin (39, 3, 3), Kleopatra Iv. habe das exercitum Cypri sollicitatum nach Syrien geführt, besagt dann nicht, daß sie das Heer Ptolemaios X. Alexander I. „abspenstig“ machte,910 sondern es „gewann“, vermutlich durch hohe Soldversprechungen.911 Es bestand demnach keine Gegnerschaft zwischen Ptolemaios X. Alexander I. und Kleopatra Iv., wie U. Wilcken annimmt,912 vielmehr befanden sich beide im Einverständnis miteinander. Ebenso kann die seleukidisch-ptolemäische Eheverbindung zwischen Antiochos IX. und Kleopatra Iv. nur mit zustimmung des Ptolemaios X. Alexander I. zustande gekommen sein. Dazu paßt die Anrede in dem besagten Brief 905 906 907
908 909
910 911 912
Houghton, Reigns S. 92. Dagegen geht cohen, conflict S. 16 davon aus, daß Antiochos IX. zwar Antiocheia, aber nicht das nahegelegene Seleukeia beherrschte, das er Antiochos vIII. zurechnet. zur Datierung: Wilcken, Beitrag S. 439; Mooren, Titulature S. 196; R. S. Bagnall, The Administration of the Ptolemaic Possessions Outside Egypt (columbia Studies in the classical Tradition Iv), leiden 1976, S. 261; Hölbl, Geschichte S. 184. Die Königsproklamation ist von Welles, Rc 71 S. 291 ausdrücklich bezweifelt worden. Aber daß Ptolemaios X. Alexander I. den Königstitel führte, geht nicht nur aus der Inschrift Welles, Rc 71 hervor, sondern wird von Porphyrios FGrHist 260 F 2, 8 bestätigt. Iust. 39, 3, 3. Siehe oben S. 219 f. Über diesen Helenos sind wir sehr gut unterrichtet: W. Otto, Helenos (5), RE vII 2, Stuttgart 1912, Sp. 2847 f.; Mooren, Titulature S. 195 ff. Er war ôñïöåýò des zehnten Ptolemäers und führte als óõããåíÞò den höchsten Hofrangtitel. zu cypern unter den Ptolemäern: R. S. Bagnall, The Administration of the Ptolemaic Possessions Outside Egypt (columbia Studies in the classical Tradition Iv), leiden 1976, S. 38 ff. zu Helenos speziell ebenda S. 260 f. basierend auf T. B. Mitford, Helenos, Governor of cyprus, JHS 79, 1959, S. 94−131. Wilcken, Beitrag S. 447. zu der Iustin-Stelle 39, 3, 3 vgl. O. Eichert, vollständiges Wörterbuch zur philippischen Geschichte des Justinus, Hannover 1882 (nachdruck Hildesheim 1967), S. 171 s. v. sollicito: „anlocken, zu gewinnen suchen, an sich ziehen“. Beitrag S. 447.
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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(Welles, Rc 72 z. 2) als „Bruder“ vorzüglich, da Antiochos IX. und Ptolemaios X. Alexander I. durch die Eheschließung verschwägert waren.913 nach den Antiochos IX.-Münzen SnG Israel I 2681−2686 zu schließen, die das Wappen der Stadt Seleukeia in Pierien, den geflügelten Blitz, tragen und in das Jahr 114/13 datiert sind, ist der Seleukide von cypern aus über Seleukeia nach Syrien gekommen. Antiochos IX. verdankte den Bewohnern der Stadt also sehr viel und dürfte eben deshalb diesen die Freiheit verliehen haben. Dagegen ist nicht recht deutlich, aus welchen Gründen Antiochos vIII. der Stadt die Freiheit verliehen haben sollte, was U. Wilcken einräumen muß.914 Schließlich sei noch auf zwei Formulierungen im Brief selbst aufmerksam gemacht, die ebenfalls für Antiochos IX. als Autor sprechen: 1.) paßt der schlichte Hinweis auf den in zeile 5 genannten ðáôÞñ gut zu Antiochos IX., der den dynastischen Beinamen Philopator trug, und 2.) scheint mir der Ausdruck ô§é ðáôñr ½ì§í ðñïóêëçñùèÝíôáò (z. 5), der besagt, daß sich die Seleukener dem vater „angeschlossen“ hätten, besser auf die Situation Antiochos’ vII. im Frühjahr 138 zu passen915 als die von Wilcken angeführten Unterstützungsaktionen der Stadtbewohner für Demetrios II.916 Insgesamt sprechen die besseren Argumente also für Antiochos IX. als verfasser des Briefes Welles, Rc 71/72.917 Damit ergibt sich, daß Antiochos vIII. im Jahr 112/11 vermutlich Tripolis für „heilig, unverletzlich und autonom“ und Antiochos IX. Seleukeia im Sommer 109 für „frei“ erklärte. Und während, wie man der ins Jahr 110/09 datierten Inschrift IvDélos 1551 entnehmen kann, Antiochos vIII. mit der anderen bedeutenden Hafenstadt, laodikeia, auf gutem Fuße stand, könnte möglicherweise umgekehrt Antiochos IX. Sidon durch den jåñN êár Tóõëïò-Status begünstigt haben. In der weiteren, im einzelnen nicht mehr greifbaren Entwicklung verschoben sich bis ca. 108/07 die Kräfteverhältnisse in der Weise, daß Porphyrios (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 24) resümierend schreiben kann, Antiochos vIII. habe Syrien, Antiochos IX. Koilesyrien beherrscht.918 zwischen 110/09 und 108/07 913 914 915 916
917 918
Auch wenn Kleopatra Iv. im Jahr 109 bereits tot, d. h. ermordet worden war, siehe oben. Beitrag S. 445. Im Frühjahr 138 konnte Antiochos vII., nachdem die anderen Küstenstädte sich geweigert hatten, ihn aufzunehmen, mit seiner Kriegsflotte in Seleukeia in Pierien landen und damit die Thronnachfolge antreten. Siehe oben Kap. II 7. Beitrag S. 441: „Wenn nicht schon früher werden die Seleukener sogleich nach dem Tode des Ptolemaios Philometor, dessen Partei sie kurz vorher ergriffen hatten, zum Demetrios übergegangen sein, der auch sonst die Erbschaft des Aegypters in Syrien antrat. Als bald darauf dem Demetrios in Antiochos vI Dionysos, dem von Diodotos vorgeschobenen unmündigen Sohne des Usurpators Alexandros Balas ein neuer Feind erstand, ergriffen die Seleukener die Gelegenheit, dem echten Seleukiden die Treue zu beweisen. Sie nahmen den Flüchtigen, der die Schlacht verloren hatte, in ihren Mauern auf“. Dagegen spricht, daß die Allianz zwischen Ptolemaios X. Alexander I. und Antiochos IX. später zerfiel, siehe unten. … ¿ EÁíôßï÷ïò êár êñáôås ìcí ášô’ò ôyò Óõñßáò, ¿ äc Êõæéêçí’ò ôyò Êïßëçò. Allerdings prägte z. B. Damaskos in den Jahren 109 bis 107 und 104 bis 98 für Antiochos vIII.: newell,
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
muß sich die lage aber mehr und mehr beruhigt haben, da Antiochos IX. militärisch gegen Hyrkan I. in Samaria aktiv wurde.919 An dieser Stelle sei auf neuere numismatische zeugnisse hingewiesen, die licht auf die vorgänge im Süden von Koilesyrien/Phönikien werfen, und zwar die Bronzemünzen der Stadt Gaza mit dem Datum lÅÓ. Das Jahr ist nach der Seleukidenära von 312 ab gezählt und entspricht dem Jahr 108/07. Auf den Münzrückseiten wird der Status der Stadt als ÉÅÑ ÁÓÕ bezeichnet, d. h. die Stadt war „heilig und asylieberechtigt“ (jåñN êár Tóõëïò). Sehr wahrscheinlich wurde ihr der Status durch Antiochos IX. verliehen, der in diesen Jahren den Süden des Seleukidenreiches weitgehend beherrschte.920 Antiochos IX. versuchte auf diese Weise die loyalität der Bewohner von Gaza gegen die Ptolemäer und Juden zu gewinnen. letztlich machte sich aber auch Gaza unabhängig, denn nur wenige Jahre später begann die Stadt nach einer eigenen Ära zu zählen. Ihre Münzen der Jahre 96/95, 95/94 und 93/92 tragen (von 108/07 an gerechnet) die Angaben lÉÃ (Jahr 13), lÉÄ (Jahr 14) bzw. lÉc (Jahr 16), wobei die verwendung des wohl demotischen l für griechisch hôïò jetzt den ptolemäischen Einfluß verrät.921 Im Einvernehmen mit den Seleukidenkönigen hatten, wie Josephus schreibt, die Samaritaner die jüdischen Kolonisten und Bundesgenossen im Gebiet von Samaria hart bedrängt.922 von Johannes Hyrkan I. nun ihrerseits angegriffen und belagert, riefen sie Antiochos IX. zu Hilfe.923 Dieser zog nach Süden, wurde jedoch von einem der Söhne Hyrkans I., Aristobulos, geschlagen und mußte sich nach Skythopolis zurückziehen. Da die Juden die Belagerung Samarias fortsetzten, erneuerten die Stadtbewohner ihr Hilfegesuch an Antiochos IX. (Ios. ant. Iud. 13, 277). Mit 6.000 ägyptischen Soldaten, die diesem von Ptolemaios IX. Soter II. zur militärischen Unterstützung gesandt worden waren,924 gelang es dem Seleukiden, Judäa
919
920 921 922 923 924
lSM S. 73 ff.; SnG Israel I 2662, d. h. Antiochos IX. konnte Koilesyrien also nur teilweise halten, wie cohen, conflict S. 16 richtig anmerkt. Eine Datierung in die zeit zwischen 111 und 107 wird von cohen, conflict S. 16; 122 vertreten. Bis zum Tod der Kleopatra Tryphaina (111/09 ?) dürften die Kämpfe aber noch heftig gewesen sein. zumeist wird das Eingreifen des neunten Antiochos in das Jahr 107 oder kurz vor 107 gesetzt: Giovannini/Müller, Beziehungen S. 160 mit Anm. 15. Wie die besprochenen Münzen von Gaza zeigen, gehört das Eingreifen des neunten Antiochos mehr in die zeit 108/07, siehe unten. zu Münzen Antiochos’ IX., die in dieser zeit in Samaria geprägt worden sein könnten, vgl. die Ausführungen von A. Houghton: B. Kritt/O. D. Hoover/A. Houghton, Three Seleucid notes, AJn 12, 2000, S. 107−112 mit Taf. 20, 1−2. Allerdings stand Damaskos im Jahr 109/08 auf Seiten des Antiochos vIII. zu den Münzen ausführlich: A. Kushnir, Gaza coinage Dated lIc− a Reappraisal, SnR 74, 1995, S. 49−55 und dies., late Hellenistic coins of Gaza and the date of the Hasmonean conquest of the city, SM 50, 2000, S. 22−24. Ant. Iud. 13, 275. vgl. zu dieser Stelle die Anmerkung von Marcus, Josephus S. 366 zu a und zum folgenden Bouché-leclercq, Histoire I S. 407 f.; Bevan, House II S. 256; Bellinger, End S. 69 f.; cohen, conflict S. 16. Der Samariafeldzug Hyrkans I. wird ausführlich besprochen von G. Finkielsztejn, More evidence on John Hyrcanus I’s conquests: lead weights and Rhodian amphora stamps, Bulletin of the Anglo-Israel Archeological Society 16, 1998, S. 33−63. Ios. ant. Iud. 13, 278. cohen, conflict S. 16 f.; 24; Hölbl, Geschichte S. 187; Huß, Ägypten S. 637. In der Parallelerzählung (bell. Iud. 1, 65) ist nicht von Antiochos IX., sondern Antio-
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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zu verwüsten. Dadurch sollte die Armee Hyrkans I. zum Abzug aus Samaria gezwungen werden (Ios. ant. Iud. 13, 278). Wie das bei Ios. ant. Iud. 14, 247−255 überlieferte senatus consultum zeigt,925 konnte das Heer des Seleukiden einige Befestigungen, Häfen und größere landstriche unter seine Kontrolle bekommen; in die Stadt Joppe wurde eine seleukidische Besatzung gelegt. Hyrkan I. erreichte in Rom jedoch einen Senatsbeschluß, der Antiochos IX. zwang, seine Eroberungen aufzugeben.926 Der König zog sich nach Tripolis zurück (Ios. ant. Iud. 13, 279). Seine Generale Kallimander und Epikrates927 führten den Krieg gegen die Juden in Samaria wenig erfolgreich weiter: Kallimander fiel und Epikrates, dem es nicht gelang, Samaria zu entsetzen, ließ sich bestechen und gab Skythopolis und Umgebung den Juden preis (Ios. ant. Iud. 13, 280−283). Hyrkan I. nahm Samaria nach einjähriger Belagerung ein928 und zerstörte die Stadt weitgehend. Obwohl Josephus dies nicht ausdrücklich vermerkt, wird man doch annehmen müssen, daß Hyrkan I. auch in Samaria seine Politik der zwangsjudaisierung fortsetzte.929 Für die zeit vom Rückzug des neunten Antiochos nach Tripolis (ca. 106)930 und der Ermordung des achten Antiochos im Jahr 98/97 (siehe unten Kap. II 11) liegen uns so gut wie keine Nachrichten zur Geschichte des Seleukidenhauses vor.931 In die von Josephus ausführlich geschilderten Kämpfe zwischen den Ptolemäern (Ptolemaios IX. Soter II., Kleopatra III., Ptolemaios X. Alexander I.), lokalen
925
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chos Aspendios, d. h. Antiochos vIII., die Rede, vgl. dazu auch Marcus, Josephus S. 376 zu d. Es muß demnach eine Übereinkunft zwischen dem neunten Antiochos und Ptolemaios IX. Soter II. bestanden haben. Die Sekundärliteratur hat dies nicht weiter problematisiert, sondern einfach Josephus ausgeschrieben. So heißt es etwa bei Bellinger, End S. 70 schlicht: “This time he asked for 6,000 men from Ptolemy lathyrus who supplied them …”. zwar ist die Unterstützung eines Seleukiden durch die Ptolemäer nicht selten, aber doch auch nicht selbstverständlich. Ob das 113 geschlossene Bündnis zwischen Antiochos IX. und Ptolemaios X. Alexander I. durch die neue verständigung zwischen Antiochos IX. und Ptolemaios IX. Soter II. für beendet angesehen wurde oder trotzdem weiter bestand, läßt sich nicht entscheiden. Die Bündnisse und Koalitionen waren immer recht kurzlebig und ganz von Augenblicksinteressen bestimmt. − Dem knappen Bericht des Josephus läßt sich auch nicht entnehmen, ob es zwischen Antiochos IX. und Ptolemaios IX. Soter II. zu einer vertraglichen vereinbarung oder lediglich einer losen Absprache kam. Offenbar ist nur, daß der Ptolemäer eine Schwächung der ausgreifenden jüdischen Eroberungspolitik wünschte und deshalb ägyptische Truppen zur verfügung stellte. Daß der Seleukide auf diese Unterstützung angewiesen war, sagt viel über die numerische Stärke seiner eigenen Truppenkontingente aus. Das Sc wird von Bevan, House II S. 256 und Giovannini/Müller, Beziehungen S. 156 ff. richtig in diesen chronologischen und historischen zusammenhang gestellt. Bellinger hat das zeugnis in diesem Kontext nicht berücksichtigt. vgl. außerdem cohen, conflict S. 17 Anm. 8. vgl. dazu Gauger, Beiträge S. 323; Baltrusch, Juden S. 110. zu Kallimander: Grainger, Prosopography S. 99 und Savalli-lestrade, Philoi S. 79. zu Epikrates: Grainger, Prosopography S. 89. Eine der wenigen zeitangaben in diesem Erzählabschnitt bei Josephus: ant. Iud. 13, 281. Bereits sein vorgänger Simon betrieb eine bewußte Judaisierungspolitik z. B. gegenüber den Bewohnern von Joppe: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 105. Die Datierung nach Rigsby, Asylia S. 495. In Tripolis wurden für Antiochos IX. noch im Jahr 105/4 Münzen geprägt: Houghton/le Rider, Premier S. 406 mit lit. in Anm. 26. cohen, conflict S. 17.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Dynasten (dem Tyrannen von Stratons-Turm und Dora zoïlos) und den Juden (dem seit 103 regierenden jüdischen König Alexander Jannaios)932 waren die Seleukiden ebensowenig verwickelt wie in die innerptolemäischen Kämpfe, die heute unter dem namen ‚Krieg der Szepter‘ bekannt sind,933 und das, obwohl diese Kämpfe zeitweise auf dem Boden Syriens und Koilesyriens ausgetragen wurden.934 Ausdrücklich bemerkt Josephus, daß sich die Bewohner von Ptolemaïs, als diese nach der Thronbesteigung des Alexander Jannaios von den Juden angegriffen wurden, nicht an die Seleukidenkönige um Hilfe wandten, weil diese mit sich selbst beschäftigt waren, sondern an Ptolemaios IX. Soter II.935 Die Seleukiden wurden nur insofern von diesen Ereignissen berührt, als Antiochos vIII. in Übereinkunft mit Kleopatra III. um 104 deren Tochter und Ex-Ehefrau des Ptolemaios IX. Soter II., Kleopatra v. Selene, heiratete.936 In den Jahren zwischen 106/05 und 98/97 waren Antiochos vIII. und Antiochos IX. sehr wahrscheinlich immer wieder in Auseinandersetzungen im nordsyrisch-kilikischen Raum verwickelt, über die es aber wohl wenig Interessantes zu berichten gab, so daß schon Josephus unsere Hauptquelle, keine näheren nachforschungen darüber anstellte, zumal sein Blick ohnehin mehr den vorgängen in Judäa gilt.937 Über eine bedeutende dynastische verbindung − die Hochzeit des Antiochos IX. mit Brittane, der Tochter des Partherkönigs −, berichtet allein der nicht immer zuverlässige Malalas.938 Da die Nachricht sehr auffällig und es schwer vorstellbar ist, daß Antiochos IX. zwischen Ende 112 (Tod der Kleopatra Iv.) und 98/97 (der Hochzeit mit Kleopatra v. Selene) nicht verheiratet gewesen sein soll, möchte man der Überlieferung glauben schenken.939 Seit Mitte des 2. Jhs. führte der zunehmende zerfall des Seleukidenstaates als Ordnungsmacht im östlichen Mittelmeerraum zu einer immer stärkeren Ausbreitung des Seeräubertums.940 Im Jahr 102 übertrug der römische Senat schließlich dem 932 933 934 935 936 937 938 939 940
Josephus’ Bericht fußt hier möglicherweise auf Timagenes. zur Datierung des Regierungsbeginns des Alexander Jannaios: van’t Dack, conflict S. 118 ff. cohen, conflict S. 17. Diese Ereignisse gehören in den Bereich der ptolemäischen Geschichte und werden deshalb hier nicht weiter behandelt. vgl. Ios. ant. Iud. 13, 351; 355 f. Hölbl, Geschichte S. 188 f.; Huß, Ägypten S. 649. Ant. Iud. 13, 325. Der Ptolemäer leistete dem Hilfegesuch Folge: Ios. ant. Iud. 13, 328 ff. Iust. 39, 4, 4. Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 783. vor oder um 103: cohen, conflict S. 17; Hölbl, Geschichte S. 189; Huß, Ägypten S. 649. Kleopatra v. war später mit Antiochos IX. und anschließend mit dessen Sohn Antiochos X. verheiratet. Auch die Münzen aus diesen Jahren liefern keine wirklich nennenswerten Informationen. 208, 26. Wenn die Überlieferung richtig ist, müßte ihr vater Mithradates II. (122−91/88) gewesen sein. Denkbar wäre freilich auch, daß Brittane nur eine Angehörige der parthischen Königsdynastie war. In der Überlieferung wäre sie dann zur Königstochter geworden. Ogden, Polygamy S. 156. Brittane fehlt sowohl bei M. Karras-Klapproth, Prosopographische Studien zur Geschichte des Partherreiches auf der Grundlage antiker literarischer Überlieferung, Bonn 1988, als auch bei Grainger, Prosopography. Schuld an der Ausbreitung des Piratentums waren die Flottenabrüstungsbestimmungen des Friedens von Apameia und der niedergang von Rhodos: Jones, cities S. 201; vogt, Republik S. 335; Pohl, Piraterie S. 126 f. mit Anm. 138; 147; Bringmann, Republik S. 291. Anders Wiemer, Rhodos S. 129, der ein rhodisches Kalkül dahinter vermutet.
10.) Erhebung des Antiochos IX. und Kämpfe mit Antiochos vIII.
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Praetor M. Antonius die Aufgabe, energisch gegen das Seeräuberunwesen in Kilikien vorzugehen.941 Dauer und Ergebnis dieser Polizeiaktion bleiben ungewiß. Den Periochae des livianischen Geschichtswerkes zufolge942 scheint das Unternehmen noch im selben Jahr abgeschlossen worden zu sein,943 doch kam M. Antonius erst im Jahr 100 nach Rom zurück.944 Und während Iulius Obsequens 44 von der vernichtung der Seeräuber spricht,945 weiß liv. per. 48 nur von deren verfolgung.946 letzteres wird wohl im Kern eher zutreffen, und deshalb wurde nach der Rückkehr des Praetors im Jahr 99 oder 98947 die sog. lex de provinciis praetoriis erlassen, die in zwei griechischen versionen (Delphi und Knidos) überliefert ist.948 Darin wird u. a. die Schaffung einer dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ angekündigt,949 um die Sicherheit der Seefahrt vor der kilikischen Küste zu gewährleisten. Die regierenden Könige von cypern, Ägypten, cyrene und Syrien (letztere im Plural) werden angewiesen, der Seeräuberei in ihren Reichen aktiv vorzubeugen.950 Der Begriff der dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ dürfte am besten mit „Militärbezirk“ zu übersetzen sein.951 Was die territoriale Ausdehnung dieser dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ nach Osten betrifft, so hielt sich Rom bis Anfang der 70er Jahre an die im Friedensvertrag von Apameia vereinbarte Grenze.952 Ostkilikien einschließlich Seleukeia am Kalykadnos blieb seleukidisch. Die Stadt war im Jahr 98/97 Residenzstadt des Seleukos vI.953 Erst im Jahr 941 942 943 944 945 946 947 948
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Maróti, Seeräuberei S. 35; Pohl, Piraterie S. 208 ff.; Schulz, Weltreichsbildung S. 434 f.; de Souza, Piracy S. 102 ff.; Bringmann, Republik S. 292. liv. 68, 1. Pohl, Piraterie S. 212 f. Hassall/crawford/Reynolds, cnidos S. 211. C. Mario, Q. Lutatio consulibus … Piratae in Cilicia a Romanis deleti. M. Antonius praetor in Ciliciam maritimos praedones persecutus est. Mit den praedones sind die Piraten gemeint: Pohl, Piraterie S. 212. Die Datierung nach Girardet, Imperia S. 171 Anm. 72. Anders: de Souza, Piracy S. 108, der das Gesetz ins Jahr 100 datiert. Die Benennung des Gesetzes nach W. Blümel (Hg.), Die Inschriften von Knidos. Teil 1 (I. K. 41), Bonn 1992, S. 13 ff. und de Souza, Piracy S. 108 ff. Es wird zumeist als lex de piratis persequendis tituliert: A. Giovannini/E. Grzybek, la lex de piratis persequendis, MH 35, 1978, S. 33−47; R. K. Bulin, Untersuchungen zur Politik und Kriegsführung Roms im Osten von 100−68 v. chr., Frankfurt am Main/Bern 1983, S. 15 ff.; Girardet, Imperia S. 171. Das lateinische Original ist nicht überliefert. zu dem Gesetz vgl. Maróti, Seeräuberei S. 35 f.; Pohl, Piraterie S. 216 ff.; Hassall/crawford/Reynolds, cnidos S. 195−220; W. Blümel (Hg.), Die Inschriften von Knidos. Teil 1 (I. K. 41), Bonn 1992, S. 13 ff. Hassall/crawford/Reynolds, cnidos S. 202 z. 37. Pohl, Piraterie S. 241; Girardet, Imperia S. 171 spricht von einer „mit imperialem Ton ziemlich massiv angeordnete(n) Solidaritätsaktion aller an das Mittelmeer angrenzenden Angehörigen des imperium populi Romani“. Hassall/crawford/Reynolds, cnidos S. 207 übersetzen den Ausdruck mit „praetorian province“, so auch de Souza, Piracy S. 109 mit Anm. 63. A. n. Sherwin-White, Rome, Pamphylia and cilicia, 133−70 B. c., JRS 66, 1976, S. 6 übersetzt den Begriff mit „general’s province“ und schreibt dazu: “It is not certain exactly what is meant by this crucial phrase. From the usage of the law in other sections it seems that the phrase does not necessarily mean that cilicia has been made a separate province”. Pol. 21, 42, 14; liv. 38, 38, 9. Siehe unten Kap. II 12.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
78 griffen die Römer über diese Grenze hinaus,954 als ein bellum novum (Eutrop. 6, 1, 1), ein neuer Seeräuberkrieg, in Kilikien und Pamphylien entbrannte. Dabei wurde die Piratenhochburg Korykos durch Truppen des Proconsuls P. Servilius vatia (78−76) eingenommen, der als erster Römer in Tauro iter fecit (Eutrop. 6, 3, 1).955 Die Einrichtung der dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ setzte die Seleukiden in Ostkilikien unter Druck. Um die Städte an sich zu binden, waren sie, wie in Phönikien, zur vergabe bestimmter Privilegien gezwungen. So fällt wahrscheinlich die inschriftlich bezeugte verleihung der Asylie an das Isis- und Sarapisheiligtum von Mopsuhestia in diese Jahre.956 Wahrscheinlich handelt es sich bei den in zeile 4 dieser Inschrift genannten „Königen“ um Seleukidenkönige,957 eben um Antiochos vIII. und Antiochos IX.958 Mit Sicherheit darf man annehmen, daß die anderen ostkilikischen Städte in dieser zeit ähnliche Privilegien erhalten haben. Die verschiebung der seleukidischen Interessen in den nordsyrisch-kilikischen Raum kommt auch in der verheiratung der Tochter des Antiochos vIII., laodike Thea Philadelphos, mit Mithradates I. Kallinikos von Kommagene zum Ausdruck. Weder laodike, die Tochter der Kleopatra Tryphaina, noch Mithradates I. werden in den erzählenden Quellen erwähnt; die Eheschließung geht aber, wie Th. Mommsen als erster erkannte, aus der Inschrift OGIS I 383 hervor.959 Das Jahr der Hochzeit ist unbekannt, könnte aber in die zeit um 102 anzusetzen sein. Diese dynastische verbindung war für Antiochos vIII. in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung: zum einen sicherte er die nordgrenze seines Herrschaftsgebietes; möglicherweise zeichnete sich eine Bedrohung Syriens durch Armenien bereits ab.960 zum anderen gewann der achte Antiochos mit Mithradates I. einen wichtigen verbündeten gegen Antiochos IX. und so dürfte die Allianz mit Mithradates I. Kallinikos von Kommagene auch eine Reaktion auf die Ehe des neunten Antiochos mit der parthischen Königstochter Brittane gewesen sein.961 954 955
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vielleicht, weil inzwischen Philipp I. in Olba verstorben war. Er erhielt dafür den Beinamen Isauricus: Festus 12; Eutrop. 6, 3, 1. Gelzer, Pompeius S. 75; christ, Krise S. 240 f.; Maróti, Seeräuberei S. 36; de Souza, Piracy S. 128 ff.; Bringmann, Republik S. 293. Ebenso wurden einige lykische Städte, darunter Phaselis, eingenommen: Eutrop. 6, 3, 1. Anführer der Seeräuber war zeniketes, der sich nach der Eroberung des Olympos durch die Soldaten des Servilius vatia mit seiner Familie selbst tötete: Strab. 14, 5, 7 = 671. Eine umfassende lösung des Seeräuberproblems brachte erst die Militäraktion des Pompeius im Jahr 66. Siehe unten Kap. II 13. Die Asylie wurde im Jahr 85 von Sulla und lucullus bestätigt: Sayar/Siewert/Taeuber, AsylieErklärungen S. 113 ff. zur Datierung ebenda S. 120; Rigsby, Asylia S. 465 ff. und Buraselis, Asylie S. 156. So auch die Herausgeber Sayar/Siewert/Taeuber, Asylie-Erklärungen S. 122 f. Ich vermute, daß einer der beiden Könige die Asylie an das Heiligtum vergab und der andere König diese dann auf Anfrage der Stadt hin bestätigte. Deshalb erscheinen die Könige in zeile 4 im Plural. Th. Mommsen, Die Dynastie von Kommagene, AM 1, 1876, S. 27−39. Siehe unten Kap. II 12. von dieser Eheschließung berichtet allein Malalas in 208, 26. Wenn die Überlieferung einen historischen Kern hat, müßte ihr vater Mithradates II. (122−91/88) gewesen sein. vielleicht
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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11.) TOD DES AnTIOcHOS vIII. (98/97) UnD GEFAnGEnnAHME DES DEMETRIOS III. (88/87) Die näheren Todesumstände Antiochos’ vIII. liegen im Dunkeln. Als Mörder nennt Josephus einen Herakleon (ant. Iud. 13, 365), der aus Berrhoia (sicher dem syrischen) stammte.962 Dieser Herakleon war der „allmächtige Günstling“ des achten Antiochos.963 Da er sich um die Disziplin der Soldaten bemühte,964 könnte er ein hoher Offizier,965 vielleicht sogar der ‚Generalfeldmarschall‘ des Antiochos vIII. gewesen sein.966 Die Hintergründe der Mordtat kennen wir nicht; es scheint aber, daß Herakleon eine eigene Herrschaft aufzurichten suchte.967 Gilt bislang das Jahr 96 als Todesjahr des Antiochos vIII.,968 so zeigen die nachstehenden Beobachtungen, daß dieses Datum mit ziemlicher Sicherheit nach oben zu korrigieren ist. Der Überlieferung bei Ios. ant. Iud. 13, 365 zufolge starb Antiochos vIII. nach 29 Regierungsjahren. Danach ergäbe sich vom Beginn der gemeinsamen Herrschaft mit Kleopatra Thea im Jahr 125 an gerechnet (siehe oben) das Jahr 96 als Todesjahr. Dieses Datum stellt für die Forschung einen der wenigen, literarisch gut bezeugten Fixpunkte innerhalb der verwickelten Ereignisabfolge der späteren Seleukidenzeit dar.969 Das Datum wird zudem durch Porphyrios bestätigt, der schreibt, daß der achte Antiochos bis zum 4. Jahr der 170. Olympiade (= 97/6) regierte (FGrHist 260 F 32, 24).970 Doch kommt A. Houghton bei seinen Untersuchungen der seleukidischen Münzprägung von Seleukeia am Kalykadnos in Kilikien971 angesichts der
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handelte es sich bei ihr aber auch nur um eine Angehörige der parthischen Königsdynastie. zu welchem zeitpunkt die Eheschließung stattfand, ist unbekannt. Doch war Antiochos IX. seit Ende 112 Witwer. Poseidonios bei Athen. 4, 153 b. zu Herakleon: W. Otto, Herakleon (3), RE vIII 1, Stuttgart 1912, Sp. 511; Malitz, Poseidonios S. 298 f.; Grainger, Prosopography S. 92; carsana, Dirigenze S. 157 f.; Savalli-lestrade, Philoi S. 88. zum syrischen Berrhoia vgl. Schneider, Kulturgeschichte I S. 738; Fatouros/Krischer, Antiochikos S. 144. W. Otto, Herakleon (3), RE vIII 1, Stuttgart 1912, Sp. 511. Poseidonios bei Athen. 4, 153 b−c. Malitz, Poseidonios S. 299. So Malitz, Poseidonios S. 299. vielleicht der Position des Epigenes unter Seleukos III. und Antiochos III. vergleichbar. zu Epigenes: Grainger, Prosopography S. 89 und Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 98 f. zu Herakleon schreibt Grainger, Prosopography S. 92, er „held a military office“; Bevan, House II S. 259 meint, daß er „King’s minister“ gewesen sei. Bellinger, End S. 72 nennt ihn „minister of war“. Da er nach dem Tode des Königs „das Reich“ besetzte, wie es bei Iustin prol. 39 heißt, siehe unten. Bevan, House II S. 259; Bellinger, End S. 72; Will, Histoire II S. 374 f. Bevan, House II S. 259. Seine Angabe, Antiochos vIII. habe insgesamt 26 Jahre geherrscht (FGrHist 260 F 32, 24), zählt offenbar vom Beginn der Alleinherrschaft an, der Porphyrios zufolge dann im Jahr 123/22 anzusetzen wäre. Im Jahr 122/21 endete die gemeinsame Münzprägung von Kleopatra Thea und Antiochos vIII. in Antiocheia. Tatsächlich regierte Antiochos vIII. ab Ende 121 alleine, siehe oben. Die Münzen dieser Stadt sind an dem fünfblättrigen Blatt im Feld erkennbar, bei dem es sich m. E. um ein Schilfblatt handelt. Der Flußgott Kalykadnos wird mit einem solchen Schilfblatt
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
hohen Prägequantität an Tetradrachmen dieser Münzstätte für Seleukos vI. (115 erhaltene Exemplare; 44 vorder-, 106 Rückseitenstempel; 24 Monogrammkombinationen) zu dem Schluß, daß diese Münzen nicht alle in einem kurzen zeitraum von zwei Jahren geprägt worden sein können.972 Houghton stellt fest: „The volume and variety of coin issues, which is unparalleled at any other mint of the later Seleucid Empire, argues … that it was likely produced over a longer period, perhaps as much as three or four years. This would place the beginning of Seleucus’ reign at this city (and the presumed date of Antiochus vIII Grypus’ death) some years earlier than has heretofore been supposed, perhaps in 98 or 97 B. c.“973 Für dieses Datum spricht auch, daß die letzten datierten Münzen für den achten Antiochos in Damaskos mit dem Jahr 214 S. Ä., d. h. 99/98 ausgegeben wurden.974 Die vermutung, daß das von Josephus bzw. Porphyrios überlieferte Datum auf 98/97 zu korrigieren ist, wird durch weitere Beobachtungen an der Münzprägung des Demetrios III. bestätigt. zunächst muß darauf hingewiesen werden, daß es einen Bronzemünztyp mit dem Datum �ÉÅ (= 216 S. Ä. = 97/96) gibt,975 der der älteren Forschung offenbar unbekannt war. Aus diesem Datum folgt, daß Demetrios III. in jedem Fall schon 97/96 an der Macht war und nicht erst 96/95976 oder gar 95.977 An diese datierten Bronzemünzen sollen im folgenden noch einige Überlegungen geknüpft werden, die nicht nur eine Merkwürdigkeit bei den von Demetrios III. geführten Epitheta erklären, sondern vor allem wahrscheinlich machen würde, daß Demetrios III. bereits seit 98/97 König von Syrien und sein vater zu diesem zeitpunkt bereits tot war. Die Münzen überliefern für Demetrios III. sechs Beinamen: Euergetes, Kallinikos, Philometor, Philopator, Soter und Theos.978 Auf den datierten Münzen von Damaskos, die von 97/96 bis 88/87 reichen, heißt er immer Theos Philopator Soter. Die Beinamen Philometor Euergetes kommen dagegen nur auf wenigen Münzen
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auf Münzen dargestellt, z. B. SnG Switzerland I 658 (Olba). Auf den seleukidischen Silbermünzen fehlt das Ethnikon, vgl. aber etwa das Stück SnG Switzerland I 700 mit Schilfblattmotiv und Stadtnamen. Fr. Imhoof-Blumer, zur syrischen Münzkunde, nz 33, 1901, S. 4 weist als erster diese Münzen der Stadt Seleukeia am Kalykadnos zu. A. R. Bellinger, A Seleucid Mint at Elaeusa Sebaste, AnSMn 3, 1948, S. 27 ff. und ders., End S. 73 Anm. 64 stellt diese zuweisung in Frage. Während G. K. Jenkins, Recent Acquisitions of Greek coins by the British Museum, nc 1959, S. 44 f. Bellinger folgt, spricht sich O. Mørkholm, Two Seleucid coin notes, nc 1957, S. 10 wieder für Seleukeia aus. vgl. zuletzt A. Houghton/W. Moore, Five Seleucid notes. 5. Seleucus vI at Elaeusa Sebaste, AnSMn 33, 1988, S. 67 mit Anm. 27−30. Houghton, Seleucia S. 97; Aperghis, Economy S. 239 schließt sich Houghton an. Houghton, Seleucia S. 97 f.; Houghton/Müseler, Reigns S. 61. Houghton, Seleucia S. 98. cSE 858; SnG Israel I 2825. Bellinger, End S. 72. Bevan, House II S. 260; Willrich, Demetrios (42) Sp. 2801 und Grainger, Prosopography S. 33. Hinzu kommt noch der inoffizielle Beiname Eukairos, aus dem die Bevölkerung die Spottform Akairos machte: Ios. ant. Iud. 13, 370.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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vor, Tetradrachmen und Bronzen, die nach Antiocheia gehören.979 Die Epitheta Philometor Euergetes Kallinikos erscheinen auf Bronzemünzen, die nach dem Reversmotiv, dem auf einem Thron liegenden Blitzbündel des zeus, der Prägestätte von Seleukeia in Pierien zugewiesen werden können.980 Weder die antiochenischen noch die seleukeischen Münzen tragen ein Datum, sie sind aber bestimmt gleichzeitig geprägt worden, nur daß in Antiocheia der Kallinikos-Beiname weggelassen wurde. Aber wie erklären sich diese ganz verschiedenen Epithetakombinationen, die A. R. Bellinger so „curious“ erschienen?981 Bei der lösung dieser Frage kann man sicher davon ausgehen, daß die Münzen mit den Epitheta Philometor Euergetes bzw. Philometor Euergetes Kallinikos nicht gleichzeitig mit den Theos Philopator SoterMünzen von Damaskos geprägt wurden. Da die Münzen von Damaskos alle fest in die zeit zwischen 97/96 und 88/87 datiert sind, liegt die Annahme auf der Hand, daß die Münzen von Antiocheia bzw. Seleukeia früher als die datierten Münzen von Damaskos ausgebracht wurden. Demetrios III. nannte sich also erst Philometor Euergetes Kallinikos und nach der Einnahme von Damaskos Theos Philopator Soter, d. h. es fand im Jahr 97/96 ein vollständiger Wechsel der Beinamen statt (dazu unten). Für die chronologie ergibt sich aus der verwendung der Epitheta Philometor Euergetes Kallinikos die vermutung, daß Demetrios III. dann bereits vor 97/96 König und sein vater, Antiochos vIII., tot war. zusammen mit der Argumentation A. Houghtons bezüglich des Prägebeginns für Seleukos vI. in Seleukeia am Kalykadnos und der Tatsache, daß die letzten datierten Münzen für Antiochos vIII. in Damaskos im Jahr 99/98 ausgebracht wurden,982 wird damit sehr wahrscheinlich, daß die bei Porphyrios und Josephus genannten Sterbedaten Antiochos’ vIII. 97/96 bzw. 96 um ein Jahr auf 98/97 nach oben zu rücken sind. nach der Ermordung seines königlichen Wohltäters übte Herakleon für kurze zeit eine eigene Herrschaft aus.983 E. R. Bevan schloß aus Strabon 16, 2, 7 = 751, der von einem Dionysios, Sohn des Herakleon, berichtet, daß es Herakleon gelang, sich in nordsyrien bei Bambyke und Berrhoia festzusetzen.984 Um 88 finden wir diese Region allerdings von dem Tyrannen Straton regiert,985 so daß sich W. Otto gegen Bevans vermutung aussprach.986 Eigene Münzen jedenfalls hat Herakleon 979 980 981 982 983 984
985 986
newell, SMA S. 118 nr. 434; cSE 390 und eine Bronze: cSE 391. Babelon, Rois S. 207 nr. 1571−1573 mit Taf. 28, 55; Gardner, BMc Seleucid Kings S. 101 nr. 7 mit Taf. 26, 11; SnG cop. 417; cSE 414; SnG Israel I 2824. End S. 75 Anm. 75. Bevan diskutiert die Beinamen-Problematik nicht. So späte Stücke kannte newell, lSM S. 73 ff. noch nicht; Houghton/Müseler, Reigns S. 60 f. mit Anm. 11. Iust. prol. 39 schreibt: Ut in Syria Heracleo post mortem regis occuparit imperium. Bevan, House II S. 259. House II S. 259. vgl. auch Bellinger, End S. 72 mit Anm. 60. Berrhoia war die Heimatstadt des Herakleon: Poseidonios bei Athen. 4, 153 b. In dieser Gegend wäre dann auch eine nach Herakleon benannte Stadt gegründet bzw. umbenannt worden: Strab. 16, 2, 7 = 751. zu Hierapolis (Bambyke) und Berrhoia: Orth, Geographie S. 84; 87. Ios. ant. Iud. 13, 384. Berve, Tyrannis I S. 433. Herakleon (3), RE vIII 1, Stuttgart 1912, Sp. 512; Grainger, Prosopography S. 92 folgt Bevan und sieht in Straton einen Sohn des Herakleon.
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nicht schlagen lassen; ob er den Königstitel führte, ist ungewiß, aber eher unwahrscheinlich. Unmittelbar nach der Ermordung des Antiochos vIII. (98/97) erhoben sich Seleukos vI. und Demetrios III., um die nachfolge ihres vaters anzutreten.987 Seleukos vI. etablierte sich in Kilikien988 mit Residenz in Seleukeia am Kalykadnos. Demetrios III. kam von Knidos (Ios. ant. Iud. 13, 370) und landete − nach den Bronzemünzen mit den Epitheta Philometor Euergetes Kallinikos zu schließen − mit Hilfe Ptolemaios’ IX. Soter II. in Seleukeia in Pierien.989 Es gelang ihm sogar, Antiocheia einzunehmen, wie die in der Hauptstadt für Demetrios III. geprägten Tetradrachmen mit den Beinamen Philometor Euergetes beweisen, die auch den ersten, noch bartlosen Porträttyp aufweisen.990 Ob sich Antiochos IX. zu diesem zeitpunkt in Antiocheia oder irgendwo in Syrien befand, ist unklar. Demetrios III. scheint sich einige Wochen oder Monate in der Hauptstadt gehalten zu haben, denn es gibt Bronzen, die zu den Beinamen Philometor Euergetes einen bärtigen Kopf zeigen.991 Vermutlich mußte er dann den Truppen Antiochos’ IX. weichen. Um diese zeit etwa dürfte der neunte Antiochos Kleopatra v. Selene, die ehemalige Frau Antiochos’ vIII., geheiratet haben.992 Mit dieser Ehe trat Antiochos IX. das Erbe seines Halbbruders an. nach der Inschrift IvPriene 121 zeile 14, die Seleukos (vI.) noch ohne Königstitel als Prinzen nennt,993 läßt sich vermuten, daß dieser bereits von seinem vater Antiochos vIII. mit gewissen Regierungsaufgaben betraut worden war. Möglicherweise war Seleukos vI. daher der älteste Sohn des achten Antiochos994 und als sein nachfolger vorgesehen. Bei seinem Regierungsantritt war er höchstens etwa 25 Jahre alt;995 vermutlich war er in Athen erzogen worden.996 Von Seleukeia aus unterwarf Seleukos vI., mit seinem Heer umherziehend, viele Städte (Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 25). vermutlich diente ihm seine reiche Tetradrachmenprägung
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995 996
zu Herkunft und Alter der beiden Könige siehe unten. Bellinger, End S. 72. Der Ort nach den Münzzeugnissen: Babelon, Rois S. 207 nr. 1571−1573 mit Taf. 28, 55; Gardner, BMc Seleucid Kings S. 101 nr. 7 mit Taf. 26, 11; SnG cop. 417; cSE 414; SnG Israel I 2824. zur ptolemäischen Unterstützung siehe unten. newell, SMA S. 118 nr. 434; cSE 390. cSE 391. App. Syr. 69, 366. Die Hochzeit läßt sich nicht genau datieren. Möglich wäre auch, daß sie schon zu lebzeiten des Antiochos vIII. stattfand: Wilcken, Antiochos (32) Sp. 2484. … êár ðñ’ò ÓÝëåõêïí ô’í âáóéëÝùò EÁíôéü÷ïõ ôï™ dã âáóéëÝùò Äçìçôñß[ïõ]. Siehe auch oben Kap. I 2, 4. Seleukos vI. gilt in der literatur als der älteste Sohn: Bellinger, End S. 72. Dies könnte aber auch Demetrios III. gewesen sein, von dessen Kindheit und Jugend wir allerdings nichts wissen. Überliefert ist lediglich, daß er sich vor seinem Regierungsantritt in Knidos aufhielt: Ios. ant. Iud. 13, 370. Die Ehe zwischen Antiochos vIII. und der ägyptischen Prinzessin Kleopatra Tryphaina wurde etwa 124 geschlossen. Siehe oben Kap. II 9. Was sich nach der Inschrift OGIS I 261 = IvDélos 1553 vermuten läßt, siehe oben Kap. I 2, 4.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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(siehe oben) zur Bezahlung der Söldner.997 Als erstes fiel Tarsos unter seine Kontrolle.998 Wahrscheinlich nicht erst 96/95 (Euseb. chron. I 259 = FGrHist 260 F 32, 24), sondern nach der verbesserten chronologie bereits 97/96999 kam es vor den Toren Antiocheias zur Entscheidungsschlacht zwischen Seleukos vI. und Antiochos IX. Dabei geriet der etwa 35 Jahre alte neunte Antiochos1000 mit seinem Pferd mitten in die feindlichen Schlachtreihen. Porphyrios berichtet dann weiter, daß Antiochos IX., um der Gefangennahme zu entgehen, sich mit dem Schwert selbst tötete (Euseb. chron. I 259 = FGrHist 260 F 32, 25), während Josephus schreibt, daß der gefangengenommene König auf Befehl Seleukos’ vI. hingerichtet wurde.1001 Es läßt sich im nachhinein nicht mehr feststellen, welche Todesversion die historisch authentische ist; es ist aber anzunehmen, daß Seleukos vI. erklären ließ, daß nach erfolgreich geschlagener Schlacht und Gefangennahme Antiochos’ IX. dieser hingerichtet wurde, während die überlebenden ößëïé oder ein Hofhistoriker des neunten Antiochos und sein Sohn, der spätere Antiochos X., die Geschichte vom heldenhaften Selbstmord in Umlauf brachten.1002 Seleukos vI. zog siegreich in Antiocheia ein.1003 Auf seinen Erfolg über Antiochos IX. spielt die nike, das Reversmotiv der in Antiocheia geprägten Drachmen, an.1004 Auf den antiochenischen Münzen führt er − wie in Seleukeia am Kalykadnos und Tarsos1005 − die Epitheta Epiphanes Nikator.1006 Ein besonderer Porträttyp auf Tetradrachmen stellt Seleukos vI. mit kleinem Stierhorn über der Schläfe dar, das an Io aber auch an die ðñüãïíïé Demetrios II. und Seleukos I. erinnern soll.1007 Die kleinen Hörner wurden von n. Dürr entdeckt.1008 zu Recht erkennt er in diesen keine dionysischen Bezüge. Überlegenswert ist der Gedanke, daß Seleukos vI. als Flußgott Orontes dargestellt sein könnte;1009 er verwirft ihn aber mit dem Hinweis, daß „uns bisher noch keine gehörnten Darstellungen dieses Flußgottes 997 998 999 1000 1001 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009
vgl. auch Bellinger, End S. 73 Anm. 64, wenn auch mit zuschreibung der Münzen an die Münzstätte von Elaiussa. vgl. die von G. le Rider, Monnaies grecques récemment acquises par le cabinet de Paris, Rn 1969, S. 13 mit Taf. 1 publizierte Tetradrachme mit dem Sandan-Monument. Siehe dazu auch oben Kap. I 1, 1. Houghton, Struggle S. 66 nimmt an, daß Seleukos vI. erst nach einer Rüstungsphase von zwei Jahren im Jahr 95 gegen Antiochos IX. zog. Er ist vermutlich um 133 geboren: Ehling, nachfolgeregelung S. 35. Ant. Iud. 13, 366. Bellinger, End S. 72 f.; Ehling, Miszellen S. 377. zu den Selbstmorden der Seleukidenkönige vgl. Ehling, Miszellen S. 376 ff. FGrHist 260 F 32, 25. Aber bereits 97/96, nicht erst 95, so Bellinger, End S. 73 und Houghton, Struggle S. 66. naville, Kat. 10, 1508−1510; cSE 375; SnG Israel I 2773; 2776. zu den Münzen von Seleukeia: Houghton, Seleucia S. 91 ff., zu denen von Tarsos: G. le Rider, Monnaies grecques récemment acquises par le cabinet de Paris, Rn 1969, S. 13 mit Taf. 1. Babelon, Rois S. 198 ff. nr. 1511 ff.; newell, SMA S. 111 ff. nr. 421 ff.; cSE 361 ff.; SnG Israel I 2768 ff. Fleischer, Herrscherbildnisse S. 85. Dürr, Seleukos vI. S. 90 ff. So wurde der Makedonenkönig Demetrios Poliorketes als Sohn des Poseidon wie ein Flußgott mit Hörnern dargestellt: Ehling, Demetrios Poliorketes S. 153−160. zu Flußgöttern mit Hörnern: Ail. var. 2, 33.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
bekannt“ sind.1010 Dürr entscheidet sich für eine Deutung der Hörner auf Io: „Wenn wir aber auf die Gründungslegende Antiochias, überliefert von Malalas, zurückgreifen, so finden wir dort einen sehr verführerischen Anhaltspunkt. nach dieser legende soll Io, die von zeus in eine Kuh verwandelte nebenbuhlerin der Hera, auf ihren Irrwanderungen und Abenteuern von Ägypten nach Syrien gelangt (sein) … nach ihrem darauffolgenden Tode wurde ihr an Ort und Stelle ein Grabmal und ein Heiligtum errichtet, und bald bildete sich dort eine Stadt, Iopolis, das spätere Antiochia.“ Dürr kommt zu dem Schluß: „Auf den ersten Blick scheint es nicht ausgeschlossen zu sein, daß Seleukos vI., an die Überlieferung der Gründung Antiochias anknüpfend, sich als besonderer Beschützer dieses nationalen Kultes ausgab und sich auf seinen Tetradrachmen − einzig auf den in der Münzstätte Antiochia geprägten − mit den Attributen der Io, den kurzen Kuhhörnern, abbilden ließ“.1011 − Über den Io-Bezug hinaus wollte Seleukos vI. mit den Hörnern sicher auch an seinen Großvater Demetrios II. und den großen Dynastiegründer Seleukos I. erinnern.1012 Denn beide ließen sich nicht nur mit Hörnern darstellen, sondern führten auch den Beiname Nikator.1013 Andere Münzen des Seleukos vI. zeigen auf der Rückseite Füllhorn und Getreideähre,1014 Motive, die den Untertanen Glück und Wohlstand versprechen. Doch galt der König als besonders gewalttätig und tyrannisch (App. Syr. 69, 365). Der sechste Seleukos konnte sich nach einem neu bekannt gewordenen Marktgewicht bis wenigstens Herbst 95 in Antiocheia halten.1015 In der Stadt wurden unbärtige und bärtige Porträttypen geprägt, auch dies ein Hinweis auf einen längeren Aufenthalt.1016 Es ist aber damit zu rechnen, daß der Sohn des Antiochos IX., Antiochos 1010 Dürr, Seleukos vI. S. 91. 1011 Dürr, Seleukos vI. S. 91. In libanios’ Rede Antiochikos 11, 92 werden die Stierhörner, mit denen Seleukos I. in Antiocheia statuarisch dargestellt wurde, tatsächlich auf Io bezogen; die Stelle ist Dürr entgangen. Die Angleichung eines hellenistischen Königs an eine weibliche Gottheit ist für Alexander d. Gr. (Artemis), Ptolemaios I. (Athena) und Demetrios Poliorketes (Demeter: Plut. Demetr. 12, 1) bezeugt. Die Belege bietet: M. Rosenbach, Galliena Augusta. Einzelgötter und Allgott im gallienischen Pantheon, Tübingen 1958, S. 32 f. zu Demetrios Poliorketes vgl. außerdem: Ehling, Demetrios Poliorketes S. 157. Rosenbach S. 37 ff. gibt zudem die Belege für die Angleichung der römischen Kaiser an weibliche Gottheiten. Besonders weit darin ging Gallienus. zu Gallienus zuletzt: R. Göbl, Die Münzprägung der Kaiser valerian I./Gallienus/Saloninus (253/268), Regalianus (260) und Macrianus/Quietus (260/262) (MIR 36, 43, 44), Wien 2000, S. 68 f. 1012 Siehe auch oben Kap. II 9. Seleukos I. wurde auf Standbildern mit Hörnern dargestellt: App. Syr. 57, 294; lib. Antiochikos 11, 92. zu den Hörnern des Demetrios II. vgl. die nach seiner Rückkehr aus der parthischen Gefangenschaft geprägten Münzen von Antiocheia (cSE 288 ff.; Ehling, Geschichte Taf. I 1; D. Gorny, München, Kat. 97, Okt. 1999, 507), Damaskos, Ptolemaïs und Sidon: Dürr, Demetrios II. S. 9 sowie von Tarsos und Mallos: cSE S. 17 f. − zu den Hörnern der Seleukidenkönige vgl. auch Daniel 7, 7 und die Bemerkung von G. Theißen, Das „schwankende Rohr“ in Mt 11, 7 und die Gründungsmünzen von Tiberias. Ein Beitrag zur lokalkoloritforschung in den synoptischen Evangelien, zDPv 101, 1985, S. 50. 1013 Ehling, Geschichte S. 143. zustimmend Mittag, Demetrios II. S. 395 f. 1014 naville, Kat. 10, 1511; cSE 376 f.; SnG Israel I 2774; 2777 f. 1015 Weiß/Ehling, Marktgewichte S. 371 ff. 1016 Unbärtige Porträts: naville, Kat. 10, 1496−1500; 1510; cSE 361 ff.; SnG Israel I 2768 ff.;
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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X. Eusebes Philopator, der unmittelbar nach dessen Tod die Herrschaftsnachfolge antrat,1017 schon bald gegen Seleukos vI. zu Felde gezogen sein wird. Antiochos X. war in Arados zum König ausgerufen worden (Ios. ant. Iud. 13, 367) und heiratete Kleopatra v. Selene, die letzte Ehefrau seines vaters und vormalige Ehefrau Antiochos’ vIII.1018 Als Rächer zog Antiochos X. gegen Seleukos vI., den er im laufe des Jahres 95/94 aus Antiocheia und ganz Syrien verdrängte.1019 Bei Mopsuhestia in Kilikien kam es zu Gefechten (Ios. ant. Iud. 13, 368; Euseb. chron. I 259 f. = FGrHist 260 F 32, 26); Seleukos vI. unterlag und mußte sich mit seinen ößëïé in der Stadt verschanzen. von der städtischen Bevölkerung (äyìïò) forderte der König Geld (÷ñÞìáôá), das ihm jedoch verweigert wurde. Die Situation eskalierte, und die empörten Bewohner zündeten den Königspalast1020 und/oder das Gymnasium an (App. Syr. 69, 365). Dabei soll Seleukos vI. ìåôN ô§í ößëùí in den Flammen umgekommen sein (so Ios. ant. Iud. 13, 368) oder aber sich bereits vorher selbst getötet haben (so Euseb. chron. I 261 f. = FGrHist 260 F 32, 26). Wieder liegen zwei unterschiedliche Todesberichte vor.1021 Der Tod von eigener Hand war dabei die ehrenvollere, ‚heroischere‘ Todesart. Möglicherweise begingen Seleukos vI. und seine ößëïé gemeinsam Selbstmord.1022 Da Antiochos XI. und Philipp I. unmittelbar nach diesen Ereignissen des Jahres 94 (?) als Könige und Rächer ihres Bruders auftraten, ist die vermutung von E. R. Bevan plausibel, daß sie sich zu diesem zeitpunkt in Kilikien aufhielten.1023 Sehr wahrscheinlich gehörten sie zum engsten Gefolge Seleukos’ vI., waren aber durch einen zufall nicht in Mopsuhestia gewesen. Die zwillingsbrüder Antiochos XI. und
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bärtige Porträts: naville, Kat. 10, 1501; 1508 f.; 1511; cSE 373 f.; SnG Israel I 2775. Houghton nimmt an, daß etwa ein Jahr lang für Seleukos vI. in Antiocheia Münzen geprägt wurden. Ios. ant. Iud. 13, 367. Wilcken, Antiochos (33) Sp. 2484. zum Beinamen Eusebes schreibt App. Syr. 69, 366, daß er Antiochos X. von den Syrern wegen seiner Frömmigkeit beigelegt wurde. So ausdrücklich App. Syr. 69, 366. Bellinger, End S. 74 mit Anm. 69. Hölbl, Geschichte S. 324 Anm. 151. Dagegen meint Bevan, House II S. 304 mit Appendix W, dies sei nun doch zu viel des Guten und es müsse sich bei dieser Selene um eine andere Frau gleichen Namens handeln. Der Kultname ist für Kleopatra v. durch Strabon (16, 2, 3 = 749) und Münzen bezeugt: Bellinger, notes S. 53, siehe unten. − Wenn Wilcken, Antiochos (33) Sp. 2484 meint, daß die Thronansprüche des Antiochos X. kaum berechtigt waren, so verkennt er, daß nach dem charismatisch-agonalen Selbstverständnis der zeit im Prinzip jeder Königssohn Anspruch auf die Königsherrschaft hatte, siehe oben Einleitung unter Punkt 4 und unten Kap. III. Ios. ant. Iud. 13, 367. Daß sich Antiocheia zumindest im Herbst 95 noch unter Kontrolle des sechsten Seleukos befand, beweist das Gewicht: Weiß/Ehling, Marktgewichte S. 371 ff. Ios. ant. Iud. 13, 368: âáóßëåéá. Bereits Xenophon Anab. 1, 2, 7 verwendet den Plural âáóßëåéá für „Palast, Schloß“. zu ášëÞ, âáóßëåéïí und âáóßëåéá siehe die literatur in Kap. II 6 Anm. 447. Jacoby, FGrHist (1930) S. 876; Bellinger, End S. 74 mit Anm. 70; Ehling, Miszellen S. 377. Ehling, Freunde S. 41 mit Anm. 6. Isokrates (or. II 36) fordert, daß der gute König einen rühmlichen Tod einem leben in Schande vorziehen soll; von Selbstmord spricht er aber nicht ausdrücklich. Das Todesjahr des Seleukos vI. dürfte demnach das Jahr 94, nicht 95, gewesen sein: Weiß/Ehling, Marktgewichte S. 375. House II S. 260; Treves, Philippos (68) Sp. 2553.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Philipp I. wurden unter den namen Epiphanes Philadelphos zu Königen ausgerufen.1024 Ihre erste Tat bestand darin, „mit heeresmacht heranrückend“ Mopsuhestia einzunehmen1025 und zur Strafe in Schutt und Asche zu legen.1026 Möglicherweise wurde Berrhoia in nordsyrien von Antiochos XI. und Philipp I. zum Hauptquartier ausgebaut;1027 auch Tarsos wurde vermutlich von ihnen kontrolliert. In diesen Städten wären dann wohl auch ihre Münzen geprägt worden.1028 Diese zeigen das Doppelporträt der beiden Brüder so hintereinander gestaffelt, daß der Kopf des − im Gegensatz zu Philipp I. − leicht bärtigen Antiochos XI. im Bildvordergrund steht. Die legende lautet ÂÁÓÉËÅÙÓ ÁÍÔÉÏ×ÏÕ ÊÁÉ ÂÁÓÉËÅÙÓ ÖÉËÉÐÐÏÕ, nennt also auch den namen des Antiochos XI. zuerst, der ganz offenbar die führende Rolle einnahm. von Berrhoia (?) aus gingen sie vermutlich noch im Jahr 94 zum Angriff auf Antiochos X. über.1029 Es gelang ihnen, den Sohn des neunten Antiochos aus Antiocheia zu vertreiben und die Stadt zu besetzen. E. T. newell kannte nur eine einzige in Antiocheia geprägte Tetradrachme des Antiochos XI. und ging deshalb von einer kurzen, nur wenige Wochen dauernden Regierung in der Hauptstadt aus.1030 Inzwischen sind weitere Stempel bekannt geworden,1031 die A. Houghton mit Recht zu der vermutung geführt haben, daß die Herrschaft länger als bislang angenommen dauerte, vermutlich einige Monate.1032 zudem gibt es von Antiochos XI. einen antiochenischen Porträttyp, der ihn glattrasiert,1033 einen anderen, der ihn mit Backenbart darstellt,1034 möglicherweise ein weiteres Indiz für eine längere Regierungszeit.1035 Auch waren bis vor kurzem nur Münzen des Antiochos XI. aus Antiocheia bekannt, bis im Münzhandel ein Exemplar auftauchte, das das von den Münzen Berrhoias (?) her bekannte Doppelbildnis aufweist, aber aus stilistischen Gründen sicher der Münzstätte von Antiocheia entstammt.1036 Antiochos XI. und Philipp I. haben daher auch in der syrischen Hauptstadt gemeinsam regiert.1037 1024 zum Philadelphos-Beinamen vgl. allgemein F. Muccioli, considerazioni generali sull’ epiteto ÖéëÜäåëöïò nelle dinastie ellenistiche e sulla sua applicazione nella titolatura degli ultimi Seleucidi, Historia 43, 1994, S. 402−422 und speziell Ehling, Miszellen S. 374 ff. 1025 So der armenische Porphyrios-Text in der Übersetzung von Jacoby, FGrHist 260 F 32, 26. 1026 Bellinger, End S. 74; Houghton, Struggle S. 67. Dies hat Rigsby, Asylia S. 466 übersehen. 1027 zumindest hatte Philipp I. im Jahr 88 dort dann sein Quartier: Ios. ant. Iud. 13, 384. Bellinger, End S. 76. Siehe auch unten. 1028 vgl. die zuschreibungen durch Houghton, Double Portrait S. 79 ff. und dens., Struggle S. 65; 67. 1029 newell, SMA S. 115 setzt dieses Ereignis ins Jahr 93. Ihm folgen Bellinger, End S. 92 und Houghton, Double Portrait S. 79 und ders., Struggle S. 67. Siehe unten zur Begründung meiner Datierung. 1030 SMA S. 115 nr. 433. 1031 vgl. den Kommentar von Houghton, cSE S. 24 sowie Houghton, Double Portrait S. 79 ff. und das Stück SnG Israel I 2797. 1032 vgl. den Kommentar von Houghton, cSE S. 24. 1033 cSE 387 f.; SnG Israel I 2798. 1034 cSE 389; SnG Israel I 2797. 1035 vgl. Houghtons Kommentar cSE S. 24. 1036 Houghton, Struggle S. 65. 1037 nach einer notiz bei Malalas nimmt Rigsby, Asylia S. 497 an, daß Antiochos XI. dem Apollon-Artemis-Tempel von Daphne die Asylie verlieh.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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Der aus Antiocheia vertriebene Antiochos X. Eusebes Philopator sammelte in der zwischenzeit neue Truppen und frische Kräfte und griff im Jahr 94/93 die zwillingsbrüder an.1038 vermutlich kam es − wie schon zwischen Antiochos IX. und Seleukos vI. − wieder vor den Toren Antiocheias zur Entscheidungsschlacht. Die Soldaten Antiochos’ X. waren siegreich (Euseb. chron. I 261 f. = FGrHist 260 F 32, 26). Als Antiochos XI. dem Kampfgetümmel zu entfliehen suchte, stürzte er, „da er allzu verwegen sein roß ritt“, in den Orontes und ertrank.1039 Da der Fluß offenbar sehr viel Wasser führte (als Folge der Schneeschmelze?), könnte der Sieg Antiochos’ X.1040 demnach in das Frühjahr 93 (?) fallen. vermutlich hielt sich Antiochos X. im Frühjahr 93 (?) nicht lange in Antiocheia auf, sondern setzte Philipp I., der sich wahrscheinlich nach Berrhoia zurück gezogen hatte, nach.1041 Es ist fraglich, ob in Antiocheia im Jahr 93 für Antiochos X. überhaupt Münzen geprägt wurden, denn seine Tetradrachmen, Drachmen und Bronzen scheinen alle in seine erste Regierungsphase zu gehören.1042 In den Konflikt zwischen Antiochos X. und Philipp I. schaltete sich nun Demetrios III., der Bruder des letzteren, ein (Ios. ant. Iud. 13, 371). Demetrios III., der sehr wahrscheinlich nach der Machtübernahme Antiochos’ X. endgültig aus Syrien verdrängt worden war, hatte im Jahr 97/96 ein Königtum in Koilesyrien errichtet mit Residenz in Damaskos.1043 Wenn Josephus schreibt (ant. Iud. 13, 370), daß Ptolemaios IX. Soter II. (mit dem Spottnamen lathyros, „Kichererbse“) Demetrios (III.) aus Knidos herbeigerufen und in Damaskos als König eingesetzt hatte (êáôÝóôçóåí dí Äáìáóê² âáóéëÝá), so ist diese version eine so komprimierte zusammenfassung, daß der tatsächliche Ereignisverlauf der Machtübernahme des Demetrios III. erst noch zu rekonstruieren ist.1044 zunächst muß man sich vergegenwärtigen, daß Ptolemaios IX. Soter II. seit 106/05 auf cypern regierte.1045 nach dem Tode des Antiochos vIII. im Jahr 98/97 versuchte Ptolemaios IX. offenbar in Syrien wieder Einfluß zu gewinnen, indem er seinen in Knidos lebenden vetter Demetrios (III.) mit Geld, Truppen und Schiffen unterstützte. Denn Demetrios’ III. Mutter, die Ptolemäerin Tryphaina, war die Schwester des neunten Ptolemaios. Mit ptolemäischer Hilfe landete der dritte Demetrios in Seleukeia in Pierien (siehe oben), dessen Bevölkerung von jeher be-
1038 zur Begründung des Datums siehe unten. 1039 Übersetzung der armenischen version von F. Jacoby, FGrHist 260 F 32, 26 = Euseb. chron. I 261 f. Sehr knapp schreibt Ios. ant. Iud. 13, 369 über die Ereignisse, dem hier, wie mir scheint, keine ausführlichere Quelle zur verfügung stand. Auch meint er, daß Philipp I. erst nach dem Tode des elften Antiochos das Diadem nahm. 1040 vgl. auch Houghton, Struggle S. 67. 1041 Dort hatte er im Jahr 88 sein Quartier: Ios. ant. Iud. 13, 384. 1042 vgl. auch die Bemerkung von Houghton, cSE S. 24, der keine Möglichkeit sieht, die überlieferten Münzen des zehnten Antiochos in zwei Prägephasen zu unterteilen. 1043 vgl. Ios. ant. Iud. 13, 370 und die Münzen: newell, lSM S. 78 ff. nr. 115 ff.; cSE 858−863; SnG Israel I 2825−2867. 1044 Die Forschung ist ausnahmslos der sehr verkürzten Überlieferung bei Josephus gefolgt. 1045 Hölbl, Geschichte S. 187.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
sonders ptolemäerfreundlich eingestellt war.1046 Bereits hier (nicht erst in Damaskos) wurde Demetrios III. zum König proklamiert. Durch die verwendung des Beinamens Philometor bekannte er sich zu seiner Mutter Tryphaina und drückte dadurch ebenso seine verbundenheit mit Ptolemaios IX. offen aus. Allerdings konnte sich Demetrios III. nicht lange in Seleukeia und Antiocheia halten; dafür gelang es ihm, Damaskos im Jahr 97/96 einzunehmen. Aus unbekannten Gründen war die Allianz zwischen Demetrios III. und Ptolemaios IX. in der zwischenzeit zerbrochen. Dieser vorgang wird daran sichtbar, daß der Seleukide den Philometor-namen abstieß und sich statt dessen nun durch den Beinamen Philopator auf sein väterliches Erbe berief. Der Bruch mit Ptolemaios IX. erklärt also den Wechsel der Beinamen von Philometor Euergetes Kallinikos zu Theos Philopator Soter. Damaskos, die Hauptstadt des Demetrios III., nahm den dynastischen namen Demetrias an.1047 Städtische Bronzemünzen, die aus der zeit zwischen 97/96 und 85/84 stammen,1048 tragen auf der Rückseite die legende ÄÇÌÇÔÑÉÅÙÍ ÔÇc ÉÅÑÁc. Damaskos/Demetrias wurde unter Demetrios III. „heilig“ und erhielt sicher auch die Asylie, die nur aus Raumgründen nicht in der Münzlegende genannt wird.1049 Die in Damaskos/Demetrias geprägten königlichen Tetradrachmen sind besonders bemerkenswert, weil ihre Reversbilder nicht mehr den seit der zeit des Demetrios II. üblichen zeus nikephoros,1050 sondern eine einheimische Gottheit, Atargatis (Aphrodite Anaitis), darstellen.1051 Das Kultbild erscheint in unterschiedlichen Gewandungen als altertümliches Xoanon;1052 hinter den Schultern der Göttin ragen Getreideähren auf, was auf ihre Funktion als Fruchtbarkeitsgöttin hinweist.1053 Während also auf den unter königlicher Regie geprägten Silberstücken die einheimische Atargatis erscheint, tragen die städtischen Prägungen ‚griechische Bilder‘:
1046 nicht zuletzt hatte sich Kleopatra Thea vielleicht schon im Jahr 131 deshalb nach Seleukeia zurückgezogen und Ptolemaios IX. Soter II. von dort aus die Eroberung cyperns betrieben: Hölbl, Geschichte S. 187 und oben Kap. II 9. 1047 Babelon, Rois S. 208 nr. 1578; Wroth, BMc Galatia S. 75 ff.; 289; Hunter III, S. 115 nr. 9 mit Taf. lXX 17; Head, Hn S. 785; newell, lSM S. 83 f.; Y. Meshorer, nabataean coins (Qedem. Monographs of the Institute of Archaeology. The Hebrew University of Jerusalem 3, Jerusalem 1975), S. 12 f. 1048 Wroth, BMc Galatia S. 76: 95−85/84. vgl. auch H. Seyrig, Antiquités syriennes. 43. Démétrias de Phénicie, Syria 27, 1950, S. 50−56 mit Abb. S. 51 a−d; Bellinger, End S. 78 Anm. 88 datiert die Münzen alle ins Jahr 85/84, d. h. in die zeit nach dem Tode des zwölften Antiochos und vor der Übergabe von Damaskos an Aretas III. 1049 Der Titel scheint kombiniert vergeben worden zu sein, siehe oben Kap. I 3, 5 und vgl. etwa die Münzen von Tyros. 1050 Seit der Rückkehr des Demetrios II. im Jahr 129: newell, lSM S. 49 ff. nr. 67. 1051 naville, Kat. 10, 1552−1558; newell, lSM S. 78 ff. nr. 115 ff.; Gorny & Mosch, München, Kat. 117, Okt. 2002, 327; 328; Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 189 ff. mit Abb. 74; Fleischer, Artemis S. 263 ff. mit Taf. 111 f. 1052 Fleischer, Artemis S. 265; Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 190. 1053 Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 190.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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Apollon,1054 die Tyche von Damaskos/Demetrias im Typus der Tyche von Antiocheia,1055 nike und eine männliche Gottheit (zeus?).1056 vermutlich zog Demetrios III. bereits im Frühjahr 93 von Koilesyrien aus in den norden, um seinen in Bedrängnis geratenen Bruder Philipp I. gegen Antiochos X. zu unterstützen (Ios. ant. Iud. 13, 371). In den Jahren zwischen 94 und 93/92 leistete Antiochos X. den beiden hartnäckigen Widerstand, wurde aber darüber hinaus in Kämpfe gegen die Parther verwickelt (Ios. ant. Iud. 13, 371). Diese wurden von einer laodike angeführt, die Josephus als Königin des Araberstammes der Samenoi bezeichnet.1057 Bei laodike könnte es sich um eine Tochter des Antiochos IX. und Schwester des Antiochos X. handeln, was vielleicht erklären würde, warum Antiochos X. ihr zu Hilfe kam (siehe Familienstammtafel).1058 Wieder gibt es mehrere nachrichten vom Ende des zehnten Antiochos: Josephus schreibt, Antiochos X. sei bei Kämpfen gegen die Parther gefallen (ant. Iud. 13, 371). Bei Porphyrios (Euseb. chron. I 261 f. = FGrHist 260 F 32) heißt es, der König sei nach der niederlage gegen Philipp I. und Demetrios III. zu den Parthern geflohen.1059 Appian hingegen behauptet, daß erst der armenische König Tigranes II. Antiochos X. im Jahr 83 aus Syrien vertrieben hätte (48, 248; 69, 366). U. Wilcken hielt die nachricht bei Appian für durchaus glaubwürdig,1060 doch müßte bei einer Regierungszeit von zwölf, dreizehn Jahren bis zur Eroberung des Seleukidenreiches durch Tigranes II. im Jahr 83, eine sehr viel umfangreichere Münzprägung für den zehnten Antiochos vorliegen. Da Porphyrios (= Euseb. chron. I 261 f.) Antiochos X. mit dessen Sohn Antiochos XIII. verwechselt,1061 könnte seine version, Antiochos X. sei zu den Parthern geflohen, sich aus dieser verwechslung erklären. Wahrscheinlich ist Antiochos X. also doch im Jahr 93/92 bzw. 92 gefallen.1062 vielleicht wurde von parthischer Seite behauptet, der König befände sich in ihrer Hand oder sein leichnam konnte auf dem 1054 Babelon, Rois S. 208 nr. 1578. 1055 Prottung, Stadttyche S. 105 ff. 1056 Wroth, BMc Galatia S. 289 nr. 1−5; Hunter III S. 115 nr. 14 mit Taf. lXX 17 (Tyche). zur Datierung der städtischen Münzen vgl. auch nollé, Seleukeia S. 90 f., der davon ausgeht, daß die Stadt sehr bald nach der Gefangennahme des Demetrios III. (im Jahr 87) ihren neuen namen Demetrias wieder zugunsten des alten Stadtnamens ablegte. 1057 Ant. Iud. 13, 371. zu den verschiedenen namensvarianten Galieni, Galilaeans, Galaadenians, Gamini vgl. Marcus, Josephus S. 411 Anm. h. Außerdem Bouché-leclercq, Histoire I S. 421 mit Anm. 1. Die Samenoi erwähnt Stephan von Byzanz s. v. Óáìçíïß, íïìÜäùí EÁñáâßùí hèíïò. 1058 Bouché-leclercq, Histoire I S. 420 f. 1059 … ½ôôçèårò EÁíôßï÷ïò åkò ÐÜñèïõò PðÝöõãå. 1060 Antiochos (33) Sp. 2485. Wilcken folgt Kuhn, Geschichte S. 36. vgl. auch Jacoby, FGrHist (1930) S. 876. 1061 Wilcken, Antiochos (33) Sp. 2485; Jacoby, FGrHist (1930) S. 876; Bellinger, End S. 75 Anm. 73. 1062 vgl. Bouché-leclercq, Histoire I S. 421 und Bellinger, notes S. 53 f. sowie dens., End S. 75 Anm. 73: 93/92 bzw. 92. In das letzte Jahr des Antiochos X. gehört das zuerst von E. Michon 1890 publizierte Gewicht im louvre, Paris: Rostovtzeff, History I S. 452 (mit Druckfehler: es muß statt ÊÅ ÊÓ heißen) mit Taf. 54 Abb. 3. Das Gewicht ist ins Jahr ÊÓ der Seleukidenära datiert, d. h. ins Jahr 220 S.Ä. = 93/92.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Schlachtfeld nicht aufgefunden werden. Dagegen geht zuletzt J. D. Grainger wieder davon aus, der zehnte Antiochos habe „in some way“ bis 83 weiterregiert.1063 In diesen historischen zusammenhang gehört sehr wahrscheinlich eine aus bislang drei verschiedenen Rückseitentypen bestehende Serie von sehr bemerkenswerten Kleinbronzemünzen, deren genauere Deutung und Einordnung erst jetzt möglich ist, nachdem ein Exemplar mit vollständig lesbarer Rückseitenlegende bekannt geworden ist.1064 Dieses Stück trägt auf dem Revers zu dem Bild einer nach links schreitenden nike die legende: ÂÁcÉËÉ[ccÇc] ÊËÅÏÐÁÔÑÁ[c] cÅËÇÍÇc ÊÁÉ ÂÁcÉËÅÙc ÁÍÔÉÏ×ÏÕ ÖÉËÏÌÇÔÏ[ÑÏc]. Auf der vorderseite sind zwei hintereinandergesetzte Büsten zu sehen: Kleopatra v. Selene mit über dem Hinterkopf gezogenem Schleiermantel und ihr kindlich-jugendlich wirkender Sohn Antiochos Philometor (siehe Stammtafel). Bereits im Jahr 1952 hat A. R. Bellinger ein ähnliches Stück publiziert, das auf der Rückseite einen Dreifuß zeigt;1065 im Jahr 2002 veröffentlichte B. Kritt eine weitere Münze dieser Serie mit dem Reversmotiv eines nach links opfernden Apollon.1066 Die vorgestellten Münzen sind ein eindeutiger Beleg dafür, daß die Ehefrau des zehnten Antiochos, Kleopatra v. Selene, nach dessen Tod versuchte, eine selbständige Herrschaft zu etablieren, und zwar im namen ihres Sohnes Antiochos Philometor.1067 zwar wird man davon ausgehen dürfen, daß der Prägeort der Münzen mit dem Residenzort identisch ist, aber es läßt sich leider nicht sagen, in welcher Stadt genau die Münzen geprägt wurden, weshalb die Frage nach dem Residenzort vorläufig offen bleiben muß. vorgeschlagen wurden Antiocheia, Ptolemaïs und Damaskos;1068 denkbar wäre auch Seleukeia in Pierien. Der historische Kontext läßt Antiocheia am wahrscheinlichsten erscheinen. Da Antiocheia 93/92 noch unter der Kontrolle des zehnten Antiochos war, wie ein datiertes Marktgewicht beweist,1069 und die Stadt 92/91 mit einer eigenen autonomen Prägung begann (siehe unten), dürften die zur Diskussion stehenden Kleinbronzen also in die Phase nach dem Tode des zehnten Antiochos gehören und in der syrischen Hauptstadt geschlagen worden sein.1070 Das hieße, daß Kleopatra v. und ihr Sohn Antiochos Philometor wohl während des Jahres 92 für einige Monate in Antiocheia selbständig gemeinsam regiert hätten. 1063 Prosopography S. 33. 1064 M. Burgess, The Moon is a Harsh Mistress − The Rise and Fall of cleopatra II Selene, Seleukid Queen of Syria, The celator 18, 3, März 2004, S. 18−25. 1065 notes S. 53 ff. mit der richtigen Datierung ins Jahr 92. 1066 B. Kritt, numismatic Evidence for a new Seleucid King: Seleucus (vII) Philometor, The celator 16, 4, April 2002, S. 25−28; 36. Die irrtümliche legendenlesung hat Hoover, Dethroning S. 95 ff. inzwischen korrigieren können. 1067 vgl. die Doppelporträttypen der laodike mit dem kleinen Antiochos (cSE 91) aus dem Jahr 175 und die der Kleopatra Thea mit Antiochos vIII. aus den Jahren 125−121: cSE 316; 804; 806; 809 u. ö.; SnG Israel I 2438 ff., siehe oben Kap. II 9 und vgl. dazu Meyer, Königin S. 108 ff.; 119 ff. 1068 Antiocheia: Bellinger, notes S. 45; Rigsby, Asylia S. 497 Anm. 89. Gegen Antiocheia: Houghton Struggle S. 67, aber ohne eigenen vorschlag. Ptolemaïs und Damaskos als Münzstätten werden diskutiert von: Hoover, Dethroning S. 98 f., der sich für Damaskos ausspricht. 1069 Weiß/Ehling, Marktgewichte S. 370 f. 1070 So im Prinzip auch Bellinger, notes S. 53 ff. und Rigsby, Asylia S. 497 Anm. 89.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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Bleibt abschließend noch die Frage zu klären, um wen es sich bei Antiochos Philometor eigentlich genau handelt? Denn daß die jüngst vorgeschlagene Identifizierung des Antiochos Philometor mit Antiochos XIII. richtig ist,1071 muß doch sehr bezweifelt werden, auch wenn sie zunächst auf der Hand zu liegen scheint. Gegen die Auffassung, es handle sich bei Antiochos Philometor um Antiochos XIII. spricht, daß Antiochos XIII. auf seinen zwischen 69 und Mitte 67 geprägten Tetradrachmen nicht das Epitheton Philometor, sondern den Beinamen Philadelphos führt, d. h. er hätte später einen anderen Beinamen angenommen, was allerdings zugegebenermaßen nicht auszuschließen ist.1072 Daß Antiochos XIII. den Beinamen Philadelphos trägt, weist darauf hin, daß er einen älteren Bruder hatte auf den sich dieser Beiname bezieht, denn in der Regel dürfte dem jüngeren, zweitgeborenen Geschwister der name verliehen worden sein.1073 In Antiochos Philometor möchte ich diesen älteren Bruder des Antiochos XIII. sehen. Daß Kleopatra v. Selene (wenigstens) zwei Söhne hatte, ergibt sich aus cic. verr. 4, 27, 61, da diese in den Jahren 74−72 in Rom mit dem Senat um ihre Anerkennung verhandelten und cicero von ihnen im Plural, reges, spricht (siehe unten Kap. II 12 und Stammtafel). Einer der beiden reges hieß Antiochos (cic. verr. 4, 27, 61. 28, 65. 29, 67), den namen des anderen rex kennen wir nicht. Bislang hat man in ihm Seleukos Kybiosaktes vermutet,1074 es wird sich aber eher um den nun bekannt gewordenen Antiochos Philometor gehandelt haben, der nach Ausweis der Münzen ja auch tatsächlich den Königstitel trug.1075 Demnach ist Antiochos Philometor nicht mit Antiochos XIII. gleichzusetzen, sondern vielmehr ein neuer Seleukidenkönig. Die Regierung der Kleopatra v. Selene und des Antiochos Philometor währte jedoch nur Monate. Schon 92/91 war die Königin gezwungen, mit ihren Söhnen (Antiochos Philometor, Antiochos XIII. und Seleukos Kybiosaktes [?]) nach Kleinasien ins Exil zu gehen.1076 Mit dem Jahr ÁÓÊ (= 92/91) begann Antiocheia mit einer eigenen Bronzeprägung.1077 Die Stadt führt jetzt den Metropolistitel, ein Privileg, das ihr vermutlich von Philipp I. verliehen wurde.1078 Die Münzen tragen auf der Vorderseite einen 1071 Hoover, Dethroning S. 95 ff. 1072 Wie das Beispiel des Demetrios III. lehrt. 1073 Ehling, Miszellen S. 374 f. Denkbar wäre freilich auch eine Schwester, denn der Beiname bedeutet soviel wie „bruderliebend“, „schwesterliebend“ oder „geschwisterliebend“. 1074 Kuhn, Beiträge S. 45 f.; Heinen, Séleucos cybiosactès S. 105 ff. bes. 113 f.; Grainger, Prosopography S. 66: “He (= Seleukos Kybiosaktes, Anm. d. verf.) is probably the unnamed brother of Antiochos XIII with whom he visited Rome in 75−73 …”. 1075 Während es fraglich ist, ob Antiochos XIII. zu diesem zeitpunkt tatsächlich offiziell schon den Königstitel führte. 1076 MAMA III S. 65 Anm. 3. Antiochos XIII. erhielt daher den Spitznamen Asiatikos. So richtig bereits Kuhn, Geschichte S. 44, anders Wilcken, Antiochos (36) Sp. 2485 f., der nach Iustin 40, 2, 3 meint, der Spitzname rühre von dessen Kilikien-Aufenthalt her. Antiochos XIII. ist aber bei Iustin wahrscheinlich mit Philipp II. verwechselt. 1077 Hunter, III S. 143 f. nr. 1−25. Offenbar mit Prägelücken in den Jahren 86, 83/82, 80−78; newell, SMA S. 117 f.; Houghton, Struggle S. 67; Rigsby, Asylia S. 497 mit Anm. 90. 1078 Dagegen meint newell, SMA S. 117 f., daß es Demetrios III. war, der den Metropolistitel
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
zeuskopf mit lorbeerkranz nach rechts, auf der Rückseite jedoch nicht die Tyche von Antiocheia, sondern den seleukidischen zeus nikephoros.1079 zwischen ca. 92 und 89/88 wurde Demetrios III. in innerjüdische Konflikte hineingezogen.1080 In Judäa herrschte seit 103 der König und Hohepriester Alexander Jannaios, dessen Regierung durch wachsende Gewalttätigkeit gegen die eigene Bevölkerung gekennzeichnet war. Gegner des Alexander, bei denen es sich wahrscheinlich um die Pharisäer handelte,1081 riefen Demetrios III. vermutlich um 89/88 zu Hilfe. Mit einem Heer von 40.000 Fußsoldaten und 3.000 Reitern gelangte der Seleukide bis Sikima (Sichem) in Judäa,1082 wo er auf die Armee des jüdischen Königs traf, die aus 6.200 Söldnern1083 und 20.000 Juden bestand.1084 Auch wenn sich unter den 40.000 Fußsoldaten des Demetrios III. zahlreiche Juden befanden,1085 ist die zahl wohl doch zu hoch veranschlagt.1086 Es kam schließlich zur Schlacht, aus der die Truppen des Seleukiden siegreich hervorgingen. Alexander floh in die Berge (Ios. ant. Iud. 13, 379), und Demetrios III. zog sich aus Judäa zurück (Ios. ant. Iud. 13, 384). H. Willrich vermutet, daß Demetrios III. zunächst den Plan gehabt hatte, die Juden „wieder unter syrische Oberhoheit zu bringen“.1087 Dafür spricht eine, wenn auch ziemlich kryptische, Passage aus dem Qumran Kommentar zu dem Propheten nahum (4 Qp 169 Frg. 4 + 3 Kol. i [zu nah 2, 12−14]), in dem es heißt: „Seine Deutung (bezieht sich) auf Deme]trius, König von Jawan“ (= Griechenland, hier das Seleukidenreich, Anm. d. verf.), „der bestrebt war, nach Jerusalem zu kommen auf Grund eines Beschlusses derer, die ‚glatte‘ Anweisungen (= wohl die Pharisäer, Anm. d. verf.) geben“.1088
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vergab. Antiocheia zog so mit Tyros gleich, das kurz vorher, 94/93, den Metropolistitel erhalten hatte. Hunter III S. 143 f. nr. 1−25. Die Auseinandersetzungen mit Alexander Jannaios sind nicht genau datierbar: Willrich, Demetrios (42) Sp. 2802 datiert auf „etwa 88“. Dagegen läßt etwa Grainger, Prosopography S. 44 die Datierungsfrage offen. Bell. Iud. 1, 92. H. Stegemann, Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus, Freiburg 1993, S. 182 ff. zur Ortsschreibung: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 173 f. Bei diesen handelte es sich in der Hauptmasse sehr wahrscheinlich um griechisch sprechende Kilikier und Pisidier: Ios. ant. Iud. 13, 374. Ios. ant. Iud. 13, 377. Ios. ant. Iud. 13, 377. Diese Mannschaftsstärke würde dann praktisch genau der entsprechen, die Alexander II. Mitte der 120er Jahre zur verfügung hatte: Diod. 34/35, 22. Siehe auch oben Kap. II 9. Gegen seinen Bruder Philipp I. zog Demetrios III. mit gerademal 10.000 Fußsoldaten und 1.000 Reitern: Ios. ant. Iud. 13, 384, siehe unten. Andere zahlen gibt Josephus in bell. Iud. 1, 93. vgl. auch Marcus, Josephus S. 415 Anm. e. Willrich, Demetrios (42) Sp. 2802. zitiert nach J. Maier, Die Qumran-Essener: Die Texte vom Toten Meer. Band II: Die Texte der Höhle 4, München/Basel 1995, S. 89. Daß es sich um Demetrios III. handelt und dieser sehr wahrscheinlich von den Pharisäern ins land geholt wurde (nach bell. Iud. 1, 92), ist in der Forschung Konsens: J. c. vanderKam, The Dead Sea Scrolls Today, Grand Rapids 1994, hier zitiert nach der deutschen Übersetzung von M. Müller, Einführung in die Qumranforschung. Geschichte und Bedeutung der Schriften vom Toten Meer, Göttingen 1998, S. 40; 70.
11.) Tod des Antiochos vIII. und Gefangennahme des Demetrios III.
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In der zwischenzeit hatte sich das verhältnis zwischen Philipp I. und seinem Bruder Demetrios III. verschlechtert. vermutlich war dies der Grund für Demetrios’ III. Abbruch des Judäa-Feldzugs. Mit einem Heer von 10.000 Fußsoldaten und 1.000 Reitern belagerte er Philipp I. in Berrhoia. Die Stadt wurde von dem Tyrannen Straton,1089 einem Bundesgenossen des Philipp I., regiert (Ios. ant. Iud. 13, 384). Straton rief den Araberfürsten Azizos und den parthischen Statthalter Mesopotamiens, Mithradates Sinnakes,1090 herbei, und mit vereinten Kräften gelang es diesen ihrerseits, Demetrios III. in seinem lager einzuschließen. Als Demetrios III. sich nicht mehr halten konnte, wurde er gefangengenommen und dem Partherkönig Mithradates II. ausgeliefert.1091 Dieses Ereignis ist in das Jahr 88/87 zu setzen.1092 Da sich im Heer des dritten Demetrios zahlreiche Antiochener befanden, die nach dessen Gefangennahme von Philipp I. in ihre Heimatstadt zurückgeschickt wurden,1093 könnte es gut sein, daß Demetrios III. die syrische Hauptstadt 88/87 besetzt hatte und in dieser zeit die Tetradrachmen (SMA 435; cSE 392) für ihn geprägt wurden.1094 Bereits A. Bouché-leclercq ist die große Quantität der Tetradrachmenprägung mit dem Porträt Philipps I. aufgefallen,1095 und A. R. Bellinger vermutet, daß Philipp I. seine finanziellen Mittel dem Partherkönig verdankte.1096 Schließlich wirft E. Dąbrowa die Frage auf, welche längerfristigen ziele Mithradates II. mit der Unterstützung des Philipp I. verfolgt haben könnte.1097 neuere numismatische Arbeiten zu Münzprägung und -umlauf in der römischen Provinz Syria haben jedoch ergeben, daß die große Masse der Philipp I.-Tetradrachmen postum ausgebracht und größtenteils während der Statthalterschaft des Aulus Gabinius (57−55) geprägt wurden.1098 Die ‚echten‘ Münzen Philipps I. sind leicht durch ihren besseren Stil und andere
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Dort findet sich S. 42 ff. auch eine Auflistung der in Qumran angefallenen Fundmünzen. Die große Masse der jüdischen Münzen stammt aus der zeit des Alexander Jannaios: 143 Stück. Insgesamt wurden nur wenige Seleukidenmünzen gefunden: Antiochos III. (fünf Bronzen), Antiochos Iv. (drei Silber-, eine Bronzemünze), Demetrios II. (eine Silbermünze) und Antiochos vII. (drei Silber-, eine Bronzemünze). Münzen des Demetrios III. fehlen. zum historischen Hintergrund des Qumran-Kommentars zu dem Propheten nahum (4 Qp 169 Frg. 4 + 3 Kol. i [zu nah 2, 12−14]) vgl. auch I. R. Tantlevskij, The Historical Background of the Qumran commentary on nahum (4Qpnah), in: Funck, Hellenismus S. 329−338. vielleicht ein nachkomme des Herakleides, siehe oben. Ios. ant. Iud. 13, 384 bezeichnet diesen als œðáñ÷ïò. zum Hintergrund vgl. Bevan, House II S. 261 und Berve, Tyrannis I S. 433. Treves, Philippos (68) Sp. 2553 nennt den Araber zizos und bezeichnet Mithradates Sinnakes als hðáñ÷ïò. Ios. ant. Iud. 13, 385. Treves, Philippos (68) Sp. 2553; Dąbrowa, Könige S. 51. Das Datum ergibt sich daraus, daß die Münzprägung für Demetrios III. in Damaskos mit dem Jahr 225 S. Ä. = 88/87 endet: newell, lSM 130; SnG Israel I 2867 und mit dem Jahr 226 S. Ä. für Antiochos XII. wieder einsetzt: newell, lSM 132; Dąbrowa, Könige S. 51. Ohne daß von ihnen, wie Josephus ant. Iud. 13, 385 anmerkt, lösegeld gefordert worden wäre. Die Stücke gehören sicher nach Antiocheia. Sie zeigen den König bärtig und nennen die Beinamen Philopator und Soter. Histoire I S. 419. End S. 79 und 95 ff. Excursus III. Könige S. 50 ff. Downey, Antioch S. 148; A. Burnett/M. Amandry/P. P. Ripollès, Roman Provincial coinage.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
Monogramme von den postumen Münzen zu unterscheiden.1099 Die Münzprägung für Philipp I. ist demnach quantitativ nicht so bedeutend, wie früher angenommen.1100 von einer finanziellen Unterstützung Philipps I. durch die Parther ist daher nicht auszugehen. Das Eingreifen des parthischen Statthalters dürfte eine aus der Situation geborene ad hoc-Maßnahme gewesen sein. Eine politische Allianz zwischen Philipp I. und Mithradates II. läßt sich jedenfalls weder mit den Münzen noch durch andere Quellen belegen. Philipp I. nahm Antiocheia ein, wo bis zu seiner vertreibung durch Tigranes II. im Jahr 83 auch Münzen in seinem namen geprägt wurden.1101 Demetrios III. starb in parthischem Gewahrsam an einer schweren Krankheit.1102 12.) REGIERUnG DES AnTIOcHOS XII. (87 ?−84/83) UnD HERRScHAFT DES ARMEnIScHEn KÖnIGS TIGRAnES II. (83−69) Im Jahr 87 (?) trat Antiochos XII. die nachfolge seines kurz zuvor in Gefangenschaft geratenen Bruders Demetrios III. an.1103 Dieser zwölfte Antiochos war der fünfte und jüngste Sohn aus der Ehe des Antiochos vIII. mit Kleopatra Tryphaina (siehe Stammtafel).1104 Möglicherweise mit ptolemäischer Hilfe1105 gelang es ihm, Damaskos unter seine Herrschaft zu bringen, und „wurde König“ (Ios. ant. Iud. 13, 387). Seine in Damaskos geprägten Tetradrachmen sind deshalb bemerkenswert, weil sie auf der Rückseite eine alte syrische Gottheit, Hadad, abbilden.1106 Die Statue dieses
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volume I. From the death of caesar to the death of vitellius (44 Bc−AD 69). Part I: Introduction and catalogue, london/Paris 1992, S. 606. A. Burnett/M. Amandry/P. P. Ripollès, Roman Provincial coinage. volume I. From the death of caesar to the death of vitellius (44 Bc−AD 69). Part I: Introduction and catalogue, london/Paris 1992, S. 606. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, daß in Antiocheia für Philipp I. bis ins Jahr 83 Münzen geprägt wurden. zwei Jahrzehnte später setzte die Stadt die Prägung mit dem Bild dieses Königs fort, wie O. D. Hoover, Anomalous Tetradrachms of Philip I Philadelphus Struck by Autonomous Antioch (64−58 B c), SM 54, 2004, S. 31−35 wahrscheinlich machen kann. Hoover vermutet, daß diese späten antiochenischen Prägungen der Grund waren, weshalb auch die römischen Behörden unter Aulus Gabinius ab 57 mit diesem seleukidischen Typus weiterprägten. cSE 393 ff.; SnG Israel I 2799 ff. Ios. ant. Iud. 13, 386. Dąbrowa, Könige S. 51. Die Datierung nach Bouché-leclercq, Histoire I S. 425. In Damaskos wurden die letzten datierten Tetradrachmen für Demetrios III. mit dem Datum 225 S. Ä. = 88/87 geprägt: newell, lSM S. 82 nr. 130; SnG Israel I 2865; 2866 und die ersten datierten Tetradrachmen für Antiochos XII. mit dem Datum 226 S. Ä. = 87/86 ausgebracht: newell, lSM S. 86 f. nr. 132. Die Herrschaftsnachfolge wurde offenbar rasch angetreten: Bellinger, End S. 77. Wilcken, Antiochos (35) Sp. 2485; Bellinger, End S. 77. So schon die vermutung von Bellinger, End S. 77: “ … one suspects that in this case also there was Ptolemaic support, particularly as the activities of the new king were directed toward the south”. Auch der Dionysos-Beiname des Antiochos XII. weist auf einen ptolemäischen Hintergrund hin. newell, lSM S. 86 f. nr. 132 ff.; cSE 864.
12.) Regierung des Antiochos XII. und Herrschaft des armen. Königs Tigranes II.
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bärtigen Gottes steht im Typus eines phönikischen Baales von zwei Opferstieren flankiert1107 auf einem hohen Postament. Als Gott der Ernte hält er in der linken Hand eine Getreideähre als Szepter.1108 Wie A. R. Bellinger anmerkt, drückt die Wahl dieses Münzbildes aus, daß Antiochos XII. sich in erster linie als König von Damaskos verstanden wissen wollte.1109 Mit dem Wechsel des Münzbildes von Atargatis (unter Demetrios III.) zu Hadad signalisierte Antiochos XII. einerseits, daß er zwar eine ‚andere‘ Politik als sein Bruder und vorgänger Demetrios III. anstrebte, andererseits, daß er weiterhin auf ein gutes Einvernehmen mit der syro-phönikischen Bevölkerung von Damaskos bedacht war. Diese Bevölkerungsteile werden gegenüber den Griechen die Mehrheit eingenommen haben. An letztere richteten sich die Rückseitenbilder der Bronzemünzen. Sie stellen zeus, Hermes, Apollon, nike und Tyche mit Kalathos, Palmblatt und Füllhorn dar.1110 Auf den Münzen nennt sich der König Basileus Antiochos Dionysos Epiphanes Philopator Kallinikos. Damit wird insbesondere an seinen vater Antiochos vIII. erinnert (Philopator), der ebenfalls die Beinamen Epiphanes und Kallinikos geführt hatte.1111 Mit dem Dionysos-namen wird stolz auf die ptolemäische Abkunft verwiesen.1112 nach der in Kap. I 3 vorgeschlagenen Kategorisierung der königlichen Epitheta in drei Gruppen kombinierte der zwölfte Antiochos mit Philopator einen dynastischen Beinamen mit einem religiös-kultischen (Epiphanes) und einem politisch-militärischen Beinamen (Kallinikos). Die vierjährige Regierung (bis 84/83)1113 Antiochos’ XII. war angefüllt mit Kämpfen gegen Araber und Juden. Während er sich auf einem Feldzug gegen die Nabatäer befand,1114 fiel sein Bruder Philipp I. in Koilesyrien ein und erschien vor
1107 Ähnlich dem Baal von Rhosos: E. levante, The coinage of Rhosus, nc 1985, S. 237 ff.; SnG Switzerland I 1853 ff.; Fleischer, Artemis S. 383. 1108 vgl. die Beschreibung des Münzbildes durch newell, lSM S. 87; cSE 864; Fleischer, Artemis S. 379 f.; Haider/Hutter/Kreuzer, Religionsgeschichte S. 189 f. mit Abb. 73, siehe auch oben Kap. I 3, 6. 1109 End S. 77 Anm. 84. Das gleiche gilt dann für seinen vorgänger Demetrios III. 1110 newell, lSM S. 87 ff. nr. 135−143; cSE 865: Hermes, 866: zeus, 867: nike, 868 f.: Tyche und 870 f.: Apollon; SnG Israel I 2881−2918. 1111 OGIS I 259 = IvDélos 1549; OGIS I 260 = IvDélos 1550; OGIS I 258 = IvDélos 1551; 1552. 1112 Großmutter und Mutter des Antiochos XII. waren Ptolemäerinnen gewesen, und da sich die Ptolemäer auf Dionysos zurückführten (OGIS I 54), war auch er ein Abkömmling dieses Gottes. Allerdings spielt Dionysos in seinem Münzprogramm keine Rolle. 1113 Das Ende seiner Herrschaft war nach den bekannten Münzen von Damaskos bislang auf das Jahr 228 S. Ä. = 85/84: cSE 864 festgesetzt, vgl. etwa Bouché-leclercq, Histoire I S. 426; Altheim/Stiehl, Araber S. 294. Ein neu im Münzhandel aufgetauchtes, prägefrisches Stück weist jetzt das Datum 229 S. Ä. (84/83) auf: classical numismatic Group, lancaster/london, Kat. Triton vI, Jan. 2003, 467. 1114 Ios. ant. Iud. 13, 387 spricht einfach von Arabern. Da später der nabatäerfürst Aretas III. die Regierung in Damaskos übernahm, dürfte es sich genaugenommen um nabatäer gehandelt haben.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
den Toren von Damaskos.1115 Der Burgkommandant Milesios1116 übergab die Stadt an Philipp I.; da für diesen König in Damaskos aber keine Münzen geprägt wurden, kann seine Herrschaft dort nicht sehr lange gedauert haben. Weil Milesios für seine Tat aber nicht die erwartete Belohnung (÷Üñéò)1117 erhalten hatte, sperrte er Philipp I. bei Gelegenheit wieder aus.1118 Als Antiochos XII., der seinen Feldzug abgebrochen hatte, nach Koilesyrien zurückkehrte, war Philipp I. bereits abgezogen.1119 Mit einem Heer von 8.000 Soldaten und 800 Reitern1120 marschierte er abermals gegen die nabatäer. zunächst mußte sich das Seleukidenheer den Durchzug gegen Alexander Jannaios erkämpfen.1121 Da Alexander Jannaios eine Invasion Judäas befürchtete, hatte er entlang der linie charbarsaba − Joppe ein limesartiges Bollwerk aus Graben und Türmen, die im Abstand von 150 Stadien errichtet waren, aufführen lassen.1122 Um passieren zu können, brannten die Seleukiden die Befestigung nieder (Ios. ant. Iud. 13, 390; bell. Iud. 1, 99) und zogen vermutlich die phönikische Küste hinab nach Süden. zunächst kämpfte Antiochos XII. erfolgreich gegen Aretas III.1123 Als sein Gegner schließlich 10.000 Reiter aufbot, hatte der Seleukide dem nichts mehr entgegenzusetzen und fiel im Kampfgetümmel. Antiochos XII. ist damit der letzte auf dem Schlachtfeld gefallene Seleukidenkönig.1124 Die meisten seiner Soldaten, die nach dem Tode ihres Königs nach Kana geflohen waren,1125 verhungerten (Ios. ant. Iud. 13, 391). 1115 Ios. ant. Iud. 13, 387. Bevan, House II S. 261 f.; Bouché-leclercq, Histoire I S. 425; Bellinger, End S. 78; Treves, Philippos (68) Sp. 2554. 1116 Ios. ant. Iud. 13, 388: ôyò Têñáò öýëáî. Grainger, Prosopography S. 106. zum Amt siehe auch oben Kap. I 2, 1. 1117 zum Begriff vgl. den Fall des Theodotes: Pol. 5, 40, 1−3. Dazu Weber, Königshof S. 28. 1118 Anläßlich dieser Episode erfahren wir, daß es vor den Toren von Damaskos ein Hippodrom gab: Ios. ant. Iud. 13, 389. 1119 Ios. ant. Iud. 13, 389 ist an dieser Stelle fast mißverständlich knapp, da Antiochos XII. ja erst nach Damaskos zurückgekommen sein dürfte, bevor er erneut gegen die nabatäer zog. Bellinger, End S. 77 f. 1120 Ios. ant. Iud. 13, 389. Die Heereszahl ist glaubhaft. Demetrios III. belagerte Philipp I. in Berrhoia mit 10.000 Fußsoldaten und 1.000 Reitern: Ios. ant. Iud. 13, 384. 1121 zum folgenden Bellinger, End S. 78. 1122 nach Ios. ant. Iud. 13, 390 ist charbarsaba mit dem späteren Antipatris identisch. vgl. aber die Bemerkung von Marcus, Josephus S. 422 zu c. Aus dem Bericht des Josephus geht hervor, daß das Seleukidenheer von Damaskos aus nicht östlich des Jordans gegen die Araber zog, sondern zunächst entlang der phönikischen Küste. − Je nach dem, ob man das olympische oder das attische Stadion als längenmaß zugrunde legt, 192 bzw. 177 m, waren die Türme im Abstand von ca. 25−30 km errichtet worden. Da sich durch das Gebiet zwischen Antipatris und Joppe verschiedene Flußläufe ziehen, nützte das jüdische Befestigungswerk sicher auch diese natürlichen Hindernisse aus. 1123 Ios. ant. Iud. 13, 391 spricht von einem Araberfürsten Píá÷ùñï™íôïò äc ôï™ IÁñáâïò ôN ðñ§ôá, nennt aber seinen namen nicht. Daß es sich um Aretas III. gehandelt haben wird, meint auch Bellinger, End S. 78. Ein nabatäischer Fürst (ôýñáííïò ô§í EÁñÜâùí) dieses namens wird schon in II. Makk. 5, 8 (zum Jahr 168) erwähnt, vgl. auch U. Wilcken, Aretas (1−4), RE II 1, Stuttgart 1895, Sp. 673 ff.; Altheim/Stiehl, Araber S. 290 f.; Gelzer, Pompeius S. 110. 1124 Siehe dazu die ‚Todesstatistik‘ in der Einleitung unter Punkt 4 S. 26. 1125 Am südlichen Ufer des Toten Meeres: Marcus, Josephus S. 423 zu h.
12.) Regierung des Antiochos XII. und Herrschaft des armen. Königs Tigranes II.
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vermutlich zog Aretas III. die phönikische Küste entlang nach Koilesyrien, um das Herrschaftsgebiet des zwölften Antiochos in Besitz zu nehmen, und erschien im Jahr 84/83 vor den Toren von Damaskos.1126 Um nicht unter die Herrschaft des verhaßten Tetrarchen von chalkis am libanon, dem Ituräer Ptolemaios, Sohn des Mennaios, zu geraten,1127 ergaben sich die Stadtbewohner freiwillig dem Nabatäer Aretas III. (Ios. ant. Iud. 13, 392). Seine Münzprägung besteht aus Bronzen, die auf der vorderseite den Kopf des Aretas III. mit Diadem und langen Haaren zeigen und auf der Rückseite entweder eine geflügelte nike mit Mauerkrone oder die Tyche von Damaskos im Typus der Tyche von Antiocheia darstellen. Die Reverslegende lautet im Genitiv: ÂÁÓÉËÅÙÓ ÁÑÅÔÏÕ ÖÉËÅËËÇÍÏÓ.1128 Bereits der Partherkönig Mithradates I. hatte das Epitheton Philhellen geführt.1129 In den Augen des Aretas III. waren die Bewohner von Damaskos (und Koilesyrien) ethnisch wohl alle Hellenen. Da für Aretas III. nur Bronzen geprägt wurden und Silber fehlt, möchte ich vermuten, daß die seleukidische Besatzung samt Münzstätte aus Damaskos abgezogen war.1130 Aretas III. stand zunächst in militärischen Auseinandersetzungen mit Alexander Jannaios. Schließlich kam es zu einer Friedensübereinkunft, und der nabatäer zog sich aus Judäa zurück (Ios. ant. Iud. 13, 392). Philipp I., der offenbar militärisch zu schwach war, Koilesyrien mit Damaskos seinem Reich anzugliedern, wurde im Jahr 83 durch den Einfall des Armenierkönigs Tigranes II. aus Antiocheia und Syrien verdrängt.1131 Mit seinem gleichnamigen 1126 Die letzten datierten Tetradrachmen des Antiochos XII. stammen aus dem Jahr 84/83: classical numismatic Group, lancaster/london, Kat. Triton vI, Jan. 2003, 467, siehe auch oben. Damit sind die früheren Datierungen, z. B. H. volkmann, Ptolemaios (60), RE XXIII 2, Stuttgart 1959, Sp. 1767: Jahr 85, obsolet. 1127 Bouché-leclercq, Histoire I S. 427; Altheim/Stiehl, Araber S. 315; Berve, Tyrannis I S. 434; Bellinger, End S. 78. Der name des vaters ist semitisch: H. volkmann, Ptolemaios (60), RE XXIII 2, Stuttgart 1959, Sp. 1766. 1128 Die Münzen verzeichnen newell, lSM S. 92 ff. nr. 144 ff. und Y. Meshorer, nabataean coins (Qedem. Monographs of the Institute of Archaeology. The Hebrew University of Jerusalem 3), Jerusalem 1975, S. 3; 6 ff.; 12 ff.; 86 f. Ungewöhnlich ist die Darstellung der nike mit Mauerkrone: newell, lSM S. 92 nr. 144. Den Typ der auf einem Fels sitzenden Tyche gibt es auch auf den städtischen Münzen aus der zeit zwischen 97/96−85/84. 1129 W. Wroth, BMc of the coins of Parthia, london 1903 (nachdruck Bologna 1964) S. 12 nr. 48; S. 14 f. nr. 55 ff. Die Stücke sind nach der Seleukidenära datiert (140/39 bzw. 139/38) und gehören in die zeit von Demetrios’ II. zug in die Oberen Satrapien (siehe oben Kap. II 7). 1130 Anders newell, lSM S. 93, der meint, daß es gut möglich wäre, daß für den König auch Tetradrachmen geprägt wurden. zum Münzsystem der nabatäer, das an das seleukidische anschließt: H. M. cotton/W. Weiser, „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist …“ Die Geldwährung der Griechen, Juden, nabatäer und Römer im syrisch-nabatäischen Raum, zPE 114, 1996, S. 268 f. 1131 nach App. Syr. 48, 247; 248; Mithr. 105, 494 war es Antiochos X., nicht Philipp I., der von Tigranes II. vertrieben wurde, vgl. auch Brodersen, Abriß S. 76. nach dem oben vorgeschlagenen Ereignisablauf ist Antiochos X. bereits im Jahr 92 gefallen und 83 demnach nicht mehr am leben gewesen: Siehe Kap. II 11. Tigranes II. eroberte das Seleukidenreich militärisch. Bei Iustin 40, 1−4 findet sich die wahrscheinlich auf einen Tigranes II.-Historiker zurückgehende Überlieferung, der Armenierkönig sei durch die ‚Wahl‘ der Bevölkerung in Syrien zur Macht gekommen. Das ist historisch aber wenig glaubwürdig. − vermutlich war es in Wirk-
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Sohn zog sich Philipp I. nach Olba zurück,1132 wo er beim Hohenpriester des zeusheiligtums, zenas, zuflucht fand.1133 Inschriften nennen diesen zenas Päåëö’ò ô§í âáóéëÝùí;1134 mit den „Königen“ sind Philipp I. und Philipp II. gemeint. nicht feststellbar ist, ob Philipp I. von Olba aus vielleicht Teile des Rauhen Kilikiens, die nicht unmittelbar der dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ angehörten, oder der östlichen Ebenen Kilikiens, als ‚Restreich‘ beherrschte. Die kilikischen Eroberungen des Tigranes II. reichten nachweislich bis Soloi, das spätere Pompeiupolis.1135 In der Sekundärliteratur wird der Tod des Philipp I. ins Jahr 83 gesetzt,1136 aber dies ist keineswegs zwingend. nach einer vermutung von Th. S. MacKay könnte Philipp I. in dem zwei Kilometer südlich vom zeusheiligtum befindlichen Grabturm beigesetzt worden sein.1137 Mit Philipp I. wurde der letzte ‚echte‘ Seleukide zu Grabe getragen; seine Thronnachfolger, Philipp II. und Antiochos XIII., waren nicht viel mehr als machtlose Schattenkönige. Der Regierungsbeginn Tigranes’ II. bzw. die Angliederung Syriens und Kilikiens werden in der Überlieferung verschieden datiert: nach Appian dauerte seine Herrschaft 14 Jahre (Syr. 48, 248), was vom Jahr 69 zurückgerechnet auf das Jahr 83 führt, während Iustin (40, 1, 4) von 17 bzw. 18 Regierungsjahren spricht, was das Jahr 87 bzw. 86 ergäbe.1138 Auch werden die Umstände der Herrschaftsübernahme abweichend geschildert: Appian zufolge vertrieb der Armenier den zehnten Antiochos gewaltsam aus Syrien,1139 während Iustin (40, 1, 1−4) behauptet, daß das volk (populus: 40, 1, 1) sich auf Tigranes II. als neuen König von Syrien geeinigt hätte,
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lichkeit so, daß die Bewohner von Antiocheia dem Tigranes II. nur allzu bereitwillig die Stadttore öffneten und diesen gegen Philipp I. unterstützten. Aufnahme und Unterstützung des Armeniers wurden bald als ‚Wahl‘ interpretiert. Treves, Philippos (69) Sp. 2555. Denkbar ist auch, daß sich Philipp II. schon vor 83 in Olba befand. Tigranes war der Sohn des Tigranes (App. Syr. 48, 247) und sollte deshalb als Tigranes II. gezählt werden. zum namen: Brodersen, Abriß S. 76 mit Anm. 1. Gelegentlich wird er in der literatur auch als Tigranes der Große bezeichnet. Beziehungen zwischen den Seleukiden und der Priesterdynastie von Olba bestanden seit Seleukos I.: siehe oben Kap. I 2, 4. In den 50er Jahren des 2. Jhs. hatte Alexander I. dort residiert, bis er sich gegen Demetrios I. erhob (siehe oben Kap. II 4). zu Olba zuletzt Trampedach, Olba S. 269−288. Savalli-lestrade, Philoi S. 89 f. vgl. die verbesserten lesungen der Inschriften (MAMA III S. 67 ff. nr. 63; 64; 67) in: SEG 26, 1976/77, S. 349 nr. 1451−1453 und OID 59; 91; 92. Außerdem: MacKay, Sanctuaries S. 2088. Plut. Pomp. 28, 6. ziegler, Ären S. 214. Mit der Eroberung Kilikiens gewann der armenische König einen günstig gelegenen zugang zum Meer: nollé, Seleukeia S. 90 Anm. 57. MAMA III S. 65; Treves, Philippos (69) Sp. 2554; Bellinger, End S. 79: „84/3“. Sanctuaries S. 2091; MAMA III S. 59 f. mit Abb. 8. zu den Türmen im Gebiet von Olba vgl. auch S. Durugönül, Türme und Siedlungen im Rauhen Kilikien. Eine Untersuchung zu den archäologischen Hinterlassenschaften im Olbischen Territorium (Asia Minor Studien 28), Bonn 1998. F. Rühl nimmt in seiner Iustin-Ausgabe bei Teubner, leipzig 1886, die zahl XvII in den lateinischen Text auf, während O. Seel, Stuttgart 1972 (Teubner), die zahl XvIII hat. Für die lesung nach Seel entscheiden sich Sayar/Siewert/Taeuber, Asylie-Erklärungen S. 128. Syr. 48, 248; Mithr. 105, 492. Brodersen, Abriß S. 76 f. Appian hat sich hier offensichtlich vertan und statt Philipp I. Antiochos X. geschrieben.
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nachdem über Ptolemaios IX. Soter II. und Mithradates vI. von Pontus als Kandidaten der Thronnachfolge beraten worden wäre. H. Koehler hält die Überlieferung bei Iustin in jeder Hinsicht für die glaubwürdigere.1140 Doch stehen dieser Auffassung chronologische Bedenken entgegen: Da nach Appian (Syr. 48, 248) Syrien und Kilikien gleichzeitig erobert wurden, kann das bei Iustin (40, 1, 1) genannte Jahr 87 oder 86 jedenfalls für Kilikien nicht richtig sein, weil aus eben diesem Jahr die 1994 publizierten Asylie-Erklärungen des Sulla und des lucullus für das Isis- und Sarapisheiligtum von Mopsuhestia stammen, die beweisen, daß die Stadt zu diesem zeitpunkt selbständig und nicht durch armenische Truppen besetzt war. Die Herausgeber der Inschrift betonen deshalb mit Recht, daß dieses epigraphische zeugnis Iustins chronologie widerlegt.1141 In der besetzten syrischen Hauptstadt ließ Tigranes II. Tetradrachmen mit seinem Bildnis schlagen.1142 Auf diesen trägt der König eine armenische Tiara oder Kidaris,1143 die mit einem achtstrahligen Stern geschmückt ist,1144 der rechts und links von einem Adler flankiert wird.1145 Die Münzrückseiten tragen die schlichte Genitivlegende ÂÁÓÉËÅÙÓ ÔÉÃÑÁÍÏÕ,1146 er führt dort also weder einen Beinamen1147 noch den Titel des Großkönigs.1148 zu der genannten legende stellen die Münzrückseiten die Tyche von Antiocheia dar, und zwar im Typus der für die neugegründete Stadt um 300 von dem lysipp-Schüler Eutychides geschaffenen Tychestatue.1149 Im Unterschied zur Originalplastik, bei der die Göttin Kornähren und
1140 Koehler, nachfolge S. 10 f.; Brodersen, Abriß S. 76 f. steht Koehlers Auffassung skeptisch gegenüber, vertritt aber auch das Jahr 87/86 für den Einmarsch des Tigranes II. Dagegen etwa Bengtson, Geschichte S. 496: Jahr 83. 1141 Sayar/Siewert/Taeuber, Asylie-Erklärungen S. 128. 1142 Grundlegend zu den Münzen des Tigranes II. sind c. Foss, The coinage of Tigranes the Great: problems, suggestions and a new find, nc 1986, S. 19−66 und das Buch von Mousheghian/ Depeyrot, Armenian coinage. 1143 Tiara und Kidaris sind wahrscheinlich identisch: W. Pape, Griechisch-Deutsches Handwörterbuch der griechischen Sprache, Band II, Braunschweig 1914, S. 1109 s. v. ÔéÜñá und H. G. liddell/R. Scott, A Greek-English lexicon, Oxford 1940 (nachdruck 1966), S. 950 s. v. Êßäáñéò. zur Tracht der armenischen Könige: Eckhardt, Feldzüge S. 410. 1144 vgl. auch den vollplastischen Königskopf aus Arsameia am nymphaios, der wohl Antiochos von Kommagene darstellt. Der Stern auf seiner Tiara ist zwölfstrahlig: R. Merkelbach, Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult, Königstein 1984, S. 270 Abb. 9. 1145 Die vögel werden von Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 134 als Adler bezeichnet. 1146 Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 134 ff. nr. 1−3. 1147 Wie etwa Aretas III. 1148 Wie auf den in Armenien geprägten Bronzemünzen: Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 141 f. nr. 24−27. 1149 vgl. T. Dohrn, Die Tyche von Antiocheia, Berlin 1960; Prottung, Stadttyche S. 43 f.; 74 ff.; E. christof, Die Tyche von Antiochia und andere Stadttychen, Frankfurt am Main/Berlin/Bern/ Brüssel/new York/Oxford/Wien 1999; M. Meyer, „neue Bilder“. zur verwendung und zum verständnis von bildlichen Darstellungen in der levante, in: Funck, Hellenismus S. 243−254, dies., Die Bronzestatuetten im Typus der Tyche von Antiocheia, Kölner Jahrbuch 33, 2000, S. 185−195 und Ehling, Münzen S. 30 f. mit Anm. 8 und Abb. 13.
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Mohn als Fruchtbarkeitsattribute in der gesenkten rechten Hand hält,1150 hält die Tyche auf den Münzen des Tigranes II. einen Palmzweig. Wie P. Prottung feststellt, ist das Palmblatt ein Sieges- und Friedenszeichen, das zu verstehen ist „als ein Symbol des Sieges über die Seleukidenstreitigkeiten“ und als ein zeichen für die nun „folgende Friedenszeit, als deren Garant sich Tigranes ausweist“.1151 Tigranes’ II. antiochenische Münzen tragen keine Jahresangaben; der genaue zeitpunkt ihrer Prägung zwischen 83 und 69 ist deshalb nicht sicher bestimmbar. vermutlich wurden sie aber zu Beginn seiner Regierungsübernahme geprägt und dienten der Bezahlung seiner Soldaten.1152 Anders als die Bewohner von Antiocheia, die, wie es scheint, freiwillig auf die Seite des Tigranes II. getreten waren, weigerte sich die Bevölkerung von Seleukeia in Pierien, den neuen Herren anzuerkennen, d. h. eine Besatzung aufzunehmen. Im Winter 64/63 wurde sie dafür von Pompeius belohnt.1153 von Syrien aus drangen die Truppen des Tigranes II. nach Ostkilikien vor.1154 Um seinen ehrgeizigen Plan, den Bau einer prunkvollen Hauptstadt, verwirklichen zu können, siedelte der Armenierkönig insbesondere aus den Städten der Kilikia Pedias die (griechische) Bevölkerung nach Tigranokerta um.1155 Die bei Appian (Mithr. 67, 285) genannte zahl von 300.000 zwangsumgesiedelten Bewohnern ist maßlos übertrieben,1156 aber es dürften Tausende gewesen sein.1157 Strabon (11, 14, 15 = 532) zufolge verödeten zwölf Städte geradezu,1158 darunter einige ostkilikischen Städte. Griechen aus Kilikien und Kappadokien siedelte Tigranes II. aber nicht nur in seiner Ende der 80er/Anfang der 70er Jahre errichteten neuen Hauptstadt Tigranokerta an,1159 sondern auch im westlichen Mesopotamien (Plut. luc. 21, 4). Die Ansiedlung von Griechen bzw. hellenisierten Bevölkerungsteilen scheint geradezu zum Prestige östlicher Herrscher gehört zu haben.1160 Über das Gebiet vom Euphrat bis zur ägyptischen Grenze und Ostkilikien setzte er Bagadates als óôñáôçãüò ein.1161 Mit Ausnahme einiger phö1150 Prottung, Stadttyche S. 57; 77. 1151 Stadttyche S. 59. zu den Münzen vgl. auch Bellinger, End S. 80. 1152 Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 7 schreiben, daß das Geld zur Bezahlung von Söldnern diente. 1153 Siehe unten Kap. II 13. 1154 App. Syr. 48, 248; Dio 36, 37, 6 (Soloi). Bellinger, End S. 80 f.; ziegler, Ären S. 208 f. mit Anm. 35. 1155 Plut. luc. 21, 4; 26, 1; Pomp. 28, 4. ziegler, Ären S. 208 f. 1156 ziegler, Ären S. 209. 1157 F. Geyer, Tigranes (1), RE vI A 1, Stuttgart 1936, Sp. 971. 1158 Bellinger, End S. 80; ziegler, Ären S. 209 Anm. 35. 1159 Bouché-leclercq, Histoire I S. 432, Bellinger, End S. 80 u. a. datieren die Gründung der Stadt ins Jahr 77. 1160 vgl. z. B. auch die freilich späteren Um- und Ansiedlungstätigkeiten Schapurs I. (um 260 n. chr.): K. christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit von Augustus bis zu Konstantin, München 1992², S. 667. 1161 zum namen: Brodersen, Abriß S. 77. Mommsen, Geschichte S. 138 sieht in Bagadates auch den Statthalter von Syrien. Dies wird von Appian zwar nicht ausdrücklich gesagt, andererseits nennt er auch keinen eigenen Statthalter von Syrien, so daß Mommsen mit seiner vermutung recht haben könnte.
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nikischer Städte (Plut. luc. 21, 2) war Tigranes II. damit Herr über das Gebiet des Seleukidenreiches, ja er hatte sogar verlorene Teile Mesopotamiens von den Parthern zurückerobert. In seinen Augen durfte er sich zu Recht „König der Könige“ nennen.1162 Spätestens wohl im Jahr 73/72 kehrte Kleopatra v. Selene aus ihrem Exil in Kleinasien (?) nach Syrien zurück1163 und machte (möglicherweise mit Hilfe oppositioneller ptolemäischer Kreise)1164 Ptolemaïs zu ihrem Residenzort (Ios. ant. Iud. 13, 419 f.). Ptolemaïs war in der vergangenheit immer besonders ptolemäertreu gewesen (siehe oben Kap. II 5), und Kleopatra v. war nicht nur die „einzige noch lebende echte Ptolemäerin“ (F. Stähelin) mit berechtigten Ansprüchen auf den ägyptischen Thron,1165 sondern mit ihren beiden Söhnen auch die legitime Erbin der Seleukidenregierung.1166 vor dem Hintergrund ihrer politischen Ansprüche war die zwischen Ägypten und Syrien gelegene Stadt auch geographisch gut gewählt, um hier die Ergebnisse der verhandlungen abzuwarten, die ihre beiden Söhne in Rom führten. zwei Jahre zuvor, wahrscheinlich im Jahr 74,1167 waren die beiden königlichen Brüder,1168 Antiochos XIII. und sein älterer Bruder Antiochos Philometor,1169 nach Rom gekommen (cic. verr. 4, 28, 64−31, 70). Sie wollten sowohl die societas et amicitia mit Rom bekräftigen1170 als auch ihre Erbansprüche auf Ägypten geltend
1162 App. Syr. 48, 247. Der Titel ist persisch. In seinem Schreiben an die Juden wird er von Artaxerxes I. geführt: Esra 7, 12. 1163 Das Datum ist indirekt aus den datierten Münzen des Tigranes II. von Damaskos zu erschließen. zur Begründung siehe unten. Wo sich Kleopatra v. vor ihrer Rückkehr aufgehalten hat, ist nicht überliefert, doch dürfte es Kleinasien gewesen sein, wohin sie mit ihren beiden Söhnen Ende der 90er Jahre geflüchtet war. Der volkstümliche Beiname Asiatikos für ihren Sohn Antiochos XIII. rührt von diesem Aufenthalt her. Siehe auch unten Kap. II 13. 1164 Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 784 vermutet, daß sie in Ptolemaïs „unter ägyptischem Schutze lebte“. 1165 Hölbl, Geschichte S. 195. 1166 Wenn Wilcken, Antiochos (36) Sp. 2486 meint, daß deren Ansprüche verglichen mit denen des Philipp I.-Sohnes und Antiochos vIII.-Enkels, Philipp II., dynastisch gesehen geringer waren, so verkennt er, daß nach hellenistischer vorstellung alle Königssöhne im Prinzip das gleiche Herrschaftsrecht hatten. 1167 Das genaue Datum ihrer Romreise ist nicht überliefert. Ausgehend von der Annahme, daß Tigranes II. im Jahr 72 den Krieg gegen Kleopatra v. eröffnete (siehe unten) und zu diesem zeitpunkt die fast zweijährige (biennium fere cic. verr. 4, 30, 67) Rom-Mission der seleukidischen Köngssöhne beendet war, gehe ich von einem Aufenthalt in den Jahren 74−72 aus. Wilcken, Antiochos (36) Sp. 2486 meint, sie wären schon 75 in Rom gewesen, ebenso Bevan, House II S. 263 und Bellinger, End S. 81. Bouché-leclercq, Histoire I S. 433 spricht sich für 75/74 aus. Hingegen nimmt Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 783 an, die beiden Seleukiden wären erst 73 von Ptolemaïs aus nach Rom gereist. 1168 cic. verr. 4, 28, 64 bezeichnet beide ausdrücklich als reges. 1169 zu diesem Antiochos Philometor vgl. zuletzt Hoover, Dethroning S. 95−99 (allerdings mit der falschen Gleichsetzung von Antiochos Philometor mit Antiochos XIII.) und siehe besonders oben Kap. II 11. 1170 cic. verr. 4, 29, 67. 30, 68.
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machen.1171 Wahrscheinlich hatten sie ebenso die Absicht, um Unterstützung gegen Tigranes II. zu bitten, auch wenn cicero dies nicht weiter anmerkt. Fast zwei Jahre lang hielten sich die Seleukiden mit einem ganzen Schatz an kostbarem Tafelsilber in Rom auf. Ausdrücklich erwähnt werden goldene und silberne, mit Edelsteinen besetzte Becher (pocula: cic. verr. 4, 27, 62), eine Weinschöpfkelle (trulla: 4, 27, 62) mit goldenem Griff sowie weitere ziselierte Silbergefäße (vasa: 4, 27, 63) und Kunstwerke aus Gold und Edelsteinen (opera ex auro et gemmis: 4, 29, 67). Bei diesen Prunkstücken handelt es sich um Teile der einem König gebührenden Ausstattung (ðåñéêïðÞ), die Kleider, Schmuck, Wagen, Diener, kostbares Geschirr und anderes mehr umfaßte.1172 Wahrscheinlich wollten die beiden Königssöhne durch verschenken von wertvollem Tafelsilber das Wohlwollen einzelner, einflußreicher Senatoren in Rom erlangen. Schon früher hatte es Beeinflussungsversuche dieser Art gegeben,1173 und es dürfte gängige Praxis gewesen sein, sich auf diese Weise die zustimmung der Senatoren zu sichern. Es sei aber daran erinnert, daß der Trinkbecher (poculum) traditionell ein Geschenk des Seleukidenkönigs an einen ößëïò bzw. óõããåíÞò war.1174 Aus seleukidischer Sicht besiegelte also ein solches Geschenk nur die Ernennung des Beschenkten zum ößëïò ôï™ âáóéëÝùò und war keine ‚Bestechung‘.1175 Aber die beiden Königssöhne fanden weder die Gelegenheit, den von ihnen mitgebrachten edelsteingeschmückten leuchter (candelabrum: cic. verr. 4, 28, 64; 4, 29, 67) im Tempel des Jupiter capitolinus aufzustellen (da am Tempel gebaut wurde), noch wurden sie überhaupt vor den Senat geladen, um ihre Ansprüche vorzutragen.1176 Es scheint aber, daß wenigstens die societas et amicitia mit Rom Bestätigung fand.1177 Auf der Rückreise über Syrakus hatte Antiochos Philometor oder Antiochos XIII. das ‚Pech‘, dem Prätor von Sizilien, Gaius verres, in die Hände zu fallen.1178 Auch wenn cicero es in den verrinen anders darstellt, ist es 1171 cic. verr. 4, 27, 61. Bevan, House II S. 263. 1172 Ritter, Diadem S. 137 Anm. 2. cicero verr. 4, 30, 67 spricht von comitatus regius atque ornatus. 1173 So dürfte etwa Herakleides im Jahr 153 durch den Einsatz derartiger Mittel die zustimmung für die Thronbesteigung Alexanders I. vom Senat erhalten haben: siehe oben Kap. II 4. 1174 I. Makk. 11, 58. Robert, noms S. 446 mit Anm. 1 und 2. 1175 vgl. z. B. I. Makk. 11, 58: Antiochos vI. schenkt dem Hohenpriester Jonathan Goldgefäße und Tafelgeschirr und bestätigt ihn als óõããåíÞò des Königs. 1176 cicero begründet dies pauschal mit den politischen verhältnissen: verr. 4, 27, 61, die allerdings angesichts der Kämpfe des Pompeius gegen Sertorius (77−72) und des Spartacus-Aufstandes (73−71) tatsächlich angespannt waren. 1177 Dies meint ausdrücklich Koehler, nachfolge S. 59 mit Anm. 260 aus. vgl. auch Bellinger, End S. 81; 83. 1178 Früher ging man davon aus, daß in ciceros verrinen immer von Antiochos XIII. die Rede sei. nach den in II 11 besprochenen Münzen, durch die der zweite Sohn der Kleopatra v. Selene, Antiochos Philometor, jetzt namentlich bekannt geworden ist, spricht der römische Rhetor aber vielleicht von diesem König. − Als Reiseziel der beiden reges gibt cicero (verr. 4, 27, 61) ihr väterliches Königreich Syrien an: … in Syriam in regnum patrium profecti sunt. ziel war vielleicht Ptolemaïs. Warum die beiden getrennt nach Hause reisten, ist nicht überliefert. Antiochos Philometor (oder Antiochos XIII.) hielt sich Anfang des Jahres 70 vielleicht noch in Syrakus auf und wurde dort von cicero als zeuge gegen verres befragt (siehe auch oben Kap. I 1, 2).
12.) Regierung des Antiochos XII. und Herrschaft des armen. Königs Tigranes II.
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nicht auszuschließen, daß Antiochos Philometor (bzw. Antiochos XIII.) hier den letzten versuch unternahm, doch noch einen einflußreichen Fürsprecher zu gewinnen. Möglicherweise sind die anfänglichen Avancen des Seleukiden von verres mißverstanden und dann schamlos ausgenützt worden. Ende der 70er Jahre begann Tigranes II. eine militärische Offensive, um Koilesyrien, Phönikien und Palästina vollständig in Besitz zu nehmen. Daß dies erst jetzt − zehn Jahre nach dem Einmarsch in Syrien − erfolgte, ist erstaunlich, da in diesen Gebieten einige der wohlhabendsten und bedeutendsten Städte des östlichen Mittelmeerraumes lagen. Sehr wahrscheinlich aber war Kleopatra v. im Jahr 73/72 mit ptolemäischer Hilfe (?) in Ptolemaïs eingezogen,1179 und eben dies veranlaßte das Eingreifen des Tigranes II. Die Anwesenheit einer legitimen Seleukidenkönigin und -mutter konnte rasch zu Unruhen führen und mußte für Tigranes II. eine politische Bedrohung sein. Im Jahr 72 gelang es seinen Soldaten, Damaskos einzunehmen und die nabatäer unter Aretas III. zu vertreiben.1180 Mit dem Datum ÁÌÓ (241 S. Ä. = 72), ÂÌÓ (242 S. Ä. = 71) und ÃÌÓ (243 S. Ä. = 70) wurden in Damaskos Tetradrachmen für Tigranes II. geprägt.1181 Die Münzrückseiten zeigen die Tyche der Stadt und zu ihren Füßen den Flußgott chrysorrhoas.1182 Der König scheint durch eine überlegte Geldpolitik Wirtschaft und Handel in Damaskos gezielt gefördert zu haben.1183 Anschließend zog Tigranes II. mit seinem angeblich 300.000 Mann starken Heer1184 nach Phönikien, belagerte Ptolemaïs und andere phönikische Städte (Plut. luc. 21, 2). Da die Juden unter ihrer Königin Alexandra einen Angriff auf Judäa befürchteten, schickten sie eine Gesandtschaft mit kostbaren Geschenken an Tigranes II., der die Huldigung gerne entgegennahm.1185 Wie lange der Armenier Ptolemaïs belagerte, ist nicht überliefert, auch nicht, auf welche Weise es ihm schließlich gelang, die Stadt einzunehmen. Ende des Jahres 70 (?) geriet Kleopatra v. in seine Gefangenschaft (Ios. ant. Iud. 13, 421). Ptolemaïs war gerade eingenommen worden, als Tigranes II. die nachricht erhielt, sein Schwiegersohn, der pontische König Mithradates vI., habe sich vor den Truppen des römischen Feldherren lucullus nach Armenien geflüchtet.1186 Tigranes II. brach sofort nach Armenien auf. Im 1179 Dagegen nimmt etwa Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 783 f. an, Kleopatra v. sei erst 70/69 in Ptolemaïs angekommen. 1180 Die Stadt war im Jahr 84/83 unter nabatäische Kontrolle gekommen, siehe oben. 1181 Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 138 nr. 13−16. 1182 Der Flußgott ist richtig von Prottung, Stadttyche S. 86, falsch von Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 139 benannt. Der Fluß wird auch bei Strab. 16, 2, 16 = 755 erwähnt. 1183 So zeigen Silberanalysen, daß die Tetradrachmen von Damaskos mit einem höheren Silberanteil ausgegeben wurden als die von Antiocheia: Damaskos: 92−94 %: Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 138; Antiocheia: 62−74 %: ebenda S. 134. Auch könnte die Ausprägung von Kleinmünzen: Mousheghian/Depeyrot, Armenian coinage S. 139 f. nr. 17−21 als Hinweis auf eine solche ‚Wirtschaftspolitik‘ verstanden werden. 1184 Ios. ant. Iud. 13, 419. zu der Stelle vgl. Marcus, Josephus S. 439 Anm. c. 1185 zur Regierung der Alexandra vgl. E. Baltrusch, Königin Salome Alexandra (76−67 v. chr.) und die verfassung des hasmonäischen Staates, Historia 50, 2001, S. 163−179. 1186 Ios. ant. Iud. 13, 421; Plut. luc. 19, 1. christ, Krise S. 268. Koehler, nachfolge S. 26 datiert die Belagerung auf 70/69.
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mesopotamischen Seleukeia ließ er im Frühjahr 69 Kleopatra v. ermorden.1187 Mit ihr fand die letzte Seleukidin ihr Ende, die mit Kleopatra Thea vergleichbar, der Seleukidendynastie über Jahrzehnte hinweg einen gewissen Grad an Kontinuität und zusammenhalt gegeben hatte. 13.) REGIERUnG DES AnTIOcHOS XIII. (69−64) UnD EInRIcHTUnG DER PROvInz SYRIA UnTER POMPEIUS (64/63) noch während Tigranes II. im Jahr 70 mit der Belagerung von Ptolemaïs beschäftigt war, kam der Römer lucius Appius clodius Pulcher im Auftrage seines Schwagers l. licinius lucullus nach Antiocheia, um die Auslieferung des Mithradates vI. von Pontos zu verlangen.1188 clodius residierte in Daphne und nahm im geheimen freundschaftliche verbindungen zu verschiedenen Königen, Dynasten und Städten auf, die die Herrschaft des Tigranes II. abzuschütteln suchten. Plutarch erwähnt von diesen ausdrücklich zarbienos, den König der an den Quellen des Tigris gelegenen nordmesopotamischen landschaft Gordyene.1189 Bei den „Städten“ wird man vor allem an die syrischen und phönikischen Küstenstädte denken dürfen. Tigranes II. verweigerte die Auslieferung des Mithradates vI. Das bedeutete Krieg (Plut. luc. 21, 7). Während clodius nach Ephesos abreiste, wo sich lucullus aufhielt, zog sich Tigranes II. mit seinem Heer nach Armenien zurück. Im mesopotamischen Seleukeia ließ er, wie erwähnt, Kleopatra v. ermorden.1190 nachdem das pontische Sinope unterworfen war (Plut. luc. 23, 2 f.), zogen die römischen Truppen Richtung Euphrat, den sie im Frühjahr 69 erreichten (Plut. luc. 24, 4). nach der Überquerung des Tigris rückten die Römer in Armenien ein, um die Hauptstadt des Tigranes II., Tigranokerta, zu erobern. Auf Befehl des Tigranes II. hatte der armenische Statthalter Bagadates1191 Kilikien und Syrien geräumt und war seinem Herrn zur Hilfe geeilt (App. Syr. 49, 249). Mit dem Abzug der armenischen Truppen kam die Stunde des vermutlich irgendwo in Kilikien residierenden Antiochos XIII.1192 Im Frühjahr/Sommer 691193 gelangte der Seleukide nach Syrien bzw. Antiocheia und übernahm dort mit zustim-
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Strab. 16, 2, 3 = 749. Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 784. Plut. luc. 21, 1−2. zum Hintergrund vgl. Bellinger, End S. 82. luc. 21, 2. Grainger, Prosopography S. 723. Anfang des Jahres 69. Strab. 16, 2, 3 = 749. Stähelin, Kleopatra (22) Sp. 784; Brodersen, Abriß S. 77. Siehe oben Kap. II 12. zur geographischen lage und archäologischen Situation von zeugma vgl. R. Ergeç/M. Önal/J. Wagner, Seleukeia am Euphrat/zeugma. Archäologische Forschungen in einer Garnisons- und Handelsstadt am Euphrat, in: Wagner, Gottkönige S. 105 ff. 1191 zur Schreibung des namens Bagadates, nicht Magadates, vgl. Brodersen, Abriß S. 77. vgl. auch Grainger, Prosopography S. 655. 1192 Iust. 40, 2, 3. 1193 Richtige Datierung bei Koehler, nachfolge S. 58. Unpräzise ist Bellinger, End S. 83, der „69/68“ schreibt.
13.) Regierung des Antiochos XIII. u. Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius
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mung der Bevölkerung die Regierung.1194 vermutlich hat es eine förmliche Ausrufung des Antiochos XIII. durch die Stadtbewohner gegeben.1195 Daß die Antiochener sich für den neuen König aussprachen, wird, abgesehen davon, daß die Armenier sehr unbeliebt geworden waren,1196 im wesentlichen zwei Gründe gehabt haben: 1.) Wird sich die Bevölkerung vom Seleukiden einen wirksameren Schutz gegen Übergriffe arabischer Stammesführer versprochen haben (siehe unten) und 2.) wollte sie mit dieser Entscheidung vielleicht möglichen römischen Annexionsabsichten zuvorkommen.1197 Antiochos XIII. schickte eine Gesandtschaft an lucullus nach Armenien, der ihn ohne weiteres als neuen Seleukidenkönig anerkannte (App. Syr. 49, 250). Die autonome städtische Münzprägung der Metropolis Antiocheia wurde, wie es scheint, eingestellt1198 und nur mehr königliche Münzen ausgegeben. Die Rückseiten der Tetradrachmen zeigen das typische Bild des nach links thronenden zeus zu der Genitivlegende ÂÁÓÉËÅÙÓ ÁÍÔÉÏ×ÏV ÖÉËÁÄÅËÖÏv.1199 Beim vorderseitenporträt glaubt n. Dürr, wie bei Demetrios II. und Seleukos vI., auch an der Schläfe dieses Königs ein kleines Horn erkennen zu können,1200 doch handelt es sich, wie R. Fleischer gesehen hat, wohl nur um „den aufstrebenden Teil einer Haarlocke seiner Frisur“.1201 zwei Beobachtungen am Münzbildnis des dreizehnten Antiochos sind von Bedeutung: zum einen weist seine Haarfrisur in der Stirnmitte „statt des üblichen aufstrebenden Wirbels eine Anastole auf“,1202 zum anderen wirkt das Gesicht betont kämpferisch. Die Anastole erinnert an Alexander den Großen, der Gesichtsausdruck, der durch Kontraktion der Stirn und der Augenbrauen entsteht, an den Makedonenkönig Perseus.1203 Bei letzterem handelt es sich um eine besondere Pathosformel,1204 die dem Dargestellten ein ‚gefährliches‘ Aussehen verleihen 1194 App. Syr. 49, 249: ƒñ÷å ô§í Óýñùí eêüíôùí. Appian verwechselt Antiochos XIII. allerdings mit dessen vater Antiochos X.: Brodersen, Abriß S. 79 f. 1195 vgl. etwa die Ausrufung des Demetrios I. durch die Bevölkerung von Tripolis im Frühherbst (vor Oktober) 162, siehe oben Kap. II 2. 1196 Plut. luc. 21, 3. Bellinger, End S. 82 f. 1197 Auf diesen Punkt hat Bouché-leclercq, Histoire I S. 441 aufmerksam gemacht. zustimmend Koehler, nachfolge S. 72 f. 1198 SnG München 593 verzeichnet noch ein autonomes Stück mit dem Datum 243 S. Ä. = 70/69. Danach scheint die städtische Prägung ausgesetzt worden zu sein. Koehler, nachfolge S. 72. 1199 Die erste zuweisung von Münzen an Antiochos XIII. ist newell zu verdanken: SMA S. 125 ff. nr. 460; 461. vgl. außerdem: cSE 399; SnG Israel I 2919; G. Hirsch nachfolger, München, Kat. 220, Feb. 2002, 1456; Gorny & Mosch, München, Kat. 117, Okt. 2002, 329. Die Münzen sind selten. Babelon, Rois kannte keine, ebenso Wilcken, dessen Überlegungen zum Beinamen des Königs: Antiochos (36) Sp. 2487 durch die Münzzeugnisse obsolet geworden sind. 1200 Demetrios II. S. 9. 1201 Herrscherbildnisse S. 89. vgl. auch R. R. R. Smith, Hellenistic Royal Portraits, Oxford 1988, S. 45. 1202 Fleischer, Herrscherbildnisse S. 89. 1203 Dieser bestimmte Gesichtsausdruck begegnet bereits auf den Tetradrachmen des Makedonen Antigonos Gonatas, die einen ‚zornigen‘ Pan auf einem makedonischen Schild zeigen. vgl. etwa die Abbildungen 119 und 122 bei n. Davis/c. M. Kraay, The Hellenistic Kingdoms. Portrait coins and History, london 1980². 1204 Der Ausdruck nach l. Guiliani, Bildnis und Botschaft. Hermeneutische Untersuchungen zur Bildniskunst der römischen Republik, Frankfurt am Main 1986, S. 151 ff.
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soll. Diese Beobachtung ist insofern aufschlußreich, als sie zeigt, daß auch die letzten Seleukidenkönige noch eine intensive imitatio Alexandri betrieben1205 und nicht weniger martialisch in Erscheinung traten als ihre ðñüãïíïé.1206 charakter und Selbstverständnis der seleukidischen Monarchie haben sich im laufe der zeit eben kaum verändert, wenngleich die späten Könige nurmehr über einen Bruchteil der politischen und militärischen Kräfte verfügten als ihre vorgänger. Das Herrschaftsgebiet des dreizehnten Antiochos umfaßte allenfalls die Tetrapolis.1207 nach dem Ende der armenischen Herrschaft zerfiel das seleukidische Restreich wieder in zahlreiche unabhängige Territorien, die von kleineren Dynasten, Priesterfürsten, Tyrannen, Stadtherren oder warlords regiert wurden, über die der Seleukide keine Oberherrschaft zu errichten vermochte.1208 Einige dieser lokalen Gewalthaber sind mit namen bekannt: Über die Stadt lysias am mittleren Orontes1209 herrschte der Jude Silas,1210 über Byblos der Tyrann Kinyras (Strab. 16, 2, 18 = 755), und über die Hafenstadt Tripolis gebot Dionysios.1211 Außerdem regierte über ein nicht näher bestimmbares Gebiet vielleicht in Phönikien oder am libanon ein kleiner Dynast namens Bakchios.1212 Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß 1205 Siehe dazu oben Kap. I 3, 1. 1206 Siehe oben Einleitung S. 25 f. unter Punkt 4. Wie wichtig die ðñüãïíïé für das Selbstverständnis der Seleukiden waren, zeigen die Inschriften, aus denen hervorgeht, daß es einen eigenen Kult der ðñüãïíïé gab: Rostovtzeff, ÐÑÏÃÏÍÏÉ S. 56−66. 1207 Koehler, nachfolge S. 66; Bernhardt, Imperium S. 145. vermutlich beherrschte er sogar nur Teile der Tetrapolis, vielleicht auch nur Antiocheia bzw. die Satrapie Antiochis: Koehler, nachfolge S. 58. 1208 Berve, Tyrannis I S. 432 ff.; 724 f.; Kahrstedt, Territorien S. 88 ff.; Jones, cities S. 255 f. 1209 Die Stadt ist nicht fest lokalisierbar. nach Strabon (16, 2, 10 = 753) lag sie am See von Apameia. vgl. Kahrstedt, Territorien S. 90; Altheim/Stiehl, Araber S. 150. 1210 Ios. ant. Iud. 14, 40. Grainger, Prosopography S. 667. 1211 Ios. ant. Iud. 14, 39. Berve, Tyrannis I S. 434; Grainger, Prosopography S. 647. Diesen Dionysios von Tripolis vermutet Th. Mommsen, Geschichte des römischen Münzwesens, Berlin 1860, S. 629 ff. in dem römischen Denarreversbild: M. H. crawford, Roman Republican coinage Band I, cambridge 1974, S. 454 f. nr. 431 dargestellt, das eine neben einem Dromedar kniende männliche Gestalt zu der legende BAccHIvS (= griechisch Dionysios?) IvDAEvS zeigt. Dagegen hat W. Hollstein, Die stadtrömische Münzprägung der Jahre 78−50 v. chr. zwischen politischer Aktualität und Familienthematik. Kommentar und Bibliographie, München 1993, S. 326 ff. wahrscheinlich zu machen versucht, daß der Kniende als Hyrkan II. zu identifizieren sei, den Pompeius zum Hohenpriester ernannte. Die seltsame Münzlegende würde sich dann, wie schon E. Babelon, Bacchius Iudaeus, RBn 1891, S. 15 ff. vorgeschlagen hat, damit erklären, daß die Römer glaubten, im Tempel von Jerusalem würde Dionysos verehrt (Tac. hist. 5, 5, 5). In meiner Rezension des Buches von Hollstein: JnG 46, 1996, S. 239 hatte ich der Deutung auf Hyrkan II. zugestimmt, glaube aber heute (mit Klebs und anderen, siehe die folgende Anmerkung), daß es sich bei diesem Bakchios eher um einen literarisch nicht weiter bezeugten, lokalen jüdischen Gewaltherrscher wie Silas handelt, der sich Pompeius rechtzeitig (spätestens im Frühjahr 63) unterworfen hat. vgl. zur älteren Diskussion des Denarbildes nr. 431 insbesondere K. Kraft, Taten des Pompeius auf den Münzen, JnG 18, 1968, S. 16 ff. Da Bakchios „nirgends weiter genannt“ wird (Mommsen), bleibt jede Identifizierung, ob als Dionysios von Tripolis (Mommsen), Aristobulos II. (Kraft), Hyrkan II. (Hollstein) oder lokaler Gewaltherrscher (Klebs), hypothetisch. 1212 vgl. E. Klebs, Bakchios (4), RE II 2, Stuttgart 1896, Sp. 2789; Kahrstedt, Territorien S. 91;
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etwa der Archon Demetrios1213 oder der Tyrann Straton, deren Herrschaft über Gamala am See Gennesaret bzw. Berrhoia für die 80er Jahre ausdrücklich bezeugt ist,1214 auch noch zwanzig Jahre später an der Regierung waren bzw. einen nachfolger gefunden hatten. Höchstwahrscheinlich hat es zur zeit des dreizehnten Antiochos in Syrien, Koilesyrien und Phönikien noch eine ganze Reihe weiterer derartiger Kleinfürsten gegeben. Die stärksten Kräfte in der Region waren jedoch Juden und Araber.1215 Der jüdische König Alexander Jannaios hatte seit seinem Regierungsantritt (im Jahr 103) sein Herrschaftsgebiet kontinuierlich weiter ausgedehnt. Josephus gibt in ant. Iud. 13, 395−397 für die 80er Jahre eine detaillierte liste der eingenommenen Städte und beherrschten Gebiete: Dabei handelt es sich um die Küstenstädte Stratons-Turm, Apollonia, Joppe, Jamneia, Azotos, Gaza, Anthedon, Raphia und Rhinokouroura1216 sowie die Gebiete Idumäa und Samaria und die Binnenstädte Adoreos, Marisa, Skythopolis, Gadara1217 und in der Gaulanitis die Städte Seleukeia und Gamala,1218 in der Moabitis Essebon, Medaba, lemba, Oronaim, Agalain, Thona und zoara;1219 außerdem waren der Karmel, der Thabor und die Kilikierschlucht von jüdischen Soldaten besetzt.1220 Diese Gebiete wurden rücksichtslos judaisiert; wer keine jüdischen Sitten und Gebräuche annehmen wollte, wie die Bewohner von Pella, wurde vertrieben. Der spätere jüdische König Aristobulos II. schließlich zog gegen Ptolemaios, den Sohn des Mennaios, bis ins koilesyrische Damaskos.1221 Wie schon unter den Achämeniden genossen die arabischen Stämme der syrischen Wüste auch unter den Seleukiden weitgehende Freiheit.1222 Im Heer Antio-
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Gelzer, Pompeius S. 111. Dies ergibt sich aus dem erwähnten römischen Denartyp: M. H. crawford, Roman Republican coinage Band I, cambridge 1974, S. 454 f. nr. 431. Josephus bezeichnet ihn als ô§í ôüðùí Tñ÷ùí (ant. Iud. 13, 394; bell. Iud. 1, 105). Berve, Tyrannis I S. 433. Hierzu ist vielleicht auch Philotas zu zählen, der um die Mitte der 80er Jahre möglicherweise Herr der Stadt Seleukeia (Gadara) war: Wörrle, Gadara S. 271. Ältere Tyrannen dieser Region sind zoilos (Stratons-Turm und Dora) sowie zenon Kotylas und dessen Sohn Theodoros (Philadelpheia/Amman mit den Festungen Amathus und Essa am Jabbok). zu diesen zuletzt Wörrle, Gadara S. 271 mit Anm. 26 und 27. Kahrstedt, Territorien S. 86 ff.; P. Funke, Die syrisch-mesopotamische Staatenwelt in vorislamischer zeit. zu den arabischen Macht- und Staatenbildungen an der Peripherie der antiken Großmächte im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit, in: Funck, Hellenismus S. 217−238 bes. 221 ff. Möller/Schmitt, Siedlungen S. 7 (Azotos, Asdod), 17 (Anthedon), 21 (Apollonia), 61 f. (Gaza), 97 f. (Jamneia), 113 ff. (Stratons-Turm, das spätere caesarea), 159 f. (Raphia) und 160 (Rhinokouroura). vgl. außerdem Baltrusch/Schuol, Meer S. 109; 111. Ebenda: 6 f. (Adoreos), 61 (Gadara), 133 f. (Marisa) und 175 f. (Skythopolis). zu Gadara vgl. auch Wörrle, Gadara S. 267 ff. Ebenda: S. 65 f. (Gamala), 168 (Seleukeia). zu den Moabiterstädten: Möller/Schmitt, Siedlungen S. 140 ff. Ebenda S. 141 zur Kilikierschlucht. Dort waren von Alexander Jannaios vermutlich kilikische Söldner angesiedelt worden. Im Auftrag der Königin Alexandria: Ios. ant. Iud. 13, 418. vgl. Altheim/Stiehl, Araber S. 175. Ebenda heißt es: „Auch sonst findet sich nichts, was darauf schließen ließe, daß die Seleukiden den Arabern zwischen Euphrat und Syrien irgendwelche Schranken gesetzt hätten“.
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chos’ III. (223/22−187) kämpften Araber in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos (Dezember 190) gegen Rom.1223 Der im 2. Jh. zunehmende zerfall des Seleukidenstaates führte zum Eindringen arabischer nomadenstämme in das syrische Kulturland und förderte deren Seßhaftwerdung (siehe unten Kap. III). Schon um 150 siedelten Araber im Gebiet von chalkis ad Belum, also unmittelbar an der Grenze zur Satrapie Antiochis (Diod. 33, 4 a). zu dem Führer dieses Stammes unterhielt Alexander I. freundschaftliche Beziehungen und vertraute ihm seinen Sohn, den späteren Antiochos vI., an.1224 Später scheinen sogar dynastische verbindungen zwischen dem Seleukidenhaus und arabischen Dynasten bestanden zu haben, denn eine laodike, bei der es sich um eine Tochter Antiochos’ IX. und Schwester Antiochos’ X. handeln könnte (siehe Stammtafel), wird als Königin der arabischen Samenoi erwähnt.1225 In den 80er Jahren eroberten die nabatäer unter Aretas III. die Hauptstadt Koilesyriens, Damaskos.1226 Die Städte Emesa und Arethusa südlich von Apameia wurden zur zeit des dreizehnten Antiochos von dem öýëáñ÷ïò Sampsigeramos beherrscht.1227 Ein anderer mächtiger arabischer Dynast dieser zeit war Azizos (Ios. ant. Iud. 13, 384), über dessen Herrschaftsgebiet jedoch keine Angaben vorliegen. Er könnte über chalkis ad Belum geboten haben1228 oder der Nachfolger des Diokles-zabdiel von Abai gewesen sein.1229 Schließlich residierte der erwähnte Tetrarch der arabischen Ituräer, Ptolemaios, der Sohn des Mennaios (Ios. ant. Iud. 14, 39), in chalkis am libanon.1230 Antiocheia bzw. die Tetrapolis, die Machtbasis des Antiochos XIII., war demnach von norden, Osten und Süden dem Druck arabischer Stämme, insbesondere aber den Übergriffen arabischer Räuber ausgesetzt.1231 Gegen diese mußte der neue 1223 liv. 37, 40, 12, dessen Bericht auf Polybios basiert. zur Schlacht: Bar-Kochva, Army S. 163 ff. 1224 Der Name dieses äõíÜóôçò ist verschieden überliefert: Jamblichos (Diod. 33, 4 a), Jamliku (I. Makk. 11, 39) und Malchos (Ios. ant. Iud. 13, 131). vgl. auch Grainger, Prosopography S. 95 (Iamblichos). Malchos ist ein nabatäischer name: A. Schalit, König Herodes. Der Mann und sein Werk, Berlin 1969, S. 749 f. 1225 Ios. ant. 13, 371; Stephan von Byzanz s. v. Óáìçíïß. Siehe oben Kap. II 11 und die Stammtafel im Anhang. 1226 Siehe oben Kap. II 12. 1227 Strab. 16, 2, 10 = 753. Altheim/Stiehl, Araber S. 366 f. In der namensschreibung folge ich MAMA III S. 65; Altheim/Stiehl, Araber S. 279 ff. u. a. vgl. auch Grainger, Prosopography S. 666. zu Emesa: H. Seyrig, Antiquités syriennes 76. caractères de l’histoire d’Émèse, Syria 36, 1959, S. 184−192. 1228 So Kahrstedt, Territorien S. 92. Dieses zwischen Antiocheia, Apameia und Berrhoia gelegene chalkis ist nicht mit dem chalkis am libanon zu verwechseln, das etwas nordwestlich von Damaskos lag. zur Stadt Grainger, Prosopography S. 707 mit literatur. 1229 So Altheim/Stiehl, Araber S. 357 Anm. 14. 1230 Berve, Tyrannis I S. 434. Den Tetrarchentitel führte er auf seinen späteren Münzen: Wroth, BMc Galatia S. 279 f. nr. 2 ff. Später herrschte dort sein Sohn lysanios mit dem gleichen Titel: Ebenda S. 280 nr. 6. vgl. auch Altheim/Stiehl, Araber S. 278 f.; 315; 350. zur Stadt: Grainger, Prosopography S. 707 mit literatur. 1231 Dio 37, 7 a; Iust. prol. 39. Die Abwehr der Araber war später auch die vordringlichste Aufgabe der römischen verwaltung in Syrien: App. Syr. 51, 256.
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König nun als allererstes vorgehen.1232 H. Koehler meint, daß der Seleukide gegen die östlich siedelnden Araber im Gebiet um chalkis ad Belum gezogen ist.1233 Dies ist möglich, doch scheint es schlüssiger, anzunehmen, daß Antiochos XIII. die von Tigranes II. im Amanosgebirge angesiedelten Araber angegriffen hat.1234 zum einen konnte Antiochos XIII. damit gegen diese bei den Antiochenern sicher wenig beliebten Araber direkt vorgehen, zum anderen war nach dem Abzug des Bagadates ein vakuum in Ostkilikien entstanden, das der Seleukide vielleicht leicht ausfüllen zu können meinte. Doch erlitt er eine niederlage (Diod. 40, 1a). Bald darauf, vermutlich in der zweiten Hälfte des Jahres 67,1235 kam es in Antiocheia zu einem „großen Aufruhr“ (óôÜóéò ìåãÜëç). Einige nicht näher bezeichnete Rädelsführer wiegelten die Menge (ðëyèïò) gegen Antiochos XIII. auf, aber die königlichen Truppen stellten Ruhe und Ordnung wieder her. Die Anführer mußten fliehen und flüchteten nach Kilikien, sehr wahrscheinlich an den Hof des in Olba residierenden Philipp II., den sie zum König einsetzen wollten.1236 Die óôÜóéò ìåãÜëç des Jahres 67 wurde daher wohl letztlich von Männern aus dessen Umkreis provoziert, und zwar mit dem ziel, Antiochos XIII. durch die Bevölkerung absetzen und Philipp II. zum König ausrufen zu lassen. Wie es bei Diodor heißt (40, 1 a), war die militärische Erfolglosigkeit des dreizehnten Antiochos der Auslöser des Aufstandes.1237 Koehler vermutet außerdem eine Beteiligung des P. clodius an der Anzettelung des Aufruhrs.1238 nachdem der Plan gescheitert war, Philipp II. in Antiocheia zum König ausrufen zu lassen, wandte er sich an den Araberscheich Azizos, der ihn abermals krönte (Diod. 40, 1 a), obwohl Philipp II., wie die Inschriften zeigen, bereits in Olba den Königstitel führte.1239 Antiochos XIII. verbündete sich mit Sampsigeramos (Diod. 40, 1 b). Gleichzeitig aber führten Azizos und Sampsigeramos geheime verhandlungen, die darauf abzielten, die beiden Seleukiden zu beseitigen und das syrische Restreich unter sich aufzuteilen (Diod. 40, 1 b). Es hat den Anschein, daß der Phylarch von Emesa und Arethusa, Sampsigeramos, Antiochos XIII. zeitweise gefangensetzte,1240 doch entkam Philipp II. dem Anschlag des Azizos (Diod. 40, 1 b). Wie P. Treves scharfsinnig erkannte, findet sich in der Inschrift MAMA III nr. 62 = OID 85 vermutlich noch ein Reflex dieses vorgangs: In den zeilen 3 ff. heißt es, daß dem óýíôñïöïò des Philipp II., Hermias,1241 eine Halskette im Wert von 100 Gold1232 Die Überlieferung spricht nur von einer niederlage des Antiochos XIII., wir wissen aber nicht, gegen wen der Seleukide gezogen ist. Daß es Araber unter Azizos waren, vermutet schon Wilcken, Antiochos (36) Sp. 2486, ebenso Treves, Philippos (69) Sp. 2556. 1233 nachfolge S. 71. 1234 Mit der Ansiedlung der Araber im Amanosgebirge, die Plutarch luc. 21, 4 erwähnt, wollte Tigranes II. Wirtschaft und Handel in der Region fördern. zum Amanosgebirge vgl. Orth, Geographie S. 80. 1235 Datierung nach Koehler, nachfolge S. 68. 1236 Diod. 40, 1 a; MAMA III S. 64 ff. 1237 vgl. Ehling, Unruhen S. 326 f. 1238 Koehler, nachfolge S. 62; 68 ff. 1239 MAMA III nr. 62 = OID 85. vgl. auch Treves, Philippos (69) Sp. 2555. 1240 Diod. 40 1 b. Dem widerspricht aber, daß er frei war, als sich Pompeius im Winter 64/63 in Antiocheia aufhielt (siehe unten). 1241 Dieser Hermias Mimmios, der auch in der Inschrift MAMA III nr. 63 noch einmal genannt
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stücken geschenkt wurde,1242 als Belohnung für seine Píäñáãáèßá,1243 mit der er den ôýñáííïò tötete. Treves vermutet dahinter den fehlgegangenen Anschlag auf Philipp II. und identifiziert den ôýñáííïò mit Azizos.1244 Ende 67 (?) zog Philipp II. in Antiocheia ein. Daß keine Münzen in seinem namen geprägt wurden, ist vermutlich damit zu erklären, daß noch ausreichend Geld seines vaters, Philipp I. (ca. 95−83), im Umlauf war, und Philipp II. sich in dessen nachfolge stellte. Über seine Regierung wissen wir wenig. Die Antiochener stifteten ein Standbild für zenophanes, den Pñ÷éåñå˜ò ìÝãáò von Olba und langjährigen Beschützer und Wohltäter Philipps II.1245 Daß der Seleukide den Beinamen Öéëïñþìáéïò führte,1246 deutet wohl darauf hin, daß er noch von lucullus als König von Syrien anerkannt wurde.1247 von der syrischen Bevölkerung wurde er offenbar aufgrund einer Mißbildung oder Behinderung mit dem Spottnamen Âáñýðïõò belegt,1248 der soviel wie „Klumpfuß“ bedeutet.1249 Ende 67/Anfang 661250 traf der König in Antiocheia mit dem Proconsul von Kilikien, Q. Marcius Rex, zusammen.1251 Anläßlich dieses Besuches spendete der Römer eine größere Summe Geldes zum Wiederaufbau von Hippodrom (jððéêüí) und Palast (ðáëÜôéïí).1252 Bei diesem Palast dürfte es sich um die ášëÞ bzw. um ein nicht näher bestimmbares Gebäude
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wird, fehlt in den Prosopographien von Grainger und carsana. vgl. aber Savalli-lestrade, Philoi S. 90 f. zu Ketten, Armspangen und anderem Schmuck der seleukidischen Könige und Funktionäre vgl. Ehling, Seleukos I. S. 43 f. mit Anm. 28. MAMA III nr. 63: nach der Erklärung von A. Wilhelm eine unter Einsatz des lebens vollbrachte Tat besonderen Mannesmutes. Philippos (69) Sp. 2557 f. nach dem meuchlerischen Abkommen mit Sampsigeramos ist in den Quellen von Azizos auch nicht mehr die Rede: ebenda Sp. 2557. Der Anfang der Inschrift MAMA III nr. 65 lautet nach der plausiblen Ergänzung der Herausgeber [EÁíôéï÷Ýùí ? ¿ äyìïò ôyò jåñOò êár] Póýëïõ … zustimmend: Treves, Philippos (69) Sp. 2555 f. zu zenophanes als Freund und Helfer der Seleukiden Philipp I. und Philipp II.: MAMA III S. 65 Anm. 3 und Savalli-lestrade, Philoi S. 89 f. MAMA III nr. 62. Der erste hellenistische König, der das Öéëïñþìáéïò-Epitheton führte, war Ariobarzanes I. (96−63): Simonetta, cappadocian Kings S. 39 ff. Philipp II. ist der erste und einzige Seleukide, der diesen Beinamen geführt hat. zum Öéëïñþìáéïò-Titel vgl. auch Th. Marksteiner/M. Wörrle, Ein Altar für Kaiser claudius auf dem Bonda tepesi zwischen Myra und limyra, chiron 32, 2002, S. 557 f. Anders: Treves, Philippos (69) Sp. 2557. Malal. 9, 225. Treves, Philippos (69) Sp. 2556. Körperlich behinderte Könige sind selten. Der bekannteste ist der Spartanerkönig Agesilaos, der auf einem Fuß hinkte: claudus altero pede: nep. Ages. 8, 1. Downey, Rex S. 145 hält das Jahr 67 für wahrscheinlicher als 66. Treves, Philippos (69) Sp. 2556 datiert den Besuch auf Anfang des Jahres 66. zu diesem zeitpunkt wurde in Rom gerade das Manilische Gesetz verabschiedet, das wenig später die Abberufung des Rex zur Folge hatte. vgl. dazu Downey, Rex S. 144 ff.; ders., Antioch S. 140 f. zum Hippodrom: W. A. campbell, The Third Season of Excavation at Antioch-on-the-Orontes, AJA 40, 1936, S. 1 f. vgl. auch Downey, Rex S. 144 ff. und dens., Antioch S. 140 f. Die Beschädigungen an Hippodrom und Palast waren vermutlich die Folge eines Erdbebens, das in der zeit des Tigranes II. Syrien getroffen hatte: Iust. 40, 2, 1.
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innerhalb des weitläufigen Palastbezirkes (Basileia) gehandelt haben.1253 Palast und Hippodrom befanden sich auf der künstlichen Orontesinsel.1254 Auf diese Weise sollte die Herrschaft Philipps II. gestützt werden, da in Rom, wie G. Downey schreibt, zu diesem zeitpunkt wohl noch nicht an eine Eingliederung bzw. Provinzialisierung Syriens gedacht wurde.1255 Insgesamt regierte Philipp II. zwei Jahre, also von etwa Ende 67 bis Ende 65.1256 Anschließend gelangte im Jahr 65/64 noch einmal Antiochos XIII. für kurze zeit auf den Thron, bis er von Pompeius abgesetzt wurde.1257 Im Jahr 99/98 hatte Rom mit der Schaffung der dðáñ÷åßá óôñáôçãéêÞ die weitere Ausbreitung des Seeräubertums im östlichen Mittelmeer einzudämmen versucht. Die lex de provinciis praetoriis forderte die Anrainerstaaten, also insbesondere Ptolemäer und Seleukiden, auf, die Sicherheit der Seefahrt zu gewährleisten.1258 Doch waren die Seleukiden spätestens seit den Jahren 97/95 nicht mehr in der lage, die in ihrem Herrschaftsbereich gelegenen Küstenstädte wirksam gegen Piraten zu schützen. Tigranes II. scheint dem Seeräuberproblem keine weitere Beachtung geschenkt zu haben. Mit Ausbruch des Ersten Mithradatischen Krieges (89−85) erlebt das Seeräubertum einen neuen Aufschwung.1259 Die Raubfahrten nahmen immer bedenklichere Formen an. Altehrwürdige Städte und Heiligtümer, die „bisher als unverletzlich und unbetretbar galten“ (Plut. Pomp. 24, 5) wie Knidos, Kolophon, Samos, Klaros, Didyma, Samothrake Hermione, Epidauros, Aktium, leukas, Argos u. a., wurden geplündert.1260 nachdem P. Servilius vatia in den Jahren 78 bis 76 von Pamphylien aus bis nach Isaurien und in das Taurosgebirge vorgedrungen war und zahlreiche Seeräuberburgen erobert hatte,1261 entschloß sich der Senat im Jahr 74 dazu, das Problem direkt anzugehen. M. Antonius, der Sohn des oben erwähnten gleichnamigen Prätors und vater des späteren Triumvirs, erhielt als Proconsul den Auftrag,1262 das Mittelmeer von Seeräubern zu säubern und wurde dafür mit besonderen vollmachten ausgestattet.1263 Allerdings erwiesen sich seine 1253 1254 1255 1256 1257 1258
1259 1260 1261 1262 1263
zu ášëÞ als Ausdruck für Königspalast im Seleukidenreich siehe Kap. II 6 Anm. 447. zu dieser zuletzt Held, Residenzstädte S. 243 f. mit Anm. 117. Antioch S. 142. zur chronologie zuletzt Inglebert, Historiographie S. 197 f. Downey, Antioch S. 142; Koehler, nachfolge S. 74 f. Siehe unten. W. Blümel (Hg.), Die Inschriften von Knidos. Teil 1 (I. K. 41), Bonn 1992, S. 20 z. 7. Während Blümel und de Souza, Piracy S. 108 ff. das Gesetz als lex de provinciis praetoriis bezeichnen, sprechen etwa Schulz, Weltreichsbildung S. 434 oder Girardet, Imperia S. 171 von der lex de piratis persequendis. Blümel, de Souza und Schulz datieren die lex ins Jahr 100. In der Datierung folge ich Girardet, Imperia S. 171 Anm. 73. ziel des Gesetzes war es, daß die Könige den Piraten kein Asyl mehr gewähren sollten: Schulz, Weltreichsbildung S. 434 f. zum Hintergrund: Maróti, Seeräuberei S. 36; 38 f.; christ, Krise S. 195 ff.; de Souza, Piracy S. 116 ff.; 125 ff.; Bringmann, Republik S. 291 ff. cic. Manil. 12; Plut. Pomp. 24, 5. Heftner, Plutarch S. 182 f. Siehe oben Kap. II 10. Schulz, Weltreichsbildung S. 437 betont, daß die Beauftragten im Range von Prätoren, nicht consuln, standen. Gelzer, Pompeius S. 74 f.
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Aktionen als wenig erfolgreich.1264 Als Seeräuberschiffe in den Häfen von caieta und Ostia auftauchten und wie zum Hohn die Kinder des bereits im Jahr 71 verstorbenen M. Antonius aus Misenum entführten (cic. Manil. 12), wurde deutlich, daß dagegen vorgegangen werden mußte. Schließlich brachte der volkstribun und Gefolgsmann des Pompeius, Aulus Gabinius, im Januar 67 vor der volksversammlung einen Gesetzesvorschlag „Über die Aufstellung eines Feldherren gegen die Seeräuber“ (de uno imperatore contra praedones constituendo: cic. Manil. 52) ein.1265 Der Inhaber dieses proconsularen Imperiums, dessen provincia das gesamte Mittelmeer und einen Küstenstreifen von 50 Meilen (ca. 75 km) umfassen sollte, sollte drei Jahre lang1266 frei über alle vorhandenen Streitkräfte, Ressourcen und Geldmittel verfügen können.1267 zu seiner Unterstützung sollte ein großer Stab von legaten mit proprätorischem Imperium herangezogen werden. In dem Antrag des Gabinius wurde der name des Pompeius zwar nicht genannt, doch wußte jeder, wer gemeint war.1268 Trotz des Widerstandes des gesamten Senates (mit Ausnahme caesars)1269 wurde die lex Gabinia in der volksversammlung beschlossen und Pompeius mit der Beseitigung der praedones beauftragt.1270 Dazu wurden ihm bis zu 120.000 Fußsoldaten, 5.000 bzw. 4.000 Reiter und die gesamte römische Flotte (200 oder 270 Schiffe: Plut. Pomp. 25, 6 bzw. App. Mithr. 94, 431)1271 zur Verfügung gestellt und eine Kriegskasse von 36 Millionen Denaren, bei unbegrenztem Kredit, bewilligt (App. Mithr. 94, 431; Dio 36, 23, 4).1272 Wie K. christ betont, handelte es sich hierbei „um das größte Potential, das Rom bisher jemals einem einzelnen Befehlshaber anvertraut hatte“.1273
1264 zu den Gründen vgl. Schulz, Weltreichsbildung S. 437, der darauf hinweist, daß die finanzielle Ausstattung „viel zu gering war“. 1265 Dio 36, 23, 4. vgl. insbesondere P. Groebe, zum Seeräuberkriege des Pompeius Magnus (67 v. chr.), Klio 10, 1910, S. 374 ff.; Miltner, Pompeius Sp. 2092 ff.; Gelzer, Pompeius S. 77 ff.; Will, Histoire II S. 417 ff.; christ, Krise S. 251 f.; de Souza, Piracy S. 161 ff.; bes. 167 ff.; Schulz, Weltreichsbildung S. 437 ff.; Girardet, Imperia S. 171 ff.; Bringmann, Republik S. 293 f.; Baltrusch, caesar S. 29. 1266 D. h. für ein triennium: Dio 36, 23, 4; App. Mithr. 94, 428. 1267 Die Gesetzesvorlage orientierte sich an dem sieben Jahre zuvor für M. Antonius eingerichteten Imperium, allerdings wurden die Kompetenzen in allen wichtigen Punkten noch erweitert: christ, Krise S. 251; Girardet, Triumph S. 202 f.; ders., Imperia S. 173; Baltrusch, caesar S. 30; christ, Pompeius S. 68 f. 1268 Dio 36, 23, 5. Gelzer, Pompeius S. 77. 1269 christ, Krise S. 252 f. caesar war zu diesem zeitpunkt Quästor und bekanntlich, höchstwahrscheinlich im Winter 75/74, auf seiner Reise nach Rhodos bei dem Inselchen Pharmakussa nahe Milet selbst in die Gewalt von Seeräubern geraten: Suet. Div. Iul. 4, 1−2; Plut. caes. 1, 8−2, 7. Gelzer, Pompeius S. 75; l.-M. Günther, caesar und die Seeräuber − eine Quellenanalyse, chiron 29, 1999, S. 321−337. 1270 christ, Krise S. 251 ff.; vogt, Republik S. 336; Bringmann, Republik S. 297. 1271 P. Groebe, zum Seeräuberkriege des Pompeius Magnus (67 v. chr.), Klio 10, 1910, S. 375 f.; Girardet, Imperia S. 173. 1272 Gelzer, Pompeius S. 79. 1273 Krise S. 252. vgl. App. Mithr. 94, 431.
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Das vertrauen der römischen Kaufleute und Händler in Pompeius war so groß, daß bereits am Tag der Beschlußfassung die Kornpreise in der Hauptstadt fielen.1274 Der neue Feldherr enttäuschte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht: Noch vor der allgemeinen Aufnahme der Seefahrt, also etwa im Februar/März 67,1275 begann Pompeius mit der systematischen Planung und Durchführung seiner Maßnahmen gegen die Piraterie.1276 zunächst wurde das gesamte Mittelmeer in neun Befehlsbezirke eingeteilt, denen 13 legaten vorstanden.1277 Pompeius selbst säuberte die Küsten Siziliens, Afrikas und Sardiniens und sicherte diese Kornkammern des Reiches durch Besatzungen. Anschließend wurden die Küsten der beiden Spanien und die der Gallia Transalpina auf gleiche Weise abgesichert.1278 In nur 0 Tagen konnte die Sicherheit der Seefahrt im westlichen Mittelmeer wieder gewährleistet werden. Die Seeräuber, die entkommen konnten, zogen sich nach Kilikien wie in einen „Bienenstock“ zurück (Plut. Pomp. 26, 3). von Brundisium aus segelte Pompeius an der Spitze eines verbandes von 60 Schiffen nach kurzem Aufenthalt in Athen und auf Rhodos1279 nach der Küste Kilikiens. vor Korakesion kam es zur Seeschlacht, aus der Pompeius’ Flotte als Sieger hervorging. Seine Soldaten gingen an land und eroberten eine Seeräuberfestung nach der anderen; im Ganzen sollen es 120 Stützpunkte gewesen sein.1280 49 Tage nach Abfahrt von Brundisium hatte Pompeius dem Seeräuberspuk weitgehend ein Ende bereitet. Die Erfolgsbilanz war außerordentlich beeindruckend:1281 nach App1274 cic. Manil. 44; Plut. Pomp. 26, 2. christ, Krise S. 253. 1275 Die Schiffahrt ruhte im Mittelmeer zwischen dem 11. november und dem 10. März: veg. mil. 4, 39. 1276 Wie Schulz, Weltreichsbildung S. 437 f. betont, reichte die Planungsphase zeitlich wohl wesentlich weiter zurück. 1277 Plut. Pomp. 26, 3. vgl. dazu P. Groebe, zum Seeräuberkriege des Pompeius Magnus (67 v. chr.), Klio 10, 1910, S. 378 ff.; Miltner, Pompeius Sp. 2095 ff.; Gelzer, Pompeius S. 79 f. mit Anm. 36, die die namen der einzelnen Befehlshaber (von App. Mithr. 95, 434 ausgehend) auflisten. 1278 cic. Manil. 34 f.: qui nondum tempestivo ad navigandum mari Siciliam adiit, Africam exploravit, inde Sardiniam cum classe venit atque haec tria frumentaria subsidia rei publicae firmissimis praesidiis classibusque munivit. (35) Inde cum se in Italiam recepisset, duabus Hispaniis et Gallia Transalpina praesidiis ac navibus confirmata, … Plut. Pomp. 26, 4. Gelzer, Pompeius S. 79 f.; christ, Krise S. 253. 1279 Hier traf er mit dem größten Philosophen und berühmtesten Griechen seiner zeit, Poseidonios, zusammen: Strab. 11, 1, 6 = 492; 16, 2, 10 = 753. Gelzer, Pompeius S. 82; Malitz, Poseidonios S. 24 ff. Poseidonios hielt vor Pompeius eine vorlesung, die publiziert wurde. Außerdem verfaßte der Philosoph und Historiker eine Monographie zum Ruhme des Römers. Er sah in diesem „die verheißung einer besseren zukunft für die zerrüttete und unfähige Oikumene“: Reinhardt, Poseidonios Sp. 566. 1280 App. Mithr. 96, 442; 445, der ausdrücklich Kragos und Antikragos erwähnt. Gelzer, Pompeius S. 82; de Souza, Piracy S. 169 f. 1281 cic. Manil. 35: … ipse (= Pompeius) autem ut Brundisio profectus est, undequinquagesimo die totam ad imperium populi Romani Ciliciam adiunxit; omnes qui ubique praedones fuerunt partim capti interfectique sunt, partim unius huius se imperio ac potestati dediderunt. Plut. Pomp. 28, 1 f. Gelzer, Pompeius S. 82; christ, Krise S. 253. Freilich wird er kaum alle Piraten vollständig vernichtet haben: Schulz, Weltreichsbildung S. 438.
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ian (Mithr. 96, 445) belief sich die zahl der eroberten Schiffe auf 71; Plutarch (Pomp. 28, 2) überliefert die zahl von 90 Schiffsschnäbeln. Weitere 306 Schiffe wurden den Römern freiwillig übergeben (App. Mithr. 96, 445). Strabon schreibt sogar, daß 1.300 Schiffe erbeutet wurden (14, 3, 3 = 665), wobei, wie M. Gelzer anmerkt, in dieser zahl die vielen noch im Bau befindlichen Schiffe mitgezählt sein könnten.1282 10.000 Piraten sollen den Tod gefunden haben (App. Mithr. 96, 445); 20.000 Seeräuber und Familienangehörige ergaben sich dem Imperator (Plut. Pomp. 28, 4). nach römischem Kriegsrecht hätte er sie ans Kreuz schlagen lassen oder als Sklaven verkaufen können. Hatte sich die Politik Roms hinsichtlich der Seeräuber in den letzten Jahrzehnten „mit bloßem niederhalten begnügt“,1283 so beschritt der römische Feldherr nun einen ganz neuen Weg: Er begann im Sommer mit der Ansiedlung der ehemaligen Piraten, und zwar in den von Tigranes II. zerstörten Städten des Ebenen Kilikiens. Ausdrücklich werden die Städte Soloi, Adana, Mallos und Epiphaneia genannt.1284 nach den Münzzeugnissen läßt sich vermuten, daß Piraten außerdem in Mopsuhestia und Alexandreia kat’ Isson angesiedelt wurden.1285 Kleinere Gruppen wurden noch nach Dyme in Achaia sowie vermutlich nach Kyrene und Tarent geschickt.1286 In Ostkilikien gab Pompeius den ehemaligen Seeräubern agros et urbes (liv. per. 99), wodurch sie friedliebende Bauern werden sollten.1287 Ihre Ansiedlung erfolgte vermutlich deshalb überwiegend in Küstennähe, weil das Imperium des Pompeius nur 50 Meilen ins landesinnere reichte.1288 Die öéëáíèñùðßá des Römers,1289 die er gegenüber den Piraten walten ließ, bedingte nicht zuletzt den schnellen und durchschlagenden Erfolg seiner Reorganisationsmaßnahmen. Diese trugen, wie R. ziegler mit Recht betont, „zur Stabilisierung des Städtewesens in Ostkilikien bei“ und gingen deutlich über „eine bloße Restaurierung vormaliger verhältnisse … hinaus“.1290
1282 Pompeius S. 82. 1283 Gelzer, Pompeius S. 83. 1284 App. Mithr. 96, 444; 115, 562; Strab. 14, 3, 3 = 665; 14, 5, 8 = 671; Plut. Pomp. 28, 4; Dio 36, 37, 6. Gelzer, Pompeius S. 83; Bernhardt, Imperium S. 144 f.; ziegler, Ären S. 210 mit Anm. 46; de Souza, Piracy S. 176. 1285 zu den Münzen: ziegler, Ären S. 204 f.; 205 ff.; 213. Die Annahme einer neuen Ära in Mopsuhestia und Alexandreia kat’Isson muß aber nicht mit der Ansiedlung der Piraten, sondern kann allein mit der niederlassung ausgedienter veteranen des Pompeius zusammenhängen, siehe dazu auch unten. 1286 ziegler, Ären S. 210 mit Diskussion der antiken zeugnisse in Anm. 47. zu Dyme vgl. App. Mithr. 96, 444 und cic. Att. 16, 1, 3, der im Juli 44 darüber klagt, daß die angesiedelten Piraten ihr altes Handwerk wieder aufnehmen würden. Außerdem: Schulz, Weltreichsbildung S. 438 mit Anm. 4 und de Souza, Piracy S. 170. 1287 Plut. Pomp. 28, 3. ziegler, Ären S. 211. 1288 ziegler, Ären S. 212. 1289 Dio 36, 37, 4. Auf die Betonung dieser Tugend legte Pompeius offenbar großen Wert: ziegler, Ären S. 211 mit Anm. 50. Strasburger, Poseidonios S. 43 Anm. 37 erkennt dahinter poseidonisches Gedankengut. 1290 Ären S. 212.
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Die Ansiedlung der Piraten diente freilich kaum allein ihrer ‚Resozialisierung‘,1291 sondern der Schaffung einer schlagkräftigen Klientel.1292 Der Piratenkapitän und spätere König Tarkondimotos I. avancierte in der Folgezeit zu einem wichtigen Berater des Pompeius in Fragen der Seekriegsführung.1293 Daß die Maßnahmen des Pompeius im Sommer/Herbst 67 in den Städten des Ebenen Kilikien als neuanfang empfunden wurden, läßt sich insbesondere daran ablesen, daß sie von der zählung der Jahre nach dem Seleukidenkalender abgingen und eine neue, pompeianische Ära einführten. Wie ziegler nachgewiesen hat,1294 gehen die neuen zählungen auf die Reorganisationsmaßnahmen des Pompeius und nicht auf die des lucullus zurück, obwohl die nach Tigranokerta verschleppten Griechen im Herbst 69 von lucullus befreit und in ihre Heimat zurückgeschickt worden waren (siehe oben). Das „Jahr eins“ der neuen Ära war in Mopsuhestia, Epiphaneia und Alexandreia kat’ Isson Herbst 68/Herbst 67,1295 in Mallos Herbst 67/Herbst 661296 und in Soloi Herbst 66/Herbst 65.1297 Wie A. Dreizehnter bemerkt hat, lautet das Ethnikon auf den ersten, frühestens ab Herbst 66/Herbst 65 in Soloi geprägten Münzen im Genitiv Plural ÐÏÌÐÇÉÁÍÙÍ.1298 ÐÏÌÐÇÉÁÍÏÉ ist die Transkription von lateinischen Pompeiani.1299 Erst später wurde die Stadt in Pompeiupolis umbenannt.1300 Dreizehnter zieht aus dem Stadtnamen den Schluß, daß Pompeius nach Beendigung des Seeräuberkrieges nicht nur Piraten, sondern auch entlassene Soldaten in Soloi angesiedelt hat.1301 von dieser Beobachtung und sehr plausiblen vermutung ausgehend, wäre zu überlegen, ob der römische Feldherr nicht auch in den anderen Städten, d. h. namentlich in Mopsuhestia, Mallos, Epiphaneia und Alexandreia kat’ Isson verdiente veteranen ansiedelte. Auf diese Weise konnte er am ehesten Sicherheit und Ordnung in diesen Städten durchsetzen und deren längerfristige loyalität sicherstellen, denn die ehemaligen Seeräuber waren bestimmt keine unbedenkliche Bevölkerung. zwanglos ergäbe sich damit auch eine Erklärung für die Einführung der neuen pompeianischen Ära in den genannten Städten, deren Urheber eben nachweislich nicht die von lucullus befreiten und rückgesiedelten Griechen und wohl auch nicht in erster linie die seßhaft gemachten Piraten gewesen sein werden, sondern jene ve1291 Dreizehnter, Pompeius S. 243; ziegler, Ären S. 211 mit Anm. 50; Schulz, Weltreichsbildung S. 438 Anm. 51. 1292 ziegler, Ären S. 215; Schulz, Weltreichsbildung S. 438; Baltrusch, caesar S. 32. 1293 Dio 41, 63, 1. Schulz, Weltreichsbildung S. 438. zu Tarkondimotos I. siehe unten. 1294 Ären S. 203 ff. 1295 Ebenda S. 206. 1296 Ebenda S. 207. 1297 Ebenda S. 208. Mit Pompeius als Städtegründer beschäftigt sich zuletzt R. ziegler, Alexander der Große als Städtegründer. Fiktion und Realität, in: U. Peter (Hg.), Stephanos nomismatikos. E. Schönert-Geiß zum 65. Geburtstag, Berlin 1998 S. 679−697. 1298 Dreizehnter, Pompeius S. 239. vgl. die Stücke bei Fr. Imhoof-Blumer, coin-Types of some Kilikian cities, JHS 18, 1898, S. 166 nr. 13; 14 und Head, Hn S. 729. 1299 Dreizehnter, Pompeius S. 239. 1300 Strab. 14, 3, 3 = 665; 14, 5, 8 = 671. vgl. auch die Münzen: SnG Switzerland I 1212−1217. 1301 Dreizehnter, Pompeius S. 239.
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teranen des Pompeius, die so etwas wie eine neue Oberschicht in den betreffenden Städten gebildet haben werden. Wenigstens kurz sei an dieser Stelle noch vermerkt, daß Plutarch im zusammenhang mit der Ansiedlung der Piraten erwähnt, diese hätten seltsame Opfer dargebracht und geheime Rituale gefeiert, „von denen die Mithrasweihe noch heute existiert, die zum erstenmal von jenen bekannt gemacht wurde“ (Plut. 24, 5).1302 Ob man daraus den Schluß ziehen darf, daß die Entstehung des Mithraskultes auf die Seeräuber in Kilikien zurückgeht,1303 ist mehr als fraglich, ganz abgesehen davon, daß Plutarch wohl den persisch-hellenistischen Mithrakult meint, nicht den Kult des römischen Mithras.1304 Wie R. Merkelbach vermutet, dürfte der Umstand, daß der Mithrakult der griechischen Welt gerade durch diese Seeräuberepisode bekannt wurde, darauf zurückzuführen sein, „daß es aus der Feder eines zeitgenössischen Historikers (Theophanes von Mytilene) eine ausführliche Darstellung der Kriege des Pompeius gegeben hat“.1305 Es handelt sich also um einen zufall der Überlieferung, der nicht zu der Annahme verleiten sollte, die Ursprünge des Mithra- oder Mithraskultes in Kilikien zu suchen.1306 Als Pompeius im Sommer/Herbst 67 seine Ansiedlungen durchführte, betrachtete er Ostkilikien, das rechtlich noch nicht an Rom übergegangen war, schon als römisch.1307 Im laufe des Jahres 67 war der Krieg Roms gegen den pontischen König Mithradates vI. in eine „für Roms Ansehen und politisch-wirtschaftliche Interessen
1302 Übersetzung von R. Merkelbach, Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult, Königstein 1984, S. 45. 1303 So ausdrücklich der amerikanische Religionshistoriker D. Ulansey, The Origins of Mithraic Mysteries. cosmology and Salvation in the Ancient World, new York/Oxford 1989, S. 48 mit Anm. 185 (deutsch: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike, Stuttgart 1998, S. 38). Gegen die größtenteils unmethodische Argumentation und ‚Beweisführung‘ in diesem Buch wendet sich mit Recht M. clauss, Mithras und die Präzession, Klio 83, 2001, S. 219−225. 1304 zu der sinnvollen Unterscheidung von Mithra- und Mithraskult: M. clauss, Mithras. Kult und Mysterien, München 1990, S. 13. 1305 R. Merkelbach, Mithras. Ein persisch-römischer Mysterienkult, Königstein 1984, S. 45. Anders Strasburger, Poseidonios S. 40 ff., der die Mithrasepisode auf Poseidonios zurückführt. 1306 vielmehr ist der Kult des Mithra im persischen Osten entstanden und mit den Persern nach Kleinasien gelangt. Er wurde insbesondere durch die Könige von Pontos, die Mithradatiden, und die Orontiden von Kommagene verbreitet. Möglicherweise ist der Mithrakult durch vermittlung über Kommagene (vgl. dazu R. Beck, The Mysteries of Mithras: A new Account of their Genesis, JRS 88, 1998, S. 115 ff.; A. Schütte-Maischatz/E. Winter, Kultstätten der Mithrasmysterien in Doliche, in: Wagner, Götterkönige S. 93−99) nach Rom bzw. Italien gelangt. In Rom (oder Ostia) wurde aus dem persischen Mithra der römische Mithraskult, der von Westen her über den Donauraum wieder nach Kleinasien wanderte. Die ‚Umformung‘, die die Mithrareligion dabei in Rom (oder Ostia) erfuhr, ist in gewisser Weise vielleicht der Entwicklung des christentums von der jüdisch geprägten Urgemeinde zur institutionalisierten Kirche des 2. Jhs. n. chr. vergleichbar: K. Ehling, Mithras Equitans auf den kaiserzeitlichen Münzen von Trapezunt, EA 33, 2001, S. 130 Anm. 10. 1307 Gelzer, Pompeius S. 84; Bringmann, Republik S. 295.
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im Osten gefährliche militärische Stagnation“ geraten.1308 Die nachfolger des lucullus, die beiden Optimaten M. Acilius Glabrio und Q. Marcius Rex, hatten auf dem asiatischen Kriegsschauplatz keine Erfolge aufzuweisen,1309 was den Anhängern des Pompeius in Rom den Weg ebnete: Wohl Anfang des Jahres 66 brachte der volkstribun c. Manilius einen Gesetzesantrag ein, der Pompeius unter Abberufung der Proconsuln Glabrio und Rex die Statthalterschaft von Bithynia-Pontos und Kilikien übertrug und mit der Kriegsführung gegen Mithradates vI. und Tigranes II. betraute.1310 Für die lex Manilia machten sich dieses Mal auch führende Optimaten wie P. Servilius vatia Isauricus stark. cicero hielt seine erste Staatsrede, de imperio Cn. Pompei,1311 und der Antrag wurde mit den Stimmen aller Tribus angenommen.1312 Wie K. M. Girardet zeigt, vergab der Senat kein zusätzliches imperium;1313 auch hatte Pompeius keine Oberstatthalterschaft im Sinne eines imperium maius inne.1314 Vielmehr erhielt dieser extra ordinem als weitere provincia das bellum Asiaticum regiumque übertragen. 1315 zunächst ließ Pompeius durch Edikte (äéáãñÜììáôá: Plut. Pomp. 31, 1) bekanntgeben, daß er das Kommando über die in den Provinzen Bithynia-Pontos und Kilikien stehenden Truppen übernommen habe.1316 Auch rief er die verbündeten kleinasiatischen Fürsten und Könige (äõíáóôár êár âáóéëåsò: Plut. Pomp. 31, 1) zu sich, unter ihnen den galatischen Tetrarchen Deiotaros.1317 Wohl auf der Grundlage der lex de provinciis praetoriis beorderte der Imperator Teile der römischen Flotte zum Schutz an die Küste Phönikiens.1318 Im Frühjahr 66 begab er sich nach Galatien, um den Oberbefehl über die Soldaten des lucullus zu übernehmen.1319 In Danala kam es zur Unterredung zwischen Pompeius und lucullus,1320 die jedoch keine Aussöhnung brachte, sondern 1308 Koehler, nachfolge S. 36. 1309 Mommsen, Geschichte S. 123. 1310 Plut. Pomp. 30, 1 ff. Mommsen, Geschichte S. 124; Miltner, Pompeius Sp. 2102; Gelzer, Pompeius S. 87 ff.; christ, Krise S. 254; Girardet, Triumph S. 205; Bringmann, Republik S. 297 f. 1311 zum Hintergrund vgl. Fuhrmann, cicero S. 79 ff. 1312 Gelzer, Pompeius S. 88. 1313 Girardet, Imperia S. 176 ff. 1314 Girardet, Triumph S. 202 ff. und ders., Imperia S. 178. Dagegen geht Gelzer, Pompeius S. 89 von einem imperium maius aus, während etwa Koehler, nachfolge S. 36 quasi zwei imperia annimmt und christ, Krise S. 255 von zwei außerordentlichen Imperien spricht. Gegen Gelzers Auffassung wendet sich bereits v. Ehrenberg, ‚Imperium Maius‘ in the Roman Republic, AJPh 74, 1953, S. 119 ff. = ders., in: K. F. Stroheker/A. J. Graham (Hg.), Polis und Imperium. Beiträge zur Alten Geschichte, zürich/Stuttgart 1965, S. 592 f. mit Anm. 1. zu diesem Problem zuletzt: Girardet, Imperia S. 177 Anm. 95. 1315 Girardet, Imperia S. 177 Anm. 95. 1316 Gelzer, Pompeius S. 89. 1317 Ebenda S. 89. 1318 Plut. Pomp. 32, 1. Gelzer, Pompeius S. 89. zum Seeräuberunwesen an der phönikischen Küste vgl. M. Hengel, Die zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der zeit des Herodes I. bis 70 n. chr., leiden/Köln 1976², S. 29 mit Anm. 8. Joppe war der Mittelpunkt der jüdischen Seeräuberei. 1319 Mommsen, Geschichte S. 126. 1320 Plut. Pomp. 31, 2−7. Mommsen, Geschichte S. 126; Gelzer, Pompeius S. 91 f.
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Pompeius im Gegenteil darin bestärkte, sämtliche Entscheidungen seines vorgängers aufzuheben.1321 Anschließend brach er Richtung Pontos in den Krieg gegen Mithradates vI. auf, der eine Armee von 30.000 Fußsoldaten und 3.000 Reitern befehligte.1322 nachdem Mithradates vI. die Flucht über den Phasis, die alte Grenze Kleinasiens gelungen war, wandten sich die römischen Truppen südwärts in das armenische Gebiet des Araxes.1323 Im Frühjahr 65 kam es vor Artaxata zu verhandlungen zwischen Pompeius und Tigranes II. Eine ausführliche Schilderung ihres zusammentreffens bildete vermutlich einen dramatischen Höhepunkt im Geschichtswerk des Theophanes von Mytilene:1324 Mit seinen ößëïé êár óõããåíåsò am römischen lagertor angekommen,1325 mußte der armenische König vom Pferd steigen, sein Schwert aushändigen und zu Fuß, von zwei liktoren begleitet, sich zu Pompeius begeben. Als zeichen der Unterwerfung nahm Tigranes II. die Kidaris ab1326 und war im Begriff, sich vor Pompeius niederzuwerfen, als ihn dieser bei der Hand faßte, wieder aufrichtete und bat, neben ihm Platz zu nehmen. Römischerseits wurden ein vollständiger verzicht auf Syrien, Phönikien, Kilikien, Galatien, Kappadokien und Sophene sowie eine Kriegsentschädigung von 6.000 Silbertalenten gefordert;1327 Tigranes II. willigte ein. nicht überliefert, aber wahrscheinlich ist, daß Pompeius in einem offiziellen Krönungsakt Tigranes II. als König von Armenien bestätigte, indem er ihm unter zuruf der römischen Soldaten1328 die Kidaris aufsetzte. zur Belohnung verteilte der Armenier zusätzliche Geldgeschenke an Mannschaft und Offizierscorps.1329 1321 Plut. Pomp. 31, 1. Mommsen, Geschichte S. 126. 1322 Die zahl nach App. Mithr. 97, 449. Ihm folgen Mommsen, Geschichte S. 126, Gelzer, Pompeius S. 92 und Baltrusch, caesar S. 33. In Plut. Pomp. 32, 1 ist von 2.000 Reitern die Rede. zum Feldzug und der Schlacht bei nikopolis vgl. Mommsen, Geschichte S. 126 f.; Gelzer, Pompeius S. 92 f.; christ, Krise S. 269. 1323 Mommsen, Geschichte S. 129; Gelzer, Pompeius S. 93. 1324 vgl. zum folgenden: Plut. Pomp. 33, 3; App. Mithr. 104, 488 ff.; Festus 16. Mommsen, Geschichte S. 129 f.; Gelzer, Pompeius S. 94 f.; Heftner, Plutarch S. 237 f.; christ, Pompeius S. 73 f. 1325 Das lager war 16 Meilen von Artaxata entfernt: Eutrop. 6, 13, 1. 1326 Die Kidaris ist wahrscheinlich mit der Tiara identisch: siehe Anm. 1143. zur Tracht der armenischen Könige: Eckhardt, Feldzüge S. 410 und zur Tiara bei den Persern: neuffer, Kostüm S. 33 f. vermutlich legt Tigranes II. die Insignie dem Pompeius zu Füßen. 1327 liv. per. 101; vell. 2, 37, 5; App. Mithr. 104, 490; 105, 492; Dio 36, 53, 2; Festus 16; Eutropius 6, 13, 1 schreibt zusammenfassend, daß Tigranes II. in castra Pompeii … venit ac diadema suum, cum procubuisset ad genua Pompeii, in manibus ipsius conlocavit. quod ei Pompeius reposuit honorificeque eum habitum regni tamen parte multavit et grandi pecunia. adempta est ei Syria, Phoenice, Sophanene; sex milia praeterea talentorum argenti, quae populo Romano daret, quia bellum sine causa Romanis commovisset. Plut. Pomp. 33, 4. Die südlich vom Tauros gelegene landschaft Sophene, wo die im Jahr 69 eroberte Hauptstadt Tigranokerta lag, sollte an den Sohn des Tigranes II. gehen. 1328 Bei Plut. Pomp. 33, 5 ist überliefert, daß die Soldaten Tigranes II. „als König“ begrüßten (PóðÜæïìáé). 1329 Plut. Pomp. 33, 5.
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nach Kämpfen mit verschiedenen Kaukasusvölkern während des Jahres 65/641330 schickte sich Pompeius zum Einmarsch in Syrien an. noch von Armenien aus hatte er seinen legaten M. Scaurus als weiteres vorauskommando1331 nach Syrien entsandt (Ios. ant. Iud. 14, 29). l. Afranius unterwarf die im Amanos von Tigranes II. angesiedelten Araber (Plut. Pomp. 39, 3), so daß der römische Einmarsch in Syrien im Frühjahr 64 reibungslos verlief.1332 Den Winter 64 auf 63 verbrachte Pompeius wahrscheinlich in der syrischen Hauptstadt.1333 Wohl bald nach dessen Einzug erschien Antiochos XIII., um von dem Römer seine Wiedereinsetzung zum König zu erbitten.1334 Daß es zu einer persönlichen Begegnung zwischen den beiden kam, sagt Appian ausdrücklich (Mithr. 106, 500). Doch der römische Imperator lehnte dies ab, und zwar mit der Begründung, daß Antiochos XIII. sein Reich an Tigranes II. verloren habe1335 und nicht in der lage sei, Syrien vor den Raubzügen von Juden und Arabern zu schützen.1336 Durch diese Entscheidung wurde Syrien zur römischen Provinz erklärt, weil es „keine rechtmäßigen Könige mehr habe“ (Plut. Pomp. 39, 2). Damit waren auch die Ansprüche von Philipp II. und Seleukos Kybiosaktes zurückgewiesen. Während Philipp II. die nächsten Jahre zurückgezogen im kilikischen Olba verbrachte und sich im Jahr 56 vergeblich um den Thron Ägyptens bewarb,1337 wurde Antiochos XIII. von Sampsigeramos ermordet, der dafür als Belohnung von Pompeius als Phylarch von Emesa und Arethusa bestätigt wurde.1338 Mit der Einrichtung der Provinz Syria1339 zog Pompeius nur den letztlich konse1330 Mommsen, Geschichte S. 130 ff.; Gelzer, Pompeius S. 97 ff.; christ, Krise S. 271 f. 1331 zuvor waren bereits die legaten Q. Metellus nepos und M. Palicanus lollius abgesandt worden, die Aretas III. vor Damaskos besiegten: Ios. ant. 14, 29. Mommsen, Geschichte S. 144; Koehler, nachfolge S. 79; Will, Histoire II S. 509. 1332 Plut. Pomp. 39, 2. Gelzer, Pompeius S. 107 f. 1333 Mommsen, Geschichte S. 144; Miltner, Pompeius Sp. 2114; Gelzer, Pompeius S. 108; christ, Pompeius S. 85. vielleicht verbrachte Pompeius den Winter auch in Daphne. 1334 Koehler, nachfolge S. 77 f. 1335 Was so nicht richtig ist, denn tatsächlich war Philipp I. von Tigranes II. aus Syrien vertrieben worden. Die Argumentation zeigt auch, daß Pompeius die Anerkennung des Antiochos XIII. durch lucullus nicht akzeptierte. 1336 Iust. 40, 2, 4: Igitur ut habenti regnum non ademerit, ita quo cesserit Tigrani, non daturum, quod tueri nesciat, ne rursus Syriam Iudaeorum et Arabum latrociniis infestam reddat. Knapper und nur mit Bezug auf Tigranes II.: App. Syr. 49, 250; App. Mithr. 106, 499 f. vgl. zu dieser denkwürdigen Szene: Mommsen, Geschichte S. 143; Bellinger, End S. 85; Gelzer, Pompeius S. 102; Downey, Antioch S. 144; Will, Histoire II S. 421 f.; Koehler, nachfolge S. 77. 1337 An der Thronbesteigung und Ehe mit Berenike Iv. wurde Philipp II. vom syrischen Statthalter, Aulus Gabinius, gehindert: Euseb. chron. I 261 = FGrHist F 32, 28. Treves, Philippos (69) Sp. 2558; Bellinger, End S. 85 f.; Hölbl, Geschichte S. 201; Huß, Ägypten S. 692 f. Bereits sein Halbbruder Seleukos Kybiosaktes war ein paar Tage der Ehemann dieser vierten Berenike gewesen war: Huß, Ägypten S. 692 f. mit Anm. 90 und 94. 1338 cic. Att. 2, 16. Gelzer, Pompeius S. 108; Bellinger, End S. 85; Koehler, nachfolge S. 78. zur namensschreibung vgl. F. Stähelin, Sampsigeramos (1), RE 2. Reihe 1. Band, Stuttgart 1920, Sp. 2226 f. Dort sind Sp. 2226 die verschiedenen Schreibungen aufgeführt. 1339 App. Syr. 50, 251; bell. civ. 5, 10, 40; Mithr. 106, 499; vell. 2, 37, 5; Iust. 40, 2, 5. Miltner, Pompeius Sp. 2113.
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quenten Schlußstrich unter ein seit Jahrzehnten instabiles, sich in endlosen Bruderkriegen selbst zerstörendes System (siehe unten Kap. III). Warum sich Rom zur Provinzialisierung Syriens entschloß, geht aus den Quellen nicht unmittelbar hervor. In der Forschung sind verschiedene Überlegungen dazu vorgetragen worden.1340 zunächst gilt es festzuhalten, daß der vorgänger des Pompeius auf dem östlichen Kriegsschauplatz, lucullus, Antiochos XIII. als König von Syrien bestätigte und an eine Annexion des Seleukidenreiches zu diesem zeitpunkt wohl noch nicht gedacht hat.1341 Mit der Anerkennung des Antiochos XIII. folgte lucullus der Entscheidung des römischen Senates, der in den späten 70er Jahren die zwischen Rom und der Seleukidendynastie bestehende societas et amicitia wohl bestätigt hatte.1342 Als Pompeius die Bekämpfung der Piraten in Kilikien übernahm, mußte auch die syrisch-phönikische Küste in sein Blickfeld treten. Da die Piratenflotten dort ebenfalls operierten und Häfen besaßen, war eine umfassende Beseitigung des Seeräuberunwesens nur unter Einbeziehung der levante möglich. von Beginn seiner Tätigkeit an hat der römische Imperator deshalb den verhältnissen und Entwicklungen in diesem Raum größere Aufmerksamkeit geschenkt. nach dem Friedensschluß mit Tigranes II. im Frühjahr 66 schickte Pompeius seinen hochgeschätzten Freigelassenen Demetrios aus Gadara zur Erkundung der lage nach Syrien.1343 Anschließend entsandte er die beiden legaten Afranius und Gabinius zu weiteren Sondierungen.1344 Pompeius war über die zustände in Syrien also gut unterrichtet.1345 Spätestens nach seinem Einzug in Antiocheia im Jahr 64 wird der Imperator erkannt haben, daß Machtmittel und Rückhalt des Seleukidenhauses viel zu gering waren, um die drängenden Probleme Syriens zu lösen und dauerhaft stabile verhältnisse herzustellen. Das seleukidische Restreich bestand nurmehr aus lose zusammengehörigen Städten und Gebieten, die von selbständigen Tyrannen oder Priesterfürsten regiert wurden, auf die Antiochos XIII. keinen Einfluß hatte. Dazu kam, daß insbesondere Araber und Juden sich immer größerer Territorien bemächtigten.1346 Rom aber benötigte gerade in dieser Region eine nachhaltig feste Ordnung, wollte es sicherstellen, „daß das Syrische Reich in zukunft weder durch zwist der Prätendenten noch durch die Begehrlichkeiten der nachbarn der römischen Klientel entzogen werde“, wie Th. Mommsen schreibt.1347 nicht nur für die Parther, 1340 vgl. Mommsen, Geschichte S. 143; Downey, Antioch S. 143; E. Will, Rome et les Séleucides, in: AnRW I 1, Berlin/new York 1972, S. 627 ff. Die beste Diskussion bietet Will, Histoire II S. 509 ff. 1341 vgl. Koehler, nachfolge S. 111 Anm. 122. Freilich stand für lucullus die Besiegung des Tigranes II. im vordergrund. Es wäre deshalb möglich, daß er sich die endgültige Regelung der syrischen verhältnisse für einen späteren zeitpunkt vorbehielt. 1342 Daß es eine derartige vereinbarung gab, ist nicht gesichert, wird in der Forschung aber mit Recht vermutet: Bellinger, End S. 81; 83; Koehler, nachfolge S. 59 mit Anm. 260. Siehe auch oben Kap. II 12. 1343 Plut. cat. min. 13; Plut. Pomp. 40, 1−6. Gelzer, Pompeius S. 101. 1344 Gelzer, Pompeius S. 102; Will, Histoire II S. 509. 1345 Baltrusch, caesar S. 34. 1346 Bei App. Syr. 51, 256 wird die Abwehr der Araber als die vordringlichste Aufgabe der neuen römischen verwaltung in Syrien genannt. 1347 Geschichte S. 143.
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an die Mommsen und ihm folgend E. Will denken,1348 sondern auch für das ptolemäische Ägypten waren Koilesyrien, Phönikien und Syrien von hohem Interesse. zwar ging von Ptolemaios XII. neos Dionysos sicher keine militärische Bedrohung aus,1349 aber bei der großen Beliebtheit, der sich die Ptolemäer in Phönikien und Syrien immer erfreut hatten,1350 wäre die ganze Region nach Abzug der römischen Truppen vielleicht bald unter ägyptischen Einfluß oder sogar ägyptische Kontrolle geraten. Wenn sich Rom zur Provinzialisierung Syriens entschloß, dann vielleicht auch, um gegenüber der Regierung in Alexandreia die Interessenssphären klar abzugrenzen. Als eine Art Pufferstaat blieb Judäa weiter bestehen. Die Analyse zeigt, daß es für die Provinzialisierung Syriens also eine ganze Reihe von Gründen gab: 1.) zunächst konnte Rom das Seeräuberproblem nur wirksam lösen, wenn auch die syrisch-phönikische Küste unter römischer Herrschaft bleiben würde. 2.) Entscheidend waren militärische Sicherheitsinteressen gegenüber dem Partherreich, aber auch gegenüber Ägypten. 3.) nicht unterschätzt werden sollten schließlich die wirtschaftlichen Interessen Roms in dieser Region.1351 Um diese drei ziele zu erreichen, mußte Syrien politisch stabilisiert und der Einfluß von Arabern, Juden und lokalen Tyrannen zurückgedrängt bzw. beseitigt werden. Dies war letztlich nur durch die Errichtung völlig neuer Herrschaftsstrukturen möglich. Erster Statthalter Syriens wurde der Proquästor M. Aemilius Scaurus,1352 den Pompeius nach seinem Abzug aus Syrien mit zwei legionen zurückließ.1353 Vermutlich auf der Grundlage einer lex Pompeia, wie sie wenig später (63/62) für die Provinz Bithynien-Pontos erarbeitet und erlassen wurde,1354 wurden die politischen verhältnisse in Syrien umfassend neu geordnet. Mit Recht hat E. Baltrusch die neuordnung des Ostens als die bedeutendste leistung des Pompeius bezeichnet.1355 Die Syria Seleukis betreffend sind sechs Maßnahmen des Römers überliefert:1356 1.) Die Stadt Antiocheia wurde für autonom erklärt.1357 2.) Denjenigen Antiochenern, die Geiseln des Tigranes II. gewesen waren, ermöglichte Pompeius die Heimkehr.1358 3.) Das Bouleuterion der syrischen Hauptstadt, das vermut1348 Histoire II S. 510 f. 1349 zum ptolemäischen Hintergrund: Hölbl, Geschichte S. 195 ff.; Huß, Ägypten S. 672 ff. bes. 681 ff. 1350 Ehling, Unruhen S. 332 ff. 1351 Diesen wirtschaftlichen Aspekt hat die englischsprachige Forschung besonders betont: Downey, Antioch S. 143 f. vgl. aber auch Will, Histoire II S. 511 mit weiterer literatur. zu den Geldsummen, die aus den eroberten ländern in die römische Staatskasse flossen, vgl. Plut. Pomp. 45, 3 und dazu Miltner, Pompeius Sp. 2125 und Bringmann, Republik S. 298 f. 1352 App. Syr. 51, 255. Ab dem Jahr 56 unterstand die Provinz einem Prätor. 1353 Miltner, Pompeius Sp. 2114; Gelzer, Pompeius S. 115. 1354 Gelzer, Pompeius S. 116; W. Ameling, Das Archontat in Bithynien und die lex Provinciae des Pompeius, EA 3, 1984, S. 19−31. 1355 caesar S. 35. Einen Überblick über die Maßnahmen des Pompeius gibt App. Mithr. 116, 558 ff. 1356 zum folgenden vgl. auch Miltner, Pompeius Sp. 2114. 1357 Euseb. chron. I 261 f. = FGrHist 260 F 32. Downey, Antioch S. 145; Bernhardt, Imperium S. 145 f. 1358 Eutrop. 6, 14, 2: Antiochensibus obsides reddidit. Gelzer, Pompeius S. 111.
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lich infolge eines Erdbebens während der Herrschaft des Tigranes II. beschädigt worden war, ließ er wiederherstellen1359 4.) Der Hafenstadt Seleukeia in Pierien verlieh er die Freiheit.1360 5.) Der Stadt Daphne mit ihrem berühmten Apollonheiligtum wurde eine namhafte Gebietserweiterung zugesprochen1361 und 6.) erhob Rom für Syrien und Kilikien eine 1 %-vermögenssteuer, mit deren Erhebung römische Pachtgesellschaften betraut wurden.1362 zu 1.) und 4.) ist zu bemerken, daß „Autonomie“ (ášôïíïìßá; ášôüíïìïò) und „Freiheit“ (dëåõèåñßá; dëåýèåñïò libertas; liber) gleichbedeutend waren.1363 Nach hellenistischem Selbstverständnis war die vergabe des Autonomie- bzw. Freiheitsstatus die vornehmste und größte Wohltat, die ein Herrscher einer Stadt bereiten konnte,1364 und die Römer führten diese Tradition fort.1365 Wahrscheinlich begünstigte Pompeius auch laodikeia am Meer auf diese Weise, sicher aber die großen Städte Phönikiens Tyros, Sidon und Tripolis1366 und in Koilesyrien Damaskos.1367 zwar war etwa Seleukeia in Pierien bereits im August/September 109 für frei erklärt worden,1368 aber nach der Machtübernahme Roms ging es nicht mehr einfach nur um eine Bestätigung der von den Seleukidenkönigen vergebenen Privilegien, sondern diese waren förmlich neu zu verleihen.1369 Aller Wahrscheinlichkeit nach verlieh Pompeius verschiedenen nichtautonomen Städten in gleicher Weise ihren früheren Status als jåñN êár Tóõëïò wieder, sofern sie nicht mit den phönikischen Seeräubern kooperiert hatten; möglicherweise ist dies der Grund, warum Askalon seinen Autonomiestatus verlor.1370 Spätestens jetzt wurden die verhältnisse in Kilikien endgültig neu geregelt: Dem kappadokischen König Ariobarzanes I. Philoromaios (96−63) überließ Rom neben verschiedenen kilikischen Städten noch Hierapolis Kastabala am oberen Pyramos (App. Mithr. 105, 496) mit seinem bedeutenden Heiligtum der Artemis Perasia.1371 Der ehemalige Seeräuberführer Tarkondimotos I. erhielt das Einzugsgebiet des Py1359 Malal. 211, 18. Downey, Antioch S. 145 mit Anm. 8. 1360 Mit der Begründung, daß die Bewohner Seleukeias Tigranes II. nicht in ihrer Stadt aufgenommen hatten: Strab. 16, 2, 8 = 751; Eutrop. 6, 14, 2: … Seleuciam, … libertate donavit, quod regem Tigranen non recepisset. Gelzer, Pompeius S. 111; Downey, Antioch S. 145; Bernhardt, Imperium S. 146; christ, Pompeius S. 86. 1361 Eutrop. 6, 14, 2: aliquantum agrorum Daphnensibus dedit … vgl. auch Festus 16. Gelzer, Pompeius S. 111. 1362 App. Syr. 50, 253. Gelzer, Pompeius S. 111; F. Heichelheim, Roman Syria, in: T. Frank (Hg.), An Economic Survey of Ancient Rome, Bd. 4, new Jersey 1959, S. 231. 1363 vgl. Welles, Rc 71. Siehe auch oben Kap. II 10. 1364 … ðñþôç êár ìåãßóôç åšåñãåóßá, so lautet die Formulierung in der Inschrift Welles, Rc 71 (Seleukeia in Pierien zum Jahr 109). 1365 Downey, Antioch S. 145. 1366 Bernhardt, Imperium S. 147. 1367 In diesem Sinne Gelzer, Pompeius S. 110. 1368 vermutlich durch Antiochos IX.: siehe oben Kap. II 10. 1369 Deshalb verwendet Eutrop. 6, 14, 2, seiner Quelle (der livius-Epitome von Buch 101) folgend, bei Seleukeia das Verb donare. 1370 Der verlust der Autonomie scheint mit Pompeius’ Eingreifen zusammenzuhängen: Baldus, Syria S. 140. 1371 A. Dupont-Sommer/l. Robert, la déesse de Hiérapolis castabala (cilicie), Paris 1964, S. 47 ff.
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ramos im Inneren des Ebenen Kilikiens und einige kilikische Küstenstreifen zugesprochen. nach dem Tode des Ariobarzanes I. fiel Hierapolis Kastabala an Tarkondimotos I., der die Stadt zu seiner Residenz machte.1372 Im Frühjahr des Jahres 63 zog Pompeius nach Süden,1373 um militärisch gegen Ituräer und Araber vorzugehen.1374 In Apameia ließ er die von Antiochos IX. errichtete Têñá schleifen (Ios. ant. Iud. 14, 38). Stadtherren wie Silas von lysias, Dionysios von Tripolis und Kinyras von Byblos wurden durch Hinrichtung beseitigt,1375 andere wie der in chalkis am libanon residierende Ituräerfürst Ptolemaios in ihrer Herrschaft bestätigt.1376 Daß die Herrschaft des Seleukidenhauses ihr Ende gefunden hatte, manifestiert sich nicht zuletzt auch darin, daß die Städte die zählung nach dem seleukidischen Kalender einstellten und nach einer neuen, der pompeianischen Ära zu rechnen begannen.1377 In Antiocheia und vermutlich auch in Apameia wurde rückwirkend das Jahr 66/65 zum „Jahr 1“ erklärt, d. h. neu gezählt wurde vom zeitpunkt der förmlichen Abtretung Syriens an Rom durch Tigranes II.1378 Für befreite Städte wie Tripolis und Byblos begann mit der Beseitigung der Tyrannen eine neue Ära.1379 Auch andere phönikische Städte gingen im Jahr 64/63 zu der neuen pompeianischen zeitrechnung über, so Orthosia, Ptolemaïs und Dora,1380 ebenso Gadara in der Dekapolis.1381 Einige Städte, wie Damaskos etwa, hielten jedoch am Seleu1372 vgl. Jones, cities S. 202 f.; A. Dupont-Sommer/l. Robert, la déesse de Hiérapolis castabala (cilicie), Paris 1964, S. 45; W. Hoben, Untersuchungen zur Stellung kleinasiatischer Dynasten in den Machtkämpfen der ausgehenden römischen Republik, Mainz 1969, S. 195 ff.; R. Syme, Anatolica. Studies in Strabo, Oxford 1999, S. 161 ff.; Th. Grünewald, Räuber, Rebellen, Rivalen, Rächer. Studien zu latrones im Römischen Reich (Forschungen zur antiken Sklaverei 31), Stuttgart 1999, S. 113; M. H. Sayar, Die Inschriften von Anazarbos und Umgebung. Teil I: Inschriften aus dem Stadtgebiet und der nächsten Umgebung der Stadt (I. K. 56), Bonn 2000, S. 5. zu den Tarkondimotiden zuletzt ausführlich: M. H. Sayar, Tarkondimotos, seine Dynastie, seine Politik und sein Reich, in: Jean/Dincol/Durugönül, cilicie S. 373−380 und J. Tobin, The Tarcondimotid Dynasty in Smooth cilicia, in: Jean/Dincol/Durugönül, cilicie S. 381−387. Tarkondimotos I., der später auf die Seite des Marc Anton übertrat, ließ in Hierapolis Kastabala seine Münzen prägen: A. Burnett/M. Amandry/P. P. Ripollès, Roman Provincial coinage. volume I. From the death of caesar to the death of vitellius (44 Bc−AD 69). Part I: Introduction and catalogue, london/Paris 1992, S. 575. 1373 Miltner, Pompeius Sp. 2115; Gelzer, Pompeius S. 111. 1374 Eutrop. 6, 14, 1. zum folgenden Gelzer, Pompeius S. 111 ff. 1375 Strab. 16, 2, 18 = 755; Ios. ant. Iud. 14, 38. Mommsen, Geschichte S. 145; Kahrstedt, Territorien S. 90 f.; Gelzer, Pompeius S. 111; Berve, Tyrannis I S. 434. 1376 Mommsen, Geschichte S. 152; Gelzer, Pompeius S. 111; Berve, Tyrannis I S. 433. 1377 zu den Ären und zum Wechsel der Ären ist grundlegend: H. Seyrig, Antiquités syriennes. 42. Sur les ères de quelques villes de Syrie: Antioche, Apamée, Aréthuse, Balanée, Épiphanie, laodicée, Rhosos, Damas, Béryte, Tripolis, l’ère de cléopâtre, chalcis du liban, Doliché, Syria 27, 1950, S. 5−50. vgl. auch Will, Histoire II S. 512. zum Gebrauch der pompeianischen Ära in Kilikien: ziegler, Ären S. 203 ff., siehe auch oben. 1378 Baldus, Syria S. 130 f. 1379 Bernhardt, Imperium S. 146; Baldus, Syria S. 134, 139; Rigsby, Asylia S. 496: Tripolis und Byblos zählten das Jahr 65/64 als ihr „Jahr 1“. 1380 Baldus, Syria S. 136; 143; H. Seyrig, Antiquités syriennes. 56. Ères pompéiennes des villes de Phénicie, Syria 31, 1954, S. 73−80. 1381 Baldus, Syria S. 144; Wörrle, Gadara S. 268.
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II. Kapitel: Seleukidische Geschichte von 164 bis 63 v. chr.
kidenkalender fest.1382 Die Stadt blieb auch nach 63 unter der Herrschaft des nabatäerkönigs Aretas III.,1383 was vermutlich einer der Gründe dafür ist, daß die seleukidische zeitrechnung bei den Arabern noch bis ins Mittelalter in Gebrauch blieb.1384 Damaskos bezog Pompeius als sein neues Hauptquartier, um vor Ort, wie es seiner politischen Praxis entsprach, nach persönlichem Augenschein1385 die Angelegenheiten mit den nabatäern, Juden und Ägyptern zu regeln, auf die im einzelnen hier nicht näher eingegangen werden soll.1386 Die Städte Gaza, Ioppe, Dora, StratonsTurm und einige weitere griechische Städte entzog Pompeius der jüdischen Oberhoheit und machte sie, wie es scheint, zu civitates liberae.1387 Von Damaskos aus schritt der römische Imperator zu einem vorstoß durch das nabatäerland ans Rote Meer, als bei Jericho die überraschende nachricht vom Tode des Mithradates vI. eintraf, was den Rückzug nach Kleinasien notwendig machte.1388 Mit zwei legionen ließ Pompeius seinen Proquästor M. Aemilius Scaurus in Syrien zurück.1389 Roms großer Gegner Mithradates vI. wurde im Königsgrab von Sinope beigesetzt,1390 und von Ephesos trat Pompeius seine Rückfahrt nach Italien an.1391 Am 28. und 29. September des Jahres 61 feierte Pompeius in Rom schließlich einen großartigen Triumph.1392 Ausführliche Schilderungen bieten Plutarch und Appian (Pomp. 45, 1 ff. und Mithr. 116, 568−117, 578): Danach wurden dem Triumphator Gemälde vorangetragen, auf denen die dramatischsten Ereignisse der vergangenen Kriegsjahre dargestellt waren. Inschriftentafeln verzeichneten die länder, völkerschaften und Könige, über die Pompeius und seine Armee gesiegt hatten, so über Kilikien und Syrien, die Könige Mithradates vI. und Tigranes II. sowie die Seeräuber.1393 Weitere Tafeln verkündeten den zuschauern, welche Städte der siegreiche Feldherr in Pontos, Kappadokien, Kilikien, Koilesyrien und Palästina gegründet hatte. vor dem mit Edelsteinen geschmückten Triumphwagen zogen die vor1382 Baldus, Syria S. 142. 1383 Mommsen, Geschichte S. 152. 1384 W. Kubitschek, Grundriß der antiken zeitrechnung (HdA I 7), München 1928, S. 71; A. E. Samuel, Greek and Roman chronology. calendars and Years in classical Antiquity (HdA I 7), München 1972, S. 246. 1385 Gelzer, Pompeius S. 111. 1386 vgl. dazu Gelzer, Pompeius S. 111 ff.; Miltner, Pompeius Sp. 2114 ff.; Bringmann, Republik S. 298. Speziell zu Ägypten vgl. Hölbl, Geschichte S. 197 f. und Huß, Ägypten S. 681 f. zu den den Juden vgl. Baltrusch/Schuol, Meer S. 113 und Baltrusch, Juden S. 125 ff.; bes. 130 ff. und zu den nabatäern: Plut. Pomp. 41, 1 ff. 1387 Bernhardt, Imperium S. 148 mit Anm. 289. 1388 Gelzer, Pompeius S. 113; Miltner, Pompeius Sp. 2116 f. 1389 Gelzer, Pompeius S. 115. 1390 App. Mithr. 113, 553. Gelzer, Pompeius S. 115. Pompeius erinnerte damit wieder an Alexander d. Gr., der seinen Gegner Dareios III. ehrenvoll in Persepolis beisetzen ließ: Plut. Alex. 43, 3. 1391 Gelzer, Pompeius S. 118 f. 1392 Gelzer, Pompeius S. 132 f.; Miltner, Pompeius Sp. 2124 ff.; Girardet, Triumph S. 201 ff.; Bringmann, Republik S. 300 f.; Baltrusch, caesar S. 49 f. 1393 Da nach römischer Auffassung die Seleukiden ihr Reich im Jahr 83 an Tigranes II. verloren hatten, wurde der letzte regierende Seleukidenkönig, Antiochos XIII., konsequenterweise nicht genannt.
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nehmsten Kriegsgefangenen, etwa 324 an der zahl, unter ihnen die Söhne und Töchter Mithradates’ vI., der Sohn des Tigranes II., verschiedene kilikische Tyrannen und der Judenkönig Aristobolos II. Dem Triumphwagen folgten Offiziere, die an den Feldzügen teilgenommen hatten. Pompeius selbst trug bei diesem Triumph den Mantel Alexanders d. Gr. Darin drückte sich sein Anspruch auf alexandergleiche leistungen aus; zugleich wird dieser Mantel aber auch zum Symbol dafür, daß die griechisch-makedonische Herrschaft endgültig auf Rom übergegangen war.1394
1394 Gelzer, Pompeius S. 134; Bringmann, Republik S. 301. zur Gleichsetzung der Seleukiden mit den Makedonen vgl. etwa Ios. ant. Iud. 13, 29; 13, 273; App. Syr. 51, 260; 70, 369; Iust. 38, 7, 1 und lib. or. 11, 129. Weitere literarische Belege und Diskussion ihrer Bedeutung bei c. Edson, Imperium Macedonicum: The Seleucid Empire and the literary Evidence, clPh 80, 1958, S. 153−169. zu Alexanders Mantel: App. Mithr. 117, 577. Gelzer, Pompeius S. 104 f.; 134. Dieser befand sich 103 in ptolemäischen Besitz, wurde dann von Kleopatra III. in Kos deponiert und im Jahr 88 von den Koërn an Mithradates vI. ausgeliefert (App. Mithr. 115, 564).
III. KAPITEl: EPIlOG. ÜBERlEGUnGEn zUM nIEDERGAnG UnD zERFAll DES SElEUKIDEnREIcHES Mit der Einrichtung der Provinz Syria im Winter 64/63 endete nach beinahe 250 Jahren die Geschichte einer hellenistischen Großmacht, die in ihren expansivsten Phasen ein Gebiet von Thrakien in Europa bis an die Grenzen Indiens beherrscht hatte. von diesem einstigen Riesenreich gebot der letzte Seleukidenkönig, Antiochos XIII., schließlich nur mehr über die syrische Hauptstadt Antiocheia und die umliegende ÷þñá. Als jener dreizehnte Antiochos vor Pompeius erschien und um die Wiedereinsetzung bzw. Bestätigung als König bat, lehnte der Römer dies mit dem Hinweis ab, daß derjenige, der sein Reich an Tigranes II. verloren habe und offenbar nicht in der lage sei, Syrien vor den Raubzügen von Juden und Arabern zu schützen, seinen Anspruch auf land und Thron verloren habe (siehe oben Kap. II 13). Die im wesentlichen von römischen Sicherheitsinteressen getragenen Gründe für die letztlich konsequente Entscheidung des Pompeius, Syrien in eine römische Provinz umzuwandeln, wurden oben in Kapitel II 13 dargelegt und analysiert. zum Abschluß der hier vorgelegten ‚Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden‘ seien noch einige Überlegungen zu der Frage, welche Ursachen zum ‚niedergang‘ und endgültigen zerfall des Seleukidenreiches geführt haben, angestellt.1 Das Seleukidenreich war zu keiner zeit seines Bestehens ein politisch, militärisch oder geographisch in sich geschlossenes Staatsgebilde. Auf eine erste Expansions- und Blütephase unter dem Reichsgründer Seleukos I. (305−281) folgte bereits unter dessen Sohn und nachfolger Antiochos I. (281−261) eine niedergangsperiode.2 zäsuren stellen der Abfall Baktriens unter Diodotos I. im Jahr 2453 und der verlust Parthiens durch den Einfall der Parner 245 oder 238 dar. Nicht weniger bezeichnend für die Instabilität des Reiches sind Unruhen und Aufstände im Inneren: So erhoben sich im Jahr 280 die Städte der Syria Seleukis gegen Antiochos I. und im 3. Syrischen Krieg (245−241) schloßen sich die Bewohner Syriens und Kilikiens den Ptolemäern an. Doch war, wie J. Wiesehöfer mit Recht feststellt, 1
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Daß der Begriff des niedergangs problematisch ist, ist dem verfasser bewußt. ‚niedergang‘ wird hier deshalb mit Häkchen gedacht. Der vorgang ließe sich auch als Transformationsprozeß bezeichnen, was das Ganze freilich mehr aus der Perspektive der phönikischen Küstenstädte, Juden und Araber beschreibt. Aus Sicht der Seleukiden handelt es sich aber doch um einen niedergangs- und zerfallsprozeß. vgl. die Bewertung durch H. H. Schmitt, Seleukiden(reich), in: Schmitt/vogt, lexikon Sp. 962. J. D. lerner, The Impact of Seleucid Decline on the Eastern Iranian Plateau. The Foundations of Arsacid Parthia and Graeco-Bactria (Historia Einzelschriften 123), Stuttgart 1999, S. 13 ff. bes. 29. Ebenda S. 13 ff. bes. 29. Dazu zuletzt Ehling, Unruhen S. 304 ff.
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III. Kapitel: Überlegungen zum niedergang und zerfall des Seleukidenreiches
das Seleukidenreich trotz aller äußeren und inneren Spannungen auch noch am Ende des 3. Jhs. ein ‚starkes‘ Reich. Den Wendepunkt der seleukidischen Geschichte leitete erst die Konfrontation mit der neuen Weltmacht Rom ein. Getragen von seinen großen Erfolgen im Osten (212−205/04) und seinem Sieg über die Ptolemäer im 5. Syrischen Krieg (202/01−195), erhob Antiochos III. Anspruch auf thrakische Gebiete, die sein ðñüãïíïò Seleukos I. im Jahr 281 erobert hatte. Der Seleukidenkönig und seine ößëïé folgten damit den Maximen hellenistischer Großmachtspolitik, provozierten jedoch mit ihrem realpolitisch gesehen höchst unklugen Übergang nach Griechenland im Oktober 192 den militärischen zusammenstoß mit Rom, dessen Interessens- und Sicherheitssphäre nach der Besiegung des Makedonen Philipps v. im Jahr 197 bis an den Hellespont reichte. Die Folgen sind bekannt: Kein halbes Jahr später wurde die kleine Streitmacht des Seleukiden von den Römern besiegt und zum Rückzug gezwungen. Im november 190 überschritten römische Truppen unter Führung des consuls l. cornelius Scipio ihrerseits die Meerenge zwischen Europa und Asien und brachten wenige Wochen später in der Schlacht bei Magnesia am Sipylos der numerisch weit überlegenen Seleukidenarmee eine vernichtende niederlage bei. Die Elitetruppe des Königs, die in der Mitte der Schlachtreihe positionierten 16.000 Phalangiten, wurde offenbar vollständig aufgerieben (liv. 37, 42, 6). Antiochos III. büßte den nimbus der Unbesiegbarkeit ein, mit der Folge, daß sich die seleukidischen Strategen von Armenien und Sophene selbständig machten. nach der Annahme der Friedensbedingungen von Apameia im Sommer 188 stellte das Seleukidenreich nur mehr eine Macht zweiten Ranges dar: Die kleinasiatischen Besitzungen gingen bis auf Ostkilikien verloren. Flotte und Heer wurden massiven Abrüstungsbestimmungen unterworfen und den Seleukiden schwere Reparationslasten auferlegt. So mußte sich die Regierung verpflichten, 12.000 Talente Silber in jährlichen Raten zu 1.000 Talenten an Rom zu zahlen. Diese finanziellen Forderungen zwangen in den nächsten Jahren zur Geldbeschaffung ‚um jeden Preis‘. Bezeichnenderweise wurde Antiochos III. schon ein Jahr nach dem Friedensschluß bei dem versuch, einen Tempelschatz in der Elymais zu konfiszieren, erschlagen. Sein Sohn und nachfolger, Seleukos Iv., sah sich gezwungen, seinen ‚Reichskanzler‘ Heliodoros mit dem Auftrag nach Jerusalem zu schicken, das im Tempel befindliche Geld für die königliche Kasse zu beschlagnahmen, was − auch wenn der versuch scheiterte − zu ersten ernsthaften Irritationen in den seleukidisch-jüdischen Beziehungen führte. 8 Doch blieb die Staatskasse trotz aller Anstrengungen weiterhin leer (I. Makk. 3, 29). Unter der Regierung Antiochos’ Iv. (175−164) erholte sich das Reich. Mit Recht hat F. Kiechle die Herrschaft dieses Königs als letzten bedeutenden Konsolidierungs6 7 8
Seleukiden S. 53. vgl. dazu zuletzt J. D. Grainger, Antiochos III in Thrace, Historia 45, 1996, S. 327−343. Auf die thrakischen Gebiete hatten ebenso die vorgänger des Antiochos III., Antiochos I., Antiochos II. und Antiochos Hierax, Anspruch erhoben: ebenda S. 330. Ehling, ‚Reichskanzler‘ S. 100. Die Beziehungen hatten sich am Anfang der Regierung noch überaus positiv gestaltet. So war der jüdische Opferdienst von seleukidischer Seite finanziell unterstützt worden: II. Makk. 3, 3.
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versuch gewertet.9 Im Jahr 173 war die letzte Schuldenrate an Rom abgezahlt und damit die Grundvoraussetzung für eine Erholung der Staatsfinanzen gegeben. Daß die Armee ihre alte Schlagkraft wiedergewonnen hatte, stellte sie in den beiden Feldzügen gegen Ägypten im 6. Syrischen Krieg eindrucksvoll unter Beweis und im Frühjahr 168 eroberte die seleukidische Flotte cypern. nur das Ultimatum des römischen Senatsgesandten c. Popilius laenas (‚Tag von Eleusis‘) hinderte Antiochos Iv. daran, ein Protektorat über Ägypten zu errichten und als vormund Ptolemaios’ vI. die Regierung zu führen. Auch cypern mußte geräumt werden.10 Der ‚Tag von Eleusis‘ machte deutlich, daß Rom nicht gewillt war, eine Dominanz des Seleukidenreiches über Ägypten zu akzeptieren. Diese Politik, die darauf ausgerichtet war, einseitigen Machtkonzentrationen bzw. der Bildung von Machtblöcken vorzubeugen, wurde die nächsten Jahrzehnte weiterverfolgt. nach Möglichkeit sollten sich die Kräfte der hellenistischen Reiche gegenseitig paralysieren, weshalb begrenzte militärische Konflikte zwischen diesen durchaus im Interesse Roms lagen.11 Sehr begünstigt wurde die Strategie der Römer durch die im hellenistischen Königsideal angelegte Rivalität, die zwischen Attaliden und Seleukiden auf der einen und Seleukiden und Ptolemäern auf der anderen Seite bestand.12 Gemäß der Devise divide et impera wurden die Könige dabei immer wieder auch geschickt gegeneinander ausgespielt. Obwohl in der Forschung die vorstellung einer ‚Mitschuld‘ Roms am niedergang der hellenistischen Monarchien bzw. des Seleukidenreiches weit verbreitet ist13 läßt sich diese im Detail gar nicht so leicht nachweisen. von E. S. Gruen wurde deshalb auch in Abrede gestellt, daß die Römer einen besonderen Anteil am Untergang des Seleukidenreiches gehabt hätten.14 zwar wird man Gruen kaum zustimmen, wenn er meint, daß Roms Absicht darin bestanden habe, nachhaltig stabile verhältnisse im nahen Osten zu schaffen und zu fördern, aber er hat doch insofern recht, als die römische Außenpolitik alles andere als konsequent und planvoll war, ob nun im konstruktiven oder im destruktiven Sinne. Der Senat wurde von sich aus eher selten aktiv, zumeist bedurfte es dafür eines Anstoßes von außen. Überwiegend reagierte er auf Anträge, Bitten oder Forderungen, die von griechischen Gesandtschaften an ihn herangetragen wurden. Ob der Senat schließlich Maßnahmen ergriff oder nicht, hing immer auch von den verhältnissen auf anderen Kriegsschauplätzen (Spanien, Afrika) und der aktuellen innenpolitischen Situation ab. nur in den 160er Jahren nahm der römische Senat mittels Gesandtschaften mehrfach direkten Einfluß auf die Geschehnisse und Entwicklungen im Osten bzw. im Seleukidenreich. nach der erwähnten Gesandtschaft des c. Popilius laenas, die den Abzug der seleukidischen Armee Ende Juli 168 aus Ägypten erzwang, trafen noch zwei Senatsgesandt9 10 11 12 13 14
vgl. seinen Aufsatz, Konsolidierung. vgl. FGrHist 260 F 49 a−b. Hölbl, Geschichte S. 133. Hölbl, Geschichte S. 130. Hopp, Attaliden S. 85. So zuletzt ausdrücklich Bringmann, Geschichte S. 291: „Am niedergang der hellenistischen Reiche trug Rom gewiß nicht die alleinige, aber doch die Hauptschuld“. Aftermath S. 73−95.
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schaften in Syrien ein: Im Herbst 166 bald nach der Pompe von Daphne und im Jahr 163 zur Kontrolle der Abrüstungsbestimmungen von Apameia (siehe oben Kap. II 1). Danach sollten fast 25 Jahre vergehen,15 bis weitere Senatsgesandte wieder in Antiocheia vorstellig wurden und zwar im Jahr 139 (siehe oben Kap. II 7). Auch sonst lassen sich römische Entscheidungen zu ungunsten der Seleukiden nur selten feststellen wie das senatus consultum für die Juden gegen Antiochos IX. vom Jahr 107 (siehe oben Kap. II 10). Sieht man von Demetrios I. ab, den Rom mit allen Mitteln auszuschalten versuchte, weil er im Jahr 162 mit seinen ößëïé gegen den erklärten Willen des Senates aus Italien geflohen war und die Regierung in Syrien übernommen hatte (siehe oben Kap. II 1), so gibt es jedenfalls kaum Belege für direkte Eingriffe. Es können demnach nicht die unmittelbaren Maßnahmen Roms gewesen sein, die den politischen niedergang und zerfall der hellenistischen Staatenwelt bzw. des Seleukidenreiches bewirkt oder befördert haben. Dennoch hat Rom diesen Prozeß in Gang gesetzt und den staatlichen niedergang maßgeblich mitverursacht, weil die Ausdehnung der römischen Interessens- und Sicherheitssphäre nach Osten das bis 197 (Besiegung Philipps v.) bzw. 188 (Frieden von Apameia) bestehende ‚natürliche‘ Gleichgewicht zwischen den großen hellenistischen Mächten, den Argeaden, Attaliden, Seleukiden und Ptolemäern aufhob. An die Stelle der bisherigen ‚balance of power‘, die freilich alles andere als stabil war, sich aber dennoch durch Krieg und Politik immer wieder neu und auf gleichsam natürliche Weise austarierte, trat ein verordnetes ‚Gleichgewicht‘ von Roms Gnaden, das die Grundsätze und Mechanismen hellenistischer Politik − insbesondere das Hegemoniestreben der Staaten − außer Kraft setzte. Dabei brauchte Rom, wie gesehen, gar nicht selbst in stärkerem Maße aktiv zu werden, um diese neue Ordnung durchzusetzen und aufrechtzuerhalten. Der ‚lange Schatten‘, den die inzwischen aufgezogenen Wolken (Pol. 5, 104, 10) der neuen Supermacht am Tiber nach Osten warfen, genügte spätestens seit dem ‚Tag von Eleusis‘, um die Politik der hellenistischen Könige ganz im römischen Sinne zu lenken. Als Folge der neuen ‚künstlichen‘ Ordnung konnten die hellenistischen Reiche ihre militärischen und politischen Kräfte nicht mehr in der ihnen eigenen Weise expansiv nach außen entfalten. Diese schlugen statt dessen nun sozusagen ins Innere zurück und lösten Spannungen aus, die im Falle der Seleukiden zu innerdynastischen Konflikten führten, welche sich phasenweise zu bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen auswuchsen und land und Bevölkerung dauernd in Mitleidenschaft zogen. Diese innerdynastischen Kämpfe bewirkten schließlich den zerfall des Seleukidenreiches. Wie ein Blick auf die Stammtafel zeigt, spaltete sich das Königshaus unter den Söhnen Antiochos’ III., Seleukos Iv. und Antiochos Iv., in zwei linien auf, die sich in den nächsten Jahrzehnten permanent bekriegten: Antiochos v. wurde von seinem vetter Demetrios I. ermordet (162); Alexander I. wiederum besiegte mit ptolemäischer Hilfe den ersten Demetrios (150). Den Sohn des Alexander I., Antiochos vI., erhob Tryphon gegen Demetrios II. (144) und Demetrios II. schließlich wurde in 15
Die Senatsgesandtschaft des Jahres 162/61 hatte Rhodos, nicht Syrien, zum ziel, siehe oben Kap. II 2.
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Tyros ermordet (125), nachdem er von Alexander II. geschlagen worden war. Während dieser innerdynastischen Auseinandersetzungen eroberten die Parther große Teil des zweistromlandes (kurz nach 148 kam Medien unter die Kontrolle des Mithradates I., 141 besetzten dessen Soldaten die Stadt Seleukeia am Tigris und 140 wurde die Susiana parthisch), die Provinz Judäa wurde unabhängig (142) und die Piraterie breitete sich im östlichen Mittelmeer immer weiter aus (verstärkt seit Mitte der 140er Jahre). Daß die Seleukiden erst in den Jahren 139/38 bzw. 131−129 den versuch unternahmen, gegen die parthische Expansion vorzugehen, macht nicht nur deutlich, wie sehr sie durch die inneren Auseinandersetzungen in Anspruch genommen waren, sondern auch, daß ihre Interessen letztlich in höherem Maße den politischen Entwicklungen im levanteraum galten. Der Blick der späten Seleukidenkönige richtete sich weit mehr nach Ägypten als nach Babylon. Unter den Söhnen des Demetrios I. teilte sich das Königshaus ein weiteres Mal auf (siehe Stammtafel): Aus der Ehe des Demetrios II. mit der Ptolemäerin Kleopatra Thea ging Antiochos vIII. und aus der Ehe des Antiochos vII. mit derselben Kleopatra Antiochos IX. hervor. Beide Brüder standen seit dem Jahr 113 in militärischen Auseinandersetzungen, die bis 98/97 fortdauerten und das Reich der Auflösung entgegentrieben. Diese Auflösungserscheinungen verstärkten sich unter deren Söhnen und nachfolgern weiter und es ist bezeichnend, daß die Söhne des achten Antiochos nicht nur gegen Antiochos X., den Sohn des neunten Antiochos, kämpften, sondern sich auch gegenseitig bekriegten. Der permanente Bürgerkrieg im Seleukidenreich ermöglichte das weitere Ausgreifen der Parther (so ging etwa Dura-Europos im Jahr 113 verloren), und Eroberungen durch lokale Kriegsherren, Araber und Juden, die immer größere Gebiete dauerhaft besetzen konnten. Schließlich war das Seleukidenhaus durch innere Kämpfe so geschwächt, daß Tigranes II. in Kilikien und Syrien einmarschieren konnte, ohne auf irgendeine Gegenwehr zu stoßen (83). Die aus heutiger Sicht sinnlos anmutenden Bruderkriege erklären sich aus dem Wesen der hellenistischen Monarchie: Da jeder Königssohn Anspruch auf Herrschaft erheben konnte, ja nach dem charismatisch-agonalen Königsideal der zeit geradezu aufgefordert war, seinen Anspruch auf Herrschaft auch gegen seine eigenen verwandten durchzusetzen, trat immer wieder die Situation ein, daß Brüder, Halbbrüder, vettern oder Söhne aus der verbindung mit einer ðÜëëáî konkurrierend um die Königsherrschaft rangen. Diese bewaffneten Auseinandersetzungen mußten auf Dauer zu einer schweren Destabilisierung der Dynastie und damit des Reiches führen. Die verfeindeten Könige und ihre ößëïé, die gezwungenermaßen fast ausschließlich mit der Erhaltung und Absicherung ihrer eigenen Machtposition beschäftigt waren, konnten letztlich ihren Aufgaben, für die Sicherheit des Reiches und die Wohlfahrt ihrer Untertanen zu sorgen, nicht mehr gerecht werden. loslösung der Städte und Unzufriedenheit der Bevölkerung, die sich in Unruhen und Aufständen gegen die Könige und ihre ößëïé äußerten, waren die Folge.16 Der Zerfall des Seleukidenreiches wurde letztlich also durch innere zwistigkeiten herbeigeführt. Wenn Poseidonios meint, daß die Römer im Jahr 64/63 Syrien 16
Ehling, Unruhen S. 320 ff.
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dank der discordia consanguineorum regum, der „zwietracht blutsverwandter Könige“ in eine Provinz umwandeln und dem römischen Reich einverleiben konnten, so trifft dies zu.17 Allerdings darf man nicht übersehen, daß der Niedergang des Seleukidenreiches durch die römische Sicherheitspolitik eingeleitet wurde, da die Könige nach dem Frieden von Apameia nicht mehr in der ihnen gewohnten, auf Eroberung gerichteten Weise agieren konnten. Daraus entwickelten sich Spannungen, die sich in den oben beschriebenen innerdynastischen Konflikten gleichsam stellvertretend entluden. Die innerdynastischen Kämpfe, die die seleukidische Geschichte der Jahre nach 164 wesentlich bestimmt haben, sind daher auch eine Folge der restriktiven Politik Roms gegenüber den hellenistischen Monarchien bzw. dem Seleukidenreich gewesen.
17
nach Iust. 40, 2, 5. zur Abhängigkeit dieser Stelle von Poseidonios siehe oben Kap. I 1, 2.
BEnUTzTE QUEllEnAUSGABEn UnD ÜBERSETzUnGEn
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lITERATUR- UnD ABKÜRzUnGSvERzEIcHnIS Es sind nur solche Titel angegeben, die in der Regel mehr als drei Mal zitiert werden bzw. für den Hintergrund durchweg zu vergleichen sind. Weitere literatur zu den einzelnen Problemen findet sich jeweils an ihrem Ort. AJn = American Journal of numismatics. Altheim/Stiehl, Araber = F. Altheim/R. Stiehl, Die Araber in der alten Welt, 1. Band: Bis zum Beginn der Kaiserzeit, Berlin 1964. AnSMn = The American numismatic Society. Museum notes. AnSnnM = The American numismatic Society. numismatic notes and Monographs. Aperghis, Economy = G. G. Aperghis, The Seleukid Royal Economy. The Finances and Financial Administration of the Seleukid Empire, cambridge 2004. Astin, Scipio = A. E. Astin, Scipio Aemilianus, Oxford 1967. Austin, Hellenistic world = M. M. Austin, The Hellenistic world from Alexander to the Roman conquest, cambridge 1981. Ders., Krieg und Kultur = M. M. Austin, Krieg und Kultur im Seleukidenreich, in: K. Brodersen (Hg.), zwischen West und Ost. Studien zur Geschichte des Seleukidenreichs, Hamburg 1999, S. 129−165. Babelon, Rois = E. Babelon, les rois de Syrie, d`Arménie et de commagène, Paris 1890. Baldus, Bronzemünzen = H. R. Baldus, zu den phönizischen Bronzemünzen des Tryphon aus Askalon, SM 13/14, 1964, S. 145−147. Ders., Helm = H. R. Baldus, Der Helm des Tryphon und die seleukidische chronologie der Jahre 146−138 v. chr., JnG 20, 1970, S. 217−239. Ders., Syria = H. R. Baldus, Syria, in: A. M. Burnett/M. H. crawford, The coinage of the Roman World in the late Republic. Proceedings of a colloquium held at the British Museum in September 1985 (BAR International Series 326), Oxford 1987, S. 121−151. Baltrusch, Juden = E. Baltrusch, Die Juden und das Römische Reich. Geschichte einer konfliktreichen Beziehung, Darmstadt 2002. Ders., caesar = E. Baltrusch, caesar und Pompeius, Darmstadt 2004. Baltrusch/Schuol, Meer = E. Baltrusch/M. Schuol, Die Juden und das Meer in der Antike, in: Mediterraneo Antico 4, Pisa/Rom 2001, S. 103−126. Bar-Kochva, Army = B. Bar-Kochva, The Seleucid Army. Organization and Tactics in the Great campaigns, cambridge 1979². Bellinger, Bronze coins = A. R. Bellinger, The Bronze coins of Timarchus, 162−0 B. c., AnSMn 1, 1945, S. 37−44. Ders., End = A. R. Bellinger, The End of the Seleucids, in: Transactions of the connecticut Academy of Arts and Sciences 38, new Haven 1949, S. 51−102. Ders., notes = A. R. Bellinger, notes on Some coins from Antioch in Syria, AnSMn 5, 1952, S. 53−63. Bemmann, Füllhörner = K. Bemmann, Füllhörner in klassischer und hellenistischer zeit, Frankfurt am Main/Berlin/Bern/new York/Paris/Wien 1994. Bengtson, Strategie II = H. Bengtson, Die Strategie in der hellenistischen zeit. Ein Beitrag zum antiken Staatsrecht, Band II (Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte 32), München 1964².
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ABBIlDUnGSvERzEIcHnIS Falttafel Stammbaum (Tasche 3. Umschlagseite): Entwurf Kay Ehling, zeichnung prograph gmbh (München). Faltkarte „Die hellenistische Welt“ (Tasche 3. Umschlagseite): aus cAH vII (1928) vor S. 155.
REGISTER
Achaios: 206 f. Acilius, M. Glabrio: 269 Adana: 266 Aemilius, M. Scaurus: 273, 276 Aeropos: 212 Ämter (städtische): 72−74 Ärzte: 33, 38, 64, 179 Afranius, l.: 271 f. Aigeai: 36 Ailian: 42 Akkulturation: 108 f. Akra von Jerusalem: 117, 132 f., 136, 149 f., 164, 174 f., 177, 193, Akrophylax: 64, 248 Alexander I.: 18, 23 f., 26, 31, 33 f., 38, 46, 50, 52, 57, 60 f., 76, 87 f., 92 f., 96 f., 98, 100, 102 f., 105, 130, 138 f., 142, 145−163, 166 f., 171, 209, 282 Alexander II.: 16, 18, 21 f., 24, 26, 33 f., 41, 43 f., 47, 67, 82, 87, 92 f., 96 f., 100, 105, 206−214, 283 Alexander der Gr.: 18, 36, 41, 50, 56, 86 f., 156, 203, 205, 209, 211, 277 Alexander Jannaios: 22, 228, 244, 248 f. Alexandra: 255 Alexandreia: 154, 156, 273 Alexandreia kat’ Isson: 266 f. Alkimos: 56, 58, 116 f., 130−132, 135, 137 f. Ammonios: 33, 61, 63, 155, 158, 161 f. Anazarbos: 36 Andriskos: 143 Anonymer verfasser des I. Makkabäerbuches: 49 f., 53−58, 60, 62, 134, 136 f., 145, 149−151, 154, 158 f., 161−165, 170−179, 185−188 f., 190 f., 193 f., 280 Antigonos (nauarch Alexanders I.): 66, 149 Antigonos (Sohn Demetrios’ I.): 155 Antiocheia, Antiochener: 17, 19, 21, 24, 33−36, 45 f., 48 f., 61, 68, 70, 76, 82, 84 f., 101, 113, 122, 131, 135, 137, 141, 146, 148 f., 153, 158 f., 162 f., 165, 174, 176, 178, 183, 190, 200, 209, 213 f., 219 f., 222−224, 233, 235 f., 238−240, 242 f., 245 f., 249, 251, 256 f., 261 f., 272 f., 275, 279 Antiochis: 146
Antiochos I.: 41 f., 50, 77, 92, 279 Antiochos II.: 26, 77, 94, 105, 125 Antiochos III.: 26, 41 f., 49 f., 62 f., 65, 67, 72, 102, 120, 127, 198 f., 259 f., 279 f., 282 Antiochos Iv.: 13 f., 18, 21, 23, 25 f., 31, 33, 35, 37, 42−44, 46, 49, 52, 54−58, 61, 63, 69 f., 74 f., 80−82, 86−89, 92 f., 97 f., 100, 102, 105, 111 f., 114, 116, 118 f., 125, 129−131, 146 f., 152 f., 156, 162, 167, 187, 200, 203, 221 f., 280, 282 Antiochos v.: 13, 26, 41, 55, 66, 68, 76, 82, 92 f., 112 f., 115−117, 120, 123 f., 129 f., 138, 140, 200, 282 Antiochos vI.: 14 f., 18, 21, 24−26, 33 f., 57, 85, 88, 92−94, 105, 166−172, 174, 178−181, 198, 206, 209, 215, 260, 282 Antiochos vII.: 15 f., 21, 26, 30, 34, 42−44, 49 f., 52 f., 57, 61, 67 f., 77 f., 100 f., 105, 116, 123, 151, 153, 177, 182, 184−205, 208 f., 212, 215, 217, 225, 283 Antiochos vIII.: 16 f., 21 f., 24, 26, 32 f., 44, 50 f., 63, 67, 69 f., 77−80, 88 f., 92 f., 95−97, 100 f., 105, 201, 213−215, 217−228, 230−234, 237, 239, 246 f., 279, 283 Antiochos IX.: 16 f., 22, 24, 26, 32, 44, 46−48, 50 f., 67, 70, 78 f., 80, 92, 95, 97, 100 f., 105, 207, 215, 217−228, 230, 234 f., 239, 275, 282 Antiochos X.: 24, 26, 44, 97, 235−239, 241 f., 250, 283 Antiochos XI.: 26, 88 f., 237−239 Antiochos XII.: 23 f., 26, 100, 107, 109, 246−248 Antiochos XIII.: 16, 23 f., 26, 34, 41, 51, 53 f., 87, 243, 250, 253−258, 260 f., 263, 271 f. Antiochos Antiochou Epiphanes: 26, 200 f. Antiochos, kleiner: 88 f. Antiochos Philometor: 23 f., 26, 53 f., 88 f., 242 f., 253−255 Antipatros (Feldherr Alexanders II.): 212 Antipatros (jüdischer Gesandter): 173 Antonius, Marc: 229 Apame: 47, 153 Apameia: 15, 20, 32 f., 35−37, 77, 124, 158, 166, 180, 191, 210, 221, 260, 275
302
Register
Apollon: 91 f., 93, 274 Apollonios (Freund Demetrios’ I.): 31, 66, 122 Apollonios (Mysarch): 56, 66 Apollonios (ptolemäischer Offizier): 16 Apollonios (Stratege und Hegemon): 60, 159 f. Appian: 17, 40 f., 42 f., 48, 87, 98, 121, 124 f., 140, 144 f., 179, 188, 191, 204, 236 f., 241, 250−252, 256 f., 264−266, 271, 274, 276 Araber: 26, 163, 166, 241, 247, 259 f., 271−273, 275 f., 279, 283 Arados: 34, 37, 158, 170, 191 Archias: 142, 145 Aretas III.: 23, 248 f., 255, 260, 276 Arethusa: 260 Argos, argivisch: 35 f., 45, 91 Ariarathes Iv.: 31 Ariarathes v.: 20, 139 f., 141 f., 145 Ariobarzanes I.: 274 f. Aristobulos II.: 226, 259 Artaxias von Armenien: 127 Askalon: 171, 174, 210, 218 Aspendos: 22, 44, 218 f., 222 Asyl, Asylie: 16, 24, 102 f., 104, 183, 189, 211, 220, 222, 225 f., 230, 240, 251 Atargatis: 25, 106 f., 109, 240, 247 Athen: 19, 67 f., 69 f., 234, 265 Athena Magarsia: 25, 104, 107, 170 Athenaios (Historiker): 31 f., 34, 37 f., 157 f., 216 Athenaios (Quartiermeister Antiochos’ vII.): 204 Athenobios: 193 Attaliden, attalidisch: 25, 69, 144, 281 f. Attalos II.: 20, 141, 144 f., 146 f. Attalos III.: 221 Autonomie: 222 f., 225, 274 Azizos: 245, 261 f. Azotes (=Asdod): 160 f., 194, 259 Babylon, Babylonien: 21, 53, 63, 76 f., 98, 124, 127, 182, 202 f., 204 Bagadates: 41, 252, 256, 261 Baitokaike: 77 f., 216 Bakchides: 23, 131, 135 f., 137 f., 149, 151 Bakchios: 256 Barttracht: 206 f., 236, 238 Berrhoia; 245, 259 Berytos: 20, 25, 37, 83, 102, 156, 170 Bet-zur: 114 f., 117, 136, 138, 149, 172, 177, 193, 199 Bevölkerung: 16, 21 f., 24 f., 34, 90, 98, 103,
108, 112, 119, 121 f., 128, 138, 142, 148, 153, 163, 165, 174, 176, 183−185, 188, 204 f., 208, 212, 214, 237, 239 f., 247, 249 f., 252, 257, 261 f. Bithys: 63 Brittane: 22, 48, 228, 230 Byblos: 20, 25, 37, 81, 258, 275 caesar: 264 cassius Dio: 42, 264 chalkis: 166, 260 f. charax: 42 charisma: 25, 129 cicero: 53 f., 243, 253 f., 264, 269 cypern: 70, 142 f., 144, 181, 218−220, 223, 229, 239, 281 Damaskos: 25, 37, 47, 84, 101, 106 f., 109, 171, 210 f., 218, 232, 239−242, 246−249, 259 f., 274−276 Daphne: 35−37, 45, 216, 220, 256, 274, 282 Deiotaros: 269 Delos: 19, 22, 68−70, 218 Demetrios I.: 14, 18, 23 f., 26, 30−33, 43, 47, 49 f., 53, 57, 61, 63, 70, 76−78, 83, 87−89, 93, 96, 98, 103 f., 119, 122−124, 126, 128, 130−132, 134, 137−153, 155, 159, 162, 209, 222, 282 f. Demetrios II.: 15, 18, 21, 24, 26, 33 f., 43 f., 47, 50, 52 f., 57, 60, 67, 70, 76, 78, 85, 87, 92−94, 96, 98, 100, 102, 105 f., 124, 147, 151, 159 f., 162−166, 170, 172 f., 174, 176−185, 194, 201, 203, 205−215, 223, 225, 236, 240, 257, 282 f. Demetrios III.: 22−24, 26, 61, 106, 109, 232, 234, 239−247 Demetrios (Archon): 259 Demetrios (aus Gadara): 272 Diodor (Historiker): 32−34, 124 f., 126, 141, 158 f., 163, 167, 178 f. 181, 188, 203, 212, 221 f., 260 f. Diodoros (Freund Demetrios’ I.): 31, 122 f. Diogenes: 33, 157 f. Dionysios (Kanzleichef): 63 Dionysios (Satrap): 67, 169 Dionysios (Tyrann): 233, 275 Dora: 42, 49, 190 f., 192 Dorea: 77 f. Dura-Europos: 202, 283 Ekbatana: 21, 126, 204
Register Elephant: 36, 76, 114 f., 121, 131 f., 152, 163, 166, 168 Elephantenexuvie: 87, 128, 183, 211 Eleutheros: 35, 161 f., 174 Eparcheia strategike: 250 Epikrates: 227 Epiphaneia: 266 f. Epistates: 63 f., 73 f., 103 f., 211 Epitheta: 78 f., 88, 90, 97−99, 113, 128 f., 156, 163, 167 f., 180, 184, 189, 200, 203, 206, 209 f., 212, 214 f., 217, 225, 232−234, 236, 240, 243, 247, 249, 262 Eumenes II.: 144 Eupolemos: 134 Eutrop: 53, 230 Festus: 53 Frieden von Apameia: 26, 52, 120 f., 144, 229, 280, 282, 284 Frontin: 53, 191 Gabinius, Aulus: 245, 272 Gadara: 259, 275 Galaistes: 152 Gaza: 226, 276 Generalstatthalter: 14, 29, 63, 124, 129, 182 Geron: Götterattribute: 85, 87 f., 90, 128, 130, 168, 183, 192, 235 f., 257 Geron: Gracchus, Tiberius Sempronius: 120, 123, 139, 148, Granius licinianus: 54 Hadad: 107, 246 f. Hasmonäer: 13, 20, 171, 186 Heeresversammlung: 124 Hegemonides: 66 Heliodor: 55 f., 58, 63, 66 f., 69, 280 Herakleides: 125, 129, 147 f. Herakleon: 231, 23 Hermias: 72, 261 f. Herrscherkult: 65 Hiera kai Asylos, siehe Asyl, Asylie Hierapolis Kastabala: 274 f. Hierax: 158, 162 Himeros: 204 Hyknapses: 130 Hyrkan I.: 16, 187 f., 194 f., 197, 199, 201, 208, 212, 226 f. Idumäa: 175, 259
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Imitatio Alexandri: 18, 20 f., 86 f., 156, 183, 209, 211, 258, 277 Imperium: 269 Indates: 202 Indigen: 19, 25, 80 f. Inschriften: 62−80, 163, 167, 185, 210, 218, 222−225, 229 f., 234, 250 f., 261 f., 276 Io: 45, 236 Isis und/oder Sarapis: 16, 46, 90, 95 f., 189, 230, 251 Ituräer: 275 Iustin: 15, 31, 47, 50 f., 67, 82, 101, 140−142, 152, 163, 166, 178 f., 194, 201 f., 204 f., 208−214, 219−221, 250 f. Jason (jüdischer Gesandter): 134 Jason von Kyrene (Historiker): 29, 31, 50, 54 f., 58 Jerusalem: 21, 24, 34, 44, 64, 72, 101, 113 f., 115, 131 f., 135, 150, 174−177, 186 f., 193−199, 208 Johannes Antiochenus: 46 Johannes Hyrkan I., siehe Hyrkan I. Jonathan: 21, 56 f., 60, 136 f., 138, 149, 154 f., 158, 160 f., 164, 170−176 Joppe: 161, 174 f., 193, 199, 227, 248, 276 Josephus: 15, 19, 30 f., 47, 50, 54, 58 f., 60−62, 72, 124, 136 f., 145, 149−152, 154, 159, 161−165, 171−179, 185, 188, 190, 195−197, 202, 208 f., 211, 214, 221, 227 f., 231−235, 237, 239, 241, 245, 248 f., 253, 255, 259 f., 271 Judas Makkabaios: 55 f., 114, 130 f., 133, 135 f. Juden, Judäa: 14, 17, 20, 23, 25, 29, 55 f., 72, 101, 130 f., 135 f., 138, 144, 149, 151, 158, 164 f., 172−177, 186, 192 f., 208, 226, 228, 244, 247−249, 255, 272 f., 276, 279, 282 f. Judenfeindlichkeit: 118, 174 f., 198 Kallimander: 227 Kamniskires I.: 183 Kendebaios: 193 Kilikien: 16, 21−23, 35, 46, 52, 71 f., 75, 119, 146 f., 159 f., 162 f., 168, 185, 187, 205, 218, 228−230, 234, 237, 250−252, 256, 261 f., 266, 268 f., 272, 274−276, 283 Kinyras: 37, 258, 275 Kleomenes: 182 Kleopatra III.: 227 f. Kleopatra Iv.: 26, 219 f., 221, 224, 228
304
Register
Kleopatra v.: 23 f., 26, 88 f., 228, 234, 237, 242 f., 253, 255, Kleopatra Thea: 16, 21 f., 26, 44, 47, 51, 61, 64, 67, 78, 88 f., 90, 92, 96, 100, 154 f., 161 f., 163, 166 f., 188 f., 200 f., 210, 212−215, 231, 256, 283 Kleopatra Tryphaina: 24, 26, 51, 213, 220 f., 230, 239 f., 246 Klonios: 212 Koilesyrien: 22, 26, 35, 37, 101, 154, 161, 163 f., 171, 185, 192, 205, 210, 225, 228, 239, 241, 247−249, 255, 259, 273 f., 276 Krates: , Krateros: , Kreta: 94, 114, 159, 181 Krieg der Szepter: 16, 228 Kyrrhestike: 35 Kyzikos: 218 laodike (Frau Seleukos’ Iv. und Antiochos’ Iv.): 88 f. laodike (Schwestergemahlin Demetrios’ I.): 88 f., 139, 155 laodike (Schwester ? Alexanders I.): 147 laodike (Tochter der Kleopatra Thea): 215 laodike (Tochter der Kleopatra Thea): 215 laodike Thea Philadelphos: 22, 230 laodike (Königin der Samenoi): 241, 260 laodikeia: 33, 35 f., 48, 69, 77, 121, 158, 168, 209 f., 212, 222, 225, 274 lasthenes: 57, 66, 159, 181 leptines: 121 libanios: 44−46, 48 f., 87 literarische Quellen: 29−62 livius: 19, 31, 41 f., 52 f., 54, 155, 166, 178 f., 229, 266, 280 lucullus: 16, 23, 39, 42, 251, 255−257, 267, 269, 272 lysias (Reichskanzler): 20, 112−117, 121, 124, 130, 138 lysias (Satrap): 64 lysias (Tyrann): 258 Magnesia am Sipylos: 280 Makkabäerbücher, siehe anonymer verfasser des I. Makkabäerbuches und Jason von Kyrene Makkabäeraufstand: 138 f., 142 Malalas: 45, 47−49, 228 Mallos: 36, 84, 104, 107, 169 f., 194, 210, 266 f. Marathos: 34, 158
Marcius Q. Rex: 262, 269 Marktgewicht(e): 242 Mattathias: 56, 136 Medien: 21, 63, 76, 124, 126 f., 182 f., 202, 204, 283 Meleagros: 31, 66, 122, 116 f., 118 Menelaos: 58, 116 f., 118 Menedemos: 63 Menestheos: 31, 66, 122 Menochares: 63, 139 f., 141 Mesopotamien: 37, 127, 187, 202, 245, 252 f. Milesios: 248 Milet: 14, 19, 66, 92, 122, 125 f., 129, 149 Militärwesen: 26, 32, 114 f., 120, 133, 135 f., 145, 152, 190, 194, 197, 202−204, 212, 244, 248, 280 f. Miltiades: 141 Mithradates I. (Parther): 21, 53, 76, 182, 185, 249, 283 Mithradates I. (König von Kommagene): 22, 230 Mithradates II.: 23, 245 f. Mithradates vI.: 23, 38 f., 41 f., 51, 54, 251, 255 f., 268, 270, 276 f. Mithradates Sinnakes: 245 Mithras: 268 Molon: 127, 129 Mopsuhestia: 16, 22, 230, 237, 251, 266 f. Münzen: 17, 19, 25, 75, 80 f., 82 (Quellenwert), 82−85 (nominale, Münzstätten), 85−90 (Porträts), 90−97 (Typen), 97−99 (Beinamen), 99−101 (Jahresdaten), 101−104 (städtische Prägungen), 104−109 (indigene Götter), 124, 128 f., 152 f., 155 f., 158 f., 161 f., 164, 168, 170, 178 f., 181, 183 f., 186−188, 191 f., 194, 196, 200 f., 203−207, 209−211, 213−215, 217−220, 223, 225, 232−236, 238−243, 245−252, 255, 257, 262 nabatäer: 26, 70, 247−249, 255, 276 nikanor (cypriotischer Söldnerführer): 66 nikanor (Freund Demetrios’ I. und Stratege von Judäa): 15, 20, 31, 55 f., 131 f., 133, 135, 151 numenios: 173 Obsequens, Iulius: 53, 229 Olba: 19, 71, 146, 250, 261 f., 271 Orophernes: 31, 140 f., 142, 144 Orosius: 53, 179, 202 Orthosia: 37, 275
Register
Palamedes: 169, 171 Pamphylien: 218, 230, 363 Paphos: 19, 79, 163, 223 Papirius carbo: 69, 218 Parther, Partherkriege, parthisch: 15−17, 21, 23 f., 34, 44, 52 f., 61, 67 f., 76, 85, 178, 182−186, 200−205, 207 f., 241, 245 f., 253, 272 f., 279, 283 Parthyne: 32 Pella: 259 Perseus: 257 Pharnakes I.: 140 Philipp I.: 22 f., 24, 26, 44, 61, 72, 88 f., 237−239, 241, 243, 245−250, 262 Philipp II.: 23 f., 26, 72, 250, 262−263, 271 Philipp v.: 280, 282 Philippos (Epistates): 63 f., 66 Philippos (Milchbruder Antiochos’ Iv.): 20, 63, 101 f., 116, 119 Philos, Philoi: 15, 18 f., 22, 26, 31, 33, 38, 63 f., 76, 119, 122, 125, 129, 131, 139, 149, 154 f., 164, 170, 174, 176, 180, 185, 191, 198, 222, 235, 237, 254, 270, 280, 282 f. Philosophen: 37, 157 Phönikien, phönikisch: 21 f., 24, 26, 35, 52, 69, 101 f., 107, 118, 123, 142, 154, 156, 164, 171, 178, 180, 185, 187, 192, 210, 218, 230, 249, 255, 258 f., 269 f., 272−274 Phraates II.: 44, 185, 201, 203 f. Piraten, Piraterie: 21, 23, 26, 38 f., 41 f., 51 f., 54, 169, 228−230, 263−268, 272 f., 276 Plutarch: 38 f., 40, 252 f., 255, 263−266, 268 f., 271, 276 Politeuma: 118 Polybios: 19, 24, 30−32, 34, 37 f., 41, 47, 49 f., 52 f., 60−62, 82, 119−123, 126 f., 140−142, 144, 147 f., 152, 282 Pompeianische Ära: 267, 275 f. Pompeiupolis, siehe Soloi Pompeius: 16, 23, 32, 38 f., 41 f., 50, 53 f., 252, 264−277, 279 Pompeiupolis, siehe Soloi Popilius, c. laenas: 281 Porphyrios: 21, 43 f., 178, 185 f., 195, 201, 205, 208−211, 214, 217, 231, 233−235, 237, 239, 241 Porträt: 18, 85 f., 127, 130, 155 f., 168, 201, 211, 213 f., 235 f., 238, 242, 251, 257 f. Poseidonios: 17, 19, 24, 27, 31−34, 37−42, 50−53, 60−62, 158, 214, 216, 220−222
305
Priene: 70 Progonos, progonoi: 26, 221, 235, 258, 280 Protarchos: 113 Ptolemäer, ptolemäisch: 17, 23 f., 25, 41, 69, 72, 83, 90, 96 f., 101 f., 138, 142, 155, 161, 163, 180 f., 218−220, 226, 239 f., 246 f., 253, 255, 263, 273, 279 f., 282 Ptolemaios III.: 192 Ptolemaios v.: 192 Ptolemaios vI.: 57, 70, 102, 119, 123, 152, 154 f., 160−164, 170 Ptolemaios vIII.: 16, 20, 24, 145, 147, 192, 208, 212 f. Ptolemaios IX.: 16, 24, 51, 61, 219 f., 226−228, 234, 239 f., 251 Ptolemaios X.: 22, 79 f., 220, 223 f., 227 Ptolemaios XII.: 273 Ptolemaios von Kommagene: 127 Ptolemaios (Stratege): 194, 196 Ptolemaios (Sohn des Mennaios): 249, 259, 275 Ptolemaïs: 20, 23 f., 37, 42, 61, 78, 83−85, 101, 118, 148 f., 150, 154−156, 158, 161, 164, 171, 174 f., 178 f., 191, 210 f., 212, 214 f., 218, 228, 242, 253, 255 f., 275 Pyramos: 274 f. Rangklassen, Titelwesen: 56, 63−65, 72, 149 f., 159 f., 170 f., 176, 250, 261 Reichskanzler (allgemein): 18, 20, 63, 155, 159 Religionsfriede: 113 f., 117 Religionsverbot: 13 f., 20, 46, 81, 113 f., 117, 133 Rhodogune: 185, 188, 205 Rhodos: 32, 70, 123, 140, 144, 186, 188, 265 Rom, Römer: 20, 22 f., 26 f., 134 f., 139−142, 143, 145, 147, 152, 163, 181, 218, 227, 230, 243, 253, 256, 260, 262, 266, 268, 270, 272−274, 276 f., 279−281, 284 Sabbatjahr: 115, 197 Samaria: 132 f., 164, 174, 226 f., 259 Samenoi: 241, 260 Sampsigeramos: 260 f., 271 Sabbatjahr: 115, 197 Sandan: 19, 49, 83 f., 105 f., 107, 170 Sarapis, siehe Isis Sarpedon: 169, 171 Scaurus, M.: 271 Scipio, Aemilianus Africanus: 181 Seeräuber, siehe Piraten
306
Register
Seleukeia am Kalykadnos: 71, 85, 229, 231, 233 f. Seleukeia in Pierien: 20, 22, 33, 36, 48, 72 f., 77, 79, 84, 119, 142, 152, 158 f., 161, 166, 176, 188 f., 210, 214, 217 f., 222 f., 225, 233, 239 f., 242, 252, 274 Seleukeia am Tigris: 20 f., 35, 76, 84, 128, 182−185, 283 Seleukidenära, -daten: 19 f., 56, 76, 99 f., 102, 152 f., 164, 178, 188, 196, 209−212, 215, 218−220, 223, 225, 231 f., 243, 255, 275 f. Seleukis: 35, 37, 77, 135, 279 Seleukos I.: 18, 26, 35 f., 41, 45, 48, 71, 73, 87, 91 f., 94, 206, 236, 279 Seleukos II.: 35, 206 Seleukos Iv.: 33, 41, 55, 57, 63 f., 67, 73, 93, 119, 280 Seleukos v.: 26, 47, 213, 215 Seleukos vI.: 18, 22, 24, 26, 41, 46, 69 f., 85, 87, 97, 105, 229, 233−235, 237, 239, 257 Seleukos Kybiosaktes: 26, 243, 271 Seleukos (Sohn Antiochos’ vII.): 204 Senat: 20, 23, 57, 80, 120, 123, 125 f., 134 f., 140, 143, 147, 181, 227 f., 243, 254, 272, 281 f. Senatsgesandtschaft(en): 49, 120 f., 123, 139 f., 181 f., 281 f. Servilius, P. vatia: S. 263 Side: 184 f. Sidon: 19, 49, 83 f., 101 f., 148, 152, 156, 159, 165, 168, 210, 214 f., 218, 222, 274 Silas: 258, 275 Simon: 132, 160, 171 f., 174−177, 183, 185, 187, 190, 193 f., 195, Söldner: 46, 94, 114, 123, 140 f., 177, 181, 235 Soloi: 84, 250, 267 Sosistratos: Sparta, Spartaner: 57 f., 173 Städte, Stadtgründungen (allgemein): 70 f., 75 f., 118 f., 158 f., 187 f., 210, 230, 252, 256, 274, 279 Steuern: 151, 174, 176 f., 274 Strabon: 32−37, 40, 71, 73, 158, 191, 233, 252, 258, 266 Straton: 233, 245, 259
Stratons-Turm: 259, 276 Sulla: 16, 251 Susiana, Susa: 21, 85, 130, 203, 283 Syngenes, Syngeneis: 63, 139, 171, 254, 270 Synkellos: 49, 190 f. Syrien, Provinz Syria: 16, 23, 26, 35, 41 f., 45, 52 f., 101, 120, 122, 141, 147 f., 162 f., 176, 178, 181, 185, 187, 189 f., 192, 205, 208, 212, 217−219, 224 f., 228, 239, 245, 249−251, 253, 255 f., 259, 270−274, 276, 279, 283 Tarkondimotos I.: 267, 274 f. Tarsos: 17, 25, 36, 74, 84 f., 105−107, 169 f., 194, 210, 235, 238 Teos: 19, 62, 71, 84, 103, 163 Theophanes: 39 f., 268, 270 Tigranes II.: 16, 23, 27, 38, 41 f., 49 f., 51 f., 54, 101, 241, 246, 249−251, 254−256, 269, 270−275, 277, 279, 383 Tigranokerta: 252, 256, 267 Timarchos: 14, 20, 23, 29 f., 63, 94, 96 f., 98, 124−130, 126, 137, 147, 183 Titelwesen, siehe Rangklassen Tripolis: 20, 37, 123 f., 222 f., 225, 227, 258, 274 f. Tryphon: 14 f., 18, 21, 24, 26, 34, 41 f., 43, 49, 51 f., 57, 87, 94, 158, 162, 165−170, 172, 174 f., 176, 178−184, 186, 188, 190 f., 192 f., 282 Tyrannen: 23, 37, 228, 233 f., 245, 249, 258, 260, 273, 275, 277 Tyros: 19, 24, 36, 47, 83 f., 101 f., 103, 152, 156, 168, 171 f., 183, 210 f., 222, 274, 283 Urtukiden: 202 verres, Gaius: 254 f. zarbienos: 256 zenas: 250 zenophanes: 16, 262 zeugma: 127 zeus Uranios: 215 zonaras: 49
Stammtafel: Die späten Seleukiden und ihre dynastischen Verbindungen Antiochos III. (223/22±187) ss 1. Laodike (Tochter des Mithradates II. von Pontos) ss 2. Euboia von Chalkis
Antiochos (² 192)
Seleukos IV.
Ardys
Philopator
Antiochos IV.
Theos Epiphanes Nikephoros
(187±175) ss Laodike
ss
1. Laodike ss
Soter
(162±150) Perseus von Makedonien ss 1. Laodike (Witwe des Perseus, 2. Ehe) ss ignota ? Andriskos
ss
(138 ±129)
(145 ±138 / 129 ±125)
Kleopatra
Thea Eueteria
Theos Philadelphos Nikator
(Tochter des Ptolemaios VI., 3. Ehe)
ss
Antiochos V. Eupator
(164 ±162)
Laodike (* 136, ² vor 129)
Antiochos
Epiphanes
(131±130/29)
Seleukos (gerät 129 in parthische Gefangenschaft)
ss
Pharnakes I. von Pontos
Seleukos V. (125)
1. Kleopatra IV. (von ihrem Bruder Ptolemaios IX. Soter II. geschieden)
Thea Eueteria
(Tochter des Ptolemaios VI., 1. Ehe) (125 ±121) Ansippung fiktiv
Tochter ignota ss Phraates II. von Parthien
Alexander II.
(144 ±141)
(128 ±123)
Theos Epiphanes Nikephoros
Epiphanes Philometor Kallinikos
1. Kleopatra Tryphaina (Tochter des Ptolemaios VIII.) (124/23 ± 111) um 104 2. Kleopatra V. (1. Ehe)
ss
Selene
Seleukos VI.
Epiphanes Nikator
(98/97±94?)
(97/96 ± 93/92) Selene
Antiochos XIII.
(92)
(69/67±64)
Philometor Euergetes Kallinikos / Theos Philopator Soter
(98/97± 88)
Antiochos XI.
Philipp I.
Antiochos XII.
Laodike
(94/93?)
(94?± 83?)
(87?± 84/83)
ss
Epiphanes Philadelphos
Epiphanes Philadelphos
ignota
Philipp II.
(92) Antiochos
Demetrios III.
ss
Kleopatra V. (3. Ehe, ² 69)
Philoromaios
? Seleukos
Kybiosaktes
ignota (ptolemäische Prinzessin ?)
(125 ± 98/97)
3. Kleopatra V. (2. Ehe)
Eusebes Philopator
ss
Antiochos VIII.
ss
Antiochos X.
Philadelphos
Antiochos VI.
(Theos?) Epiphanes Dionysos
2. Rhodogune (Tochter des Mithradates I. von Parthien)
2. Brittane (Tochter des Mithradates II. von Parthien)
?
Philometor
1. Laodike (Tochter des Antiochos IV.)
2. Kleopatra
ss
Antigonos (² 150)
Selene
ss
(150 ±145) ?
?
ss
Laodike (Königin der arabischen Samenoi)
ss
(113 ± 97/96)
ss
Theopator Euergetes
Thea Eueteria
Philopator (Euergetes Kallinikos?)
ss
Alexander I.
1. Kleopatra
Antiochos IX.
Demetrios von Baktrien
?
Nysa
(Tochter des Ptolemaios VI., 2. Ehe) Laodike (* 137?, ² 136?)
ss
3. ignota
ss
Demetrios II.
Megas Euergetes (Soter Megistos?)
Laodike
Ariarathes IV. von Kappadokien
2. ignota
Antiochos VII.
ss
ss
sog. kleiner Antiochos (² 170)
Demetrios I.
Laodike
2. Antiochis (pllaj) ?
ss
Antiochis
(175 ±164) ss
Laodike
Laodike
(67± 65) (² 53)
Dionysos Ephiphanes Philopator Kallinikos
Mithradates I. von Kommagene
HISTORIA-EINZELSCHRIFTEN
Herausgegeben von Kai Brodersen, Mortimer Chambers, Martin Jehne, François Paschoud und Aloys Winterling 132. Gary Forsythe: Livy and Early Rome. A Study in Historical Method and Judgment. 1999. 147 S., kt. 7495-7 133. Dirk Henning: Periclitans res publica. Kaisertum und Eliten in der Krise des Weströmischen Reiches 454/5–493 n.Chr. 1999. 362 S., kt. 7485-8 134. Hartwin Brandt (Hg.): Gedeutete Realität. Krisen, Wirklichkeiten, Interpretationen (3.–6. Jh. n. Chr.). 1999. 151 S., kt. 7519-0 135. Richard W. Burgess: Studies in Eusebian and Post-Eusebian Chronography. 1. The Chronici canones of Eusebius of Caesarea: Structure, Content, and Chronology, AD 282–325. 2. The Continuatio Antiochiensis Eusebii: A Chronicle of Antioch and the Roman Near East during the Reigns of Constantine and Constantius II, AD 325–350. 1999. 358 S., kt. 7530-5 136. Christoph R. Hatscher: Charisma und res publica. Max Webers Herrschaftssoziologie und die Römische Republik. 2000. 263 S., kt. 7523-7 137. Boris Dreyer: Untersuchungen zur Geschichte des spätklassischen Athen 323–ca. 230 v. Chr. 1999. 487 S., kt. 7531-2 138. Pernille Flensted-Jensen (ed.): Further Studies in the Ancient Greek Polis. 2000. 256 S., kt. 7607-4 139. Stanis`aw Mrozek: Faenus. Studien zu Zinsproblemen zur Zeit des Prinzipats. 2001. 124 S., kt. 7617-3 140. Maria H. Dettenhofer: Herrschaft und Widerstand im augusteischen Principat. 2000. 234 S., kt. 7639-5 141. Bernhard Linke / Michael Stemmler (Hg.): Mos maiorum. Untersuchungen zu den Formen der Identitätsstiftung und Stabilisierung in der römischen Republik. 2000. VII, 319 S., kt. 7660-9 142. Loren J. Samons II: Empire of the Owl. Athenian Imperial Finance. 2000. 358 S., kt. 7664-7 143. Gregor Weber: Kaiser, Träume und Visionen in Prinzipat und Spätantike. 2000. XIV, 585 S., geb. 7681-4 144. Martin Ostwald: Oligarchia. The Development of a Constitutional Form in Ancient Greece. 2000. 96 S., kt. 7680-7 145. Hilmar Klinkott: Die Strapienregister der Alexander- und Diadochenzeit. 2000. 130 S., kt. 7701-9 146. Karl-Wilhelm Welwei: Polis und Arché. Kleine Schriften zu Gesellschafts- und Herrschaftsstrukturen in der griechischen Welt. Hg. von Mischa Meier. 2000. 427 S., geb. 7759-0 147. Lene Rubinstein: Litigation and Cooperation. Supporting Speakers in the Courts of Classical Athens. 2000. 296 S., kt. 7757-6 148. Pierre Sánchez: L’Amphictionie des Pyles et de Delphes. Recherches sur son rôle historique, des origines au IIe siècle de notre ère. 2001. 574 S., geb. 7785-9 149. Fritz Gschnitzer: Kleine Schriften zum griechischen und römischen Altertum. Bd. 1: Frühes Griechentum: Historische und sprachwissenschaftliche Beiträge. Hg. von Catherine Trümpy und Tassilo Schmitt. 2001. XXXI, 364 S., kt. 7805-4 150. Eckard Lefèvre: Panaitios’ unnd Ciceros
Pflichtenlehre. Vom philosophischen Traktat zum politischen Lehrbuch. 2001. 226 S., kt. 7820-7 151. Giuseppe Zecchini: Cesare e il mos maio-rum. 2001. 180 S., kt. 7863-4 152. Leone Porciani: Prime forme della storiografia greca. Prospettiva locale e generale nella narrazione storica. 2001. 156 S., kt. 7869-6 153. Maria R.-Alföldi: Gloria Romanorvm. Schriften zur Spätantike. Zum 75. Geburtstag der Verfasserin am 6. Juni 2001. Hg. von Heinz Bellen und HansMarkus von Kaenel. 2001. XI, 381 S. m. zahlr. Abb., geb. 7918-1 154. Karen Piepenbrink: Ordnungskonzeptionen in der attischen Demokratie des vierten Jahrhunderts v. Chr. Eine vergleichbare Untersuchung zum philosophischen und rhetorischen Diskurs. 2001. 262 S., kt. 7848-1 155. Peter Siewert (Hg.): Ostrakismos-Testimonien I. Die Zeugnisse antiker Autoren, der Inschriften und Ostraka über das athenische Scherbengericht aus vorhellenistischer Zeit (487–322 v. Chr.). In Zusammenarbeit mit Stefan Brenne, Birgitta Eder, Herbert Heftner und Walter Scheidel. 2002. 555 S., geb. 7947-1 156. Jyri Vaahtera: Roman Augural Lore in Greek Historiography. A Study of the Theory and Terminology. 2001. 194 S., kt. 7946-4 157. Marietta Horster: Bauinschriften römischer Kaiser. Untersuchungen zu Inschriftenpraxis und Bautätigkeit in Städten des westlichen Imperium Romanum in der Zeit des Prinzipats. 2001. X, 496 S., geb. 7951-8 158. Michael Lovano: The Age of Cinna: Crucible of Late Republican Rome. 2002. 188 S., kt. 7948-8 159. Lothar Wierschowski: Fremde in Gallien – „Gallier“ in der Fremde. Die epigraphisch bezeugte Mobilität in, von und nach Gallien vom 1. bis 3. Jh. n.Chr. (Texte – Übersetzungen – Kommentare). 2001. 526 S., geb. 7970-9 160. René S. Bloch: Antike Vorstellungen vom Judentum. Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie. 2002. 260 S., kt. 7971-6 161. Sabine Panzram: Stadtbild und Elite: Tarraco, Corduba und Augusta Emerita zwischen Republik und Spätantike. 2002. 388 S. m. 10 Abb., geb. 8039-2 162. Thomas Heine Nielsen (ed.): Even more Studies in the Ancient Greek Polis. 2002. 294 S., kt. 8102-3 (zugl.: Papers from the Copenhagen Polis Centre, Vol. 6) 163. Sophia Aneziri: Die Vereine der dionysischen Techniten im Kontext der hellenistischen Gesellschaft. Untersuchungen zur Geschichte, Organisation und Wirkung der hellenistischen Technitenvereine. 2003. 542 S., kt. 8126-9 164. Gregor Weber / Martin Zimmermann (Hg.): Propaganda – Selbstdarstellung – Repräsentation im römischen Kaiserreich des 1. Jhs n. Chr. 2003. 355 S., kt. 8251-8 165. Eckhard Meyer-Zwiffelhoffer: Politikw` " a[rcein. Zum Regierungsstil der senatori-schen Statthalter in den kaiserzeitlichen griechischen Provinzen. 2002. 369 S., kt. 7648-7
166. Pamela-Jane Shaw: Discrepancies in Olympiad Dating and Chronological Problems of Archaic Peloponnesian History. 2003. 280 S., kt. 8174-0 167. Fritz Gschnitzer: Kleine Schriften zum griechischen und römischen Altertum. Bd. 2: Historische und epigraphische Studien zur Alten Geschichte seit den Perserkriegen. Hg. von Catherine Trümpy. 2003. XXX, 519 S., kt. 8037-8 168. Rainer Bernhardt: Luxuskritik und Auf-wandsbeschränkungen in der griechi-schen Welt. 2003. 422 S., geb. 8320-1 169. Christoph R. Hatscher: Alte Geschichte und Universalhistorie. Weltgeschichtliche Perspektiven aus althistorischerSicht. 2003. 144 S. m. 7 Abb., kt. 8321-8 170. Claudia Ruggeri: Gli stati intorno a Olimpia. Storia e costituzione dell’Elide e degli stati formati dai perieci elei (400–362 a.C.). 2004. 244 S., kt. 8322-5 171. Franca Landucci Gattinoni: L’arte del potere. Vita e opere di Cassandro di Macedonia. 2003. 184 S., kt. 8381-2 172. Christopher Tuplin (ed.): Xenophon and his World. Papers from a conference held in Liverpool in July 1999. 2004. 524 S. m. 2 Ktn. u. 4 Taf., geb. 8392-8 173. Alexander Weiß: Sklave der Stadt. Untersuchungen zur öffentlichen Sklaverei in den Städten des Römischen Reiches. 2004. 265 S., kt. 8383-6 174. Gerald Kreucher: Der Kaiser Marcus Aurelius Probus und seine Zeit. 2003. 298 S., kt. 8382-9 175. In Vorbereitung 176. Anthony Francis Natoli; The Letter of Speusippus to Philip II. Introduction, Text, Translation and Commentary. With an Appendix on the Thirty-First Socratic Letter attributed to Plato. 2004.196 S., kt. 8396-6 177. Karl-Wilhelm Welwei: Res publica und Imperium. Kleine Schriften zur römischen Geschichte. Hg. von Mischa Meier u. Meret Strothmann. 2004. 328 S., geb. 8333-1 178. Konrad Vössing: Biographie und Prosopographie. Internationales Kolloquium zum 65. Geburtstag von Anthony R. Birley . 2005. 146 S., 2 Taf., kt. 8538-0 179. Vera-Elisabeth Hirschmann: Horrenda Secta. Untersuchungen zum frühchristlichen Montanismus und seinen Verbindungen zur paganen Religion Phrygiens. 2005. 168 S., kt. 8675-2 180. Thomas Heine Nielsen (ed.): Once Again: Studies in the Ancient Greek Polis. 2004. 202 S., kt. 8438-3 181. Gideon Maier: Amtsträger und Herrscher in der Romania Gothica. Vergleichende Untersuchungen zu den Institutionen der ostgermanischen Völkerwanderungsreiche. 2005. 363 S., kt. 8505-2 182. David Whitehead / P. H. Blyth: Athenaeus Mechanicus, On Machines (Peri; mhcanhmavtwn). Translated with Introduction and Commentary. 2004. 236 S., kt. 8532-8 183. Wolfgang Blösel: Themistokles bei Herodot: Spiegel Athens im fünften Jahrhundert. Studien zur Geschichte und historiographischen Konstruktion des griechischen Freiheitskampfes 480 v. Chr. 2004. 422 S. m. 2 Ktn., geb. 8533-5 184. In Vorbereitung
185. Stephan Berrens: Sonnenkult und Kaisertum von den Severern bis zu Constantin I (193–227 n. Chr.). 2004. 283 S. m. 2 Taf., kt. 8575-5 186. Norbert Geske: Nikias und das Volk von Athen im Archidamischen Krieg. 2005. 224 S., kt. 8566-3 187. Christopher L.H. Barnes: Images and Insults. Ancient Historiography and the Outbreak of the Tarentine War. 2005. 170 S., kt. 8689-9 188. Massimiliano Vitiello: Momenti di Roma ostrogota: aduentus, feste, politica. 2005. 162 S., kt. 8688-2 189. Klaus Freitag / Peter Funke / Matthias Haake (Hg.): Kult – Politik – Ethnos. Überregionale Heiligtümer im Spannungsfeld von Kult und Politik. 2006. 287 S., kt. 8718-6 190. Jens Uwe Krause / Christian Witschel (Hg.): Die Stadt in der Spätantike – Niedergang oder Wandel? Akten des internationalen Kolloquiums in München am 30. und 31. Mai 2003. 2006. 492 S. m. 42 Abb. kt. 8810-7 191. Heinz Heinen: Vom hellenistischen Osten zum römischen Westen. Ausgewählte Schriften zur Alten Geschichte. Hg. v. Andrea Binsfeld u. Stefan Pfeiffer. 2006. XX–VIII, 553 S. m. Frontisp. u. 34 Abb., geb. 8740-7 192. Andrea Jördens, Hg.: Wirtschaft und Gesellschaft im spätantiken Ägypten. Kleine Schriften Itzhak F. Fikhman. Hrsg. unter Mitarb. v. Walter Sperling. 2006. XVIII, 380 S. m. Frontisp. u. 2 Farbktn., geb. 8876-3 193. Adalberto Giovannini: Les relations entre états dans la Grèce antique du temps d’Homère à l’intervention romaine (ca. 700-200 av. J.-C.). 2007. 445 S., kt. 8953-1 194. Michael B. Charles: Vegetius in Context. Establishing the Date of the Epitoma Rei Militaris. 2007. 205 S., kt. 8989-0 195. Clemens Koehn: Krieg – Diplomatie – Ideologie. Zur Außenpolitik hellenistischer Mittelmeerstaaten. 2007. 248 S., kt. 8990-6 196. Kay Ehling: Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164–63 v. Chr.).Vom Tode des Antiochos IV. bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius. 2007. 306 S. m. 1. Kte. u. 1 Falttaf. in einer Tasche, kt. 9035-3 197. Stephanie L. Larson: Tales of Epic Ancestry. Boiotian Collective Identity in the Late Archaic and Early Classical Periods. 2007. 238 S., kt. 9028-5 198. Mogens Herman Hansen (Ed.): The Return of the Polis: The Use and Meanings of the Word Polis in Archaic and Classical Sources. 2007. 276 S., kt. (zugl.: Papers from the Copenhagen Polis Centre, Vol. 8) 9054-4 199. Volker Grieb: Hellenistische Demokratie. Politische Organisation und Struktur in freien griechischen Poleis nach Alexander dem Großen. 2008. Ca. 400 S., kt. 9063-6 200. Cristina Rosillo Lopez: La corruption à la fin de la République romaine (IIe-Ier s. av. J.-C.). Aspects politiques et financiers. 2008. Ca. 350 S., kt. 9127-5 201. Manuel Tröster: Themes, Character, and Politics in Plutarch’s Life of Lucullus. The Construction of a Roman Aristocrat. 2008. 206 S., kt. 9124-4
FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART
Seit dem Erscheinen von A. R. Bellingers „The End of the Seleucids“ im Jahr 1949 ist kein Versuch mehr unternommen wor den, die Geschichte der späten Seleuki den umfassend zu behandeln. Die nun vorliegende Studie macht deutlich, daß der Niedergang dieser einstigen hellenis tischen Großmacht durch römische Sicherheitsinteressen eingeleitet wurde, ihr Zerfall aber letztlich auf innerdynasti
sche Ursachen zurückzuführen ist. Die sich dauernd bekämpfenden Könige und Thronprätendenten, die gezwungener maßen fast ausschließlich mit der Erhal tung und Absicherung ihrer eigenen Machtposition beschäftigt waren, konn ten letztlich ihren Aufgaben, für die Si cherheit des Reiches und die Wohlfahrt ihrer Untertanen zu sorgen, nicht mehr gerecht werden.
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ISBN 978-3-515-09035-3