148 72 13MB
German Pages 1204 [1186] Year 2008
Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg,) Untemehmensfmanzierung am Kapitalmarkt
Unternehmensfmanzierung am Kapitalmarkt herausgegeben von
Prof. Dr. Mathias Habersack Prof. Dr. Peter 0. Mülbert Dr. Michael Schlitt
2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage
2008
oUs
Verlag
Dr.OttoSchmidt Köln
Bearbeiter Dr. Gabriele Apfelbacher Rechtsanwältin in Frankfurt a.M.
Dr. Hendrik Haag Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Michael Arnold Rechtsanwalt in Stuttgart
Dr. Mathias Habersack Universitätsprofessor, Universität Tübingen
Arndt Bardeimeier Rechtsanwalt in Düsseldorf Dr. Michael Berghaus Chefsyndikus, Düsseldorf Dr. Carsten Berrar, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. JanBrehm Vice President Investment Banking, Frankfurt a.M.
Dr. Louis Hagen Hauptgeschäftsführer, Berlin Dr. Peter Hemeling Rechtsanwalt in München Dr. Achim Herfs, LL.M. Rechtsanwalt in München Attomey at Law (N.Y.)
Dr. Gottfried E. Breuninger Rechtsanwalt in München
Dr. Stephan Hutter Attomey at Law (N.Y.) Leiter Kapitalmarktrecht Europa, Frankfurt a.M.
Dr. Hans Dickmann Rechtsanwalt in Düsseldorf
Dr. Jürgen Kammerlohr, M.C.L. Leiter M&A, München
Christofvon Dryander Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Uta Karen Klawitter Leiterin Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Bonn
Dr. Wolfgang Feuring Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Dr. Johannes Frey, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Dr. Martin Geiger, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Advokat(Schweden) Dr. Christoph L. Gleske Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Michael Gotbnann Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Rainer Krause Rechtsanwalt in Düsseldorf Christian Kremer Rechtsanwalt in Luxemburg UtaKunold Rechtsanwältin in Frankfurt a.M. Heiko Leopold Director Investment Banking, Frankfurt a.M.
Bearbeiter Dr. Foruhar Madjlessi Managing Director Inves1ment Banking, London
Prof. Dr. Andreas Schumacher Steuerberater in Bonn Honorarprofessor, Universität Mannheim
Dr. Andreas Meyer Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Oliver Seiler, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Asmus Mihm Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht in Frankfurt a.M.
Dr. Bernd Singhof, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M.
Dr. Peter 0. Mülbert Universitätsprofessor, Universität Mainz Peter Nägele Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Attorney at Law (N.Y.)
HansStamm Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht in München Steffen Steup Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität Mainz
Christoph Trapp Stefan Ries Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Senior Vice President Investment Banking, Frankfurt a.M. Christoph F. Vaupel, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Stefan Rudolf Attomy at Law (N.Y.) Director, Frankfurt a.M. Dr. Christian Weber Barbara Riihlmann Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Executive Director, Zürich Dr. Thomas W erlen, LL.M. Dr. Hanns-Achim Schäcker Rechtsanwalt (Zürich) Managing Director Inves1ment Banking, Attomey at Law (N.Y.) Frankfurt a.M. Dr. Christoph Wolf, LL.M. Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Dr. Susanne Schäfer, LL.M. Rechtsanwältin in Frankfurt a.M. Solicitor (England & Wales) Dr. Michael Schlitt Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. Dr. Christoph Schücking Rechtsanwalt und Notar in Frankfurt a.M.
Zitierempfehluog: Verfasset in Habersack/Mülbert/Schlitt jHrsg.j, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2008, § ... Rz....
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Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-.Ql, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-40094-1
©2008 by Verlag Dr. Otto Sclunidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist w:heberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Gennany
Vorwort Die vor nunmehr drei Jahren vorgelegte Erstauflage der „Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt“ ist auf erfreuliche Resonanz gestoßen. Dies und die rasante Entwicklung, die sowohl Technik und Vielfalt der Finanzierungsformen als auch dem für die Unternehmensfinanzierung relevanten Kapitalmarktrecht seit Erscheinen der Erstauflage widerfahren ist, haben uns dazu bewogen, eine Neuauflage vorzulegen. Die Konzeption des Werkes ist unverändert geblieben. Nach wie vor richtet sich das Buch an Rechtsanwälte, Unternehmensjuristen, Wirtschaftsprüfer, Mitarbeiter von Investmentbanken sowie sonstige Berater von Unternehmen, die sich den mit einer Inanspruchnahme des Kapitalmarkts verbundenen Herausforderungen schon stellen oder künftig stellen wollen. In einem ersten Teil informiert es über die Entwicklung des deutschen Kapitalmarkts und seines rechtlichen Umfeldes. Die drei großen Säulen der kapitalmarktbezogenen Unternehmensfinanzierung, Aktienemissionen („equity“), Emissionen aktienverwandter Titel – nämlich Wandelschuldverschreibungen, Umtauschanleihen und Genussscheine („equity-linked“) – und Anleiheemissionen („debt“), bilden sodann den Gegenstand je eigener Teile, in denen neben den zahlreichen Fragen des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts auch die jeweiligen steuer- und bilanzrechtlichen Aspekte angesprochen und die Transaktionen aus Sicht der begleitenden Investmentbank beleuchtet werden. Ein fünfter Teil ist den Sonderformen der Unternehmensfinanzierung wie namentlich Asset-Backed-Securities gewidmet. Im sechsten Teil werden die sich insbesondere aus dem Übernahmevertrag und dem Konsortialvertrag ergebenden Vertrags- und Rechtsverhältnisse der an der Emission Beteiligten umfassend behandelt. Fragen des Prospekts, der Börsenzulassung, der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen, der Stabilisierung und des Delisting bilden den Gegenstand des siebenten Teils. Eine Darstellung des Rechts wichtiger Auslandsemissionsplätze, nämlich Luxemburgs und der USA, rundet das Werk ab. Schon die Umfangserweiterung, die das Werk erfahren hat, zeigt, dass den Leser nicht nur eine Fortschreibung des Textes der Erstauflage erwartet. Mit insgesamt sieben neuen Kapiteln trägt die Neuauflage vielmehr der dynamischen Entwicklung des Marktes für Unternehmensfinanzierungen angemessen Rechnung. So werden der Erwerb und die Veräußerung eigener Aktien (§ 7), Hybridanleihen (§ 16), Pfandbriefe (§ 19), verbriefte Mezzanine-Finanzierungen (§ 20) und Real Estate Investment Trusts (§ 21) ebenso mit eigenen Kapiteln bedacht wie der Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen (§ 24). Aber auch der „Altbestand“ ist in vielen Teilen nicht mehr wiederzuerkennen. Ursächlich hierfür sind die vielfach grundstürzenden Neuerungen auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts. Von den nach Erscheinen der Erstauflage in Kraft getretenen Reformgesetzen erwähnt seien nur das Wertpapierprospektgesetz, das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz, das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz und das Unternehmensteuerreformgesetz 2008; diese und weitere Reformgesetze haben durchweg tiefgreifende Überarbeitungen geboten. Der mit der Neuauflage verbundenen Herausforderung hat sich erneut ein Kreis erfahrener und sachverständiger Autoren gestellt. Aus dem Team der Erstauflage ausgeschieden sind allein die Herren Dr. Heiko Beck und Hans-Jürgen Schäfer, die den VII
Vorwort
Abschnitt über das Börsenzulassungsverfahren verantwortet, infolge beruflicher Veränderungen indes um Entlastung gebeten haben; ihnen sei auch an dieser Stelle für ihr Engagement gedankt. Dank schulden die Herausgeber darüber hinaus allen an der Neuauflage mitwirkenden Autoren, die dem Vorhaben mehr als aufgeschlossen gegenüber standen und ein rasches Erscheinen ermöglicht haben. Den Leser schließlich bitten wir wiederum, für Anregungen und Verbesserungsvorschläge entweder die Antwortkarte im hinteren Teil des Buches zu nutzen oder den direkten Kontakt zu den im Autorenverzeichnis vorgestellten Autoren zu suchen oder mit einem der Herausgeber unter den folgenden Anschriften in Verbindung zu treten: Professor Dr. Mathias Habersack Eberhard Karls Universität Tübingen Juristische Fakultät Wilhelmstraße 7 (Neue Aula) 72074 Tübingen [email protected] Professor Dr. Peter O. Mülbert Johannes Gutenberg-Universität Mainz Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften 55099 Mainz [email protected] Dr. Michael Schlitt Fried, Frank, Harris, Shriver & Jacobson LLP Taunusanlage 18 60325 Frankfurt am Main [email protected] Tübingen, Mainz und Frankfurt, im Februar 2008 Mathias Habersack
VIII
Peter O. Mülbert
Michael Schlitt
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Vorwort . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . Autorenverzeichnis . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis
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VII XI XXXV XLIII XLV
1 Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland (Rudolf) . . . . . . .
1
1. Teil Einführung §
2. Teil Aktienemissionen §
2 Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank (Schäcker/Brehm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Börsengang (Singhof/Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Bezugsrechtsemissionen (Herfs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss (Krause) . . 6 Umplatzierungen bestehender Aktien (Wolf) . . . . . . . . . . . 7 Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien (Arnold) . . 8 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen (Schumacher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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41 68 130 171 195 216
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244
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269 294 329 354
......
375
§ 14 Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank (Rühlmann) . . . § 15 Anleihen (Hutter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
417 430
§ § § § § §
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3. Teil Aktienverwandte Emissionen § § § § §
9 Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank (Madjlessi/Leopold) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Wandel- und Optionsanleihen (Schlitt/Hemeling) . . . . . . . 11 Umtauschanleihen (Schlitt/Kammerlohr) . . . . . . . . . . . . . 12 Genussscheine (Berghaus/Bardelmeier). . . . . . . . . . . . . . . 13 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von aktienverwandten Emissionen (Mihm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Teil Anleiheemissionen
IX
Inhaltsübersicht Seite
§ 16 Hybridanleihen (Gleske) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 17 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen (Breuninger/Frey). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
469 482
5. Teil Sonderformen § § § § §
18 19 20 21 22
Asset-Backed Securities (Geiger) . . . . . . . . Pfandbriefe (Hagen) . . . . . . . . . . . . . . . . . Mezzanine-Finanzierungen (Stamm/Ries) . Real Estate Investment Trusts (Vaupel). . . Derivate (von Dryander/Apfelbacher) . . . .
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515 533 547 570 613
.........
645
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6. Teil Vertrags- und Rechtsverhältnisse § 23 Übernahmevertrag bei Aktienemissionen (Haag) . . . . . § 24 Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen (Schlitt/Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 25 Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen (Diekmann) § 26 Konsortialvertrag (Schücking). . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 27 Due Diligence (Nägele) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 28 Comfort Letter (Kunold) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 29 Legal Opinion und Disclosure Opinion (Seiler) . . . . . .
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676 690 713 737 756 782
§ 30 Wertpapierprospekt (Meyer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 31 Börsenzulassungsverfahren (Trapp) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 32 Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens (Klawitter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 33 Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation (Mülbert/Steup) § 34 Stabilisierung (Feuring/Berrar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 35 Beendigung der Börsenzulassung (Habersack) . . . . . . . . . . . . . . .
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805 845
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871 915 1007 1035
§ 36 Börsenzulassung in Luxemburg (Kremer). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 37 Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws (Werlen) . . . . . . .
1053 1074
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1135
7. Teil Prospekt, Börsenzulassung
8. Teil Aspekte ausländischer Jurisdiktionen
X
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht. . . . . . Autorenverzeichnis . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis
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VII IX XXXV XLIII XLV
1. Teil Einführung §1 Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland (Rudolf) I. Wandel des deutschen Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Rechtliche Rahmenbedingungen mit stetigen Verbesserungen . . . . .
3
III. Corporate Governance – Unternehmensführung und -kontrolle auf internationalem Standard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
IV. Effiziente Marktorganisation und Börsenstruktur . . . . . . . . . . . . . .
8
V. Unternehmensfinanzierung im Umbruch zwischen Kredit- und Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bankkredite und Fremdfinanzierung im Vordergrund . . . . . . . . 2. Eigenkapitalfinanzierung über Aktien und Beteiligungen . . . . . 3. Veränderungen im Bankensektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Alternative Finanzierungsoptionen am Kapitalmarkt . . . . . . . .
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10 10 14 22 26
VI. Finanzplatz Deutschland – ein Finanzplatz mit Zukunft . . . . . . . . .
29
Anhang I: Entwicklungen im Kapitalmarktrecht in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
Anhang II: Corporate Governance in Deutschland – Stationen der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
2. Teil Aktienemissionen §2 Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank (Schäcker/Brehm) I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
II. Marktumfeld für Aktienemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklungen des Marktumfeldes und der Emissionsvolumina . . . . 2. Konzentrationsprozess der Investmentbanken . . . . . . . . . . . . . . . . .
42 42 43 XI
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3. Trends in der Methodik des Risikotransfers und der Transaktionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung der League Table . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aktienemissionen – Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 1. Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . 2. Dokumentation und Due Diligence . . . . . . . . . . . . 3. Emissionskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vermarktungsprozess/Platzierung . . . . . . . . . . . . . . IV. Aktienemissionen – Produktarten . . . . . . . . . . . . . 1. Initial Public Offering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . 4. Sonderfall „Doppeldecker“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Platzierung von bestehenden Aktien . . . . . . . . . . . .
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44 45 46 46 46 46 53 56 56 59 63 65 66
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Vorbereitung des Börsengangs . . . . . . . . . 1. Rechtsformwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbereitung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Emissionskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Begleitende Vermarktung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . 1. Entscheidung über den Börsengang . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhöhung zum Börsengang . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitalschutzbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Börsengang von Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . IV. Durchführung des Börsengangs . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Platzierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Börsenzulassungsverfahren und Notierungsaufnahme V. Maßgebliche Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Emittent, abgebende Aktionäre und Emissionsbanken 2. Emissionskonsortium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsbeziehungen zu den Anlegern . . . . . . . . . . . . . Anhang: Zeitplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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131 131 133 136
§3 Börsengang (Singhof/Weber)
§4 Bezugsrechtsemissionen (Herfs) I. 1. 2. 3. XII
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gründe für Bezugsrechtsemissionen . Formen von Bezugsrechtsemissionen Ablauf einer Bezugsrechtsemission . .
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II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Bezugsrecht der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezugsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehen des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkungen des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachbezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausübung von Bezugsrechten gegen Erbringung einer Sacheinlage
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139 139 139 141 142 143 144 145
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags . . . . . . . . . . . . . . . Anmeldung und Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses, Freigabeverfahren
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145 146 153 154 156 157
IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Platzierungsverfahren . . . . . . . . . . Bezugsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . Bezugsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des Bezugspreises . . . . . Bezugsrechtshandel . . . . . . . . . . . . Greenshoe-Option . . . . . . . . . . . . . Verwertung nichtbezogener Aktien Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . . . .
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159 159 161 162 163 164 166 166
V. Vertragliche Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168
VI. Prospektpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168
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§5 Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss (Krause) I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht . . . . . . . . Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss Faktischer Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . .
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II. Bezugsrechtsausschluss bei der regulären Kapitalerhöhung 1. Materielle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3.
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173 173 173 174 174
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174 174
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182 185 187
Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Siemens/Nold-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG beim genehmigten Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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187 187 188
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191 193 XIII
Inhaltsverzeichnis
§6 Umplatzierungen bestehender Aktien (Wolf) I. 1. 2. 3.
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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteilung des wirtschaftlichen Risikos bei einem Blocktrade zwischen Veräußerer und Investmentbank . . . . . . . . . . . . . .
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196 196 198
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200
II. Zeitplan für einen typischen Blocktrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
201
III. Beschlusserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202
IV. Einzelheiten des Übernahmevertrages für einen Blocktrade . . . . . . 1. Vertragstypen: Kommission, (Zwischen-)Erwerb, Mischtypen . . . . . 2. Bedeutung des Einflusses des Veräußerers auf die Zielgesellschaft/ Mitwirkung der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelne Klauseln (Kommission) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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203 203
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204 204
V. 1. 2. 3.
Insiderrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insidertatsachen aus der Sphäre der Zielgesellschaft . . . . Geplanter Blocktrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterstützung der Transaktion durch die Zielgesellschaft
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207 207 209 210
Haftungsfragen . . . . . . . . Prospekthaftung . . . . . . . Gewährleistungshaftung . Keine Aufklärungspflicht .
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211 211 212 213
VII. Sonderfrage: Anzeigepflichten der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
VIII. Folgepflichten für die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. 1. 2. 3.
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§7 Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien (Arnold) I. 1. 2. 3. 4.
Einleitung . . . . . . . . . . . . Rechtsgrundlagen . . . . . . Ökonomische Wirkungen Gefahren . . . . . . . . . . . . . Rechtstatsachen . . . . . . .
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217 217 219 220 221
II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine originäre Übernahme . . . . . . . . . . . . . Zulässiger derivativer Erwerb . . . . . . . . . . . . Erwerbsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besondere Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . Ablauf eines Erwerbs eigener Aktien . . . . . . Die Behandlung des Bestands eigener Aktien
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221 221 223 229 233 235 238
III. Wiederveräußerung und Einziehung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . 1. Veräußerungspflichten, Einziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veräußerungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
241 241 242
XIV
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§8 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen (Schumacher)
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I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
245
II. Emission von Aktien aus einer Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abbildung in der Handelsbilanz der emittierenden Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
245 245 245
III. Platzierung bestehender Aktien an Tochtergesellschaften durch Verkauf oder Sachausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abbildung in der Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
248 248 249
IV. Aktienemission durch Abspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abbildung in der Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
257 257 259
V. Erwerb und Veräußerung eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abbildung in der Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
266 266 267
3. Teil Aktienverwandte Emissionen §9 Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank (Madjlessi/Leopold) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rolle der Investmentbank bei der Emission aktienverwandter Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Märkte für aktienverwandte Instrumente . . . . . . . . . . . . . . .
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269 270
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270 271
II. 1. 2. 3.
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276 276 277 282
III. Bewertung aktienverwandter Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wesentliche Bewertungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
284 284 285
IV. 1. 2. 3.
288 288 290 291
Strukturalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionale Wandel- bzw. Umtauschanleihe Pflichtwandel- bzw. Umtauschanleihe . . .
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Platzierung aktienverwandter Instrumente . . . . . . . Emissionsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Emissionsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss auf den Preis der zugrundeliegenden Aktien
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XV
Inhaltsverzeichnis
§ 10 Wandel- und Optionsanleihen (Schlitt/Hemeling)
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I. 1. 2. 3. 4. 5.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweck der Begebung von Wandel- und Optionsanleihen Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zu verwandten Finanzierungsformen . . . . . Rechtsstellung des Anleihegläubigers . . . . . . . . . . . . . .
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296 296 297 298 299 299
II. 1. 2. 3.
Überblick über das Platzierungsverfahren Bezugsrechtsemission . . . . . . . . . . . . . . Beschleunigtes Bookbuilding-Verfahren . Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option .
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III. Begebungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gremienbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherstellung der Erfüllung der Wandlungs- und Optionsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten bei der Einschaltung einer ausländischen Zweckgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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302 302
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305 310
IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. V. 1. 2. 3. 4.
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Ausgestaltung der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . Wandlungs- bzw. Optionsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorzeitige Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barzahlung statt Lieferung von Aktien (cash settlement) Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begründung einer Wandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . Anpassung der Wandlungs- bzw. Bezugsbedingungen . . . Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutz bei Übernahme und Verschmelzung . . . . . . . . . Squeeze-Out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richterliche Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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315 316 316 317 317 317 317 318 319 320 321 322 323 323
Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rückkauf der Anleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Umwandlung“ einer Anleihe in eine Wandelschuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Restrukturierungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz
XVI
Inhaltsverzeichnis
§ 11 Umtauschanleihen (Schlitt/Kammerlohr)
Seite
I. 1. 2. 3. 4.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff der Umtauschanleihe . . . . . . . . . . . . Zweck der Begebung von Umtauschanleihen Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung zu anderen Finanzierungsformen
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330 330 331 332 332
II. 1. 2. 3. 4.
Überblick über das Platzierungsverfahren . Struktur von Umtauschanleiheemissionen Kombination mit Block Trade . . . . . . . . . Synthetische Umtauschanleihe-Strukturen Ad-hoc-Mitteilungspflicht . . . . . . . . . . . .
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332 332 333 333 333
III. Begebungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gremienbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Bezugsrecht der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
334 334 335
IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. V. 1. 2. 3. 4. VI. 1. 2. 3. 4.
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Ausgestaltung der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorzeitige Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Barzahlung statt Lieferung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . Begründung einer Umtauschpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anpassung der Umtauschbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Schutz bei Übernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersetzung des Anleiheschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gläubigerschutz und Kündigungsrechte der Anleihegläubiger . Bestellung eines Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Separierung der zugrundeliegenden Aktien . . . . . . . . . . . . . . Richterliche Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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335 335 335 336 336 337 340 340 341 341 341 342
Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transparenzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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347 347 347 347 349
Restrukturierung von Umtauschanleihen . . . . . . . Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes . Zulässige Beschlussgegenstände . . . . . . . . . . . . . . Mehrheitsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögenskrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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350 350 352 352 353
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355 355 355 355
§ 12 Genussscheine (Berghaus/Bardelmeier) I. 1. 2. 3.
Begriff und Gestaltungsformen . Begriff des Genussscheins . . . . Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . Eigenkapitalersatzvorschriften .
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XVII
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4. 5. 6. 7.
Zweck von Genussscheinemissionen . . . . . . . . . . . AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unzulässigkeit aktiengleicher Genussscheine? . . . . Abgrenzung zu anderen Finanzierungsinstrumenten
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356 357 357 358
II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Typischer Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlustteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachrangabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laufzeit und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genussscheinemissionen von Kreditinstituten
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360 360 360 361 361 362 362
III. 1. 2. 3. 4.
Ausgabevoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktienrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genussscheine als Teilgewinnabführungsverträge? . . . Übertragbarkeit und wertpapierrechtliche Verbriefung .
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363 363 365 366 369
IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Beeinträchtigungen während der Laufzeit . . . . . . Fehlerhafte Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassene oder fehlerhafte Gewinnermittlung Rücklagenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalerhöhung, -herabsetzung . . . . . . . . . . . . . Sonderaspekte bei Verlustteilnahme . . . . . . . . . . Erhöhung des Genussrechtskapitals . . . . . . . . . . Maßnahmen nach Umwandlungsgesetz . . . . . . .
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369 369 370 371 372 373 374 374
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§ 13 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von aktienverwandten Emissionen (Mihm) I. Bilanzielle Behandlung strukturierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3.
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376
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378 378 382 391
III. Pflichtwandelanleihe (mandatory convertible bond) . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
395 395 397
IV. Optionsanleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
398 399 400
V. Umtauschanleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
405 405 406
VI. Genussschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
410 410 411
XVIII
Wandelanleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsbilanzielle Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Emission über eine Auslandstochter
Inhaltsverzeichnis
4. Teil Anleiheemissionen § 14 Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank (Rühlmann)
Seite
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anleihen als Mittel der Fremdkapitalfinanzierung und die wichtigsten Merkmale von Gläubigerpapieren . . . . . . . . . . . . . 2. Charakteristika erfolgreicher Fremdkapitalfinanzierungen von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Special Purpose Vehicles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgewählte Beispiele von Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Debt Issuance (DIP) oder Euro Medium Term Note Programme (EMTN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Stand Alone“-Anleihen („Ewige Anleihe“) . . . . . . . . . . . . . . 3. Going Public Bond als eine Verbindung zwischen Fremd- und Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. III. 1. 2. IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. V. 1.
§ 15 Anleihen (Hutter) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anleihetypen und -merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaber- und Namensschuldverschreibungen . . . . . . . . . Internationale Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Emissions- und Angebotsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . Hybridanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rating: Investment Grade Anleihen vs. High Yield Bonds Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laufzeit und ordentliches Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbares Recht und Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personalsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Negativerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drittverzugsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzielle Zusicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fusionen und Übernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Zusicherungen bei High-Yield-Anleihen . . . . . . . Vertragsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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417
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417
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419 421 426
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426 427
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428
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432 432 432 433 434 435 436 437 439 441 441 441 445 445 446 450 450 451 452 453 454 455 456
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456
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XIX
Inhaltsverzeichnis Seite
2. Vertragsbeziehungen zwischen den Konsortialbanken . . . 3. Vertrags- und sonstige Rechtsbeziehungen zwischen dem Konsortium und den Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und der Zahlstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und dem Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vertragsbeziehungen im Fall einer kombinierten Bank-/Bondfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. 1. 2. 3. 4. 5.
Änderung der Anleihebedingungen . Schuldnerwechsel . . . . . . . . . . . . . Ersetzung des Treuhänders . . . . . . . Änderung der Zahlstellen . . . . . . . . Änderung von Sicherheiten . . . . . . Änderung durch Gesetz . . . . . . . . .
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457
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459 459 460 460 460 460
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461
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461 463
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466
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467
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VII. Wahrnehmung der Rechte der Anleihegläubiger . . . . . . . . . 1. Kollektive Interessenwahrnehmung durch die Gläubigerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interessenwahrnehmung durch den Anleihetreuhänder . . . . 3. Individuelle Interessenwahrnehmung durch die einzelnen Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. So genannte Defeasance und Satisfaction and Discharge bei High-Yield-Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 16 Hybridanleihen (Gleske) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
469
II. 1. 2. 3. 4. 5.
Motive für die Emission von Hybridanleihen . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufnahme „wirtschaftlichen Eigenkapitals“ . . . . . . . . . . . . . . Bilanzieller Eigenkapitalausweis nach IFRS . . . . . . . . . . . . . . . Steuerlich effiziente Aufnahme wirtschaftlichen Eigenkapitals Corporate Governance-Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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470 470 471 472 474 476
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Typische Gestaltungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langfristigkeit der Mittelüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsaufschub und alternative Zinszahlungsmechanismen . . . Nachrangigkeit, Besicherung und Aufrechnung . . . . . . . . . . . Teilnahme an laufenden Verlusten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verpflichtung zur Zuführung vergleichbaren Eigenkapitals bei Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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476 476 479 480 481
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481
XX
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Inhaltsverzeichnis
§ 17 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen (Breuninger/Frey) I. 1. 2. 3.
Handelsbilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen nach HGB Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansatz einer Anleihe bei Unterverzinslichkeit (Disagio) . . . . . Ansatz einer Anleihe bei Überverzinslichkeit (Agio) . . . . . . . .
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Seite
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483 483 484 484
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485 485
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485 486
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487 491
III. Deutsche steuerliche Aspekte bei einer ausländischen Emittentin . . 1. Anwendung der Zinsschranke auf die ausländische Emittentin . . . . 2. Weiterreichung der Erlöse aus der Anleihe durch Gruppendarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
498 498
IV. 1. 2. 3. 4.
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499 500 503 508
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509
V. Sonstige steuerliche Aspekte in Bezug auf private Investoren . . . . . . 1. Veräußerungsgewinne bei inländischen privaten Investoren . . . . . . . 2. Die Berechnung der Zinseinkünfte im Falle einer Finanzinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
513 513
II. Steuerliche Behandlung der Anleihe bei einer inländischen Emittentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Betriebsausgabenabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abzugsbeschränkungen für Zwecke der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer (mit Ausnahme der so genannten Zinsschranke, § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abzugsbeschränkung für Zwecke der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . 4. Beschränkung durch die Zinsschranken-Regelung gem. § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kapitalertragsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Problemstellung: Kapitalertragsteuer bei Anleihen . . . . . . Kapitalertragsteuer bei einem inländischen Investor . . . . . Kapitalertragsteuerabzug bei einem ausländischen Investor Sonderproblematik im Zusammenhang mit neuen Kapitalanlageformen (Finanzinnovationen) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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499
514
5. Teil Sonderformen § 18 Asset-Backed Securities (Geiger) I. Grundstruktur einer Verbriefungstransaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anleihe-Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Transaktion im Rahmen eines Conduit-Programmes . . . . . . . . . . . .
515 516 517
II. 1. 2. 3.
518 518 525 528
Insolvenzrechtliche Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . Verbriefbare Vermögenswerte eines Unternehmens Aussonderungsrecht des SPV als Käufer . . . . . . . . Insolvenzfestigkeit von Verbriefungsverträgen . . . .
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XXI
Inhaltsverzeichnis Seite
III. 1. 2. 3.
Steuerrechtliche Gesichtspunkte Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . Einkommensteuer . . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . .
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529 529 530 531
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
533
§ 19 Pfandbriefe (Hagen) II. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3. 4.
Die rechtliche Ausgestaltung von Pfandbriefen . . . . . . . . . Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualität der Deckungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deckungsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktive Verwaltung der Deckungsmassen zur Sicherung der Deckungskongruenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Transparenz der Deckungsmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Insolvenzvorrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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535
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535 536 537 542
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542 543 543
IV. Pfandbriefmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
545
V. Covered Bonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
545
§ 20 Mezzanine-Finanzierungen (Stamm/Ries) I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualifizierung als Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mezzanine-Angebot – Standardprogramme versus Individuallösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Differenzierung einzelner vertraglicher Programm- und Individual-Mezzanine 1. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . 2. Zusicherungen und Verpflichtungen . . 3. Kündigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . .
Strukturmerkmale von .................. .................. .................. ..................
556 557 558 559
III. Rechtliche Aspekte der Aufnahme von Mezzaninkapital . . . . 1. Abgrenzung von Genussscheinkapital zu anderem Mezzaninkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaftsrechtliche Aspekte aus Sicht des Unternehmens 3. Typische rechtliche Aspekte bei der Ausgestaltung von Mezzanine-Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.....
560
..... .....
560 561
.....
562
IV. 1. 2. 3. 4.
. . . . .
567 567 567 568 569
XXII
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552
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Prozessabläufe bei der Einwerbung von Mezzaninkapital Rating-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragliche Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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547 548
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Inhaltsverzeichnis
§ 21 Real Estate Investment Trusts (Vaupel) I. 1. 2. 3.
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572 573 574 574
II. Einordnung von REITs zu bestehenden indirekten Investitionsmöglichkeiten in Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Offene Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschlossene Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Immobilienaktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. REITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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574 575 575 575 576
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576 576 576 578 579 579 579
IV. Vor-REIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
583
III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. V. 1. 2. 3. 4. 5.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historischer Hintergrund von REITs . Entstehungsgeschichte des REITG . . Intention des Gesetzgebers . . . . . . . .
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Steuerrechtliche Rahmenbedingungen . . Besteuerung auf Ebene der REIT-AG . . . . Besteuerung auf Ebene der Anteilseigner . Ausschüttungsverpflichtung . . . . . . . . . Ausländische Immobilien . . . . . . . . . . . Ausländische REITs . . . . . . . . . . . . . . . „Exit Tax“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . 1. Zulassung zum Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderung an die Dauer des Bestehens zum Zwecke der Zulassung zum Handel an einer deutschen Wertpapierbörse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anforderungen an den Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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596 597 599 601
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596 596
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VI. Anforderungen an die Aktionärsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maximalbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindeststreubesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Gesellschaftsrechtliche Anforderungen . Unternehmensgegenstand . . . . . . . . . . Grundkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entschädigungsregelung in der Satzung . Handelsregistereintragung der Firma . . .
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VII. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Anforderungen an den Geschäftsbetrieb Vermögensanforderungen . . . . . . . . . . . Ertragsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . Eigenkapitalanforderungen . . . . . . . . . . Ausschluss des Immobilienhandels . . . Nebentätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX. Übertragung der Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. 1. 2. 3.
602 603 603
Anforderungen an die Finanzangaben und Prüfung . . . . . . . . . . . HGB-Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IFRS-Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung – Prüfung des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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605 605 605
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Sanktionsregelungen bei Verletzung der Anforderungen . . . . . . Festsetzung von Zahlungen (§ 16 Abs. 3–6 REITG) . . . . . . . . . Verlust der Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Anforderungen ohne ausdrückliche Sanktionsregelung
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XII. Das Outsourcing von Managementaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz – Leitung durch den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabenzuweisung an andere Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
610 611 611
XI. 1. 2. 3.
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§ 22 Derivate (von Dryander/Apfelbacher) I. 1. 2. 3. 4.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . Kategorien von Derivaten . . . . . . . . . . . Einsatzzwecke von Derivaten . . . . . . . . . Wirtschaftliche Bedeutung von Derivaten
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II. 1. 2. 3. 4.
Allgemeine Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindlichkeit von Verträgen, die Derivate zum Gegenstand haben Haftungsrisiken bei Derivategeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsgestaltung bei OTC-Derivaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Besondere Rechtsfragen von Derivaten, die der Unternehmensfinanzierung dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einsatz von Derivaten zur direkten Mittelaufnahme . . . . . . . . . . . . 2. Einsatz von Derivaten zu Hedging-Zwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . .
633 633 637
6. Teil Vertrags- und Rechtsverhältnisse § 23 Übernahmevertrag bei Aktienemissionen (Haag) I. 1. 2. 3. XXIV
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transaktionsformen . . . . . . . . . . . . Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnatur des Übernahmevertrages
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II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Typischer Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übernahme bzw. Zeichnung der Aktien durch Konsortialbanken Preisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrzuteilungsoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung der Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewährleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedingungen für die weitere Vertragsdurchführung . . . . . . . . . . Vertragsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lieferung gegen Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Vertragbestimmungen; Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahmevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheiten bei einer indirekten Emission . . . . . . . . . . . . . . . . .
677 677 686
§ 24 Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen (Schlitt/Schäfer)
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Umtauschanleihen . . . . . . . . . . . Übernahmepflicht . . . . . . . . . . . . Garantien und Gewährleistungen . Verpflichtungen des Emittenten . . Erklärungen der Bank . . . . . . . . . Bedingungen und Rücktrittsrechte
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IV. Vertrag mit Zahl- und Wandlungs-/Umtauschstelle . . . . . . . . . . . . .
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V. Book-Entry Registration Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 25 Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen (Diekmann) I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3.
Platzierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Firm Commitment, Underwriting, kommisionsweise Übernahme . . Öffentliche Platzierung – private Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . Tender- und Bookbuilding-System, öffentliche Zuteilung (Subskription), Freihändiger Verkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Daueremission, Emissionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur des Übernahmevertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. 1. 2. 3.
Wesentliche Verpflichtungen der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . Wesentliche vertragliche Verpflichtungen des Bankenkonsortiums . Wesentliche vertragliche Verpflichtungen der Emittenten . . . . . . . Drittwirkende Verpflichtungen aus dem Übernahmevertrag . . . . . .
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691 691 691 692 693 695 695 697 697 700 701 XXV
Inhaltsverzeichnis Seite
4. Vorvertragliche Regelungen (Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Begebung der Anleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begebungsvertrag und Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbriefung und Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
703 703 703
V. Representations and Warranties . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung der wesentlichen Representations and Warranties . . . . . 2. Rechtsnatur der Representations and Warranties nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
704 704
VI. Haftungsfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Freistellung der Konsortialbanken von der Prospekthaftung und sonstigen Ansprüchen durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freistellung des Emittenten durch die Konsortialbanken . . . . . . . . .
706 706 707
VII. Bedingungen und Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
707 708 709
VIII. Sonstige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
710 710 711
IX. Weitere Dokumente im Anleihen . . . . . . . . . . . 1. Zahlstellenvertrag . . . . 2. Weitere Dokumente . .
Zusammenhang mit der Begebung von ................................. ................................. .................................
705
711 711 712
§ 26 Konsortialvertrag (Schücking) I. Konsortialgeschäft der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3. 4. 5.
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Effektenkonsortialgeschäft . . Emissionsgeschäft . . . . . . . . Platzierung . . . . . . . . . . . . . Börseneinführung . . . . . . . . Verwaltung von Sicherheiten Weitere Dienstleistungen . . .
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715 715 716 716 716 717
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Funktion des Konsortiums . Vermittlungskonsortium . . Begebungskonsortium . . . . Garantiekonsortium . . . . . Übernahmekonsortium . . . Einheitskonsortium . . . . . .
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IV. 1. 2. 3. 4.
Interessen der Beteiligten . Konsortialführer . . . . . . . Konsortialbanken . . . . . . Unterbeteiligte . . . . . . . . Dritte . . . . . . . . . . . . . . .
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V. 1. 2. 3.
Gestaltungsformen Außenkonsortium . Innenkonsortium . Unterkonsortium .
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VI. Rechtsnatur des Konsortiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII. 1. 2. 3. 4. 5.
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Inhalt des Konsortialvertrags . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitglieder und Quoten . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . Eigentumsverhältnisse und Außenhaftung Haftung im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . Zusätzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . Nicht geregelte Gegenstände . . . . . . . . . .
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Rechte und Pflichten der Konsortialbanken . Rechte der Konsorten . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten der Konsorten . . . . . . . . . . . . . . . Haftungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zusätzliche Rechte und Pflichten des Konsortialführers . Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungsersatz und Haftungsfreistellung . . . . . . . . Auskunftspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XII. Änderungen des Konsortialvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
730
IX. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. X. 1. 2. 3. XI. 1. 2. 3. 4. 5.
Zustandekommen des Konsortialvertrags Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelkonsortium . . . . . . . . . . . . . . . . . Einheitsvertragskonsortium . . . . . . . . . . Einladungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . Konsortialvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XIII. 1. 2. 3.
Auflösung des Konsortiums Zweckerreichung . . . . . . . Kündigung . . . . . . . . . . . . Insolvenz . . . . . . . . . . . . .
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731 731 731 731
XIV. 1. 2. 3. 4. 5.
Öffentliches Wirtschaftsrecht . Bankaufsichtsrecht . . . . . . . . Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . Währungs- und Devisenrecht . Außenwirtschaftsrecht . . . . .
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732 732 733 733 735 735
XV. Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
736
XXVII
Inhaltsverzeichnis
§ 27 Due Diligence (Nägele) I. 1. 2. 3.
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737 737 738 739
II. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen durch Recht und Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arten von Due Diligence und Schwerpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . .
740 740 740
III. 1. 2. 3.
Begriff, Funktion und Beteiligte Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis der Due Diligence zur Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen der Due Diligence auf das Verhältnis zwischen Emissionsbanken und Emittent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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745 745 748 749
Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaftsrechtliche Grenzen . . . . . . . . . Kapitalmarktrechtliche Grenzen . . . . . . . . . Datenschutzrechtliche und weitere Grenzen .
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V. 1. 2. 3.
Organisation . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . Durchführung . . . . . . . . . . . . . . Auswertung und Dokumentation
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Seite
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750
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751 751 753 754
VI. Besonderheiten bei regelmäßiger Inanspruchnahme des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
755
§ 28 Comfort Letter (Kunold) I. Die Bedeutung und Funktion des Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . 1. US-amerikanischer Standard SAS 72 vor dem Hintergrund der Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktion des Comfort Letter in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . II. IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich und Aufbau des Prüfungsstandards . . . . . . . . . 3. Form und Aufbau des Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsnatur eines Comfort Letter und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vollständigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Behandlung von Konzernsachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3. 4.
Inhaltliche Anforderungen an den Comfort Letter nach IDW PS 910 Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussage zu geprüften Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussage zur Folgeperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pro-Forma-Finanzinformationen und Complex Financial Histories . .
XXVIII
758 759 761 763 763 764 765 766 767 768 768 768 769 772 777
Inhaltsverzeichnis Seite
5. Formeller Zahlenabgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verwendungszweck und Grundlage des Comfort Letter . . . . . . . . . . 7. Rechtswahlklausel und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
778 779 779
IV. Bring Down Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
780
V. Praxis bei internationalen Wertpapieremissionen . . . . . . . . . . . . . .
780
§ 29 Legal Opinion und Disclosure Opinion (Seiler) I. Funktion und Bedeutung von Legal Opinion und Disclosure Opinion 1. Informations- und Risikoaufdeckungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verteidigungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
783 785 786
II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
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787 787 787 789 790 792 796 797
Legal Opinion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgabezeitpunkt(e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussteller der Legal Opinion . . . . . . . . . . . Adressat(en) der Legal Opinion . . . . . . . . . . Einleitende Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . Materielle Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs Kostenfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.............. .............. .............. .............. .............. .............. der Legal Opinion ..............
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III. 1. 2. 3. 4. 5.
Disclosure Opinion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Disclosure Opinion . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgabezeitpunkt(e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussteller der Disclosure Opinion . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Abgabe der Disclosure Opinion . . Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs der Disclosure
....... ....... ....... ....... ....... Opinion
798 798 799 799 800 800
IV. 1. 2. 3.
Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Grundlage für die Haftung . . . . Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . Haftungsumfang und Haftungsbegrenzung
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801 801 802 803
I. Prospektpflicht und Praxis der Prospekterstellung . . . . . . . . . . . . . . 1. Prospektpflicht und Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung des Prospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
807 807 810
II. Anforderungen an Prospekte . . . . . 1. Allgemeine Anforderungen . . . . . . 2. Prospekt als ein einziges Dokument Basisprospekt . . . . . . . . . . . . . . . .
811 811
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7. Teil Prospekt, Börsenzulassung § 30 Wertpapierprospekt (Meyer)
........................ ........................ oder mehrere Einzeldokumente; ........................
812 XXIX
Inhaltsverzeichnis Seite
3. 4. 5. 6. 7. III. 1. 2. 3.
Mindestangaben . . . . . . . . . . . . . Prospektinhalt . . . . . . . . . . . . . . Nichtaufnahme von Angaben . . . . Angaben in Form eines Verweises Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Billigung . . . . . . . . . . . . Billigungsverfahren . . . . Europäischer Pass . . . . . Gültigkeit des Prospekts
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IV. Veröffentlichung des Prospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Nachtrag zum Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
839
VI. Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
842
VII. Prospekte bei internationalen Wertpapieremissionen . . . . . . . . . . . . 1. So genannter Internationaler Prospekt und US-Prospekt . . . . . . . . . . 2. So genannter Red Herring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
843 843 843
§ 31 Börsenzulassungsverfahren (Trapp) I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung des Zulassungsverfahrens für die effiziente Kapitalallokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Anlegerschutz . . 3. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Jüngere Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Regulierter Markt als einziges gesetzliches Marktsegment .
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II. 1. 2. 3. 4. 5.
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850 850 850 851 856 858
Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständige Behörde und Antragsverfahren . . . . . . . . . . . Rechtsstellung der Beteiligten im Zulassungsverfahren . . Mehrfachzulassung und grenzüberschreitende Zulassung . Zulassungsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Aufnahme der Notierung – Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufnahme der Notierung (Einführung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung in den regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
865 865 866
III. 1. 2. 3. 4.
V. 1. 2. 3. XXX
Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulassungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . Produktspezifische Zulassungsvoraussetzungen Börsenspezifische Zulassungsvoraussetzungen . Zulassung, Handelssegmente und Indizes . . . . .
Freiverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . Einbeziehung in den Freiverkehr Der Entry Standard der FWB . . . .
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867 867 868 869
Inhaltsverzeichnis
§ 32 Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens (Klawitter)
Seite
I. Insiderrechtliche Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insiderhandelsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen und der Empfehlung von Insiderpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht des Emittenten zur Führung eines Insiderverzeichnisses und zur Aufklärung der Insider über ihre Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3.
881 884
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888 890 896
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903
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907
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908
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910
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912 914
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen einer Kapitalmarktinformationshaftung . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalmarktinformationshaftung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . .
919 919 921
II. 1. 2. 3. 4. 5.
4. 5. 6. 7. 8.
Publizitäts- und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Beteiligungsveränderungen an börsennotierten Gesellschaften gem. §§ 21 ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten betreffend „Directors’ Dealings“ gem. § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex gem. § 161 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflichten für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren gem. §§ 30a ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jährliches Dokument gem. § 10 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
872 873
§ 33 Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation (Mülbert/Steup)
Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . Organaußenhaftung . . . . . . . . . . . . . .
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924 924 925 967 971 972
III. 1. 2. 3.
Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität . . . . . Emittentenhaftung nach den §§ 37b, 37c WpHG Emittentenhaftung nach sonstigen Vorschriften Organaußenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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972 972 989 993
IV. 1. 2. 3.
Haftung für fehlerhafte Regelpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deliktische Haftung für fehlerhafte/fehlende Regelpublizität Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . .
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994 994 998 1002 XXXI
Inhaltsverzeichnis Seite
4. Haftung analog §§ 37b, 37c WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Organaußenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1002 1003
V. Haftung für fehlerhafte sonstige Kapitalmarktinformation . . . . . 1. Haftung für fehlerhafte Angaben nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG/ § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung für Kurs- und Marktpreismanipulation (§ 20a WpHG) . . 3. Haftung für fehlerhafte Mitteilungen nach § 15a WpHG . . . . . . 4. Haftung für fehlerhafte freiwillige Kapitalmarktinformation . . .
...
1004
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1004 1005 1005 1006
I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1008
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§ 34 Stabilisierung (Feuring/Berrar) II. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation und der Ausnahmen im Hinblick auf Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen vom Verbot der Marktmanipulation im Hinblick auf Kursstabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässige Maßnahmen nach § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. Art. 7 ff. VO 2273/2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kursstabilisierung im Sinne des Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 . . . . 2. Für die Stabilisierung Verantwortlicher (Stabilisierungsmanager) 3. Stabilisierungszeitraum nach Art. 8 VO 2273/2003 . . . . . . . . . . 4. Bekanntgabe von Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 5. Mehrzuteilung und Greenshoe-Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Im Ausland getätigte Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . .
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1010 1010 1012
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1013 1014 1017 1019 1023 1027 1031
IV. Zulässige und anerkannte Marktpraxis nach AnSVG . . . . . . . . . . . .
1032
V. Rückkauf eigener Aktien nach Art. 3–6 VO 2273/2003 . . . . . . . . . .
1033
§ 35 Beendigung der Börsenzulassung (Habersack) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Arten des Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Börsen- und aktienrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1036 1036 1037
II. 1. 2. 3.
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1037 1037 1047 1047
III. Delisting von Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anleihen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bezugs- und Umtauschrechte im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . .
1050 1050 1050
Delisting von Aktien . Reguläres Delisting . . Zwangsdelisting . . . . Kaltes Delisting . . . .
XXXII
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Inhaltsverzeichnis
8. Teil Aspekte ausländischer Jurisdiktionen § 36 Börsenzulassung in Luxemburg (Kremer)
Seite
I. Die Luxemburger Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organisation und Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Marktposition im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1054 1054 1055
II. Zulassungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Grundlage für die Zulassung und Notierung . . . . . . . . . . 2. Finanztechnische Voraussetzungen für die Notierung . . . . . . . . . . .
1055 1055 1062
III. 1. 2. 3. 4. 5.
Zulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . Prospekterstellung . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . Internationale Prospektanerkennung . Der Prospekt für den Euro-MTF-Markt
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1064 1064 1064 1067 1068 1068
IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Verpflichtungen der Emittentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Gesetz über Märkte für Finanzinstrumente (MIFID-Gesetz) . Auswirkungen des Marktmissbrauch-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen des Transparenz-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswirkungen des Übernahme-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückkauf- und Austauschstransaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1069 1069 1070 1071 1071 1072 1072
V. Zulassung auf dem Offiziellen Markt im Vergleich zur Zulassung auf dem Euro-MTF-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 37 Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws (Werlen) I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3.
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Überblick über die wesentlichen Institutionen der Securities Laws Securities Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Securities Exchange Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Securities and Exchange Commission (SEC) . . . . . . . . . . . . . .
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1079 1079 1080 1080
IV. Geltungsbereich der Securities Laws . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Territorialer Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1081 1081 1081
V. Die Primärkapitalmarktregelung im Securities Act . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche Charakteristika des Securities Act . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. 1. 2. 3.
Konzeptionelle Grundlagen der Securities Laws . . . . . . . . . . . Historischer Hintergrund und Entwicklung der Securities Laws Ziele der Securities Laws . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offenlegung (disclosure) als Leitprinzip der Securities Laws . . .
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Inhaltsverzeichnis Seite
2. Öffentliches Angebot in den USA – Registrierung bei der SEC . . . . . 3. Privatplatzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Angebote und Verkäufe außerhalb der USA – Regulation S . . . . . . . .
1084 1099 1109
VI. 1. 2. 3.
Die Sekundärmarktregelung im Exchange Act . . . . . . . . . . . . Die Registrierung von Wertpapieren unter dem Exchange Act Konsequenzen der Exchange Act-Registrierung . . . . . . . . . . . Notierung (listing) an einer amerikanischen Wertpapierbörse .
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VII. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Haftungsvorschriften im Securities Act und im Exchange Act Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Section 11 Securities Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Section 12 Securities Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Section 17(a) Securities Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Section 10(b) und Rule 10b-5 SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeiten der Haftungsreduktion . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Spezialprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Investment Company Act von 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Passive Foreign Investment Companies . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Trust Indenture Act von 1939 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelstaatliche Wertpapiergesetze (blue sky laws) . . . . . . . . . . Stabilisierung: Regulation M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ADRs, New York Registry Shares und Global Registered Shares . Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Research . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
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Autorenverzeichnis Dr. Gabriele Apfelbacher ist Partnerin im Frankfurter Büro der internationalen Sozietät Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP. Sie berät vor allem bei internationalen Kapitalmarkttransaktionen, Unternehmensübernahmen und M&A-Transaktionen im Bankensektor. Dr. Michael Arnold ist Rechtsanwalt und Partner im Stuttgarter Büro der internationalen Anwaltssozietät Gleiss Lutz. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich des Aktienrechts, des Konzernrechts, öffentlicher Übernahmen und Mergers & Acquisitions. Dr. Arnold ist durch zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge auf diesen Gebieten hervorgetreten. Arndt Bardelmeier, Rechtsanwalt, arbeitet seit August 1999 in der Rechtsabteilung der WestLB AG in Düsseldorf. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen im Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht. Dr. Michael Berghaus leitet seit Januar 2003 als Chefsyndikus die konzernweite Rechtsabteilung der WestLB AG in Düsseldorf. Er war zuvor fast acht Jahre in gleicher Funktion bei der Landesbank Schleswig-Holstein in Kiel (heute HSH Nordbank AG) tätig. Sein durch das Bankrecht geprägter Werdegang begann bei der Westdeutschen Landesbank Girozentrale, Düsseldorf (1989) und der Deutschen Apothekerund Ärztebank e.G., Düsseldorf (1993). Dr. Carsten Berrar ist Rechtsanwalt und Partner bei Sullivan & Cromwell LLP in Frankfurt. Im Anschluss an die Juristischen Staatsexamina und Promotion in München sowie Auslandsstudien in Frankreich (Licencé en droit, Université Paris II Panthéon-Assas) und den USA (LL.M., Harvard Law School; Attorney-at-Law, New York) ist er seit dem Jahr 2000 für Sullivan & Cromwell tätig. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Kapitalmarktrecht, insbesondere im Bereich Börsengänge und Kapitalerhöhungen, sowie im Übernahme- und Gesellschaftsrecht. Jan Brehm ist Vice President und arbeitet seit Januar 2005 im Aktienkapitalmarktgeschäft der Credit Suisse in Frankfurt am Main. Nach seinem BWL-Studium an den Universitäten Mannheim und St. Gallen war er für fünf Jahre im Investment Banking der Dresdner Kleinwort Wasserstein in Frankfurt am Main tätig. Dabei begleitete er zahlreiche internationale Aktienemissionen, insbesondere Börsengänge, Kapitalerhöhungen, Block-Trade-Transaktionen und Wandel- bzw. Umtauschanleihen. Dr. Gottfried E. Breuninger ist Rechtsanwalt, Partner, Co-Head der weltweiten Steuergruppe der internationalen Sozietät Shearman & Sterling LLP und Office Managing Partner des Münchener Büros. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet des nationalen und internationalen Steuerrechts, der Unternehmens- und Konzernumstrukturierungen und der Strukturierung von grenzüberschreitenden Akquisitionen/ Joint-Ventures sowie von hybriden Finanzierungsinstrumenten. Dr. Breuninger ist durch zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge hervorgetreten.
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Dr. Hans Diekmann ist seit 1999 Rechtsanwalt und Sozius bei der internationalen Anwaltssozietät Shearman & Sterling LLP in Düsseldorf. Zuvor war er – nach Jurastudium in Münster/Westfalen und Paris und Auslandsaufenthalt in New York – für gut sieben Jahre in der Rechtsabteilung der Deutsche Bank AG in Frankfurt am Main tätig. Christof von Dryander ist Partner im Frankfurter Büro der internationalen Sozietät Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP. Er berät vor allem bei Unternehmensübernahmen und internationalen Kapitalmarkttransaktionen. Dr. Wolfgang Feuring war nach den Juristischen Staatsexamen und Promotion an der Universität Göttingen zunächst in der Industrie und in der Rechtsabteilung der Deutsche Bank AG tätig. Ab 1992 war er Rechtsanwalt und Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer bzw. deren Vorgängersozietäten. Seit November 2001 ist er Partner bei Sullivan & Cromwell LLP und Managing Partner des Frankfurter Büros. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Kapitalmarktrecht und Unternehmensrecht. Dr. Johannes Frey, LL.M. (Georgetown) und Attorney-at-Law (New York), ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner der internationalen Sozietät Shearman & Sterling LLP in Frankfurt am Main. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet des nationalen und internationalen Steuerrechts, insbesondere der Strukturierung von grenzüberschreitenden Akquisitionen, Bankfinanzierungen und Finanzinstrumenten. Dr. Frey ist durch zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge auf diesen Gebieten hervorgetreten. Dr. Martin Geiger ist Partner im Londoner Büro von Hengeler Mueller. Den Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die Beratung in allen Bereichen der strukturierten Finanzierungen, insbesondere bei Verbriefungen, Immobilienfinanzierungen, Kreditderivaten und strukturierten Akquisitionsfinanzierungen. Michael Gottmann ist seit 2007 Rechtsanwalt im Capital Markets Team von Fried, Frank, Harris, Shriver & Jacobson LLP in Frankfurt am Main. Seit Abschluss seines Studiums an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität 2004 arbeitete er im Equity Capital Markets Team von Allen & Overy LLP in Frankfurt und während der Wahlstation seines Referendariats in der US Law Group von Allen & Overy LLP in London. Dr. Christoph L. Gleske ist seit 1997 Rechtsanwalt und seit 2002 Partner im Frankfurter Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer. Er berät Emittenten und Konsortialbanken bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen und der Begebung von Schuldverschreibungen, insbesondere Wandel- und Umtauschanleihen, Hybrid- und High Yield-Anleihen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der rechtlichen Strukturierung verbriefter Derivate und im Bankaufsichtsrecht. Dr. Hendrik Haag ist Partner im Frankfurter Büro von Hengeler Mueller. Er ist seit 20 Jahren in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts beratend tätig. Zu seinen Schwerpunkten zählt neben dem Bankaufsichtsrecht, Wertpapieremissionen und Kreditfinanzierungen vor allem auch die Strukturierung komplexer Finanzprodukte. Er ist Mitautor des Beck’schen Formularbuchs zum Bürgerlichen HandelsXXXVI
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und Wirtschaftsrecht sowie Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts. Professor Dr. Mathias Habersack ist seit 1.10.2007 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zuvor war er Lehrstuhlinhaber in Mainz (2000 bis 2007) und Regensburg (1996 bis 2000), von 2003 bis 2007 zudem Direktor des Mainzer Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens. Den Schwerpunkt der Veröffentlichungen von Professor Habersack bilden das Gesellschafts- und Bankrecht. Er ist Mitglied der Schriftleitung der ZHR und des Herausgeberbeirats der ZIP sowie Mitherausgeber der NZG, der BKR und der 3. Auflage des Münchener Kommentars zum AktG. Dr. Louis Hagen begann nach einer Bankausbildung bei der Bayerischen Vereinsbank AG in München ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München mit Promotion an der Universität Berlin sowie einem Referendariat in München und New York. Nach anschließender Tätigkeit als Rechtsanwalt in einer Münchener Anwaltskanzlei und Prokurist der BV-Beteiligungsgesellschaft in München leitete er das Büro des Verbandes deutscher Hypothekenbanken in Brüssel. Es folgte eine 3-jährige Tätigkeit als Direktor der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG im Immobiliensanierungsmanagement, München. Seit 2001 ist Dr. Louis Hagen Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) in Berlin und war von 2004 bis 2007 auch Vorsitzender des European Covered Bond Council (ECBC) in Brüssel. Des Weiteren ist er Mitglied des Börsenrates der Risk Management Exchange Hannover (RMX). Dr. Peter Hemeling ist seit Juli 2004 Chefsyndikus der Allianz AG in München. Bereits seit Oktober 2001 war er als Syndikus im Bereich Mergers & Akquisitions und Kapitalmarktrecht bei der Allianz AG tätig. Zuvor arbeitete Dr. Hemeling seit 1986 als Syndikus in der Dresdner Bank AG in Frankfurt am Main schwerpunktmäßig im Bereich Gesellschafts- und Konzernrecht sowie im Kapitalmarktrecht. In dieser Funktion war er u.a. intensiv mit Fragen des Börsenrechts, der Aktienplatzierung und der Anleiheemission befasst. Dr. Achim Herfs, LL.M. (Cornell), Rechtsanwalt, ist seit Juli 1997 Partner bei Hengeler Mueller im Münchener Büro. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschaftsrecht und M&A-Transaktionen sowie Kapitalmarkttransationen im Bereich Aktien, insbesondere Börsengänge und Kapitalerhöhungen. Er ist Co-Autor des Münchener Handbuchs Gesellschaftsrecht, Aktiengesellschaft. Dr. Stephan Hutter begann seine anwaltliche Tätigkeit bei Shearman & Sterling LLP im Jahre 1986 in New York und ist dort seit 1995 Partner. Seit 1992 ist Dr. Hutter im Frankfurter Büro von Shearman & Sterling LLP tätig. Er berät vorwiegend auf dem Gebiet des internationalen Kapitalmarktrechts und bei grenzüberschreitenden Finanzierungen. Er hat einschlägige Transaktionserfahrung bei internationalen (insbesondere U.S.-amerikanischen) Emissionen deutscher, österreichischer und schweizerischer Unternehmen und Banken. Er ist Autor verschiedener Veröffentlichungen im Bereich des internationalen Kapitalmarktrechts und referiert regelmäßig bei Seminaren in diesem Bereich. XXXVII
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Dr. Jürgen Kammerlohr, M.C.L., ist Leiter der Abteilung Group Investments – Europe in der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft. Er arbeitet seit 1998 in der Münchener Rück im Geschäftsbereich Finanzen. Zuvor war er Partner einer Rechtsanwaltskanzlei in München. Dr. Kammerlohr hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich nationaler und internationaler Kapitalmarkttransaktionen. Sein Aufgabengebiet umfasst insbesondere grenzüberschreitende M&A-Transaktionen und Block-Trades sowie Maßnahmen der Innen- und Außenfinanzierung, einschließlich Kapitalerhöhungen und Anleihen-Platzierungen. Dr. Uta Karen Klawitter, MBA (WHU/Kellogg), ist Leiterin Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht bei der Deutschen Telekom AG in Bonn. Nach zweijähriger Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Osnabrück, Lehrstuhl Prof. Dr. Dr. h.c. Theodor Baums, war sie ab 1995 in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A als Rechtsanwältin in der Internationalen Sozietät Shearman & Sterling LLP tätig und von 1998 bis 2001 Leiterin Gesellschafts- und Konzernrecht I bei der DaimlerChrysler AG in Stuttgart. Dr. Rainer Krause ist Rechtsanwalt und Partner bei Hengeler Mueller. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind die Beratung von börsennotierten Aktiengesellschaften und Investmentbanken in Fragen des Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und Übernahmerechts sowie die Betreuung nationaler und internationaler Unternehmensakquisitionen und -zusammenschlüsse. Christian Kremer ist Managing Partner der Kanzlei Kremer, Associés & Clifford Chance. Er ist hauptsächlich in den Bereichen Banken-, Finanz- und Unternehmensrecht tätig. Er ist in Luxemburg und Brüssel als Anwalt zugelassen. Christian Kremer berät Finanzinstitute und internationale Gesellschaften, insbesondere bezüglich grenzüberschreitender Aktivitäten. Er ist Mitglied verschiedener Gremien und Komitees in Luxemburg. Christian Kremer hat einen Rechtsabschluss und einen MBA. Uta Kunold ist Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Freshfields Bruckhaus Deringer im Bereich Kapitalmarkt- und Finanzrecht. Von 2001 bis 2005 war sie Referentin für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht beim Deutschen Aktieninstitut e.V. in Frankfurt am Main und dort u.a. verantwortlich für den Arbeitskreis Comfort Letter. Zuvor war sie in der Firmenkundenabteilung einer Bank sowie nach anschließendem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena tätig. Sie ist darüber hinaus Autorin von Veröffentlichungen im Kapitalmarktrecht. Heiko Leopold ist Direktor im Bereich Equity Capital Markets der Deutsche Bank AG in Frankfurt am Main. Sein Aufgabengebiet umfasst insbesondere die Vorbereitung und Durchführung von Aktienmarkttransaktionen wie Börsengänge, Kapitalerhöhungen und Umplatzierungen in Deutschland und Österreich. Zuvor war er im Bereich Corporate Finance bei Merrill Lynch sowie bei Sal. Oppenheim tätig. Heiko Leopold studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes und der University of Michigan Business School und schloss sein Studium als Diplomkaufmann ab.
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Dr. Foruhar Madjlessi ist Managing Director im Bereich Equity Capital Markets bei der Deutsche Bank in London. Er verantwortet die Betreung von Kunden in Deutschland und Österreich. Sein Aufgabengebiet umfasst insbesondere die Beratung von Emittenten bei Börsengängen, Kapitalerhöhungen sowie der Umplatzierung von Aktienpaketen. Dr. Madjlessi ist seit 1996 in verschiedenen Positionen im Investment Banking tätig. Zuvor studierte er an der Universität Karlsruhe (TH) und der Owen Graduate School of Management der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee. Er ist Dipl. Wirtschaftsingenieur und Dr. rer. pol. der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Karlsruhe (TH). Dr. Andreas Meyer, Rechtsanwalt, ist Syndikus der Deutsche Bank AG in Frankfurt amMain. Zuvor war er als Rechtsanwalt in einer internationalen Anwaltssozietät in Frankfurt am Main und London tätig. Er berät vor allem in Fragen des Gesellschaftsund Kapitalmarktrechts. Dazu gehört insbesondere die Begleitung internationaler Kapitalmarkttransaktionen wie Aktien- und Anleiheemissionen, einschließlich Wandel- und Umtauschanleihen, so genannte High Yield Bonds und Block Trades. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Beratung des M&A-Geschäfts. Er ist Autor von Veröffentlichungen im Bereich des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts und referiert regelmäßig bei Fachseminaren zu kapitalmarktrechtlichen Themen. Dr. Asmus Mihm ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Er ist Partner in der internationalen Steuerpraxis von Allen & Overy LLP. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der steuerlichen Strukturierung komplexer grenzüberschreitender Finanzierungen und der Beratung von Banken und Finanzdienstleistern bei der Entwicklung neuer Produkte für den Kapitalmarkt und im Bereich der steueroptimierten Spezialfinanzierung. Daneben verfügt er über umfangreiche Erfahrung bei der rechtlichen und steuerlichen Strukturierung nationaler und grenzüberschreitender Unternehmenskäufe, insbesondere in den Bereichen Automobilzulieferer, Pharmaindustrie, Banken und Versicherungen und berät global tätige Unternehmen bei der steuereffizienten Gestaltung ihres deutschen Geschäfts. Professor Dr. Peter O. Mülbert ist seit 1.10.1999 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Bankrecht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und seit 1.1.2001 Direktor des dortigen Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens. Der Schwerpunkt seiner Veröffentlichungen liegt im Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und Bankvertragsrecht. Er ist Mitglied des Redaktionsbeirats der WM, Mitherausgeber von ZHR und NZG, Mitglied des Vorstands der Bankrechtliche Vereinigung e.V. und des Panel of Financial Services Experts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments sowie Research Member des European Corporate Governance Institute (ECGI). Peter Nägele ist Rechtsanwalt sowie Attorney at Law (New York) und Partner der Sozietät Mayer Brown LLP in Frankfurt am Main. Er berät seit rund 20 Jahren Unternehmen und Banken im Wirtschaftsrecht und insbesondere bei Kapitalmarkttransaktionen. Zu seinen Schwerpunkten zählt die umfassende Betreuung von Mandanten bei der Vorbereitung und Durchführung von Börsengängen sowie der Erfüllung der kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten. Weitere Schwerpunkte liegen in der Beratung von M&A-Transaktionen und Übernahmen sowie im Bereich Compliance einschließlich wirtschaftsstrafrechtlicher Fragestellungen (Issue Management). XXXIX
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Stefan Ries ist Senior Vice President und seit 2000 im Investment Banking bei Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA in Frankfurt am Main tätig. Zuvor arbeitete er vier Jahre im Corporate Finance/ECM der BHF-BANK sowie vier Jahre in der Firmenkundenbetreuung bei Sal. Oppenheim. Sein Aufgabengebiet im Bereich Equity Capital Markets umfasst das Aktienkapitalmarktgeschäft sowie Mezzanine-Finanzierungen. Er verfügt über umfassende Erfahrungen aus zahlreichen Börsengängen, Kapitalerhöhungen, Aktienumplatzierungen und Übernahmeangeboten sowie bei der Strukturierung und Platzierung von Hybrid-Anleihen und Genussscheinen. Stefan Rudolf ist Direktor und stellvertretender Leiter des Stabsbereichs Grundsatz Kapitalmarkt im Corporate Center der Deutsche Bank AG in Frankfurt am Main. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen in der Mandatsbetreuung und der Behandlung geschäftspolitischer und strategischer Fragen zu den deutschen und europäischen Bank-, Börsen- und Wertpapiermärkten. Barbara Rühlmann ist seit 1997 bei der UBS AG, Zürich und Basel und leitet dort seit 2005 den Bereich Transactions Legal in der Schweiz. Davor war sie bei der UBS Investment Bank AG, Rechtsbereich, Frankfurt am Main tätig. Sie ist verantwortlich für alle Transaktionen nach schweizerischem und österreichischem Recht im Bereich Aktien (IPOs, Secondaries, Block Trades), Kapitalerhöhungen, Wandel- und Austauschanleihen sowie für die Emissionsbegleitung von Inhaberschuldverschreibungen, Hybridanleihen sowie Debt Issuance Programmen. Davor war sie sieben Jahre für die Bayerische Landesbank im Bereich Capital Markets tätig und beschäftigte sich neben den Eigen- und Fremdanleihen u.a. mit Asset Backed Securities und Exportfinanzierung. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Ludwig-MaximiliansUniversität in München und absolvierte in dieser Zeit Praktika u.a. bei der Roland Berger Unternehmensberatung sowie einer Anwaltskanzlei in Los Angeles/USA. Dr. Hanns-Achim Schäcker leitet seit Januar 2005 das Aktienkapitalmarktgeschäft der Credit Suisse in Deutschland und Österreich. Zuvor arbeitete er sechs Jahre im Investment Banking der Dresdner Kleinwort Wasserstein in Frankfurt am Main, zuletzt als Head of Equity Capital Markets Germany, und vier Jahre für Paribas in London. Er verfügt über weitreichende Erfahrung bei internationalen Aktienkapitalmarkttransaktionen, insbesondere Börsengängen, Kapitalerhöhungen, vollvermarkteten Sekundärplatzierungen, Wandelschuldverschreibungen bzw. Umtauschanleihen und Block-Trade-Transaktionen. Dr. Susanne Schäfer, LL.M., Rechtsanwältin, Solicitor (England &Wales) ist European Counsel bei Fried, Frank, Harris, Shriver & Jacobson LLP in Frankfurt am Main. Bis Mitte 2007 war sie bei Allen & Overy LLP in Frankfurt am Main tätig, zuletzt als Counsel. Sie berät Emittenten und Emissionsbanken bei nationalen und internationalen Kapitalmarkttransaktionen, insbesondere Börsengängen, Kapitalerhöhungen, Wandelschuldverschreibungen, Umtauschanleihen und Block Trades. Dr. Susanne Schäfer hat zahlreiche Aufsätze als Co-Autorin veröffentlicht. Dr. Michael Schlitt, Rechtsanwalt, ist seit 2007 Partner im Frankfurter Büro von Fried Frank und leitet das Capital Markets Team in Deutschland. Zuvor war er Partner bei Allen & Overy LLP (2000–2007). Michael Schlitt verfügt über weitreichende Erfahrung bei internationalen Kapitalmarkt-Transaktionen, insbesondere BörsenXL
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gängen, Kapitalerhöhungen, Platzierungen von Wandel-, Options-, Umtausch- und Hybridanleihen sowie Block-Trade-Transaktionen. Er berät Investmentbanken und international tätige Konzerne auf dem Gebiet des Kapitalmarkt- und Aktienrechts. Er ist Verfasser zahlreicher Aufsätze und Buchbeiträge und Co-Autor in Kommentaren auf dem Gebiet des Kapitalmarkt-, Aktien- und Übernahmerechts. Dr. Schlitt ist Lehrbeauftragter für Kapitalmarktrecht an der Universität zu Köln. Dr. Christoph Schücking studierte nach einer Banklehre bei der BHF-BANK in Frankfurt am Main von 1972 bis 1980 Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg i. Br. und Genf und arbeitete an diesen Universitäten auch als Assistent. Seit 1981 ist Dr. Schücking Rechtsanwalt und seit 2000 Notar in der Sozietät CMS Hasche Sigle (früher Peltzer & Riesenkampff) in Frankfurt am Main. Er ist Mitglied mehrerer Aufsichtsräte und Gesellschafterausschüsse. Professor Dr. Andreas Schumacher ist Steuerberater, Partner von Flick Gocke Schaumburg in Bonn und Honorarprofessor der Universität Mannheim. Seine praktischen Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Unternehmens- und Konzernsteuerrecht, insbesondere bei nationalen und internationalen Umstrukturierungen, Unternehmenskäufen und -verkäufen. Er ist Autor zahlreicher steuerrechtlicher Veröffentlichungen. Dr. Oliver Seiler, LL.M. (Cornell), Rechtsanwalt, ist seit 2001 bei Allen & Overy LLP in Frankfurt am Main tätig, seit 2003 als Partner. Davor war er von 1997–2001 als Associate bei Hengeler Mueller tätig. Er verfügt über breite Erfahrung bei Kapitalmarkttransaktionen, dort insbesondere bei der Platzierung von Aktien und Wandelschuldverschreibungen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Praxis liegt im Aktienund Übernahmerecht. Dr. Seiler ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen sowie CoAutor in Kommentaren auf diesen Gebieten. Dr. Bernd Singhof, LL.M., ist Rechtsanwalt und Syndikus der Dresdner Bank AG in Frankfurt am Main. Seine Tätigkeitsschwerpunkte bilden das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sowie das Konzernrecht. Im Bereich Legal Services ist er für Unternehmensfinanzierungen (Corporate Finance) und Unternehmensakquisitionen (M&A) zuständig und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Kapitalmarkttransaktionen und Strukturmaßnahmen begleitet. Zuvor war er geschäftsführender Assistent eines Instituts für internationales Bankrecht. Seit dieser Zeit hat er zu den genannten Themengebieten regelmäßig publiziert. Hans Stamm, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, berät seit 2000 als Partner der Sozietät Clifford Chance in München überwiegend im Bereich Finanz- und Kapitalmarktrecht und Finanzsteuerrecht. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Begleitung von strukturierten Finanzierungen und Anleihen, insbesondere Genussscheinen und Hybridanleihen, sowie von Finanzprodukten und Fonds im Bereich Alternative Investments. Steffen Steup war vom 1.6.2003 bis zum 31.5.2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Bankrecht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er ist derzeit Rechtsreferendar am Landgericht Mainz. XLI
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Christoph Trapp, Rechtsanwalt, ist Justiziar der Commerzbank AG in Frankfurt am Main und leitet im Zentralen Stab Recht den Fachbereich Unternehmensrecht und Börseneinführungen. Seine Tätigkeitsgebiete sind das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Er ist für die gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten der Commerzbank AG verantwortlich, betreut rechtlich die M&A Transaktionen der Bank und berät das Geschäftsfeld Corporates und Markets bei Kapitalmarkttransaktionen im Aktienbereich. Christoph F. Vaupel, LL.M. (corporate) (NYU), Rechtsanwalt und Attorney at Law (New York), ist seit 1991 als Rechtsanwalt tätig und Partner im Frankfurter Büro von Linklaters im Bereich Capital Markets. Er ist spezialisiert auf Aktien-Kapitalmarkttransaktionen, d.h. Börsengänge, Kapitalerhöhungen, Listings, Umplatzierungen von Aktien, Aktienrückkäufe und öffentliche Übernahmen. Darüber hinaus berät er börsennotierte Unternehmen und internationale Investmentbanken bei wertpapierrechtlichen und regulatorischen Fragen, wie z.B. der Ad hoc-Publizität, des Insiderrechts oder der Marktmanipulation. Er ist Verfasser zahlreicher Aufsätze und Buchbeiträge. Dr. Christian Weber, Maître en droit, ist Rechtsanwalt und Syndikus der Dresdner Bank AG in Frankfurt am Main und seit 1996 in der Rechtsabteilung der Bank tätig. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im gesellschafts-, kapitalmarkt- und übernahmerechtlichen Bereich. In dieser Funktion berät er die Investmentbank Dresdner Kleinwort bei der Betreuung von Kapitalmarkttransaktionen und Strukturmaßnahmen. Gleichzeitig ist er Ansprechpartner für Fragen der Corporate Governance. Dr. Thomas Werlen, LL.M., ist seit Januar 2006 Group General Counsel von Novartis und in dieser Position verantwortlich für die Rechtsangelegenheiten des Konzerns. Im September 2007 wurde er zum ständigen Beisitzer in der Geschäftsleitung von Novartis ernannt. Vor seinem Einstieg bei Novartis war Thomas Werlen bei verschiedenen schweizerischen und internationalen Anwaltskanzleien tätig, zuletzt von 2001- 2005 als Partner von Allen & Overy, London. Er ist sowohl in New York als auch in Zürich als Anwalt zugelassen. Thomas Werlen hat mehrere Bücher und Artikel auf den Gebieten Wirtschafts- und Finanzrecht verfasst. Zudem nimmt er Lehraufträge an den rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universität Zürich (LL.M.Programm) und der Universität St. Gallen (Executive M.B.L.-Programm) wahr. Er ist Mitglied der Zulassungsstelle der Schweizer Börse (SWX Swiss Exchange). Dr. Christoph Wolf, LL.M., Maître en Droit, Rechtsanwalt, ist seit Januar 2001 in der Rechtsabteilung von Morgan Stanley für deutsch-rechtliche Fragen im Bereich „Investmentbanking“ in Frankfurt am Main verantwortlich. Zuvor war er als Anwalt bei Feddersen Laule im Bereich Corporate, Schwerpunkt Cross-border M&A tätig. Er verfügt über vielseitige Erfahrung bei internationalen Kapitalmarkt- (Börsengänge, Wandel- und Umtauschanleihen, Kapitalerhöhungen und Block-Trades) und M&A-Transaktionen. Neben dem Kapitalmarktrecht liegen seine Tätigkeitsschwerpunkte im Übernahmerecht und im Aktienrecht.
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Literaturverzeichnis Spezialliteratur ist bei den einzelnen Beiträgen nachgewiesen. Achleitner, Handbuch Investment Banking, 3. Aufl. 2002 Assmann/Lenz/Ritz, Verkaufsprospektgesetz, 2001 Assmann/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 4. Aufl. 2006 Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007 Bankrechts-Handbuch, herausgegeben von Schimansky/Bunte/Lwowski, 3. Aufl. 2007 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. 2008 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 Beck’scher Bilanz-Kommentar, Handelsrecht und Steuerrecht, herausgegeben von Ellrott/Förschle/Hoyos/Winkeljohann, 6. Aufl. 2006 Beck’sches Handbuch der AG, herausgegeben von Müller/Rödder, 2004 Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, in Hellner/Steuer (Hrsg.), Bankrecht- und Bankpraxis (Loseblatt) Canaris, Emissionsgeschäft in Staub (Begr.), Großkomm. HGB, 3. Aufl., 2. Bearbeitung 1981, Rz. 2236 ff. Claussen, Bank- und Börsenrecht, 3. Aufl. 2003 Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl. 2008 Gericke, Handbuch für die Börsenzulassung von Wertpapieren, 1992 Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz, 1973 – 1994 Groß, Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2006 Großkommentar zum Aktiengesetz, herausgegeben von Hopt/Wiedemann, 4. Aufl. 1992 ff. Habersack/Mülbert/Schlitt (Hrsg.), Kapitalmarktinformation, 2008 Happ, Aktienrecht, 3. Aufl. 2007 Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, 2001 Heidel (Hrsg.), Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007 Herdt/Padberg/Walther (Hrsg.), Der Gang an die Börse, 3. Aufl. 1988 Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991 Horn, Das Recht der internationalen Anleihen, 1972 Hüffer, Aktiengesetz, 7. Aufl. 2006 Kerber, Eigenkapitalverwandte Finanzierungsinstrumente, 2001 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, herausgegeben von Zöllner, 2. Aufl. 1986 ff.; herausgegeben von Zöllner/Noack, 3. Aufl. 2004 ff. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002 Lutter/Scheffler/U. H. Schneider (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998 XLIII
Literaturverzeichnis
Marsch-Barner/Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 2005 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft, herausgegeben von Hoffmann-Becking, 3. Aufl. 2007 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, herausgegeben von Kropff/Semler, 2. Aufl. 2000 ff.; herausgegeben von Goette/Habersack, 3. Aufl. 2008 f. Münchener Kommentar zum HGB, herausgegeben von K. Schmidt, 1996–2004 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 63. Aufl. 2004 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 4. Aufl. 2006 Schäfer/Hamann (Hrsg.), Kapitalmarktgesetze (Loseblatt) Schanz, Börseneinführung, 3. Aufl. 2007 Schlüter, Börsenhandelsrecht, 2. Aufl. 2002 K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 2008 Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, 1996 Schwark (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. Aufl. 2004 Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 2. Aufl. 2004 Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, 1997 Spindler/Stilz (Hrsg.), AktG, 2007 Volk (Hrsg.), Going Public, 3. Aufl. 2000 Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 4. Aufl. 1981
XLIV
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.E. a.F. ABl. ABl. ABO ABS Abs. AcP ADHGB ADR ADTV AG AGB AICPA AIM AktG ALB Alt. Anh. AnlV Anm. AnSVG AO Art. AStG Aufl. AuslInvestmG AWG AWV
anderer Ansicht am Ende alte Fassung EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft(en) EU Amtsblatt der Europäischen Union Accelerated Bookbuilding Offering Asset Backed Securities Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch American Depositary Receipts Average Daily Trading Volume Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeine Geschäftsbedingungen American Institute of Certified Public Accounts Alternative Investment Market Aktiengesetz Allgemeine Bedingungen für kapitalbindende Lebensversicherungen Alternative Anhang Anlageverordnung Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Abgabenordnung Artikel Außensteuergesetz Auflage Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile Außenwirtschaftsgesetz Außenwirtschaftsverordnung
BaFin BankA BAnz BAWe BB Bd. BdB BDSG Begr. Beil. BelWertV BFH BGB
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bank-Archiv Bundesanzeiger Bundesaufsichtsamt für denWertpapierhandel Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Bundesverband deutscher Banken Bundesdatenschutzgesetz Begründung Beilage Beleihungswerteermittlungsverordnung Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch XLV
Abkürzungsverzeichnis
BGBl. BGH BGHZ BilKoG BilMoG BilReG BIP BIS BKR BMF BMJ BörsG BörsO BörsZulV BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BuB BVerfG bzgl.
Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtskontrollgesetz Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrechtsreformgesetz Bruttoinlandsprodukt Bank for International Settlements Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Börsengesetz FWB Börsenordnung der FrankfurterWertpapierbörse Börsenzulassungs-Verordnung Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis Bundesverfassungsgericht bezüglich
CBOE CBOT CD&A CDO CEO CESR CFO c.i.c. CLO CMBS CME CoCo CP CSSF
Chicago Board Options Chicago Board of Trade Compensation Discussion and Analysis Collateralized Debt Obligation Chief Executive Officer Committee of European Securities Regulators Chief Financial Officer/Collateralized Financial Obligation culpa in contahendo Collateralized Loan Obligation Commercial Mortgage Backed Securities Chicago Mercantile Exchange Contingent Conversion Commercial Paper Commission de Surveillance du Secteur Financier
D&O d.h. DAV DAX DB DBA DeckRegV DepotG DIP DiskE Diss. DM DSGV
Directors and Officers das heißt Deutscher Anwaltverein Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Deckungsregisterverordnung Depotgesetz Debt Issuance Program Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Mark Deutscher Sparkassen- und Giroverband
XLVI
Abkürzungsverzeichnis
DStR Dwir/DZWir
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EBITDA
Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortisation Electronic Data Gathering, Analysis and Retrieval-System European Economic Area Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Gesetz über elektronisches Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister European Master Agreement European Medium Term Note(s) Entry Standard Index Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen European Exchange, elektronische Terminbörse European Interbank Offered Rate Europäische Zeitschrift fürWirtschaftsrecht European Warrant Exchange Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Zentralbank
EDGAR-System EEA EG EGBGB EGHGB EGV EHUG EMA EMTN ESI EStG EU EuGH EuGVVO EuGVÜ Eurex EURIBOR EuZW EUWAX EWR EZB f., ff. FASB FAZ FCPA FDIA FFG FG FGG FinAnV FinBeh. FinMin FMFG Fn. FR FRN FRUG FS
folgende, fortfolgende Financial Accounting Standards Board Frankfurter Allgemeine Zeitung Foreign Corrupt Practices Act Federal Deposit Insurance Act Finanzmarktförderungsgesetz Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzanalyseverordnung Finanzbehörde Finanzminister Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Floating Rate Notes Finanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Festschrift XLVII
Abkürzungsverzeichnis
FSA Fv FWB
Financial Services Act Freiverkehr FrankfurterWertpapierbörse
GBP GebO GenG GesR GewStDV GewStG ggf. G/H/E/K GmbH GPG GrEStG Großkomm. GStB GuV GWB
Britische Pfund Gebührenordnung Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gesellschaftsrecht Gewerbesteuerdurchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz gegebenenfalls Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff Gesellschaft mit beschränkter Haftung Going Public-Grundsätze Grunderwerbsteuergesetz Großkommentar Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift) Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Halbs. HaustürWG Hdb. HFA HGB HiPr h.M. Hrsg.
Halbsatz Haustürwiderrufsgesetz Handbuch Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch High Premium hauptsächliche Meinung Herausgeber
i.d.F. i.d.R. i.E. i.e.S. i.V.m. IAS IASB IAASB ICA IDW IDW PH IDW PS IDW RH IDW RS IDW S IFD IFAC IFLR IFRIC
in der Fassung in der Regel im Einzelnen im engeren Sinne in Verbindung mit International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Auditing and Assurance Standards Board Investment Company Act Institut derWirtschaftsprüfer IDW Prüfungshinweise IDW Prüfungsstandards IDW Rechnungslegungshinweise IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung IDW Standards Initiative Finanzstandort Deutschland International Federation of Accountants International Financial Law Review International Financial Reporting Interpretations Committee
XLVIII
Abkürzungsverzeichnis
IFRS i.H.v. insb. InsO InvG InvStG IOSCO IPMA IPO ISDA ISDA-MA ISE ISIN IStR IWF
International Financial Reporting Standards in Höhe von insbesondere Insolvenzordnung Investmentgesetz Investmentsteuergesetz International Organization of Securities Commissions International Primary Markets Association Initial Public Offering International Swaps and Derivatives Association International Swaps and Derivatives Association Master Agreement International Securities Exchange International Securities Identification Number Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) Internationaler Währungsfonds
JbFStR JStG JZ
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Jahressteuergesetz Juristenzeitung
KAGG KapInHaG KfW KapMuG KG KGaA KO Komm. KonTraG
KWG
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalmarktinformations-Haftungsgesetz Kreditanstalt für Wiederaufbau Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Kommanditgesellschaft oder Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Konkursordnung Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kreditrisiko-Standard-Ansatz Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuerrichtlinien Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation Kreditwesengesetz
LIBOR lit. LoE Liffe LSE
London Interbank Offered Rate litera Letter of Engagement London International Financial Future Exchange London Stock Exchange
M&A MAC MaKonV
Mergers and Acquisitions Material Adverse Change Clause Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation Management’s Discussion and Analysis
KSA KStG KStR KuMaKV
MD&A
XLIX
Abkürzungsverzeichnis
MDR m.E. MiFID Mio. MoMiG Mrd. MTN MünchHdb. MünchKomm. m.w.N. n.F. NASDAQ
Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Markets in Financial Instruments Directive Million Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Milliarde Medium Term Note(s) GesR Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
NJW Nr. NRW NSMIA NWB NYSE NZG NZZ
neue Fassung National Association of Securities Dealers Automated Quotation Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung Neue Juristische Wochenschrift Nummer Nordrhein-Westfalen National Securities Market Improvement Act Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht New York Stock Exchange Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Züricher Zeitung
o.Ä. o.g. ÖBA OECD OFAC OFD OFR OGAW OLG ORA OTC OWiG
oder Ähnliches oben genannt österreichisches BankArchiv Organisation for Economic Cooperation and Development Office of Foreign Asset Control Oberfinanzdirektion Operating and Financial Review Organismus für gemeinsame Anlage in Wertpapieren Oberlandesgericht obligation remboursable par action Over the Counter Ordnungswidrigkeitengesetz
PaPkG PCAOB PEO PfandBG PfandBarwertV PFIC PFO PIPE Plc PMP
Preisangaben- und Preisklauselgesetz Public Company Accounting Oversight Board Principal Executive Officer Pfandbriefgesetz Pfandbrief-Barwertverordnung Passive Foreign Investment Company Principal Financial Officer Public Investment into Public Entities Public limited company Professional Market Parties
NaStraG
L
Abkürzungsverzeichnis
PORTAL-System
Private Offerings, Resales and Trading through Automated Linkages ProspRL EU-Prospektrichtlinie ProspV/ProspektVO EU-Prospektverordnung PSLRA Private Securities Litigation Reform Act
QIB
Qualified Institutional Buyers
Rdnr. RefE Reg. RegE REIT RIW RL ROHG Rspr. Rz.
Randnummer Referentenentwurf Regierung Regierungsentwurf Real Estate Investment Trust Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Reichsoberhandelsgericht Rechtsprechung Randzahl
S. s. SA SchVG/SchuldVG SE SEA SEC SEEG SEStEG
StVergAbG SUSMI
Seite siehe Securities Act Schuldverschreibungsgesetz Societas Europaea Securities Exchange Act Securities and Exchange Commission Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften so genannt Solvabilitätsverordnung Sonderbeilage Securities Offering Reform Spruchverfahrensgesetz Special Purpose Vehicle Self-regulatory Organizations Steuerberater-Jahrbuch Strafgesetzbuch Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz Seperate Trading of Registered Interest and Principal of Securities Steuervergünstigungsabbaugesetz Substantial U.S. Market Interest
TecDAX Teilbd. TERP
Technologie-Werte Deutscher Aktienindex Teilband Theoretical Ex Rights Price
sog. SolvV Sonderbeil. SOR SpruchG SPV SRO StBJb. StGB StMBG Strip
LI
Abkürzungsverzeichnis
TransPuG TUG
Transparenz- und Publizitätsgesetz Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz
u.a. u.Ä. u.E. u.U. UMAG UmwG UmwStG UntStRefG US USD US GAAP UStG
unter anderem und Ähnliches unseres Erachtens unter Umständen Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmensteuerreformgesetz United States US-Dollar US Generally Accepted Accounting Principles Umsatzsteuergesetz
v.H. VAG VerkProspG VerkProspVO VersR vgl. VO Vor VorstOG VwGO VwVfG
von Hundert Versicherungsaufsichtsgesetz Verkaufsprospektgesetz Verkaufsprospektverordnung Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Verordnung Vorbemerkung Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz
WEG WiB WKN WKSI WM WpAIV WPg WpHG WpPG-E WpÜG WuB
Gesetz über dasWohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift) Wertpapier-Kennnummer Well-Known Seasoned Issuers Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Entwurf des Wertpapierprospektgesetzes Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht
ZBB ZGR ZHR Ziff. ZIP zit. ZKW ZPO ZwVwG
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zivilprozessordnung Zwangsverwalterverordnung
LII
1. Teil Einführung §1 Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland Stefan Rudolf I. Wandel des deutschen Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Rechtliche Rahmenbedingungen mit stetigen Verbesserungen . . . .
6
III. Corporate Governance – Unternehmensführung und -kontrolle auf internationalem Standard . . . . IV. Effiziente Marktorganisation und Börsenstruktur . . . . . . . . . . . . V. Unternehmensfinanzierung im Umbruch zwischen Kredit- und Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . 1. Bankkredite und Fremdfinanzierung im Vordergrund . . . . . . .
13 25
31 32
2. Eigenkapitalfinanzierung über Aktien und Beteiligungen . . . . . . 3. Veränderungen im Bankensektor . 4. Alternative Finanzierungsoptionen am Kapitalmarkt . . . . . . . . . . .
36 46 54
VI. Finanzplatz Deutschland – ein Finanzplatz mit Zukunft . . . . . .
63
Anhang I: Entwicklungen im Kapitalmarktrecht in Deutschland Anhang II: Corporate Governance in Deutschland – Stationen der Entwicklung
I. Wandel des deutschen Finanzsystems Relationship based-System und Stakeholder Value. Das kontinentaleuropäische bankorientierte Finanzierungsmodell ist eines der beiden weltweit miteinander konkurrierenden institutionellen Arrangements von Finanzsystemen. Es ist am längsten in Deutschland praktiziert worden. In diesem Modell erfolgt die Finanzierung von Unternehmensinvestitionen vor allem über einbehaltene Gewinne und Bankkredite und weniger über den Kapitalmarkt. Den Schutzrechten der Gläubiger wird ein hoher Stellenwert beigemessen, dagegen sind der Anlegerschutz und die Vorschriften zur Transparenz traditionell weniger stark ausgeprägt. Eine enge Unternehmenskontrolle wird durch gut informierte (Haus-) Banken und Großaktionäre möglich, Überkreuzbeteiligungen machen Unternehmensübernahmen, mithin eine Kontrolle durch den Markt, schwierig und selten. Die Zielgröße der Unternehmenspolitik ist der Stakeholder Value im Sinne eines ausgewogenen Vierklangs aus Kundenzufriedenheit, Mitarbeitermotivation, Aktionärsertrag und gesellschaftspolitischer Verantwortung.
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Arm’s length-System und Shareholder Value. Im kapitalmarktorientierten Modell anglo-amerikanischer Prägung spielen dagegen die Märkte sowohl in der Finanzierung über Wertpapiere, insbesondere über Aktien und Unternehmensanleihen, als auch in der Kontrolle der Unternehmen durch aktive Aktionäre und durch Übernahmen die zentrale Rolle. Der Anteilsbesitz ist weit weniger konzentriert, der rechtliche Schutz der Investoren ist durch detaillierte, teils sehr formalistische Aufsichts-
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
und Publizitätsregeln und eine transparente Rechnungslegung besonders hoch. Regulierungsbehörden, wie etwa die amerikanische SEC, sorgen für eine strenge Einhaltung und die Gerichte für einen hohen Schutz der Anlegerrechte. Die Zielgröße der Unternehmenspolitik ist der Shareholder Value im Sinne einer klaren Fokussierung auf die Interessen der Aktionäre als Eigentümer des Unternehmens. 3
Kein uneingeschränkt überlegenes Modell. Beide Modelle sind idealtypisch. Sie ergänzen sich, da ihre jeweilige Vorteilhaftigkeit besonders vom Umfeld und von der Wirtschaftsstruktur eines Landes abhängt. Arm’s length-Finanzsysteme sind grundsätzlich überlegen in der Finanzierung junger Firmen, die über geringe Kreditsicherheiten und Reputation verfügen, und somit leistungsfähiger in Zeiten raschen und „revolutionären“ technischen Fortschritts und strukturellen wirtschaftlichen Wandels. Der komparative Vorteil von relationship based-Finanzsystemen liegt dagegen in der langfristigen Finanzierung und der Kontrolle von etablierten Unternehmen in traditionellen, reifen Branchen. Wegen dieser unterschiedlichen und sich im Zeitablauf wandelnden Finanzierungsbedürfnisse ist die Vollständigkeit und die Anpassungsfähigkeit eines Finanzsystems von entscheidender Bedeutung. Damit gehört die Zukunft eines jeden Finanzplatzes einer Perspektive, die die Fortentwicklung sowohl seines Bankensektors als auch seines Kapitalmarkts in den Handlungsmittelpunkt von Gesetzgeber und Marktteilnehmer stellt.
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Stärkere Marktorientierung des Finanzsystems in Deutschland. In der Realität finden sich in allen Finanzsystemen Elemente beider Modelle. Zu beobachten ist aber, dass sich in Kontinentaleuropa und damit auch in Deutschland seit etwa Ende der 80er Jahre die bankorientierte Tradition der Unternehmensfinanzierung sukzessive neu orientiert hat. So haben kapitalmarktorientierte Finanzierungsinstrumente und eine Unternehmenskontrolle durch die Kapitalmärkte erheblich an Bedeutung gewonnen. Parallel dazu haben Elemente des anglo-amerikanischen Rechts auch im deutschen Recht Einzug gehalten.
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Ursachen. Verantwortlich für diese Entwicklung zeichnen langfristige Veränderungen der äußeren Systembedingungen, die unabhängig von vorübergehenden Börsenhaussen und -baissen sind. – Selbstredend sind die Globalisierung der Weltwirtschaft und die Internationalisierung der Finanzmärkte. Beide Entwicklungen wurden durch die enormen Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie erst möglich und in Europa durch die EU-Harmonisierungsbestrebungen und die Einführung des Euro nachhaltig unterstützt. – Besonders augenfällig ist der zunehmende Einfluss der meist angelsächsisch geprägten institutionellen Investoren – namentlich vor allem Manager von Investmentfonds, Pensionsfonds und Hedge Fonds. Deren Anforderungen an funktionsfähige Märkte, einen hohen Anlegerschutz und eine gute Kontrolle, Führung und Transparenz von börsennotierten Unternehmen haben sehr dazu beigetragen, dass sich auch in Deutschland die skizzierten, für marktbasierte Finanzsysteme charakteristischen Elemente, Normen und Regeln peu à peu durchsetzen. Unternehmen, Banken, Börsen und Investoren haben zusammen die Veränderungen in der Finanzierung von Investitionen und der Anlage von Vermögen in Richtung Kapitalmarkt initiiert, gefördert und damit den Regulatoren und Gesetzgebern Antrieb und Richtung gegeben. 2
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Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
II. Rechtliche Rahmenbedingungen mit stetigen Verbesserungen Zeitnahe Anpassungen. Im Interesse eines leistungsfähigen und vertrauenswürdigen Finanzsystems haben in Deutschland die Gesetzgeber und die Deutsche Bundesbank immer wieder schnell und flexibel auf neue Entwicklungen an den Finanzmärkten reagiert. Stufenweise haben sie schon aus der schlichten Einsicht, dass angesichts der Globalisierung nationale Finanzplätze verstärkt miteinander konkurrieren, einen modernen, sich an internationalen Standards ausrichtenden regulatorischen Rahmen geschaffen.
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Umfangreiche Reformagenda. Meilensteine für den deutschen Finanzplatz waren insbesondere die vier Finanzmarktförderungsgesetze aus den Jahren 1990, 1994, 1998 und 2002, wobei das zweite Finanzmarktförderungsgesetz sicherlich eine Schlüsselrolle bei der Modernisierung des Finanzplatzes spielte. Mit diesen Gesetzen wurden zugleich auch europäische Richtlinien umgesetzt. Dazu zählen etwa die Transparenzrichtlinie von 1988, die Insiderrichtlinie von 1989 und die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993. Einen wahrlichen regulatorischen Schub gab es ab 1999 durch den „Aktionsplan Finanzdienstleistungen“ (Financial Service Action Plan – FSAP). Insgesamt 42 Maßnahmen hat die EU-Kommission an die europäischen Mitgliedstaaten adressiert. Deren Umsetzung in nationales Recht, die über das Jahr 2007 hinaus andauert, hat zahlreiche neue kapitalmarktrechtliche Vorschriften geschaffen, bestehende abgelöst und durch umfassendere Regelungen ersetzt. Die Tabelle im Anhang I (S. 31 ff.) gibt einen chronologischen Überblick über die wichtigsten Ziele und Inhalte der nationalen Reformagenda.
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MiFID – das neue Grundgesetz im Wertpapiergeschäft. Den wichtigsten Baustein des FSAP und vorläufigen regulatorischen Höhepunkt für Finanzdienstleister bildet die MiFID. Mit komplexen Einzelregelungen, die zudem mit unterschiedlicher Intensität an nahezu jeder Stelle der Wertschöpfungskette eingreifen, leitet die MiFID eine neue Ära im Wertpapierbereich ein. Dies beginnt bei organisatorischen Anforderungen an die Ausgestaltung der Compliance-Abteilung, setzt sich fort über Anforderungen an die gesamte Kundenkommunikation und die Durchführung des Wertpapierhandels, und mündet in erweiterte Erfordernisse bezüglich des Reportings.
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Verbesserter Funktionsschutz. Mit den skizzierten Reformen ist es in Deutschland über einen Zeitraum von etwa zwanzig Jahren gelungen, die Geschäftsmöglichkeiten der Finanzdienstleister deutlich zu erweitern, ihnen für die Entwicklung und den Vertrieb neuer Produkte mehr freien Raum zu geben, und die deutschen Wertpapier-, Investmentfonds- und Derivatemärkte insgesamt wesentlich funktions- und wettbewerbsfähiger zu gestalten.
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Verstärkter Anlegerschutz. In den 90er Jahren spielte der Schutz der Anleger eine noch vergleichsweise geringere Rolle. Erst durch die Kurseinbrüche an den Aktienmärkten in den Jahren 2001 bis 2003 hat sich der Gesetzgeber eine strengere Aufsicht und eine Rückgewinnung von Anlegervertrauen auf die Fahnen geschrieben. In diesem Zusammenhang ist die Vorlage des Finanzmarktförderplans 2006 zu nennen, mit dem eine nachhaltige Stärkung der Anlegerrechte erzielt werden soll. Die Umsetzung des Plans läuft und ist eng verknüpft mit den Maßnahmen des 10-PunkteProgramms der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes, die zu einer Verbesserung der Corporate Governance in den Unternehmen beitragen sollen.
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Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
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Kapitalmarktrecht – ein dynamisches Rechtsgebiet. Durch die vielfältigen Maßnahmen des Gesetzgebers hat das Kapitalmarktrecht eine rasante Entwicklung genommen und sich zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt, auch wenn viele Berührungspunkte und Querverbindungen mit dem Bankrecht und dem Gesellschaftsrecht bestehen. Eine solche Rechtsentwicklung steht im Einklang mit der veränderten Finanzierungspraxis der großen Industrieunternehmen und der weltweiten Expansion des Investmentbankings.
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Kluge Reformen bleiben gefragt. Auch in Zukunft wird der Reformprozess fortgesetzt werden. Dabei wird die regulatorische Weiterentwicklung des deutschen Finanzplatzes nachhaltig durch die Richtlinien- und Verordnungsgebung der Europäischen Union bestimmt bleiben. Bereits heute haben mehr als 80 % der deutschen Kapitalmarktvorschriften ihren Ursprung in Entscheidungen der Europäischen Kommission. Um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts zu erhöhen, wird es darauf ankommen, eine vernünftige Balance zwischen Kapitalmarktregulierung einerseits und unternehmerischer Freiheit andererseits zu finden.
III. Corporate Governance – Unternehmensführung und -kontrolle auf internationalem Standard 13
Intensive Debatte. Seit Ende der 90er Jahre steht Corporate Governance auch in Deutschland im Mittelpunkt einer wirtschafts- und rechtspolitischen Diskussion. Zu den Treibern der „Governance-Bewegung“ zählt zum einen die Globalisierung der Kapitalmärkte, wobei insbesondere die institutionellen Investoren und Analysten den Governance-Praktiken der Unternehmen verstärkte Aufmerksamkeit schenken. Zum anderen verlieh das gemeinsame Bestreben aller Kapitalmarktteilnehmer, verlorenes Vertrauen der Anleger wiederzugewinnen, der Corporate Governance-Debatte zusätzliche Schubkraft. Eine stärkere Glaubwürdigkeit und mehr Vertrauen sind notwendig geworden, nachdem im In- und Ausland zahlreiche Fälle skandalöser Unternehmensführung aufgetreten sind und Defizite bei der Kontrolle durch Aufsichtsräte, Prüfungsgesellschaften, aber auch bei Ratingagenturen und Aufsichtsbehörden offensichtlich wurden.
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Internationaler Anpassungszwang. Die Diskussion ist geprägt von international bedeutsamen, supranationalen Ansätzen wie etwa dem EU-Aktionsplan vom Mai 2003 und den OECD Grundsätzen von 2004. Diese geben europa- bzw. weltweit Mindeststandards für die rechtliche, institutionelle und ordnungspolitische Unternehmensverfassung vor. Auf diesen Grundlagen basierend haben die einzelnen Länder dann – je nach ihrer Regelungsphilosophie und Rechtstradition – regelmäßig die Regelungen für die Corporate Governance ihrer national ansässigen Unternehmen entweder durch gesetzliche Regelungen oder durch freiwillige Kodizes konkretisiert und ausgestaltet. Im Falle von Kodizes geben die Unternehmen regelmäßig eine Entsprechenserklärung ab, mit der sie die Einhaltung oder Nichteinhaltung der Vorschriften veröffentlichen („comply or explain“). Obschon national in ihrer Geltung, weisen Kodizes und Gesetze ein großes Maß an Übereinstimmung auf und tragen so zu einer gewissen grenzüberschreitenden Harmonisierung der Corporate Governance bei.
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Kodex. Ähnlich wie Großbritannien mit seinem „Combined Code“ von 1998 hat sich Deutschland für einen „Deutsche Corporate Governance Kodex“ entschieden. 4
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Er ist seit 2002 in Kraft und wird regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst. Seine aktuelle Fassung ist unter www.corporate-governance-code.de abrufbar. Mit ihm sollte und konnte das deutsche Corporate Governance-System, das sich aus einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen ergibt, insbesondere internationalen Investoren prägnanter und verständlicher dargestellt werden. Ferner haben die im Kodex formulierten Empfehlungen und Anregungen deutsche Unternehmen zu einem individuellen Soll-Ist-Vergleich und in der Folge zu entsprechenden effizienzsteigernden Maßnahmen veranlasst, die das Vertrauen der Investoren und der Öffentlichkeit in die Führung deutscher Unternehmen stärken sollten. Sarbanes-Oxley-Act. Parallel zu den Bemühungen einer Selbstkontrolle der deutschen Wirtschaft kam es 2003 unter dem Eindruck des Sarbanes-Oxley-Act in den Vereinigten Staaten zu einem sehr hohen Regulierungsniveau, das weit in die innerbetrieblichen Prozesse der Unternehmen hineinreicht. Aus der unbestrittenen Dominanz der US-amerikanischen Kapitalmärkte für die restlichen Kapitalmärkte dieser Welt entwickelte sich daraus eine gewisse Best Practice mit extraterritorialer Wirkung, die selbst über den Kreis der ausländischen Gesellschaften hinausgeht, die an einer US-Börse gelistet sind. Die stringente US-Regulierung hat allerdings die Attraktvität der Wall Street als Finanzplatz für ausländische Emittenten – zumindest vorübergehend – beeinträchtigt.
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Praxisrelevanz. Corporate Governance hat eine erhebliche praktische Relevanz, verbindet sie doch einzelne ökonomische und juristische Fragestellungen in einer umfassenden Betrachtungsweise. Den Unternehmen kommt es insbesondere auf die Erhaltung der Entscheidungsfähigkeit der obersten Unternehmensebene und ein möglichst effizientes Wirken und Zusammenspiel ihrer Gesellschaftsorgane an – in Deutschland sind dies der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Aus Sicht der Aktionäre sind präzise Verhaltens- und Verantwortungsstandards für das Management, eine ausgewogene Machtbalance von Führung und Kontrolle („checks and balances“), die Eindämmung möglichen Machtmissbrauchs an der Unternehmensspitze und eine hohe Unternehmenstransparenz von besonderer Bedeutung.
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Performance. Ob Unternehmen mit einer guten Corporate Governance an den Aktienmärkten tatsächlich einen Zuschlag auf den Preis ihrer Aktien erhalten, ist empirisch kaum nachweisbar. Weit überwiegend wird von den Investoren eine wertschaffende Unternehmensführung und -kontrolle als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Sie stärkt das Vertrauen in den künftigen Erfolg des Unternehmens und erhöht zudem die Reputation auch bei den Kunden, den Mitarbeitern und der Gesellschaft.
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Konvergenz. Die durch den zunehmenden Einfluss institutioneller Investoren („Shareholder Activism“) vorangetriebene Reformierung der Corporate Governance in den börsennotierten Unternehmen führt zu einer Annäherung von ehemals deutschen und kontinentaleuropäischen Corporate Governance-Vorstellungen in Richtung auf eine mehr angelsächsisch geprägte Mischform. Dies zeigt sich in der Unternehmenspraxis in vierfacher Art und Weise:
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– Shareholder Value. Die Ausrichtung des Unternehmens auf eine langfristige und nachhaltige Wertschöpfung steht im Mittelpunkt der Unternehmensführung. Mit einer dauerhaft hohen Börsenbewertung soll, selbst in schwierigen Zeiten, die Kapitalbeschaffung verbilligt und die strategische Handlungsfähigkeit des MaRudolf
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Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
nagements gestärkt werden. Das Zielen auf stetigen Zuwachs des Unternehmenswerts durch Ertragsstärke und hohe Wettbewerbsfähigkeit ist richtig verstandener Shareholder Value, der tragfähige Entscheidungen auf der Basis einer überzeugenden Corporate Governance verlangt und nicht auf kurzfristigen Börsenglanz gerichtet ist. – Erfolgsabhängige Vergütung der in Verantwortung stehenden Personen ist eine logische Folge des Strebens nach dem Ausschöpfen des Wertsteigerungspotenzials des Unternehmens als vornehmlicher Aufgabe des Vorstands. Dafür werden neben einer fixen Vergütung auch variable Vergütungsbestandteile in Form von Cash, Aktien und Aktienoptionen als Anreize für eine Leistungssteigerung des Managements eingesetzt. – Transparente Rechnungslegung. Die Eintrittskarte zur Erschließung der globalen Kapitalmärkte liegt vor allem in einer hohen Transparenz. Die Anleger möchten wissen, wem sie ihr Kapital anvertrauen und fordern ein Rechnungslegungssystem, das eindeutig an ihren Informationsinteressen orientiert ist und eine internationale Vergleichbarkeit gewährleistet. Diese Voraussetzungen erfüllen nach einhelliger Meinung nur die US GAAP und IFRS. Nationale Bilanzierungsmethoden sind somit in den Hintergrund getreten. – Investor Relations. Größe und Tradition des Unternehmens reichen längst nicht mehr aus, um die Aufmerksamkeit und die Gunst der Finanzgemeinde zu gewinnen. Vielmehr muss die Qualität und die adressatengerechte Aufbereitung der Informationen und deren professionelle Kommunikation stimmen. Hierbei sind vor allem der Vorstandsvorsitzende (CEO) und der Finanzvorstand (CFO) viel stärker als früher in der Pflicht, Investoren, Analysten und Ratingagenturen nicht nur über die Entwicklungen im Unternehmen zu informieren, sondern ihnen vor allem glaubhaft eine wertschaffende Perspektive für das Unternehmen aufzuzeigen und Marketing für die eigene Aktie zu betreiben. Dafür reservieren sie mittlerweile ein großes Zeitbudget. 20
Abschied von der „Deutschland AG“. Infolge einer stärkeren Ausrichtung an der nachhaltigen Steigerung ihres Unternehmenswerts überprüfen die deutschen Unternehmen und Finanzinstitute auch ihren Beteiligungsbesitz. Insbesondere die Aufhebung des Schachtelprivilegs und seit 2002 die steuerliche Freistellung von Veräußerungsgewinnen haben viele Gesellschaften für eine deutliche Reduzierung ihres nicht zum Kerngeschäft gehörenden Anteilsbesitzes genutzt. Damit löst sich die über Jahrzehnte bestandene ausgeprägte Kapitalverflechtung zwischen Industrieunternehmen und Banken zum einen und zwischen Finanzinstituten durch Überkreuzbeteiligungen zum anderen nach und nach auf. Die Entflechtung ermöglichte es der deutschen Wirtschaft, die Herausforderung der Globalisierung offensiv anzunehmen und war ein Eckpfeiler für eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und für einen wieder interessanteren Investitionsstandort Deutschland.
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Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Erhöhung des Free Floats dank Auflösung der „Deutschland AG“ Auflösung der „Deutschen AG“(1)
... erhöht Steuerbesitz in Deutschland Anteil Steuerbesitz an Marktkapitalisierung (Mai 2007, %)(2)
Veränderung gegenüber 2001 (in Prozentpunkten)
Rolle des Kapitalmarkts gestärkt. Im Zuge der Neuordnung des Beteiligungsbesitzes gewinnen der Streubesitz und vor allem institutionelle in- und ausländische Investoren an Bedeutung. Banken und Versicherungen ziehen sich schrittweise als Anteilseigner zurück und geben mehr und mehr auch Mandate in Aufsichtsräten auf. Damit wird die Corporate Governance in Deutschland weniger durch die Ringverflechtung von Aktiengesellschaften und stärker durch den Kapitalmarkt geprägt. Für die Unternehmensführung bedeutet diese Entwicklung einen erhöhten Druck, mit der richtigen Strategie Werte für die Aktionäre zu schaffen und das Unternehmen so profitabel zu machen, dass es dem Vergleich zu den Besten der Branche standhält.
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Reflexe. Diese Profitlogik führt die Unternehmen strategisch zu der Notwendigkeit, innerhalb ihrer Kerngeschäftsfelder zu wachsen – organisch ebenso wie anorganisch durch Beteiligungen und Übernahmen. Dadurch entstehen vielfach größere und fokussierte Konzerne. Das Beispiel der Porsche Beteiligung an Volkswagen ist hierbei nicht als Rückkehr zur Deutschland AG zu interpretieren. Es zeigt zwar die Bereitschaft und Fähigkeit zur Verteidigung gegen mögliche Angriffe von außen, ist aber eher ein Sonderfall. Ein anderer, mit einem höheren Streubesitz einhergehender Aspekt ist, welche Antworten die Politik auf Finanzinvestoren, insbesondere ausländische Staatsfonds gibt, die über Beteiligungen in gesamtwirtschaftlich sensiblen Wirtschaftssektoren eigene nationale Interessen verfolgen könnten.
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Unternehmensübernahmen – vom Kodex zum Gesetz. Wichtig und konsequent war die vorausschauende Reaktion des Gesetzgebers, der 2002 mit einem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) einen verlässlichen und justiziablen Rechtsrahmen für faire und transparente Übernahmeverfahren geschaffen hat. Das Gesetz löste den freiwilligen Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission von 1995 ab. Er verfügte zwar über eine hohe Anwendungsquote, scheiterte letztlich jedoch an Vollzugsdefiziten.
23
Chronologie. Die Tabelle im Anhang II (S. 36 ff.) gibt einen Überblick über die wesentlichen Stationen der Entwicklung der Corporate Governance in Deutschland. Den Startpunkt markierte im Jahr 1998 das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), dessen Ziel es vor allem war, im Interesse der An-
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
teilseigner die Einflussmöglichkeiten des Aufsichtsrats als Kontrollorgan des Vorstands zu stärken. In den letzten Jahren orientierte sich der deutsche Gesetzgeber vor allem an der US-amerikanischen und europäischen Entwicklung. Insbesondere verschärfte er die Haftungsrisiken für die Organmitglieder und modernisierte die Rechnungslegung und Abschlussprüfung. In vielen Bereichen wurde die Transparenz der Unternehmen erhöht, etwa durch Ausweitung der Ad-hoc-Berichterstattung oder durch die Verpflichtung zur individualisierten Offenlegung der Vorstandsvergütung.
IV. Effiziente Marktorganisation und Börsenstruktur 25
Funktionsfähige Märkte. Die Option für ein mehr marktliches Finanzierungs- und Corporate Governance-Modell eröffnet sich erst in dem Moment, in dem nach Breite und Tiefe funktionsfähige Märkte zur Verfügung stehen. Wertpapier- und Derivatebörsen sind dabei Herzstücke des organisierten Kapitalmarkts einer modernen Volkswirtschaft. Der Gruppe Deutsche Börse ist es zu verdanken, dass mit ihr der deutsche Finanzplatz über eine sehr effiziente Marktorganisation verfügt und sie damit zur hohen Wettbewerbsfähigkeit auch des Wirtschaftsstandorts Deutschland entscheidend mit beiträgt.
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Deutsche Börse – vom Börsenclub zum gewinnorientierten Dienstleister. Innerhalb weniger Jahre hat die Deutsche Börse national und international eine beachtliche Entwicklung genommen. Sie ist Vorreiterin einer vergleichsweise jungen Börsenindustrie gewesen, die mit einem neuen Selbstverständnis die Börsenwelt revolutioniert hat. – Bereits Ende der 80er Jahre hat sie zunächst für ihre Terminbörse und anschließend für den Aktienhandel die riesigen Wachstums- und Ertragsmöglichkeiten erkannt, die mit dem Einsatz modernster Technologie verbunden sind. Der elektronische Bildschirmhandel machte einen kostengünstigen Zugang (Remote Access) von Teilnehmern aus aller Welt und damit rund um den Globus handelbare Produkte möglich. Mehr Teilnehmer bedeuten tendenziell eine höhere Liquidität in den Produkten und größere Skaleneffekte für die Börse selbst. – Die geschäftliche Neuausrichtung der Deutschen Börse ging mit grundlegenden Veränderungen ihrer Corporate Governance einher. Im Jahr 1992 hat sie sich von einem an die Industrie- und Handelskammer angegliederten eingetragenen Verein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In den Jahren danach wurde der Kreis ihrer Aktionäre geöffnet und war nicht mehr vornehmlich auf ihre Mitglieder – die Banken und die Makler vor Ort – beschränkt. In der Fachsprache wird dieser Prozess der Trennung von Eigentümerschaft und Börsenmitgliedschaft Demutualisierung genannt. Dadurch kann die Unternehmensführung strategische Entscheidungen wesentlich schneller treffen als in einer reinen Mitgliedsbörse. Dort fürchten Makler und Banken regelmäßig um ihre Geschäftsbasis, wenn aus aller Welt über Monitore die Wertpapiere „ihrer“ Börse gehandelt werden können, ohne sie als Intermediäre vor Ort einzubinden. Spitzentechnologie und neue Führungs- und Organisationsstrukturen haben den Wandel der Deutschen Börse von einem Börsenclub traditioneller Prägung zu einem 8
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
modernen, profitorientierten und kapitalmarktfähigen Dienstleistungsunternehmen ermöglicht. Die Zielrichtung ist dadurch eine andere geworden. Anstelle der früheren, ausschließlichen Kostenminimierung für die Börsenmitglieder ist eine breitere Sicht getreten, die den Nutzen der Anleger, Emittenten und Intermediäre insgesamt optimiert und zugleich den Eigentümern attraktive Gewinne beschert. Börsengang. Konsequent hat die Deutsche Börse den Weg der Privatisierung weiter fortgesetzt und ist im Jahr 2001 selbst an die Börse gegangen. Die bisherigen Eigentümer – allen voran die deutschen Kreditinstitute – konnten ihre Beteiligungen zu attraktiven Marktpreisen veräußern und dadurch hohe Gewinne verbuchen. Die wesentlichen Gründe für den Börsengang waren jedoch andere. Mit einer Börsennotiz können aufwändige IT-Systeme und Wachstumsinitiativen leichter finanziert werden, das Unternehmen wird für Mitarbeiter attraktiver und im Falle eines Kaufs oder eines Mergers mit einer anderen Börsenorganisation verfügt die Börse über eine Akquisitionswährung. Das zweimalige Scheitern einer Ehe mit der London Stock Exchange zeigt jedoch deutlich, wie sehr Börsen nationale Symbole und der Stolz eines jeden Finanzplatzes sind, und damit, wie wichtig es ist, bei einem geplanten Zusammengehen die Interessen der Aktionäre zu berücksichtigen.
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Nationale Dominanz. Unbestritten ist die Deutsche Börse im eigenen Land die Leitbörsenorganisation und der deutsche „Börsen-Dienstleister“ rund um das Wertpapier. Sie ist Betreiberin sowohl des Parketthandels der Frankfurter Wertpapierbörse und seit 1997 auch des automatisierten Xetra-Systems. Zusammen kommen die beiden Handelsplätze auf einen durchschnittlichen Marktanteil im nationalen Aktienhandel von rund 95 %. Den Rest teilen sich alle übrigen Regionalbörsen in Deutschland (Berlin, Bremen, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart). Diese suchen nach Nischen, indem sie sich z.B. auf den Maklerhandel, auf Privatkunden und verbriefte Derivate spezialisieren. Allerdings ist ihr Erfolg – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bislang vergleichsweise mäßig geblieben. Nicht alle Regionalbörsen werden wirtschaftlich überleben können. Die ersten haben fusioniert: Hamburg und Hannover haben ihre Trägergesellschaften im Jahr 1999 vereinigt; Berlin und Bremen haben sich 2003 zusammengeschlossen.
28
International gut positioniert. Anders als ihre Wettbewerber im Ausland, die vergleichsweise einseitig auf einen bestimmten Geschäftsbereich ausgerichtet sind, integriert das globale Geschäftsmodell der Deutschen Börse die differenzierten Wertschöpfungsketten im Handel, im Clearing sowie in der Abwicklung und Verwahrung. Die Kapitalmärkte schätzen dieses umfassende Geschäftsmodell und das daraus resultierende Wachstum. Die Deutsche Börse ist heute einer der global wertvollsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Börsenbetreiber.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Deutsche Börse international in führender Position
Eurex – globaler Marktführer
Marktkapitalisierung per Ende 2007 (Mio. Euro)
Gehandelte Kontrakte seit 1990 (Mio.) bis 1997: DTB
Deutsche Börse
1.900
27,2
1.526
15,6
NYSE Euronext
24,7
CME1) Group
1.250 1.066 1.015
7,4
LSE2)/Borsa Italiana
801
8,3
NYMEX3) Nasdaq
ab 1998: Eurex
674
3,8
1) Chicago Mercantile Exchange 2) London Stock Exchange 3) New York Mercantile Exchange
454 381 248 77 112 7 15 34 50 59 58 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07
Quelle: Datastream, Eurex
30
Starke Position auf den Terminmärkten. Die Eurex, ein Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Börse zusammen mit der SWX Swiss Exchange, ist der weltweit führende Marktplatz für den Handel und das Clearing von Terminmarktprodukten. Aus der 1990 gegründeten Deutschen Terminbörse hervorgegangen, verfügt die Eurex heute über ein globales Distributionsnetz mit etwa 400 Teilnehmern und mehr als 10 000 Handelsbildschirmen in 20 Ländern. Der Erwerb der amerikanischen Optionsbörse International Securities Exchange – ISE – ist für die Börse ein strategischer Meilenstein, der ihre Wachstumsaussichten weiter fördert.
V. Unternehmensfinanzierung im Umbruch zwischen Kreditund Kapitalmarkt 31
Überblick. Wie in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben, haben Gesetzgeber und Börsen die Grundlage für eine Fortentwicklung des deutschen Finanzsystems in Richtung einer stärkeren Inanspruchnahme des Kapitalmarkts durch die Unternehmen geschaffen. Das folgende Kapitel möchte nun einen Überblick über die Entwicklungen und den Stand der Unternehmensfinanzierung entlang der verschiedenen Produkte geben. Danach folgt eine Skizze der Trends im Bankensektor, die mit zu Veränderungen der traditionellen deutschen Finanzierungskultur der Unternehmen beitragen.
1. Bankkredite und Fremdfinanzierung im Vordergrund 32
Kredite in der Gunst vorne. Bei einem Blick auf die Finanzierungsstrukturen allein der börsennotierten Unternehmen wird bereits die vergleichsweise geringere Nutzung von Kapitalmarktinstrumenten in Deutschland ersichtlich. Während sich die Unternehmensfinanzierung in den angelsächsischen Ländern viel stärker auf Eigenkapital stützt, war bislang die überwiegende Fremdfinanzierung über Bank- und Lie10
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
ferantenkredite ein Grundmuster in den Bilanzen der deutschen Unternehmen. Das Bild würde viel drastischer zugunsten der Bankkredite ausfallen, würden Personengesellschaften und nicht-börsennotierte Kapitalgesellschaften in den Vergleich miteinbezogen. Diese Besonderheit des deutschen Systems ist durch die Unternehmensstruktur und die Geschichte begründet.
Deutsche börsennotierte Unternehmen weiterhin kreditfokussiert Deutsche Unternehmen
Britische Unternehmen
Quellen der Unternehmensfinanzierung (in %)
Quellen der Unternehmensfinanzierung (in %)
15,6
14,7
15,3
15,0
5,9
42,4
38,9
36,3
34,7
31,4
2,9
2,2
3,0
2,9
11,0
5,4
5,1
4,6
30,0
30,3
30,1
10,6
10,2
10,3
39,9
43,6
45,4
47,4
51,8
54,0
54,4
54,9
2002
2003
2004
2005
2002
2003
2004
2005
Aktien und sonstige Anteile
Anleihen
Bankkredite
Lieferantenkredite und sonstige
Anmerkung: Bezogen ausschließlich auf börsennotierte Unternehmen außerhalb des Finanzdienstleistungssektors; Bilanzdaten Quelle: Eurostat
– Mittelstand tragende Säule. In Deutschland sind von den rund 3,2 Mio. Unternehmen nur etwa knapp ein Prozent Aktiengesellschaften. Ganz wesentlich wird die Unternehmensstruktur von mittelständischen Unternehmen geprägt. Aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Unternehmensgröße haben sie nur einen eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt und bevorzugen traditionell die Finanzierung über Bankkredite. Dies lag zumindest in der Vergangenheit daran, dass diese vergleichsweise günstig und auch für lange Laufzeiten zu Festzinskonditionen erhältlich gewesen sind. Auch war ihr Beschaffungsaufwand für die Unternehmen gering, nicht zuletzt weil weder Publizitätspflichten noch Mitentscheidungsrechte Dritter zu beachten sind. Dies kam wiederum vor allem vielen deutschen Mittelständlern entgegen, die „Herren im eigenen Haus“ bleiben wollen. – Historisches Erbe. Nach dem zweiten Weltkrieg war das deutsche Finanzsystem durch den Verlust der Geldvermögen und die Zerstörung der Betriebe zwangsläufig auf massive Fremdkapitalzuführung angewiesen. Auch steuerlich wurde die Fremdfinanzierung lange Zeit und in vielerlei Hinsicht gegenüber dem Eigenkapital begünstigt, so dass die Ansammlung von betrieblichen Eigenmitteln erschwert bzw. betriebliche Privatentnahmen erleichtert wurden. Daher haben vor allem die kleinen und mittelgroßen Unternehmen in Deutschland eine im internationalen Vergleich – zumindest öffentlich ausgewiesene – niedrige Eigenkapitalquote.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Durchschnittliche Eigenkapitalquoten der KMU im internationalen Vergleich (2005) 41,4 33,9
34,6
F
NL
44,9
27,4 22,4
9,5
D
I
S
E
USA
Quelle: IfM Mittelstandsstatistik, www.ifm-uni.mannheim.de
33
Größter Covered Bond Markt in Europa. Spiegelbild der in Deutschland dominierenden Kreditfinanzierung ist die starke Position bei Bankschuldverschreibungen und Pfandbriefen. Mit einem Umlaufvolumen von insgesamt 1,9 Bill. Euro (Ende 2006) in Pfandbriefen, Inhaber- und Nachranganleihen ist die deutsche Bankenbranche der größte Emittent am deutschen Rentenmarkt (3,1 Bill. Euro). Den Hauptanteil daran trägt das deutsche Pfandbriefsegment mit einem Umlaufvolumen von gut 1 Bill. Euro. Gemessen am ausstehenden Volumen von Jumbo-Emissionen Ende 2006 (773 Mrd. Euro) ist der deutsche Pfandbrief mit 40 % immer noch der größte europäische Markt für gedeckte Schuldverschreibungen, wobei die Covered Bond Märkte der Länder Spanien, Frankreich und England zunehmend aufholen.
34
Corporate Bonds im Aufwind. Durch die Einführung des Euro und dem damit bewirkten Wandel von einzelnen nationalen Anleihemärkten zu einem stärker integrierten europäischen Anleihemarkt haben Unternehmensanleihen als Anlageund Finanzierungsinstrument in ganz Europa an Bedeutung gewonnen. Deutschland nimmt Ende 2006 mit einem Anteil von 24 % am ausstehenden Volumen der Benchmark iBoxx Corporate Non-Financial Index Rang zwei hinter Frankreich (27 %) ein. Dennoch liegt in Deutschland die Refinanzierung über Corporate Bonds im Vergleich zu anderen Finanzierungsinstrumenten noch immer auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Dazu beigetragen haben steuerliche Aspekte ebenso wie die anhaltend hohe Liquidität in den letzten Jahren angesichts der günstigen Cashflow-Entwicklung in den Unternehmen.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Starke Position bei Anleihen Deutsche Jumbos noch Marktführer – die internationalen Diversifikationsmöglichkeiten steigen jedoch
46,1% Deutschland 29,8% Spanien 9,9% Frankreich 6,0% England 4,9% Irland 2,1% Andere 0,8% Luxemburg 0,3% Österreich
Quelle: Verband deutscher Pfandbriefbanken
Emittenten aus Frankreich und Deutschland dominieren den europäischen Corporate Bond Market
Volumen am europäischen Markt für Jumbo-Pfandbriefe (April 2007)
27% Frankreich 24% Deutschland 11% England 9% Italien 6% Spanien 23% Andere
Marktvolumen zum 31.12.2006 Quelle: BayernLB Research
Verbriefungen kommen ins Laufen. Der deutsche Markt für Verbriefungen von Risiken zeigt einen Aufwärtstrend und erreichte in 2006 einen vorläufigen Rekordwert. Ferner ist in den letzten Jahren eine Zunahme der Originatoren für Verbriefungstransaktionen zu beobachten. Immer mehr Banken gehen von einem „buy and hold“-Geschäftsmodell (Halten der Kredite bis zum Laufzeitende) zu einem „buy and sell“-Geschäftsmodell über und betreiben aktives Portfoliomanagement, indem sie Kredite als Wertpapiere verbriefen (Asset Backed-Securities) und damit Risiken auf den Kapitalmarkt transferieren. Die True Sale Initiative und die Verbesserungen der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen wirken sich zudem fördernd auf den deutschen Verbriefungsmarkt aus. Zwar liegt Deutschland gemessen am Anteil der gesamten Wirtschaftsleistung hinter den großen Wettbewerbern in Europa und besonders deutlich hinter dem führenden Großbritannien noch zurück, aber die Rolle des Kapitalmarkts in der Finanzierung deutscher Unternehmen wird zunehmend gestärkt. Die durch die Krise am US-Hypothekenmarkt ausgelösten Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten wird diesen Trend zwar unterbrechen, aber nicht umkehren.
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35
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Verbriefungen in % des BIP 2001
2006
120 100 80 60 40 20 0
1 1 2 3 4
= = = =
2 Belgium Germany Greece Spain
3
4 5 6 7 8
5
6
= = = =
France Ireland Italy Netherlands
7
8
9
10
11
9 = Austria 10 = Portugal 11 = United Kingdom
Quelle: ECB
2. Eigenkapitalfinanzierung über Aktien und Beteiligungen 36
Aktienkultur ausbaufähig. Die Aktie spielt in Deutschland immer noch eine vergleichsweise bescheidene Rolle. Zwar hat die Entwicklung der Aktienkultur in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht, der Abstand zu den USA und Großbritannien mit ihren hoch entwickelten Aktienmärkten ist aber noch gewaltig. So zeigt der Anteil der inländischen privaten und institutionellen Aktionäre eine klare Trennung zwischen Kontinentaleuropa und den angelsächsischen Ländern. Nahezu unverändert leidet besonders Deutschland seit Jahrzehnten unter einer im internationalen Vergleich geringen gesellschaftlichen Akzeptanz der Aktie als Anlage- und Finanzierungsinstrument.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Unterentwickelte Aktienkultur in Deutschland, ... Investorenstruktur in verschiedenen Länder (in % der Marktkapitalisierung) Sonstige nicht zuordenbare 11% Investoren 33%
Ausländische Investoren 42,4 50% Inländische Institutionelle Anleger
36,3
52%
39,9 Inländische Privatinvestoren
53%
38% 34%
13%
40%
21%
22%
17%
33%
17% 29%
37% 26% 14% USA(1)
24%
19%
Spanien
Belgien
13%
UK
39%
Italien
6%
Schweiz
Frankreich
17%
17% Polen
15%
15%
Geringer Anteil ausländischer Investoren 54,9 Mangelnde Aktienkultur im Inland
Deutschland(2)
Anmerkung: Daten für das aktuellste verfügbare Jahr, in der Regel 2005 (1) Privatinvestoren inkl. Organisationen ohne Erwerbszweck; gemäß NYSE Factbook, Stand 3. Q. 2002 (2) Gemäß Depotstatistik der Deutschen Bundesbank 2004; basierend auf Nominalwerten Quelle: FESE Report, Februar 2007 (auf Basis von Daten der nationalen Börsen, Wertpapiersammelstellen, Zentralbanken, NYSE Factbook
Nachfrageeffekte dämpfen. Nach einem kurzzeitigen Höhenflug zu Zeiten der New Economy hat in Deutschland die Aktie als Produkt der Vermögensanlage wieder an Zuspruch verloren. Statt dessen wenden sich Privatanleger verstärkt dem Zertifikatemarkt zu und haben zudem traditionell eine Präferenz für kurzfristige und sichere Geldanlageformen sowie für Versicherungsprodukte. Aktien dagegen gelten vielfach als riskant, und die schlechten Erfahrungen mit dem Neuen Markt haben zudem das Vertrauen in die Aktie beeinträchtigt. ... weil sich Privatanleger aus dem Aktienmarkt zurückgezogen haben ... Anzahl direkte Aktionäre(1) in Deutschland (in Tsd.)
Anzahl Aktionäre an Gesamtbevölkerung Schweiz
30%
6.211
5.694
25%
USA
5.046
+ 16,6%
28%
Japan
– 6,9%
4.744
5.000
UK
4.605 4.240
3.920
23%
Frankreich
14%
3.770
Deutschland 1997 2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
5%
2007
(1) Besitzer von Aktien (inkl. Mitarbeiteraktien), ohne rein mittelbare Aktieninvestoren via Fonds Quelle: Infratest-Umfrage für das Deutsche Aktieninstitut (DAI), länderspezifische Untersuchungen, Presse
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
... und sich jetzt auch von Aktienfonds abwenden Nettomittelaufkommen der Aktienfonds in Deutschland Nettomittelzu-/abflüsse (in Mrd. EUR)
MSCI World(1)
75
260
50
220
25
180
0
140
–25
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
Zertifikate (linke Seite)
Aktienfonds (linke Seite) (1) MSCI World indexiert 31.12.1996 = 100
2005
2006
2007 ann.(2)
100
MSCI World (rechte Seite)
(2) Annualisiert, per Ende Juni 2007, MSCI Performance per Ende Juli
Quelle: BVI, Derivate-Forum, DWS
38
Kaum Kapitalfundierung der Altersvorsorge. Diese Indikatoren reflektieren insbesondere die wesentlich stärkere Rolle der privaten und betrieblichen Altersvorsorge in den USA und Großbritannien. Dort sind diese Säulen der Alterssicherung kapitalgedeckt, und die Mittel fließen zu einem großen Teil in die nationalen Aktienmärkte. In Deutschland dagegen führt das staatlich gelenkte Umlageverfahren dazu, dass es keine nennenswerten Volumina in Pensionsfonds und privaten Altersvorsorgeinstrumenten gibt. Selbst die Anlage in Aktien seitens der Pensionsfonds in Deutschland ist vergleichsweise gering. Damit fällt nicht nur eine gewichtige Nachfrage nach Aktien aus, sondern es führt auch dazu, dass die Bevölkerung kaum einen Anreiz hat, großes Interesse am und Verständnis für den Aktienmarkt zu entwickeln. Betriebliche Altersversorgung in Deutschland wenig entwickelt ... Alterseinkünfte in Deutschland fokussiert auf gesetzliche Rentenversicherung
Geringes Volumen bei Pensionsfonds in Deutschalnd
Alterseinkünfte 2006 nach Quelle (in % der Gesamtbezüge)
Volumen betrieblicher Altersversorgung (in Mrd. Euro, 2005)
1 10
12 42
1 4
3
1.580
3
214
88
95
20 25
29
13
75
1.366
65
58
45
2 5 4
381 46 251 84
USA
Niederlande
Gesetzl. AV
GBR
Betriebl. AV
Frank- Deutsch- Spanien reich land Private AV
Erwerbseinkommen
Großbritanien
Pensionsfonds
Buchreserven(1)
Deutschland
Lebensversicherungen(2)
Anmerkung: Rundungsdifferenzen möglich (1) Pensionspläne/Direktzusagen (2) Abschluss von Lebensversicherungen durch den Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Quelle: DIA 2006, Mercer Human Resource Consulting GmbH, European Federation Retirement Provision, Jahresbericht April 2006
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
... bei gleichzeitig niedriger Aktienquote in den Pensionsfonds Vermögensallokation der Pensionsfonds (in %)(1) 3%
3%
20% 35%
22%
19%
38%
45%
4%
9%
63%
56%
12%
8%
13%
14%
36%
15%
65%
62%
2006
56%
28%
26%
31%
2006
2007e
2006
62%
2007e
2006
36%
2007e
33%
35%
2006
2007e
24%
2007e
] ] ] ] ]
] USA(2)
66%
61% 40%
2005
60%
Großbritannien
Spanien Aktien
Niederlande Anleihen
Frankreich
Deutschland
Sonstige
(1) Basierend auf Angaben von 651 befragten Pensionsfonds (betriebliche Altersvorsorge) in Europa; sonstige Angaben beinhalten Investitionen in Liegenschaften, Private Equity, Hedge Fonds und Währungen (2) Quelle: OECD Global Pension Statistics 2005; Aktienanlagen beinhalten Investitionen in Fonds; sonstige Anlagen enthalten Einlagen und Kassenbestände, Liegenschaften und Versicherungen Quelle: Mercer Human Resource Consulting GmbH 2007, OECD
Angebotseffekte noch bescheiden. Auch bei der Anzahl der börsennotierten Unternehmen und der Marktkapitalisierung deutscher Gesellschaften erreicht der deutsche Aktienmarkt noch immer nicht die Größe seiner – kleineren – europäischen Nachbarn. Eine ähnliche Aussage lässt sich für das Verhältnis von Börsenkapitalisierung zu Bruttoinlandsprodukt treffen.
Anzahl inländischer börsennotierter Aktiengesellschaften 8.000 7.000 6.000 USA
5.000 4.000 3.000
UK
2.000
F*
1.000
DE
0
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Source: DAI-Factbook 2007
* ab 2001 Euronext mit Börsen in Belgien, Frankreich, Niederlande, Portugal.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Marktkapitalisierung inländischer börsennotierter Aktiengesellschaften im Vergleich zu Deutschland (DE = 100) USA
1.178
UK
232
Frankreich
226
Deutschland
100 0
200
400
600
800
1.000
1.200
1.400
Quelle: DAI-Factbook 2007
Börsenkapitalisierung in % des BIP 250,0
in %
200,0
UK
150,0
USA
100,0
F* DE
50,0 0,0
89
90
91
92
Source: DAI-Factbook 2007
40
93
94
95
96
97
98
99
00
01
02
03
04
05
06
* ab 2001 Euronext mit Börsen in Belgien, Frankreich, Niederlande, Protugal.
Börsengang nicht erste Wahl. Das Geschäft mit Aktienneuemissionen hatte infolgedessen einen traditionell geringen Stellenwert am deutschen Kapitalmarkt. Erst mit dem Börsengang der Deutschen Telekom im Jahr 1996 und der Gründung des Neuen Markts ein Jahr später kam es zu einer spürbaren Belebung, die von der Börsenhausse getragen bis in das Jahr 2000 anhielt. Nach einer mehrjährigen Börsenflaute kam das IPO-Geschäft infolge steigender Aktienkurse und einer stärkeren Konjunktur in Deutschland nur langsam wieder in Fahrt und bleibt im internationalen Vergleich niedrig. Der Gang an die Börse wird dennoch künftig die Alternative mit einem großen Finanzierungspotenzial darstellen.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
IPOs in Deutschland Marktwert in Mrd. Euro
Anzahl
30
200
175
180
25
160
142
140
20
120
15 10
34
0
1,55 90
19
1,63 91
19
80
36
19
5
9
11
15
20
0,52
0,49
0,66
3,56
92
19
19
93
94
19
43
25
14
95
19
12,68 96
19
2,6 97
19
100
84
79
3,17 10,47 26,56 2,69 98
19
99
19
00 20
01
20
6
1
5
0,25
1,5
1,82
02
20
03
20
04
20
34
60 40 20
3,59 05
20
9,67 06
20
3,27
0
07
20
Quelle: DAI-Factbook 2007
Bessere Zeiten für die Aktienkultur zu wünschen. Eine starke Aktienkultur ist für Unternehmen, ihre Eigentümer und die Volkswirtschaft von Vorteil. Eine hohe Aktienmarktkapitalisierung senkt die Finanzierungskosten der Unternehmen, was Investitionen begünstigt und höhere Unternehmensbewertungen impliziert. Dies wiederum verschafft den Unternehmen eine Akquisitionswährung und damit einen größeren strategischen Handlungsspielraum. Gleichzeitig erhöht dies den Schutz vor Übernahmen und ermöglicht einen aktiveren Part in einem sich global konsolidierenden Unternehmenssektor zugunsten des Standorts Deutschland. Mehrere Entwicklungen sprechen für die Herausbildung einer stärkeren Aktienkultur: – Eigenvorsorge. Bei der kapitalgedeckten Vorsorge zeichnet sich ein positiver Trend ab. Die Bürger erkennen zunehmend die Notwendigkeit zur eigenverantwortlichen Vorsorge und auch das steuerliche Umfeld dafür hat sich durch staatliche Fördermaßnahmen verbessert. Der Ausbau privater und betrieblicher Altersversorgung kann große Mittelzuflüsse generieren und die zu erwartenden Desinvestitionen der „Baby Boomer“ im Ruhestand überkompensieren. Eine höhere Eigenvorsorge wird dabei im Ergebnis nicht nur die Altersvorsorge stabilisieren, sondern auch die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen verbessern und damit letztlich zu mehr Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand führen. – Entry Standard als Teil der Neusegmentierung des Aktienmarkts. Die Wiederbelebung der Aktie als Finanzierungsquelle in den letzten Jahren ist auch dem neuen Primärmarktangebot zu verdanken. Seit 2003 können Unternehmen abhängig davon, welche Transparenzpflichten sie erfüllen und welche Investoren sie ansprechen möchten, zwischen den Marktsegmenten Prime Standard und General Standard wählen. Hinzu kam 2005 der Entry Standard, der Unternehmen eine schnelle, unkomplizierte und kostengünstige Einbeziehung in den Handel ermöglicht und sich besonders für kleine und mittlere Gesellschaften eignet. Der Entry Standard hat sich als dynamischer Marktplatz etabliert. – REITs-Einführung. REITs ermöglichen als zusätzliche börsennotierte Anlageklasse eine Restrukturierung des Immobilienvermögens deutscher Aktiengesellschaften zu Gunsten der Kapitalprofitabilität. Rudolf
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41
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Chancen für den Aktienmarkt durch Einführung von REITs Signifikante Kapitalisierung von REITs weltweit
Nachholpotenzial in Deutschland
Kapitalisierung der REITs Märkte (Ende 2006, in Mrd. Euro(1))
Eigentumsquoten bei Unternehmensimmobilien im internationalen Vergleich (in %)
USA
279
Australien
68
GBR
46(2)
Japan
29
Frankreich
22
Niederlande
13
Singapur Hong Kong
10 4
Deutschland 0(2)
1960
– 79%
1971 2007 2000 –40%
2003 1969
–27%
2002 2003 2007
Deutschland
GBR
USA
Jahr der Einführung von REITs Strukturen (1) USD-Werte umgerechnet auf Basis des USD/EUR-Wechselkurses per Ende 2006 (2) Per Ende Mai 2007 Quelle: PREEF, Ernst & Young, International Real Estate Buisness School Regensburg
– Zertifikate-Boom. Der Markt für Retail-Zertifikate ist eine der großen Erfolgsgeschichten des Finanzstandorts Deutschlands. Zertifikate sind weithin Formen der indirekten Aktienanlage und die verschiedenen Zertifikateprodukte erschließen neue Investorengruppen auch für den Aktienmarkt.
Rasant wachsender Zertifikatemarkt Anlageprodukte
Hebelprodukte
500 400 300 200 100 0
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007e
Quelle: BÖGA
– Länderübergreifende Börsenplätze. Der auch psychologisch bedingte „home bias“ in der Aktienanlage wird über die Zeit abnehmen und den Zufluss ausländischer Anlagegelder in den deutschen Aktienmarkt erhöhen. 20
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Klagekultur als Bremsfaktor. Bei Fusionen und Übernahmen durch deutsche Gesellschaften dominieren immer noch cash-finanzierte Transaktionen. Eigene Aktien dagegen werden so gut wie gar nicht zur Finanzierung eingesetzt. Das liegt daran, dass selbst Aktionäre mit Splitterbeteiligungen rechtlich in der Lage sind, deutschen Unternehmen die Akquisition eines anderen Unternehmens unter Verwendung von Aktien erheblich zu erschweren, wenn nicht sogar unmöglich zu machen. Generell ist der verbreitete Missbrauch von Aktionärsrechten, etwa um Beschlüsse der Hauptversammlung zu blockieren, ebenso wie die unternehmerische Mitbestimmung in den Aufsichtsräten ein wesentlicher Nachteil für Deutschland als Holdingstandort.
42
Deutscher Private Equity-Markt – international noch kein Superstar. Bei der außerbörslichen Bereitstellung von Eigenkapital über Private Equity-Investitionen liegt Deutschland derzeit im unteren europäischen Mittelfeld. Ihr Anteil am Brutto-Inlandsprodukt macht in Deutschland 0,25 % aus, bzw. lediglich 0,12 %, wenn ausschließlich Beteiligungen von Fonds mit Sitz in Deutschland betrachtet werden. Bessere rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen dürften Deutschlands Position international künftig verbessern. Unabhängig davon ist auch an die rund 71 000 übergabereifen Unternehmen zu denken, die in Deutschland in den nächsten Jahren einer Nachfolgeregelung bedürfen. Auch daraus ergibt sich ein Bedarf an Private Equity.
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Deutschland liegt bei den Private Equity-Investionen im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld Private Equity-Investitionen in % des nationalen BIP 2005 United Kingdom Schweden Dänemark Niederlande Frankreich Europa
0,419
Spanien Norwegen Portugal Italien Finnland Schweiz
0,120
Deutschland Irland Belgien Polen Österreich Ungarn Tschechei Griechenland Slovakei
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
Quelle: evca yearbook 2006
Konsenskultur berücksichtigen. Deutschland könnte sein Wirtschaftswachstum um fast einen Dreiviertelprozentpunkt steigern, wenn Private Equity- und Venture Capital-Investitionen lediglich auf das europäische Durchschnittsniveau gehoben werden könnten. Der Multiplikatorimpuls für den Arbeitsmarkt und für die InnovaRudolf
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44
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
tionsfähigkeit der betroffenen Unternehmen ist dabei noch gar nicht eingerechnet. Volkswirtschaftlich gesehen kann somit Private Equity das Wachstum von Beschäftigung und Wohlstand steigern und damit zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beitragen. Eine offenere und positivere Grundeinstellung der deutschen Gesellschaft zu Private Equity ist dabei aber ebenso notwendig wie eine stärkere soziale Verantwortung der Private Equity-Branche, die in ihrem Verhalten vergegenwärtigen muss, dass Deutschland eine traditionell vom Konsens und von einem fairen Interessenausgleich zwischen Kapital und Arbeit geprägte Gesellschaft ist. 45
Großes Wachstumspotenzial für Kapitalmarktfinanzierungen. Das Potenzial für künftiges Wachstum der Unternehmensfinanzierung in Deutschland über den Kapitalmarkt bleibt beträchtlich. Neben dem Basiseffekt aus einem niedrigen Ausgangsniveau gibt es gute Gründe für ein Ausschöpfen des Potenzials. So befindet sich die Finanzindustrie in einem Strukturwandel, und auch die Unternehmen selbst suchen nach alternativer Finanzierung jenseits der tradierten Kreditbeziehung zu ihren Hausbanken. Damit verändert sich der Markt in Deutschland, und bislang prägende Elemente der Unternehmensfinanzierung verlieren relativ an Bedeutung. Angesichts der komplementären Beziehung zwischen Kredit- und Kapitalmarkt dürfte eine stärkere Inanspruchnahme des deutschen Kapitalmarkts dabei nicht zu Lasten der herkömmlichen Kreditfinanzierung gehen. Im Gegenteil: Effiziente und entwickelte Kapitalmärkte bilden heute die Voraussetzung für Wachstum im klassischen Kreditgeschäft.
3. Veränderungen im Bankensektor 46
Sinkende internationale Bedeutung der deutschen Banken. Die weltweit hohe Bedeutung Deutschlands als Wirtschafts- und Exportnation korrespondiert nicht mit dem internationalen Stellenwert der deutschen Kreditwirtschaft. Vielmehr hat sich die Position der deutschen Kreditinstitute seit Mitte der 80er Jahre stetig verschlechtert. Die großen europäischen Institute haben in dieser Zeit stärker an Marktkapitalisierung gewonnen als die deutschen. Die Einnahmenseite ist dabei eindeutig die Schwachstelle der heimischen Institute. Aber auch mit Blick auf die Kosten/Ertrags-Relation liegen die deutschen Häuser international zurück. Daraus ergibt sich eine niedrigere Rentabilität deutscher Banken im europäischen und transatlantischen Vergleich.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Trotz umfassender Einsparungen in Deutschland günstigere Kostensituation in anderen EU-Ländern (Kosten/Ertrags-Relation, in %) 75 70
Deutschland
65
Frankreich
60
Italien
55
Spanien Großbritannien
50
USA
45 40
1985
1990
1995
2000
2005
Quelle: Nationale Notenbanken und Aufsichtsbehörden, OECD, Bundesverband deutscher Banken
Trotz Ertragsverbesserungen: niedrigere Rentabilität deutscher Banken im europäischen und transatlantischen Vergleich (Eigenkapitalrendite vor Steuern, in %) 30,0
Deutschland
25,0
Frankreich
20,0
Italien
15,0
Spanien Großbritannien
10,0
USA
5,0 0,0
1985
1990
1995
2000
2005
Quelle: Nationale Notenbanken und Aufsichtsbehörden, OECD, Bundesverband deutscher Banken
Strukturbedingte Schwächen. Das starre Bankensystem – fest eingeteilt in private Banken, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Genossenschaftsbanken – und ein Marktanteil des Staates in der Branche von über 40 % tragen wesentlich zu einem unzureichenden Margen- und Profitabilitätsniveau bei. Andere Länder dagegen haben längst Strukturreformen auf den Weg gebracht und verfügen nach einer nationalen Konsolidierungsphase über kapitalstarke Banken, die bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen tendenziell im Vorteil sind.
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Eigenkapitalrendite entscheidend. Angesichts des durch die Globalisierung forcierten Wettbewerbs und des Drucks institutioneller Anleger besteht für deutsche Kreditinstitute der Zwang zu höherer Profitabilität unvermindert fort. Aus Sicht der Investoren ist keinesfalls die reine Größe einer Bank, gemessen an ihrer Bilanzsumme, der Maßstab für Erfolg, sondern eine international konkurrenzfähige Eigenkapitalrendite. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind eine schlanke Organisation, industrialisierte Prozesse, vorbildliches Risikomanagement und die Konzentration auf eigene Stärken. Jeder einzelne Geschäftsbereich darf daher nicht mehr auf interne
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Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Quersubventionierung durch andere Bereiche hoffen, sondern muss ebenfalls einen positiven Performance-Beitrag leisten. 49
Risikoadäquate Preispolitik. In diesem Umfeld macht es insbesondere für börsennotierte Banken wirtschaftlich immer weniger Sinn, langfristige Kredite zu Margen an ihre Kunden auszuleihen, die unterhalb der vom Kapitalmarkt geforderten RisikoRefinanzierungssätze liegen. Das risikoadäquate Preisen von Krediten sollte sich daher mehr und mehr direkt aus den am Kapitalmarkt geltenden Refinanzierungsbedingungen für entsprechende Risiken ableiten. Dabei beschleunigt der Trend zur Absicherung von Kreditrisiken über Kreditderivate die Konvergenz der Preise für Kredite und Anleihen vergleichbarer Bonität.
50
Basel II vollzieht aufsichtsrechtlich nach, was in den Kreditinstituten bereits weitgehend Realität ist, und wirkt als Beschleuniger für risikodifferenzierte Konditionen. Alle Banken sind gezwungen, die eingegangenen Risiken genauer zu bewerten und risiko- und marktgerechte Konditionen zu verlangen. Der Preis für einen Kredit entspricht mehr und mehr dem Risikogehalt des Geschäfts. Daher kommt es zu einer stärkeren Spreizung zwischen den Kreditmargen für sehr niedrige und hohe Bonitätsrisiken. Uniforme Kreditkonditionen gehören der Vergangenheit an.
Kapitalmarkt- und Kreditpricing werden sich künftig annähren Investmentgrade-Bereich
Subinvestmentgrade-Bereich
Basispunkte
600 500 Marktübliche Kreditmarge
400 300
➡
200 100 0
Quelle: Deutsche Bank
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Rudolf
➡
Kosten inkl. Risikokapital
700
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Risikoprämien nach Ratingkategorien in Europa Europäische Corporate Bonds (im High Yield-Bereich z.T. internationale Emissionen in Euro) Je höher das Risiko, desto höher die Risikoprämie. Investment Grade
Non-Investment Grade
Basispunkte >2000
➡
1500 1250 1000 750 500
CCC
B–
B
B+
BB–
BB
BB+
BBB–
BBB
BBB+
A–
A
A+
AA–
AA
AA+
0
AAA
250
Quelle: Deutsche Bank
Disziplinierter Umgang mit Risiken. Als Folge von Basel II werden verstärkt effiziente bankinterne Ratingsysteme zur besseren Beurteilung von Risiken und Kreditentscheidungen implementiert. Dies bedeutet im Ergebnis möglichst die Durchsetzung risikoadjustierter Margen, aber auch eine Rückführung der Kreditvolumina, falls Kreditgeschäfte keine ausreichende Profitabilität bieten. Ferner erfolgt eine Optimierung des Kreditportfolios, indem Banken Kreditrisiken aktiver managen: Ihre an Unternehmen und Private vergebenen Kredite belassen sie immer weniger in ihren Büchern, sondern gehen dazu über, diese Kredite zu verbriefen, am Kapitalmarkt zu platzieren und über derivative Instrumente abzusichern. Die Banken wandeln sich somit vom Risikoträger zum Risikoagenten. Auf diese Weise führt Basel II indirekt die Banken zu einem fortschrittlicheren Risikomanagement hin. Eine dadurch verbesserte Ertragslage und besseres Rating der Banken stärkt wiederum ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe.
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Fließende Grenzen zwischen Kredit- und Kapitalmarktgeschäft. Die vermehrte Kapitalmarkt- und Risikoorientierung führt so zu einer Stabilisierung des Kreditgeschäfts und einer nachhaltigen Stärkung der Stabilität des Finanzsystems insgesamt, da die Konsequenz aus der bisher undifferenzierten Risikogewichtung, nämlich die Subventionierung schlechter Kreditrisiken zu Lasten solcher mit geringer Ausfallwahrscheinlichkeit, beseitigt wird. Gleichzeitig wird auch die Finanzierungsbasis der Unternehmen durch komplementäre Kapitalmarktprodukte und alternative Finanzierungsformen verbreitert. Kredit- und Kapitalmarktgeschäft gehen somit Hand in Hand, die Grenzen werden immer durchlässiger. Dies bedeutet eine
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Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Annäherung an ein mehr kapitalmarktorientiertes Finanzierungssystem hin zu mehr Transparenz und risikoadäquater Rendite. 53
Neue Rolle der Banken. Das reine Kreditgeschäft kann gerade wegen der intensiven Wettbewerbssituation in Deutschland überwiegend die an die Banken gestellten Erwartungen bezüglich ihrer Eigenkapitalrendite ohne Zusatzerträge aus dem Provisionsgeschäft weder vor noch nach Risikokosten erfüllen. Die Banken treten daher zunehmend auch als Anbieter oder Vermittler innovativer Finanzierungsbausteine in Erscheinung. Dabei fungieren sie als Katalysator zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt und stellen den Bezug auf direktem oder indirektem Weg her, ohne selbst dabei auf die eigene Rolle als Kreditgeber fixiert zu sein. Ein Teil ihres Kreditgeschäfts wird auf diese Weise zum Investmentbanking, ein Teil ihres Zinsgeschäfts zum Provisionsgeschäft.
Neues Rollenverständnis der Banken Europäische Kapitalmärkte gestern Kapitalmarkt Investor
Unternehmen Kreditanfrage
Kreditgenehmigung und Auszahlung
Refinanzierung z.B. Begebung einer Anleihe
Mittelzufluss
➡
Bank
Europäische Kapitalmärkte heute Kapitalmarktorientierte Produkte zur Finanzierung der Investitionspläne Unternehmen
Mittelzufluss (z.B. aus Wertpapieremission)
Kapitalmarkt Investor
Rating, Arrangement, Added Value für Investoren Erfahrungsaustausch (z.B. Platzierungsgarantie) Unterstützung und Begleitung auf dem Weg an den Kapitalmarkt
Bank
Research, Generierung der erforderlichen Investorennachfrage
Quelle: Deutsche Bank
4. Alternative Finanzierungsoptionen am Kapitalmarkt 54
Parameter verschieben sich. Parallel zu den Entwicklungen bei den Banken ergeben sich auch auf Seiten der Unternehmen Veränderungen, die den Markt für Finanzierungen bestimmen: – Finanzierung von Wachstum. Viele Unternehmen sehen sich durch die Internationalisierung und Globalisierung, durch einen beschleunigenden Konsolidierungsund Konzentrationsprozess quer über alle Industrien und durch die Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien mit einem hohen Inves26
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
titions- und Entwicklungsaufwand konfrontiert, der neue Anforderungen an ihre Finanzkraft und Liquiditätssituation entstehen lässt. – Volatile Kapitalquellen. Die Mehrzahl der Unternehmen verfügt aufgrund erfolgreicher Geschäftsentwicklung über gute bis sehr gute Innenfinanzierungsmöglichkeiten. Bei der Außenfinanzierung dagegen haben es die Unternehmen mit „volatilen“ Kapitalquellen zu tun. Der Zugang zu den Eigen- und Fremdkapitalmärkten, einschließlich des Kreditmarktes, unterliegt zunehmend externen Einflüssen sowie der Beurteilung durch Aktien-, Kreditanalysten und Ratingagenturen. Intelligent finanzieren – eine strategische Aufgabe. Vor diesem Hintergrund suchen viele Unternehmen nach einer Optimierung ihrer Finanzierungsstruktur durch einen kostengünstigen, flexiblen und individuellen Instrumentenmix. Im Trend liegen ganzheitliche Maßnahmen, bei denen Pakete mit Eigen- und Fremdkapitalkomponenten geschnürt werden: Zunächst erfolgt eine Erhöhung des Eigenkapitals als Voraussetzung für eine unabhängigere Außenfinanzierung, danach die Refinanzierung über Unternehmensanleihen und in einem dritten Schritt zusätzliche Kredite, die über ein Bankenkonsortium bei Investoren platziert werden (Syndicated Loan). Somit gewinnen im deutschen Markt alternative externe Kapitalbeschaffungsmaßnahmen an Bedeutung. Diese können nach bestimmten Laufzeiten und dem Wunsch nach Absicherung von Zins- und Wechselkursrisiken gegebenenfalls mit Derivaten maßgeschneidert werden.
55
Breiter Finanzierungsmix an Kapitalmarktinstrumenten. Alternative Finanzierungsoptionen bieten maßgeschneiderten Ersatz oder eine Ergänzung zum klassischen Bankkredit und setzen zusätzliches Wachstumspotenzial frei. Damit helfen die neuen Kapitalquellen Unternehmen und Wirtschaft, sich an die geänderten Bedingungen der Globalisierung anzupassen.
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– Private Equity ermöglicht vielen unterkapitalisierten Unternehmen durch die Bereitstellung von mehr Risikokapital und Know-how eine bessere Performance. Unternehmen mit innovativen Wachstumsideen und Restrukturierungsbedarf haben damit Möglichkeiten, ihre Strategie erfolgreich umzusetzen. – Klassiker. Im weiten Bereich der Fremdkapitalbeschaffung über den Kapitalmarkt stehen Unternehmensanleihen, Commercial Paper, Asset Backed Securities und Schuldscheindarlehen zur Wahl. – Mezzanine gewinnt zunehmende Bedeutung als Teil der Gesamtfinanzierung gerade im deutschen Mittelstand. Hybride, mezzanine Finanzierungsformen – dazu zählen Genussscheine, stille Beteiligungen und Equity Linked-Instrumente wie Wandelanleihen (Convertible Bonds), Umtauschanleihen (Exchangeables) und Optionsanleihen – nehmen dabei eine Zwitterrolle im Markt für klassisches Eigen- und traditionelles Fremdkapital ein. Gerade für mittelständische Unternehmen kann Mezzanine-Kapital vor allem deswegen interessant sein, wenn sie eigenkapitalähnliche Mittel erhalten, ohne ihre Eigentümerrechte und Entscheidungsbefugnisse zu schmälern.
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Progressive Entwicklung kapitalmarktnaher Fremdfinanzierungsalternativen Volumen Mio. Euro
CP-Programm (*)
100
50
Syndicated Loan
25
0
Hybridkapital/ Mezzanine (*)
Anleihe* (Corporate Bond) Debt-IssuanceProgramm*
ABS(*) >500
Schuldscheindarlehen(*) Laufzeit Jahre 1
2
3
4
5
6
7
>
* Kapitalmarktinstrumente, Transaktionen mit besonderen Anforderungen an die finanzielle Transparenz des Unternehmens gegenüber Investoren außerhalb des Bankenmarktes, Voraussetzung externes Rating Quelle: Deutsche Bank
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Externes Rating. Auf dem Kapitalmarkt gelten teilweise „strengere Gesetze“ als bei der klassischen Kreditfinanzierung. Die Bedingungen für Kapitalmarktprodukte müssen in hohem Maße bestimmten Marktstandards genügen, und der Emittent muss bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Voraussetzung bei Fremdkapitalfinanzierungen über den Kapitalmarkt ist üblicherweise ein externes Unternehmens- oder Emissions-Rating, z.B. durch die weltweit führenden Ratingagenturen Standard&Poor’s, Moody’s oder Fitch. Nicht geratete Tranchen einer Anleihe zum Beispiel zu platzieren, ist unter heutigen Bedingungen ein ebenso schwieriges wie seltenes Unterfangen.
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Finanzierungsrelevante Besonderheiten. Die Finanzierungsoptionen für die Unternehmen werden sich insgesamt gesehen weiter verbessern. Indes kommen – selbst bei einem voll entwickelten und integrierten europäischen Kapitalmarkt – nicht alle kapitalmarktbezogenen Finanzierungsformen für jedes Unternehmen in Betracht. Zum einen sind bestimmte Mindest-Größenordnungen bei der Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zu beachten, zum anderen können die Kosten eines Ratings bei nur gelegentlicher Nutzung des Fremdkapitalmarkts überproportional hoch sein. Die Kunst einer guten Finanzierung besteht darin, aus dem Angebot ein auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmtes Paket zu schnüren.
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Asset Finance. Auch wenn vor allem in der Finanzierung des Mittelstands der klassische Kredit in Zukunft die wichtigste Stütze bleiben wird, werden Leasing, Factoring, Forfaitierung als Substitute von Kreditprodukten eine bedeutendere Rolle spielen, da eine wachsende Anzahl an Unternehmen die spezifischen Vorteile von Asset Finance zur Verbesserung der Bilanzstruktur und zur steuerlichen Gestaltung nutzen möchte. 28
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Bonität gewinnt an Bedeutung. Alle Unternehmen, ob für sie nun eine Kapitalmarktfinanzierung eine gangbare Alternative darstellt oder nicht, werden sich darauf einstellen müssen, in höherem Maße an ihrer individuellen Bonität gemessen zu werden. Klare Steuerungs- und Organisationsstrukturen sowie eine professionelle Ausrichtung des Unternehmens im Bereich der Finanzen, des Rechnungswesens, des Controllings und der Corporate Governance werden somit wichtiger, denn die Kapitalgeber wollen sicher sein, dass nicht nur die Unternehmensstrategie überzeugend ist, sondern auch die mit dem Geschäftsmodell des Kunden verbundenen operativen und strategischen Risiken beherrscht werden.
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Steigende Transparenzanforderungen. Um ihre Bonität positiv zu beeinflussen und sich einen preiswerten Zugang zu Finanzierungsalternativen offen zu halten, müssen alle Unternehmen auch dem gestiegenen Informationsbedürfnis von Banken und anderen kontrollierenden Anteilseignern entgegen kommen. Denn angelehnt an die Transparenzanforderungen an den Aktien- und Anleihemärkten entwickeln sich hierfür vergleichbare Standards auch in dem bisher von Bankkrediten dominierten deutschen Markt. Gut aufbereitete Unternehmensinformationen und hohe Kommunikationsbereitschaft werden für die Unternehmen daher zum strategischen Wettbewerbsfaktor.
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Neue Beziehungswelt. Der Wandel in der Unternehmensfinanzierung in Richtung einer stärkeren Diversifizierung über Kapitalmarktprodukte verändert auch die Kunde-Bank-Beziehung. Sie wird zum einen kaufmännischer und zum anderen entwickelt sie sich zu einem offeneren Dialog weiter. In den Unternehmen selbst werden Finanzplanung und Finanzierung zur Chefsache. Das Management begreift die Strukturierung der Passivseite zunehmend als Kernaufgabe, um die Finanzierungskosten und -risiken so gering wie möglich zu halten, aber auch um den strategisch notwendigen Finanzierungsspielraum des Unternehmens zu gewährleisten.
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VI. Finanzplatz Deutschland – ein Finanzplatz mit Zukunft Wettbewerb verschärft sich. Durch die Globalisierung der Kapitalmärkte, die Einführung des Euro und die Harmonisierung von legislativen, regulatorischen und steuerlichen Rahmenbedingungen in Europa verschwinden zunehmend nationale Grenzen für Finanzmarktaktivitäten. Die Bindungen zum Heimatmarkt werden schwächer. In vielen Bereichen kommt es zu einer Zentralisierung, und internationale Finanzdienstleister konzentrieren sich auf die Finanzplätze ihrer Zeitzone, die ihnen qualitativ das beste Umfeld für die jeweiligen Teile ihrer globalen Geschäfte bieten. Gleichzeitig steigt die Bedeutung von Finanzzentren. Denn gerade sie bilden mit ihrer massiven Konzentration von hochqualifiziertem Personal und materiellen Ressourcen neuesten Stands gleichermaßen die soziale Konnektivität und Infrastruktur, mit der Unternehmen und Märkte größten Nutzen aus den heutigen technologischen Möglichkeiten ziehen können.
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Qualitätsfaktoren pflegen. Nur diejenigen Finanzplätze bzw. Finanzzentren werden sich als wirklich erfolgreiche und internationale Standorte durchsetzen können, denen es gelingt, bestimmten Qualitätsfaktoren, die einen guten Finanzplatz ausmachen, besondere Beachtung zu schenken. Diese sind: Eine starke Börsenorganisation, eine Vielzahl an professionellen Marktteilnehmern, attraktive Produkte, gute regulatorische und steuerliche Rahmenbedingungen, eine starke Ökonomie und
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Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
nicht zuletzt ein attraktives soziales und kulturelles Umfeld. Nicht alle sechs Faktoren sind gleichermaßen erfolgsentscheidend. Letztlich zählt die Gesamtleistung. 65
Deutschland führend in Kontinentaleuropa. Am deutschen Finanzplatz nahm der Reformzug zwar erst vergleichsweise spät, dafür aber sehr nachhaltig Fahrt auf. Motiviert durch das gemeinsame Ziel, Deutschland zum führenden Finanzplatz in Kontinentaleuropa zu machen, wurden große Anstregungen unternommen, die den deutschen Finanzmarkt nachhaltig modernisiert haben. Zu dieser positiven Entwicklung haben vor allem die Gesetzgeber und die Deutsche Bundesbank, aber auch die Kreditwirtschaft, die Deutsche Börse und verschiedene Lobbyinginstitutionen wie etwa die kreditwirtschaftlichen Verbände und das Deutsche Aktieninstitut beigetragen.
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Europäische Zentralbank. Von diesem Engagement hat besonders der Finanzplatz Frankfurt als das mit Abstand bedeutendste Finanzzentrum in Deutschland profitiert. Der Aufholprozess und die Reformen waren mit ein Grund dafür, dass Frankfurt das Rennen um den Sitz der Europäischen Zentralbank und ihrer Vorgängerin, das Europäische Währungsinstitut (1994–1998), für sich entscheiden konnte. Die EZB ist ein Prestigegewinn für Frankfurt, allerdings hat sie für den hiesigen Finanzstandort die hoch gesteckten Erwartungen (noch) nicht erfüllen können. Das hängt mit der politisch gewollten Neutralität und lokalen Dezentralisierung von Zentralbankaktivitäten zusammen, die eine Bevorzugung eines bestimmten europäischen Finanzplatzes nicht zulässt.
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Daueraufgabe. Perspektivisch geht es in den nächsten Jahren darum, aufbauend auf einem Stärken-/Schwächen-Profil eine Agenda für einen weiterhin attraktiven und leistungsfähigen Finanzplatz zu entwickeln und die Stärken Deutschlands in die europäische Finanzmarktintegration hineinzutragen. Dazu haben Parteien, Institute, Agenturen, Verbände und vor allem die Initiative Finanzstandort Deutschland (www.finanzstandort-deutschland.de) eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, die erfreulicherweise einen sehr hohen Übereinstimmungsgrad aufweisen. Man ist sich also über die Richtung im Klaren ebenso wie über die Gewissheit, dass Finanzplatzförderung kein Sprint sondern ein Marathonlauf ist.
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Maßnahmenbündel. Die Wegstrecke führt über mehr Aktienkultur durch eine stärkere Kapitaldeckung bei der Altersvorsorge und eine bessere wirtschaftliche und finanzielle Allgemeinbildung. Die Wegstrecke führt zudem über mehr Innovationen, mehr regulatorische Freiheiten, mehr Spitzenforschung und über eine kritische Masse an Finanzspezialisten in unserem Land. Gelingt die Umsetzung, wird sich der deutsche Finanzplatz auch in Zukunft im Wettbewerb gut behaupten können.
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Markenbildung. Der Finanzplatz tut gut daran, nicht nur beharrlich weitere Verbesserungen umzusetzen und sich gegenüber den wichtigsten Mitbewerbern zu profilieren, sondern durch ein koordiniertes Marketing auch weiter an seiner internationalen Reputation zu arbeiten. Wenn beides zusammenkommt und zusammenpasst, macht er sich als Marke wertvoller und stärkt seine Anziehungskraft auf Emittenten, Investoren und Intermediäre. Und das muss das Ziel des Finanzplatzes Deutschland sein!
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Anhang I: Entwicklungen im Kapitalmarktrecht in Deutschland Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt
Ab 1985
Verschiedene Verlautbarungen der Deutschen Bundesbank im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium
• Liberalisierung des Finanzplatzes • Öffnung für internationale Marktteilnehmer • Erweiterung des Produktspektrums • Sicherung der Benchmarkfunktion deutscher Staatsanleihen • Effizientes Schuldenmanagement des Bundes
• Freigabe der Emission von DMZerobonds (1985) • Freigabe Inlandsemissionen in Fremdwährung (1989) • Zulassung rechtlich selbständiger Auslandsbanken zur Konsortialführung (1989) • Abschaffung der Genehmigungspflicht für die Emission von Schuldverschreibungen (1991) • Einführung eines 1/4-jährlichen Emissionskalenders (1993) • Schrittweise Senkung der Mindestreserve bis hin zur Befreiung von DM-Repogeschäften von der Mindestreservepflicht (1993 bis 1996) • „Zulassung“ von Geldmarktfonds (1994) • Vervollständigung des Laufzeitspektrums durch unterjährige, ein- und zweijährige Schatzanweisungen; Stripping 10- und 30-jähriger Bundesanleihen (1996) • Abschaffung des Bundesanleihekonsortiums und Begebung der wichtigsten Bundeswertpapiere im Tenderverfahren (1998) • Umstellung Altschulden des Bundes auf Euro (1999) • Finanzagentur des Bundes (2001)
1986
Börsengesetznovelle
• Erleichterte Kapitalaufnahme über die Börse • Gewinnung ausländischer Emittenten
• Schaffung eines neuen Marktsegments (Geregelter Markt) mit geringeren Zulassungsbedingungen • Gesetzliche Anerkennung des Freiverkehrs
1989
Börsengesetznovelle
• Leistungsfähiger internationaler Terminmarkt (Eurex; früher: Deutsche Terminbörse)
• Aufgabe des Prinzips der Präsenzbörse und Öffnung des Börsenbegriffs für elektronische Kassa- und Terminbörsen • Neugestaltung des Börsenterminrechts
1990
Erstes Finanzmarktförderungsgesetz
• Entwicklung eines Commercial Paper Markts
• Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, der Gesellschafts- und Wechselsteuer
Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt
• Stärkung des Standorts für Investmentfonds
• Erweiterung Anlagemöglichkeiten für Wertpapierfonds • Auflegung von Spezialfonds für institutionelle Anleger auf sichere rechtliche Grundlage gestellt
1994
Zweites Finanzmarktförderungsgesetz
• Verbesserung des Anlegerschutzes • Sicherstellung von Marktintegrität und Markttransparenz • Neuordnung der Aufsicht über den Wertpapierhandel • Absicherung der Funktionsfähigkeit der deutschen Börsen
• Einführung eines Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) • Umfassende Kompetenzen für das neue Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) zur Überwachung des deutschen Kapitalmarkts (Insiderhandelsverbot, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten) • Ausbau der Börsenaufsicht; Handelsüberwachungsstelle; Neuorganisation der Leitungsstruktur der Börsen (Börsenrat, Börsengeschäftsführung) • Erweiterung der Geschäftsmöglichkeiten für Kapitalanlagegesellschaften • Beachtung von Wohlverhaltensregeln durch Kreditinstitute
1995
Gesetz für kleinere Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts
• Rechtsform der AG durch besondere Vorschriften für den Mittelstand attraktiver gestalten • Größere Flexibilität in der Eigenkapitalbeschaffung
• Vereinfachter Ausschluss des Bezugsrechts
1998
6. KWGNovelle
• Harmonisierung bankund wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften: Umsetzung Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, Kapitaladäquanzrichtlinie und der BCCI-Folgerichtlinie
• Level Playing Field für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen • Vereinfachung der Bankenaufsicht
1998
Drittes Finanzmarktförderungsgesetz
• Verbesserung der Attraktivität des Standorts für Investmentfondsgesellschaften • Optimierung des Anlegerschutzes
• Liberalisierung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Auslands-Investmentgesetzes: Zulassung neuer Fondstypen (Altersvorsorge-Sondervermögen, Dachfonds, Investmentaktiengesellschaften)
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt
• Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Börsen • Erleichterung des Börsenzugangs für Emittenten und Senkung der Transaktionskosten bei der Kapitalbeschaffung über die Börse • Abrundung des Anlagespektrums für Investmentfonds
Erweiterung der Geschäftsmöglichkeiten der KAG (Aktienindexfonds, Aktienlaufzeitfonds, Neugestaltung der Verwendung derivativer Finanzinstrumente) • Novellierung des Börsen- und Wertpapierrechts: Neuordnung Prospekthaftung; Verbesserung der Prospektqualität. Gebühren für die Notierung von Wertpapieren • Novellierung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungen (UBG): steuerliche, organisatorische Erleichterungen • Zulassung von Dachfonds und gemischten Wertpapier- und Grundstücksfonds; Zulassung von Sondervermögen für die private Altersvorsorge
2002
Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG)
• Stärkung des Wirtschaftsstandorts und Finanzplatzes Deutschland • Verlässlicher und justiziabler Rechtsrahmen • Faire und geordnete Übernahmeverfahren
• Transparenz durch umfassende Informationsrechte für Aktionäre und Arbeitnehmer • Gleichbehandlung der Minderheitsaktionäre • Vorgaben für Vorstand bei feindlichen Übernahmen • Ausschluss von Minderheitsaktionären (squeeze out)
2002
Reform der Aufsichtsorganisation
• Moderne Allfinanzaufsicht • Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
• Verschmelzung der drei Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, für das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel
2002
Viertes Finanzmarktförderungsgesetz
• Verbesserte Regeln für eine effizientere Finanzdienstleistungsaufsicht • Mehr Wahlfreiheit für Emittenten, Intermediäre und regulierte Märkte • Weitere Liberalisierung des Investmentrechts • Weitere Anpassung der deutschen Geldwäscheregeln an internationale Standards
• Anpassung des Wertpapierhandelsgesetzes: Neuregelung der Kurs- und Marktpreismanipulation, Veröffentlichung von Unternehmsinsidergeschäften (Director’s Dealings), verbesserte Transparenz bei der Ad-hocPublizität, Wohlverhaltensregeln für Finanzanalysten • Modernisierung des Börsengesetzes: Gleichbehandlung Parkett- und elektronischer Handel; Qualitätssegmente auf Basis der Börsenordnung
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt • Neue Geschäfts- und erweiterte Anlagemöglichkeiten für Investmentfondsgesellschaften • Automatisiertes KundenkontenOnline-Abrufverfahren; Verpflichtung der Institute auf adäquate interne Sicherungssysteme
2003
Finanzmarktförderplan 2006 der Bundesregierung
• Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Banken- und Finanzdienstleistungssektors über neue Anlageprodukte und moderne Finanzierungsinstrumente • Ausreichende Versorgung der Wirtschaft mit Kapital • Rückgewinnung von Anlegervertrauen
• Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen auf dem Markt für Forderungsverbriefungen (Asset Backed Securities) • Hedge Funds/Alternative Investments • Elemente 10-Punkte-Programm der Bundesregierung, u.a. Verbesserung des Anlegerschutzes im so genannten „Grauen Kapitalmarkt“, Verschärfung der Strafvorschriften für Delikte im Kapitalmarktbereich
2004
Investmentmodernisierungsgesetz
• Modernisierung und Vereinheitlichung bisheriger Vorschriften durch die Zusammenführung von KAGG (Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften) und AuslInvestmG (AuslandsinvestmentGesetz) • Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Attraktivität des Fondsstandorts Deutschland • Weitere Verbesserung des Anlegerschutzes
• Investmentgesetz (InvG) regelt in- und ausländische Fonds • Investmentsteuergesetz (InvStG) enthält alle für in- und ausländische Fonds relevante steuerliche Vorschriften • Schnelleres Genehmigungsverfahren für neue Investmentfonds-Produkte • Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten für Fondsgesellschaften, insb. Zulassung von Hedgefonds • Höhere Transparenz bei der Fondsanlage, insb. zu Risiken und Kostenregelungen
2004
Anlegerschutzverbesserungsgesetz
• Umsetzung der EUMarktmissbrauchsrichtlinie
• Ausweitung und Verschärfung der Vorschriften über Ad-hocPflichtmitteilungen, Meldepflichten und gegen Insiderhandel sowie Marktmanipulation • Ausweitung Auskunfts- und Eingriffsbefugnisse der BaFin • Verpflichtung der Kreditinstitute zur Anzeige von Verdachtsfällen auf Marktmanipulation oder Insiderhandel
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt • Erweiterung der Prospektpflicht auf nicht verbriefte Anlageformen („Grauer Kapitalmarkt“)
2005
Wertpapierprospektgesetz
• Umsetzung der EUProspektrichtlinie
• Einheitliche Regelung für Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekte • Regelung des Verhältnisses von Prospekten und Werbung • Erweiterung der Regelpubilzitätspflichten
2007
Gesetz zur Einführung von REITS
• Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland • Proessionalisierung der Immobilienwirtschaft • Wettbewerbsgleichheit gegenüber ausländischen Finanz- und Immobilienstandorten
• börsennotierte Aktiengesellschaften, die bestimmten gesetzlichen Anforderungen unterliegen. Geschäftszweck: Erwerb, Errichtung, Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Immobilien • Mindestens 90 Prozent des Gewinns an Anteilseigner auszuschütten
2007
MiFID- bzw. FinanzmarktRichtlinienUmsetzungsgesetz
• verbesserter Anlegerschutz • verstärkter Wettbewerb unter den Anbietern von Finanzdienstleistungen • Steigerung der Marktliquidität und der Effizienz der Kapitalmärkte • Harmonisierung des europäischen Finanzmarktes
• Differenzierter Pflichtenkatalog gegenüber Kunden für Information, Beratung und Ausführung von Wertpapiergeschäften • Best Execution: Grundsätze der Auftragsdurchführung festlegen, überwachen und nachweisen • Erweiterte Transparenzpflichten gegenüber Kunden und Aufsichtsbehörden • Stärkung der Compliance: Einrichtung permanenter, unabhängiger Überwachungs- und Kontrollfunktionen
2007
Investmentänderungsgesetz
• Beseitigung bürokratischer Hemmnisse • Rückführung der Regelungsdichte auf die Harmonisierungsvorgaben der EU/OGAWRichtlinie • Förderung von Produktinnovationen
• Modernisierung bei offenen Immobilienfonds: Einführung neuer Risikomanagementsysteme • Verbesserter Anlegerschutz und Corporate Governance bei Kapitalanlagegesellschaften: Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen Depotbank und Kapitalanlagegesellschaften sowie zur Stärkung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrates von Kapitalanlagegesellschaften
Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt • Neue Assetklassen: Ermöglichung von Infrastrukturfonds (ÖPP – Öffentliche Private Partnerschaften-Fonds) und neue „Sonstige Sondervermögen“
2008
Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz
2008 Gesetz zur geplant Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG)
• Modernisierung der Führungsstruktur der BaFin
• Ablösung der Präsidialleitung der BaFin durch eine Kollegialführung • Leitung der BaFin in Gesamtverantwortung des Direktoriums bestehend aus Präsident und vier Exekutivdirektoren • Anpassung der Besoldung
• Mehr Beteiligungskapital für junge Unternehmen (Wagniskapitalbeteiligungsgesetz) und für den Mittelstand (Änderung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungen) • Deutschland als attraktives Sitzland für Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften
• Stärkung privater Eigenkapitalund eigenkapitalnaher Finanzierungen durch Wagniskapitalfonds • Steuerliche Vergünstigungen zur vermehrten Ansiedelung von Wagniskapitalfonds • Steuerliche Förderungsmaßnahmen speziell für junge Unternehmen • Wegfall rechtsformabhängiger Beschränkungen für die Kapitalanlage
Anhang II: Corporate Governance in Deutschland – Stationen der Entwicklung Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt
1998
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)
• Beseitigung von Defiziten in der Überwachung der Vorstandstätigkeit durch den Aufsichtsrat • Beseitigung von Defiziten in der Abschlussprüfung • Begrenzung der Bankenmacht
• Pflicht zur Einrichtung eines internen Risikomanagementsystems; Risikokontrolle ist Gegenstand der Abschlussprüfung • Erweiterte Informationspflicht des Vorstands an den Aufsichtsrat (bessere ex-ante-Kontrolle) • Beschränkung der Anzahl zulässiger Aufsichtsratsmandate • Einschränkung des Depotstimmrechts der Kreditinstitute • Erleichterung des Rückkaufs eigener Aktien • Abschaffung von Mehrfach- und Höchststimmrechten
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt • Möglichkeit der Vergütung von Führungskräften durch Aktienoptionen
2000
Steuerreform
• Unterstützung bei der Entflechtung der „Deutschland AG“
• Steuerbefreiung der Gewinne aus Veräußerung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften von der Körperschaftsteuer ab 2002
2001
Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG)
• Anpassung des Aktienrechts an internationale Standards und an die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie
• Erleichterung Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien • Reform der Stimmrechtsausübung und Erteilung von Stimmrechtsvollmachten • Unterstützung der Nutzung elektronischer Medien
2002
Deutscher Corporate Governance Kodex
• Klare, überschaubare Darstellung der gesetzlichen Unternehmensverfassung deutscher Aktiengesellschaften • Besseres Verständnis des deutschen Corporate Governance-Systems bei ausländischen Investoren • Konstruktive Auseinandersetzung der Unternehmen mit Fragen der Unternehmensführung und -kontrolle sowie der Transparenz des Unternehmensgeschehens
• Best Practice Regelungen über die gesetzlichen Regeln hinaus • Konkretisierung der Befugnisse und Kontrollrechte der Organe (Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung), Aktionäre und Anlegerschutz, Rechnungslegung und Abschlussprüfung
2002
Transparenzund Publizitätsgesetz (TransPuG)
• Stärkung des Vertrauens der Anleger und der Öffentlichkeit in die Unternehmensleitung deutscher Aktiengesellschaften
• Umsetzung Deutscher Corporate Governance Kodex • Entsprechenserklärung (§ 161 AktG) nach dem Vorbild des englischen „comply or explain“-Grundsatzes
2002/ 2003
10-PunkteProgramm/ Finanzmarktförderplan 2006 der Bundesregierung
• Rückgewinnung von Anlegervertrauen
Maßnahmenplan für künftige Gesetze, insbesondere: • Stärkere persönliche Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern • Erleichterung des Klagerechts der Aktionäre • Errichtung einer EnforcementStelle
Rudolf
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§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland
Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt • Stärkung der Rolle des Abschlussprüfers • Fortentwicklung der Bilanzregeln und Anpassung an internationale Rechnungslegungsgrundsätze
2005
Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)
• Verbesserung des Rechtsrahmens für deutsche Aktiengesellschaften • Erleichterte Durchsetzung von Aktionärsrechten bei gleichzeitiger Zurückdrängung einer missbräuchlichen Ausnutzung durch „räuberische Aktionäre“
• Verschärfung der Organinnenhaftung • Verschiebung der Anfechtungsklage hin zur Haftungsklage • Absenkung der Klageschwelle, im Gegenzug Vorschaltung eines Klagezulassungsverfahrens zur Verhinderung missbräuchlicher Klagen sowie Einführung der Business Judgement Rule • Gerichtliches Eilverfahren mit Bestandssicherungswirkung (Freigabeverfahren) für Hauptversammlungsbeschlüsse über Kapitalmaßnahmen und Unternehmensverträge • Unterbindung von missbräuchlichen Anfechtungsklagen gegen HV-Beschlüsse durch Einführung eines gerichtlichen Eilverfahrens und Stärkung des Versammlungsleiters
2005
KapitalanlegerMusterverfahrensgesetz (KapMuG)
• Ermöglichung von Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten • Keine Lahmlegung der Justiz
• Bündelung der Verfahren durch Einführung eines ausschließlichen Gerichtsstands • Aussetzung von anderen Verfahren, falls Landgericht Vorentscheidung beim Oberlandesgericht einholt
2005
Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG)
• Fortentwicklung und Internationalisierung des Bilanzrechts • Stärkung der Rolle des Abschlussprüfers
• Verpflichtung für kapitalmarktorientierte Unternehmen, ihre Konzernabschlüsse ab 2005 nach IFRS aufzustellen • Eingrenzung und Präzisierung der Tätigkeiten, die der Abschlussprüfer über die Prüfung hinaus für das Unternehmen erbringen darf
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Rudolf
§1
Entwicklungen im Kapitalmarkt in Deutschland Jahr
Gesetz/Reform
Regelungsziel
Wesentlicher Inhalt
2005
Bilanzkontrollgesetz (BilKoG)
• Schaffung der Rechtsgrundlagen für ein Enforcement-Verfahren
• Einrichtung des zweistufigen Enforcement-Verfahrens zur Überwachung der Rechtmäßigkeit von Jahres- und Zwischenabschlüssen kapitalmarktorientierter Unternehmen • Ausweitung der Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf die Bilanzprüfung börsennotierter Aktiengesellschaften • Vorschaltung einer privaten „Prüfstelle“ für Verdachtsfällen und regelmäßige Stichproben der Zahlenwerke
2005
Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz (VorstOG)
• Transparenz der Vorstandsvergütung bei börsennotierten Gesellschaften
• Individualisierte Offenlegung der Gesamtbebezüge von VS-Mitgliedern • Offenlegung der Grundzüge des Vergütungssystems
2007
Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG)
• Umsetzung der EUTransparenz-Richtlinie
• Einführung neuer Meldeschwellen bei Stimmrechtsveränderungen • Pflicht zur Erstellung von Halbjahresfinanzberichten und Zwischenmitteilungen • Einführung eines Bilanzeids • Anlassbezogenes Enforcement des Halbjahresfinanzberichtes
2008 Bilanzrechtsgeplant modernisierungsgesetz (BilMoG)
• Weiterentwicklung der Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) in Richtung einer kostengünstigen, einfachen und vollwertigen Alternative zu einer internationalen Rechnungslegung
• Verschiedene Maßnahmen zur erhöhten Aussagekraft von HGB-Jahresabschlüssen • Deregulierung durch Befreiungen und Erleichterungen bei der Bilanzierung
2008 Gesetz zur Begeplant grenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz)
• Erschwerung gesamtwirtschaftlich unerwünschter Aktivitäten von Finanzinvestoren • Keine Beeinträchtigung effizienzfördernd wirkender Finanz- oder Unternehmenstransaktionen
• Verbesserte Transparenz durch verschärfte Informationspflichten • Konkretisierung des „acting in concert“ • Informationen über Inhaber wesentlicher Beteiligungen • Verbesserte Identifizierung der Inhaber von Namensaktien
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2. Teil Aktienemissionen §2 Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank Hanns-Achim Schäcker/Jan Brehm I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . II. Marktumfeld für Aktienemissionen 1. Entwicklungen des Marktumfeldes und der Emissionsvolumina . . . . 2. Konzentrationsprozess der Investmentbanken . . . . . . . . . . . . . . 3. Trends in der Methodik des Risikotransfers und der Transaktionsarten 4. Bedeutung der League Table . . . . III. Aktienemissionen – Grundlagen 1. Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . . . . . . . . . . 2. Dokumentation und Due Diligence 3. Emissionskonzept a) Art des Angebots . . . . . . . . . b) Herkunft der Aktien . . . . . . . c) Aktienart und -gattung . . . . . . d) Streubesitz . . . . . . . . . . . . . e) Halteverpflichtung . . . . . . . . f) Bedeutung einer Indexzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . g) Emissionskonsortium . . . . . . h) Transaktionsarten/Underwriting aa) Vollvermarktete Platzierung bb) Accelerated Bookbuilding . . cc) Agency Trade . . . . . . . . . dd) Einbindung derivativer Strukturen . . . . . . . . . . . ee) Exkurs: Dual Track . . . . . i) Struktur des Risikotransfers aa) Bought Deal . . . . . . . . . . bb) Backstop . . . . . . . . . . . . cc) Best-effort . . . . . . . . . . . 4. Vermarktungsprozess/Platzierung a) Bestimmung der Zielinvestorengruppen . . . . . . . . . . . . . . . b) Emissionszeitpunkt . . . . . . . . c) Research Reports . . . . . . . . . d) Pre-Marketing/Investor Education . . . . . . . . . . . . . . e) Roadshow . . . . . . . . . . . . .
1
2 3 4 7
8 9 11 12 16 18 19 20 21 23 24 25 26 28 29 30 32
33 34 35 36 38
f) Preisermittlungsverfahren aa) Bookbuilding-Verfahren . bb) Festpreisverfahren . . . . cc) Auktionsverfahren . . . . g) Zuteilung der Aktien . . . . . h) Greenshoe/Mehrzuteilungsoption . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
39 40 41 42
. .
43
IV. Aktienemissionen – Produktarten 1. Initial Public Offering a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . . . . . . . . b) Dokumentation und Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . c) Emissionskonzept . . . . . . . . . d) Vermarktungsprozess/ Platzierung . . . . . . . . . . . . . e) Unterstützung nach Notizaufnahme . . . . . . . . . . . . . .
44 45 46 47 50
2. Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . . . . . . . . b) Dokumentation und Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . c) Emissionskonzept . . . . . . . . . aa) Bezugsfrist und Bezugsrechtshandel . . . . . . . . . bb) Bezugsverhalten der Großaktionäre . . . . . . . . . . . cc) Bezugspreis/Kursabschlag . . dd) Modelle der Bezugspreisfestlegung . . . . . . . . . . . ee) Emissionskonsortium . . . . ff) Underwriting/Subunderwriting . . . . . . . . . d) Vermarktungsprozess und begleitende Marketingmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . e) Platzierung nicht-bezogener Aktien . . . . . . . . . . . . . . .
52 53 54 55 57 58 59 61 62 63 64
3. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . . . . . . . .
Schäcker/Brehm
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§2
Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank b) Dokumentation und Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . c) Emissionskonzept . . . . . . . . . d) Vermarktungsprozess/ Platzierung . . . . . . . . . . . . .
4. Sonderfall „Doppeldecker“ a) Darstellung der Struktur . . . . . b) Motive einer „Doppeldecker“-Kapitalerhöhung . . . .
66 67 68 70 71
5. Platzierung von bestehenden Aktien a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses . . . . . b) Dokumentation und Due Diligence . . . . . . . . . . . . c) Emissionskonzept . . . . . . . d) Vermarktungsprozess/ Platzierung . . . . . . . . . . . e) Sonderfall Eigene Aktien . .
. .
72
. . . .
73 74
. . . .
75 76
Schrifttum: Achleitner, Handbuch des Investment Banking, 3. Aufl. 2002; Breuer/Schweizer, Gabler Lexikon Corporate Finance, 2003; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227.
I. Vorbemerkung 1
Das globale Aktienemissionsgeschäft besitzt für die internationalen Investmentbanken traditionell eine sehr große Bedeutung. Dies bezieht sich sowohl auf die Ertragsals auch auf die Reputationskomponente dieses Geschäftsfeldes, da Börsengänge (initial public offering bzw. IPO), (Bar-)Kapitalerhöhungen mit und ohne Bezugsrecht und die Platzierung von bestehenden Aktienpaketen (als vollvermarktete Sekundärplatzierung oder als beschleunigtes Bookbuilding-Verfahren im Rahmen so genannter „Blocktrades“) meist eine sehr hohe Öffentlichkeitswirkung erzielen. Ferner stehen Aktienemissionen regelmäßig in enger Beziehung zu anderen Investmentbanking-Produkten oder generieren Folgegeschäft für die Banken. So können große M&A-Transaktionen beispielsweise eine (Bezugsrechts-)Kapitalerhöhung erfordern oder ein IPO kann eine Neustrukturierung der gesamten Fremdkapitalseite nach sich ziehen. Der dem Aktienemissionsgeschäft oftmals inhärente hohe Risikotransfer (underwriting) rückt diese Transaktionen in den Fokus der höchsten bankinternen Entscheidungsebenen.
II. Marktumfeld für Aktienemissionen 1. Entwicklungen des Marktumfeldes und der Emissionsvolumina 2
Die Gesamtvolumina aller deutschen Aktienemissionen folgte in den letzten zehn Jahren stark der generellen Entwicklung des Aktienmarktes. Hierbei war jedoch ähnlich wie im gesamten europäischen Marktumfeld zu beobachten, dass einige Produkte sehr viel anfälliger auf die Marktentwicklung reagierten als andere. Getrieben von der mehrjährigen Haussephase am Aktienmarkt Ende der 1990er Jahre schnellten die Emissionsvolumina in den Jahren 1998–2000 jährlich zu neuen historischen Höchstständen. Das Jahr 2000 bildete mit knapp 50 Mrd. Euro den bisher höchsten Stand in Deutschland, wobei der Anteil der IPO-Volumina bei über 50 % lag. In den folgenden beiden Jahren, welche durch stark fallende Aktienmärkte geprägt waren, brach die Emissionstätigkeit insgesamt deutlich ein. Hiervon waren Börsengänge besonders hart betroffen, deren Umsetzung bis zum ersten IPO im Mai 42
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Schäcker/Brehm
§2
Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank
20041 für über 1 1/ 2 Jahre vollständig zum Erliegen kam. Aufgrund des schwierigen, sehr volatilen Marktumfeldes gewannen bei Sekundärplatzierungen schnelle Platzierungstechniken wie Accelerated Bookbuildings gegenüber vollvermarkteten Transaktionen zunehmend an Bedeutung. In den Jahren 2003 und 2004 war eine Renaissance der klassischen Bezugsrechtskapitalerhöhung zu beobachten, die erheblich zur Stabilisierung der Aktienemissionsvolumina beitrug. Seit 2005 ist bei leicht rückläufigen Gesamtvolumina wieder ein kontinuierlicher Anstieg der IPO-Aktivität im deutschen Markt zu beobachten, der zu einer weiteren Normalisierung des Produktmixes im Aktienemissionsgeschäft beigetragen hat. Volumen deutscher Aktienemissionen 1997–2007 Euro Mrd. 60 50 40 30 20 10 0 97
98
99
00
01
02
03
04
05
06
07
Quelle: Thomson SDC
2. Konzentrationsprozess der Investmentbanken Während die deutschen Banken über Jahrzehnte hinweg den inländischen Aktienemissionsmarkt nahezu unter sich aufteilen konnten, ließ sich seit Mitte der 1990er Jahre ein substantieller Markteintritt ausländischer, insbesondere angelsächsischer Investmentbanken, beobachten. Der dadurch verstärkte Wettbewerbsdruck und die zunehmende Internationalisierung des Aktienemissionsgeschäfts bewirkten einen deutlichen Marktanteilsverlust kleinerer und mittlerer deutscher Konsortialbanken. Der von Emittenten zunehmend in Form von „Hard Underwriting“-Strukturen durchgesetzte Risikotransfer führt bei größeren Transaktionen zum automatischen 1 Kurz nach dem sehr kleinen IPO der MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG stellte die 362 Mio. Euro-Emission der Wincor Nixdorf AG im Mai 2004 den ersten bedeutenden IPO in Deutschland seit dem IPO der AIG International Real Estate GmbH & Co. KGaA im Juli 2002 dar.
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3
§2
Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank
Ausschluss zahlreicher Marktteilnehmer. So werden mittlerweile bei großvolumigen Blocktrades mit hohem Underwriting-Risiko i.d.R. ausschließlich Banken angesprochen, die eine hinreichende Bilanzgröße, internationale Erfahrung mit vergleichbaren Transaktionen und entsprechende Risikoneigung aufweisen. Die Risikokomponente solcher Transaktionen zeigte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach in den hohen Verlusten einiger Banken, die nach öffentlich zugänglichen Informationen teilweise zweistellige Euro-Millionenbeträge ausmachten.
3. Trends in der Methodik des Risikotransfers und der Transaktionsarten 4
Die zunehmende Risikoinanspruchnahme der Investmentbanken, die sich insbesondere bei Blocktrades, aber auch bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht zeigt, hat die Banken verstärkt nach Möglichkeiten des Risikotransfers suchen lassen. Als eine solche Methodik des Risikotransfers hat sich das so genannte „Subunderwriting“ herausgebildet. Hierbei geben die Investmentbanken ihr Underwriting-Risiko an andere Marktteilnehmer gegen Weiterreichung eines Teils ihrer Provision ab. Diese Marktteilnehmer können z.B. andere Konsortialbanken, nicht im Konsortium vertretene Banken, institutionelle Investoren (insbesondere Hedge Fonds) oder bestehende Aktionäre der Gesellschaft sein. Da die „Subunderwriter“ zumeist nicht durch direkte vertragliche Vereinbarungen mit dem Emittenten oder durch sonstige rechtliche Reglementierungen gebunden sind, können sie mit ihrer Risikoposition im Allgemeinen freier und flexibler umgehen. Insbesondere bei größeren Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht, die ein „Hard Underwriting“ zum Bezugs- bzw. einem Mindestpreis und damit ein Marktrisiko der Investmentbanken über mehrere Wochen hinweg beinhalteten, wurde von den Konsortialbanken oftmals auf einen Risikotransfer via Subunderwriting zurückgegriffen.
5
Auch bei den Transaktionsarten wurden von den Investmentbanken in den letzten Jahren neue innovative Strukturen entwickelt und im deutschen Markt eingeführt. So besteht bei börsennotierten Unternehmen mit geringem Streubesitz und niedriger Handelsliquidität i.d.R. eine zwangsläufige Begrenzung der maximalen Transaktionsgröße bei Aktienplatzierungen. Um bei solch schwierigen Platzierungen ausreichend Nachfrage durch Ansprache möglichst breiter Investorengruppen generieren zu können und den regelmäßig einsetzenden, unmittelbaren Druck auf den Aktienkurs durch Leerverkäufe institutioneller Marktteilnehmer zu limitieren, wurden so genannte „Combined Offerings“ in Form von kombinierten Angeboten aus Aktienplatzierung und Umtauschanleihe mit derselben Aktie als Basiswert durchgeführt (s. auch § 11 Rz. 11). Insbesondere bei Veräußerungen von Privatpersonen stellt das innovative Produkt der Synthetischen Umtauschanleihe eine interessante Alternative zu einem Direktverkauf dar. Als Emittent einer Synthetischen Umtauschanleihe fungiert i.d.R. eine Bank nach Erwerb einer Kaufoption auf die der Umtauschanleihe unterliegenden Aktien. Der Investor erwirbt daher eine Umtauschanleihe mit dem Bonitätsrisiko der Bank und der Verkäufer erhält die Optionsprämie unabhängig von einem möglichen späteren Umtausch2.
2 Beispiel für ein erfolgreiches Combined Offering mit einer Synthetischen Umtauschanleihe ist die von Credit Suisse geführte 641 Mio. Euro-Monetarisierung von ca. 7,6 Mio. Q-Cells Aktien der Ströher Finanzholding im April 2006.
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Schäcker/Brehm
§2
Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank
Auktionsprozesse, bei denen sich eine kleine Gruppe vorausgewählter Investmentbanken sehr zeitnah über ein verbindliches Angebot als Konsortialführer zu qualifizieren sucht, bilden ein weiteres, relativ neuartiges Modell am Aktienmarkt. Auktionen wurden bisher insbesondere bei Blocktrades und Equity-linked Emissionen, aber auch bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht angewandt3. Der Emittent profitiert dabei von dem enormen Wettbewerbsdruck unter den Investmentbanken und erzielt so den bestmöglichen Bezugspreis für seine neuen Aktien. Die Übertragbarkeit des Auktionsprozesses auf den IPO-Prozess, durch Festlegung der Preisspanne verbunden mit der Auswahl der Führungsbanken erst unmittelbar vor dem offiziellen Vermarktungsstart der Transaktion, ist eine modelltheoretisch interessante Variante, deren praktische Umsetzbarkeit und konkrete Vorteilhaftigkeit aufgrund des komplexeren Gesamtprozesses eines Börsengangs sich jedoch als sehr fragwürdig erwiesen hat. Ausschließlich bei größeren IPOs von Gesellschaften mit transparentem Geschäftsmodell sind die grundsätzlichen Voraussetzungen für ein so genanntes „Competitive IPO“ überhaupt gegeben, da nur bei diesen IPOs einerseits der Anreiz zur Abgabe eines attraktiven Angebots für die Investmentbanken durch das Transaktionsvolumen gegeben und andererseits die Risiken bei der Durchführung der Due Diligence annähernd beherrschbar erscheinen4. Im deutschen Markt hat es bisher kein „Competitive IPO“ gegeben und auch im europäischen Umfeld konnte sich dieses Modell aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen nicht durchsetzen5. Kernpunkt der Kritik an diesem Modell ist, dass es einen inhärenten Anreiz schafft, ehrliche Beratung der Banken hinsichtlich der angemessenen Preisspanne gegen eine „mandatsvergabefreundliche“ Bewertungseinschätzung einzutauschen, welche Investoren am Ende nicht mittragen und dann von der Transaktion Abstand nehmen.
6
4. Bedeutung der League Table Die jeweilige League Table Position der einzelnen Investmentbanken spielt eine wichtige Marketingrolle, insbesondere bei der Akquisition von großvolumigen Transaktionen. In einem zunehmend homogeneren Wettbewerbsumfeld mit schwindender Bedeutung bestehender Geschäftsbeziehungen zwischen Emittent und Bank bei der Vergabe von Investmentbanking-Mandaten, verbunden mit einer Auflösung der traditionellen langjährigen deutschen Hausbankenrolle, bildet die League Table Position neben der Preiskomponente oftmals das zentrale Entscheidungskriterium. Dies führte bisweilen zu einem regelrechten Trend des „Einkaufens“ von League Table Positionen durch teils bewusste Inkaufnahme von verlustreichen Geschäften im Blocktrade-Bereich. Dieser Trend hat sich nach einigen emp-
3 So führte die Deutsche Lufthansa AG für ihre 750 Mio. Euro-Kapitalerhöhung im Juni 2004 einen Auktionsprozess zur Determinierung des Bezugspreises und zur Auswahl der Konsortialbanken durch. Zu den rechtlichen Aspekten s. § 4 sowie Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175. 4 So geschehen bei dem IPO der französischen Pages Jaunes S.A. im Juni 2004. 5 Beim „Competitive IPO“ des französischen Satellitenbetreibers Eutelsat im Dezember 2005 musste die Preisspanne erst gesenkt, die Emission dann um einen Monat verschoben und die Preisspanne ein zweites Mal gesenkt werden. Ähnliche Erfahrungen musste die UK Reiseagentur Hogg Robinson bei ihrem Börsengang im Oktober 2006 machen. Ferner führte das IPO von Inmarsat zu einer Untersuchung der UK Regulierungsbehörde FSA, die darüber besorgt war, dass der Druck der Bookrunner-Auswahl vor Mandatsvergabe zu „unterstützenden“ Bewertungsstudien durch die Research-Analysten der beteiligten Banken führen könnte.
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§2
Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank
findlichen Verlustgeschäften der Banken sowie vor dem Hintergrund der weltweit stark angestiegenen Emissionsvolumina jüngst etwas abgeschwächt.
III. Aktienemissionen – Grundlagen 1. Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses 8
Eine der Kernaufgaben der begleitenden Investmentbank ist die Koordination des Gesamtprozesses und der zahlreichen daran beteiligten Parteien. Ein regelmäßiger und strukturierter Informationsaustausch von Arbeitsgruppen und Entscheidungsträgern muss kontinuierlich über den gesamten Prozess hinweg gewährleistet werden, um etwaige Probleme frühzeitig zu erkennen und Fehlentwicklungen umgehend entgegen zu steuern. Der Umfang dieser Tätigkeit und damit verbunden auch die jeweilige Projektstruktur hängt stark von der konkreten Transaktionsform und der Art des Angebotes ab. Während bei einer Privatplatzierung bestehender Aktien mittels eines eintägigen Accelerated Bookbuildings die Komplexität des Gesamtprozesses und die Anzahl der beteiligten Parteien recht überschaubar ist, stellt sich ein öffentliches Angebot im Rahmen eines IPO meist als planungs- und steuerungsintensivste Transaktion dar.
2. Dokumentation und Due Diligence 9
Die Anforderungen der Banken im deutschen Markt an die Due Diligence und Dokumentation haben sich seit den 1990er Jahren aufgrund der starken Internationalisierung des Geschäfts den US-amerikanischen Standards zunehmend angeglichen und damit zum Teil deutlich verschärft. Bei der Dokumentation von prospektbasierten Aktienemissionen haben sich Underwriting Agreement (unten § 23), Comfort Letter (unten § 28), Disclosure und Legal Opinion (unten § 29) nach internationalen Standards durchgesetzt, wenngleich einige kleinere deutsche Banken weniger strenge Dokumentationsanforderungen akzeptieren und dies partiell sogar als Wettbewerbsvorteil in der Mandatsakquisition einsetzen.
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Zumindest bei Business und Financial Due Diligence haben sich bisher noch keine einheitlichen Standards herausgebildet, so dass je nach begleitender Bank, Transaktionsart und Emittent ein unterschiedlich umfangreicher Prüfungsprozess durchlaufen wird. Die Heranziehung von externen Beratern ist dabei oftmals Gegenstand kontroverser Diskussionen. Während sich auf der juristischen Seite die Mandatierung internationaler Anwaltskanzleien jeweils für den Emittenten und die Banken durchgesetzt hat, werden zusätzliche Wirtschaftsprüfer oder sonstige externe Sachverständige für die Business und Financial Due Diligence nur in besonderen Fällen herangezogen. Gerade auf Emittentenseite sind die Ressentiments gegenüber weiteren externen Beratern aufgrund der zusätzlichen Kosten und Koordinationserfordernisse oftmals recht ausgeprägt.
3. Emissionskonzept a) Art des Angebots 11
Für die optimale Vermarktung einer Emission bildet die richtige Strukturierung des Angebots einen der zentralen Erfolgsfaktoren. Hierbei kommt sowohl ein öffent46
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Aktienemissionen aus Sicht der Investmentbank
liches Angebot in Deutschland mit Einbeziehung von Privatanlegern in Verbindung mit einer Privatplatzierung bei internationalen institutionellen Investoren als auch eine ausschließliche Privatplatzierung bei institutionellen Investoren zumeist mit Fokus auf Europa in Betracht. Eine zusätzliche Nachfragekomponente durch die Einbeziehung einer Privatplatzierung in den USA bei so genannten „QIBs“ (qualified institutional buyers) gem. Rule 144A unter dem US Securities Act von 1933 hat sich bei zahlreichen Aktienplatzierungen als entscheidender Erfolgsfaktor erwiesen. Die Entscheidung über die Einbeziehung einer 144A-Platzierung in das Emissionskonzept muss jedoch unter Berücksichtigung einer Kosten-Nutzen-Analyse bei jeder Transaktion individuell und zeitnah vor der Platzierung entschieden werden. Dies erfordert eine gute Markt- und Investoreneinschätzung durch die begleitenden Investmentbanken. Zahlreiche führende US-Investoren können grundsätzlich über ihre jeweiligen ausländischen Tochtergesellschaften (i.d.R. via London) an Reg S bzw. anderen „non-144A“-Platzierungen teilnehmen, jedoch mit deutlich weniger Volumen, da somit nicht alle Fonds dieser US-Investoren Aktien in ihr Depot aufnehmen können. Bei öffentlichen Angeboten kann die Nachfrage von Privatanlegern (retail) einen wichtigen Beitrag leisten. Die Retailnachfrage kommt, teilweise unterstützt durch Frühzeichnerrabatte, meist früher ins Orderbuch und kann somit ein wichtiges Momentum für das institutionelle Buch kreieren. Die Bedeutung der Privatanleger als Nachfragekomponente für deutsche Aktienemissionen hat in den letzten Jahren jedoch deutlich abgenommen. Aufgrund der geringeren Flexibilität, dem längeren Zeitraum, in dem die Emission einem Marktänderungsrisiko ausgesetzt ist, und den höheren Kosten sind öffentliche Angebote mittlerweile fast nur noch bei IPOs und Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht zu beobachten. b) Herkunft der Aktien Bei Aktienemissionen kann sich das Angebot grundsätzlich entweder auf bestehende oder auf neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung beziehen. Emissionen mit einer Kombination sind möglich und kommen insbesondere bei IPOs häufig vor. Für die Vermarktung spielt die Herkunft der Aktien aufgrund ihres Einflusses auf die Equity Story bzw. den Investment Case eine zentrale Rolle. Bei einer Unternehmensfinanzierung durch Ausgabe neuer Aktien, die zumindest ceteris paribus eine Gewinn- und Stimmrechtsverwässerung für die Aktionäre bedeutet, erwartet der Kapitalmarkt eine überzeugende Aussage zur konkreten Mittelverwendung. Kapitalerhöhungen auf Reserve, also ohne klar kommunizierte Mittelverwendung, bergen eine hohe Gefahr der Ablehnung am Kapitalmarkt, verbunden mit einem u.U. substantiellen Reputationsschaden für den Emittenten. Zudem haben die jüngsten Erfahrungen gezeigt, dass vermeintlich überkapitalisierte Gesellschaften schnell Ziel von aggressiven Investoren (primär Hedge Funds) werden können.
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Bei der Abgabe von bestehenden Aktien durch einen Großaktionär hingegen können beispielsweise die Fokussierung des Beteiligungsportfolios oder etwaige einhergehende Veränderungen in der Geschäftbeziehung beider Parteien für den Kapitalmarkt ausreichend akzeptable Verkaufsgründe darstellen, um ausschließlich die künftige operative Performance der Gesellschaft in das Zentrum der Equity Story zu stellen. Gerade bei der Abgabe von Finanzinvestoren wird der Verkauf ihrer Beteiligungen über die Börse mittlerweile zunehmend als ein natürlicher Schritt angesehen. Bei einer Aktionärsstruktur mit weiteren Großaktionären können seitens der Investoren kritische Fragen zu möglichen weiteren Blockverkäufen aus dem Aktio-
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närskreis aufkommen, denen vorab pro-aktiv entgegengewirkt werden sollte. Die Beseitigung eines immanenten Aktienüberhangs durch eine Platzierung kann jedoch auch ein starkes positives Momentum für die entsprechende Emission sein und den weiteren Kursverlauf der Aktie im Sekundärmarkt positiv beeinflussen. 14
Eine gewisse Zwischenstellung nimmt die Veräußerung von eigenen Aktien der Gesellschaft (treasury stocks) ein, da hierbei zwar keine neuen Aktien entstehen, der Mittelzufluss aber der Gesellschaft vollständig zugute kommt und die eigenen Aktien bei der vorherigen Berechnung wichtiger Aktienkennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis meist von den ausstehenden Aktien abgezogen wurden.
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Bei Börsengängen präferiert der Markt i.d.R., dass ein möglichst hoher Anteil der zu platzierenden Aktien aus einer Kapitalerhöhung stammt, somit die Erlöse dauerhaft im Unternehmen verbleiben und nicht einem abgebenden Aktionär zugute kommen (Stichwort „Kasse machen“). c) Aktienart und -gattung
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Unter Vermarktungsgesichtspunkten besteht kein Unterschied zwischen einem Angebot von Inhaber- und Namensaktien. Selbst vinkulierte Namensaktien, welche insbesondere noch bei deutschen Versicherungsgesellschaften anzutreffen sind, stellen grundsätzlich kein Hindernis bei der Vermarktung dar, da mit den Zustimmungs- und Einschränkungsrechten i.d.R. derart umgegangen wird, dass sie den täglichen elektronischen Börsenhandel nicht behindern und es praktisch zu keinem Widerspruch bei der Übertragung von Aktien mehr kommt6.
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Schwieriger gestaltet sich die Vermarktung von Vorzugsaktien. Entsprechend des u.a. auch im Deutschen Corporate Governance Kodex reflektierten Grundsatzes „One Share – One Vote“ steht der Kapitalmarkt Vorzugsaktien zunehmend kritisch gegenüber. Dies führte auch in Deutschland zu einer weitgehenden Vereinheitlichung der Aktiengattungen. Zahlreiche Gesellschaften, die historisch bedingt über Vorzugsaktien verfügten, haben in den letzten Jahren ihre Vorzugsaktien abgeschafft wie die nachfolgende Analyse anhand des HDAX verdeutlicht7.
14%
26% 1998 74%
Stamm- und Vorzugsaktien
8% 2003 88%
2007 92%
Nur Stammaktien
Quelle: Credit Suisse
6 Besonderen Fokus bekam dieses Thema Anfang der 1990er Jahre bei dem Kauf eines Aktienpakets der Aachener und Münchener Beteiligungs-AG (AMB) durch die Assurances Générales de France (AGF). AMB hat daraufhin AGF nicht als neuen Aktionär akzeptiert. Das anschließende Urteil des LG Aachen in 1992 wurde kontrovers diskutiert, da es feststellte, dass AMB bei ihrer Ermessensentscheidung nur die Interessen der Gesellschaft und der bisherigen Aktionäre, nicht aber die Interessen des Erwerbers zu beachten habe. 7 Der HDAX umfasst die Werte aller 110 Unternehmen des DAX, MDAX und TecDAX.
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Der letzte deutsche Börsengang, bei dem Vorzugsaktien emittiert wurden, war das IPO der Schuler AG im Jahre 1999, welches am Kapitalmarkt nicht gut aufgenommen wurde. Jüngst wurde bei Privatisierungen aufgrund politischer Erwägungen der Gedanke, ausschließlich Vorzugsaktien beim IPO zu begeben, erneut zur Diskussion gestellt8. d) Streubesitz Die Höhe des Streubesitzes (free float) spielt eine große Rolle bei der Bewertung einer Aktie, da zwischen Free Float und Liquidität einer Aktie eine signifikant positive Korrelation besteht. Die Marktkapitalisierung des Free Float und das Handelsvolumen bilden i.d.R. die entscheidenden Kriterien für die Aufnahme einer Aktie in einen Index (s. unten Rz. 20). Die Bedeutung des Free Float für die Attraktivität einer Aktie kann dazu führen, dass das Ziel einer entsprechenden Verbreiterung des Streubesitzes oftmals als zusätzlicher zentraler Investment Case für eine Aktienplatzierung herangezogen wird. Institutionelle Investoren investieren regelmäßig nur in solche Aktien, die sowohl eine ausreichende Liquidität als auch eine kritische Größe bei der Marktkapitalisierung des Free Float aufweisen.
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e) Halteverpflichtung Investoren erwarten bei Aktienemissionen regelmäßig eine Halteverpflichtung (lock-up), um vor etwaigen negativen Kurseffekten durch unmittelbar folgende Verkäufe geschützt zu sein. Hierbei wird sowohl eine weite Formulierung der Halteverpflichtung (z.B. Einbeziehung von Derivaten) als auch ein breiter Kreis der sich Verpflichtenden (Gesellschaft sowie Großaktionäre) präferiert. Ein Lock-up sollte unter Marketinggesichtspunkten i.d.R. mindestens drei bis sechs Monate betragen. Bei Börsengängen fördert eine längere Verpflichtung der Altaktionäre und im Besonderen des Managements die Aufnahmebereitschaft der Investoren deutlich. Zu unterscheiden ist zwischen „Hard Lock-up“ und „Soft Lock-up“-Vereinbarungen, wobei Letztere – wenngleich nicht unumstritten bei Investoren – sich zunehmend als Marktstandard etabliert haben. Bei einem Soft Lock-up kann der Bookrunner in bestimmten Fällen (z.B. Finanzierung einer wertgenerierenden Akquisition oder bei einer sehr positiven Aktienkursentwicklung) einer vorzeitigen Aufhebung der Halteverpflichtung zustimmen.
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f) Bedeutung einer Indexzugehörigkeit Die Attraktivität einer Aktie steigt mit der Aufnahme in einen Aktienindex. Dies geht primär zurück auf ein gesteigertes Investoreninteresse durch die zunehmende „Benchmark“-Orientierung vieler institutioneller Investoren. Zahlreiche Fonds bilden einen bestimmten Index, welchen sie zuvor als ihre „Benchmark“ festgelegt haben, zu einem ganz überwiegenden Teil nach. Eigene Kauf- und Verkaufsentscheidungen limitieren sich auf ein Mindestmaß, um den so genannten „Tracking Error“, also die Abweichung vom Benchmarkindex, möglichst gering zu halten. Passive Fonds, auch Indexfonds genannt, verzichten praktisch gänzlich auf eigene Anlage8 So geschehen bei den Privatisierungsüberlegungen für die Deutsche Bahn AG und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).
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entscheidungen und bauen einen bestimmten Index komplett nach. Darüber hinaus ergeben sich durch eine Indexaufnahme positive Imageeffekte für die Gesellschaft, die i.d.R. zu einer deutlich erhöhten Kapitalmarkt-Visibilität bei der Wirtschaftspresse und Research-Analysten führen. Die gestiegene Visibilität der Aktie zieht wiederum ein verstärktes Interesse auch von Seiten der Retailinvestoren nach sich. Eine mögliche Indexaufnahme (oder die Verhinderung eines Herausfallens aus einem Index) durch Erhöhung des Free Floats und der Liquidität einer Aktie kann insofern ein wichtiges Motiv für ein Secondary Offering sein. g) Emissionskonsortium 21
Die richtige Auswahl der transaktionsbegleitenden Bank(en) ist insbesondere bei großvolumigen und komplexen Aktienemissionen eine wichtige Voraussetzung für den Gesamterfolg der Transaktion. Dem buchführenden Konsortialführer (meist Lead Manager & Bookrunner oder Global Coordinator & Bookrunner genannt) kommt aufgrund seiner dominierenden Rolle bei der Strukturierung und Koordination des Prozesses dabei die entscheidende Bedeutung zu. Sowohl nachrangig folgende (Senior) Co-Lead Manager als auch Co-Manager haben, unabhängig von ihrer Underwriting-Quote, kaum Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesamttransaktion und werden i.d.R. nur recht begrenzt Nachfrage generieren können, da institutionelle Investoren in einem Bookbuilding-Verfahren ihre Order meist direkt an den oder die Bookrunner geben. Für die Auswahl des Konsortialführers kommen zahlreiche Kriterien, wie z.B. nachgewiesene Expertise bei vergleichbaren Transaktionen, internationale Platzierungsstärke bei allen relevanten Anlegergruppen und eine entsprechende Research-Kredibilität in Frage. Bei Blocktrades wird oftmals der League Table Position der Investmentbanken, ihrem Anteil am Handelsvolumen in der zu platzierenden Aktie und insbesondere ihrer Risikobereitschaft eine besondere Aufmerksamkeit zuteil.
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Im deutschen Markt ist in den letzten Jahren über alle Aktienemissionsarten hinweg die Tendenz zu schlankeren Bankenkonsortien zu beobachten. Während bei großvolumigen IPOs und Privatisierungen aufgrund der besonderen politischen Komponente noch die größten Konsortien anzutreffen sind, werden zahlreiche Secondary Offerings unabhängig von der Transaktionsgröße von einem recht kleinen Syndikat oder von einer einzigen Bank begleitet. h) Transaktionsarten/Underwriting aa) Vollvermarktete Platzierung
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Eine vollvermarktete Emission ist die Transaktionsart mit den umfangreichsten Vermarktungsaktivitäten und beinhaltet meist eine umfangreiche PR-Kampagne des Emittenten, Pre-Marketing Aktivitäten der Banken, eine mehrtägige, zumeist ein- bis zweiwöchige Management-Roadshow und die Ordergenerierung durch ein (meist) paralleles Bookbuilding. Je nach Emissionsart muss bzw. kann ein Prospekt bzw. Informationsmemorandum veröffentlicht werden, wodurch die Einbeziehung von Retailanlegern ermöglicht wird.
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bb) Accelerated Bookbuilding Das so genannte „Accelerated Bookbuilding“ ist ein Schnellverfahren zur Aktienplatzierung und stellt eine flexible Sonderform des Bookbuilding-Prozesses dar (vgl. Rz. 39 sowie § 10 Rz. 19 u. § 11 Rz. 9). In Abhängigkeit von dem Angebotsvolumen und der Aufnahmebereitschaft der Investoren kann das Orderbuch in einem Accelerated Bookbuilding theoretisch bereits nach wenigen Minuten geschlossen werden. Üblicherweise ist es jedoch auch bei einer sehr erfolgreich verlaufenden Transaktion mindestens eine Stunde geöffnet, um allen Investoren eine Chance auf Teilnahme einzuräumen. Mehrtägige Accelerated Bookbuildings sind relativ selten und werden i.d.R. nur bei sehr großen Platzierungen, die auch eine Einbindung von US-Investoren beinhalten, herangezogen. Ziel des Accelerated Bookbuilding ist es, mit höchster Flexibilität auf ein sich kurzfristig öffnendes zeitliches Fenster („per Knopfdruck“) reagieren zu können und den Kursdruck auf die Aktie durch die zügige Abwicklung zu minimieren.
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cc) Agency Trade Bei einem Agency Trade fungiert die Investmentbank im Hintergrund, indem sie für den Verkäufer über eine bestimmte Zeit in Abhängigkeit von der Liquidität und relativen Stärke der Aktie kleinere Blöcke des Gesamtpakets in den Markt gibt. Ein Agency Trade läuft i.d.R. sehr diskret ab und kann von dem Verkäufer auf täglicher Basis mitgesteuert werden. Nachteilig wirkt sich für den Veräußerer beim klassischen Agency Trade der ungewisse Gesamtpaketpreis und die lange Veräußerungsphase von oftmals mehreren Wochen bzw. Monaten aus. Des Weiteren müssen Aktienanzahl und Liquidität in einem angemessenen Verhältnis stehen, so dass sich meist nur „Blue Chip“-Werte für einen Agency Trade in nennenswertem Volumen eignen. Dieses Geschäft ist sehr stark handelsorientiert und unterscheidet sich daher in der Einbindung der Investmentbank und sonstiger Berater sowie etwaiger Due Diligence Anforderungen deutlich von allen anderen aufgezeigten Transaktionsarten.
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dd) Einbindung derivativer Strukturen Die Einbindung von derivativen Produkten wie Call-Optionen oder Umtauschanleihen kann dem Verkäufer eine gezielte Feinsteuerung seines Verkaufes ermöglichen. Die individuelle Motivlage und konkrete Ausgestaltung derivativer Strukturen sind mannigfaltig. Liegt der aktuelle Aktienkurs beispielsweise unter der Mindestpreisvorstellung des Verkäufers, kann durch eine partielle Platzierung der zum Verkauf stehenden Aktien – verbunden mit dem gleichzeitigen Verkauf einer Call-Option mit einem höheren Basispreis für die nicht direkt platzierten Aktien – der Mindestverkaufskurs für das gesamte Paket (Ausübung der Call-Option unterstellt) erreicht werden. Der Verkäufer vereinnahmt in jedem Fall die entsprechende Optionsprämie und hat die Chance, die unterliegenden Aktien in Abhängigkeit von dem künftigen Börsenkurs zu einem höheren Preis zu veräußern.
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Neben dem Erreichen einer Mindestpreisvorstellung geht eine gleichzeitige Platzierung von Aktien und Begebung einer Umtauschanleihe in Aktien derselben Gesellschaft (combined offering) oftmals auf eine zu geringe Liquidität der Aktie im Verhältnis zu der Gesamtzahl der zu veräußernden Aktien zurück. Mit einem Combined Offering können unterschiedliche Investorengruppen (Equity, Fixed Income,
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Equity-linked und Hedge Fund Investoren) angesprochen, eine höhere Gesamtnachfrage generiert und i.d.R. der Kursdruck auf die Aktie insgesamt reduziert werden. ee) Exkurs: Dual Track 28
Ein so genannter Dual Track, also die parallele Vorbereitung sowohl einer Aktienplatzierung als auch einer M&A-Transaktion für den Verkauf eines Unternehmens bzw. eines großen Anteilspakets, ist eine besondere Herausforderung für die beteiligten Banken und erfordert weit höhere Abstimmungstätigkeiten als eine entsprechende separate Aktienplatzierung. Dual Tracks können sowohl bei IPOs als auch bei Sekundärplatzierungen auftreten. Sind für die beiden konkurrierenden Produkte (Aktienemission und M&A) unterschiedliche Banken mandatiert, steigert dies den Erfolgs- und Zeitdruck der Banken zusätzlich, birgt aber gleichzeitig die Gefahr, dass eine objektive Beratung durch Interessenkonflikte der Investmentbanken erschwert wird. Überwiegend arbeiten deshalb die mandatierten Banken bei Dual Tracks gleichberechtigt an beiden Transaktionssträngen. i) Struktur des Risikotransfers aa) Bought Deal
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Bei einem Bought Deal kauft die Investmentbank dem Verkäufer sein Aktienpaket zu einem grundsätzlich vertraulich vereinbarten festen Preis ab, unabhängig von der späteren Verwertung am Markt. Das Wiederveräußerungsrisiko, aber auch das gesamte „Upside“-Potenzial, liegen bei der Bank. Dieses Geschäft besitzt für die Investmentbanken besondere Attraktivität aufgrund der meist kurzen Transaktionsdauer, geringen Vorbereitungsarbeit und der beachtlichen Gewinnmarge im Erfolgsfall bei gleichzeitig hoher Reputationswirkung (League Table Position). Auf der anderen Seite ist dieses Geschäft sehr wettbewerbsintensiv geworden mit Garantiepreisen nahe am Marktkurs, wodurch es zu einem der riskantesten und teilweise verlustträchtigsten Geschäftsfelder für die Investmentbanken geworden ist. Bought Deals sind überwiegend im Bereich der Platzierung bestehender Aktienpakete über ein Accelerated Bookbuilding anzutreffen und werden oftmals als „Overnight“-Auktionen vom Verkäufer strukturiert. bb) Backstop
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Bei einer Backstop-Struktur garantiert die Investmentbank dem Verkäufer bzw. Emittenten einen Mindestpreis für die zur Platzierung anstehenden Aktien bei gleichzeitiger Partizipation des Verkäufers am „Upside“-Potenzial. Die Bank ist durch eine mit dem finalen Platzierungspreis steigende Provision incentiviert, einen möglichst hohen Verkaufspreis am Markt zu erzielen. Backstop-Strukturen sind überwiegend im Bereich von Platzierungen über ein Accelerated Bookbuilding anzutreffen, sowohl bei bestehenden Aktienpaketen als auch bei prospektfreien Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechtes. Hinsichtlich der Höhe des Backstop-Preises wird zumeist Vertraulichkeit vereinbart, um eine Präjudizierung des Marktes zu vermeiden.
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Vollvermarktete Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht, bei denen die konsortialführenden Investmentbanken dem Emittenten im Rahmen eines „Hard Underwriting“ 52
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den Bezug der neuen Aktien zu einem Mindestbezugspreis garantiert, verbunden mit der Möglichkeit einer späteren Anhebung dieses Mindestbezugspreises unmittelbar vor Beginn der Bezugsperiode, sind streng genommen eine Unterform der BackstopStruktur. cc) Best-effort Bei einer Best-effort-Struktur erfolgt regelmäßig kein Risikotransfer zwischen Verkäufer und Investmentbank. Die konsortialführenden Investmentbanken sind bei dieser Transaktion insofern regelmäßig durch eine mit dem finalen Platzierungspreis steigende Provision incentiviert, einen möglichst attraktiven Verkaufspreis für den Verkäufer bzw. Emittenten am Markt zu erzielen. IPOs und vollvermarktete Sekundärplatzierungen sind klassische Beispiele für Best-effort Strukturen, gleichzeitig sind jedoch auch Best-effort-Strukturen bei Accelerated Bookbuildings bestehender Aktien sowie bei Kapitalerhöhungen ohne Bezugsrecht weit verbreitet.
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4. Vermarktungsprozess/Platzierung a) Bestimmung der Zielinvestorengruppen Bei einer Aktienemission sollte die Investmentbank möglichst früh im Prozess konkrete Zielinvestorengruppen definieren und ihre Vermarktungsaktivitäten konsequent daran ausrichten. Bei der Bestimmung der Zielgruppen kann eine besondere Interessenlage des Emittenten berücksichtigt werden, wenn beispielsweise eine verstärkte Verankerung der Aktie in bestimmten Ländern angestrebt wird. Eine Einbeziehung von deutschen Retailanlegern oder US-Investoren hat die weitreichensten Konsequenzen für die Ausgestaltung des Angebots und muss entsprechend frühzeitig eingeplant werden, da sie jeweils besondere Dokumentationserfordernisse nach sich zieht. Bei einer Bezugsrechtsemission spielen die bestehenden Aktionäre der Gesellschaft eine besondere Rolle als Zielgruppe. Meist finden – unter Berücksichtigung der Insider-Thematik – im Vorfeld der Transaktion Sondierungen über das entsprechende Bezugsverhalten der Großaktionäre statt.
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b) Emissionszeitpunkt Mit zunehmender Volatilität der Märkte, kürzer werdenden Sektorzyklen und schnellerer Sektorrotation im Anlageverhalten internationaler Investoren gewinnt das richtige Timing einer Aktienemission entscheidend an Bedeutung. Die Halbleiter- und Biotechnologiebranchen sind beispielsweise besonders anfällig für kurzfristige Veränderungen des Marktsentiments, wodurch eine bis dato erfolgversprechende Emission eine Woche später praktisch undurchführbar werden kann. Die Abschätzung des richtigen zeitlichen Fensters für die Emission und die gezielte Nutzung eines günstigen Marktumfeldes zeichnen eine erfolgreiche Investmentbank aus.
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c) Research Reports Aktienemissionen können grundsätzlich sowohl mit als auch ohne „dealbezogenen“ Research Reports der Investmentbanken durchgeführt werden. Während im GegenSchäcker/Brehm
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satz zu den USA Börsengänge in Europa regelmäßig mit entsprechenden begleitenden Analysen der Konsortialbanken vermarktet werden, findet dieses Instrument aufgrund der zunehmenden Verschärfung der rechtlichen Richtlinien (z.B. BlackoutRegelung) bei vollvermarkteten Kapitalerhöhungen und Sekundärplatzierungen mittlerweile kaum noch Verwendung. Insbesondere bei „Blue Chip“-Werten behindert das Fehlen dealbezogener Research-Studien den Vermarktungsprozess nicht, da die Investoren mit dem Investment Case i.d.R. ausreichend vertraut sind. d) Pre-Marketing/Investor Education 36
Das Pre-Marketing der Banken bei IPOs, auch Investor Education genannt, hat zum Ziel, erste Vermarktungsschritte für die Aktie unmittelbar vor Schaltung des offiziellen Angebots einzuleiten und eine möglichst genaue Investoreneinschätzung zum „fairen“ Preis der Aktie und zum möglichen Nachfragevolumen der jeweiligen Investoren zu erlangen. Das Pre-Marketing wird durch die Sales Force und die Research Analysten der beteiligten Banken hauptsächlich auf Basis der Research Reports vorgenommen. Ansprechpartner sind internationale institutionelle Investoren. Das so gewonnene Feedback fließt in die Preisspanne des Bookbuildings und in die Planung der Roadshow ein.
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Je nach Marktlage und IPO-Kandidat hat sich das vorgeschaltete Pre-Sounding (auch Pilot Fishing genannt) als erste Vorstufe der Vermarktung in der Praxis bewährt. Ziel des Pre-Sounding ist ein frühzeitiger Dialog mit wenigen ausgewählten Investoren hinsichtlich des Geschäftsmodells und der Positionierung sowie eine erste Markteinschätzung zur Bewertung. Das Pre-Sounding basiert ausschließlich auf später im Prospekt veröffentlichten Informationen und empfiehlt sich nicht für alle IPOs, da es durchaus auch als defensiv aufgenommen werden kann. Darüber hinaus ist die Bereitschaft zur Teilnahme auf institutioneller Seite teilweise begrenzt. Das PreSounding kann sowohl vom Management in „One-on-One“ Meetings als auch von mit dem Investment Case sehr gut vertrauten Investmentbankern durchgeführt werden. Erfahrungen haben gezeigt, dass das Feedback hinsichtlich der Positionierung und des Sektor-Appetits sehr aussagekräftig ist. Zur späteren Bewertung der Aktie kann das Pre-Sounding zumeist jedoch nur erste Indikationen liefern. e) Roadshow
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Im Rahmen einer durch die Investmentbanken organisierten dealbezogenen Roadshow präsentiert das Management der Gesellschaft, dessen Aktien platziert werden sollen, ihr Unternehmen vor internationalen Investoren. Sowohl im Rahmen von Gruppenpräsentationen als auch in so genannten „One-on-One“ Gesprächen erläutert das Management sein Geschäftsmodell und wirbt mit der Equity Story für die laufende Emission. f) Preisermittlungsverfahren aa) Bookbuilding-Verfahren
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Anhand des Bookbuilding-Verfahrens werden die Kauforders der Investoren unter Berücksichtigung der konkreten Mengen- und Preisvorstellungen in einem (elektronischen) Orderbuch gesammelt und zu einem einheitlichen Preis zugeteilt. Der 54
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Grundgedanke dieses Verfahrens ist es, die Investoren in die Preisfindung einzubeziehen und somit Preis und Volumen marktgerecht zu optimieren. Dem Bookrunner kommt im Rahmen des Bookbuilding neben der Sammlung der Orders die zentrale Rolle bei der Analyse der Nachfrage mit anschließender Preisfindung und Zuteilung zu. Bei einem IPO wird eine auf Basis des Pre-Marketing Feedbacks ermittelte Preisspanne vorgegeben, die aufgrund des noch fehlenden Marktpreises mit durchschnittlich 15–20 % – in Einzelfällen sogar bis zu 30 % – im Vergleich zu einer Sekundärplatzierung wesentlich breiter gefasst ist. Bei Sekundärplatzierungen muss der Bookrunner nicht zwingend eine feste Preisspanne vorgeben, sondern kann sich auf einen Mindestpreis beschränken oder ganz auf eine Präjudizierung des Marktes verzichten. bb) Festpreisverfahren Das Festpreisverfahren war jahrelang die klassische Platzierungs- und Preisermittlungsmethode bei deutschen Börsengängen. Es ist jedoch seit Mitte der 1990er Jahre fast vollständig durch das Bookbuilding-Verfahren abgelöst worden und nur noch vereinzelt bei IPOs am deutschen Kapitalmarkt anzutreffen9. Obgleich auch im Rahmen des Festpreisverfahrens eine Feinabstimmung durch entsprechende Pre-Marketing-Aktivitäten möglich ist, erfordert die vorab erfolgte exakte Festschreibung des Emissionspreises eine „Punktlandung“. Der zentrale Nachteil dieses Verfahrens ist daher seine erheblich geringere Flexibilität. Auch wiegt der von Befürwortern des Verfahrens aufgeführte, vermeintliche psychologische Vorteil einer festen Preisvorgabe (gegenüber der „Unsicherheit“ einer Preisspanne) den Vorteil des Bookbuildings, den Preis am Ende des Prozesses innerhalb der vorgegebenen Spanne variabel an die Nachfrage anpassen zu können, nicht annähernd auf. Vereinzelt ist das Festpreisverfahren auch bei einem „notleidenden“ IPO als Alternative zu einer Herabsetzung der Preisspanne zu beobachten gewesen10.
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cc) Auktionsverfahren Im Rahmen des Auktionsverfahrens wird der Ausgabepreis wie bei einer Versteigerung ermittelt, wobei es sehr unterschiedliche konkrete Gestaltungsformen gibt. Im Bereich von IPOs kam das Auktionsverfahren in Deutschland bisher nur bei sehr wenigen Börsengängen zur Anwendung11. Problematisch bei diesem Verfahren ist, dass zwar der kurzfristig maximale, aber nicht zwangsläufig der „richtige“ Gleichgewichtspreis ermittelt wird. Eine gezielte Steuerung der Zuteilung im Hinblick auf eine stabile Aktionärsstruktur und Generierung von Kaufinteresse im Sekundärmarkt durch bewusste Unterzuteilung an erstklassige institutionellen Investoren, um diese zu weiteren Käufen im Sekundärmarkt zu veranlassen, kann nicht dargestellt werden, da die Qualität der Investoren unberücksichtigt bleibt. Die Gefahr eines „Overpricings“ mit entsprechend negativem und stark volatilem Kursverlauf im Nachmarkt (after-market) ist insofern sehr hoch12. 9 So z.B. bei dem IPO der MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG im Mai 2004. 10 So z.B. bei dem letztendlich gescheiterten IPO der Nordsee AG im Juni/Juli 2001. 11 So beim IPO der Trius AG im März 2000 und beim IPO der Hydrotec Gesellschaft für Wassertechnik AG im September 2001. 12 Nicht zuletzt deshalb wurde in dem Prospekt des im Rahmen eines modifizierten Auktionsverfahrens strukturierten IPOs der Google Inc. (August 2004) explizit auf die einhergehenden substanziellen Preisrisiken hingewiesen.
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g) Zuteilung der Aktien 42
Die richtige Zuteilung der Aktien im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens ist eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung des Aktienkurses im Sekundärmarkt. Dies erfordert eine präzise Kenntnis der Investoren sowie eine Einschätzung zum erwarteten Verhalten jedes Anlegers im After-Market durch den Bookrunner. Berücksichtigung finden somit neben den Preis- und Mengengeboten der Investoren auch die Qualitätseinstufung jedes einzelnen institutionellen Investors mit dem Ziel, die Aktie in einem stabilen Aktionärskreis fest zu verankern, gleichzeitig aber auch eine ausreichende Liquidität im Sekundärmarkt zu ermöglichen. Bei Privatanlegern werden i.d.R. einheitliche Schlüssel verwendet, die durchaus eine Differenzierung zulassen (z.B. Bevorzugung einer bestimmten Region, Frühzeichnerrabatte etc.). Diese müssen in Deutschland entsprechend den „Grundsätzen für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ der Börsensachverständigenkommission objektiven Maßstäben folgen und anschließend veröffentlicht werden. h) Greenshoe/Mehrzuteilungsoption
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Mittels einer Mehrzuteilungsoption räumt der Emittent bzw. Verkäufer den Konsortialbanken die Option ein, ein bestimmtes Volumen an Mehrzuteilungen über die Basistransaktion hinausgehend zeitgleich zum Pricing bei Investoren zu platzieren. Marktüblich sind dabei ca. 10–15 % der Basistransaktion. Die Aktien werden i.d.R. durch eine Wertpapierleihe13 eines oder mehrerer Altaktionäre zur Verfügung gestellt, die bei positiver Aufnahme der Emission im Sekundärmarkt nach einer Frist von maximal 30 Tagen entweder durch Zurückführung aus Kapitalerhöhung oder nachträglicher „Umwandlung“ der Leihe in einen Verkauf glattgestellt wird (s. auch § 4 Rz. 95). Dieses Vorgehen bezeichnet man als „Ziehen bzw. Ausüben des Greenshoe“. Alternativ erfolgt bei Sekundärmarktkursen unterhalb des Platzierungspreises die Rückführung der Leihe durch einen vom Konsortialführer vorgenommenen Rückkauf von Aktien im Rahmen der Marktstabilisierung14. Der Greenshoe ist im internationalen Kapitalmarkt bei Aktienplatzierungen seit einigen Jahren zum Standard geworden.
IV. Aktienemissionen – Produktarten 1. Initial Public Offering a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses 44
Ein IPO ist regelmäßig die planungs- und steuerungsintensivste Aktienemissionsart. Dies beruht auf der langen Projektlaufzeit von ca. 4–6 Monaten und auf dem vielschichtigen Gesamtprozess inklusive der Erstellung des Prospekts und der Research Reports, Vorbereitung der Managementpräsentation des Unternehmens, Abstimmung der Kommunikationsrichtlinien durch Unternehmen und Konsortialbanken sowie der Ausarbeitung und Umsetzung etwaiger spezieller „Retail Incentives“ 13 Bei genauer juristischer Betrachtung handelt es sich um ein Wertpapierdarlehen. 14 Zum Thema Marktstabilisierung vgl. auch Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 355 ff. (im Zusammenhang mit Block Trades).
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oder unternehmensspezifischer Mitarbeiterbeteiligungs-Programme. Der Kreis der beteiligten Personen ist bei einem IPO regelmäßig sehr hoch und erfordert eine entsprechende klare und detaillierte Projektstruktur. b) Dokumentation und Due Diligence Aufgrund der haftungsrechtlichen Komponente des für einen IPO benötigten Prospekts und der Tatsache, dass ein Börsenkandidat i.d.R. in der Vergangenheit nur sehr begrenzt im Fokus des Kapitalmarkts stand, fallen die Anforderungen der Banken an die Qualität der Dokumentation und die Intensität der Due Diligence bei einem IPO tendenziell sehr hoch aus. Dabei bildet die Transparenz und Informationstiefe von bereits gelisteten Wettbewerbern bzw. vergleichbaren Unternehmen mit entsprechend regelmäßiger Finanzkommunikation sowie breiter Research-Coverage den Maßstab, um das Vertrauen des Kapitalmarkts in den IPO-Kandidaten zu gewinnen.
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c) Emissionskonzept Der Börsengang ist ein sehr bedeutender und i.d.R. einmaliger Schritt in der Unternehmensgeschichte. Mit ihm werden die Weichen für die weitere Unternehmensentwicklung insbesondere mit Blick auf die Kapitalbasis und die künftigen Finanzierungsmöglichkeiten gestellt. Durch die Wahl des Emissionskonzeptes und der Zuteilung an die Investoren beim Pricing wird die Aktie entscheidend im Kapitalmarkt verankert. Spätere Korrekturen der Positionierung der Gesellschaft sind zwar theoretisch möglich, bedürfen aber tendenziell eines ungleich höheren materiellen und immateriellen Aufwandes. Eine solche Repositionierung der Aktie ist meist nur mittels einer Sekundärplatzierung in Verbindung mit einer Aktualisierung und Aufwertung der Equity Story erfolgreich.
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d) Vermarktungsprozess/Platzierung Das Geschäftsmodell und die Strategie eines IPO-Kandidaten ist für den Kapitalmarkt ex ante meist weit weniger visibel als die von bereits gelisteten Gesellschaften. Dementsprechend intensiv gestaltet sich der Vermarktungsprozess mit PreMarketing, Roadshow- und Bookbuilding-Phase. Die breite, aber gleichzeitig gezielte Ansprache aller relevanten Investorengruppen bedarf einer klar definierten Kommunikationsstrategie mit dem Ziel, einen Spannungsbogen aufzubauen. Spätestens bei der Platzierung kommt dabei die Rolle der Investmentbank als Intermediär deutlich zum Tragen. So muss sie bei der Preisfestlegung und der finalen Zuteilung der Aktien zahlreiche unterschiedliche Interessenlagen von Investoren, Gesellschaft und (verkaufenden) Altgesellschaftern in Einklang bringen. So kann beispielsweise eine zu fokussierte Zuteilung an wenige institutionelle Investoren zu Problemen bei der Liquidität der Aktie im Sekundärmarkt führen. Eine zu hohe Retailzuteilung, möglicherweise verbunden mit einer dadurch erreichten Preismaximierung, kann wiederum eine unzureichende Verankerung der Aktie im institutionellen Bereich und einen unkontrollierten Abgabedruck im Sekundärmarkt nach sich ziehen.
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Beim IPO-Preisbildungsprozess mittels eines Bookbuilding gibt es seit März 2005 ein alternatives Modell15. Das so genannte Decoupling-Verfahren entkoppelt den Book-
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15 Das erste so genannte „Decoupled IPO“ war der Börsengang der Conergy AG im März 2005.
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building-Prozess von dem offiziellen Start der Vermarktung. Im traditionellen Verfahren wird das Bookbuilding zeitgleich mit der Veröffentlichung des Prospekts und dem Beginn der Management-Roadshow auf Basis einer fixierten Preisspanne gestartet. Demgegenüber verschiebt das Decoupled-Verfahren den Beginn des Bookbuildings um einige Tage nach hinten, mit dem Ziel, das erste Feedback von der Roadshow sowie etwaige Marktveränderungen in die Festsetzung der Preisspanne einfließen zu lassen. Ferner sollen längere kritische Diskussionen über die Angemessenheit der Preisspanne in den Medien begrenzt und die Wahrscheinlichkeit einer nachträglichen Anpassung der Preisspanne minimiert werden. Empirische Belege für eine Vorteilhaftigkeit des Decoupling Modells lassen sich jedoch nicht ableiten, da man weder beim Pricing noch im Sekundärmarkthandel eindeutige Vorteile nachweisen kann16. Decoupled IPOs mussten genauso oft abgesagt, die Preisspanne nach unten angepasst und die angebotene Stückzahl reduziert werden wie es bei traditionellen IPOs der Fall war. Vereinzelt traten zudem Irritationen bei den notwendigen Prospektannahmen hinsichtlich der Bewertung auf17. Desweiteren hat die Praxis gezeigt, dass Investoren dazu neigen, sich bei Decoupled IPOs erst recht spät in der Vermarkungsphase nach Festlegung der Preisspanne mit dem Investment Case näher zu beschäftigen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Stärke des Investment Case, das allgemeine Marktumfeld sowie die Überzeugungskraft des Managements letztendlich die entscheidenden Faktoren für den Erfolg einer Transaktion bleiben. 49
Ein weiteres innovatives Modell zur Reduzierung des Transaktionsrisikos für den Emittenten stellt das „Hard Underwritten IPO“ dar18. Bei diesem Modell garantiert die Bank die Durchführung des Börsengangs zum unteren Ende der Preisspanne vor Beginn der Vermarktung und sendet somit ein starkes Signal in den Markt. Aufgrund des notwendigen Subunderwritings mit anderen Investoren erfordert die Umsetzung jedoch einen hohen Aufwand in der Vorbereitung sowie ein breites Spektrum an liquiden börsennotierten Vergleichswerten. e) Unterstützung nach Notizaufnahme
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Ein Börsengang sollte als erster Schritt des Unternehmens am Kapitalmarkt verstanden werden, dem bei entsprechender Unternehmensentwicklung weitere folgen werden. Hierfür ist eine nahtlose Aufnahme einer kontinuierlichen Investor RelationArbeit der Gesellschaft erforderlich. Gerade bei der Kommunikation mit Investoren oder den Vorbereitungen für die erste Hauptversammlung kann die Investmentbank als Partner zur Seite stehen. Im Sekundärmarkt benötigt die Aktie zur Liquiditäts16 Von 2005 bis Mitte 2007 wurde das Decoupling-Verfahren im deutschen Markt bei 26 IPOs verwendet, während das traditionelle Modell 38-mal benutzt wurde (ausschließlich IPOs im Prime und General Standard). Insbesondere das Decoupled IPO von Air Berlin Plc im Mai 2006, welches sowohl die Preisspanne als auch die angebotenen Aktien reduzieren und damit die Transaktion um einige Tage verschieben musste, verdeutlichte die Schwachpunkte des Modells in einem schwierigen Marktumfeld und ließ Zweifel daran aufkommen. 17 So müssen bis zur Klarstellung in einem Prospektnachtrag für einige Größen wie erwarteter Mittelzufluss oder Provisionshöhe Schätzungen im Prospekt aufgenommen werden, die auf einer fiktiven Bewertung basieren. 18 Entwickelt und erfolgreich umgesetzt wurde diese Struktur von Credit Suisse bei dem IPO der RHM Plc an der London Stock Exchange im Juli 2005.
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unterstützung oftmals einen Designated Sponsor, dessen Rolle die begleitende Bank im Allgemeinen übernimmt. Eine regelmäßige und umfangreiche Begleitung der Aktie durch Research-Studien ist ein wichtiger Faktor, kann von den Banken aber aufgrund der Unabhängigkeit der Analysten nicht garantiert werden. In jüngster Zeit konnten die Investmentbanken ein verstärktes Interesse deutscher Gesellschaften an einer institutionalisierten Unterstützung bei ihrem Kapitalmarktauftritt feststellen. Aufgrund des zunehmenden Anteils ausländischer Investoren im Aktionärskreis, welche sehr heterogene und teilweise offensive Strategien verfolgen (u.a. Hedge Funds), steigt der Bedarf an Unterstützung bei der Kapitalmarktkommunikation und der laufenden Analyse der Handelsaktivitäten in der Aktie stark an. Hierauf reagierten zahlreiche Banken mit dem Aufbau von Corporate Broking Teams, die den insbesondere im UK-Kapitalmarkt verankerten Service mittlerweile auch in Deutschland anbieten19.
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2. Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses Eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht weist oftmals eine ähnlich tiefschichtige Projektstruktur wie ein IPO auf. Der Gesamtprozess, bei dem sich die Bildung von Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themenfeldern wie Prospekt/Dokumentation, Equity Story und Marketing/Kommunikation empfiehlt, dauert mit i.d.R. 3–4 Monaten nur unwesentlich kürzer als der eines Börsengangs. Aus Vermarktungsgesichtspunkten ist eine Kapitalerhöhung auf Grundlage eines genehmigten Kapitals gegenüber einem Direktbeschluss der Hauptversammlung, der deutliche Nachteile bei der zeitlichen und strukturellen Flexibilität aufweist, grundsätzlich zu bevorzugen20. Kapitalerhöhungen auf Basis eines Direktbeschlusses kommen bei deutschen Publikumsgesellschaften äußerst selten vor und sind meist Teil eines umfangreichen Sanierungs- bzw. Refinanzierungspaketes.
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b) Dokumentation und Due Diligence In praktisch allen Fällen bedingt eine Bezugsrechtskapitalerhöhung aufgrund des Überschreitens der 10 %-Grenze eine Prospekterstellung. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an Dokumentation und Due Diligence. Auf zusätzliche externe Prüfer bei der Financial und Business Due Diligence wird von den meisten Investmentbanken jedoch nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen.
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c) Emissionskonzept Bei einer Bezugsrechtskapitalerhöhung sind die Parameter des Emissionskonzepts aufgrund gesetzlicher Regelungen bereits großteils determiniert. Dies betrifft insbesondere die Mindestlänge der Bezugsfrist und die zeitlichen Vorgaben bei der Festlegung des Bezugspreises. Gestaltungsspielraum besteht bei der Ansprache von USAktionären, die aufgrund deutschen Rechts grundsätzlich nicht von ihrem Bezugs19 So nennt efinancialnews im Mai 2007 die Commerzbank, Credit Suisse sowie Dresdner Kleinwort als Vorreiter beim Aufbau lokaler Corporate Broking Teams in Deutschland. 20 Zudem besteht bei einem Hauptversammlungsbeschluss ein Anfechtungsrisiko, vgl. Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177.
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recht ausgeschlossen werden können, faktisch es aber erst der Schaffung besonderer dokumentarischer Voraussetzungen bedarf, um sie aktiv anzusprechen. Diese Einbeziehung kann eine wichtige Determinante für den Erfolg der Transaktion sein. USInvestoren können dazu neigen, bei mangelnder eigener Gestaltungsfreiheit über die Nutzung ihrer Bezugsrechte ihr Engagement in einer Aktie umgehend zu reduzieren oder vollständig aufzulösen. Dies kann insbesondere bei Gesellschaften mit einer starken US-Aktionärsbasis einen enormen Druck auf den Aktienkurs bewirken, der gerade innerhalb der Bezugsfrist kritisch werden kann. aa) Bezugsfrist und Bezugsrechtshandel 55
Die mindestens zweiwöchige Bezugsfrist der Aktionäre im Rahmen einer Bezugsrechtskapitalerhöhung ist aktienrechtlich vorgegeben (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG), nicht jedoch die Handelsperiode der Bezugsrechte. Diese beträgt entsprechend der Marktusance i.d.R. acht Handelstage, so dass in den letzten beiden Tagen der Bezugsfrist kein regulärer Rechtehandel an der Börse mehr stattfindet. Während institutionelle Investoren in diesen beiden Tagen noch im OTC-Markt21 Bezugsrechte handeln können, greifen bei nahezu allen Privatanlegern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der deutschen Kreditinstitute. Zum Schutz der Kleinaktionäre sehen die AGB einen Zwangsverkauf am letzten Handelstag vor, sofern bis dato keine konkrete Weisung des Privatanlegers vorliegt. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Privatanleger für seine Anteilsverwässerung in jedem Falle entschädigt wird und die Bezugsrechte nicht wertlos ausgebucht werden müssen. Der so genannte Bezugsrechtsregulierer (rights trading agent) wickelt den börslichen Bezugsrechtshandel ab, indem er i.d.R. jeweils einmal täglich mittags auf Basis der Kauf- und Verkaufsorder einen Kurs für das Bezugsrecht ermittelt. Bei der Abwicklung des Bezugsrechtshandels ist große Erfahrung des Rights Trading Agent gefordert, um auch bei hohen Abgabevolumina, beispielsweise bedingt durch den oben beschriebenen Zwangsverkauf der Privatanleger am letzten Handelstag, einen ausgeglichenen Handel der Bezugsrechte nahe an ihrem theoretischen Wert zu ermöglichen.
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In jüngster Zeit fanden Kapitalerhöhungen zunehmend ohne offiziellen börslichen Bezugsrechtshandel statt. Diese Entwicklung konzentrierte sich anfangs auf sehr kleine Kapitalerhöhungen und ist aus (Klein-)Anlegersicht durchaus kritisch zu beurteilen. Durch einen fehlenden Bezugsrechtshandel wird nämlich die Dispositionsfreiheit insbesondere der Privatanleger stark beeinträchtigt. Dem Retailanleger bleibt praktisch nur die Wahl zwischen Bezug der neuen Aktien oder faktischer Hinnahme einer Anteils- und Wertverwässerung ohne entsprechende monetäre Kompensation. Relativiert wird dieser Anlegerschutzgedanke jedoch bei „At-Market“-Bezugsrechtsemissionen, da in diesem Fall aufgrund des fehlenden Kursabschlages zum aktuellen Marktkurs die Bezugsrechte praktisch keinen Wert besitzen. Allerdings weisen die meisten Kapitalerhöhungen nach dem TransPuG-Modell (vgl. Rz. 59) selbst bei „marktnaher“ späterer Bezugspreisfestlegung einen gewissen Discount auf. Es ist daher durchaus kritisch zu hinterfragen, wenn selbst größere dieser so strukturierten Bezugsrechtskapitalerhöhungen ohne einen börslichen Handel der Bezugsrechte stattfinden22. 21 OTC: Abk. für „Over-the-Counter“, steht für den außerbörslichen bilateralen Handel. 22 So fanden die Kapitalerhöhungen der Ersol Solar Energy AG (Juli 2007) und der Solar-Fabrik AG (September 2007) ohne Bezugsrechtshandel statt, obwohl die Rechte einen substantiellen (inneren) Wert besaßen.
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bb) Bezugsverhalten der Großaktionäre Die frühzeitige Verifizierung des späteren Bezugsverhaltens etwaiger Großaktionäre im Vorfeld der Transaktion ist unter Transaktionssicherheitsaspekten dringend zu empfehlen. Das Bezugsverhalten der Großaktionäre hat einen hohen Einfluss auf das Emissionskonzept, insbesondere mit Blick auf die Bezugspreisfestlegung und die begleitenden Marketingmaßnahmen. Eine aktive Feinsteuerung des Verwässerungsgrades der Großaktionäre ist im Rahmen der Transaktion gut darstellbar, bedarf jedoch einer gezielten Koordination, um die Kapitalerhöhung nicht zu gefährden. Die Handlungsalternativen der Großaktionäre reichen dabei von der mittelintensiven vollständigen Ausübung der Bezugsrechte über die mittelneutrale Operation Blanche23 bis hin zum mittelgenerierenden kompletten Bezugsrechtsverkauf. Das Abgeben einer Bezugsgarantie durch einen Großaktionär oder von außenstehenden Investoren hat sich gerade bei Sanierungskapitalerhöhungen bewährt, um dem Kapitalmarkt zu signalisieren, dass dem Unternehmen der Emissionserlös sicher zufließt und jeder Spekulation eines möglichen Scheiterns der Kapitalerhöhung die Basis entzogen ist. Entsprechend reduziert sich in diesen Fällen der sonst nach Veröffentlichung der Kapitalerhöhung übliche Druck auf den Aktienkurs meist merklich24.
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cc) Bezugspreis/Kursabschlag Der endgültigen Festlegung des Bezugspreises geht meist eine intensive Diskussion zwischen der Gesellschaft und dem Bankenkonsortium voraus, teilweise unter Berücksichtigung der manchmal unterschiedlichen Interessenlage im Aktionärskreis oder eines etwaigen externen Garantiegebers. Bei der Bezugspreisfestlegung spielen Faktoren wie die historische Kursentwicklung und Volatilität der Aktie, die generelle Verfassung der Kapitalmärkte, das mit der Aktionärsstruktur verbundene erwartete Bezugsverhalten sowie die Wahl des Modells eine determinierende Rolle. In den letzten Jahren belief sich der durchschnittliche Kursabschlag bei traditionellen deutschen Kapitalerhöhungen auf ca. 20–30 % zum aktuellen Börsenkurs. Unter Risikogesichtspunkten entscheidender ist jedoch der Abschlag zum TERP (theoretical ex rights price), der die Verwässerung durch das Bezugsverhältnis mathematisch berücksichtigt und insofern die aussagekräftigere Größe ist, um unterschiedliche Kapitalerhöhungen miteinander zu vergleichen.
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dd) Modelle der Bezugspreisfestlegung Bei der Bezugspreisfestlegung bieten sich grundsätzlich zwei alternative Modelle. Seit dem Inkrafttreten des Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG) im 23 Bei einer Operation Blanche verkauft ein Aktionär eine bestimmte Anzahl seiner Bezugsrechte und verwendet den Erlös zum Bezug neuer Aktien aus der Kapitalerhöhung, ohne zusätzliche finanzielle Mittel aufzuwenden. Wirtschaftlich betrachtet – und in der Praxis häufig anzutreffen – kann dasselbe Ergebnis auch durch einen vorherigen Verkauf von Aktien aus dem Besitz des Aktionärs anstatt der Bezugsrechtsveräußerung erzielt werden. 24 Ein Beispiel hierfür war das Sanierungspaket der Escada AG im Herbst 2003, das auf einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht im Verhältnis von 1 zu 1 verbunden mit einer vollständigen Übernahmegarantie eines US-Private-Equity-Investors basierte. Zwischen Ankündigung und Ende der Transaktion hat sich der Escada-Aktienkurs annähernd verdoppelt, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bezugskurs bei Veröffentlichung anstatt des üblichen Abschlages ein Premium von rund 40 % zum aktuellen Kurs aufwies.
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Juli 2002 kann eine finale Festlegung des Bezugspreises erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist erfolgen25. Ziel dieser Novellierung war es, durch Reduzierung des Marktschwankungsrisikos das Instrument der Bezugsrechtskapitalerhöhung in volatileren Märkten wieder attraktiver werden zu lassen. Diese Methode hat sich in der Praxis zumindest bei großvolumigen Kapitalerhöhungen deutscher Blue-Chip Werte noch nicht nachhaltig durchsetzen können. Dies kann primär auf zwei inhärente Nachteile des Modells zurückgeführt werden. Zum einen steht das TransPuG-Modell in seiner „reinen“ Form einem transparenten Bezugsrechtshandel im Wege und führt daher zu einer faktischen Benachteiligung der Retailanleger. Ausschließlich institutionelle Investoren können nämlich bei dieser Struktur noch auf den veröffentlichten Bezugspreis nach Ende des offiziellen Rechtehandels dispositiv reagieren (vgl. Rz. 55). Gewichtiger dürfte jedoch sein, dass die Transaktionssicherheit des TransPuG-Modells meist geringer ist als die des klassischen Modells. Bei einer klassischen Kapitalerhöhung mit einem hohen Bezugspreisabschlag steht der Mittelzufluss der Gesellschaft mit einer hohen Sicherheit vor Beginn der Transaktion bereits fest, da nur ein außergewöhnlich starker Kursrückgang unterhalb des Bezugspreises die Transaktion gefährden könnte. Das TransPuG-Modell bietet grundsätzlich eine höhere Angriffsfläche für Short-Selling innerhalb der Bezugsfrist, da sich der Bezugskurs an dem aktuellen Börsenkurs bzw. einem Durchschnittskurs während der Bezugsfrist orientiert. Neben dem Bezugspreis steht auch die Anzahl der bezogenen Aktien sowie das Ergebnis einer etwaigen Platzierung nicht-bezogener Aktien ex-ante noch nicht fest26. 60
Bei dem klassischen Modell wird der endgültige Bezugspreis zeitnah vor Beginn der Bezugsfrist festgelegt. Eine Variation des Modells besteht in der vorherigen Veröffentlichung eines durch das Konsortium garantierten Mindestpreises, verbunden mit einem potenziellen „Step-up“, der unmittelbar vor Beginn der Bezugsperiode eine zeitnahe Erhöhung des Bezugspreises in Abhängigkeit von der dann herrschenden Kapitalmarktsituation und der Aufnahme der Kapitalerhöhungsabsicht bei den Investoren ermöglicht. Vorteilhaft an diesem Modell ist die klare Kalkulierbarkeit des Mittelzuflusses vor Start der Kapitalerhöhung und die höhere Transaktionssicherheit. Nachteilig wirkt sich die fehlende Flexibilität einer zeitnahen Preisfestlegung aus, die i.d.R. zu einem höheren Abschlag des Bezugspreises führt. In der Praxis ist zu beobachten, dass bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht zunehmend Elemente des klassischen und des reinen TransPuG-Modells miteinander kombiniert werden27. ee) Emissionskonsortium
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Die Aufgabe der Junior-Mitglieder des Konsortiums besteht fast ausschließlich in der Übernahme des Underwriting-Risikos entsprechend ihrer Quote. Aufgrund der besonderen Struktur von Bezugsrechtsemissionen liegen die Anforderungen an die Co25 Zu den Einzelheiten in rechtlicher Hinsicht Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177 ff. 26 So zeigten die ersten TransPuG-Kapitalerhöhungen selbst bei einem Kursabschlag für die neuen Aktien deutlich niedrigere Bezugsquoten. Anstatt der üblichen über 99 % wurden bei der Kapitalerhöhung der Ersol Solar Energy AG im Juli 2007 trotz eines substanziellen Abschlags von rund 10 % nur 83 % der Bezugsrechte ausgeübt. 27 So wurde der Bezugskurs bei der Kapitalerhöhung der Premiere AG (September 2007) in der Mitte der Bezugsfrist, aber noch zwei Tage vor Ende des Bezugsrechtshandels festgelegt. Dieses Modell stellt im Ergebnis quasi eine um eine Woche verkürzte klassische Bezugsrechtskapitalerhöhung dar.
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Lead und Co-Manager i.d.R. nicht in der Abdeckung spezieller Investorensegmente oder in der Erstellung zusätzlicher Research Reports wie bei einem IPO. Oftmals basiert ihre Position einzig auf ihrer langjährigen Beziehung zum Emittenten. ff) Underwriting/Subunderwriting Unter Risikogesichtspunkten liegt die Präferenz der Banken ceteris paribus bei einem möglichst späten und „weichen“ Underwriting, das ihnen zum einen durch einen hohen Abschlag des Bezugspreises vom TERP einen ausreichenden Sicherheitspuffer verschafft und ihnen zum anderen im Falle so genannter „Force Majeur Events“28 entsprechende Ausstiegsklauseln belässt. Anderseits wird durch eine im Vorfeld garantierte Kapitalerhöhung dem Markt signalisiert, dass die Mittel dem Unternehmen sicher zufließen werden. Diese positive Signalwirkung hat sich in der Vergangenheit bei zahlreichen Kapitalerhöhungen bewährt. Zur Steuerung ihres Underwriting-Risikos greifen mittlerweile Banken auch am deutschen Markt auf das Subunderwriting-Modell zurück (vgl. oben Rz. 4).
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d) Vermarktungsprozess und begleitende Marketingmaßnahmen Bis vor wenigen Jahren wurden nur selten begleitende Marketingmaßnahmen im nennenswerten Umfang bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen durchgeführt. Mittlerweile hat sich die Vollvermarktung mit einer mehrtägigen internationalen Roadshow und der aktiven Einbindung der Sales Force der Banken bewährt und ist praktisch Marktstandard geworden.
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e) Platzierung nicht-bezogener Aktien Eine nennenswerte Platzierung nicht-bezogener Aktien (rump placement) kam in Deutschland aufgrund des klassischen Bezugsrechtsmodells mit stark werthaltigen Bezugsrechten, die bei Nichtausübung verfallen, praktisch kaum vor. Da die Bezugsquoten dieser Kapitalerhöhungen traditionell bei über 99 % liegen, beschränkt sich die Verwertung nicht-bezogener Aktien regelmäßig auf relativ wenige Stücke. Diese werden meist durch den Lead Manager nach Ende der Bezugsfrist im regulären Börsenhandel auf Weisung der Gesellschaft verwertet. Verkäufe von Seiten nicht vollständig beziehender Großaktionäre werden i.d.R. im Vorfeld der Transaktion oder über den Bezugsrechtshandel abgewickelt. Beim TransPuG-Modell hingegen kommt der Platzierung nicht-bezogener Aktien mittels eines Bookbuildings eine zentrale Rolle zu und kann je nach Struktur sogar die Basis für die Bezugspreisfestlegung bilden (vgl. Rz. 59).
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3. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses Die Schaffung der aktienrechtlichen Grundlage dieses Instruments in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG im Jahr 1994 eröffnete börsennotierten Gesellschaften völlig neue Mög28 Beispielsweise werden einschneidende makroökonomische Börsenentwicklungen durch terroristische Anschläge oder Kriegsausbrüche in die Definition von Force Majeur Events einbezogen.
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lichkeiten der Unternehmensfinanzierung. Diese bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung ist zwar auf bis zu 10 % des Grundkapitals beschränkt, kann aber ähnlich flexibel gestaltet und umgesetzt werden wie eine Platzierung bestehender Aktien. Die Zeichnung und Börseneinführung der neuen Aktien kann dabei von der eigentlichen Platzierung getrennt werden und zeitlich nachgelagert erfolgen. b) Dokumentation und Due Diligence 66
Da die Aktien aus einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht i.d.R. prospektfrei angeboten und zugelassen werden, kann die Due Diligence zumeist erheblich fokussierter vorgenommen und die Dokumentation insgesamt recht schlank gehalten werden. Sofern zur zusätzlichen Ansprache von US-Investoren eine Platzierung nach Rule 144A vorgesehen ist, erhöhen sich die Anforderungen an Due Diligence und Dokumentation geringfügig. c) Emissionskonzept
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Das Angebot von bis zu 10 % neuer Aktien wird gelegentlich durch zusätzliche Aktien aus Altbesitz erhöht. Eine beliebte Variante bildet dabei die Zurverfügungstellung von Greenshoe-Aktien durch einen verkaufswilligen Aktionär. Das früher notwendige und teilweise recht umständliche Konstrukt der Wertpapierleihe für die neuen Aktien entfällt mittlerweile durch die jüngsten Erleichterungen bei der Börsenzulassung neuer Aktien29. d) Vermarktungsprozess/Platzierung
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Die Platzierung von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht erfolgt i.d.R. über ein Accelerated Bookbuilding im Rahmen einer Privatplatzierung an institutionelle Investoren. Theoretisch möglich, wenngleich wenig zielführend, wäre auch eine Vollvermarktung der Transaktion mit Einbeziehung von Retailanlegern im Rahmen eines öffentlichen Angebots. Eine Platzierung außerhalb der Handelzeiten an einen einzelnen Investor ist zwar rechtlich darstellbar – wenn auch nicht unumstritten – kann aber insbesondere bei nachfolgend stark steigenden Kursen Irritationen bei den eigenen Aktionären hervorrufen. Bei einem Accelerated Bookbuilding hingegen werden zahlreiche institutionelle Investoren angesprochen und aufgrund der vorherigen Ankündigung kann jeder sonstige Aktionär zum gleichen Zeitpunkt Aktien im Sekundärmarkt zu nahezu identischen Konditionen erwerben. Dies kann von der Gesellschaft als zusätzliche argumentatorische Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss herangezogen werden.
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Bei der Preisfestlegung verlangt das Aktienrecht, dass der Ausgabebetrag der neuen Aktien den Börsenkurs nicht wesentlich unterschreitet. In der Praxis hat sich ent29 Früher mussten sich die Banken bei einer 10 %-Kapitalerhöhung mittels eines Accelerated Bookbuildings Aktien von einem Großaktionär leihen oder im freien Leihemarkt besorgen, um beim Settlement (i.d.R. zwei Tage nach Pricing) rechtzeitig ihren Lieferverpflichtungen gegenüber den Investoren nachkommen zu können. Dieses Wertpapierdarlehen wurde dann mit den neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung nach deren Zulassung einige Tage nach Settlement zurückgeführt. Alternativ wurde – so wie im Rahmen der Bayer Kapitalerhöhung im Juli 2006 – auf ein „Deferred Settlement“ zurückgegriffen. Zu den rechtlichen Hintergründen Schlitt/Schäfer, AG 2007, 228, 229.
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sprechend der herrschenden Meinung hierfür ein Abschlag von drei bis fünf Prozent als Obergrenze herausgebildet. Allerdings hat sich dabei bislang keine einheitliche Meinung zu der Basis dieses drei- bis fünfprozentigen Abschlags gebildet (s. § 5 Rz. 30 f.). Herangezogen werden sowohl der Schlusskurs vor Veröffentlichung der Transaktion, der Zeitpunkt der Preisfeststellung als auch ein gewichteter Durchschnittskurs über die Bookbuilding-Dauer. Ökonomisch können diese Werte sehr stark voneinander abweichen.
4. Sonderfall „Doppeldecker“ a) Darstellung der Struktur Ein „Doppeldecker“ setzt sich aus einer Kombination zweier paralleler Kapitalerhöhungen, jeweils eine mit und eine ohne Bezugsrecht, zusammen. Die genaue zeitliche Abfolge der Kapitalerhöhungen kann prinzipiell beliebig gestaltet werden. In der Praxis hat es sich bewährt, die meist mittels eines Accelerated Bookbuildings durchgeführte Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht im Anschluss an die Bezugskapitalerhöhung durchzuführen. Dadurch wird einerseits der Bezugsrechtshandel nicht durch eine Platzierung gestört und andererseits die Komplexität der Gesamttransaktion reduziert, da keine neuen Aktien cum Bezugsrecht an die Investoren ausgegeben werden. Ferner können etwaige nicht-bezogene Aktien im anschließenden Bookbuilding mitverwertet werden. Eine interessante Variante des „Doppeldeckers“ liegt in der Vereinheitlichung der beiden Ausgabekurse und damit der Festlegung nahe am aktuellen Marktpreis. Der Bezugspreis wird somit per Bookbuilding-Verfahren am Ende der Bezugsfrist ermittelt, wodurch der theoretische Bezugsrechtswert gegen null tendiert. Aufgrund der neuen Regelungen zur Bezugspreisfestlegung durch das TransPuG sind der praktischen Umsetzbarkeit dieser Variante jedoch gewisse Grenzen gesetzt und würde eine Clawback-Zuteilung erforderlich machen30. „Doppeldecker“-Strukturen sind am deutschen Kapitalmarkt relativ selten anzutreffen und werden aufgrund der neuen Gestaltungsmöglichkeiten des TransPuG-Modells bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht vermutlich weiter an Bedeutung verlieren (vgl. Rz. 59).
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b) Motive einer „Doppeldecker“-Kapitalerhöhung Ein „Doppeldecker“ generiert bei gleicher Anzahl ausgegebener neuer Aktien theoretisch einen geringfügig höheren Emissionserlös als eine reine klassische Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht. Der Effekt geht auf den geringeren Kursabschlag des bezugsrechtsfreien Anteils von bis zu 10 % des Grundkapitals zurück, spielt aber insgesamt nur eine untergeordnete Rolle. Gewichtiger sind Überlegungen, die Aktie bei neuen Investorengruppen verankern zu wollen, während gleichzeitig aber der Finanzierungsbedarf durch eine alleinige 10 %-Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht nicht 30 Eine Clawback-Zuteilung bedeutet, dass die Investoren im Anschluss an das Bookbuilding nur eine maximale Zuteilung erhalten. Durch die Summe aller Maximalzuteilungen wird i.d.R. das gesamte, maximal zu platzierende Volumen abgedeckt. Diese vorläufige Zuteilung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass der Bookrunner in Abhängigkeit von der Bezugsquote und damit der zur Platzierung zur Verfügung stehenden Aktienanzahl die finale Zuteilung für alle Investoren prozentual verringern kann. Aufgrund der Unsicherheit ist dieses Verfahren bei Investoren recht unbeliebt und erfordert oftmals eine monetäre Kompensation durch den Emittenten.
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abgedeckt werden kann. Das Bookbuilding kann ferner der Verwertung von bestehenden Aktien eines Anteilseigners oder von im Bestand der Gesellschaft befindlichen eigenen Aktien dienen.
5. Platzierung von bestehenden Aktien a) Planung und Strukturierung des Gesamtprozesses 72
Die Platzierung von bestehenden Aktien bietet dem Verkäufer und der Investmentbank den größten Freiheitsgrad bei der konkreten Ausgestaltung. Diese Platzierungen zeichnen sich i.d.R. durch eine sehr kurze Gesamtlaufzeit des Projekts von teilweise wenigen Tagen oder gar Stunden aus. Der Kreis der beteiligten Personen ist meist überschaubar und damit auch der Strukturierungs- und Koordinierungsaufwand für die Bank. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Einschätzung der Aufnahmefähigkeit des Marktes und der Wahl des richtigen Timings. b) Dokumentation und Due Diligence
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Die Anforderungen an die Dokumentation und die Due Diligence sind bei diesen Blocktrades meist wesentlich geringer als bei allen anderen Aktienemissionsarten. Sofern kein freiwilliges Informationsmemorandum erstellt wird, welches nur äußerst selten erfolgt, kann das Vertragswerk auf ein Minimum reduziert und die Due Diligence sehr fokussiert umgesetzt werden. c) Emissionskonzept
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Obwohl der Freiheitsgrad bei der Ausgestaltung des Emissionskonzepts sehr groß ist, wird abgesehen von Agency Trades bei kleineren Blöcken in hoch liquiden Aktien in den allermeisten Fällen auf ein ein-, in Ausnahmefällen zweitägiges Accelerated Bookbuilding zurückgegriffen. Dabei ist eine Bought Deal-Struktur oder die Vereinbarung eines „Backstop“-Preises zugunsten des Verkäufers eine vermehrt anzutreffende Variante. Eine umfangreiche Vollvermarktung inklusive Informationsmemorandum bzw. Prospekt kommt nur äußert selten in Betracht. Bei der angebotenen Aktienanzahl ist im Allgemeinen eine Struktur zu präferieren, bei der der Verkäufer entweder seine Beteiligung vollständig veräußert oder eine „natürliche“, für den Kapitalmarkt leicht nachvollziehbare Grenze (z.B. 25 % oder 50 % + eine Aktie) nach der Platzierung erreicht. Sofern es weitere Großaktionäre gibt, sollten diese idealerweise ihre Halteabsichten pro-aktiv dem Markt kommunizieren, um möglichen Investorenbedenken hinsichtlich eines weiteren „Overhangs“ in der Aktie entgegenzuwirken. d) Vermarktungsprozess/Platzierung
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Aus marketingtechnischer Sicht ist bei der Veräußerung eines Aktionärs grundsätzlich zu unterscheiden, ob es sich um eine strategische oder eine Finanzbeteiligung handelt. Der Erklärungs- und Kommunikationsbedarf gegenüber dem Kapitalmarkt ist bei einer strategischen Beteiligung ungleich höher. Möglichen Irritationen und Befürchtungen hinsichtlich etwaiger negativer Auswirkungen auf das operative Geschäft der Gesellschaft ist in einem solchen Fall pro-aktiv entgegenzuwirken. Daher 66
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ist die Einbeziehung des Managements der Gesellschaft zu empfehlen, um Unstimmigkeiten gar nicht erst aufkommen zu lassen und eine einheitliche und klare Kommunikationsleitlinie zu implementieren. e) Sonderfall Eigene Aktien Bei der Platzierung von eigenen Aktien (treasury stocks) sind sowohl aus rechtlicher als auch marketingtechnischer Sicht einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Der Wortlaut des Verwendungsbeschlusses der Hauptversammlungs-Ermächtigung ist dahingehend zu überprüfen, ob er eine entsprechende Platzierung überhaupt abdeckt. Weiterhin bedarf es einer klaren und einheitlichen Kommunikation der Gesellschaft im Hinblick auf die Hintergründe, warum vorher zurückgekaufte Aktien nun wieder neu ausgegeben werden sollen und weshalb der damalige Rückkaufsgrund nun eventuell obsolet geworden ist.
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§3 Börsengang Bernd Singhof/Christian Weber I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Vorbereitung des Börsengangs . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsformwahl . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . b) Umwandlungsmaßnahmen . . . 2. Vorbereitung der Gesellschaft . . . a) Herstellung der „Kapitalmarktreife“ . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsgestaltung . . . . . . . . c) Ausgestaltung der Aktien und des Grundkapitals . . . . . . . . . d) Management- und Mitarbeiterbeteiligungsprogramm . . . . . . 3. Emissionskonzept . . . . . . . . . . a) Emissionsform; Auswahl der Konsortialbanken . . . . . . . . . b) Platzierungsformen aa) Öffentliches Angebot; Privatplatzierung . . . . . . . bb) Umplatzierung bei Abspaltung und Börsenzulassung . c) Emissionsstruktur . . . . . . . . d) Marktschutz . . . . . . . . . . . . 4. Begleitende Vermarktung a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . b) Publicity Guidelines . . . . . . . c) Research Guidelines . . . . . . . d) Kauf- und Halteanreize . . . . . . 5. Due Diligence . . . . . . . . . . . . . III. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Entscheidung über den Börsengang 2. Kapitalerhöhung zum Börsengang .
1 3 4 5 7 8 9 10 13 18 23 24 28 30 32 36 40 44 47 50 52 54 55 58
3. Kapitalschutzbestimmungen a) Verdeckte Sacheinlage . . . . . b) Nachgründung . . . . . . . . . . 4. Börsengang von Tochtergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit der Hauptversammlung . . . . . . . . . . b) Pflichten des Vorstands bei der Ermittlung des Emissionspreises . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorrechte der Aktionäre der Muttergesellschaft . . . . . . . IV. Durchführung des Börsengangs . 1. Platzierungsverfahren . . . . . . . a) Bestimmung der Angebotsspanne und Bookbuilding . . . b) Zeichnung und Zuteilung der Aktien . . . . . . . . . . . . . . c) Kursstabilisierung; Greenshoe 2. Börsenzulassungsverfahren und Notierungsaufnahme a) Markteinführungspublizität . . b) Zulassungsantrag; notwendige Veröffentlichungen . . . . . . . V. Maßgebliche Rechtsbeziehungen 1. Emittent, abgebende Aktionäre und Emissionsbanken . . . . . . . a) Mandatsvereinbarung . . . . . b) Übernahmevertrag . . . . . . . 2. Emissionskonsortium . . . . . . . 3. Rechtsbeziehungen zu den Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
60 64
.
66
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67
.
70
.
71
. .
73 74
.
75
. .
78 83
.
86
.
90
.
91
. 92 . 94 . 98 . 100 . 104
Anhang: Zeitplan . . . . . . . . . . . . . 106
Schrifttum: Baums/Hutter, Die Information des Kapitalmarkts beim Börsengang (IPO), FS Ulmer, 2003, S. 778; Brandner/Bergmann, Zur Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger, FS Peltzer, 2001, S. 17; Busch, Aktien- und börsenrechtliche Aspekte von Force Majeure-Klauseln in Aktienübernahmeverträgen, AG 2001, 1277; Busch, Aktuelle Rechtsfragen des Bezugsrechts und Bezugsrechtsausschlusses beim Greenshoe im Rahmen von Aktienemissionen, AG 2002, 230; Busch/Groß, Vorerwerbsrechte der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften über die Börse?, AG 2000, 503; Fleischer, Börseneinführung von Tochtergesellschaften, ZHR 165 (2001), 513; Fleischer, Marktschutzvereinbarungen beim Börsengang, WM 2002, 2305; Fleischer, Empfiehlt es sich im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland, das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln?, Kapitalmarktrechtliches Teilgutachten F für den 64. Deutschen Juristentag 2002; Fredebeil, Aktienemissionen, 2002; Frese, Kredite und verdeckte Sacheinlage – Zur Sondersituation von Emissionsbanken,
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Börsengang
AG 2001, 15; Fuchs, Der Schutz der Aktionäre beim Börsengang der Tochtergesellschaft, in Henze/Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht 2001, RWS-Forum 20, 2001, S. 259; Gebhardt, Prime und General Standard: Die Neusegmentierung des Aktienmarkts an der Frankfurter Wertpapierbörse, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2; Groß, Verdeckte Sacheinlage, Vorfinanzierung und Emissionskonsortium, AG 1993, 108; Groß, Bookbuilding, ZHR 162 (1998), 318; Groß, Kursstabilisierung – Zur Reichweite der Safe Harbour-Regeln der §§ 14 Abs. 2 und 20a WpHG, GS Bosch, 2006, S. 49; Habersack, „Holzmüller“ und die schönen Töchter, WM 2001, 545; Hein, Rechtliche Fragen des Bookbuilding nach deutschem Recht, WM 1996, 1; Hoffmann-Becking, Neue Formen der Aktienemission, FS Lieberknecht, 1997, S. 25; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen – Recht und Praxis in der EG, in Deutschland und in der Schweiz, 1991; Hopt, Emissionsgeschäft und Emissionskonsortien – Recht und Praxis in Deutschland und in der Schweiz, FS Kellermann, 1991, S. 181; Korfsmeyer, Die Bedeutung von lock-up agreements bei Aktienemissionen, FB 1999, 205; Kunold/Schlitt, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BB 2004, 501; Lenz/Ritz, Die Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zum Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz und zur Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte, WM 2000, 904; Lutter, Das Vor-Erwerbsrecht/Bezugsrecht der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften an der Börse, AG 2000, 342; Lutter, Noch einmal: Zum Vorerwerbsrecht der Aktionäre beim Verkauf von Tochtergesellschaften über die Börse, AG 2001, 349; Lutter/Drygala, Rechtsfragen beim Gang an die Börse, FS Raisch, 1996, S. 230; Meyer, Anlegerschutz und Förderung des Finanzplatzes Deutschland durch die Going Public Grundsätze der Deutsche Börse AG, WM 2002, 1864; Meyer, Neue Entwicklungen bei der Kursstabilisierung, AG 2004, 289; Parmentier, Ad-hoc-Publizität bei Börsengang und Aktienplatzierung, NZG 2007, 407; Picot/Land, Going Public – Typische Rechtsfragen des Ganges an die Börse, DB 1999, 570; Schäfer/Mimberg, Verkaufsbeschränkungen bei der Emission von Wertpapieren, FS Hadding, 2004, S. 1063; Schlitt, Die neuen Marktsegmente der Frankfurter Wertpapierbörse, AG 2003, 57; Schlitt/Beck, Spezielle Probleme bei stillen Beteiligungen im Vorfeld des Börsenganges, NZG 2001, 688; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227; Schlitt/Singhof/Schäfer, Aktuelle Rechtsfragen und neue Entwicklungen im Zusammenhang mit Börsengängen, BKR 2005, 251; Schlitt/Smith/Werlen, Die Going-Public-Grundsätze der Deutschen Börse AG, AG 2002, 478; Schnorbus, Die Stellung der Emissionsbank bei Aktienemissionen, AG 2004, 113; Siebert, Die Haftung der Mitglieder eines Übernahmekonsortiums nach den Regeln der verdeckten Sacheinlage, NZG 2006, 366; Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1998; Technau, Rechtsfragen bei der Gestaltung von Übernahmeverträgen („Underwriting Agreements“) im Zusammenhang mit Aktienemissionen, AG 1998, 445; Timm/Schöne, Zwingende gesamtschuldnerische Haftung der Mitglieder eines Übernahmekonsortiums?, ZGR 1994, 113; Willamowski, Bookbuilding, 2000.
I. Einleitung Nach der Krise der Kapitalmärkte in den Jahren 2001 bis 2003, die das Neuemissionsgeschäft fast zum Erliegen gebracht hat, haben in den vergangenen Jahren wieder überall in Europa und den Vereinigten Staaten Unternehmen erfolgreich einen Börsengang abgeschlossen1. Für die Unternehmen bringen das erstmalige öffentliche Angebot ihrer Aktien (initial public offering) und die damit verbundene Börseneinführung (going public) tiefgreifende rechtliche Veränderungen mit sich. Damit verbunden sind aber vor allem wesentliche Vorteile2. Der Fortentwicklung des Unternehmens dient nicht nur die unmittelbar mit dem Börsengang verbundene Eigen1 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 145 v. 25.6.2004, S. 23 („Das Neuemissionsgeschäft gewinnt an Fahrt“) und Nr. 97 v. 26.4.2007, S. 21 („Geschäft mit Börsengängen kommt in Schwung“). 2 Zu den Vor- und Nachteilen Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 18 Rz. 11 ff. u. 30 ff.
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kapitalaufnahme. Der Sekundärhandel mit den Aktien erhöht zusammen mit der Kapitalmarktpublizität des Unternehmens auch zukünftig die Bereitschaft zur Investition. Nur eine börsennotierte Aktiengesellschaft kann daher die im Aktiengesetz angelegten, erweiterten Möglichkeiten der „Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt“ wirklich ausschöpfen. 2
Für den Erfolg der Börseneinführung sind eine Vielzahl sachlicher und rechtlicher Faktoren entscheidend. Dies bedarf sorgfältiger Vorbereitung durch das Unternehmen und die begleitende Emissionsbank. Da für die zu platzierenden Aktien noch kein Börsenpreis besteht, birgt das IPO ein erhöhtes Risiko, dass die zügige Platzierung der Emission beim Publikum nicht reibungslos gelingt. Die Emissionsbank muss daher darauf bedacht sein, nur in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht „kapitalmarktreife“ Unternehmen an die Börse zu führen. Wesentlich sind außerdem der „richtige“ Ausgabepreis für die Aktien sowie eine vollständige und richtige Information der Anleger über das Unternehmen, sein Geschäftsmodell und die damit verbundenen Risiken. Die mit einer Börseneinführung zusammenhängenden gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Aspekte sollen nachfolgend – soweit möglich im Kontext der zeitlichen Abläufe – dargestellt werden (vgl. den Zeitplan im Anhang, Rz. 106).
II. Rechtliche Vorbereitung des Börsengangs 3
Die Vornahme der wesentlichen rechtlichen, organisatorischen und vermarktungstechnischen Maßnahmen für die Börseneinführung der Aktien nimmt regelmäßig mehrere Monate in Anspruch3. In dieser Vorbereitungsphase werden alle gesellschafts-, kapitalmarktrechtlichen und vertraglichen Grundlagen des Börsengangs geschaffen und die Emissionsstruktur festgelegt. Flankiert wird dieser Prozess von der Überprüfung der in rechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht für das Unternehmen bedeutsamen Verhältnisse (due diligence). Den Abschluss der Vorbereitung bildet die Vermarktung (investor education) der Aktie bei privaten und institutionellen Anlegern unmittelbar vor dem öffentlichen Angebot.
1. Rechtsformwahl 4
Die grundlegende Entscheidung über die Rechtsform, in der das Unternehmen den Börsengang beschreitet, ist durch börsenrechtliche Regelungen beschränkt. Das Erfordernis der „freien Handelbarkeit“ der zuzulassenden Wertpapiere4 lässt allein die Rechtsformen der Aktiengesellschaft (AG), der Europäischen Gesellschaft (SE)5 und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) zu. Hinzu kommt die zwingend bör-
3 Zu den Kosten des Börsengangs Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 18 Rz. 50 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 208 ff. 4 § 34 Nr. 1b BörsG i.V.m. § 5 Abs. 1 BörsZulV. 5 Die Europäische Gesellschaft hat bislang für Börsenkandidaten noch keine Bedeutung erlangt; vgl. Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) v. 22.12.2004, BGBl. I 2004, 3675. Überlegungen, GmbH- und KG-Anteile börsenmäßig handelbar zu machen, konnten sich nicht durchsetzen; krit. etwa Hommelhoff, ZHR 153 (1989), 181; Claussen, GmbHR 1989, 495.
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Börsengang
sennotierte Immobilien-Aktiengesellschaft (REIT-AG) (näher § 21)6. Der Rechtsformwechsel in eine börsenfähige Rechtsform wird häufig erst im Jahr des Börsengangs vorgenommen. Nicht selten ist außerdem der „Betrieb“, der Gegenstand des Börsengangs sein soll, noch Teil eines anderen Unternehmens. Unabhängig von der Entscheidung, die Gesellschaft als AG oder KGaA zu organisieren, sind in diesem Fall noch Umwandlungsmaßnahmen zu vollziehen. a) Grundlagen Die ganz überwiegende Zahl der Börsenkandidaten entscheidet sich für die Rechtsform der AG. Sie stellt die „reinste“ Form einer Kapitalgesellschaft dar, die besonders gut als „Kapitalsammelbecken“ dienen kann. Von ihrer Grundkonzeption ist sie als Publikumsgesellschaft mit offenem, in seiner Zusammensetzung wechselndem Gesellschafterkreis angelegt. Gleichzeitig unterliegt sie weitgehend zwingenden Vorschriften (Grundsatz der Satzungsstrenge, § 23 Abs. 5 AktG)7. Gegenüber der KGaA bietet sie den Vorteil internationaler Bekanntheit und übersichtlicher unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen. Charakteristisch für die AG ist die „Trennung von Kapital und Management“8. Die AG verfügt über drei notwendige Organe, deren Zuständigkeiten scharf gegeneinander abgegrenzt sind. Der Vorstand hat die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG). Ihm obliegt die Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) und Vertretung der Gesellschaft (§ 78 Abs. 1 AktG). Bei Ausübung seiner Leitungsfunktion ist er grundsätzlich nicht an die Weisungen anderer Gesellschaftsorgane gebunden. Allerdings hat der Aufsichtsrat, dem die Überwachung der Geschäftsführung zukommt9, einen Katalog von Geschäften aufzustellen, die seiner Zustimmung bedürfen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Er bestellt auch den Vorstand (§ 84 AktG). Eine weitere wichtige Aufgabe des Aufsichtsrats besteht in der Prüfung und Billigung der Jahres- und Konzernabschlüsse (§ 171 AktG). Satzungsänderungen (§ 179 Abs. 1 Satz 1 AktG), Kapitaländerungen (§§ 71, 182 ff. AktG) und andere gesetzlich geregelte Strukturmaßnahmen (z.B. §§ 293, 319 f. AktG) bedürfen einer Beschlussfassung durch die Hauptversammlung der Gesellschaft (vgl. § 119 Abs. 1 AktG)10. Die Hauptversammlung wählt die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat (§ 101 Abs. 1 AktG) und kann damit nur mittelbar auf die Besetzung des Vorstands und seine Geschäftspolitik Einfluss nehmen. Außerdem beschließt sie alljährlich über die Gewinnverwendung (§ 174 Abs. 1 AktG), die Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder (§ 120 AktG) sowie die Bestellung des Abschlussprüfers (§ 318 Abs. 1 Satz 1 HGB). 6 Vgl. Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen v. 28.5.2007, BGBl. I 2007, 914. Zu den Besonderheiten beim Börsengang einer REIT-AG s. auch Götze/Hütte, NZG 2007, 332. 7 Zur Funktion im Zusammenhang mit dem Kapitalmarktrecht Hirte, ZGR-Sonderheft 13, 1998, S. 61, 74 ff. (i.E. für teleologische Reduktion bei börsennotierten Gesellschaften). 8 Hoffmann-Becking in MünchHdb. AG, § 2 Rz. 6. 9 Künftig soll der Aufsichtsrat kapitalmarktorientierter Unternehmen mit mindestens einem unabhängigen Finanzexperten besetzt sein; vgl. § 100 Abs. 5 AktG i.V.m. § 264d HGB, jeweils i.d.F. des RefE eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) v. 8.11.2007; vgl. hierzu Gruber, NZG 2008, 12. 10 Zur Vorlagepflicht bei Maßnahmen von herausragender Bedeutung vgl. BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 – „Holzmüller“, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158; zuletzt eingegrenzt durch die Urteile des BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, AG 2004, 384, und II ZR 154/02, WM 2004, 1085 – „Gelatine“.
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Börsengang
Wenngleich sich die Mehrheit der börsennotierten Unternehmen für die Rechtsform der AG entschieden hat, kann die Rechtsform der KGaA in besonderen Situationen eine bedenkenswerte Alternative sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Altgesellschafter trotz ihrer grundsätzlichen Entscheidung, weitere Gesellschafter aufzunehmen, ihren Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zu erhalten suchen11. Die KGaA wird vor allem dadurch geprägt, dass sich in ihr notwendig zwei Gesellschaftergruppen, der oder die persönlich unbeschränkt haftenden Komplementäre und die am Grundkapital beteiligten Kommanditaktionäre, gegenüberstehen. Zu einer häufig anzutreffenden Gestaltungsoption gehört es in diesem Zusammenhang, dass sich der Komplementär in der Satzung das Recht ausbedungen hat, seinen Geschäftsanteil in Kommanditaktien umzuwandeln12. Hierdurch kann Altgesellschaftern die Möglichkeit eröffnet werden, zu gegebener Zeit nach dem Börsengang über die Umplatzierung der fungiblen Kommanditanteile ganz oder teilweise als Gesellschafter auszuscheiden. Wie die AG verfügt auch die KGaA über drei notwendige Organe. Der Komplementär führt die Geschäfte der Gesellschaft und vertritt sie nach außen (§ 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 114 ff., 125 ff. HGB). Im Unterschied zum Vorstand der AG wird der Komplementär allerdings nicht zum Geschäftsführer bestellt, diese Befugnisse ergeben sich vielmehr bereits aus seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung. Diese kann ihm grundsätzlich weder durch den Aufsichtsrat noch durch die Hauptversammlung entzogen werden. Komplementär kann eine juristische Person, etwa eine GmbH, sein (so genannte kapitalistische KGaA)13. Der Aufsichtsrat der KGaA hat gegenüber dem Aufsichtsrat einer AG weitergehende Kompetenzen, da er grundsätzlich die Beschlüsse der Kommanditaktionäre ausführt (§ 287 Abs. 1 AktG). Gegenüber dem geschäftsführenden Komplementär sind seine Befugnisse allerdings insoweit beschnitten als er – neben der fehlenden Personalkompetenz – nicht das Recht hat, eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung zu erlassen oder bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung seiner Zustimmung zu unterwerfen. Wie in der AG handelt es sich bei der Hauptversammlung um die Versammlung der Aktionäre. Eine bedeutsame Einschränkung erfährt die Position der Kommanditaktionäre jedoch dadurch, dass Satzungsänderungen und weitere wesentliche Grundlagenbeschlüsse der Zustimmung des Komplementärs bedürfen (§ 285 Abs. 2 Satz 1 AktG). Zwar steht diesem Zustimmungsvorbehalt des Komplementärs ein Widerspruchsrecht der Hauptversammlung bei über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Handlungen gegenüber (§ 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 HGB), die Satzung kann ein solches Widerspruchsrecht jedoch wirksam ausschließen14.
11 Zur börsennotierten KGaA ausführlich Wieneke/Fett in Schütz/Bürgers/Riotte (Hrsg.), KGaA, 2004, § 10. Aufgrund ihrer strukturellen Vorteile für den Großaktionär – Wahrung des Einflusses auf die Geschäftsführung bei gleichzeitiger Flexibilität hinsichtlich der Eigenkapitalaufnahme – hat die Rechtsform KGaA zuletzt wieder an Bedeutung gewonnen; vgl. die Hauptversammlungsbeschlüsse über den Formwechsel in eine KGaA der Fresenius Medical Care AG v. 30.8.2005 und der Drägerwerk AG v. 11.5.2007. 12 Zu dieser und weiteren Möglichkeiten der Satzungsgestaltung vgl. Schlitt, Die Satzung der KGaA, 1999, S. 149 ff. und passim. 13 Vgl. BGH v. 24.2.1997 – II ZB 11/96 – „Schukraft Spezialtiefbau KGaA“, BGHZ 134, 392 = AG 1997, 370; vgl. hierzu statt anderer Ihrig/Schlitt, ZHR Sonderheft 67 (1998), 33; Wichert, AG 2000, 268. 14 Vgl. Schlitt, Die Satzung der KGaA, 1999, S. 157 f.
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§3
Börsengang
b) Umwandlungsmaßnahmen Befindet sich das Unternehmen, dessen Börsengang angestrebt wird, noch nicht in der Rechtsform der AG oder KGaA, ist im Vorfeld des Börsengangs ein Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) durchzuführen15. Häufig sind vor dem Börsengang aber auch Vermögensübertragungen erforderlich, weil die Struktur der Unternehmensgruppe verändert und Betriebsteile auf den Börsenkandidaten übertragen werden sollen. Denkbar sind dabei die Übertragungen der den Betrieb ausmachenden Vermögensteile im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge. Bei der Einzelrechtsnachfolge werden die Aktiva und Passiva des Unternehmens nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf die AG bzw. KGaA übertragen16. Existiert letztere noch nicht, bedarf es einer Gründung der Gesellschaft nach den Gründungsvorschriften des Aktienrechts (§§ 23 ff. AktG). Werden dabei Sacheinlagen gemacht, sind besondere Feststellungen in der Satzung notwendig (§ 27 AktG). Des Weiteren ist eine Gründungsprüfung vorgesehen, deren Inhalt sich auf die Werthaltigkeit der Sacheinlagen zu beziehen hat (§§ 33 Abs. 2 Nr. 4, 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Bereits aus steuerlichen Gründen (vgl. hierzu eingehend § 8) werden die Altgesellschafter jedoch regelmäßig eine Umwandlung nach Maßgabe der Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG) anstreben. Sind die Vermögenswerte des Unternehmens noch nicht in einer eigenen Rechtseinheit separiert, können diese im Wege der Spaltung auf eine bestehende oder neu zu gründende Gesellschaft übertragen werden (§§ 123 ff. UmwG). An Spaltungsformen kennt das UmwG neben der (das gesamte Vermögen betreffenden) Aufspaltung die Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG) und die Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG). Sie unterscheiden sich dadurch, dass im Falle der Abspaltung den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers Anteile der übernehmenden AG oder KGaA gewährt werden, während diese Anteile im Falle der Ausgliederung der übertragende Rechtsträger selbst erhält. Regelmäßig wird eine Ausgliederung vorgenommen, der sich ein IPO der neuen Tochtergesellschaft anschließt (vgl. Rz. 66 ff.). Aber auch die Abspaltung kann einen geeigneten Weg für den Börsengang eines Geschäfts- oder Unternehmensbereichs darstellen, der aus dem Konzernverbund einer bereits börsennotierten Gesellschaft entlassen und dekonsolidiert werden soll (vgl. hierzu näher Rz. 30 f.). Mit Wirksamwerden der Spaltung gehen die betroffenen Vermögensteile einschließlich ihrer Verbindlichkeiten im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).
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2. Vorbereitung der Gesellschaft Zur Vorbereitung des Börsengangs sollte frühzeitig damit begonnen werden, die Anforderungen des Kapitalmarkts in der Gesellschaft wirtschaftlich, rechtlich und organisatorisch umzusetzen17:
15 Zum Numerus Clausus der Gründungsformen der SE vgl. Austmann in MünchHdb. AG, § 83 u. Bayer in Lutter/Hommelhoff (Hrsg.), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S. 25. 16 Dazu etwa Schlitt in Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl. 2007, Anh. § 173, passim. 17 Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen des Börsengangs kommunaler AGs Schlitt, FB 1999, 440.
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Börsengang
a) Herstellung der „Kapitalmarktreife“ 9
Die Erwartungen an einen Börsenkandidaten sind vielfältig und können je nach Branche, Marktsegment und Investorenkreis unterschiedlich sein. Über die rechtlichen Anforderungen an die Zulassung der Aktien hinaus (vgl. Rz. 86 ff.) werden an das Unternehmen stets wirtschaftliche und organisatorische Mindestanforderungen gestellt. Die Kapitalmarktreife der Gesellschaft wird dabei regelmäßig an der Dauer des Unternehmens18, dem Jahresumsatz, der Ertragskraft sowie der Umsatzund Ertragsentwicklung gemessen. Weitere wichtige Kriterien sind die Wettbewerbsposition des Unternehmens und seine Strategie. Eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Kapitalmarktreife spielen schließlich die Wachstums- und Ertragsaussichten, wobei deren Bedeutung branchenabhängig schwanken kann. Während in traditionellen Branchen eine kontinuierliche Umsatz- und Ertragsentwicklung in den zurückliegenden Jahren bedeutsam sein kann, qualifizieren sich Unternehmen der Wachstums- und Technologiebranchen weniger durch die aktuelle Ertragslage als durch ihr Wachstumspotenzial. Branchenunabhängig sind jedoch hohe Anforderungen an die Qualifikation des Managements und die innere Organisation des Unternehmens zu stellen. Sofern noch nicht vorhanden, ist die Einrichtung eines modernen Standards entsprechenden Risikomanagement- und -überwachungssystems (§ 91 Abs. 2 AktG)19 zur frühzeitigen Erkennung bestandsgefährdender Risiken ebenso erforderlich wie der Aufbau eines leistungsfähigen Rechnungswesens und Controllings. Besondere Anforderungen werden an das Rechnungswesen gestellt20, weil spätestens mit dem Börsengang die Bilanzierung nach dem internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS für den Konzernabschluss verpflichtend ist21 und grundsätzlich IFRS-Konzernabschlüsse für die letzten beiden Geschäftsjahre im Wertpapierprospekt enthalten sein müssen (vgl. EU-ProspektVO Anhang I Ziff. 20.1. Abs. 2)22. Davon unberührt bleiben die gesetzlichen Pflichten zur Erstellung und Veröffentlichung eines Einzelabschlusses nach HGB als Grundlage der Kapitalerhaltung, Besteuerung und Dividendenermittlung. Insoweit hat der gro18 Im regulierten Markt (§ 3 Abs. 1 BörsZulV) wird vorausgesetzt, dass der Emittent mindestens drei Jahre als Unternehmen besteht. 19 Zu Einzelheiten Hüffer, AktG, § 91 Rz. 6 ff.; Fleischer, in Spindler/Stilz, AktG, § 91 Rz. 29 ff. 20 Ausführlich dazu auch Frey, DStR 1999, 294; zu Fragen der IFRS-Überleitungsrechnung Küting/Dürr/Zwirner, KoR 2002, 1. 21 Vgl. § 315a Abs. 1 HGB i.V.m. Art. 4 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. EG L 243 v. 11.9.2002, S. 1 = NZG 2002, 1095; Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I 2004, 3166; s. auch Merkt in Baumbach/ Hopt, HGB, § 315a Rz. 3 f. 22 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 v. 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 149 v. 30.4.2004 mit Berichtigung in ABl. EG L 186 v. 18.7.2005, S. 3, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1787/2006 v. 4.12.2006, ABl. EG L 337 v. 5.12.2006, S. 17, und die Verordnung (EG) Nr. 211/2007 v. 27.2.2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG in Bezug auf Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen im Propekt enthalten sein müssen, ABl. EG L 61 v. 28.2.2007, S. 24 (nachfolgend zusammen die „EU-ProspektVO“).
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Börsengang
ßen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB) ermöglichte Einzelabschluss nach internationalen Standards neben dem HGB-Jahresabschluss rein informativen Charakter (vgl. § 325 Abs. 2b Nr. 3 HGB). Zukünftig sollen Kapitalgesellschaften den IFRSEinzelabschluss zwar anstelle eines HGB-Jahresabschlusses aufstellen können (Wahlrecht gem. § 264e Satz 1 HGB i.d.F. des BilMoG). In den Anhang dieses Abschlusses sind dann allerdings eine HGB-Bilanz und eine HGB-GuV aufzunehmen (§ 264e Satz 4 HGB). Der HGB-Jahresabschluss bleibt daher weiterhin für den Kapitalschutz und die Ermittlung des ausschüttungsfähigen Vermögens maßgeblich. b) Satzungsgestaltung Neben der Beachtung der wirtschaftlichen und organisatorischen Anforderungen an einen Börsenkandidaten empfiehlt es sich, in der Satzung der Gesellschaft zusätzlich zur Kapitalausstattung (vgl. Rz. 13 ff.) einige weitere kapitalmarktorientierte Anpassungen vorzunehmen. Hinzu kommen Verschärfungen, die von der börsennotierten AG (§ 3 Abs. 2 AktG) von Gesetzes wegen zu beachten sind (vgl. etwa §§ 110 Abs. 3, 134 Abs. 1 Satz 2, 171 Abs. 2 Satz 2 AktG)23. Unterschätzt werden häufig die Bedeutung und die Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Unternehmensgegenstand. Der Unternehmensgegenstand legt fest, mit welchen unternehmerischen Aktivitäten die AG den Gesellschaftszweck verfolgt und verfolgen darf24. Um hierbei hinreichende Flexibilität zu haben, werden regelmäßig nur der Kernbereich definiert und ansonsten Tätigkeitsaufgaben beispielhaft aufgeführt. Wichtig ist auch die Möglichkeit, durch Beteiligungsunternehmen zu handeln, und nur eine kapitalistische Beteiligungsverwaltung zu betreiben. Sofern die Satzung nicht bereits eine entsprechende Regelung enthält, sollte die Gesellschaft stets von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Anspruch der Aktionäre auf Verbriefung ihrer Anteile auszuschließen (§ 10 Abs. 5 AktG). Der Ausschluss des Verbriefungsanspruchs ermöglicht die Girosammelverwahrung des gesamten Kapitals in Form einer oder mehrerer Globalurkunden. Die Aktionäre erhalten anstelle effektiver Aktienurkunden Miteigentumsanteile an den Globalurkunden über die Einbuchung ihrer Anteile in die bei ihren Kreditinstituten unterhaltenen Depots (vgl. §§ 5 f. DepotG). Außerdem ist eine von § 60 Abs. 2 Satz 3 AktG abweichende Regelung der Gewinnberechtigung zu empfehlen (§ 60 Abs. 3 AktG)25. Bekanntmachungen der Gesellschaft sollten bereits aus Kostengründen ausschließlich im elektronischen Bundesanzeiger (§ 25 Satz 1 AktG) erfolgen. Daneben sollte in der Satzung vorgesehen sein, dass Informationen an die Aktionäre im Rahmen des gesetzlich Zulässigen auch im Wege der Datenfernübertragung übermittelt werden können (§ 30b Abs. 3 Nr. 1 WpHG).
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Angesichts der fortschreitenden Entwicklung in der Telekommunikation empfiehlt es sich auch, von den in diesem Bereich durch das Namensaktiengesetz (NaStraG)26
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23 Zu den spezifischen Anforderungen an die Satzung der REIT-AG s. Kollmorgen/Hoppe/ Feldhaus, BB 2007, 1345. 24 Vgl. Wiesner in MünchHdb. AG, § 9 Rz. 10 ff. 25 Zur möglichen Einführung einer Sachdividende (§ 58 Abs. 5 AktG) Holzborn/Bunnemann, AG 2003, 671; Lutter/Leinekugel/Rödder, ZGR 2002, 204; Schnorbus, ZIP 2003, 509. 26 Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) v. 18.1.2001, BGBl. I 2001, 123; vgl. hierzu statt anderer Goedecke/Heuser, BB 2001, 369; Hüther, AG 2001, 68; Seibert, ZIP 2001, 53.
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und das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG)27 geschaffenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen28. So kann durch entsprechende Regelung in der Satzung die Durchführung von Aufsichtsratssitzungen im Wege von Video- oder Telefonkonferenzen auch für den Fall erlaubt werden, dass ein oder mehrere Mitglieder des Gremiums einem solchen Verfahren widersprechen (§ 108 Abs. 4 AktG). Bei der Benennung von Stimmrechtsvertretern durch die Gesellschaft29 im Rahmen der Einladung zur Hauptversammlung empfiehlt sich eine Regelung des Inhalts, dass die Vollmacht auch in einer in der Einladungsbekanntmachung näher bestimmten elektronischen Form (E-Mail, Internet) erteilt werden kann (§ 134 Abs. 3 Satz 2 AktG)30. In der Satzung können bestimmte Fälle vorgesehen werden, in denen die Teilnahme von Mitgliedern des Aufsichtsrats an der Hauptversammlung im Wege der Bildund Tonübertragung erfolgen darf (§ 118 Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Satzung kann auch eine Übertragung der Hauptversammlung in Ton und Bild zulassen (§ 118 Abs. 3 AktG)31. Um einen geordneten Ablauf der künftigen Publikums-Hauptversammlung zu gewährleisten, empfiehlt es sich ferner, in der Satzung die Ermächtigung des Versammlungsleiters vorzusehen, das Frage- und Rederecht der Aktionäre zeitlich angemessen zu beschränken (§ 131 Abs. 2 Satz 2 AktG32). 12
Beachtung ist schließlich dem Deutschen Corporate Governance Kodex33 zu schenken. Dessen Empfehlungen („soll“) und Anregungen („sollte“), die sich in erster Linie an börsennotierte Unternehmen richten, enthalten Standards für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Gemäß dem durch das TransPuG neu eingeführten § 161 AktG haben Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen des Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden (so genannte Entsprechens-
27 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz – TransPuG) v. 19.7.2002, BGBl. I 2002, 2681; vgl. hierzu Ihrig/Wagner, BB 2002, 789. 28 Zur Rechtspraxis vgl. Noack, NZG 2004, 297, 298 ff. 29 In Ziff. 2.3.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex wird dem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft die Bestellung eines Stimmrechtsvertreters für die weisungsgebundene Stimmrechtsausübung empfohlen („soll“). 30 Zur Stimmrechtsvertretung nach dem NaStraG vgl. Bunke, AG 2002, 57; Habersack, ZHR 165 (2001), 172; Noack, ZIP 2001, 57; zur alten Rechtslage Singhof, NZG 1998, 670. 31 Benennt die Gesellschaft Stimmrechtsvertreter, denen Vollmacht und Weisung auch auf elektronischen Wege erteilt werden können, ist es aufgrund einer solchen Satzungsbestimmung denkbar, dass die nicht anwesenden Aktionäre ihre Weisungen während der Hauptversammlung noch ändern (vgl. auch Ziff. 2.3.3 Deutscher Corporate Governance Kodex a.E.). Hinzuweisen ist jedoch auf die technischen Risiken eines solchen Verfahrens (Systemausfälle etc.), die, sollten sie sich realisieren, auch ein gewisses Anfechtungsrisiko in sich bergen. Vgl. dazu Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 182 ff.; Mimberg, ZGR 2003, 21, 48 ff. 32 Eingefügt durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22.9.2005, BGBl. I 2005, 2802; vgl. hierzu statt anderer Seibert, WM 2005, 157; Spindler, NZG 2005, 825; Koch, ZGR 2006, 769. Zur Begrenzung des Rede- und Fragerechts der Aktionäre in der Hauptversammlung s. auch Hemeling, AG 2004, 262. 33 Verfügbar unter www.corporate-governance-code.de; s. dazu statt anderer Ulmer, ZHR 166 (2002), 150; Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, 3. Aufl. 2007.
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§3
Börsengang
erklärung; „comply or explain“)34. Die Einhaltung oder das Abweichen von Anregungen des Kodex ist dagegen nicht erklärungsbedürftig. Bei der Umsetzung der Empfehlungen des Kodex im Vorfeld des Börsengangs sollte bedacht werden, dass ein Großteil der Regelungen in die Geschäftsordnungen für Vorstand und Aufsichtsrat integriert werden kann. Eine Satzungsänderung ist regelmäßig nicht erforderlich und sollte im Hinblick auf eine höhere Flexibilität bei etwa notwendigen Anpassungen in der Zukunft vermieden werden35. c) Ausgestaltung der Aktien und des Grundkapitals Im Vorfeld des Börsengangs ist über die Ausgestaltung der künftig börsennotierten Aktien und deren Gattung zu entscheiden (vgl. § 23 Abs. 3 Nr. 4 und 5 AktG). Die Aktien können entweder als Nennbetragsaktien oder als Stückaktien ausgegeben werden (Aktienform – § 8 Abs. 1 AktG). Nennbetragsaktien müssen mindestens auf einen Euro lauten; auch der auf die einzelne Stückaktie entfallende Anteil des Grundkapitals darf einen Euro nicht unterschreiten (§ 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 AktG). Dieser Mindestbetrag stellt nach dem Verbot der Unterpariemission (§ 9 Abs. 1 AktG) die Untergrenze der Einlagepflicht der Aktionäre dar. Der wesentliche Vorteil der Stückaktie liegt darin, dass der auf eine Stückaktie entfallende Anteil des Grundkapitals anders als ein Nennbetrag (§ 8 Abs. 2 Satz 4 AktG) nicht auf volle Euro lauten muss und dieser Betrag nicht die Aktienurkunde selbst kennzeichnet, sondern durch Division der Grundkapitalziffer durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien anhand der Satzung ermittelt wird. So können Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auch ohne Ausgabe neuer Aktien durchgeführt werden (§ 207 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 AktG). Auch eine ordentliche Kapitalherabsetzung ist möglich, ohne dass die Aktienurkunden unrichtig werden (vgl. § 222 Abs. 4 AktG). Da die Nennbetragsaktie auch im Hinblick auf eine Börsennotierung keine erkennbaren Vorteile bietet – für den Börsenwert der Aktie ist ein Nennbetrag, abgesehen von der Stückelung, letztlich ohne Belang –, haben sich wohl alle Emittenten seit Einführung der Stückaktie36 für diese Aktienform entschieden.
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Das Aktienrecht lässt darüber hinaus grundsätzlich die Wahl zwischen Inhaberaktien und Namensaktien (Aktienart – § 10 Abs. 1, 2 AktG). Selten ist die Ausgabe beider Aktienformen. Vor zehn Jahren hatte die weit überwiegende Zahl der börsennotierten Gesellschaften Inhaberaktien ausgegeben. Anschließend war ein deutlicher Trend in Richtung der Namensaktie zu beobachten, dessen Gründe in der internationalen Verbreitung der Namensaktie und ihren Vorteilen bei der Investor-Relations-Arbeit zu finden waren. Soweit eine spätere Börsennotierung in den USA in
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34 Dazu etwa Krieger in FS Ulmer, 2003, S. 365; Lutter, ZHR 166 (2002), 249; Seibt, AG 2002, 249; Semler/Wagner, NZG 2003, 553. Zur beim IPO häufig umstrittenen Aufnahme in den Prospekt vgl. § 24 Rz. 30 (Vorauflage). Die Entsprechenserklärung soll künftig Bestandteil einer „Erklärung zur Unternehmensführung“ sein, die von börsennotierten Gesellschaften in den Lagebericht aufzunehmen ist; vgl. § 289a HGB i.d.F. des BilMoG. 35 Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex versteht sich als so genannte Standing Commission, die jährlich die Empfehlungen und Anregungen des Kodex einer Prüfung unterzieht und evtl. notwendige Anpassungen vornimmt; vgl. die am 21.5.2003, 2.6.2005, 12.6.2006 und 14.6.2007 beschlossenen Änderungen. Zur Reaktion der Unternehmen auf solche Änderungen Ihrig/Wagner, BB 2003, 1625. 36 Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) v. 25.3.1998, BGBl. I 1998, 590.
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§3
Börsengang
Betracht kommt, empfiehlt sich die Einführung der Namensaktie wegen dortiger Vorgaben bereits anlässlich des nationalen Börsengangs. Die Namensaktie ermöglicht des Weiteren eine Kontaktaufnahme zu den Aktionären, deren Namen und Adressen durch die Führung des Aktienregisters bekannt sind (vgl. §§ 67 Abs. 1, 68 Abs. 3 AktG)37. Schließlich kann nur die Übertragung von Namensaktien satzungsmäßig von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht werden (§ 68 Abs. 2 AktG). Diese Einführung vinkulierter Namensaktien kann insbesondere dem Zweck dienen, auf die künftige Zusammensetzung des Aktionärskreises Einfluss nehmen zu können. Für die börsennotierte Gesellschaft ist die Bedeutung eines solchen Zustimmungserfordernisses jedoch regelmäßig gering; vinkulierte Namensaktien werden nur dann zum regulierten Markt zugelassen, wenn das Zustimmungserfordernis nicht zu einer Störung des Börsenhandels führt (was in der Regel nicht zu besorgen ist)38. 15
Der Aktiengattung nach handelt es sich bei börsennotierten Aktien regelmäßig um Stammaktien. Stammaktien sind voll gewinnberechtigt und gewähren jeweils das gleiche Stimmrecht (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AktG). Daneben besteht die Möglichkeit, die zum Handel an einer Börse zuzulassenden Aktien als Vorzugsaktien auszugeben, die mit einem Vorzugsrecht bei der Verteilung des Bilanzgewinns ausgestattet sind. Die (effektive) Gewährung eines solchen Dividendenvorzugs ist Voraussetzung dafür, dass die Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden können (§§ 12 Abs. 1, 139 Abs. 1, 140 AktG)39. Aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Großaktionäre kann die Einführung von Vorzugsaktien dazu dienen, die Mehrheitsverhältnisse in der Hauptversammlung auch über den Börsengang hinweg zu erhalten40. In jüngster Vergangenheit war jedoch auch bei bereits länger börsennotierten Gesellschaften ein Trend hin zur Stammaktie als einheitlicher Aktiengattung zu beobachten41. Ein Grund hierfür ist sicherlich in der geringen Akzeptanz der Vorzugsaktie bei ausländischen institutionellen Investoren und dem entsprechenden Kursabschlag zu se37 Allerdings werden nicht selten anstelle der tatsächlich Berechtigten auf deren Wunsch die Namen von Depotbanken in das Aktienregister eingetragen; vgl. Hüffer, AktG, § 135 Rz. 23; Uwe H. Schneider/Müller-von Pilchau, AG 2007, 181. Dem will das Risikobegrenzungsgesetz dadurch entgegenwirken, dass die Satzung zukünftig bestimmen kann, dass jenseits einer bestimmten Schwelle (von z.B. 0,3 %) eine Eintragung als Legitimationsaktionär nicht mehr zulässig ist; vgl. § 67 Abs. 1 Satz 3 RegE-AktG des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz), BT-Drucks. 16/7438 v. 7.12.2007 (verfügbar unter www.bundesfinanzministerium.de); s. dazu Diekmann/Merkner, NZG 2007, 921. 38 § 34 Nr. 1b BörsG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BörsZulV. 39 § 140 Abs. 1 AktG stellt klar, dass den Vorzugsaktionären alle weiteren Mitgliedschaftsrechte erhalten bleiben. Wird der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht oder nicht vollständig gezahlt und dieser Rückstand im nächsten Jahr nicht neben der dann zahlbaren Vorzugsdividende wieder aufgeholt, lebt das Stimmrecht bis zur Aufholung der Rückstände wieder auf (Recht auf Nachzahlung – §§ 139 Abs. 1, 140 Abs. 2 AktG); näher Spindler in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 140 Rz. 13 ff. 40 Gem. § 139 Abs. 2 AktG dürfen Vorzugsaktien allerdings nur bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden. Zu anderen Gestaltungsmöglichkeiten von „Preferred Shares“ Loges/Distler, ZIP 2002, 467. 41 So haben etwa die Hauptversammlungen und die gesonderten Versammlungen der Vorzugsaktionäre der METRO AG am 4.7.2000, der SAP AG v. 3.5.2001, der HeidelbergCement AG am 7.5.2002, der MAN AG am 17.5.2002 und der Fresenius Medical Care AG am 30.8.2005 über die Umwandlung der Vorzugs- in Stammaktien beschlossen; dazu auch Wirth/Arnold, ZGR 2002, 859; Senger/Vogelmann, AG 2002, 193.
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Börsengang
hen42. Die Entscheidung der meisten Emittenten für die Stammaktie als einheitliche Aktiengattung dürfte jedoch auch dadurch beeinflusst worden sein, dass sich das Gewicht eines Unternehmens in einem Aktienindex der Deutsche Börse AG nach dem Streubesitz einer einzigen Aktiengattung bemisst. Bei der getrennten Betrachtung der unterschiedlichen Aktiengattungen wird jeweils nur die größere bzw. liquidere Gattung in den Auswahlindex aufgenommen43. Neben der Entscheidung über die Ausgestaltung und Gattung der zu platzierenden Aktien kommt der Herstellung eines geeigneten Grundkapitals eine wichtige Funktion für den Erfolg eines Börsengangs zu. Wesentliche Faktoren für eine kapitalmarktorientierte Anpassung des Grundkapitals sind der Unternehmenswert und der Kreis der potentiellen Investoren. Wenn in die Festlegung des Emissionspreises auch eine Vielzahl anderer Überlegungen einfließen können44, kommt dem im Rahmen einer Unternehmensbewertung ermittelten Ertragswert doch eine entscheidende Bedeutung bei der Preisfindung zu. Der angestrebte Investorenkreis hat sodann Einfluss auf die Höhe und Stückelung des Grundkapitals45. Sollen institutionelle Investoren und Privatanleger gleichermaßen angesprochen werden, empfiehlt es sich, die Gesellschaft mit einem Grundkapital und einer Aktienzahl auszustatten, die eine Platzierung an eine Vielzahl von Anlegern zu einem überschaubaren Emissionspreis ermöglicht. Der anteilige Betrag des Grundkapitals liegt gewöhnlich zwischen einem und 3 Euro pro Aktie. Häufig sind zur Herstellung eines geeigneten Grundkapitals im Vorfeld des Börsengangs Kapitalerhöhungsmaßnahmen, etwa aus Gesellschaftsmitteln, und/oder ein Aktiensplitt notwendig.
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Um die Handlungsfähigkeit des Vorstands zu erhöhen, kann sich im Vorfeld des Börsengangs die Einräumung weiterer kapitalmarktüblicher Ermächtigungen empfehlen. Ein bedingtes Kapital46 kann bis zu einem Volumen von 10 % des Grundkapitals dazu dienen, im Rahmen einer Management- oder Mitarbeiterbeteiligung gewährte Aktienoptionen zu unterlegen (§ 192 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Sofern eine Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsanleihen eingeräumt werden soll (§ 221 AktG), dient dieses oder ein weiteres bedingtes Kapital der Sicherung der entsprechenden Wandlungs- und Optionsrechte (§ 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG)47. Stets empfiehlt es sich, die Gesellschaft mit einem genehmigten Ka-
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42 Vgl. allg. Feddersen in FS Ulmer, 2003, S. 105; zum Kursabschlag Jung/Wachtler, AG 2001, 513; Bergheim/Traub, DStR 1993, 1260, 1264. 43 Vgl. u.a. Kapitel 1.8 und 1.9 des Leitfadens zu den Aktienindizes der Deutschen Börse vom Februar 2008 (Version 6.5); verfügbar unter www.deutsche-boerse.com. S. auch den Überblick über die Indizes bei Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 56 ff. 44 Zu Fragen der Unternehmensbewertung im Rahmen von Börsengängen ausführlich Hötzel/ Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 1 ff. 45 Gewisse Mindestwerte werden in § 2 Abs. 1 und 3 BörsZulV vorgegeben: Mindestmarktkapitalisierung von 1,25 Mio. Euro, Mindeststückzahl 10 000. 46 Soweit dem Börsengang einer AG oder KGaA eine formwechselnde Umwandlung vorausgegangen ist, ist zu beachten, dass die h.M. von der Unzulässigkeit eines bedingten Kapitals in der Gründungssatzung ausgeht; vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 192 Rz. 2. Die (Alt-)Aktionäre sollten mithin nach Wirksamwerden der Umwandlung, jedoch noch vor dem Börsengang im Rahmen einer Vollversammlung über ein solches bedingtes Kapital beschließen. 47 Ausführlich zu Wandelanleiheemissionen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254; Singhof, ZHR 170 (2006), 673 und unten § 10.
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pital (§§ 202 ff. AktG) auszustatten. Ein solches, auf maximal 50 % des Grundkapitals begrenztes genehmigtes Kapital erhöht die Flexibilität bei der weiteren Kapitalbeschaffung ebenso wie bei künftigen Akquisitionen. Zu diesem Zweck ist das Bezugsrecht der Aktionäre für den gesetzlich erlaubten Fall auszuschließen, dass Aktien in einer Zahl von bis zu 10 % des Grundkapitals börsenpreisnah ausgegeben werden (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG)48. Um den Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen zu ermöglichen, wird der Bezugsrechtsausschluss über eine Ermächtigung zur Ausgabe der neuen Aktien gegen Sacheinlagen dargestellt (§§ 205 Abs. 1, 203 Abs. 2 Satz 1 AktG)49. Darüber hinaus kann ein genehmigtes Kapital nützlich sein, wenn im Rahmen des Börsengangs oder in naher Zukunft ein Belegschaftsaktienprogramm geplant ist. Schließlich sollte sich die Gesellschaft eine auf 10 % des Grundkapitals begrenzte Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien einräumen lassen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG)50. d) Management- und Mitarbeiterbeteiligungsprogramm 18
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Vorbereitung der Gesellschaft auf den Börsengang ist die Einführung von Management- und Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen51. Die Erwartungshaltung gegenüber solchen Vergütungskomponenten ist regelmäßig nicht nur bei den Angestellten des Unternehmens hoch; auch potentielle Investoren interessieren sich häufig dafür, dass zumindest für das Management und die weiteren Führungskräfte über Vergütungsmodelle ein Anreiz zur Wertsteigerung geschaffen wird. Branchenabhängig spielt dabei auch die Frage der Mitarbeiterbindung eine Rolle. Schließlich dienen attraktive Beteiligungsprogramme auch der Mitarbeitergewinnung nach dem Börsengang.
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Unterschieden werden muss zwischen „klassischen“ Belegschaftsaktienprogrammen und Beteiligungsprogrammen für das Management und die weiteren Führungskräfte. Belegschaftsaktien werden zumeist in der Weise ausgegeben, dass den Mitarbeitern neue oder bestehende eigene Aktien mit einem – steuerlich determinierten (§ 19a EStG) – Abschlag auf den Börsenpreis bzw. Emissionspreis im Rahmen des Börsenganges mit einer ein- bis zweijährigen (arbeitsrechtlichen) Veräußerungssperre angeboten werden (vgl. auch Rz. 35 zum Friends & Family-Programm). Für diese Zwecke stehen entweder ein genehmigtes Kapital oder zuvor zurück erworbene eigene Aktien zur Verfügung. Bei der Ausgabe der Aktien an die Mitarbeiter wird das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen; einer weitergehenden sachlichen Rechtfertigung bedarf es hierfür aufgrund der aus dem Gesetz erkennbaren In-
48 Üblich und als zulässig anerkannt ist ein möglicher Abschlag auf den aktuellen Kurs in Höhe von 3–5 %; vgl. § 5 Rz. 30 und Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39d. 49 Vgl. BGH v. 23.8.1997 – II ZR 132/93 – „Siemens/Nold“, BGHZ 136, 133 = AG 1997, 465; zust. Bungert, NJW 1998, 488. 50 Dies ist ungeachtet des Umstands zu empfehlen, dass es unüblich wäre, wenn die Gesellschaft zeitnah zum Börsengang ein Aktienrückkaufprogramm ankündigt oder durchführt. Zu Einzelheiten der Ermächtigung Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19c ff.; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 93 ff. 51 Vgl. hierzu statt anderer Harrer (Hrsg.), Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne, 2. Aufl. 2004; Kessler/Sauter, Handbuch Stock Options, 2003.
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Börsengang
tention des Gesetzgebers, die Beteiligung von Mitarbeitern an ihrem Unternehmen zu fördern (§§ 71 Abs. 1 Nr. 2, 202 Abs. 4, 203 Abs. 4 AktG), nicht52. Die Beteiligung des Vorstands bzw. der Geschäftsführer sowie weiterer Führungskräfte der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften wird dagegen in der Regel über die Ausgabe von Aktienoptionen (stock options) umgesetzt. Besonderheit solcher Vergütungs- und Anreizsysteme ist, dass zunächst nur Bezugsrechte auf Aktien an die Teilnahmeberechtigten ausgegeben werden. Nach Ablauf einer Wartezeit – gesetzlich vorgeschrieben sind mindestens zwei Jahre – und Erreichen eines zuvor von der Hauptversammlung der Gesellschaft definierten Erfolgsziels können dann Aktien der Gesellschaft erworben werden (§§ 192 Abs. 2 Nr. 3, 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG)53. Der Preis, zu dem diese Aktien erworben werden können, richtet sich bei bereits börsennotierten Gesellschaften regelmäßig nach einem näher zu definierenden Durchschnittskurs zum Zeitpunkt der Ausgabe der Bezugsrechte. Wird ein solches Aktienoptionsprogramm im Rahmen eines Börsengangs aufgelegt, bietet es sich an, den Emissionspreis als Bezugspreis festzulegen. Bei Ausübung der Bezugsrechte können diese aus einem bedingten Kapital oder eigenen Aktien bedient werden, sofern entsprechende Ermächtigungen vorhanden sind54.
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Aktienoptionen sind in der jüngeren Vergangenheit in die Kritik geraten. Der Grund hierfür ist jedoch weniger in diesem Instrument selbst als in dessen Umsetzung zu suchen. Die häufig nur wenig ambitionierten Erfolgsziele haben in Richtung möglicher Investoren die falsche Botschaft gesendet. Gerade im Falle eines Börsengangs ist es daher von besonderer Bedeutung, Erfolgsziele zu definieren, die erkennen lassen, dass sich der Vorstand und die weiteren Führungskräfte der Gesellschaft auch bei dieser variablen Vergütungsform an ihren unternehmerischen Erfolgen messen lassen (langfristige Anreizwirkung)55. Neben einem festen Kursziel bietet es sich daher an, den Vergleich mit anderen Branchenunternehmen oder einer so genannten PeerGroup zu suchen (benchmarking). Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass der Kurs der eigenen Aktien an der Performance eines Branchen-Index gemessen wird. Auch ein Eigeninvestment in Aktien als Bedingung für den Erwerb der Bezugsrechte ist grundsätzlich geeignet, den Anlegern gegenüber zu dokumentieren, dass das Management an den Erfolg des Unternehmens glaubt und ausreichend motiviert ist,
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52 Vgl. BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98 – „adidas“, BGHZ 144, 290, 292 = AG 2004, 475. Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit einer Kombination von Kapitalerhöhung und Rückerwerb unter Einschaltung einer Bank s. auch Richter/Gittermann, AG 2004, 277. 53 Zur Reform durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 6.3.1998, BGBl. I 1998, 786 (KonTraG), die eine Belieferung von Stock Options aus bedingtem Kapital ermöglichte, vgl. Baums in FS Claussen, 1997, S. 3; Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 237 ff.; Lutter, ZIP 1997, 1; Martens, AG Sonderheft 1997, 83, 87 ff. 54 Zur – ohne entgegenstehenden Hauptversammlungsbeschluss nach § 286 Abs. 5 HGB individualisierten – Offenlegung der Vorstandsvergütung im Anhang vgl. §§ 285 Nr. 9a Satz 1, 314 Abs. 1 Nr. 6a Satz 1 HGB. Das Sondererfordernis der Individualisierung wurde eingefügt durch das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG), BGBl. I 2005, 2267; s. dazu Fleischer, DB 2005, 1611; van Kann, DStR 2005, 1496. 55 Vgl. Ziff. 4.2.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex: „Aktienoptionen und vergleichbare Gestaltungen sollen auf anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter bezogen sein. Eine nachträgliche Änderung der Erfolgsziele oder der Vergleichsparameter soll ausgeschlossen sein. Für außerordentliche, nicht vorgesehene Entwicklungen soll der Aufsichtsrat eine Begrenzungsmöglichkeit (Cap) vereinbaren.“
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eine Steigerung des Shareholder Value herbeizuführen. Zu diesem Zweck ist auch eine entsprechende Transparenz auf der Internetseite der Gesellschaft und Erläuterung im Geschäftsbericht unter Einbeziehung von Angaben zum Wert der Aktienoptionen erforderlich (Ziff. 4.2.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex). 22
Nach der Intention des Gesetzgebers sollen Aufsichtsratsmitglieder nicht zum Bezug von Aktienoptionen (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) sowie von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen (vgl. § 221 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG56) berechtigt sein. Die Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern an Aktienoptionsprogrammen ist auch dann nicht zulässig, wenn zur Bedienung der Bezugsrechte anstelle von bedingtem Kapital eigene Aktien eingesetzt werden57. Nichts anderes kann für gleichermaßen gesicherte Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen gelten. Diese grundsätzlich negative Einstellung des Gesetzgebers zu einer aktienbasierten Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder scheint auf den ersten Blick mit den Vorgaben des Deutschen Corporate Governance Kodex zur Aufsichtsratsvergütung zu kollidieren, der neben einer festen eine erfolgsorientierte Vergütung empfiehlt, die auch auf den langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtete Bestandteile enthalten sollte (Ziff. 5.4.7). Fraglich bleibt vor allem, ob die variablen Vergütungskomponenten „virtuell“ eine Teilnahme an einer positiven Aktienkursentwicklung ermöglichen können, ohne zum Bezug von Aktien zu berechtigen58. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH bleibt insoweit eine gewisse rechtliche Unsicherheit59. Vorzugswürdig dürfte daher eine dividendenabhängige Tantieme oder eine Orientierung an wirtschaftlichen Kennzahlen des Unternehmens sein60.
3. Emissionskonzept 23
Einen wesentlichen Teil der Vorbereitung des Börsengangs nimmt die Erarbeitung einer attraktiven, auf den Emittenten abgestimmten Börseneinführungsstrategie 56 Klarstellung in § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG eingefügt durch das UMAG (Fn. 32). 57 BGH v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, BGHZ 158, 122 =AG 2004, 265; vgl. hierzu Fuchs, WM 2004, 2233; Habersack, ZGR 2004, 721; Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940; Richter, BB 2004, 949; E. Vetter, AG 2004, 234; Wiechers, DB 2004, 696. 58 Derartige Vergütungselemente werden, je nach Ausgestaltung, als Phantom Stocks oder Stock Appreciation Rights bezeichnet; vgl. zu Gestaltungsmöglichkeiten für das Management näher Portner in Harrer (Hrsg.), Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne, 2. Aufl. 2004, Rz. 276 ff. 59 Vgl. das obiter dictum in BGH v. 16.2.2004 – II ZR 316/02, BGHZ 158, 122, 129. Die Übertragbarkeit der entscheidenden Urteilsgründe ablehnend Fuchs, WM 2004, 2233, 2239; Richter, BB 2004, 949, 956; E. Vetter, AG 2004, 234, 237; Hoffmann-Becking, ZHR 169 (2005), 155, 177 ff.; Marsch-Barner in FS Röhricht, 2005, S. 401, 416 f.; a.A. Paefgen, WM 2004, 1169, 1173; Habersack, ZGR 2004, 721, 731 f. 60 Denkbar ist eine Ausrichtung an technischen Kennziffern, Umsatz- und Kostengrößen, Ertragszahlen oder unternehmenswertbasierten Zahlen. Zu den Gestaltungsmöglichkeiten vgl. die Studien des Deutschen Aktieninstitut e.V., Heft 20, Aufsichtsratsvergütung bei deutschen börsennotierten Unternehmen, und Heft 23, Empfehlungen zur Aufsichtsratsvergütung – Ein Modell; s. auch Hoffmann-Becking in MünchHdb. AG, § 33 Rz. 27; Gehling, ZIP 2005, 549; Habersack, ZGR 2004, 721, 732 ff.; Krieger in FS Röhricht, 2005, S. 349. Nach Ziff. 5.4.7 Abs. 3 Satz 1 des Deutschen Corporate Governance Kodex soll die Vergütung im Corporate Governance-Bericht an die Hauptversammlung individualisiert und aufgegliedert nach Bestandteilen ausgewiesen werden. Dagegen sieht das Gesetz nur den Ausweis der Gesamtbezüge vor (§§ 285 Nr. 9a Satz 1, 314 Abs. 1 Nr. 6a Satz 1 HGB).
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Börsengang
ein. Dieses Emissionskonzept bildet die Grundstruktur des IPO. Neben der rechtlichen Strukturierung der Gesellschaft (Unternehmens- und Kapitalstruktur; vgl. Rz. 13 ff.) wird das Emissionskonzept von einer Reihe marktbezogener Faktoren geprägt, die für die Aufnahmebereitschaft des Kapitalmarkts von Bedeutung sind. Auf der Basis der Unternehmensinformation (investment case) sowie der Analyse des Investorenpotentials und der Nachfrageschätzung sind das Emissionsvolumen, der „richtige“ Emissionszeitpunkt, regionale Schwerpunkte der Emission (Börsenplatz und Marktsegment) und Marktschutzvorkehrungen zu bestimmen. a) Emissionsform; Auswahl der Konsortialbanken Regelmäßig schaltet der Emittent in die Vorbereitung des Börsengangs und den eigentlichen Platzierungsvorgang eine oder mehrere Emissionsbanken ein (Fremdemission). Die Begleitung der Börsenzulassung der Aktien durch ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.d. §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 53b Abs. 1 Satz 1 KWG ist für den regulierten Markt ohnehin gesetzlich zwingend vorgesehen (§ 32 Abs. 2 BörsG). Die vornehmliche Aufgabe der Emissionsbanken ist jedoch die erfolgreiche Platzierung der Aktien beim anlagewilligen Publikum. Ohne ihre Einbindung hätte der Emittent nicht den für einen erfolgreichen Börsengang erforderlichen Zugang zu institutionellen und privaten Anlegern. Es überrascht daher nicht, dass die Eigenemission des Emittenten, also die direkte Platzierung der Aktien bei den Anlegern, als Emissionsform für Börsengänge keine Rolle spielt. Dies hat sich auch durch die Möglichkeit einer Internet-Emission nicht geändert61. Die damit verbundene Erwartung, zumindest einen Teil der Emission als kostengünstigere Eigenemission durchführen zu können, hat sich nicht erfüllt. Selbst Unternehmen, die bereits vor dem IPO einen überragenden Bekanntheitsgrad aufweisen, können insoweit nicht auf die Unterstützung von Emissionsbanken verzichten.
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Wegen der Transaktionsgröße und des mit der Emission verbundenen Risikos werden in einen Börsengang regelmäßig mehrere Banken eingeschaltet (Emissionskonsortium; vgl. Rz. 100 ff. und eingehend § 26). Grundsätzlich kann die Fremdemission hinsichtlich der Verteilung des wirtschaftlichen Risikos der Aktienplatzierung unterschiedlich ausgestaltet werden62. Die Eckpunkte dieses Gestaltungsrahmens bilden die bloße Absatzvermittlung (best-efforts underwriting), bei dem von den Emissionsbanken nur nachhaltige Unterbringungsbemühungen geschuldet sind (Begebungskonsortium), und die Festübernahme (hard underwriting), die von den Emissionsbanken die Übernahme der Aktien auf eigene Rechnung und Risiko verlangt
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61 Näher zur Internet-Emission Assmann in FS Schütze, 1999, S. 15; Spindler, NZG 2000, 1058; Fleischer, Gutachten, F 86 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 10 ff.; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 259 f. Die gesetzlich vorgeschriebene Publizität kann nunmehr fast ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgen, vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 7 WpPG, der auf Art. 14 der Richtlinie 2003/71/EG v. 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG L 345 v. 31.12.2003, S. 64–89 („EU-Prospektrichtlinie“) zurückgeht (Gesetz zur Umsetzung der Prospektrichtlinie – Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 22.6.2005, BGBl. I 2005, 1698. Allerdings muss einem Anleger auf Verlangen nach wie vor eine Papierversion des Prospekts kostenlos zur Verfügung gestellt werden (§ 14 Abs. 5 WpPG). 62 Vgl. eingehend Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 23 ff.; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 10 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 33 ff.; Singhof, Außenhaftung, S. 45 ff.
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§3
Börsengang
(Übernahmekonsortien)63. Soweit zum Börsengang auch eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird, ist eine Festübernahme zum Nominalwert allerdings zwingend erforderlich, weil die neuen Aktien verbindlich gezeichnet und die Mindesteinlagen erbracht werden müssen, um sie ausgeben zu können (§§ 189, 191, 188 Abs. 2 i.V.m. §§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 1 AktG). Nach dieser Maßgabe sind in der deutschen Praxis Einheitskonsortien als kombinierte Übernahme- und Begebungskonsortien üblich64. Die Mitglieder dieses Konsortiums übernehmen einheitlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung die Übernahme und Platzierung der gesamten Emission. Durch die inhaltliche Ausgestaltung und späte Unterzeichnung des Übernahmevertrags gegen Ende des Bookbuilding wird der effektive Zeitraum für ein Hard Underwriting der Aktien durch die Emissionsbanken allerdings erheblich reduziert (vgl. näher Rz. 75 und 98 ff.). Teilweise wird darin gar eine faktische Wiederannäherung an das Begebungskonsortium gesehen65. Richtig daran ist, dass die Größe und Eigenkapitalausstattung der übernehmenden Emissionsbanken bei dieser Gestaltung an Bedeutung für ihre Teilnahmefähigkeit verliert66. 26
Die Emissionsbanken müssen den Emittenten von ihren Stärken, ihrem Platzierungskonzept und ihren vorläufigen Bewertungsvorstellungen regelmäßig im Rahmen eines strukturierten Auswahlprozesses (beauty contest) überzeugen67. Auf dessen Grundlage wird zunächst nur die (konsortialführende) Bank (lead manager/global coordinator) ausgewählt, die den gesamten Börsengang beraten und logistisch abwickeln soll68. Dabei unterstützt sie auch die Erstellung des Wertpapierprospekts (vgl. § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG, § 3 Abs. 1, 3 i.V.m. § 5 WpPG), übernimmt im Rahmen der Preisermittlung durch ein Bookbuilding die Erfassung und Auswertung der Kaufaufträge der Investoren im elektronischen Orderbuch (bookrunner) und betreut das Zulassungsverfahren (vgl. Rz. 75 und 86 ff.). Regelmäßig macht ihre Platzierungsquote 60–80 % des Gesamtvolumens aus. Maßgebliche Kriterien für ihre Auswahl sind daher vor allem ihre nachhaltige Platzierungskraft bei Neuemissionen aufgrund ihrer anerkannten Research- und Vertriebsexpertise und ihrem Zugang zu institutionellen und privaten Anlegern (sales force), ihre langjährige Emissionserfahrung (track record) sowie eine umfassende Kapitalmarktbetreuung nach dem Börsengang (corporate brokerage). Zu letzterem gehört in der Regel auch die Übernahme der Funktion eines Betreuers (designated sponsor), der zur Herstellung der erforderlichen Liquidität in der Aktie verpflichtet ist, indem er im elektronischen Handel verbindliche Preislimits für den An- und Verkauf von Aktien zur Verfügung stellt und damit temporäre Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage überbrückt69.
63 Zu den bankaufsichtsrechtlichen Grundlagen nach § 1 KWG Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.6 ff. 64 Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 24; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 181, 184; Singhof, Außenhaftung, S. 50; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 11. 65 Groß in BuB, Rz. 10/280. 66 Vgl. Groß in BuB, Rz. 10/279 f. 67 S. auch Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 14 ff. Zur im Zusammenhang mit der Bewerbung um das Mandat häufig abzuschließenden Vertraulichkeitsvereinbarung Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 75 ff. 68 Näher zu den Aufgaben Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 7 ff.; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, Rz. 42 ff. 69 Ausführlich dazu Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 14, S. 3, 16 f.
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Börsengang
Die weitere Zusammensetzung des Emissionskonsortiums hängt von der Größe der Emission, der Platzierungsform und der regionalen Gewichtung ab. Je nach Verteilung der Aufgaben und der Übernahmequoten unter den Konsortialbanken können dabei „mehrstufige“ Emissionskonsortien entstehen (vgl. auch Rz. 100 ff.)70. In Abstimmung mit dem Emittenten wählt der Konsortialführer die Mitglieder des Emissionskonsortiums (co-lead manager/co-managers) regelmäßig aus dem Kreis der Banken aus, die im Rahmen des Auswahlprozesses bereits überzeugt und ihre Teilnahmebereitschaft erklärt haben. Alternativ ist denkbar, die Auswahl der Konsortialbanken in einem modifizierten Auktionsverfahren (bidding process) vorzunehmen, um den Wettbewerb um die Teilnahme am Emissionskonsortium zu stärken71. Zu diesem Zweck werden nicht nur die konsortialführenden Banken, sondern mehrere vorausgewählte Banken in die Investor Education (vgl. Rz. 41) eingebunden. Sie müssen in einem kurzen Auktionsverfahren die Investorenreaktionen analysieren und einen Vorschlag für eine angemessene Preisspanne für das Bookbuilding präsentieren. Auf dieser Grundlage werden die Banken für das Emissionskonsortium ausgewählt und ggf. ihre besonderen Funktionen festgelegt. Zugleich soll damit eine möglichst exakte Einschätzung der Aufnahmebereitschaft des Marktes innerhalb einer bestimmten Preisspanne erreicht werden, um eine Herabsetzung der Preisspanne aufgrund mangelnder Nachfrage während des Angebots zu vermeiden (vgl. Rz. 75). Anders als bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen bereits börsennotierter Unternehmen72 hat sich ein solches Verfahren bei Börsengängen bislang allerdings nicht durchgesetzt. Der Emittent kann andererseits auch ein Interesse daran haben, bestimmte Hausbanken in das Emissionskonsortium aufzunehmen, die nicht aktiv in die Platzierung eingeschaltet sind. Diese Banken tragen eine Übernahmeverpflichtung (Underwriting-Quote), ohne dass ihnen im Rahmen der Platzierung tatsächlich Aktien zugeteilt werden.
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b) Platzierungsformen aa) Öffentliches Angebot; Privatplatzierung Die Platzierung der Aktien bei dem anlagewilligen Publikum kann auf unterschiedliche Weise vorgenommen werden. Emittenten werden dabei vor allem die mit einem öffentlichen Angebot an einen unbestimmten Kreis von Anlegern (vgl. § 2 Nr. 4 WpPG) verbundene Börseneinführung der Aktien in Deutschland anstreben. Für die Börsenzulassung muss der Börsenplatz und das Marktsegment ausgewählt werden73. 70 Vgl. auch Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 25 f. zu großen internationalen Emissionen, bei denen entweder regional abgegrenzte Konsortien oder ein „globales Konsortium“ ohne Aufteilung in regionale Tranchen und mit weltweiter Platzierungsberechtigung gebildet werden können. Zusätzlich können Banken ohne eigene Übernahmeverpflichtung mit regional begrenztem Vertriebsauftrag eingebunden sein (selling group). Zum Teil werden auch Übernahmerisiken ähnlich einer Unterbeteiligung an Banken weitergegeben, die nicht Mitglieder des Emissionskonsortiums sind (sub-underwriting); s. auch Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 19 m.w.N. 71 Vgl. den Börsengang der France Telecom-Tochtergesellschaft Pages Jaunes, IFR June 19, 2004, S. 19; Singhof/Schlitt, IFLR August 2004, S. 15, 16. 72 Zu dem ersten Auktionsverfahren im Zusammenhang mit einer Bezugsrechtskapitalerhöhung in Deutschland Singhof/Schlitt, Börsen-Zeitung Nr. 115 v. 18.6.2004, S. 12. 73 Näher Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 23 ff., 85 ff.; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 20 Rz. 1 ff.
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§3
Börsengang
Unter den deutschen Börsenplätzen hat die Frankfurter Wertpapierbörse die größte Bedeutung. Die bisher nach dem Börsengesetz bestehende Einteilung in die Marktsegmente „Amtlicher Markt“ und „Geregelter Markt“ mit grundsätzlich unterschiedlichen Zulassungsvoraussetzungen wurde mit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG)74 zugunsten eines einheitlichen Segments, des „Regulierten Marktes“, aufgegeben75. Bereits seit dem 1.1.2003 sah die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse nach Maßgabe der Ermächtigungsgrundlage in §§ 50 Abs. 3, 54 BörsG a.F.76 allerdings weitgehend angeglichene Zulassungsvoraussetzungen für den amtlichen Markt und den geregelten Markt vor. Zwei autonom geschaffene Segmente General Standard und Prime Standard, die sich insbesondere hinsichtlich der Zulassungsfolgepflichten unterscheiden (§§ 42, 45 ff. BörsO FWB), überlagerten bereits damals die traditionellen Marktsegmente77 und stellen auch heute Teilbereiche des regulierten Marktes dar. Es ist durchaus kritisch zu bemerken, dass diese Anpassung die gesetzliche Möglichkeit, für „Teilbereiche“ der Segmente zusätzliche Anforderungen zu stellen (§ 42 BörsG), überdehnt78. Nach den Vorstellungen der Frankfurter Wertpapierbörse ist der General Standard auf kleinere oder mittlere Unternehmen ausgerichtet, die überwiegend nationale Investoren ansprechen und an geringeren Folgekosten der Börsennotierung interessiert sind. Dagegen soll den Unternehmen im Prime Standard aufgrund der an internationalen Standards orientierten Transparenzpflichten der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt erleichtert werden. Nur die Aufnahme in den Prime Standard ist daher für die ganz überwiegende Zahl der Börsenkandidaten empfehlenswert. Dies gilt umso mehr, als nur die Zulassung im Prime Standard die (mittelfristige) Aufnahme in einen der immer wichtiger werdenden Aktien- bzw. Auswahlindizes ermöglicht79. 29
Nur in Ausnahmefällen ist auch ein öffentliches Angebot im Ausland oder gar eine sofortige Notierung an einem oder mehreren ausländischen Börsenplätzen attraktiv
74 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2007, 1330. Zu den Auswirkungen des Gesetzes auf Aktienemissionen vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227. 75 Der von der FWB im Rahmen des Freiverkehrs (§ 48 BörsG) eingerichtete „Entry Standard“, der mit geringeren Publizitätsanforderungen kleineren Unternehmen (Small- und Midcaps) einen vereinfachten und kostengünstigeren Zugang zum Kapitalmarkt bieten soll, bleibt hier außer Betracht. Bis Juni 2007 wechselten nur drei von 92 Unternehmen in den regulierten Markt (Prime Standard) und auch der Entry Standard Index (ESI) hat bis dahin gegen den positiven Markttrend am regulierten Markt zwischen Januar und Juni 2007 25 % an Wert eingebüßt; s. Börsen-Zeitung Nr. 109 v. 12.6.2007, S. 8 („Nur eine Eintrittskarte“); zu den rechtlichen Rahmenbedingungen Harrer/Müller, WM 2006, 653; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147. 76 Die Ermächtigungsgrundlage für die Einführung von Teilbereichen des regulierten Marktes findet sich nach Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) in § 42 Abs. 1 BörsG; zur ursprünglichen Ermächtigung vgl. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) v. 21.6.2002, BGBl. I 2002, 2010. 77 Ausführlich Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 14, S. 3; Schlitt, AG 2003, 57. 78 Zu Recht kritisch Schlitt, AG 2003, 57, 59; Hammen, WM 2003, 997, 1000 f.; Spindler, WM 2003, 2073, 2074, 2083. 79 Vgl. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 14, S. 3, 15.
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Börsengang
(dual or multiple listing)80. Die ausländischen Regularien erhöhen die Komplexität des Börsengangs und beeinflussen den Zeitablauf der Emission. Wesentliche Erleichterungen für grenzüberschreitende Emissionen in der EU hat insoweit die Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie81 gebracht. Nach Prospektprüfung und -billigung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats haben die Prospekte gemeinschaftsweite Gültigkeit, sofern die zuständigen Behörden der in das öffentliche Angebot oder die Börsenzulassung einbezogenen Mitgliedstaaten (Aufnahmestaaten) auf Antrag des Anbieters oder Zulassungsantragstellers von der für die Prospektbilligung zuständigen Behörde benachrichtigt werden (Notifizierung, §§ 17 ff. WpPG). Die zuständige Behörde des Aufnahmestaats hat dann keine eigenständige Prüfungskompetenz, sondern erhält nur eine Bescheinigung über die Billigung, eine Kopie des Wertpapierprospekts und auf Verlangen eine Übersetzung der Zusammenfassung des Prospekts in der jeweiligen Landessprache (vgl. Art. 19 Satz 2 EU-Prospektrichtlinie, §§ 18, 17 Abs. 3 i.V.m. 19 Abs. 4 WpPG)82. Besonders aufwendig ist demgegenüber die Registrierung von Aktien bei der US Securities and Exchange Commission (SEC) und die fortlaufende Erfüllung der Registrierungsfolgepflichten. Den mit einem Dual Listing in den USA assoziierten Vorteilen der Erschließung zusätzlicher Kapitalquellen, Senkung der Volatilität der Aktie, Ausweitung der Handelszeiten und Bekanntheit in ausländischen Zielmärkten steht ein erheblicher Verwaltungs- und Kostenaufwand gegenüber, der nur bei großen Emissionen zu rechtfertigen sein dürfte83. Auch in diesen Fällen blieben die Handelsumsätze im amerikanischen Markt erheblich hinter den Erwartungen zurück, so dass nach der Erleichterung des Delisting durch die SEC ein gegenläufiger Trend zu beobachten ist84. Im Ausland wird daher regelmäßig eine Privatplatzierung, also die Veräußerung aufgrund individueller Ansprache bei ausländischen institutionellen Investoren85, vorzuziehen sein. Wenngleich dies unter rechtlichen Gesichtspunkten in anderen EU-Mitgliedstaaten prospektfrei möglich ist (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG), wird hierfür ausnahmslos eine englischsprachige Übersetzung des Wertpapierprospekts (offering circular) bei den angesprochenen Investorenkreisen verteilt. Durch eine solche Privatplatzierung kann insbesondere bei großen Emissionen die Investorenbasis maßgeblich erweitert werden. Dies gilt in besonderem Maße bei Einbeziehung eines bestimmten instutionellen Investorenkreises in den USA (qualified institutional buyers) nach Rule 144A of the Securities Act of 1933 (ausführlich dazu § 37)86. Der Umfang der internationa80 Zur Zulassung von Aktien einer deutschen Aktiengesellschaft an einer US-Börse Hutter in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 144 ff.; Bungert/Paschos, DZWIR 1995, 133; zur globalen Aktie ausführlich auch Gruson, AG 2004, 358. 81 Vgl. Fn. 61. 82 Regelmäßig wird der Antrag zusammen mit der Einreichung des Prospekts zur Billigung gestellt, da die Frist zur Übermittlung an die zuständige Behörde des Aufnahmestaats dadurch auf einen Werktag nach Billigung des Prospekts reduziert wird (§ 18 Abs. 1 Satz 2 WpPG). 83 S. auch Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 20 Rz. 123 f.; Schanz, Börseneinführung, § 14 Rz. 1 ff. 84 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 167 v. 21.7.2005, S. 19 („Der Gang an ausländische Börsen hat sich selten gelohnt“); zu den Erleichterungen auch Erchinger/Melcher, DB 2007, 1123. 85 Zum rechtlichen Begriff des „qualifizierten Anlegers“ s. § 2 Nr. 6 WpPG. 86 Dazu Greene et al., US Regulation of the International Securities and Derivatives Markets, 8th ed., § 4.03.; Bungert/Paschos, DZWIR 1995, 133, 137 ff.
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len Platzierung ist durch internationale Verkaufsbeschränkungen (selling restrictions) im Übernahmevertrag einzugrenzen87. bb) Umplatzierung bei Abspaltung und Börsenzulassung 30
Einen Sonderfall eines Börsengangs stellt die Abspaltung eines Konzerngeschäftsbereiches auf ein bestehendes oder neues Unternehmen dar (Abspaltung zur Aufnahme oder Neugründung; § 123 Abs. 2 UmwG), die mit der Börsenzulassung der Aktien dieses Unternehmens verbunden wird88. Die Aktionäre der abspaltenden Gesellschaft erhalten dabei von der aufnehmenden Gesellschaft als Gegenleistung für den abgespaltenen Geschäftsbereich nach einem bestimmten Zuteilungsverhältnis neue (börsennotierte) Aktien der Tochtergesellschaft nach Maßgabe ihrer Beteiligung an der abspaltenden Gesellschaft. Die Aktien werden den Berechtigten entweder ohne besonderen Auftrag (Girosammelverwahrung) oder jedenfalls gegen Vorlage der als Berechtigungsnachweis dienenden Gewinnanteilsscheine (Eigenverwahrung) über einen Treuhänder zugeteilt (Depotgutschrift).
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Damit ist für den Börsengang keine (Um-)Platzierung der Aktien durch Emissionsbanken erforderlich. Ohne entsprechende Aktivitäten könnte mit Notierungsaufnahme jedoch ein starker Abgabedruck durch „unfreiwillige“ Aktionäre entstehen, die die neue Beteiligung „zu Geld machen wollen“. Dies würde den Börsenkurs der Aktie stark belasten. Außerdem kann das festgesetzte Zuteilungsverhältnis zu Teilrechten führen, deren Ausgleich von den Banken durch An- und Verkauf zu vermitteln ist. Teilweise wird daher eine – ggf. auch durch umfassende Marketing-Aktivitäten unterstützte – Umplatzierung der neuen Aktien durch ein Emissionskonsortium mit dem Börsengang durch Abspaltung verbunden (marketed redistribution). Dieses Umplatzierungsverfahren setzt bereits vor der Aufnahme des Börsenhandels ein, um Angebot und Nachfrage mit dem ersten Handelstag der Aktie möglichst zum Ausgleich zu bringen und eine „geordnete“ Aufnahme des Handels sicherzustellen. Die berechtigten Aktionäre und potentiellen Investoren werden dazu in einer öffentlichen Umplatzierungsbekanntmachung aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist und Preisspanne Verkaufs- und Kaufangebote abzugeben. Die Angebote werden in getrennten Büchern elektronisch erfasst (book of supply and book of demand), ausgewertet und anschließend zusammengeführt (order matching). Damit ergibt sich die Anzahl der angebotenen Aktien erst aus den bis Fristende eingegangenen Verkaufsangeboten. Um die angebotenen neuen Aktien für die Umplatzierung auch zu sichern und den Verkauf der (berechtigenden) Aktien der abspaltenden Gesellschaft zu verhindern, müssen die berechtigten Aktionäre, die die neuen Aktien zum Verkauf anbieten, ihre Aktien durch Mitteilung an ihre Depotbank sperren lassen. Zu diesem Zweck wird den gesperrten Aktien eine gesonderte Wertpapier-KennNummer bzw. ISIN zugewiesen, die ihre börsenmäßige Lieferbarkeit vor Abschluss der Umplatzierung ausschließt. Folgt hieraus ein Angebotsüberhang, wird jedes Verkaufsangebot mit einem einheitlichen Anteil berücksichtigt. Im Fall eines Nachfra-
87 Ausführlich dazu Schäfer/Mimberg in FS Hadding, 2004, S. 1063. 88 Jüngste Beispiele sind die Abspaltung des gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäfts der HVB Group auf die Hypo Real Estate AG und die Abspaltung der Chemiesparte („Lanxess“) aus dem Bayer Konzern; s. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 164 v. 17.7.2003, S. 14.
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Börsengang
geüberhangs entspricht die Zuteilung grundsätzlich dem Verfahren beim gewöhnlichen IPO (vgl. Rz. 81 f.). c) Emissionsstruktur Die Kombination einer Platzierung bereits bestehender Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre und neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung der Gesellschaft bildet den Regelfall eines Börsengangs. Nur in wenigen Ausnahmefällen wird die Emission ausschließlich mit Aktien der Altaktionäre durchgeführt89. Dahingehende gesetzliche Vorgaben bestehen zwar nicht. Steht jedoch die Unternehmensfinanzierung nicht im Vordergrund, kann mit Ausnahme von Privatisierungen der negative Eindruck des „Kassemachens“ entstehen.
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Im Rahmen der Emissionsstruktur werden die Anzahl der zu platzierenden Aktien, die Aufteilung des Emissionsvolumens auf die Aktien aus dem Altbestand der verkaufenden Aktionäre90 und der neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung sowie der Umfang der für die Stabilisierung in den ersten 30 Tagen nach der Notierungsaufnahme benötigten Mehrzuteilung und die Herkunft der hierfür ggf. benötigten Aktien (greenshoe) festgelegt (vgl. Rz. 83 f.). Im engen Zusammenhang damit stehen die kapitalmarktorientierte Strukturierung und Einteilung des nominalen Grundkapitals vor dem Börsengang (vgl. Rz. 13 ff.). Ziel ist es, einen Streubesitz (free float) zu erreichen, der ein ausreichendes Handelsvolumen in der Aktie nach Notierungsaufnahme ermöglicht und damit die Gefahr zufälliger Kursentwicklungen mindert91. Für die Zulassung zum regulierten Markt ist vorgesehen, dass der Streubesitz 25 % des Gesamtnennbetrags bzw. bei nennwertlosen Aktien der Stückzahl der zuzulassenden Aktien beträgt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV). Nach den Erwartungen des Kapitalmarkts sollte ein Anteil des Streubesitzes am Grundkapital von 30 % bei einer Mindestmarktkapitalisierung von rund 100 Mio. Euro jedoch nicht unterschritten werden. Solange der Begriff des Streubesitzes nicht legal definiert ist, wird man eine nähere Konkretisierung in Anlehnung an die Regelwerke der Börsen vorzunehmen haben.
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Außerdem wird eine Verteilung des Emissionsvolumens auf bestimmte Investorengruppen angestrebt. Sie beruht auf der Analyse des Investorenpotentials und der Nachfrageschätzung der emissionsbegleitenden Banken, die zur Begrenzung des Rückflusses in den Markt auch von qualitativen Erwägungen getragen wird (langfristige Anlagestrategie)92. Börsengänge ehemals staatlicher Unternehmen sind durch begleitende Vermarktung und anlegerorientierte Maßnahmen in besonderem Maße auf die Akzeptanz und Aufnahme bei Privatanlegern (retail tranche) ausgerich-
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89 Vgl. Groß in BuB, Rz. 10/288. Vgl. die Börsengänge der Deutsche Postbank AG, Verkaufsprospekt v. 18.6.2004, S. 3, sowie der Gagfah S.A., Wertpapierprospekt v. 6.10.2006, S. 37. 90 Vgl. Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 242 zu Treupflichtfragen. Kommt unter den abgabebereiten Aktionären eine Einigung über die Verteilung des Altbestands nicht zustande, bleibt nur eine Verteilung unter den Interessenten nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung. 91 Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 22 m.w.N. 92 Näher Hoffmann in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 10.30 ff.; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 40; Willamowski, Bookbuilding, S. 31 f.; Willamowski, WM 2001, 653, 657 ff.
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tet worden. Marktumfeld und Eignung des Geschäftsmodells für die gezielte Ansprache von Privatanlegern sind im Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Hierfür eignen sich in besonderem Maße Unternehmen, die schon vor dem Börsengang einen breiten Kundenkreis im Retailbereich aufweisen und aufgrund ihres Geschäfts keinen starken zyklischen Schwankungen ausgesetzt sind. 35
Andererseits sollen häufig Mitarbeiter und Geschäftspartner, von denen die Bereitschaft zu dauerhafter Anlage erwartet wird, durch die Bereitstellung bevorrechtigter Zuteilung stärker an das Unternehmen gebunden werden (friends & family). Zu diesem Zweck wird einem ausgewählten Personenkreis bis zu einem bestimmten Höchstvolumen die Zuteilung zu den allgemeinen oder reduzierten Angebotskonditionen zugesichert. Rechtlich ist diese „Bevorzugung“ grundsätzlich nicht zu beanstanden93, wenn bestimmte Vorgaben beachtet werden. Insbesondere ist neben der zwingenden Darstellung des Programms im Prospekt (Anhang III Ziff. 5.2.3d EUProspektVO) auch die Offenlegung der Ausübungsquote empfehlenswert, weil mangelnde „Zuteilungstransparenz“ in der Vergangenheit Anlass für Kritik war. Soweit der reservierte Anteil nicht in Anspruch genommen wird, ist er für die Zuteilung an das Publikum zur Verfügung zu stellen. Seit 2000 geben (freiwillige) „Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ hierfür Grundregeln vor, die zunehmend an Akzeptanz gewonnen haben (s. dazu Rz. 82)94. Für solche Friends & Family-Programme sollten nicht mehr als 5 % des Emissionsvolumens reserviert werden95. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Aktien aus bevorrechtigter Zuteilung nicht zum Streubesitz zu zählen sind, sofern und solange eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten vereinbart worden ist96. d) Marktschutz
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Ein wesentlicher Aspekt des Emissionskonzepts ist der „rücksichtsvolle Umgang“ mit Aktien des Emittenten während eines bestimmten Zeitraums von sechs bis zwölf Monaten nach Notierungsaufnahme. Konkret geht es darum, eine reibungslose Platzierung des festgelegten Volumens sicherzustellen und eine möglichst stabile und kontinuierliche Entwicklung des Börsenkurses der Aktie nicht durch die Emission zusätzlicher Aktien und einen daraus resultierenden Angebotsüberhang am Markt zu belasten97. Hierauf vertrauen die neuen Investoren im Rahmen des Börsengangs. Ein entsprechendes „Wohlverhalten“ stärkt damit das Standing des Emittenten am Kapitalmarkt. Aber auch der Reputation der Konsortialbanken wäre ein signifikantes Abrutschen des Börsenkurses wegen weiterer Emissionen abträglich. 93 Escher-Weingart, AG 2000, 164, 170; krit. aber auch Willamowski, WM 2001, 653, 662. 94 Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger v. 7.6.2000, ZBB 2000, 287 m. Anm. Köndgen; dazu auch Willamowski, WM 2001, 653, 662 ff. 95 Zu weitgehend Willamowski, WM 2001, 653, 662 („maximal 10 %“); vgl. zu den Quoten auch Escher-Weingart, AG 2000, 164, 166. 96 Vgl. Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse AG vom Februar 2008 (Version 6.5); abrufbar unter www.deutsche-boerse.com. Str. ist, ob dies auch für § 9 BörsZulV gilt; dafür Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 18; a.A. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarkrechts-Kommentar, § 9 BörsZulV Rz. 1. 97 Zu weiteren ökonomischen Grundlagen Fleischer, WM 2002, 2305, 2306 f.; Fleischer, Gutachten, F 81 f.; Bruchner/Pospischil in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 11.39 f.
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Börsengang
Üblich sind Marktschutzvereinbarungen (lock-up agreements) im Übernahmevertrag oder in einem separaten Vertrag98. Die mit dem notwendigen Marktschutz zusammenhängenden Pflichten betreffen Emittent und Altaktionäre gleichermaßen. Eine Verpflichtung von Aktionären kraft mitgliedschaftlicher Treuepflicht, eine Marktschutzvereinbarung einzugehen, dürfte gleichwohl kaum oder nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein99. Rechtlich grundsätzlich unproblematisch sind Haltevereinbarungen der Altaktionäre mit dem Emittenten und/oder den Konsortialbanken, wonach sie ihre Aktien für einen bestimmten Zeitraum nach Notierungsaufnahme nicht oder nur mit Einwilligung der konsortialführenden Bank veräußern und auch keine Maßnahmen ergreifen dürfen, die einer Veräußerung wirtschaftlich entsprechen. Gleiches gilt – im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht – für die vertraglich übernommene Verpflichtung der Altaktionäre, einer Kapitalerhöhung des Emittenten im Rahmen eines Hauptversammlungsbeschlusses nicht zuzustimmen. Als Veräußerungsverbot können Haltevereinbarungen allerdings nicht mit dinglicher Wirkung ausgestattet werden (§ 137 Satz 1 BGB)100. Zur Absicherung der lediglich schuldrechtlichen Verpflichtung bieten sich die Zuteilung einer separaten Wertpapier-KennNummer bzw. ISIN und die Verwahrung auf einem Sperrdepot101 sowie die Vereinbarung einer Vertragstrafe (in Höhe des Differenzbetrags zwischen Emissions- und Verkaufspreis)102 an. In der Praxis hat sich das nicht durchgesetzt. Somit kommen bei abredewidriger Veräußerung nur Schadensersatzansprüche des Emittenten oder der Emissionsbanken in Betracht; ein Schadensersatzanspruch der neuen Aktionäre lässt sich dogmatisch kaum begründen103.
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In den Mandatsvereinbarungen und Übernahmeverträgen sind außerdem Verpflichtungen des Emittenten üblich, zeitweise auf Kapitalmaßnahmen und die Begebung von Wertpapieren mit Options- oder Wandlungsrechten auf Aktien der Gesellschaft zu verzichten (Verwässerungsschutz). Die Zulässigkeit dieser Zusage unterliegt gewissen aktienrechtlichen Zweifeln104. Jedenfalls wird man wegen der Satzungsautonomie einen Hauptversammlungsbeschluss als verbandsrechtliche Grundlage verlangen müssen, wenn die Zusage sich über die Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 AktG) oder die Ermächtigung zur Begebung von Wandel- und Optionsanleihen (§ 221 AktG) durch Vorstand und Aufsichtsrat auch auf ordentliche Kapi-
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98 Vgl. Korfsmeyer, FB 1999, 205; Fleischer, WM 2002, 2305; Fleischer, Gutachten, F 81 ff.; Fenchel, DStR 2002, 1355; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 88 ff. 99 Im Ergebnis übereinstimmend Bruchner/Pospischil in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 11.41 ff.; Fleischer, WM 2002, 2305, 2313; Fredebeil, Aktienemissionen, S. 245 f., 257; Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 251 f.; weniger restriktiv Korfsmeyer, FB 1999, 205, 210 f. 100 Zur Bedeutung der Durchsetzbarkeit s. auch Spindler, DStR 2002, 1576, 1579. 101 So auch Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 79 zum 4. FinanzmarktförderungsG. Zu den aufgegebenen Plänen des Gesetzgebers, die Zulassungsstelle mit weitergehenden Rechten zur Sicherstellung der Durchsetzung von Veräußerungsverboten auszustatten Fleischer, Gutachten, F 84 f.; Fleischer, WM 2002, 2305, 2308. 102 Unter dem Gesichtspunkt des § 137 Satz 1 BGB kritisch Fredebeil, Aktienemissionen, S. 256 f.; s. auch Korfsmeyer, FB 1999, 205, 209 (Begrenzung der Vertragsstrafe auf 10–20 % des vom abgebenden Aktionär erzielten Verkaufserlöses). 103 Vgl. Fleischer, WM 2002, 2305, 2310 ff.; Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 246 ff. 104 Picot/Land, DB 1999, 570, 573; Technau, AG 1998, 446, 457.
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§3
Börsengang
talerhöhungen erstrecken soll105. Zwar wird auch insoweit teilweise eingewandt, die Aktiengesellschaft dürfe sich nicht ihrer Entscheidungsfreiheit zur Vornahme von Kapitalmaßnahmen begeben106. Jedoch wird eine bestimmte, im Interesse der Gesellschaft liegende Selbstbindung der Gesellschaft für einen überschaubaren Zeitraum als zulässig anzusehen sein, weil sie nur eine konsequente Folge der Entscheidung für den Börsengang darstellt107. Gänzlich unbedenklich sind Vereinbarungen, die nur ein öffentliches Angebot neuer Aktien mit entsprechend breiter Streuung der Aktien von der Zustimmung der konsortialführenden Bank abhängig machen, nicht aber Privatplatzierungen (z.B. Sachkapitalerhöhungen) ausschließen, insbesondere wenn der Erwerber eine den Verpflichtungen der Altaktionäre entsprechende Vereinbarung eingeht108. 39
Eine Verpflichtung zum Abschluss von Marktschutzvereinbarungen aufgrund von Zulassungsbedingungen besteht auch für den Prime Standard nicht109. Im Wertpapierprospekt ist jedoch Auskunft über Lock-up-Vereinbarungen zu geben; dabei sind die beteiligten Parteien, der Inhalt und die Ausnahmen der Vereinbarung sowie der maßgebliche Zeitraum anzugeben (Anhang III Ziff. 7.3. EU-ProspektVO). Abweichend von der früheren Rechtslage ist diese Prospektpublizität nicht auf Veräußerungsverbote zwischen Emittent und Aktionären beschränkt, sondern erfasst auch die relevanten Vereinbarungen des Emittenten und der Altaktionäre mit den Konsortialbanken110.
4. Begleitende Vermarktung a) Grundlagen 40
Die Vermarktung der Aktien wird im Wesentlichen auf der Grundlage der von der konsortialführenden Bank erstellten Equity Story vorgenommen. Sie dient der Darstellung der wesentlichen Kaufargumente für die Aktie und damit der Positionierung des Unternehmens bei potentiellen Investoren. Zugleich bietet sie die Chance, durch eine professionelle Publizität im Vorfeld des Börsengangs positive Erwartungen für eine auch zukünftig transparente und aktionärsfreundliche Informationspolitik zu wecken. Dabei lassen sich die Emittenten häufig neben der konsortialführenden Bank von einer hierauf spezialisierten Marketingagentur beraten. Für den Verlauf dieser Vermarktungsphase sind drei wesentliche Ereignisse herauszustellen: 105 Fleischer, WM 2002, 2305, 2314; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.251. 106 Technau, AG 1998, 446, 457; Lutter in KölnKomm. AktG, § 182 Rz. 15 ff. 107 Fleischer, WM 2002, 2305, 2314; s. allgemein auch Wiedemann in Großkomm. AktG, § 179 Rz. 8. 108 Vgl. Technau, AG 1998, 446, 457; Fleischer, WM 2002, 2305, 2314; zu weiteren Einschränkungen auch Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 182. 109 Schlitt, AG 2003, 59, 62. Zur Möglichkeit aufgrund von § 50 Abs. 3 BörsG Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 50 BörsG Rz. 4. 110 Vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 2 BörsG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 14 BörsZulV, § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG, jeweils a.F. Zur alten Rechtslage bereits kritisch Fleischer, Gutachten, F 84; Fleischer, WM 2002, 2305, 2310. Regelmäßig wurden die Vereinbarungen mit den Konsortialbanken jedoch freiwillig publiziert bzw. von einer analogen Anwendung der gesetzlichen Publizitätspflicht ausgegangen; vgl. Fredebeil, Aktienemissionen, S. 244 („Marktstandard“); für entsprechende Verpflichtung Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 16 BörsZulV Rz. 7; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 51 BörsG Rz. 4.
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§3
Börsengang
Aus der Erfahrung der schwierigen Börsenjahre 2001 bis 2003 hat sich in geeigneten Fällen die Praxis herausgebildet, das Unternehmen noch vor der eigentlichen Analystenpräsentation ausgewählten Investoren unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzustellen (pilot fishing). Dadurch kann die Erfolgswahrscheinlichkeit des Börsengangs insbesondere bei schwierigen Geschäftsmodellen erhöht werden, indem Investorenerwartungen schon frühzeitig bei der Entwicklung der Equity Story und der Bewertung berücksichtigt werden111. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass diese Vorstufe zur Vermarktung nur sparsam in ausgewählten Fällen eingesetzt werden sollte, um die Investoren nicht zu sehr zu beanspruchen. Typischerweise unterzeichnen die Investoren Vertraulichkeitserklärungen vor den Pilot Fishing-Meetings mit den Investmentbanken oder dem Vorstand des Emittenten, um die Geheimhaltung des in der Frühphase befindlichen IPO sicherzustellen112.
40a
Rund zwei Monate vor der geplanten Börseneinführung präsentiert der Vorstand sein Unternehmen bei Finanzanalysten (Analystenpräsentation), auf deren Grundlage diese ihre Unternehmensanalyse vornehmen. Diese Unternehmensstudien (research reports) wiederum dienen der Kontaktaufnahme der konsortialführenden Bank mit institutionellen Investoren. Die institutionellen Investoren geben erste Preisindikationen für die Aktie. So kann zu einem relativ frühen Zeitpunkt die Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft des Kapitalmarkts für die Aktien des Börsenkandidaten festgestellt werden (investor education, früher: pre-marketing)113. Insbesondere wenn Privatanleger auf die Börseneinführung aufmerksam gemacht und für den Kauf der Aktie gewonnen werden sollen, kann eine breit angelegte Werbe- und Imagekampagne den Börsengang unterstützen (z.B. durch Werbeanzeigen in der Presse, Werbespots, Informationsbroschüren (flyer) für Kunden, Informationen auf der Web Page).
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Die Preisspanne für die Aktien wird regelmäßig am Ende der Investor Education in einer Pressemitteilung bekannt gegeben und im Rahmen einer Pressekonferenz zusammen mit den weiteren Eckdaten der Emission und dem Prospekt vorgestellt. Hieran schließt sich unmittelbar das Bookbuilding an (vgl. Rz. 75). Gleichzeitig führt der Vorstand zusammen mit Vertretern der konsortialführenden Bank rund zwei Wochen vor der Börseneinführung und während des öffentlichen Angebots an den wichtigen nationalen und internationalen Finanzplätzen mehrere Marketingveranstaltungen vor institutionellen Investoren durch (road show)114. Dabei wird die Gesellschaft und ihr Geschäftskonzept (equity story) den Investoren im Rahmen von Präsentationen und anschließenden Fragerunden mit dem Vorstand (Q&A-sessions) unmittelbar vorgestellt. Zumindest begleitend wird immer häufiger auch eine so genannte Net Road Show durchgeführt, bei der einem eng umgrenzten institutionellen Investorenkreis die Möglichkeit eröffnet wird, sich die relevanten Roadshow-Unterlagen auf einer geschützen Website im Internet anzusehen. Mit ausgewählten Investoren werden zudem Einzelgespräche mit dem Management vereinbart (one-on-ones).
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111 Ausführlich zur Vermarktungsphase Borsche/Fröhlich in Deutsche Börse AG, Praxishandbuch Börsengang, 2006, S. 307 ff. 112 Besonders sorgfältiger Prüfung bedarf die insiderrechtliche Zulässigkeit eines Pilot Fishing, wenn die Muttergesellschaft selbst ein börsennotiertes Unternehmen ist und die Informationen über die an die Börse strebende Tochtergesellschaft Insiderinformationen über die Muttergesellschaft darstellen können. Hier kann ggf. eine frühzeitige Information über die Börsenpläne der Tochtergesellschaft in einer Ad-hoc-Mitteilung angezeigt sein. 113 Ausführlich Willamowski, Bookbuilding, S. 56 ff. 114 Vgl. Willamowski, Bookbuilding, S. 71 ff.
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§3 43
Börsengang
Anders als im anglo-amerikanischen Kapitalmarktrecht (vgl. dazu § 37)115 sind Marketingaktivitäten des Emittenten und der emissionsbegleitenden Banken im deutschen Recht erst in jüngerer Vergangenheit spezielleren gesetzlichen Regeln unterworfen worden (vgl. § 15 WpPG). Entsprechend der internationalen Kapitalmarktpraxis sehen die Beteiligten regelmäßig „Publizitäts- und Research-Richtlinien“ für die Information des Kapitalmarkts beim Börsengang vor116. Während der Vorbereitung des Börsengangs muss insbesondere sichergestellt sein, dass (i) keine Informationen verbreitet werden, die mit den Angaben im Wertpapierprospekt als dem zentralen Dokument des Börsengangs nicht übereinstimmen (vgl. § 15 Abs. 4 WpPG), (ii) Anleger in zeitlicher Nähe zur Emission in ihrer Anlageentscheidung nicht maßgeblich beeinflusst werden (vgl. § 15 Abs. 3 WpPG), (iii) alle Anlegergruppen, an die sich das Angebot richtet, gleich informiert werden (vgl. § 15 Abs. 5 Satz 2 WpPG) und (iv) die Emission nicht gegen ausländische Kapitalmarktregeln verstößt. b) Publicity Guidelines
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Die Öffentlichkeitsarbeit des Emittenten im Vorfeld eines Börsengangs und bis zu 40 Tage nach Abschluss der Platzierung (settlement/closing) wird regelmäßig in so genannten Publizitäts- oder Kommunikationsrichtlinien (publicity guidelines) gewissen Beschränkungen unterworfen. Danach sind sämtliche Veröffentlichungen nach Inhalt und Verteilerkreis zwischen der konsortialführenden Bank und dem Emittenten in einem dafür eingerichteten Komitee (clearing committee) abzustimmen. Wesentlich sind insoweit die restriktiven Regelungen des US-Rechts, die sowohl bei internationalen Börsengängen als auch bei Börsengängen ohne Privatplatzierung in den USA zum Tragen kommen (näher § 37). In beiden Fällen liegt der Schwerpunkt der Bestimmungen angesichts des im US-Recht sehr weit ausgelegten Begriffs des Angebots (offer) auf der Sicherstellung, dass die Aktien nicht im Rahmen von Werbekampagnen, Analystengesprächen, Pressemitteilungen und -konferenzen oder sonstigen Veröffentlichungen in Kommunikationsmedien jeglicher Art in den USA angeboten werden („no general solicitation or general advertising“)117. Besondere Bedeutung hat das Internet als grenzüberschreitendes Informationsmedium erlangt, das als begleitendes Informationsmedium zum Börsengang stark genutzt wird. Notwendig ist es jedenfalls, den Zielmarkt einzugrenzen (Marktortprinzip) und damit die Auslösung eines nicht beabsichtigten öffentlichen Angebots oder ein unzulässiges „Konditionieren des Marktes“ in einem anderen Staat zu verhindern. Dem dienen regelmäßig spezielle Hinweise, Haftungsausschlüsse (disclaimer) und Zugangsbeschränkungen118. 115 Vgl. Baums/Hutter in FS Ulmer, 2003, S. 779. 116 Diese Praxis fand auch Eingang in die Going-Public-Grundsätze der Deutsche Börse AG, die bis zum Inkrafttreten des WpPG am 1.7.2005 in Form der freiwilligen Selbstregulierung bestimmte Verhaltens- und Handlungsempfehlungen im Zusammenhang mit Börsengängen aussprachen; abgedruckt in NZG 2002, 513 (ursprüngliche Fassung); eingehend dazu Meyer, WM 2002, 1864; Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478; zu den am 1.8.2004 in Kraft getretenen Änderungen s. auch Schlitt, Börsen-Zeitung Nr. 158 v. 18.8.2004, S. 2. 117 Näher Greene et al., US Regulation of the International Securities and Derivatives Markets, 8th ed., § 4.03 [1][b]; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 210 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 61 ff. 118 Vgl. zum alten Recht die Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel zum Wertpapier-Verkaufspropektgesetz vom 6.9.1999, Ziff. I 2b, BAnz Nr. 177 v. 21.9.1999, S. 16180; abrufbar unter www.bafin.de; Lenz/Ritz, WM 2000, 904, 905 f.; s. auch Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 VerkProspG Rz. 25 f.
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§3
Börsengang
Auch nach deutschem Recht ist in der Öffentlichkeitsarbeit eines Börsenkandidaten maßgeblich darauf zu achten, dass nicht durch Erklärungen oder sonstige Handlungen vorzeitig ein öffentliches Angebot und damit die Pflicht zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts (§ 3 Abs. 1 WpPG) ausgelöst wird. Zwar ist auch nach der erstmaligen Definition des öffentlichen Angebots in § 2 Nr. 4 WpPG grundsätzlich anerkannt, dass „Werbemaßnahmen, Veröffentlichungen und Informationen, in denen auf die Möglichkeit zum Erwerb der Wertpapiere hingewiesen wird“, kein öffentliches Angebot i.S.v. § 2 Nr. 4 WpPG darstellen, soweit damit noch nicht die „Möglichkeit zum Kauf“ verbunden ist119. Ein öffentliches Angebot mit der Pflicht zur vorherigen Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts wird erst im Rahmen des Bookbuilding gemacht, wenn die Essentialia des Vertrags (insbesondere der Preisrahmen) mit der Aufforderung zur Abgabe von Zeichnungsangeboten veröffentlicht werden (vgl. Rz. 75)120. In inhaltlicher Hinsicht muss darauf geachtet werden, dass alle Informationen, die von der Gesellschaft veröffentlicht werden, richtig und nicht irreführend sind sowie nicht mit den Prospektangaben im Widerspruch stehen. Insoweit ist der Regelung in § 15 Abs. 3 Sätze 2 und 3 WpPG ein über die Werbeanzeigen hinausgehendes allgemeines Richtigkeits- und Konsistenzgebot zu entnehmen, das sich auch in einer zurückhaltenden Formulierung veröffentlichter Informationen niederschlagen sollte. Ganz unterlassen sollte die Gesellschaft die Veröffentlichung von Aussagen in Bezug auf Gewinnprognosen, Gewinnschätzungen etc., um zu verhindern, dass diese zusammen mit einem Bericht des unabhängigen Abschlussprüfers in den Prospekt aufgenommen werden müssen121. Unabhängig davon und unabhängig von einer bestimmten Frist, ist die Verbreitung wesentlicher Informationen, die nicht im Prospekt enthalten sind, ausgeschlossen (vgl. § 15 Abs. 4 WpPG)122. Dies soll vor allem der Gleichbehandlung der Investoren dienen, nicht aber die in Deutschland übliche Verteilung weiterer vertriebsbezogener Unterlagen beschränken, die durch prägnante Kernaussagen das Interesse des Kapitalmarktes wecken sollen (Imagebroschüren, Präsentationsunterlagen, Werbeveröffentlichungen etc.)123. Für Werbung bestehen allerdings besondere, weitergehende Vorgaben. Sie muss als
119 Begr. RegE WpPG, BT-Drucks. 85/05, S. 61; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 10. Vgl. zum alten Recht (§ 1 VerkProspG) die Bekanntmachung zum Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Fn. 118), Ziff. I 2d; Baums/Hutter in FS Ulmer, S. 779, 788 ff.; Lenz/Ritz, WM 2000, 904, 905; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 VerkProspG Rz. 8 f.; Zur – problematischen – Definition des öffentlichen Angebots in Art. 2 Abs. 1 lit. d der EU-Prospektrichtlinie Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 503. 120 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 1 VerkProspG Rz. 12. 121 Vgl. Anhang I Ziff. 13 EU-ProspektVO; näher Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258; Veil, AG 2006, 690. 122 Zur Stillhaltefrist (quiet period), die in Ziff. 5 der Going-Public-Grundsätze enthalten war, vgl. die Voraufl. § 3 Rz. 46 sowie Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 486 ff.; Meyer, WM 2002, 1864, 1872; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 258. 123 Übereinstimmend im Zusammenhang mit den Going-Public-Grundsätzen Schlitt/Smith/ Werlen, AG 2002, 478, 487; Meyer, WM 2002, 1864, 1872. Eine Erstreckung der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung auf vertriebsbezogene Werbeveröffentlichungen ist abzulehnen. So aber die Empfehlung des 64. Deutschen Juristentages 2002, NZG 2002, 1006; nach altem Recht bejahend Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 13 f.; abl. J. Hüffer, Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 1996, S. 153; Meyer, WM 2003, 1301, 1304 ff.
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§3
Börsengang
solche klar erkennbar sein (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpPG)124. Erforderlich ist außerdem, dass jede Werbeanzeige im Vorfeld des Börsengangs unabhängig von ihrer Verbreitungsform (Art. 34 EU-ProspektVO) auch einen Hinweis auf die Verfügbarkeit des Prospekts enthält (§ 15 Abs. 2 WpPG). Dabei ist anzugeben, dass ein Propekt veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger ihn erhalten können125 Das Publikum soll die Möglichkeit haben, sich vor der Anlageentscheidung umfassend zu informieren. Ein solcher Hinweis auf die Erhältlichkeit des (deutschsprachigen) Prospekts sollte indes auch in der englischsprachigen Übersetzung des gebilligten Prospekts (offering circular) nicht fehlen, die zur Platzierung der Aktien bei ausländischen institutionellen Investoren verteilt wird126. 46
Neben diesen besonderen, auf den Börsengang zugeschnittenen Regelungen unterliegen auch Börsenkandidaten dem allgemeinen Verbot der Marktmanipulation, wenn der Antrag auf Zulassung gestellt oder – hinreichend konkret – öffentlich angekündigt worden ist (§ 20a Abs. 1 Satz 3 WpHG). Gleiches gilt für die Ad-hoc-Veröffentlichungsplicht, die mit der Stellung des Antrags auf Zulassung begründet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG; s. auch Rz. 90). Danach ist die Gesellschaft verpflichtet, Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen und geeignet sind, den Börsenpreis der Aktien erheblich zu beeinflussen, unverzüglich zu veröffentlichen127. c) Research Guidelines
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Einem ähnlichen Zweck wie die Publizitäts-Richtlinien dienen die Research-Richtlinien (research guidelines), die auf Basis einer separaten Annahmeerklärung (acceptance letter) verbindliche Regelungen für die Erstellung und Verteilung von Unternehmensanalysen (research reports) der Emissionsbanken enthalten. Es entspricht in Deutschland – anders als etwa in den USA128 – allgemeiner Praxis, bereits im Rahmen des Börsengangs eine erste Unternehmensstudie zu erstellen (connected research). In diesem Research-Bericht nimmt der unabhängige Analyst der emissionsbegleitenden Bank auf Grundlage der in der Analystenpräsentation und dem üblichen Follow-up Conference Call zur Verfügung gestellten Unternehmensinformationen und insbesondere der Finanzzahlen eine Bewertung des Emittenten und der Aktien vor und gibt eine Prognose für die Entwicklung des Börsenkurses ab. Adressaten sind institutionelle Anleger129.
124 Zur Legaldefinition der Werbung s. Art. 2 Nr. 9 EU-ProspektVO. Für die „Aufsicht über Werbeanzeigen“ ist die Behörde des jeweiligen Herkunftsmitgliedstaates zuständig; kritisch Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 511; M. Weber, NZG 2004, 360, 365. 125 Diese Regelung ist klarer als die nach früherem Recht bestehende Hinweispflicht gem. § 12 VerkProspG. Danach war ein Hinweis auf die Verfügbarkeit des Prospekts lediglich in solchen, das öffentliche Angebot ankündigenden Veröffentlichungen notwendig, in denen „auf die wesentlichen Merkmale der Wertpapiere hingewiesen wird“. 126 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257. 127 Ausführlich Parmentier, NZG 2007, 407. 128 Baums/Hutter in FS Ulmer, 2003, S. 779, 787. 129 Vgl. Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 196 f. zur üblichen Begrenzung der Verteilung der Research Reports an Personen, die beruflich oder gewerblich für eigene oder fremde Rechnung Wertpapiere erwerben oder veräußern. S. aber auch Meyer, WM 2002, 1864, 1872 zur teilweise anderen Praxis in der Vergangenheit.
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§3
Börsengang
Gesetzliche Vorgaben für die „Finanzanalyse“ werden in § 34b WpHG i.V.m. der Finanzanalyseverordnung (FinAnV)130 gemacht. Danach besteht insbesondere die Verpflichtung, die Finanzanalyse mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erbringen131, Verantwortliche und mögliche Interessenkonflikte aus wechselseitigen Beteiligungen sowie begleitende oder vorbereitende Mandate der Emissionsbanken (§ 5 FinAnV) offen zu legen sowie bestimmte organisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des Analysten (§ 5a FinAnV) zu ergreifen. Entsprechend müssen die Emissionsbanken in den letzten zwölf Monaten erbrachte Dienstleistungen im Bereich Investmentbanking, bedeutende finanzielle Interessen am Emittenten und das Halten einer Beteiligung von mehr als 5 % des Grundkapitals offen legen. Nach Abschluss des Börsengangs haben die für die Erstellung von Finanzanalysen verantwortlichen Unternehmen vierteljährlich eine Übersicht über die in ihren Finanzanalysen enthaltenen Empfehlungen den für den Emittenten in den letzten zwölf Monaten erbrachten Investmentbanking-Dienstleistungen gegenüber zu stellen (§ 5 Abs. 4 Nr. 3 FinAnV). Weitergehende, gesetzlich nicht geregelte Usancen internationaler Emissionen werden in den Research-Richtlinien abgebildet132. Die Verteilung von Research Reports wird insbesondere einer zeitlichen Begrenzung unterworfen, um zu verhindern, dass Anleger in zeitlicher Nähe zur Emission in ihrer Anlageentscheidung maßgeblich beeinflusst werden. Untersagt wird die Verteilung von emissionsbegleitenden Unternehmensstudien während einer Stillhaltefrist von regelmäßig zwei Wochen vor dem öffentlichen Angebot bis zum Ablauf von 30 bzw., bei Börsengängen mit US-Privatplatzierung, 40 Kalendertagen nach dem Closing des Angebots (black-out period). Soweit eine Veröffentlichung in dem Zeitraum davor zulässig ist (restricted period), darf der Emittent nach dem allgemeinen Konsistenzgebot (§ 15 Abs. 4 WpPG) den Analysten nur solche für die Beurteilung des Emittenten oder der Aktien wesentlichen Informationen über sein Geschäft sowie seine Finanz- und Ertragslage zur Verfügung stellen, die auch im Prospekt enthalten sein werden. Der Sicherstellung der sachlichen Richtigkeit und Konsistenz mit den Prospektangaben dienen bestimmte Prüfungsprozesse unter Einbindung des Emittenten und der emissionsbegleitenden Rechtsanwaltskanzleien (review procedure). Darüber hinaus wird in den Research-Richtlinien regelmäßig die Verpflichtung vorgesehen, den Empfängern von Unternehmensanalysen (oder zumindest denen, die eine Zuteilung erhalten) auch ein Exemplar des Prospekts bzw. der englischsprachigen Übersetzung zuzusenden. Aus den zur Verfügung gestellten Informationen selbst entwickelte Erkenntnisse, Prognosen und Zukunftserwartungen des unabhängigen Analysten sind von dem Konsistenzgebot unmittelbar nicht erfasst, jedoch sollten sie als solche klar gekennzeichnet sein (outsider’s view). Hinsichtlich der Prognosen (forecasts) enhalten die internen Regularien der Investmentbanken regelmäßig Selbstbeschränkungen für den relevanten Prognosezeitraum (z.B. laufendes Geschäftsjahr plus zwei weitere Geschäftsjahre). 130 Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (Finanzanalyseverordnung – FinAnV) v. 17.12.2004, BGBl. I 2004, 3522, geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Finanzanalyseverordnung v. 20.7.2007, BGBl. I 2007, 1430; dazu auch Meyer, AG 2003, 610 und Spindler, NJW 2004, 3449, 3453 f. (zu den Neuerungen durch das AnlegerschutzverbesserungsG). 131 Research-Berichte unterliegen nicht der börsengesetzlichen Prospekthaftung; vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 25. 132 Zu den Vorgaben der „außer Kraft getretenen“ Going-Public-Grundsätze (Ziff. 6) vgl. Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 488; Meyer, WM 2002, 1864, 1872 f.
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§3
Börsengang
Grundsätzlich untersagt wird die Aufnahme von Empfehlungen (investment recommendations) ebenso wie von Preisvorstellungen (target price) oder Ertragserwartungen pro Aktie (earnings per share). Eingeschränkt ermöglicht werden aber Beschreibungen der Methoden zur Bewertung vergleichbarer Unternehmen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung (valuation discussions). Trotz dieser Einschränkungen gegenüber herkömmlichen Finanzanalysen wird den Emittenten im Rahmen des Prüfungsprozesses zum Teil nur ein Entwurf des Research Reports ohne die Bewertungsdiskussion und Zusammenfassung übermittelt (redacted research). 49
Daneben sollen die Regeln in den Research Guidelines vor allem auch verhindern, dass die Erstellung und Verteilung von Research-Berichten mit ausländischen, insbesondere anglo-amerikanischen Kapitalmarktregeln nicht in Einklang stehen (vgl. dazu § 37). Dem dienen u.a. der generelle Ausschluss der Versendung der Unternehmensanalysen in bestimmte, von der internationalen Privatplatzierung ausgeschlossene, Staaten, der Ausschluss elektronischer Verteilung von Unternehmensanalysen, zusätzliche Einschränkungen für die Verteilung der Unternehmensanalysen im Rahmen von Road Shows und an die Presse sowie entsprechende, im Research-Bericht abzudruckende Haftungsausschlüsse sowie Hinweise über die von der Verteilung ausgeschlossenen Staaten, allgemeine Weitergabe- oder Vervielfältigungsverbote, die Unabhängigkeit des Analysten von der Gesellschaft sowie den Ausschluss eines öffentlichen Angebots (legend). d) Kauf- und Halteanreize
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Zum Teil werden bestimmte Börsengänge über die begleitende Vermarktung hinaus durch konkrete anlegerorientierte Maßnahmen auf eine möglichst hohe Akzeptanz und Aufnahme bei Privatanlegern ausgerichtet. Als gängigste Kaufanreize (retail incentives) kommen beispielsweise Preisnachlässe für alle Privatkunden bzw. ein Früh- oder Spätzeichnerrabatt (early or late order discount) in Betracht. Zum Teil wird auch Alt- oder Neukunden eine bevorrechtigte Zuteilung angeboten (preferential allocation)133. Die mit einem Preisnachlass verbundene Bevorzugung der Privatanleger gegenüber institutionellen Anlegern mit dem Ziel der Beeinflussung der Aktionärsstruktur ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie dient dem Interesse der Gesellschaft an einer weitgestreuten Platzierung der Aktien und findet regelmäßig die Zustimmung des vor dem Börsengang noch geschlossenen Aktionärskreises. Damit widerspricht sie insbesondere nicht einer vermeintlichen Neutralitätspflicht des Vorstands, der sich seine Aktionäre nicht aussuchen dürfe134. Auch das Gleichbehandlungsgebot (§ 53a AktG) wird nicht verletzt, weil es nur zur Gleichbehandlung der Aktionäre verpflichtet, die bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Maßnahme Aktien besitzen.
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Alternativ zu einem Preisnachlass ist daran zu denken, den Anleger zum Halten der neu erworbenen Aktien über einen bestimmten Zeitraum (von 12–24 Monaten) 133 Bestimmte Bevorzugungskriterien wurden in der Vergangenheit aber auch von Konkurrenten und der Wettbewerbszentrale unter wettbewerbsrechtlichen Gründen angegriffen, so insbesondere die Bevorzugung von Teilnehmern an einer Internet-Umfrage; M. Weber, NJW 2000, 2061, 2068. 134 Vgl. etwa Hopt in Großkomm. AktG, § 93 Rz. 122; Hopt in FS Lutter, 2000, S. 1361, 1376; ablehnend Hüffer, AktG, § 76 Rz. 15d; Krieger in Henze/Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht, 2001, S. 289, 303 f. (sämtlich zu Übernahmekonstellationen).
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§3
Börsengang
durch eine „Treueprämie“ in Form von später gewährten Gratisaktien (bonus shares) zu bewegen. Allerdings bietet sich dies nur an, wenn der Großaktionär die Gratisaktien zur Verfügung stellt, da dieser gegenüber den Aktionären des Börsenkandidaten nicht dem Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 AktG unterliegt. Bei Ausgabe neuer Aktien durch den Emittenten wäre von den Begünstigten zumindest der geringste Ausgabebetrag zu leisten (§ 9 Abs. 1 AktG). Wenn das für die Ausgabe der Aktien erforderliche genehmigte Kapital bereits vor dem Börsengang geschaffen wurde, könnte der Hauptversammlungsbeschluss zwar nicht mehr angefochten werden; das in § 255 Abs. 2 AktG niedergelegte Verbot der Aktienausgabe zu einem unangemessenen Ausgabebetrag ist aber auch bei Ausnutzung des genehmigten Kapitals von den Organen zu beachten135.
5. Due Diligence Die vorbereitenden Maßnahmen im Rahmen eines geplanten Börsengangs werden regelmäßig von einer eingehenden Untersuchung und Analyse des Unternehmens begleitet (due diligence – vgl. eingehend § 27)136. Derartige Prüfungshandlungen erfüllen gleich mehrere Zwecke für die am Börsengang Beteiligten. Ganz grundsätzlich dient eine Due Diligence dem Zweck, Feststellungen zur Börsenreife eines Unternehmens zu treffen und in diesem Zusammenhang auch die Planzahlen zu plausibilisieren. Eine eingehende Analyse des Unternehmens ermöglicht es der konsortialführenden Bank auch, die Unternehmensbewertung für die Festlegung der Preisspanne mit den gewonnenen Erkenntnissen zu untermauern. Anhand der im Rahmen der Due Diligence erlangten Informationen kann zudem überprüft werden, ob die in dem Prospekt gemachten Angaben vollständig und richtig sind. Hiervon profitieren die Prospektverantwortlichen – der Emittent ebenso wie die Konsortialbanken – in der Weise, dass imageschädigende Feststellungen nach Abschluss der Platzierung weitgehend ausgeschlossen werden können. Dies gilt auch für die verkaufenden Aktionäre137. Den Konsortialbanken hilft eine angemessene Due Diligence darüber hinaus, eine Prospekthaftung (§§ 44, 45 BörsG) zu vermeiden. Nach § 45 Abs. 1 BörsG kann nicht aus Prospekthaftung in Anspruch genommen werden, wer nachweist, dass er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Ob sich aus diesem Verschuldensmaßstab eine Pflicht der Emissionsbanken zur Durchführung einer eingehenden Due Diligence herleiten lässt, erscheint zweifelhaft138. Jedenfalls unterstützt die Durchführung angemessener Untersuchungen einen in einem Prospekthaftungsprozess nach § 45 Abs. 1 BörsG zu führenden Entlastungsbeweis nachhaltig. 135 Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 269 f. 136 Eingehend hierzu Hötzel/Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 130 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 8 Rz. 1 ff. 137 Verkaufende Aktionäre können mangels ausdrücklicher Erklärung im Prospekt regelmäßig nicht als Prospektverantwortliche i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG qualifiziert werden; denkbar ist jedoch, in ihnen in bestimmten Konstellationen Veranlasser des Prospekts i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG zu sehen; vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 35. 138 Vgl. zum Meinungsstand Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 81; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 222 ff.
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Börsengang
Die im Rahmen einer Due Diligence durchzuführenden Untersuchungen und Analysen sollten sich auf sämtliche wertbestimmenden Faktoren des Unternehmens und seiner wesentlichen Tochtergesellschaften beziehen. Stets werden daher die wesentlichen rechtlichen Verhältnisse einer eingehenden Prüfung unterzogen (legal due diligence). Hierzu zählen neben den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen (s. dazu Rz. 4 ff., 8 ff., 60 ff.) auch die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen, öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse sowie die Patente und Lizenzen, die der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zugrunde liegen. Im Rahmen der Business oder Commercial Due Diligence wird, ausgehend von einer Betrachtung des wirtschaftlichen Umfelds und der Wettbewerbssituation, die Geschäftstätigkeit des Börsenkandidaten einer Analyse unterzogen. Hierbei kommt es im Wesentlichen darauf an, die Zukunftsaussichten der von der Gesellschaft angebotenen Waren und/oder Dienstleistungen zu bewerten. Der Plausibilitätsprüfung des Business Plans der Gesellschaft kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Die Jahresabschlussunterlagen und Zwischenberichte des laufenden Geschäftsjahres des Unternehmens, insbesondere soweit sie in den Prospekt aufzunehmen sind, sind Gegenstand einer finanziellen Unternehmensanalyse (financial due diligence). Neben den vorgenannten Prüfungshandlungen kann, je nach Geschäftstätigkeit und Risiken derselben, eine Überprüfung weiterer Faktoren zweckmäßig sein. In Betracht kommen z.B. besondere steuerliche Sachverhalte, technische Anforderungen und mögliche Umweltrisiken. Mit der Durchführung der Due Diligence-Untersuchung beauftragen die Konsortialbanken regelmäßig externe Experten wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater (vgl. auch Rz. 96). Teilweise wird die konsortialführende Bank auch selbst tätig, vor allem im Rahmen einer Business und Financial Due Diligence. Entscheidende Bedeutung in organisatorischer Hinsicht kommt der Vorbereitung des Unternehmens zu, insbesondere also der Einrichtung eines Datenraums (data room). Management und Führungskräfte der nachfolgenden Ebenen müssen zudem in ausreichendem Maße für Auskünfte zur Verfügung stehen.
III. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen 54
Die Durchführung eines Börsengangs bedarf neben der Umwandlung oder Umstrukturierung des Emittenten in eine „börsenfähige“ Aktiengesellschaft (vgl. Rz. 8 ff.) weiterer gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen. Nach der grundsätzlichen Entscheidung über die Börseneinführung sind vor allem die Kapitalerhöhung zum Börsengang durchzuführen und ggf. Vorkehrungen hinsichtlich der aktienrechtlichen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln zu treffen. Im Zusammenhang mit der Börseneinführung einer Tochtergesellschaft ergeben sich gesellschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Teilhabefragen.
1. Entscheidung über den Börsengang 55
Meistens wird die grundsätzliche Entscheidung über den Börsengang und den Beginn der notwendigen Vorbereitungsarbeiten von allen Gesellschaftern mitgetragen. In einem geschlossenen Gesellschafterkreis kann die Verständigung hierüber auch ohne förmlichen Beschluss erfolgen. Davon abgesehen sind regelmäßig vorbereitende Gesellschafter- oder Hauptversammlungsbeschlüsse erforderlich, in denen eine impli100
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zite Zustimmung zum Börsengang zu sehen ist139. Zu denken ist an den Gesellschafterbeschluss über den Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) in die Aktiengesellschaft (vgl. §§ 217, 233, 240 UmwG), den Hauptversammlungsbeschluss über die Kapitalerhöhung (§§ 182, 186 Abs. 3 AktG) bzw. die Schaffung des für die Kapitalerhöhung zum Börsengang auszunutzenden genehmigten Kapitals (§§ 202 ff. AktG)140 und gegebenenfalls den Hauptversammlungsbeschluss über notwendige Satzungsänderungen (§ 179 AktG). Das aktienrechtliche Problem, ob die grundsätzliche Entscheidung über den Börsengang in die alleinige Befugnis des Vorstands fällt oder der Mitwirkung der Hauptversammlung bedarf, hat daher häufig keine praktische Bedeutung141. Jedenfalls bei einem größeren Aktionärskreis mit u.U. divergierenden Interessen142 sollte der Vorstand die Entscheidung der Hauptversammlung gem. § 119 Abs. 2 AktG (freiwillig) einholen und sich ermächtigen lassen, die Zulassung des Grundkapitals der Gesellschaft zum Börsenhandel zu beantragen und alle weiteren zur Durchführung des Börsengangs erforderlichen Maßnahmen zu treffen143. Jedoch sind die mit dem Börsengang verbundenen Veränderungen für die Gesellschaft (insbesondere die börsen- und wertpapierhandelsrechtliche Publizität) keine „Strukturänderungen“, die einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung i.S.d. „Holzmüller“/„Gelatine“-Rechtsprechung begründen144. Daran hat auch das Gesetz zur „kleinen Aktiengesellschaft“145 nichts geändert. Durch die erweiterte kapitalmarktrechtliche „Regulierung“ wird nicht in die Vermögens- und Verwaltungsrechte der Aktionäre eingegriffen146, sondern vielmehr die Verkehrsfähigkeit ihrer Aktien gesteigert. Beim Schutz der Minderheitsaktionäre besteht auch kein wesentlicher Unterschied zwischen der börsennotierten und der privaten Aktiengesellschaft.
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Aktienrechtliche Probleme ergeben sich auch aus der gestiegenen Bedeutung der Beteiligungsfinanzierung durch Venture Capital- oder Private Equity-Investoren, die mittelfristig Wertsteigerung aus ihrem Investment durch einen Börsengang erzielen wollen. In den zugrundeliegenden Verträgen werden diesen Investoren häufig Börseneinführungsrechte eingeräumt, die ihnen die Möglichkeit eröffnen sollen, den
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139 Vgl. Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 240; Lutter in FS Zöllner, 1998, S. 363, 379; anders wohl Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 460. 140 Vgl. das Muster bei Groß in Happ, Aktienrecht, § 16.01. 141 Es ist auch nicht Sache der Zulassungsstelle, diese Frage zu entscheiden; zutr. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 25. 142 Dazu Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 240. 143 So etwa im Fall des Börsengangs der Deutsche Postbank AG, bei dem allerdings nur eine Beteiligungsgesellschaft der Deutsche Post AG die Aktien vor dem IPO hielt; vgl. den Verkaufsprospekt v. 18.6.2004, S. 4. 144 Vgl. Habersack, AG 2005, 137, 147 f.; Hopt in FS Drobnig, 1998, S. 525, 536 f.; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 52; Halasz/Kloster, ZBB 2001, 474, 479; i.E. jetzt auch Schanz, Börseneinführung, § 6 Rz. 54; a.A. Baums/Vogel in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 9.55 f.; Fuchs in Henze/Hoffmann-Becking, Gesellschaftsrecht, 2001, S. 259, 269; Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 241; Lutter in FS Zöllner, 1998, S. 363, 378 f.; Picot/Land, DB 1999, 570, 571; Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 130; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 466. 145 Gesetz v. 2.8.1994, BGBl. I 1994, 1961; dazu Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1. 146 Dies lässt sich für die in meldepflichtiger Höhe am gezeichneten Kapital oder an den Stimmrechten beteiligten Aktionäre auch nicht aus der Publizität nach EU-ProspektVO Anhang I Ziff. 18.1. herleiten.
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Börsengang bei Eintritt der Börsenreife gegenüber den anderen Gesellschaftern und der Gesellschaft durchzusetzen (demand registration right) oder jedenfalls an einem Börsengang mit der eigenen Beteiligung vorrangig teilzunehmen (piggyback right)147. Dies ist aktienrechtlich nicht zweifelsfrei. Eine Verpflichtung zur Börseneinführung wird unabhängig von der Frage, ob eine grundlegende interne Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung anzunehmen ist oder eine Leitungsentscheidung des Vorstands vorliegt (§ 76 Abs. 1 AktG), mit der Verbandsautonomie der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren sein148. Dagegen kann der Vorstand im Vorgriff auf das Emissionskonzept grundsätzlich vertraglich einen Anspruch bestimmter Aktionäre auf bevorrechtigte Teilnahme bei der Veräußerung begründen149. Auch insoweit kann er jedoch im Verhältnis zu den übrigen Aktionären weitergehenden Bindungen unterliegen. Stimmen sie der Auswahl der bevorrechtigt abgebenden Aktionäre nicht zu, zwingt der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG) bei einem für das Emissionskonzept zu großen Angebot an Platzierungsaktien, eine pro-rata-Aufteilung auf die abgabebereiten Aktionäre vorzunehmen150.
2. Kapitalerhöhung zum Börsengang 58
Da Gegenstand des Börsengangs nahezu ausnahmslos bestehende und neue Aktien sind, wird kurz vor der Handelsaufnahme eine Kapitalerhöhung durchgeführt (zur zeitlichen Abfolge vgl. Rz. 78). Dafür stehen grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung: die ordentliche Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG) oder die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital (§§ 202 ff. AktG) gegen Bareinlagen151. Beide Maßnahmen bedürfen der Beschlussfassung der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§§ 182 Abs. 1 bzw. 202 Abs. 2 AktG). Da die aus der Kapitalerhöhung entstehenden Aktien bei neuen Investoren platziert werden sollen, ist das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen (§§ 186 Abs. 3 Satz 2 bzw. 203 Abs. 2 AktG). Hierfür bedarf es eines schriftlichen Vorstandsberichts, in dem die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bzw. der Ermächtigung des Vorstands hierzu darzustellen ist (§§ 186 Abs. 4 Satz 2 bzw. 203 Abs. 1 und 2 AktG). Die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist regelmäßig anzunehmen, weil die mit dem Börsengang verbundene langfristige Erschließung des Kapitalmarkts im Gesellschaftsinteresse liegt und nur auf diese Weise Aktien geschaffen werden können, deren Platzierung der Gesellschaft einen vollen Mittelzufluss bringen und zum notwendigen Streubesitz (§ 9 BörsZulV) beitragen152. Sofern die Aktien der Gesellschaft bereits 147 Eingehend Baums/Möller in FS Buxbaum, 2000, S. 33, 79. 148 Vgl. auch Winkler, Rechtsfragen der Venture Capital-Finanzierung, 2004, S. 220 ff.; anders Baums/Möller in FS Buxbaum, 2000, S. 33, 81 f., die unter der Prämisse der Zuständigkeit der Hauptversammlung eine Selbstbindungsmöglichkeit annehmen. 149 Winkler, Rechtsfragen der Venture Capital-Finanzierung, 2004, S. 224 ff. 150 Vgl. Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 242; zust. Baums/Vogel in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 9.58; Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 136. 151 Ausführlich zu beiden Varianten Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 und § 40. 152 Vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 31. S. auch BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93 – „Deutsche Bank“, BGHZ 125, 239, 244 = AG 1994, 276 zur Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bei Erschließung neuer Börsenplätze durch die bereits börsennotierte Gesellschaft. Die glei-
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im Freiverkehr gehandelt werden und/oder sie über einen unüberschaubaren Aktionärskreis verfügt, kann es auch erforderlich oder ratsam sein, zum Börsengang eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht (ausführlich § 4) durchzuführen153. Platzierungsaktien in hinreichendem Umfang müssen dann neben der Abgabe aus dem Altbestand durch den unwiderruflichen Verzicht der Großaktionäre auf die Ausübung ihres Bezugsrechts zur Verfügung gestellt werden, während die übrigen neuen Aktien im Rahmen eines Bezugsangebots (§ 186 Abs. 2 AktG) den bestehenden Aktionären zum Bezug angeboten werden. Der Bezugspreis wird dann im Rahmen eines Bookbuildings-Verfahrens festgelegt und spätestens drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist bekannt gemacht (§ 186 Abs. 2 Satz 2 AktG)154. Da die Entscheidung über den Börsengang in aller Regel von sämtlichen Altgesellschaftern getragen wird, sind diese Beschlüsse in der Praxis weitgehend unproblematisch; die Altgesellschafter verzichten regelmäßig auf ihr Bezugsrecht und die mit dem Bezugsrechtsausschluss verbundenen formalen Anforderungen. Indes bietet die Durchführung der Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital organisatorische Vorteile, die angesichts eines ohnehin engen Zeit- und Maßnahmenplans im Vorfeld eines Börsengangs bedeutsam sein können. So kann zwar im geschlossenen Gesellschafterkreis im Rahmen einer Vollversammlung auf die Einhaltung der Einberufungsformalitäten verzichtet werden (§ 121 Abs. 6 AktG)155. Auch können der Beschluss über die ordentliche Kapitalerhöhung und seine Durchführung gemeinsam zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden (§ 188 Abs. 4 AktG). Gegenüber einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital, über die der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats entscheidet, ist die ordentliche Kapitalerhöhung aber innerhalb von maximal sechs Monaten nach Beschlussfassung der Hauptversammlung durchzuführen156. Dies kann problematisch sein, wenn der Börsengang verschoben werden muss. Im Regelfall wird zur Ausgabe neuer Aktien im Rahmen eines Börsengangs daher ein genehmigtes Kapital genutzt. Zwar wird dadurch das genehmigte Kapital, das für zukünftige Kapitalmaßnahmen zur Verfügung steht, reduziert. Jedoch sollte nach dem Börsengang ohnehin zunächst kein Eigenkapitalbedarf bestehen, und die Gesellschaft ist durch Marktschutzvereinbarungen auch entsprechend gebunden (vgl. Rz. 36). Über eine Ermächtigung zur Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital sollten die Altgesellschafter rechtzeitig beschließen.
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3. Kapitalschutzbestimmungen a) Verdeckte Sacheinlage Im Vorfeld eines Börsengangs besteht bei dem Unternehmen häufig ein hoher Finanzierungsbedarf für das weitere Wachstum, der vielfach durch Fremdmittel von Ge-
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chen Maßstäbe müssen bei einem Börsenkandidaten vor dem IPO angelegt werden. Zu eng Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 81 („nur ausnahmsweise“); Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 159; Lutter/Drygala in FS Raisch, 1996, S. 239, 243 f. Vgl. den Börsengang der CompuGroup Holding AG, Wertpapierprospekt v. 20.4.2007. Näher dazu statt anderer Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 51 ff. Dies gilt auch, wenn besondere Vorschriften zur Bekanntmachung bestehen (vgl. § 121 Abs. 4 Satz 1 AktG); Hüffer, AktG, § 121 Rz. 23. Eine zusätzliche Verzichtserklärung der Aktionäre ist entbehrlich, wird in der Praxis aber oftmals eingeholt. Vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 182 Rz. 7.
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sellschaftern oder Banken gedeckt wird. Naheliegend ist es dann, diese Fremdmittel zumindest teilweise mit dem Erlös des Emittenten aus dem Börsengang zurückzuführen157. Werden dabei auch Kreditforderungen der Emissionsbanken erfüllt, die im Rahmen der Barkapitalerhöhung die neuen Aktien zum Zwecke der Weiterplatzierung gezeichnet haben, birgt diese Vorgehensweise allerdings das Risiko einer verdeckten Sacheinlage. 61
Eine verdeckte Sacheinlage wird angenommen, wenn die strengen Sacheinlagevorschriften vermieden werden, indem der Sacheinlagevorgang in eine Geldzahlung (Bareinlage) und ein gegenläufiges, den Mittelzufluss bei der Gesellschaft wieder aufhebendes Umsatzgeschäft (Sachleistung) aufgespalten wird. Typisch sind das Hinund Herzahlen und die Verrechnung. Die genaue Erfassung des Tatbestands der verdeckten Sacheinlage ist nach wie vor streitig158. In der Regel kann aber insbesondere die Erforderlichkeit einer (konkludenten) „Abrede“ der Beteiligten offen bleiben, weil sie aufgrund eines sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Rückfluss vermutet und diese Vermutung (regelmäßig) nicht widerlegt wird159. Eine verdeckte Sacheinlage hat zur Folge, dass die Bareinlagepflicht (in Höhe des im Zeichnungsschein festgelegten Ausgabebetrags der Aktien) mangels Erfüllungswirkung der Zahlung offen und ohne Rücksicht auf bereits erbrachte Leistungen noch einmal voll zu erbringen ist (§§ 27 Abs. 3, 183 Abs. 2 AktG). Da dies regelmäßig erst in der Insolvenz der Gesellschaft entdeckt wird, erweist sich der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch des Inferenten gegen die Gesellschaft als wertlos.
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Es liegt auf der Hand, dass die uneingeschränkte Anwendung dieser Grundsätze angesichts der besonderen Situation der Emissionsbanken nicht geboten ist. Eine Privilegierung wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Emissionsbanken anerkannt, die im Rahmen einer Barkapitalerhöhung mit mittelbarem Bezugsrecht der Aktionäre (§ 186 Abs. 5 AktG) Aktien als „fremdnützige Treuhänder“ ohne wirtschaftliches Eigeninteresse zugunsten der bezugsberechtigten Aktionäre der Emittentin zeichnen160. Hier wird nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtung bei 157 Zu besonderen Problemen bei der Beendigung von stillen Beteiligungen vor dem IPO Schlitt/Beck, NZG 2001, 688; Singhof in Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, 2004, Rz. 274 ff. 158 Zu den Einzelheiten Hüffer, AktG, § 27 Rz. 10 ff.; Bayer in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 27 Rz. 49 ff., jeweils m.w.N. 159 Vgl. BGH v. 2.12.2002 – II ZR 101/02, BGHZ 153, 107, 109 f. = NZG 2003, 168. Ein sachlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Darlehensforderung bereits im Zeitpunkt der Barkapitalerhöhung bestanden hat und somit zum Gegenstand einer Sacheinlage hätte gemacht werden können. Er kann aber auch gegeben sein, wenn die Forderung erst nach der Aktienübernahme begründet wird; vgl. BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, WM 1990, 222, 226 f. Der zeitliche Zusammenhang hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls bei einem Zeitraum von mehr als neun Monaten ist er nicht mehr gegeben; BGH v. 4.3.1996 – II ZR 89/95, BGHZ 132, 133, 139. In der Praxis wird zumindest in den ersten sechs Monaten nach der Übernahme der Aktien vorsorglich von einer Tilgung/ Zinszahlung abgeraten; näher Frese, AG 2001, 15, 17. 160 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90 – „BuM III“, BGHZ 118, 83, 96 f. = AG 1992, 312; zustimmend u.a. Groß, AG 1993, 108, 115 f.; Singhof, Außenhaftung, S. 227 ff.; Timm/Schöne, ZGR 1994, 113, 114; vor der Entscheidung bereits Lutter/Gehling, WM 1989, 1445, 1447; ablehnend etwa Priester in FS Brandner, 1996, S. 97, 106 f. Zu einem anderen Ansatz – Privilegierung für („normale“) laufende Kreditgeschäfte – Frese, AG 2001, 15, 18 ff.
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der Frage, ob eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, nicht auf die Bank, sondern nur auf die Aktionäre abgestellt161. Werden daher Mittel aus der Kapitalerhöhung von der Gesellschaft zur Tilgung von Forderungen der Emissionsbanken benutzt, liegt grundsätzlich keine verdeckte Sacheinlage vor. Die Privilegierung der Emissionsbanken besteht allerdings nur insoweit, als sie ihre Rolle als technische Abwicklungsstelle wahrnehmen. Dazu zählt auch die Verwertung nicht bezogener Aktien, nicht jedoch die Wahrnehmung der Rechte aus diesen Aktien oder ihr Erwerb im Wege des „Selbsteintritts“162. Schädlich ist auch, wenn die Emissionsbank bei der Weiterveräußerung nicht bezogener Aktien die Differenz zwischen dem Ausgabebetrag und dem Emissionspreis einbehält (Mehrerlös)163. Die Reichweite dieser Privilegierung ist in verschiedener Hinsicht noch ungeklärt. Fraglich ist bei einem IPO insbesondere, ob sie auch auf eine Aktienübernahme aus einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts zu erstrecken ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass sich die vom BGH genannten Rechtfertigungsgründe für die Nichtanwendung der Grundsätze zwanglos übertragen lassen164. Die tragende Erwägung der lediglich „transitorischen Funktion“ der Emissionsbank165 als Bindeglied zwischen Emittent und Kapitalmarkt trifft auch auf die bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung uneingeschränkt zu. Dafür spricht bereits, dass der BGH die Treuhänderstellung auch dann bejaht, wenn die Altaktionäre ihr (mittelbares) Bezugsrecht nicht ausüben und die Emissionsbank die Aktien (ebenso wie eine freie Spitze) unmittelbar frei am Markt platziert166. Es wird daher nicht verlangt, dass der eigentliche Aktionär (Erwerber) im Zeitpunkt der vorübergehenden Übernahme der Aktien bereits feststeht. Die Privilegierung kann nach dieser Maßgabe bei einem IPO auch nicht davon abhängen, dass die Zeichnung erst nach Abschluss des Bookbuilding stattfindet, so dass die Banken von Anfang an mit einem Lieferanspruch der Investoren belastet sind167. Erforderlich ist lediglich, dass im Zeitpunkt der Zeichnung ex ante eine zügige Weiterplatzierung unproblematisch erschien. Eine vertragliche Absicherung verlangt der BGH für diese Einschätzung nicht. Zudem soll die Privilegierung auch erhalten bleiben, wenn die Platzierung aufgrund unvorhersehbarer Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt nicht gelungen ist und die Banken sich weiterhin um die Unterbringung der Aktien bemühen168. Schädlich kann daher nur die Aufgabe der Weiterplatzierung als dem integralen Teil des Erwerbs sein. 161 Vgl. BGH v. 5.4.1993 – II ZR 195/91 – „Co op“, BGHZ 122, 180, 186 f.; dazu Assmann/ Sethe, ZHR 158 (1994), 646. 162 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 99 = AG 1992, 312; differenzierend zur Wahrnehmung eigener Rechte Schnorbus, AG 2004, 113, 120 f. 163 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 98 = AG 1992, 312; BGH v. 19.6.1995 – II ZR 29/94 – „BuM IV“, NJW 1995, 2486. 164 Näher Frese, AG 2001, 15, 22 ff.; Schnorbus, AG 2004, 113; s. auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 62 f.; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 36; Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 75 ff.; Siebert, NZG 2006, 366, 367. 165 Pointiert Schnorbus, AG 2004, 113, 118. 166 Vgl. BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 98 = AG 1992, 312. 167 Wie hier Frese, AG 2001, 15, 23 f.; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 60; unzutreffend a.A. Hein, WM 1996, 1, 6, der insoweit auch von einer falschen Prämisse hinsichtlich der Abwicklung der Kapitalerhöhung ausgeht. 168 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96 = AG 1992, 312.
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b) Nachgründung 64
Bis vor wenigen Jahren hat auch die so genannte Nachgründung (§ 52 AktG) die unternehmerische Handlungsfreiheit der jungen, börsennotierten Aktiengesellschaften ganz erheblich eingeschränkt169. Meist sind sie schon kurz nach ihrem Entstehen darauf angewiesen, Erwerbsgeschäfte mit gesellschaftsfremden Dritten zu tätigen, für die eine 10 % ihres Grundkapitals übersteigende Gegenleistung zu erbringen ist. Die erheblichen Voraussetzungen für den wirksamen Abschluss solcher Rechtsgeschäfte mit qualifizierter Zustimmung der Hauptversammlung führten zu kaum hinnehmbaren Erschwernissen. Wurde die Bestimmung innerhalb der ersten zwei Jahre seit Gründung der Gesellschaft nicht beachtet, waren der nachgründende Vertrag und die Geschäfte zu seiner Ausführung bis zu einer etwaigen Heilung schwebend unwirksam (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 2 AktG)170. Mit der Eingrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Erwerbsgeschäfte mit Gründern und maßgeblich beteiligten Aktionären (mit einer Beteiligung von mehr als 10 % des Grundkapitals) durch das Namensaktiengesetz171 sind diese Probleme aber weitgehend beseitigt worden (§ 52 Abs. 1 AktG)172.
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Für den verbleibenden Anwendungsbereich nach wie vor von Bedeutung sind eine Reihe von Fragen, die im Rahmen der Reform nicht aufgegriffen worden sind. Kritikwürdig ist etwa, dass (kapitalmarktreife) Unternehmen dem Nachgründungsrecht unterworfen werden, die sich wirtschaftlich betrachtet nicht in einer typischen Gründungssituation befinden. Nach h.M. ist § 52 AktG gem. § 245 Abs. 2 i.V.m. § 220 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 197 UmwG auch beim Formwechsel einer GmbH oder Personengesellschaft in die Aktiengesellschaft anwendbar173. Jedenfalls bei einem Formwechsel einer GmbH, deren Kapitalaufbringungsregeln sich nicht wesentlich von denen des Aktiengesetzes unterscheiden, erscheint dies nicht sachgerecht174. Dagegen dürfte es bei der Verwendung eines AG-Mantels für den Börsengang angemessen sein, die Zwei-Jahres-Frist des § 52 AktG mit der Reaktivierung des Mantels erneut beginnen zu lassen (wirtschaftliche Neugründung)175. Überwiegend wird nach wie vor auch angenommen, dass die aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften auf Sachkapitalerhöhungen der jungen Aktiengesellschaft entsprechend anzuwenden sind176. Dies 169 170 171 172
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S. nur DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2000, 443; Werner, NZG 2000, 231. Zur Heilung ausführlich Weißhaupt, ZGR 2005, 726. Vgl. Fn. 26. Für entsprechende teleologische Reduktion zuvor bereits Binz/Freudenberg, DB 1992, 2281, 2282, 2283; weitergehend DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2000, 443, 444. Die Neufassung auch des sachlichen Anwendungsbereichs (Herausnahme des Erwerbs im Rahmen der laufenden Geschäfte, § 52 Abs. 9 AktG) fällt daneben nicht wesentlich ins Gewicht. S. nur Hüffer, AktG, § 52 Rz. 10 m.w.N.; Bayer in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 52 Rz. 8 f., jeweils m.w.N. Vgl. Martens, ZGR 1999, 548, 552 ff.; Bröcker, ZIP 1999, 1029, 1040 f. Priester, DB 2001, 467, 468; Reichert, ZGR 2001, 554, 559; Grooterhorst, NZG 2001, 145, 148; a.A. Dormann/Fromholzer, AG 2001, 242, 243; Werner, ZIP 2001, 1403. S. allgem. zur Anwendbarkeit des Gründungsrechts auf Vorratsgesellschaften BGH v. 9.12.2002 – II ZB 12/02, NZG 2003, 170; Altmeppen, NZG 2003, 145; Ihrig, BB 1988, 1197. OLG Oldenburg v. 20.6.2002 – 5 W 95/02, AG 2002, 620; Baums, Regierungskommission Corporate Governance, Rz. 195; Hüffer, AktG, § 52 Rz. 11 u. § 186 Rz. 5; Pentz in MünchKomm. AktG, § 52 Rz. 73; Grub/Fabian, AG 2002, 614, 617; Krieger in FS Claussen, 1997, S. 223, 227 f.; a.A. Bork/Stangier, AG 1984, 320, 322 f.; Mülbert, AG 2003, 136, 139 ff.; Reichert, ZGR 2001, 554, 577 ff.
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Börsengang
überzeugt nicht, weil das Schutzsystem des § 183 AktG den Wert der Sacheinlage in gleichem Maße wie die Sachkapitalgründungsvorschriften der §§ 27, 32 ff. AktG sicherstellt und auch der Schutz der (übrigen) Aktionäre vor einflussreichen Gründern und sonstigen Aktionären die Anwendung von § 52 AktG nicht rechtfertigt. Die Praxis wird sich gleichwohl vorsorglich hieran orientieren müssen.
4. Börsengang von Tochtergesellschaften Der Börsengang von Tochtergesellschaften hat als Instrument der Konzernfinanzierung und -gestaltung zunehmend an Bedeutung gewonnen177. Dem Vorstand der Muttergesellschaft wurde in Zeiten haussierender Börsen mit rasch steigenden Kursen teilweise vorgeworfen, die Aktien der Tochtergesellschaft weit unter Wert angeboten und die Aktionäre damit einer nicht unbeträchtlichen Wertverwässerung ausgesetzt zu haben. Gesellschaftsrechtlich stellen sich vor diesem Hintergrund auf der Ebene der Muttergesellschaft Fragen der Zuständigkeitsordnung und der Organpflichten (Hauptversammlung – Vorstand) sowie des Bedürfnisses für einen angemessenen Aktionärsschutz (Bezugs- oder Vorerwerbsrecht).
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a) Zuständigkeit der Hauptversammlung Umstritten ist, ob die Börseneinführung einer Tochtergesellschaft einen mitgliedschaftlich relevanten Eingriff mit der Folge einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit in der Muttergesellschaft nach Maßgabe der „Holzmüller“/„Gelatine“-Grundsätze178 darstellt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Börsengang als reine Abgabe von Aktien aus dem Bestand der Muttergesellschaft oder als Kombination einer Veräußerung von bestehenden Aktien und neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung strukturiert wird. Indessen wird man solche Veräußerungsfälle von einer Vorlagepflicht nach den „Holzmüller“/„Gelatine“-Grundsätzen mangels eines Mediatisierungseffekts in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich auszunehmen haben179. Nichts anderes kann bei der im Rahmen des Börsengangs üblichen Teilabgabe gelten, selbst wenn diese zu einem Absinken unter eine aktienrechtlich relevante Beteiligungsgrenze führt180. Auch der Schutz vor einer nachhalti177 Zu den Motiven Bruchner/Pospischil in Lutter/Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 11.5 ff.; Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 517 ff.; Hoffmann in Lutter/ Scheffler/Uwe H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, Rz. 10.4 ff. 178 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80 – „Holzmüller“, BGHZ 83, 122, 138 = AG 1982, 158; konkretisierend BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 – „Gelatine“, AG 2004, 384 = ZIP 2004, 993 m. Anm. Altmeppen; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, ZIP 2004, 1001; Bungert, BB 2004, 1345; Fleischer, NJW 2004, 2335; Fuhrmann, AG 2004, 339; Götze, NZG 2004, 585; Habersack, AG 2005, 137; Koppensteiner, Der Konzern 2004, 381; Simon, DStR 2004, 1482 u. 1528. Aus dem unübersichtlichen Schrifttum vor dem „Gelatine“-Urteil zusammenfassend Schlitt in Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl. 2007, Anh. § 173 Rz. 29 ff.; Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211; Hüffer in FS Ulmer, 2003, S. 279; zur Rechtsfolgenseite Seiler/Singhof, Der Konzern 2003, 313. 179 Klargestellt durch BGH v. 20.11.2006 – II ZR 226/05, NZG 2007, 234 = AG 2007, 203; zuvor bereits Habersack, AG 2005, 137, 145 ff.; Habersack in Emmerich/Habersack, vor § 311 AktG Rz. 43; Groß, AG 1994, 266, 271 f., 275 f.; Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 140; a.A. OLG Stuttgart v. 14.5.2003 – 20 U 31/02, AG 2003, 527, 532; Hüffer, AktG, § 119 Rz. 18a m.w.N.; Voraufl. Rz. 67 f. 180 Näher Habersack, AG 2005, 137, 147 f.
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gen Schwächung des Wertes der Beteiligung der Aktionäre der Muttergesellschaft durch grundlegende Entscheidungen des Vorstands legt eine Zustimmungspflicht nicht nahe, da die Gesellschaft eine entsprechende Gegenleistung erhält, und der Vorstand zur Vermeidung der Verschleuderung von Gesellschaftsvermögen die unten dargestellten Grundsätze zu beachten hat (Rz. 70)181. Eine Mitwirkung der Aktionäre kommt daher nur ganz ausnahmsweise in Betracht, wenn der Vorstand nach Abgabe der Beteiligung nicht mehr in der Lage ist, den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand auszufüllen bzw. die Grenze des Gesamtvermögensgeschäfts (§ 179a AktG) erreicht wird182. 68
Geboten ist ein Individualschutz der Aktionäre vor Eingriffen in ihre Mitgliedschaftsrechte und ihr darin verkörpertes Vermögensinteresse daher nur dann, wenn der Vorstand in einer den Börsengang vorbereitenden Umstrukturierung außerhalb des Umwandlungsgesetzes seine grundsätzlich gegebenen Geschäftsführungsbefugnisse übermäßig in Anspruch nimmt, d.h. wesentlich in die Rechte der Aktionäre eingreift. Maßgeblich hierfür sind die von der Rechtsprechung zuletzt herausgestellten quantitativen und qualitativen Eingriffsschwellen, wobei es auf die qualitativen Aspekte nicht mehr ankommt, wenn bereits die quantitative Schwelle klar nicht erreicht wird183. In qualitativer Hinsicht muss der Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit der Muttergesellschaft betroffen sein bzw. ihre Unternehmensstruktur von Grund auf geändert werden. In quantitativer Hinsicht muss die Maßnahme nach der Klarstellung des BGH in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft das konkrete Ausmaß im entschiedenen „Holzmüller“-Fall selbst erreichen. Danach sind 80 % der im Schrifttum anerkannten Kennzahlen (Bilanzsumme, Eigenkapital, Ergebnis vor Steuern, Unternehmenswert o.Ä.) zu erreichen184.
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Ist ausnahmsweise eine Hauptversammlungszuständigkeit anzunehmen, bedarf der Vorstand der Muttergesellschaft vor der Emission der Aktien der Tochtergesellschaft der Zustimmung der eigenen Hauptversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals185. Vorsorglich ist dann
181 A.A. Bungert, BB 2004, 1345, 1350; mit anderer Begründung Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211, 231 (Ausübung der Mitgliedschaftsrechte auch in ihrer mediatisierten Form teilweise oder ganz nicht mehr möglich). 182 Vgl. Habersack, AG 2005, 137, 145 f.; BGH v. 20.11.2006 – II ZR 226/05, NZG 2007, 234 = AG 2007, 203. 183 Vgl. BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 – „Gelatine“, AG 2004, 384, 389. 184 Übertragen auf den Börsengang müsste bei in der Voraufl. noch bejahten Zustimmungspflicht nach „Holzmüller“/„Gelatine“ nicht nur die Bedeutung der Tochtergesellschaft für den Konzern, sondern auch das Volumen der Kapitalerhöhung bzw. Anteilsabgabe „wesentlich“ sein; vgl. Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 Rz. 81; Bungert, BB 2004, 1345, 1351 m.w.N.; Schlitt in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, § 23 Rz. 140; s. auch Schlitt/Seiler, ZHR 166 (2002), 544, 558; unzutreffend a.A. Wackerbarth, AG 2002, 13, 16 ff. (Hauptversammlungsbeschluss analog § 186 Abs. 3 AktG bei erstmaliger Beteiligung Dritter an 100 %-Tochter). Praktisch waren damit Börsengänge von Tochtergesellschaften von wenigen Ausnahmen abgesehen auch nach dieser Ansicht keine zustimmungspflichtige „Holzmüller“-Maßnahmen. Unmittelbar nach Bekanntwerden des „Gelatine“-Urteils hat die TUI AG auf ihrer Hauptversammlung darauf verzichtet, einen Beschluss über die Zustimmung zum geplanten Börsengang ihrer Tochtergesellschaft Hapag Lloyd zu fassen; Handelsblatt Nr. 97 v. 19.5.2004, S. 15. 185 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02 – „Gelatine“, AG 2004, 384, 388.
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im Rahmen der Vorbereitung des Beschlusses auch von einer entsprechenden Berichtspflicht des Vorstands auszugehen186. b) Pflichten des Vorstands bei der Ermittlung des Emissionspreises Der Vorstand der Muttergesellschaft ist verpflichtet, die Preisfindung zusammen mit den emissionsbegleitenden Banken auf Grundlage eines der Marktlage angemessenen Verfahrens vorzunehmen. Aus seiner grundsätzlichen Sorgfaltspflicht (§ 93 Abs. 1 AktG) folgt, dass er Gesellschaftsvermögen nicht „verschleudern“ darf und Geschäftschancen im Gesellschaftsinteresse nach Kräften wahrnehmen muss187. Bei Verletzung dieser Pflichten droht die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz (§ 93 Abs. 2 AktG). Unter den bekannten Verfahren wird allerdings nahezu immer das Bookbuilding anzuwenden sein, das sich als das am meisten geeignete Verfahren herausgestellt hat (vgl. Rz. 75). Dabei kann der Vorstand von Rechts wegen nicht verpflichtet sein, immer nur den höchsten Emissionserlös zu erzielen, sondern muss auch auf die reibungslose Platzierung des Emissionsvolumens, die Kursstabilität und eine nachhaltig positive Kursentwicklung am Sekundärmarkt bedacht sein188. Dies gilt auch in einem haussierenden Markt, der nicht selten zu übersteigerten Kursphantasien neigt, die in einem mittelfristigen Zeithorizont vom Markt wieder korrigiert werden. Allgemein ist dem Vorstand ein breites unternehmerisches Ermessen einzuräumen (Beurteilungs- und Prognosespielraum). Bei drohenden Fehlentwicklungen kann er verpflichtet sein, korrigierend einzugreifen189. Stellt er im Rahmen des Bookbuilding etwa fest, dass die festgesetzte Preisspanne „am Markt“ nicht bestätigt wird, ist ggf. eine Erhöhung der Preisspanne erforderlich190. Umgekehrt kann er aber bei zu geringer Nachfrage auch eine Herabsetzung der Preisspanne vornehmen, solange der niedrigere Preis noch in dem skizzierten Sinne angemessen ist. Dies entspricht insgesamt dem Rechtsgedanken des § 255 Abs. 2 AktG, der für die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss die Festsetzung eines unangemessen niedrigen Ausgabebetrags untersagt. Werden im Rahmen des Börsengangs nicht nur Beteiligungsaktien der Muttergesellschaft, sondern – wie gewöhnlich – auch neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung emittiert, sollte daher die notwendige Abstimmung mit dem Vorstand der Tochtergesellschaft angesichts des vergleichbaren Pflichtenprogramms im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung nicht problematisch sein.
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c) Vorrechte der Aktionäre der Muttergesellschaft Die oben erwähnte Diskussion um eine Platzierung von Aktien der Tochtergesellschaft beim Publikum „unter Wert“ hat zu dem Vorschlag geführt, dass die Aktio186 Vgl. Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 Rz. 51; differenzierend Weißhaupt, AG 2004, 585, 588 ff.; grds. abl. Hüffer, AktG, § 119 Rz. 19 m.w.N. 187 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 528 m.w.N. Zum Maßstab des § 93 AktG im Zusammenhang mit dem Börsengang von Tochterunternehmen auch Busch/Groß, AG 2000, 503, 507; Fuchs in Hoffmann-Becking/Henze, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 259, 283; Habersack, WM 2001, 545, 549; Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211, 239. 188 Vgl. Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 533 f.; Fuchs in Hoffmann-Becking/Henze, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2001, S. 259, 280 ff. (dort auch zur qualitativen Auswahl potentieller Investoren mit einem einschätzbaren, nicht auf kurzfristige Spekulationsgewinne ausgerichteten Anlageverhalten). 189 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 538 f.; zust. Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211, 239. 190 Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 536 ff.
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näre der Muttergesellschaft durch Einräumung eines Vorrechts am Börsengang der Tochter zu beteiligen sind191. Das Grundanliegen dieser Ansicht ist, die mit der (angeblich regelmäßig) zu billigen Abgabe von Aktien der Tochtergesellschaft verbundene Vermögenseinbuße der Aktionäre der Muttergesellschaft zu verhindern. Begründet wird dies für die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaft mit einem (verlängerten) Bezugsrecht analog § 186 Abs. 1 AktG und für die bestehenden Aktien mit einem treupflichtgestützten Vorerwerbsrecht unmittelbar aus der Mitgliedschaft. Dies kann dogmatisch nicht überzeugen und kommt auch in den „Holzmüller“/„Gelatine“-Entscheidungen nicht zum Ausdruck192. Nach seinem Zweck sichert das Bezugsrecht den Aktionären die Chance, ihren Anteil an Stimmenmacht und Vermögenssubstanz bei entsprechendem zusätzlichen Kapitaleinsatz zu erhalten. Es garantiert damit nur den Besitzstand der unmittelbaren Beteiligung im Verhältnis zum gesamten Aktienkapital, jedoch keine Erhaltung einzelner, besonders wertvoller Aktiva des Gesellschaftsvermögens193. Eine Analogie zu § 186 Abs. 1 AktG scheidet damit aus. Auch aus der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Mitgliedern lassen sich zwar Schutzpflichten, nicht jedoch zusätzliche Teilhaberechte herleiten194. 72
Unabhängig von einer rechtlichen Pflicht kann es sich gleichwohl empfehlen, die Möglichkeit der bevorrechtigten Zuteilung von Aktien der Tochtergesellschaft an Aktionäre der Muttergesellschaft in Einzelfällen in Erwägung zu ziehen195. Eine solche Maßnahme kann eine nicht zu unterschätzende positive Öffentlichkeitswirkung haben. Da andererseits eine uneingeschränkte proportionale Bevorrechtigung den Erfolg der Emission gefährden könnte196, ist dies sinnvoll zu beschränken. Auch bietet es sich an, statt einer festen Zuteilungsquote197 eine nicht näher definierte Bevorrechtigung der Aktionäre der Muttergesellschaft bei der Zuteilung zu versprechen und die Höhe der bevorrechtigten Zuteilung nach Abschluss des Bookbuilding festzulegen (Begrenzung auf eine Höchstzahl von Aktien je Order) und nach Maßgabe der Zuteilungsgrundsätze198 zu veröffentlichen (vgl. auch Rz. 82).
IV. Durchführung des Börsengangs 73
Wesentliche Schritte bei der Durchführung des Börsengangs sind die Platzierung der Aktien bei dem anlagebereiten Publikum und das Börsenzulassungsverfahren. Sie bilden das Kernstück der Aktienemission. 191 Lutter, AG 2000, 342, 343 ff.; Lutter, AG 2001, 349, 350 ff. (einschränkend); für ein „Zuteilungsprivileg“ Becker/Fett, WM 2001, 549, 555 f. 192 Ablehnend etwa Busch/Groß, AG 2000, 503; Fuchs in Hoffmann-Becking/Henze, RWSForum Gesellschaftsrecht 2001, S. 259, 271 ff.; Habersack, WM 2001, 545, 546 ff., Henze in FS Ulmer, 2003, S. 211, 237 f.; Trapp/Schick, AG 2001, 381, 388 ff. 193 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 67. 194 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 5a. 195 So zuletzt beim Börsengang der CropEnergies AG, Wertpapierprospekt v. 15.9.2006, S. 30. 196 Zu praktischen Schwierigkeiten bei der Abwicklung Busch/Groß, AG 2000, 503, 509. 197 Wenn ein bestimmtes Verhältnis angegeben wird, muss sich der Vorstand vorbehalten, ein anderes Verhältnis vorzuschlagen, wenn dies im Interesse des Erfolges des Angebots geboten erscheint; vgl. Tagesordnung der Hauptversammlung der BDAG Balcke-Dürr AG im Zusammenhang mit dem IPO der Nordex AG, BAnz v. 2.2.2001. 198 „Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ der Börsensachverständigenkommission v. 7.6.2000, ZBB 2000, 287 m. Anm. Köndgen.
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1. Platzierungsverfahren Im Rahmen des Platzierungsverfahrens kommt der Ermittlung des richtigen Emissionspreises eine herausragende Bedeutung für den Erfolg des Börsengangs zu. Seinen Abschluss bilden Zeichnung und Zuteilung der Aktien durch die Konsortialbanken. Diese nehmen jedoch auch nach Notierungsaufnahme noch die bei einer erstmaligen Börseneinführung besonders wichtige Funktion der Kursstabilisierung wahr.
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a) Bestimmung der Angebotsspanne und Bookbuilding Als geeignetes Verfahren zur Ermittlung des richtigen Emissionspreises hat sich das Bookbuilding199 etabliert. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens ist darin zu sehen, dass die Investoren in den Preisfindungsprozess eingebunden werden. Dabei wird zunächst in der Pre-Marketing-Phase (investor education) eine Preisspanne für die Aktien, die Gegenstand der Emission sind, ermittelt (vgl. Rz. 41 f.). Das eigentliche Bookbuilding beginnt am Werktag nach Bekanntgabe der am Ende des PreMarketing festgesetzten Preisspanne und Veröffentlichung des gebilligten Wertpapierprospekts (s. Rz. 89). Die potentiellen Investoren werden zudem im Wege eines in der Finanzpresse veröffentlichten „Verkaufsangebots“ aufgefordert, Angebote zum Erwerb der Aktien einzureichen (so genannte Order-Taking-Phase). Die Aufforderung zur Abgabe von Kaufangeboten (§ 145 BGB) stellt zugleich das öffentliche Angebot i.S.v. § 2 Nr. 4 WpPG dar200. Beim IPO ist eine Order-Taking-Phase von sieben bis zehn Tagen üblich. Eine gesetzliche Mindestdauer für das öffentliche Angebot besteht aber nicht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 4 WpPG ist nur erforderlich, dass zwischen dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Wertpapierprospekts und dem Abschluss des Angebots eine Frist von mindestens sechs Werktagen liegen muss201. Die Aufträge können innerhalb der angegebenen Preisspanne auch limitiert werden. Sämtliche bei den Konsortialbanken eingehenden Angebote werden von diesen an die konsortialführende Bank gemeldet, die die Funktion des so genannten Bookrunner wahrnimmt. Sie werden dort im so genannten Orderbuch elektronisch gesammelt. Das Orderbuch wird unmittelbar nach Ende der Bookbuilding-Periode ausgewertet und der einheitliche Kaufpreis für die angebotenen Aktien festgelegt202. Ziel einer solchen Analyse muss es nicht ausschließlich sein, den höchsten Preis zu ermitteln, zu dem die Gesamtemission platziert werden kann. Regelmäßig werden im Rahmen der Preisfestsetzung auch andere Kriterien, etwa der Investorentyp 199 Zum Bookbuilding-Verfahren ausführlich Groß, ZHR 162 (1998), 318, 320 ff.; Hein, WM 1996, 1; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 80 ff.; Willamowski, Bookbuilding, passim. 200 Zur zivilrechtlichen Einordnung des „Verkaufsangebots“ als invitatio ad offerendum Groß, ZHR 162 (1998), 318, 323. 201 Anders die Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 85/05, S. 76; dem folgend Groß, Kapitalmarktrecht, § 14 WpPG Rz. 3. 202 Zu Möglichkeiten der Änderung des „Verkaufsangebots“ im Wege eines von der BaFin zu billigenden Nachtrags zum Prospekt (§ 16 WpPG), z.B. Änderung der Preisspanne, Verlängerung der Angebotsfrist, Reduzierung der Anzahl der angebotenen Aktien, und den zivilrechtlichen Folgen vgl. Groß, ZHR 162 (1998), 318, 325 ff. Da die Investoren bis zum Vertragsschluss nicht gebunden sind, hat das gesetzliche Widerrufsrecht aufgrund der Veröffentlichung eines Nachtrags (§ 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG) in der Regel keine eigenständige Bedeutung (s. Rz. 81). Das Verkaufsangebot bzw. der Wertpapierprospekt enthalten regelmäßig Hinweise auf die Änderungsmöglichkeit; vgl. etwa den Wertpapierprospekt der Tognum AG v. 18.6.2007, S. 38.
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und dessen Anlageorientierung, berücksichtigt (vgl. Rz. 34). Vertragliche Grundlage der Preisfestsetzung ist der Preisfestsetzungsvertrag (vgl. Rz. 99). In jüngster Zeit wurde in geeigneten Fällen ein modifiziertes Bookbuilding-Verfahren zur Preisfindung eingesetzt. Abweichend vom herkömmlichen Modell wird dabei zu Beginn des Bookbuilding noch keine Preisspanne veröffentlicht. Dies geschieht regelmäßig erst in der zweiten Hälfte oder gegen Ende der bei institutionellen Investoren durchgeführten Roadshow (decoupled bookbuilding). Die eigentliche Angebotsfrist wird hierdurch auf wenige Tage verkürzt. Dieses Verfahren soll es ermöglichen, unabhängig von einer öffentlich geführten Preisdiskussion auf Basis der im Prospekt enthaltenen Darstellungen und der Resonanz der insitutionellen Investoren auf der Roadshow eine angemessene Preisspanne zu finden, die dann als von der BaFin (nach Vorabstimmung taggleich) zu billigender Nachtrag zum Prospekt veröffentlicht wird203. Erreicht werden soll damit eine höhere Transaktionssicherheit, da auch die Kursentwicklungen von bereits börsennotierten Unternehmen, die als Vergleichsparameter für den Börsenkandidaten dienen (peer group), länger berücksichtigt werden können. Allerdings sind die Erfahrungen mit dem Verfahren unterschiedlich, zumal sich aus den Angaben zum erwarteten Nettoemissionserlös im Wertpapierprospekt (EU-ProspektVO Anhang III Ziff. 3.4. und Ziff. 8) durchaus eine Preisindikation ableiten lässt. Auch wird der anfangs noch tolerierte zusätzliche Verzicht auf die Nennung des Höchstvolumens der angebotenen Aktien von der BaFin nun abgelehnt204. 76
Anstelle der Ermittlung des Emissionspreises im Wege eines Bookbuilding-Verfahren ist es grundsätzlich denkbar, das früher übliche Festpreisverfahren205 durchzuführen. Bei diesem Verfahren werden den Anlegern die Aktien zu einem vorher festgelegten festen Preis angeboten. Dieser Preis wird im Wesentlichen auf Grundlage einer Unternehmensbewertung ermittelt; teilweise spielen auch erste, in Vorgesprächen mit Investoren gewonnene Erkenntnisse eine Rolle. Entscheidender Nachteil dieses Verfahrens ist, dass zu keinem Zeitpunkt ermittelt wird, zu welchem Preis der Markt bereit ist, die angebotenen Aktien zu erwerben. Dies birgt das Risiko von Fehleinschätzungen in sich. Vorsorglich wird daher ein Abschlag von 10–15 % festgelegt (pricing discount), der den Emissionserlös reduziert.
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Wenngleich dieses Verfahren in der Praxis von Börsengängen nahezu bedeutungslos geblieben ist206, kann der Emissionspreis schließlich auch in einem Auktionsverfah203 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 261; s. auch Braun/Krug, Börsen-Zeitung Nr. 47 v. 9.3.2005, S. 2; Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 218 v. 19.9.2006, S. 23 („Börsenkandidaten halten mit Preis hinterm Berg“). 204 Möglich ist es allerdings, die zunächst angegebene Höchstzahl der angebotenen Aktien aus der Kapitalerhöhung zum Börsengang nach Auswertung der Resonanz der institutionellen Investoren in dem Nachtrag zum Prospekt zu reduzieren und von einer außerordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft einen entsprechend niedrigeren Kapitalerhöhungsbeschluss fassen zu lassen; vgl. etwa den Wertpapierprospekt der Versatel AG v. 11.4.2007, S. 35. In diesem Zusammenhang können auch die wesentlichen Eckpunkte des Zeitplans nach Billigung und Veröffentlichung des Prospekts offen gehalten werden („frühestens am […], und spätestens am […]“). 205 Vgl. nur Groß in BuB, Rz. 10/260 f.; Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 529 f.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 72 ff. Zur Anwendung kam das Verfahren beim Börsengang der MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG im Mai 2004, vgl. den Verkaufsprospekt v. 4.5.2004, S. 11. 206 Vgl. nur den Verkaufsprospekt der Trius AG v. 6.3.2000, S. 20. Diskussionen über ein solches Verfahren gab es, nachdem die Google Inc. angekündigt hatte, bei ihrem Börsengang eine so genannte „Dutch Auction“ durchführen zu wollen. In einem solchen Verfahren
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ren207 ermittelt werden. Die Investoren benennen ohne Vorgabe einer Preisspanne ein Preislimit und die Anzahl der Aktien, die sie zu diesem Preis beziehen wollen. Ausgehend vom höchsten Gebot wird solange zugeteilt, bis sämtliche Aktien verteilt sind. Das niedrigste Gebot, das berücksichtigt wird, stellt bei diesem Verfahren den Emissionspreis dar. Damit wird die Nachfrage stärker berücksichtigt, der tendenziell hohe Verkaufspreis kann sich aber nachteilig auf die Kursstabilität im Sekundärmarkt auswirken208. b) Zeichnung und Zuteilung der Aktien Die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung zum Börsengang werden von einer oder mehreren Konsortialbanken nach Maßgabe ihrer Verpflichtungen im Übernahmevertrag gezeichnet (vgl. Rz. 98 und § 23). Es handelt sich um eine aufschiebend bedingte Verpflichtung zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages nach § 185 AktG209. Formbedürftig ist nur die Zeichnungserklärung, die nach § 185 AktG durch schriftliche Erklärung mit gesetzlich vorgegebenem Mindestinhalt (Zeichnungsschein) abzugeben ist. Dieser Zeichnungsschein210, der außer einer notwendigen Befristung keine Bedingungen enthalten darf (§ 185 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 2 AktG), wird der Gesellschaft von den zeichnenden Konsortialbanken regelmäßig erst kurz vor der geplanten Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung bei dem zuständigen Handelsregister ausgehändigt. Im Gegenzug verpflichtet sich die Gesellschaft, die Anmeldung umgehend nach der Übergabe der Zeichnungsunterlagen vorzunehmen211. Ist die erstmalige Notierungsaufnahme für einen Montag vorgesehen, wird die Durchführung der Kapitalerhöhung regelmäßig an dem vorangehenden Freitag Vormittag in das Handelsregister eingetragen, um noch am Freitag Nachmittag die Zulassung der Aktien zu erhalten und diese am Samstag rechtzeitig zu veröffentlichen (§ 52 BörsZulV)212. Um dies sicherzustellen, empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung der einzureichenden Kapitalerhöhungsdokumente und des Zeitplans mit dem zuständigen Registergericht.
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In der Praxis des Börsengangs erfolgt die Zeichnung der neuen Aktien durch die Konsortialbanken (schon aufgrund des noch nicht feststehenden Emissionspreises)
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werden die Investoren aufgefordert, verbindlich den höchsten Preis zu benennen, zu dem sie die Aktien erwerben würden. Für weitere Beispiele eines Auktionsprozesses vgl. „Der Google-Börsengang ist nicht die erste Aktienauktion“ in Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 112 v. 14.5.2004, S. 29; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 260 f. Vgl. nur Groß in BuB, Rz. 10/270 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 90 ff. Zu einem modifizierten Auktionsverfahren (Kombination der Vorteile des Bookbuilding und der Auktionierung) Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 535. Die Praxis hat dies nicht angenommen. Vgl. Fleischer, ZHR 165 (2001), 513, 532; Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 160 v. 13.7.2004, S. 21, zum Auktionsverfahren der Google Inc. mit entsprechender Warnung in der Registrierungsdokumentation für die SEC. Zum Zustandekommen des Zeichnungsvertrags Hüffer, AktG, § 185 Rz. 4. Muster für einen Zeichnungsschein finden sich bei Groß in BuB, Rz. 10/328 f. Ein Anspruch des Zeichners auf tatsächliche Durchführung der Kapitalerhöhung wird aus dem Zeichnungsvertrag indessen nicht begründet; Hüffer, AktG, § 185 Rz. 4. Zur Rückabwicklung der Zeichnung bei Eintritt einer Force Majeure Busch, WM 2001, 1277, 1278 ff. Nach diesem Zeitplan wird der endgültige Emissionspreis spätestens am Sonntag festgelegt, anschließend ad hoc (vgl. § 15 WpHG) und am Montag auch nach § 8 Abs. 1 Satz 6 in einer nach § 14 Abs. 2 WpPG zulässigen Art und Weise (regelmäßig in einer Wirtschafts- oder Tageszeitung mit bundesweiter Verbreitung) veröffentlicht.
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Börsengang
zu pari, d.h. zum Nennbetrag (Nennbetragsaktien) oder zum anteiligen Betrag des Grundkapitals (Stückaktien), § 9 Abs. 1 AktG. Im Übernahmevertrag verpflichtet sich die zeichnende Bank, die Differenz zwischen dem Emissionspreis und dem Nennbetrag bzw. anteiligen Betrag des Grundkapitals (abzüglich Provision und Kosten) mit Abschluss der Platzierung am so genannten Abrechnungstag zwei Tage nach Handelsaufnahme (closing) an die Gesellschaft abzuführen. Dieses so genannte zweistufige Verfahren bietet den Vorteil einer Begrenzung des Risikos der Banken auf den geringsten Ausgabebetrag und verhindert eine unnötige Bindung von Liquidität. Es wird nach ganz überwiegender Meinung für aktienrechtlich zulässig gehalten213 und stößt auch in der Praxis der Registergerichte auf keine bekannten Bedenken214. Die Einzahlung der Einlage wird auf einem zins- und provisionsfreien Kapitalerhöhungskonto vorgenommen, das beim Konsortialführer eingerichtet wird. Hierüber erteilt er die für die Handelsregisteranmeldung erforderliche Einzahlungsbestätigung (§§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2, 36a Abs. 1, 37 Abs. 1 AktG). 80
Der Zeichnungsschein wird regelmäßig durch die konsortialführende Bank ausgefertigt. Diesem Verfahren liegen praktische und rechtliche Aspekte zugrunde. Insbesondere bei großen Konsortien215 würde die Ausfertigung eines eigenen Zeichnungsscheins durch sämtliche Konsortialbanken angesichts des engen Zeitplans – Unterzeichnung, Übergabe an die Gesellschaft und Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung erfolgen regelmäßig innerhalb weniger Stunden – vermeidbare Risiken entstehen lassen. Andererseits gilt es, die Zeichnung des Konsortialführers „für ein unter seiner Führung stehendes Bankenkonsortium“ zu vermeiden, um eine nur teilschuldnerische Haftung der Konsortialbanken sicherzustellen (vgl. Rz. 101). Entweder zeichnet die konsortialführende Bank die neuen Aktien vollständig im eigenen Namen (und z.T. für Rechnung der anderen Konsortialbanken) oder in Höhe ihrer Konsortialquote im eigenen und im Übrigen stellvertretend für die jeweils anderen Konsortialmitglieder in Höhe der individuellen, im Zeichnungsschein anzugebenden Quote (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. Rz. 101)216. Dann entstehen isolierte Einzelverpflichtungen der Emissionsbanken insgesamt, so dass eine gesamtschuldnerische Haftung nicht in Betracht kommt. Eine Ausstellung mehrerer (Teil-)Glo213 Vgl. Wiedemann, WM 1979, 990, 991; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 32; Priester in FS Brandner, 1996, S. 97, 110 ff.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 48; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 106; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 107; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 202; anders etwa Schippel in FS Steindorff, 1990, S. 249, 255 ff. 214 Hieran vermochte auch die Entscheidung des BayObLG v. 27.2.2002 – 3 Z BR 35/02, AG 2002, 510, nichts zu ändern, die zunächst für Verunsicherung in Teilen der Praxis gesorgt hatte. Mit der Entscheidung waren dem Registergericht umfangreiche Prüfungsbefugnisse in Bezug auf ein schuldrechtlich vereinbartes Agio zugebilligt worden. Zum Unterschied zwischen korporativem Aufgeld und schuldrechtlich vereinbarter Zuzahlungspflicht vgl. Becker, NZG 2003, 510; Hermanns, ZIP 2003, 788; Schorling/Vogel, AG 2003, 86. Damit kann auch vereinbart werden, zunächst nur ein Viertel des Nennbetrags oder anteiligen Betrags des Grundkapitals einzuzahlen (§ 36a Abs. 1 AktG). 215 Bei dem Börsengang der Deutsche Postbank AG bestand das Konsortium ausweislich des Verkaufsprospekts v. 18.6.2004 – außer der selbst nicht zur Zeichnung zugelassenen Emittentin – aus nicht weniger als 20 Emissionsbanken. 216 Vgl. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 205; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9 310; Singhof, Außenhaftung, S. 234 ff. Zur unbestrittenen Zulässigkeit der Stellvertretung bei der Zeichnung Hüffer, AktG, § 185 Rz. 5; Lutter in KölnKomm. AktG, § 185 Rz. 12.
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Börsengang
balurkunden ist hierfür wegen des rein deklaratorischen Charakters der Verbriefung der Aktien nicht erforderlich217. Eine stellvertretende Zeichnung kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn auf die durch die Konsortialmitglieder gezeichneten Aktien anteilig jeweils weniger als 3 % der Stimmrechte entfallen und hierdurch eine Stimmrechtsmitteilung nach § 21 Abs. 1a WpHG vermieden werden kann218. Nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung sowie Schließung des Orderbuchs und Preisfestlegung erhalten die Mitglieder des Konsortiums über die konsortialführende Bank die ihrer Quote219 entsprechende Anzahl an Aktien und erwerben zunächst das Eigentum an diesen220. Diese Aktien sind zur Bedienung des durch die jeweilige Konsortialbank vermittelten Bezugs bestimmt und werden den Investoren zum vereinbarten Zeitpunkt zugeteilt. Mit der Zuteilung der Aktien kommt ein Kaufvertrag zwischen dem Investor, der die Aktien geordert hat, und der Konsortialbank zustande (vgl. Rz. 104)221. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Anleger daher auch die Möglichkeit, seinen Auftrag zum Erwerb von Aktien aus der Emission zu widerrufen oder abzuändern (§ 145 letzter Halbs. BGB)222; mit Zuteilung ist er jedoch an den Erwerb der Aktien gebunden223. Eine gesetzliche Widerrufsmöglichkeit besteht aber u.U. auch noch nach Vertragsschluss, wenn kurz vor Ende der Angebotsfrist ein von der Bafin gebilligter Nachtrag zum Prospekt (§ 16 WpPG) veröffentlicht worden ist (s. auch Rz. 88). Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG können die Investoren, die vor der Veröffentlichung des Nachtrags eine auf den Erwerb oder die Zeichnung 217 Singhof, Außenhaftung, S. 234 f.; unzutreffend Timm/Schöne, ZGR 1994, 113, 142 f.; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 82. 218 Eine solche Stimmrechtsmitteilung besitzt einen zweifelhaften Informationswert und ist zumindest erklärungsbedürftig, um Missverständnisse über eine länger angelegte Beteiligung des Konsortialführers zu vermeiden. Nach der Reform der §§ 21 ff. WpHG durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz wird sich bei Erreichen bzw. Überschreiten der relevanten Meldeschwellen zum Zeitpunkt der Erstzulassung eine Mitteilung jedenfalls dann nicht vermeiden lassen, wenn zwischen der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung und dem Settlement mehr als drei Handelstage liegen und die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 2 Nr. 1 WpHG daher nicht genutzt werden kann. Nach derzeitiger Ansicht der BaFin kommt die Ausnahme für Emissionsbanken generell nicht in Betracht. Die nach alter Rechtslage stets angewendete Ausnahme für Aktien, die sich im Handelsbestand des Kreditinstituts befinden, wurde im Zuge der Reform auf 5 % der Stimmrechte beschränkt, § 23 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz – TUG) v. 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10; zu den Auswirkungen des TUG auf Aktienemissionen ausführlich Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227. 219 Die Zuteilungsquote, über die der Konsortialführer am Ende der Bookbuilding-Periode auf Grundlage der von der jeweiligen Konsortialbank vermittelten Investorennachfrage entscheidet, kann von der der Konsortialbank im Rahmen der Einladung mitgeteilten Underwriting-Quote abweichen; vgl. Groß in BuB, Rz. 10/263a und 10/321d. 220 Hinsichtlich der Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre wird zum Teil auch ein Zwischenerwerb der Emissionsbanken ausgeschlossen und diesen nur Verfügungsbefugnis (§ 185 BGB) erteilt. Das Eigentum an den Aktien wird dann im Rahmen der Belieferung unmittelbar von den Altaktionären auf die Investoren übertragen. 221 Vgl. hierzu Groß in BuB, Rz. 10/266 f.; Schanz, Börseneinführung, § 10 Rz. 100 f.; jeweils m.w.N. 222 S. auch Hein, WM 1996, 1, 4. 223 Zu dem im „Verkaufsangebot“ regelmäßig veröffentlichten Rücktrittsrecht der Emissionsbanken bis zur effektiven Belieferung (force majeure) Busch, WM 2001, 1277, 1280.
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der Wertpapiere gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, innerhalb von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags widerrufen, sofern noch keine Erfüllung eingetreten ist. Die Belieferung und Abrechnung (closing) wird zwei Tage nach Notierungsaufnahme vorgenommen. 82
Bei Zuteilung der Aktien durch die Konsortialbanken werden die von der Börsensachverständigenkommission herausgegebenen Zuteilungsgrundsätze weithin beachtet224. Sie enthalten Empfehlungen für das Zuteilungsverfahren bei Aktienemissionen, die ein öffentliches Angebot von Aktien an Privatanleger zum Inhalt haben. Ziel ist es, Transparenz über das Zuteilungsverfahren herzustellen. In den Grundsätzen wird allerdings klargestellt, dass mit ihnen kein Eingriff in die Freiheit des Emittenten verbunden sein soll, in eigenem Ermessen die Anlegergruppen zu bestimmen, bei denen die Emission platziert werden soll225. Konsequent enthalten die Zuteilungsgrundsätze daher im Wesentlichen Veröffentlichungspflichten des Emittenten, denen er durch entsprechende Angaben im Verkaufsangebot oder, soweit es um die Bekanntgabe nach Zuteilung geht, in einer Presseveröffentlichung sowie auf seiner Internet-Homepage nachkommen muss (Art. 3 und 4). Zeitlich sind diese Veröffentlichungspflichten in solche, die vor Beginn der Angebotsfrist (Art. 3), und solche, die nach dem Abschluss der Zuteilung (Art. 4) zu erfüllen sind, aufgeteilt. Dabei sind insbesondere die folgenden Angaben über das Zuteilungsverfahren zu machen: Das im Falle einer Überzeichnung vorgesehene Zuteilungsverfahren226; der prozentuale Anteil der Emission, der für ein Friends & Family-Programm reserviert ist bzw. zugeteilt wurde; Aussagen darüber, ob und ggf. in welchem Umfang Organmitglieder und deren Angehörige an der Emission teilnehmen dürfen bzw. auf diesen Personenkreis zugeteilt wurde; das für die Zuteilung an Privatanleger angewendete Verfahren und die Ausübung des Greenshoe. Sofern, was üblich ist, vor dem Beginn der Angebotsfrist noch keine Vereinbarungen zwischen Emittent und Konsortialführer über das Zuteilungsverfahren getroffen worden sind, ist auch diese Tatsache bekannt zu machen. c) Kursstabilisierung; Greenshoe
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In der Folge eines Börsengangs kann es zu erheblichen Schwankungen des Börsenkurses der neu emittierten Aktie kommen. Nicht selten versuchen Anleger die kurz zuvor erworbenen Aktien wieder zu veräußern, um auf diese Weise von einem Anstieg des Börsenkurses zu profitieren. Das Angebot kann also vorübergehend die Nachfrage erheblich übersteigen; deutliche Kursverluste bis hin zu einem Kurseinbruch drohen. Derartige Kursschwankungen haben ihre Ursache weder in der wirtschaftlichen Situation des Emittenten noch sind sie Ergebnis einer „gesunden“ 224 Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium für Finanzen (Hrsg.), Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger v. 7.6.2000, ZBB 2000, 287 m. Anm. Köndgen; hierzu eingehend Schuster/Rudolf in Kümpel/Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, Kennz. 240; Brandner/Bergmann in FS Peltzer, 2001, S. 17; Willamowski, WM 2001, 653, 662 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.36 ff. 225 Zum (nicht bestehenden) Recht auf Zuteilung Brandner/Bergmann in FS Peltzer, 2001, S. 17, 19. 226 In Betracht kommen nach Art. 12 die folgenden Zuteilungsverfahren oder eine Kombination hieraus: Losverfahren, Zuteilung nach Ordergröße, Zuteilung anhand einer bestimmten Quote, Zuteilung nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Kaufangebots oder Auswahl nach anderen sachgerechten Kriterien.
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Marktentwicklung. Daher war bereits in der Vergangenheit anerkannt, dass entsprechend internationaler Marktpraxis die Konsortialbanken in einem bestimmten Zeitraum ab Notierungsaufnahme Maßnahmen einleiten dürfen, um drohendem Kursausschlägen entgegenzuwirken227. Die Zulässigkeit solcher Stabilisierungsmaßnahmen durch ein oder mehrere Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Stabilisierungsmanager (vgl. näher § 34) wurde 2003 in der Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV)228 erstmals ausdrücklich bestätigt229. Nach Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie in deutsches Recht durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)230 ist die Verordnung über Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen („EU-StabilisierungsVO“) unmittelbar geltendes Recht (vgl. § 20a Abs. 3 WpHG)231. Die Marktmanipulations-Konkretisierungs-Verordnung (MaKonV)232, die die KuMaKV abgelöst hat, beschränkt sich entsprechend darauf, deklaratorisch auf die EU-StabilisierungsVO zu verweisen (§ 5 MaKonV). Neben den allgemein zulässigen Stabilisierungsmaßnahmen (vgl. Art. 2 Nr. 7 EUStabilisierungsVO) erhalten Mehrzuteilung und Greenshoe „als ergänzende Kursstabilisierungsmaßnahmen“ (Art. 2 Nr. 12–14 EU-StabilisierungsVO) einen ausdrücklichen „Safe Harbour“. Danach stellt eine Mehrzuteilung („Überzeichnung“ – overallotment facility) dann keinen Verstoß gegen das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation dar, wenn diese durch eine Greenshoe-Vereinbarung, die zum Erwerb ausstattungsgleicher Aktien vom Emittenten oder Altaktionären berechtigt, abgesichert ist. Den Emissionsbanken wird dafür im Übernahmevertrag das Recht eingeräumt, innerhalb der „Zeichnungsfrist“ eine größere Zahl von Aktien an Anleger zum Emissionspreis zu verkaufen, als es dem Basis-Platzierungsvolumen entspricht (Art. 11 lit. a EU-StabilisierungsVO). Die hierfür erforderlichen Aktien stammen aus einem Wertpapierdarlehen (§ 607 BGB) von Altaktionären. Sinkt der Aktienkurs nach Zuteilung unter den Emissionspreis, kaufen die Emissionsbanken innerhalb von 30 Kalendertagen nach Notierungsaufnahme Aktien im Markt zurück (Art. 8 Abs. 2 EU-StabilisierungsVO), um das Wertpapierdarlehen zurückzuführen. Für den Fall, dass eine Stabilisierung aufgrund eines steigenden Aktienkurses nicht erforderlich ist, lassen sich die Emissionsbanken vorzugswürdig von den Aktionären eine Kaufoption zum Emissionspreis einräumen (greenshoe option). Alternativ kann diese Option vom Emittenten durch eine Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital
227 Vgl. Bosch in BuB, Rz. 10/342; Koller in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 31 Rz. 71; Schäfer, WM 1999, 1345; Schwark in FS Kümpel, 2001, S. 484, 493 ff. 228 Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV) v. 18.11.2003, BGBl. I 2003, 2300. 229 Vgl. dazu Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 309 ff.; Meyer, AG 2004, 289; Pfüller/Anders, WM 2003, 2445; M. Weber, NZG 2004, 23; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2050 ff. (zur Entwurfsfassung). 230 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes v. 28.10.2004, BGBl. I 2004, 2630. 231 Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 v. 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG („Marktmissbrauchsrichtlinie“) v. 28.1.2003 – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen, ABl. EG L 336 v. 23.12.2003, S. 33; vgl. Meyer, AG 2004, 289, 294 ff.; Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 309 ff.; Groß in GS Bosch, 2006, S. 49. 232 Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung – MaKonV) v. 1.3.2005, BGBl. I 2005, 515.
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gewährt werden233. Der für die Ausübung der Greenshoe-Option vorgesehene Zeitraum muss sich mit dem Stabilisierungszeitraum decken (Art. 11 lit. e EU-StabilisierungsVO). Die Absicherung einer Mehrzuteilung durch die Greenshoe-Option darf 15 % des ursprünglichen Angebots nicht überschreiten (Art. 11 lit. d EU-StabilisierungsVO). Auf die Mehrzuteilungsoption, die Greenshoe-Vereinbarung sowie deren Bedingungen ist im Wertpapierprospekt hinzuweisen (Art. 9 lit. e EU-StabilisierungsVO und Anhang III Ziff. 5.2.5. EU-ProspektVO). Unverzüglich nach Ausübung der Greenshoe-Option ist die Öffentlichkeit in allen angemessenen Einzelheiten zu unterrichten, insbesondere über den Zeitpunkt der Ausübung und die Zahl der Aktien (vgl. Art. 11 lit. f EU-StabilisierungsVO). Hierzu bietet sich eine Veröffentlichung in einer Wirtschafts- oder Tageszeitung mit bundesweiter Verbreitung sowie ggf. eine Bekanntgabe auf der Homepage des Emittenten im Internet an (vgl. aber die weitergehenden Anforderungen an eine „angemessene Bekanntgabe“ nach Art. 2 Nr. 5 StabilisierungsVO)234. Die Meldung von Kursstabilisierungsmaßnahmen – hier also insbesondere der Rückkauf von Aktien im Markt – ist innerhalb einer Woche nach Ablauf des Stabilisierungszeitraums in angemessener Weise bekannt zu geben (Art. 9 Abs. 3 EU-StabilisierungsVO). Üblicherweise werden beide Mitteilungen miteinander verbunden. 85
Ungedeckte Mehrzuteilungen (naked shorts) werden – anders als bisher – in Höhe von bis zu 5 % des ursprünglichen Angebots gem. Art. 11 lit. b EU-StabilisierungsVO ausdrücklich gestattet. Damit gilt für Mehrzuteilungen eine Obergrenze von insgesamt 20 % des ursprünglichen Angebots. Trotz des damit bei Rückkäufen im Markt für die Emissionsbanken verbundenen Verlustpotentials sind Naked Shorts auch zu einem festen Bestandteil deutscher Börsengänge geworden.
2. Börsenzulassungsverfahren und Notierungsaufnahme a) Markteinführungspublizität 86
Zentrales Informationsdokument im Rahmen der Börseneinführung und wesentliche Voraussetzung für die Zulassung der Aktien ist der Wertpapierprospekt (§ 5 WpPG)235. Er ist immer dann zu veröffentlichen, wenn Aktien öffentlich angeboten 233 Gewisse Unsicherheiten waren insoweit durch das Urteil des Kammergerichts v. 22.8.2001 – 23 U 6712/99, AG 2002, 243 verursacht worden. Das Gericht hatte den Beschluss über eine genehmigte Kapitalerhöhung zum Zwecke der Bedienung einer Greenshoe-Option wegen eines Verstoßes gegen § 255 Abs. 2 AktG für nichtig erklärt. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Börsenkurs bei Ausnutzung des Greenshoe über dem Emissionskurs lag, so dass der Beschluss nach Ansicht des Gerichts dem Vorstand eine gesetzwidrige Ausgabe von Aktien zu unangemessen niedrigen Preisen ermöglichte. Die Entscheidung ist zu Recht auf einhellige Kritik in der Literatur gestoßen; vgl. Busch, AG 2002, 230; Groß, ZIP 2002, 160; Meyer, WM 2002, 1106; Schanz, BKR 2002, 439. Von der Zulässigkeit ging auch § 12 Abs. 1 KuMaKV aus. Mittlerweile hat das Kammergericht diese Auffassung in dem Anfechtungsprozess über den Bestätigungsbeschluss des ursprünglich angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses aufgegeben; vgl. KG v. 16.11.2006 – 23 U 55/03, ZIP 2007, 1660. 234 Regelmäßig enthalten die Wertpapierprospekte einen Hinweis auf den Veröffentlichungsort; s. etwa den Wertpapierprospekt der Homag Group AG v. 5.7.2007, S. 37 f. 235 Nach altem Recht waren streng genommen zwei Prospekte zu veröffentlichen, ein Verkaufsprospekt und ein Börsenzulassungsprospekt (bzw. Unternehmensbericht für die Zulassung zum geregelten Markt), vgl. Voraufl. Rz. 86; zu den Anforderungen an den einheit-
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Börsengang
werden und nicht zum Handel einer inländischen Börse zugelassen sind (§ 3 Abs. 1 WpPG). Der Prospekt muss über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen und zuzulassenden Aktien wesentlich sind, Auskunft geben und richtig und vollständig sein. Die zur Beurteilung des Emittenten und der angebotenen Aktien notwendigen Angaben müssen dabei in leicht analysierbarer und verständlicher Form in dem Prospekt enthalten sein (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Welche Angaben hierfür notwendig sind, wird in § 5 WpPG, der EU-ProspektVO (Anhänge I und III) sowie den verbliebenen §§ 1–12 BörsZulV geregelt (vgl. ausführlich § 30 Rz. 11 ff.). Außerdem sind die ergänzenden Empfehlungen des CESR für eine europaweit konsistente Umsetzung der EU-ProspektVO zu berücksichtigen, die erheblichen Einfluss auf die Verwaltungspraxis haben236. Wesentliche Bestandteile des Prospekts sind neben den Einzelheiten des Angebotes die Angaben über die Personen, die für den Inhalt des Prospekts die Verantwortung übernehmen, die Risikofaktoren, bestimmte allgemeine Angaben über die Aktien und den Emittenten, das Kapital, die Geschäftstätigkeit und die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten (operating and financial review), seine Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane sowie den jüngsten Geschäftsgang und die Geschäftsaussichten (Trendinformationen). Neben den geprüften historischen Finanzinformationen grundsätzlich für die letzten drei Geschäftsjahre (EU-ProspektVO Anhang I Ziff. 20.1., 20.3.–20.5.) und ggf. den Zwischenfinanzinformationen für das laufende Geschäftsjahr (EU-ProspektVO Anhang I Ziff. 20.6.) müssen Pro-Forma-Finanzinformationen in den Prospekt aufgenommen werden, wenn es infolge einer Unternehmenstransaktion, deren Auswirkungen noch nicht in den historischen Finanzangaben abgebildet sind, zu einer bedeutenden Brutto-Veränderung der Verhältnissses des Emittenten gekommen ist (vgl. EU-ProspektVO Anhang I Ziff. 20.2., Anhang II)237. Relevant werden kann für Börsenkandidaten auch die Aufnahme zusätzlicher Prospektangaben (insbesondere einer Beschreibung des Geschäftsplans), wenn sie ihr Geschäft seit weniger als drei Jahren betreiben (start ups)238.
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Der Aufbau des Wertpapierprospekts ist weitestgehend freigestellt (Art. 25 Abs. 3 EU-ProspektVO); lediglich Inhaltsverzeichnis, Zusammenfassung und Risikofaktoren müssen den übrigen Angaben vorangestellt werden (Art. 25 Abs. 1 und 2 EUProspektVO)239. In der Zusammenfassung müssen kurz und allgemein verständlich die wesentlichen Merkmale und Risiken des Emittenten und der angebotenen Aktien genannt werden (§ 5 Abs. 2 WpPG). Die Zusammenfassung darf jedoch nur als Einführung zu dem Prospekt verstanden werden, worauf ausdrücklich hinzuweisen ist (s. auch Rz. 105). Der Prospekt ist vom Emittenten und den Konsortialbanken als Zulassungsantragsteller zu unterzeichnen (§ 5 Abs. 3 WpPG i.V.m. § 32 Abs. 2 BörsG). Wenn zwischen der Billigung des Prospekts und der Notierungsaufnahme
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lichen Wertpapierprospekt Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 251 ff.; s. auch Kunold/Schlitt, BB 2004, 501; M. Weber, NZG 2004, 360. CESR’s recommendations for the consistent implementation of the Euopean Commission’s Regulation on Prospectuses no. 809/2004, no. CESR/05–054b, February 2005. Näher zu den Anforderungen an Finanzinformationen in Wertpapierprospekten Meyer, Accounting 2006, 11; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 253 f. Vgl. CESR/05–054b, S. 33; dazu auch Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 254. Die Abweichungen von der in den Anhängen der EU-ProspektVO vorgegebenen Reihenfolge sind der BaFin in einer Überkreuz-Checkliste kenntlich zu machen.
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bzw. dem Ende des öffentlichen Angebots eine wesentliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts festgestellt wird oder ein wichtiger neuer Umstand eintritt, ist ein von der BaFin gebilligter Nachtrag zum Prospekt nach Maßgabe von § 14 WpPG zu veröffentlichen (§ 16 WpPG, vgl. auch Rz. 81)240. 89
Die Veröffentlichung des Prospekts für die Zulassung zum regulierten Markt darf erst erfolgen, wenn dieser gebilligt wurde (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Sofern der Emittent seinen Sitz in Deutschland hat, liegt die Zuständigkeit für die Billigung bei der BaFin (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG)241. Sie entscheidet hierüber nach Abschluss einer Vollständigkeitsprüfung des Prospekts einschließlich einer Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen. Die Billigungsfrist im Rahmen eines IPO beträgt 20 Werktage (§ 13 Abs. 2 Satz 2 WpPG). Nach Ablauf der Frist tritt jedoch keine Billigungsfiktion ein242. In der Praxis wird stets ein „mehrstufiges Prüfungsverfahren“ durchgeführt, in dem der Prospekt häufig bereits zweimal zur Prüfung eingereicht wird, um die Billigung nach Berücksichtigung der Kommentare der BaFin zügig zu erhalten243. Da bei Durchführung eines BookbuildingVerfahrens der Emissionspreis erst nach dem die Prospektpflicht auslösenden öffentlichen Angebot festgelegt wird, enthält der zu billigende Prospekt lediglich die Preisspanne (zum decoupled bookbuilding s. auch Rz. 75) und den gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis, auf welche Weise der Emissionspreis ermittelt wird (§ 8 Abs. 1 Satz 1 WpPG). Nach seiner Billigung ist der Prospekt bei der BaFin zu hinterlegen und unverzüglich, spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WpPG; zur Veröffentlichung des vom Gesetz nicht verlangten „Verkaufsangebots“ s. bereits Rz. 75). Nach der Praxis der BaFin muss zwischen dem Tag der Veröffentlichung des Prospekts und dem Beginn des öffentlichen Angebots kein Werktag verstreichen244. Da nach § 14 Abs. 2 WpPG auch die Veröffentlichung des Prospekts auf der Internetseite des Emittenten zu den erlaubten Veröffentlichungsarten gehört, kann der Prospekt bereits am Tag der Billigung veröffentlicht werden und das öffentliche Angebot am darauf folgenden Tag beginnen245. Daneben wird der Prospekt regelmäßig auch im Wege der Schalterpublizität durch Bereithaltung bei dem Emittenten und den Konsortialbanken veröffentlicht. In einer Hinweisbekanntmachung, die in einer oder mehreren Wirtschafts- oder Tageszeitungen mit weiter Verbreitung in den Staaten des öffentlichen 240 Näher Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 256. Der Nachtrag ist innerhalb von höchstens sieben Werktagen nach Eingang bei der BaFin zu billigen (§ 16 Abs. 1 Satz 3 WpPG). 241 Diese Zuständigkeit hat die BaFin mit Inkrafttreten des WpPG von den Börsenzulassungsstellen übernommen, die nach altem Recht für die Billigung der Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekte im Rahmen von Börsengängen zuständig waren. Hat der Emittent seinen Sitz in einem anderen Land des EWR, ist die dortige Heimatbehörde für die Billigung des Prospekts unabhängig davon zuständig, in welchen Ländern des EWR die Aktien öffentlich angeboten oder zum Börsenhandel zugelassen werden sollen. Zur Notifizierung s. Rz. 29. 242 So noch § 8a Abs. 1, 2. Alt. VerkProspG a.F. 243 Der Zeitplan sollte unter Berücksichtigung der Zeiten für die ersten beiden Einreichungen und die Einarbeitung der erhaltenen Kommentare frühzeitig mit der BaFin abgestimmt werden. Vgl. auch das Muster für den Billigungsantrag bei Groß in Happ, Aktienrecht, § 16.02 lit b. 244 Dies entspricht der Praxis der Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse nach altem Recht. 245 S. hierzu auch Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 84.
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Angebots zu veröffentlichen ist, ist dem Publikum mitzuteilen, wie der Prospekt veröffentlicht worden ist und wo er erhältlich ist (§ 14 Abs. 3 Satz 2 WpPG). Sie erscheint regelmäßig am ersten Tag der Order-Taking-Phase (Rz. 75). Der Emissionspreis wird unverzüglich nach Festlegung ad hoc (§ 15 WpHG) und zusammen mit dem Emissionsvolumen in einer nach § 14 Abs. 2 WpPG zulässigen Art und Weise (§ 8 Abs. 1 Satz 6 WpPG) bekannt gemacht. Anders als bei einer Veränderung der Preisspanne246 bedarf die Veröffentlichung des Emissionspreises damit keines zu billigenden Nachtrags zum Prospekt nach § 16 WpPG. b) Zulassungsantrag; notwendige Veröffentlichungen Bevor die Aktien des Emittenten an der Börse gehandelt werden können, bedürfen sie der Zulassung (vgl. zum Börsenzulassungsverfahren näher § 31). Sollen die Aktien zum Börsenhandel im regulierten Markt zugelassen werden, ist der Zulassungsantrag vom Emittenten zusammen mit einem Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder einem nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder § 53b Abs. 1 Satz 1 KWG tätigen Unternehmen zu stellen247. Das Institut oder Unternehmen muss an einer inländischen Wertpapierbörse mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sein und ein haftendes Eigenkapital im Gegenwert von mindestens 730 000 Euro nachweisen (§ 32 Abs. 2 BörsG). Der Zulassungsantrag bedarf der Schriftform. Er muss Firma und Sitz der Antragsteller sowie Art und Betrag der zuzulassenden Wertpapiere angeben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BörsZulV). Dem Zulassungsantrag ist ein nach den Vorschriften des WpPG gebilligter Prospekt beizufügen (§ 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG, § 48 Abs. 2 Satz 1 BörsZulV). Darüber hinaus sind auf Verlangen weitere Dokumente, insbesondere ein Handelsregisterauszug, die Satzung sowie Nachweise über die der Emission zugrunde liegenden Beschlüsse, d.h. Hauptversammlungsprotokolle, Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse, vorzulegen248. Eine Veröffentlichung des Zulassungsantrags im (elektronischen) Bundesanzeiger oder einem Börsenpflichtblatt ist nicht mehr erforderlich249. Sollen die Aktien nicht nur im jeweiligen Standard-Segment (General Standard), sondern im Teilbereich mit weiteren Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) zugelassen werden, können beide Anträge gemeinsam gestellt werden250. In beiden Fällen entscheidet die Geschäftsführung der Börse über die Anträge (§ 32 Abs. 1 BörsG). Die Zulassung darf frühestens an dem auf das Datum der Einreichung des Zulassungsantrags folgenden Handelstag erfolgen. Die Einführung der Aktien (Aufnahme der Notierung im regulierten Markt) ist frühestens an dem auf die erste Veröffentlichung des Prospekts folgenden Werk246 Kritisch zur diesbezüglichen Nachtragspflicht bei einer Abweichung von weniger als 20 % Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 261. 247 Vgl. das Muster bei Groß in Happ, Aktienrecht, § 16.02 lit. c. 248 Vgl. die Aufzählung in § 48 Abs. 2 Satz 2 BörsZulV. In der Regel werden die dort genannten Dokumente unaufgefordert mit dem Zulassungsantrag eingereicht. 249 Vgl. noch § 49 BörsZulV a.F. vor Inkrafttreten des FRUG. Das Erfordernis, auch ein überregionales Börsenpflichtblatt zu benennen, in dem der Antrag veröffentlicht werden soll, war bereits mit der Umstellung auf den elektronischen Bundesanzeiger entfallen; vgl. Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006, BGBl. I 2006, 2553; s. hierzu Seibert/Decker, DB 2006, 2446; Liebscher/Scharff, NJW 2006, 3745. 250 Zur Neusegmentierung der Frankfurter Wertpapierbörse und deren Auswirkungen auf die Börsenzulassung vgl. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, S. 3; Schlitt, AG 2003, 57.
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tag möglich (§ 52 BörsZulV). In der Praxis des Börsengangs stellt dies kein Problem dar. Nach Stellung des Zulassungsantrags ist der Börsenkandidat grundsätzlich verpflichtet, Insiderinformationen ad hoc zu veröffentlichen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Dies befremdete nach alter Rechtslage für die Börsenzulassung, da dadurch u.U. schon vor der Veröffentlichung des Prospekts eine Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht begründet wurde, obwohl doch mit der im Prospekt enthaltenen umfassenden Unternehmensdarstellung erstmalig Marktpublizität hergestellt werden sollte und sich erst mit Bekanntgabe der Preisspanne erste „Graumarktkurse“ bilden251. Da es nunmehr jedoch regelmäßig genügt, die offizielle Stellung des Antrags auf Zulassung (§ 48 BörsZulV) erst am Tag der Billigung des Wertpapierprospekts durch die BaFin vorzunehmen, beginnt die Ad-hoc-Publizitätspflicht regelmäßig mit Veröffentlichung des Wertpapierprospekts und tritt somit neben die Nachtragspflicht (§ 16 WpPG)252.
V. Maßgebliche Rechtsbeziehungen 91
Im Rahmen des Börsengangs gehen Emittent, abgebende Altaktionäre, emissionsbegleitende Banken und Anleger verschiedene, komplexe Rechtsbeziehungen ein.
1. Emittent, abgebende Aktionäre und Emissionsbanken 92
Im Verhältnis zwischen dem Emittenten, den abgebenden Aktionären und den Emissionsbanken sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung des Börsengangs sowie die Verteilung des Emissions- und Haftungsrisikos zu regeln. Maßgebend sind dafür zwei verschiedene Vertragswerke.
93
Die Übernahme und Platzierung der Aktien durch die Emissionsbanken bildet dabei den Abschluss des mehrmonatigen Börseneinführungsprozesses. Es entspricht zudem allgemeiner Praxis, den Übernahmevertrag mit sämtlichen emissionsbegleitenden Banken unmittelbar vor oder sogar erst gegen Ende des Bookbuilding, jedoch in jedem Fall vor Zeichnung der Aktien und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung abzuschließen (vgl. Rz. 98). Die Regelungen für die Zusammenarbeit während der Emissionsvorbereitung sind daher Gegenstand einer Mandatsvereinbarung zwischen dem Emittenten, den abgebenden Aktionären und der konsortialführenden Emissionsbank, die den Börsengang von Beginn an begleitet (letter of engagement). Eine Verpflichtung zum Abschluss des Übernahmevertrages ist mit der Mandatsvereinbarung nicht verbunden.
251 Dieses Risiko bestand nach altem Recht, da der Zulassungsantrag zur Begründung der Zuständigkeit der Börsenzulassungsstelle schon mit der Einreichung des Prospekts zur Billigung zu stellen war (§ 6 VerkProspG a.F. i.V.m. § 30 Abs. 4 Satz 2 BörsG a.F.); s. dazu Voraufl. Rz. 90; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 262; vgl. auch Wieneke, NZG 2005, 109, 114. 252 Näher Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 256, 262; Parmentier, NZG 2007, 407, 413 ff.
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a) Mandatsvereinbarung Die Mandatsvereinbarung253 wird als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) mit Aufnahme der Vorbereitung des Börsengangs abgeschlossen, um das Gesamtprojekt auf eine gesicherte rechtliche Grundlage zu stellen. Die Beteiligung des Emittenten ist selbst dann erforderlich, wenn die Aktienemission im Rahmen des IPO ausnahmsweise nur aus dem Bestand der Altaktionäre dargestellt wird. Denn jedenfalls die damit verbundene Börsenzulassung der Aktien im regulierten Markt bedarf grundsätzlich der Mitwirkung der Gesellschaft (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG), und die Erstellung des Wertpapierprospekts ist angesichts der detaillierten Anforderungen an seinen Inhalt (s. Anhänge I und III der EU-ProspektVO) ohne Unterstützung der Gesellschaft nicht möglich. Die abgebenden Aktionäre, die im Zuge des Börsengangs im Rahmen der Haupttranche oder aufgrund der den Emissionsbanken für den Greenshoe gewährten Kaufoption Aktien verkaufen (vgl. Rz. 83), werden regelmäßig Vertragspartner sowohl der Mandatsvereinbarung als auch des Übernahme- und Preisfestsetzungsvertrags (vgl. Rz. 98 f.)254. Aus Sicht der Emissionsbanken ist es auch von Vorteil, wenn die unternehmerisch beteiligten Aktionäre selbst dann vertraglich in den Börsengang eingebunden werden, wenn sie ausnahmsweise keine Abgabe von Aktien planen. Gleiches gilt unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten für die Einbindung von Gesellschaftern einer Beteiligungsgesellschaft, die unmittelbar die Aktien an dem Emittenten hält.
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Umfang und Detaillierungsgrad der Mandatsvereinbarungen sind unterschiedlich; u.U. genügt es – ähnlich der früher üblichen „Offerte“ – die Mandatierung der Bank sowie Provisionen und Kostentragung festzulegen. Regelmäßig werden die konkreten Aufgaben und Dienstleistungen der (konsortialführenden) Emissionsbank beschrieben. Dies sind u.a. die umfassende Beratung im Zusammenhang mit der Strukturierung des Gesamtprojekts und dem Emissionskonzept, die Erstellung der Equity Story, die Begleitung der Vermarktung einschließlich der Koordinierung der Research-Aktivitäten und der Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Durchführung der Road Show, die Unterstützung des Emittenten bei der Erstellung des Wertpapierprospekts sowie i.d.R. des englischsprachigen Prospekts (offering circular), die Mitwirkung bei der Preisfindung für die Aktien, die Durchführung des Angebots und die gemeinsame Betreibung des Börsenzulassungsverfahrens.
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Wesentlich ist außerdem die Verantwortung des Emittenten für die Erstellung des Prospekts und seine diesbezüglichen weiteren Informations- und Mitwirkungspflichten. Er ist verpflichtet, die Informationen, die die Emissionsbanken für die Due Diligence und die Unterstützung bei der Erstellung des Prospekts für erforderlich halten, zur Verfügung zu stellen. Angesichts des späten Abschlusses des Übernahmevertrags bietet es sich an, in die Mandatsvereinbarung vorgreifend grundsätzliche Prinzipien aufzunehmen, die im Übernahmevertrag ausführlicher geregelt, aber bei der Verhandlung nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden sollen. Zu denken ist vor allem an die ausschließliche Verantwortung des Emittenten für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts im Verhältnis zu den Emissions-
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253 Vgl. auch Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 71 ff.; Schanz, Börseneinführung, § 9 Rz. 19 ff. 254 Die a.A. von Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 61 entspricht nicht der Praxis.
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banken und ihre entsprechende Haftungsfreistellung255. Von den Rechtsanwälten des Emittenten und der Emissionsbanken wird die Erstellung von Rechtsgutachten zu den rechtlichen Verhältnissen der Gesellschaft und deren Darstellung im Prospekt (legal opinions) und von Bestätigungen, dass die Ergebnisse der Untersuchungen im Prospekt angemessen wiedergegeben werden (disclosure letters), erwartet (vgl. eingehend § 29). Der Abschlussprüfer des Emittenten gibt eine Bestätigung über die im Finanzteil des Prospekts enthaltenen Finanzangaben ab (comfort letter; vgl. eingehend § 28). 97
Als Gegenleistung wird von den Emissionsbanken regelmäßig eine wenige Prozentpunkte des Emissionsbetrags umfassende Provision ausbedungen. Teilweise wird vorgegeben, dass diese Gesamtprovision unter den Emissionsbanken in einem bestimmten Verhältnis auf die Bestandteile Verkaufsprovision (selling fee – Vergütung der tatsächlichen Verkäufe), Übernahmeprovision (underwriting fee – Vergütung des Übernahmerisikos) und Managementprovision (management fee – Vergütung der Transaktionsvorbereitung) zu verteilen ist256. Üblich ist es, darüber hinaus eine so genannte Incentive Fee zu vereinbaren, deren Zahlung im Ermessen des Emittenten bzw. der abgebenden Aktionäre liegt. Sie soll geleistet werden, wenn diese mit der Abwicklung des Börsengangs zufrieden waren. Außerdem erhalten die Banken nach Maßgabe der jeweiligen Vereinbarungen Ersatz ihrer Aufwendungen (§ 670 BGB). Für den Fall, dass es vor Abschluss des Übernahmevertrags zu einem marktbedingten oder sonst begründeten Abbruch des Börsengangs kommt, werden auch die diesbezüglichen Folgen in der Mandatsvereinbarung geregelt (z.B. Kostenerstattung; Aufwandsentschädigung – break-up fee). b) Übernahmevertrag
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Ungeachtet seines in der zeitlichen Abfolge des Börsengangs späten Abschlusses enthält der Übernahmevertrag (underwriting agreement) die wesentlichen, auch über den abgeschlossenen Börsengang fortwirkenden Vereinbarungen zwischen dem Emittenten und dem Emissionskonsortium (vgl. eingehend § 23)257. Namensgebend sind die Hauptleistungspflichten der Emissionsbanken bzw. des Emissionskonsortiums, die für das übliche Einheitskonsortium (vgl. Rz. 25) darin bestehen, die Emission zu übernehmen, zu platzieren und zu bezahlen. Hinsichtlich der neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung des Emittenten übernehmen die Emissionsbanken die schuldrechtliche Verpflichtung, unter bestimmten, im Übernahmevertrag näher aufgeführten (aufschiebenden) Bedingungen eine formgebundene Zeichnungserklärung (§ 185 AktG) abzugeben, die auf die erstmalige Begründung einer Mitgliedschaft zielt. Nach seiner Rechtsqualität ist der Übernahmevertrag daher ein eigenständiger 255 Nach Bedarf können aber auch weitere Bestimmungen dieser Art, z.B. über den Marktschutz (Rz. 36 ff.) und die Stabilisierung nach Preisfestsetzung (Rz. 83 ff.), hinzutreten. 256 Regelmäßig wird eine solche Aufteilung zusätzlich mit einer Vorabzuweisung eines bestimmten Teils der Managementprovision an die Konsortialführer verbunden, da sie die (Haupt-)Last der Vorbereitung des Börsengangs tragen (praecipuum). Unabhängig davon, dass die Konsortialführer die Nachfrage häufig nahezu alleine generieren, findet sich teilweise auch eine Begrenzung ihres Anteils an der Verkaufsprovision in den Vereinbarungen (z.B. auf 80 %). Um den einfachen Konsortialmitgliedern einen Anreiz für eigene Vertriebsbemühungen zu geben, sollte die Begrenzung dann jedenfalls aufstockbar sein (soft cap). 257 Vgl. dazu auch Fredebeil, Aktienemissionen, S. 143 ff.; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 94 ff.; Singhof, Außenhaftung, S. 45 ff.
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Verpflichtungsvertrag zum Abschluss eines korporationsrechtlichen Beitrittsvertrags (Zeichnungsvertrag; vgl. Rz. 78)258. Hinsichtlich der Übernahme der alten, bereits existierenden Aktien der abgebenden Aktionäre zur Weiterveräußerung im eigenen Namen handelt es sich um einen Rechtskauf (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB)259. In beiden Fällen werden die Aktien unter Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung sowie des Gesamthandseigentums der Emissionsbanken übernommen260. Außerdem erwarten die Banken, dass die Gesellschaft und die abgebenden Aktionäre umfangreiche verschuldensunabhängige Gewährleistungen (representations and warranties) und Verpflichtungen (undertakings) eingehen und sie von der (Prospekt-)Haftung freistellen (indemnification). Ergänzt wird die Übernahme durch Elemente einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung nach §§ 675, 611 BGB261, insbesondere da die Emissionsbanken sich z.B. verpflichten, die Aktien zu platzieren und gemeinsam mit dem Emittenten das Verfahren zur Börsenzulassung zu betreiben262. Damit enthält der Übernahmevertrag unterschiedliche vertragstypische Elemente (Vertrag sui generis)263. Der notwendige Abschluss des Übernahmevertrags vor Zeichnung der Aktien und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung und das Bedürfnis, die Preisfestsetzung so nahe wie möglich an die Aufnahme des Börsenhandels zu legen, bringt es mit sich, dass die Vereinbarung über den Emissionspreis in einen kurzen Preisfestsetzungsvertrag (pricing agreement) ausgelagert wird, der (mit Ausnahme der konkreten Zahl) als ausverhandelter Entwurf dem Übernahmevertrag als Anhang beigefügt ist. Eine Verpflichtung zum Abschluss des Preisfestsetzungsvertrags ergibt sich aus dem Übernahmevertrag nicht. Erst mit Preisfestsetzung kommt es zum eigentlichen Hard Underwriting der Emissionsbanken264.
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2. Emissionskonsortium Die rechtliche Grundlage für die unter den Emissionsbanken bestehenden Beziehungen bildet der Konsortialvertrag (agreement among underwriters; vgl. eingehend § 26). Das hierdurch entstehende Emissionskonsortium ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB)265. Dies gilt unabhängig davon, dass die Vertragsgestaltung 258 Zum Verhältnis von Übernahme- und Zeichnungsvertrag Singhof, Außenhaftung, S. 60 f. und 173 ff. Die Pflichten der Banken stehen insgesamt unter dem Vorbehalt des Nichteintritts bestimmter nachteiliger Ereignisse bei der Gesellschaft (material adverse change) oder allgemein in den wirtschaftlichen oder politischen Verhältnissen (force majeure); eingehend Busch, WM 2001, 1277. 259 S. nur Groß in BuB, Rz. 10/290; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9 245. 260 Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit Timm/Schöne, ZGR 1994, 113, 122 ff. und eingehend Singhof, Außenhaftung, S. 169 ff. 261 Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2244; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 181, 190; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9 245; Singhof, Außenhaftung, S. 61. 262 Die Erlangung der Börsenzulassung wird nicht als Erfolg geschuldet; wie hier Groß in BuB, Rz. 10/307; a.A. nur Schücking in MünchHdb. GbR, § 32 Rz. 88. 263 Vgl. zu den Regelungsbereichen im Einzelnen § 23 sowie Technau, AG 1998, 445; Groß in BuB, Rz. 10/308e ff.; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 61 ff. 264 Zutreffend Busch, WM 2001, 1277. 265 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 99 = AG 1992, 312; Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2248; Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 49; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 28; Singhof, Außenhaftung, S. 63 ff. m.w.N.; Westermann, AG 1967, 285, 291; zweifelnd nur Groß in BuB, Rz. 10/37; Grundmann in FS Boujong, 1996, S. 159; 164 f.; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 184.
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eine bemerkenswerte Abstimmung auf das durchzuführende Einzelgeschäft aufweist und so stark vom normativen Bild der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelöst worden ist, dass man sie schon als „gesellschaftsrechtliche Typendehnung“266 bezeichnet hat. Entscheidend ist, dass die unabdingbaren Tatbestandsmerkmale der Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Gesellschaftszweck und der diesbezüglichen Förderungspflicht bereits in § 705 BGB genannt sind267. Gesellschaftszweck ist die Übernahme und Platzierung der Aktien268. Regelmäßig tritt das Emissionskonsortium auch nach außen auf (Außenkonsortium)269. 101
Für die Rechtsposition der Konsortialmitglieder entscheidend sind die vertragliche Ausgestaltung der Alleingeschäftsführung (und -vertretung270) durch den Konsortialführer, die Pflichten- und Risikoverteilung unter den Emissionskonsorten, die Vermögensordnung (kein Gesamthandsvermögen; weitgehender Ausschluss derGewinn- und Verlustbeteiligung) und Haftungsverteilung (quotal) sowie die Beendigung des Emissionskonsortiums (vgl. ausführlich § 26)271. Der darüber hinaus teilweise aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis übernommene ausdrückliche Ausschluss der Qualifizierung des Emissionskonsortiums als Gesellschaft („no partnership“) im Konsortialvertrag erscheint zweifelhaft und trägt auch bei eventuellen Vertragslücken nichts zur Verbesserung der Rechtslage der Emissionsbanken bei272. Die zur Optimierung des Emissionsgeschäfts ausgenutzte vertragliche Gestaltungsfreiheit ist im BGB vorgegeben und widerspricht nicht der gesellschaftsrechtlichen Qualifizierung. Entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung273 kann auch eine Teilschuldabrede (pro rata-Haftung der Banken entsprechend ihrer Beteiligungs- bzw. Underwriting-Quote) wirksam getroffen werden und verstößt nicht gegen § 185 Abs. 3 AktG oder die aktienrechtlichen Kapitalschutzvorschriften274. Eine zwingende gesamtschuldnerische Haftung kommt nur nach § 69 Abs. 2 AktG in Betracht, wenn das Bankenkonsortium als Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst Zeichner der Aktien ist275. Die Zeichnung des Konsortialführers „für ein unter 266 267 268 269
275
Westermann, AG 1967, 285; Singhof, Außenhaftung, S. 72 ff. Vgl. Singhof, Außenhaftung, S. 88 ff. Timm/Schöne, ZGR 1994, 113, 117 ff.; Singhof, Außenhaftung, S. 67 ff. Groß in BuB, Rz. 10/321b; s. aber auch Singhof, Außenhaftung, S. 242 f. zu den regelmäßig geringen außenbezogenen Aktivitäten des Konsortiums. Meistens ist insoweit keine „organschaftliche“ Vertretung des Konsortiums vorgesehen, sondern es werden rechtsgeschäftliche Einzelvollmachten zum Abschluss des Übernahmevertrags etc. erteilt. Zur Vermeidung der Beschränkungen des § 181 BGB werden insoweit häufig nicht der Konsortialführer selbst, sondern dessen Mitarbeiter bevollmächtigt. Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.298 ff.; Singhof, Außenhaftung, S. 87 ff., 155 ff. (Folgen des Ausfalls eines Konsorten). Vgl. Singhof, Außenhaftung, S. 75 f. Angesichts der komplexen individuellen Ausgestaltung ist eine Vertragslücke nicht durch den Rückgriff auf das dispositive Gesetzesrecht, sondern durch eine auf den objektivierten mutmaßlichen Willen der Vertragschließenden abstellende, ergänzende Vertragsauslegung zu schließen; speziell für das Personengesellschaftsrecht BGH v. 24.9.1984 – II ZR 256/83, NJW 1985, 192, 193; vgl. auch allg. Heinrichs in Palandt, BGB, § 157 Rz. 5 f. Davon ist bei Emissionskonsortien auch ohne die Negierung des Gesellschaftsverhältnisses auszugehen; a.A. Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 86. BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 99 ff. = AG 1992, 312. Eingehend dazu Singhof, Außenhaftung, S. 169 ff.; ablehnend auch Groß, AG 1993, 108, 116 ff.; Timm/Schöne, ZGR 1994, 113. Vgl. Singhof, Außenhaftung, S. 196 ff.
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seiner Führung stehendes Bankenkonsortium“ wird in der Praxis aber nach dem Urteil des BGH vermieden (vgl. Rz. 80). Nach der zeitlichen Abfolge lädt die konsortialführende Bank die übrigen Konsortialmitglieder erst dann in einem ausführlichen Einladungsschreiben (invitation telex) und/oder einem Informationsmemorandum (syndicate briefing book) ein, sich an dem Emissionskonsortium zu beteiligen, wenn die wesentlichen Vorbereitungshandlungen für den Börsengang und Geschäftsführungshandlungen für das noch zu bildende Emissionskonsortium bereits abgeschlossen sind276. Die Emissionsbanken können ihre Teilnahme auf der Grundlage des fertigen Emissionskonzepts, Prospekts und des ausverhandelten Übernahmevertrags nach Maßgabe des beigefügten Konsortialvertrags in einer vorgegebenen Einverständniserklärung (acceptance letter) zusagen oder aber ablehnen277. Für die Unterzeichnung von Konsortialvertrag sowie Übernahme- und Preisfestsetzungsvertrag wird mit dem Einladungsschreiben vom Konsortialführer eine besondere Vollmacht eingeholt. Das Emissionskonsortium wird somit regelmäßig erst sehr spät gebildet.
102
Beraten indessen mehrere Emissionsbanken (Konsortialführer) den Emittenten während der mehrmonatigen Vorbereitungsphase, sind sie bereits zuvor als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden. Rechtsgrundlage für die gesellschaftsrechtliche Verbindung während dieser Zeit ist regelmäßig eine gemeinsame Absichtserklärung (memorandum of understanding), in der die Grundsätze für das Zusammenwirken bei der Beratung des Emittenten sowie Investor Education, Marketing und Roadshow, Bookbuilding, Preisfindung und Allokation an Investoren u. Ä. niedergelegt sind. Auch ohne entsprechende Vereinbarung kann ein Gesellschaftsvertrag zwischen den Konsortialführern durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Die Bildung des Konsortiums mit allen Emissionsbanken zur Platzierung ist in diesem Fall jedoch nicht als Beitritt zu einer bereits bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter Mitübernahme bestehender Verbindlichkeiten278 zu sehen.
103
3. Rechtsbeziehungen zu den Anlegern Unmittelbare kaufvertragliche oder sonstige vorvertragliche Rechtsbeziehungen der Anleger entstehen nur mit den Banken, die ihnen die emittierten Aktien veräußern279. Dies können zum Emissionskonsortium gehörende Banken oder Drittbanken sein. Nur zwischen der jeweiligen Bank und dem Anleger kommt ein Kaufvertrag zustande. Die veräußernde Bank muss dabei die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG beachten280. Aus anderen Rechtsgründen, insbesondere aus dem Übernahmevertrag, werden das Emissionskonsortium bzw. die 276 Bei den entsprechenden Verhandlungen muss der Konsortialführer schon die Interessen der späteren Konsortialmitglieder wahrnehmen. Umgekehrt haften diese jedoch mangels eines Zurechnungsgrundes nicht für mögliche vorvertragliche Sorgfaltspflichtverletzungen des Konsortialführers; vgl. Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 47, 55. 277 Vgl. Singhof, Außenhaftung, S. 86 ff. 278 S. dazu BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, NZG 2003, 577. 279 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 587, 597; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 181, 192. 280 S. auch Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 42 f. Dieser Abschnitt des WpHG wurde erst jüngst, mit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) umfangreich reformiert.
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(anderen) Emissionsbanken den Anlegern nicht verpflichtet281. Auch haben die Anleger keinen Anspruch auf gleichmäßige Behandlung ihrer Kaufangebote. Allenfalls müssen die einzelnen Emissionsbanken dafür Sorge tragen, dass die Zuteilung nach sachlichen Kriterien erfolgt (vgl. bereits Rz. 81 f.). Mit dem Erwerb der Aktien wird der Anleger an dem Emittenten als Aktionär beteiligt. Seine korporative Rechtsposition bestimmt sich zukünftig nach Aktiengesetz und Satzung des Emittenten. Dem sind keine schuldrechtlichen Beziehungen im Zuge der bezugsrechtsfreien Emission vorgelagert282. Da die veräußernden Banken die übernommenen Aktien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung veräußern, kommen auch zwischen den abgebenden Altaktionären und den Anlegern keine vertraglichen Rechtsbeziehungen zustande. 105
Kommt es zur Prospekthaftung gem. §§ 44, 45 BörsG, entsteht zwischen den Prospektverantwortlichen als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB) und den Anlegern ein gesetzliches Schuldverhältnis (s. ausführlich zur Prospekthaftung § 33). Prospektverantwortliche für den Wertpapierprospekt sind neben dem Emittenten die sonstigen Unterzeichner des Prospekts sowie diejenigen, die gem. Anhang III Ziff. 1.1. EU-ProspektVO als für den Inhalt des Prospekts Verantwortliche aufgeführt werden. Für den regulierten Markt ist die Unterzeichnung des Wertpapierprospekts durch die Emissionsbanken als Zulassungsantragsteller zwingend vorgeschrieben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 WpPG i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG). Die Prospekthaftung kann auch die abgebenden Altaktionäre treffen, da sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Börsengang haben und damit der der Erlass des Prospekts auch von ihnen ausgeht (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG). An dem Haftungsregime hat sich auch durch die Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie und den damit einhergehenden Reformen des Börsengesetzes nichts geändert. Die EU-Prospektrichtlinie enthält in Art. 6 nur die allgemeine Vorgabe, dass die Mitgliedstaaten „zumindest“ die Anwendung von zivilrechtlichen Haftungsregeln auf Prospekthaftungsfälle sicherstellen283. Neu eingeführt wurde lediglich eine beschränkte Haftung für die Zusammenfassung des Prospekts (§ 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG). Diese Haftung dürfte jedoch kaum relevant werden, da sie voraussetzt, dass die Zusammenfassung irreführend, unrichtig oder widersprüchlich ist, wenn sie zusammen mit den anderen Teilen des Prospekts gelesen wird.
281 Anderes ergibt sich nur bei der Bezugsrechtsemission, bei der der Übernahmevertrag als Vertrag zu Rechten der bezugsberechtigten Aktionäre (§ 328 BGB) ausgestaltet sein muss; statt anderer Singhof, Außenhaftung, S. 61 ff. 282 Hopt, Verantwortlichkeit, Rz. 41. 283 Vgl. Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 511.
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Anhang: Zeitplan 106
Datum
Maßnahme
T–120
n Kick-off Meeting
T–119
n Ggf. Umstrukturierung der Emittentin n Beginn Due Diligence/Prospekterstellung
T–70
n Pilot Fishing (in geeigneten Fällen)
T–45
n Analystenpräsentation n 1. Prospekteinreichung bei der BaFin
T–25
n n n n
T–24
n Beginn Research Black-out n Beginn Investor Education
T–21
n Hauptversammlung
T–11
n 3. Prospekteinreichung bei der BaFin (endgültige Fassung)
2. Prospekteinreichung bei der BaFin Verteilung Research Reports Pressemitteilung („Intention to float“) Versand Syndicate Briefing Memorandum an Konsortialbanken
T–10
n Ende Investor Education/„Feedback Presentation“ für Emittentin
T–9
n Festlegung und Bekanntgabe Preisspanne (Ad-hoc-Meldung/Pressemitteilung)
T–8
n Unterzeichnung Übernahmevertrag/Konsortialvertrag (s. auch unten T–1) n Stellung Zulassungsantrag bei der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) n Prospektbilligung durch BaFin n Abgabe Legal Opinions/Disclosure Letters/Comfort Letter n Veröffentlichung des Prospekts auf der Homepage der Emittentin
T–7
n n n n
T–2
n Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse über Ausnutzung des genehmigten Kapitals
T–1
n Abgabe Legal Opinions (ggf. Disclosure Letters/Bring-Down Comfort Letter) (ggf. hier Unterzeichnung Übernahmevertrag/Konsortialvertrag) n Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (vormittags) n Ende Roadshow/Bookbuilding – Preisfestsetzung und Zuteilung n Unterzeichnung Preisfestsetzungsvertrag n Ad-hoc-Meldung über den Emissionspreis n Börsenzulassung der Aktien durch FWB (nachmittags)
T
n Notierungsaufnahme
T+2
n Abgabe Legal Opinions/Disclosure Letters/Bring-Down Comfort Letter n Settlement
Veröffentlichung von Verkaufsangebot/Hinweisbekanntmachung IPO-Pressekonferenz (vormittags) Beginn Management Roadshow Beginn Bookbuilding
T+30
n Ende Stabilisierungszeitraum/Ausübungsfrist Greenshoe
T+42
n Ende Research Black-out Periode
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§4 Bezugsrechtsemissionen Achim Herfs I. Allgemein 1. Gründe für Bezugsrechtsemissionen 2. Formen von Bezugsrechtsemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordentliche Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital . . . . b) Direkte Platzierung oder mittelbare Platzierung . . . . . . . . . . c) Kombination mit bezugsrechtsfreier Tranche . . . . . . . . . . . d) Festpreisemission oder Bookbuilding . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ablauf einer Bezugsrechtsemission a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitliche Abfolge . . . . . . . . . II. Bezugsrecht der Aktionäre 1. Bedeutung des Bezugsrechts . . . . 2. Inhalt des Bezugsrechts . . . . . . . a) Bezugsrecht und Bedingungen der Kapitalerhöhung . . . . . . . b) Gattungsbezugsrecht . . . . . . . c) Konzerndimensionales Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bezugsberechtigte a) Eigene Aktien . . . . . . . . . . . b) Aktien mit Sicherungsrechten . c) Aktien im Depot . . . . . . . . . d) American Depository Receipts (ADRs) . . . . . . . . . . . . . . . 4. Entstehen des Bezugsrechts . . . . . 5. Einschränkungen des Bezugsrechts a) Übertragbarkeit . . . . . . . . . . b) Faktische Erschwerungen . . . . c) Ausschluss von Aktionären aus bestimmten Jurisdiktionen . . . 6. Nachbezugsrecht . . . . . . . . . . . 7. Ausübung von Bezugsrechten gegen Erbringung einer Sacheinlage . . . .
1 7 8 9 11 13 16 17 24 26 27 28 30 31 32 33 34 35 36 38 39 40 42
III. Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . 1. Beschlussinhalt . . . . . . . . . . . . a) Erhöhungsbetrag . . . . . . . . . b) Art der auszugebenden Aktien . c) Bezugsverhältnis . . . . . . . . . d) Ausgabebetrag und Bezugspreis . e) Weitere Bestandteile des Kapitalerhöhungsbeschlusses . . . . . f) Mittelbares Bezugsrecht . . . . . g) Beschlussmehrheit . . . . . . . . 2. Zeichnung a) Rechtsnatur und Inhalt des Zeichnungsvertrags . . . . . . . . b) Zeichnung zum Nennbetrag oder zum Bezugspreis . . . . . . . . . 3. Die Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags a) Kapitalerhöhungskonto . . . . . b) Einzahlungsbestätigung . . . . . c) Verwendung des Ausgabebetrages zur Tilgung von Bankverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . 4. Anmeldung und Eintragung . . . . 5. Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses, Freigabeverfahren . . .
43 44 45 50 52 53 56 60 63
65 68
69 71 72 74 76
IV. Platzierungsverfahren 1. Bezugsangebot a) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Haftung . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Bezugsfrist . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Ermittlung des Bezugspreises . . . . 89 4. Bezugsrechtshandel . . . . . . . . . 93 5. Greenshoe-Option . . . . . . . . . . 95 6. Verwertung nichtbezogener Aktien 98 7. Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . 101 V. Vertragliche Absprachen . . . . . . 104 VI. Prospektpflichten . . . . . . . . . . . 105
Schrifttum: Busch, Aktien- und börsenrechtliche Aspekte von Force Majeure in Klauseln in Aktienübernahmeverträgen, WM 2001, 1277; Busch, Aktuelle Rechtsfragen des Bezugsrechts und Bezugsrechtsausschlusses beim Greenshoe im Rahmen von Aktienemissionen, AG 2002, 230; Busch, Kapitalmaßnahmen, in Marsch-Barner/Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 2005, 9. Kapitel, §§ 38–46; Butzke, Kapitalmaßnahmen, in Obermüller/Werner/Winden, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 2001, L Rz. 3 ff.; Kort, Aktien aus vernichteten Kapitalen, ZGR 1994, 291; Frese, Kredite und verdeckte Sacheinlagen – Zur Sondersitua-
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tion von Emissionsbanken, AG 2001, 15; Groß, Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2006; Groß, Der Inhalt des Bezugsrechts nach § 186, AG 1993, 449; Groß, Verdeckte Sacheinlagen, Vorfinanzierung und Emissionskonsortium, AG 1993, 108; Hoffmann-Becking, Neue Formen der Aktienemission, FS Lieberknecht 1999, S. 25; Heidenhain/Meister, Münchener Vertragshandbuch Bd. 1: Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2000; Krug, Gestaltungsfragen bei marktpreisnahen Bezugsemissionen, BKR 2005, 302; Meyer, Börsennotierung, in Marsch-Barner/Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 2005, 3. Kapitel, §§ 6 f.; Pfüller/Flatten, Aktienübernahmeverträge und Platzierungsrisiko, FB 2001, 388; Schlitt/Seiler, Aktuelle Rechtsfragen bei Bezugsrechtsemissionen, WM 2003, 2175; Schröer, Reguläre Kapitalerhöhung, in Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003, § 922; Seifert, Das „TransPuG“, NZG 2002, 608; Wieneke, Die Stellung des Inhabers von ADRs in der Hauptversammlung der Gesellschaft, AG 2001, 508; Winter, Die Anfechtung eintragungsbedürftiger Strukturbeschlüsse „de lege lata“ und „de lege ferenda“, FS Ulmer, 2003, S. 699.
I. Allgemein 1. Gründe für Bezugsrechtsemissionen Die gesetzlichen Vorschriften über die Kapitalerhöhungen gehen davon aus, dass für eine börsennotierte Aktiengesellschaft die Bezugsrechtsemission der Normalfall für die Aufnahme zusätzlichen Eigenkapitals ist. Jedem Aktionär steht nach § 186 Abs. 1 AktG ein Bezugsrecht zu, das nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann. In der Praxis waren Bezugsrechtsemissionen tatsächlich lange der Regelfall der Kapitalerhöhung. Nachdem aber durch die Reform des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG der Bezugsrechtsausschluss erleichtert wurde (vgl. unten § 5 Rz. 27 ff.), wurde die Bezugsrechtsemission für die Eigenkapitalaufnahme über den Kapitalmarkt zunehmend unattraktiv.
1
Dies lag insbesondere daran, dass bis zum Inkrafttreten des Transparenz- und Publizitätsgesetzes am 20.7.20021 der Bezugspreis zu Beginn der Bezugsfrist, die nach § 186 Abs. 1 Satz 2 AktG mindestens zwei Wochen betragen muss, festgelegt werden musste2. Um einerseits den Aktionären eine risikolose Ausübung des Bezugsrechts zu ermöglichen und anderseits die Platzierung der Kapitalerhöhung sicherzustellen, musste ein hoher Abschlag auf den zum Zeitpunkt der Festlegung des Bezugskurses geltenden Aktienkurs festgelegt werden. Diese Erlösminderung entspricht einer Stillhalteprämie für das während der Bezugsfrist bestehende Kursrisiko3. Die Festsetzung des Bezugspreises am Beginn der Bezugsfrist mit Abschlag führte tendenziell dazu, dass sich der Kurs während des Bezugsangebots dem Bezugspreis annäherte4. Für die Gesellschaft war daher eine Bezugsrechtsemission kursschädlich und die Konditionen wenig attraktiv. Für die Aktionäre hatte diese Entwicklung den Nachteil, dass das Bezugsrecht ausgehöhlt zu werden drohte. Nach-
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1 2 3 4
BGBl. I 2002, 2681 ff. Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175. Martens, ZIP 1992, 1677–1687; Busch, AG 2002, 230, 234. Die Mechanik der Bezugsrechtsemissionen eröffnet Aktionären, aber auch Dritten eine Spekulationsmöglichkeit auf Kosten der Gesellschaft. Während der Bezugsfrist können Aktien leer verkauft werden, gleichzeitig kann sich der Leerverkäufer durch den Erwerb von Bezugsrechten gegen Kurssteigerungen absichern. Für diese Sicherung muss normalerweise eine Prämie gezahlt werden. Bei einer Bezugsrechtsemission fungiert die Gesellschaft als kostenloser Stillhalter.
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dem auch der Bericht der Regierungskommission Corporate Governance eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften empfohlen hatte, um eine marktnähere Festsetzung des Bezugspreises zu ermöglichen5, reagierte der Gesetzgeber. Es ist nunmehr ausreichend, den Bezugspreis erst drei Tage vor Ende der Bezugsfrist festzusetzen (§ 186 Abs. 2 Satz 2 AktG), um die Bezugsrechtsemission auch im Interesse der Aktionäre wieder attraktiver zu machen6. Seitdem hat die Zahl der Bezugsrechtsemissionen wieder stark zugenommen7. 3
Ist der Kapitalbedarf groß, ist die Bezugsrechtsemission oft die einzige Möglichkeit, die Kapitalerhöhung rechtssicher und ohne größere Verzögerungsrisiken durchzuführen. Eine bezugsrechtsfreie Emission lässt sich ohne Anfechtungsrisiko nur in Höhe von 10 % des Grundkapitals durchführen (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG). Bei größeren bezugsrechtsfreien Emissionen bedarf der Bezugsrechtsausschluss der sachlichen Rechtfertigung, die angefochten und gerichtlich überprüft werden kann (s. dazu § 5 Rz. 7 ff. und 42).
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Neben der Transaktionssicherheit können aber auch wirtschaftliche Gründe die Gewährung eines Bezugsrechts nahe legen. Ist der Emittent dringend auf neues Eigenkapital angewiesen, ist aber das Börsenumfeld schwierig oder der eigene Kurs sehr volatil, kann eine Platzierung nur mit einem erheblichen Abschlag auf den Börsenkurs erfolgreich durchgeführt werden. Bei einem Bezugsrechtsausschluss ist aber ein solcher Abschlag wegen den Beschränkungen aus § 255 Abs. 2 AktG nur in engen Grenzen möglich (vgl. dazu § 5 Rz. 11 f.). Bezugsrechtskapitalerhöhungen geben dem Vorstand weit größere Freiheit bei der Festsetzung des Kursabschlags.
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Eine Bezugsrechtsemission kann auch genutzt werden, um einen neuen Investor wesentlich an einer Publikumsgesellschaft zu beteiligen. In den USA werden solche Transaktionen als PIPE (Private Investment into Public Entities) bezeichnet. Sollen mehr als 10 % des Grundkapitals an den Investor ausgegeben werden, ist ein Bezugsrechtsausschluss mit erheblichen Rechtsrisiken verbunden (vgl. § 5 Rz. 26). Will die Gesellschaft nicht das Risiko eingehen, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss mit Bezugsrechtsausschluss angefochten und dadurch das Investment verzögert oder sogar unmöglich wird, kann sie stattdessen eine Bezugsrechtskapitalerhöhung beschließen und in dem Beschluss vorsehen, dass alle neuen Aktien, für die Bezugsrechte nicht ausgeübt werden, dem Investor zu gleichen Bedingungen zur Zeichnung angeboten werden. Dies kann gegebenenfalls mit einem Bezugsrechtsverkauf von Großaktionären kombiniert werden8.
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Eine Bezugsrechtsemission kann auch genutzt werden, um bei einer Sacheinlage durch einen Aktionär einen Bezugsrechtsausschluss zu vermeiden. Wird eine so genannte einheitliche gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung durchgeführt, erbringt 5 Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rz. 218. 6 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8769, S. 23. 7 Allianz AG, Münchener Rückversicherung AG (2003), Deutsche Lufthansa AG, Hypovereinsbank AG, KarstadtQuelle AG (2004), TUI AG (2005), Linde AG (2006), Merck KGaA, MVV Energie AG (2007). 8 Vgl. Bezugsangebot der Escada AG in der FAZ v. 6.10.2003. In diesen Transaktionen wurden gleichzeitig Wandelschuldverschreibungen angeboten, die für die Aktionäre nicht attraktiv waren, dem Investor aber die Möglichkeit boten, die gewünschte Beteiligungsquote zu erreichen, falls die nach dem Angebot an die Aktionäre verbleibenden Bezugsrechte nicht ausreichen.
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der Einleger den für alle Aktionäre einheitlichen Bezugspreis durch Sacheinlage, die übrigen Aktionäre durch Bareinlage (vgl. dazu unten Rz. 42)9. Eine Verwässerung der Beteiligungsquote der übrigen Aktionäre wird dadurch vermieden.
2. Formen von Bezugsrechtsemissionen Obwohl Bezugsrechtsemissionen zwingend immer dem Schema folgen, dass die neuen Aktien den bestehenden Aktionären angeboten werden, lassen sich doch verschiedene Formen unterscheiden10. Es kann danach unterschieden werden, wie die Aktien begeben werden, wie die Zeichnung, Übernahme und Platzierung erfolgen, ob die Bezugsemission mit einer bezugsrechtsfreien Tranche kombiniert wird und wie der Bezugspreis festgelegt wird.
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a) Ordentliche Kapitalerhöhung oder genehmigtes Kapital Die neuen Aktien, die den Aktionären zum Bezug angeboten werden, können entweder aus einer von der Hauptversammlung beschlossenen Kapitalerhöhung gem. § 182 AktG stammen oder aus einem genehmigten Kapital gem. § 202 AktG. Die Entscheidung wird sich danach richten, wie groß die Kapitalerhöhung sein soll und ob ein ausreichendes genehmigtes Kapital vorhanden ist. Ist dies der Fall, empfiehlt es sich, die Kapitalerhöhung für die Bezugsrechtsemission auf der Grundlage des genehmigten Kapitals von Vorstand und Aufsichtsrat beschließen zu lassen. Dieses Vorgehen bietet mehr Flexibilität, weil eine günstige Marktlage abgewartet werden kann. Bei einer Kapitalerhöhung durch Beschluss der Hauptversammlung hat die Durchführung der Emission durch die Einladungsfristen für die Hauptversammlung einen langen Vorlauf. Der Marktpreis wird durch die Ankündigung der Kapitalerhöhung beeinflusst werden, auch wenn der Bezugspreis noch nicht im Kapitalerhöhungsbeschluss, sondern gem. § 186 Abs. 2 AktG erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist festgesetzt werden soll. Zudem besteht das Risiko der Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Eine solche Anfechtung führt zwar nicht zwingend zu einer Registersperre. Da aber § 246a AktG ein Freigabeverfahren, wie man es aus dem UmwG kennt, auch bei Anfechung von Kapitalerhöhungsbeschlüssen vorsieht, wird der Registerrichter in der Regel bei Widerspruch oder bereits anhängiger Klage nicht eintragen, sondern auf dieses Verfahren verweisen. Die Durchführung eines Freigabeverfahrens führt zu einer Verzögerung der Durchführung der Kapitalerhöhung von mindestens drei Monaten (vgl. unten Rz. 76 ff.)11.
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b) Direkte Platzierung oder mittelbare Platzierung Bezugsrechtsemissionen werden in der Regel über die Einschaltung von Emissionsbanken abgewickelt, die die Aktien mit der Verpflichtung zeichnen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. Gem. § 186 Abs. 5 AktG gilt ein solches mittelbares Bezugsrecht nicht als Ausschluss des Bezugsrechts. Die Aktionäre erhalten einen
9 S. auch OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, AG 2007, 31. 10 Vgl. dazu auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 38 Rz. 1 ff. 11 Im Fall OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, AG 2007, 31, lagen zwischen Hauptversammlung und Beschwerdeentscheidung im Freigabeverfahren sieben Monate.
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eigenständigen Zuteilungsanspruch gegen die eingeschaltete Emissionsbank12 (vgl. unten Rz. 82). Der Vorteil für den Emittenten liegt darin, dass ein Zeichner für den gesamten Kapitalerhöhungsbetrag von vorneherein feststeht. Das Emissionskonsortium bietet die von ihm gezeichneten Aktien mit einem mit der Gesellschaft vereinbarten Aufgeld den Aktionären zum Bezug an. Das Emissionskonsortium übernimmt die gesamte Abwicklung der Emission und erhält dafür eine Provision. Für die Gesellschaft ist die Kapitalerhöhung bereits mit der Übernahme der Aktien durch das Emissionskonsortium durchgeführt. Das erhöhte Kapital soll im Ergebnis nicht von den Emissionsbanken, sondern von den Aktionären der Gesellschaft aufgebracht werden13. Emissionsbanken können aber bei mittelbarem Bezugsrecht auch ein eigenes wirtschaftliches Risiko übernehmen. Sie können sich gegenüber dem Emittenten verpflichten, für alle gezeichneten Aktien den vereinbarten Bezugspreis zu zahlen, unabhängig davon, inwieweit das Bezugsrecht ausgeübt wird (hard underwriting). Die Bank trägt dann das volle Verwertungsrisiko der nicht bezogenen Aktien, das sonst bei der Gesellschaft liegt. Emittenten sind in letzter Zeit vermehrt dazu übergegangen, im Vorfeld einer Bezugsrechtsemission eine Auktion zwischen potentiell interessierten Banken zu starten, in der die Banken aufgefordert werden, einen festen Bezugspreis zu garantieren. Der Höchstbietende erhält dann das Mandat für die Durchführung der Bezugsrechtsemission14. 10
Der Weg über das mittelbare Bezugsrecht scheidet allerdings aus, wenn eine „BisZu“-Kapitalerhöhung beschlossen wird, d.h. der Kapitalerhöhungsbetrag bei Beschlussfassung nicht festgeschrieben werden soll, sondern sich nach der Nachfrage der Aktionäre richtet (vgl. dazu unten Rz. 60). Aber auch hier kann zur Erleichterung der Abwicklung eine Emissionsbank eingesetzt werden. Die Bank wird dann nicht von der Gesellschaft, sondern den einzelnen Aktionären als Abwicklungsstelle eingesetzt15. c) Kombination mit bezugrechtsfreier Tranche
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Will man im Rahmen einer Kapitalerhöhung auch neue Investorenkreise erschließen, bietet es sich an, die Bezugsrechtsemission mit einem öffentlichen bezugrechtsfreien Angebot von neuen Aktien zu kombinieren. Eine solche Kombination kann auf zwei Weisen erfolgen: (1) Es wird neben der Bezugsrechtstranche eine weitere gesonderte Tranche von neuen Aktien emittiert, hinsichtlich derer das Bezugsrecht der Aktionäre gem. § 186 Abs. 3 bzw. § 203 Abs. 1 i.V.m. § 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen wird, oder (2) es werden Aktien angeboten, hinsichtlich derer Altaktionäre auf ihr Bezugsrecht verzichtet haben16. Wird eine weitere bezugsrechtsfreie Tranche begeben (Variante 1), müssen insoweit die Voraussetzungen für einen Bezugsrechtsauschluss gegeben sein (vgl. dazu nachfolgend § 5 Rz. 7 ff.). Hier wird 12 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96 f. = AG 1992, 312. 13 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 195/91, WM 1993, 944, 947 = MDR 1993, 520; Frese, AG 2001, 15, 20. 14 So z.B. bei den Bezugsrechtsemissionen der Hypo Vereinsbank AG und Deutsche Lufthansa AG im Jahr 2004; zu diesem Verfahren vgl. Schlitt/Singhoff/Schäfer, BKR 2005, 251, 259. 15 Vgl. Bezugsangebot der Escada AG in der FAZ v. 6.10.2003. Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss dann vorsehen, dass das Bezugsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn eine bestimmte Bank als Abwicklungsstelle eingesetzt wird. 16 Vgl. die Platzierung der Deutschen Telekom AG im Jahre 1999, bei der der Bund auf seine Bezugsrechte verzichtet hatte.
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sich insbesondere ein Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG anbieten. Da gleichzeitig eine Bezugsemission durchgeführt wird, wird das 10 %-Volumen nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG in der Regel ausreichen. Bei der Variante 2, die auch als Operation „Carte Blanche“ bezeichnet wird, übernimmt die Emissionsbank im Rahmen des mittelbaren Bezugsrechts vom Aktionär die Bezugsrechte, die dieser nicht ausüben will, mit der Absicht, diese Bezugsrechte gegen sich selbst auszuüben17. Die Emissionsbank platziert dann die auf die Bezugsrechte entfallenden Aktien und leitet den Erlös an den Aktionär weiter. Der Emittent erhält den Bezugspreis. Die Emissionsbank selbst erhält lediglich eine Provision18. Dieses Verfahren erleichtert es den Aktionären, den Wert ihrer Bezugsrechte zu realisieren. Es kann auch genutzt werden, damit Aktionäre wenigstens teilweise ihre Bezugsrechte ausüben können. Die Aktionäre nutzen dann den Erlös aus dem Bezugsrechtsverkauf an die Bank zur Ausübung der zurückbehaltenen Bezugsrechte19.
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d) Festpreisemission oder Bookbuilding Bis zur Neufassung des § 186 Abs. 2 AktG durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19.7.2002 waren Bezugsrechtsemissionen immer Festpreisemissionen. Nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG a.F. war das Bezugsangebot unter Angabe des „für die Aktien zu leistenden Entgelts“ bekannt zu machen. Die herrschende Meinung hat aus dieser Formulierung gefolgert, dass nicht nur eine Berechnungsmethode, sondern ein betragsmäßig fixer Ausgabebetrag festgelegt werden musste20. Dies führte bei Festlegung des Bezugspreises zu einem hohen Sicherheitsabschlag (vgl. oben Rz. 2). In der Praxis wurden daher Konstruktionen gesucht, um diesen Abschlag zu minimieren. Bei einigen Transaktionen wurde nur ein Höchstbetrag für den Bezugspreis festgesetzt, der dann unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Festsetzung eines niedrigeren Preises nach Durchführung des Bookbuildings im Rahmen der parallel angebotenen bezugsrechtsfreien Tranche) ermäßigt wurde21. Die Zulässigkeit dieses Verfahrens unter der Geltung des alten § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG war aber umstritten22. Vgl. zur neuen Rechtslage Rz. 89.
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Die neue Fassung des § 186 Abs. 2 Satz 2 AktG ermöglicht nun auch die Anwendung des so genannten Bookbuilding-Verfahrens bei Bezugsrechtsemissionen als Preisfindungsmethode23. Die Mechanik des Bookbuilding (vgl. dazu oben § 2 Rz. 39) funktioniert nur, wenn ein Preis-Wettbewerb zwischen den interessierten Anlegern entsteht. Sie geben Gebote ab, die von dem Emittenten angenommen oder abgelehnt werden können. Der Preiswettbewerb setzt voraus, dass keiner der potenziellen In-
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17 Die Übernahme der Bezugsrechte als solches führt noch nicht zum Erlöschen im Wege der Konfusion (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, Überblick vor § 362 Rz. 4); Frese, AG 2001, 15, 21. 18 Vgl. im Ganzen Frese, AG 2001, 15, 21; zum Rechtscharakter des Erwerbs der Bezugsrechte insbesondere Rz. 36 Fn. 65. 19 Vgl. hierzu Frese, AG 2001, 15, 20, Fn. 58. 20 Vgl. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 99. 21 S. etwa Verkaufsprospekt/Börsenzulassungsprospekt der Deutschen Telekom AG v. 25.6.1999, S. 10. 22 Vgl. hierzu Busch, AG 2002, 230, 234. 23 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8769, S. 23; Krug, BKR 2005, 302, 303; Meyer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 3 Rz. 34; Seibert, NZG 2002, 608, 612; Schlitt/Seiler/ Singhof, AG 2003, 254, 261.
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vestoren einen Anspruch auf Berücksichtigung seines Angebots hat. Bei der Bezugsrechtsemission hat der Bezugsberechtigte im Ergebnis mit Eintragung der Kapitalerhöhung einen Anspruch auf Erwerb der neuen Aktien24. Wird der Bezugspreis aber erst gegen Ende der Bezugsfrist festgelegt25, ist es möglich, dass Aktionäre, die nur bereit sind, bis zu einem bestimmten Preis zu zeichnen, tatsächlich nicht zum Zuge kommen. Dadurch kann auch hier ein Preiswettbewerb entstehen, der zur Preisermittlung genutzt werden kann26. Allerdings ist die Obergrenze für den Bezugspreis unabhängig von der Nachfrage aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen der Börsenkurs27. Das Bookbuilding-Verfahren zum Zweck der Preisfindung ist letztlich nur sinnvoll, wenn die Aktien im Rahmen einer Roadshow allen potentiell interessierten Investoren angeboten wird. Zuteilungen an Nichtaktionäre können aber nur mit einem Rücktrittsvorbehalt gemacht werden („claw-back“), damit alle Aktionäre, die Bezugsrechte ausüben, bedient werden können. 15
Tatsächlich sind auch nach Änderung des § 186 Abs. 2 AktG die meisten Bezugsrechtsemissionen als Festpreisemissionen durchgeführt worden28. Offensichtlich war den Emittenten ein fester Platzierungserlös wichtiger als eine möglichst marktnahe Preisfestsetzung. Durch die Vergabe des Bankenmandats im Auktionsverfahren wurde versucht, den Abschlag auf den Börsenkurs zu minimieren (vgl. oben Rz. 9).
3. Ablauf einer Bezugsrechtsemission a) Beteiligte 16
Zwischen dem Emittenten und den Emissionsbanken werden die Bedingungen der Aktienübernahme, der Platzierung und Abwicklung vereinbart. Die Emissionsbanken können als reine Abwicklungsstelle im Sinne des § 186 Abs. 5 AktG eingeschaltet werden, sie können aber auch eine Preisgarantie übernehmen (vgl. oben Rz. 9). Aktionäre können in die Vereinbarung über die Durchführung der Bezugsrechtsemission einbezogen sein, wenn sie entweder auf Bezugsrechte verzichten oder Bezugsrechte an die Emissionsbanken verkaufen, die dann die bezogenen Aktien an Dritte platzieren (s. oben Rz. 12). Emittent, Emissionsbanken und ggf. Altaktionäre schließen zunächst eine Mandatsvereinbarung und später einen Übernahmevertrag (s. dazu unten Rz. 104). b) Zeitliche Abfolge
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Die zeitliche Abfolge einer Bezugsrechtsemission sieht in der Regel wie folgt aus: 24 25 26 27
Hüffer, AktG, § 186 Rz. 51. Zum Veröffentlichungszeitpunkt ausführlich Krug, BKR 2005, 302, 303 f. Vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/270. Übersteigt der Bezugspreis den Börsenkurs, kann darin ein so genannter faktischer Bezugsrechtsausschluss zu sehen sein, vgl. dazu § 5 Rz. 6; im Einzelnen Groß, AG 1993, 449, 454 ff.; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 177. 28 So z.B. Allianz AG (2003), Münchener Rückversicherung AG (2003), Deutsche Lufthansa AG, Hypo Vereinsbank AG, KarstadtQuelle AG (2004), TUI AG (2005), Linde AG (2006), Merck KGaA, MVV Energie AG (2007); nur die Premiere AG (2007) wählte einen variablen Bezugspreis, wobei der Bezugspreis am achten der vierzehn Tage dauernden Bezugsfrist als gewichteter Durchschnittskurs der ersten acht Tage der Bezugsfrist abzüglich eines Abschlags festgesetzt und bekannt gemacht wurde.
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– Kapitalerhöhungsbeschluss durch Hauptversammlung oder durch Vorstand und Aufsichtsrat aufgrund genehmigten Kapitals, – Unterzeichnung des Übernahmevertrages mit den Emissionsbanken, – Veröffentlichung des Bezugsangebots, – Bezugsrechtshandel, – Ende der Bezugsfrist und Zahlung des Bezugspreises, – Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister, – Zulassung der neuen Aktien an den Wertpapierbörsen, an denen die Altaktien gehandelt sind, – Lieferung der Aktien im Girosammelverkehr und Handelsaufnahme. Sofern die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital erfolgt, werden Kapitalerhöhungsbeschluss und Unterzeichnung des Übernahmevertrages zeitgleich erfolgen29. Die Emissionsbanken können sich einerseits im Übernahmevertrag keinen Anspruch auf Durchführung der Kapitalerhöhung einräumen lassen (§ 187 Abs. 2 AktG)30, auf der anderen Seite werden Vorstand und Aufsichtsrat nur bereit sein, die Kapitalerhöhung zu beschließen, wenn die Emissionsbanken die Abwicklung zugesagt haben. Dies gilt insbesondere in dem Fall, in dem die Banken einen Bezugspreis garantiert haben (vgl. oben Rz. 9)31. Der Übernahmevertrag, der die Verpflichtung der Emissionsbanken enthält, die jungen Aktien den Aktionären zum Bezug -anzubieten, darf wiederum nicht später abgeschlossen werden als der Zeichnungsvertrag, weil andernfalls ein Fall des Bezugsrechtsausschlusses vorliegen würde32.
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Die Kapitalerhöhung kann bei mittelbarem Bezugsrecht und festem Bezugspreis auch vor Beginn des Bezugsangebotes durchgeführt werden. Dies hat den Vorteil, dass schon im Bezugsangebot existierende und ggf. auch zugelassene Aktien angeboten werden können. Lange war das die bevorzugte Vorgehensweise, da angesichts der starren Preisfestsetzungsregel in § 186 AktG a.F. ein Hinausschieben der Durchführung keinen wirtschaftlichen Sinn ergab33. Die Emissionsbanken, vor allem wenn es sich um ein internationales Konsortium handelt, ziehen aber mittlerweile ein Hinausschieben der Durchführung auch in diesem Fall vor, weil es ihnen bei Veränderung der Marktverhältnisse eine Rücktrittsmöglichkeit erlaubt (vgl. dazu unten Rz. 101).
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Der Übernahmevertrag und der Zeichnungsvertrag sind streng voneinander zu unterscheiden. Der Übernahmevertrag geht der Zeichnung voraus. Der Übernahmevertrag begründet nur die Verpflichtung der Emissionsbanken, einen Zeichnungsvertrag mit der Gesellschaft über die jungen Aktien abzuschließen. Im Übrigen enthält er detaillierte Regelungen über die Aufgaben der Emissionsbanken, Platzierung und Börsenzulassung der Aktien, Rücktrittsklauseln, Haftungsfreistellungen sowie Regeln über Provision und Auslagen (vgl. dazu ausführlich unten § 23). Der Zeitpunkt des Abschlusses des Übernahmevertrags hängt vom Typ der Bezugsrechtsemission ab.
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29 Hölters in MünchVertragshdb. Gesellschaftsrecht, vor Rz. 113; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/325. 30 Vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 187 Rz. 6. 31 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 208. 32 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 47; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 208; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2184. 33 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2184.
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Bei einer Festpreisemission liegt der Abschluss des Übernahmevertrags in der Regel vor dem Beginn der Bezugsfrist. Wird der Bezugspreis über ein Bookbuilding ermittelt und die Kapitalerhöhung erst nach Ende der Bezugsfrist durchgeführt, kann der Übernahmevertrag auch erst bei der endgültigen Preisfestsetzung geschlossen werden. Der Abschluss des Übernahmevertrags bedeutet für die Banken die Übernahme des Platzierungsrisikos. Bankaufsichtsrechtlich ist die Abgabe von Platzierungsgarantien im Rahmen von Aktienemissionsverträgen als Kredit im Handelsbuch der Banken zu behandeln und mit Eigenkapital zu unterlegen34. Schon aus diesem Grund wollen die Banken die Frist zwischen der Übernahme der Aktien und der Weitergabe an die Aktionäre möglichst kurz halten, um das Platzierungsrisiko auf wenige Tage zu beschränken35. 21
Der Zeichnungsvertrag selbst kann vor dem Beginn der Bezugsfrist abgeschlossen werden, wenn die Emissionsbanken und die Gesellschaft die Kapitalerhöhung schon vor Beginn der Bezugsfrist durchführen wollen, um existierende Aktien anbieten zu können. Da mit Zeichnung aber der Zeichnungsbetrag mit Eigenkapital unterlegt werden muss, werden die Banken eine Zeichnung erst gegen Ende der Bezugsfrist bevorzugen. Dies gibt ihnen auch die Möglichkeit, bei unerwarteten Ereignissen oder Störungen der Finanzmärkte vom Übernahmevertrag noch zurück zu treten und die Emission abzubrechen (vgl. dazu unten § 23 Rz. 74 f.).
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Wird ein Bezugsrechtshandel durchgeführt, muss spätestens einen Werktag vor dem Beginn des Bezugsrechtshandels ein Wertpapierprospekt veröffentlicht werden36. Die Zulassung der Aktien zum Handel an der Wertpapierbörse, an der auch die Altaktien zugelassen sind, kann erst erfolgen, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung eingetragen ist, und die Aktien entstanden sind. Ist bereits bei Beginn des Bezugsrechtshandels ein Prospekt veröffentlicht worden, ist dieser der Anmeldung zur Börsenzulassung gem. § 48 Abs. 2 BörsZulV beizufügen. Wird kein Bezugsrechtshandel angeboten und handelt es sich deshalb bei dem Bezugsangebot nicht um ein öffentliches Angebot i.S.d. § 2 Abs. 1 WpPG, ist der Prospekt rechtlich erst für die Zulassung der Aktien gem. § 48 Abs. 2 BörsZulV i.V.m. § 30 BörsG erforderlich (vgl. dazu unten Rz. 105 ff.).
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Die Lieferung der jungen Aktien kann erst nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung, Zulassung der neuen Aktien zum Handel und Notierungsaufnahme erfolgen. Die Verkürzung der Frist zwischen Ende der Bezugsfrist und Lieferung macht das Bezugsangebot für die Aktionäre attraktiver, die dann sehr spät zeichnen und zahlen können und kurz nach Zahlung über die bezogenen Aktien verfügen können37.
34 Vgl. hierzu Rundschreiben 13/99 der BaFin; dazu Pfüller/Flatten, FB 2001, 388 ff. 35 Pfüller/Flatten, FB 2001, 388, 392. 36 Vgl. dazu unten Rz. 105 f. und Bekanntmachung der BaFin v. 6.9.1999, I 2 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18, § 14 WpPG Rz. 4. Etwas anderes kann für den Fall gelten, dass der Emittent oder die Bank lediglich einen außerbörslichen Bezugsrechtshandel anbieten, der sich ausdrücklich auf die Altaktionäre beschränkt. 37 Vgl. z.B. den auf S. 10 des Verkaufsprospektes vom 1.6.2004 der Deutschen Lufthansa AG abgedruckten Zeitplan für eine Bezugsrechtsemission.
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II. Bezugsrecht der Aktionäre 1. Bedeutung des Bezugsrechts Das in § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG normierte Bezugsrecht gewährt jedem Aktionär einen Anspruch, an einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen in einem seiner bisherigen Beteiligungsquote entsprechenden Umfang teilzuhaben. Dieser Anspruch muss vom Aktionär geltend gemacht werden, d.h. der Aktionär wird nicht automatisch an der Verteilung der neuen Aktien beteiligt. Der Aktionär ist auch nicht verpflichtet, zusätzliche Aktien zu zeichnen; das widerspräche § 54 Abs. 1 AktG. Er kann höchstens verpflichtet sein, eine erforderliche Kapitalerhöhung nicht zu blockieren38. Das Bezugsrecht gewährt dem Aktionär einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages zu den im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzten Bedingungen39.
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Zweck des Bezugsrechts ist es, sicherzustellen, dass jeder Aktionär trotz der Kapitalerhöhung seine bisherige Beteiligungs- und Stimmrechtsquote aufrechterhalten kann. Außerdem soll eine Verwässerung der bestehenden Beteiligung verhindert werden40. Die Regelungen des § 186 AktG zum Bezugsrecht sind zwingend. Sie können durch die Satzung weder beschränkt noch erweitert werden41.
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2. Inhalt des Bezugsrechts Nicht ganz klar ist, ob das Bezugsrecht über den reinen Teilnahmeanspruch hinaus noch weitere qualitative Ansprüche im Hinblick auf Kapitalerhöhungen vermittelt.
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a) Bezugsrecht und Bedingungen der Kapitalerhöhung Das Bezugsrecht begründet das Recht auf Teilhabe nach Maßgabe des jeweiligen Kapitalerhöhungsbeschlusses. Die Altaktionäre haben deshalb keinen Anspruch auf Zuteilung von Aktien zu einem bestimmten Ausgabebetrag, etwa zum geringsten Ausgabebetrag42. Es besteht auch kein Anspruch darauf, dass die neuen Aktien mit gleichen Rechten ausgestattet sind wie die alten. Der Emittent kann z.B. ohne Verletzung des Bezugsrechts an Inhaber von Stammaktien stimmrechtslose Vorzüge ausgeben, wenn dies die einzigen Aktien sind, die im Rahmen der Kapitalerhöhung ausgegeben werden sollen43.
38 BGH v. 20.3.1995 – II ZR 205/94 – „Girmes“, BGHZ 129, 136 = AG 1995, 368. 39 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 4; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 5; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 61. 40 Vgl. statt vieler Hüffer, AktG, § 186 Rz. 2; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 7; zur Kritik an diesen beiden Funktionen vgl. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 40. 41 Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 62; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 4; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 48 u. 60. 42 RG v. 11.4.1911 – VII 313/10, RGZ 76, 138, 141; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 4. 43 Vgl. nur RG v. 8.4.1908 – I 595/07, RGZ 68, 235, 249; = AG 1998, 520; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 4; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 66; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 3 jeweils m.w.N.
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b) Gattungsbezugsrecht 28
Nicht ganz eindeutig ist die Rechtslage, wenn bereits verschiedene Gattungen bestehen und neue Aktien verschiedener Gattungen ausgeben werden sollen. Der praktisch wichtigste Fall ist das Bestehen von Vorzugs- und Stammaktien. Folgende Fälle sind zu unterscheiden: – Es sollen nur Vorzugs- oder nur Stammaktien ausgegeben werden. – Es sollen Stamm- und Vorzugsaktien ausgegeben werden, wobei aber die Stammaktionäre nur Stammaktien, und die Vorzugsaktionäre nur neue Vorzugsaktien erhalten sollen.
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Der erste Fall ist unproblematisch. Die Aktionäre beider Gattungen haben ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien44. Die Zulässigkeit der Ausgabe nach Gattungen im zweiten Fall ist umstritten. Nach herrschender Meinung hat bei Ausgabe verschiedener Gattungen jeder Aktionär ein Bezugsrecht an einem entsprechenden Teil (so genanntes Mischbezugsrecht)45. Nach anderer Ansicht soll dagegen, soweit die Kapitalerhöhung für die verschiedenen Aktiengattungen verhältniswahrend erfolgt, den Aktionären ein Bezugsrecht jeweils nur für Aktien der bisher gehaltenen Gattung zugestehen (so genanntes Gattungsbezugsrecht)46. Stamm- wie Vorzugsaktionäre bleiben dann am gesamten Kapital im gleichen Umfang wie bisher beteiligt. Für die überschießenden Spitzen sei dagegen auf das Mischbezugsrecht zurückzugreifen47. Da das Bezugsrecht in erster Linie den Status Quo sichern soll, scheint das Gattungsbezugsrecht der methodisch richtige Ansatz zu sein48. Gleichwohl empfiehlt es sich für die Praxis vorsorglich das Bezugsrecht auf Aktien der jeweils anderen Gattung auszuschließen49. Ein solcher gekreuzter Bezugsrechtsausschluss wird ganz überwiegend als ohne weiteres zulässig angesehen50. c) Konzerndimensionales Bezugsrecht
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Als Mitte und Ende der 90er Konzerne vermehrt einzelne Tochtergesellschaften an der Börse einführten, kam die Frage auf, ob Aktionären der Muttergesellschaft ein Bezugsrecht bei Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaften und/oder ein Vorerwerbsrecht beim Börsengang von Tochtergesellschaften zusteht51. Ein solches kon-
44 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 49; Peifer in MünchKomm. AktG § 186 Rz. 27; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 8; Groß, AG 1993, 449, 451. 45 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 4; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 3; Münch, DB 1993, 769, 772. 46 Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 27; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 69 f.; eingehend Groß, AG 1993, 449, 451 ff.; Frey/Hirte, DB 1989, 2465, 2466. 47 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 69 f.; Frey/Hirte, DB 1989, 2465, 2466. 48 Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 67; Bezzenberger in FS Quack, 1991, S. 153, 161 ff.; Frey/Hirte, DB 1989, 2465, 2466 ff.; Groß, AG 1993, 449, 452. 49 Wie hier Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 49; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 68; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 6; Peifer in Münchkomm. AktG, § 186 Rz. 27. 50 LG München v. 2.4.1992 – 5 HKO 8840/91, WM 1992, 1151, 1154; Busch in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 49; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 80; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 68; Münch, DB 1993, 769, 773 f.; zum Bezugsrechtsausschluss vgl. auch unten § 5. 51 Lutter, AG 2000, 342 ff.
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zerndimensionales Bezugsrecht wird aber überwiegend abgelehnt52. Das Bezugsrecht des § 186 Abs. 1 AktG bezieht sich sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinn (Wahrung der Beteiligungsquote) auf Kapitalerhöhung in der Gesellschaft selbst. Auch über Treuepflichten lässt sich ein solches Bezugsrecht nicht begründen, weil Treuepflichten der AG oder ihrer Organe Schutzpflichten, aber keine zusätzlichen Teilhaberrechte begründen53.
3. Bezugsberechtigte a) Eigene Aktien Bezugsberechtigt ist grundsätzlich jeder Aktionär. Die Gesellschaft hat für eigene Aktien kein Bezugsrecht (§ 71b AktG). Da in diesen Fällen die Rechte aus der Mitgliedschaft ruhen, kann das Bezugsrecht auch nicht an Dritte, am Bezug an sich nicht gehinderte Personen übertragen werden. Das Bezugsrecht auf das gesamte Erhöhungskapital steht vielmehr den Aktionären nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung zu. Gleiches gilt für Aktien der Gesellschaft, die einem abhängigen oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmen oder einem Dritten für Rechnung eines solchen Unternehmens gehören (§§ 71d Satz 1 und 4, 71b AktG)54. Das Bezugsrecht von eigenen Aktien lebt wieder auf, wenn die Gesellschaft die eigenen Aktien an Dritte verkauft55. Erfolgt der Verkauf aber nach dem Beschluss über die Kapitalerhöhung, haben diese Aktien kein Bezugsrecht. Das auf die eigenen Aktien entfallende Bezugsrecht ist mit Beschluss über die Kapitalerhöhung den anderen Aktionären zugewachsen. Die eigenen Aktien müssen daher mit Beschlussfassung eine eigene Wertpapierkennnummer erhalten, weil sie nur noch „Ex-Bezugsrechte“ gehandelt werden können und bis zum Ablauf der Bezugsfrist mit den anderen Aktien nicht fungibel sind56.
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b) Aktien mit Sicherungsrechten Besteht ein Nießbrauch und/oder ein Pfandrecht an Aktien, erstreckt sich dieses nicht auf das Bezugsrecht. Bezugsberechtigter ist deshalb allein der Aktionär. Bei 52 Busch/Groß, AG 2000, 503 ff.; Fleischer, ZHR 65 (2001), 513, 541 ff.; Habersack, WM 2001, 545 ff.; Überblick über Meinungsstand bei Hüffer, AktG, § 186 Rz. 5a. 53 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 5a; Habersack, WM 2001, 545, 548 f. 54 Wie hier Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 43; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 9; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 69; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 65 ff.; a.A. Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 19, der in letzterem Fall von der Existenz eines Bezugsrechts ausgeht, das zwar nicht ausgeübt, jedoch veräußert werden könne. 55 Hüffer, AktG, § 71b Rz. 3; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 24; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 13; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71b Rz. 17. 56 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177, die darauf hinweisen, dass zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Bemessung des Bezugsverhältnisses sichergestellt werden müsse, dass bis zum Ende der Bezugsfrist keine eigenen Aktien verkauft oder weitere eigene Aktien hinzuerworben werden. Die gesonderte Wertpapierkennnummer ist der beste Weg, dies sicherzustellen. Der Erwerb eigener Aktien nach Kapitalerhöhungsbeschluss ist praktisch nicht relevant. Ein ähnliches Problem ergibt sich auch hinsichtlich des Bezugs von Dividenden. Allerdings wird in diesem Fall der Zeitraum zwischen Gewinnverwendungsbeschluss und Dividendenzahlung nur wenige Tage betragen.
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Ausübung des Bezugsrechts ist der Aktionär jedoch auf Verlangen verpflichtet, an den neuen Aktien einen Nießbrauch/ein Pfandrecht mit einer Quote zu bestellen, die dem Verhältnis zwischen dem Wert der neuen Aktien und dem Wert des Bezugsrechts entspricht. Bei Veräußerung des Bezugsrechts ist auf Verlangen ein Nießbrauch/Pfandrecht am Erlös zu bestellen57. Dagegen ist der Sicherungseigentümer auch Inhaber des Bezugsrechts. c) Aktien im Depot 33
Befinden sich Aktien im Depot, steht das Bezugsrecht allein dem Depotkunden zu. Die depotführende Bank ist verpflichtet, den Depotkunden auf das Bezugsrecht und die Bedingungen seiner Ausübung hinzuweisen, wenn hierüber eine Mitteilung in den „Wertpapiermitteilungen“ erfolgt ist. Sie ist ohne Weisung des Aktionärs grundsätzlich weder zur Ausübung noch zur Verwertung des Bezugsrechts berechtigt oder gar verpflichtet58. Etwas anderes ergibt sich allerdings in der Regel aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken. Hiernach hat die Bank sämtliche zum Depotbestand gehörenden Bezugsrechte zu verkaufen, soweit der Kunde bis zum Ablauf des vorletzten Tages des Bezugsrechtshandels keine Weisung erteilt59. d) American Depository Receipts (ADRs)
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Hat die Gesellschaft für US Investoren Aktien vertretende Zertifikate, z.B. American Depository Receipts (ADRs), ausgegeben, ist die die ADR-Zertifikate ausgebende Depotbank (depository bank) Eigentümerin der bei der Hinterlegungsbank (custodian bank) hinterlegten Aktien und damit auch Inhaberin der Bezugsrechte60. Die Depotbank ist allerdings in der Regel aus dem Depotvertrag verpflichtet, die Rechte und Ansprüche aus den Aktien so weit wie möglich auf die ADR-Inhaber zu übertragen61.
4. Entstehen des Bezugsrechts 35
Das allgemeine Bezugsrecht als Mitgliedschaftsrecht wandelt sich mit Wirksamkeit des Erhöhungsbeschlusses in den konkreten Bezugsrechtsanspruch um, es sei denn, es ist im Erhöhungsbeschluss ausgeschlossen oder bereits kraft Gesetzes nicht zur Entstehung gekommen, z.B. bei einer Kapitalerhöhung zum Zweck einer Verschmelzung oder Spaltung (§§ 69 Abs. 1, 142 Abs. 1 UmwG), bei einer bedingten Kapitalerhöhung und wegen des automatischen Rechtserwerbes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Das Entstehen des Bezugsanspruchs ist von der Eintragung 57 Hierzu sowie zu den weiteren Pflichten zwischen Aktionär und Nießbraucher bzw. Pfandgläubiger ausführlich Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 32 ff.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 10 f.; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 71 ff.; weitergehend Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 20, der für eine automatische Erstreckung des Nießbrauchs/Pfandrechts auf die neuen Aktien bzw. den Veräußerungserlös plädiert. 58 RG v. 7.10.1925 – I 481/24, RGZ 111, 345, 348. 59 Zum Ganzen vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 24; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 19. 60 Harrer/King, IStR 1999, 188, 191; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177. 61 Wieneke, AG 2001, 504, 508; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177; Harrer/King, IStR 1999, 188, 191; nach Harrer/King sollen die Depotbanken die Bezugsrechte bestmöglich verwerten.
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des Erhöhungsbeschlusses im Handelsregister nicht abhängig, da dieser Anspruch nur auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages gerichtet ist und nicht bereits den endgültigen Bezug junger Aktien sichert62. Lediglich die Erfüllung des Bezugsanspruchs setzt die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister voraus, die noch aus vielfältigen Gründen scheitern kann.
5. Einschränkungen des Bezugsrechts a) Übertragbarkeit Das konkrete Bezugsrecht ist übertragbar und handelbar, während das allgemeine Bezugsrecht ein unselbständiges, nicht übertragbares Mitgliedschaftsrecht ist63. Die Übertragbarkeit des Bezugsrechts kann durch die Satzung oder durch Beschluss der Hauptversammlung nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden64. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das Bezugsrecht ausgeschlossen werden kann. Dann muss als geringerer Eingriff auch der Ausschluss oder die Beschränkung der Verfügungsbefugnis möglich sein. Hierzu müssen dann allerdings die förmlichen Regeln des Bezugsrechtsausschlusses beachtet werden65.
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Hat die Gesellschaft vinkulierte Aktien, erstreckt sich die Vinkulierung auch auf das Bezugsrecht für die jungen Aktien, um der Gesellschaft den Einfluss auf ihren Mitgliederstand zu erhalten66. Der Kapitalerhöhungsbeschluss kann jedoch die freie Übertragung der Bezugsrechte erlauben. Umgekehrt kann auch dann, wenn die Aktien der Gesellschaft bisher frei übertragbar waren, im Kapitalerhöhungsbeschluss festgelegt werden, dass die jungen Aktien nur vinkuliert ausgegeben werden und dass die Vinkulierung bereits das Bezugsrecht erfassen soll67.
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b) Faktische Erschwerungen Liegt zwar rein formal kein Bezugsrechtsausschluss vor, wird aber die Ausübung des Bezugsrechts durch faktische Erschwerungen wesentlich behindert, steht dies einem Bezugsrechtsausschluss gleich. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein unangemessen
62 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 15; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 61. 63 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 6. 64 Heider in MünchKomm. AktG, § 11 Rz. 20 f.; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 63; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 12; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 9; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 21, 23 f.; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 63. Zum Anspruch auf Bezugsrechtshandel s. unten Rz. 94. 65 Wie hier Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 186 Rz. 63; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 12; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 9; a.A. Heider in MünchKomm. AktG, § 11 Rz. 21; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 24; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 63, die nur Einschränkungen nach § 68 Abs. 2 AktG für zulässig halten. 66 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 45; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 63; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 12; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 24; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 9; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 63. 67 Im Ergebnis unstreitig; vgl. nur Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 63; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 12; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 24; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 9; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 63.
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hoher Bezugspreis68, insbesondere ein über dem Börsenpreis liegender Bezugspreis, oder ungewöhnlich hohe Nennbeträge69 festgesetzt werden, den Aktionären zusätzliche oder unnötig belastende Pflichten auferlegt werden, etwa im Zusammenhang mit dem Nachweis der Aktionärsstellung70, oder aber das Bezugsverhältnis willkürlich so gewählt wird, dass eine vermeidbar hohe Anzahl von Spitzen entsteht, etwa um sie bei institutionellen Anlegern zu platzieren71. Solche Erschwerungen werden überwiegend nur dann als zulässig angesehen, wenn die besonderen materiellen und förmlichen Erfordernisse des Bezugsrechtsausschlusses gewahrt werden72. Teilweise werden solche Gestaltungen dagegen wegen eines Verstoßes gegen die Treuepflicht für anfechtbar gehalten73. Vgl. dazu auch § 5 Rz. 6. c) Ausschluss von Aktionären aus bestimmten Jurisdiktionen 39
Es kann auch erforderlich sein, einzelne Aktionäre von der Ausübung von Bezugsrechten auszuschließen, um Prospekt- oder Registrierungspflichten in anderen Jurisdiktionen zu vermeiden. Das gilt insbesondere für Registrierungspflichten in den USA, die schon durch das Angebot von Aktien an Aktionäre mit Sitz in den USA ausgelöst werden können. Es ist anerkannt, dass ein Ausschluss vom Bezugsangebot für Aktionäre mit Wohnsitz in den USA nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 53a AktG verstößt, weil so die teure und mit erheblichen Haftungsrisiken verbundene Registrierung des Prospekts in den USA vermieden wird74.
6. Nachbezugsrecht 40
Das deutsche Recht kennt anders als einige ausländische Gesetze kein Nachbezugsrecht. Das Bezugsrecht verfällt vielmehr, wenn es nicht oder nicht rechtzeitig ausgeübt wird, und wächst nicht etwa den übrigen Bezugsberechtigen anteilig zu75. Die nicht bezogenen Aktien kann der Vorstand anderweitig verwerten, soweit nicht im Kapitalerhöhungsbeschluss etwas anderes bestimmt ist. Ein Nachbezugsrecht kann aber im Kapitalerhöhungsbeschluss oder Bezugsangebot vorgesehen werden.
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Auch gibt es nach deutschem Recht keine Regelung, die bestimmten Aktionären ein vorrangiges Bezugsrecht auf bestimmte Aktien einräumt, während die übrigen Aktionäre nur ein nachrangiges Bezugsrecht für den Fall erhalten, dass die vorrangig be68 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 100; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 87; Wimmer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 165; Groß, AG 1993, 449, 455 ff. 69 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 100; Wimmer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 165. 70 Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 100. 71 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 87; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177; vgl. BGH v. 5.7.1999 – II ZR 126/98, BGHZ 142, 167, 170 f. = AG 1999, 517. 72 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 43; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 100; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 87; Wimmer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 165. 73 So z.B. Groß, AG 1993, 449, 454 ff., der nur die Festsetzung eines zu hohen Bezugspreises als eine Form des faktischen Bezugsrechtsausschlusses anerkennt. 74 Henze/Notz in Großkomm. AktG, § 53a Rz. 100 ff.; Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221 ff. 75 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 16; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 73; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 25; Rebmann in Heidel, AktG, § 186 Rz. 21; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 53.
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rechtigen Aktionäre von ihrem Bezugsrecht keinen Gebrauch machen. Dies ist z.B. in Art. 29 Abs. 2 lit. b der zweiten Kapitalrichtlinie der EG76 für den Fall vorgesehen, dass bei Ausgabe von Aktien verschiedener Gattungen, den Aktionären kein direktes Bezugsrecht auf die Aktien der jeweils anderen Gattung eingeräumt wird. Ein solches Nachbezugsrecht kommt ohnehin nur in Betracht, wenn man entgegen der herrschenden Meinung von einem Gattungsbezugsrecht ausgeht77. Selbst dann fehlt es für die Einräumung eines Nachbezugsrechts jedoch an einer gesetzlichen Regelung78.
7. Ausübung von Bezugsrechten gegen Erbringung einer Sacheinlage In einem Kapitalerhöhungsbeschluss kann auch vorgesehen werden, dass im Rahmen einer Bezugsrechtsemission ein Aktionär (meistens ein Großaktionär) Aktien gegen Leistung einer Sacheinlage beziehen kann. Der Beschluss wird dann so gefasst, dass die neuen Aktien zu einem bestimmten Bezugsverhältnis und einem einheitlichen Bezugspreis ausgegeben werden, aber teils gegen Sacheinlage, teils gegen Bareinlage bezogen werden können79. Der Vorteil dieses Vorgehens soll darin liegen, dass es sich nicht um eine gesonderte Bar- und Sachkapitalerhöhung mit jeweils gekreuztem Bezugsrechtsausschluss handelt, sondern um einen einheitlichen Kapitalerhöhungsvorgang ohne Bezugsrechtsausschluss. Durch die Barkomponente wird es den übrigen Aktionären ermöglicht, eine Verwässerung ihrer Beteiligungsquote zu vermeiden80. Strittig ist, ob auf einen solchen Beschluss § 255 Abs. 2 AktG anwendbar ist und der Beschluss mit der Begründung angefochten werden kann, die Sacheinlage sei überbewertet worden. Da wegen der Einheitlichkeit des Beschlusses ein Bezugsrechtsausschluss nicht erforderlich ist, ist § 255 Abs. 2 AktG seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Da aber die Sacheinlage bewertet werden muss, um feststellen zu können, ob der Bezugspreis durch diese Einlage voll erbracht ist, besteht ein Schutzbedürfnis der übrigen Aktionäre. Ob dieser Schutz nur über die Anfechtung gem. § 255 Abs. 2 AktG zu bewirken ist oder auch auf andere Weise – etwa über §§ 255 Abs. 1, 243 Abs. 1, 53a AktG – hat die Rechtsprechung noch nicht endgültig entschieden81.
42
III. Kapitalerhöhung Die Kapitalerhöhung kann durch die Hauptversammlung oder bei ausreichendem genehmigten Kapital durch Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen werden (vgl. oben
76 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates v. 13.12.1976, ABl. EG Nr. L 26 v. 31.1.1977, S. 1–13. 77 Vgl. hierzu oben Rz. 29. 78 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 70 hält es für möglich, den Aktionären der jeweils anderen Gattung ein Bezugsrecht zweiter Hand anzubieten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Aktionäre auch einen Anspruch hierauf haben. 79 S. OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, AG 2007, 31. 80 So Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986, S. 81; ausführlich zum Ganzen Lappe, BB 2000, 731 ff. 81 Für analoge Anwendbarkeit von § 255 Abs. 2 AktG, OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, AG 2007, 31, dagegen Lappe, BB 2000, 731 ff.
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Rz. 8). Beschlussinhalte und technische Abwicklung unterscheiden sich bei beiden Formen nicht wesentlich.
1. Beschlussinhalt 44
Der wesentliche Inhalt der Kapitalerhöhung muss bereits im Hauptversammlungsbeschluss bestimmt werden. Zum zwingenden Inhalt gehören die Festsetzung des Erhöhungsbetrags und die Art der auszugebenden Aktien (Inhaber- oder Namensaktien, Vorzugsaktien und Stück- oder Nennbetragsaktien, bei Nennbetragsaktien auch deren Nennbetrag). Zum fakultativen Inhalt gehören der Ausgabebetrag, der Beginn der Gewinnberechtigung und die Festlegung der Durchführungs- bzw. Bezugsfristen82. a) Erhöhungsbetrag
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Für die Festlegung des Erhöhungsbetrags, der zwingender Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses ist, gibt es drei Varianten: – Konkrete Bestimmung des Kapitalerhöhungsbetrags, – Festlegung eines Höchstwerts, – Festlegung eines Mindest- und Höchstwerts83.
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Die Festlegung eines fixen Kapitalerhöhungsbetrags hat den Nachteil, dass dieser Betrag bei der Übernahme der Aktien erreicht werden muss, sonst ist die Kapitalerhöhung gescheitert84. Gem. § 185 Abs. 1 Nr. 4 AktG müssen die Zeichnungsscheine einen Zeitpunkt angeben, bis zu dem die Durchführung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen sein muss. Ist diese Frist überschritten, wird die Zeichnung unverbindlich. Dies bedeutet, dass bei einer Kapitalerhöhung mit einem Fixbetrag das Scheitern der Kapitalerhöhung riskiert wird, wenn nur eine einzige neue Aktie nicht platziert werden kann85. Dieses Problem kann vermieden werden, wenn die Kapitalerhöhung über eine Emissionsbank oder ein Emissionskonsortium durchgeführt wird, das schon vor dem Beginn des Bezugsangebots die Aktien fest zeichnet. Eine Festbetragskapitalerhöhung wird bei Publikumsgesellschaften daher nur bei Einschaltung von Kreditinstituten und mittelbarem Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 5 AktG in Betracht kommen (vgl. dazu unten Rz. 60).
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Die Festlegung eines Höchstwerts, das heißt ein so genannter „Bis-Zu“-Kapitalerhöhungsbeschluss, empfiehlt sich bei Gewährung eines unmittelbaren Bezugsrechts. Ein solcher Höchstbetrag sollte dann erwogen werden, wenn wegen der Marktlage oder dem Risikoprofil nicht sicher ist, ob alle Aktien gezeichnet werden. Dies wird insbesondere in Sanierungssituationen der Fall sein86. Die Kapitalerhöhung wird dann nur insoweit durchgeführt, wie Zeichnungen vorliegen. 82 Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 3 ff. 83 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 55; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 4; Hölters in MünchVertragsHdb. GesR, Form V. 113 Anm. 8. 84 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 56, m.w.N.; so schon RGZ 205, 207. 85 Schröer in Senler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 31. 86 OLG Hamburg v. 29.10.1999 – 11 U 71/99, AG 2000, 326, 327; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 12; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 55.
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Eine Höchstbetragskapitalerhöhung kann mit einem Mindestbetrag kombiniert werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Kapitalerhöhung nicht in einem unzureichenden Umfang durchgeführt werden muss. Die Kapitalerhöhung scheitert dann, wenn der Mindestbetrag nicht erreicht wird. Zwingend erforderlich ist die Angabe eines Mindestbetrags nicht87.
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Wird kein fester Erhöhungsbetrag bestimmt, muss festgelegt werden, nach welchen Kriterien sich der genaue Erhöhungsbetrag bestimmt, in der Regel Anzahl der Zeichnungen in einer bestimmten Frist, wobei die Zeichnungen auch von Dritten kommen können, wenn der Beschluss dies vorsieht. Dem Vorstand darf hier kein eigenes Ermessen eingeräumt werden88. Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss eine Frist bestimmen, innerhalb derer die Kapitalerhöhung durchgeführt sein muss. Dadurch soll sicher gestellt werden, dass der Erfolg der Kapitalerhöhung allein von den Aktionären abhängt und der Vorstand den Umfang der Kapitalerhöhung nicht durch die Festsetzung des Zeitpunkts der Durchführung beeinflusst89. Die Durchführungsfrist sollte sechs Monate nicht überschreiten90. Ansonsten verwischt die Grenze zum genehmigten Kapital.
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b) Art der auszugebenden Aktien Im Kapitalerhöhungsbeschluss sollte die Gattung der auszugebenden Aktien angegeben werden. Bei Fehlen dieser Angaben gelten die Bestimmungen der Satzung91. Hat eine Gesellschaft Stückaktien, so sind auch die Jungaktien notwendigerweise Stückaktien. Der auf sie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals ist nicht in den Beschluss aufzunehmen. Gem. § 182 Abs. 1 Satz 5 AktG muss sich die Zahl der Aktien in demselben Verhältnis erhöhen wie das Grundkapital, das heißt der anteilige Betrag des Grundkapitals muss für die alten und neuen Aktien identisch sein92.
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Hat eine Gesellschaft verschiedene Aktiengattungen, sind verschiedene Gestaltungsformen möglich. Der Kapitalerhöhungsbeschluss kann vorsehen, dass nur eine Gattung von Aktien neu ausgegeben wird. Hat eine Gesellschaft Stamm- und Vorzugsaktien, kann sie im Rahmen einer Kapitalerhöhung nur neue Stammaktien ausgeben. In diesem Fall haben sowohl die Stamm- wie auch die Vorzugsaktionäre ein Recht zum Bezug der neuen Stammaktien93. Die Gesellschaft kann aber auch proportional neue Stamm- und Vorzugsaktien ausgeben, damit das Verhältnis von Stamm- und Vorzugsaktien auch nach der Kapitalerhöhung gewahrt bleibt. Da bisher Unsicherheit darüber besteht, ob Aktionäre nur ein Gattungsbezugsrecht haben (vgl. dazu oben Rz. 29), empfiehlt es sich in diesem Fall, im Kapitalerhöhungs-
51
87 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 55; LG Hamburg v. 2.12.1993 – 405 O 162/93, AG 1995, 92, 93; Hölters in MünchVertragsHdb. GesR, Form V. 113 Anm. 8. 88 Hölters in MünchVertragsHdb. GesR Form V. 113 Anm. 8; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 5; OLG Hamburg v. 29.10.1999 – 11 U 71/99, AG 2000, 326, 327. 89 LG Hamburg v. 2.12.1993 – 405 O 162/93, AG 1995, 92,93; OLG Hamburg v. 29.10.1999 – 11 U 71/99, AG 2000, 326, 327 hält feste Frist nicht für erforderlich, sondern Vorgaben durch die HV für die Durchführung der Kapitalerhöhung für ausreichend; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 12, Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 56. 90 Lutter in FS Schilling, 1973, S. 207, 214; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 23. 91 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 24; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 13. 92 Hüffer, AktG, § 182 Rz. 13a. 93 Groß, AG 1993, 449, 451; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 70.
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beschluss einen gekreuzten Bezugsrechtsausschluss vorzusehen. Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss dann bestimmen, um welche Grundkapitalbeträge die einzelnen Gattungen erhöht werden und gleichzeitig das Bezugsrecht der Stammaktionäre auf Vorzugsaktien bzw. das der Vorzugsaktionäre auf Stammaktien ausschließen94. c) Bezugsverhältnis 52
Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss zwingend das Bezugsverhältnis festlegen, das heißt bestimmen, wie viele alte Aktien zum Bezug einer neuen Aktie berechtigen95. Ist das Grundkapital nicht durch den Faktor teilbar, um den es erhöht werden soll, ergeben sich freie Spitzen. Für diese freien Spitzen kann zur Erleichterung der Durchführung der Kapitalerhöhung das Bezugsrecht ausgeschlossen werden96. Das Bezugsverhältnis darf allerdings nicht willkürlich so bemessen werden, dass eine vermeidbar hohe Anzahl von Spitzen entsteht, etwa um diese bei institutionellen Aktionären zu platzieren. Dies würde einem faktischen Bezugsrecht gleichkommen97. d) Ausgabebetrag und Bezugspreis
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Im Kapitalerhöhungsbeschluss sind der Ausgabebetrag bzw. Bezugspreis festzusetzen. Ausgabebetrag und Bezugspreis müssen nicht zwingend identisch sein. Der Ausgabebetrag ist der Betrag, der bei der Zeichnung zu zahlen ist, der Bezugspreis ist der Preis, den die Aktionäre bei der Ausübung ihres Bezugsrechts zu bezahlen haben. Ausgabebetrag und Bezugspreis können beim mittelbaren Bezugsrecht auseinanderfallen. Die Emissionsbanken zeichnen die Aktien zu einem bestimmten fixen Betrag. Der Bezugspreis kann höher sein, etwa wenn er marktnah aufgrund eines Bookbuilding-Verfahrens bestimmt wird. Die Emissionsbanken müssen dann vertraglich verpflichtet werden, die Differenz an die Gesellschaft abzuführen, ggf. abzüglich der Provision (vgl. unten Rz. 68).
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Grundsätzlich ist die Hauptversammlung für die Festsetzung des Ausgabebetrags zuständig. Wie sich im Umkehrschluss aus § 182 Abs. 3 AktG ergibt, muss die Hauptversammlung aber keinen festen Ausgabebetrag angeben und kann die nähere Bestimmungen dem Vorstand oder dem Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats überlassen98. Sie kann auch ein bestimmtes Verfahren vorschreiben, an das die Verwaltung bei der Bestimmung des Ausgabebetrags gebunden ist, etwa Durchführung 94 S. Formulierungsvorschlag bei Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 29; Näheres auch unten § 5. 95 Hölters in MünchVertragsHdb. GesR, Form V. 112 Anm. 9. 96 Vgl. unten § 5 Rz. 14; Formulierungsvorschlag für Bezugsrechtsausschluss und Vorstandsbericht bei Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 52. 97 Vgl. hierzu BGH v. 5.7.1999 – II ZR 126/98 – „Hilgers“ BGHZ 142, 167, 170 f. = AG 1999, 517. Der BGH hat entschieden, dass der Mehrheitsaktionär aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber den Minderheitsaktionären verpflichtet ist, bei einer Kapitalherabsetzung den geringstmöglichen rechnerischen Nennbetrag so zu wählen, dass das Entstehen unverhältnismäßig hoher Spitzen vermieden wird. Vgl. hierzu mit Beispielen Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 79; s. auch: J. Vetter, AG 2000, 193, 201 ff.; zur Festlegung des Bezugsverhältnisses bei Kapitalerhöhung Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177; Hölters in MünchVertragsHdb. GesR, Form V. 113 Anm. 9. 98 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 64; Hüffer, AktG, § 182 Rz. 24; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 25.
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eines Bookbuilding-Verfahrens oder Angabe eines Höchst- und eines Mindestbetrags festlegen. Wird der Ausgabebetrag nicht konkret durch die Hauptversammlung festgelegt, ist grundsätzlich der Vorstand im Rahmen seiner Finanzierungsverantwortung für die Festlegung zuständig. Es ist allerdings nicht klar, ob der Vorstand die Aktien zwingend zum geringsten Ausgabebetrag auszugeben hat oder auch einen darüber gehenden Ausgabepreis festlegen darf99. Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, sollte der Ausgabebetrag daher im Kapitalerhöhungsbeschluss festgelegt werden. Der Ausgabebetrag darf den Nennwert bzw. den auf die einzelnen Stückaktien fallenden Anteil am Grundkapital nicht unterschreiten. Ansonsten ist er bei Gewährung eines Bezugsrechts nach unten nicht begrenzt. Anders als beim Ausschluss des Bezugsrechts kann also ein erheblicher Abschlag auf den Börsenkurs vorgesehen werden. Wird der Ausgabebetrag weit über dem zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Börsenkurs festgesetzt, kann darin ein faktischer Bezugsrechtsausschluss liegen100.
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e) Weitere Bestandteile des Kapitalerhöhungsbeschlusses Der Kapitalerhöhungsbeschluss sollte den Beginn der Gewinnberechtigung bestimmen. Ohne Angabe des Zeitpunkts für den Beginn der Gewinnberechtigung, sind die neuen Aktien gem. § 60 Abs. 2 Satz 3 AktG nur zeitanteilig ab Eintragung der erfolgten Kapitalerhöhung gewinnberechtigt101.
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Folgende weitere Fristen können im Hauptversammlungsbeschluss festgelegt werden:
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– Ist das Volumen der Kapitalerhöhung nur durch Mindest- und/oder Höchstbetrag festgelegt, muss eine Frist bestimmt werden, in der die Kapitalerhöhung durchgeführt werden muss (vgl. Rz. 49). In anderen Fällen ist nicht zwingend eine Durchführungsfrist festzusetzen. – Die Hauptversammlung kann die Bezugsfrist bestimmen. Diese muss mindestens zwei Wochen betragen (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG). Bei fehlender Angabe gilt diese Mindestfrist. – Der Hauptversammlungsbeschluss kann eine Nachfrist für die Zeichnung der innerhalb der Bezugsfrist nicht gezeichneten Aktien setzen. Die Hauptversammlung kann auch bestimmen, wer innerhalb dieser Nachfrist zeichnen kann. Dies müssen nicht zwingend die Aktionäre sein, sondern können auch Dritte, zum Beispiel bestimmte Investoren sein. (zum Nachbezugsrecht vgl. oben Rz. 40). – Die Hauptversammlung kann auch eine Verfallsfrist bestimmen, nach deren Ablauf die Zeichnungen unverbindlich werden. Solch eine Frist ist zwingender Inhalt des Zeichnungsscheins (§ 185 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Enthält der Hauptversammlungsbeschluss keine Regelung, bestimmt der Vorstand die Verfallfrist102. – Der Hauptversammlungsbeschluss kann die Fälligkeit der Einlagen regeln, sofern diese nicht bei Eintragung der Durchführung voll eingezahlt werden sollen.
99 Zur Diskussion: Hüffer, AktG, § 182 Rz. 25 m.w.N.; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 27. 100 Hierzu Groß, AG 1993, 449, 454 ff. und § 5 Rz. 6. 101 Hüffer, AktG, § 182 Rz. 15; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 30. 102 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 32.
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Die Durchführung der Kapitalerhöhung erfordert eine Satzungsänderung, weil die Satzungsbestimmung über Höhe und Zusammensetzung des Grundkapitals angepasst werden muss. Es handelt sich bei dieser Anpassung aber nur um eine Fassungsänderung103. Handelt es sich um eine Festbetragskapitalerhöhung mit mittelbarem Bezugsrecht, kann die entsprechende Satzungsänderung bereits durch die Hauptversammlung beschlossen werden. Bei einer „Bis-Zu“-Kapitalerhöhung sollte eine Ermächtigung gem. § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG in den Hauptversammlungsbeschluss aufgenommen werden, sofern der Aufsichtsrat nicht bereits durch die Satzung zu Fassungsänderungen ermächtigt ist104.
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Schließlich sollte in die allgemeine Ermächtigung aufgenommen werden, dass der Vorstand – gegebenenfalls mit Zustimmung des Aufsichtsrats – berechtigt ist, weitere Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung festzusetzen105. f) Mittelbares Bezugsrecht
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Wie bereits oben dargestellt (Rz. 10), finden Bezugsrechtsemissionen von Publikumsgesellschaften fast ausschließlich unter Einschaltung eines Kreditinstituts bzw. eines Konsortiums mehrerer Kreditinstitute statt. Ein mittelbares Bezugsrecht wird nur dann nicht in Betracht kommen, wenn eine „Bis-Zu“-Kapitalerhöhung gewollt ist. Das mittelbare Bezugsrecht sieht seiner Systematik nach vor, dass eine feste Anzahl von Aktien von dem Kreditinstitut übernommen werden, die dann den Bezugsberechtigten angeboten werden106. Bei einer Höchstbetragskapitalerhöhung steht die Zahl der zu zeichnenden Aktien erst nach dem Ende der Bezugsfrist fest. Legt man § 186 Abs. 5 AktG als Ausnahme vom Erfordernis des Bezugsrechtsausschlusses eng aus, fällt diese Form der Kapitalerhöhung nicht unter diese Vorschrift. Die Bank übernimmt hier kein Platzierungsrisiko, sondern zeichnet nur in Höhe der tatsächlichen Nachfrage. Sie übernimmt hier nur eine Abwicklungsfunktion.
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Da die jungen Aktien unmittelbar von dem eingeschalteten Emissionskonsortium gezeichnet werden, liegt formal ein Bezugsrechtsausschluss vor. Das Gesetz befreit aber dieses Verfahren von den strengen materiellen und förmlichen Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 5 AktG), wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen: (1) Das mittelbare Bezugsrecht muss im Hauptversammlungsbeschluss festgesetzt werden. Der Beschluss muss ausdrücklich das direkte Bezugsrecht ausschließen und festlegen, dass die jungen Aktien von einem oder mehreren Kreditinstituten im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG mit der Verpflichtung übernommen werden sollen, die Aktien den Aktionären zum Bezug anzubieten107. Das mittelbare Bezugsrecht kann sich auch nur auf einen Teil der Kapitalerhöhung beschränken. Für einen Teil der Kapitalerhöhung kann das Bezugsrecht auch direkt gewährt werden. Hat 103 BayObLG v. 5.10.1973 – 3 Z 14/72, AG 1974, 24, 26; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 179 Rz. 107. 104 Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 15. 105 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 35. 106 Ausführlich zum mittelbaren Bezugsrecht Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 55 ff. 107 LG Koblenz v. 12.3.1996 – 6 U 470/96, NZG 1998, 552 f.; OLG Düsseldorf v. 24.3. 2000 – 16 U 70/99, AG 2001, 51, 53.
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die Gesellschaft z.B. einen Großaktionär, kann diesem ein Direktbezugsrecht eingeräumt werden, da die Abwicklung über Emissionsbanken insoweit keinen Vorteil bringt. Dadurch kann die Provision der Emissionsbanken reduziert werden108. (2) Mittler des Bezugsrechts können nur Kreditinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG oder gleichgestellte Unternehmen im Sinne von § 53 Abs. 1 KWG (Zweigstellen von Kreditinstituten im Ausland) oder Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums gem. § 53b Abs. 1 und 7 KWG sein. Finanzdienstleistungsinstitute gem. § 1 Abs. 1a KWG und Finanzunternehmen gem. § 1 Abs. 3 KWG sind nicht zugelassen. Wenn die Emission von einem Konsortium übernommen wird, muss jeder Konsorte ein zugelassenes Kreditinstitut im Sinne von § 186 Abs. 5 AktG sein109. Die übernehmenden Kreditinstitute können im Hauptversammlungsbeschluss bereits bezeichnet werden, müssen aber nicht. Fehlt eine konkrete Festlegung, entscheidet der Vorstand110. Sollen andere als Bezugsmittler fungieren, z.B. der Großaktionär, gilt die Privilegierung des § 186 Abs. 5 AktG nicht mehr. Es müssen dann alle Voraussetzungen für einen Bezugsrechtsauschluss eingehalten werden111. (3) Das Kreditinstitut muss sich gegenüber der Gesellschaft verpflichten, die neuen Aktien den Aktionären zum Bezug anzubieten. Diese Pflicht zum Angebot muss als Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB ausgestaltet sein112. Die Aktionäre erhalten einen unmittelbaren Bezugsanspruch gegen das übernehmende Emissionskonsortium. Der Hauptversammlungsbeschluss muss daher die Verwaltung anweisen, die Zeichnungsverträge mit den Emissionsbanken nur Zug um Zug gegen Übernahme der Verpflichtung durch die Banken abzuschließen, sämtliche Aktien, für die kein Direktbezug vorgesehen ist, an die Bezugsberechtigten weiterzugeben113. Die Emissionsbanken fungieren insoweit als fremdnützige Treuhänder für die Aktionäre114. (4) Die Zeichung der Aktien durch die Emissionsbanken wird in der Regel erst am Ende der Bezugsfrist erfolgen (vgl. oben Rz. 21). Überschreitet die für das Konsortium zeichnende Bank eine der Meldeschwellen gem. § 21 WpHG, muss der Aktienerwerb nicht gemeldet werden, wenn zwischen Übernahme und Abwicklung nicht mehr als drei Handelstage liegen (§ 23 Abs 2 Nr. 1 WpHG). Diese Frist beginnt mit Entste108 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 45; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 34; Kraft/ Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 105; als h.M. bezeichnet in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/299. 109 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 46. 110 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 49; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 35; Kraft/ Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 105. 111 Grund für die Beschränkung ist, dass nur Kreditinstitute und gleichgestellte Institute der Bankaufsicht unterliegen. Das Gesetz geht davon aus, dass nur bei solchen, der Aufsicht unterliegenden Unternehmen, das Bezugsrecht genauso gesichert ist, wie bei einem unmittelbaren Bezug. Vgl. Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 35. 112 BGH v. 22.4.1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, 203, 208 = AG 1991, 270; BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96; BGH v. 5.4.1993 – I ZR 195/91, BGHZ 122, 180, 186; OLG Düsseldorf v. 24.3.2000 – 16 U 70/99, AG 2001, 51, 52 f. 113 Formulierungsmuster bei Hölters in MünchVertragsHdb. GesR, Form V. 113 (Kapitalerhöhungsbeschluss) und Form V. 114 (Zeichnungsschein); in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/299; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 37. 114 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 97 = AG 1992, 312; Groß, AG 1993, 108, 115; Priester in FS Brandner, 1996, S. 97, 102 f.
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hung der Aktien, also der Eintragung, nicht der Zeichnung. Diese Frist sollte bei der Planung des Ablaufs der Bezugsrechtsemission berücksichtigt werden. g) Beschlussmehrheit 63
Die Kapitalerhöhung ist eine Satzungsänderung. Wie sonstige Satzungsänderungen bedarf der Beschluss daher neben der einfachen Stimmenmehrheit (§ 133 Abs. 2 AktG) grundsätzlich einer Kapitalmehrheit, die mindestens Dreiviertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfassen muss (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Satzung kann vorsehen, dass für einen Kapitalerhöhungsbeschluss die einfache Kapitalmehrheit genügt (§ 182 Abs. 1 Satz 2 AktG). Nicht ganz eindeutig ist die Rechtslage, wenn die Satzung – wie es oft der Fall ist – vorsieht, dass alle Beschlüsse mit einfacher Stimmen- bzw. Kapitalmehrheit gefasst werden, soweit nicht Gesetz oder Satzung zwingend etwas anderes vorsehen. Teilweise wird vertreten, dass eine einfache Mehrheit nur dann ausreichend ist, wenn die Satzungsklausel deutlich den Kapitalerhöhungsbeschluss erfasst115. Wegen dieser Unsicherheit kann es sich empfehlen, eine größere Mehrheit zu verlangen. Ist in der Satzung das Mehrheitserfordernis für Kapitalerhöhungen auf einfache Mehrheit reduziert worden, so gilt dies auch für das mittelbare Bezugsrecht, obwohl es sich formal um einen Bezugsrechtsauschluss handelt, für den ansonsten zwingend eine Dreiviertelmehrheit erforderlich ist (§ 186 Abs. 3 Satz 3 AktG)116. Die einfache Beschlussmehrheit reicht in jedem Fall dann nicht, wenn nur neue Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden117.
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Komplizierter wird die Rechtslage, wenn Aktien verschiedener Gattungen bestehen. Soweit die unterschiedlichen Gattungen stimmberechtigt sind, muss jede Gattung einen Sonderbeschluss fassen. Der Sonderbeschluss bedarf einer Mehrheit von Dreiviertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals sowie der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Aktionäre der jeweiligen Gattung (§ 182 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 AktG). Für den praktisch wichtigsten Fall, dass neben den Stammaktien stimmrechtslose Vorzugsaktien bestehen, gilt hinsichtlich des Erfordernisses eines Sonderbeschlusses und der Kapitalmehrheiten Folgendes: – Werden nur Stammaktien ausgegeben und erhalten die Vorzugsaktien hierauf ein Bezugsrecht, ist kein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre erforderlich118. – Werden neue Vorzugsaktien ausgegeben, die gegenüber den bestehenden Vorzugsaktien Vorrang haben oder ihnen gleichstehen, und erhalten die Vorzugsaktionäre ein Bezugsrecht, ist ein Sonderbeschluss dann entbehrlich, wenn die Satzung den Vorbehalt enthält, dass solche Vorzugsaktien ohne Zustimmung der Vorzugsaktionäre ausgegeben werden dürfen (§ 141 Abs. 2 AktG). – Werden Vorzugsaktien ausgegeben, die bei der Gewinnverteilung den bestehenden Vorzugsaktien nachrangig sind, bedarf es keines Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre. 115 Hüffer, AktG, § 182 Rz. 8; Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 17; a.A. Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 14; Butzke in Obermüller/Werner/Winden, HV der Aktiengesellschaft, L Rz. 10. 116 Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 34. 117 Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 17. 118 Schröer in Semler/Volhard, ArbHdb. HV, § 22 Rz. 21.
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2. Zeichnung a) Rechtsnatur und Inhalt des Zeichnungsvertrags Der Zeichnungsvertrag hat eine Doppelnatur. Zum einen ist er schuldrechtlicher Vertrag mit Zahlungs- und Lieferpflichten, zum anderen ist er ein korporationsrechtliches Rechtsgeschäft, das auf Einräumung einer Mitgliedschaft in einer Gesellschaft gerichtet ist119. Der Zeichnungsvertrag kommt zustande durch Abgabe der Zeichnungserklärung. Die Zeichnungserklärung ist die Annahme des Angebots der Gesellschaft, das in dem Kapitalerhöhungsbeschluss und der Zulassung der Emissionsbanken zur Zeichnung zu sehen ist120. Die Zeichnungserklärung ist formgebunden und muss den Anforderungen von § 185 Abs. 1 AktG entsprechen.
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Aus dem Zeichnungsvertrag folgt die Verpflichtung des Zeichners zur Zahlung der Bareinlage für die gezeichneten Aktien. Die Gesellschaft verpflichtet sich, dem Zeichner im festgelegten Umfang Mitgliedsrechte zuzuteilen, wenn die Kapitalerhöhung durchgeführt wird. Der Zeichnungsvertrag gibt den Emissionsbanken keinen Anspruch gegen die Gesellschaft auf tatsächliche Durchführung der Kapitalerhöhung. Die Durchführung der Kapitalerhöhung hat satzungsändernden Charakter und kann daher nicht Gegenstand von schuldrechtlichen Verpflichtungen sein121.
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Wird mehr als eine Bank zur Abwicklung der Emission eingeschaltet, stellt sich die Frage, ob das Emissionskonsortium aus dem Zeichnungsschein als BGB-Gesellschaft122 auf Zahlung der Bareinlage haftet oder die einzelnen Konsortialmitglieder auf ihre jeweilige Übernahmequote. Im Übernahmevertrag werden die Emissionsbanken ausdrücklich vereinbaren, dass sie nicht als Gesamtschuldner haften. Der BGH hat aber entschieden, dass aus Gründen der Kapitalerhaltung und Kapitalaufbringung die Beschränkung der Haftung in der BGB-Gesellschaft im Falle einer Beteiligung an einer AG unzulässig und unwirksam ist123. Der Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung im Übernahmevertrag ist daher nicht mit der Zeichnung der Emissionsbanken als BGB-Gesellschaft vereinbar. Sollen nicht alle Emissionsbanken einzeln zeichnen, der Konsortialführer gegenüber der Gesellschaft aber auch nicht alleine für die gesamte zu zahlende Bareinlage haften, muss der Konsortialführer im Auftrag und in Vertretung der jeweils anderen Konsortialmitglieder zeichnen124. Obwohl der Zeichnungsschein nur von dem Konsortialführer unterschrieben wird, liegen rechtlich einzelne Zeichnungen der Konsortialmitglieder entsprechend ihrer im Übernahmevertrag festgesetzten Quote vor. Verschiedentlich wird empfohlen, die Quoten im Zeichnungsschein anzugeben, um jegliche Gefahr einer gesamtschuldnerischen Haftung des Konsortialführers auszuschließen125. In der Praxis hat sich dies jedoch nicht durchgesetzt und der Konsortialführer kann
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119 Hüffer, AktG, § 185 Rz. 4; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 185 Rz. 29. 120 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/315. 121 Hüffer, AktG, § 185 Rz. 4; Lutter in FS Schilling, 1973, S. 207, 217, 228 f.; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 118; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/316. 122 Vgl. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 60; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 181, 184; Groß, AG 1993, 108, 116. 123 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 99 = AG 1992, 312; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 204; Groß, AG 1993, 108, 116. 124 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/316b; bei der Zeichnung ist generell Stellvertretung zulässig: vgl. Hüffer, AktG, § 185 Rz. 5. 125 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/316b.
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sich auch dadurch schützen, dass er den Zeichnungsschein erst dann unterzeichnet, wenn die anderen Konsortialmitglieder ihren Anteil des bei der Anmeldung der Kapitalerhöhung zu zahlenden Zeichnungsbetrags auf ein Konto beim Konsortialführer eingezahlt haben. b) Zeichnung zum Nennbetrag oder zum Bezugspreis 68
Gem. §§ 188 Abs. 2, 36a AktG sind nach Zeichnung sofort mindestens ein Viertel des Nennbetrags bzw. des anteiligen Betrags vom Grundkapital und das gesamte Aufgeld einzuzahlen. Zeichnen die Emissionsbanken zum Bezugskurs, müssen sie die Kapitalerhöhung fast komplett vorfinanzieren. Erfolgt die Zeichnung bereits vor dem Beginn der Bezugsfrist und ist die Bezugsfrist länger als die Mindestfrist von zwei Wochen, haben sie den Kapitalerhöhungsbetrag für fast einen Monat zwischenzufinanzieren. Um dies zu vermeiden und die Kosten der Emission nicht weiter zu erhöhen, hat sich das so genannte zweistufige Verfahren durchgesetzt. Dabei werden die Aktien von den Emissionsbanken zu pari gezeichnet. Gleichzeitig besteht eine durch den Übernahmevertrag festgesetzte Verpflichtung, den Unterschiedsbetrag zwischen dem Endbetrag bzw. anteiligen Betrag des Grundkapitals und dem Bezugspreis am Ende der Platzierung an die Gesellschaft abzuführen126. Dies erlaubt auch die unmittelbare Verrechnung der Provisionen und sonstiger Kosten mit dem Platzierungserlös.
3. Die Einzahlung des Kapitalerhöhungsbetrags a) Kapitalerhöhungskonto 69
Die Banken haben bei Zeichnung im einstufigen Verfahren den gesamten Ausgabebetrag, der dem Bezugspreis entspricht, im zweistufigen Verfahren 25 % des Ausgabebetrags, d.h. den auf die jungen Aktien entfallenden anteiligen Betrag, auf ein Sonderkapitalerhöhungskonto der Gesellschaft zu zahlen. Im Übernahmevertrag wird geregelt, wann der restliche Teil des Ausgabebetrags zu zahlen ist. Meistens erfolgt die Zahlung zusammen mit dem Mehrplatzierungserlös am Abrechnungstag oder Closing. Das Kapitalerhöhungskonto kann bei der zeichnenden Emissionsbank geführt werden. Dies widerspricht nach herrschender Meinung nicht den Kapitalaufbringungsgrundsätzen. Es besteht kein Grund für die Annahme, dass andere Institute grundsätzlich weniger insolvenzanfällig wären als die an der Kapitalerhöhung beteiligte Bank. Die Gesellschaft erhält daher in Gestalt der Gutschrift auf dem Kapitalerhöhungskonto den gleichen Vermögenszufluss, den sie durch eine Gutschrift bei einem anderen Kreditinstitut erhalten hätte127.
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Es ist gängige Praxis, dass die Gesellschaft für die Zeit von der Einzahlung durch die Zeichnerbank bis zum Abrechnungstag, das heißt bis zum Eingang des gesamten Emissionserlöses, keine Zinsen erhält. Auch dies verstößt nach herrschender Meinung nicht gegen den Grundsatz der Kapitalaufbringung oder der freien Verfügbar-
126 Vgl. hierzu Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1999, S. 25, 31 ff. 127 Henze in Großkomm. AktG, § 54 Rz. 95; Überblick über den Meinungsstand zur Führung des Kontos bei einer der an der Kapitalerhöhung beteiligten Banken bei Cahn, ZHR 176 (2002), 278, 299.
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keit des eingezahlten Betrags128. Die zeichnende Bank erhält für ihre Einzahlung die jungen Aktien, ohne aus diesem Aktienbesitz einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen zu können. Müsste sie das „Sonderkonto“ Kapitalerhöhung schon in der Zeit zwischen der Zeichnung und der Abrechnung des Emissionserlöses verzinsen, wäre dies ein Aufwand, den sie der Gesellschaft als Kosten der Emission in Rechnung stellen müsste. Für die Gesellschaft wäre die Verzinsung also letztlich ein „Nullsummenspiel“129. Weiter ist es übliche Praxis und manchmal auch ausdrücklich im Übernahmevertrag vereinbart, dass die Gesellschaft den eingezahlten Betrag vor dem Abrechnungstag nicht von dem Sonderkonto abziehen darf. Auch dies widerspricht nicht dem Grundsatz der freien Verfügbarkeit des eingezahlten Betrags. Mit der Vereinbarung des Nichtabziehens hat die Gesellschaft bereits über den Betrag im Sinne eines „Stehenlassens“ verfügt130. b) Einzahlungsbestätigung Über die Einzahlung erteilt die kontoführende Bank, in der Regel der Konsortialführer, gem. §§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2, 36a Abs. 1, 37 Abs. 1 AktG eine Einzahlungsbestätigung. Für deren inhaltliche Richtigkeit haftet die bestätigende Bank gem. § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG131. Durch die gesetzlich angeordnete Einzahlung zumindest der Mindesteinlage vor Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung und damit vor Eintragung der Durchführung und Begebung der neuen Aktien, muss das Emissionskonsortium vorleisten. Dies stößt insbesondere bei angelsächsischen Banken immer wieder auf Vorbehalte, weil in der angelsächsischen Praxis Closing und Begebung der Aktien zusammenfallen. Das Vorleistungsrisiko kann vermindert werden, wenn die Einzahlungsbestätigung den Vorbehalt enthält, der Betrag stehe unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung bzw. Durchführung der Kapitalerhöhung zur freien Verfügung des Vorstandes132. Bei einem Zeichnungsschein ist ein solcher Vorbehalt nicht erforderlich, weil er aufgrund seiner Befristung bei Nichtdurchführung der Kapitalerhöhung automatisch unverbindlich wird.
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c) Verwendung des Ausgabebetrages zur Tilgung von Bankverbindlichkeiten Soll der Ausgabebetrag zur Tilgung von Bankverbindlichkeiten verwendet werden, die gegenüber einer oder mehrerer Emissionsbanken bestehen, kann eine verdeckte Sacheinlage vorliegen. In Sanierungssituationen kann die Verlängerung von Kreditlinien von der Teilrückführung bestehender Linien durch eine Kapitalerhöhung abhängen. Oft sind dann die kreditgebenden Banken auch in die Abwicklung der Kapitalerhöhung eingeschaltet. Es ist unstreitig, dass ein Fall der so genannten verdeckten Sacheinlage vorliegt, wenn die Gesellschaft den von einem Zeichner erhaltenen Bareinlagebetrag zur Tilgung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Bareinleger verwendet. Es handelt sich hier um den klassischen Fall der Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch ein Hin- und Herzahlen133. Die Bareinlage gilt dann als nicht geleistet 128 Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1999, S. 25, 34; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/317a. 129 Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1999, S. 25, 34. 130 Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1999, S. 25, 34. 131 Zur Reichweite dieser Haftung Röhricht in FS Boujong, 1996, S. 457, 465. 132 Zur Zulässigkeit dieses Vorbehalts Lutter in FS Heinsius, 1991, S. 497, 512 ff. 133 Vgl. BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 ff.
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und die Gesellschaft hat Anspruch auf Erbringung der Sachleistung, das heißt Einbringung der Darlehensforderung134. Nach herrschender Ansicht in der Literatur135 und in der Rechtsprechung136 liegt keine verdeckte Sacheinlage vor, wenn eine Emissionsbank im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit mittelbarem Bezugsrecht Aktien zeichnet und mit dem von den Banken ausgezahlten Ausgabebetrag ein Darlehen einer oder mehrerer Emissionsbanken getilgt wird. Der BGH hat die Privilegierung der Emissionsbank damit begründet, dass diese lediglich eine Abwicklungsfunktion habe und kein wirtschaftliches Eigeninteresse mit der (kurzfristigen) Gesellschafterstellung verfolge. Die Emissionsbanken handeln als fremdnützige Treuhänder137. 73
Voraussetzung für diese Privilegierung ist aber nach Auffassung des BGH, dass die Banken keine Rechte aus den Aktien wahrnehmen und keine Aktien erwerben. Sofern Bezugsrechte nicht ausgeübt werden oder Restquoten verbleiben, ist dies nach Ansicht des BGH insoweit unschädlich, als die nichtbezogenen Aktien nach Weisung des Vorstandes der Emittentin verwertet werden138. Nach diesen Grundsätzen kann die Rückführung von Bankschulden im Zusammenhang mit einem mittelbaren Bezugsrecht in zwei Fällen problematisch sein: Die Banken haben gegenüber dem Emittenten einen bestimmten Bezugspreis garantiert und müssen diesen zahlen, unabhängig von der Ausübung von Bezugsrechten. Sie tragen alleine das Verwertungsrisiko. Insofern fungieren die Banken hier nicht mehr als reine Abwicklungsstelle, sondern sie haben ein eigenes wirtschaftliches Interesse. Im anderen Fall erwirbt die Emissionsbank Bezugsrechte von Altaktionären und versucht dann, die bezogenen Aktien im Markt zu platzieren. Beide Konstellationen werden aber als unschädlich für die Privilegierung der Emissionsbanken angesehen139. Im Falle der Übernahme der Preisgarantie sollten die Emissionsbanken zur Dokumentation der Treuhänderstellung verpflichtet bleiben, bei Weiterplatzierung der Aktien immer den überschießenden Erlös an die Gesellschaft abzuführen. Diese Pflicht sollte sich nicht nur auf die Aktien beschränken, für die das Bezugsrecht ausgeübt wird140. Im Fall des Verkaufs von Bezugsrechten sollte die fremdnützige Treuhänderstellung für den Altaktionär durch eine Verpflichtung dokumentiert werden, den wirtschaftlichen Wert des Bezugsrechts über den Bezugspreis hinaus an den Altaktionär auszukehren141.
4. Anmeldung und Eintragung 74
Nach Zeichnung, Zahlung des Ausgabebetrages und Ausstellung der Einzahlungsbestätigung kann die Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung angemeldet 134 Vgl. Frese, AG 2001, 15, auch mit Hinweis auf Haftung der Berater in diesem Zusammenhang. 135 Vgl. Frese, AG 2001, 15, 20; Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1996, S. 25, 35. 136 BGH v. 5.4.1993 – II ZR 195/91, BGHZ 122, 180, 186; BGH v. 19.6.1995 – II ZR 29/94, WM 1995, 1409 = MDR 1995, 1129. 137 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96 f. = AG 1992, 312. 138 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 93, 99 = AG 1992, 312. 139 Groß, AG 1993, 108, 116 f.; Frese, AG 2001, 15, 20 ff. Rechtsprechung zu diesen Fragen gibt es nicht. Allerdings hat das OLG Düsseldorf im Urteil vom 22.12.1993 – 6 U 175/89 als Vorinstanz zu BGH v. 19.6. 1995 – II ZR 29/94, WM 1995, 1409 entschieden, dass die Treuhänderstellung der Emissionsbanken erhalten bleibt, wenn sie im Rahmen des Bezugsangebots Bezugsrechte handeln, Bezugsrechte selbst erwerben und diese dann weiter verkaufen. 140 In diese Richtung auch Frese, AG 2001, 15, 22. 141 Frese, AG 2001, 15, 22.
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werden. In der Praxis werden in der Regel die Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) und der Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 184 AktG) miteinander verbunden. Dadurch können die Eintragungskosten reduziert werden142. Eine separate Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses kann sich aber dann empfehlen, wenn man mit der Eintragung der Durchführung bis zum Ende der Bezugsfrist warten will (vgl. oben Rz. 19), aber schon im Bezugsangebot auf die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses hinweisen will. Eine solche Vorabanmeldung reduziert auch das Durchführungsrisiko, weil der Handelsregisterrichter den Kapitalerhöhungsbeschluss schon geprüft hat und nur noch das Vorlegen des Zeichnungsscheins und der Einzahlungsbestätigung durchsehen muss. Eine zügige Eintragung ist dann gesichert. Das Registergericht hat neben den formalen Voraussetzungen der Eintragung zu überprüfen, ob der gesamte Kapitalerhöhungsvorgang mit Gesetz und Satzung vereinbar ist143.
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5. Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses, Freigabeverfahren Sofern die Kapitalerhöhung durch die Hauptversammlung beschlossen wird, kann dieser Beschluss angefochten werden. Gründe für eine Anfechtung können formale Fehler bei der Einladung sein, Verstöße gegen das Informationsrecht, insbesondere fehlende Beantwortung von Fragen, und eventuell ein so genannter faktischer Bezugsrechtsausschluss, falls der Bezugspreis über dem Börsenpreis liegt (vgl. oben Rz. 38). Das Anfechtungsrisiko ist wesentlich geringer als bei einem Bezugsrechtsausschluss, wo der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertig werden muss und diese sachliche Rechtfertigung der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Eine Anfechtungsklage bewirkt keine Registersperre. Der Registerrichter war bislang allerdings berechtigt, das Eintragungsverfahren nach § 127 FGG bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Anfechtungsverfahren auszusetzen und hat dies in der Regel auch getan. Auf diese Weise konnten Anfechtungskläger den Vollzug des Kapitalerhöhungsbeschlusses über lange Zeit herauszögern. Um eine schnelle und erfolgreiche Abwicklung der Emission zu ermöglichen, blieb dem Emittenten in diesen Fällen oft nichts anderes übrig, als eine Klagerücknahme mit dem Kläger zu vereinbaren, was oft mit irgendwie gearteten Zuwendungen an den Kläger verbunden war. Derart missbräuchlichen Anfechtungsklagen144 wirkt nunmehr das am 1.11.2005 in Kraft getretene UMAG entgegen, das wie im Umwandlungsgesetz ein Freigabeverfahren bei Anfechtung von Kapitalmaßnahmen oder Unternehmensverträgen vorsieht145. Gem. § 246a AktG kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft durch rechtskräftigen Beschluss feststellen, dass die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Kapitalmaßnahme 142 Hüffer, AktG, § 188 Rz. 18. 143 BayObLG v. 9.4.2002 – 3Z BR 39/02, AG 2002, 397, 398, wonach auch das Vorliegen einer gesonderten Aufpreisvereinbarung überprüft werden kann und entsprechende Dokumente angefordert werden können. 144 S. dazu auch Landgericht Frankfurt am Main v. 2.10.2007, das als eines der ersten Gerichte die Klage eines Berufsklägers für sittenwidrig erklärt und den Berufskläger wegen Rechtsmissbrauchs zu Schadensersatz verurteilt hat (LG Frankfurt a.M. v. 2.10.2007 – 3-5 O 177/07, AG 2007, 824). 145 BGBl. I 2005, 2802 ff.
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oder einen Unternehmensvertrag der Eintragung ins Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Das Registergericht ist im Umfang der Entscheidung an den rechtskräftigen Beschluss gebunden (§ 246a Abs. 3 Satz 4 AktG). Soweit keine anderweitigen Eintragungshindernisse bestehen, hat das Registergericht daher die Eintragung ungeachtet des § 127 FGG vorzunehmen. Die Rechtswirkungen der Eintragung haben auch für den Fall Bestandskraft, dass der Beschluss im Anfechtungsverfahren doch für nichtig erklärt werden sollte. 77
Voraussetzung für einen derartigen Freigabebeschluss ist (entsprechend § 319 Abs. 6 Satz 2 AktG, § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG), dass die Anfechtungsklage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses dem Gericht nach freier Überzeugung unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzung zur Abwendung der von der Gesellschaft dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint (§ 246a Abs. 2 AktG).
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Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen, und zwar in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung (§ 246a Abs. 3 AktG). Zwar ist diese Zeitvorgabe für das Prozessgericht nicht bindend, das Prozessgericht ist aber verpflichtet, eine Fristüberschreitung konkret zu begründen, dies allerdings durch unanfechtbaren Beschluss. Gegen den Beschluss im Freigabeverfahren findet die sofortige Beschwerde statt.
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Anders als bei den bereits bestehenden Freigabeverfahren sieht die Regelung des § 246a AktG keine Registersperre im Falle der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen Kapitalmaßnahmen vor. Der Registerrichter kann anders als bei Umwandlungen oder Squeeze-out daher trotz Rechtshängigkeit einer Anfechtungsklage die Eintragung vornehmen, er wird aber in der Regel die Gesellschaft auf das Freigabeverfahren verweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn materiellrechtliche Fragen zu klären sind, etwa die Reichweite von Informationsrechten. Eine bereits erfolgte Eintragung hindert die Durchführung eines Freigabeverfahrens nicht, weil durch das Freigabeverfahren die Bestandskraft der Eintragung bewirkt werden kann146.
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Erweist sich die Anfechtungsklage in der „Hauptsache“ später als begründet, ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist (§ 246a Abs. 4 AktG). Der Schaden wird in der Regel nur in den aufgrund der Bestandskraft der Eintragung vergeblichen Prozesskosten bestehen. Bei fehlerhaften Kapitalerhöhungen ist auch ein Verwässerungsschaden möglich, der bei Kleinstaktionären jedoch gering ausfallen wird. Naturalrestitution im Sinne der Beseitigung der Wirkung der Eintragung kann der Antragsgegner nicht verlangen (§ 246a Abs. 4 Satz 2 AktG).
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Die Bestandskraft der Eintragung gilt allerdings nur für Beschlüsse, die aufgrund eines Freigabeverfahrens nach § 246a AktG eingetragen wurden. Die Folgen einer erfolgreichen Anfechtungsklage nach Eintragung ohne Freigabebeschluss des Prozessgerichts sind gravierend. Mangels Bestandskraft der Eintragung werden mit Rechtskraft des Anfechtungsurteils die jungen Aktien vernichtet, allerdings nach h.M. nicht mit 146 Begr. RegE BR-Drucks. 3/05, S. 56 f.; DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2005, 388, 393; Hüffer, AktG, § 246a Rz. 2.
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Rückwirkung. An die Stelle der vernichteten Aktien treten Barabfindungsansprüche der Anleger gegen die Gesellschaft, die nur durch eine neue – ebenfalls wieder anfechtungsträchtige – Sachkapitalerhöhung in Aktien „rückverwandelt“ werden können147. Um eine Rückabwicklung in dieser Form überhaupt praktisch durchführbar machen zu können, müssen die jungen Aktien bei Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses eine eigene Wertpapierkennnummer erhalten, die eine Vermischung potentiell anfechtungsbehafteter und mangelfreier Stücke in der Girosammelverwahrung verhindert148. Die jungen Aktien sind dann mit den übrigen Aktien nicht fungibel, was zu geringerer Liquidität führt. Erst bei endgültiger rechtskräftiger Entscheidung könnten alle Aktien wieder eine identische Wertpapierkennnummer haben. Registerrichter werden daher naturgemäß zurückhaltend sein, die Eintragung eines angefochtenen Kapitalerhöhungsbeschlusses ohne Freigabebeschluss vorzunehmen. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften werden bereits die emissionsbegleitenden Banken darauf bestehen, dass der Weg über das Freigabeverfahren beschritten wird, weil von dem Makel der Vernichtbarkeit bedrohte Aktien – insbesondere wenn sie girosammelverwahrt sind – für den Kapitalmarkt nicht akzeptabel sind. Wenn es durch das Freigabeverfahren nunmehr eine Möglichkeit gibt, trotz anhängiger Anfechtungsklage Bestandsschutz sicherzustellen, werden die Banken keine alternative Struktur akzeptieren. Dies wiederum führt dazu, dass Anfechtungsklagen gegen Kapitalmaßnahmen zu einer Verzögerung führen, was das Erpressungspotential von missbräuchlichen Klagen erhöht. Dem Emittenten bietet nur das mögliche Schadensersatzrisiko Schutz149.
IV. Platzierungsverfahren 1. Bezugsangebot a) Inhalt Im Fall des Direktbezugs hat der Vorstand durch eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern (§ 25 AktG) den Ausgabebetrag oder die Grundlagen seiner Festlegung und eine Bezugsfrist bekannt zu geben (§ 186 Abs. 2 AktG). Im praktisch wichtigeren Fall des mittelbaren Bezugsrechts trifft die Emissionsbanken eine Pflicht, die neuen Aktien den Aktionären zum Kauf anzubieten. Die Aktionäre als Begünstigte des mittelbaren Bezugsrechts haben umgekehrt einen Anspruch gegen die Emissionsbanken auf Abgabe eines den Vorgaben des Kapitalerhöhungsbeschlusses entsprechenden Verkaufsangebots150. Der Emittent selbst ist zur Abgabe eines Bezugsangebots nicht verpflichtet. Er hat das Bezugsangebot lediglich in den Gesellschaftsblättern nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG bekannt zu machen151.
147 148 149 150
Vgl. hierzu Winter in FS Ulmer, 2003, S. 699, 702 ff.; Kort, ZGR 1994, 292, 314 ff. Winter in FS Ulmer, 2003, S. 699, 706. Vgl. LG Frankfurt a.M. v. 2.10.2007 – 3-5 O 177/07, AG 2007, 824. BGH v. 22.4.1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, 203, 208 = AG 1991, 270; BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96 = AG 1992, 312; OLG Düsseldorf v. 24.3.2000 – 16 U 70/99, ZIP 2000, 2025, 2027. 151 OLG Düsseldorf v. 24.3.2000 – 16 U 70/99, ZIP 2000, 2025, 2027; Busch in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 58.
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Das Bezugsangebot enthält die Bedingungen, unter denen die Aktionäre die neuen Aktien von den Emissionsbanken erwerben können. Es stellt ein Vertragsangebot im Sinne von § 145 BGB dar, das spätestens mit der Bekanntgabe nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG wirksam wird152. Das Bezugsangebot muss so ausgestaltet sein, dass durch bloße Annahmeerklärung gegenüber der Emissionsbank ein Kaufvertrag zustande kommt153. Das Vertragsangebot muss daher alle „essentialia negotii“ enthalten. Dies sind zunächst einmal der Erhöhungsbetrag, das Bezugsverhältnis und der Bezugspreis bzw. die Grundlagen seiner Festlegung gem. § 186 Abs. 2 Satz 1 AktG (dazu unten Rz. 89). Es ist strittig, ob beim mittelbaren Bezugsrecht auch die Bezugsfrist zu den Pflichtangaben gehört (vgl. dazu unten Rz. 88), üblich ist aber die Angabe. Das Bezugsangebot kann weitere Modalitäten für die Ausübung des Bezugsrechts vorsehen, etwa schriftliche Erklärungen, Nachweis der Aktionärsstellung (etwa durch Vorlage des Anteilsscheins)154.
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Rechtlich nicht zwingend, aber Praxis der Emissionsbanken ist es, in das Bezugsangebot auch weitere Angaben aufzunehmen, die für den Aktionär bei der Entscheidung über die Ausübung seines Bezugsrechts von Bedeutung sein können. Dazu gehören Angaben über den Stand des Kapitalerhöhungsverfahrens, d.h., ob die Kapitalerhöhung lediglich durch Vorstand, Aufsichtsrat bzw. Hauptversammlung beschlossen oder ob der Erhöhungsbeschluss bzw. die Durchführung der Kapitalerhöhung bereits eingetragen ist, und wenn nicht, wann die Eintragung der Durchführung erfolgen soll. In diesem Zusammenhang ist auch auf etwaige Rücktrittsrechte der Emissionsbanken hinzuweisen (vgl. dazu unten Rz. 101). Sofern vorgesehen, sind Angaben über den Bezugsrechtshandel und die Möglichkeit der Veräußerung der Bezugsrechte zu machen (vgl. dazu unten Rz. 93). Weitere sinnvolle Angaben sind: Art und Zeitpunkt der Lieferung der Aktien, Beginn des Börsenhandels mit den neuen Aktien, Beginn des Handels „Ex-Bezugsrecht“ für die alten Aktien, Depotbankenprovisionen, Verwertung nicht bezogener Aktien. Wird gleichzeitig ein Prospekt veröffentlicht, empfiehlt sich ein Hinweis darauf, dass das Bezugsrecht nur nach Lektüre dieses Prospekts ausgeübt werden sollte. Wird ein Prospekt erst für die Zulassung veröffentlicht (vgl. dazu unten Rz. 106), sollte ein Hinweis aufgenommen werden, wann dieser veröffentlicht werden wird155. Richtet sich das Bezugsangebot nur an die Altaktionäre, liegt kein öffentliches Angebot vor, das eine Prospektpflicht auslöst. Ist ein Bezugsrechtshandel vorgesehen, der nicht ausdrücklich nur auf Altaktionäre beschränkt ist, was bei einem börslich organisierten Handel nie der Fall sein kann, ist das Bezugsangebot ein öffentliches Angebot im Sinne von § 1 Abs. 1 WpPG156. Im Fall von Sanierungskapitalerhöhungen ist es Praxis geworden, auch Risikohinweise in das Bezugsangebot aufzunehmen, obwohl dies rechtlich nicht zwingend geboten ist157.
152 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 51. 153 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 51. 154 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 51; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 217; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2191. 155 Muster für Bezugsangebot bei Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/332. 156 Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 Rz. 18; BaWe (BaFin) Bekanntmachung zum WertpapierVerkaufsprospektG v. 6.9.1999, I. 2 f. Danach ist bereits die Formulierung „Bereitschaft der Bezugsstelle, den An- und Verkauf von Bezugsrechten zu vermitteln“, schädlich. 157 Hierzu vgl. z.B. Bezugsangebot der Escada AG in der FAZ v. 6.10.2003.
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Um Verstöße gegen ausländische Kapitalmarktvorschriften zu verhindern, sollten auch Verkaufsbeschränkungen aufgenommen werden, insbesondere für Verkäufe der Aktien in den USA. Das Bezugsangebot sollte nur im Inland veröffentlicht werden. Zwar richtet sich das Angebot nur an Aktionäre, es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass andere Rechtsordnungen ein Bezugsangebot den allgemeinen Beschränkungen für ein Angebot von Wertpapieren unterwerfen. Aktionäre im Ausland erhalten Informationen über das Bezugsangebot und seine Modalitäten über die Clearingsysteme und die Depotbanken. Es ist daher üblich, dass das Bezugsangebot auf der Website nur hinter einem so genannten Filter veröffentlicht wird, d.h., das Bezugsangebot kann nur eingesehen werden, wenn eine Adresse in Deutschland angegeben wird. Dasselbe gilt für die Veröffentlichung des Prospekts auf der Website (zwingend gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 WpPG). Aktionäre mit Sitz in den USA wird grundsätzlich eine Teilnahme an dem Bezugsangebot untersagt, weil ein Bezug von Aktien durch Aktionäre in den USA ein Verstoß gegen Wertpapiergesetze der USA darstellen kann (vgl. oben Rz. 39).
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Auch wenn das Bezugsangebot ein Vertragsangebot der Emissionsbanken ist, wird es inhaltlich durch den Emittenten bestimmt. Die Emissionsbanken können das Bezugsangebot nach Bekanntgabe durch die Gesellschaft gem. § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG nicht mehr einseitig ändern158.
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b) Haftung Obwohl die Emissionsbanken beim mittelbaren Bezugsrecht als Treuhänder für die Aktionäre handeln, haben die Aktionäre keine weiteren Ansprüche gegen die Emissionsbanken als den Erfüllungsanspruch aufgrund des Bezugsangebots. Insbesondere begründet das Bezugsangebot keine eigenständigen Aufklärungs- oder Beratungspflichten der Emissionsbanken, für die sie nach § 280 BGB haften159. Dies ergibt sich aus der reinen Abwicklungsfunktion, die die Emissionsbanken bei einem mittelbaren Bezugsrecht übernehmen. Unberührt hiervon bleiben aber Ansprüche aufgrund anderer Haftungsgrundlagen, wie zum Beispiel Prospekthaftung, falls die Emissionsbanken gleichzeitig mit dem Bezugsangebot einen Prospekt veröffentlichen, sowie allgemeine kapitalmarktrechtliche Haftung gem. § 20a WpHG.
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2. Bezugsfrist Im Bezugsangebot wird regelmäßig eine Frist bestimmt, innerhalb derer die Aktionäre das Angebot zum Bezug der Aktien annehmen können. Die Frist muss mindestens zwei Wochen betragen (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG)160. Das Erfordernis einer Fristsetzung ergibt sich zwingend für das unmittelbare Bezugsrecht aus § 186 Abs. 2 AktG. Bis zur Änderung der Bestimmungen in § 186 Abs. 2 und § 186 Abs. 5 AktG 158 OLG Karlsruhe v. 22.9.2000 – 10 U 38/00, AG 2002, 91, 92. 159 OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, AG 1984, 188, 190; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 51; Hopt, Verantwortlichkeit der Emissionsbanken, 1991, 22 f.; a.A. Canaris in Großkomm. HGB, Bankvertragsrecht, Rz. 2272. 160 Die Länge der Frist geht auf die Europarechtliche Vorgabe in Art. 29 Abs. 3 Satz 4 der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vom 13.12.1976 zurück (Kapitalrichtlinie, ABl. EG Nr. L 26 v. 31.1.1977, S. 1), abgedruckt in Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2003, Rz. 206 ff.
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durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz im Jahre 2002 war offen, ob das Erfordernis der Fristsetzung auch für das mittelbare Bezugsrecht gilt161. Nach der Neufassung des § 186 Abs. 5 Satz 2, 1. Halbs. AktG ist das Bezugsangebot „mit den Angaben gemäß Abs. 2 Satz 1“ bekannt zu machen. Da dieser Verweis auch die Festsetzung einer Bezugsfrist umfasst, scheint nun mehr eine Fristsetzung auch beim mittelbaren Bezugsrecht erforderlich zu sein162. Die Frage ist aber letztlich ohne große praktische Relevanz, weil in der Praxis immer eine Bezugsfrist festgelegt wird. Ist eine solche Frist einmal festgesetzt worden, ist sie verbindlich, auch wenn sie nicht von Anfang an erforderlich gewesen wäre163. Die Emissionsbanken können nicht einseitig davon abweichen. Eine verspätete Annahme stellt ein neues Angebot gem. § 150 Abs. 1 BGB dar, über dessen Annahme die Emissionsbanken frei entscheiden können. Es handelt sich dann um die Verwertung von nicht bezogenen Aktien164.
3. Ermittlung des Bezugspreises 89
Nach früherem Recht musste das Bezugsangebot die Angabe des von den Aktionären zu zahlenden Entgeltes enthalten (vgl. oben Rz. 13). Es wurde diskutiert, ob ein ziffernmäßig genau bestimmter Ausgabebetrag erforderlich ist. Sinn der Regelung sei es, den Aktionären zu ermöglichen, finanziell zu disponieren. Diesem Interesse sei aber auch Rechnung getragen, wenn lediglich ein Höchstbetrag angegeben wird und der endgültige Bezugspreis am Ende der Bezugsfrist festgelegt wird165. Nach der Neufassung von § 186 Abs. 2 Satz 2 AktG ist nunmehr ausreichend, wenn der endgültige Ausgabebetrag erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist in den Gesellschaftsblättern und über ein elektronisches Informationsmedium bekannt gemacht wird166. Das Kursänderungsrisiko und damit der Abschlag auf den Börsenkurs sollte dadurch verringert werden. Der Gesetzgeber wollte aber auf eine Festlegung des Preises vor Ende der Bezugsfrist nicht völlig verzichten, damit den Anlegern ausreichend Zeit bleibt, um angesichts des dann feststehenden Bezugspreises zu überlegen, ob sie ihr Bezugsrecht ausüben wollen167.
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Der Gesetzeswortlaut spricht von drei „Tagen“ und nicht von Werktagen oder Börsentagen. Soll also der Bezugspreis im Bookbuilding-Verfahren ermittelt werden, ist es möglich, das Buch an einem Freitagabend zu schließen, den Ausgabepreis unmittelbar anschließend festzulegen und den Aktionären über ein elektronisches Informationsmedium bekannt zu machen. Für die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern ist die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger erforderlich. Diese Veröffentlichung kann bei ausreichender Vorbereitung kurzfristig erfolgen. Erfolgt die Bekanntgabe noch am Freitag, ist es zulässig, die Bezugsfrist am Montag en161 OLG Karlsruhe v. 22.9.2000 – 10 U 38/00, AG 2002, 91; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 52; wenn eine Frist gesetzt wird, ist der Vorstand für die Fristsetzung zuständig. 162 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2179. 163 OLG Karlsruhe v. 22.9.2000 – 10 U 38/00, AG 2002, 91, 92. 164 OLG Karlsruhe v. 22.9.2000 – 10 U 38/00, AG 2002, 91, 92. 165 Busch, AG 2002, 230, 235; Butzke in Obermüller/Werner/Winden, HV der Aktiengesellschaft, L Rz. 4, Fn. 5; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 74. 166 Diese Regelung gilt auch für das mittelbare Bezugsrecht. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/9079, S. 18; dazu auch Schüppen, ZIP 2002, 1269, 1276. 167 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8769, S. 23.
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den zu lassen. Die Zuteilung könnte dann an einem Dienstag erfolgen. Die Zeichner hätten über das Wochenende Zeit, sich zu überlegen, ob sie an ihrem Zeichnungsauftrag festhalten wollen. Das Kursrisiko ist dann auf einen Börsentag, den Montag, verringert. Dadurch kann der Risikoabschlag auf ein Minimum reduziert werden168. Nach der Neufassung ist es nicht klar, ob die vor Änderung des Gesetzes manchmal geübte Praxis, nur einen Höchstpreis anzugeben und den endgültigen Ausgabebetrages am Ende der Bezugsfrist festzulegen, noch zulässig ist169. Das Bedürfnis für eine solche Variante dürfte aber angesichts der Gestaltungsmöglichkeiten oder der Neuregelung nicht mehr groß sein170.
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Im Bezugsangebot muss keine mathematische Formel veröffentlicht werden, mit deren Hilfe der Ausgabebetrag rechnerisch ermittelt werden soll. Der Gesetzgeber hat es für ausreichend gehalten, wenn der Zeichner erst ein paar Tage vor Ende der Bezugsfrist über den tatsächlichen Ausgabebetrag informiert wird. Anleger, die bereits vorher zeichnen wollen, können sich für den Fall eines unerwartet hohen Ausgabebetrags die Rücknahme ihrer Zeichnungserklärung vorbehalten171.
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4. Bezugsrechtshandel Das aufgrund eines Kapitalerhöhungsbeschlusses bestehende konkrete Bezugsrecht stellt ein selbstständig veräußerliches und übertragbares Recht dar (vgl. oben Rz. 36). Bei einer Festpreisemission, die mit einem Kursabschlag durchgeführt wird, hat das Bezugsrecht einen wirtschaftlichen Wert172. Wenn der Aktionär nicht bereit oder finanziell nicht in der Lage ist, neue Aktien zu beziehen, kann er sein Bezugsrecht veräußern und dadurch eine wirtschaftliche Verwässerung verhindern. Möglich ist auch eine Teilveräußerung, um so die Ausübung der restlichen Bezugsrechte zu finanzieren (vgl. oben Rz. 12). Die Übertragbarkeit des Bezugsrechts erlaubt die Einrichtung eines börsenmäßig abgewickelten Bezugsrechtshandels. Das Bezugsrecht ist als rechtlicher Bestandteil der in den Altaktien verkörperten Mitgliedschaft automatisch zum Börsenhandel zugelassen, wenn bereits die Altaktien an der Börse gehandelt werden173. Dies gilt auch für mittelbare Bezugsrechte174. Vor Aufnahme des Handels müssen die Bezugsrechte jedoch an der Börse eingeführt werden, damit der Handel beginnen kann. Dies setzt voraus, dass das Bezugsangebot spätestens am ersten Werktag vor Beginn des Bezugsrechts veröffentlicht worden ist175. Der Bezugsrechtshandel beginnt am ersten Tag der Bezugsfrist, erstreckt sich über die gesamte Bezugsfrist und endet zwei Börsentage vor Ende der Bezugsfrist176. Wird ein Bezugs168 Seibert, NZG 2002, 608, 612; Busch, AG 2002, 230, 235; Krug, BKR 2005, 302, 303. 169 Seibert, NZG 2002, 608, 612, nach dessen Auffassung sich die Neuregelung mit diesem Problem nicht befasst. 170 Für Zulässigkeit der Angabe eines Höchstbetrags: Ihrig/Wagner, BB 2002, 789, 795; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2180. 171 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8769, S. 23. 172 Zur Berechnung des Bezugsrechtswerts s. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 222. 173 § 69 BörsZulV unterstellt dies; vgl. auch Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 10. 174 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 10. 175 § 10 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 176 § 10 Abs. 2 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse.
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rechtshandel eingerichtet, ist vor Beginn des Handels ein Prospekt zu veröffentlichen (vgl. unten Rz. 105). 94
Bei Festpreisemissionen mit Abschlag auf den Börsenkurs wird in der Regel ein Bezugsrechtshandel vom Emittenten eingerichtet. Im Übernahmevertrag werden die Emissionsbanken verpflichtet, die Bezugsrechte an der Börse einzuführen und für die Dauer der Bezugsfrist den Börsenhandel zu betreiben177. Der Aktionär hat aber keinen Anspruch auf Einrichtung eines organisierten Bezugsrechtshandels178. Das Bezugsrecht sichert nicht das Recht, durch Börsennotierung mit den Bezugsrechten Handel zu betreiben. Das Fehlen eines Bezugsrechtshandels schränkt auch nicht die Übertragbarkeit ein. Sofern die Bezugsrechte einen eigenen wirtschaftlichen Wert haben, bildet sich auch bei fehlender Einrichtung eines börsenrechtlichen Handels außerhalb der Börse ein Markt für die Bezugsrechte179. Die Einrichtung eines Bezugsrechtshandels ist für die Gesellschaften mit Kosten verbunden. Insbesondere ist dann vor Beginn der Bezugsfrist ein Prospekt zu erstellen (vgl. unten Rz. 105), was zu zusätzlichen Kosten führt, wenn die Zulassung prospektfrei möglich ist. Zusätzlich fallen Provisionen für den Market Maker und die Einführung der Bezugsrechte an der Börse an. Wird das Angebot als Festpreisemission mit Abschlag auf den Börsenkurs durchgeführt, wird ein Verzicht auf den Bezugsrechtshandel auf erhebliche Kritik von Aktionären stoßen. Wird die Kapitalerhöhung durch die Hauptversammlung beschlossen, können Aktionäre eine Anfechtung (wohl zu Unrecht) auf das Fehlen eines Bezugsrechtshandels stützen. Dies kann zu Verzögerungen bei der Eintragung führen, wenn wegen der Anfechtung ein Freigabeverfahren eingeleitet werden muss (s. oben Rz. 76 ff.). Da die Kosten im Vergleich zu den Gesamtkosten unerheblich sind, empfiehlt sich ein Verzicht auf Bezugsrechtshandel in der Regel nicht.
5. Greenshoe-Option 95
Bei Börseneinführungen ist es üblich, dass den Emissionsbanken eine Mehrzuteilungs- oder Greenshoe-Option eingeräumt wird (vgl. § 3 Rz. 86)180. Sie dient dazu, den Kurs der Aktie nach Platzierung zu stabilisieren181. Bei Bezugsrechtsemissionen hingegen sind Mehrzuteilungen und Greenshoe-Optionen ungewöhnlich. Da bei Festpreisemissionen der Bezugspreis ohnehin weit unter Börsenkurs festgelegt wird, sei eine Kurspflege nach Platzierung nicht erforderlich182. Zudem stehe eine Greenshoe-Option durch Ausgabe weiterer junger Aktien im Spannungsverhältnis zu der 177 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 113; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2181. 178 LG Hamburg v. 8.4.1999 – 11 U 62/99, AG 1999, 382; OLG Hamburg v. 8.4.1999 – 11 U 62/99, AG 1999, 519, 520 (dort allerdings nicht entscheidungserheblich); Hüffer, AktG, § 186 Rz. 7; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 113. 179 Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 25. 180 Terminologisch ist zwischen der Mehrzuteilungsoption und der Greenshoe-Option zu unterscheiden. Die Mehrzuteilungsoption betrifft die Entscheidung der Banken, Aktien über den Betrag der Kapitalerhöhung hinaus zuzuteilen (i.d.R. 15 %). Diese Mehrzuteilung wird in der Regel durch eine Wertpapierleihe gedeckt. Die Greenshoe-Option bezeichnet das Recht der Banken, zusätzliche Aktien zu beziehen, um die Wertpapierleihe zurückzuführen. Diese Option kann nach 30 Tagen ausgeübt werden. 181 Kritisch zu dieser Praxis KG v. 22.8.2001 – 23 U 6712/99, AG 2002, 243 ff.; hierzu Busch, AG 2002, 230 ff.; Groß, ZIP 2002, 160 ff.; Meyer, WM 2002, 1106 ff.; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 60 ff. 182 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/276.
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Erfordernis der Festlegung eines Bezugsverhältnisses183. Wird aber eine Bezugspreisemission nicht im Festpreisverfahren durchgeführt, sondern soll der Preis marktnah durch Bookbuilding bestimmt werden, kann eine Greenshoe-Option Sinn machen, um nach der Platzierung der jungen Aktien Kursschwankungen zu reduzieren184. Soll eine Greenshoe-Option bei einer Bezugsrechtsemission vorgesehen werden, bieten sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten:
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– Die Bezugsrechtsemission wird mit einer bezugsrechtsfreien Tranche kombiniert, die auch die Greenshoe-Option abdeckt. Hier stellen sich keine Probleme hinsichtlich des Bezugsverhältnisses185. – Die Greenshoe-Option wird von Altaktionären eingeräumt, etwa einem Großaktionär. Auch hier stellen sich keine Probleme hinsichtlich des Bezugsverhältnisses. Der Kapitalerhöhungsbetrag ist fix. Das Bezugsverhältnis wird auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Aktien, die angeboten werden sollen, berechnet (Kapitalerhöhungsbetrag plus Greenshoe-Betrag). Allerdings fließt dann der Erlös aus der Mehrzuteilung dem Großaktionär zu und nicht der Gesellschaft. – Die Gesellschaft schließt einen „Bis-Zu“-Kapitalerhöhungsbeschluss, der volumenmäßig sowohl den eigentlich gewollten Kapitalerhöhungsbetrag als auch den Greenshoe-Betrag umfasst. Das Bezugsverhältnis wird wieder aufgrund des Gesamtbetrags berechnet. Die Emissionsbanken zeichnen zunächst den Basisbetrag und decken die Mehrzuteilungen durch von Altaktionären geliehene Aktien. Entwickelt sich der Kurs positiv und müssen keine Aktien zurück gekauft werden, üben die Banken die Greenshoe-Option aus und zeichnen die zweite Tranche. Mit den zusätzlich gezeichneten jungen Aktien wird die Wertpapierleihe zurückgeführt. Werden Aktien im Markt zurückgekauft und mit diesen Aktien die Leihe zurückgeführt, wird die zweite Tranche nicht mehr gezeichnet. Eigentlich hätte sich dann zwar ein niedrigeres Bezugsverhältnis ergeben, da aber über die Leihe alle Bezugsrechte erfüllt werden konnten, ist dies ohne praktische Relevanz186. In allen Fällen werden den Aktionären im Rahmen des Bezugsangebots nicht nur junge, sondern auch bereits existierende (nämlich entliehene) Aktien angeboten. Solange die alten und jungen Aktien aber voll fungibel sind – d.h. es dürfen hinsichtlich der Gewinnberechtigung keine Unterschiede bestehen – ist die Erfüllung des Bezugsanspruchs durch Altaktien unproblematisch187. Bei der letzten Variante besteht zudem das Problem, ob eine „Bis-Zu“-Kapitalerhöhung mit einem mittelbaren Bezugsrecht vereinbar ist (vgl. oben Rz. 10 und 60), das grundsätzlich voraussetzt, dass der gesamte Kapitalerhöhungsbetrag von den Banken gezeichnet und den Aktionären zum Bezug angeboten wird. Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass der gesamte Kapitalerhöhungsbetrag den Aktionären zum Bezug angeboten wird und auf dieser Basis das Bezugsverhältnis berechnet wird. Für die Aktionäre ist es gar nicht unmittelbar spürbar, dass unter Umständen die Kapitalerhöhung nur teilweise ge183 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 7/103. 184 Vgl. z.B. die Bezugsrechtsemission der Deutschen Telekom AG aus dem Jahr 1999; zur aktienrechtlichen Zulässigkeit einer Greenshoe-Option KG v. 16.11.2007 – 23 U 55/03, NZG 2008, 29 ff.; zu Greenshoe-Optionen bei Bezugsrechteemissionen s. Krug, BKR 2005, 302, 308 sowie Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 64. 185 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2182. 186 Hierzu: Busch, AG 2002, 230, 235; zustimmend: Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2182; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/276. 187 Busch, AG 2002, 231, 235.
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nutzt wird. Insoweit ist eine solche Praxis mit dem Wesen des mittelbaren Bezugsrechts vereinbar.
6. Verwertung nichtbezogener Aktien 98
In der Regel machen nicht alle Aktionäre von ihrem Bezugsrecht Gebrauch. Nicht oder nicht innerhalb der Ausübungsfrist ausgeübte Bezugsrechte wachsen den übrigen Aktionären nicht zu, sondern verfallen188. Nach Ziff. 15 (1) Satz 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte sind die Depotbanken auch ohne ausdrückliche Weisung des Aktionärs berechtigt und verpflichtet, am letzten Handelstag das Bezugsrecht für den Aktionär bestens zu veräußern. Bezugsrechte werden meistens aufgekauft, allerdings nicht immer ausgenutzt, etwa wenn Hedge Fonds sie als Sicherung für Short Selling gekauft haben, der Börsenpreis aber unter dem Bezugspreis plus Preis für das Bezugsrecht bleibt189. Der Übernahmevertrag wird für diesen Fall vorsehen, dass die Emissionsbanken die nichtbezogenen Aktien bestmöglich und Interesse wahrend verwerten und den Verwertungsabschluss nach Abzug der Kosten an die Gesellschaft abzuführen haben190.
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Die verbleibenden Aktien können entweder Aktionären oder außenstehenden Investoren angeboten werden. Die Aktionäre haben kein Bezugsvorrecht oder Nachbezugsrecht (vgl. oben Rz. 40 und 41). Werden die verbliebenen Aktien allerdings den Aktionären angeboten, ist grundsätzlich der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten191. Der Vorstand kann den Emissionsbanken Vorgaben bei der Verwertung machen. Es kann auch von vorneherein im Hauptversammlungsbeschluss vorgesehen werden, dass nichtbezogene Aktien einem Dritten anzubieten sind, etwa einem Neuinvestor.
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Die Aktien sind bestmöglich zu verwerten. Bei der Veräußerung stellt der im Kapitalerhöhungsbeschluss bestimmte Ausgabebetrag die Untergrenze dar, andernfalls könnte das Bezugsrecht der Aktionäre ausgehöhlt werden. Der festgesetzte Ausgabebetrag kann daher nur unterschritten werden, wenn den bezugsberechtigten Aktionären ein erneutes Bezugsangebot zu dem niedrigeren Ausgabebetrag unterbreitet wird192. Halten die Banken oder der Vorstand sich nicht an diese Vorgaben, können sie sich wegen Eingriff in das Bezugsrecht schadensersatzpflichtig machen193.
7. Rücktrittsrechte 101
Bei internationalen Aktienemissionen ist es üblich, dass sich die Emissionsbanken für bestimmte Fälle ein Rücktrittsrecht vorbehalten194. Rücktrittsgründe sind typi188 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 53; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 73. 189 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2183. 190 Vgl. Muster bei Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/325; vgl. BGH v. 19.6.1995 – II ZR 29/94, ZIP 1995, 1177 f. 191 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 53; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2183. 192 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 97; Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 73. Wenn der zunächst festgesetzte Ausgabebetrag erkennbar auf der Basis des Börsenpreises kalkuliert worden ist, ist eine Verwertung bei Sinken des Börsenkurses auch zu einem niedrigeren Betrag möglich. Zulässig ist bei Bookbuilding auch eine Verwertung am unteren Ende der Spanne. Vgl. Schlitt/Seiler, WM 2003, 2183. 193 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 115. 194 Vertragstechnisch sind die Rücktrittsgründe oft als Bedingungen für die weitere Vertragserfüllung ausgestaltet (vgl. § 23 Rz. 75).
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scherweise eine negative Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten material adverse change oder einer unvorhergesehenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen oder politischen Rahmenbedingungen (vgl. dazu § 23 Rz. 74 f.). Die Emissionsbanken wollen sich dadurch vor Veränderungen schützen, die eine Platzierung erschweren und ihr Platzierungsrisiko in unvorhergesehener Weise erhöhen. Das Bedürfnis für solche Rücktrittsrechte ist bei Festpreisemissionen mit einem hohen Abschlag auf den Börsenkurs weniger bedeutsam195. Wird die Bezugsrechtsemission aber im Bookbuilding vorgenommen und haben die Banken eine Preisgarantie übernommen, wollen die Emissionsbanken sich gegen Marktveränderungen schützen. Solche Rücktrittsrechte können im Hinblick auf die Bezugsrechte der Aktionäre problematisch sein. Beim mittelbaren Bezugsrecht handeln die Emissionsbanken als fremdnützige Treuhänder für die Aktionäre. Die Aktionäre erwerben mit Durchführung der Kapitalerhöhung einen Anspruch gegen die Emissionsbanken auf Lieferung der Aktien196, der ihnen durch einen Rücktritt genommen würde. Der Übernahmevertrag bei mittelbarem Bezugsrecht zwischen dem Emittenten und den Emissionsbanken ist aber ein Vertrag zugunsten Dritter, gem. § 328 BGB197. Gem. § 328 Abs. 2 BGB können sich bei einem Vertrag zugunsten Dritter die Parteien vorbehalten, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben. Insofern können auch die Bezugsrechte unter einen solchen Vorbehalt gestellt werden, vorausgesetzt im Bezugsangebot ist auf diese Rücktrittsmöglichkeit deutlich hingewiesen worden198. Ist die Kapitalerhöhung aber durchgeführt und haben die Aktionäre ihr Bezugsrecht ausgeübt, kann ihnen der Anspruch auf Lieferung nicht mehr genommen werden. Die Banken tragen insoweit auch kein Risiko mehr. Bei der Ausübung des Rücktrittsrechts sind verschiedene Zeiträume zu unterscheiden:
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– Beim Rücktritt vor Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister entfällt das Bezugsrecht. – Erfolgt der Rücktritt nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung, können alle Aktionäre, die ihr Bezugsrecht bereits ausgeübt haben, die neuen Aktien zum Bezugspreis erwerben, müssen dies aber nicht. Die restlichen Aktien müssen dann neu, gegebenenfalls zu geänderten Bedingungen, allen Aktionären angeboten werden. – Erfolgt der Rücktritt nach Ende der Bezugsfrist, aber vor endgültiger Zahlung des Bezugspreises, bleiben ausgeübte Bezugsrechte von diesem Rücktritt unberührt. Kaufverträge über Aktien, die nicht bezogen, aber im Rahmen der Verwertung verkauft werden, werden hingegen rückabgewickelt. Ein Rücktritt hat erhebliche Folgen auf den Bezugsrechtshandel. Gehandelte, aber noch nicht ausgeübte Bezugsrechte verfallen. Da eine Rückabwicklung der Transaktionen im Rahmen des Bezugsrechtshandels nicht möglich ist, erleiden die Erwer-
195 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/312. 196 Vgl. hierzu Technau, AG 1998, 445, 452; Busch, WM 2001, 1277 ff. 197 BGH v. 22.4.1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, 203, 208 = AG 1991, 270; BGH v. 13.4.1992 – ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 96 = AG 1992, 312; BGH v. 5.4.1993 – II ZR 195/91, BGHZ 122, 180, 186. 198 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2184.
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ber von Bezugsrechten einen Totalverlust. Auf diesen Umstand muss in dem Bezugsangebot ausdrücklich hingewiesen werden199.
V. Vertragliche Absprachen 104
Die Rechtsbeziehung zwischen dem Emittenten und den Emissionsbanken, gegebenenfalls auch den Altaktionären, wird im Übernahmevertrag geregelt (zu den Inhalten des Übernahmevertrags vgl. unten § 23). Bei einer Bezugsrechtsemission handelt es sich beim Übernahmevertrag um einen echten Vertrag zugunsten Dritter200, aus dem die Aktionäre einen unmittelbaren Anspruch auf Zuteilung von Aktien gegen die Emissionsbanken erlangen. Neben dieser unterschiedlichen Rechtsnatur unterscheidet sich der Übernahmevertrag bei Bezugsrechtsemissionen gegenüber Börseneinführungen oft auch hinsichtlich des Preisfestsetzungsverfahrens. In der Regel wird nicht das Bookbuilding-Verfahren zur Preisfestsetzung gewählt, sondern das Festpreisverfahren (vgl. oben Rz. 13). Hinzu kommen können Absprachen mit den Altaktionären, etwa Verzicht auf die Ausübung von Bezugsrechten oder Verkauf von Bezugsrechten mit Platzierungsverpflichtungen für die von den Banken bezogenen Aktien (carte blanche) oder Abschluss eines Wertpapierdarlehens, um den Bezugsrechtshandel zu erleichtern. Inhalt des Übernahmevertrags können auch Absprachen mit Dritten sein, etwa wenn ein neuer Investor in die Gesellschaft aufgenommen werden soll, dem die nichtbezogenen Aktien zugeteilt werden können. Ebenfalls nur für die Bezugsrechtsemission relevant sind Absprachen über die Verwertung nicht bezogener Aktien (vgl. oben Rz. 99). Absprachen zu Greenshoe und Stabilisierung weichen von den für Börseneinführungen oder bezugsrechtsfreien Emission genutzten Mechanismen ab, um den Besonderheiten der Bezugsrechtsemission Rechnung zu tragen (vgl. oben Rz. 95). Die Konsortialbanken sollten sich verpflichten, im Zusammenhang mit Stabilisierungsmaßnahmen, die von ihnen im Rahmen der Emission durchgeführt werden, dem Emittenten alle Informationen zur Verfügung zu stellen, damit dieser seinen gesetzlichen Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten über Stabilisierungsmaßnahmen nachkommen kann. Der Emittent wird auch die Konsortialbanken verpflichten, über alle Eigengeschäfte der Banken in seinen Aktien während der Dauer der Bezugsrechtsemission Auskunft zu erteilen201.
VI. Prospektpflichten 105
Die Prospektpflichten bei einer Bezugsrechtsemission richten sich nach dem durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz geschaffenen Wertpapierprospektgesetz202. Die Prospektpflicht ergibt sich demnach entweder daraus, dass es sich 199 Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2184; vgl. auch z.B. das Bezugsangebot der Deutschen Lufthansa AG vom 2.6.2004, abgedruckt in der FAZ v. 2.6.2004 sowie das Bezugsangebot der Merck KGaA vom Januar 2007. 200 BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 97 = AG 1992, 312. 201 Zu Stabilisierungsmaßnahmen s. allgemein unten § 34. 202 Die bisherige Differenzierung zwischen Verkaufsprospekt nach dem VerkProspG und Zulassungsprospekt nach dem BörsG (a.F.) ist durch Schaffung des neuen Wertpapierprospektgesetzes (Inkrafttreten am 1.7.2005, BGBl. I 2005, 1698) hinfällig geworden, da das
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um ein öffentliches Angebot von Wertpapieren handelt oder die neuen Aktien zum Börsenhandel zugelassen werden sollen203. Der Begriff des öffentlichen Angebots ist in § 2 Nr. 4 WpPG näher erläutert. Zur alten Rechtslage vertrat die BaFin die Auffassung, dass eine Bezugsrechtsemission von bereits notierten Aktien grundsätzlich kein öffentliches Angebot darstelle, da sich ein Bezugsangebot an einen bestimmten Personenkreis wende. Zu einem öffentlichen Angebot werde die Bezugsrechtsemission aber dann, wenn ein Bezugsrechtshandel organisiert werde, an dem auch Nichtaktionäre teilnehmen könnten204. Daran ist auch nach der Änderung der Rechtslage festzuhalten205. Wird kein Bezugsrechtshandel organisiert und liegt demnach kein öffentliches Angebot vor, ist für die Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel dennoch ein Prospekt zu veröffentlichen, wenn die Emission 10 % des Grundkapitals übersteigt (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG)206. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Bezugsrechtsemission dann prospektfrei ist, wenn kein Bezugsrechtshandel stattfindet und innerhalb von 12 Monaten die 10 %-Grenze des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG nicht überschritten wird. Zuständig für die Billigung ist stets die BaFin (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Nr. 17 WpPG). Der Prospekt ist spätestens einen Tag vor Beginn des öffentlichen Angebots bzw. vor der Einführung der Wertpapiere in den Handel zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpPG). Im Fall eines Bezugsrechtshandels im organisierten Markt ist der gebilligte Prospekt einen Tag vor Beginn des Bezugsrechtshandels zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 WpPG). Findet kein Bezugsrechtshandel statt, übersteigt die Emission jedoch 10 % des Grundkapitals, muss der Prospekt erst dem Zulassungsantrag hinzugefügt werden, wobei auch ein Entwurf des Prospekts genügt (§ 48 Abs. 2 BörsZulV). In gebilligter Form muss der Prospekt erst für die Zulassung vorliegen (§ 30 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG).
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Aufgrund dieser Regelung kann in einer Konstellation ein widersinniges Ergebnis hinsichtlich der Prospektpflichten auftauchen: Verzichtet der Emittent auf einen Bezugsrechtshandel, umfasst die Emission aber mehr als 10 % des Grundkapitals, ist zwar für das Bezugsangebot kein Prospekt zu veröffentlichen, jedoch für die Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel. Erfolgt die Börsenzulassung erst nach
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203 204 205
206
WpPG sowohl Prospekte für das öffentliche Angebot von Wertpapieren als auch Prospekte für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt umfasst (§ 1 Abs. 1 WpPG). Ein gebilligter Prospekt kann daher sowohl für das öffentliche Angebot von Wertpapieren als auch für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt verwendet werden. Zu den inhaltlichen Anforderungen des Prospekts vgl. allgemein §§ 5 ff. WpPG. Vgl. Bekanntmachung der BaFin v. 6.9.1999, I 2 f. Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18; Krug, BKR 2005, 302, 306; der Regelung liegt die Wertungsentscheidung des Gesetzgebers zu Grunde, Altaktionäre, die bereits über Informationen über die Gesellschaft verfügen, weniger zu schützen als Anleger, die erstmalig in das betreffende Wertpapier investieren. Die Ausnahme des § 4 Abs. 2 Nr. 7 WpPG ist auf Bezugsrechtsemissionen nicht anwendbar, da nur die Ausgabe von Aktien nach Ausübung von Umtausch oder Bezugsrechten aus anderen Wertpapieren, d.h. die aus Wandel- und Optionsrechten entstehen, erfasst sind. So auch Groß, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rz. 20; dies ergibt sich daraus, dass die Begrifflichkeit des WpPG zwischen „Aktien und anderen Wertpapieren“ (§ 2 Nr. 1a WpPG) unterscheidet. Folglich können mit anderen Wertpapieren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 7 WpPG keine aus Aktien stammenden Bezugsrechte gemeint sein. Unklar insoweit Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalmarktrechts, § 2 Rz. 161.
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Ende des Bezugsangebots, wie es oft der Fall ist (vgl. oben Rz. 17), liegt den Aktionären ein Prospekt mit den umfassenden Information über den Emittenten erst nach ihrer Entscheidung über die Bezugsrechtsausübung vor. Dies ist ein widersinniges, dem Prospektzweck nicht entsprechendes Ergebnis. Handelt es sich um eine Emission mit erheblichen Risiken, etwa in einem Sanierungskontext, führt dies dazu, dass im Bezugsangebot schon auf Risiken hingewiesen werden muss, die dann im anschließend folgenden Prospekt weiter detailliert dargestellt werden. Dieses Ergebnis lässt sich nur verhindern, wenn die Zulassung schon vor Beginn des Bezugsangebots betrieben wird, was aber die Durchführung der Kapitalerhöhung schon vor Beginn des Bezugsangebots erfordert. Dies lässt den Banken dann keine Rücktrittsmöglichkeit mehr. Eine andere Lösung liegt darin, einen Prospekt zu erstellen und sich diesen von der BaFin billigen zu lassen, obwohl zu diesem Zeitpunkt keine Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts vorliegt. Die BaFin ist – bei Vorliegen der Voraussetzungen der Billigung – allerdings zur Billigung verpflichtet207, wenn der Zulassungsantrag vor Beginn oder zeitgleich mit Veröffentlichung des Bezugsangebots gestellt wird.
207 Zum Rechtsanspruch auf eine Billigung durch die BaFin vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 WpPG Rz. 11.
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§5 Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss Rainer Krause I. Allgemeines 1. Bedeutung des Bezugsrechts . . . .
1
2. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3. Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . .
4
4. Faktischer Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
II. Bezugsrechtsausschluss bei der regulären Kapitalerhöhung 1. Materielle Voraussetzungen a) Sachliche Rechtfertigung . . . . aa) Gesellschaftsinteresse . . . . bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne . . . . . . . . . b) Verwässerungsschutz gem. § 255 Abs. 2 AktG . . . . . . . . c) Fallgruppen aa) Barkapitalerhöhung . . . . . (1) Vermeidung von Spitzenbeträgen . . . . . . . . (2) Ausgabe von Belegschaftsaktien . . . . . . . (3) Bedienung von Wandelund Optionsanleihen . . (4) Gewährung von Aktien als Voraussetzung für Kooperationen . . . . . . (5) Börseneinführungen . . . (6) Optimierung der Platzierung . . . . . . . . . . . . (7) Abwehrmaßnahmen . . . (8) Gekreuzter Bezugsrechtsausschluss . . . . . (9) Gemischte Bar-/Sachkapitalerhöhung . . . . . bb) Sachkapitalerhöhung . . . .
7 8 9 10 11 13 14 15 16 17 18 20 21 23 24 25
2. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG a) Sinn und Zweck der Regelung . b) Kapitalgrenze 10 % . . . . . . . . c) Ausgabebetrag . . . . . . . . . . . d) Ungeschriebene Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . e) Zuwendungskriterien . . . . . . 3. Formelle Voraussetzungen a) Hauptversammlungsbeschluss . b) Vorstandsbericht . . . . . . . . . c) Vorbereitung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . d) Vorstandsbericht bei vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG . e) Zulassungsverfahren . . . . . . . 4. Prozessuale Fragen . . . . . . . . . . III. Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Siemens/Nold-Entscheidung . a) Folgen für die Sachkapitalerhöhung aa) Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . bb) Ausnutzung des genehmigten Kapitals . . . . . . . . . . b) Folgen für die Barkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . c) Vorrang der regulären Kapitalerhöhung? . . . . . . . . . . . . . 3. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG beim genehmigten Kapital a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Stufenermächtigung und Anrechnungsklausel . . . . . . . . . c) Greenshoe . . . . . . . . . . . . . 4. Formelle Voraussetzungen . . . . .
27 28 30 32 33 34 36 39 40 41 42
44 46
47 49 51 52
53 54 56 57
Schrifttum: Bayer, Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und Vermögensschutz der Aktionäre nach § 255 Abs. 2 AktG, ZHR 163 (1999), 505; Bayer, Vorsorge und präventive Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen, ZGR 2002, 588; Bayer, Materielle Schranken und Kontrollinstrumente beim Einsatz des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 168 (2004), 132; Bezzenberger, Das Bezugsrecht der Aktionäre und sein Ausschluss, ZIP 2002,
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1917; Bungert, Bezugsrechtsausschluss zur Plazierung neuer Aktien im Ausland, WM 1995, 1; Bungert, Die Liberalisierung des Bezugsrechtsausschlusses im Aktienrecht, NJW 1998, 488; Busch, Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss bei Wandel- und Optionsanleihen, AG 1999, 58; Busch, Aktuelle Rechtsfragen des Bezugsrechts und Bezugsrechtsausschlusses beim Greenshoe im Rahmen von Aktienemissionen, AG 2002, 230; Cahn, Pflichten des Vorstands bei genehmigtem Kapital mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 163 (1999), 554; Decher, Bedeutung und Grenzen des Börsenkurses bei Zusammenschlüssen zwischen unabhängigen Unternehmen, FS Wiedemann, 2002, S. 787; Decher, Rechtsfragen des grenzüberschreitenden Merger of Equals, FS Lutter, 2000, S. 1209; Füchsel, Probleme des Bezugsrechtsausschlusses im deutschen Aktienrecht, BB 1972, 1533; Groß, Der Inhalt des Bezugsrechts nach § 186 AktG, AG 1993, 449; Groß, Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen: Offene Fragen bei der Anwendung des neuen § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, DB 1994, 2431; Groß, Bookbuilding, ZHR 1998, 318; Groß, Das Ende des so genannten „Greenshoe“?, ZIP 2002, 160; Hein, Rechtliche Fragen des Bookbuildings nach deutschem Recht, WM 1996, 1; Heinsius, Bezugsrechtsausschluss bei der Schaffung von Genehmigten Kapital, FS Kellermann, 1990, S. 115; Henze, Schranken für den Bezugsrechtsausschluss, ZHR 167 (2003), 1; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986; Hoffmann-Becking, Neue Formen der Aktienemission, FS Lieberknecht, 1997, S. 25; Hoffmann-Becking, Gesetz zur „kleinen AG“ – unwesentliche Randkorrekturen oder grundlegende Reform?, ZIP 1995, 1; Hoffmann-Becking, Ausgabebetrag bei Sacheinlagen, FS Wiedemann, 2002, S. 999; Hofmeister, Der Ausschluss des aktiengesetzlichen Bezugsrechts bei börsennotierten AG, NZG 2000, 713; Ihrig/Wagner, Volumengrenzen für Kapitalmaßnahmen der AG – Zu den aktienrechtlichen Höchstgrenzen bei Kapitalmaßnahmen, NZG 2002, 657; Ihrig, Geklärtes und Ungeklärtes zum Vereinfachten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 109; Kindler, Die sachliche Rechtfertigung des aktienrechtlichen Bezugsrechtsausschlusses im Lichte der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, ZHR 158 (1994), 339; Kindler, Bezugsrechtsausschluss und unternehmerisches Ermessen nach dem deutschen und europäischen Recht, ZGR 1998, 35; Kirchner-Sailer, Rechtsprobleme bei Einbringung und Verschmelzung, NZG 2002, 305; Krause, Die Gewährung von Aktien beim Unternehmenskauf, RWS Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 301; Krieger, Aktionärsklage zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999), 343; Krieger, Vorstandsbericht vor Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss, FS Wiedemann, 2002, S. 1081; Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, 2003, S. 115; Lutter, Materielle und förmliche Erfordernisse eines Bezugsrechtsausschlusses, ZGR 1979, 401; Marsch-Barner, Die Erleichterung des Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, AG 1994, 532; Martens, Der Ausschluss des Bezugsrechts: BGHZ 33, S. 175, FS Fischer, 1979, S. 437; Martens, Richterliche und gesetzliche Konkretisierungen des Bezugsrechtsausschlusses, ZIP 1994, 669; Martens, Die Bewertung eines Beteiligungserwerbs nach § 255 Abs. 2 AktG – Unternehmenswert kontra Börsenkurs, FS Bezzenberger, 2000, S. 267; Martens, Der Bezugsrechtsausschluss anlässlich eines ausländischen Beteiligungserwerbs, FS Steindorff, 1990, S. 150; Martens, Bewertungsspielräume bei Fusionen und fusionsähnlichen Strukturänderungen, FS Röhricht, 2005, S. 987; Meyer, Der „Greenshoe“ und das Urteil des Kammergerichts – Neue Entwicklungen bei der Ausgestaltung von Aktienplatzierungen, WM 2002, 1106; Paefgen, Justiziabilität des Verwaltungshandelns beim genehmigten Kapital, ZIP 2004, 145; Quack, Die Schaffung genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre, ZGR 1983, 257; Rodloff, Zum Kontrollmaßstab des Bezugsrechtsausschlusses, ZIP 2003, 1076; Röhricht, Von Rechtswissenschaft und Rechtsprechung, ZGR 1999, 445; Schlitt/Schäfer, Alte und neue Fragen im Zusammenhang mit 10 %-Kapitalerhöhungen, AG 2005, 67; Schlitt/Seiler, Aktuelle Rechtsfragen bei Bezugsrechtsemissionen, WM 2003, 2175; Schlitt/Seiler/Singhof, Aktuelle Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, 254; Schockenhoff, Der rechtmäßige Bezugsrechtsausschluss, AG 1994, 45; Schwark, Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss – Zur Auslegung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, FS Claussen, 1997, S. 357; Sethe, Die Berichtserfordernisse beim Bezugsrechtsausschluss und ihre mögliche Heilung, AG 1994, 342; Sinewe, Die Relevanz des Börsenkurses im Rahmen des § 255 Abs. 2 AktG, NZG 2002, 314; Technau, Rechtsfragen bei der Gestaltung von Übernahmeverträgen („Underwriting Agreements“) im Zusammenhang mit Aktienemissionen, AG 1998, 445; Timm, Der Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital, DB 1982,
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211; Thoma, Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz im Überblick, NZG 2002, 105; Tollkühn, Die Schaffung von Mitarbeiteraktien durch kombinierte Nutzung von genehmigten Kapital und Erwerb eigener Aktien unter Einschaltung eines Kreditinstituts, NZG 2004, 594; Trapp, Erleichterter Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG und Greenshoe, AG 1997, 115; Trölitzsch, Festlegung unterschiedlicher Ausgabekurse bei einem gekreutzen Bezugsrechtsausschluss, DB 1993, 1457; Volhard in Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003, S. 646; Winter/Harbarth, Verhaltenspflichten von Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft bei feindlichen Übernahmeangeboten nach dem WpÜG, ZIP 2002, 9; Wirth/Arnold, Umwandlung von Vorzugsaktien in Stammaktien, ZGR 2002, 859; Zöllner, Aktienrechtsreform in Permanenz – Was wird aus den Rechten des Aktionärs?, AG 1994, 336.
I. Allgemeines 1. Bedeutung des Bezugsrechts Gesetzlicher Regelfall ist die Kapitalerhöhung, die jedem Aktionär Anspruch auf einen seiner bisherigen Beteiligungsquote entsprechenden Teil der neuen Aktien gewährt (§ 186 Abs. 1 AktG). Wird das Bezugsrecht ausgeübt, so verhindert es die Verwässerung des Kapital- und Stimmrechtsanteils des Aktionärs. Darüber hinaus transportiert das Bezugsrecht den Vermögenswert, der in der Ausgabe neuer Aktien zu günstigen Konditionen liegt. Diesen Vorteil kann der Aktionär durch Ausübung oder Veräußerung seines Bezugsrechts nutzen. Das Bezugsrecht gilt daher zu Recht als „elementarer Bestandteil der Mitgliedschaft des Aktionärs in der Gesellschaft“1. Es schützt vor Einflussverlust und Wertverwässerung. Entsprechendes gilt für das mittelbare Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 5 AktG.
1
Europarechtlich sieht Art. 29 Abs. 1 der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vom 13.12.1976 (Kapitalrichtlinie) ein Bezugsrecht lediglich für die Kapitalerhöhung durch Bareinlagen vor. Art. 29 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie steht jedoch Regelungen nationalen Rechts nicht entgegen, die ein Bezugsrecht auch bei Kapitalerhöhungen durch Sacheinlagen vorsehen2.
2
2. Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht Kein gesetzliches Bezugsrecht besteht bei einer bedingten Kapitalerhöhung gem. §§ 192 ff. AktG, bei Kapitalerhöhungen zur Durchführung einer Verschmelzung oder Spaltung (§§ 69 Abs. 1, 142 Abs. 1 UmwG) sowie bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Bei der bedingten Kapitalerhöhung wird das Bezugsrecht durch Vereinbarung zwischen dem Berechtigten und der Gesellschaft rechtsgeschäftlich begründet3; der Kreis der Bezugsberechtigten ergibt sich aus dem Zweck der Kapitalerhöhung, der im Kapitalerhöhungsbeschluss festzustellen ist (§§ 192 Abs. 2, 193 Abs. 2 Nr. 1 AktG). Im Fall des § 192 Abs. 1 Nr. 1 AktG wird der Schutz der Altaktionäre durch ein Recht auf Bezug der vermittelnden Gläubigerrechte vorverlagert (§ 221 Abs. 4 AktG). §§ 69 Abs. 1, 142 Abs. 1 UmwG schließen die An1 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 20 Rz. 13. 2 EuGH v. 19.11.1996 – C 42/95, Slg. 1996-I, 6017, 6034 = ZIP 1996, 2015, 2016; a.A. Kindler, ZHR 158 (1994), 339, 360. 3 Dazu ausführlich Lutter in KölnKomm. AktG, § 197 Rz. 3 ff.
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wendung von § 186 AktG aus, weil die neuen Aktien gerade nicht den Aktionären der übernehmenden Gesellschaft gewährt werden sollen, sondern den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers; ein Bezugsrechtsausschluss durch Hauptversammlungsbeschluss ist daher nicht erforderlich.4 Aus anderen Gründen besteht auch bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kein Bezugsrecht der Aktionäre. § 212 Satz 1 AktG weist die neuen Aktien den Aktionären direkt zu; eines vermittelnden Bezugsrechts bedarf es nicht.
3. Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss 4
Bei der (regulären) Kapitalerhöhung kann das Bezugsrecht durch Beschluss der Hauptversammlung ausgeschlossen werden. Beim genehmigten Kapital kann der Ermächtigungsbeschluss entweder das Bezugsrecht unmittelbar ausschließen (§ 203 Abs. 1 i.V.m. § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG) oder den Vorstand ermächtigen, über den Ausschluss zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 AktG). Der Bezugsrechtsausschluss ist bei Bar- und Sachkapitalerhöhungen möglich.
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In jeder dieser Fallgruppen unterliegt der Bezugsrechtsausschluss engen formellen und materiellen Voraussetzungen. Für die Barkapitalerhöhung folgen europarechtliche Vorgaben aus Art. 29 Abs. 4 i.V.m. Art. 40 der Kapitalrichtlinie.
4. Faktischer Bezugsrechtsausschluss 6
Vom formellen Bezugsrechtsausschluss zu trennen ist der faktische Bezugsrechtsausschluss. Bei ihm kann zwar jeder Aktionär theoretisch einen seiner bisherigen Beteiligung entsprechenden Anteil der neuen Aktien erhalten, der Bezug wird aber aus tatsächlichen Gründen so erschwert, dass er einem Ausschluss des Bezugsrechts gleicht oder nahe kommt. Dies kann an einem unangemessen hohen – bei börsennotierten Gesellschaften über dem Börsenkurs liegenden – Bezugspreis liegen5; aber auch hinderliche Bezugsverhältnisse aufgrund eines ungewöhnlich hohen geringsten Ausgabebetrages6 oder die Verknüpfung des Bezugsrechts mit zusätzlichen Pflichten kommen in Betracht. Derartige Festsetzungen sind nur zulässig, wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Bezugsrechtsausschluss vorliegen7.
II. Bezugsrechtsausschluss bei der regulären Kapitalerhöhung 1. Materielle Voraussetzungen a) Sachliche Rechtfertigung 7
Wegen der Bedeutung des Bezugsrechts für die Aktionäre bedarf der Ausschluss des Bezugsrechts einer besonderen sachlichen Rechtfertigung8. Der Bezugsrechtsaus4 Gleichwohl wird gefordert, dass die Kapitalerhöhung zur Vorbereitung einer Verschmelzung sachlich gerechtfertigt wird, Peifer in MünchKomm. AktG, § 183 Rz. 40 5 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 91. 6 Vgl. BGH v. 5.7.1999 – II ZR 126/98 – „Hilgers“, ZIP 1999, 1444. 7 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 100; im Einzelnen Groß, AG 1993, 449, 454 ff. 8 Rodloff, ZIP 2003, 1076 ff.; relativierend Bezzenberger, ZIP 2002, 1917, 1934 f. und Kindler, ZHR 158 (1994), 334, 358 ff.
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schluss muss „bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt“9 sein. Das mit dem Bezugsrechtsausschluss verfolgte Ziel muss dem Gesellschaftsinteresse dienen, zur Erreichung des Ziels muss der Bezugsrechtsausschluss das am besten geeignete Mittel sein, und die Interessen der Gesellschaft müssen die konkreten Nachteile für die Aktionäre überwiegen10. Damit gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der seine Grundlagen im Gleichheitssatz11 hat. aa) Gesellschaftsinteresse Das Gesellschaftsinteresse wird durch den satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand und den Zweck der Gesellschaft, der in der Regel auf Gewinnerzielung gerichtet ist, bestimmt. In diesem Rahmen ist Gesellschaftsinteresse alles, was zum Besten der Gesellschaft12 dient. Dies ist eine Frage unternehmerischer Wertung. Um Bestand oder Abwendung einer Gefährdung der Gesellschaft muss es nicht gehen13. Bei der Sachkapitalerhöhung misst sich das Gesellschaftsinteresse an der Bedeutung der Sacheinlage für die Gesellschaft und der Notwendigkeit, dafür neue Aktien auszugeben. Bei der Barkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss sind neben dem Kapitalbedarf die Kosten, der Zeitaufwand sowie der mögliche Platzierungspreis einer Bezugsemission zu betrachten. Nicht genügt das Konzerninteresse, zugunsten des Mehrheitsaktionärs die Möglichkeit eines Squeeze-out zu schaffen14.
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bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit Der Bezugsrechtsausschluss muss entweder das einzige oder „das am besten geeignete Mittel“15 sein, um den Zweck der Maßnahme zu erreichen16. Ziel ist die größtmögliche Schonung der Altaktionäre. Könnte der Zweck auch durch eine Kapitalerhöhung mit gesetzlichem Bezugsrecht erreicht werden, fehlt es an der Erforderlichkeit. Geeignetheit und Erforderlichkeit sind einer wertenden Betrachtung zugänglich; Hauptversammlung und Verwaltung haben einen Beurteilungsspielraum.
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cc) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Mittel und Zweck sind verhältnismäßig, wenn das Interesse der Gesellschaft an der Maßnahme die Nachteile für die Aktionäre überwiegt. Nachteilig für die Aktionäre ist der Bezugsrechtsauschluss schon wegen der Einfluss- und Wertminderung. Bei der Abwägung zu berücksichtigen sind daher insbesondere die Bedeutung des Stimmverlustes, die Höhe des Vermögensverlustes bei Ausgabe der jungen Aktien unter dem Börsenwert oder ihrem inneren Wert sowie Zukaufsmöglichkeiten zur 9 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – „Kali + Salz“, BGHZ 71, 40, 46; ebenso BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81 – „Holzmann“, BGHZ 83, 319, 321 = AG 1982, 252. 10 So die Formel im BGH-Urteil v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 = AG 1982, 252 und im BGH-Urteil v. 7.3.1994 – II ZR 52/93 – „Deutsche Bank“, BGHZ 125, 239, 244 = AG 1994, 276. 11 Vgl. BGH v. 6.10.1960 – II ZR 150/58 – „Minimax II“, BGHZ 33, 175, 186. 12 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 50. 13 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 61. 14 OLG Schleswig v. 18.12.2003 – 5 U 30/03, AG 2004, 155, 158. 15 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 = AG 1982, 252. 16 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 63; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 27.
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Kompensation17. Je schwerer die Interessen der Aktionäre wiegen, desto dringender muss das Interesse der Gesellschaft an der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss sein. Dabei können auch quantitative Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Je mehr Aktionäre dem Bezugsrechtsausschluss zugestimmt haben, desto weniger Gewicht haben die Aktionärsinteressen. Maßgeblich ist stets der Einzelfall im Zeitpunkt der Beschlussfassung. Der Verwaltung steht ein nicht unerhebliches Beurteilungsermessen18 zu. Sie muss „nach pflichtgemäßer kaufmännischer Prüfung der Überzeugung sein […], der Ausschluss sei das angemessene und am besten geeignete Mittel zur Verfolgung überwiegender Gesellschaftsinteressen“19. In der Praxis haben sich insbesondere die unten (Rz. 13 ff.) dargestellten Fallgruppen herausgebildet. b) Verwässerungsschutz gem. § 255 Abs. 2 AktG 11
Neben das Erfordernis sachlicher Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses tritt der besondere Verwässerungsschutz aus § 255 Abs. 2 AktG. Nach dieser Vorschrift kann die Anfechtung einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss20 auch darauf gestützt werden, „dass der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestnennbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist.“ Ausgabebetrag ist bei der Barkapitalerhöhung der im Hauptversammlungsbeschluss gem. § 182 Abs. 3 AktG festgesetzte Betrag; fehlt eine solche Festsetzung, ist auf den geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) abzustellen21. Bei der entsprechenden Anwendung des § 255 Abs. 2 AktG auf die Sachkapitalerhöhung tritt an die Stelle des Ausgabebetrages der Wert der Sacheinlage; der geringste oder ein anderer im Hauptversammlungsbeschluss festgesetzter Ausgabebetrag spielt keine Rolle22. Vergleichsgröße ist der Wert der auszugebenden Aktien. Ob es insoweit bei börsennotierten Gesellschaften heute noch auf den inneren Wert der Aktien ankommt23, erscheint fraglich. Zwar lässt sich § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, der auf den Börsenkurs abstellt, nicht verallgemeinern24; jedenfalls bei Sachkapitalerhöhungen zum Erwerb eines Unternehmens ist aber der Börsenkurs der Aktien, der aus Sicht des Verkäufers den greifbaren Wert der ihm gezahlten Gegenleistung ausmacht, zulässigerweise zu berücksichtig-
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Hierzu Röhricht, ZGR 1999, 445, 475 f. Dazu zusammenfassend Hüffer, AktG, § 186 Rz. 36. BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 = AG 1982, 252. Dazu gehören nach h.M. auch die bedingte Kapitalerhöhung, Hüffer, AktG, § 255 Rz. 1, 4, sowie die Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung oder Spaltung, Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 516. Hüffer, AktG, § 255 Rz. 8; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 519 f. Allerdings kann ein unangemessen niedriger (Mindest-)Ausgabebetrag dadurch geheilt werden, dass der Vorstand einen angemessenen Ausgabekurs festsetzt, K. Schmidt in Großkomm. AktG, § 255 Rz. 13 a.E.; Semler in MünchHdb. AG, § 41 Rz. 127. BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – „Kali + Salz“, BGHZ 71, 40, 50; Hoffmann-Becking in FS Wiedemann, 2002, S. 999, 1004. So BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – „Kali + Salz“, BGHZ 71, 40, 51 („wirklicher, unter Einschluss stiller Reserven und des inneren Geschäftswerts zu ermittelnde[r] Wert.“); OLG Frankfurt a.M. v. 1.7.1998 – 21 U 166/97, AG 1999, 231, 232 f. Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 26, 29; großzügiger Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 73.
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ten25. Allerdings darf daraus beim Erwerb einer börsennotierten Zielgesellschaft nicht gefolgert werden, dass sich das Umtauschverhältnis ausschließlich nach dem Verhältnis der Börsenkurse bestimmt. Welcher „Ausgabebetrag“ (noch) „angemessen“ ist, lässt sich nicht mit Formeln errechnen, sondern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles26. Die Mehrheit – beim genehmigten Kapital der Vorstand (s. unten Rz. 49) – hat einen breiten Entscheidungs- und Bewertungsspielraum. Dabei können v.a. die Interessen der Gesellschaft an der Gewinnung neuer Aktionäre oder Aktiva, erwartete Synergieeffekte und die jeweils konkrete Verhandlungssituationherangezogen werden. Es bleibt aber die Anforderung, die Aktien bestmöglich abzugeben27.
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c) Fallgruppen aa) Barkapitalerhöhung Bei der Barkapitalerhöhung ist besonders kritisch zu prüfen, ob der Bezugsrechtsausschluss im Einzelfall das am besten geeignete Mittel zur Verfolgung eines Gesellschaftsinteresses ist. Ein Bezugsrechtsausschluss kommt insbesondere in folgenden Fällen in Betracht:
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(1) Vermeidung von Spitzenbeträgen Zur Vermeidung von Spitzenbeträgen ist der Bezugsrechtsausschluss anerkannt28. Neue Aktien werden von der Zuteilung an Altaktionäre ausgenommen, um glatte Bezugsverhältnisse zu ermöglichen. Die Glättung kann rechnerisch notwendig (z.B.: Erhöhung von 990 Euro um 110 Euro auf 1 100 Euro: Bezugsverhältnis 10:1 sowie Ausgabe von elf Aktien unter Bezugsrechtsausschluss) oder zur Erleichterung der Zeichnung im Interesse der Kleinaktionäre gerechtfertigt (z.B.: Erhöhung von 1 000 Euro um 600 Euro auf 1 600 Euro: Statt Bezugsverhältnis 10:6 wird Bezugsverhältnis 2:1 sowie Bezugsrechtsausschluss für 100 Aktien festgesetzt) sein29. Vorrangig muss der Erhöhungsbetrag aber so gewählt werden, dass praktikable und glatte Bezugsverhältnisse ohne Spitzen entstehen30. Frei werdende Bezugsrechte sind, wenn die Beträge ins Gewicht fallen, zunächst den Altaktionären anzubieten31, sonst bestmöglich für Rechnung der Gesellschaft zu verwerten.
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(2) Ausgabe von Belegschaftsaktien Die Beteiligung von Arbeitnehmern am Kapital der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen ist in §§ 71 Abs. 1 Nr. 2, 192 Abs. 2 Nr. 3, 202 Abs. 4, 203 25 Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 279 ff.; Martens in FS Röhricht, 2005, S. 987 ff.; Röhricht in Hommelhoff/Röhricht, Gesellschaftsrecht 1997, S. 191, 221; Sinewe, NZG 2002, 314, 316 f.; a.A. BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 51; vgl. auch Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 141. 26 K. Schmidt in Großkomm. AktG, § 255 Rz. 12; Hüffer, AktG, § 255 Rz. 5. 27 Dazu insbes. Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 583 ff. 28 Vgl. nur BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 323 = AG 1982, 252; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 155; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 66. 29 Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, S. 62 f. 30 Zutreffend Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 79. 31 Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 91.
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Abs. 3 AktG als förderungswürdig anerkannt. Hieraus wird allgemein abgeleitet, dass auch der Bezugsrechtsausschluss zur Ausgabe von Belegschaftsaktien in angemessenem Umfang gerechtfertigt ist32. Verbreitet ist die Gestaltung, die neuen Aktien zunächst durch ein Kreditinstitut zeichnen zu lassen und nach einem Rückerwerb durch die Gesellschaft zu einem günstigen Kurs an die Arbeitnehmer zu veräußern33. (3) Bedienung von Wandel- und Optionsanleihen 16
Die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen unter Bezugsrechtsausschluss bedarf sachlicher Rechtfertigung wie die Ausgabe von Aktien unter Bezugsrechtsausschluss (§ 222 Abs. 4 AktG). Ist diese Hürde genommen, oder wurden Wandeloder Optionsrechte unter Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre ausgegeben, ist die Bedienung dieser Rechte, wenn dafür Aktien erforderlich sind, nicht nochmals an § 186 AktG zu messen. Dies gilt für das bedingte Kapital ohnehin (§ 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) und muss auch für die Ausgabe von Aktien aus einer regulären Kapitalerhöhung oder aus genehmigtem Kapital gelten34. Anders ist die Rechtslage, wenn Aktien unter Bezugsrechtsausschluss ausgegeben werden, um Inhabern von Wandelund Optionsanleihen zusätzliche Aktien als Ausgleich für eine Verwässerung ihrer Beteiligung bei einer Kapitalerhöhung zu gewähren. In diesem Fall bedarf der Bezugsrechtsausschluss sachlicher Rechtfertigung nach den allgemeinen Regeln35. (4) Gewährung von Aktien als Voraussetzung für Kooperationen
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Verlangt ein Partner als Voraussetzung für eine Kooperation eine Beteiligung, kann der Ausschluss des Bezugsrechts gerechtfertigt sein, wenn die Zusammenarbeit im Interesse der Gesellschaft liegt36, insbesondere in Sanierungssituationen37. Die Vorteile der Zusammenarbeit, etwa die Förderung oder Sicherung der Stellung im Markt, sowie die Notwendigkeit der Ausgabe neuer Aktien an den Partner sind im Einzelfall aber sorgfältig zu prüfen. (5) Börseneinführungen
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Den für eine Auslandsplatzierung erforderlichen Bezugsrechtsausschluss hält der BGH für sachlich gerechtfertigt, wenn eine breite Streuung der neuen Aktien vorgenommen wird und der Ausgabekurs an den aktuellen Börsenkurs angelehnt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob lediglich eine Erweiterung der Präsenz an Plätzen, an denen die Aktie bereits eingeführt ist, angestrebt wird, oder die Einfüh32 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 156; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 67; BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 323 = AG 1982, 252; BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, 292 = AG 2000, 475; i.E. auch Hüffer, AktG, § 186 Rz. 29. 33 Kritisch Tollkühn, NZG 2004, 594 ff. 34 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 30; zweifelnd Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 157 f. 35 Hierzu Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, S. 115. 36 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 323 = AG 1982, 252; Martens in FS Fischer, 1979, S. 437, 448. 37 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 83; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 70.
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rung an einer Börse erfolgt, an der die Aktie bisher nicht gehandelt wird38. Daraus wird man eine Privilegierung der Auslands- gegenüber der Inlandsplatzierung ableiten können, soweit die Auslandsplatzierung im Einzelfall besondere Vorteile mit sich bringt, etwa eine geringere Kursbelastung, eine Verbesserung des Profils und Standings der Gesellschaft auf dem Kapitalmarkt oder die Vorbereitung eines ausländischen Beteiligungserwerbs39. Bei der Inlandsplatzierung ist es schwieriger, die Interessen der Altaktionäre hinter die Finanzierungs- und Kapitalmarktinteressen der Gesellschaft zurücktreten zu lassen. Der Bezugsrechtsausschluss ist in diesen Fällen nicht schon dadurch gerechtfertigt, dass eine ausreichend breite Streuung der zuzulassenden Aktien (vgl. § 9 BörsZulV) nicht anders zu erreichen ist. Hinzutreten muss das überwiegende Interesse der Gesellschaft, für die konkret anstehende Finanzierung den Kapitalmarkt zu nutzen40. Für die erstmalige Platzierung gelten höhere Hürden als für eine Erweiterung der Börsenpräsenz41.
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(6) Optimierung der Platzierung Noch nicht abschließend geklärt ist, inwieweit bestimmte Situationen am Kapitalmarkt den Ausschluss des Bezugsrechts rechtfertigen können. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob das Bezugsrecht ausgeschlossen werden kann, wenn eine Bezugsrechtsemission nicht oder nicht zu optimalen Bedingungen platziert werden könnte. Nach h.M. kann allein die Absicht, einen gegenüber der Bezugsrechtsemission höheren Ausgabekurs zu erzielen, den Bezugsrechtsausschluss ebenso wenig rechtfertigen42 wie die vermutete fehlende Zeichnungsbereitschaft der Altaktionäre43. In Sanierungsfällen kann allerdings die „en bloc“-Vergabe neuer Aktien an einen Investor das einzige und damit zulässige Mittel zur Rettung der Gesellschaft sein44. Außerhalb einer Sanierungssituation kann der Ausschluss des Bezugsrechts allenfalls in Extremfällen durch den Vorteil gerechtfertigt sein, bei schwierigem Börsenumfeld Eigenmittel zügig (ohne die zweiwöchige Bezugsfrist nach § 186 Abs. 1 Satz 2 AktG), ohne Platzierungsrisiko und ggf. ohne Prospektpflicht nach WpPG zu schöpfen45. Liegt ein solcher Extremfall vor, steht der bezugsrechtsfreien Emission auch nicht die 10 %-Grenze des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG entgegen. Sicherer ist stets der Weg über § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. 38 BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93 – „Deutsche Bank“, BGHZ 125, 239, 245 f. = AG 1994, 276. 39 Im Einzelnen Martens in FS Steindorff, 1990, S. 150, 160 f.; vgl. auch LG München I v. 3.5.1990 – 12 HKO 15563/89, AG 1991, 73, 74. 40 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 31; im Einzelnen Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, S. 118 ff. 41 Vgl. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 159; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 81. 42 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 33; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 77; a.A. Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 82; Timm, DB 1982, 211, 215. 43 OLG Celle v. 29.6.2001 – 9 U 89/01, AG 2002, 292, 293; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 33; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 95. 44 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81 – „Holzmann“, NJW 1982, 2444, 2446 = AG 1982, 252; LG Heidelberg v. 16.3.1988 – O 6/88 KfH II, ZIP 1988, 1257, 1258; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 95; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 70; a.A. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 33 und Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 541. 45 Zur Bezugsrechtsemission vgl. § 4.
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(7) Abwehrmaßnahmen 21
Da die Gesellschaft grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Aktionärsstruktur hat46, ist die bezugsrechtslose Kapitalerhöhung als Abwehrmaßnahme (durch Zuwendung neuer Aktien an einen erwünschten Aktionär oder durch Verwässerung der Beteiligung eines unerwünschten Aktionärs) nur dann zulässig, wenn andere Gesellschaftsinteressen als der bloße „Überfremdungsschutz“ auf dem Spiel stehen. Die drohende Konzernierung reicht nicht, zumal die Interessen der übrigen Aktionäre durch die WpÜG-Regeln zum Übernahme- und Pflichtangebot angemessen geschützt sind47. Anders ist es nur, wenn konkrete Nachteile zulasten der Gesellschaft (Schädigung, Vernichtung) drohen48.
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Nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots trifft den Vorstand allerdings das Verhinderungsverbot der §§ 33, 33a WpÜG. § 33 WpÜG erlaubt Handlungen, denen der Aufsichtsrat der Gesellschaft zugestimmt hat. Dies schließt die Ausgabe neuer Aktien aus genehmigtem Kapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats ein49. Maßstab für die Entscheidung des Aufsichtsrats müssen die oben genannten Kriterien sein; eine darüber hinausgehende Pflicht zur Neutralität des Aufsichtsrats kann aus § 33 Abs. 1 WpÜG nicht abgeleitet werden50. (8) Gekreuzter Bezugsrechtsausschluss
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Das Bezugsrecht ist nach bisher ganz h.M. „gattungsblind“: Auch dann, wenn bereits mehrere Gattungen bestehen, hat jeder Aktionär bei der Ausgabe verschiedener Gattungen ein Recht zum Bezug eines entsprechenden Anteils jeder Gattung51. Stammaktionäre erhalten auf der Grundlage dieses „Mischbezugsrechts“ auch Vorzugsaktien und umgekehrt. Jedoch folgt aus dem Zweck des Bezugsrechts, jedenfalls aber aus der Wertung des § 216 Abs. 1 Satz 1 AktG, dass ein gekreuzter Bezugsrechtsausschluss, mit dem eine gattungsbezogene Zuteilung der neuen Aktien unter Wahrung des Verhältnisses der Gattungen zueinander festgesetzt wird, ohne Weiteres zulässig ist52. (9) Gemischte Bar-/Sachkapitalerhöhung
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Kein Bezugsrechtsausschluss liegt vor, wenn im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzt wird, dass ein Teil der Aktien gegen Bar- und ein anderer gegen Sacheinlage 46 Vgl. nur Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 98. 47 A.A. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 32; Martens in FS Fischer, 1979, S. 437, 452; wohl auch Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 162. 48 So BGH v. 6.10.1960 – II ZR 150/58 – „Minimax II“, BGHZ 33, 175, 186; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 84; Peifer in MünchKomm. AktG, § 186 Rz. 98. 49 Thoma, NZG 2002, 105, 110; Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 8 f.; a.A. Bayer, ZGR 2002, 588, 614; Hirte, ZGR 2002, 623, 647; und wohl auch Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 71 (darüber könne nur die Hauptversammlung, nicht aber der Vorstand im Rahmen eines genehmigten Kapitals entscheiden). 50 I.E. ebenso Winter/Harbarth, ZIP 2002, 1, 10 f. 51 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 67; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 4; Wirth/Arnold, ZGR 2002, 859, 964; a.A. etwa Groß, AG 1993, 449, 451 f.; sowie Peifer in MünchKomm. AktG § 186 Rz. 27. 52 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 67 und 80; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 30; Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 68; LG München I v. 2.4.1992 – 5 HKO 8840/91, AG 1993, 195 f.; zur Festlegung der Ausgabekurse Trölitzsch, DB 1993, 1457.
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ausgegeben und dabei bestimmt wird, welcher Aktionär die Sacheinlage leistet53. In diesem Fall hat jeder Aktionär entsprechend seiner Beteiligung Anteil an der Kapitalerhöhung; lediglich der Gegenstand der Einlage ist unterschiedlich. Sicherzustellen ist jedoch, dass der Ausgabebetrag der neuen Aktien für alle Aktionäre gleich ist und der Sacheinleger den Ausgabebetrag durch die Sacheinlage voll erbringt54. In der Praxis empfiehlt es sich gleichwohl, vorsorglich einen Ausschluss des Bezugsrechts vorzusehen, dazu aber zu erläutern, dass wirtschaftlich das Bezugsrecht der Aktionäre durch die vorgesehene Bezugsrechtsregelung voll gewahrt bleibt. Nicht abschließend geklärt sind die Rechtschutzmöglichkeiten im Fall einer (objektiven) Überbewertung der Sacheinlagen. Die Kombination mit der Barkomponente hilft, den anderenfalls vorliegenden Bezugsrechtsausschluss (formal) zu vermeiden. Der Gefahr der wirtschaftlichen Verwässerung ist dadurch jedoch nicht begegnet, so dass die (analoge) Anwendung von § 255 Abs. 2 AktG naheliegt55. bb) Sachkapitalerhöhung Das Erfordernis sachlicher Rechtfertigung gilt nach dem bisherigen Stand der Praxis in gleicher Weise für die Sachkapitalerhöhung56. Dies soll auch für den Unternehmenserwerb gelten, obwohl in den wirtschaftlich vergleichbaren Fällen der Verschmelzung und der Ausgabe von Aktien aus bedingtem Kapital (§ 192 Abs. 2 Nr. 2 AktG) kraft Gesetzes kein Bezugsrecht besteht (vgl. oben Rz. 3). Kritisch ist insbesondere, ob der Bezugsrechtsausschluss das am besten geeignete und damit für die Altaktionäre schonendste Mittel ist, um den Zweck der Maßnahme zu erreichen. Die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss konkurriert insofern mit anderen Möglichkeiten, den Gegenstand der Sacheinlage zu erwerben, auch mit der Gestaltung, eine kombinierte Bar-/Sachkapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss durchzuführen57. In Sanierungssituationen, in denen die Gesellschaft ein dringendes Interesse an der Tilgung einer Forderung hat, kann die Einbringung der Forderung gegen Ausgabe neuer Aktien unter Bezugsrechtsausschluss (debt equity swap) gerechtfertigt sein58. Bei Erwerb einer Forderung von einem Aktionär ist die Durchführung einer Sachkapitalerhöhung allerdings schon wegen der Regeln zur verdeckten Sacheinlage geboten, allerdings soweit möglich als kombinierte Bar-/Sachkapitalerhöhung. In geeigneten Fällen kann auch die Wertung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG fruchtbar gemacht werden, um einen Bezugsrechtsausschluss bei Sachkapitalerhöhungen zu rechtfertigen59. 53 Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, S. 81; Peifer in MünchKomm. AktG, § 183 Rz. 32; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 183; Groß, AG 1993, 449, 453; a.A. Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 83; Lutter, ZGR 1979, 401, 406. 54 Im Einzelnen Groß, AG 1993, 449, 453 f. 55 So OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06 – „Carl Zeiss Meditec“, ZIP 2006, 1989, 1993 ff.; offen lassend OLG Frankfurt v. 1.7.1998 – 21 U 166/97, AG 1999, 231, 232 f.; a.A. Lappe, BB 2000, 313, 316 f. 56 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 46 f.: Bezugsrechtsausschluss sei jedenfalls dann nicht zu beanstanden, „wenn die Gesellschaft nach vernünftiger kaufmännischer Überlegung ein dringendes Interesse am Erwerb des Gegenstandes hat und zu erwarten ist, der damit angestrebte und allen Aktionären zugute kommende Nutzen werde den verhältnismäßigen Beteiligungs- und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre aufwiegen.“ Großzügiger Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 85. 57 Zusammenfassend Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 85. 58 Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 80; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 35; Füchsel, BB 1972, 1533, 1538; strenger Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 169. 59 Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 112.
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Zu praktischen Schwierigkeiten führt insbesondere die Anfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 255 Abs. 2 AktG (vgl. oben Rz. 11). Sie eröffnet dem Anfechtungskläger die Wertrüge; für die Gesellschaft ist dies der mit den größten Unwägbarkeiten verbundene Anfechtungsgrund60. Daran hat auch die Einführung eines Freigabeverfahrens in § 246a AktG nichts geändert. Sachkapitalerhöhungen zum Zweck des Beteiligungserwerbs werden daher in der Praxis häufig entweder durch Ausnutzung eines genehmigten Kapitals durchgeführt oder in Gestaltungen verlagert, in der sowohl die erwerbende Gesellschaft als auch die Zielgesellschaft auf eine NewCo verschmolzen (z.B. ThyssenKrupp) oder von ihr erworben (z.B. DaimlerChrysler61) werden.
2. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG a) Sinn und Zweck der Regelung 27
Gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ist der Ausschluss des Bezugsrechts bei börsennotierten Gesellschaften „insbesondere dann zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet.“ Das Gesetz geht in diesen Fällen der Barkapitalerhöhung davon aus, dass weder ein Einflussverlust noch eine Wertverwässerung drohen62. Die Wertverwässerung ist schon deshalb zu vernachlässigen, weil die Ausgabe der Aktien zu einem Preis nahe am Börsenkurs erfolgt. Einen Einflussverlust kann der Aktionär durch Nachkauf über die Börse vermeiden. Der Aktionär steht daher im Wesentlichen so, als habe er ein Bezugsrecht63. b) Kapitalgrenze 10 %
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Die Kapitalgrenze von 10 % bezieht sich auf die Höhe des im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorhandenen gesamten Grundkapitals, und zwar auch dann, wenn nur ein Teil der Aktien börsennotiert ist. Zum Grundkapital zählen auch bereits ausgegebene Bezugsaktien (§ 200 AktG); im Übrigen ist der im Handelsregister eingetragene Betrag des Grundkapitals maßgeblich.
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Die Frage, welche Grenzen für das wiederholte Ausschöpfen des 10 %-Volumens gelten, wird sich für die reguläre Kapitalerhöhung praktisch kaum stellen. Im Einzelfall kann die wiederholte Ausnutzung rechtsmissbräuchlich sein, insbesondere dann, wenn den Altaktionären aufgrund der zeitlichen Enge ein mehrmaliger Zukauf von jeweils bis zu 10 % nicht zumutbar ist. Nicht zu beanstanden ist jedoch, die 10 %Grenze einmal jährlich in Anspruch zu nehmen64. Praktisch bedeutsamer ist die Frage der Anrechnung anderer Maßnahmen. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG findet bei der Ver60 61 62 63
R. Krause, RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 301, 302. Dazu Decher in FS Lutter, 2000, S. 1209 ff. Begr. Initiativentwurf, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6721, S. 10: „Das Gesetz unterstellt damit, dass in diesen Fällen stets ein Nachkauf zur Erhaltung der relativen Beteiligung über die Börse möglich ist.“ Vgl. auch Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 278: „faktisch bestehendes Bezugsrecht“. 64 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 86; Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 9; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 661; wohl auch Schwark in FS Claussen, 1997, S. 357, 376.
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äußerung eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) sowie nach richtiger Ansicht65 auch bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 4 Satz 2 AktG) entsprechende Anwendung. Steht also das volle 10 %-Volumen für eine Kapitalerhöhung mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss zur Verfügung, wenn im gleichen Geschäftsjahr oder seit der letzten Hauptversammlung § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bereits für die Veräußerung eigener Aktien oder die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen genutzt worden ist? Das Gesetz enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass hier eine Anrechnung erfolgen muss. Es kann daher nur die oben genannte Missbrauchskontrolle im Einzelfall geben66. Unzulässig dürfte es aber sein, zeitgleich mit einer das Volumen von 10 % voll ausschöpfenden bezugsrechtfreien Kapitalerhöhung eine Ermächtigung gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8, § 202 Abs. 2 oder § 221 Abs. 2 AktG zu beschließen, die ebenfalls eine Ausgabe entsprechend § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorsieht67. c) Ausgabebetrag Der Ausgabebetrag darf den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreiten. Maßgeblich ist der vom Vorstand unter Berücksichtigung des § 182 Abs. 3 AktG festgesetzte Ausgabebetrag, bei Platzierung über Emissionsbanken der vom Publikum zu leistende Bezugspreis68. Dieser Wert wird nach verbreiteter Auffassung mit einem Durchschnittskurs69 an den Tagen unmittelbar vor der Preisfestsetzung verglichen; häufig wird ein Zeitraum von fünf Börsenhandelstagen in Bezug genommen70. Auf dieser Grundlage geht die Praxis von Preisabschlägen bis zu 5 % aus; der Regelabschlag soll 3 % betragen71. Starre Grenzen sind jedoch rechtlich nicht vorgegeben. Sind die Märkte im Einzelfall so volatil, dass auch innerhalb der kurzen Abwicklungsfrist mit erheblichen Kursschwankungen zu rech nen ist, kann ein größerer Abschlag gerechtfertigt sein. Auch die Marge, die als Kaufanreiz geboten werden muss, sowie die Dividendenausstattung der jungen Aktien im Vergleich zu den Altaktien72 sind zu berücksichtigen. Ebenso zulässig sollte es sein, punktuell auf das Kursniveau am Stichtag der Preisfeststellung abzustellen; entscheidend für die zulässige Marge ist dann konsequenterweise allein der Gesichtspunkt des Kaufanreizes73. 65 OLG Braunschweig v. 29.7.1998 – 3 U 75/98, AG 1999, 84, 85; Busch, AG 1999, 58, 59 ff.; Groß, DB 1994, 2431, 2435 ff.; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 539; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 17; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 f., a.A. Begr. Rechtsausschuss, BT-Drucks. 12/7848, S. 9; Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 39; zweifelnd Hüffer, AktG, § 221 Rz. 43a. 66 Ähnlich Reichert/Harbarth, ZIP 2003, 1441, 1443 f. 67 Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 85; Ihrig-Wagner, NZG 2002, 657, 662; a.A. Groß, DB 1994, 2431, 2432. Demgegenüber sind zeitgleiche Ermächtigungen mit einem Volumen von jeweils 10 % zulässig, wenn sie eine Anrechnungsklausel enthalten (s. unten Rz. 54). 68 Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 30; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 535; Groß, DB 1994, 2431, 2433. 69 Vgl. nur Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39d. 70 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39d. 71 So bereits Ausschussbericht, BT-Drucks. 12/7848, S. 9; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90; a.A. Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 15: höchstens 3 %. 72 Hierzu Groß, DB 1994, 2431, 2435. 73 So Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 86 f.; vgl. auch Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90.
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„Börsenpreis“ i.S.d. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG sind die Preise, die im regulierten Markt oder im Freiverkehr ermittelt werden (§ 24 Abs. 1 BörsG)74, unabhängig davon, ob im Parkett- oder elektronischen Handel. Abzustellen ist vorrangig auf den liquidesten Kurs75. Angesichts der Vereinheitlichung durch die Finanzmarktrichtlinie vom 21.4.2004 sollte jedenfalls auch die Preisfeststellung in anderen geregelten Märkten i.S.d. Art. 36 ff. der Finanzmarktrichtlinie genügen; ob auch andere Auslandsnotierungen ausreichen, erscheint vor diesem Hintergrund fraglich76. d) Ungeschriebene Voraussetzungen
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Sinn und Zweck des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG haben zu der Frage geführt, ob es Ausnahmefälle gibt, in denen die Vorschrift nicht angewendet werden kann, obwohl ihre tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Man wird unterscheiden müssen: Nach der Gesetzesbegründung bedarf es unter den Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG „weder einer Interessenabwägung […] noch weiterer sachlicher Rechtfertigungsgründe“77. Ein besonderes Interesse der Gesellschaft am Ausschluss des Bezugsrechts ist daher nicht zu fordern78; auch bleibt § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG dann anwendbar, wenn der innere Wert der Aktien über dem Börsenkurs liegt79. Andererseits kann der Markt so eng sein, dass den Aktionären ein Nachkauf von Aktien nicht oder nur zu überhöhten Kursen möglich ist. Ist in diesen Fällen eine Erheblichkeitsschwelle überschritten, den Altaktionären also ein Nachkauf unzumutbar, so ist § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG trotz seines Wortlauts („ist insbesondere dann zulässig“) nicht anzuwenden80; es bleibt in diesen besonderen Ausnahmefällen bei den allgemeinen Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben81. In anderen Extremfällen (z.B. Bezugsrechtsausschluss allein zum Zweck, einem Aktionär Minderheitsrechte zu nehmen) kann Rechtsmissbrauch vorliegen82. Für die Anwendung des § 255 Abs. 2 AktG ist in den Fällen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG allerdings kein Raum83. e) Zuwendungskriterien
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Von § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht geregelt wird die Frage, an wen die Zuteilung der neuen Aktien erfolgen kann. Nach einer strengen Auffassung ist jede unterschied74 Vgl. zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39c; Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 117; a.A. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 53 (Freiverkehr genügt nicht). 75 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 71. 76 Großzügiger Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 90; differenzierend Bungert, WM 1995, 1, 16 (Gleichwertigkeit im Einzelfall zu prüfen). 77 Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 78 Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1, 9. 79 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 72. 80 Ebenso Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 68; strenger Hoffmann-Becking, ZIP 1995, 1, 10 sowie Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 116 („unwiderlegliche Fiktion“). 81 Ebenso Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag § 186 Rz. 10, 17; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 89; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39g; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 150. 82 Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 83 Ausführlich Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 28 f.; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 92; Martens in FS Bezzenberger, 2000, S. 267, 278 sowie in FS Röhricht, 2005, S. 987,993 ff.; a.A. Hüffer, AktG, § 255 Rz. 5, § 186 Rz. 39e (Anfechtbarkeit, wenn Börsenkurs hinter dem inneren Wert der Aktie zurückbleibt).
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Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss
liche Behandlung von Aktionären verboten, so dass grundsätzlich nur Dritte zur Zeichnung zuzulassen wären84. Richtigerweise wird man einen Bereich unternehmerischen Ermessens anerkennen müssen, der auch die Zuteilung an einzelne Aktionäre zulässt. Unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG genießt die Allokationsentscheidung des Vorstands das Privileg der business judgement rule85.
3. Formelle Voraussetzungen a) Hauptversammlungsbeschluss Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre kann nur durch Beschluss der Hauptversammlung, und zwar gem. § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG „im Beschluss“ über die Erhöhung des Grundkapitals ausgeschlossen werden. Der Bezugsrechtsausschluss muss sich eindeutig, allerdings nicht ausdrücklich aus dem Beschluss ergeben86. Ob Kapitalerhöhung und Bezugsrechtsausschluss derart untrennbar87 miteinander verbunden sind, dass sich eine Anfechtung nicht auf den Ausschluss des Bezugsrechts beschränken kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; von Bedeutung können insoweit die Formulierung des Beschlusses und entsprechende Erläuterungen im Vorstandsbericht sein88.
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Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf neben der Stimmenmehrheit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals. Anders als beim Kapitalerhöhungsbeschluss, der das gesetzliche Bezugsrecht unberührt lässt, kann die Satzung für die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss keine geringere Kapitalmehrheit vorsehen (§ 186 Abs. 3 Satz 2 AktG).
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b) Vorstandsbericht Gem. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG hat der Vorstand der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über den Grund für den Bezugsrechtsausschluss vorzulegen. Obwohl § 126 BGB nach Sinn und Zweck nicht anwendbar ist89, empfiehlt es sich in der Praxis, den Bericht von (allen) Vorstandsmitgliedern unterzeichnen zu lassen. Der Bericht soll „die Hauptversammlung zuverlässig in die Lage versetzen, die Interessen der Gesellschaft an einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss gegenüber anderen Alternativen zu bewerten, die Nachteile für die ausgeschlossenen Aktionäre zuerkennen und beides gegeneinander abzuwägen“90.
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Die inhaltlichen Anforderungen des Berichts folgen aus dessen Zweck. Insbesondere muss der Vorstandsbericht erläutern, dass die materiellen Voraussetzungen für den
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84 Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 124 f. 85 Vgl. auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 88; Schlitt/ Schäfer, AG 2006, 69, 72; Krieger in MünchHdb. AG, § 59 Rz. 91. 86 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 20; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 69. 87 Vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 20. 88 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 9.2.1993 – 5 U 31/92, AG 1993, 281, 283; vgl. auch OLG München v. 24.3.1993 – 7 U 3550/92, AG 1993, 283, 284. Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 103 nimmt Regel/Ausnahme-Verhältnis an; a.A. Lutter in KölnKomm. AktG, § 186 Rz. 50 (keine Teilanfechtung). 89 KG v. 25.10.2004 – 23 U 234/03, ZIP 2005, 167 f.; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 94. 90 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 326 = AG 1982, 252.
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Bezugsrechtsausschluss im gegebenen Fall erfüllt sind, der Ausschluss des Bezugsrechts also unter Berücksichtigung der konkreten Umstände geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist91. Allgemeinplätze und abstrakte Umschreibungen sollten vermieden werden92. Die Anforderungen an den Bericht unterscheiden sich grundlegend, je nachdem, ob der Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines genehmigten Kapitals (dazu unten Rz. 47) oder bei einer unmittelbaren Kapitalerhöhung erfolgt. Im zweiten Fall muss der Vorstand konkret und detailliert v.a. erläutern, dass der Ausschluss des Bezugsrechts das angemessene und am besten geeignete Mittel zur Verfolgung überwiegender Gesellschaftsinteressen ist93. 38
Nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG ist auch der Ausgabebetrag oder der vorgeschlagene Mindest- und/oder Höchstbetrag zu begründen. Darzulegen sind die Bewertungskriterien und Berechnungsgrundlagen. Wird – was zulässig ist94 – kein Ausgabebetrag festgesetzt und werden die Aktien damit95 zum geringsten Ausgabebetrag ausgegeben, muss dieser Ausgabebetrag begründet werden. Die Erläuterungen zum Ausgabebetrag sind insbesondere wegen der Anfechtungsmöglichkeit nach § 255 Abs. 2 AktG von Bedeutung. c) Vorbereitung der Hauptversammlung
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Das Gesetz regelt die Vorbereitung der Hauptversammlung, in der über eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss beschlossen werden soll, nur unvollständig. Gem. § 186 Abs. 4 Satz 1 AktG muss der beabsichtigte Ausschluss des Bezugsrechts ausdrücklich und ordnungsgemäß (d.h. zusammen mit der Tagesordnung, § 124 Abs. 1 AktG) bekannt gemacht werden. Einhelliger Meinung entspricht es, dass darüber hinaus der Vorstandsbericht von der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen ist und auf Verlangen jedem Aktionär unverzüglich und kostenlos eine Abschrift zu übersenden ist (§§ 175 Abs. 2, 179a Abs. 2, 293 f., 319 Abs. 3, 327c Abs. 3 und 4 AktG, 63, 230 Abs. 2 UmwG analog). Diese Pflichten entfallen jedoch, wenn der Bericht für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich ist (§ 175 Abs. 2 Satz 4 AktG)96. Analog § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG ist der wesentliche Inhalt des Berichts ferner bekannt zu machen; in der Praxis erfolgt in der Regel eine ungekürzte Bekanntmachung. In der Hauptversammlung ist der Bericht in genügender Anzahl auszulegen97. Im Zusammenhang mit öffentlichen Erwerbsangeboten gelten die Erleichterungen des § 16 Abs. 4 Satz 5 WpÜG. d) Vorstandsbericht bei vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG
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Die Anforderungen an den Vorstandsbericht bei einer Maßnahme nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG sind gering. Der Vorstand muss darlegen, dass die Voraussetzungen die91 Zusammenfassend Sethe, AG 1994, 342, 351. 92 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 24. 93 Vgl. BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81 – „Holzmann“, BGHZ 83, 319, 326 = AG 1982, 252; OLG München v. 24.3.1993 – 7 U 3550/92, AG 1993, 283. 94 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 97; a.A. Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 127. 95 BGH v. 6.10.1960 – II ZR 150/58, BGHZ 33, 175, 178; zum Meinungsstand vgl. Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 27. 96 A.A. (unter Hinweis auf § 293f Abs. 2 AktG) Veil in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 186 Rz. 20. 97 Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 95.
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ser Vorschrift gegeben sind und weshalb er den Ausschluss des Bezugsrechts vorschlägt98. Zu begründen sind die Erforderlichkeit und der Umfang der Kapitalmaßnahme sowie der vorgesehene Abschlag zum Börsenpreis99. e) Zulassungsverfahren In den Fällen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG kann die Zulassung der neuen Aktien zum Börsenhandel in der Regel prospektfrei erfolgen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG). Da § 50 BörsZulV in der Fassung seit Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (FRUG) die Zulassung schon an dem auf das Datum der Einreichung des Zulassungsantrags folgenden Handelstag ermöglicht, ist die Abwicklung der 10 %-Kapitalerhöhungen im Rahmen eines so genannten „accelerated bookbuilding“ nun auch ohne die früher verbreitete Wertpapierleihe möglich.
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4. Prozessuale Fragen In der Praxis waren Mängel des Vorstandsberichts häufig Anfechtungsgrund. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die – von der Gesellschaft zu beweisende100 – sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses nach dem Abwägungsmaterial beurteilt, das im Vorstandsbericht genannt ist101. Auch durch mündliche Erläuterungen in der Hauptversammlung kann ein unzureichender Bericht nicht nachgebessert werden102. Im Anfechtungsprozess können die im Vorstandsbericht genannten Gründe daher lediglich erläutert und, soweit dies nicht auf die Unvollständigkeit des Berichts schließen lässt, vertieft werden103.
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In Fällen des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses hat die Gesellschaft lediglich darzutun, dass dem Gesetzeswortlaut des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG Rechnung getragen ist; dass der Bezugsrechtsausschluss gleichwohl widerrechtlich ist, muss hingegen der Anfechtungskläger darlegen und beweisen104.
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III. Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital 1. Einführung An die Stelle eines Kapitalerhöhungsbeschlusses mit Bezugsrechtsauschluss kann die Ermächtigung des Vorstands treten, das Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre zu erhöhen (§ 202 i.V.m. § 203 Abs. 2 AktG). Häufig wird der Vorstand ermächtigt, über den Bezugsrechtsauschluss zu entscheiden; möglich ist aber auch, dass die Hauptversammlung bereits mit dem Ermächtigungsbeschluss 98 So ausdrücklich Begr. RegE, BT-Drucks. 12/6721, S. 10. 99 Zum Streitstand Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39 f. 100 Hüffer, AktG, § 186 Rz. 38; Lutter, ZGR 1979, 401, 412 ff.; a.A. BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 48 ff. (dazu Henze, Aktienrecht, 5. Aufl. 2002, Rz. 984). 101 OLG Celle v. 29.6.2001 – 9 U 89/01, AG 2002, 292, 293; vgl. auch BGH v. 19.4.1982 –II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 326 = AG 1982, 252. 102 OLG München v. 6.2.1991 – 7 U 4355/90, AG 1991, 210, 211; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 24. 103 OLG Celle v. 29.6.2001 – 9 U 89/01, AG 2002, 292 f.; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 101; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 37. 104 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 188; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 101.
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das Bezugsrecht ausschließt. Die Entscheidung des Vorstands über den Ausschluss des Bezugsrechts bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 204 Abs. 1 Satz 2 AktG). 45
Ausgehend von der Holzmann-Entscheidung vom 19.4.1982105 und der Deutsche Bank-Entscheidung vom 7.3.1994106 entsprach es der ganz h.M., dass auch ein genehmigtes Kapital mit Bezugsrechtsausschluss nur unter den strengen Voraussetzungen geschaffen werden kann, die für die reguläre Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss gelten. Bei einem direkten Bezugsrechtsausschluss durch die Hauptversammlung müsse der Ausschluss des Bezugsrechts daher „das angemessene und am besten geeignete Mittel zur Verfolgung überwiegender Gesellschaftsinteressen“107 sein. Allenfalls marginale Erleichterungen galten, wenn der Vorstand lediglich ermächtigt wurde, über den Bezugsrechtsausschluss zu entscheiden108. Prüfungsmaßstab war auch insoweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit109.
2. Die Siemens/Nold-Entscheidung 46
Die Rechtslage hat sich mit der Siemens/Nold-Entscheidung vom 23.6.1997110, bestätigt in der Adidas-Entscheidung vom 15.5.2000111, grundlegend verändert. Beiden Entscheidungen lag eine Sachkapitalerhöhung zugrunde. Nach neuer Rechtslage muss die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt wird, nunmehr lediglich „im Interesse der Gesellschaft“112 liegen. Die inhaltlichen Anforderungen an den Vorstandsbericht wurden entsprechend abgesenkt. Dies gilt in gleicher Weise für die Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts wie für den Fall, dass die Hauptversammlung das Bezugsrecht selbst ausschließt113. a) Folgen für die Sachkapitalerhöhung aa) Hauptversammlungsbeschluss
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Mit der Siemens/Nold-Entscheidung ist das genehmigte Kapital für die Praxis zu einem flexiblen Instrument der Akquisitionsfinanzierung geworden, wenn als Gegen105 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319 = AG 1982, 252. 106 BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239 = AG 1994, 276. 107 BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93 – „Deutsche Bank“, BGHZ 125, 239, 244 = AG 1994, 2767 im Anschluss an BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76 – „Kali + Salz“, BGHZ 71, 40, 46. 108 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81 – „Holzmann“, BGHZ 83, 319, 325 = AG 1982, 252: Die Gesellschaft müsse darlegen, dass „nach der gegenwärtigen Lage und dem Stand der Pläne für ihre Zukunft konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, es könnte sich innerhalb der dem Vorstand eingeräumten Frist als notwendig und auch im Hinblick auf die Interessen der betroffenen Aktionäre als vertretbar erweisen, bei der Ausgabe neuer Aktien das Bezugsrecht auszuschließen.“ 109 BGH v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 = AG 1982, 252: „Denn der Eingriff in die mitgliedschafts- und vermögensrechtliche Stellung der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre, um dessentwillen eine besondere sachliche Rechtfertigung notwendig ist, wiegt nicht minder schwer, wenn anstelle der Hauptversammlung die Verwaltung über den Ausschluss des Bezugsrechts entscheidet.“ 110 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 = AG 1997, 465. 111 BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290 = AG 2000, 475. 112 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139 = AG 1997, 465. 113 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 136 f., 139 = AG 1997, 465.
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leistung Aktien ausgegeben werden. Bei Schaffung des genehmigten Kapitals muss es der Hauptversammlung insbesondere nicht mehr ermöglicht werden, die Gesellschafts- und Aktionärsinteressen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abzuwägen. Es genügt, dass die Maßnahme allgemein (abstrakt) umschrieben wird und insoweit im Interesse der Gesellschaft liegt114. Bei der Beschreibung der Maßnahme empfiehlt sich eine Klarstellung, ob auch die Aufstockung bestehenden Anteilsbesitzes, der Erwerb von Wirtschaftsgütern, die einem Aquisitionsobjekt wirtschaftlich dienen (z.B. gewerbliche Schutzrechte) oder der Tausch einer zunächst begründeten Kaufpreisforderung in Aktien umfasst ist. Der Vorstandsbericht sollte ferner begründen, warum hierzu ein Bezugsrechtsausschluss vorgeschlagen wird115. Verbreitet sind Formulierungen wie die Folgende: „Die Gesellschaft soll […] in der Lage sein, eigene Aktien zur Verfügung zu haben, um diese als Gegenleistung im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder bei Erwerb von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Unternehmensbeteiligungen gewähren zu können. Der internationale Wettbewerb und die Globalisierung der Wirtschaft verlangen zunehmend diese Form der Gegenleistung. Die hier vorgeschlagene Ermächtigung soll der Gesellschaft daher die notwendige Flexibilität geben, um sich bietende Gelegenheiten zum Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen schnell und flexibel ausnutzen zu können. Bei Einräumung eines Bezugsrechts wäre der Erwerb gegen Gewährung von Aktien nicht möglich, und die damit für die Gesellschaft und ihre Aktionäre verbundenen Vorteile wären nicht erreichbar.“ Da der Ermächtigungsbeschluss ein konkretes Erwerbsobjekt nicht nennt, fehlt auch der „Ausgabebetrag“, auf den eine Anfechtung nach § 255 Abs. 2 AktG gestützt werden könnte116.
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bb) Ausnutzung des genehmigten Kapitals Die Folgen, die sich aus Siemens/Nold für die Ausnutzung des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss ergeben, sind zunehmend geklärt. Zweifellos ist der Vorstand an die Zweckvorgaben des Ermächtigungsbeschlusses gebunden. In der Entscheidung heißt es weiter, der Vorstand dürfe von der Ermächtigung nur Gebrauch machen, „wenn die Durchführung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt.“117 Eine Lockerung der Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung, die aus dieser Formulierung abgeleitet worden ist118, kann daraus aber nicht abgeleitet werden119. Die Gründe, die für Erleichterungen beim Ermächtigungsbeschluss sprechen, lassen sich nicht uneingeschränkt auf die Ausnutzung des genehmigten Kapitals übertragen. Wird durch Ausgabe neuer Aktien in das Bezugsrecht der Aktionäre eingegriffen (dabei kann es keinen Unterschied machen, ob 114 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139 = AG 1997, 465; BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, 295 = AG 2000, 475; s. aber OLG München v. 15.5.2002 – 7 U 2371/01, AG 2003, 451, 453. 115 Krieger in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 18. 116 Vgl. Hüffer in MünchKomm. AktG, § 255 Rz. 13. 117 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – „Siemens/Nold“, BGHZ 136, 133, 140 = AG 1997, 465. 118 Henze, ZHR 167 (2003), 1, 3; Kindler, ZGR 1998, 35, 59 f.; Hofmeister, NZG 2000, 713, 714. 119 Zum Streitstand Kirchner/Sailer, NZG 2002, 305, 307; Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 149 f.
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das Bezugsrecht bereits durch die Hauptversammlung ausgeschlossen wurde oder lediglich eine Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss vorliegt120), ist daher eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung zu empfehlen121. Die Organe sind ferner an die Pflichten gebunden, die sich aus der entsprechenden Anwendung des § 255 Abs. 2 AktG ergeben122. Insgesamt ist allerdings ein Bereich unternehmerischen Ermessens anzuerkennen, der ein breites Spektrum vertretbarer Entscheidungen zulässt123. Nicht zu beanstanden ist die Praxis, die neuen Aktien zum Nennbetrag oder zum geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) auszugeben124. 50
Die Verletzung des Bezugsrechts durch pflichtwidrige Ausnutzung des genehmigten Kapitals kann zum Gegenstand einer (vorbeugenden) Unterlassungsklage gemacht werden; der Abwehranspruch kann auch Grundlage einstweiligen Rechtsschutzes sein125. Nachträglich steht den Aktionären die allgemeine Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungshandelns, zur Verfügung126. Die Wirksamkeit der eingetragenen Kapitalerhöhung bleibt davon unberührt127; jedoch sei die Gesellschaft aufgerufen, Abhilfe zu schaffen und einen bereits eingetretenen Schaden zu kompensieren. Andernfalls seien Sekundäransprüche gegeben oder könnten entsprechende Anträge in der Hauptversammlung gestellt werden, etwa auf Versagung der Entlastung, Abberufung gem. § 103 AktG oder Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 AktG128. Auch Schadensersatzansprüche der Aktionäre werden durch einen rechtswidrigen Bezugsrechtsausschluss begründet; ersatzpflichtig ist die Gesellschaft129. b) Folgen für die Barkapitalerhöhung
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Die Grundsätze der Siemens/Nold-Entscheidung lassen sich auf die Barkapitalerhöhung übertragen. Der Ermächtigungsbeschluss ist daher unter erleichterten Voraussetzungen möglich130; bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals gilt das zur Sachkapitalerhöhung Gesagte (Rz. 49) entsprechend.
120 Zutreffend insoweit Hirte in Großkomm. AktG, § 203 Rz. 64. 121 Ebenso Hüffer, AktG, § 203 Rz. 35; Krieger in FS Wiedemann, 2002, S. 1081, 1084. 122 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – „Siemens/Nold“, BGHZ 136, 133, 141 = AG 1997, 465; Hüffer in MünchKomm. AktG, § 255 Rz. 13; Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 140. 123 Vgl. BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95 – „ARAG/Garmenbeck“, BGHZ 135, 244, 253 = AG 1997, 377; auch BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – „Siemens/Nold“, BGHZ 136, 133, 140 = AG 1997, 465; BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, 295 = AG 2000, 475; Busch, NZG 2006, 81, 84; vgl. auch Waclawik, ZIP 2006, 397, 403 ff. 124 Hoffmann-Becking in FS Wiedemann, 2002, S. 999 ff. 125 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 140 f. = AG 1997, 465; Wiesner in MünchHdb. AG, § 18 Rz. 8 ff.; Hüffer, AktG, § 203 Rz. 38; kritisch zur dogmatischen Herleitung Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 357. 126 BGH v. 10.10.2005 – II ZR 90/03 – „Magusta/Commerzbank II“, AG 2006, 38, 39; ebenso schon BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93 – „Siemens/Nold“, BGHZ 136, 133, 140 = AG 1997, 465. 127 Vgl. BGH v. 10.10.2005 – II ZR 90/03 – „Magusta/Commerzbank II“, AG 2006, 38, 40. 128 BGH v. 10.10.2005 – II ZR 90/03 – „Magusta/Commerzbank II“, AG 2006, 38, 40. 129 Cahn, ZHR 164 (2000), 113, 118 ff. 130 Krieger in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 17; Bungert, NJW 1998, 488, 490; Busch in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 40 Rz. 18.
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c) Vorrang der regulären Kapitalerhöhung? Nach richtiger Auffassung hat die (rechtsschutzintensivere) reguläre Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss keinen Vorrang vor einem entsprechen den genehmigten Kapital131. Ein genehmigtes Kapital darf daher auch dann ausgenutzt werden, wenn ausreichend Zeit besteht, für die betreffende Maßnahme einen Hauptversammlungsbeschluss herbeizuführen. Der Weg über das genehmigten Kapital steht auch dann offen, wenn bei der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung bereits absehbar ist, zu welchem Zweck das genehmigte Kapital genutzt werden soll. In diesem Fall müssen Einzelheiten der Maßnahme, etwa zur Bewertung des Gegenstandes der Sacheinlage, in dem Vorstandsbericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG nur dann genannt werden, wenn sie bereits feststehen132. Soweit Verhandlungen mit Dritten noch nicht abgeschlossen sind, brauchen dazu keine vorausschauenden Angaben gemacht zu werden133.
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3. Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG beim genehmigten Kapital a) Allgemeines Auch beim genehmigten Kapital besteht die Möglichkeit des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Er kann im Ermächtigungsbeschluss erfolgen; üblich ist eine Ermächtigung des Vorstands, das Bezugsrecht mit Zustimmung des Aufsichtsrats unter den Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG auszuschließen (§§ 203 Abs. 2, 204 Abs. 1 Satz 2 AktG). Die 10 %-Kapitalgrenze bezieht die überwiegende Praxis kumulativ auf das Grundkapital im Zeitpunkt der Eintragung der satzungsändernden Ermächtigung und bei Ausübung der Ermächtigung. Dafür sprechen § 203 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach beim genehmigten Kapital die „Ermächtigung der Satzung“ an die Stelle des Erhöhungsbeschlusses tritt134, sowie die Tatsache, dass der Vorstand auch bei Ausnutzung der Ermächtigung prüfen muss, ob zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorliegen135. Für eine noch vorsichtigere Praxis, drittens auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung abzustellen, besteht keine Notwendigkeit.
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b) Stufenermächtigung und Anrechnungsklausel Vorgezeichnet sind damit auch die Bedenken gegen eine so genannte Stufenermächtigung, die ein genehmigtes Kapital in Höhe von bis zu 50 % des Grundkapitals (§ 202 Abs. 3 AktG) mit der Ermächtigung verbindet, davon mehrfach unter den Vo131 OLG Karlsruhe v. 28.8.2002 – 7 U 137/01 – „MLP“, NZG 2002, 959, 960 = AG 2003, 444; dazu Hirte, EWiR 2003, 299; LG Düsseldorf v. 13.8.1998 – 31 O 104/97, AG 1999, 134, 135; ausführlich Bayer, ZHR 168 (2004), 132, 163 ff. 132 Großzügiger Krieger in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 18. 133 BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98 – „adidas“, BGHZ 144, 290, 295 = AG 2000, 475; im Einzelnen R. Krause, RWS Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 301, 307 ff. 134 Vgl. Groß, DB 1994, 2431, 2431. 135 Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 660. Ausschließlich auf diesen Zeitpunkt wollen abstellen Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 34; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 69.
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raussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, also in mehreren Tranchen von jeweils nicht mehr als 10 %, Gebrauch zu machen. Da bei der regulären Kapitalerhöhung die Hauptversammlung in einem Beschluss das Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nur in Höhe von 10 % des Grundkapitals ausschließen kann, darf auch beim genehmigten Kapital die Ermächtigung nicht weiter reichen136. De lege lata widerspräche eine weitergehende Ermächtigung § 203 Abs. 1 Satz 2 AktG137; rechtspolitisch wäre allerdings zu begrüßen, die 10 %-Grenze auf die einzelne Tranche bei Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu beziehen. Zu eng wäre es jedoch, eine Ermächtigung mit Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nur zuzulassen, soweit nicht ein zuvor beschlossenes gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bezugsrechtsfreies genehmigtes Kapital (oder eine entsprechende Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG bzw. § 221 Abs. 2 AktG) ausgenutzt, aufgehoben oder durch Fristablauf weggefallen ist138. Ebenso wie reguläre Kapitalerhöhungen gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG wiederholt beschlossen werden können, kann auch die Ermächtigung dazu wiederholt erteilt werden, auch wenn dies zu einer Kumulierung bestehender Ermächtigungen führt, die allerdings auf unterschiedlichen Hauptversammlungsbeschlüssen beruhen. Bei der Ausnutzung unterliegen Vorstand und Aufsichtsrat der auch sonst geltenden allgemeinen Missbrauchskontrolle. 55
Konsequenterweise muss die Ermächtigung daher aus Rechtsgründen auch keine Anrechnungsklausel enthalten, die die Ausnutzung des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nur insoweit zulässt, als nicht während der Laufzeit des genehmigten Kapitals von früher oder später beschlossenen Ermächtigungen zur Veräußerung eigener Aktien oder zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss Gebrauch gemacht wird139. Eine Anrechnung ist auch für diese Ermächtigungen nur dann zu fordern, wenn sie von ein und derselben Hauptversammlung beschlossen werden. Die Praxis ist jedoch vorsichtiger und sieht die Anrechnung von Aktien vor, die während der Laufzeit der Ermächtigung in unmittelbarer oder sinngemäßer Anwendung des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ausgegeben oder aus eigenen Aktien veräußert werden oder auf die sich Bezugsrechte aus Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen beziehen, die während der Laufzeit der Ermächtigung entsprechend § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ausgegeben werden. c) Greenshoe
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Möglich ist auch ein Bezugsrechtsausschluss zur Abwicklung einer Mehrzuteilungsoption (greenshoe). Bei Börsengängen und größeren Kapitalerhöhungen veräußern 136 OLG München v. 24.7.1996 – 7 U 6319/95, WM 1996, 1910, 1911 = AG 1996, 518; Martens, ZIP 1994, 669, 678; Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39c; Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 661; a.A. Groß, DB 1994, 2431, 2439; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 534; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 69; Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 34; Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, S. 234 ff. 137 Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 662; a.A. Groß, DB 1994, 2431, 2432. 138 So aber Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 662. Gleiches gilt für den Beschluss einer regulären Kapitalerhöhung gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG während der Laufzeit eines genehmigten Kapitals mit vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss. 139 A.A. Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 662; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 40 Rz. 22; wie hier wohl Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 70, die allerdings auf die konkrete Ausnutzung zwischen zwei Hauptversammlungen abstellen; ähnlich Krieger in MünchHdb. AG, § 58 Rz. 20.
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Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss
die Konsortialbanken mehr Aktien, als zunächst für den Emittenten platziert werden sollen. Diese Aktien, die häufig von den Altaktionären im Wege eines Sachdarlehens („Wertpapierleihe“) zur Verfügung gestellt werden, werden wieder im Markt zurückerworben, wenn der Kurs in der Stabilisierungsphase unter Druck gerät. Steigt demgegenüber der Kurs, verbleiben die Aktien im Markt; die Wertpapierleihe wird dann aus Aktien zurückgeführt, die von der Gesellschaft über eine Kapitalerhöhung geschaffen werden140. In diesem Fall kann ein genehmigtes Kapital unter vereinfachtem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG genutzt werden. Die Greenshoe-Aktien werden dabei zu dem Preis zur Verfügung gestellt, zu dem auch die Haupttranche ausgegeben wurde, obwohl der Börsenkurs bei Nutzung des Greenshoe gerade über dem ursprünglichen Platzierungspreis liegt, möglicherweise um mehr als 5 %. Dies ist nach herrschender Lehre und Praxis unbedenklich, weil der Beschluss des Vorstands zur Ausgabe beider Tranchen einheitlich gefasst wird („bis-zu“-Ausnutzungsbeschluss) und es für die Frage, ob der Börsenkurs „nicht wesentlich unterschritten“ wird, allein auf den Zeitpunkt dieser Verwaltungsentscheidung ankommen kann, nicht aber darauf, wann die Greenshoe-Aktien in den Markt gelangen, vorausgesetzt, die zulässige Dauer der Stabilisierungsphase (30 Tage) wird nicht überschritten141. Die abweichende Ansicht des Kammergerichts (Anfechtbarkeit des Ermächtigungsbeschlusses nach § 255 Abs. 2 AktG)142 verkennt vor allem, dass mit der Ausgabe der Greenshoe-Tranche nicht das Volumen der Platzierung geändert, sondern lediglich der Zustand hergestellt wird, der bestehen würde, wenn die Emission von vornherein ausschließlich mit Aktien aus der Kapitalerhöhung durchgeführt worden wäre143.
4. Formelle Voraussetzungen Die formellen Voraussetzungen des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital entsprechen im Wesentlichen den Voraussetzungen bei der regulären Kapitalerhöhung (vgl. § 203 Abs. 1 i.V.m. § 186 Abs. 3 u. 4 AktG): Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf neben der Stimmenmehrheit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals; die Ausschließungsabsicht muss ausdrücklich und ordnungsgemäß bekannt gemacht werden; der Vorstand hat der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht vorzulegen (dazu oben Rz. 47). Ein Ausgabebetrag braucht im Ermächtigungsbeschluss nicht festgelegt zu werden; er gehört zu den Bedingungen der Aktienausgabe, über die der Vorstand gem. § 204 Abs. 1 AktG ohne Vorgaben durch die Hauptversammlung entscheiden kann144. Eine Pflicht des Vorstandes, vor Ausnutzung des genehmigten Kapitals einen Bericht über den geplanten Bezugsrechtsausschluss zu erstatten, besteht nicht145. In der Regel bestehen jedoch Veröffentlichungspflichten nach den Vor140 Zum Greenshoe allgemein Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 39 ff.; Hein, WM 1996, 1, 6 f. 141 Hein, WM 1996, 1, 7; ihm folgend Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 42; Busch, AG 2002, 230, 233. 142 KG v. 22.8.2001 – 23 U 6712/99, AG 2002, 243, 244. 143 Zutreffend Technau, AG 1998, 445, 459; Busch, AG 2002, 230, 233; Meyer, WM 2002, 1106, 1112 f. 144 BGH v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 141 = AG 1997, 465; Bayer, ZHR 163 (1999), 505, 520 f. 145 BGH v. 10.10.2005 – II ZR 148/03 – „Mangusta/Commerzbank I“, AG 2006, 36.
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schriften über die Ad-hoc-Publizität146. Ferner ist der Vorstand gehalten, auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung zu berichten. 58
Ein bestehendes genehmigtes Kapital kann nachträglich um die Ermächtigung ergänzt werden, über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden147; werden Ermächtigung zur Kapitalerhöhung und Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss in einem Beschluss miteinander verbunden, sollte daher auch eine Teilanfechtung nur der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss möglich sein148.
146 Weitergehend Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 126 f. 147 Allgemeine Meinung, Hüffer, AktG, § 203 Rz. 40. 148 Liebert, Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, S. 214 f.
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§6 Umplatzierungen bestehender Aktien Christoph Wolf I. Einleitung 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . a) Blocktrade . . . . . . . . . . . . b) Marketed Offering . . . . . . . c) Paketverkauf . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftlicher Hintergrund a) Transaktionsziele . . . . . . . . b) Gesichtspunkte für und wider einen Blocktrade/ein Marketed Offering . . . . . . . . . . . . . . c) Transaktionsstruktur und -gestaltung . . . . . . . . . . . . 3. Verteilung des wirtschaftlichen Risikos bei einem Blocktrade zwischen Veräußerer und Investmentbank . . . . . . . . . . . . . . a) Verkaufskommission . . . . . . b) Garantierter Mindestpreis . . . c) (Zwischen-)Erwerb durch die Bank . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Zeitplan für einen typischen Blocktrade . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Beschlusserfordernisse . . . . . . . .
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IV. Einzelheiten des Übernahmevertrages für einen Blocktrade 1. Vertragstypen: Kommission, (Zwischen-)Erwerb, Mischtypen . . . . . 2. Bedeutung des Einflusses des Veräußerers auf die Zielgesellschaft/ Mitwirkung der Zielgesellschaft . .
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3. Einzelne Klauseln (Kommission) . a) Gewährleistungen und Verpflichtungen . . . . . . . . . . . b) Insbesondere Haftungsfreistellung zugunsten der Bank . c) Aufschiebende Bedingungen für die Kaufpreiszahlung . . . . d) Kündigung . . . . . . . . . . . . e) Stabilisierung . . . . . . . . . . f) Modifikationen durch das Recht des Heimatstaates der Zielgesellschaft . . . . . . . . . V. Insiderrechtliche Aspekte . . . . 1. Insidertatsachen aus der Sphäre der Zielgesellschaft . . . . . . . . 2. Geplanter Blocktrade . . . . . . . 3. Unterstützung der Transaktion durch die Zielgesellschaft . . . . VI. Haftungsfragen 1. Prospekthaftung . . . . . . . 2. Gewährleistungshaftung . . a) Ansprüche der Bank . . . b) Ansprüche der Investoren 3. Keine Aufklärungspflicht . .
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VII. Sonderfrage: Anzeigepflichten der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII. Folgepflichten für die Beteiligten .
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Schrifttum: Assmann, Die Befreiung von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospekts nach § 45 Nr. 1 BörsZulVO und die Prospekthaftung: Eine Lücke im Anlegerschutz?, AG 1996, 508; Barnert, Mängelhaftung beim Unternehmenskauf zwischen Sachgewährleistung und Verschulden bei Vertragsschluss im neuen Schuldrecht, WM 2003, 416; Busch, Aktien- und börsenrechtliche Aspekte von Force Majeure-Klauseln in Aktienübernahmeverträgen, WM 2001, 1277; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001; Fredebeil, Aktienemissionen, 2002; Frese, Kredite und verdeckte Sacheinlage – Zur Sondersituation von Emissionsbanken, AG 2001, 15; Gerke/Rasch, Ausgestaltung des Blockhandels an der Börse, Die Bank 1992, 193; Götz, Die unbefugte Weitergabe von Insidertatsachen, DB 1995, 1949; Greene und andere, U.S. Regulation of the International Securities and Derivatives Markets, 8th Edition 2006 (zit.: Greene, U.S. Securities Market); Hoffmann-Becking, Neue Formen der Aktienemission, FS Lieberknecht, 1997, S. 25; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 12. Aufl. 2005; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991; Hopt, Europäisches und deutsches Insiderrecht, ZGR 1991, 17; Hopt, Emissionsgeschäft und Emissionskonsortien – Recht und Praxis in Deutschland und in der Schweiz, FS Kellermann,
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1991, S. 181; Huber, Die Praxis des Unternehmenskaufs im System des Kaufrechts, AcP 202 (2002), 179; JohnsonMcLaughlin, Corporate Finance and the Securities Laws, 4th Edition 2006; Larisch, Gewährleistungshaftung beim Unternehmens- und Beteiligungskauf, 2004; Liersch, Regulierung des Blockhandels an den organisierten Aktienmärkten der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Deutschlands, 2002; Mertens, Die Information des Erwerbers einer wesentlichen Unternehmensbeteiligung an einer Aktiengesellschaft durch deren Vorstand, AG 1997, 541; Meyer, Neue Entwicklungen bei der Kursstabilisierung, AG 2004, 289; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 2005, §§ 6 und 7; Picot/Land, Going Public – Typische Rechtsfragen des Ganges an die Börse, DB 1999, 570; Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 4; Schlitt/Schäfer, Quick to Market – Aktuelle Rechtsfragen im Zusammenhang mit Block-Trade-Transaktionen, AG 2004, 346; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie auf Aktien- und Equity-linked-Emissionen, AG 2007, 227; Schnorbus, Die Rechtsstellung der Emissionsbank bei der Aktienemission, AG 2004, 113; Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Band 1, 2001; Stoffels, Grenzen der Informationsweitergabe durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft im Rahmen einer „Due Diligence“, ZHR 165 (2001), 362; Technau, Rechtsfragen bei der Gestaltung von Übernahmeverträgen („Underwriting Agreements“) im Zusammenhang mit Aktienemissionen, AG 1998, 445; Wastl, Der Handel mit größeren Aktienpaketen börsennotierter Unternehmen, NZG 2000, 505; Weitnauer, Der Unternehmenskauf nach neuem Recht, NJW 2002, 2511; Willamowski, Bookbuilding, 2000; Wolf/Kaiser, Die Mängelhaftung beim Unternehmenskauf nach neuem Recht, DB 2002, 411.
I. Einleitung 1. Begriffsbestimmung 1
Umplatzierungen bestehender Aktien, d.h. Secondary Offerings1, finden regelmäßig statt in Form eines so genannten Blocktrade (mit beschleunigtem Bookbuilding), ausnahmsweise in Form eines so genannten Marketed Offering2 (mit Vermarktung und nicht beschleunigtem Bookbuilding). Daneben können bestehende Aktien – außerhalb des Kapitalmarktes – im Rahmen eines Paketverkaufs umplatziert werden. a) Blocktrade
2
Ein Blocktrade ist eine Veräußerung eines Paketes von Aktien3 an einer börsennotierten Gesellschaft im Rahmen einer Privatplatzierung an institutionelle Investoren unter Einschaltung einer die Transaktion strukturierenden Investmentbank bzw. eines Bankenkonsortiums4. Charakteristisch für den Blocktrade ist das beschleunigte Bookbuilding5: die Veräußerung ist regelmäßig innerhalb weniger Stun-
1 Zum Begriff der Sekundärplatzierung allgemein Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/67. 2 Die Verwendung der englischen Begriffe beruht dabei darauf, dass bei dieser Transaktionsform die internationale (stark US-amerikanisch geprägte) Praxis der Investmentbanken eine besondere Rolle spielt. 3 Regelmäßig handelt es sich um Pakete von unter 10 %, ausnahmsweise bis zu 25 % des Grundkapitals. 4 Vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 346. 5 Zum Begriff des Bookbuilding Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/86, Willamowski, Bookbuilding.
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den, längstens aber innerhalb weniger Tage abgeschlossen6. Sie erfolgt ohne Angebotsunterlage7. Vertragliche Grundlage ist lediglich ein so genanntes Termsheet. Der Veräußerer ist regelmäßig bereit, einen (geringen) Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs hinzunehmen. b) Marketed Offering Der Veräußerer und die begleitende Bank können die Transaktion aber auch als Marketed Offering, bei dem eine Angebotsunterlage8 oder ein Wertpapierprospekt verwendet wird, strukturieren. Die Abgrenzung zum Blocktrade im Einzelnen ist fließend, Mischformen ohne öffentliches Angebot kamen vor9. Die Angebotsunterlage, deren Erscheinungsbild sich zumeist an einen Wertpapierprospekt anlehnte, ermöglichte dabei die breite Vermarktung, obwohl rechtlich keine solche Angebotsunterlage erforderlich war. Die Verwendung einer Angebotsunterlage dürfte aber nach Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes (noch mehr) an Relevanz verloren haben. Denn für eine seither angestrebte breite Platzierung dürfte in aller Regel ein formeller Wertpapierprospekt erforderlich sein. Die Vermarktung ermöglicht ein gegenüber dem Blocktrade deutlich längeres Bookbuilding über mehrere Tage oder Wochen; regelmäßig ist sie mit einer Investorenansprache durch das Management der Zielgesellschaft (road show) verbunden. Je nach Marktgängigkeit der angebotenen Aktien und der Größe des Aktienpaketes werden Veräußerer und Investmentbank dabei (regelmäßig) dem Blocktrade oder (ausnahmsweise) dem Marketed Offering den Vorzug geben.
3
Schwerpunkt der folgenden Darstellung ist, entsprechend seiner höheren praktischen Relevanz, der Blocktrade. c) Paketverkauf Im Unterschied zu den vorbeschriebenen Kapitalmarkttransaktionen, bei denen die Aktien an eine Investorenvielzahl veräußert werden, gibt es bei einem Paketverkauf lediglich einen (oder einzelne) Erwerber10. Es handelt sich also letztlich – vor allem unter dem Gesichtspunkt der Vertragsgestaltung aus Erwerbersicht – um eine 6 Jüngere Beispiele für Blocktrades in Aktien deutscher Gesellschaften umfassen: Verkauf eines Hochtief-Blocks durch RWE, Börsen- Zeitung v. 26.2.2004, S. 1; Verkauf eines Heidelberger Druck-Blocks durch RWE, Börsen-Zeitung v. 8.5.2004, S. 15; Verkauf eines AllianzBlocks durch die Münchener Rückversicherung, Wall Street Journal Europe v. 19.11.2003; Artikel von Dauer/Hetzner; Verkauf eines Blocks in der Hannover Rückversicherung durch Talanx, Reuters-Nachrichten auf Deutsch v. 18.2.2004. 7 Deswegen wird sie bisweilen auch als „Undocumented Secondary Offering“ bezeichnet, s. Greene, U.S. Securities Market, Volume One, Chapter IV § 4.04[5]. 8 Teilweise auch als „Informationsmemorandum“ bezeichnet, da es sich in der Regel nicht um einen Prospekt im technischen Sinne handelt, zur Begrifflichkeit vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 23 ff. 9 In der Vergangenheit (vor Inkrafttreten des WpPG) wurde dies in einzelnen Fällen so gemacht, Beispiel: Informationsmemorandum vom 15.2.2001 über den Verkauf von 7,1 Mio. Stückaktien (zuzüglich Mehrzuteilung) an der Techem AG aus dem Bestand von (BC European Capital) Fondsgesellschaften. Zu den Gründen für ein Marketed Offering eingehend: Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 II.1 und Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 20 und § 7 Rz. 149. 10 Vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 347.
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M&A-Transaktion11; daher können andere Aspekte, z.B. Kartellrecht, eine Rolle spielen, die für die unter a) und b) (Rz. 2 f.) betrachteten Kapitalmarkttransaktionen irrelevant sind. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist, ob der oder die Erwerber im Vorhinein festehen und selbst mit dem Veräußerer den Kaufvertrag verhandeln (dann Paketverkauf, selbst wenn eine Mehrzahl von Erwerbern auftritt wie etwa bei einem Leveraged Buy-Out oder einem Management Buy-Out) oder ob die Bank die Erwerber, die dann mit dem Veräußerer selbst keinen Kontakt haben, erst in einem Bookbuilding ermittelt. Als weiteres Charakteristikum des Paketverkaufs wird der so genannte Paketzuschlag, d.h. ein auf dem strategischen Interesse des Erwerbers beruhender, gegenüber dem Börsenkurs höherer Kaufpreis angesehen12. Allerdings sind bei einem Paketzuschlag die seit dem 1.1.2002 geltenden Regeln des WpÜG zu beachten. Obwohl auch beim Paketverkauf Investmentbanken (als Berater) eine zunehmende Rolle spielen, soll auf diesen wegen des fehlenden Kapitalmarktbezuges im Folgenden nicht weiter eingegangen werden13.
2. Wirtschaftlicher Hintergrund a) Transaktionsziele 5
Auch im Rahmen eines Secondary Offering zielt der Veräußerer in der Regel auf eine Optimierung des Erlöses und eine Minimierung der Risiken in Anbetracht der Marktbedingungen ab. b) Gesichtspunkte für und wider einen Blocktrade/ein Marketed Offering
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Ausgangspunkt der Überlegungen für einen Blocktrade oder ein Marketed Offering ist der Umstand, dass sich das zu veräußernde Paket wegen des im Markt ansonsten entstehenden Angebotsüberhanges entweder gar nicht oder jedenfalls nicht in der Nähe des aktuellen Börsenkurses kurzfristig über die Börse veräußern ließe: maßgeblich ist dabei die Liquidität der jeweiligen Aktie.
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Für einen Blocktrade spricht die Volatilität der Märkte14, die eine möglichst schnelle Platzierung am Markt bedingt. Je länger der Zeitraum zwischen Ankündigung der Transaktion und deren Abschluss ist, desto größer ist das Risiko einer nachteiligen Kursentwicklung15. Zudem sind die Kosten der Durchführung eines Blocktrade im Vergleich zu einem Marketed Offering (mit Erstellung einer Angebotsunterlage und kostenträchtiger Roadshow) geringer. Vorteilhaft ist zudem das vergleichsweise
11 Dazu Semler in Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Band 1, III. Teil: Unternehmenskauf, und Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis. 12 Wastl, NZG 2000, 505, 506. 13 Hinzuweisen ist aber darauf, dass sich nach h.M. – anders als nach der hier vertretenen Auffassung – vor allem die insiderrechtliche Betrachtung verschiebt, dazu unten Rz. 37 ff. und 47 ff. 14 Diese wurde in den letzten Jahren durch die zunehmende Bedeutung der so genannten „Shortseller“ verstärkt. Der Shortseller spekuliert auf fallende Kurse in einer Aktie und gibt zu diesem Zweck geliehene Stücke in den Markt, die er im folgenden bei tatsächlich fallenden Kursen günstiger zurückkaufen kann (auch als „Leerverkauf“ bezeichnet). 15 Vgl., auch zum Folgenden, Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 346.
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niedrige Reputationsrisiko16 des Veräußerers, wenn sich die Transaktion wider Erwarten doch als nicht (erfolgreich) durchführbar herausstellen sollte. All dies hat in den letzten Jahren auch in Deutschland zur zunehmenden Verbreitung des Blocktrade geführt. Demgegenüber ermöglicht allein ein Marketed Offering, für das ein (umfangreiches) Angebotsdokument erstellt wird, eine breite Platzierung. In der Praxis fand sich diese – nicht sehr häufige – Transaktionsstruktur vor allem bei direkten oder indirekten Privatisierungen17. Bei diesen ist es auch strukturell leichter, das Management der Zielgesellschaft für Marketingmaßnahmen im Rahmen einer sich über mehrere Tage oder Wochen hinziehenden Investorenansprache zu gewinnen. U. U. lässt sich auf diesem Wege zudem ein größeres Paket als im Wege des Blocktrade platzieren. Schließlich kann ein öffentliches Angebot des Paketes, sofern ein solches gewünscht wird, letztlich nur im Wege des Marketed Offering erfolgen.
8
c) Transaktionsstruktur und -gestaltung Zwischen Veräußerer und Investmentbank wird ein Übernahmevertrag abgeschlossen, der die Einzelheiten der Transaktion regelt. Vereinfacht dargestellt kann dabei zwischen drei Transaktionsformen unterschieden werden: einfache (Verkaufs-) Kommission (best efforts), Kommission mit Mindestpreisgarantie (back-stop) und (Zwischen-)Erwerb durch die Investmentbank (bought deal). Zur Verteilung des wirtschaftlichen Risikos s. Rz. 12 ff., zu Einzelheiten des Übernahmevertrages Rz. 21 ff.
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Hinsichtlich der Wahl des optimalen Zeitpunktes für die Transaktion und der genauen Struktur wird sich der Veräußerer regelmäßig eng mit der Investmentbank abstimmen. Erforderlich ist dabei insbesondere die Synchronisierung mit dem (regelmäßig vierteljährlichen) Berichtswesen der Zielgesellschaft sowie mit sonstiger „Guidance“ der Zielgesellschaft dem Markt gegenüber, etwa in Form von Ad-hocMitteilungen oder Pressemitteilungen. Aus Marktsicht dürfte dabei regelmäßig eine Transaktion kurzfristig im Anschluss an eine diesbezügliche Veröffentlichung der Gesellschaft nahe liegen, während eine Transaktion kurz vor einer solchen Veröffentlichung zusätzliche Risiken birgt.
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Hinzuweisen ist darauf, dass es (in Deutschland auf der Grundlage von § 44c BörsO FWB) spezielle Blocktrade-Börsensegmente gibt, die aber wegen ihrer geringen Bedeutung hier nicht weiter besprochen werden18.
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16 U.U. entfällt dieses Risiko – je nach Transaktionsform, dazu unten Rz. 12 ff. und 21 – sogar weitgehend. 17 Für Deutschland z.B. Verkaufsprospekt der Deutsche Telekom AG v. 25.6.2000 über den Verkauf von 200 Mio. Stückaktien (zuzüglich Mehrzuteilung) aus dem Bestand der KfW („Deutsche Telekom III“). 18 Grundlegend Gerke/Resch, Die Bank 1992, 193; vgl. auch Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 347 m.w.N., die auch auf das Problem der hierdurch u.U. erfolgenden (unerwünschten) Zersplitterung des Marktes hinweisen.
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3. Verteilung des wirtschaftlichen Risikos bei einem Blocktrade zwischen Veräußerer und Investmentbank 12
Grob lassen sich drei Formen der Risikoverteilung19 zwischen Veräußerer und Bank unterscheiden: – Verkaufskommission (best efforts underwriting)20, – Verkaufskommission mit garantiertem Mindestpreis (back-stop) und – (Zwischen-)Erwerb durch die Investmentbank (bought deal). a) Verkaufskommission
13
Dabei übernimmt die Bank die Aktien nicht selbst fest, sondern verpflichtet sich lediglich, nach besten Kräften Erwerber zu finden (best efforts underwriting). Kernstück des so genannten Übernahmevertrages zwischen Veräußerer und Bank ist in diesem Falle, dass bis zu einer bestimmten Anzahl Aktien zu einem noch festzusetzenden Preis an Investoren bis zu einem bestimmten Datum veräußert werden sollen. Die genaue Anzahl der Aktien und der Preis werden erst nach Vollendung des Bookbuildings in einem Preisfestsetzungsvertrag festgelegt, auf dessen Abschluss kein Anspruch besteht21. Die Bank erhält dabei in der Regel einen festen Prozentsatz des Transaktionsvolumens als Kommission; Staffelungen der Kommission zum Zwecke der Incentivierung sind möglich. Zwar ist dabei das Risiko der Transaktion für die begleitende Bank am geringsten. Dem Veräußerer stehen aber andererseits die Früchte eines steigenden Kurses und eines erfolgreichen Bookbuildings voll zu. b) Garantierter Mindestpreis
14
Veräußerer und Bank können im Übernahmevertrag auch bestimmen, dass die Bank für eine bestimmte Mindestanzahl von Aktien einen Mindestpreis (back-stop) derart garantiert, dass sie diese Stücke notfalls zu diesem Preis selbst erwirbt, soweit sie sie nicht bei Investoren platzieren kann. Der Mindestpreis stellt dabei einen Prozentsatz eines zuvor festgelegten Referenzwertes dar22; zentral für den Erfolg der Transaktion im Sinne einer Preisoptimierung ist, dass der Mindestpreis (zumindest bis zur Zuteilung, zur so genannten „Nachhandelstransparenz“ s. unten Rz. 63) streng vertraulich behandelt wird, da ansonsten ein höherer Preis im Markt kaum durchsetzbar 19 Vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/76 ff. und Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 181, 184 f. 20 Dazu, dass es sich um eine Verkaufskommission handelt, vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, Rz. 24, 36; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/72. 21 Regelmäßig wird vereinbart, dass bei Nichtzustandekommen des Preisfestsetzungsvertrages, z.B. weil im Bookbuilding nicht der von dem Veräußerer gewünschte Preis erreicht wird, lediglich bestimmte Klauseln des Übernahmevertrages fortbestehen. Diese betreffen insbesondere Kosten und Haftungsfreistellung. Dagegen hat keine der Parteien einen Anspruch auf Durchführung der Transaktion oder auf die Nicht-Durchführung gestützte Sekundäransprüche. 22 Die Bank wird eine solche Verpflichtung regelmäßig nur eingehen, wenn sie den Referenzpreis kennt, d.h. nach Abschluss des Handels an dem letzten für den Referenzpreis maßgeblichen Tag. Zur Zurückhaltung der Banken gegenüber einer verfrühten Unterzeichnung des Übernahmevertrages allgemein Busch, WM 2001, 1277 und Technau, AG 1998, 445, 447, jeweils m.w.N.
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sein dürfte. Dabei werden Mindestanzahl und Mindestpreis ggf. unter die (aufschiebende) Bedingung gestellt, dass im Bookbuilding der Mindestpreis für eine bestimmte Anzahl Stücke erreicht wird. Je nach Strukturierung ist ein Preisfestsetzungsvertrag dann lediglich erforderlich, wenn die Mindestanzahl und/oder der Mindestpreis überschritten werden, was der Regelfall sein dürfte. Bei dieser Gestaltung wird die Bank eine Risikoprämie verlangen, etwa in Form eines so genannten Backstop-Honorars und/oder einer gestaffelten höheren Kommission bei Überschreitung des Mindestpreises. c) (Zwischen-)Erwerb durch die Bank Wenn der Veräußerer selbst keinerlei Risiko tragen möchte, ist für ihn die einfachste Variante die direkte Veräußerung an die Bank (bought deal): Diese trägt damit das Risiko der Weiterveräußerung in der Regel vollständig. Dem entspricht allerdings regelmäßig die Risikoprämie in Form eines erheblichen Preisabschlages. Der Gewinn bzw. Verlust23 der Bank ergibt sich dann aus dem bei der Weiterveräußerung erzielten Preis. Da die Banken (aus verschiedenen Gründen) die Aktien nicht lange auf eigenes Risiko halten, findet regelmäßig der zweite Abschnitt der Platzierung (wie oben a) und b), Rz. 13 und 14) durch ein unmittelbar anschließendes Bookbuilding mit Veräußerung an Investoren statt.
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II. Zeitplan für einen typischen Blocktrade Nachfolgend soll ein grober Zeitplan für eine typische Blocktrade-Transaktion vorgestellt werden24: Tag x–2: – Sowohl die Pressemitteilung (oder Ad-hoc-Mitteilung) des Veräußerers als auch Übernahmevertrag und Termsheet sollten vollständig vorbereitet sein Tag x–1: – Nach XETRA-Schluss: der relevante Vergleichskurs ist bekannt; kein weiterer Handel in der Aktie ist an diesem Tag möglich – Abschließende Entscheidung des Veräußerers und der Bank über die Transaktionsdurchführung – Unterzeichung des Übernahmevertrages Tag x: – Veröffentlichung der Pressemitteilung (oder Ad-hoc-Mitteilung) zum Beginn der Transaktion – Bookbuilding (mit Termsheet und telefonischer Investorenansprache) 23 Banken haben bei derartigen Transaktionen schon erhebliche Verluste erlitten, vgl. z.B. MacDonald/Thompson, Reuters News v. 12.1.2004 zur Übernahme eines Infineon-Blocks durch die Citigroup: die begleitende Bank soll an der Transaktion um die 37,5 Mio. Euro verloren haben. 24 Annahmen: Die Zielgesellschaft ist nur in Deutschland börsennotiert; alle Tage sind Bankarbeitstage.
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– Unterzeichnung des Preisfestsetzungsvertrages nach Abschluss des Bookbuilding – Zuteilung der Aktien an Investoren (= Bekanntgabe der jeweils erhaltenen Aktienzahl und des Preises) – Veröffentlichung der Pressemitteilung (oder Ad-hoc-Mitteilung) zum erfolgreichen Abschluss der Transaktion Tag x+2: – Eigentumsübergang der Aktien auf Investoren Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises und Auskehr des Erlöses (abzüglich der Kommission) an den Veräußerer
III. Beschlusserfordernisse 17
Ist der Veräußerer, wie regelmäßig, in der Form einer Aktiengesellschaft organisiert, bedarf der Abschluss des Übernahmevertrages eines Vorstandsbeschlusses. Soweit ein Preisfestsetzungsvertrag erforderlich ist, muss der Vorstand auch diesem zustimmen.
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Inwiefern ein Aufsichtsratsbeschluss erforderlich ist, hängt von einem in Satzung oder Geschäftsordnung des Vorstands enthaltenem Zustimmungsvorbehalt nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ab; zu beachten ist dabei, dass der Aufsichtsrat die Durchführung eines Blocktrades (wie jedes andere Geschäft) auch ohne entsprechende ausdrückliche Regelung ad hoc von seiner Zustimmung abhängig machen kann25. Dies bedeutet, dass bei nicht unbedeutenden Blocktrades oftmals die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich sein dürfte. Allerdings dürfte dabei die Festlegung einer Preisspanne ausreichen, so dass ein zweiter Beschluss im Falle des Abschlusses eines Preisfestsetzungsvertrages entbehrlich ist26.
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Nach der Gelatine-Entscheidung des Bundesgerichtshofes27, durch welche das Gericht die Holzmüller-Entscheidung28 präzisiert hat, dürfte in aller Regel für einen Blocktrade keine Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich sein: hierfür müsste jedenfalls der Transaktionswert weit mehr als einen Schwellenwert von 50 % des Vermögens des Veräußerers betragen29.
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Ist der Veräußerer dagegen als GmbH organisiert, so sind nach der neueren Lehre außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen im Zweifelsfall den Gesellschaftern vorzulegen30. Hierzu dürften die meisten Blocktrades gehören.
25 Hüffer, AktG, § 111 Rz. 18; Hoffmann-Becking in MünchHdb. AG, § 29 Rz. 38 f. 26 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 350 m.w.N. verweisen hierzu zu Recht auf die Parallele zu § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. 27 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, ZIP 2004, 993 = AG 2004, 384. 28 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158. 29 Nach der Entscheidung ist weiter unklar, welcher Parameter (z.B. Buchwert, Ertragswert etc.) entscheidend ist. 30 Vgl. die Nachweise bei Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 37 Rz. 6a ff. mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes; Zöllner selbst ist insofern eher vorsichtig und differenziert nach Fallgruppen.
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IV. Einzelheiten des Übernahmevertrages für einen Blocktrade 1. Vertragstypen: Kommission, (Zwischen-)Erwerb, Mischtypen Die entscheidende Weichenstellung im Übernahmevertrag31 liegt bei der bereits – im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Hintergrund unter Rz. 12 ff. – angesprochenen Strukturierung als Kommission, als (Zwischen-)Erwerb der Bank oder als Mischtyp aus beidem. Dabei verdienen im strengen Sinne nur die Verkaufskommission und der Mischtyp die Bezeichnung „Übernahmevertrag“, da nur hier der Veräußerer in die Weiterveräußerung an Investoren und deren Risiken und Chancen (zumindest teilweise) eingebunden ist. Dagegen übernimmt die Bank beim (Zwischen-)Erwerb aufgrund eines Kaufvertrages das Weiterplatzierungsrisiko (und die damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten) in der Regel vollständig32. Dem entspricht, dass einem solchen Kaufvertrag für Übernahmeverträge gemeinhin grundlegende Klauseln typischerweise fehlen, insbesondere das Kündigungsrecht der Bank in bestimmten Fällen, etwa bei Eintreten einer wesentlichen nachteiligen Veränderung bei der Zielgesellschaft oder eines Force Majeure-Ereignisses. Zu den Einzelheiten zum Übernahmevertrag s. auch unten § 23.
31 Zum Übernahmevertrag immer noch grundlegend: Technau, AG 1998, 445; vgl. auch Busch, WM 2001, 1277 und Schnorbus, AG 2004, 113, passim. 32 Letztlich sind also das Risiko und die Verdienstmöglichkeiten der Bank anders strukturiert als es bei einem Übernahmevertrag typischerweise der Fall ist. Die Bank wird damit (nicht lediglich für eine juristische Sekunde) Eigentümer der Aktien, d.h. Aktionär. Für die hier an sich besprochenen Fälle der Umplatzierung bestehender Aktien ergeben sich daraus keine besonderen Probleme. Allerdings gibt es auch Blocktrades aus (regelmäßig unter 10%igen) Kapitalerhöhungen, in denen die Bank für den Emittenten neu geschaffene Aktien am Markt platziert. Für diesen letzten Fall ergibt sich die Frage, ob mit Blick auf ihre lediglich transitorische Aktionärsstellung eine Privilegierung in Bezug auf die aktienrechtlichen Vorschriften zur Kapitalerhaltung zu bejahen ist, etwa wenn die begleitende Bank (oder ein Syndikatsmitglied) in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Transaktion Kredite an die Zielgesellschaft ausgereicht hatte. Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der 3. Entscheidung zum Verfahrenskomplex „Beton- und Monierbau“, BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83 = AG 1992, 312, welche eine Privilegierung der Emissionsbank im Rahmen der Kapitalaufbringungskontrolle begründet hatte. In der Literatur hat im Anschluss an Frese, AG 2001, 15, zuletzt vor allem Schnorbus, AG 2004, 113, 116 eine grundsätzliche Privilegierung der begleitenden Bank für solche Konstellationen hergeleitet. Schnorbus, AG 2004, 120 hält allerdings im Anschluss an den Bundesgerichtshof eine Rückausnahme (auch schon) für den Fall geboten, dass die Bank die Aktien zu „eigennützigen Zwecken“ veräußert, „etwa zur Realisierung eines Veräußerungserlöses“. Diese Rückausnahme überzeugt deswegen nicht, weil die von Schnorbus herausgearbeiteten zentralen Kriterien der Privilegierung, die transitorische Funktion der Bank als Abwicklungs- und Zahlstelle sowie deren fehlendes wirtschaftliches Eigeninteresse an den Aktien auch hier vorliegen. Warum sich daran allein deswegen etwas ändern soll, weil die Bank aufgrund der (möglicherweise mehr vom Veräußerer als von ihr selbst) gewählten Transaktionsstruktur sogar ein höheres Risiko trägt, erscheint jedenfalls dann nicht überzeugend, wenn es beim lediglich transitorischen Erwerb mit kurzfristiger Weiterplatzierung an Dritte bleibt.
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2. Bedeutung des Einflusses des Veräußerers auf die Zielgesellschaft/Mitwirkung der Zielgesellschaft 22
Je größer der Einfluss des Veräußerers auf die Zielgesellschaft ist, desto besser kann diese in die Transaktion eingebunden werden. So ist die Mitwirkung der Zielgesellschaft an einem Marketed Offering mit Blick auf die Erstellung der Angebotsunterlage, vor allem aber auf die Vermarktung regelmäßig unverzichtbar. Bei einem normalen Blocktrade wird die Zielgesellschaft dagegen nur ausnahmsweise zur Mitwirkung bereit sein, sei es durch die Übernahme von Gewährleistungen im Übernahmevertrag, sei es durch die Bereitstellung von Unterlagen für Zwecke einer Due Diligence. Je nach den Umständen des Einzelfalles lässt sich eine solche Mitwirkung auch aktienrechtlich mit Blick auf die eigenen Interessen der Zielgesellschaft, insbesondere die Vergrößerung des Streubesitzes (free float) sowie die Aufrechterhaltung eines möglichst hohen Aktienkurses, rechtfertigen33.
23
Insbesondere ist die Frage des Einflusses des Veräußerers auf die Zielgesellschaft auch für die bei vielen Blocktrades nicht unwesentliche US-Platzierung bedeutsam: Ist nämlich der Veräußerer ein „Affiliate“34, d.h. ein verbundenes Unternehmen der Zielgesellschaft, dann handelt es sich nach US-Recht regelmäßig um „Restricted Stock“, so dass die US-Platzierung komplizierter wird, da eine Ausnahme vom USRegistrierungserfordernis für die Aktien erforderlich ist35. Einzelheiten hierzu siehe unten bei § 37.
3. Einzelne Klauseln (Kommission) 24
Neben den Bestimmungen zu Platzierung, Verkauf, Eigentumsübergang und Lieferung der Aktien sind für den Übernahmevertrag zentral a) Gewährleistungen und Verpflichtungen (insbesondere des Veräußerers), b) Haftungsfreistellung, c) aufschiebende Bedingungen sowie d) Kündigungsrechte. Betrachtet werden sollen außerdem kurz die Fragen e) der Stabilisierung und f) der Modifikation durch das Recht des Heimatstaates der Zielgesellschaft. a) Gewährleistungen und Verpflichtungen
25
Der Umfang der Gewährleistungen und Verpflichtungen des Veräußerers variiert, je nach den Umständen, insbesondere den weiteren kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungen und Gegebenheiten, erheblich. Allerdings kann als gesichert gelten, dass ihr Umfang gegenüber denjenigen des Emittenten in einem Übernahmevertrag im Rahmen eines Börsenganges (IPO) regelmäßig wesentlich geringer ist, da typischerweise nur wenige Aussagen zur Situation der Zielgesellschaft gemacht werden. Dies beruht darauf, dass der Veräußerer, von Ausnahmen abgesehen, auf Informatio33 Dazu mit Blick auf den Übernahmevertrag Schnorbus, AG 2004, 113, 124 m.w.N.; mit Blick auf die Bereitstellung von Unterlagen vgl. Mertens, AG 1997, 541 und Stoffels, ZHR 165 (2001), 352. Zu beachten ist, dass das Insiderrecht einzuhalten ist, dazu unten Rz. 36 ff. 34 Nach den Definitionen in Rule 144 des Securities Act von 1933 ist dies regelmäßig schon dann der Fall, wenn der Veräußerer direkt oder indirekt 10 % der Aktien an der Zielgesellschaft hält. 35 Hierzu Greene, U.S. Securities Market, Volume One, Chapter IV § 4.02[3].
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nen der Zielgesellschaft, wenn überhaupt nur begrenzt Zugriff hat36. Die Bank ihrerseits muss aber mit Blick auf ihr Haftungs-37 und Reputationsrisiko sicherstellen, dass der Veräußerer gegenüber den Investoren keinen wesentlichen Informationsvorsprung hat; dahingehende Gewährleistungen umfassen typischerweise (zumindest), dass dem Veräußerer keine für die Bewertung der Aktien wesentlichen Informationen bekannt sind, die nicht öffentlich bekannt sind, und dass, ggf. nach bestem Wissen des Veräußerers, die Berichterstattung der Zielgesellschaft in ihren Abschlüssen und Zwischenabschlüssen sowie in Ad-hoc-Mitteilungen und Pressemitteilungen im Einklang mit geltendem Recht steht und vollständig und richtig ist. Weitere typische Gewährleistungen betreffen den Übernahmevertrag, die Situation des Veräußerers und dessen Berechtigung zum Verkauf sowie lastenfreies Eigentum an den Aktien, deren ordnungsgemäße Ausgabe und vollständige Einzahlung, Zulassung zum Börsenhandel, Dividendenberechtigung und freie Übertragbarkeit sowie das Fehlen einer Nachschusspflicht.
26
Umfasst sind weiterhin in aller Regel die Einhaltung aller rechtlichen Mitteilungspflichten sowie bestimmter Veräußerungs- und Angebotsverbote (selling restrictions), das Unterlassen kursbeeinflussender Maßnahmen und die Bindung öffentlicher Stellungnahmen des Veräußerers (bis zum Closing) an die Zustimmung der Bank. Falls der Veräußerer im Rahmen der Transaktion nicht seinen gesamten Aktienbestand an der Zielgesellschaft abgibt, wird außerdem regelmäßig eine detailliert geregelte Haltepflicht (lock-up) vereinbart38. Schließlich sind regelmäßig besondere Gewährleistungen und Verpflichtungen in Bezug auf die USA zu beachten, dazu unten § 37.
27
Darüber hinaus kann die Zielgesellschaft, wenn sie ausnahmsweise Partei des Vertrages ist, bestimmte Gewährleistungen bezüglich ihrer Lage, insbesondere zur Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Abschlüsse sowie ihrer sonstigen kapitalmarktrelevanten Verlautbarungen abgeben39.
28
Soweit umgekehrt die Bank Gewährleistungen übernimmt, beschränken sich diese auf die Einhaltung bestimmter Selling Restrictions in bestimmten Jurisdiktionen einschließlich der USA.
29
36 Auch eine Vertretung im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft ändert hieran nichts, da das ARMitglied allein dem Interesse der Zielgesellschaft verpflichtet ist und Geheimhaltungspflichten unterliegt. 37 Ein Haftungsrisiko besteht in diesem Zusammenhang insbesondere, wenn auch eine Platzierung in den USA erfolgt, s. dazu unten Rz. 52 sowie ausführlich § 37. Da der Veräußerer dem Haftungsrisiko gleichermaßen ausgesetzt ist, ist sein Interesse demjenigen der Bank parallel. 38 Diese beträgt regelmäßig sechs Monate. Der Lock-up ist für die Kursentwicklung der Aktien bedeutsam, da er sicherstellt, dass nicht weitere Stücke aus den Beständen des Veräußerers auf den Markt kommen (wodurch ein Angebotsüberhang enstehen könnte) und das Vertrauen des Veräußerers in die Kursentwicklung der Aktie dokumentiert. 39 Nach heute ganz h.M. sind solche Gewährleistungen jedenfalls dann ohne Verstoß gegen die §§ 57 Abs. 1, 71a AktG zulässig, wenn die Transaktion (auch) im Interesse der Zielgesellschaft liegt, vgl. Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 37; Picot/Land, DB 1999, 570, 573 und Fredebeil, Aktienemissionen, S. 231 f.; etwas vorsichtiger Technau, AG 1998, 445, 457 und Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 56.
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b) Insbesondere Haftungsfreistellung zugunsten der Bank 30
Eine weitere zentrale Bestimmung ist die Freistellung der Bank und ihrer verbundenen Unternehmen für tatsächliche oder (von Investoren) behauptete40 Verstöße des Veräußerers gegen Gewährleistungen und Verpflichtungen.
31
Soweit es darüber hinaus – anders als bei einem Blocktrade, etwa bei einem Marketed Offering – eine Angebotsunterlage gibt, erstreckt sich die Freistellung auch auf tatsächliche oder (von Investoren) behauptete Unrichtigkeiten oder Auslassungen in dieser. Zur Haftung für die Angebotsunterlage s. unten Rz. 51 f. c) Aufschiebende Bedingungen für die Kaufpreiszahlung
32
Entscheidend für die Bank ist, bis zuletzt, d.h. bis zum Closing, das Platzierungsrisiko nicht tragen zu müssen bzw. die Transaktion rückabwickeln zu können: Bis die Transaktion mit Übertragung der Aktien an die Investoren und deren Zahlung des Kaufpreises sowie die (unmittelbar anschließende) Weiterleitung des Erlöses durch die Bank an den Veräußerer abgeschlossen ist, „steht“ die Bank gewissermaßen zwischen dem Veräußerer und dem Kapitalmarkt. Deswegen wird die Pflicht der Bank zur Auskehr des Transaktionserlöses typischerweise unter die Bedingungen gestellt, dass (1) weder (a) eine wesentliche nachteilige Veränderung in den Verhältnissen der Zielgesellschaft eingetreten ist, die nach Einschätzung der Bank die Durchführung der Transaktion erheblich erschwert oder unmöglich macht (so genannten „MAC“-Klausel von material adverse change), noch (b) ein Umstand von Force Majeure eingetreten ist, d.h. eine wesentliche Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen, politischen oder Kapitalmarktsituation41, (2) auch zu diesem Zeitpunkt der Veräußerer sämtliche Verpflichtungen erfüllt hat und sämtliche Gewährleistungen richtig sind und (3) eine oder mehrere so genannte Legal Opinions (dazu s. unten § 29) der (externen) Rechtsberater des Veräußerers und ggf. der (externen) Rechtsberater der Bank vorgelegt werden. Je nach Transaktionsstruktur kommen (4) ein so genanntes Comfort Letter des Wirtschaftsprüfers der Zielgesellschaft und so genannte Disclosure Opinions der Rechtsberater sowie (5) der Abschluss des Preisfestsetzungsvertrages hinzu. Zu beachten ist, dass die in (1) bis (4) genannten Bedingungen auch als Kündigungsgründe ausgestaltet werden können. d) Kündigung
33
Soweit diese Gründe nicht schon durch eine aufschiebende Bedingung nach c) erfasst sind, behält sich die Bank bis zum Zeitpunkt der Auskehr des Transaktionserlöses zudem das Recht der Kündigung aus bestimmten Gründen vor. e) Stabilisierung
34
Regelmäßig wird zudem vereinbart, dass die begleitende Bank im Rahmen des rechtlich Zulässigen berechtigt (aber nicht verpflichtet) sein soll, Stabilisierungsmaßnah-
40 Genau genommen wird der Investor keinen Verstoß gegen den ihm ohnehin unbekannten Übernahmevertrag behaupten, sondern ein Verhalten, das, wenn es wirklich vorläge, einen solchen Verstoß darstellen würde. 41 Dazu ausführlich Busch, WM 2001, 1277.
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men zu ergreifen42. Besonders effektiv ist dies, wenn der Veräußerer der Bank aus seinem sonstigen Bestand ein Recht zum Erwerb weiterer Aktien (so genannte Greenshoe) eingeräumt hat und im Rahmen der Transaktion eine Mehrzuteilung erfolgt ist. f) Modifikationen durch das Recht des Heimatstaates der Zielgesellschaft Zu beachten ist, dass (falls es sich nicht um eine deutsche Aktiengesellschaft handelt) sich aus zwingenden Normen des Rechts des Heimatstaates der Zielgesellschaft (leichte) Modifikationen des Transaktionsablaufes, etwa in Form besonderer, vorhergehender Mitteilungspflichten an Aufsichtsbehörden oder besonderer Offenlegungspflichten, ergeben können43. Idealerweise sollten diese Eingang in den Übernahmevertrag finden, um Klarheit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu schaffen.
35
V. Insiderrechtliche Aspekte Wie jede Transaktion über Insiderpapiere (§ 12 WpHG) unterfällt der Blocktrade den insiderrechtlichen Beschränkungen der §§ 13, 14 WpHG44. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Insiderinformationen aus der Sphäre der Zielgesellschaft (1.) und dem geplanten Blocktrade als solchem (2.). Betrachtet werden soll auch die Unterstützung der Transaktion durch die Zielgesellschaft (3.).
36
1. Insidertatsachen aus der Sphäre der Zielgesellschaft Der Veräußerer kann, etwa vermittels seiner Beteiligung an der Zielgesellschaft oder vertraglicher Beziehungen zu ihr, Kenntnis über kursrelevante, nicht öffentlich bekannte Informationen haben, so z.B. Geschäftszahlen oder von der Gesellschaft geplante Transaktionen. Entschließt er sich aufgrund dieser Kenntnis zur Durchführung oder Vergrößerung der Transaktion, verstößt er gegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG45. Dagegen fehlt es mangels Kausalität an der notwendigen Verwendung der Kenntnis, wenn der Entschluss zum Abbau der Beteiligung bereits feststand und der Veräußerer nachträglich von einer Insiderinformation erfährt, die seinen 42 Nach geltendem deutschen Recht (§ 20a WpHG in Verbindung mit der Ausnahmeverordnung zur Marktmissbrauchsrichtlinie, Verordnung 2273/2003/EG der Kommission v. 22.12.2003, ABl. Nr. L 336 v. 23.12.2003, S. 33) ist dies auch bei einer reinen Privatplatzierung zumindest dann zulässig, wenn solche Maßnahmen auf einen Zeitraum ab Bekanntgabe des Platzierungspreises bis zu 30 Tagen nach Zuteilung der Aktien beschränkt sind und entsprechend den Vorgaben der EG-Verordnung ordnungsgemäß veröffentlicht werden; Einzelheiten s. unten § 34. 43 So ist etwa in Spanien bei bestimmten Transaktionsformen eine vorherige Information der Behörden und ggf. die Veröffentlichung eines abgekürzten Prospekts (Folleto Reducido) erforderlich, s. Art. 16.1 und Disposicion Addicional Segunda del Real Decreto 191/1992 vom 29.3.1992. 44 Zuletzt modifiziert durch das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, BGBl. I 2004, 2630 ff., so genanntes Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG). Zu beachten ist auch, dass das deutsche Recht die so genannte Insider-Richtlinie, RL 89/592/EWG, ABl. EG Nr. L 334 v. 18.11.1989, S. 30 ff. umsetzt, die bei der Auslegung heranzuziehen ist. 45 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 25 ff. m.w.N.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 16.
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Entschluss zu bestärken vermag46. In der Praxis ist deswegen die ordnungsgemäße Dokumentation solcher Entschlüsse von großer Bedeutung. 38
Zwar unterfallen nach deutschem Recht auch außerbörsliche, so genannte Face-toface-Geschäfte dem Insiderhandelsverbot; zulässig sind sie allerdings, wenn auch der Erwerber Kenntnis von der Insiderinformation hat, da es dann an einem „Verwenden“ fehlt47. Würde der Veräußerer den Erwerbern die Insiderinformation mitteilen, so schiede jedenfalls die Verwendung eines Wissensvorsprungs zu deren Nachteil nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG aus48.
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Fraglich ist dagegen, ob der Veräußerer die Insiderinformation an den oder die Erwerber auch „befugt“, d.h. ohne Verstoß gegen § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG, weitergeben darf. Nach h.M. ist dies nur dann der Fall, wenn es sich um den Erwerb eines Unternehmens oder einer nicht unerheblichen Beteiligung handelt49, was bei Blocktrades aus Investorensicht regelmäßig nicht der Fall sein wird. Danach wäre ein Veräußerer gezwungen, die Transaktion solange zu verschieben, bis die Insiderinformation (etwa durch Offenlegung oder Zeitablauf) ihre Relevanz verliert50 oder die Beteiligung im Wege eines Paketverkaufs zu veräußern.
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Diese Ansicht, die sich im Wesentlichen auf die im Rahmen eines Paketverkaufs (anders als beim Blocktrade) bestehende Aufklärungspflicht des Veräußerers nach § 311 Abs. 2 BGB stützt, vermag indessen nicht zu überzeugen. Ausgangspunkt ist dabei systematisch, dass es widersprüchlich wäre, ein bestimmtes Verhalten, auf das der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG zugeschnitten ist und das nach diesem Tatbestand zulässig ist, anschließend – mit gegenteiligem Ergebnis – an den weiteren Tatbeständen des § 14 WpHG zu messen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass das Insiderrecht „einen institutionellen Vorbehalt enthält, demzufolge die Weitergabe oder das Zugänglichmachen von Insiderinformationen als befugt zu betrachten sind, wenn dies zur Schaffung oder Aufrechterhaltung der Funktionsvoraussetzungen bestimmter Transaktionsformen oder rechtlicher Institute geboten ist“51. Die Transaktionsform des Blocktrade ist zwar relativ jung, erlebt aber in den letzten Jahren angesichts unbeständiger Börsen und zunehmender Professionalisierung des Marktes 46 So zum alten Wortlaut von § 14 WpHG, der den Begriff „Ausnutzung“ statt „Verwendung“ enthielt, Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 26 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 16; dafür, dass das Erfordernis des Kausalzusammenhanges auch nach Inkrafttreten des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes fortbesteht, schon Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 354; deutlich nunmehr auch Emittentenleitfaden der BaFin, S. 26 f. 47 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 28; so zur alten Rechtslage auch Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 13. 48 So zur alten Rechtslage Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 14 WpHG Rz. 12. 49 Schäfer in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 14 WpHG Rz. 75 f. und Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 164 ff., jeweils m.w.N.; Einzelheiten sind sehr umstritten, so soll z.B. nach Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 168 der Erwerb von mindestens 5 % der (stimmrechtsbefugten) Anteile ausreichen; restriktiver Mertens, AG 1997, 541, 543, der die Weitergabe von Insiderinformationen durch einen Aktionär grundsätzlich ablehnt. Der Emittentenleitfaden der BaFin, S. 31, stellt auf „insbesondere (Hervorhebung des Verfassers) bei dem Erwerb von Stimmrechten ab den gesetzlichen Meldeschwellen“ ab, was nunmehr 3 % der Stimmrechte bedeuten würde. Dies weist zumindest in die Richtung der hier vertretenen Ansicht. 50 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 354. 51 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 167.
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eine wahre Blüte und verdient zweifellos die Anerkennung ihrer Berechtigung. Vor diesem Hintergrund ist nicht einzusehen, warum ein Aktionär, der eine bestimmte Insiderinformation hat, zwecks Durchführung einer Veräußerung seiner Position nicht zur Offenlegung der Information gegenüber Erwerbern „befugt“ sein soll52. Der Schutzzweck der Norm gebietet dies jedenfalls nicht: Wer durch eine solche Transaktion geschädigt würde, ist nicht ersichtlich53. Schließlich sollte auch nicht übersehen werden, dass sich der Blocktrade typischerweise durch ein internationales Bookbuilding auszeichnet. In anderen Rechtsordnungen besteht aber u.U. sehr wohl eine (über die Pflicht nach § 311 Abs. 2 BGB hinausgehende) Pflicht des Veräußerers zur Aufklärung der Investoren in Bezug auf ihm bekannte wesentliche Tatsachen: Dies ergibt sich etwa für die USA aus der nach Rule 10b–5 ansonsten ggf. entstehenden Haftung (dazu unten Rz. 52). In jedem Fall sollte der Investor vertraglich einer Verschwiegenheitspflicht unterworfen sowie auf seine insiderrechtlichen Verpflichtungen hingewiesen werden54.
41
Zu beachten ist auch, dass das erlangte Insiderwissen jedenfalls nicht zu anderweitigen Transaktionen (außerhalb des Blocktrade) bezüglich der Zielgesellschaft verwendet werden darf55.
42
2. Geplanter Blocktrade Regelmäßig geht dem Beginn des Bookbuildings eine Ad-hoc-Mitteilung oder zumindest eine Pressemitteilung des Veräußerers bezüglich der geplanten Transaktion voraus: Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung entfallen jedenfalls etwaige auf die Transaktion als solche gestützten insiderrechtlichen Bedenken.
43
Ansonsten ist zu beachten, dass nennenswerte Veränderungen in der Aktionärsstruktur als Insiderinformation zu werten sind, wenn sie mit Rücksicht auf Marktenge und Volatilität der betroffenen Aktie zur Kursbeeinflussung geeignet sind56. Allerdings ist eine innere Absicht keine Insiderinformation, wie der Bundesgerichtshof in der so genannten Scalping-Entscheidung57 unter Hinweis auf die gebotene richtlinienkonforme Auslegung festgestellt hat. Zentrales Argument des Bundesgerichtshofes ist dabei, dass schon begrifflich „selbst geschaffene Tatsachen“, um die es sich auch bei der Absicht zur Durchführung eines Blocktrade handelt, nicht als „Insidertatsachen“ eingestuft werden können. Diese Absicht ist für den Kurs zudem regelmäßig (wegen des drohenden Angebotsüberhanges) eine negative Meldung, so dass der Veräußerer bei der Mitteilung seiner Absicht an Erwerber auch nicht mit einer
44
52 Ähnlich, aber etwas enger Götz, DB 1995, 1949, 1950. 53 Selbst bei einer für den Kurs grundsätzlich positiven Information könnten etwa Privatanleger an dem Blocktrade auf Erwerberseite ohnehin nicht teilnehmen. 54 Götz, DB 1995, 1949, 1950 will für die Frage, ob „befugt“ gehandelt wurde, wesentlich auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung abstellen. 55 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 165. 56 Vgl. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 68; a.A. Liersch, Regulierung des Blockhandels an den organisierten Aktienmärkten der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Deutschlands, S. 274 ff., insbesondere 276, der darlegt, dass Blocktrades im Allgemeinen die Eignung zur Kursbeeinflussung der Zielgesellschaft fehlen dürfte, während sie wegen der Hebelwirkung für verbundene Optionen zu bejahen sei. 57 BGH v. 6.11.2003 – 1 StR 24/03, ZIP 2003, 2354, 2356.
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positiven Auswirkung auf den Kurs rechnen kann, die er anschließend „verwenden“ könnte. 45
Im Übrigen ergibt sich aus der hier (oben Rz. 40) vertretenen Ansicht im Wege des Erst-recht-Schlusses, dass in der Weitergabe der Information über den geplanten Blocktrade gerade kein „Verwenden“ eines Wissensvorsprunges liegt und die Weitergabe „befugt“ ist.
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Aus diesen Gründen kann der Veräußerer diese Absicht auch von ihm eingeschalteten Dritten, nämlich externen Beratern und der begleitenden Bank mitteilen58. Soweit die Bank im Rahmen des Auftrags Investoren anspricht und damit die Veräußerungsabsicht des Verkäufers weitergibt, ist auch dies als „befugt“ im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG anzusehen59.
3. Unterstützung der Transaktion durch die Zielgesellschaft 47
Nach h.M. ist die Weitergabe von Insiderinformationen zum Zweck der Durchführung einer Due Diligence an den verkaufenden Aktionär oder interessierte Investoren zur Förderung der Transaktion grundsätzlich unzulässig; allerdings macht die h.M. unter Berufung auf den Regierungsentwurf zum WpHG eine Ausnahme bei einem Unternehmenskauf oder bedeutenden Paketerwerb, nicht dagegen bei einer mit einem Blocktrade auf Erwerberseite allein verbundenen Finanzbeteiligung60.
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Auch dies vermag so generell nicht zu überzeugen. Denn ob die Informationsweitergabe „befugt“ im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist, dürfte nur im Einzelfall zu entscheiden sein und muss letztlich davon abhängen, ob die Gesellschaft ein eigenes berechtigtes Interesse an ihr hat; ohne ein solches eigenes Interesse, eine entsprechende Interessenabwägung und ggf. weitere Vorsichtsmaßnahmen kann der Vorstand der Zielgesellschaft ohnehin bereits nach § 93 AktG Informationen nicht weitergeben. Bejaht der Vorstand aber nach der gebotenen gründlichen Prüfung ein solches Interesse, etwa mit Blick auf die mit einer erfolgreichen Transaktionsdurchführung verbundenen Vorteile für die Gesellschaft oder die der Gesellschaft im Falle eines Scheiterns der Transaktion drohenden Nachteile, so sollte eine solche Weitergabe auch bei einem Blocktrade als „befugt“ angesehen werden; für diese Wertung spricht auch, dass die Konsortialbanken mit der Platzierung und Findung eines angemessenen Platzierungspreises beauftragt sind und den Banken dies nur auf der 58 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 354. 59 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 355 im Anschluss an Hopt, ZGR 1991, 17, 46. 60 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 164; Schäfer in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 14 WpHG Rz. 63; Einzelheiten sind auch hier sehr umstritten, so soll z.B. nach Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 164 der Erwerb von mindestens 5 % der (stimmrechtsbefugten) Anteile ausreichen: Folgt man dem, muss auf Veräußererseite eine entsprechende Größenordnung aber auch für einen Blocktrade gelten, da es aus Sicht des Veräußerers nicht auf die gewählte Transaktionsform ankommen kann. Jedenfalls ließe sich eine Differenzierung bei einer Größenordnung von 5 % der Anteile nicht mit der Rechtsprechung zur Haftung des Veräußerers beim Unternehmenskauf (dazu unten Rz. 57 f.) rechtfertigen. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang der Emittentenleitfaden der BaFin, S. 31, der „insbesondere (Hervorhebung des Verfassers) bei dem Erwerb von Stimmrechten ab den gesetzlichen Meldeschwellen“, d.h. nunmehr ab 3 % der Stimmrechte, davon ausgeht, dass der Emittent Insiderinformationen an den möglichen Erwerber weitergeben darf.
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§6
Umplatzierungen bestehender Aktien
Grundlage einer umfangreichen Kenntnis der preisrelevanten Faktoren angemessen möglich ist61. Folgt man den oben zu Rz. 40, 45 angestellten Überlegungen, so gelten diese im Übrigen erst recht für die Zielgesellschaft. Bei der Prüfung durch den Vorstand ist auch die Anzahl der Personen, denen gegenüber eine solche Offenlegung erfolgen soll, zu berücksichtigen: Je höher deren Zahl ist, desto schwerer dürfte die Rechtfertigung sein.
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Andererseits muss die Zielgesellschaft aber auch die Instrumente der Ad-hoc-Mitteilung und der Pressemitteilung in Erwägung ziehen: Soweit diese zur Zielerreichung geeignet sind, ohne berechtigte Interessen der Zielgesellschaft auf Geheimhaltung zu beeinträchtigen, ist diesen regelmäßig der Vorzug zu geben, da hierdurch alle Aktionäre und potenziellen Investoren gleichermaßen informiert werden. Seit Inkrafttreten des AnSVG gilt dies um so mehr, da in § 15 Abs. 3 WpHG bei berechtigtem Interesse des Emittenten explizit eine Ausnahme von der Ad-hoc-Mitteilungsfrist aufgenommen wurde. Zur Frage, inwiefern die Zielgesellschaft den Blocktrade als solchen bekannt geben muss, s. unten Rz. 63.
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VI. Haftungsfragen 1. Prospekthaftung Bei bereits erfolgter Börsenzulassung der vertragsgegenständlichen Aktien ohne öffentliches Angebot bedarf es keines Wertpapierprospekts. Dementsprechend unterliegen nach deutschem Recht weder der Veräußerer noch die Bank einer börsenrechtlichen Prospekthaftung62. Auch eine ggf. verwendete prospektähnliche Angebotsunterlage kann nach h.M. eine börsenrechtliche Prospekthaftung nicht begründen63. Dagegen kann die richterrechtlich entwickelte allgemeine Prospekthaftung eingreifen64, der jedes Dokument unterliegt, (für das keine Spezialregelungen eingreifen und) das an eine Vielzahl von Personen gerichtet ist und den Eindruck erweckt, für die Beurteilung der Kapitalanlage wesentliche Angaben zu enthalten65. 61 Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 4 III.2.a); vgl. auch schon Götz, DB 1995, 1949, 1950; zu beachten ist aber auch, dass der Veräußerer mit Blick auf die ggf. eintretenden insiderrechtlichen Komplikationen nur im Ausnahmefall ein Interesse an einer solchen Weitergabe haben wird. 62 Dazu, dass es für die Anwendung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung entscheidend ist, ob die zu platzierenden Aktien aufgrund der Angebotsunterlage zum Börsenhandel zugelassen wurden, Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 26. 63 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/137; Assmann, AG 1996, 508, 510; streitig und zu überlegen ist allerdings, ob § 13 VerkProspG nicht entsprechend heranzuziehen wäre, s. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.403; allgemein zur Prospekthaftung unten § 33. Auch die haftungsrechtlichen Implikationen dürften es künftig noch unwahrscheinlicher machen, ein Marketed Offering mit einer reinen Angebotsunterlage, d.h. ohne formellen Wertpapierprospekt, zu machen, s. auch schon oben Rz. 3. 64 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/137; zuletzt Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 350. 65 BGH v. 31.5.1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 317 ff.; BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 = AG 1994, 32; vgl. auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.396 ff., insbesondere 9.402 f. und Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, S. 100 ff.
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Dagegen dürfte § 13 VerkProspG mit der daran anknüpfenden börsenrechtlichen Prospekthaftung jedenfalls dann analog anzuwenden sein, wenn für ein Marketed Offering wegen eines öffentlichen Angebotes ein formeller Wertpapierprospekt erstellt wird, auch wenn ein solcher Prospekt für die Börsenzulassung der neuen Aktien nicht erforderlich wäre66, etwa weil es sich um bereits zugelassene Stücke handelt, wie typischerweise bei einem Blocktrade. 52
Zudem ist zu beachten, dass in anderen Rechtsordnungen u.U. unabhängig von der Veröffentlichung eines Dokumentes eine „Prospekthaftung“ bestehen kann. Insbesondere unterliegt der Vertrieb von Aktien in den USA der Haftung nach Rule 10b–5 zum Securities Exchange Act von 193467: Danach können Veräußerer und begleitende Bank für die Vollständigkeit und Richtigkeit der veröffentlichten kursrelevanten Informationen haften, und zwar unabhängig von der Form der Informationsweitergabe68. Einzelheiten s. unten bei § 37.
2. Gewährleistungshaftung 53
Betrachtet werden soll hier nur der Fall, dass nachträglich den Kurs der Aktien beeinträchtigende Umstände bekannt werden, die dem Veräußerer möglicherweise bekannt waren. a) Ansprüche der Bank
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Soweit nicht im Übernahmevertrag enthaltene Gewährleistungen des Veräußerers verletzt sind, kommt keine vertragliche Haftung in Betracht. Dabei wird der Verkäufer – wie oben Rz. 25 ausgeführt – regelmäßig keine weitreichenden Gewährleistungen übernommen haben.
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Auch gesetzliche Gewährleistungsansprüche dürften in der Regel ausscheiden. Einschlägig sind beim Aktienerwerb, einem Kauf von Rechten, nach § 453 Abs. 1 BGB die §§ 434 ff. BGB über Sachmängelgewährleistung. Allerdings schlägt ein Mangel in der Beschaffenheit des zugrunde liegenden Unternehmens auf die Aktie als Kaufgegenstand nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nach h.M. ohne ausdrückliche dahingehende Vereinbarung nur dann durch, wenn aufgrund der Anzahl der verkauften Aktien der Sache nach das Unternehmen als solches verkauft wird69, woran es bei einem Blocktrade typischerweise gerade fehlt. Begründet wird dies mit einem Hinweis auf § 453 Abs. 3 BGB, der sonst keinen Anwendungsbereich hätte. Bedeutender dürfte allerdings sein, dass sich diese Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum bereits vor der Schuldrechtsreform in Jahrzehnten als ganz herrschende herausgebildet hatte70. 66 So auch mit detaillierter Begründung Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rz. 4. 67 Zum Haftungsregime in den USA, insbesondere zu Rule 10b–5 s. Johnson/McLaughlin, Corporate Finance and the Securities Laws, S. 259 ff. 68 Deswegen ist eine diesbezügliche Gewährleistung des Verkäufers für die Bank zentral, s. oben Rz. 25; s. auch Rz. 28. 69 Putzo in Palandt, BGB, § 453 Rz. 7, 23; ausführlich Huber, AcP 202 (2002), 179, 226 ff.; Barnert, WM 2003, 416, 420; a.A. Larisch, Gewährleistungshaftung beim Unternehmens- und Beteiligungskauf, S. 189 ff. und Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 416 f.; die abweichende Ansicht ist im Ergebnis allerdings wegen schwieriger Differenzierungen oft unklar. 70 Vgl. Weitnauer, NJW 2002, 2511, 2514 f.
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§6
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b) Ansprüche der Investoren Die Investoren erwerben die Aktien auf der Grundlage eines Termsheets am Telefon, so dass keinerlei Gewährleistung des Verkäufers oder der Bank vereinbart ist. Hinsichtlich des Sachmängelgewährleistungsrechts ist auf die Ausführungen unter Rz. 55 zu verweisen.
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3. Keine Aufklärungspflicht Selbst wenn der Veräußerer ausnahmsweise Kenntnis von Umständen hat, die den Kurs der Aktien negativ beeinflussen könnten, ist er in Ermangelung einer dahingehenden Gewährleistung regelmäßig nicht nach § 311 Abs. 2 oder Abs. 3 (Drittbegünstigte) BGB zur Offenlegung dieser Kenntnis gegenüber der Bank oder den Investoren verpflichtet. Umso wichtiger ist für die Bank die Aufnahme einer diesbezüglichen Gewährleistung in den Übernahmevertrag.
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Fehlt es an einer solchen Gewährleistung, besteht nach der Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht grundsätzlich nur insoweit, als es Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte erfordern71. Parallel zum Gewährleistungsrecht ist auch insofern maßgeblich, dass die beim Unternehmenskauf von der Rechtsprechung mit Blick auf das unternehmerische Engagement des Käufers entwickelten Gesichtspunkte zur Herleitung einer Aufklärungspflicht72 nicht eingreifen: So fehlt es bei einem Blocktrade regelmäßig sowohl an einer berechtigterweise auf ein Vertrauensverhältnis begründeten Erwartungshaltung des Erwerbers73 als auch an überlegener Sachkunde einer Partei74 oder einer aufklärungsbedürftigen Irrtumserregung vor Vertragsschluss75. Solche Umstände liegen bei einem Verkauf von Aktien an die begleitende Bank (bought deal) oder an institutionelle, d.h. professionelle Investoren (best efforts underwriting) typischerweise nicht vor76.
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VII. Sonderfrage: Anzeigepflichten der Bank Bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte bestehen ggf. Anzeigepflichten, in Deutschland etwa nach §§ 2b, 24 KWG und §§ 104, 7a Abs. 2 Satz 3 VAG bei Erwerb des Eigentums von Aktien an einem Kreditinstitut oder einem Versicherungsunternehmen, die 10 % der Stimmrechte oder des Kapitals vermitteln. Diese Anzeigepflichten greifen aber nicht ein, wenn der Übernahmevertrag so strukturiert ist, dass die Bank als Vertreter des Veräußerers agiert und der Kaufvertrag oder jedenfalls der Vertrag zur Übertragung des Eigentums an den Aktien direkt zwischen dem Veräußerer und dem einzelnen Investor zustande kommt77. Damit wird einem berechtigten Interesse der Bank Rechnung getragen. 71 S. etwa BGH v. 4.4.2001 – VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1119. 72 Zu diesen Gesichtspunkten Larisch, Gewährleistungshaftung beim Unternehmens- und Beteiligungskauf, S. 168 ff. 73 Zu diesem Kriterium BGH v. 13.7.1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493, 2494. 74 BGH v. 6.4.1981 – II ZR 84/80, NJW 1981, 1440, 1441. 75 BGH v. 15.1.1985 – X ZR 16/83, WM 1985, 673, 674. 76 Vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 351 f. 77 Zu dieser Struktur vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/72.
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§6 60
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Hierdurch kann, wenn denn der Block einmal 30 % oder mehr an den Stimmrechten der Zielgesellschaft ausmachen sollte, zudem das Erreichen der Schwelle von 30 % nach § 29 Abs. 2 WpÜG durch die Bank vermieden werden, so dass auch kein Befreiungsantrag nach § 37 WpÜG erforderlich ist.
VIII. Folgepflichten für die Beteiligten 61
Hinzuweisen ist zunächst auf die Meldepflichten des Veräußerers nach §§ 21 ff. WpHG (für die Bank ist in § 23 WpHG vorgesehen, dass die Mitteilungspflicht erst bei Erreichen der 5 %-Schwelle eingreift, sofern es sich um „Handelsbestand“ handelt, was bei den transaktionsgegenständlichen Aktien regelmäßig der Fall ist; zudem ist für die Bank eine Meldung entbehrlich, wenn die relevante Schwelle binnen desselben Tages wieder unterschritten wird78), mit denen bestimmte Folgepflichten der Zielgesellschaft korrespondieren.
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Der Veräußerer ist darüber hinaus nach § 15 WpHG zur Veröffentlichung einer Adhoc-Mitteilung verpflichtet, wenn er (1) als (deutsche) börsennotierte Aktiengesellschaft organisiert, (2) der Verkauf geeignet ist, den Kurs seiner Aktien erheblich zu beeinflussen, und (3) sich der Entschluss zum Verkauf der Beteiligung hinreichend konkretisiert hat79 und (4) kein Befreiungstatbestand nach § 15 Abs. 3 WpHG eingreift. Entscheidend für die Eignung zur Kursbeeinflussung ist regelmäßig das Volumen des zur Veräußerung stehenden Blocks. Der Entschluss zum Verkauf dürfte sich erst dann hinreichend konkretisiert haben, wenn der Vorstand eine förmliche Grundsatzentscheidung für die Durchführung gefällt hat80. Hinsichtlich der Befreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG ist neben der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung81 (WpAIV) auch der Emittenten-Leitfaden der BaFin82 zu beachten. § 6 WpAIV nennt als Regelbeispiel Nr. 1 für eine solche Befreiung „laufende Verhandlungen über Geschäftsinhalte …“, die im Falle einer Veröffentlichung „wahrscheinlich erheblich beeinträchtigt würden“. Der Leitfaden betont, dass der Aufschub der Veröffentlichung bis zur Entscheidung des Aufsichtsrats in der Regel sowohl im berechtigten Interesse des Emittenten als auch im berechtigten Interesse der Anleger liegt83. Demnach hängt es von einer Einzelfallprüfung ab, ob der Ver78 S. dazu die Mitteilung der BaFin „FAQ zu den §§ 21 ff. WpHG“, Stand 11.6.2007, abrufbar unter „www.bafin.de“, S. 4 von 10. 79 Bis zum Inkrafttreten des AnSVG kam es darauf an, ob der Entschluss endgültig feststeht. Nach der bis dahin herrschenden Stufentheorie stand der Entschluss erst dann als Tatsache im Sinne von § 15 Abs. 1 WpHG fest, wenn ggf. erforderliche Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse vorliegen, vgl. Kümpel/Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 63 f. m.w.N. (3. Aufl. 2004). Dazu, dass ein solcher Beschluss wegen des großen Geheimhaltungsbedürfnisses regelmäßig erst unmittelbar vor Abschluss des Übernahmevertrages und Beginn des Bookbuildings gefasst wurde, Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 352 (in Fn. 57). In der 4. Aufl. von Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 75 ff. wie auch im Emittentenleitfaden der BaFin, S. 46 wird der Akzent nunmehr auf die Selbstbefreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG gelegt. 80 So auch der Emittentenleitfaden der BaFin, S. 46 f. 81 Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz v. 13.12.2004 (BGBl. I 2004, 3376). 82 Stand 15.7.2005, der Leitfaden ist abrufbar unter www.bafin.de. 83 S. 46.
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§6
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äußerer nach § 15 Abs. 3 WpHG mit Blick auf eine ansonsten eintretende Gefährdung der Transaktion von einer Ad-hoc-Mitteilung absehen darf. In der Praxis dürfte das Problem allerdings in geringerer Schärfe auftreten, da regelmäßig die förmliche Grundsatzentscheidung zum Verkauf erst unmittelbar vor Transaktionsbeginn gefällt werden dürfte. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt aber ohnehin eine Ad-hoc-Mitteilung, s. oben Rz. 16. Mitzuteilen sind die zur Beurteilung der Kursrelevanz notwendigen Faktoren; ein etwa vereinbarter vertraulicher Mindestpreis muss nicht genannt werden, falls er nicht offensichtlich unangemessen niedrig ist, so dass die Höhe für sich betrachtet kursrelevant ist84. Vor Inkrafttreten des AnSVG war die Zielgesellschaft nach h.M. bei einer Veränderung in der Beteiligungsstruktur nicht ad-hoc-mitteilungspflichtig, da es sich hierbei nicht um eine in ihrem Tätigkeitsbereich eingetretene Tatsache handelte85. Dagegen ist mit Inkrafttreten des AnSVG § 15 Abs. 1 WpHG so gefasst worden, dass es für die Ablehnung einer Ad-hoc-Mitteilungspflicht nicht ausreicht, dass die Tatsache nicht im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten ist. Allerdings muss die Insiderinformation den Emittenten unmittelbar betreffen. Anders als bei übernahmeähnlichen Szenarien dürfte es bei einem typischen Blocktrade in Anbetracht der relativ geringen Größe des zu platzierenden Aktienpaketes (s. oben Rz. 2 mit Fn. 3) an einer derartigen „unmittelbaren“ Betroffenheit regelmäßig fehlen86. Zudem sieht § 15 Abs. 3 WpHG die bereits erwähnte Ausnahme von der Pflicht zur Veröffentlichung vor, wenn die (verfrühte) Bekanntgabe den berechtigten Interessen des Emittenten schadet, die Unterlassung nicht geeignet ist, die interessierte Öffentlichkeit irrezuführen und der Emittent die Vertraulichkeit der Information gewährleisten kann87. Dementsprechend dürfte die Zielgesellschaft, auch wenn man der hier vertretenen Auslegung von „unmittelbar“ nicht folgt, jedenfalls erst dann zur Veröffentlichung der Veränderung in der Beteiligungsstruktur aufgrund des Blocktrades verpflichtet sein, wenn ihr die Veräußerung als solche, etwa durch eine Mitteilung des Veräußerers nach § 21 WpHG, bekannt wird. Seit dem 1.11.2007 trifft nach § 31h Abs. 1 WpHG n.F. ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, hier also die begleitende Bank, unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht, Volumen, Marktpreis und Zeitpunkt des Geschäfts soweit wie möglich auf Echtzeitbasis, d.h. bei Zuteilung, offenzulegen88 (so genannte Nachhandelstransparenz). Weiteres zu kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten s. unten § 32.
84 Vgl. Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 15 WpHG Rz. 150. 85 Kümpel/Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 48 f. m.w.N. (3. Aufl. 2004); im Ergebnis ebenso, aber differenzierend, Zimmer in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 15 WpHG Rz. 51 ff. 86 So im Ergebnis auch der Emittentenleitfaden der BaFin, S. 41. 87 Die beiden letzten Einschränkungen werfen schwierige Fragen auf, denen an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden kann. 88 Zu Einzelheiten s. Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 232.
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§7 Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien Michael Arnold I. Einleitung 1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . .
1
2. Ökonomische Wirkungen . . . . . .
5
3. Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . .
9
4. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . .
12
II. Erwerb eigener Aktien 1. Keine originäre Übernahme a) Ausnahmsloses Verbot . . . . . . b) Umgehungssituationen . . . . .
13 15
2. Zulässiger derivativer Erwerb a) Grundsätzliches Verbot . . . . . b) Ausnahmetatbestände . . . . . . c) Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . .
31
3. Erwerbsmodalitäten a) Erwerbsbegriff . . . . . . . . . b) Erwerb über die Börse . . . . c) Öffentliches Erwerbsangebot d) Individualverträge . . . . . . e) Transferable Put Rights . . .
35 40 41 44 45
. . . . .
. . . . .
18 20
4. Besondere Konstellationen . . . . . a) Umgehungsgeschäfte . . . . . . . b) Erwerb durch Dritte . . . . . . . c) Inpfandnahme eigener Aktien . 5. Ablauf eines Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbereitende Planung . . . . . . b) Hauptversammlungsbeschluss . c) Mitteilung an die BaFin . . . . . d) Ausübungsbeschluss . . . . . . . e) Mitteilungspflichten . . . . . . . f) Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . g) Rechenschaftslegung . . . . . . . 6. Die Behandlung des Bestands eigener Aktien a) Keine Rechte aus eigenen Aktien b) Keine Pflichten aus eigenen Aktien . . . . . . . . . . . . . . . c) Bilanzielle Behandlung . . . . . . III. Wiederveräußerung und Einziehung eigener Aktien 1. Veräußerungspflichten, Einziehung 2. Veräußerungsmodalitäten . . . . . .
46 47 50 53 54 55 57 58 59 60 65 66
67 71 72
76 80
Schrifttum: van Aerssen, Erwerb eigener Aktien und Wertpapierhandelsgesetz – Neues von der Schnittstelle Gesellschaftsrecht/Kapitalmarktrecht, WM 2000, 391; Arnold, Stimmrechtsmitteilungen und -veröffentlichungen nach WpHG – alte und neue Probleme, AG-Report 2000, R 163; Baums/Stöcker, Rückerwerb eigener Aktien und WpÜG, FS Wiedemann, 2002, S. 705; Bayer, Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Gesellschaftsrecht, BB 2004, 1; Bayer/Hoffmann/Weinmann, Kapitalmarktreaktionen bei Ankündigung des Rückerwerbs eigener Aktien über die Börse, ZGR 2007, 457; T. Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die AG, 2002; Bosse, Zulässigkeit des individuell ausgehandelten Rückkaufs eigener Aktien („Negotiated repurchase“) in Deutschland, NZG 2000, 16; Bosse, Melde- und Informationspflichten nach dem Aktiengesetz und Wertpapierhandelsgesetz im Zusammenhang mit dem Rückkauf eigener Aktien, ZIP 1999, 2047; Busch, Eigene Aktien in der Kapitalerhöhung, AG 2005, 429; Butzke, Gesetzliche Neuregelungen beim Erwerb eigener Aktien, WM 1995, 1389; Cahn, Die Auswirkungen der Richtlinie zur Änderung der Kapitalrichtlinie auf den Erwerb eigener Aktien, Der Konzern 2007, 385; Drygala, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs nach der Reform der Kapitalrichtlinie, Der Konzern 2007, 396; Escher-Weingart/Kübler, Erwerb eigener Aktien, ZHR 162 (1998), 537; Geber/von Megede, Aktienrückkauf, BB 2005, 1861; Gottschalk, Die deliktische Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, DStR 2005, 1648; Grobecker/Michel, Rückkauf eigener Aktien: Die Grenzen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, DStR 2001, 1757; Habersack, Das Andienungs- und Erwerbsrecht bei Erwerb und Veräußerung eigener Anteile, ZIP 2004, 1121; Habersack, Die finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs – Überlegungen zu Zweck und Anwendungsbereich des § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG, FS Röhricht, 2005, S. 155; Hirsch, Der Erwerb eigener Aktien nach dem KonTraG, 2004; Huber, Zum Aktienerwerb durch ausländische Tochtergesellschaften, FS Duden, 1977, S. 137; Kellerhals/Rausch, Die Liberali-
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§7
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
sierung von Aktienrückkäufen: Bundesdeutsche Erfahrungen, AG 2000, 222; Kessler/Suchan, Erwerb eigener Aktien und dessen handelsbilanzielle Behandlung, BB 2000, 2529; Kiem, Der Erwerb eigener Aktien bei der kleinen AG, ZIP 2000, 209; Klingberg, Der Aktienrückkauf nach dem KonTraG aus bilanzieller und steuerlicher Sicht, BB 1998, 1575; Koch, Der Erwerb eigener Aktien – kein Fall des WpÜG, NZG 2003, 61; Kraft/Altvater, Die zivilrechtliche, bilanzielle und steuerliche Behandlung des Rückkaufs eigener Aktien, NZG 1998, 448; Ihrig, Optionen auf eigene Aktien, FS Ulmer, 2003, 829; Leuering, Der Rückerwerb eigener Aktien im Auktionsverfahren, AG 2007, 435; Markwardt, Erwerb eigener Aktien: In der „Falle“ des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG?, BB 2002, 1108; Martens, Erwerb und Veräußerung eigener Aktien im Börsenhandel, AG 1996, 337; Mick, Aktien- und bilanzsteuerliche Implikationen beim Einsatz von Eigenkapitalderivaten beim Aktienrückkauf, DB 1999, 1201; Nuyken, Finanzielle Unterstützung bei Private-Equity-Transaktionen – Fallstudien zu § 71a AktG, ZIP 2004, 1893; Oechsler, Die Änderung der Kapitalrichtlinie und der Rückerwerb eigener Aktien, ZHR 170 (2006), 72; Paefgen, Eigenkapitalderivate bei Aktienrückkäufen und Managementbeteiligungsmodellen, AG 1999, 67; Paefgen, Die Gleichbehandlung beim Aktienrückerwerb im Schnittfeld von Gesellschaftsund Übernahmerecht, ZIP 2002, 1509; Peltzer, Keine Aktienoptionen mehr für Aufsichtsratsmitglieder, NZG 2004, 509; Pluskat, Der Rückerwerb eigener Aktien nach WpÜG – auch offiziell kein Anwendungsfall mehr, NZG 2006, 731; Reichert/Harbarth, Veräußerung und Einziehung eigener Aktien, ZIP 2001, 1441; Richter/Gittermann, Die Verknüpfung von Kapitalerhöhung und Rückererwerb eigener Aktien bei Mitarbeiterprogrammen, AG 2004, 277; von Rosen/Helm, Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft, AG 1996, 434; Saria, Schranken beim Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8, NZG 2000, 458; Schlitt, Die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting – Macroton und die Folgen, ZIP 2004, 533; Schlitt/Seiler, Aktuelle Rechtfragen bei Bezugsrechtsemissionen, WM 2003, 2175; Schmid/Mühlhäuser, Rechtsfragen des Einsatzes von Aktienderivaten beim Aktienrückkauf, AG 2001, 493; Schockenhoff/Wagner, Ad-hoc-Publizität beim Aktienrückkauf, AG 1999, 548; Seibt, Gläubigerschutz bei Änderung der Kapitalstruktur durch Erhöhung des Fremdkapitalanteils, ZHR 171 (2007), 282; Singhof/Weber, Neue kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen für den Erwerb eigener Aktien, AG 2005, 549; Süßmann, Anwendung des WpÜG auf öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien, AG 2002, 424; Thömmes, Steht dem Tochterunternehmen aus dem Besitz von Aktien der Muttergesellschaft eine Dividende zu?, AG 1987, 34; Umnuß/Ehle, Aktienoptionsprogramme für Arbeitnehmer auf der Basis von § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG, BB 2002, 1042; J. Vetter, Die Gegenleistung für den Erwerb einer Aktie bei Ausübung einer Call Option, AG 2003, 478; Widder/Kocher, Die Behandlung eigener Aktien im Rahmen der Mitteilungspflichten nach §§ 21 ff. WpHG, AG 2007, 13; Wieneke, Der Einsatz von Aktien als Akquisitionswährung, NZG 2004, 61; Wilsing/Siebmann, Die Wiederveräußerung eigener Aktien außerhalb der Börse gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG, DB 2006, 881; Winter, Gesellschaftsrechtliche Schranken für „Wertgarantien“ der AG auf eigene Aktien, FS Röhricht, 2005, S. 709.
I. Einleitung 1. Rechtsgrundlagen Die gesetzlichen Regelungen im Aktiengesetz über den Erwerb und die Wiederveräußerung eigener Aktien basieren inzwischen weitgehend auf europäischen Vorgaben1. Sie haben zu nicht unerheblichen Korrekturen durch den deutschen Gesetzgeber und einer Liberalisierung der Vorschriften über eigene Aktien geführt2. Das eu1 Richtlinie 77/91/EWG vom 13.12.1976 (so genannte Zweite Gesellschaftsrechtsrichtlinie oder Kapitalrichtlinie), ABl. EG Nr. 26 v. 31.1.1977, S. 1, geändert durch die Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006, ABl. EU Nr. L 264 v. 25.9.2006, S. 32. 2 Vgl. hierzu Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rz. 47; Oechsler, ZHR 170 (2006), 72 ff.
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§7
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ropäische Recht hat dabei nicht nur das Aktiengesetz, sondern auch kapitalmarktrechtliche Vorschriften wie z.B. das WpHG beeinflusst3. 2
Der Erwerb eigener Aktien war schon vor der Zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie zulässig, wenn auch in weitaus selteneren Fallkonstellationen4. Insbesondere Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie hat die Handlungsmöglichkeiten einer Gesellschaft erweitert. Danach muss einer Gesellschaft der Erwerb eigener Aktien auch aufgrund eines Ermächtigungsbeschlusses der Hauptversammlung ermöglicht werden. Diese Vorgabe wurde in § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG umgesetzt5.
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Im Aktiengesetz sind die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien verstreut: § 56 Abs. 1 AktG verbietet der Gesellschaft, eigene Aktien zu zeichnen, und zielt damit auf den originären Erwerb ab. Auch der derivative Erwerb ist geregelt. Durch ihn kommt es zwar zu einer Rückzahlung von Einlagen an die Aktionäre, was nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG grundsätzlich verboten ist. § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG macht aber hiervon eine Ausnahme und nimmt die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien von einer verbotenen Einlagenrückgewähr ausdrücklich aus. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erwerb eigener Aktien sind in den §§ 71 ff. AktG geregelt. § 71 Abs. 1 AktG stellt dabei einen abschließenden Katalog an Ausnahmetatbeständen auf. Schließlich findet sich in § 215 Abs. 1 AktG die Vorschrift, dass eigene Aktien an der Erhöhung des Grundkapitals bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln teilnehmen.
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Neben den aktienrechtlichen Vorschriften gelten für den Erwerb eigener Aktien besondere kapitalmarktrechtliche Vorschriften, insbesondere § 14 Abs. 2 Satz 1 WpHG (im Rahmen des Insiderhandelsverbots), § 20a Abs. 3 Satz 1 WpHG (im Rahmen des Verbots der Marktmanipulation) und § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG (Veröffentlichungspflicht bei Berühren von Beteiligungsschwellen). Diese Vorschriften verweisen zum Teil auf die Durchführungsverordnung (EG) 2273/20036. Diese Verordnung stellt Anforderungen an das Verfahren bei Rückkaufprogrammen (z.B. hinsichtlich Bekanntmachung, Kaufpreis, Handelsvolumen). Sie erfasst allerdings nur die Fälle, in denen der Erwerb eigener Aktien einer Kapitalherabsetzung oder zur Erfüllung von Ansprüchen aus Wandeloptionen bzw. von Belegschaftsaktienprogrammen dient7. Wenn eine Gesellschaft die Verfahrensvorgaben der Verordnung einhält, kann ihr kein Vorwurf des Insiderhandels oder der Marktmanipulation gemacht werden8. Andernfalls muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot oder eine Marktmanipulation vorliegt.
3 Durch die Durchführungsverordnung (EG) 2273/2003 vom 22.12.2003 zur Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG vom 28.1.2003, ABl. EG Nr. L 336 v. 23.12.2003, S. 33. Vgl. hierzu auch § 32. 4 § 71 AktG a.F. Vgl. hierzu die Kommentierung von Baumbach/Hueck, AktG, § 71. 5 Durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 30.4.1998, BGBl. I 1998, 786. 6 Zur Durchführungsverordnung (EG) 2273/2003 s. näher § 32. 7 Art. 3 der Durchführungsverordnung (EG) 2273/2003. 8 So genannter „Safe Harbor“; vgl. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 212 ff.; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 20a Rz. 199 ff.
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2. Ökonomische Wirkungen Der Erwerb eigener Aktien hat für die Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt nur mittelbare Bedeutung. Statt eines Zuflusses liquider Mittel an die Gesellschaft entstehen zunächst Kosten. Eigene Aktien haben aber diverse ökonomische Auswirkungen auf ein Unternehmen.9 Zwei Folgen sind besonders bedeutsam: Eigene Aktien beeinflussen zum einen den Börsenkurs und verändern zum anderen das Eigenkapital. Werden eigene Aktien dann eingezogen, führt das zu einer Kapitalherabsetzung.
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Der Erwerb eigener Aktien kann zunächst als Mittel zur Kurspflege eingesetzt werden10. Denn im Rückerwerb zuvor ausgegebener Aktien liegt ein Bekenntnis der Aktiengesellschaft zu ihrer eigenen Unternehmenspolitik. Die Gesellschaft signalisiert derzeitigen und potentiellen Aktionären, dass ihre Unternehmensleitung von der verfolgten Strategie und ihrer Möglichkeit überzeugt ist, den Unternehmenswert zu steigern; die Gesellschaft selbst will von der eigenen Wertsteigerung profitieren. Das von einem Rückkaufprogramm ausgehende Signal ist in der Regel stark, weil die Gesellschaftsorgane als „Insider“ über bessere Informationen als ein Außenstehender verfügen11. Der Erwerb eigener Aktien wird daher nicht selten als Zeichen einer Unterbewertung gesehen. Anleger reagieren darauf mit einer erhöhten Bereitschaft, Aktien zu kaufen12. Aufgrund der geringeren Zahl frei handelbarer Aktien verringert sich außerdem nach einem Erwerb eigener Aktien die Volatilität des Aktienkurses und damit in der Regel das Risiko eines Investments13.
6
Durch den Erwerb eigener Aktien verändert sich das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital. Zwar verändert sich die Höhe des Grundkapitals durch den Erwerb eigener Aktien nicht; jedoch verringert sich die von den Aktionären bereitgestellte Finanzausstattung. Im Gegenzug steigt die Bedeutung des vorhandenen Fremdkapitals. Hierdurch kann das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital und damit die Rentabilität auf das Eigenkapital verbessert werden (Leverage-Effekt)14. Als Nebenfolge führt der erhöhte Fremdkapitalanteil zu einer Disziplinierung des Managements, da es durch die Beteiligung eines weiteren Prinzipals erhöhter Kontrolle ausgesetzt ist15. Weil regelmäßig durch den Erwerb eigener Aktien erstens der Aktienkurs steigt, zweitens die vorhandene Liquidität sinkt und drittens die Aktionärsstruktur beeinflusst wird, eignen sich eigene Aktien auch als Abwehrmittel gegen feindliche Übernahmen16. Bei Übernahmen durch die Gesellschaft als Bieterin (bei öffentlichen
7
9 Vgl. Hirsch, Der Erwerb eigener Aktien nach dem KonTraG, S. 37 ff. 10 Vgl. Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 554; von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 71 ff.; Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 1. 11 Vgl. auch Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 6, wonach der Einsatz verfügbarer Mittel für den Aktienerwerb dabei als stärkeres Argument angesehen werde als die bloße Bekanntgabe der Einschätzung des Management. 12 Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 460; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 224, so genannte „Signalling-Hypothese“. 13 Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223. 14 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 5; Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 460; zum damit verbundenen Effekt des Shareholder Value etwa Martens, AG 1996, 337, 338. 15 Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 460 unter Verweis auf Jensen, American Economic Association Papers and Proceedings 1986, 323, 324. 16 Ausführlich Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 10.
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Übernahmen) oder Käuferin (bei private deals) werden eigene Aktien hingegen nicht selten als Akquisitionswährung verwendet17. 8
Der Rückerwerb eigener Aktien stellt eine Alternative zur Dividendenausschüttung (und zur Kapitalherabsetzung) dar, was für die Aktionäre steuerlich gegenüber dem Bezug von Dividenden vorteilhaft sein kann18. Regelmäßig fallen Dividenden nach einem Erwerb eigener Aktien (nicht zuletzt wegen der dann geringeren Anzahl dividendenberechtigter Aktien) höher aus. Außerdem verringern sich die Kosten der Gesellschaft für die Betreuung der Aktionäre, weil deren Zahl sinkt19.
3. Gefahren 9
Der Erwerb eigener Aktien kann für die Gesellschaft auch mit Risiken und Gefahren verbunden sein20, deren Abwehr das Gesetz Rechnung tragen will. Grundsätzlich bestehen Gefahren der Kapitalunterdeckung, der Einlagenrückgewähr und des Doppelschadens. Damit das Kapital vollständig erbracht wird, ist der Gesellschaft gem. § 56 Abs. 1 AktG die Zeichnung neuer Aktien verboten. Auch die Kapitalerhaltung ist gesichert. Die Zahlung eines Kaufpreises für den Erwerb bereits ausgegebener Aktien stellt eine Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 AktG dar, die nur ausnahmsweise im Rahmen der §§ 71 ff. AktG zulässig ist. Dem Risiko einer durch diese Form der Einlagenrückgewähr verursachten Unterschreitung des Grundkapitals wird durch die Pflicht gem. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG begegnet, ausschließlich freie Rücklagen für den Erwerb eigener Aktien zu verwenden21. Der Doppelschaden schließlich ergibt sich daraus, dass die Gesellschaft bei einer wirtschaftlich nachteiligen Situation (z.B. einem Produkthaftungsfall) neben ihrem unmittelbaren Schaden einen schadensbedingten Wertverlust der eigenen Aktien erleidet. Für die Gläubiger werden Gefahren aus einem Doppelschaden durch eine bilanzielle Neutralisierung eigener Aktien im Rahmen des § 272 Abs. 4 HGB beschränkt, weil für eigene Aktien Rücklagen zu bilden sind22.
17 Deutsches Aktieninstitut, Der Erwerb eigener Aktien in Deutschland, 1999, S. 10, abrufbar unter http://www.dai.de/internet/dai/dai-2-0.nsf/dai_publikationen.htm; eingehend Wieneke, NZG 2004, 61; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 12. 18 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 8; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 5; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 223. Dieser Vorteil dürfte auch nach der Unternehmensteuerreform 2008 erhalten bleiben, weil die pauschale Abgeltungsteuer nur den Kursgewinn erfasst. Wendet die Gesellschaft z.B. 10 Mio. Euro auf, um Aktien zurückzuerwerben, müssen die Aktionäre hiervon nur den Teil versteuern, der ihrem Kursgewinn entspricht. Bei einer Ausschüttung von 10 Mio. Euro als Dividende unterliegt hingegen die Gesamtsumme der Versteuerung. 19 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 9; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 13; Escher-Weingart/Kübler, ZHR 162 (1998), 537, 553; Kellerhals/Rausch, AG 2000, 222, 224. 20 Ausführlich etwa von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 437 ff. 21 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 21. 22 Begr. RegE AktG Kropff, Aktiengesetz, S. 90; Huber in FS Duden, 1977, S. 137, 139; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 19. Das Bundesministerium der Justiz hat allerdings am 8.11.2007 den Referentenentwurf eines Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vorgelegt, der durch eine Neufassung des § 272 HGB die Pflicht der Gesellschaft zur Bildung der Rücklage entfallen lässt. Zukünftig soll die Wirksamkeit des Erwerbs eigener Aktien von der Möglichkeit einer Rücklagenbildung abhängig sein (näher hierzu unten Fn. 86).
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Für die Aktionäre besteht zudem die Gefahr der Ungleichbehandlung durch die Gesellschaft bei Erwerb oder Veräußerung von eigenen Aktien oder bei der Preisbildung. Eine Ungleichbehandlung etwa bei der Veräußerung käme einem Bezugsrechtsausschluss gleich23. Eine solche Differenzierung verstieße gegen das aktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot nach der Vorschrift des § 53a AktG, auf die § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG ausdrücklich Bezug nimmt24. Organisationsrechtlich droht die Gefahr einer Kompetenzverschiebung innerhalb der AG. Durch einen hohen Anteil eigener Aktien könnte der Vorstand auf die Hauptversammlung und deren Entscheidungen im Eigeninteresse Einfluss nehmen25. Deswegen stehen der Gesellschaft an eigenen Aktien keine Rechte zu (§ 71b AktG).
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Eine weitere Gefahrenquelle besteht schließlich im Bereich des Kapitalmarktrechts. Der Vorstand, der als zentrales Organ der Gesellschaft einen Informationsvorsprung hat, könnte etwa in Kenntnis eines Rückkaufprogramms Aktien für eigene Zwecke erwerben, um diese nach Bekanntwerden des Programms – zu einem höheren Kurs – zu veräußern26. Daneben könnte die Gesellschaft selbst unzulässig den Aktienkurs manipulieren, indem sie ein nicht bestehendes Handelsvolumen vortäuscht27. Diesen Gefahren wird durch die allgemeine Ad-hoc-Publizität und das Insiderrecht begegnet28.
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4. Rechtstatsachen Nahezu alle großen börsennotierten Gesellschaften in Deutschland haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Vorstand zum Erwerb eigener Aktien zu ermächtigen. Rückkaufprogramme sind weit verbreitet29. Nicht immer werden jedoch die bestehenden Ermächtigungen ausgenutzt30. Sie werden oft als „Vorratsermächtigung“ begriffen, die standardmäßig zur Ausstattung einer AG gehören, die flexibel auf Entwicklungen reagieren möchte.
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II. Erwerb eigener Aktien 1. Keine originäre Übernahme a) Ausnahmsloses Verbot Für die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien muss zwischen dem derivativen Erwerb bereits ausgegebener Aktien einerseits und dem originären Erwerb, d.h. der 23 24 25 26 27 28
S. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 16. Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 461 f. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 23 f.; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 1. Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 462 f. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 25; Bayer, BB 2004, 1, 8. Ausführlich bei Bayer/Hoffmann/Weinmann, ZGR 2007, 457, 463 f. Von besonderer Bedeutung ist insbesondere § 14 Abs. 2 WpHG. 29 Vgl. etwa jüngst das Programm der Deutsche Börse AG und Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 1. 30 So geht die Studie von Hackethal/Zdantchouk, abrufbar unter http://publikationen.ub. uni-frankfurt.de/volltexte/2005/589, im Zeitraum von Mai 1998 bis April 2003 von 224 Ankündigungen zum Rückererwerb von Aktien aus; für den Bereich des Rückerwerbs im Rahmen eines öffentlichen Angebots gibt die BaFin in ihrem Jahresbericht 2006 lediglich drei Fälle für 2005 und keinen Fall im Jahr 2006 an.
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Übernahme neu ausgegebener Aktien, andererseits unterschieden werden. Nur der derivative Erwerb eigener Aktien ist im Rahmen der §§ 71 ff. AktG in begrenztem Umfang möglich. Hingegen ist die originäre Zeichnung eigener Aktien durch die Gesellschaft nach § 56 Abs. 1 AktG verboten. Das Selbstzeichnungsverbot resultiert aus dem Prinzip der realen Kapitalaufbringung31. Es reicht denkbar weit und gilt unabhängig davon, auf welchem Weg die Übernahme erfolgt. Unzulässig sind daher die Übernahme von Aktien bei der Gründung, die Übernahme bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen, die Ausübung eines Umtauschrechts im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung und die Zeichnung bei einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital32. Das Verbot, eigene Aktien zu zeichnen, besteht jedoch nicht bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Eigene Aktien nehmen an dieser Kapitalerhöhung (ausnahmsweise, § 71b AktG) teil (§ 215 Abs. 1 AktG); das Gebot der realen Kapitalaufbringung steht dem nicht entgegen, da bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kein neues Kapital zugeführt wird33. 14
Sollte eine Gesellschaft verbotswidrig (§ 56 Abs. 1 AktG) eigene Aktien zeichnen, verstieße die Zeichnung gegen § 134 BGB und wäre deshalb nichtig. Das Handelsregister dürfte die Durchführung einer Kapitalerhöhung, bei der die Gesellschaft eigene Aktien gezeichnet hat, nicht in das Handelsregister eintragen. Wird die Durchführung gleichwohl eingetragen, werden die nichtigen Zeichnungserklärungen aber geheilt34. Auf die übernommenen eigenen Aktien sind dann die §§ 71b f. AktG analog anzuwenden; die eigenen Aktien sind also insbesondere innerhalb eines Jahres zu veräußern (§ 71c AktG)35. b) Umgehungssituationen
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Neben dem allgemeinen Verbot, eigene Aktien zu zeichnen, begegnet § 56 AktG in Abs. 2 und Abs. 3 bestimmten Umgehungskonstruktionen. Abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen (unabhängig von der Rechtsform) dürfen gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 AktG keine Aktien ihrer Muttergesellschaft übernehmen. Allerdings führt die Zeichnung von Aktien der Mutter nicht zur Nichtigkeit der Übernahme (§ 56 Abs. 2 Satz 2 AktG). Das Registergericht kann gleichwohl die Eintragung in das Handelsregister ablehnen. Auch auf so erworbene eigene Aktien sind die §§ 71b f. AktG analog anzuwenden36.
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Neben dem Konzernverhältnis wird auch die mittelbare Stellvertretung als Umgehungsfall erfasst (§ 56 Abs. 3 AktG). Der mittelbare Stellvertreter übernimmt die Aktien im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens. Er ist rechtlich Eigentümer, hat aber im Innenverhältnis das wirtschaftliche Risiko auf die Gesellschaft (oder das mit ihr verbundene Un31 Vgl. Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 1; Lutter in KölnKomm. AktG, § 56 Rz. 5. 32 Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 2; Henze in Großkomm. AktG, § 56 Rz. 7; Lutter in KölnKomm. AktG, § 56 Rz. 7. 33 Hüffer, AktG, § 56 Rz. 3; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 13. 34 H.M.; Cahn/Senger in Spindler/Stilz, AktG, § 56 Rz. 17; Bungeroth in MünchKomm. AktG, § 56 Rz. 14; Henze in Großkomm. AktG, § 56 Rz. 16; zweifelnd Hüffer, AktG, § 56 Rz. 5. 35 Hüffer, AktG, § 56 Rz. 6; Lutter in KölnKomm. AktG, § 56 Rz. 11 f. 36 Vgl. nur Cahn/Senger in Spindler/Stilz, AktG, § 56 Rz. 35; Hüffer, AktG, § 56 Rz. 11.
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ternehmen) übertragen. Fälle der mittelbaren Stellvertretung können z.B. Treuhandverhältnisse, aber auch Kursgarantien sein37. In den Fällen der mittelbaren Stellvertretung bleibt die Übernahme wirksam38. Der Aktionär bleibt zur Leistung der Einlage und zu allen Nebenpflichten verpflichtet. Bevor er die Aktie aber für eigene Rechnung übernommen hat, stehen ihm keine Rechte aus der Aktie zu (§ 56 Abs. 3 Satz 3 AktG). In die Nähe einer unzulässigen mittelbaren Stellvertretung kann eine Gesellschaft geraten, wenn sie eine Kapitalerhöhung unter Einschaltung einer Emissionsbank durchführt. Bei diesem Weg zeichnet die Emissionsbank alle Aktien, um sie an Dritte weiterzugeben. Für den Fall, dass nicht alle Aktien weitergegeben werden können, enthält der Vertrag mit der Emissionsbank regelmäßig besondere Bestimmungen. Um eine unzulässige mittelbare Stellvertretung zu vermeiden, kommt es darauf an, dass die Bank das mit der Aktienübernahme verbundene wirtschaftliche Risiko nicht auf die Gesellschaft abwälzt. Zu vermeiden sind daher Regelungen, nach denen die Gesellschaft Mindererlöse der Bank bei der Aktienplatzierung erstattet39.
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2. Zulässiger derivativer Erwerb a) Grundsätzliches Verbot Während die Übernahme neuer Aktien ausnahmslos verboten ist, besteht das Verbot, eigene Aktien derivativ zu erwerben, nur grundsätzlich. § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG bringt zum Ausdruck, dass der (vorübergehende oder dauerhafte) derivative Erwerb eigener Aktien unzulässig ist, sofern nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausnahmeregelung erfüllt sind40. Die möglichen Ausnahmen sind abschließend in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 AktG aufgeführt.
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Dieses grundsätzliche Verbot, eigene Aktien zu erwerben, ist historisch begründet41. Durch die sukzessive Zulassung immer weiterer Ausnahmetatbestände hat sich jedoch das rechtspolitische Verständnis immer weiter von seiner ablehnenden Grundhaltung entfernt. Es überwiegt – seit der durch das KonTraG42 geschaffenen Möglichkeit eines zweckfreien Ermächtigungsbeschlusses43 – inzwischen die Sichtweise, dass eine weitgehende Flexibilisierung zur Attraktivität des deutschen Finanzplatzes beiträgt44. Dass in Zukunft eine noch weiter gehende Flexibilisierung möglich sein wird, zeigt die Neufassung von Art. 19 Abs. 1 der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie45; danach werden unter anderem die Höchstdauer einer Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien durch Beschluss der Hauptversammlung von derzeit achtzehn Monaten auf fünf Jahre verlängert und die Höchstgrenze von 10 % des Grund-
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Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 6; Winter in FS Röhricht, 2005, S. 709, 712 ff. Zu den Rechtsfolgen vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 56 Rz. 44 ff. Vgl. Bungeroth in MünchKomm. AktG, § 56 Rz. 52. Zätzsch/Maul in Beck’sches Hdb. AG, § 4 Rz. 144; Hüffer, AktG, § 57 Rz. 20. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 26–39. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), oben Fn. 3. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 12; Singhof/Weber, AG 2005, 549, 550 f.; von Rosen/Helm, AG 1996, 434. 45 Richtlinie 77/91/EWG vom 13.12.1976, ABl. EG Nr. 26 v. 31.1.1977, S. 1, geändert durch die Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006, ABl. EU Nr. L 264 v. 25.9.2006, S. 32; s. hierzu Cahn, Der Konzern 2007, 385; Oechsler, ZHR 170 (2006), 72.
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kapitals relativiert46. Der deutsche Gesetzgeber ist bis zum 15.4.2008 berufen, die Regelung im Aktiengesetz (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) entsprechend zu ändern. b) Ausnahmetatbestände 20
§ 71 Abs. 1 AktG kennt acht verschiedene Ausnahmetatbestände, bei denen ein Erwerb eigener Aktien zulässig ist. Sie unterscheiden sich danach, ob die Hauptversammlung über die Möglichkeit, eigene Aktien zu erwerben, entscheiden muss oder ob der Vorstand insoweit aus eigener Verantwortung handeln darf. Während die Ausnahmetatbestände in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AktG Erwerbsvorgänge in der alleinigen Verantwortung des Vorstands betreffen, erfordern die Ausnahmetatbestände in § 71 Abs. 1 Nr. 6 bis 8 AktG einen Beschluss der Hauptversammlung.
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Nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft zulässig, wenn er notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Dem Vorstand kommt bei der Einschätzung, ob der Gesellschaft ein Schaden droht, ein Beurteilungsspielraum zu47. Der Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist allerdings restriktiv auszulegen, weil er seit dem nachträglich eingeführten § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eine Ausnahmekompetenz des Vorstands gegenüber der eigentlich zuständigen Hauptversammlung begründet48. Er findet deshalb nur bei besonderer Eilbedürftigkeit der Schadensabwehr Anwendung und hat (nicht zuletzt deshalb) kaum praktische Relevanz49. Nicht in Anspruch genommen werden kann die Schadensabwehr bei bloßen Kurspflegemaßnahmen, weil durch einen Kursverlust nur der Aktionär, nicht aber die Gesellschaft betroffen ist50. Ob die Abwehr eines so genannten „Baisseangriffs“ einen zulässigen Ausnahmefall darstellt, ist seit Einführung von § 20a WpHG fraglich geworden51. Die inzwischen wohl h.M. weist diese Aufgabe allein der BaFin zu52. Ein weiterer umstrittener Anwendungsfall ist die Abwehr einer bevorstehenden feindlichen Übernahme durch den Erwerb eigener Aktien53. Nur in Ausnahmefällen ist der „Abkauf“ von Anfechtungsklagen im Rahmen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG durch Erwerb von Aktien der Kläger durch die Gesellschaft zulässig, etwa um die Verzögerung einer wichtigen Strukturmaßnahme zu verhindern; die Anerkennung eines solchen Ausnahmefalls kann beispielsweise bei missbräuchlichen Klagen geboten sein54. Schließlich kann auch die Rückabwicklung einer Aktien46 S. dazu Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 34. 47 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 95. 48 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 92; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 48; vgl. ferner Hüffer, AktG, § 71 Rz. 8. 49 Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 11. 50 Hüffer, AktG, § 71 Rz. 10; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 11; weitergehend insoweit OLG Frankfurt am Main v. 30.1.1992 – 16 U 120/90, WM 1992, 572, 576 = AG 1992, 194; kritisch, aber im Ergebnis offen gelassen bei BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 = AG 1994, 32. 51 Dafür aber Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 115; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 9; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 23. 52 Singhof/Weber, AG 2005, 549, 565; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 11; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 11. 53 Zum Streitstand ausführlich Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 104–112. 54 So auch Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 11; a.A. (für generelle Zulässigkeit) Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 118 ff.; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 10 und Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 56 etwa halten einen solchen Aktienrückerwerb für generell unzulässig.
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emission nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG zulässig sein, wenn die Platzierung nicht erfolgreich verläuft und die Gesellschaft gegenüber der zeichnenden Bank im Übernahmevertrag zur Rücknahme der Aktien verpflichtet ist. Die Gegenmeinung, die hier im Vorfeld der Aktienemission einen Ermächtigungsbeschluss für den Fall eines Scheiterns der Emission fordert55, verlangt vom Vorstand in nicht gerechtfertigter Weise, die neuen Aktien vor ihrer Emission in ein schlechtes Licht zu stellen. Außerdem kann der Erwerb eigener Aktien von Schuldnern der Gesellschaft erlaubt sein, wenn er der Sicherung der Ansprüche der Gesellschaft gegen sie dient56. Die zweite Ausnahme vom Verbot, eigene Aktien zu erwerben, ist der Erwerb zur Bedienung so genannter Belegschaftsaktien (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG)57. Gerechtfertigt ist danach der Erwerb, wenn die Aktien Personen, die im Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen stehen oder standen, zum Erwerb angeboten werden sollen. Die Norm begründet keinen Anspruch auf Schaffung von Belegschaftsaktien, sondern ermöglicht nur, anderweitig beschlossene Mitarbeiterprogramme zu vollziehen58. Wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, dürfen die Mitarbeiterprogramme nur (derzeitige oder frühere) Arbeitnehmer erfassen, nicht jedoch Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder59. Weil bei ihnen eine größere Gefahr des Missbrauchs besteht, ist für Aktienoptionsprogramme zugunsten von Organmitgliedern ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich60. Für die Zulässigkeit des Erwerbs nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG genügt es, dass der Vorstand ein zugrunde liegendes Mitarbeiterprogramm ernsthaft beabsichtigt61. Der Erwerb bleibt rechtmäßig, auch wenn die Absicht nicht realisiert wird oder die Aktien nicht innerhalb der Jahresfrist des § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG ausgegeben werden62.
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§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG erlaubt den Erwerb eigener Aktien, wenn mit ihnen bestimmte vom Gesetz den Aktionären eingeräumte Abfindungsangebote erfüllt werden sollen63. Dieser Ausnahmetatbestand ist notwendige Folge der gesetzlichen Abfindungsansprüche. Zulässig ist die Befriedigung von Abfindungsansprüchen aufgrund eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags, einer Eingliederung, einer Verschmelzung von Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsform, einer Aufoder Abspaltung sowie eines Formwechsels. Nach der Gesetzgebungsgeschichte soll eine analoge Anwendung auf weitere Sachverhalte ausscheiden64. Das ist jedoch beispielsweise für den Fall des Delisting nicht einzusehen65. Für die Zulässigkeit des
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55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
So etwa Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 121. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 54. S. hierzu Richter/Gittermann, AG 2004, 277 ff.; Umnuß/Ehle, BB 2002, 1042 ff. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 124. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 54; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 126; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 12. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 7 AktG i.V.m. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG; vgl. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 220. Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 36. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 46. Vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 15. BT-Drucks. 12/6699, S. 177. S. etwa Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 156; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rz. 67; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537 (dort auch zur Frage, ob nicht eher in solchen Fällen eine Anwendung von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG in Betracht kommt). Zum Delisting vgl. ausführlich § 35. An der fehlenden Analogiefähigkeit von § 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG generell zweifelnd Hüffer, AktG, § 71 Rz. 15.
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§7
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
Aktienerwerbs genügt bereits die Absicht des Vorstands, die Aktien entsprechend zu verwenden. Diese Absicht kann schon dann bestehen, wenn die erforderlichen Hauptversammlungsbeschlüsse (z.B. nach § 293 AktG) zwar noch nicht gefasst sind, wegen der Mehrheitsverhältnisse aber schon feststehen66. 24
Auch der Erwerb eigener Aktien in Einkaufskommission durch ein Kreditinstitut (§ 71 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. AktG) ist eine notwendige Ausnahme, weil bei ihr gem. § 383 HGB ein Durchgangserwerb des Kreditinstituts stattfindet67. Für den unentgeltlichen Erwerb eigener Aktien (§ 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. AktG) wäre hingegen eine Ausnahmeregelung entbehrlich, weil hier schon das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG tatbestandlich nicht eingreift.
25
Ausnahmsweise ist der Erwerb eigener Aktien auch zulässig, soweit er durch Gesamtrechtsnachfolge erfolgt (§ 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG). Dabei kann es sich um erbrechtliche Erwerbsvorgänge nach § 1922 BGB, um eine Rechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz (§§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 73, 202 Abs. 1 UmwG) oder um einen Vermögensübergang nach § 140 Abs. 1 Satz 2 HGB (Anwachsung) handeln68.
26
Die Nr. 6 bis 8 des § 71 Abs. 1 AktG setzen einen Beschluss der Hauptversammlung voraus. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG darf die Gesellschaft eigene Aktien aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses zur Einziehung nach den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung erwerben. Allerdings verlangt eine Kapitalherabsetzung, die zur Einziehung von Aktien führt, keinen separaten Ermächtigungsbeschluss nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG zum Erwerb der eigenen Aktien. Der Vorstand ist zur Einziehung bereits aus dem Kapitalherabsetzungsbeschluss nach § 237 AktG befugt. § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG erfasst im Übrigen nur die Einziehung nach Erwerb durch die Gesellschaft (§ 237 Abs. 1 2. Alt. AktG), nicht aber die Zwangseinziehung (§ 237 Abs. 1 1. Alt. AktG)69.
27
Nach § 71 Abs. 1 Nr. 7 AktG ist der Erwerb eigener Aktien zulässig, wenn es sich um ein Kreditinstitut (§ 1 Abs. 1 KWG), ein Finanzdienstleistungsunternehmen (§ 1 Abs. 1a KWG) oder ein Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG) handelt und die Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels erworben werden70. Durch diese Ausnahmevorschrift wird auf Bedürfnisse des Over-the-counter-Market eingegangen, bei dem so genannte Market Maker außerhalb der Börse den Handel von Aktien ermöglichen. Auch für die Bedienung von (Call- oder Put-)Optionen spielt diese Ausnahme eine Rolle. Die Ermächtigung zum Handel mit Wertpapieren darf höchstens für 18 Monate gelten. Der Umfang der zulässigerweise zu erwerbenden Aktien ist auf fünf Prozent des Grundkapitals beschränkt, wobei die Höchstgrenze am Ende jedes Tages eingehalten sein muss71. Der Hauptversammlungsbeschluss muss den Erwerbszweck (Handel in eigenen Aktien)72 und den niedrigsten und höchsten Gegenwert festlegen.
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Die größte praktische Bedeutung kommt der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien durch einen Hauptversammlungsbeschluss ohne gesetzliche Zweckvorgabe 66 67 68 69 70 71
Vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 14; allgemein Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 14. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 60. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 80. Vgl. nur Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19. Ausführlich bei Butzke, WM 1995, 1389, 1390 ff. Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 15; Butzke, WM 1995, 1389, 1390; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19b. 72 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 87.
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§7
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG zu73. Von dieser Ermächtigung haben nahezu alle großen börsennotierten Aktiengesellschaften Gebrauch gemacht. Ihre Ermächtigungsbeschlüsse unterscheiden sich darin, dass sie entweder bestimmte Rückerwerbstatbestände benennen und den Vorstand ermächtigen, ohne weitere Befassung der Hauptversammlung eigene Aktien der Gesellschaft zu erwerben, oder dass sie auf die Aufzählung verzichten und den Vorstand generell zum Erwerb eigener Aktien ermächtigen74. Ausdrücklich ausgeschlossen ist auf diesem Weg nur der Handel in eigenen Aktien75. Zu allen anderen Zwecken darf ermächtigt werden76. Zulässig ist auch, dass die Hauptversammlung keinen bestimmten Zweck vorgibt77. In diesem Fall muss der Vorstand im Rahmen seiner allgemeinen Geschäftsleitungskompetenz (§ 76 Abs. 1 AktG) einen Zweck bestimmen. Für den Beschluss der Hauptversammlung stellt § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 AktG formale Mindestanforderungen. Die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien darf höchstens für 18 Monate gelten; der Beschluss muss hierbei die Frist konkret bezeichnen. Eine Bezeichnung wie beispielsweise „vom Tag der Beschlussfassung an für 18 Monate“ genügt78. Die Höchstfrist von derzeit 18 Monaten ist vom Gesetzgeber nach der Reform der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie auf fünf Jahre zu erweitern (s. oben Rz. 19). Die Veräußerung kann auch nach Ablauf der Geltungsdauer erfolgen. Die Erwerbsschranke von 10 % des Grundkapitals bezieht sich auf das Erwerbsvolumen, d.h., die Gesellschaft darf insgesamt nur so viele Aktien erwerben, dass 10 % des Grundkapitals nicht überstiegen werden. Im Ermächtigungsbeschluss ist außerdem der Erwerbspreis zu bestimmen. Der Erwerbspreis muss aber nicht absolut festgesetzt werden, sondern kann in einer Erwerbsspanne mit höchstem und niedrigstem Gegenwert angegeben werden. Diese Erwerbsspanne kann sich dabei am (zukünftigen) Börsenkurs der Gesellschaft orientieren79. Je nach Art des beabsichtigten Erwerbsgeschäfts können auch unterschiedliche Preisspannen vorgegeben werden. So kann zum Erwerb über die Börse ein Preisrahmen von 10 % über oder unter dem Börsenkurs zulässig sein80; bei öffentlichen Rückkaufangeboten wird hingegen auch ein Rahmen zwischen 20 % und 30 % vertreten81. 73 Vgl. etwa Markwardt, BB 2002, 1108; Kessler, BB 2000, 2529; Saria, NZG 2000, 458. 74 Zum Ganzen beispielsweise die Beschlüsse der Hauptversammlungen der RWE AG vom 18.4.2007, der MAN AG vom 10.5.2007 und der Linde AG vom 5.6.2007. 75 § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG; dazu Bosse, WM 2000, 806 ff.; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19i; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 111 ff.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 189 ff.: Entstehungsgeschichte und genauer Inhalt dieser Ausnahmevorschrift liegen im Unklaren. Verhindert werden soll, dass die Gesellschaft durch Spekulationsgeschäfte mit eigenen Aktien Gewinne zu erzielen beabsichtigt. Der Gefahr einer Marktmanipulation durch Eigenhandel wird hingegen mit § 20a WpHG begegnet; s. hierzu § 32. 76 Vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19g; einen guten Überblick über mögliche Zweckbestimmungen bietet Hirsch, Der Erwerb eigener Aktien nach dem KonTraG, S. 34 ff. 77 So schon die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 13/9712, S. 13; aber auch LG Berlin v. 15.11.1999 – 99 O 83/99, AG 2000, 328, 329; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rz. 17; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 25. 78 So Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19e. 79 OLG Hamburg v. 30.12.2004 – 11 U 98/04, ZIP 2005, 1074, 1078 = AG 2005, 355; LG Berlin v. 15.11.1999 – 99 O 83/99, NZG 2000, 944, 945 = AG 2000, 328; ebenso Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19e. 80 LG Berlin v. 15.11.1999 – 99 O 83/99, NZG 2000, 944, 945 = AG 2000, 328; nach Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 17 jedenfalls bei einer Breite von 5 %. 81 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 177; vgl. ferner Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 9.
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§7 30
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
Im Ermächtigungsbeschluss ist regelmäßig neben der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien auch die Ermächtigung zur anschließenden Veräußerung der Anteile enthalten (s. dazu unten Rz. 80 ff.). Sowohl für den Erwerb als auch für die Veräußerung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53a AktG zu beachten; er gilt bei einer Abwicklung über die Börse als gewahrt82. Wenn die eigenen Aktien jedoch nicht über die Börse veräußert werden, ist § 186 Abs. 3 und 4 AktG zu berücksichtigen, weil die Situation wirtschaftlich mit einem Bezugsrechtsausschluss vergleichbar ist. Das Recht zur Veräußerung außerhalb der Börse muss bereits im Ermächtigungsbeschluss zum Erwerb eigener Aktien enthalten sein; es erfordert jedoch einen sachlichen Grund und eine Beschlussmehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. c) Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen
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Für einzelne der Ausnahmetatbestände des § 71 Abs. 1 AktG begründet § 71 Abs. 2 AktG weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen. Bei den Ausnahmen gem. § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG (Schadensabwehr), Nr. 2 (Belegschaftsaktien), Nr. 3 (gesetzliche Abfindungsangebote), Nr. 7 AktG (Wertpapierhandel) und Nr. 8 AktG (Ermächtigungsbeschluss) dürfen die von der Gesellschaft insgesamt gehaltenen eigenen Aktien den Schwellenwert von 10 % des Grundkapitals nicht überschreiten (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AktG). Nicht der Erwerb eigener Aktien wird durch diese Vorschrift untersagt, sondern nur ihr Besitz beschränkt83. Zudem muss bei den von der Gesellschaft erworbenen Aktien der Ausgabebetrag in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 7 und 8 AktG voll geleistet sein (§ 71 Abs. 2 Satz 3 AktG).
32
Auch wenn die aufgrund § 71 Abs. 1 Nr. 4 (unentgeltlicher Erwerb/Einkaufskommission), Nr. 5 (durch Gesamtrechtsnachfolge) oder Nr. 6 (Hauptversammlungsbeschluss zur Einziehung) AktG erworbenen eigenen Aktien der 10 %-Schwelle nicht unmittelbar unterfallen, sind solche eigenen Aktien bei einem Erwerb nach § 71 Abs. 1 Nr. 1–3, 7 und 8 AktG im Rahmen der für die Ausnahmen geltenden Höchstgrenze zu berücksichtigen. In die 10 %-Grenze sind auch nach §§ 71d Satz 3, 71e Abs. 1 Satz 1 AktG zuzurechnende Aktien einzubeziehen84.
33
Werden Aktien unter Verstoß gegen eine geltende Höchstgrenze erworben, müssen die überzähligen Aktien gem. § 71c Abs. 2 AktG innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb wieder veräußert werden. Aktien, die nach § 71 Abs. 1 Nr. 4–6 AktG zulässigerweise erworben wurden, müssen ebenfalls innerhalb von drei Jahren wieder veräußert werden, wenn durch sie die 10 %-Schwelle überschritten wird85.
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Für den Erwerb eigener Aktien ist nach § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG die so genannte Kapitalgrenze zu beachten. Voraussetzung des Erwerbs ist, dass die Gesellschaft hierfür nach § 272 Abs. 2 HGB Rücklagen bilden kann86. Ein Zwischenabschluss ist nicht 82 § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 und 4 AktG. 83 Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 53; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 218; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 264; Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 6. 84 Hüffer, AktG, § 71 Rz. 20. 85 § 71c Abs. 2 AktG, für dessen Anwendung trotz seines vermeintlich weiteren Wortlauts nur die Fälle des § 71 Abs. 1 Nr. 4–6 AktG in Betracht kommen; s. nur Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 16; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 4. 86 Hierzu Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, § 272 Rz. 10. Die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG wird teilweise als nicht unproblematisch angesehen, s. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 21.
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§7
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
gesondert aufzustellen; es genügt die Rücklagenbildung im Jahresabschluss, wobei auf den Stichtag des Erwerbs der eigenen Aktien abzustellen ist87. Für die Rücklage dürfen nur freie Mittel verwendet werden, nicht hingegen das Grundkapital oder gesetzlich (insbesondere nach § 150 AktG) bzw. statuarisch vorgeschriebene Rücklagen.
3. Erwerbsmodalitäten a) Erwerbsbegriff Ein Erwerb im Sinne der §§ 57 Abs. 1, 71 ff. AktG ist jedes dingliche Rechtsgeschäft, das eine Gesellschaft auf Dauer oder vorübergehend jedenfalls zum Mitinhaber einer Aktie macht, also die Übereignung gem. den §§ 929 ff. BGB (bei verkörperten Aktien) oder die Übertragung nach den §§ 398 ff., 413 BGB (bei Globalurkunden)88. Aus § 71 Abs. 4 Satz 2 AktG könnte sich schließen lassen, dass das dem Erwerb zugrundeliegende Rechtsverhältnis (z.B. ein Kaufvertrag) nicht unmittelbar dem Erwerbsbegriff unterfällt. Nach dieser Vorschrift ist das Kausalgeschäft nichtig, wenn der dingliche Erwerb nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Ausnahmetatbestände erfüllt. Die besseren Argumente sprechen aber für die Annahme eines weiten Erwerbsbegriffs, nach dem auch jedes schuldrechtliche Rechtsgeschäft, das zum Erwerb führt, als Erwerb im Sinne der §§ 57 Abs. 1, 71 ff. AktG anzusehen ist89.
35
Kein Fall eines Erwerbs eigener Aktien liegt vor, wenn das dingliche Rechtsgeschäft nicht Aktien, sondern andere Rechte betrifft, sofern diese anderen Rechte nicht zum Erwerb von Aktien verpflichten. Deshalb unterliegen der Erwerb von eigenen Schuldverschreibungen, auch wenn sie Wandel- oder Gewinnobligationen sind, von Genussscheinen, Dividendenscheinen oder Bezugsrechten nicht den Anforderungen der §§ 71 ff. AktG.90 Der Vorstand darf derartige Rechte dann allerdings nur ausüben, wenn die Voraussetzungen für einen zulässigen Erwerb eigener Aktien vorliegen. Kein Erwerb liegt vor, wenn die Gesellschaft nur die Verfügungsbefugnis über eigene Aktien erlangt, jedoch nicht die Inhaberschaft (z.B. Verwaltungstreuhand, Legitimationsübertragung)91. Zulässig ist auch der Erwerb von Beteiligungen an anderen Gesellschaften, die ihrerseits Aktien der erwerbenden Gesellschaft halten; handelt es sich bei dem zu erwerbenden Unternehmen aber um ein von der erwerbenden
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90 91
Der Referentenentwurf des BilMoG (s. oben Fn. 22) lässt die Pflicht der Gesellschaft zur Bildung der Rücklage entfallen. Dies folgt aus der Neufassung des § 272 Abs. 1a und 4 HGB (s. unten Fn. 179). Der Erwerb eigener Aktien soll aber auch zukünftig nur wirksam sein, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine (fiktive) Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne dadurch das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf, zu vermindern (§§ 71 Abs. 2 Satz 2, 71a Abs. 1 Satz 2 AktG in der Entwurfsfassung). Zum BilMoG s. Meyer, DStR 2007, 2227; Ernst/Seidler, BB 2007, 2557. Vgl. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 274. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 4; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 18. S. zum Streitstand Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 35; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 4; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 18; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 274; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 9; abweichend Mick, DB 1999, 1201, 1202 f.; Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1762 f.; Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493, 494. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 13; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 5; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 9. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 20; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 6.
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§7
Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
Gesellschaft abhängiges Unternehmen oder steht es in ihrem Mehrheitsbesitz, ist § 71d Satz 2 AktG zu beachten92. 37
Auch Vorverträge über den Erwerb eigener Aktien werden vom Erwerbsverbot erfasst93. Bei Optionen muss differenziert werden94: Eine Call Option, die eine Gesellschaft lediglich zum Erwerb eigener Aktien berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, unterfällt nicht dem Erwerbsverbot95. Eine Put Option allerdings verpflichtet die Gesellschaft zum Erwerb.
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Der BGH hat den Erwerbsbegriff auch für den Fall eines Schadensausgleichs in Form der Naturalrestitution relativiert96. Der Entscheidung lag eine Haftung der Gesellschaft für fehlerhafte Ad-hoc-Meldungen ihres Vorstands zugrunde. Die Übernahme eigener Aktien sei in dieser Situation nur eine zufällige Folge der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der Gesellschaft hinzunehmen. Letztlich wertet der BGH die Interessen des geschädigten Aktionärs höher als das Risiko einer Kapitalunterdeckung97. Der Ansatz des BGH ist nicht unbedenklich, weil der Kapitalschutz völlig leerlaufen könnte, wenn die Naturalrestitution sehr große Aktienpakete erfasst98.
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Praktisch relevante Fälle des Erwerbs eigener Aktien sind der Erwerb über die Börse, über ein öffentliches Erwerbsangebot, durch Individualvertrag oder über Optionsrechte99. Von besonderer Bedeutung ist bei diesen Verfahren stets die Pflicht der Gesellschaft zur Gleichbehandlung aller Aktionäre (§ 53a AktG)100. Zur Wahrung der Gleichbehandlung ist den Aktionären nach h.M. grundsätzlich ein Andienungsrecht als umgekehrtes Bezugsrecht zu gewähren101. b) Erwerb über die Börse
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Der am häufigsten gewählte Weg zum Erwerb eigener Aktien stellt die Order an der Börse dar. Diese Erwerbsform wird auch gegenüber anderen Erwerbsformen privilegiert, weil bei ihr nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG die Gleichbehandlung aller Aktionäre im Sinne von § 53a AktG als gewährleistet gilt. Der Erwerb über die Börse 92 Vgl. dazu nur Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 44; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 5. 93 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 71. 94 Vgl. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 75 f.; Paefgen, ZIP 2002, 1509; Schmid/ Mühlhäuser, AG 2001, 493, 494 f. 95 Hüffer, AktG, § 71 Rz. 4; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 9; Ihrig in FS Ulmer, 2003, S. 829, 843; J. Vetter, AG 2003, 478, 479. 96 BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270, 1273 = AG 2005, 609; s. auch Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 9. 97 Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1651 ff. 98 Vgl. Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 Rz. 24 zur Prospekthaftung. 99 Zu Besonderheiten in der kleinen AG Kiem, ZIP 2000, 209, 212 ff. 100 Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 15; Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19j; Paefgen, ZIP 2002, 1509. 101 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 200; Habersack, ZIP 2004, 1121, 1125; Paefgen, AG 1999, 67, 68 f.; a.A. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 120 f., der ein subjektives Recht der Aktionäre verneint und deren Möglichkeit, an einem Aktienrückkauf teilzunehmen, zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als ausreichend ansieht. Zweifelnd auch Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 10. Die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 13/9712, S. 13 f., deutet eher in Richtung eines subjektiven Andienungsrechts.
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Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
bietet zudem den Vorteil, dass er regelmäßig zu geringen Kosten vorgenommen werden kann und ohne Prämie erfolgt. Außerdem verringert diese Erwerbsform in besonderer Weise den Streubesitz, was eigenständiges Ziel eines Rückerwerbs sein kann. c) Öffentliches Erwerbsangebot Weitaus größeren Einfluss auf den Kapitalmarkt kann ein öffentliches Erwerbsangebot haben, weil hierdurch Aufmerksamkeit am Markt provoziert wird. Als Nachteil erweist sich jedoch, dass bei einem öffentlichen Erwerbsangebot meistens ein über dem Börsenkurs liegender Kaufpreis von der Gesellschaft bezahlt werden muss.
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Unterschiede in der Preisbildung bestehen zudem bei den beiden zur Verfügung stehenden Angebotsverfahren102. Der regelmäßig höchste Preis muss bei einem Festangebot (Fixed Price Tender Offer) bezahlt werden. Bei diesem Verfahren bietet die Gesellschaft den Aktionären den Kauf einer bestimmten Zahl von Aktien zu einem festgelegten Preis innerhalb der Angebotsfrist an. Sollten mehr Aktionäre das Angebot annehmen wollen (Überzeichnung), verlangt das Gleichbehandlungsgebot eine verhältnismäßige Verteilung auf alle Aktionäre. Ein niedrigerer Preis für die Aktien kann in einer holländischen Auktion (Dutch Auction Tender Offer) erzielt werden. Hierbei bestimmt die Gesellschaft die Zahl der zu erwerbenden Aktien und den Höchstpreis, den sie zu zahlen bereit ist. Die Aktionäre unterbieten sich daraufhin mit niedrigeren Verkaufsangeboten. Die endgültige Preisbestimmung findet entweder zu den individuellen Preisen statt, zu denen eine genügende Anzahl an Angeboten vorliegt, oder es wird der niedrigste Preis, zu dem eine angebotsfüllende Zahl von Verkaufangeboten vorliegt, für alle veräußernden Aktionäre festgesetzt (Einheitspreisverfahren).
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Beim öffentlichen Erwerbsangebot wird vor allem die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes diskutiert103. Bedenken werden darin gesehen, dass ein öffentliches Erwerbsangebot starken Druck auf die Aktionäre ausübe, binnen kurzer Zeit eine Entscheidung über den Verkauf zu treffen, ohne das Angebot ausreichend prüfen zu können104. Allerdings bietet ein öffentliches Erwerbsangebot gegenüber einem Individualvertrag ein höheres Maß an Gleichbehandlung105. Die Frage, ob und inwieweit das WpÜG auf ein öffentliches Erwerbsangebot anzuwenden ist106, stellt sich für die Praxis jedoch nicht mehr; die BaFin wendet das WpÜG nicht (mehr107) auf öffentliche Angebote zum Rückerwerb eigener Aktien an108. Diese Auffassung hat trotz ihrer fehlenden Verbindlichkeit in der Praxis entscheidende Bedeutung.
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102 Zu den verschiedenen Verfahren und zum Folgenden ausführlich vgl. Leuering, AG 2007, 435, 436 ff. 103 Vgl. Bosse, NZG 2000, 16; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1510 ff.; Kraft/Altvater, NZG 1998, 448, 449; anders etwa Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 75. 104 So etwa Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 202. 105 Zu den Gründen für ein Erwerbsangebot auch Diekmann/Merkner, ZIP 2004, 836, 841; Leuering, AG 2007, 435, 437. 106 Vgl. Pluskat, NZG 2006, 731 ff. mit zahlreichen Nachweisen; ferner Koch, NZG 2003, 61 ff.; Süßmann, AG 2002, 424 ff. 107 Zu früheren Streit vgl. Versteegen in KölnKomm. WpÜG, § 1 Rz. 22; Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f.; Oechsler, NZG 2001, 817, 818 f. 108 Vgl. Schreiben der BaFin vom 9.8.2006, veröffentlicht unter http://www.bafin.de/bekanntmachungen/060809.htm. Vgl. auch Leuering, AG 2007, 435, 440; Pluskat, NZG 2006, 731, 732.
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Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
d) Individualverträge 44
Eigene Aktien können auch über einen Individualvertrag erworben werden (negotiated repurchase). Dies kann für die Gesellschaft insbesondere dann interessant sein, wenn sie ein größeres Aktienpaket von einem Großaktionär (oder einer Gruppe von Aktionären) erwerben kann. Ein Individualvertrag mit einzelnen Aktionären steht jedoch grundsätzlich im Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz109. Zudem besteht – wenn gegenüber dem Börsenkurs eine Prämie vereinbart wird – ein gesteigertes Risiko einer verbotenen Einlagenrückgewähr110. Die Zulässigkeit eines ausgehandelten Rückkaufs kann wegen dieser Risiken nur auf Ausnahmefälle111 und zudem auf Gesellschaften mit nur wenigen Aktionären (z.B. Familiengesellschaften) beschränkt sein112. Erforderlich ist eine sachliche Rechtfertigung. Zulässig kann ein Rückkauf etwa bei Übernahme eines unverkäuflichen Aktienpakets, der Auflösung bei Patt-Situationen im Gesellschafterkreis oder zur Ermöglichung eines Generationswechsels sein113. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet auch dann aus, wenn alle Aktionäre dem Erwerb zustimmen114. e) Transferable Put Rights
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Eine wichtige Möglichkeit, Aktien zurück zu erwerben, besteht in der Ausgabe spezieller Put Optionen an Aktionäre115. Der einzelne Aktionär wird berechtigt, innerhalb des Geltungszeitraums seine Aktien zu einem bestimmten Kaufpreis (Basispreis) an die Gesellschaft zu verkaufen. Um die Gleichbehandlung der Aktionäre zu gewährleisten, muss die Gesellschaft an alle Aktionäre übertragbare Andienungsrechte (transferable put rights) ausgeben, die die Aktionäre entweder selbst ausüben oder an Dritte veräußern können116. Wegen des strengen Gleichbehandlungsgrundatzes (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG) ist der Auffassung zuzustimmen, nach der grundsätzlich die Aktien, die den Derivaten zugrunde liegen, über die Börse erworben werden müssen117. Will man diese Regelung vermeiden, müsste in dem Hauptversammlungsbeschluss das Andienungsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden. Die Differenz zwischen Basispreis und Börsenkurs wird zu einem Spekulationsgegenstand. Dies kann für die Gesellschaft verschiedene Vorteile haben. Abgesehen von der Optionsprämie, die sie bei Ausgabe der Put Optionen verdient, wird sie vor allem Einfluss auf die Aktionärsstruktur nehmen können. Sie könnte etwa diejenigen Ak109 Bosse, NZG 2000, 16, 17; insgesamt kritisch wegen § 53a AktG von Rosen/Helm, AG 1996, 434, 439. 110 Vgl. nur Bosse, NZG 2000, 16, 18. 111 Vgl. T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rz. 31; Jäger, Aktiengesellschaft, 2004, § 29 Rz. 112. 112 Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 43; Paefgen, ZIP 2002, 1509, 1511; a.A. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 19k, der einen „negotiated repurchase“ allgemein für einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot hält. Für die Zulässigkeit solcher Paketgeschäfte aber die Regierungsbegründung zum KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 14. 113 Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 43; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 206. 114 S. auch T. Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die AG, 2002, Rz. 144, der auch eine Mehrheitsentscheidung der von der Veräußerung ausgenommenen Aktionäre genügen lassen will. 115 S. Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493, 495 f.; aber auch Mick, DB 1999, 1201 ff. 116 Paefgen, AG 1999, 67, 73 f. 117 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 208.
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tionäre zu einem Verkauf motivieren, die den Wert der Gesellschaft für gering erachten und mit der im Basispreis enthaltenen Prämie ausscheiden. Hingegen werden die Aktionäre, die den Wert der Aktie noch höher einschätzen als den Basispreis, ihre Optionsrechte weiterveräußern118.
4. Besondere Konstellationen Die §§ 71a, 71d und 71e AktG behandeln besondere Fallkonstellationen des Aktienerwerbs durch der Gesellschaft nahestehende Personen. Der Grundgedanke ihrer Regelung ist (bis auf § 71a Abs. 1 AktG) einheitlich: wenn einer Gesellschaft der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG erlaubt ist, dürfen auch mittelbare Stellvertreter oder abhängige bzw. im Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen Aktien der Gesellschaft erwerben.
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a) Umgehungsgeschäfte Nach § 71a Abs. 1 AktG ist es einer Gesellschaft verboten, Dritte zum Zweck des Erwerbs von Aktien an der Gesellschaft zu finanzieren. Umstritten ist, welchen Schutzzweck die Norm verfolgt. Diskutiert wird § 71a Abs. 1 AktG unter anderem als Verbot des leveraged-buy-out bei Unternehmenserwerben bzw. -übernahmen, aber auch als ergänzende Kapitalschutzregelung119. Durch die Neufassung von Art. 23 Abs. 1 der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie120 wird die Unterstützung Dritter im Hinblick auf einen Erwerb eigener Aktien von verfahrensrechtlichen Vorgaben abhängig gemacht, grundsätzlich aber für zulässig erachtet. Angesichts dieser Reform wird jedenfalls die Annahme fragwürdiger, § 71a Abs. 1 AktG bezwecke ein Verbot des leveraged-buy-out121.
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§ 71a Abs. 1 AktG enthält einen offenen Verbotstatbestand, formuliert also Regelbeispiele122. Als Regelfälle werden der Gesellschaft die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit untersagt. Der Begriff „Leistung einer Sicherheit“ erweitert den Anwendungsbereich des Verbots auf Fälle, bei denen die Gesellschaft wirtschaftliche Risiken eines Aktienerwerbers durch Aufwendung eigener Mittel übernimmt123. Diese Rechtsgeschäfte sind nichtig, wenn sie zum Zweck des Erwerbs von Aktien der Gesellschaft geschlossen werden. Dabei kommt es auf einen von den Parteien gewollten Funktionsbezug mit der Finanzierung an124; stellen sich lediglich im Ergebnis Finanzierungserleichterungen ein, ist
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118 Vgl. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 16, 208. 119 Vgl. zur Diskussion eingehend (mit unterschiedlichen Begründungen und Gewichtungen) nur Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 1 ff.; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rz. 7 ff.; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 30; Nuyken, ZIP 2004, 1893, 1895; Habersack in FS Röhricht, 2005, S. 155 ff.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282 ff.; Drygala, Der Konzern 2007, 396 ff. 120 Richtlinie 77/91/EWG vom 13.12.1976, ABl. EG Nr. 26 v. 31.1.1977, S. 1, geändert durch die Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006, ABl. EU Nr. L 264 v. 25.9.2006, S. 32. 121 Zuzustimmen ist hier Drygala, Der Konzern 2007, 396, 400. 122 Vgl. nur Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 14; Hüffer, AktG, § 71a Rz. 2; Schröder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, 1995, S. 174, 178 f.; aber auch Habersack in FS Röhricht, 2005, S. 155, 169 ff. 123 S. nur Hüffer, AktG, § 71a Rz. 2. 124 Vgl. nur Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 26; Hüffer, AktG, § 71a Rz. 3.
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dies unschädlich125. Die Nichtigkeit erfasst allerdings nicht das Erfüllungsgeschäft, so dass es zur Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB käme, wenn die Finanzmittel bereits ausgezahlt wurden126. Ein für die Praxis relevantes und häufig diskutiertes Beispiel in diesem Zusammenhang sind Vereinbarungen, nach denen die Gesellschaft im Fall einer gescheiterten (freundlichen) Übernahme die Kosten einer due diligence oder die Beratungskosten des Erwerbers trägt; sie sind, entgegen der wohl h.M.127, jedenfalls dann als mit § 71a Abs. 1 AktG vereinbar anzusehen, wenn sie nicht der Finanzierung des Erwerbspreises dienen128. 49
Zwei wichtige Fallgruppen sind vom Verbot ausgenommen (§ 71a Abs. 1 Satz 2 AktG)129: Sofern ausreichend freie Rücklagen130 vorhanden sind, müssen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute im Rahmen der laufenden Geschäfte § 71a Abs. 1 AktG nicht beachten. Privilegiert sind auch Belegschaftsaktien, zu deren Erwerb die Gesellschaft ihre Arbeitnehmer unterstützen darf. b) Erwerb durch Dritte
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Sowohl § 71a Abs. 2 AktG als auch § 71d AktG greifen Fallkonstellationen der mittelbaren Stellvertretung auf. Die Regelungen sind jedoch missglückt; ihr Verhältnis zueinander ist teilweise widersprüchlich131. Die h.M. löst diesen Widerspruch dahin auf, dass nach § 71a Abs. 2 AktG Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverträge (die Hauptfälle mittelbarer Stellvertretung) nichtig sind, wenn die Gesellschaft beim Erwerb dieser Aktien gegen § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG verstoßen würde132. Hingegen kommt § 71d Satz 1 AktG zur Anwendung, wenn die Gesellschaft die Aktien, die vom mittelbaren Stellvertreter erworben wurden, selbst hätte erwerben dürfen133. Das Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis ist dann mit der Folge wirksam, dass die Aktien, deren Inhaber der mittelbare Stellvertreter ist, der Gesellschaft zugerechnet werden.
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Bei Konzernverhältnissen ist die Rechtslage eindeutiger. Tochtergesellschaften (genauer: abhängige oder im Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaften) dürfen Aktien ihrer Mutter dann erwerben, wenn ein solcher Erwerb auch für die Muttergesellschaft zulässig wäre. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen auf der Ebene der Mutter erfüllt werden, d.h. eine Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG wäre von der Muttergesellschaft, nicht aber von der Tochtergesellschaft zu beschließen134. Ist der Muttergesellschaft hingegen ein Erwerb eigener Aktien verboten, bleibt das Erwerbsgeschäft der Tochter zwar wirksam, nicht aber das Kausalgeschäft135. Der Verkäufer hat einen Rückforderungsanspruch nach §§ 812 ff. AktG, während die 125 Zuzustimmen ist hier Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rz. 34. 126 Lutter in KölnKomm. AktG, § 71a Rz. 8; Hüffer, AktG, § 71a Rz. 4. 127 Zu derartigen break-fee-Vereinbarungen vgl. nur Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 22 m.w.N. 128 Ähnlich (u.U. weitergehend) Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rz. 42. 129 S. hierzu Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rz. 55 ff. 130 Vgl. § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG. Diese Vorschrift könnte durch das BilMoG, das im Referentenentwurf vorliegt, möglicherweise geändert werden (näher oben Fn. 86). 131 Hüffer, AktG, § 71d Rz. 8 f.; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71d Rz. 59 ff. 132 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 3 ff.; Hüffer, AktG, § 71d Rz. 9. 133 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rz. 62; Hüffer, AktG, § 71d Rz. 9. 134 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 34. 135 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 52; Hüffer, AktG, § 71d Rz. 16.
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Tochtergesellschaft nach §§ 71d Satz 4, 71c Abs. 1 AktG zur Veräußerung verpflichtet ist. Sofern der Aktienerwerb rechtmäßig war, lösen Aktien von Tochtergesellschaften und Aktien von mittelbaren Stellvertretern dieselben Rechtsfolgen aus: sie werden wie Aktien der Gesellschaft behandelt. So zählen sie für die Höchstgrenze von 10 %, die eine Gesellschaft an eigenen Aktien halten darf, mit. Wird diese Schwelle überschritten, muss die Muttergesellschaft, nicht die Tochter136, nach § 71c Abs. 2 und 3 AktG die Aktien von Tochtergesellschaften oder des mittelbaren Stellvertreters veräußern oder einziehen; die Muttergesellschaft muss ggf. auf die Tochter oder den mittelbaren Stellvertreter entsprechend einwirken.
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c) Inpfandnahme eigener Aktien Nach § 71e Abs. 1 AktG wird die Inpfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft dem Eigenerwerb (§ 71 AktG) und dem Erwerb durch Dritte (§ 71d AktG) gleichgestellt. Die Gesellschaft darf deshalb eigene Aktien (unmittelbar oder mittelbar erworben) in Pfand nehmen, wenn sie dieselbe Anzahl an Aktien auch durch andere Rechtsgeschäfte erlangen dürfte. Hintergrund der Regelung ist zum einen die Vermeidung von Umgehungsgeschäften, weil die Inpfandnahme mangels Erlangung der rechtlichen Inhaberschaft nicht unter den Erwerbsbegriff fällt. Zum anderen liegt dem Gesetz die Vorstellung zugrunde, dass eigene Aktien als Sicherheit nur eingeschränkt tauglich sind137. Aus diesem Grund werden von § 71e AktG nur rechtsgeschäftliche Pfandrechte erfasst138; gesetzliche Pfandrechte hingegen können die Position der Gesellschaft nur verstärken.
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5. Ablauf eines Erwerbs eigener Aktien Der Erwerb eigener Aktien erfolgt in mehreren Schritten. Die wesentlichen Schritte sollen im Folgenden dargestellt werden.
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a) Vorbereitende Planung Zunächst wird der Vorstand eine interne Planung über den Erwerb eigener Aktien für die Gesellschaft aufstellen. Der Vorstand muss sich dabei über die ökonomischen Ziele, die mit dem Erwerb eigener Aktien erreicht werden sollen, klar werden. Von ihnen hängen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Ausnahmetatbestände ab. Anschließend hat der Vorstand die bestehende Beschlusslage innerhalb der Gesellschaft zu prüfen um herauszufinden, welche gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen vor einem Erwerb eigener Aktien noch herbeizuführen sind.
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Nachdem Klarheit über den Status quo und die beabsichtigten ökonomischen Ziele geschaffen wurde, wird der Vorstand bestimmen, ob er einen Hauptversammlungsbeschluss herbeiführen muss oder aufgrund eigener Zuständigkeit weiter vorgehen kann (bei letzterem entfällt b und c).
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136 Begr. RegE, BT-Drucks. 8/1678, S. 17; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71d Rz. 38; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 57. 137 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71e Rz. 2; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71e Rz. 2. 138 Hüffer, AktG, § 71e Rz. 2; vgl. ferner Lutter in KölnKomm. AktG, § 71e Rz. 3 f., der im Anschluss an Beeser, AcP 159 (1960), 56 auch § 401 BGB unter § 71e AktG fallen lässt.
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b) Hauptversammlungsbeschluss 57
Wenn der Erwerb eigener Aktien nach den Nr. 6–8 des § 71 Abs. 1 AktG erfolgen soll, muss die Hauptversammlung hierüber entscheiden. Die Gesellschaft hat dementsprechend eine Hauptversammlung durchzuführen und die Ermächtigung (bzw. im Fall des § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG die Kapitalherabsetzung) auf die Tagesordnung zu setzen. In der Hauptversammlung ist zu beachten, dass bei einer beabsichtigten Veräußerung der eigenen Aktien außerhalb der Börse § 186 Abs. 3 und 4 AktG gilt. Der Vorstand hat in diesem Fall der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über die beabsichtigte Veräußerung vorzulegen und die Maßnahme zu begründen139. Außerdem darf ein solcher Beschluss nur mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst werden140. c) Mitteilung an die BaFin
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Wenn die Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG ermächtigt hat, muss der Vorstand nach § 71 Abs. 3 Satz 3 AktG im Namen der Gesellschaft die BaFin unverzüglich über die Ermächtigung unterrichten141. d) Ausübungsbeschluss
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Der Hauptversammlungsbeschluss ermächtigt nur generell zu einem Erwerb eigener Aktien. Hiervon zu unterscheiden ist die Ausübung der Ermächtigung, die in die Zuständigkeit des Vorstands fällt. Regelmäßig besteht aber ein Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG)142. e) Mitteilungspflichten
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Wenn der Vorstand143 die Entscheidung trifft, den Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung auszuüben und konkret eigene Aktien zu erwerben, muss er hierüber eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen144. Weitere Mitteilungspflichten ergeben sich aus § 71 Abs. 3 Satz 3 AktG (s. oben Rz. 58) und den allgemeinen Publizitätspflichten. Dabei sind regelmäßig weder ein Vorstandsbeschluss zur Befassung der Hauptversammlung mit der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien145, noch der Ermächtigungsbeschluss selbst (außer nach § 71 Abs. 3 Satz 3 AktG) veröffentlichungspflichtig. Dies gilt auch für die Frage nach einer Ad-hoc-Pflicht. Diesen Maßnahmen fehlt in der Regel die Eignung zur Kursbeeinflussung, da auch bei einem 139 § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG. 140 § 186 Abs. 3 Satz 2 AktG; die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. 141 Vgl. Hüffer, AktG, § 71 Rz. 23a, der die Mitteilungspflicht auf börsennotierte Unternehmen beschränken will. 142 Vgl. nur Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 3. 143 Dies gilt auch, wenn noch die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist, vgl. Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 28. 144 Emittentenleitfaden der BaFin vom 15.7.2005, IV.2.2.4., S. 44; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 87; Singhof/Weber, AG 2005, 549, 552; Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 555 f.; Bosse, ZIP 1999, 2047, 2049. Ein Muster einer ad-hoc-Mitteilung über die Ausnutzung der Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien findet sich bei Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01d. 145 S. Schockenhoff/Wagner, AG 1999, 548, 554; van Aerssen, WM 2000, 391, 401.
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Ermächtigungsbeschluss nicht hinreichend wahrscheinlich ist, ob es tatsächlich zu einem Erwerb eigener Aktien kommt146. Anders kann dies sein, wenn der Ermächtigungsbeschluss von üblichen Routineermächtigungen abweicht147. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG muss die Gesellschaft der BaFin und dem Unternehmensregister mitteilen, dass sie durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise drei148, fünf oder zehn Prozent in Bezug auf eigene Aktien erreicht, überschreitet oder unterschreitet, und diese Information veröffentlichen. Neben § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG ist für eine Mitteilungspflicht nach § 21 WpHG kein Platz149. Gegen eine separate Mitteilungspflicht nach § 21 WpHG spricht, dass der Gesellschaft aus eigenen Aktien keine Stimmrechte zustehen, § 21 WpHG aber entscheidend auf Stimmrechte abstellt150. Außerdem wäre § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG insoweit überflüssig, wenn die Gesellschaft über den Erwerb oder die Veräußerung nach § 21 WpHG Mitteilung machen müsste. Denn dann wäre bereits § 26 Abs. 1 Satz 1 AktG einschlägig. Das TUG151 hat diese Frage jedenfalls nicht gelöst152.
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Seit dem TUG kann auch die Einziehung von Aktien Veröffentlichungspflichten auslösen153. Dies war nach alter Rechtslage unklar154. Ein weiteres Problem ist, ob Aktien, die von Tochterunternehmen des Emittenten gehalten werden, vom Emittenten als eigene Aktien zu veröffentlichen sind155. § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG erwähnt diese Pflicht nicht, obwohl aktienrechtlich diese Aktien als eigene Aktien des Emittenten zugerechnet werden (§ 71d AktG).
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Durch das TUG wurde zudem § 26a WpHG eingeführt. Die Gesellschaft hat danach die Gesamtzahl der Stimmrechte am Ende eines jeden Kalendermonats, in dem es zu einer Zu- oder Abnahme von Stimmrechten gekommen ist, zu veröffentlichen. Der Erwerb oder die Veräußerung eigener Aktien führt aber trotz gem. § 71b AktG ruhender Stimmrechte nicht zu einer Veröffentlichungspflicht nach § 26a WpHG156.
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Der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufprogrammen stellt keinen Fall einer Marktmanipulation dar, wenn er die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2273/2003 erfüllt, also insbesondere Trans-
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146 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 86 f.; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 160. 147 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 162. 148 Diese Schwelle gilt nur für Emittenten, deren Herkunftsstaat die Bundesrepublik Deutschland ist, § 26 Satz 2 a.E. WpHG. 149 Dies wird in der Literatur aber teilweise gefordert, vgl. Bayer in MünchKomm. AktG, § 22 Anh. § 21 WpHG Rz. 3; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 296; Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 34; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 66. 150 So auch Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 165; vgl. ferner Opitz in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 21 WpHG Rz. 3; Widder/Kocher, AG 2007, 13, 15 ff. 151 Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10. 152 Der Regierungsbegründung, BT-Drucks. 16/2498, S. 37 f., ist hierüber nichts zu entnehmen. 153 Schwellenberührung „auf sonstige Weise“; s. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/2498, S. 38; vgl. Arnold, AG-Report 2007, R 163, R 166. 154 Vgl. Bosse, DB 2007, 39, 41. 155 Vgl. Arnold, AG-Report 2007, R 163, R 166. 156 Arnold, AG-Report 2007, R 163, R 166.
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parenz wahrt157. Hierzu muss die Gesellschaft kurz vor Beginn des Rückkaufs nochmals alle Einzelheiten des Ausübungsbeschlusses bekanntmachen158. f) Erwerb 65
Der Beschluss zum Erwerb eigener Aktien wird dann durch den konkreten Erwerb vollzogen (s. hierzu oben Rz. 35 ff.). g) Rechenschaftslegung
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Nach § 71 Abs. 3 Satz 1 AktG hat der Vorstand in den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 (Schadensabwehr) und Nr. 8 (Ermächtigungsbeschluss) AktG der Hauptversammlung über den Erwerb eigener Aktien Rechenschaft abzulegen. Durch den Bericht werden eine nachträgliche Beurteilung und Kontrolle durch die Aktionäre ermöglicht159. Die nächste Hauptversammlung ist über Gründe und Zweck des Erwerbs, Zahl der erworbenen Aktien, auf sie entfallenden Anteil am Grundkapital sowie deren Gegenwert zu unterrichten. Ist die nächste Hauptversammlung eine ordentliche Hauptversammlung, genügt es, wenn die Informationen gem. § 160 Abs. 1 Nr. 2 AktG im Lagebericht aufgenommen werden160. Gleiches gilt gem. §§ 71d Satz 4, 71 Abs. 3 AktG, wenn eine Tochtergesellschaft Aktien der Mutter erworben hat, wobei im Fall des § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG der Schaden der Gesellschaft, nicht der Tochter drohen muss161.
6. Die Behandlung des Bestands eigener Aktien a) Keine Rechte aus eigenen Aktien 67
Einer Gesellschaft stehen gem. § 71b AktG aus eigenen Aktien keine Rechte zu162. Dies betrifft sowohl die Verwaltungs- als auch die Vermögensrechte163. Diese Mitgliedschaftsrechte ruhen, leben aber nach Veräußerung der eigenen Aktien beim Rechtsnachfolger wieder auf164.
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Aus dem Ruhen der Verwaltungsrechte folgt, dass eigene Aktien zwar zum Grundkapital zählen, bei vielen Hauptversammlungsbeschlüssen aber nicht die Ermittlung einer Abstimmungsmehrheit beeinflussen165. Für eigene Aktien können weder Stim157 § 20a Abs. 3 WpHG (Safe Harbor); vgl. hierzu insbesondere Singhof/Weber, AG 2005, 549; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 20a Rz. 199 ff. In § 32 wird näher auf die Marktmissbrauchsrichtlinie und deren Durchführungsverordnung eingegangen. 158 Art. 4 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2273/2003; zu weiteren Einzelheiten vgl. Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 29. 159 BGH v. 9.2.1987 – II ZR 119/86, BGHZ 101, 1, 17 = AG 1987, 344; Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 25; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 285. 160 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 227. 161 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 35; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71d Rz. 16, der Ausnahmen für möglich hält. 162 Dies gilt sowohl für eigene Aktien der Gesellschaft als auch für Aktien, die ein Dritter für Rechnung der Gesellschaft oder ein abhängiges bzw. im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen an der Gesellschaft hält; vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 16 ff. 163 Hüffer, AktG, § 71c Rz. 4. 164 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rz. 2 ff. 165 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71b Rz. 10.
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men „abgegeben“ werden (§ 133 Abs. 1 AktG), noch zählen sie zum „bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapital“ (z.B. § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG). Überlässt der Vorstand eigene Aktien einem Dritten zum Zwecke der Ausübung von Stimmrechten, handelt er ordnungswidrig (§ 405 Abs. 3 Nr. 5 AktG). Werden die Stimmen aus eigenen Aktien trotz § 71b AktG zur Beschlussfassung zugelassen und verändern sie das Beschlussergebnis, ist der gefasste Beschluss anfechtbar166. Die ruhenden Vermögensrechte führen dazu, dass eigene Aktien an der Ausschüttung von Dividenden nicht teilnehmen167. Dies bewirkt zugleich eine Erhöhung der Dividende für die übrigen Aktionäre168. Werden eigene Aktien wieder veräußert, kann der Rechtsnachfolger Dividenden nur für die Zeit nach der Veräußerung verlangen. Fraglich ist allerdings, ob auch Tochtergesellschaften (für die § 71b AktG aufgrund des Verweises in § 71d Satz 4 AktG gilt) keine Dividende aus Aktien an ihrer Mutter erhalten sollen. Die h.M. schränkt hier zu Recht den Verweis in § 71d Satz 4 AktG ein, weil durch den Entzug der Dividende Minderheitsgesellschafter und Gläubiger der Tochtergesellschaft beeinträchtigt werden und der umfassende Verweis auf einem Redaktionsversehen beruht169.
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Umstritten ist die Frage, ob im Fall einer Kapitalerhöhung aus eigenen Aktien Bezugsrechte entstehen, die von der Gesellschaft (wegen § 71b AktG) zwar nicht ausgeübt, aber doch wirtschaftlich verwertet werden dürften. Dies setzt zunächst voraus, dass eine Kapitalerhöhung trotz vorhandener eigener Aktien überhaupt zulässig ist, obwohl die Veräußerung eigener Aktien der Gesellschaft Eigenkapital zuführen kann. Gewichtige Stimmen in der Literatur halten eine Kapitalerhöhung daher aufgrund einer Analogie zu § 182 Abs. 4 AktG für unzulässig170. Diese Auffassung schränkt jedoch den Handlungsspielraum einer Gesellschaft unnötig ein. Mit den §§ 71 ff. AktG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass das Halten eigener Aktien bis zu einem gewissen Umfang auch ohne besondere Zweckbindung grundsätzlich zulässig ist. Die hiermit verbundene Liberalisierung des Rechts eigener Aktien wird durch eine Analogie zu § 182 Abs. 4 AktG untergraben, wenn die Gesellschaft stets gezwungen wäre, eigene Aktien zu veräußern, bevor sie neues Kapital aufnimmt. Deshalb spricht viel dafür, dass eigene Aktien kein Eintragungshindernis für eine Kapitalerhöhung darstellen171. Erst wenn eine Kapitalerhöhung demnach grundsätzlich möglich ist, stellt sich die Frage nach den Bezugsrechten. An einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nehmen eigene Aktien bereits aufgrund von § 215 Abs. 1 AktG teil. Bei allen anderen Formen der Kapitalerhöhung steht der Gesellschaft nach h.M. jedoch weder ein unmittelbares noch ein mittelbares Bezugsrecht zu172. Die rechnerisch auf die eigenen Aktien entfallenden Bezugsrechte sind
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166 167 168 169
Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 8. Thömmes, AG 1987, 34. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rz. 9. Thömmes, AG 1987, 34; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71d Rz. 55; Cahn in Spinder/ Stilz, AktG, § 71d Rz. 51; dagegen aber Lutter in KölnKomm. AktG, § 71d Rz. 36. 170 Hüffer, AktG, § 182 Rz. 27; Peifer in MünchKomm. AktG, § 182 Rz. 63; Servatius in Spindler/Stilz, AktG, § 182 Rz. 60. 171 Im Ergebnis ebenso Wiedemann in Großkomm. AktG, § 182 Rz. 86; Busch, BB 2005, 429, 430; Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 3. 172 Vgl. OLG Oldenburg v. 17.3.1994 – 1 U 151/93, WM 1995, 924, 926; Hüffer, AktG, § 71b Rz. 5; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71b Rz. 12; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rz. 10; T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71b Rz. 3.
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auf die anderen Aktionäre zu verteilen. Eine jüngere Ansicht will hingegen die „übriggebliebenen“ Aktien nicht auf die anderen Aktionäre verteilen, sondern zur freien Verfügung der Gesellschaft stellen173. Dies ist de lege lata aber nicht möglich. Dem Verlust an Verwaltungs- und Vermögensrechten für die Gesellschaft steht ein entsprechender Zuwachs dieser Rechte bei den übrigen Aktionären gegenüber; dieser Zuwachs ist Ausgleich dafür, dass das Gesellschaftsvermögen aufgrund des Erwerbsaufwands für die eigenen Aktien verringert wurde174. b) Keine Pflichten aus eigenen Aktien 71
Da die Gesellschaft keine Rechte aus eigenen Aktien hat, treffen sie grundsätzlich auch keine Pflichten175. Fällige Einlagepflichten erlöschen im Zeitpunkt des Erwerbs aufgrund von Konfusion. Die Konfusion erfasst allerdings nur fällige Ansprüche. Werden eigene Aktien wieder veräußert, hat der Rechtsnachfolger auch die Pflichten zu erfüllen, die vor seinem Erwerb entstanden sind, aber erst danach fällig werden176. Halten Dritte Aktien, die der Gesellschaft zugerechnet werden, tritt ebenfalls keine Konfusion ein177. Dementsprechend hat ein Dritter, der für Rechnung der Gesellschaft Aktien zeichnet, nach § 56 Abs. 3 AktG Pflichten, aber keine Rechte aus eigenen Aktien178. c) Bilanzielle Behandlung
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Für die bilanzielle Behandlung eigener Aktien kommt es darauf an, ob die erworbenen Aktien zur Weiterveräußerung oder zur Einziehung bestimmt sind179.
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Eigene Aktien, die aufgrund von § 71 Abs. 1 Nr. 1–5 und 7 AktG erworben wurden und für eine Weiterveräußerung zur Verfügung stehen, sind gem. § 265 Abs. 3 Satz 2 HGB mit ihren Anschaffungskosten im Umlaufvermögen zu aktivieren. Wertverluste müssen nach § 253 Abs. 3 HGB abgeschrieben werden, während anschließende Wertaufholungen gem. § 280 HGB wieder zuzuschreiben sind180. Eine Besonderheit der eigenen Aktien ist, dass sie zugleich bilanziell neutralisiert werden müssen, indem für sie eine Rücklage nach § 272 Abs. 4 HGB gebildet wird. Die Rücklage ist jeweils anzupassen, wenn es zu einer Veräußerung, einer Abschreibung oder einer Zuschreibung kommt181. 173 174 175 176 177 178 179
Wiesner in MünchHdb. AG, § 15 Rz. 24; Busch, AG 2005, 429, 434 ff. S. auch Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rz. 10. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71b Rz. 11; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 21. Hüffer, AktG, § 71b Rz. 6. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 22. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71b Rz. 15. Eingehend Klingberg, BB 1998, 1575; Winnefeld, Bilanzhandbuch, M 757c; vgl. zur Entwicklung der bilanziellen Behandlung eigener Aktien insbesondere Hirsch, Der Erwerb eigener Aktien nach dem KonTraG, S. 185 ff. Der Referentenentwurf des BilMoG (s. oben Fn. 86) gibt die Differenzierung zwischen eigenen Aktien zur Weiterveräußerung und eigenen Aktien zur Einziehung auf. Eigene Aktien wären danach einheitlich auf der Passivseite als Kapitalrückzahlung von dem Posten „Gezeichnetes Kapital“ in der Vorspalte offen abzusetzen (§ 272 Abs. 1a HGB in der Entwurfsfassung). 180 Kessler/Suchan, BB 2000, 2529, 2534. 181 Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 237; Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 6. Der Referentenentwurf des BilMoG lässt die Pflicht der Gesellschaft zur Bildung der Rücklage entfallen. Der Erwerb eigener Aktien soll allerdings nur wirksam sein, wenn die Gesell-
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Werden eigene Aktien hingegen (in manchen Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 8 AktG) „zur Einziehung“ erworben, so dass sie grundsätzlich nicht mehr für eine Weiterveräußerung zur Verfügung stehen, müssen diese zur Einziehung erworbenen Aktien in der Höhe ihres Nennbetrags (bzw. bei Stückaktien in der Höhe ihres rechnerischen Werts)182 in der Vorspalte offen vom Posten „Gezeichnetes Kapital“ als Kapitalrückzahlung abgesetzt werden (§ 272 Abs. 1 Satz 4 und 5 HGB). Überschreitet der Kaufpreis dabei den Nennwert der Aktien, ist der Unterschiedsbetrag mit anderen Gewinnrücklagen zu verrechnen183. Dieselbe Bilanzierung ist vorzunehmen, wenn die Aktien zwar nicht zur Einziehung erworben werden, der Ermächtigungsbeschluss jedoch die spätere Art der Veräußerung einem Hauptversammlungsbeschluss vorbehält184. In Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, in denen der Ermächtigungsbeschluss bereits die spätere Veräußerung regelt, ist mit diesen eigenen Aktien wie nach den gem. § 71 Abs. 1 Nr. 1–5 und 7 AktG erworbenen Aktien zu verfahren.
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Nach IFRS werden eigene Anteile durchgängig nicht im Umlaufvermögen aktiviert, sondern in Höhe der Anschaffungskosten vom Eigenkapital abgezogen185. In der Praxis werden Veränderungen oft bei den Gewinnrücklagen, anstatt beim Eigenkapital, erfasst186.
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III. Wiederveräußerung und Einziehung eigener Aktien 1. Veräußerungspflichten, Einziehung Wenn eine Gesellschaft unzulässigerweise oder über das zulässige Maß hinaus eigene Aktien erworben hat, ist der dingliche Erwerb der Aktien zwar wirksam187; die Gesellschaft unterliegt dann allerdings der Pflicht, diese Aktien wieder zu veräußern. Die Modalitäten der Veräußerungspflicht hängen davon ab, ob der Erwerb der Aktien von vornherein unzulässig war oder ob durch einen zulässigen Erwerb die Höchstgrenze von 10 % des Grundkapitals überschritten wurde188.
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Von vornherein unzulässig erworbene Aktien sind gem. § 71c Abs. 1 AktG innerhalb eines Jahres nach ihrem dinglichen Erwerb zu veräußern. Diese Veräußerungspflicht wird ausgelöst, wenn die Aktien unter Verstoß gegen § 56 Abs. 1 AktG wirksam gezeichnet189 oder entgegen § 71 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG wirksam erworben wurden. Nach wohl h.M. soll § 71c Abs. 1 AktG analog zu einer „unverzüglichen“ Veräußerungspflicht für Belegschaftsaktien, die nicht innerhalb der Jahresfrist des § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG an die Arbeitnehmer ausgegeben wurden, füh-
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182 183 184 185 186 187 188 189
schaft im Zeitpunkt des Erwerbs (fiktiv) eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf, zu mindern (§§ 71 Abs. 2 Satz 2, 71a Abs. 1 Satz 2 AktG in der Entwurfsfassung). Winnefeld, Bilanzhandbuch, M 760. § 272 Abs. 1 Satz 6 HGB. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71 Rz. 240. Bohl/Riese/Schlüter, Beck’sches IFRS-Handbuch, § 12 Rz. 76. Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2071. Hüffer, AktG, § 71a Rz. 24. Vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71c Rz. 4 ff. Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rz. 3.
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ren190. Diese Ansicht ist jedoch bedenklich, weil sie zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber anderen Fallgruppen des rechtswidrigen Erwerbs führt und methodisch nicht passt: scheitert die Ausgabe von Belegschaftsaktien unmittelbar vor Ablauf der Jahresfrist, müsste die Gesellschaft ihre eigenen Aktien (unter Umständen nach weiteren Bemühungen, die Aktien bei den Mitarbeitern unterzubringen191) innerhalb weniger Tage veräußern, während ansonsten noch mindestens ein Jahr für eine wirtschaftlich sinnvolle Veräußerung zur Verfügung stünde. Sofern die h.M. diese Eile mit der Forderung nach einer lediglich „unverzüglichen“ Veräußerungspflicht abzumildern versucht, fehlt für eine solche Abmilderung die Rechtsgrundlage: § 71c AktG stellt nicht auf Verschulden ab. Im Falle einer gescheiterten Ausgabe von Belegschaftsaktien liegt daher eine Analogie zu § 71c Abs. 2 AktG näher: nach Ablauf der Frist des § 71 Abs. 3 Satz 2 AktG verbleiben zwei Jahre zur Veräußerung der eigenen Aktien. 78
In den Fällen des § 71 Abs. 1 Nr. 4–6 AktG kann es zu einem rechtmäßigen Erwerb eigener Aktien kommen, für den die Höchstgrenze von 10 % des Grundkapitals unmittelbar nicht gilt. Aus § 71c Abs. 2 AktG folgt jedoch, dass auch hierdurch die Gesellschaft nicht langfristig einen Anteil eigener Aktien halten darf, der über die 10 %-Grenze hinausgeht. Nach § 71 Abs. 1 Nr. 4 – 6 AktG zulässigerweise erworbene Aktien sind deshalb innerhalb von drei Jahren in solcher Stückzahl zu verkaufen, dass die 10 %-Grenze erreicht wird192. Mit der h.M.193 ist § 71c Abs. 2 AktG nicht auf Fälle zu erweitern, bei denen die Aktien aufgrund eines umwandlungsrechtlichen Pflichtangebots gem. §§ 29 Abs. 1, 125, 207 Abs. 1 UmwG erworben wurden.
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Laufen die genannten Veräußerungsfristen ab, ohne dass es zu einer (vollständigen) Veräußerung kommt, ist der Vorstand verpflichtet, die Aktien einzuziehen194. Dies kann mittels einer ordentlichen oder einer vereinfachten Kapitalherabsetzung geschehen. Verzögert der Vorstand diese Maßnahme (indem er z.B. auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung den Einziehungsbeschluss nicht auf die Tagesordnung setzt), handelt er ordnungswidrig195 und macht sich ggf. schadensersatzpflichtig.
2. Veräußerungsmodalitäten 80
Wenn die Gesellschaft eigene Aktien freiwillig oder aufgrund von § 71c Abs. 1 und 2 AktG zu veräußern beabsichtigt, muss sie ein Bezugsrecht der Aktionäre196 und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53a AktG und beachten. Dies hat Auswirkun190 Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 46 und § 71c Rz. 15; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rz. 3. Nicht eindeutig Hüffer, AktG, § 71 Rz. 23. 191 S. nur Hüffer, AktG, § 71 Rz. 23. 192 Hüffer, AktG, § 71c Rz. 4. 193 S. nur Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rz. 4; Lutter in FS Wiedemann, 2002, S. 1097, 1108. 194 § 71c Abs. 3 AktG; zum Verfahren vgl. Lutter in KölnKomm. AktG, § 71c Rz. 31 ff. 195 § 405 Abs. 1 Nr. 4c AktG. 196 Vgl. hierzu ausführlich Habersack, ZIP 2004, 1121 ff.; s. auch T. Bezzenberger in K. Schmidt/Lutter, AktG, § 71 Rz. 40; an der Annahme eines Bezugsrechts zweifelnd Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 47 Rz. 54, da ein Erwerb auf 10 % des Grundkapitals beschränkt und ein Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bis zu einem Erhöhungsbetrag von 10 % grundsätzlich zulässig seien.
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Erwerb und Wiederveräußerung eigener Aktien
gen auf die Veräußerungsmodalitäten197. Die Veräußerung fällt in die alleinige Kompetenz des Vorstands198, die Zustimmung des Aufsichtsrats ist (außer in den Fällen des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) entbehrlich. Bei der Veräußerung ist vorrangig zu beachten, ob ein Bereicherungsausgleich stattfinden muss199. In den Fällen, in denen eine Veräußerungspflicht nach § 71c Abs. 1 AktG besteht, liegt regelmäßig eine Konstellation vor, in der das dem Erwerb zugrundeliegende Rechtsgeschäft nach § 71 Abs. 4 AktG nichtig ist und gegenseitige Bereicherungsansprüche auslöst200.
81
Ist kein Bereicherungsausgleich durchzuführen, kann die Gesellschaft durch eine Veräußerung der eigenen Aktien an der Börse die Wahrung von Gleichbehandlung und Bezugsrecht gewährleisten. Möglich ist aber auch eine anderweitige Veräußerung gegen Bar- oder Sachleistung, sofern die Aktionäre gleich behandelt werden201. Wird hingegen durch die Veräußerungsart das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen, erfordert dies einen Hauptversammlungsbeschluss, der den Anforderungen der §§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5, 186 Abs. 3 und 4 AktG genügen muss202.
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197 Ausführlich zum Folgenden Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441 ff. 198 Vgl. nur Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01 Rz. 3, dort auch zur Diskussion über diese Frage. 199 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71c Rz. 16; Cahn in Spindler/Stilz, AktG, § 71c Rz. 8; Lutter in KölnKomm. AktG, § 71b Rz. 21. 200 Hüffer, AktG, § 71 Rz. 24, § 71c Rz. 7. 201 Markwardt, BB 2002, 1108, 1110. 202 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1442; Saria, NZG 2000, 458, 461. Zu den Berichtspflichten in einem solchen Fall vgl. insbesondere Groß in Happ, Aktienrecht, 13.01. Rz. 20 ff.
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§8 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen Andreas Schumacher I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . II. Emission von Aktien aus einer Kapitalerhöhung 1. Abbildung in der Handelsbilanz der emittierenden Aktiengesellschaft a) Bilanzierung nach HGB . . . . . b) Bilanzierung nach IFRS . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkungen bei der emittierenden Aktiengesellschaft . . . . b) Auswirkungen bei den Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . III. Platzierung bestehender Aktien an Tochtergesellschaften durch Verkauf oder Sachausschüttung 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB . . . . . b) Bilanzierung nach IFRS . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkungen bei der veräußernden Aktiengesellschaft aa) Freistellung eines Veräußerungsgewinns und Nichtabzugsfähigkeit eines Veräußerungsverlusts . . . . . . bb) Steuerpflicht wegen vorausgegangener steuerwirksamer Teilwertabschreibung . . . . cc) Steuerpflicht der Veräußerung von Anteilen i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG . . . . . . . dd) Eigenhandel von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen sowie Kapitalanlagen von Lebens- und
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Krankenversicherungsunternehmen . . . . . . . . . ee) Besteuerung eines Einbringungsgewinns nach § 22 UmwStG wegen einer vorangegangenen Einbringung b) Auswirkungen bei den Aktionären bzw. Erwerbern . . . . . . . . IV. Aktienemission durch Abspaltung 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB aa) Übertragende Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . bb) Übernehmende Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . b) Bilanzierung nach IFRS . . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkungen bei der übertragenden Aktiengesellschaft aa) Grundsatz der Ertragsteuerneutralität bei Vorliegen von Teilbetrieben . . . . . . . . . bb) Gewinnrealisierung wegen des Börsenhandels . . . . . . b) Auswirkungen bei der übernehmenden Aktiengesellschaft . . . c) Auswirkungen bei den Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erwerb und Veräußerung eigener Aktien 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB . . . . b) Bilanzierung nach IFRS . . . . 2. Steuerrechtliche Behandlung a) Besteuerung des Erwerbs . . . . b) Besteuerung der Veräußerung .
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Schrifttum: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, Kommentar, Loseblatt; Beck’scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006; Budde/Förschle, Sonderbilanzen, 3. Aufl. 2002; Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Kommentar, Loseblatt; Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz/ Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, Loseblatt; Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2001; Orth, WPg 2004, 777 u. 841; Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 2008; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 26. Aufl. 2007; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2006; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Kommentar, Loseblatt.
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§8
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
I. Vorbemerkung Aus steuerrechtlicher Sicht sind die Folgen einer Platzierung von Aktien davon abhängig, wie diese Aktien entstehen bzw. entstanden sind. Die nachfolgende Darstellung unterscheidet daher in Anlehnung an die vorstehenden Erläuterungen danach, ob – – – –
1
die Aktien aus einer Kapitalerhöhung stammen (Abschn. II.; s. oben §§ 4, 5), bereits bestehende Aktien umplatziert werden (Abschn. III; s. oben § 6), die Aktien durch Abspaltung entstehen (Abschn. IV; s. oben § 3 Rz. 7, Rz. 30, oder eigene Aktien erworben und wieder veräußert werden (Abschn. V.; s. oben § 7).
II. Emission von Aktien aus einer Kapitalerhöhung 1. Abbildung in der Handelsbilanz der emittierenden Aktiengesellschaft a) Bilanzierung nach HGB Die Ausgabe von Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung stellt bei der emittierenden Aktiengesellschaft einen Vorgang der Kapitalbeschaffung dar, der ihren Gewinn nicht berührt. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister ist der Einlagebetrag als Grundkapital auszuweisen, soweit er darauf geleistet wurde; ein Agio ist als Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB auszuweisen. Kosten der Ausgabe der Aktien dürfen nicht von dem Agio gekürzt werden. Sie sind vielmehr als Aufwand zu erfassen1. Wenn zum Bilanzstichtag die Einlage bereits geleistet ist, während die Eintragung der Kapitalerhöhung noch aussteht, ist der Einlagebetrag als gesonderter Posten („Zur Durchführung der beschlossenen Kapitalerhöhung geleistete Einlagen“) auszuweisen2.
2
b) Bilanzierung nach IFRS Auch nach IFRS berührt die Kapitalerhöhung nicht den Gewinn, sondern ist als Zugang beim gezeichneten Kapital und bei der Kapitalrücklage zu erfassen und in der Eigenkapitalveränderungsrechnung anzugeben (IAS 32.35, 1.68, 1.97 (a)). Kosten im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung sind anders als nach HGB direkt vom Eigenkapital abzuziehen (IAS 32.35).
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2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkung bei der emittierenden Aktiengesellschaft Steuerlich stellt sich die Kapitalerhöhung als Einlage dar, die den Gewinn der Aktiengesellschaft nicht berührt (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 EStG)3. Um sicherzustellen, dass eine etwaige spätere Wiederausschüttung dieser Einlagen bei den Aktionären nicht als Gewinnausschüttung behandelt wird, wird der nicht in 1 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 272 HGB Rz. 93. 2 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 272 HGB Rz. 19. 3 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8 KStG Rz. 77 u. 78.
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§8
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
das Nennkapital (Grundkapital) geleistete Betrag (Agio) bei der Aktiengesellschaft gem. § 27 Abs. 1 KStG auf dem steuerlichen Einlagekonto ausgewiesen. Die Kosten der Kapitalerhöhung sind als Betriebsausgaben abziehbar4. 5
Bei jeder Leistung der Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre (insbesondere Dividendenzahlung) ist zu prüfen, ob Gewinn ausgeschüttet oder eine Einlage zurückgezahlt wird. Letzteres ist gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG der Fall, wenn die Summe der Leistungen in einem Wirtschaftsjahr die steuerlichen Gewinnrücklagen (Eigenkapital in der Steuerbilanz abzüglich Nennkapital und steuerliches Einlagekonto) zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres übersteigt5. b) Auswirkung bei den Aktionären
6
Die Entstehung der Bezugsrechte – soweit nicht gem. § 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen – für die Altaktionäre ist weder im Betriebs- noch im Privatvermögen ein steuerpflichtiger Vorgang. Die Bezugsrechte sind Bestandteil des Aktionärsrechts und werden von seiner Substanz abgespalten. Daher sind die Anschaffungskosten bzw. der Buchwert der Altaktien in dem Umfang zu vermindern, der sich aus dem Verhältnis des Börsenkurses der Bezugsrechte zum Börsenkurs der Altaktien vor Bezugsrechtshandel ergibt6. Dieser Betrag wird dem Bezugsrecht als Anschaffungskosten zugeordnet.
7
Bei einer Veräußerung der Bezugsrechte durch den Aktionär erzielt dieser einen Gewinn oder Verlust in Höhe der Differenz zwischen Veräußerungserlös und dem von den Altaktien auf die Bezugsrechte abgespaltenen Betrag. Dieser Gewinn ist im Betriebsvermögen immer steuerpflichtig. Im Privatvermögen ist nach derzeitigem Recht Steuerpflicht gegeben, wenn – der Aktionär i.S.d. § 17 EStG, d.h. zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre mit mindestens 1 %, beteiligt ist, oder – wenn ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegt, d.h. wenn die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach Anschaffung der Altaktie erfolgt7, oder – die Aktien einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 UmwStG darstellen8.
8
Auf Grund der Einführung einer Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % auf Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20089 unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Anwartschaften auf solche Anteile gem. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG n.F. ab dem 1.1.2009 unabhängig von der Haltedauer der Besteuerung, wenn die Anteile nach dem 31.12.2008 4 Vgl. BFH v. 19.1.2000 – I R 24/99, BStBl. II 2000, 545; zur umsatzsteuerlichen Behandlung BFH v. 1.7.2004 – V R 32/00, BStBl. II 2004, 1022. 5 Zu Einzelheiten und Sonderfällen BMF v. 4.6.2003 – IV A 2 - S 2836 - 2/03, BStBl. I 2003, 366. 6 Vgl. BFH v. 21.1.1999 – IV R 27/97, BStBl. II 1999, 638; BFH v. 19.12.2000 – IX R 100/97, BStBl. II 2001, 345. 7 Zum „Anschaffungszeitpunkt“ der Bezugsrechte vgl. BFH v. 22.5.2003 – IX R 9/00, BStBl. II 2003, 712. Bei der Fristberechnung im Rahmen des § 23 EStG ist immer auf den Abschluss des obligatorischen Geschäfts, nicht auf den dinglichen Übergang oder den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen; vgl. BFH v. 15.12.1993 – X R 49/91, BStBl. II 1994, 687. 8 UmwSt-Erlass, Rz. 21.15; zum Begriff s. unten Rz. 33. 9 BGBl. I 2007, 1912.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
angeschafft wurden. Auf Veräußerungsgewinne im Betriebsvermögen und bei Anteilen i.S.d. § 17 EStG ist die Abgeltungsteuer nicht anwendbar. Eine Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG bei natürlichen Personen bzw. des § 8b Abs. 2 KStG bei Körperschaften (dazu sogleich Rz. 12), d.h. eine grundsätzliche Steuerbefreiung von 50 % (ab 1.1.2009: 40 %) bzw. 95 % des Gewinns aus der Veräußerung eines Bezugsrechts erfolgt nach zweifelhafter Auffassung der Finanzverwaltung mangels Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht10. Eine Ausnahme gilt jedenfalls im Rahmen der Steuerpflicht nach § 17 EStG, da dort Bezugsrechte als Anwartschaften den Anteilen gleichgestellt sind und § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. c EStG nur auf die Besteuerung nach § 17 EStG und nicht auf die Veräußerung von Anteilen abstellt11. Nach Sinn und Zweck der Vorschriften ist aber auch im Übrigen eine Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG bzw. des § 8b Abs. 2 KStG geboten12.
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Im Falle der Teilnahme an der Kapitalerhöhung durch den Altaktionär wird der den Bezugsrechten zugeordnete Betrag neben dem Ausgabebetrag zu Anschaffungskosten der neuen Aktien. Der BFH hat die Ausübung des Bezugsrechts als Tauschvorgang bezeichnet13. Daraus schließt die Finanzverwaltung, dass die Ausübung für Zwecke des § 23 EStG als Veräußerung des Bezugsrechts anzusehen ist und innerhalb der Jahresfrist zu einem steuerpflichtigen Gewinn führt14. Bei Anteilen im Betriebsvermögen und bei Anteilen i.S.d. §§ 17 EStG, 21 UmwStG soll dies hingegen nicht gelten15.
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Eine Veräußerung der neuen Aktien ist wiederum im Betriebsvermögen immer und im Privatvermögen unter den Voraussetzungen der §§ 17, 23 EStG oder § 21 UmwStG16 bzw. im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer ab dem 1.1.2009 generell steuerpflichtig. Mit dem Erwerb der jungen Aktien beginnt unabhängig von dem Zeitpunkt des Erwerbs der Altaktien eine neue einjährige Frist für Zwecke des § 23 EStG17. Wenn die Frist für die Altaktien bereits abgelaufen war, ist allerdings bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für Zwecke des § 23 EStG der Börsenkurswert der Bezugsrechte als Anschaffungskosten der jungen Aktien zu berücksichtigen18.
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Ein steuerrelevanter Gewinn oder Verlust aus einer Veräußerung der Aktien unterliegt bei natürlichen Personen den Regelungen des Halbeinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG), d.h. Gewinne sind grundsätzlich nur hälftig steuerpflichtig und Verluste sind nur hälftig abzugsfähig. Bei körperschaftsteuerpflichtigen Rechtsträgern, insbesondere Kapitalgesellschaften, ist § 8b KStG anzuwenden, d.h., Gewinne sind zu 95 % freigestellt und Verluste sind nicht abzugsfähig (dazu ausführlich unten Rz. 19 ff.).
12
10 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 24 zu § 8b Abs. 2 KStG. 11 Vgl. BFH v. 27.10.2005 – IX R 15/05, BStBl. II 2006, 671. 12 Vgl. zu § 8b Abs. 2 KStG FG Köln v. 31.8.2006 – 15 K 444/05, EFG 2007, 214; Rev. I R 101/06. 13 Vgl. BFH v. 21.9.2004 – IX R 36/01, BStBl. II 2006, 12. 14 Vgl. BMF v. 20.12.2005 – IV C 3 - S 2256 - 255/05, BStBl. I 2006, 8. 15 Vgl. OFD Frankfurt/M. v. 11.6.2007 – S 2244 A - 44 - St 215, DB 2007, 2175. 16 Zur Möglichkeit der Einstufung der jungen Aktien als einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 UmwStG s. unten Rz. 34. 17 Vgl. BFH v. 12.4.1967 – VI 144/64, BStBl. III 1967, 554. 18 Vgl. BFH v. 12.4.1967 – VI 144/64, BStBl. III 1967, 554; BFH v. 21.9.2004 – IX R 36/01, BStBl. II 2006, 12.
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§8 13
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
Der entgeltliche Erwerb eines Bezugsrechts mit nachfolgender Teilnahme an einer Kapitalerhöhung ist entsprechend zu behandeln; die Anschaffungskosten der neuen Aktie entsprechen der Summe aus dem Kaufpreis für das Bezugsrecht und dem Ausgabebetrag. Im Falle des Bezugsrechtsausschlusses erwirbt der Zeichner die Aktien unmittelbar zum Ausgabebetrag.
III. Platzierung bestehender Aktien an Tochtergesellschaften durch Verkauf oder Sachausschüttung 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB 14
Die Veräußerung von Aktien an einer Tochtergesellschaft führt bei der Muttergesellschaft zu einem Gewinn oder Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Buchwert dieser Aktien. Bei Auskehrung der Aktien durch Sachausschüttung nach § 58 Abs. 5 AktG dürften diese zum Verkehrswert zu bewerten sein, so dass eine Gewinnrealisierung erfolgt19.
15
Wenn die Tochtergesellschaft in den Konzernabschluss der Muttergesellschaft einbezogen ist und sämtliche Anteile an der Tochtergesellschaft veräußert werden, ist eine Endkonsolidierung vorzunehmen, um den Veräußerungserfolg aus Konzernsicht zu ermitteln20. Gleiches gilt, wenn ein Teil der Anteile veräußert wird und durch die Veräußerung die Voraussetzungen für die Konsolidierung entfallen. Bei einer teilweisen Veräußerung der Anteile kann es zu einem Übergang von der Vollkonsolidierung gem. §§ 301 ff. HGB zur Equity-Konsolidierung gem. § 312 HGB kommen (Übergangskonsolidierung)21. Wenn nach der Veräußerung auch kein maßgeblicher Einfluss i.S.d. § 311 HGB mehr besteht, sind die verbliebenen Anteile im Konzernabschluss mit den Anschaffungskosten zu bewerten22. b) Bilanzierung nach IFRS
16
Auch nach IFRS wird im Einzelabschluss wegen der Ausbuchung der Anteile ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen Veräußerungserlös und Buchwert der veräußerten Anteile erzielt (IAS 39.16–20). Im Konzernabschluss kommt es ebenfalls zu einer Endkonsolidierung oder zu einem Übergang auf die Equity-Konsolidierung (IAS 27.21, 28), sofern die relevanten Einflussgrößen unterschritten werden. Anteilsverkäufe ohne Beherrschungsverlust werden nach dem im Januar 2008 neu gefassten IAS 27 als reine Eigenkapitaltransaktionen dargestellt. Der neu gefasste IAS 27 ist erstmalig für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.7.2009 beginnen, verpflichtend anzuwenden.
19 Nachweise zum streitigen Meinungsstand bei Orth, WPg 2004, 777, 782 ff. 20 Vgl. DRS 4.45; zu Einzelheiten Adler/Düring/Schmaltz, § 301 HGB Rz. 260 ff.; Förschle/ Deubert in Beck’scher Bilanz-Komm., § 301 HGB Rz. 240 ff. 21 Hierzu Baetge/Zülch in Baetge/Kirsch/Thiele, § 301 HGB Rz. 342 ff. 22 Zur Bestimmung dieser Anschaffungskosten nach dem Reinvermögen zu Konzernbilanzbuchwerten vgl. DRS 4.49 u. Baetge/Zülch in Baetge/Kirsch/Thiele, § 301 HGB Rz. 358.
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§8
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
Die Bilanzierung der Auskehrung von Aktien und anderen Vermögenswerten durch Sachausschüttung ist in den IFRS gegenwärtig nicht abschließend geregelt. Es sind grundsätzlich drei Vorgehensweisen im Zeitpunkt der Auskehrung denkbar:
17
– Bewertung der Aktien zum Zeitwert unter erfolgswirksamer Erfassung eines Bewertungsgewinns oder -verlusts in der Gewinn- und Verlustrechnung – Bewertung der Aktien zum Zeitwert unter erfolgsneutraler Erfassung eines Bewertungsgewinns oder -verlusts direkt im Eigenkapital – Bewertung der Aktien zum Buchwert. Das IFRIC hat vorläufig beschlossen, dass zukünftig die Zeitwertmethode anzuwenden ist. Im Hinblick auf die erfolgswirksame oder erfolgsneutrale Erfassung des Bewertungsgewinns oder -verlusts hat sich das IFRIC bisher nicht geäußert.23
18
2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkungen bei der veräußernden Aktiengesellschaft aa) Freistellung eines Veräußerungsgewinns und Nichtabzugsfähigkeit eines Veräußerungsverlusts Nach § 8b Abs. 2 KStG bleiben Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch Kapitalgesellschaften bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens außer Ansatz, d.h. sind von der Besteuerung grundsätzlich freigestellt. Die Regelung gilt auch für Anteile an Organgesellschaften i.S.d. §§ 14, 17 oder 18 KStG.
19
Die Freistellung erfolgt gem. § 8b Abs. 6 Satz 1 KStG auch insoweit, als der Veräußerungsgewinn einer Kapitalgesellschaft im Rahmen des Gewinnanteils aus einer Mitunternehmerschaft zugerechnet wird (weil die Anteile im Gesamthandsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen dieser Mitunternehmerschaft gehalten werden). Wenn die veräußernde Aktiengesellschaft Organgesellschaft i.S.d. § 14 KStG ist, wird § 8b Abs. 2 u. 3 KStG auf der Ebene der Organgesellschaft nach § 15 Nr. 2 KStG nicht angewendet. Vielmehr ist der Veräußerungsgewinn oder -verlust in dem zuzurechnenden Einkommen enthalten, und je nach Rechtsform des Organträgers ist bei diesem § 8b Abs. 2 KStG oder § 3 Nr. 40 EStG anzuwenden.
20
Auch die Einkommenserhöhung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (d.h. einer Veräußerung an die Aktionäre zu einem unangemessen niedrigen Preis) und die Gewinnrealisierung bei Auskehrung von Aktien durch Sachausschüttung i.S.d. § 58 Abs. 5 AktG24 sind von § 8b Abs. 2 KStG begünstigt25.
21
Ein Veräußerungsverlust ist gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG bei der Ermittlung des Einkommens ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
22
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind die Veräußerungskosten gem. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG einzubeziehen. Gleichzeitig gelten gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 5 % des Veräußerungsgewinns als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben
23
23 IFRIC Update September 2007. 24 Ausführlich zu deren steuerlicher Behandlung, insbesondere auch der Gewinnrealisierung Orth, WPg 2004, 841. 25 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 21 u. 22.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
abgezogen werden dürfen. Im Ergebnis werden daher nur 95 % des um die Veräußerungskosten verminderten Veräußerungsgewinns freigestellt. 24
Bei der Veräußerung der Beteiligung an einer Organgesellschaft wird ein aktiver oder passiver organschaftlicher Ausgleichsposten, der aufgrund von Abweichungen zwischen handelsrechtlicher Gewinnabführung und steuerlicher Einkommenszurechnung gebildet wurde, gem. § 14 Abs. 4 KStG unter Anwendung des § 8b Abs. 2, 3 KStG gewinnwirksam aufgelöst26.
25
Die (95%ige) Freistellung eines Veräußerungsgewinns gilt wie die Nichtabzugsfähigkeit eines Veräußerungsverlusts auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags27, gem. § 7 Satz 4 GewStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Mitunternehmerschaft, an der Kapitalgesellschaften beteiligt sind. bb) Steuerpflicht wegen vorausgegangener steuerwirksamer Teilwertabschreibung
26
Die Freistellung des Gewinns aus einer Veräußerung etc. gilt gem. § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG nicht, so weit der Anteil in der Vergangenheit steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. So weit der Gewinn geringer ist als die vorangegangene Teilwertabschreibung, erfolgt keine Hinzurechnung.
27
Teilwertabschreibungen, die – insbesondere auch nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG – nicht steuerwirksam waren, stehen der Freistellung nicht entgegen. Richtigerweise sollte auch die Besteuerung von 5 % des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG insoweit nicht erfolgen (zum insoweit vergleichbaren Zusammenwirken von § 8b Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 KStG s. Rz. 31)28. War die vorausgegangene Teilwertabschreibung nur gewerbesteuer- oder nur körperschaftsteuerwirksam, sollte § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG auch nur insoweit anzuwenden sein.
28
Wenn sowohl steuerwirksame als auch nicht steuerwirksame Teilwertabschreibungen vorgenommen wurden und der Gewinn geringer ist als die Summe dieser Teilwertabschreibungen, stellt sich die Frage nach der Reihenfolge ihrer Berücksichtigung. Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass auf den entstehenden Gewinn immer bis zur Höhe der steuerwirksamen Teilwertabschreibung § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG anzuwenden ist29. Zutreffender erscheint in diesem Fall jedoch, dass ein Gewinn nur insoweit unter § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG fällt, als er die Höhe der nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen übersteigt. cc) Steuerpflicht der Veräußerung von Anteilen i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG
29
Nach § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG ist § 8b Abs. 2 KStG nicht anzuwenden (d.h., es besteht Steuerpflicht), soweit die Anteile
26 Die entgegenstehende Rechtsprechung des BFH – BFH v. 7.2.2007 – I R 5/05, BStBl. II 2007, 796 – ist durch diese gesetzliche Regelung überholt. 27 Vgl. Gesetzesbegr., BT-Drucks. 14/2683, S. 124; zur vergleichbaren Rechtsfrage hinsichtlich § 8b Abs. 2 KStG a.F. Abschn. 40 Abs. 2 Satz 8 GewStR 1998. 28 A.A. die Finanzverwaltung: OFD Koblenz v. 18.9.2006 – S 2324/2750a A - St 33 2, DStR 2006, 2033. 29 Vgl. OFD Koblenz v. 18.9.2006 – S 2324/2750a A - St 33 2, DStR 2006, 2033.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
– einbringungsgeboren i.S.d. § 21 UmwStG sind (§ 8b Abs. 4 Satz 1 KStG Nr. 1), oder – unmittelbar, mittelbar oder mittelbar über eine Mitunternehmerschaft von einem Einbringenden, der nicht zu den von § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Steuerpflichtigen gehört – d.h. von natürlichen Personen –, zu einem Wert unter dem Teilwert erworben worden sind (§ 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG). Die Regelung ist zwar durch das SEStEG30 aufgehoben worden. Sie ist jedoch gem. § 34 Abs. 7a KStG weiter anzuwenden, soweit die Anteile auf Einbringungen bis zum 12.12.2006 beruhen31. Bis zum Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist (s. unten Rz. 41) hat § 8b Abs. 4 KStG daher erhebliche praktische Bedeutung. Auf Aktien, die auf Einbringungen nach dem 12.12.2006 beruhen, findet § 22 UmwStG n.F. Anwendung (s. unten Rz. 48).
30
Veräußerungsverluste sind hingegen gem. § 8b Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auch bei diesen Anteilen nicht abzugsfähig. Ein nach § 8b Abs. 4 KStG steuerpflichtiger Gewinn ist um den Betrag vorheriger Teilwertabschreibungen zu kürzen, die nach § 8b Abs. 3 KStG nicht abziehbar waren32.
31
Die Vorschrift bezieht sich auf „Anteile“. Die Vorausetzungen sind daher bei jedem einzelnen Anteil zu prüfen, auch wenn diese zu einer Beteiligung gehören, die für Bewertungszwecke als ein einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen ist33. Bei der Veräußerung eines Teils der Anteile kann der Steuerpflichtige wählen, ob er die Anteile i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG oder andere Anteile veräußert34.
32
Einbringungsgeborene Anteile i.S.d. § 21 UmwStG a.F. sind Anteile, die durch eine Einbringung nach § 20 Abs. 1 UmwStG a.F. oder nach § 23 Abs. 1–4 UmwStG a.F. zu einem Wert unter dem Teilwert (d.h. i.d.R. zum steuerlichen Buchwert) erworben wurden. § 20 Abs. 1 UmwStG betrifft die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder mehrheitsvermittelnden Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in inländische Kapitalgesellschaften. In EU-Kapitalgesellschaften können nach § 23 Abs. 1–3 UmwStG Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile und nach § 23 Abs. 4 UmwStG mehrheitsvermittelnde Anteile i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zu einem Wert unter dem Teilwert eingebracht werden. Die Regelung soll die Vermeidung der Steuerpflicht eines Veräußerungsgewinns durch eine vorgeschaltete Einbringung verhindern. Unschädlich für die Steuerbefreiung ist daher im Ergebnis die Entstehung einbringungsgeborener Anteile aufgrund der Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG (s. unten Rz. 42 ff.).
33
30 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften, BGBl. I 2006, 2782. 31 Zur Anwendung der Regelung bei einer Weitereinbringung der Anteile nach neuem Recht s. §§ 20 Abs. 3 Satz 4, 21 Abs. 2 Satz 6 UmwStG. 32 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 18 u. 46. 33 Zur einheitlichen Bewertung einer Beteiligung vgl. BFH v. 14.2.1973 – I R 76/71, BStBl. II 1973, 397; bestätigt durch BFH v. 10.8.2005 – VIII R 26/03, BStBl. II 2006, 22. 34 Dies gilt jedenfalls im Fall der zivilrechtlichen Identifizierbarkeit der einzelnen Anteile. Falls eine solche Identifizierung nicht möglich ist, sollte die Erklärung des Steuerpflichtigen dafür maßgebend sein, welche Anteile er veräußert hat; vgl. Haritz in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rz. 163. Hinzu kommt, dass die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung erfordert, die für den Steuerpflichtigen günstigste Veräußerungsreihenfolge zu Grunde zu legen; vgl. BFH v. 24.11.1993 – X R 49/90, BStBl. II 1994, 591 hinsichtlich § 23 EStG.
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34
Einbringungsgeborene Anteile liegen nach der Rechtsprechung auch insoweit vor, als durch eine Einbringung stille Reserven auf bestehende Anteile übergehen (nachträgliche Steuerverstrickung) oder bei einer späteren Barkapitalerhöhung stille Reserven bereits bestehender einbringungsgeborener Anteile auf die neuen Anteile übergehen35.
35
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Wertverschiebungen von schädlich einbringungsgeborenen auf unschädlich einbringungsgeborene Anteile in gleicher Weise zu behandeln36. Dies ist zwar nicht durch die Rechtsprechung des BFH gedeckt, erscheint aber konsequent. Nicht zweifelsfrei ist hingegen die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die Anteile, auf die sich stille Reserven verlagern, sämtlich mit der gleichen Quote anteilig steuerverhaftet sind37. Diese Frage, die im Fall der Veräußerung eines Teils der Anteile von Bedeutung ist, wurde vom BFH bisher nicht entschieden und ist in der Literatur umstritten38.
36
Eine für § 8b Abs. 4 KStG relevante Wertverschiebung erfolgt dann, wenn die jeweiligen Kapitalerhöhungen nicht nach Verkehrswertverhältnissen bemessen werden. Der umgekehrte Fall – Wertverschiebung von nicht einbringungsgeborenen Anteilen auf einbringungsgeborene Anteile – muss entsprechend behandelt werden, d.h., in Höhe der Wertverschiebung verlieren die Anteile ihre Einstufung als einbringungsgeboren. Wiederum sollte gleiches für den Fall gelten, dass eine Wertverschiebung von unschädlich einbringungsgeborenen Anteilen auf schädlich einbringungsgeborene Anteile erfolgt (z.B. von Anteilen, die allein auf einer Einbringung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG beruhen, auf Anteile, die auf einer Einbringung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG beruhen).
37
Die Einstufung als einbringungsgeborene Anteile endet, wenn eine Versteuerung nach § 21 Abs. 2 UmwStG (insbesondere Antragsversteuerung) erfolgt ist39. Ebenso ist § 21 UmwStG nach einer gewinnrealisierenden Übertragung der Anteile nicht mehr anwendbar. Bei einer Verschmelzung oder Spaltung der Kapitalgesellschaft, an der die einbringungsgeborenen Anteile bestehen, sind die neuen Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in gleichem Umfang als einbringungsgeboren anzusehen, wenn auf Antrag keine Gewinnrealisierung erfolgt. Eine Verschmelzung oder Spaltung der Muttergesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft hat wegen des Eintritts der übernehmenden Kapitalgesellschaft in die Rechtsstellung der übertragenden Kapitalgesellschaft gem. § 12 Abs. 3 UmwStG keinen Einfluss auf die Sieben-Jahres-Frist40.
35 Vgl. BFH-Urteile v. 8.4.1992 – I R 128/88 u.a., BStBl. II 1992, 761 ff.; UmwSt-Erlass, Rz. 21.14. 36 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 52 zu Wertverschiebungen zwischen Anteilen, die durch Einbringungen innerhalb und außerhalb der SiebenJahres-Frist des § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG entstanden sind. 37 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 52. 38 Für anteilige Verstrickung sämtlicher Anteile Widmann in Widmann/Mayer, § 21 UmwStG Rz. 47; für gegenständliche Teilung Haritz in Haritz/Benkert, § 21 UmwStG Rz. 163. 39 Vgl. BMF v. 16.12.2003 – VI A 2 - S 1978 - 16/03, BStBl. I 2003, 786 Rz. 35; ebenso bereits UmwSt-Erlass, Rz. 21.07. 40 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 45.
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Die zweite Fallgruppe des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG betrifft die Einbringung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch natürliche Personen oder Mitunternehmerschaften, so weit an ihnen natürliche Personen beteiligt sind, in eine Kapitalgesellschaft41. Die Regelung soll verhindern, dass die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns nach dem Halbeinkünfteverfahren bei natürlichen Personen durch Einbringung unter dem Teilwert in eine Kapitalgesellschaft, bei der der Veräußerungsgewinn steuerfrei ist, vermieden wird.
38
Die Anwendung des § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG ist nicht auf bestimmte Einbringungen beschränkt. Betroffen sind insbesondere Einbringungen von Anteilen in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG (im Rahmen der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils) oder § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (mehrheitsvermittelnde Anteile aus dem Privat- oder Betriebsvermögen).
39
Von den in § 8b Abs. 4 Satz 1 geregelten Ausnahmen von der Freistellung bestehen wiederum (Rück-)Ausnahmen, die in § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG geregelt sind und trotz des Vorliegens eines der Tatbestände des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG zur Freistellung nach § 8b Abs. 2 KStG führen.
40
Zunächst sind gem. § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG in beiden Fällen des § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG nur solche Einbringungen schädlich, die innerhalb von sieben Jahren vor der Veräußerung der Anteile erfolgt sind. Da die Regelung auf den Zeitpunkt der Einbringung abstellt, beginnt die Frist bei Einbringungen i.S. der §§ 20, 23 Abs. 1–3 UmwStG mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags der Einbringung und damit auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Rückwirkung nach § 20 Abs. 7, 8 UmwStG42. Die Sieben-Jahres-Frist verlängert sich nicht durch nachfolgende weitere Einbringungen der Anteile43.
41
Des Weiteren führen Einbringungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach §§ 20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG durch eine Kapitalgesellschaft nicht zu einer Steuerpflicht hinsichtlich der dafür erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile. Dies liegt darin begründet, dass durch einen solchen reinen Anteilstausch kein steuerlicher Vorteil erreicht wird, wenn bereits für die eingebrachten Anteile die Freistellung galt. Daher regelt § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG, dass § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist, so weit die Anteile i.S.d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG weder unmittelbar oder mittelbar auf einer Einbringung i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 1 oder § 23 Abs. 1–3 UmwStG – d.h. gerade nicht ausschließlich auf Einbringungen von Anteilen nach § § 20 Abs. 1 Satz 2, 23 Abs. 4 UmwStG – noch auf einer Einbringung durch einen nicht nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigen Steuerpflichtigen innerhalb der in § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG bezeichneten Frist beruhen.
42
Die kompliziert und missverständlich formulierte Regelung verhindert durch die Erfassung von Anteilen, die mittelbar auf einer schädlichen Einbringung beruhen, dass die Steuerpflicht durch die erneute Einbringung von schädlich erworbenen Anteilen („Ketteneinbringung“) vermieden werden kann. Für die Berechnung der Sieben-Jahres-Frist kommt es auch in § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG auf den steuerlichen Über-
43
41 Diese Qualifikation geht mangels Regelung in § 13 UmwStG durch eine Verschmelzung oder Spaltung der Kapitalgesellschaft, deren Anteile eingebracht wurden, unter; Widmann in Widmann/Mayer, § 13 UmwStG Rz. 47. 42 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 41. 43 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 41.
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tragungsstichtag der ursprünglichen schädlichen Einbringung an, nicht auf den Zeitpunkt der weiteren Einbringungen44. Nur schädliche Einbringungsvorgänge, die innerhalb von sieben Jahren vor dem Zeitpunkt der Veräußerung erfolgt sind, führen zu einer Versagung der Freistellung. 44
Wenn im Rahmen einer Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteil nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG unter dem Teilwert durch eine Körperschaft auch Anteile an Kapitalgesellschaften mit übertragen werden, erhält die einbringende Körperschaft zwar formal insgesamt schädlich einbringungsgeborene Anteile. § 8b Abs. 4 KStG, der an eine solche Einbringung eine siebenjährige Sperrfrist für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG knüpft, sollte jedoch teleologisch reduziert werden, da insoweit nur ein (unschädlicher) Anteilstausch stattfindet, der hinsichtlich der hierfür gewährten einbringungsgeborenen Anteile nach Sinn und Zweck der Vorschrift keine Sperrfrist nach § 8b Abs. 4 KStG auslösen sollte45.
45
Die Finanzverwaltung stellt hingegen allein auf die Rückausnahme des § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 KStG ab und will diese anwenden, wenn die mit eingebrachten Anteile die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG erfüllen (mehrheitsvermittelnde Beteiligung), keine wesentliche Betriebsgrundlage des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs sind, und die für diese übertragenen Anteile gewährten neuen einbringungsgeborenen Anteile nach Verkehrswertrelationen zum steuerlichen Übertragungsstichtag bemessen und genau identifizierbar sind46. Wenn eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, soll die Rückausnahme nicht erfüllt sein. Eine quotale Betrachtung – keine Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG, soweit die einbringungsgeborenen Anteile wertmäßig auf den mit eingebrachten Anteilen beruhen – soll nur aus Billigkeitsgründen hinsichtlich von Einbringungen möglich sein, die bis zum 31.1.2004 erfolgten. dd) Eigenhandel von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen sowie Kapitalanlagen von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen
46
§ 8b Abs. 7 KStG enthält Ausnahmen von der Anwendung des § 8b Abs. 1–6 KStG für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute, so weit Anteile gem. § 1 Abs. 12 KWG dem Handelsbuch zuzurechnen sind, und für Anteile, die von einem Finanzunternehmen i.S.d. Gesetzes über das Kreditwesen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben werden47. Nach streitiger Auffassung der Finanzverwaltung ist die Vorschrift wegen der Definition der Finanzunternehmen in § 1 Abs. 3 KWG auch auf Holdinggesellschaften anzuwenden, wenn die Anteile dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind48.
47
Ebenfalls ausgenommen von der Anwendung des § 8b KStG sind gem. § 8b Abs. 8 KStG Anteile, die bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensi44 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 48. 45 Zum Diskussionsstand in der Literatur vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8b KStG Rz. 101a. 46 Vgl. BMF v. 5.1.2004 – IV A 2 - S 2750a - 35/03, BStBl. I 2004, 44. 47 Aufgrund dieser Regelung – in Verbindung mit § 15 Abs. 4 EStG – können institutionelle Anleger weiterhin Verluste aus dem Aktienhandel und den korrespondierenden Termingeschäften steuerlich geltend machen. 48 Vgl. BMF v. 25.7.2002 – IV A 2 - S 2750a - 6/02, BStBl. I 2002, 712.
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onsfonds den Kapitalanlagen zuzurechnen sind49. Grundsätzlich sind somit bei diesen Steuerpflichtigen gem. § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG sämtliche Bezüge und Gewinne i.S.d. § 8b KStG steuerpflichtig, während sämtliche Verluste abzugsfähig sind. Ausnahmen hiervon gelten, soweit in der Vergangenheit eine Teilwertabschreibung nach § 8b Abs. 3 KStG nicht abzugsfähig war oder die Anteile von einem verbundenen Unternehmen erworben wurden, bei dem der Veräußerungsgewinn nach § 8b Abs. 2 KStG freigestellt war. ee) Besteuerung eines Einbringungsgewinns nach § 22 UmwStG wegen einer vorangegangenen Einbringung Bei der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach dem 12.12.2006 tritt an die Stelle des § 21 UmwStG i.V.m. § 8b Abs. 4 KStG (s. oben Rz. 29 ff.) die Regelung des § 22 Abs. 1 UmwStG50. Danach führt eine Veräußerung51 der als Gegenleistung für eine Einbringung unter dem gemeinen Wert erhaltenen Anteile gem. § 22 Abs. 1 UmwStG zu einer rückwirkenden Besteuerung des so genannten Einbringungsgewinns I beim Einbringenden. Der Einbringungsgewinn I entspricht der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des eingebrachten Betriebsvermögens und dem bei der Einbringung angesetzten Buch- oder Zwischenwert (abzüglich Umwandlungskosten), vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Der Einbringungsgewinn I gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 4 UmwStG als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, mindert also den Gewinn aus der Anteilsveräußerung (auf den § 8b Abs. 2 KStG oder §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG anzuwenden ist).
48
Des Weiteren ist bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 2 UmwStG auf Antrag zum Beginn des Wirtschaftsjahrs der Veräußerung – also nicht rückwirkend – und bei Nachweis der Entrichtung der Steuer auf den Einbringungsgewinn durch den Einbringenden ein „Erhöhungsbetrag“ gewinnneutral anzusetzen. Dies gilt jedoch nur, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen entweder noch zum Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft gehört oder zum gemeinen Wert übertragen wurde, d.h. nicht bei einer Weiterübertragung unter dem gemeinen Wert. Nach der Gesetzesbegründung soll aus dem Ansatz des Erhöhungsbetrags eine wirtschaftsgutbezogene Buchwertaufstockung bzw. bei erfolgter Weiterübertragung zum gemeinen Wert sofort abziehbarer Aufwand folgen52.
49
Das Konzept des Einbringungsgewinns I gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 5 UmwStG grundsätzlich nicht, soweit das eingebrachte Betriebsvermögen Anteile an Kapital-
50
49 Hintergrund sind die Besonderheiten der steuerlichen Gewinnermittlung bei diesen Steuerpflichtigen. Die mit Anteilen an Kapitalgesellschaften erzielten Gewinne und Verluste wirken sich auf die Höhe der steuerlich abzugsfähigen Beitragsrückerstattungen und Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen i.S.d. § 21 KStG aus. Die Freistellung dieser Gewinne bzw. Nichtabzugsfähigkeit dieser Verluste nach § 8b KStG führte daher zu steuerlichen Verlusten im Fall der Gewinnerzielung aus Anteilen an Kapitalgesellschaften und zu steuerlichen Gewinnen im Fall der Verlusterzielung aus solchen Anteilen. Diese unbefriedigende Rechtslage wurde durch die Einführung des § 8b Abs. 8 KStG beendet. 50 Zum Vorrang der Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG in der Übergangszeit § 27 Abs. 4 UmwStG. 51 § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG enthält eine Vielzahl von Ersatztatbeständen zur Vermeidung von Besteuerungslücken, insbesondere im Hinblick auf Ketteneinbringungen. 52 Vgl. BT-Drucks. 16/2710, S. 50.
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gesellschaften enthält; insoweit kommt die Regelung für den Anteilstausch in § 22 Abs. 2 UmwStG zur Anwendung (dazu Rz. 51 f.)53. Bei einer teilweisen Veräußerung der erhaltenen Anteilen stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob alle erhaltenen Anteile anteilig § 22 Abs. 1 UmwStG auslösen oder ob ein Teil der erhaltenen Anteile veräußert werden kann, ohne dass ein Einbringungsgewinn I zu versteuern ist. Bei entsprechender Anwendung der Grundsätze des zu § 8b Abs. 4 KStG ergangenen BMF-Schreibens vom 5.1.2004 (s. oben Rz. 45) ist eine Identifizierung der Anteile, deren Veräußerung keinen Einbringungsgewinn I auslöst, möglich, wenn die für die übertragenen Anteile gewährten Anteile genau identifizierbar waren (z.B. auf Grund des Einbringungsvertrags), und die für die übertragenen Anteile gewährten Anteile nach Verkehrswertverhältnissen bemessen waren54. Vor dem Hintergrund der geänderten Systematik – nach § 8b Abs. 4 KStG war eine Einbringung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG grundsätzlich insgesamt schädlich, während nach § 22 Abs. 1 Satz 5 UmwStG die Miteinbringung von Anteilen grundsätzlich unschädlich ist – kann es auf die zu § 8b Abs. 4 KStG aufgestellten weiteren Voraussetzungen – insbesondere keine Einstufung als wesentliche Betriebsgrundlage – nach neuem Recht nicht mehr ankommen. 51
Vor SEStEG war bei der Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine inländische Kapitalgesellschaft durch eine nicht von § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person eine Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft innerhalb einer Sperrfrist von sieben Jahren gem. § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG voll steuerpflichtig (s. oben Rz. 38 ff.). Diese Regelung wurde für Anteilseinbringungen unter dem gemeinen Wert nach dem 12.12.2006 – Anteilstausch gem. § 21 UmwStG und Miteinbringung von Anteilen im Rahmen einer Einbringung nach § 20 UmwStG – ebenfalls durch das Konzept der rückwirkenden Besteuerung des Einbringenden ersetzt (§ 22 Abs. 2 UmwStG). Wenn der Einbringende keine von § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Person ist55, führt eine Veräußerung der unter dem gemeinen Wert eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft innerhalb von sieben Jahren zu einer rückwirkenden Besteuerung des so genannten Einbringungsgewinns II beim Einbringenden.
52
Der Einbringungsgewinn II ist als Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern und entspricht der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem bei der Einbringung angesetzten Buch- oder Zwischenwert (abzüglich Umwandlungskosten), vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Der Einbringungsgewinn II gilt gem. § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Gem. § 23 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erhöht er bei Nachweis der Steuerentrichtung die Anschaffungskos-
53 Wenn bei Einbringung durch beschränkt Steuerpflichtige allerdings kein deutsches Besteuerungsrecht für die erhaltenen Anteile besteht, umfasst der Einbringungsgewinn I auch die stillen Reserven der mit eingebrachten Anteile. 54 Zur Bestimmung dieser Anteile im Rahmen einer einheitlichen Kapitalerhöhung Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8b KStG Rz. 101a m.w.N. 55 Nach dem Wortlaut dürfte allein auf die persönliche Begünstigung abzustellen sein, so dass dies auch gelten sollte, wenn Anteile eingebracht wurden, auf die § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG a.F. anwendbar ist. Zum vorerst nicht umgesetzten Änderungsvorschlag des Bundesrats im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2008 vgl. BR-Drucks. 544/07 (Beschluss), S. 59.
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ten der eingebrachten Anteile bei der übernehmenden Gesellschaft und mindert deren Gewinn aus der Anteilsveräußerung (auf den § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist). b) Auswirkungen bei den Aktionären bzw. Erwerbern Die Aktionäre sind von der Veräußerung durch die Aktiengesellschaft nur insoweit unmittelbar betroffen, als sie selbst die Anteile an der Tochtergesellschaft erwerben. Soweit dies zu einem Preis erfolgt, der unter dem Verkehrswert liegt, liegt der Bezug einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vor, die bei natürlichen Personen gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG zu 50 % und bei Körperschaften gem. § 8b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerlich freigestellt wird. Entsprechendes gilt beim Erwerb der Anteile durch Sachausschüttung. Der Betrag einer verdeckten Gewinnausschüttung oder Sachausschüttung erhöht die Anschaffungskosten des Erwerbers der Aktien, so dass diese als zum gemeinen Wert angeschafft gelten56.
53
Eine nachfolgende Veräußerung der Aktien durch den Erwerber ist im Betriebsvermögen und unter bestimmten Voraussetzungen im Privatvermögen steuerpflichtig (s. oben Rz. 11 ff., auch zur hälftigen oder 95%igen Freistellung und zur Einführung der Abgeltungsteuer ab dem 1.1.2009). Bei der Berechnung der Frist für ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dürfte bei einer Sachausschüttung auf den Zeitpunkt des Ausschüttungsbeschlusses abzustellen sein57.
54
IV. Aktienemission durch Abspaltung 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB aa) Übertragende Aktiengesellschaft Der Anmeldung der Abspaltung zum Register der übertragenden Aktiengesellschaft ist gem. § 125 i.V.m. § 17 Abs. 2 UmwG eine Schlussbilanz der Aktiengesellschaft beizufügen, für die die Vorschriften über den Jahresabschluss entsprechend gelten. Diese Bilanz kann gem. § 17 Abs. 2 Satz 3 UmwG auf einen Stichtag aufgestellt werden, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegt (dieser Stichtag liegt einen Tag vor dem Spaltungsstichtag58).
55
Da bei einer Abspaltung im Gegensatz zur Verschmelzung nur ein Teil des Vermögens der Aktiengesellschaft übertragen wird, ist eine Gesamtschlussbilanz nur eingeschränkt aussagefähig. Sinnvoll ist vielmehr die Aufstellung von Teilschlussbilanzen für die zu trennenden Vermögensteile. Dem Gesetz kann allerdings keine Verpflichtung zur Aufstellung von Teilbilanzen entnommen werden59. Andererseits ist fraglich, ob allein die Aufstellung einer Teilbilanz für das zu übertragende Ver-
56
56 Vgl. BMF v. 25.10.2004 – IV C3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034, Rz. 34; Heinicke in Schmidt, § 23 EStG Rz. 46. 57 Vgl. BMF v. 25.10.2004 – IV C3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034, Rz. 34. 58 Vgl. IDW, HFA 2/1997, WPg 1997, 235, Abschn. 111; UmwSt-Erlass, Rz. 02.02. 59 Vgl. IDW, HFA 1/1998, WPg 1998, 508, Abschn. 11.
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mögen ausreicht60. Jedenfalls kann auf die Einreichung einer Gesamtbilanz verzichtet werden, wenn Teilbilanzen für das zu übertragende und das verbleibende Vermögen eingereicht werden61. 57
Die übertragende Aktiengesellschaft hat den abspaltungsbedingten Vermögensabgang in ihrem dem Abspaltungsstichtag folgenden Jahresabschluss darzustellen62. Dieser gesellschaftsrechtliche Vorgang berührt nicht den Jahresüberschuss der AG63. Bei einem nach Buchwerten positiven Vermögenssaldo und damit einer abspaltungsbedingten Vermögensminderung bei der Aktiengesellschaft ist diese in der Ergänzung der Gewinn- und Verlustrechnung gem. § 158 Abs. 1 AktG nach dem Posten „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ gesondert als „Vermögensminderung durch Abspaltung“ auszuweisen. Ebenfalls in Ergänzung der Gewinn- und Verlustrechnung ist die Auflösung von Rücklagen und gegebenenfalls eine Kapitalherabsetzung auszuweisen (§§ 158 Abs. 1, 240 AktG). Die Abspaltung eines zu Buchwerten negativen Vermögenssaldos ist als andere Zuzahlung der Gesellschafter in der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB auszuweisen.
58
Auch in der Konzernbilanz ist die Abspaltung als gesellschaftsrechtliche Vermögensauskehrung unter Verrechnung mit dem Eigenkapital gesondert zu erfassen64. bb) Übernehmende Aktiengesellschaft
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Die übernehmende Aktiengesellschaft hat gem. § 24 UmwG das Wahlrecht, das auf sie übergehende Vermögen mit den Anschaffungskosten (Zeitwert) oder den in der Schlussbilanz der übertragenden Aktiengesellschaft angesetzten Werten (Buchwert) anzusetzen. Sie hat das Vermögen bereits vor Eintragung der Abspaltung auszuweisen, wenn das wirtschaftliche Eigentum auf sie übergegangen ist65. Der Vermögenszugang erhöht aufgrund der erfolgenden Kapitalerhöhung das Grundkapital und die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB. b) Bilanzierung nach IFRS
60
Für die Abspaltung von Vermögenswerten gelten hinsichtlich der Behandlung bei der übertragenden Gesellschaft die Ausführungen zur Sachausschüttung in Rz. 17 entsprechend. Für die aufnehmende Gesellschaft stellt der Vermögenszugang eine Transaktion gegen Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten dar. Sofern die übertragenen Vermögenswerte und Schulden einen Geschäftsbetrieb i.S.d. IFRS 3 darstellen, sind diese zum Zeitwert der ausgegebenen Anteile zu erfassen (IFRS 3.24 (a)). Wenn 60 Bejahend Widmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwG Rz. 163 f.; differenzierend IDW, HFA 1/1998, WPg 1998, 508, Abschn. 11.: nur im Falle der Unwesentlichkeit des zu übertragenden Vermögens. 61 Vgl. Budde/Klingberg in Budde/Förschle, Sonderbilanzen, G Rz. 300 f. 62 Nach Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem abgespaltenen Vermögen ist ein Ausweis bei der übertragenden Aktiengesellschaft nicht mehr möglich. Anders als bei Verschmelzung genügt eine Erläuterung der Auswirkungen der Abspaltung im Anhang nicht; IDW, HFA 1/1998, WPg 1998, 508, Abschn. 122. 63 Vgl. IDW, HFA 1/1998, WPg 1998, 508, Abschn. 122.; Budde/Klingberg in Budde/Förschle, Sonderbilanzen, I Rz. 331 f. 64 Vgl. Förschle/Deubert in Beck’scher Bilanz-Komm., § 301 HGB Rz. 248. 65 Zu den Voraussetzungen IDW, HFA 2/1997, WPg 1997, 235, Abschn. 21.
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kein Geschäftsbetrieb übertragen wird, sind die übertragenen Vermögenswerte und Schulden mit ihren Zeitwerten anzusetzen.
2. Steuerrechtliche Behandlung a) Auswirkungen bei der übertragenden Aktiengesellschaft aa) Grundsatz der Ertragsteuerneutralität bei Vorliegen von Teilbetrieben Grundvoraussetzung für die Ertragsteuerneutralität der Abspaltung von einer Aktiengesellschaft auf eine Aktiengesellschaft ist die Einstufung der übergehenden und verbleibenden Vermögensteile als Teilbetriebe. Denn eine Abspaltung wird nur unter folgenden Voraussetzungen gem. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 15 i.V.m. §§ 11 ff. UmwStG wie eine (Teil-)Verschmelzung ertragsteuerneutral behandelt66:
61
– Die in dem übergehenden Vermögen enthaltenen stillen Reserven unterliegen bei der übernehmenden Gesellschaft der Körperschaftsteuer und es wird außer Gesellschaftsrechten keine Gegenleistung gewährt (§ 11 Abs. 2 UmwStG). – Auf die übernehmende Aktiengesellschaft wird ein Teilbetrieb übertragen und bei der übertragenden Aktiengesellschaft verbleibt ein Teilbetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Als Teilbetrieb gilt gem. § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG auch ein Mitunternehmeranteil oder eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft („fiktive Teilbetriebe“). – Es liegt kein Missbrauchsfall i.S.d. § 15 Abs. 2 UmwStG vor. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gelten für den Teilbetriebsbegriff des § 15 UmwStG im Wesentlichen die zu § 16 EStG entwickelten Grundsätze67. Da die Regelungen zur Spaltung nach dem Willen des Gesetzgebers „im Grundsatz materiell unverändert“ in das durch das SEStEG neu gefasste UmwStG übernommen werden sollten68, dürfte dies im Grundsatz auch weiterhin gelten69. Ein Teilbetrieb ist danach ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebes, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebes i.S.d. EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist70.
62
Die gewisse Selbstständigkeit liegt dann vor, wenn die dem Teilbetrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter in ihrer Zusammenfassung einer Betätigung dienen, die sich im Rahmen des Gesamtunternehmens von der übrigen Tätigkeit deutlich abhebt71. Das Vorliegen der erforderlichen wirtschaftlichen, sachlichen und personellen Selbstständigkeit ist anhand des Gesamtbilds der Verhältnisse zu prüfen. Von Bedeutung sind hierbei z.B. ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm, selbstständige Organisation, eigenes Personal, eigenes Anlagevermögen, räumliche Trennung und gesonderte Buchführung. Diesen Abgrenzungsmerkmalen kommt
63
66 Besonderheiten einer – nach § 125 UmwG derzeit nicht möglichen – grenzüberschreitenden Abspaltung von einer deutschen Aktiengesellschaft werden nachfolgend vernachlässigt. 67 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.02. 68 Vgl. BT-Drucks. 16/2710, S. 35. 69 Vgl. hinsichtlich des Verhältnisses zum Teilbetriebsbegriff der EU-Fusionsrichtlinie Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 123 ff. 70 Vgl. BFH v. 5.6.2003 – IV R 18/02, BStBl. II 2003, 838; R 16 Abs. 3 Satz 1 EStR 2005. 71 Vgl. BFH v. 13.12.1996 – VIII R 39/93, BStBl. II 1996, 409.
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nach der Art des Betriebs unterschiedliches Gewicht zu und sie brauchen auch nicht sämtlich vorliegen, da der Teilbetrieb nur eine gewisse Selbstständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb erfordert72. Insbesondere ist keine völlige organisatorische Trennung mit eigener Buchführung erforderlich73. Unwesentliche Überschneidungen in der Tätigkeit der Teilbetriebe und allgemeine Verwaltungsarbeiten, die für mehrere Teilbetriebe erbracht werden, stehen der Selbstständigkeit der Teilbetriebe nicht entgegen74. Die Voraussetzung der eigenständigen Lebensfähigkeit ist erfüllt, wenn der betreffende Unternehmensteil seiner Struktur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausüben kann75. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein eigener Kundenkreis und eigene Einkaufsbeziehungen vorliegen76. 64
Auch bei reinen Holdinggesellschaften ohne eigene operative Tätigkeit können – neben fiktiven Teilbetrieben in Form von Beteiligungen (dazu unten Rz. 69 ff.) – originäre Teilbetriebe existieren77. Dies setzt voraus, dass die Tätigkeit der Holding als gewerblich einzustufen ist, weil sie die einheitliche Leitung über mehrere Tochtergesellschaften ausübt (geschäftleitende Holding)78. In diesem Fall können auch Geschäftsfelder, die durch Beteiligungen an mehreren Tochtergesellschaften verkörpert werden, bei entsprechender organisatorischer Selbstständigkeit Teilbetriebe darstellen.
65
Da die Teilbetriebe erst im Zeitpunkt des Spaltungsbeschlusses vorliegen müssen79, können auch nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (s. unten Rz. 75) Wirtschaftsgüter einem Teilbetrieb zugeordnet werden oder Maßnahmen organisatorischer Art getroffen werden, die die notwendige Verselbstständigung des Teilbetriebs herstellen. Den Teilbetrieben müssen im Rahmen der Spaltung die wesentlichen Betriebsgrundlagen zugeordnet werden80. Nach der für die Teilbetriebsabgrenzung bei Umwandlungsvorgängen allein maßgebenden funktionalen Betrachtungsweise81 stellen nur Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt, wesentliche Betriebsgrundlagen dar82. Hierzu gehören insbesondere die im Teilbetrieb ge-
66
72 Vgl. BFH v. 15.3.2007 – III R 53/06, BFH/NV 2007, 1661 m.w.N. 73 Vgl. BFH v. 24.8.1989 – IV R 120/88, BStBl. II 1990, 55; R 16 Abs. 3 Satz 2 EStR 2005. 74 Vgl. BFH v. 23.11.1988 – IX R 1/86, BStBl. II 1989, 376; BFH v. 24.8.1989 – IV R 120/88, BStBl. II 1990, 55. 75 Vgl. BFH v. 23.11.1988 – IX R 1/86, BStBl. II 1989, 376. 76 Vgl. FG Köln v. 27.11.1998 – 2 K 2847/94, rkr., EFG 1999, 470 m.w.N. 77 Vgl. Widmann in Widmann/Mayer, § 15 UmwStG Rz. 19; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 UmwStG Rz. 29. 78 Zu dieser Einstufung im Hinblick auf die wirtschaftliche Eingliederung im Rahmen einer Organschaft nach altem Recht BFH v. 17.12.1969 – I 252/64, BStBl. II 1970, 257; BFH v. 17.9.2003 – I R 95, 98/01, BFH/NV 2004, 808; allgemein in Weber-Grellet in Schmidt, § 15 EStG Rz. 90. 79 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.10; auch ein Teilbetrieb im Aufbau ist ausreichend; dazu BFH v. 7.11.1991 – IV 50/90, BStBl. II 1992, 380; BFH v. 1.2.1989 – VIII R 33/85, BStBl. II 1989, 458. 80 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.07. 81 Vgl. BFH v. 2.10.1997 – IV R 84/96, BStBl. II 1998, 104; Rz. 15.02 des UmwSt-Erlasses ist insoweit überholt; BMF v. 16.8.2000 – IV C 2 - S 1909 - 23/00, BStBl. I 2000, 1253. 82 Vgl. BFH v. 17.4.1997 – VIII R 2/95, BStBl. II 1998, 388 m.w.N.
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nutzten Grundstücke83 und Produktionsanlagen84. Auch diese können jedoch im Einzelfall aufgrund geringer wirtschaftlicher Bedeutung für den Teilbetrieb unwesentlich sein85. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen mit dem jeweiligen Teilbetrieb übertragen werden bzw. bei ihm verbleiben, eine bloße Nutzungsüberlassung reicht nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht aus86. Diejenigen Wirtschaftsgüter, die – wie z.B. Forderungen und Finanzmittel – keine wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen, können hingegen jedem der Teilbetriebe zur Kapitalverstärkung zugeordnet werden (neutrale Wirtschaftsgüter)87. Auch die Verbindlichkeiten der übertragenden Körperschaft können unabhängig von ihrer Veranlassung im Rahmen des § 15 UmwStG frei zugeordnet werden88. Die Pensionsrückstellungen für aktive Mitarbeiter sind allerdings zwangsläufig von den übernehmenden Rechtsträgern zu bilden, auf die die Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB übergehen. Pensionsverpflichtungen gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern und Rentnern können auch steuerlich frei zugeordnet werden.
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Wirtschaftsgüter, die von mehreren Teilbetrieben genutzt werden und für mehr als einen Teilbetrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, sind grundsätzlich ein Spaltungshindernis. Die Finanzverwaltung verlangt in diesem Fall bei Grundstücken grundsätzlich eine zivilrechtliche reale Teilung, nur bei Unzumutbarkeit derselben soll eine ideelle Teilung (Bruchteilseigentum) ausreichen89. Richtigerweise ist es jedoch ausreichend, wenn im Rahmen einer Spaltung nur das wirtschaftliche (Mit-)Eigentum i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an einer wesentlichen Betriebsgrundlage übertragen wird90. Dies kann durch die Einräumung eines Nutzungsrechts im Rahmen der Spaltung erreicht werden, wenn das Wirtschaftsgut nach Ablauf der unkündbaren Überlassungsdauer technisch oder wirtschaftlich abgenutzt ist91.
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Als Teilbetrieb gilt gem. § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG auch ein Mitunternehmeranteil und eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die das gesamte Nennkapital der Gesellschaft umfasst. Diese fiktiven Teilbetriebe können somit selbst übertragenes bzw. zurückbleibendes Vermögen bei einer Abspaltung sein. Nach Auffassung der Finanzverwaltung können ihnen im Billigkeitswege (nur) diejenigen Wirt-
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83 Vgl. BFH v. 3.6.2003 – IX R 15/01, BFH/NV 2003, 1321 m.w.N.; im Einzelfall kann die Grundstücksverwaltung jedoch auch selbst einen Teilbetrieb darstellen; BFH v. 12.11.1997 – XI R 24/97, BStBl. II 1998, 690. 84 Vgl. BFH v. 12.6.1996 – XI R 56, 57/95, BStBl. II 1996, 527. 85 Vgl. BFH v. 13.12.2005 – XI R 45/04, BFH/NV 2006, 1453; BFH v. 26.4.1979 – IV R 116/76, BStBl. II 1979, 557; zum Kriterium des wesentlichen wirtschaftlichen Gewichts s. auch BFH v. 12.12.2000 – VIII R 10/99, BStBl. II 2001, 282. 86 Vgl. BFH v. 16.2.1996 – I R 183/94, BStBl. II 1996, 342 zu dem vergleichbaren Problem bei der Anwendung des § 20 UmwStG. 87 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.08. 88 Vgl. OFD Hannover v. 30.1.2007 – S 1978 - 43 - StO 243, DB 2007, 716. 89 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.07. 90 Zutreffend Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 85 zu beweglichen Wirtschaftsgütern. 91 Vgl. BFH v. 2.6.1978 – III R 4/76, BStBl. II 1978, 507; zu Schutzrechten BFH v. 22.1.1988 – III B 9/87, BStBl. II 1988, 357 m.w.N.
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schaftsgüter und Schulden zugeordnet werden, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihnen stehen92. 70
Ein Mitunternehmeranteil ist die Beteiligung an einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (neben Personengesellschaften mit Gesamthandsvermögen insbesondere auch die atypisch stille Gesellschaft). Begünstigt ist auch die Abspaltung des Teils eines Mitunternehmeranteils93. Ein Mitunternehmeranteil ist ertragsteuerlich kein Bestandteil des Betriebs der übertragenden Körperschaft und kann daher auch keine wesentliche Betriebsgrundlage eines Teilbetriebs sein94.
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Ein Mitunternehmeranteil umfasst neben dem Anteil an der Personengesellschaft auch das Sonderbetriebsvermögen. Sonderbetriebsvermögen sind Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters (Mitunternehmers) stehen und dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) dienen95. Wenn Sonderbetriebsvermögen als wesentliche Betriebsgrundlage der Mitunternehmerschaft einzustufen ist, muss es mit dem Mitunternehmeranteil übertragen werden (bzw. mit ihm bei der übertragenden Körperschaft verbleiben). Bei einer Teilung eines Mitunternehmeranteils im Rahmen der Spaltung müssten bei Übertragung der Rechtsprechung zu §§ 16, 34 EStG96 auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen geteilt werden97. Bei der erforderlichen normspezifischen Auslegung ist dies jedoch zu verneinen98.
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Eine Beteiligung an einer (in- oder ausländischen) Kapitalgesellschaft gilt als Teilbetrieb, wenn sie das gesamte Nennkapital umfasst (d.h. 100 % der Anteile, außer eigenen Anteilen, unabhängig davon, ob mit ihnen Stimmrechte verbunden sind). Die Anteile müssen nicht im zivilrechtlichen Eigentum der übertragenden Körperschaft stehen, wirtschaftliches Eigentum, z.B. aufgrund einer Stellung als Treugeber i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO reicht aus99.
73
Eine 100%ige Beteiligung kann im Einzelfall auch eine wesentliche Betriebsgrundlage eines originären Teilbetriebs darstellen. In diesem Fall verliert sie nach streitiger Auffassung der Finanzverwaltung ihre Eigenschaft als eigenständiger fiktiver Teilbetrieb, weil das übrige Vermögen keinen Teilbetrieb mehr darstellt100. Die Einstufung als wesentliche Betriebsgrundlage dürfte in Anlehnung an die Rechtsprechung zu der Frage, wann eine Beteiligung notwendiges Betriebsvermögen darstellt, allen92 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.09; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 88 f.; weitergehend Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 UmwStG Rz. 85 u. 91; zur Bedeutung der Änderung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG durch das SEStEG Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 112 ff., 175. 93 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.04. 94 Vgl. Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 20 UmwStG (SEStEG) Rz. 34; zur Selbstständigkeit eines Mitunternehmeranteils s. auch UmwSt-Erlass, Rz. 20.14. 95 Vgl. Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz. 506 m.w.N. 96 Vgl. BFH v. 12.4.2000 – XI R 35/99, BStBl. II 2001, 27. 97 Vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 73. 98 Vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 UmwStG Rz. 83. 99 Zivilrechtlich werden insoweit bei der Spaltung die Ansprüche gegen den Treuhänder zugeordnet; Haritz in Haritz/Benkert, § 15 UmwStG Rz. 56. 100 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.06; a.A. Haritz in Haritz/Benkert, § 15 UmwStG Rz. 36; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 UmwStG Rz. 92.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
falls dann erfolgen, wenn eine besondere wirtschaftliche Verflechtung derart besteht, dass die Kapitalgesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion eines Teilbetriebs erfüllt101. Wird die Teilbetriebsvoraussetzung nicht erfüllt, so sind §§ 11 Abs. 2, 13 Abs. 2 UmwStG nicht anwendbar. Es findet also nicht nur entsprechend § 11 Abs. 1 UmwStG eine Aufdeckung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens bei der übertragenden Aktiengesellschaft statt, sondern auch eine Besteuerung der Aktionäre wegen eines Veräußerungsgewinns entsprechend § 13 Abs. 1 UmwStG unter Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG (oder zukünftig der Abgeltungsteuer) bzw. des § 8b KStG. Die übrigen Vorschriften der §§ 11 bis 13 UmwStG sind hingegen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG in jedem Fall anzuwenden. Verlustvorträge etc. der übertragenden Aktiengesellschaft sind gem. § 15 Abs. 3 UmwStG nach dem Verhältnis der gemeinen Werte des übertragenen Vermögens zu dem bei der Aktiengesellschaft vor der Spaltung vorhandenen Vermögen zu mindern.
74
Wenn die Teilbetriebsvoraussetzung erfüllt ist, gilt – vorbehaltlich der nachfolgend erläuterten Missbrauchsvorschriften – auch § 11 Abs. 2 UmwStG entsprechend. Die übertragende Aktiengesellschaft kann auf Antrag einheitlich die Buchwerte des zu übertragenden Vermögens oder Zwischenwerte ansetzen (so weit keine andere Gegenleistung als Gesellschaftsrechte, insbesondere bare Zuzahlungen, gewährt wird)102.
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bb) Gewinnrealisierung wegen des Börsenhandels § 15 Abs. 2 UmwStG enthält mehrere spezielle Missbrauchsvorschriften, deren Rechtsfolge jeweils die Nichtanwendung des § 11 Abs. 1 UmwStG auf das übertragene Vermögen ist. Da dieses dann nicht mit seinem Buchwert, sondern mit dem Teilwert anzusetzen ist, werden als Rechtsfolge die in ihm enthaltenen stillen Reserven bei der übertragenden Aktiengesellschaft besteuert. Unmittelbare Auswirkungen auf die übrigen Rechtsfolgen der Spaltung ergeben sich nicht. Insbesondere bleibt die Ertragsteuerneutralität bei den Aktionären (s. unten Rz. 89) erhalten103.
76
Bei der Abspaltung von einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine andere börsennotierte Aktiengesellschaft ist regelmäßig der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Satz 3 u. 4 UmwStG erfüllt, so dass die anderen Fallgruppen des § 15 Abs. 2 UmwStG nachfolgend nur kurz angesprochen werden.
77
§ 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG betrifft den Erwerb oder die Aufstockung von fiktiven Teilbetrieben innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag durch Übertragung von Wirtschaftsgütern, die kein Teilbetrieb
78
101 Vgl. BFH v. 3.3.1998 – VIII R 66/96, BStBl. II 1998, 383; s. auch Patt in Dötsch/Jost/Pung/ Witt, § 20 UmwStG (SEStEG) Rz. 60 ff. 102 Zu Einzelheiten und den sonstigen Rechtsfolgen vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 73 ff. u. 176 ff. 103 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.21 u. 15.32; allerdings führt der Teilwertansatz bei der übertragenden Aktiengesellschaft gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG zu einer Übernahme dieses Wertes bei den übernehmenden Kapitalgesellschaften. Auch wird gegebenenfalls durch die Wertaufstockung ein Verlustvortrag der übertragenden Aktiengesellschaft (teilweise) aufgebraucht, so dass er insoweit auch nicht auf die übernehmenden Körperschaften übergehen kann. Hierzu Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 UmwStG Rz. 50.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
sind. Hintergrund der Regelung ist die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Wirtschaftsgüter auf Mitunternehmerschaften oder Kapitalgesellschaften ohne Aufdeckung der stillen Reserven zu übertragen104. 79
§ 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG stellt bei der Trennung von Gesellschafterstämmen für die Anwendung des § 11 Abs. 1 UmwStG die zusätzliche Bedingung auf, dass die Beteiligungen an der übertragenden Aktiengesellschaft mindestens fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag bestanden haben. Eine Trennung von Gesellschafterstämmen i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG liegt nur vor, wenn nach vollzogener Abpaltung an keiner der beteiligten Körperschaften alle Aktionäre der übertragenden Aktiengesellschaft beteiligt sind105. Die Vorschrift betrifft somit bestimmte Konstellationen der nicht verhältniswahrenden Spaltung106.
80
Von entscheidender praktischer Relevanz ist die Vorbereitung der Veräußerung an außenstehende Personen107 durch die Spaltung (§ 15 Abs. 2 Satz 3 u. 4 UmwStG)108. Diese Regelung bezieht sich auf die Veräußerung von Anteilen an den an der Spaltung beteiligten Körperschaften (nicht etwa auf das Vermögen der Gesellschaften)109. Diese Körperschaften sind im Falle des Börsengangs durch Abspaltung die übertragende Aktiengesellschaft und die übernehmende Aktiengesellschaft.
81
Außenstehende Personen sind nur solche, die nicht an der übertragenden Aktiengesellschaft beteiligt sind. Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse zwischen den bisherigen Aktionären erfüllen daher nicht den Tatbestand des § 15 Abs. 2 Satz 2–4 UmwStG110. Auch Umstrukturierungen innerhalb von verbundenen Unternehmen i.S.d. § 271 Abs. 2 HGB sind keine schädliche Veräußerung111.
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Nach § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ist von der Vorbereitung einer Veräußerung auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Aktien an der übertragenden Aktiengesellschaft und der übernehmenden Aktiengesellschaft veräußert werden, die mehr als 20 % der Anteile ausmachen, die vor der Spaltung an der übertragenden Aktiengesellschaft bestanden haben. § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG enthielt vor dem SEStEG eine unwiderlegbare Vermutung112. Die 104 Zu Einzelheiten vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 193 ff. 105 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.36. 106 Zu Einzelheiten vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 248 ff. 107 Das Tatbestandsmerkmal der „außenstehenden Person“ gilt über § 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG hinaus auch für § 15 Abs. 2 Satz 3 u. 4 UmwStG; vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 126; Haritz in Haritz/Benkert, § 15 UmwStG Rz. 113; ebenso wohl UmwSt-Erlass, Rz. 15.22; OFD Nürnberg v. 9.2.2000 – S 1978b - 3/St 31, DB 2000, 697; a.A. Widmann in Widmann/Mayer, § 15 UmwStG Rz. 295; Frotscher in Frotscher/Maas, § 15 UmwStG Rz. 45. 108 Der Vollzug einer Veräußerung durch die Spaltung i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist hingegen nur in Ausnahmefällen überhaupt denkbar; vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 217 ff. 109 Vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 110; Haritz in Haritz/Benkert, § 15 UmwStG Rz. 110. 110 Vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 114. 111 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.26. 112 Vgl. BFH v. 3.8.2005 – I R 62/04, BStBl. II 2006, 391. Zur Erforderlichkeit einer geänderten Auslegung nach dem SEStEG vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 224.
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Fünf-Jahres-Frist ist abschließend, so dass Veräußerungen nach ihrem Ablauf in jedem Fall unschädlich sind113. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG erfordert die Feststellung, wann die Veräußerung von Anteilen die Quote von 20 % erfüllt. Dies ist – entsprechend dem Maßstab für die Minderung der Verlustvorträge etc. der übertragenden Aktiengesellschaft in § 15 Abs. 3 UmwStG – nach dem Verhältnis der gemeinen Werte des übertragenen Vermögens zu dem bei der Aktiengesellschaft vor der Spaltung vorhandenen Vermögen zu bestimmen114.
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Die ertragsteuerneutrale Spaltung börsennotierter Aktiengesellschaften mit einem Streubesitz von über 20 % wird durch die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG faktisch verhindert115. Es kommt daher zur Aufdeckung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens. So weit Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen werden, ist der Gewinn allerdings grundsätzlich gem. § 8b Abs. 2 KStG freizustellen116. Wenn nur eine oder mehrere Beteiligungen abgespalten werden, keine der Ausnahmen von der Freistellung vorliegt und auch keine Besteuerung eines Einbringungsgewinns ausgelöst wird (dazu oben Rz. 26 ff. und 48 ff.), entsteht somit durch die Abspaltung nur ein körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtiger Gewinn in Höhe von 5 % der stillen Reserven der abgespaltenen Beteiligungen gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG.
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b) Auswirkungen bei der übernehmenden Aktiengesellschaft Die übernehmende Aktiengesellschaft hat die auf sie übergehenden Wirtschaftsgüter gem. §§ 15 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG mit dem Wert aus der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Aktiengesellschaft zu übernehmen.
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Die übernehmende Aktiengesellschaft tritt gem. § 15 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 UmwStG hinsichtlich des auf sie übertragenen Vermögens in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Aktiengesellschaft ein117. Körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge, verrechendbare Verluste etc. der übertragenden Aktiengesellschaft gehen jedoch nicht über (§ 12 Abs. 3 i.V.m. §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 2 UmwStG).
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Das bei der übertragenden Aktiengesellschaft zum steuerlichen Übertragungsstichtag vorhandene Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG geht gem. § 29 Abs. 3 KStG im Verhältnis der gemeinen Werte des übertragenen Vermögens zu dem bei der Aktiengesellschaft vor der Spaltung vorhandenen Vermögen über.
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So weit durch die Abspaltung Grundstücke übertragen werden oder durch die Übertragung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Kapital- oder Personengesellschaften die Tatbestände des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 Nr. 2 oder 4 GrEStG erfüllt werden (insbesondere bei Übertragung einer Beteiligung von mindestens 95 %), führt die Ab-
88
113 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.31. 114 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.28 mit Beispiel in Rz. 15.29. 115 Zu Beweislastfragen vgl. Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 15 UmwStG Rz. 243. 116 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Rz. 23. 117 Z.B. auch Fortsetzung einer Organschaft, wenn durch die Abspaltung die Mehrheitsbeteiligung an einer Organgesellschaft nebst Gewinnabführungsvertrag übertragen wird; vgl. UmwSt-Erlass, Rz. Org. 08 i.V.m. Org. 02.
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spaltung zum Anfall von Grunderwerbsteuer. Bei Abspaltung eines originären Teilbetriebs unterliegt die Vermögensübertragung nicht der Umsatzsteuer. In anderen Fällen liegt eine umsatzsteuerbare Leistung vor, die in bestimmten Fällen steuerbefreit ist (insbesondere Abspaltung von Beteiligungen; § 4 Nr. 8 lit. f UStG). c) Auswirkungen bei den Aktionären 89
Bei den Aktionären der übertragenden Aktiengesellschaft ist § 13 UmwStG anzuwenden, d.h. grundsätzlich liegt ein gewinnrealisierender (anteiliger) Tausch der Aktien an der übertragenden Aktiengesellschaft gegen Aktien an der übernehmenden Aktiengesellschaft vor (§ 13 Abs. 1 UmwStG). Wenn die Teilbetriebsvoraussetzung erfüllt ist, können die im Inland steuerpflichtigen Aktionäre118 eine Besteuerung gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 2 UmwStG auf Antrag durch den Ansatz der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten vermeiden (in diesem Fall treten die Aktien an der übernehmenden Aktiengesellschaft für steuerliche Zwecke gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG anteilig an die Stelle der Aktien an der übertragenden Aktiengesellschaft)119. Dies ist auch dann möglich, wenn auf der Ebene der übertragenden Aktiengesellschaft wegen § 15 Abs. 2 UmwStG eine Gewinnrealisierung erfolgt.
90
Bei einer Abspaltung besteht die Besonderheit, dass anders als bei einer Verschmelzung kein Anteilstausch vorliegt, sondern der Aktionär zusätzlich zu seinen Aktien an der übertragenden Aktiengesellschaft die Aktien an der übernehmenden Aktiengesellschaft erhält. Bei der entsprechenden Anwendung des § 13 UmwStG ist daher eine Aufteilung der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten der Aktien erforderlich. Mangels gesetzlicher Regelung erfolgt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung entsprechend dem in § 15 Abs. 3 UmwStG enthaltenen Aufteilungsschlüssel (Verhältnis der gemeinen Werte; dazu oben Rz. 74)120.
V. Erwerb und Veräußerung eigener Aktien 1. Abbildung in der Handelsbilanz a) Bilanzierung nach HGB 91
Eigene Aktien sind grundsätzlich Vermögensgegenstände, die gem. § 266 Abs. 2 B.III.2. HGB im Umlaufvermögen auszuweisen sind. In Höhe des für diese eigenen Aktien auf der Aktivseite anzusetzenden Betrags ist gem. § 272 Abs. 4 HGB eine Rücklage für eigene Anteile auszuweisen, die den Bilanzgewinn mindert (§ 158 Abs. 1 AktG), wenn sie nicht aus frei verfügbaren Gewinnrücklagen gebildet werden kann.
92
Eigene Aktien, die zur Einziehung erworben wurden oder deren Veräußerung von einem Hauptversammlungsbeschluss abhängig ist, sind hingegen nicht zu aktivieren. 118 Für im Ausland steuerpflichtige Aktionäre gelten zudem die Besteuerungsregeln ihres Ansässigkeitsstaates unter Beachtung der Doppelbesteuerungsabkommen. 119 Soweit eine andere Gegenleistung gewährt wird (insb. bare Zuzahlung), erfolgt allerdings eine anteilige Gewinnrealisierung; vgl. Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 15 UmwStG (SEStEG) Rz. 41; a.A. UmwSt-Erlass, Rz. 13.04: Behandlung als Ausschüttung der übernehmenden Aktiengesellschaft. 120 Vgl. UmwSt-Erlass, Rz. 15.51 zu § 15 Abs. 4 UmwStG a.F.
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Aktienemissionen
Der Nennbetrag oder rechnerische Wert dieser Aktien ist gem. § 272 Abs. 1 Satz 4–6 HGB als Kapitalrückzahlung offen vom gezeichneten Kapital abzusetzen. Die Differenz zwischen Kaufpreis und Nennbetrag oder rechnerischem Wert ist mit den anderen Gewinnrücklagen zu verrechnen; ein über die anderen Gewinnrücklagen hinausgehender Unterschiedsbetrag stellt Aufwand des Geschäftsjahres dar121. Bei einer Veräußerung aktivierter eigener Aktien entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen Veräußerungserlös und Buchwert. Bei Veräußerung eigener Aktien, die gem. § 272 Abs. 1 Satz 4–6 HGB mit dem Eigenkapital verrechnet wurden, ist – entweder durch vorherigen Übergang auf die Aktivierung der eigenen Aktien oder im Zeitpunkt der Veräußerung ein über die Anschaffungskosten hinausgehender Erlös als Ertrag zu erfassen122.
93
b) Bilanzierung nach IFRS Anders als nach HGB sind eigene Anteile nach IAS 32.33 in keinem Fall als finanzieller Vermögenswert anzusetzen, sondern immer vom Eigenkapital abzuziehen123. Der Kauf, Verkauf oder die Einziehung eigener Aktien wird daher nicht erfolgswirksam erfasst.
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2. Steuerrechtliche Behandlung a) Besteuerung des Erwerbs Im Einklang mit der Bilanzierung nach HGB stellen eigene Anteile grundsätzlich Wirtschaftsgüter im bilanzsteuerlichen Sinne dar. Der Erwerb eigener Aktien ist daher auf Ebene der erwerbenden Aktiengesellschaft keine Ausschüttung oder Einlagenrückgewähr, sondern ein Anschaffungsvorgang, und beim Aktionär liegt ein Veräußerungsgeschäft vor, das nach den allgemeinen Grundsätzen besteuert wird124.
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Dies gilt auch beim Erwerb von eigenen Aktien, die nach § 272 Abs. 2 Satz 4–6 HGB in der Handelsbilanz nicht aktiviert werden. Da diese eigenen Aktien jedoch auch in der Steuerbilanz nicht aktiviert werden können, entsteht eine Vermögensminderung, die wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung den steuerlichen Gewinn nicht mindert125. Offen ist, ob diese Vermögensminderung trotz der Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG entsprechend der bisherigen Sichtweise der Finanzverwaltung126 mit dem Einlagekonto zu verrechnen ist, auch wenn dieses negativ wird127.
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121 Zu Einzelheiten, auch zum Einbezug frei verwendbarer Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB vgl. Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 9 ff. 122 Zu Einzelheiten und zur Gegenauffassung – Behandlung wie Kapitalerhöhung – vgl. Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 11. 123 Zu den Ausweismöglichkeiten vgl. Förschle/Kroner in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 286. 124 Vgl. BFH v. 6.12.1995 – I R 51/95, BStBl. II 1998, 781; BFH v. 23.2.2005 – I R 44/06, BStBl. II 2005, 522; BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 16 ff. 125 Vgl. BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 22. 126 Vgl. zur Verrechnung mit dem so genannten EK 04 nach früherer Rechtslage BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 23. 127 Vgl. zweifelnd zum derzeitigen Recht Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8b KStG Rz. 28.
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b) Besteuerung der Veräußerung 97
So weit eigene Aktien als Wirtschaftsgüter bilanziert werden, ist ein Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung steuerlich zu erfassen. Es gelten grundsätzlich die Ausführungen zur Veräußerung von Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften entsprechend (s. oben Rz. 19 ff.), da die Regelungen des § 8b Abs. 2, 3 KStG auch für eigene Anteile gelten128. Die volle Steuerpflicht eines Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 7 KStG (s. oben Rz. 46) sollte bei veräußernden Finanzunternehmen nicht allein deshalb zur Anwendung kommen, weil eigene Anteile kraft gesetzlicher Bestimmung zum Umlaufvermögen gehören (vielmehr sollte auf die tatsächliche Absicht bei Erwerb abgestellt werden).
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Offen ist, ob die Veräußerung eigener Aktien, die entsprechend § 272 Abs. 1 Satz 4–6 HGB in der Steuerbilanz nicht aktiviert wurden, wie nach bisheriger Sichtweise der Finanzverwaltung129 steuerlich als Kapitalerhöhung zu behandeln ist130.
128 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292, Rz. 15. 129 Vgl. BMF v. 2.12.1998 – IV C 6 - S 2741 - 12/98, BStBl. I 1998, 1509 Rz. 27. 130 Vgl. dazu Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8b KStG Rz. 28.
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3. Teil Aktienverwandte Emissionen §9 Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank Foruhar Madjlessi/Heiko Leopold I. Einführung . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . 2. Rolle der Investmentbank bei der Emission aktienverwandter Instrumente . . . . . . . . . . . . 3. Märkte für aktienverwandte Instrumente a) Marktentwicklung und Emissionsaktivität . . . . . . b) Investoren . . . . . . . . . . .
. . . .
1 3
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7
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11 28
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33
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36 39 42
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49
III. Bewertung aktienverwandter Instrumente 1. Grundüberlegungen . . . . . . . . .
54
II. Strukturalternativen 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . 2. Optionale Wandel- bzw. Umtauschanleihe . . . . . . . . . a) Vollkuponwandelanleihe . . b) Nullkuponwandelanleihe . . c) Wandelanleihen mit unbegrenzter Laufzeit . . . . . . . 3. Pflichtwandel- bzw. Umtauschanleihe . . . . . . . . . . . . . . .
2. Wesentliche Bewertungsparameter a) Zinsniveau . . . . . . . . . . . . . b) Bonität des Emittenten . . . . . . c) Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . d) Wandelprämie . . . . . . . . . . . e) Volatilität . . . . . . . . . . . . . f) Kosten der Aktienleihe . . . . . . g) Kündigungsrechte . . . . . . . . .
58 59 60 61 63 65 66
IV. Platzierung aktienverwandter Instrumente 1. Emissionsvorbereitung a) Strukturierung . . . . . . . . . . . b) Dokumentation . . . . . . . . . .
68 73
2. Emissionsdurchführung a) Vermarktung . . . . . . . . . . . . b) Preisfestsetzung und Zuteilung . c) Verzögerte Abrechnung . . . . .
77 81 83
3. Einfluss auf den Preis der zugrundeliegenden Aktien a) Gründe für Kursbeeinflussung . b) Ausmaß der Kursbeeinflussung . c) Maßnahmen zur Begrenzung des Kurseinflusses . . . . . . . . . . .
84 86 89
Schrifttum: Achleitner, Handbuch des Investment Banking, 3. Aufl. 2002; Breuer/Schweizer, Gabler Lexikon Corporate Finance, 2003.
I. Einführung Equity-linked- oder aktienverwandte Instrumente haben sich neben der klassischen Kapitalmarktfinanzierung durch Aktien und Anleihen als hybride Zwischenform, mit sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalcharakteristika, etabliert. Die erste Emission eines solchen Instruments war vermutlich die des Eisenbahnmagnaten J.J. Hill in den USA, der sich bereits 1881 zur Finanzierung seiner Aktivitäten einer Wandelanleihe bediente. Lange Zeit wurden aktienverwandte Instrumente als Sonderform festverzinslicher Instrumente gesehen.
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§9 2
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Heute werden die verschiedenen Formen aktienverwandter Instrumente als weitgehend eigenständige Anlageklasse betrachtet. Das Volumen ausstehender aktienverwandter Instrumente per 30.6.2007 betrug weltweit rund 665 Mrd. Euro1. Das Volumen ausstehender aktienverwandter Instrumente deutscher Unternehmen belief sich auf rund 28 Mrd. Euro per 30. Juni 20072.
1. Begriffsbestimmung 3
Aktienverwandte Instrumente treten in einer Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsvarianten auf. Grundsätzlich handelt es sich um Anleihen, die dem Inhaber das Recht einräumen, anstelle der Tilgung der Anleihe in Geld die Lieferung einer bestimmten Anzahl von Aktien zu fordern. Der Investor wird von diesem Recht Gebrauch machen, falls der Wert der ihm zustehenden Aktien den für die Anleihe vereinbarten Rückzahlungsbetrag übersteigt. Soweit es sich bei den zugrundeliegenden Wertpapieren um (neue) Aktien des Emittenten der Anleihe handelt, spricht man von Wandelanleihen (s. zu Wandelanleihen § 10). Im Gegensatz dazu liegen den so genannten Umtauschanleihen bestehende Aktien fremder Unternehmen zu Grunde (s. zu Umtauschanleihen § 11).
4
Eine Sonderform der aktienverwandten Instrumente stellen die so genannten Pflichtwandel- bzw. -umtauschanleihen dar, deren Wandlung in Aktien bereits bei der Emission verbindlich festgelegt wird. In der Regel sehen Pflichtwandelanleihen eine in Abhängigkeit des Aktienpreises bei Wandlung variable Zahl zu liefernder Aktien vor.
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Aktienverwandte Instrumente können auch in Form so genannter Optionsanleihen begeben werden. Bei diesen Instrumenten ist das Recht auf Wandlung in Aktien in Form eines Optionsscheins von der Anleihe trennbar und kann entsprechend separat als eigenständiges Instrument gehandelt werden. Die Begebung von Optionsanleihen hat jedoch seit den 80er Jahren zunehmend an Bedeutung verloren und spielt heute eine nur noch vernachlässigbar geringe Rolle.
6
Die Rechte und Pflichten des Emittenten und des Investors sind verbindlich in den so genannten Anleihebedingungen geregelt. Diese geben unter anderem Auskunft über Laufzeit und Verzinsung der Anleihe, Anzahl der zugrundeliegenden Aktien, Wandelrechte, Kündigungsrechte, Verwässerungsschutzklauseln sowie den Rang der Anleihe im Vergleich zu ausstehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten des Emittenten.
2. Rolle der Investmentbank bei der Emission aktienverwandter Instrumente 7
Aktienverwandte Instrumente sind flexible, individuell strukturierbare Finanzierungsinstrumente. Die Emission von Wandelanleihen ist an strenge gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen geknüpft, unter anderem an einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss der Hauptversammlung (s. § 10 Rz. 22). Besteuerung und Bilanzierung von Wandel- und Umtauschanleihen hängen vielfach entscheidend von der konkreten Ausgestaltung ab; ebenso die Beurteilung einer Emission durch Rating-Agenturen im Hinblick auf die Einstufung der Anleihe als Fremdkapital- oder (zumindest teilweise) Eigenkapitalinstrument. 1 Dealogic. 2 Dealogic.
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Der Platzierungserfolg einer Anleihe und das Ausmaß einer möglichen negativen Kursbeeinflussung im Rahmen der Emission sind ebenfalls wesentlich von der Strukturierung der Anleihe abhängig.
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Angesichts der vielschichtigen Fragestellungen und Überlegungen im Zusammenhang mit der Emission aktienverwandter Instrumente geht die Rolle der begleitenden Investmentbank weit über die eines reinen Platzeurs der Anleihe hinaus. Die Bank ist im Idealfall frühzeitig involviert und berät den Emittenten bei allen Aspekten der Vorbereitung, Strukturierung und Umsetzung einer Emission. Dies schließt ein:
9
– eine kritische Würdigung der einzuholenden Ermächtigung, die in der Regel wesentliche Vorgaben über zulässige Strukturen enthält und dem Emittenten, im Rahmen des rechtlich Zulässigen, möglichst hohe Flexibilität einräumen sollte, – Vorschläge und Beratung im Hinblick auf Strukturalternativen, die den Bedürfnissen des Emittenten entsprechen, sowie deren Beurteilung und Bewertung aus Kapitalmarktsicht, – Einschätzung der zu erwartenden Beurteilung der gewählten Struktur durch Rating-Agenturen und gegebenenfalls Abstimmung mit Vertretern der Agenturen, – Diskussion möglicher steuerlicher und handelsbilanzieller Implikationen einer Emission, – ein indikatives marktgerechtes Pricing, zu dem die Anleihe bei Investoren platzierbar ist, – Beurteilung des Instruments im Vergleich zu alternativen Finanzierungsinstrumenten. Neben den genannten Dienstleistungen im Rahmen der Vorbereitung übernimmt die Bank die Anleihe mit der Aufgabe, diese – möglichst kursschonend – bei Investoren zu platzieren. Ferner übernimmt die Bank regelmäßig die Funktion eines Market-Makers im Anschluss an die Platzierung, um entsprechende Liquidität für den Handel der Anleihe sicherzustellen und veröffentlicht gegebenenfalls während der Laufzeit der Anleihe Analysen, die den entsprechenden Investoren zugehen und eine der Grundlagen für deren Investitionsentscheidung darstellen.
10
3. Märkte für aktienverwandte Instrumente a) Marktentwicklung und Emissionsaktivität Der Markt für aktienverwandte Instrumente hat sich mit einem weltweiten Volumen ausstehender Anleihen von derzeit rund 665 Mrd. Euro3 zu einer eigenständigen Anlageklasse entwickelt. Amerikanische Emittenten dominieren mit einem Marktanteil von rund 60 % nach wie vor den Markt, gefolgt von Emittenten aus Europa, die mit rund 131 Mrd. Euro rund 20 % des ausstehenden Anleihevolumens begeben haben (Stand 30. Juni 2007)4.
11
Die nachfolgenden Grafiken zeigen das Nominalvolumen ausstehender aktienverwandter Instrumente unterschiedlich jeweils nach Regionen und Branchen:
12
3 Dealogic. 4 Dealogic.
Madjlessi/Leopold
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271
§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
13
Nominalvolumen weltweit ausstehender Aktienverwandter Instrumente (in Mrd. Euro) Nach Branche
Nach Region
Andere, 12.7 Versorger & 2% Grund- und Energie, 22.6 Rohstoffe, Transport, 3% 53.5, 8% 23.5, 4% Konsumgüter, 59.2, 9%
Europa 131.1 20%
Asien Pazifik 132.2 20%
Telekom, Medien & Technologie, 178.5, 27% US 401.4 60%
Finanzdienstleistung, 115.3, 17%
Dienstleistungen, 19.0, 3% Immobilien, Investitionsgüter, 66.5, 34.5, 5% 10%
Gesundheit, 79.4, 12%
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Die derzeit ausstehenden Emissionen aktienverwandter Instrumente decken alle wesentlichen Branchen ab. Einen besonders hohen Anteil am ausstehenden Volumen haben die TMT-Branche (Telekommunikation, Medien und Technologie) einerseits sowie der Finanzdienstleistungssektor andererseits. Dabei schließen die Emittenten der Technologiebranche eine Vielzahl kleiner bis mittelgroßer Unternehmen ein, denen der Zugang zu anderen Formen der Fremdfinanzierung wegen des branchenimmanenten Geschäftsrisikos oftmals verwehrt ist und die zugleich aufgrund der hohen Volatilität ihres Aktienkurses aktienverwandte Instrumente zu besonders attraktiven Konditionen begeben können. Finanzinstitute haben insbesondere in den USA vielfach die Möglichkeit der Emission von Pflichtwandelanleihen genutzt, zum einen, um den von Seiten der Finanzaufsicht sowie der Ratingagenturen gestellten Anforderungen einer adäquaten Kapitalisierung gerecht zu werden, zum anderen weil der Emittent mit der Platzierung einer Pflichtwandelanleihe im Gegensatz zu einer Aktienemission weiter an zukünftiger positiver Kursentwicklung beteiligt bleibt. In den letzten Jahren haben mit Hypo Real Estate, Swisslife, Credit Suisse sowie Swiss Re auch vermehrt europäische Finanzinstitutionen aktienverwandte Instrumente in der Form von Pflichtwandelanleihen eingesetzt.
15
Aufschlussreich ist ferner der Vergleich der Bonität der Emittenten aktienverwandter Instrumente in Europa und den USA. In den USA wurden aktienverwandte Instrumente traditionell von solchen Unternehmen genutzt, denen aufgrund der Bonität oder Unternehmensgröße der Zugang zu den Anleihemärkten im Wesentlichen verwehrt war. In der Zwischenzeit haben zahlreiche Emittenten hoher Bonität den Equity-linked Markt entdeckt, der Anteil der Emittenten mit zweifelhafter Bonität (BB und schlechter) ist jedoch mit über 30 % immer noch beachtlich.
16
In Europa wird der Markt dagegen eindeutig von Emittenten höherer Bonität geprägt. Auffällig ist der hohe Anteil nicht gerateter Emissionen. Für viele Emittenten ist die Zugänglichkeit des Marktes für aktienverwandte Instrumente ohne Rating ein wesentliches Motiv bei der Auswahl des Finanzierungsinstruments. 272
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
17
Ausstehende Anleihen nach Bonität des Emittenten Europa
US AAA 2% NR 27% Europa 131.1 20%
AAA AA 3% 5%
A 16%
A 5%
NR 51%
CC 1% CCC 5%
BBB 24%
BBB 23%
B 14%
BB
B 9% 2% CCC 1%
BB 12%
Innerhalb Europas wird der Markt durch aktienverwandte Instrumente von Emittenten aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz dominiert. Dabei hat Deutschland insbesondere in Folge des Rekordjahrs 2003 mit einem Emissionsvolumen von mehr als 13 Mrd. Euro seine Marktposition deutlich verbessert. Neben den durch die KfW im Rahmen von Privatisierungen begebenen Umtauschanleihen in Aktien der Deutsche Telekom AG und Deutsche Post AG reflektiert diese Entwicklung die zunehmende Bereitschaft deutscher Unternehmen, sich zur Finanzierung auch innovativer Kapitalmarktinstrumente zu bedienen. Die Emissionen von Wandelanleihen durch Siemens AG (2,5 Mrd. Euro), Deutsche Telekom AG (2,3 Mrd. Euro) und Bayer AG (2,3 Mrd. Euro) belegen diesen Trend und gehörten zu den weltweit größten Emissionen der vergangenen Jahre.
18
Nominalvolumen ausstehender aktienverwandter Instrumente in Europa nach Ländern (in Mrd. Euro)
19
Deutschland, 28.28, 17%
Andere, 49.49, 31% Frankreich, 21.77, 13%
Schweiz, 20.91, 13%%
Grossbritanien, 20.97, 13%
Österreich, 4.26, 3% Italien, 10.36, 6% Niederlande, 3.31, 2% Luxemburg, 2.95, 2%
Das Emissionsvolumen aktienverwandter Instrumente ist über die letzen zehn Jahre tendenziell zwar deutlich gestiegen, weist aber in einzelnen Jahren deutliche SchwanMadjlessi/Leopold
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20
§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
kungen aus. Das gilt sowohl für europäische als auch amerikanische Emissionen und unterstreicht den opportunistischen Charakter solcher Finanzierungsmaßnahmen. Insbesondere in Zeiten hoher Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Aktienmärkte und damit verbundener hoher Volatilitäten steigt die Emissionsaktivität deutlich an. Mit dem beträchtlichen Kursverfall an den Aktienmärkten in den Jahren 2001 bis 2003 bei gleichzeitig hohem Finanzierungsbedarf zahlreicher Unternehmen war ein für aktienverwandte Instrumente geradezu ideales Emissionsumfeld entstanden. Das hohe Emissionsvolumen im Jahr 2003 war darüber hinaus durch ein im historischen Maßstab äußerst attraktives Zinsniveau und einen erheblichen Refinanzierungsbedarf aufgelaufener kurzfristiger Verschuldung der Unternehmen in der Folge aggressiver Investitionsausgaben der vorangegangen Boomjahre zu erklären. 21
Die Emissionsaktivität war in den vergangenen Jahren in den USA durchgängig deutlich höher als in Europa.
22
Entwicklung der weltweiten Emissionsaktivität aktienverwandter Instrumendte nach Regionen (in Mrd. Euro) 160 140 42.08 120 100
16.94
31.20
80
17.69
60
33.25
40
0
2003
11.00 18.45
14,45
77.92
20
29.39 13.60 57.98
37.99
34.30
2004
2005
2006
Asien Pazifik
Europa
US
44.30
H1 2007
23
Der europäische, insbesondere auch der deutsche Markt, war im Gegensatz zum USMarkt lange von Umtauschanleihen dominiert, die dem Emittenten eine Veräußerung strategisch unbedeutender Beteiligungen zu attraktiven Konditionen ermöglichen sollten. Die im Jahr 2000 in Deutschland verabschiedete Steuerreform, nach der Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ab dem Jahr 2002 steuerfrei gestellt wurden, hat zusätzliche Anreize zur Verwendung von Umtauschanleihen geschaffen. In den USA ist der Anteil der Umtauschanleihen vergleichsweise gering. Wesentliche Ursache dafür ist die im Vergleich zu Wandelanleihen nach US GAAP unvorteilhafte Bilanzierung von Umtauschanleihen. Danach ist die implizite Call Option einer Umtauschanleihe als derivative Verbindlichkeit mit dem jeweils aktuellen Marktwert zu bilanzieren. Die Wertänderung ist erfolgswirksam und kann zu erheblichen Verzerrungen des Periodengewinns führen.
24
Mit der europaweiten Einführung von IFRS, die eine den US-Vorschriften vergleichbare Bilanzierung von Umtauschanleihen vorschreibt, ist eine zunehmende Zurückhaltung bei der Emission von Umtauschanleihen auch in Europa zu verzeichnen. 274
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Unterteilung ausstehender Umtausch- vs. Wandelanleihen US
25
Europa
Umtauschanleihen 3%
Umtauschanleihe 22%
Wandelanleihen 97%
Wandelanleihe 78%
Seit 2001 hat ferner die Zahl der Wandelanleiheemissionen insbesondere auch in Deutschland deutlich zugenommen. Dies reflektiert einerseits das attraktive, von hohen Volatilitäten, niedrigen Zinsen sowie starker Nachfrage institutioneller Investoren nach defensiven Investitionsalternativen geprägte Marktumfeld. Andererseits ist dies Ausdruck des verstärkten Trends auch deutscher Unternehmen zu längerfristiger Kapitalmarktfinanzierung unter Verwendung innovativer Finanzinstrumente.
26
Ferner haben sich in jüngerer Zeit die bisher weitgehend von US-Emittenten verwendeten Pflichtwandelanleihen auch in Europa etabliert. Neben zahlreichen europäischen Finanzinstituten haben auch die Deutsche Telekom AG und die Bayer AG mit der Emission ihrer Pflichtwandelanleihen im Volumen von jeweils 2,3 Mrd. Euro zu dieser Entwicklung beigetragen.
27
b) Investoren Aktienverwandte Instrumente finden Anklang bei einer Vielzahl unterschiedlicher Investorengruppen. Unter den auf diese Anlageklasse spezialisierten Investoren lassen sich grundsätzlich die „Fundamentalen“ Investoren von den „Hedge Funds“ unterscheiden. Erstere investieren in aktienverwandte Instrumente in der Regel ohne einen gleichzeitigen Leerverkauf der zugrundeliegenden Aktie oder eine Absicherung gegen Bonitätsrisiken des Emittenten. Sie spekulieren auf eine positive Wertentwicklung der zugrundeliegenden Aktie und vertrauen auf eine zumindest gleichbleibende Bonität des Emittenten und die damit verbundene Absicherung des Verlustrisikos bei negativer Aktienkursentwicklung.
28
Demgegenüber versuchen Hedge Funds die mögliche Wertänderung der einem aktienverwandten Instrument immanenten Kaufoption durch den Leerverkauf von Aktien zu neutralisieren (delta hedging). In der Regel wird dabei gleichzeitig durch Kreditderivate das Risiko einer Verschlechterung der Bonität des Emittenten abgesichert. Durch die laufende Anpassung der Leerverkaufsposition über die Laufzeit der Anleihe (gamma trading) mit dem Ziel der Nachbildung der Kaufoption versuchen Hedge Funds, die erwartete höhere Volatilität verglichen mit der impliziten ursprünglich bezahlten Volatilität zu extrahieren und somit aktienkursunabhängig Gewinne zu erzielen.
29
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
30
Die Aktivität der Hedge Funds im Zusammenhang mit der Begebung von aktienverwandten Instrumenten kann eine der Quellen negativer Aktienkursentwicklung sein und gehört zu den von Unternehmen immer wieder vorgebrachten Bedenken im Zusammenhang mit der Platzierung aktienverwandter Instrumente. Dazu ist anzumerken, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren über das Ausmaß einer eventuellen Aktienkursbeeinflussung entscheidet. In den meisten Fällen lässt sich diese durch geeignete Gegenmaßnahmen auf ein Minimum reduzieren. Weitere Überlegungen in diesem Zusammenhang finden sich unter Rz. 84.
31
Neben den auf aktienverwandte Instrumente spezialisierten Investoren sind derartige Emissionen in vielen Fällen für eine Reihe weiterer Investoren von Interesse. Dazu zählen zum Beispiel einkommensorientierte Aktienfonds, die indirekt durch aktienverwandte Instrumente in solche Aktien investieren können, die selbst keine Dividende zahlen. Die fehlende Dividende wird durch den Zinskupon ausgeglichen. Andere Aktienfonds bevorzugen in bestimmten Situationen das defensive Profil einer Wandeloder Umtauschanleihe mit reduzierter Teilhabe an positiver Kursentwicklung bei gleichzeitiger Sicherheit des eingesetzten Kapitals gegenüber der direkten Aktieninvestition. Zu den potenziellen Interessenten gehören ferner Fixed Income Investoren, die sich mit der immanenten Aktienoption zusätzliche Renditechancen eröffnen.
32
Privatkunden spielen heutzutage bei der Platzierung von Wandel- und Umtauschanleihen praktisch keine Rolle mehr. Aufgrund der unter Rz. 77 ausführlich beschriebenen Praxis der beschleunigten Platzierung innerhalb weniger Stunden werden die Papiere in der Regel ausschließlich bei institutionellen Investoren untergebracht. Privatkunden sind indirekt über Investitionen in entsprechende Fonds beteiligt oder haben die Möglichkeit, entsprechende Papiere im Sekundärmarkt zu erwerben.
II. Strukturalternativen 1. Überblick 33
Zu den wesentlichen Vorzügen aktienverwandter Instrumente zählt die Möglichkeit, individuellen Anforderungen des Emittenten durch eine maßgeschneiderte Strukturierung gerecht zu werden. In Folge dieser Eigenschaft gibt es eine Vielzahl abweichender Strukturalternativen mit jeweils individuellen Besonderheiten, aus der sich zahlreiche Möglichkeiten der Kategorisierung dieser Instrumente ergeben. Als hilfreich hat sich eine Gliederung herausgestellt, die sich am Fremd- bzw. Eigenkapitalcharakter der Anleihe orientiert. Die folgende Grafik veranschaulicht diese Überlegung.
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Madjlessi/Leopold
§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
34
Die verschiedenen Formen der Pflichtwandelanleihen weisen weitestgehend Eigenkapitalcharakter auf und werden auch von den Ratingagenturen – je nach Ausgestaltung – weitgehend als Eigenkapital betrachtet. Von den optionalen Wandel- und Umtauschanleihen verhalten sich die herkömmlichen Wandelanleihen am ehesten eigenkapitalähnlich, während die Nullkuponwandelanleihen bei entsprechender Ausgestaltung als Fremdkapitalsurrogat zu verstehen sind. Wesentliches Kriterium für die Einstufung im Fremd-/Eigenkapitalspektrum ist der so genannten Bond Floor der Anleihe, der von links nach rechts in der Darstellung abnimmt. Der Bond Floor stellt den Wertanteil des Instruments dar, der sich ausschließlich aus der Anleihekomponente, also ohne Berücksichtigung der Aktienoption ergibt. Dieser ist für die verschiedenen Varianten der Pflichtwandelanleihen am geringsten und für die Nullkuponwandelanleihen in der Regel am höchsten.
35
2. Optionale Wandel- bzw. Umtauschanleihe Optionale Wandel- bzw. Umtauschanleihen lassen sich entsprechend den obigen Überlegungen in folgende Grundtypen gliedern: – Vollkuponanleihe: Wandel- oder Umtauschanleihe bei der die Rendite der Anleihe der jährlichen Kuponzahlung entspricht. Die Anleihe wird zu par emittiert und zu par getilgt. – Teilkuponanleihe: Wandel- oder Umtauschanleihe bei der die Rendite der Anleihe die jährliche Kuponzahlung übersteigt. Die Anleihe wird zu par emittiert und über par getilgt. – Nullkuponanleihe: Wandel- oder Umtauschanleihe ohne Kuponzahlungen während der Laufzeit. Die Anleihe wird zu par emittiert und am Laufzeitende einschließlich aufgelaufener Zinsen getilgt. Madjlessi/Leopold
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36
§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
37
Die folgende Tabelle stellt die Grundtypen und ihre wesentlichen Eigenschaften einander gegenüber:
38
Diese idealtypischen Anleiheformen finden sich häufig in der dargestellten Kombination der Strukturelemente, können aber auch in abweichender Ausgestaltung vorkommen. Insbesondere die Teilkuponanleihe kann sowohl mit Soft Call als auch mit Hard Call ausgestattet sein und somit weniger oder mehr Fremdkapitalcharakter aufweisen. Die folgende Beschreibung konzentriert sich auf Voll- und Nullkuponanleihen sowie die besondere Struktur einer optionalen Wandelanleihe mit einer unbegrenzten Laufzeit. a) Vollkuponwandelanleihe
39
Die Vollkuponwandel- oder -umtauschanleihe ist die gängigste und einfachste der dargestellten Strukturen. Das Laufzeitenspektrum erstreckt sich meist auf drei bis sieben Jahre. Die Anleihen haben oftmals an den Aktienpreis gekoppelte Kündigungsrechte für den Emittenten (soft call option), die aber erst nach einer bestimmten Mindestlaufzeit (call protection period) ausgeübt werden können.
40
Diese Struktur dient in erster Linie der möglichen Platzierung von Aktien über dem aktuellen Marktpreis bei vorgezogener Zuführung der Liquidität. Entscheidet sich 278
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Madjlessi/Leopold
§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
der Investor zur Wandlung der Anleihe, so erhält er die ihm zustehende Anzahl der Aktien anstelle des Rückzahlungsbetrags der Anleihe. Die Wandlung erfolgt typischerweise zum Ende der Laufzeit, falls der Preis der zugrundeliegenden Aktie den Wandelpreis übersteigt. Eine vorzeitige Wandlung ist meist aus Investorensicht nicht sinnvoll. Zu den Emissionsbeispielen jüngeren Datums durch deutsche Unternehmen zählen die folgenden Anleihen von:
41
Ausgewählte Vollkuponwandelanleihen deutscher Emittenten (2007) Ausgabe- Emittent datum 07/2007
Volumen (in Mio. Euro)
Kupon
Fälligkeit
Emittenten Call Option
Investor Put Option
325
1,50 %
2012
Ab 2010, 130 % Hürde
keine
Klöckner & Co
05/2007
TUI
694
2,75 %
2012
keine
keine
03/2007
Air Berlin
220
1,50 %
2027
Ab 2014, 150 % Hürde
Ab 2012, alle 5 Jahre
01/2007
MTU Aero Engines
180
2,75 %
2012
Ab 2010, 130 % Hürde
keine
b) Nullkuponwandelanleihe Nullkuponwandelanleihen weisen im Vergleich zu Vollkuponwandelanleihen meist deutlich längere Laufzeiten auf, die in den meisten Fällen zwischen 10 und 30 Jahren liegen. Gleichzeitig beinhalten sie regelmäßig Kündigungsrechte sowohl für Investoren als auch für den Emittenten. Kündigungsrechte für Investoren können üblicherweise zu bestimmten Zeitpunkten, beispielsweise nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren ausgeübt werden. Demgegenüber ist das Kündigungsrecht des Emittenten jederzeit nach der anfänglichen Call Protection Period ausübbar.
42
Zinsansprüche aus der Nullkuponwandelanleihe laufen auf und werden erst am Ende der Laufzeit bei Tilgung ausgezahlt. Der Rückzahlungsbetrag der Anleihe erhöht sich damit jedes Jahr entsprechend der Anleiherendite. Die Anleihebedingungen sehen für den Fall der Wandlung der Anleihe i.d.R. vor, dass der Investor die festgelegte Anzahl von Aktien erhält, im Gegenzug aber auf die Tilgung sowie die aufgelaufene Verzinsung verzichtet. Effektiv erhöht sich damit im Zeitablauf der Wandelpreis entsprechend der versprochenen Anleiherendite. Dieser Effekt reduziert die Wahrscheinlichkeit der Wandlung und ist eines der Strukturelemente, die die Nullkuponwandelanleihen zu einem fremdkapitalähnlichen Instrument machen. Die folgende Grafik illustriert diesen Sachverhalt für den Fall einer Nullkuponwandelanleihe mit einer Rendite von 2 %, einem anfänglichen Aktienpreis von 100 Euro, einer anfänglichen Wandelprämie von 30 % sowie einer Laufzeit von 15 Jahren.
43
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279
§9
44
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Ein weiteres wesentliches Element besteht in der Ausgestaltung des oben angesprochenen Kündigungsrechts des Emittenten. Im Gegensatz zum bedingten Kündigungsrecht bei Vollkuponanleihen handelt es sich dabei oftmals um unbedingte Kündigungsrechte (hard call). Das heißt der Emittent darf vom Recht der vorzeitigen Tilgung der Anleihe nach der Call Protection Period zu jedem Zeitpunkt unabhängig vom aktuellen Aktienkurs Gebrauch machen. Übt nun der Emittent dieses Recht zu einem Zeitpunkt aus, an dem der Aktienkurs den effektiven Wandelpreis übersteigt, werden die Investoren auf Lieferung der zugrundeliegenden Aktien bestehen. Man spricht von erzwungener Wandlung. Übt aber der Emittent sein Kündigungsrecht zu einem Zeitpunkt aus, zu dem der Aktienkurs unter dem effektiven Wandlungspreis liegt, werden die Investoren auf Aktienlieferung verzichten und stattdessen die Tilgung der Anleihe einschließlich aufgelaufener Zinsen in bar verlangen. Der Emittent hat damit eine günstige Fremdfinanzierung realisiert. Durch die Wahl des Zeitpunkts bei Ausübung des Kündigungsrechts kann der Emittent folglich über Wandlung oder Tilgung in Geld bestimmen. Folgende Grafik veranschaulicht den beschriebenen Sachverhalt:
280
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
c) Wandelanleihen mit unbegrenzter Laufzeit In den letzten Jahren hat es verstärkt Emissionen so genannter Hybrid-Wandelanleihen mit einer (nahezu) unendlichen Laufzeit gegeben.
45
Die wesentliche Motivation für die Emission herkömmlicher (nicht wandelbarer) Hybridanleihen ist regelmäßig das Interesse der Emittenten, ihre Eigenkapitalbasis ohne die mit Aktienemissionen verbundene Stimmrechts- oder Ergebnisverwässerung der Altaktionäre zu stärken (s. zu Hybridanleihen § 16). Das Instrument der Hybrid-Wandelanleihen ist nach der erfolgreichen Etablierung des Marktes für Hybridanleihen ohne Wandlungsrecht entwickelt worden und vereint die Vorteile der Hybridanleihe mit einem vergleichsweise geringen Zinskupon. Im Gegenzug ist allerdings eine Verwässerung der Position der Altaktionäre nicht mehr ausgeschlossen – wenn auch gegenüber einer direkten Aktienemission in geringerem Umfang und zu einem späteren Zeitpunkt. Nach IFRS werden Hybridanleihen je nach Ausgestaltung dem Eigenkapital zugeordnet. Gleichzeitig sind die Zinszahlungen steuerlich abzugsfähig. Auch die RatingAgenturen werten Hybridanleihen – je nach Ausgestaltung – zumindest teilweise als Eigenkapital. Eine wesentliche Bedingung für die Anrechnung als Eigenkapital ist eine (nahezu) unendliche Laufzeit, d.h. eine Laufzeit von mindestens 50 Jahren. Allerdings beinhalten die Anleihebedingungen regelmäßig ein vorzeitiges Kündigungsrecht seitens des Emittenten (z.B. nach fünf oder zehn Jahren). Sofern der Emittent das RückzahMadjlessi/Leopold
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
lungswahlrecht zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht wahrnimmt, wird die feste Verzinsung der ersten Jahre in eine variable Verzinsung mit einem zusätzlichen Renditeaufschlag gewandelt (so genanntes Step-Up). Eine weitere Bedingung für die Anrechnung als Eigenkapital ist die Nachrangigkeit der Hybridanleihen, d.h. sie werden im Insolvenzfall erst bedient, wenn die Forderungen der vorrangigen Gläubiger erfüllt sind. Daher erhält der Investor einer nachrangigen Anleihe auch einen höheren Zinskupon. 47
Durch die Kombination einer Hybridanleihe mit dem Wandlungsrecht in Aktien lässt sich aus Sicht des Emittenten der Vorteil der unmittelbaren Eigenkapitalanrechnung zu verhältnismäßig günstigen Finanzierungskonditionen realisieren. Die vergleichsweise hohe Emissionsrendite einer nicht wandelbaren Hybridanleihe wird dabei durch den Verkauf von „Optionalität“ reduziert. Somit entspricht die Struktur dem Wunsch des Emittenten nach einer günstigen Finanzierung, welcher oftmals den Ausgangspunkt der Überlegungen aktienverwandter Emissionen bildet.
48
Eine derartig strukturierte Wandelanleihe ist beispielsweise im Jahr 2003 durch die italienische Bank Monte Dei Paschi di Siena im Volumen von 700 Mio. Euro begeben worden, um die bankaufsichtsrechtliche Eigenkapitalbasis zu stärken.
3. Pflichtwandel- bzw. Umtauschanleihe 49
Das Charakteristikum einer Pflichtwandel- bzw. Umtauschanleihe ist die bereits zum Emissionszeitpunkt bestehende Gewissheit über die Wandlung in Aktien. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Anleihen hat der Investor also kein Recht auf Wandlung von dem er – je nach Kursentwicklung – Gebrauch machen kann, sondern eine Verpflichtung, die vom Emittenten bei Laufzeitende auszugebenden Aktien anstelle einer etwaigen Rückzahlung des Nominalwerts anzunehmen. Lediglich die Anzahl der zur Tilgung erforderlichen Aktien ist bei Ausgabe der Anleihe in der Regel nicht festgelegt, sondern vom Kurs der zugrundeliegenden Aktie bei Laufzeitende abhängig.
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Pflichtwandelanleihen sind insbesondere bei Finanzinstituten in den USA seit langem als Finanzierungsinstrument etabliert. In Europa hat die Daimler-Benz AG im Jahr 1997 als erste Gesellschaft eine solche Struktur verwendet. Insbesondere seit dem Jahr 2002 hat sich die Pflichtwandelanleihe nach Emissionen durch Deutsche Telekom, Lanxess, Allianz, Bayer und Hypo Real Estate auch in Deutschland etabliert. Die verwendeten Strukturen sehen in der Regel eine dreijährige Laufzeit, eine Prämie zwischen 15 % und 25 % sowie Kuponzahlungen in der Größenordnung von etwa 6 % p. a. vor. Anstelle eines festen Kupons wird oft auch eine Kombination aus fixer Zahlung in Höhe von beispielsweise 4,5 % zuzüglich einer variablen Zahlung, die der Höhe der Dividende je zugrundliegender Aktie entspricht, vereinbart. In der typischen Ausgestaltung entspricht der Nominalwert je Anleihe dem zum Zeitpunkt der Emission vorherrschenden Kurs der zugrundeliegenden Aktie („Referenzkurs“). Der Emittent liefert dann bei Fälligkeit eine Aktie je Anleihe wenn der Aktienkurs unterhalb des Referenzkurses liegt. Steigt der Aktienkurs so steht dem Emittenten zunächst die volle Partizipation an Kurssteigerungen bis zum Erreichen der vereinbarten Prämie („Wandelpreis“) zu, indem die Anzahl der zu liefernden Aktien sukzessive fällt. Nach Erreichen des Wandelpreises bleibt dann die Anzahl der zu liefernden Aktien in der Regel konstant. Danach ergibt sich das folgende Zahlungsprofil für den Fall einer Emission mit Referenzkurs von 100, einem Kupon 282
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
von 6 % p. a. und 20 % Prämie (Wandelpreis 120). In dem genannten Beispiel partizipiert der Emittent auch nach Erreichen des Wandelpreises an möglichen weiteren Kurssteigerungen mit einem Anteil von rund 17 %. Dieser Zusammenhang ist in der nachfolgenden Grafik illustriert:
Alternativ zur oben beschrieben Struktur lässt sich die Pflichtwandelanleihe so strukturieren, dass dem Emittenten nach Erreichen des oberen Referenzpreises kein Anteil an weiteren Kurssteigerungen zusteht. Die aus Investorenperspektive vorteilhafte Ausgestaltung schlägt sich dann, bei sonst gleichen Konditionen, entweder in einer höheren Prämie oder aber in einer verminderten Zinszahlung nieder. Die nachfolgende Grafik stellt die modifizierte Struktur für das oben angegebene Beispiel mit einer erhöhten Prämie von 25 % bei gleichbleibendem Kupon dar:
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
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Weitere Varianten von Pflichtwandelanleihen umfassen Strukturen, bei denen der implizit enthaltene unbedingte Terminkontrakt von der Anleihe getrennt handelbar ist (eine Struktur die sich in den USA aus steuerlichen und bilanztechnischen Gründen großer Beliebtheit erfreut), Pflichtwandelanleihen mit festgesetzter, nicht kursabhängiger Anzahl zu liefernder Aktien sowie indexgebundene Pflichtwandelanleihen.
53
Auch für Pflichtwandelanleihen gilt, dass es sich um Instrumente handelt, die sich den Bedürfnissen des Emittenten flexibel anpassen lassen. Je nach Situation sind dabei aufsichtsrechtliche Kapitalanrechnung (z.B. bei Banken und Versicherungen), steuerliche Optimierung, handelsbilanzielle Implikationen oder sonstige relevante Fragestellungen zu berücksichtigen.
III. Bewertung aktienverwandter Instrumente 1. Grundüberlegungen 54
Die Überlegungen zur Bewertung lassen in einem ersten Schritt die Festlegung von Wertuntergrenzen für optionale Wandel- und Umtauschanleihen zu. Der Wert der Wandelanleihe muss zum einen mindestens dem Barwert des versprochenen Zahlungsstroms entsprechen (bond floor). Der Diskontierungszins entspricht dabei dem risikolosen Zinssatz (in der Regel Libor) entsprechender Fälligkeit zuzüglich des risikoadäquaten Aufschlags (credit spread). Zum anderen muss der Wert der Anleihe mindestens dem der zugrundeliegenden Aktien entsprechen (Parität). Der Wert der Anleihe entspricht also mindestens dem Maximum aus Bond Floor und Parität. Die folgende Grafik veranschaulicht diesen Zusammenhang:
55
Die Darstellung veranschaulicht auch den defensiven Charakter aktienverwandter Instrumente im Vergleich zu direkten Aktieninvestments. Während bei einem Engagement in der Aktie im schlimmsten Fall der Totalverlust des Einsatzes droht, ist das Investment in die Wandelanleihe zumindest auf dem Niveau des Bond Floors 284
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
geschützt. Diese Überlegung geht zwar von der etwas naiven Annahme einer vom Aktienkurs unabhängigen, gleichbleibend hohen Bonität des Emittenten aus, die sich so in extremen Szenarien sicherlich nicht rechtfertigen lässt, dennoch gilt auch bei Berücksichtigung von mit dem Aktienkurs korrelierten Bonitätsrisiken eine deutlich defensivere Charakteristik der Wandelanleihe im Vergleich zur Aktie. In einer vereinfachten Anschauung lassen sich Wandelanleihen ferner als zusammengesetzte Finanzinstrumente, bestehend aus den folgenden Komponenten, verstehen:
56
– Verbriefter Anspruch auf Zinszahlungen und Tilgung zum Rückzahlungsbetrag („Anleihekomponente“) – Kaufoption mit dem Recht auf Bezug der zugrundeliegenden Aktien zu einem dem Rückzahlungsbetrag der Anleihe entsprechenden Bezugspreis („Optionskomponente“) Auf der Grundlage dieser Überlegungen lässt sich die Bewertung einer Wandelanleihe auf die Bewertung der Anleihekomponente einerseits sowie die Bewertung einer (amerikanischen) Aktienkaufoption andererseits reduzieren.
57
2. Wesentliche Bewertungsparameter a) Zinsniveau Der Wert der Anleihekomponente entspricht dem Bond Floor und wird durch die Zinsentwicklung sowie durch die Entwicklung der emittentenspezifischen Credit Spreads entsprechender Laufzeit bestimmt. Bei einem Anstieg des Zinsniveaus beziehungsweise einer Ausweitung der emittentenspezifischen Credit Spreads sinkt der Bond Floor auf ein Niveau unterhalb des Ausgangsniveaus.
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
b) Bonität des Emittenten 59
Eine Verschlechterung der Bonität des Emittenten führt – auch in einem ansonsten stabilen Zins- bzw. Spreadumfeld – zu einer Erhöhung der von Investoren geforderten Verzinsung der Anleihe und somit zu einem Absinken des Bond Floors. Der Effekt entspricht dem oben dargestellten Effekt einer Zinserhöhung. c) Laufzeit
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Die Veränderung der Laufzeit wirkt sich sowohl auf die Anleihekomponente als auch die Optionskomponente eines aktienverwandten Instruments aus. Die Effekte sind dabei gegenläufig. Während eine Laufzeitverlängerung zu einer Reduzierung des Bond Floors bzw. einer Verringerung des Wertes der Anleihekomponente führt, wirkt sie sich wertsteigernd auf die Optionskomponente aus. In der Regel dominiert jedoch der negative Effekt auf den Wert der Anleihekomponente, so dass eine Laufzeitverlängerung aus Emittentensicht meist zu einer Verteuerung der Finanzierung führt. Das Ausmaß der Verteuerung hängt wesentlich von der zum Bewertungszeitpunkt gültigen Zinskurve ab und wird im Falle einer besonders steilen Zinskurve verschärft. d) Wandelprämie
61
Der Wunsch nach höheren Wandelpreisen bzw. Prämien führt stets zu einer Verringerung des Optionswertes und muss durch eine entsprechend höhere Verzinsung „erkauft“ werden. Wie bereits erwähnt, lässt sich der Wandelpreis dennoch nicht beliebig erhöhen, da mit zunehmender Prämie die Sensitivität der Anleihe auf Veränderungen des Aktienkurses abfällt und Investoren letztlich an Instrumenten ohne ausreichende Aktienkurssensitivität nicht interessiert sind.
62
Eine vielfach praktizierte Alternative zur Steigerung der Prämie ist die Verwendung eines so genannten Call Spreads im Zusammenhang mit der Begebung einer traditionellen Wandelanleihe. Dabei begibt der Emittent eine Anleihe mit z.B. 30 % Wandelprämie und kauft gleichzeitig in einer davon unabhängigen Vereinbarung einen Call Spread, d.h. er kauft eine Call Option auf die der Anleihe zugrundeliegenden Aktien mit entsprechender Prämie und Laufzeit und verkauft eine entsprechende Call Option mit einer Prämie von beispielsweise 80 %. Die Kosten des Call Spreads werden dabei oftmals aus den Erlösen der platzierten Anleihe finanziert. Effektiv hat der Emittent nach Abschluss beider Transaktionen eine Position, die der Emission einer Wandelanleihe mit 80 % Prämie entspricht. In Deutschland wurde eine solche Struktur beispielsweise von der TUI AG im Zusammenhang mit der Emission einer 385 Mio. Euro Wandelanleihe im Oktober 2003 verwendet. e) Volatilität
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Die Volatilität ist ein Maß für die Stärke der Kursschwankungen einer Aktie und ein wesentlicher Parameter bei der Bewertung der Optionskomponente. In einem Umfeld hoher Unsicherheit und entsprechend hoher Volatilität ist der Wert der implizit in aktienverwandten Instrumenten veräußerten Kaufoption deutlich höher als in einem Umfeld geringer Volatilität. Die Emissionsaktivität geht deshalb in Phasen geringer Volatilität oftmals deutlich zurück. So ließ sich auch für 2004 und 2005 eine mit stark abfallenden Volatilitäten deutlich verminderte Emissionsaktivität gegenüber 2003 beobachten. 286
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Obwohl ein empirischer Zusammenhang zwischen Aktienkursvolatilitäten und Credit Spreads konstatiert werden muss, ist dieser Zusammenhang nicht durchgängig beobachtbar. Die folgende Grafik berücksichtigt deshalb ausschließlich die durch eine relativ höhere Volatilität induzierte Wertsteigerung der Optionskomponente und geht von einem unveränderten Bond Floor aus.
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f) Kosten der Aktienleihe Ein wesentlicher Teil der auf aktienverwandte Instrumente spezialisierten Investoren führt im Zusammenhang mit der Zeichnung aktienverwandter Instrumente Leerverkäufe der zugrundeliegenden Aktien durch, um sich gegen Risiken einer Aktienkursänderung abzusichern. Die Kosten der dazu erforderlichen Aktienleihe müssen bei der Bewertung bzw. bei der Preisindikation berücksichtigt werden. Bei Aktien mit geringer Leiheverfügbarkeit kann dies im Einzelfall wesentlichen Einfluss auf die Preisfindung und Platzierbarkeit aktienverwandter Instrumente haben.
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g) Kündigungsrechte Aktienverwandte Instrumente sind regelmäßig mit Kündigungsrechten für Emittenten und Investoren ausgestattet. Diese haben zum Teil wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der Anleihe. Vereinfacht lässt sich jedes Emittentenkündigungsrecht (insbesondere Hard Call-Rechte) als Verkürzung der effektiven Laufzeit der impliziten Option verstehen, die aus Investorensicht eine Wertreduzierung zur Folge hat.
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Ferner stehen auch den Investoren in vielen Fällen Kündigungsrechte zu, die eine effektive Verkürzung der Anleihelaufzeit bewirken und damit eine Anhebung des Bond Floors zur Folge haben. Zahlreiche der in den letzten Jahren begebenen Anleihen haben entsprechende Kündigungsrechte bereits nach einem Jahr, mit der Folge
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
eines sehr hohen Bond Floors und der Möglichkeit, eine entsprechend hohe Wandelprämie vorzusehen.
IV. Platzierung aktienverwandter Instrumente 1. Emissionsvorbereitung a) Strukturierung 68
Zur Vorbereitung einer Emission werden zunächst die Grundzüge einer geeigneten Struktur zwischen Bank und Emittent festgelegt. Im Anschluss werden sämtliche Regelungen und Ausstattungsmerkmale des aktienverwandten Instruments verbindlich in den so genannten Anleihebedingungen niedergelegt.
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In vielen Fällen wird bei Emissionen deutscher Unternehmen zur Vermeidung der Kapitalertragsteuer eine ausländische Tochter (z.B. Finanzierungsgesellschaft in Luxemburg) als Emittent verwendet. Die Emissionserlöse werden dann im Rahmen einer konzerninternen Kreditvereinbarung an die deutsche Muttergesellschaft weitergeleitet. Diese garantiert im Gegenzug für die Verbindlichkeiten und verpflichtet sich – für den Fall einer Wandlung – zur Lieferung der Aktien an einen Treuhänder (vgl. § 10 Rz. 47). Eine solche Konstruktion ist insbesondere dann aus Platzierungsgesichtspunkten erforderlich, wenn Anleihen mit relativ hohen Zinskupons ausgestattet sind. Die Kapitalertragsteuer wird zwar Inländern und Investoren mit Sitz in Ländern, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht erstattet, dennoch bleibt den Investoren bei Emission durch eine deutsche Gesellschaft in jedem Fall der Nachteil eines zeitlich verzögerten Eingangs der Kapitalertragsteuer. Ferner sind wesentliche Investoren in derartige Produkte in Ländern domiziliert, mit denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht (vgl. § 13).
70
Bei der Begebung von Wandelanleihen steht den Aktionären zunächst ein Bezugsrecht auf einen ihrer Beteiligung entsprechenden Anteil der Wandelanleihen zu. Aus Kapitalmarktsicht ist allerdings eine Platzierung unter Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG zu empfehlen. Nur dann lassen sich das Überraschungsmoment und die Dynamik einer beschleunigten, auf wenige Stunden reduzierten Vermarktung (accelerated bookbuilding) zugunsten des Emittenten nutzen. Der Ausschluss des Bezugsrechts setzt eine entsprechende Ermächtigung durch die Hauptversammlung voraus (vgl. § 10 Rz. 22).
71
Neben den Finanzierungsinteressen des Emittenten finden auch Marktüberlegungen ihren Eingang in die Strukturierung einer Anleihe. Die mögliche Laufzeit einer Anleihe hängt beispielsweise wesentlich von der wahrgenommenen Bonität des Emittenten und der augenblicklichen Risikofreude der Investoren sowie ferner von der Frage ab, ob es einen aktiven Credit Default Markt für den entsprechenden Emittenten gibt.
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Volumen und Bond Floor einer Anleihe sind auf die Liquidität der zugrundeliegenden Aktie abzustimmen, um den durch etwaige Leerverkäufe induzierten Kursdruck zu minimieren. Zwischen den verschiedenen Parametern gibt es Interdependenzen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind. Hier spielen letztlich Gespür und Erfahrung der Bank in der Strukturierung und Vermarktung aktienverwandter Instrumente eine entscheidende Rolle. 288
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
b) Dokumentation Die Dokumentation für die Emission aktienverwandter Instrumente umfasst im Wesentlichen die Erstellung der Anleihebedingungen sowie den Übernahmevertrag.
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Die Anleihebedingungen regeln rechtsverbindlich die Rechte und Pflichten des Emittenten bzw. der Inhaber der Anleihe. Sie enthalten unter anderem Regelungen über Emittent und Garant der Anleihe, zugrundeliegende Aktien, Laufzeit, Wandelperiode, Verzinsung, Rang der Anleihe, Wandelpreis bzw. Prämie, Verwässerungsschutzklauseln, Übernahmeschutzklauseln, etc.
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Der Übernahmevertrag regelt die Bedingungen, zu denen die Bank dem Emittenten die Anleihen abkauft. Wesentliche Abschnitte umfassen Gewährleistungen und Zusicherungen des Emittenten, Anleihebedingungen, Regelungen zu Vergütung und Auslagen der Bank, Haftungsfreistellung, etc.
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Die nachfolgende Darstellung enthält eine Übersicht der wesentlichen Dokumente für eine Emission aktienverwandter Instrumente (s. auch § 10, § 11, § 24).
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§9
Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
2. Emissionsdurchführung a) Vermarktung 77
Die Vermarktung aktienverwandter Instrumente erfolgt heute regelmäßig im Rahmen eines beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens auf der Basis eines so genannten Termsheet. Das Termsheet ist eine ein- bis zweiseitige Zusammenfassung der Anleihebedingungen und enthält alle für die Investitionsentscheidungen relevanten Parameter der Anleihe.
78
Dabei wird ein Kreis von bis zu 150 institutionellen Investoren von der begleitenden Investmentbank angesprochen. Zeitgleich mit der Ansprache der Investoren erfolgt die öffentliche Bekanntmachung der Transaktion, im Falle von Wandelanleihen über den Weg einer Ad-hoc-Mitteilung durch den Emittenten.
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Wie in einem herkömmlichen Bookbuilding-Verfahren haben die Investoren die Möglichkeit, eine Order mit Preisgebot und nachgefragter Menge bei der begleitenden Investmentbank abzugeben. Dabei ist anzumerken, dass das Preisgebot bei aktienverwandten Instrumenten typischerweise zwei Preisparameter umfasst, nämlich die Wandel- bzw.- Umtauschprämie sowie die Höhe der Emissionsrendite.
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Alternativ zu dem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren können aktienverwandte Instrumente auch über einen längeren Zeitraum vermarktet werden, wie dies beispielsweise bei einer Bezugsrechtsemission geschieht, bei der sich die Vermarktungsphase fast über die gesamte Zeichnungsfrist für die Anleihen erstreckt. Allerdings ist dies gleichbedeutend mit einer erheblichen Ausweitung des Marktpreisrisikos für den Emittenten und wird daher nur in Ausnahmefällen Anwendung finden, z.B. wenn die Möglichkeit des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG aufgrund des angestrebten Emissionsvolumens nicht besteht. b) Preisfestsetzung und Zuteilung
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Nach Abschluss des Bookbuilding-Verfahrens wird die begleitende Investmentbank die eingegangenen Orders der Investoren sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Kriterien bewerten. Bei den quantitativen Kriterien werden solche Gebote mit hoher Wandel- bzw. Umtauschprämie und/oder niedriger Emissionsrendite zuerst berücksichtigt. Die Berücksichtigung qualitativer Kriterien soll sicherstellen, dass sowohl die aktienverwandten Instrumente als auch die zugrundeliegenden Aktien einen positiven Handelsverlauf im Sekundärmarkt erfahren. Anhand des sich ergebenden Nachfragetableaus lassen sich nun die endgültigen Konditionen der Emission sowie die auf die einzelnen Investoren entfallenden Volumina bestimmen.
82
Der Zeitpunkt der Zuteilung stellt allerdings noch nicht den formell rechtlichen Abschluss (closing) der Transaktion dar. Das Closing einer Transaktion setzt typischerweise die erfolgreiche Börsenzulassung und die Veröffentlichung des Zulassungsprospekts einschließlich der ausführlichen Anleihebedingungen voraus. In der Marktpraxis hat sich die Börsenzulassung aktienverwandter Instrumente am Börsenplatz Luxemburg aufgrund des schnellen und pragmatischen Zulassungsverfahrens als gängiger Standard etabliert (vgl. § 36).
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c) Verzögerte Abrechnung Entsprechend der beschrieben Vorgehensweise fallen bei einer Emission aktienverwandter Instrumente im Rahmen eines beschleunigten Bookbuilding-Verfahrens Vermarktung, Preisfestsetzung und Zuteilung einerseits sowie Closing andererseits, bis zu 30 Tage auseinander (verzögerte Abrechnung, deferred settlement). Erst zum Zeitpunkt des Closing gehen die Wertpapiere verbindlich in das Eigentum des Investors über. Im Gegenzug erhält der Emittent den Emissionserlös. Der nachfolgende Zeitplan veranschaulicht die beschriebene Vorgehensweise:
83
3. Einfluss auf den Preis der zugrundeliegenden Aktien a) Gründe für Kursbeeinflussung Die Platzierung aktienverwandter Emissionen führt regelmäßig zu einer negativen Kursreaktion der zugrundeliegenden Aktie. Als Gründe für den Kursdruck lassen sich heranziehen:
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– Potenzielle Ergebnisverwässerung bei Wandlung durch Ausgabe neuer Aktien; – Aufnahme der Emission als negatives Signal im Hinblick auf künftiges Kurspotenzial der zugrundeliegenden Aktie; – Verkaufsdruck durch Aktieninvestoren, die bei Emission ihre Position in der Aktie aufgeben und in die aktienverwandten Instrumente wechseln; – Technisch bedingter Kursdruck, ausgelöst durch Leerverkäufe zur Umsetzung der von Hedge Funds verfolgten Strategie. Die Bedeutung der einzelnen Ursachen unterscheidet sich mitunter erheblich von Fall zu Fall. Wesentliche Aufgabe der Investmentbank ist es, die Ursachen möglichen Kursdrucks frühzeitig zu antizipieren, um durch geeignete Gegenmaßnahmen das Ausmaß auf ein Minimum zu reduzieren. Madjlessi/Leopold
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
b) Ausmaß der Kursbeeinflussung 86
Das Ausmaß der Kursbeeinflussung, welches mit der Emission aktienverwandter Instrumente einhergeht, ist im Wesentlichen von den folgenden Punkten abhängig: – Durchschnittliches Handelsvolumen der zugrundeliegenden Aktien relativ zum Volumen der Emission; – Attraktivität der Investment Story für Aktieninvestoren; – Allgemeines Kapitalmarktumfeld zum Zeitpunkt der Emission.
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Die Liquidität gemessen in Form des durchschnittlichen täglichen Handelsvolumens einer Aktie ist eines der wesentlichen quantitativen Kriterien für das Ausmaß einer möglichen Kursbeeinflussung. Dabei wird unterstellt, dass Aktien mit höherer Liquidität den technisch induzierten Verkaufsdruck sowie den damit verbunden erhöhten Umsatz leichter absorbieren können. Basierend auf den tatsächlichen Beobachtungen ist im Ergebnis festzuhalten, dass es neben der Liquidität einer Aktie weitere qualitative Kriterien gibt, die über das Ausmaß einer Kursbeeinflussung mitentscheiden (z.B. geplante Mittelverwendung).
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Daneben lässt sich beobachten, dass die Kursbeeinflussung in der Regel an den der Emission folgenden Handelstagen zumindest teilweise korrigiert wird. Dies wird in der folgenden Grafik veranschaulicht:
Durchschnittliche Kursreaktionen bei Emission aktienverwandter Instrumente in Europa (2003–2007 H1) 1.0% 0.5%
0.0%
0.0% (0.5)%
T+1
T+2
–1.2%
–1.0%
(1.0)% (1.5)%
T+5
T+20
–0,8%
c) Maßnahmen zur Begrenzung des Kurseinflusses 89
Es ist eine der wesentlichen Aufgaben der begleitenden Investmentbank, die Kursbeeinflussung der zugrundeliegenden Aktien im Zuge einer Emission aktienverwandter Instrumente weitestgehend zu minimieren.
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Dies kann beispielsweise durch eine zeitgleiche Vermarktung der Investment Story der zugrundeliegenden Aktien durch die Aktien-Sales-Teams der Investmentbank an Aktieninvestoren geschehen, für die ein technisch bedingter, kurzzeitig leicht reduzierter Kurs eine attraktive Investitionsgelegenheit sein kann.
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Zur Begrenzung der auf Hedge Fund-Strategien zurückzuführenden Kursbeeinflussung kann ferner die Vermarktung der aktienverwandten Instrumente schwerpunktmäßig bei Fundamental- und Fixed Income-Investoren erfolgen, die in der Regel ohne einen gleichzeitigen Leerverkauf der zugrundeliegenden Aktien oder eine Absicherung gegen Bonitätsrisiken des Emittenten investieren.
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Equity-Linked-Emissionen aus Sicht der Investmentbank
Des Weiteren kann in bestimmten Fällen die Verwendung von Strukturen mit möglichst hohem Bond Floor eine geeignete Maßnahme zur Minimierung einer negativen Kursreaktion sein. Dies geschieht in der Regel durch die Wahl kürzerer Laufzeiten oder eines relativ betrachtet höheren Barkupons. Je höher der Bond Floor eines aktienverwandten Instruments ist, desto geringer die Aktienpreissensitivität und damit die Leerverkaufsaktivität von Hedge Funds.
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Als weiteres Instrument hat sich die „organisierte Bereitstellung“ von Leerverkaufspositionen durch die Bank bewährt. Dabei platziert die Bank parallel zur Vermarktung der aktienverwandten Instrumente die zugrundeliegenden Aktien in organisierter Form bei Aktieninvestoren. Das Volumen der Platzierung orientiert sich dabei am Delta des Instruments und der erwarteten Zuteilung an Hedge Funds. Statt einer Reihe unkoordinierter Leerverkäufe einzelner Investoren, die vom Markt nur schwer absorbiert werden können, werden bei der beschriebenen Vorgehensweise durch klare Kommunikation, professionelle Vermarktung und gezielte Ansprache investitionswilliger Aktienfonds die negativen Auswirkungen der Leerverkäufe minimiert.
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Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Emission einer Wandelanleihe mit einem Aktienrückkauf des Unternehmens zu verbinden. Die im Zuge der Platzierung generierten zusätzlichen Verkaufsorders („Delta“ der Emission) werden in diesem Falle vom Unternehmen selbst absorbiert. Die Finanzierung des Rückkaufs erfolgt durch die Verwendung eines Teils der Erlöse der Wandelanleihe. Gleichzeitig sendet das Unternehmen ein positives Signal hinsichtlich der Einschätzung des Kurspotenzials der eigenen Aktie.
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§ 10 Wandel- und Optionsanleihen Michael Schlitt/Peter Hemeling* I. Allgemeines 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wandelanleihe . . . . . . . . . . . b) Optionsanleihe . . . . . . . . . . c) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . 2. Zweck der Begebung von Wandelund Optionsanleihen . . . . . . . . . 3. Gestaltungsformen . . . . . . . . . . 4. Abgrenzung zu verwandten Finanzierungsformen . . . . . . . . . 5. Rechtsstellung des Anleihegläubigers . . . . . . . . . . . . . . . II. Überblick über das Platzierungsverfahren 1. Bezugsrechtsemission . . . . . . . . 2. Beschleunigtes Bookbuilding-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrzuteilungs- und GreenshoeOption . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Begebungsvoraussetzungen 1. Gremienbeschlüsse a) Hauptversammlungsermächtigung aa) Erfordernis . . . . . . . . . . . bb) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnutzungsbeschluss der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherstellung der Erfüllung der Wandlungs- und Optionsrechte a) Bedingtes Kapital . . . . . . . . . b) Genehmigtes Kapital . . . . . . . c) Eigene Aktien . . . . . . . . . . . d) Vereinbarungen mit einem Dritten (synthetische Wandel-/ Optionsschuldverschreibung) . . e) Pflicht zur Absicherung der Lieferungspflicht? . . . . . . . . . 3. Bezugsrechtsausschluss a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . b) Erleichterter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG analog) . . . . . . . . . . . .
1 2 3 4 5 7 9 12
13 19 21
22 25 27
30 35 36 39 42 43 45
4. Besonderheiten bei der Einschaltung einer ausländischen Zweckgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausgestaltung der Anleihebedingungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Wandlungs- bzw. Optionsfrist . . . 2. Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnis 3. Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorzeitige Rückzahlung . . . . . . . 5. Barzahlung statt Lieferung von Aktien (cash settlement) . . . . . . 6. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . 7. Begründung einer Wandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anpassung der Wandlungs- bzw. Bezugsbedingungen . . . . . . . . . . a) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . c) Ausschüttungen, Ausgabe von Finanzinstrumenten . . . . . . . 9. Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . 10. Schutz bei Übernahme und Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . 11. Squeeze-Out . . . . . . . . . . . . . . 12. Delisting . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Richterliche Inhaltskontrolle . . . . V. Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten 1. Platzierung . . . . . . . . . . . . 2. Börsenzulassung . . . . . . . . 3. Prospekt a) Prospektpflicht . . . . . . . b) Zuständige Behörde für die Prospektbilligung . . . . . . c) Prospektinhalt . . . . . . . . 4. Transparenzpflichten . . . . .
47 49 50 52 53 55 56 57 58 62 63 64 66 67 69 70 73 74
. . . . . .
75 76
. . .
77
. . . . . . . . .
78 79 80
VI. Umstrukturierungen . . . . . . . . . 1. Rückkauf der Anleihe . . . . . . . .
84 85
* Wir danken Herrn Rechtsanwalt Michael Gottmann für die hilfreiche Unterstützung bei der Überarbeitung dieses Beitrages anlässlich der Zweitauflage.
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Schlitt/Hemeling
§ 10
Wandel- und Optionsanleihen 2. „Umwandlung“ einer Anleihe in eine Wandelschuldverschreibung .
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3. Restrukturierungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz . . . .
89
Schrifttum: Assmann, Anleihebedingungen und AGB-Recht, WM 2005, 1053; Busch, Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss bei Wandel- und Optionsanleihen, AG 1999, 58; Dierks, Aktienoptionsscheine, 2000; Drinhausen/Hamann, Gestaltungsmöglichkeiten der Preisfindung bei der Bezugsemission von Wandelschuldverschreibungen, Finanz Betrieb 2004, 628; Eichmann, Wandelanleihen: Emissionsprospekte kritisch prüfen, Die Bank 2001, 60; Engelhardt, Convertible Bonds im Squeeze-out, 2007; Falkenhausen/Klitzing, Wandelanleihen als poison pill, ZIP 2006, 1513; Frey/Hirte, Das Vorab-Bezugsrecht auf Aktien und Optionsanleihen, ZIP 1991, 697; Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, 2000; Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen ausländischer Tochtergesellschaften, Diss. Tübingen, 1991; Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433; Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien bei Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen, 1999; Gebhardt, Finanzwirtschaftliche Betrachtungen zur Emission von Optionsanleihen, Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 40 (1988), 896; Gelhausen/Rimmelspacher, Wandel- und Optionsanleihen in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen des Emittenten und des Inhabers, AG 2006, 729; Georgakopoulos, Zur Problematik der Wandelschuldverschreibungen, ZHR 120 (1957), 84; Groß, Isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss bei der Begebung von Optionsanleihen, AG 1991, 201; Gustavus, Die Sicherung von mit ausländischen Optionsanleihen verbundenen Bezugsrechten auf deutsche Aktien, BB 1970, 694; Hirte, Bezugsrechtsfragen bei Optionsanleihen, WM 1994, 321; Hirte, Wandel- und Optionsanleihen im Rechtsvergleich, ZGR-Sonderheft Nr. 16/2000, S. 1; Hirte, Wandel- und Optionsanleihen in Europa, DB 2000, 1949; Hoffmann, Optionsanleihen ausländischer Töchter unter der Garantie ihrer deutschen Muttergesellschaft, AG 1973, 47; Hofmeister, Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss bei Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten, 2000; Holland/Goslar, Die Bedienung von Wandelanleihen aus genehmigtem Kapital, NZG 2006, 892; Ihrig, Geklärtes und Ungeklärtes zum Vereinfachten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, Liber amicorum Happ, 2006, S. 109; Kerber, Eigenkapitalverwandte Finanzierungsinstrumente, 2002; Klawitter, Zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, AG 2005, 792; Kniehase, Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, AG 2006, 180; Lutter, Optionsanleihen ausländischer Tochtergesellschaften, AG 1972, 125; Lutter/Drygala, Die zweite Chance für Spekulanten? – Zur nachträglichen Korrektur der Konditionen von Optionsschuldverschreibungen, FS Claussen, 1997, S. 261; Maidl, Die Wandelschuldverschreibung bei der GmbH, NZG 2006, 778; Maier-Reimer, Bedingtes Kapital für Wandelanleihen, GS Bosch, 2006, S. 85; Marsch-Barner, Zum Bezugsrechtsausschluss bei Auslandsoptionsanleihen, Anm. zu OLG München, WuB II A. § 221 AktG 3.91; Martens, Die bilanzrechtliche Behandlung internationaler Optionsanleihen nach § 150 Abs. 2 AktG, FS Stimpel, 1985, S. 621; Martens, Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, 69; Martens, Die rechtliche Behandlung von Options- und Wandlungsrechten anlässlich der Eingliederung der verpflichteten Gesellschaft, AG 1992, 209; Martens, Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, 69; Oho/ Behrens, Steuerliche Aspekte bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen über ausländische Konzerngesellschaften, IStR 1996, 313; Paefgen, Eigenkapitalderivate bei Aktienrückkäufen und Managementbeteiligungsmodellen, AG 1999, 67; Roth/Schoneweg, Emission selbständiger Aktienoptionen durch die Gesellschaft, WM 2002, 677; Rozijn, Wandelanleihe mit Wandlungspflicht – eine deutsche equity note?, ZBB 1998, 77; Schäfer, F.A., Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland – Praxisprobleme von Equity-linked-Emissionen, ZGR Sonderheft Nr. 16, 2000, S. 62; Schäfer, H., Renaissance der Wandelanleihen – Neuere Kontraktstrukturen und deren Kapitalmarktrelevanz, Finanz Betrieb 2002, 514; Schaub, Nochmals „Warrant-Anleihen“ von Tochtergesellschaften, AG 1972, 340; Schlitt/Löschner, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 150; Schlitt/Mihm, Mandatory Convertibles im Fokus der Emittenten, Börsen-Zeitung vom 5.2.2003, S. 13; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2005, 498; Schlitt/ Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie
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Wandel- und Optionsanleihen
auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227; Schlitt/Seiler/Singhof, Aktuelle Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, 254; Singhof, Der „erleichterte“ Bezugsrechtsausschluss im Rahmen von § 221 AktG, ZHR 170 (2006), 673; Singhof/Weber, Neue kapitalmarktrechtliche Rahmenbedingungen für den Erwerb eigener Aktien, AG 2005, 549; Schumann, Optionsanleihen, 1990; Siebel, Delisting von Anleihen sowie Folgen eines Delisting bei verbrieften Bezugsrechten und Indexzertifikaten, ZGR 2002, 842; Silcher, Bedingtes Kapital für „Warrant-Anleihen“ von Tochtergesellschaften, FS Geßler, 1971, S. 185; Spiering/Grabbe, Bedingtes Kapital und Wandelschuldverschreibungen – Mindestausgabebetrag und Errechnungsgrundlagen im Rahmen des § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG, AG 2004, 91; Steiner, Zulässigkeit der Begebung von Optionsrechten auf Aktien ohne Optionsschuldverschreibung (naked warrants), WM 1990, 1776; Ulmer/Ihrig, Ein neuer Anleihetyp: Zero-Bonds, ZIP 1985, 1169; Umbeck, Zulässigkeit eines Mindestausgabebetrages bei der bedingten Kapitalerhöhung zur Bedienung von Wandelschuldverschreibungen, AG 2008, 67; Volhard, Das Bezugsrecht und sein Ausschluss bei Optionsanleihen der Aktiengesellschaft und ausländischer Finanzierungstöchter, 1995; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, 2004; Wiese/Dammer, Zusammengesetzte Finanzinstrumente der AG, DStR 1999, 867; Wolff, Bedingtes Kapital für warrant-Anleihen, Huckepack-Emissionen und naked warrants?, WiB 1997, 505; Zahn/Lemke, Anleihen als Instrument der Finanzierung und Risikosteuerung, BKR 2002, 527.
I. Allgemeines 1. Begriff 1
§ 221 Abs. 1 AktG definiert Wandelschuldverschreibungen als Schuldverschreibungen, die dem Gläubiger ein Umtauschrecht auf Aktien (Wandelanleihen im engeren Sinne) oder ein Bezugsrecht auf Aktien gewähren (Optionsanleihen). a) Wandelanleihe
2
Wandelanleihen im engeren Sinne räumen den Gläubigern das Recht ein, entweder den Rückzahlungsanspruch aus der Schuldverschreibung geltend zu machen oder – unter Aufgabe der Gläubigerposition – das Recht auf Wandlung der Schuldverschreibung in Aktien auszuüben1. In den Anleihebedingungen wird ein Wandlungspreis (conversion price) festgelegt, so dass die Wandlung für den Anleihegläubiger wirtschaftlich nur dann sinnvoll ist, wenn der Kurs der Aktien den Wandlungspreis überschritten hat2. b) Optionsanleihe
3
Optionsanleihen gewähren dem Inhaber ebenfalls das Recht, Aktien des emittierenden Unternehmens zu erwerben. Im Unterschied zur Wandelanleihe ist das Anleiheelement jedoch vom Optionsrecht unabhängig. In der Regel kann das Options1 Schumann, Optionsanleihen, S. 30; Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 21; zu Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten mit Wandelschuldverschreibungen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254 ff.; umfassend Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 1 ff. Zivilrechtlich ist das Wandlungsrecht zumeist als Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) ausgestaltet, dazu statt vieler Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 114. 2 Die Differenz zwischen dem Aktienkurs der Aktien der Gesellschaft und dem Wandlungspreis im Zeitpunkt der Platzierung der Anleihe (reference price) wird als Prämie (premium) bezeichnet.
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§ 10
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recht – unter Umständen bereits unmittelbar nach Begebung der Anleihe – von der Anleihe getrennt und separat gehandelt werden3. Die Anleihebedingungen können vorsehen, dass bei Ausübung des Optionsrechts der Anleihebetrag zur Zahlung des Einlagepreises in Anrechnung gebracht werden darf4. c) Rechtsnatur Wandel- und Optionsanleihen sind als Schuldverschreibungen zunächst nur schuldrechtlicher Natur. Bis zur Ausübung des Wandlungs- bzw. Optionsrechts treten auch keine Vorwirkungen mitgliedschaftlicher Natur ein (unten Rz. 12)5. Die Anleiheinhaber sind daher in erster Linie Gläubiger der Gesellschaft. Aufgrund der Kombination von Anleihe- und Aktienelement werden Wandelanleihen ähnlich wie Umtauschanleihen als hybride Instrumente oder Equity-linked Notes bezeichnet6.
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2. Zweck der Begebung von Wandel- und Optionsanleihen Der Zinssatz (coupon) ist bei einer Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung wegen des zusätzlichen Bezugsrechts auf Aktien typischerweise niedriger als bei gewöhnlichen Anleihen. Damit ermöglicht die Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen der emittierenden Gesellschaft eine günstigere Fremdfinanzierung7. Steigen die Kurse der angebotenen Aktien über den in den Bedingungen einer Wandelschuldverschreibung festgelegten Wandlungspreis und wird demzufolge das Recht auf den Bezug der Aktien ausgeübt, muss die Gesellschaft die Anleihe nicht zurückzahlen. Es kommt zu einer Umwandlung der Fremdmittel in Eigenkapital8. Im Vergleich zu einer direkten Emission von Aktien im Wege der Kapitalerhöhung kann das Unternehmen Wandelschuldverschreibungen bei einem voraussichtlich steigenden Aktienkurs oftmals besser platzieren (s. auch § 9 Rz. 33 ff.)9. Um bei Fälligkeit der Anleihe eine Belastung der Gesellschaft durch eine Barzahlungspflicht zu vermeiden, werden teilweise auch Pflichtwandelanleihen begeben (unten Rz. 58 ff.). In der jüngeren Vergangenheit wurden auch Wandelschuldverschreibungen mit einer (nahezu) unbegrenzten Laufzeit platziert (Hybrid-Wandelanleihe, s. § 9 Rz. 45 ff.). 3 Lutter/Drygala in FS Claussen, 1997, S. 261, 263; Wiese/Dammer, DStR 1999, 867, 868; Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen, S. 2; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 13, 32. 4 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867, 868; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 34. Insoweit kann den Inhabern der Optionsanleihe das Recht eingeräumt werden, bei Inanspruchnahme des Optionsrechts ihre Schuldverschreibung in Zahlung zu geben oder die Schuldverschreibung in Verbindung mit der Ausübung des Optionsrechts vorzeitig fällig zu stellen und ihren Rückzahlungsanspruch zu verrechnen. Zur Unanwendbarkeit der Sacheinlagevorschriften Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 237 f. sowie unten Rz. 49. 5 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 27 f. 6 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867; Dreyer/Herrmann, BB 2001, 705; Rozijn, ZBB 1998, 77, 85, insbes. Fn. 54; Scherrer, DStR 1999, 1205; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 31 f. („Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten“). 7 Hüffer, AktG, § 221 Rz. 7; Rozijn, ZBB 1998, 77, 87 f.; Schumann, Optionsanleihen, 1990, S. 12, 44, 88; Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 532; ausführlich zu den ökonomischen Aspekten Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 34 ff. 8 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 41 („gestreckte Aufnahme von Eigenkapital“). 9 Hirte, WM 1994, 321, 322 f.; Schumann, Optionsanleihen, S. 47 f.; Seidel/Will, Börsen-Zeitung vom 27.2.1999, S. B 4.
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Aus Sicht des Anlegers bieten Wandel- und Optionsschuldverschreibungen wegen der Verknüpfung eines (regelmäßig festen) Zinssatzes bei grundsätzlicher Rückzahlbarkeit des Nennbetrages10 auf der einen und dem Recht auf den Bezug von Aktien auf der anderen Seite eine attraktive Kapitalanlage, die eine Spekulationsmöglichkeit auf eine günstige Entwicklung des Aktienkurses mit einer Risikobegrenzung nach unten (downward protection) kombiniert11. Während Wandelschuldverschreibungen als Baustein der Unternehmensfinanzierung einen hohen Stellenwert haben, kommt Optionsanleihen seit mehreren Jahren nur noch geringe Bedeutung zu (s. § 9 Rz. 5)12.
3. Gestaltungsformen 7
Bei der Strukturierung von Wandelschuldverschreibungen ist zu entscheiden, ob die Begebung direkt durch die Aktiengesellschaft oder indirekt unter Einschaltung einer ausländischen Zweckgesellschaft erfolgen soll13. Bei der Zweckgesellschaft handelt es sich zumeist um eine 100 %-ige Finanztochtergesellschaft des Emittenten mit Sitz außerhalb Deutschlands14. Die Ausgabe über eine ausländische Zweckgesellschaft kann steuerliche Vorteile mit sich bringen (dazu im Einzelnen § 13 Rz. 37 ff.)15. Um die Gefahr einer verdeckten Sacheinlage zu vermeiden, ist die Struktur indessen recht komplex: Im Falle der Emission über eine ausländische Zweckgesellschaft gibt die Muttergesellschaft gegenüber der als Hauptwandlungsstelle fungierenden Bank eine zu Gunsten der Anleihegläubiger wirkende Verpflichtungerklärung ab, nach der sie im Wandlungsfall eine entsprechende Anzahl von Aktien zu liefern hat. Darüber hinaus gibt sie im Hinblick auf von der Anleiheschuldnerin auf die Schuldverschreibungen zu zahlenden Beträge eine Garantieerklärung ab, die ebenfalls zu Gunsten der Anleihegläubiger wirkt. Außerdem schließt die Zweckgesellschaft mit der deutschen Muttergesellschaft einen Darlehensvertrag über die Weiterleitung des Emissionserlöses ab. Die Zweckgesellschaft tritt ihre Ansprüche aus dem Darlehensvertrag sodann an die für Rechnung der Anleihegläubiger handelnde Bank ab (zu den Einzelheiten unten Rz. 47 f.).
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In aller Regel werden Wandelschuldverschreibungen gegen Barzahlung ausgegeben. Es ist jedoch im Ausgangspunkt auch denkbar, dass einzelne Investoren, insbesondere, wenn das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen ist, eine Sacheinlage erbringen. Sofern die Sacheinlage bei Ausgabe der Wandelschuldverschreibung unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften bewertet wurde, spricht viel dafür, dass die
10 Einen Sonderfall bilden Hybrid-Wandelanleihen mit (nahezu) unbegrenzter Laufzeit, s. § 9 Rz. 45, zu Hybridanleihen s. § 16. 11 Eichmann, Die Bank 2001, 60; Rozijn, ZBB 1998, 77, 78, 87; Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsanleihen, S. 29 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 10. Zur Möglichkeit, eine Wandelanleihearbitrage zu nutzen, Peetz/ Compton, Die Bank 2003, 202. 12 Hinzuweisen ist insoweit jedoch auf die im Rahmen ihrer „All in one“-Transaktion begebene Optionsanleihe der Allianz SE, vgl. die Ad-hoc-Mitteilung der Allianz AG vom 26.1.2005. 13 Zu Überlegungen hinsichtlich der Einräumung von Wandlungsrechten auch auf Anteile einer GmbH s. Maidl, NZG 2006, 778. 14 Zur Frage, ob neben 100%igen Tochtergesellschaften auch andere Gesellschaften in Betracht kommen, vgl. Frey in Großkomm. AktG, § 192 Rz. 75 m.w.N., Rz. 79; Hirte in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, § 35 Rz. 35.20. 15 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867.
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Privilegierungsbestimmung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG Anwendung findet und eine weitere Bewertung im Zeitpunkt der Wandlung nicht erforderlich ist16.
4. Abgrenzung zu verwandten Finanzierungsformen Weitere Finanzierungsinstrumente, die ihre Grundlage in § 221 AktG finden, sind Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte. Bei der Gewinnschuldverschreibung handelt es sich um eine Schuldverschreibung, bei der neben einer Geldforderung weitere Rechte der Gläubiger verbrieft werden, die „mit Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden“17. Genussrechte räumen Investoren Vermögensrechte ein, die typischerweise Aktionären zustehen (s. dazu eingehend § 12).
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Selbständige Optionsscheine (naked warrants) verbriefen ein Bezugsrecht (Optionsrecht) auf Aktien des Emittenten, werden aber eigenständig, also weder in Verbindung mit einer Wandel- oder Optionsanleihe noch in Kombination mit anderen Finanzierungsinstrumenten (wie etwa dem Genussschein oder der Aktie), ausgegeben. In Deutschland ist die Ausgabe von selbständigen Optionsrechten bislang selten geblieben. Hauptgrund für diese Zurückhaltung dürfte sein, dass ihre aktienrechtliche Zulässigkeit immer noch umstritten, wenn auch richtigerweise anzuerkennen ist18.
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Bei gedeckten Optionsscheinen (covered warrants) handelt es sich um Optionsrechte auf bereits bestehende Aktien einer Drittgesellschaft, die in der Regel von Kreditinstituten begeben werden.
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5. Rechtsstellung des Anleihegläubigers Inhaber von Wandel- und Optionsanleihen sind in erster Linie Gläubiger der Gesellschaft. Trotz ihres eigenkapitalähnlichen Charakters vermitteln diese Anleihen keine aktienrechtlichen Mitgliedschaftsrechte (Stimmrecht, Dividendenrecht, Anfechtungsrecht).
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II. Überblick über das Platzierungsverfahren 1. Bezugsrechtsemission Bei der Begebung von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen steht den Aktionären ein Bezugsrecht auf einen ihrer Beteiligung entsprechenden Anteil der Wandelbzw. Optionsschuldverschreibungen zu (§ 221 Abs. 4 Satz 2 AktG i.V.m. § 186 16 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 231. Sofern die Wandlungsrechte durch bedingtes Kapital abgesichert werden (Rz. 30), muss der Hauptversammlungsbeschluss die Festsetzungen nach § 194 Abs. 1 Satz 1 AktG enthalten. 17 So kann sich die Höhe des Zinssatzes an den Gewinnanteilen der Aktionäre orientieren, s. Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 123. 18 Vgl. aber OLG Stuttgart v. 16.1.2002 – 8 W 517/01, DB 2002, 2638, wonach bedingtes Kapital für die Bedienung von Naked Warrants nicht zur Verfügung steht; dazu auch Klöhn, ZIP 2003, 420. Umfassend zu nackten Optionen Fuchs, AG 1995, 433; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150 m.w.N.; Roth/Schoneweg, WM 2002, 677; Kuntz, AG 2004, 480 ff. (Einordnung als Genussrechte i.S.v. § 221 Abs. 3 AktG); Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 37 f.
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AktG)19. Bezugsrechtsemissionen von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen stellen daher zwar die gesetzliche Regel, in der Praxis wegen des damit verbundenen Aufwandes und der notwendigen Verlängerung des zeitlichen Vorlaufs jedoch die Ausnahme dar20. Bezugsrechtsemissionen werden gewählt, wenn die Ermächtigung zur Ausgabe der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung keine oder keine ausreichende Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss (s. dazu unten Rz. 43 ff.) vorsieht. 14
Im Falle einer Bezugsrechtsemission werden die Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen i.d.R. von einem Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. Dabei ist es nach richtiger Ansicht ausreichend, wenn das mittelbare Bezugsrecht (erst) im Ausübungsbeschluss des Vorstandes festgelegt wird21.
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Der „Ausgabebetrag“ ist dabei nicht zwingend vor dem Beginn der Bezugsfrist festzulegen. Vielmehr reicht es aus, wenn er erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist in den Gesellschaftsblättern und über ein elektronisches Informationsmedium bekannt gemacht wird. Vor Beginn der Bezugsfrist sind zunächst nur die „Grundlagen für seine Festlegung“ zu veröffentlichen22. Somit kann der Ausgabebetrag auch unter Berücksichtigung des dann geltenden Aktienkurses oder unter Zuhilfenahme des Bookbuilding-Verfahrens bestimmt werden23. Denkbar ist auch, dass sich der Preis an dem im Rahmen eines Bookbuilding-Verfahrens ermittelten Preises für eine bezugsrechtsfreie Tranche orientiert24.
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Anders als bei der Emission von Aktien erschließt sich aus dem Gesetz nicht ohne weiteres, was unter dem Ausgabebetrag einer Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung im Sinne von § 186 Abs. 2 AktG zu verstehen ist. Der von den Investoren zu entrichtende Ausgabepreis allein sagt ohne Berücksichtigung der anderen Parameter nicht genug über den Inhalt der Wandel-/Optionsschuldverschreibung aus. Richtigerweise ist der Begriff des Ausgabebetrags daher als Gesamtheit der Anleihekonditionen zu verstehen25. 19 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 45. Analog § 221 Abs. 4 Satz 1 AktG ist den Aktionären auch bei Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, die nicht von der Muttergesellschaft selbst, sondern von einer Zweckgesellschaft emittiert werden (dazu Rz. 47), ein Bezugsrecht zu gewähren, vgl. Hirte in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, § 35 Rz. 35.21; Schumann, Optionsanleihen, S. 191 ff. 20 Dazu Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 260 f.; ausführlich zu Bezugsrechtsemissionen Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175 ff. Die im April 2006 von der EM. TV AG platzierte Wandelanleihe wurde unter Einräumung von Bezugsrechten begeben. 21 Einer ausdrücklichen Festlegung im Ermächtigungsbeschluss bedarf es nicht, Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 260, Fn. 86; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 198; a.A. wohl aber Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 39. 22 Es ist nicht erforderlich, eine mathematische Formel anzugeben, mit deren Hilfe schon zu Beginn der Bezugsfrist der Ausgabebetrag bzw. seine einzelnen Komponenten errechnet werden können. 23 BT-Drucks. 14/8769, S. 23; Seibert, NZG 2002, 608, 612; im Einzelnen dazu Schlitt/Seiler/ Singhof, AG 2003, 254, 261. Ob der Ansicht von Drinhausen/Hamann, Finanz Betrieb 2004, 628, 630 f. gefolgt werden kann, nach der es einer Festlegung von Preisspannen oder Grenzwerten nicht bedarf, erscheint fraglich. 24 Drinhausen/Hamann, Finanz Betrieb 2004, 628, 631. Das Bookbuilding für die bezugsrechtsfreie Tranche muss dann aber bereits am dritten Tag vor dem Ende der Bezugsfrist abgeschlossen sein, was praktische Probleme bereitet (Rz. 17). 25 Ausführlich dazu Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 261; zustimmend Drinhausen/Hamann, Finanz Betrieb 2004, 628, 629.
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Wegen der Frist des § 186 Abs. 2 AktG für die Festlegung der Anleihekonditionen muss das Bookbuilding mindestens drei Tage vor dem Ende der Bezugsfrist abgeschlossen sein. Damit verbleiben drei Tage, in denen Altaktionäre ihr Bezugsrecht noch ausüben können26. Die Emissionsbanken wissen daher am Tag der endgültigen Festlegung des Bezugspreises noch nicht sicher, wie viele Aktionäre Wandel-/Optionsschuldverschreibungen beziehen wollen. Diese Ungewissheit über das Bezugsverhalten der Aktionäre kann die erfolgreiche Platzierung bei institutionellen Investoren gefährden. Denn die Emissionsbanken können – entgegen der sonstigen Usancen – gegenüber den Investoren keine verbindlichen Zusagen machen, sondern müssen sich ein Rücktrittsrecht (claw back) vorbehalten. In jedem Fall empfiehlt es sich, die Anleiheemission als „Bis zu“-Emission auszugestalten, so dass das endgültige Volumen der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung erst am Ende der Bezugsfrist festgelegt werden kann.
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Das Angebot an die Altaktionäre stellt grundsätzlich kein öffentliches Angebot dar. Anders ist es jedoch, wenn ein Bezugsrechtshandel eingerichtet wird, der auch Nichtaktionären offen steht27. In diesem Fall bedarf es der Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts nach § 3 Abs. 1 WpPG (s. § 30 Rz. 6).
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2. Beschleunigtes Bookbuilding-Verfahren Im Regelfall werden Wandel- und Optionsschuldverschreibungen an institutionelle Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung veräußert. In diesem Fall bedarf es eines Ausschlusses des Bezugsrechts der Altaktionäre (zu den Voraussetzungen unten Rz. 43 ff.). Die Platzierung erfolgt dann zumeist im Wege des abgekürzten Verfahrens (accelerated placement)28. Da im Falle einer Platzierung ausschließlich bei institutionellen Investoren ein Prospekt nicht zu veröffentlichen ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG), ermöglicht diese Methode einen raschen Zugang zum Kapitalmarkt (quick to market)29.
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Der Übernahmevertrag wird entweder unmittelbar vor Beginn oder unmittelbar nach Abschluss des Accelerated Placements zwischen der Emittentin und den Konsortialbanken abgeschlossen (s. dazu § 24). Die Platzierung erfolgt dann auf Grundlage eines bloßen Termsheets (off termsheet). Bis zur wertpapiertechnischen Lieferung (Begebung)30 und Abrechnung werden außerbörslich (nur) Lieferansprüche (d.h. Rechte auf den Bezug) der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen mit hinausgeschobenem Settlement (deferred settlement) gehandelt (so genannter Handel per Erscheinen31).
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26 Außerdem sind die Aktionäre nach der Vorstellung des Gesetzgebers offenbar berechtigt, sich die Rücknahme einer vor Festlegung der Konditionen erklärten Bezugserklärung für den Fall der Bekanntgabe eines unerwartet hohen Ausgabebetrags vorzubehalten, BTDrucks. 14/8769, S. 23; s. auch Seibert, NZG 2002, 608, 612. Das aufgrund der Drei-TagesFrist verbleibende Kursänderungsrisiko führt dazu, dass das Bedürfnis nach Platzierungen mit Bezugsrechtsausschluss nicht entfallen ist. 27 So auch im Fall der im April 2006 begebenen Wandelanleihe der EM.TV AG. 28 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 265. 29 Zur vergleichbaren Situation bei Block-Trade-Transaktionen, Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346. 30 Zum Begebungsvertrag zwischen der AG und dem ersten Nehmer des Papiers etwa Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 199 f. 31 Vgl. dazu Pfüller/Köhler, WM 2002, 781, 783.
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3. Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option 21
Werden Wandelschuldverschreibungen unter Bezugsrechtsausschluss emittiert, wird bisweilen als Stabilisierungsmaßnahme eine Mehrzuteilungs- und GreenshoeOption vorgesehen32. Die Gesellschaft räumt den Konsortialbanken im Übernahmevertrag eine Mehrzuteilungsoption ein, d.h. das Recht, über das ursprüngliche Platzierungsvolumen hinaus Wandelschuldverschreibungen zu platzieren (overallotment option), verbunden mit der Option, diese Anleihen zum ursprünglichen Ausgabepreis zu erwerben (Greenshoe-Option)33. Die Funktionsweise des Greenshoe entspricht grundsätzlich der bei Aktienemissionen34. Indessen ist es nicht möglich, aber auch nicht erforderlich, dass sich die Konsortialbanken zusätzliche Anleihen im Wege eines Wertpapierdarlehens gewähren lassen. Da bis zur Zulassung der Anleihe nur Rechte „per Erscheinen“ gehandelt werden (oben Rz. 20), ist es ohne weiteres möglich, eine Mehrzuteilung dieser Rechte vorzunehmen und je nach Kursentwicklung zu entscheiden, ob bei sinkenden Kursen solche Rechte über den Markt zurückerworben oder bei steigenden Kursen die Lieferungsrechte durch Ausübung der Greenshoe-Option gegenüber der Gesellschaft erfüllt werden. Die zusätzlichen Wandelschuldverschreibungen werden den Konsortialbanken zu denselben Konditionen zur Verfügung gestellt wie die Haupttranche. Auch wenn der theoretische Marktwert der Wandelschuldverschreibungen im Zeitpunkt der Ausübung der GreenshoeOption den Ausgabepreis möglicherweise nicht unwesentlich überschreiten wird, verstößt das Verfahren nicht gegen die Vorgaben des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG35.
III. Begebungsvoraussetzungen 1. Gremienbeschlüsse a) Hauptversammlungsermächtigung aa) Erfordernis 22
Wandel- und Optionsschuldverschreibungen dürfen nur auf der Grundlage eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden (§ 221 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, sofern die Satzung keine höhere Kapital32 Groß, ZIP 2002, 160 Fn. 4; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 265 f. Im Vergleich zu Aktienemissionen wird der Greenshoe typischerweise bis zum Zeitpunkt der Begebung der Anleihe (settlement) und damit häufig bereits nach wenigen Tagen ausgeübt. 33 Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option sind zu unterscheiden von einer Erhöhungsoption (step-up option), nach der bei entsprechend großer Nachfrage der Emittent während oder nach Abschluss des Bookbuildings das Maximalvolumen der zu begebenden Anleihe erhöht. Eine solche Erhöhungsoption kann mit einer Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option kombiniert werden. 34 Dazu ausführlich Busch, AG 2002, 230, 231 f.; Groß, ZIP 2002, 160, 161; Meyer, WM 2002, 1106, 1107 f.; Schanz, BKR 2002, 439, 441 ff. 35 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 265 f. Das Senator-Entertainment-Urteil des KG v. 22.8.2001 – 23 U 6712/99, ZIP 2001, 2178 = AG 2002, 243, das die Zulässigkeit des Greenshoe bei Aktienemissionen in bestimmten Konstellationen in Frage stellt, ist in der Literatur auf allgemeine Ablehnung gestoßen; vgl. Busch, AG 2002, 230; Groß, ZIP 2002, 160; Meyer, WM 2002, 1106.
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mehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmt bzw. eine geringere Kapitalmehrheit ausreichen lässt (§ 221 Abs. 1 Satz 2, 3 AktG). In der Regel beschließt die Hauptversammlung die Ausgabe der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung nicht unmittelbar, sondern erteilt dem Vorstand eine Ermächtigung zu ihrer Ausgabe36. Die Ermächtigung kann höchstens auf eine Dauer von fünf Jahren erteilt werden (§ 221 Abs. 2 Satz 1 AktG)37. Auch die Begebung einer Wandel- oder Optionsschuldverschreibung über eine Zweckgesellschaft erfordert in analoger Anwendung des § 221 AktG eine Ermächtigung durch die Hauptversammlung der deutschen Aktiengesellschaft38. Denn die Anleihe dient in aller Regel den Finanzierungsinteressen des Konzerns und kommt damit letztlich auch der Muttergesellschaft zugute, was in der regelmäßig von der Muttergesellschaft gewährten Garantie für die Rückzahlung des Nennbetrags und die Zahlung der Zinsen zum Ausdruck kommt39. Als entscheidender Aspekt kommt hinzu, dass im Falle der Wandlung in bzw. Ausübung des Optionsrechts auf neue Aktien derselbe Verwässerungseffekt zu Lasten der Aktionäre wie bei der direkten Begebung eintritt: Es werden Aktien der Aktiengesellschaft ausgegeben und die Beteiligungsquote der bisherigen Aktionäre ändert sich entsprechend. Folgerichtig nimmt die inzwischen einhellige Meinung an, dass auch die Begebung über eine Zweckgesellschaft die Ermächtigung durch die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft erfordert40.
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Für die Platzierung der Anleihe ist ein Hauptversammlungsbeschluss nach richtiger, wenn auch umstrittener Auffassung dann nicht erforderlich, wenn die Anleihe nicht mit neuen Aktien, sondern mit bereits existierenden Aktien der Gesellschaft bedient werden soll, die entweder von der Gesellschaft selbst oder einem Dritten treuhänderisch gehalten werden (dazu auch unten Rz. 36 ff.)41. Die Norm des § 221 AktG will nämlich nur vor einer Verwässerung des Anteilsbesitzes, nicht aber vor einer Um-
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36 Aus dem Hauptversammlungsbeschluss muss hervorgehen, ob der Vorstand nur berechtigt oder auch verpflichtet ist, die Anleihe zu begeben; Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 25. 37 Eine fehlende oder zu lange Befristung macht den Beschluss nichtig; Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 26. 38 Lutter, AG 1972, 125, 127 ff.; Martens in FS Stimpel, 1985, S. 621, 631; Volhard, Das Bezugsrecht und sein Ausschluss bei Optionsanleihen der Aktiengesellschaft und ausländischer Finanzierungstöchter, S. 24; Busch, AG 1999, 58; Hirte in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, § 35 Rz. 35.19; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 45 ff., s. auch Volhard, Das Bezugsrecht und sein Ausschluss bei Optionsanleihen der Aktiengesellschaft und ausländischer Finanzierungstöchter, S. 23 f. sowie Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen, S. 19; a.A. Gustavus, BB 1970, 694, 695; Silcher in FS Geßler, 1971, S. 185, 190; Schaub, AG 1972, 340, 341 f.; Hoffmann, AG 1973, 47, 52 f. – Ob die Begebung der Anleihe bei der ausländischen Zweckgesellschaft ebenfalls einen Haupt- oder Gesellschafterversammlungsbeschluss erfordert, richtet sich nicht nach § 221 AktG, sondern nach dem auf diese anwendbaren ausländischen Recht; Hirte in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Hdb. Konzernfinanzierung, § 35 Rz. 35.19. 39 Vgl. Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen, S. 62 ff. 40 Nicht zwingend erforderlich ist es u.E., dass der Ermächtigungsbeschluss die Ausgabe durch eine Zweckgesellschaft ausdrücklich zulässt. 41 Busch, AG 1999, 58, 64 f.; Hoffmann, AG 1973, 47; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 257 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 24; a.A. Schumann, Optionsanleihen, S. 23 Rz. 46; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, S. 141 ff.
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schichtung der Beteiligungsverhältnisse schützen. Im Falle einer bezugsrechtslosen Lieferung von eigenen Aktien bedarf es jedoch einer Ermächtigung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG. bb) Inhalt 25
Mindestinhalt des Hauptversammlungsbeschlusses ist nach herrschender Meinung die Befristung der Ermächtigung und die Festsetzung des Gesamtnennbetrags der Anleihe oder zumindest eines Höchstbetrages42. Teilweise wird auch die Angabe weitergehender Wandlungs- und Bezugskonditionen für erforderlich gehalten43.
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Im Ermächtigungsbeschluss sind i.d.R. weitere Vorgaben für die Ausgestaltung der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung enthalten44. So wird etwa vorgesehen, dass das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen (§ 221 Abs. 4 Satz 2 AktG) oder die Begebung der Rechte unter Bedingungen gestellt werden kann45. In der Praxis werden in aller Regel die wesentlichen Anleihebedingungen im Hauptversammlungsbeschluss festgesetzt und die Festlegung der weiteren Einzelheiten dem Vorstand überlassen46. Soweit eine konkrete Festlegung im Hauptversammlungsbeschluss nicht erfolgt, stellt die nähere Ausgestaltung eine dem Vorstand obliegende Geschäftsführungsmaßnahme dar47. b) Ausnutzungsbeschluss der Verwaltung
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Die Ermächtigung wird dem Vorstand erteilt (vgl. § 221 Abs. 2 AktG). Anders als bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals ist die Zustimmung des Aufsichtsrates grundsätzlich nicht erforderlich. Sie ergibt sich jedoch häufig aus dem Ermächtigungsbeschluss, der Geschäftsordnung oder weil der Aufsichtsrat die Begebung ad hoc von seiner Zustimmung abhängig gemacht hat. Wird die Wandel- oder Optionsanleihe im Rahmen eines Accelerated Placement emittiert, ist die Anleihe wirtschaftlich betrachtet bereits mit dem Abschluss des Verkaufsverfahrens ausgegeben, auch wenn die Anleihe rechtlich erst später durch den eigentlichen Begebungsakt entsteht und auch eine etwaige Börsenzulassung erst später erfolgt (oben Rz. 20). Dies bedeutet, dass die Entscheidungen von Vorstand und – soweit erforderlich – Aufsichtsrat, ggf. unterlegt durch ein Gutachten (fairness opinion) einer Investmentbank (s. auch unten Rz. 46), bereits vor dem Beginn des Accelerated Placements vorliegen müssen.
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Wird das Platzierungsverfahren mit einem beschleunigten Bookbuilding (accelerated bookbuilding) verbunden, bedarf es einer Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat vor dem Beginn des Bookbuilding sowie einer erneuten Entscheidung der 42 Hüffer, AktG, § 221 Rz. 10; Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 27. 43 So etwa Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 60; ähnlich Schlede/Kley in Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, 1987, S. 1, 11; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 140 (Ausgabebetrag bzw. Grundlagen seiner Errechnung); a.A. Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 11; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 11. 44 Dazu Hüffer, AktG, § 193 Rz. 4. 45 Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 68. 46 Dazu im Einzelnen Hüffer, AktG, § 221 Rz. 11; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 11; Schumann, Optionsanleihen, S. 306 ff. 47 Hüffer, AktG, § 221 Rz. 10; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 38.
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Verwaltung nach endgültiger Festlegung der Konditionen (jeweils ggf. flankiert durch eine Fairness Opinion in Form einer Price-Range bzw. einer Pricing Opinion)48. Nicht ausreichend ist es, wenn die Verwaltung die Beschlüsse erst beim Settlement, d.h. der eigentlichen Begebung der Anleihe durch den Vorstand, fasst. Die Entscheidung des Aufsichtsrats kann auf einen Ausschuss delegiert werden (§ 107 Abs. 3 AktG)49. Da die Ausgabe der Wandel- oder Optionsschuldverschreibung in aller Regel eine kursrelevante Tatsache darstellt, muss die Gesellschaft nach der Beschlussfassung durch die Verwaltung50 und vor Beginn des Bookbuildings eine Ad-hoc-Meldung veröffentlichen (§ 15 WpHG).
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2. Sicherstellung der Erfüllung der Wandlungs- und Optionsrechte a) Bedingtes Kapital Um an die Inhaber der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung im Falle der Wandlung bzw. Ausübung des Optionsrechts die geschuldete Zahl von Aktien liefern zu können, wird i.d.R. ein bedingtes Kapital geschaffen (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG). Der Beschluss über die Schaffung des bedingten Kapitals wird zumeist in der gleichen Hauptversammlung gefasst wie der über die Ermächtigung zur Ausgabe der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen. Notwendiger Bestandteil des Beschlusses über die bedingte Kapitalerhöhung ist die Festlegung des Erhöhungsbetrags, der Art und Gattung der Aktien51, bei Ausgabe von Nennbetragsaktien ihr Nennbetrag bzw. bei Ausgabe von Stückaktien ihre Zahl, der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung, der Kreis der Bezugsberechtigten sowie der Ausgabebetrag oder die Grundlagen seiner Errechnung (§ 193 Abs. 2 AktG).
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Dabei ist streitig, was unter dem Ausgabebetrag oder den Grundlagen seiner Errechnung nach § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG zu verstehen ist. In der Vergangenheit wurde in Ermächtigungsbeschlüssen zur Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen häufig eine Mindestgrenze für den Wandlungs- bzw. Optionspreis von in der Regel 80 % des zur Zeit der Emission bestehenden Kurses der Aktie festgesetzt. Die Angabe eines solchen Mindestausgabebetrages (floor) oder eines maximalen Kursabschlages wird von der ganz herrschenden Meinung zu Recht als ausreichend angesehen,
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48 Es spricht viel dafür, dass es ausreichend ist, wenn der Aufsichtsrat der Preisspanne vorab zustimmt und der Vorstand dann innerhalb dieser Spanne den Preis nach Abschluss des Bookbuildings festlegt. Zur entsprechenden Rechtslage bei Aktienemissionen unter Nutzung des genehmigten Kapitals Hirte in Großkomm. AktG, § 204 Rz. 13; Technau, AG 1998, 445, 450 f.; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 537; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 67, 74; strenger demgegenüber Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 37 ff. 49 Die Übertragung der Beschlussfassung auf einen Ausschuss des Aufsichtsrats ist zulässig, vgl. Hüffer, AktG, § 107 Rz. 18. 50 Seit Inkrafttreten des AnSVG tritt die Ad-hoc-Pflicht grundsätzlich nach der Beschlussfassung durch den Vorstand ein. Jedenfalls bei einer unmittelbaren Beratung und Beschlussfassung des Aufsichtsrats nach Beschlussfassung durch den Vorstand liegt in der Regel ein berechtigtes Interesse des Emittenten an einem Aufschub der Veröffentlichung gem. § 15 Abs. 3 WpHG bis nach der Entscheidung des Aufsichtsrats vor (BaFin, Emittentenleitfaden v. 15.7.2005, S. 46). 51 Diese Festlegungen sind nicht erforderlich, soweit sie sich schon aus der Satzung ergeben, Hüffer, AktG, § 193 Rz. 4.
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auch wenn dem Vorstand dann ein gewisser Ermessensspielraum zusteht52. Die Angabe eines Mindestausgabebetrages im Ermächtigungsbeschluss erfüllt richtigerweise die gesetzlichen Anforderungen53. 32
Dieser Weg ist jedoch von einigen Instanzgerichten54 in der jüngeren Vergangenheit als rechtswidrig gewertet worden mit der Folge, dass das die Bezugsrechte zur Bedienung der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen sichernde bedingte Kapital und die Ermächtigungsbeschlüsse nichtig seien55. Als Begründung wird maßgeblich angeführt, dass der Wortlaut des § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG kein Ermessen der Verwaltung gewähre56. Dies überzeugt nicht. Eine weitergehende Präzisierung des Ausgabebetrags – auch als Prozentsatz einer anderen Größe, etwa des Börsenkurses – würde den mit der Ermächtigung verfolgten Zweck der Flexibilisierung verfehlen. Eine Nutzung der Ermächtigung während der gesamten Laufzeit von fünf Jahren wäre damit nur eingeschränkt praktikabel57. Materielle Aktionärsrechte werden zudem durch einen Mindestpreis nicht verletzt58, zumal die Aktionäre durch ihr grundsätzliches Bezugsrecht auf Wandel- und Optionsanleihen und die Anforderungen an einen Bezugsrechtsauschluss geschützt sind59. Damit stellt sich die Situation bei Wandel- und Optionsanleihen anders dar als bei bedingten Kapitalia zur Vorbereitung von Unternehmenszusammenschlüssen und zur Gewährung von Aktienoptionen, bei denen ein solches Bezugsrecht von vornherein nicht bestehen kann60. Weiterhin ist die Festlegung eines Mindestausgabebetrags auch hinsichtlich des Publizitätszwecks von § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG als genügend anzusehen61. Für die Zulässigkeit der Rekurrierung auf einen Mindestbetrag spricht schließlich die funktionelle Ähnlichkeit des bedingten Kapitals nach § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG mit der Ermächtigung zur Ausgabe von Aktien aus genehmigtem Kapital nach §§ 202 ff. AktG62. Über die Festsetzung eines Mindestausgabebetrags hinausgehende Anforderungen sind daher abzulehnen. 52 Vgl. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 41 Rz. 25; ausführlich Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 94; nunmehr auch Krieger in MünchHdb. AG, § 57 Rz. 18 m.w.N. 53 Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 92 ff.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2004, 254, 256; a.A. Maul, NGZ 2000, 679. 54 So die Landgerichte Berlin (Az. 94 O 57/05), Coburg (Az. 1 HK O 43/05), Hamburg (Az. 415 O 85/05), Kiel (Az. 15 O 68/05) und Hannover (Az. 25 O 60/06) sowie das OLG Celle (Az. 9 U 57/07) und das KG Berlin (Az. 14 U 72/06). A.A. dagegen Landgericht Essen (Az. 45 O 47/06) und Landgericht München I (Az. 17 HK T 15921/03). 55 Kritisch auch Maul, NZG 2000, 679; dagegen Weiß, WM 1999, 353, 357. 56 Vgl. etwa OLG Celle (Az. 9 U 57/07). 57 So auch Groß in Happ, Aktienrecht, 12.04 Rz. 19. 58 Rieckers in Spindler/Stilz, AktG, § 193 Rz. 15; ähnlich Krieger in MünchHdb. AG, § 57 Rz. 18. 59 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins Nr. 46/07 v. Oktober 2007, S. 6 f.; auch Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 69. 60 Maier-Reimer in GS Bosch, 2007, S. 85, 94 f. 61 Groß in Happ, Aktienrecht, 12.04 Rz. 19; Krieger in MünchHdb. AG, § 57 Rz. 18. 62 Vgl. auch Umbeck, AG 2008, 67, 71 f. Die mit der instanzgerichtlichen Rechtsprechung einhergehende Verunsicherung in der Praxis hat zu einem Gesetzgebungsvorschlag des Deutschen Anwaltvereins geführt, wodurch der Wortlaut des § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG durch den Zusatz „bei einer bedingten Kapitalerhöhung für die Zwecke des § 192 Abs. 2 Nr. 1 genügt es, wenn in dem Beschluss oder in dem damit verbundenen Beschluss nach § 221 ein Mindestausgabebetrag oder die Grundlagen seiner Festlegung festgestellt werden“ eindeutig mit dem in der Vergangenheit verfolgten Ansatz eines Mindestausgabebe-
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Alternativ zur Lieferung von Aktien aus bedingtem Kapital sehen die Anleihebedingungen, insbesondere im Lichte der jüngsten instanzgerichtlichen Rechtsprechung, häufig die Möglichkeit der Lieferung eigener Aktien (unten Rz. 36 ff.) sowie eine Barzahlungsoption (cash settlement) vor (unten Rz. 56).
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Bei Emission der Anleihe über eine Zweckgesellschaft ist die Nutzung bedingten Kapitals zur Bedienung der Wandlungsrechte jedenfalls dann zulässig, wenn zwischen der Mutter- und der Zweckgesellschaft ein Konzernverhältnis besteht63.
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b) Genehmigtes Kapital Zur Absicherung der Verpflichtungen aus der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung kann theoretisch auch ein genehmigtes Kapital gem. §§ 202 ff. AktG geschaffen werden64. Die Verwendung eines genehmigten Kapitals ist indessen deutlich schwerfälliger als die Absicherung durch ein bedingtes Kapital65. Die Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals kann nur auf maximal fünf Jahre ausgedehnt werden (§ 202 Abs. 1 AktG). Vorstand und Aufsichtsrat müssen im Falle der Wandlung oder Optionsausübung für jede ausgeübte Tranche gesonderte Beschlüsse über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals fassen (§§ 203, 204 AktG). Zudem wird das Grundkapital anders als beim bedingten Kapital (§ 200 AktG) nicht bereits mit Ausgabe der Bezugsaktien, sondern erst mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister erhöht66. Schließlich kann die Hauptversammlung das genehmigte Kapital anders als das bedingte Kapital (vgl. § 192 Abs. 4 AktG) auch nach der Begebung der Wandelanleihe wieder aufheben, was sich aus Sicht der Investoren als nachteilig erweist67. Die Nutzung genehmigten Kapitals kommt aus diesen Gründen praktisch allenfalls als Notbehelf in Betracht, wenn das bedingte Kapital erst noch beschlossen werden soll oder nicht ausreicht68 und keine Barzahlungsoption erwogen wird69.
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c) Eigene Aktien Eher als ein genehmigtes Kapital ist an eine Bedienung durch eigene Aktien zu denken, die die Gesellschaft beispielsweise aufgrund einer Ermächtigung der Hauptver-
63 64 65 66 67 68 69
trags in Übereinstimmung gebracht werden soll, vgl. Stellungnahme des DAV Nr. 46/07 vom Oktober 2007. Für ein Verständnis der Ermächtigungsnorm des § 221 Abs. 2 AktG als lex specialis zu § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG, jedenfalls für eine teleologische Reduktion der letzteren Vorschrift Maier-Reimer in GS Bosch, 2006, S. 85, 96; a.A. OLG Celle (Az. 9 U 57/07). Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 48; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 41 Rz. 6; zum Teil strenger Hüffer, AktG, § 192 Rz. 12; Martens in FS Stimpel, 1985, S. 621, 627 ff. S. Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen, S. 19 f. Zutreffender Befund bei Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 71. S. dazu im Einzelnen Holland/Goslar, NZG 2006, 892. S. Martens in FS Ulmer, 2003, S. 399, 401; Rosener in FS Bezzenberger, 2000, S. 745, 749. Dazu etwa Schumann, Optionsanleihen, S. 28; Steiner, WM 1990, 1776, 1778; Wolff, WiB 1997, 505, 507. Dazu etwa Schlede/Kley in Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, 1987, S. 1, 12 mit Beispielen aus der Praxis. Nachweise aus der Praxis bei Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256.
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sammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) erworben hat70. Die Bedienung von Wandlungsrechten durch die Gesellschaft mit eigenen Aktien ist zulässig71. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Ermächtigungsbeschluss über die Ausgabe von Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen ausdrücklich vorgesehen ist, dass die Wandlungs- bzw. Bezugsrechte auch aus dem Bestand eigener Aktien bedient werden können72. 37
Allerdings ist die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien auf höchstens 18 Monate befristet und volumenmäßig begrenzt, nämlich auf einen Betrag, der zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen darf (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AktG). Sofern die Gesellschaft nicht bereits über eine ausreichende Anzahl eigener Aktien verfügt, führt die Befristung dazu, dass die Ermächtigung zum Erwerb von eigenen Aktien auf jeder Hauptversammlung erneuert werden muss. Außerdem müssen die in § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG vorgesehenen bilanziellen Beschränkungen beachtet werden73. Die (bislang noch nicht umgesetzte) Richtlinie 2006/68/EG vom 6.9.2006 zur Änderung der Kapitalrichtlinie sieht bedeutsame Erleichterungen für den Erwerb eigener Aktien vor, wie etwa die Möglichkeit, die Ermächtigung für bis zu fünf Jahre zu erteilen74. Aus Sicht des Anlegers mag sich die Sicherung durch eigene Aktien als nachteilig erweisen, da es an einer dem bedingten Kapital (vgl. § 192 Abs. 4 AktG) vergleichbaren Sicherheit fehlt, dass die Gesellschaft tatsächlich ausreichend eigene Aktien im Bestand halten wird, um die Wandlungs- bzw. Bezugsrechte zu befriedigen. Schließlich können die eigenen Aktien andere Dividendenrechte tragen als Aktien, die aus dem bedingten Kapital stammen75. Zu den steuerlichen Aspekten § 13 Rz. 21.
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Die Nutzung eigener Aktien zur Bedienung der Wandlungs- bzw. Bezugsrechte der Anleihegläubiger erfordert notwendigerweise einen Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre76. Der Ermächtigungsbeschluss zum Rückerwerb eigener Aktien muss daher vorsehen, dass das Bezugsrecht insoweit ausgeschlossen werden darf, wie die eigenen Aktien zur Bedienung von Wandlungs- bzw. Bezugsrechten verwendet werden. Die Erleichterungen des § 71a Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 Halbsatz 2 i.V.m. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG können praktisch nicht genutzt werden, da die eigenen Aktien im Falle der Wandlung i.d.R. zu einem Wandlungs- bzw. Bezugspreis geliefert 70 Näher zu eigenen Aktien § 7; zum Inhalt der Ermächtigung s. Bosse, NZG 2000, 923 ff.; Kindl, DStR 1999, 1276. 71 Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 21; Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 71; Hirte, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 1, 18; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 152; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256 f.; einschränkend Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 97. 72 Zur richtigerweise fehlenden Erforderlichkeit eines Ermächtigungsbeschlusses zur Ausgabe der Schuldverschreibung im Fall einer ausschließlichen Bedienung mit bestehenden Aktien s. oben Rz. 24. 73 S. insoweit aber die durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vorgesehenen Änderungen, vgl. Art. 4 Nr. 1 des Referentenentwurfs vom 8.11.2007. Zu möglichen betriebswirtschaftlichen Nachteilen Hofmeister, Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss bei Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten, S. 29. Zu im Zusammenhang mit dem Rückerwerb eigener Aktien zu beachtenden Transparenzpflichten s. unten Rz. 83. 74 ABl. EU L 264 v. 25.9.2006, S. 32. 75 Zu beachten ist ferner, dass Aktien aus dem bedingten Kapital eine Dividendenberechtigung von dem Geschäftsjahr an tragen, in dem das Wandlungsrecht ausgeübt wird. Eigene Aktien gewähren dagegen noch die Dividendenberechtigung für das abgelaufene Geschäftsjahr, sofern der Gewinnverwendungsbeschluss noch nicht gefasst wurde. 76 Reichert/Harbarth, ZIP 2001, 1441, 1448; Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 71.
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werden, der den dann herrschenden Börsenkurs der Aktie nicht nur unerheblich unterschreitet77. Gleichwohl geht die herrschende Meinung zu Recht von der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses aus, wenn die Hauptversammlung über die Begebung der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung unter Beachtung des § 221 AktG beschließt oder den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt, da in diesem Zusammenhang grundsätzlich ein Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung besteht78. d) Vereinbarungen mit einem Dritten (synthetische Wandel-/Optionsschuldverschreibung) Es ist schließlich denkbar, dass die Gesellschaft Aktienbezugsrechte durch Vereinbarung eines Optionsrechts (call option) mit Dritten, die im Besitz bereits bestehender Aktien der Gesellschaft sind, absichert79. Nach richtiger Ansicht bedarf die Ausgabe einer solchen synthetischen Wandel-/Optionsschuldverschreibung keines Ermächtigungsbeschlusses nach § 221 AktG (oben Rz. 24).
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§§ 71, 71d AktG stehen zwar der Ausübung einer Call Option auf eigene Aktien im Verhältnis der Aktiengesellschaft zu dem Dritten ohne entsprechende Ermächtigung durch die Hauptversammlung entgegen80. Ein Verstoß gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien kann indessen vermieden werden, wenn die Transaktion so strukturiert wird, dass die Aktiengesellschaft aus dem Geschehensablauf vollständig ausscheidet81. Dazu ist es erforderlich, dass die Aktiengesellschaft den Anspruch gegen den Dritten auf Lieferung der Aktien an einen Treuhänder abtritt, der Treuhänder die Option im Namen und für Rechnung der Anleihegläubiger und nicht für Rechnung der Gesellschaft (vgl. § 71d AktG) ausübt und das Optionsrecht im Falle der Ausübung nur zwischen dem Treuhänder und dem Dritten abgewickelt wird.
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Zwar untersagen die §§ 71a, 71d Satz 4 AktG Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und einem Dritten, nach denen der Dritte berechtigt oder verpflichtet sein soll, Aktien für Rechnung der Gesellschaft zu erwerben (financial assistance). Sofern der Dritte das mit der Übernahme bzw. dem Besitz der Aktien verbundene Risiko einer Veränderung des Kurses der veroptionierten Aktien – wie in solchen Fällen üblich – selbst übernimmt, steht dieses Verbot dem indessen nicht entgegen82. Auch ein Verstoß gegen das Verbot der Rückgewähr von Einlagen nach § 57 AktG besteht nicht, wenn die Bedingungen für die Option wie mit Dritten (at arm’s length) ausgestaltet werden. Schließlich besteht kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, sofern der Dritte die Option lediglich in seiner Eigenschaft als Finanzdienstleister und nicht als Aktionär einräumt.
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77 Andernfalls besteht kaum eine Motivation der Investoren, von ihrem Wandlungs- bzw. Optionsrecht Gebrauch zu machen, s. oben Rz. 2. 78 Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 71; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256 f. 79 Schlede/Kley in Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, 1987, S. 1, 12. 80 § 187 AktG steht dem nicht entgegen, da sich diese Norm nur auf den Bezug neuer Aktien bezieht, Busch, AG 1999, 58, 63. 81 Busch, AG 1999, 58, 65 f.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 257 f. 82 Hemmerling, Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen, S. 53.
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e) Pflicht zur Absicherung der Lieferungspflicht? 42
Nach einer verbreiteten Auffassung im Schrifttum ist die Gesellschaft wegen § 187 Abs. 2 AktG gehalten, ein bedingtes Kapital zur Bedienung der Wandlungs- bzw. Bezugsrechte zu schaffen83. Demgegenüber hält die überwiegende Ansicht richtigerweise eine der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung zeitlich vorausgehende Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen für zulässig, da die Gesellschaft im Hinblick auf § 187 Abs. 2 AktG aus diesen Schuldverschreibungen nicht zur Lieferung neuer Aktien verpflichtet wird. Lediglich die Erfüllbarkeit der entsprechenden Wandlungs- bzw. Bezugsrechte ist von dem Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung abhängig84. Folglich ist es zulässig, die Wandelbzw. Optionsanleihe (aufgrund einer vorliegenden Ermächtigung nach § 221 AktG) zuerst zu begeben und anschließend das bedingte Kapital erst in einer späteren Hauptversammlung zu schaffen85. Eine andere Frage ist freilich, inwieweit die Ausgabe einer Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung ohne jegliche Absicherung kapitalmarktverträglich ist86.
3. Bezugsrechtsausschluss a) Grundsatz 43
In den meisten Fällen wird die Gesellschaft eine Platzierung der Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen an institutionelle Investoren anstreben (oben Rz. 19). Eine solche Privatplatzierung macht den Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktio83 Wiedemann in Großkomm. AktG, § 187 Rz. 8 f.; wohl auch Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 129 f.; Schlede/Kley in Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, 1987, S. 1, 11. 84 Frey in Großkomm. AktG, § 192 Rz. 55; Lutter in KölnKomm. AktG, § 187 Rz. 16 ff.; Hefermehl/Bungeroth in G/H/E/K, AktG, § 187 Rz. 22 ff.; Hüffer, AktG, § 187 Rz. 5; Busch, AG 1999, 58, 63; Dierks, Aktienoptionsscheine, S. 98, 139; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 152. 85 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 257; Fuchs, DB 1993, 661, 665; Fuchs, AG 1995, 433, 444; differenzierend Frey in Großkomm. AktG, § 192 Rz. 6. Die Entscheidungsfreiheit der Hauptversammlung wird durch eine Begebung von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen nicht beeinträchtigt, da die Inhaber der Schuldverschreibungen aufgrund der relativen Unwirksamkeit der Wandlungs- bzw. Optionsrechtsvereinbarungen hinsichtlich der Lieferung neuer Aktien keine Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen können. Auch eine Schadensersatz begründende Verletzung der Pflicht des Vorstandes zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung liegt nicht vor, da die Inhaber der Wandelbzw. Optionsschuldverschreibungen aufgrund der relativen Unwirksamkeit solcher Vereinbarungen keine Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen können und der Gesellschaft mithin kein Schaden entsteht, a.A. Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien bei Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen, S. 40 f.; Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 130; Lutter, AG 1972, 125, 131. Soweit die Anleihebedingungen eine Lieferung bestehender Aktien vorsehen, könnte die Frage einer Schadensersatzpflicht gegenüber den Anleihegläubigern anders zu bewerten sein, da sich der Vorbehalt des § 187 Abs. 2 AktG nur auf eine Erhöhung des Grundkapitals bezieht. Hat sich die Gesellschaft das Recht zur Barzahlung statt Lieferung von Aktien vorbehalten (dazu unten Rz. 56, s. auch Rz. 33), dürfte sie bei Nichtvorhandensein der zu liefernden Aktien bei Ausübung der Wandlungs- bzw. Bezugsrechte zu einem solchen Barausgleich verpflichtet sein. Ein über den – damit abgegoltenen – wirtschaftlichen Wert der zu liefernden Aktien hinausgehender Schaden der Anleihegläubiger ist jedenfalls nicht denkbar. 86 Zur Möglichkeit einer Barzahlungsoption Rz. 56.
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näre erforderlich. Der Ausschluss des Bezugsrechts kann nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung erfolgen (§ 221 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 186 Abs. 3, 4 AktG), der einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bedarf, soweit die Satzung nicht weitere Erfordernisse oder eine größere Kapitalmehrheit bestimmt. Der Bezugsrechtsausschluss kann entweder bereits im Ermächtigungsbeschluss vorgesehen werden (oben Rz. 26), oder der Vorstand kann zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt werden87. Der beabsichtigte Bezugsrechtsausschluss muss in der Einladung zur Hauptversammlung bekannt gemacht werden (§§ 221 Abs. 4 Satz 2, 186 Abs. 4 Satz 1, 124 AktG). In einem schriftlichen Bericht sind die Gründe für den Bezugsrechtsausschluss zusammen mit den wesentlichen Konditionen der Wandelschuldverschreibungen vom Vorstand darzulegen (§§ 221 Abs. 4 Satz 2, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG)88. Der Bezugsrechtsausschluss muss im Interesse der Gesellschaft liegen, d.h. sachlich gerechtfertigt sein89. Die sachliche Rechtfertigung ist gegeben, wenn der Bezugsrechtsausschluss zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist90. Dabei genügt es bei einer Ermächtigung des Vorstands zum Ausschluss des Bezugsrechts, wenn in dem an die Hauptversammlung zu erstattenden Bericht in Form einer abstrakten Beurteilung dargelegt wird, dass ein Bezugsrechtsausschluss im Interesse der Gesellschaft liegt91. Die sachliche Rechtfertigung im konkreten Fall hat der Vorstand (und ggf. der Aufsichtsrat) dann im Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausnutzung der Ermächtigung zu prüfen92, wobei es nach zutreffender h.M. keiner weiteren Berichterstattung des Vorstands an die Aktionäre zu diesem Zeitpunkt bedarf93. Die zur Ausgabe von Aktien entwickelten Grundsätze finden insoweit entsprechende Anwendung94. Allein aus dem Charakter als Finanzierungsinstrument folgt noch keine Erleichterung des Bezugsrechtsausschlusses95. Die Gesellschaft sollte aber zumindest darlegen können, warum sie an die internationalen Kapitalmärkte herantreten will und warum dies einen Bezugsrechtsausschluss erforderlich macht96. Die in der Praxis bei der Begebung von Wandel- und Optionsanleihen häufig gegebene Begründung, nach der ein Bezugsrechts87 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 79/04, ZIP 2006, 368, 369 = AG 2006, 246; Groß, AG 1991, 201, 202 f.; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 39; vgl. auch Dierks, Aktienoptionsscheine, S. 103. 88 Zur Auslage des Berichts vor und in der Hauptversammlung und zur Bekanntmachung seines wesentlichen Inhalts in der Hauptversammlungseinladung, vgl. Kraft/Krieger in MünchHdb. AG, § 56 Rz. 94; auch Dierks, Aktienoptionsscheine, S. 107 ff. 89 OLG Schleswig v. 22.6.2001 – 5 U 8/00, AG 2003, 48, 49; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 42; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 16. 90 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 56. 91 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 79/04, ZIP 2006, 368, 369 = AG 2006, 246; BGH v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122, 2123 = AG 2007, 863. 92 BGH v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122, 2123 = AG 2007, 863; BGH v. 21.11.2005 – II ZR 79/04, ZIP 2006, 368, 369 = AG 2006, 246. 93 BGH v. 10.10.2005 – II ZR 148/03, ZIP 2005, 2205, 2206 f. = AG 2006, 36 (zum genehmigten Kapital). 94 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 79/04, ZIP 2006, 368, 369 = AG 2006, 246; BGH v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122, 2123 = AG 2007, 863; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 185, 188 f. 95 Fuchs, AG 1995, 433, 444; Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 29. Ein Bezugsrechtsausschluss ist zulässig, wenn nur so eine erfolgreiche Platzierung im Ausland möglich ist; vgl. BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93 – „Deutsche Bank“, BGHZ 125, 239 = AG 1994, 276. 96 OLG München v. 6.2.1991 – 7 U 4355/90, AG 1991, 210, 211.
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ausschluss gerechtfertigt ist, da der Ausgabepreis wegen der kürzeren Frist zwischen Preisfestsetzung und Zuteilung an die Anleger marktnäher als bei einer Bezugsrechtsemission festgesetzt sowie neue Investoren aufgenommen werden könnten97, stellt nach richtiger, aber umstrittener Meinung i.d.R. eine ausreichende Grundlage für den Bezugsrechtsausschluss dar, sofern die Gesellschaft über einen entsprechenden Kapitalbedarf verfügt98. b) Erleichterter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG analog) 45
Nach herrschender Auffassung kann ein Bezugsrechtsausschluss bei der Emission von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen auch auf die erleichterten Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG gestützt werden. Nach dieser Regelung ist ein Bezugsrechtsausschluss im Falle einer Barkapitalerhöhung zulässig, wenn die Kapitalerhöhung zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet99. Obwohl § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG ohne Einschränkung auf § 186 AktG verweist, so dass nach dem Wortlaut des Gesetzes ein erleichterter Bezugsrechtsausschluss möglich sein müsste, ist diese Frage umstritten. Nach einer teilweise vertretenen Meinung kommt ein erleichterter Bezugsrechtsausschluss nicht in Frage, da ein Börsenkurs für eine Anleihe, mit dem der Ausgabebetrag verglichen werden könnte, nicht existiere100. Demgegenüber sieht eine andere Meinung als „Ausgabebetrag“ im Sinne von § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG den Wandlungs- bzw. Optionspreis an, der in Verhältnis zum Börsenkurs im Zeitpunkt der Gewährung der Option zu setzen sei, so dass, wenn der Ausübungspreis (Wandlungs-/Optionspreis) mindestens knapp unter dem Börsenkurs angesetzt werde, das Bezugsrecht wirksam ausgeschlossen werden könne101. Nach der herrschenden Auffassung ist der Bezugsrechtsausschluss immer dann zulässig, wenn die Bedingungen der Wandelschuldverschreibungen so ausgestaltet sind102, dass 97 Schumann, Optionsanleihen, S. 206 ff., der in solchen Fällen allerdings in der Regel eine Bevorzugung der Aktionäre bei der Zuteilung verlangt; Kübler/Mendelson/Mundheim, AG 1990, 461, 471. 98 Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 155; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 258; indessen kritisch im Hinblick auf die Preismaximierung Hirte, WM 1994, 321, 322 f. sowie Frey/ Hirte, ZIP 1991, 697, 699; s. insoweit auch Busch, AG 1999, 58, 59. Zu verbleibenden Fragestellungen s. Singhof, ZHR 170 (2006), 673, 679 f. 99 Eine erneute Interessenabwägung ist nach ganz h.M. nicht erforderlich, s. etwa Bungert, NJW 1998, 488, 489; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 533; Martens, ZIP 1994, 669, 675; A. Schumann, Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen von Aktiengesellschaften, 2001, S. 203; a.A. nur Lutter, AG 1994, 429, 441 und Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 149, der nur von einer widerleglichen Vermutung ausgeht. 100 Lutter, AG 1994, 429, 445; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 43a; Lutter, ZHR 161 (1997), 214, 226 ff.; Seibert/Kiem/Schüppen, Hdb. kleine AG, Rz. 236; Heckschen, DNotZ 1995, 275, 286 f.; Klawitter, AG 2005, 792, 794; ähnlich der Bericht des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7848, S. 17. 101 OLG Braunschweig v. 26.7.1998 – 3 U 75/98, ZIP 1998, 1585, 1586 ff.; Groß, DB 1994, 2431, 2437 f.; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 539 (vgl. aber auch Marsch-Barner, WuB II A. § 221 AktG 3.93). Da der Ausübungspreis in der Praxis in aller Regel oberhalb des Börsenkurses der Aktien im Zeitpunkt der Begebung festgesetzt wird, ist ein Ausschluss des Bezugsrechts danach regelmäßig gerechtfertigt. 102 Eingehend Singhof, ZHR 170 (2006), 673, 684 ff.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 f.; zuvor bereits Aubel, Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss, 1998, S. 128 f.,
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– der tatsächliche Ausgabebetrag den (hypothetischen) Marktpreis für die Wandelschuldverschreibung nicht wesentlich unterschreitet103, d.h. der Wert des hypothetischen Bezugsrechts auf die Wandelschuldverschreibung gegen Null tendiert, – der (rechnerische) Nennbetrag der ausgegebenen Aktien bei einer (unterstellt vollständigen) Ausübung der Wandlungsrechte zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigt104 und – die Aktionäre ihre Beteiligungsquote durch den Zukauf von Aktien oder Wandelschuldverschreibungen aufrechterhalten können105. Häufig sehen Hauptversammlungsermächtigungen im Rahmen des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses vor, dass die Berechnung des hypothetischen Marktpreises der Wandelschuldverschreibung durch eine Fairness Opinion einer ggf. unabhängigen Investmentbank auf der Grundlage finanzmathematischer Methoden zu bestätigen ist (s. auch oben Rz. 27 f.)106. Verlangt die Ermächtigung dies nicht ausdrücklich, besteht keine rechtliche Verpflichtung, eine solche zusätzliche Einschätzung einzuholen107.
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131; Busch, AG 1999, 58, 59 ff.; Hofmeister, Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss bei Wandelschuldverschreibungen, S. 81 ff., 123; Schlitt/Löschner, BKR 2002, 150, 155 f.; Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 42; wohl auch Paefgen, AG 1999, 67, 71; vgl. auch Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 17 sowie Volhard, AG 1998, 397, 399 mit Fn. 41; vgl. auch Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rz. 221; zustimmend auch Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 191; Groß in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 48 Rz. 54 ff.; Kniehase, AG 2006, 180, 187; grds. auch Ihrig in Liber amicorum Happ, 2006, S. 109, 123. Zustimmend aus der Rspr. OLG München v. 1.6.2006 – 23 U 5917/05, ZIP 2006, 1440, 1441 f.; LG Essen v. 26.1.2007 – 45 O 47/06. Der BGH hat die Frage der entsprechenden Anwendbarkeit des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG leider offen gelassen, jedoch die Kompetenz der Hauptversammlung zur Festsetzung von dieser Vorschrift entsprechenden Vorgaben im Ermächtigungsbeschluss ausdrücklich anerkannt. Insoweit komme lediglich auf Ebene der tatsächlichen Voraussetzungen ein Leerlaufen der Ermächtigung in Betracht, wenn sich ein hypothetischer Marktwert der Wandelschuldverschreibung nicht bestimmen ließe, BGH v. 11.6.2007 – II ZR 152/06, ZIP 2007, 2122, 2123 f. = AG 2007, 863; die dem Hinweisbeschluss zugrunde liegende Revision gegen das vorgenannte Urteil des OLG München wurde durch Beschluss vom 8.10.2007 zurückgewiesen. Der Abschlag soll maximal 3 % betragen und darf 5 % nicht überschreiten, Schlitt/Seiler/ Singhof, AG 2003, 254, 259; für den Fall einer Kapitalerhöhung Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39d; Wiedemann in Großkomm. AktG, § 186 Rz. 152. Bei Vereinbarung eines Festpreises der Wandelschuldverschreibungen durch die Konsortialbanken darf ein erwarteter Kursverlust nach Bekanntmachung der Emission nicht im Voraus berücksichtigt werden. Teilweise wird auch für eine geringere Abweichungstoleranz plädiert, so nunmehr Singhof, ZHR 170 (2006), 673, 694: Regelabschlag von 1–2 % bei einer Obergrenze von 3 %. Dabei sollte sowohl auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Hauptversammlung als auch auf den Zeitpunkt der Ausübung der Ermächtigung abgestellt werden, zu Anrechnungsfragen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 Fn. 75 sowie Singhof, ZHR 170 (2006), 673, 686 f. OLG München v. 1.6.2006 – 23 U 5917/05, ZIP 2006, 1440, 1443. Die Investmentbank, die die Fairness Opinion abgibt, ist häufig nicht Mitglied des Syndikats. Dies unterstreicht zwar die Neutralität des Gutachters, ist aber rechtlich nicht zwingend, sofern der Ermächtigungsbeschluss nicht ausdrücklich auf eine dritte Bank abstellt; s. auch Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 260. Eine andere Frage ist, ob die Verwaltung zur eigenen Absicherung die Einholung einer solchen Fairness Opinion durch externe fachkundige Berater als empfehlenswert ansieht. Aktienrechtlich ist ihre Einholung nicht geboten. Dabei ist auch zu bedenken, dass die
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4. Besonderheiten bei der Einschaltung einer ausländischen Zweckgesellschaft 47
Wird zur Emission der Anleihe eine im Ausland belegene Zweckgesellschaft eingeschaltet (oben Rz. 7) und sollen die Wandlungs- bzw. Optionsrechte aus bedingtem Kapital bedient werden, muss die Emission so strukturiert werden, dass im Wandlungsfall das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage vermieden wird108. Grundsätzlich ist nämlich die Einbringung einer gegen die Gesellschaft gerichteten (Schuldverschreibungs-) Forderung als Sacheinlage anzusehen109. Für die Ausübung des Wandlungrechts bei Wandelanleihen sieht § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG indessen eine Privilegierung vor, nach der die Hingabe einer Schuldverschreibung im Umtausch gegen Bezugsaktien aus bedingtem Kapital (ausnahmsweise) nicht als Sacheinlage gilt. Soweit § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG Anwendung findet, müssen die strengen Sacheinlagevorschriften daher nicht beachtet werden110. Erfolgt die Emission über eine ausländische Zweckgesellschaft, befürwortet die herrschende Meinung im Schrifttum eine (analoge) Anwendung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG, sofern die Zweckgesellschaft im Falle der Wandlung aus dem weiteren Geschehensablauf „automatisch“ ausscheidet111. Dies ist der Fall, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind112: – Der Erlös aus der Begebung der Wandelschuldverschreibung wird von der Zweckgesellschaft im Wege eines Darlehens an die Aktiengesellschaft weitergeleitet und ist im Konzerninteresse zu verwenden. Dies ist nicht der Fall, wenn das auf die Anleihe bezahlte Entgelt bei der Aktiengesellschaft nicht ankommt, sondern bereits von der Zweckgesellschaft eigenständig genutzt wird113.
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Einschaltung einer weiteren nicht an der Emission beteiligten Bank zu zusätzlichem Abstimmungs- und Koordinierungsbedarf führt und die Erlangung der Fairness Opinion mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann. – Es besteht keine Verpflichtung, den Aktionären eine Fairness Opinion in vollem Umfang zugänglich zu machen. Das Auskunftsrecht der Aktionäre nach § 131 AktG erstreckt sich jedoch auf den Umstand der Einholung und den wesentlichen Inhalt der Fairness Opinion. Nach richtiger Ansicht kann bedingtes Kapital auch für Emissionen über eine Zweckgesellschaft genutzt werden, Frey in Großkomm. AktG, § 192 Rz. 75; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264, Fn. 118; a.A. noch Horn, Das Recht der internationalen Anleihen, 1972, S. 319; Gustavus, BB 1970, 694, 695. OLG Köln v. 2.2.1984 – 25 U 11/83, ZIP 1984, 834, 835 (für die GmbH); Groh, BB 1997, 2523, 2526 ff.; Schumann, Optionsanleihen, S. 64; Lutter in FS Stiefel, 1987, S. 505, 516; kritisch Frey in Großkomm. AktG, § 194 Rz. 11, der grundsätzlich von einer Bareinlage ausgeht. Vgl. Schumann, Optionsanleihen, S. 37. Nach allgemeinen Grundsätzen müsste jede einzelne Rückzahlungsforderung zum jeweiligen Wandlungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Bonität der Gesellschaft bewertet werden. Ein derartiges teures, langwieriges und unflexibles Verfahren wollte der Gesetzgeber insoweit gerade vermeiden; Frey in Großkomm. AktG, § 194 Rz. 27. Eine entsprechende Anwendung von § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG dürfte auch für den Fall der Bedienung aus einem genehmigtem Kapital in Betracht kommen, ebenso Schumann, Optionsanleihen, S. 79 ff.; Holland/Goslar, NZG 2006, 892, 895; a.A. Groh, BB 1997, 2523, 2528; Hirte, WM 1994, 321, 329. Vgl. vor allem Schumann, Optionsanleihen, S. 71 ff.; Hirte, WM 1994, 321, 329; Schlitt/ Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 239 ff.; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 48 Rz. 4. Weniger streng Frey in Großkomm. AktG, § 194 Rz. 35–38.
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– Der Darlehensrückzahlungsanspruch wird von der Zweckgesellschaft an die Anleihegläubiger abgetreten114. Geschieht dies nicht, stünde der Aktiengesellschaft bei der Wandlung noch ein Anspruch einer dritten Partei (nämlich der Zweckgesellschaft) gegenüber, der erst noch durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden müsste, so dass es nicht zu dem automatischen Ausscheiden kommen würde115. Kommt es zur Wandlung, wird der Darlehensrückzahlungsanspruch (anteilig) zusammen mit der Wandelschuldverschreibung an die Aktiengesellschaft abgetreten und erlischt dort durch Konfusion. Die Gesellschaft kann den an sie weitergeleiteten Erlös nunmehr endgültig behalten. – Zudem muss sichergestellt sein, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht ohne die Wandelschuldverschreibung abgetreten bzw. isoliert gepfändet werden kann116. In den Anleihebedingungen wird zu diesem Zwecke regelmäßig bestimmt, dass jede Verfügung über die Wandelschuldverschreibung auch eine Abtretung des dazugehörigen Darlehensrückzahlungsanspruchs begründet, und dass die Ausübung des Wandlungsrechts nur bei gleichzeitiger Rückübertragung des dazugehörigen Darlehensrückzahlungsanspruchs zulässig ist117. Richtigerweise findet die Privilegierung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch auf Optionsanleihen mit Inzahlunggabe der Anleihe bzw. Verrechnung des Rückzahlungsanspruchs entsprechende Anwendung. Solchermaßen ausgestaltete Optionsanleihen räumen den Anleihegläubigern bei Optionsausübung das Recht zur Hingabe der Schuldverschreibung bzw. ihres Rückzahlungsanspruchs im Gegenzug für die Aktienlieferung ein (oben Rz. 3). Zwar findet die dem Anleihegläubiger eingeräumte Ersetzungsbefugnis insoweit einen anderen Anknüpfungspunkt als bei der Wandelanleihe118, jedoch ist die Aufbringung des Einlagebetrags aufgrund des bereits erfolgten Mittelzuflusses und dem Wegfall eines Rückzahlungsanspruchs in gleicher Weise gesichert wie bei der Wandelanleihe119.
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IV. Ausgestaltung der Anleihebedingungen Nachfolgend sollen einige ausgewählte Klauseln aus den Anleihebedingungen erläutert werden. Vgl. dazu auch § 11 Rz. 20 ff.
114 Dies geschieht in der Praxis regelmäßig durch Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs an eine Bank, die insoweit zugunsten der Anleihegläubiger agiert. 115 Dies führt zu Risiken vor allem im Insolvenzfall, vgl. Schumann, Optionsanleihen, S. 72 f. 116 S. Schumann, Optionsanleihen, S. 73 mit Fn. 92. 117 Zu den Einzelheiten Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 264 f. 118 Bei der Wandelanleihe gilt mit Ausübung des Optionsrechts die Einlagepflicht auf die neuen Aktien von vornherein durch das ursprünglich auf die Anleihe Geleistete als erfüllt, während die Einlagepflicht bei der Optionsanleihe mit Inzahlunggabe bzw. Verrechnung mit Ausübung des Optionsrechts zunächst entsteht und erst die Inzahlunggabe/Verrechnung zu ihrer Erfüllung führt, dazu Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 6 S. 130, 132. 119 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 237 ff.; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 160 ff.; Hirte, WM 1994, 321, 329; Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 6 S. 132 f.; vgl. auch Schumann, Optionsanleihen, 1990, S. 67 ff.
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1. Wandlungs- bzw. Optionsfrist 50
Die Anleihebedingungen bestimmen den Zeitraum, innerhalb dessen das Wandlungs- bzw. Optionsrecht ausgeübt werden kann (Wandlungs- bzw. Optionsfrist, conversion period)120. Zudem enthalten die Bedingungen häufig noch Ausschlusszeiträume, während der die Ausübung des Wandlungs- bzw. Optionsrechts (noch) nicht möglich ist (excluded period)121.
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Gesetzlich ist bei Wandel- und Optionsschuldverschreibungen grundsätzlich keine Mindestausübungsfrist für die Ausübung des Wandlungs- bzw. Optionsrechts vorgegeben. Im Falle einer sehr kurzen Wandlungs- bzw. Optionsfrist oder eines ab dem Zeitpunkt der Begebung ausübbaren Wandlungs- bzw. Optionsrechts können sich allerdings Abgrenzungsfragen zu einer Kapitalerhöhung stellen, wenn der Wandlungspreis nahe am aktuellen Börsenkurs bemessen wird. Die Frage stellt sich mit besonderer Schärfe, wenn die Gesellschaft kein genehmigtes Kapital (mehr) hat. Mit Blick auf die fehlende gesetzliche Vorgabe einer Mindestausübungsfrist kann aus diesem Gesichtpunkt jedoch keine Unzulässigkeit sofort oder kurzfristig wandelbarer Schuldverschreibungen abgeleitet werden122. Eine Überschneidung mit einer Kapitalerhöhung ist richtigerweise dann nicht zu besorgen, wenn durch die Festlegung des Wandlungs- bzw. Optionspreises gewährleistet ist, dass es bei wirtschaftlich vernünftigem Handeln nach pflichtgemäßer Einschätzung des Vorstands (und ggf. des Aufsichtsrats) voraussichtlich nicht unmittelbar im Anschluss an die Ausgabe der Anleihe zur Wandlung bzw. Optionsausübung kommt123.
2. Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnis 52
Die Anleihebedingungen können ein flexibles Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnis124 vorsehen125. So kann das Verhältnis durch die Festlegung von so genannten Maximum-, Medium- und Minimum-Conversion Ratios an die Entwicklung des Aktienkurses geknüpft werden.
120 Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 112. 121 Als Ausschlusszeiträume werden typischerweise ein Zeitraum von einigen Tagen vor der Anmeldung zur Teilnahme an einer Hauptversammlung, von vierzehn Tagen vor dem Geschäftsjahresende und die Zeit eines laufenden Bezugsangebotes definiert. Darüber hinaus wird in der jüngeren Vergangenheit in Folge der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte zum bedingten Kapital (s. Rz. 32) von Emittenten, deren bedingtes Kapital nach dieser Auffassung rechtlich angreifbar wäre, zumindest erwogen, die Wandlungs- bzw. Optionsfrist erst zu dem Zeitpunkt beginnen zu lassen, zu dem das betreffende bedingte Kapital aufgrund dreijähriger Eintragung im Handelsregister nicht mehr angreifbar ist. 122 Die Vorgabe einer solchen Mindestausübungsfrist sieht das Gesetz in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG nur für Aktienoptionen im Rahmen von Management- und Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen vor. 123 Umgekehrt ist es bei Pflichtwandelanleihen nicht erforderlich, in Anlehnung an § 185 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AktG nur eine kurz bemessene Wandlungsfrist vorzusehen, dazu näher Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 25 m.w.N. 124 Unter dem Wandlungsverhältnis versteht man die Anzahl der je Schuldverschreibung zu gewährenden Aktien. 125 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256 Fn. 28; anders aber, wenn die Hauptversammlung die Bezugskonditionen festgelegt hat, Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 160.
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3. Verzinsung In den meisten Fällen sehen die Anleihebedingungen eine feste Verzinsung vor. Zulässig ist aber auch eine variable Verzinsung. Denkbar sind zudem Verzinsungen, die sich (auch) an der Dividende orientieren, die die Gesellschaft an ihre Aktionäre ausschüttet126. In Einzelfällen werden Wandelschuldverschreibungen auch als Nullkupon-Anleihen emittiert, bei denen sich die Rendite aus der Differenz zwischen dem Nennbetrag und dem regelmäßig erheblich darunter liegenden Ausgabekurs errechnet (s. § 9 Rz. 43)127.
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Die Erfüllung der Zinsforderung durch Ausgabe neuer Aktien dürfte dagegen nur unter Einhaltung der Sacheinlagevorschriften möglich sein, da sich die Privilegierungswirkung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG (oben Rz. 47) nur auf den Rückzahlungsanspruch aus der Anleihe erstreckt. Es handelt sich auch nicht um eine Sachausschüttung i.S.v. § 58 Abs. 5 AktG, da sich diese Norm nur auf Dividendenzahlungen, nicht aber auf Zinszahlungen bezieht. Insoweit greift nämlich die gesetzgeberische Wertung, dass aufgrund des bereits erfolgten Mittelzuflusses eine Privilegierung gerechtfertigt ist, nicht ein128.
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4. Vorzeitige Rückzahlung Häufig sehen die Anleihebedingungen ein Recht des Emittenten vor, unter bestimmten Bedingungen die Anleihe vor Laufzeitende (maturity) zurückzuzahlen (early redemption oder issuer’s call), dazu auch § 11 Rz. 21. Insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte zum bedingten Kapital (s. oben Rz. 32) wurde in der jüngeren Vergangenheit ein solches vorzeitiges Kündigungsrecht für den Fall aufgenommen, dass das zugrunde liegende bedingte Kapital rechtlich angegriffen wird.
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5. Barzahlung statt Lieferung von Aktien (cash settlement) Häufig behält sich der Anleiheschuldner vor, bei Wandlung einen Barausgleichbetrag zu zahlen, statt Aktien zu liefern (cash settlement). Dazu auch § 11 Rz. 23.
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6. Bedingungen Aktienrechtlich bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Ausübung des Wandlungs- bzw. Optionsrechts an den Eintritt einer Bedingung (§ 158 BGB) geknüpft wird (contingent conversion). Ein praktisch bedeutsames Beispiel ist die Ausgabe einer Going-Public-Wandelanleihe bzw. Going-Public-Optionsanleihe, bei die Ausübung des Wandlungs- bzw. Erwerbsrechts vom Börsengang des Emittenten abhängig gemacht wird129. 126 Solche Papiere können im Einzelfall auch als Genussrechte bzw. Gewinnschuldverschreibungen anzusehen sein (§ 221 Abs. 1, Abs. 3 AktG), so dass der Hauptversammlungsbeschluss dann eine entsprechende Ermächtigung enthalten müsste. 127 Dazu auch Gebhardt, ZfbF 40 (1988), 896, 898; Wiese/Dammer, DStR 1999, 867. Zu Nullkupon-Anleihen allgemein Ulmer/Ihrig, ZIP 1985, 1169. 128 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 230. 129 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867, 868; E. Jakob, Finance, 2002, 38; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 47, 116; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 33 jeweils
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7. Begründung einer Wandlungspflicht 58
Wandelschuldverschreibungen mit Pflichtwandlung sind auch in Deutschland vermehrt emittiert worden. Wandelschuldverschreibungen mit Pflichtwandlung sind dadurch charakterisiert, dass die Anleihegläubiger nicht nur ein Recht haben, sondern am Ende der Laufzeit auch verpflichtet sind, das Wandlungsrecht auszuüben130. Indem der Emittent die Wandelschuldverschreibung also grundsätzlich nicht in bar zurückzahlen muss131, erhält er eine erhöhte Planungssicherheit132. Zudem kann das aufgebrachte Kapital unter Umständen bereits vor dem Tausch in Aktien wie Eigenkapital behandelt werden (s. § 9 Rz. 35)133.
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Es kann entweder von vornherein eine unbedingte Wandlungspflicht (mandatory convertible) oder aber ein Wahlrecht des Emittenten vorgesehen werden, am Ende der Laufzeit (oder zu einem früheren Zeitpunkt) die Anleihe entweder in Geld oder ganz oder teilweise in Aktien zurückzuzahlen (soft mandatory convertible)134.
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Die Begebung einer Pflichtwandelanleihe ist entgegen einer vereinzelt vertretenen Ansicht135 aktienrechtlich zulässig136. Der Unterschied zur gewöhnlichen Wandelschuldverschreibung erschöpft sich im Wesentlichen darin, dass sich der Inhaber einer Pflichtwandelanleihe bereits im Zeitpunkt der Zeichnung im Rahmen eines Vorvertrags verpflichtet, sein Wandlungsrecht auszuüben137. Es bleibt ihm aber in der Regel das Recht, den Zeitpunkt der Wandlung selbst zu bestimmen138. Zudem erhält der Anleihegläubiger wie bei einer gewöhnlichen Wandelschuldverschreibung eine
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m.w.N. Etwaige bilanzielle Auswirkungen bedingter Wandlungs-/Optionsrechte können im Einzelfall zu prüfen sein. Zu den Einzelheiten der Begründung und der Durchsetzung der Wandlungspflicht s. Rozijn, ZBB 1998, 77, 82; Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 135 ff. Zu ihrer Bilanzierung Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006, 729, 739 sowie eingehend § 13 Rz. 48 ff. Zum Ausnahmefall einer Rückzahlung zum Nennbetrag im Fall der Insolvenz der Emittentin vgl. Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 129. Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 37; zu den wirtschaftlichen Vor- und Nachteilen von Pflichtwandelanleihen auch Röder, Finanz Betrieb 2003, 240; Kleidt/ Schiereck, BKR 2004, 18, 19. Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 37. Die Pflichtwandelanleihe wird auch bei der Bilanzierung nach IFRS und, zumindest teilweise, bei der Bewertung des Emittenten durch Rating-Agenturen als Eigenkapital qualifiziert, vgl. § 9 Rz. 35 sowie Schlitt/ Mihm, Börsen-Zeitung vom 5.2.2003, S. 13; abweichend Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 38. In diesem Fall erfolgt die Bedienung der Wandelanleihe mit Aktien gegebenenfalls zuzüglich einer Geldzahlung (cash top up) in Höhe der Differenz zwischen dem Nennbetrag der Wandelanleihe und dem Börsenpreis im Zeitpunkt der Pflichtwandlung. Wohl Martens, AG 1989, 69, 72; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 185; kritisch auch Maier-Reimer in GS Bosch, 2006, S. 85. So im Ergebnis auch Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 25; Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung vom 5.2.2003, S. 13; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266; s. auch Rozijn, ZBB 1998, 77, 85 ff.; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 148.; Kleidt/Schiereck, BKR 2004, 18, 19; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 52; Busch in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 41 Rz. 7; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 48 Rz. 7; Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 151. Zur Einordnung des insoweit zwischen dem Anleger und dem Emittenten bestehenden Rechtsverhältnisses als Vorvertrag vgl. Rozijn, ZBB 1998, 77, 81; vgl. auch Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), 84, 115. Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung vom 5.2.2003, S. 13.
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134 135 136
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Verzinsung auf der Grundlage eines bezifferten Nennwerts. Schließlich ist regelmäßig für besondere Fälle die Rückzahlung des Nennbetrags vorgesehen139. Auch bedingtes Kapital kann entgegen einer vereinzelt vertretenen Ansicht140 nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG zur Bedienung einer Pflichtwandelanleihe genutzt werden141. Schließlich stehen der Begebung einer Pflichtwandelanleihe auch keine durchgreifenden AGB-rechtlichen Bedenken entgegen142. Zumeist sehen Ermächtigungsbeschlüsse die Begebung einer Pflichtwandelanleihe ausdrücklich vor. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, steht dies der Begründung einer Wandlungspflicht richtigerweise nicht entgegen143. Die Pflichtwandlung ist ein Element, das dem Vorstand im Rahmen der näheren Festlegung der Einzelheiten der Emission überantwortet werden kann144. Entscheidend ist auch hier wieder, dass die Pflichtwandlung aus Sicht der Gesellschaft und der Aktionäre (aktienrechtlich) nur vorteilhaft ist145.
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8. Anpassung der Wandlungs- bzw. Bezugsbedingungen Um die Anleihegläubiger vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer zukünftigen Beteiligung zu schützen, enthalten Anleihebedingungen in aller Regel eine Verwässerungsschutzklausel (anti-dilution protection), die Anpassungsmechanismen hinsichtlich des Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnisses bzw. -preises vorsieht, wenn bestimmte Ereignisse vor dem letzten Tag des Wandlungszeitraums oder einem früheren für die Rückzahlung festgesetzten Tag eintreten146. Derartige Verwässerungsschutzbestimmungen sind nach richtiger Ansicht zulässig, auch wenn im Wandlungsfall der im Hauptversammlungsbeschluss festgelegte Mindestausgabebetrag u.U. wieder unterschritten werden kann147. Nach richtiger Ansicht kann sich ein Anpassungsbedarf bereits aus allgemeinen gesetzlichen Grundsätzen ergeben148.
139 Vgl. Rozijn, ZBB 1998, 77, 82. 140 Frey in Großkomm. AktG, § 192 Rz. 84. 141 Ausführlich Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 52; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 41 Rz. 7; Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 151. 142 Vgl. Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 175. Zur insbesondere von der Rspr. vorgenommenen Einordnung von Anleihebedingungen als AGB s. unten Rz. 74. 143 Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 178; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 52; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 23; a.A. Schröer in ArbHdb. HV, § 25 Rz. 30. 144 Vgl. Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 178; auch Schäfer, ZGR 2000, Sonderheft Nr. 16, 62, 68 f. 145 Alternativ zur rechtlichen Wandlungspflicht kann der Anleger wirtschaftlich zur Ausübung des Wandlungsrechts gezwungen werden, dazu Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 267 Fn. 158; s. auch Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 127 f.; Rozijn, ZBB 1998, 77, 80. 146 S. dazu Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007„ § 6 S. 114 ff. 147 Spiering/Grabbe, AG 2004, 91, 95 f.; s. auch Hüffer, AktG, § 221 Rz. 66. 148 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 289 ff.
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a) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht 63
Für den Fall, dass die Gesellschaft eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Altaktionäre durchführt, sehen die Anleihebedingungen i.d.R. vor, dass der Schutz der Anleihegläubiger dadurch bewirkt werden kann, dass entweder (i) das Wandlungsbzw. Bezugsverhältnis angepasst wird (ii) oder den Anleihegläubigern ebenfalls ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien gewährt wird149 oder (iii) die Anleihegläubiger Anspruch auf einen Ausgleich in bar haben150. Zur Anpassung des Wandlungs-/Bezugsverhältnisses vgl. § 11 Rz. 31 f. b) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
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Die Inhaber von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen werden im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durch die Vorschrift des § 216 Abs. 3 AktG geschützt151. Gleichwohl sehen die Anleihebedingungen i.d.R. klarstellend vor, dass im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durch Ausgabe neuer Aktien das Wandlungs- bzw. Bezugsverhältnis in dem Verhältnis der insgesamt ausgegebenen Aktien nach der Kapitalerhöhung zur Anzahl der ausgegebenen Aktien vor der Kapitalerhöhung angepasst wird.
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Wird die Kapitalerhöhung nicht durch die Ausgabe neuer Aktien, sondern mittels einer Erhöhung des jeweiligen auf die einzelne Aktie entfallenden Betrags des Grundkapitals bewirkt, bleiben Wandlungs-/Optionspreis und Wandlungs-/Bezugsverhältnis unverändert; in diesem Fall sind die betreffenden Aktien mit ihrem entsprechend erhöhten anteiligen Betrag des Grundkapitals zu liefern. c) Ausschüttungen, Ausgabe von Finanzinstrumenten
66
Zahlt die Zielgesellschaft Vermögen aus oder gewährt sie Schuldverschreibungen, Options- oder Umtauschrechte, Verkaufsoptionen auf Aktien, Sonderdividenden oder kauft sie eigene Aktien zurück, wird der Wandlungs-/Optionspreis bzw. das Wandlungs-/Bezugsverhältnis gleichfalls angepasst (s. auch § 11 Rz. 33 f.)152. Eine Anpassung kann auch für den Fall regulärer Dividendenzahlungen vorgesehen werden (full dividend pass-through). Richtigerweise ist dies auch dann zulässig, wenn die Ermächtigung nach § 221 AktG diesen Fall nicht ausdrücklich vorsieht, sofern sie eine allgemeine Anpassungsmöglichkeit enthält und (wie üblich) einzelne Fälle des Verwässerungsschutzes nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft benennt153.
9. Gläubigerschutz 67
Neben Schutzbestimmungen zum Erhalt des wirtschaftlichen Werts des Wandlungsbzw. Optionsrechts wird von Investoren regelmäßig auch eine gewisse Sicherung ih149 Zur Schaffung dieser Aktien bedarf es, sofern nicht eigene Aktien geliefert werden, einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts. 150 S. auch Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 293 ff. 151 S. etwa Hüffer, AktG, § 216 Rz. 14; Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien, S. 96 ff. 152 Dazu auch Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 312. 153 Insoweit kann die Verwaltung im Rahmen der Marktüblichkeit über die nähere Ausgestaltung des Verwässerungsschutzes entscheiden, vgl. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 41 Rz. 25.
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§ 10
Wandel- und Optionsanleihen
rer Stellung als Gläubiger der Schuldverschreibung erwartet. Zu diesem Zweck enthalten die Anleihebedingungen überlicherweise eine Negativerklärung (negative pledge) und eine Drittverzugsklausel (cross default clause). Im Rahmen der Negative Pledge verpflichtet sich der Emittent bzw. die die Anleihe garantierende Muttergesellschaft, während der Laufzeit der Anleihe für gleich- oder nachrangige Forderungen von Dritten keine oder nur bestimmte Sicherheiten zu bestellen, sofern nicht die Forderungen der Anleihegläubiger ebenso besichert werden154. Diese Verpflichtung dient dem Ziel, das Haftungsvermögen frei von (zusätzlichen) Lasten zu halten, und räumt den Anleihegläubigern bei Verstößen in der Regel ein außerordentliches Kündigungsrecht ein155. Um dem Interesse des Emittenten nach einer möglichst geringen Einschränkung seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit Rechnung zu tragen, können flexible Ausnahmen von der Negativerklärung vorgesehen werden156. Die Cross Default Clause dient der Verhinderung einer Benachteiligung der Wandel-/Optionsanleihegläubiger gegenüber anderen Gläubigern aufgrund der während der Laufzeit der Anleihe noch nicht gegebenen Fälligkeit der Anleiheforderung157. Zu diesem Zweck wird die Anleihe fällig gestellt oder den Gläubigern ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, dass der Emittent bzw. die garantierende Muttergesellschaft Zahlungs- oder andere wesentliche Pflichten gegenüber Dritten nicht ordnungsgemäß erfüllt158. Für die Ausgestaltung im Einzelnen kommen verschiedene Varianten in Betracht, so kann als Voraussetzung für das Eingreifen der Cross Default Clause vorgesehen werden, dass die Kündigung einer Drittverbindlichkeit bereits erfolgt sein muss, oder es kann bereits das bloße Bestehen eines Kündigungsrechts als Voraussetzung des Cross Defaults definiert werden159.
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10. Schutz bei Übernahme und Verschmelzung Aus dem Umstand, dass auch mit einem Kontrollwechsel (change of control) einerseits eine Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens oder eine Änderung der Strategie des Unternehmens einhergehen kann und andererseits sich aber ein Übernahme- bzw. Pflichtangebot nach deutschem Übernahmerecht nicht auf die Inhaber von Wandelschuldverschreibungen erstrecken muss, resultiert ein Schutzbedürfnis der Anleihegläubiger160. Aus diesem Grund wird den Investoren häufig die Möglichkeit zur vorzeitigen Fälligstellung der Anleihe eingeräumt (change of control put)161. Ergänzend wird regelmäßig eine (u.U. nach dem Zeitpunkt der Wandlung bzw. Optionsausübung gestaffelte, ratchets) Anpassung des Wandlungs- bzw. 154 155 156 157 158
Bosch in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/184 mit Muster in Rz. 10/246a, dort § 9. Bosch in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/185, näher § 15 Rz. 48. Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 5 S. 93. S. näher § 15 Rz. 52 f.. Als Cross Default kann auch der Fall definiert werden, dass ein Anleihegläubiger eine andere Verbindlichkeit des Emittenten bzw. der garantierenden Muttergesellschaft außerordentlich kündigen kann, Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.23. 159 Bosch in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/185. 160 Ekkenga, DStR 2002, 768, 771; Schüppen, WPg 2001, 958, 961; Schlitt in MünchKomm. AktG, § 32 WpÜG Rz. 27, § 35 Rz. 202; in diese Richtung auch Letzel, BKR 2002, 293, 302, Fn. 100 sowie Baum, ZBB 2003, 9, 14. 161 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 267; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 324. Allerdings verlieren die Anleger in diesem Fall die Prämie (Zeitwert der Option); s. auch Eichmann, Die Bank 2001, 60, 61.
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Optionspreises vorgesehen162. In der jüngeren Vergangenheit findet sich darüber hinaus in Anleihebedingungen häufig ein Recht der Investoren zur vorzeitigen Fälligstellung der Anleihe auch im Falle einer Verschmelzung (merger put), wenn die Aktien des übernehmenden Rechtsträgers nicht an einem organisierten Markt im Europäischen Wirtschaftsraum notiert sind163.
11. Squeeze-Out 70
§§ 327a ff. AktG und §§ 39a ff. WpÜG regeln die Behandlung der Inhaber von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen nicht ausdrücklich164. Bei der Berechnung der für ein Squeeze-Out nach § 327a Abs. 1 AktG notwendigen 95 %-Beteiligung des Hauptaktionärs am Grundkapital der Gesellschaft geht die herrschende Meinung zutreffend davon aus, dass die Bezugsrechte aus Wandel- und Optionsschuldverschreibungen nicht einzubeziehen sind165. Umstritten ist hingegen, ob ein SqueezeOut auch dann möglich ist, wenn die Wandlungs- bzw. Bezugsrechte für sich genommen mehr als 5 % betragen166.
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Fraglich ist, wie die Wandlungs- bzw. Optionsrechte im Zeitpunkt des Squeeze-Outs zu behandeln sind. Im Einklang mit der Rechtslage bei der Eingliederung167 wandeln sich die Bezugsrechte mit Wirksamkeit des Squeeze-Out ebenso wie die Aktienrechte richtigerweise in einen Barabfindungsanspruch um168. Der Anspruch richtet sich gegen den Hauptaktionär169. Wie der Abfindungsanspruch der Minderheitsaktionäre entsteht er mit der Eintragung bzw. der Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister und ist ab diesem Zeitpunkt fällig. Die Laufzeit der Anleihe 162 Dies wird teils als unzulässige so genannte Poison Pill im Sinne des Übernahmerechts angesehen, wenn die Anleihe in einer konkreten Übernahmesituation ausgegeben wird, so Falkenhausen/Klitzing, ZIP 2006, 1513, 1515. 163 Nach § 23 UmwG sind den Inhabern von Wandel- und Optionsanleihen gleichwertige Rechte an dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren. 164 Vgl. auch Kiem in Henze/Hoffmann-Becking, RWS-Forum 20: Gesellschaftsrecht 2001, S. 329, 350, der deshalb vorschlägt, in den Anleihebedingungen festzulegen, dass die Bezugsrechte als mit dem Beschluss der Hauptversammlung über den Squeeze-Out als ausgeübt gelten; dagegen Krieger, BB 2002, 53, 61. 165 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 267; Grunewald, ZIP 2002, 18; Krieger, BB 2002, 53, 61; Ehricke/Roth, DStR 2001, 1120, 1122; P. Baums, Ausschluss von Minderheitsaktionären, 2001, S. 152 ff.; Gesmann-Nuissl, WM 2002, 1205, 1206 ff.; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE des WpÜG, NZG 2001, 420, 431; a.A. Sieger/Hasselbach, ZGR 2002, 120, 158. Entsprechendes gilt auch im Falle eines Squeeze-Out nach § 39a Abs. 1 WpÜG, in diesem Sinne auch BT-Drucks. 16/1003 v. 17.3.2006, S. 22. S. hierzu im Einzelnen Engelhardt, S. 165 ff. 166 Für den Ausschluss des Barabfindungsrechtes des Hauptaktionärs in diesem Fall Fleischer, ZGR 2002, 757, 777; Grunewald, ZIP 2002, 18; Krieger, BB 2002, 53, 61; GesmannNuissl, WM 2002, 1205, 1207. 167 BGH v. 2.2.1998 – II ZR 117/97 – „Siemens/Nixdorf“, ZIP 1998, 560 f.; aus dem Schrifttum vor allem Martens, AG 1992, 209. 168 Im Einzelnen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 268; zuvor bereits Fleischer, ZGR 2002, 757, 776; Krieger, BB 2002, 53, 61; DAV-Handelsrechtsausschuss, Stellungnahme zum RefE des WpÜG, NZG 2001, 420, 431; ebenso im Ergebnis Ehricke/Roth, DStR 2001, 1120, 1122 sowie Halm, NZG 2000, 1162, 1165; Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1169. 169 Zur Absicherung durch die so genannte Barabfindungsgewährleistung eines Kreditinstituts Singhof/Weber, WM 2002, 1158, 1166 ff.
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Wandel- und Optionsanleihen
endet damit jedoch nicht automatisch. Vielmehr erhält der Bezugsberechtigte nur die Möglichkeit, nicht aber die Pflicht, sein Bezugsrecht sofort auszuüben170. Fraglich ist, welchen Betrag die Anleihegläubiger hiernach als Abfindung verlangen können. Die besseren Gründe sprechen dafür, dass die Höhe der Abfindung nicht der auch den Minderheitsaktionären zustehenden vollen Barabfindung171, sondern dem Wert ihrer Optionsrechte entspricht, und nach anerkannten Bewertungsverfahren (Black-Scholes-Modell) zu ermitteln ist172.
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12. Delisting In den meisten Fällen sehen die Anleihebedingungen keinen besonderen Schutzmechanismus für Fälle vor, in denen die zur Bedienung der Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibung vorgesehenen Aktien als Folge eines Delistings (also der Rücknahme bzw. dem Widerruf der Börsenzulassung; zum Delisting vgl. § 35) nicht mehr börsenmäßig geliefert werden können. Tritt ein solcher Fall173 entgegen den Erwartungen der Investoren ein, dürfte bei einer zum Börsenhandel zugelassenen Anleihe in Ermangelung einer gesonderten Regelung in den Anleihebedingungen eine allgemeine Vertragsverletzung anzunehmen sein, da die Investoren von einer Lieferung börsenzugelassener Aktien ausgehen können174. Allerdings kann es im Einzelfall schwierig sein, den mit dem Delisting verbundenen Schaden nachzuweisen175.
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13. Richterliche Inhaltskontrolle Ob die Anleihebedingungen von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen als allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind und folglich der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen, ist umstritten, wird jedoch seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung bejaht176. Zu den Einzelheiten und Reformbestrebungen § 11 Rz. 43 ff.
170 So zur Eingliederung ausdrücklich BGH v. 2.2.1998 – II ZR 117/97, ZIP 1998, 560, 561. 171 So aber Vossius, ZIP 2002, 511, 513. 172 Im Einzelnen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 268. In diesem Rahmen kann dann auch berücksichtigt werden, dass die Inhaber der Wandelschuldverschreibung bei frühzeitiger Ablösung in Folge des Squeeze-Outs auf ihre Zinsansprüche für die Restlaufzeit der Wandelschuldverschreibung verzichten müssen. 173 Ein vergleichbares Problem ergibt sich, wenn die aufgrund einer bedingten Kapitalerhöhung geschaffenen Aktien nicht an der Börse eingeführt oder eigene, nicht notierte Aktien zur Verfügung gestellt werden; Siebel, ZGR 2002, 842, 852. 174 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 268; Siebel, ZGR 2002, 842, 852. 175 Die Ersterwerber können sich freilich durch eine entsprechende Regelung im Übernahmevertrag absichern. 176 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, NJW 2005, 2917 (zu Aktienanleihen); aus dem Schrifttum etwa Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 254 ff. sowie Assmann, WM 2005, 1053.
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V. Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten 1. Platzierung 75
In der Regel werden Wandel- und Optionsanleihen nicht öffentlich angeboten, sondern institutionellen Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung offeriert (s. oben Rz. 19). Insoweit bedarf es unter dem Gesichtspunkt der Platzierung keiner Erstellung eines Wertpapierprospekts (§ 2 Abs. 2 WpPG).
2. Börsenzulassung 76
Um einen liquiden Sekundärmarkt zu fördern, werden Wandelanleihen, häufig kurz nach ihrer Platzierung, regelmäßig an einer Börse zugelassen177. In vereinzelten Fällen erfolgt das Listing an einem organisierten Markt, etwa am regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse. I.d.R. erfolgt eine Börsenzulassung deutscher Wandelanleihen jedoch an einem nicht regulierten Markt wie dem Euro MTF Market der Luxemburger Wertpapierbörse, da die Zulassungsvoraussetzungen dort als vergleichsweise gering empfunden werden. Bei Optionsanleihen kann entweder die Optionsanleihe als solche zugelassen werden oder das Optionsrecht bereits vor dem Listing abgetrennt, einem separaten Handel zugeführt (oben Rz. 3) und anschließend nur noch die Anleihe zugelassen werden.
3. Prospekt a) Prospektpflicht 77
Wird die Wandel- bzw. Optionsanleihe ausnahmsweise öffentlich angeboten oder eine Zulassung zu einem organisierten Markt angestrebt, ist ein Prospekt nach den Vorgaben des jeweilig anwendbaren nationalen Gesetzes zu erstellen, das die Prospektrichtlinie umsetzt (so genannter prospektrichtlinienkonformer Prospekt oder PDcompliant prospectus). Eine Prospektveröffentlichung im Zusammenhang mit der Platzierung wird i.d.R. sowohl mit einer Mindeststückelung von mindestens 50 000 Euro (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 WpPG) und der Ansprache ausschließlich institutioneller Investoren (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG) vermieden. Eine Prospektpflicht besteht jedoch dann, wenn die Wandel-/Optionsanleihe ausnahmsweise im Wege der Bezugsrechtsemission mit einem auch Nichtaktionären zugänglichen Bezugsrechtshandel angeboten wird (oben Rz. 18). Im Zusammenhang mit der Zulassung besteht im Regelfall ebenfalls keine Prospektpflicht, da ganz überwiegend eine Notierung an nicht regulierten Märkten wie dem Euro MTF Market oder im Freiverkehr erfolgt (oben Rz. 76). Eines prospektrichtlinienkonformen Prospekts bedarf es insoweit nur dann, wenn die Zulassung an einem organisierten Markt angestrebt wird. Zu den Einzelheiten s. § 30. b) Zuständige Behörde für die Prospektbilligung
78
Wird ein prospektrichtlinienkonformer Prospekt erstellt, ist die für die Prospektbilligung zuständige Behörde diejenige am Sitz des Emittenten, bei einer Emission über 177 Dies ist indessen nicht zwingend. Zum Teil wird auch auf eine Börsenzulassung verzichtet, was von den Investoren akzeptiert wird.
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eine zum Konzern gehörige Zweckgesellschaft die Behörde an deren Sitz (§ 2 Nr. 13 lit. a i.V.m. § 13 WpPG). Wird bei einer Optionsanleihe das Optionsrecht vor dem Listing abgetrennt und nur die Anleihe zugelassen, gelten dagegen die Zuständigkeitsregelungen für Nichtdividendenwerte (§ 11 Rz. 60). c) Prospektinhalt Sofern Wandel- bzw. Optionsanleihen ein Recht zur Wandlung in bzw. zum Bezug von neuen, noch nicht börsenzugelassenen Aktien einräumen, richtet sich der Mindestprospektinhalt hinsichtlich des Emittenten nach Anhang I der ProspektVO (Art. 4 ProspektVO178 i.V.m. § 7 WpPG). Bei der Emission über eine Konzerngesellschaft ist für diese je nach Stückelung Anhang IV (Stückelung von weniger als 50 000 Euro, Art. 7 ProspektVO) oder Anhang IX (Mindeststückelung von 50 000 Euro, Art. 12 ProspektVO) maßgeblich, die Angaben des Anhangs I hinsichtlich der die zugrunde liegenden neuen Aktien ausgebenden Konzernmutter werden über Art. 17 ProspektVO in Bezug genommen179. Hinsichtlich der Beschreibung der Anleihe gilt je nach Stückelung Anhang V (Stückelung von weniger als 50 000 Euro, Art. 8 ProspektVO) oder Anhang XIII (Mindeststückelung von 50 000 Euro, Art. 16 ProspektVO). Häufig ist aufgrund der Ausgestaltung der Anleihebedingungen nicht sichergestellt, dass die Aktien bei Lieferung einen Wert haben, der dem Nennwert der Anleihe entspricht, bzw. dass eine etwaige Differenz zum Nennwert der Anleihe nicht durch einen entsprechenden Barbetrag ausgeglichen wird. In solchen Fällen ist für die Beschreibung der Anleihe nach Art. 15 ProspektVO Anhang XII (Derivative Wertpapiere) anzuwenden180. Bei einer Emission über eine Konzerngesellschaft sind darüber hinaus im Hinblick auf die ergänzende Garantie der Konzernmutter (s. dazu oben Rz. 7) zusätzlich die Vorgaben des Anhang VI zur ProspektVO (Art. 9 ProspektVO) zu berücksichtigen. Zum grundsätzlichen Gebot der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts und dem Zusammenspiel von WpPG und ProspektVO s. § 30 Rz. 11, 15. Wird bei einer Optionsanleihe das Optionsrecht vor dem Listing abgetrennt und nur die Anleihe zugelassen, so bedarf es je nach Stückelung nur der Anhänge IV und V (Stückelung von weniger als 50 000 Euro) bzw. IX und XIII (Mindeststückelung von 50 000 Euro) sowie Anhang VI im Fall einer etwaigen Garantie181.
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4. Transparenzpflichten Seit Inkrafttreten des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (TUG) haben die stimmrechtsbezogenen Meldepflichten des WpHG auch bei der Emission von Wan178 „ProspektVO“ bezeichnet die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung, ABl. EU L 186 v. 18.7.2005, S. 3, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission v. 27.2.2007. 179 Im seltenen Fall einer Unterlegung ausschließlich mit bestehenden Aktien bedürfte es insoweit nur der in Ziff. 4.2.2. des Anhangs XII ProspektVO vorgesehenen Angaben, Art. 21 i.V.m. Anhang XVIII ProspektVO. 180 Vgl. zur Abgrenzung zwischen derivativen Wertpapieren und reinen Schuldtiteln Art. 8 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 ProspektVO. 181 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 505.
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del- und Optionsanleihen verstärkte Bedeutung bekommen182. Aus Sicht der Investoren relevant ist in diesem Zusammenhang insbesondere die durch das TUG neu eingeführte Meldepflicht für das Halten sonstiger Finanzinstrumente (§ 25 WpHG). Für die Inhaber von Wandel- und Optionsanleihen kommt diese Meldepflicht richtigerweise jedoch nur dann in Betracht, wenn sich das Wandlungs- bzw. Bezugsrecht ausschließlich auf bereits existierende und zugelassene Aktien bezieht183. Sofern wie üblich nach Wahl des Emittenten auch neue Aktien geliefert oder ein Barausgleich vorgenommen werden können, findet die Meldepflicht richtigerweise keine Anwendung184. 81
Aus Sicht der Gesellschaft ist die neue Pflicht zur Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte am Ende jedes Kalendermonats, in dem es zu einer Zu- oder Abnahme gekommen ist, zu beachten (§ 26a WpHG). Früher entsprach es der gängigen Praxis, dass die als Wandlungs- bzw. Optionsstelle fungierende Bank die Gesellschaft lediglich einmal jährlich über die Anzahl der aus dem bedingten Kapital ausgegebenen Bezugsaktien informiert hat, damit diese die nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres vorzunehmende Anmeldung der ausgegebenen Bezugsaktien zum Handelsregister bewirken kann (vgl. § 201 AktG). Zur Erfüllung ihrer Meldepflichten nach § 26a WpHG ist die Gesellschaft jedoch nunmehr auf eine monatliche Information durch die Wandlungs-/Optionsstelle angewiesen. Mit Blick auf die unmittelbar zum Monatsende bestehende Veröffentlichungspflicht erscheint es empfehlenswert, eine Berichtspflicht der Wandlungs-/Optionsstelle zu einem möglichst unmittelbar vor jedem Monatsende liegenden Zeitpunkt zu vereinbaren185.
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Im Zusammenhang mit der Emission von Wandel- bzw. Optionsschuldverschreibungen kann die Bank „organisierte Leerverkaufspositionen“ für Investoren bereitstellen, um einer negativen Kursentwicklung entgegen zu wirken (dazu näher § 9 Rz. 93). Hierbei werden den Investoren Aktien des Emittenten im Wege eines Wertpapierdarlehens zur Verfügung gestellt, die von diesen weiterveräußert werden und die Rücklieferungsverpflichtung aus dem Darlehen mit den Wandlungs- bzw. Bezugsrechten aus der Wandel-/Optionsanleihe besichert werden186. Da es sich insoweit nicht um eine so genannte „einfache Wertpapierleihe“ handelt, sondern das Eigentum an den Aktien weder rechtlich noch wirtschaftlich beim Darlehensgeber verbleibt, greifen daher sowohl für den Darlehensgeber als auch den Darlehensnehmer die Meldepflichten nach §§ 21 ff. WpHG gegenüber dem Emittenten und der BaFin ein, sofern die Übertragung der Aktien im Rahmen des Wertpapierdarlehens zu einem Erreichen, Unter- oder Überschreiten einer meldepflichtigen Stimmrechtsschwelle bei diesen führt187. Der bloße Rückgewähranspruch des Darlehensgebers 182 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG) v. 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10. 183 Darüber hinaus werfen auch der Zeitpunkt einer etwaigen Meldepflicht und die Berücksichtigung der Optionsprämie Fragen auf, dazu näher Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 233 f. 184 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 233 f. 185 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 235 f. 186 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 235. 187 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 235. Zur Abgrenzung verschiedener Wertpapierleihsturkturen vor dem Hintergrund der Zurechnung von Stimmrechten s. Jahresbericht der BaFin 2004, S. 205 f.
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löst dagegen nicht die neue Meldepflicht für Finanzinstrumente (§ 25 WpHG) aus, da es sich dabei i.d.R. um einen rein schuldrechtlichen, nicht der Definition des Finanzinstruments (§ 2 Abs. 2b WpHG) unterfallenden Anspruch handelt188. Wird das Wertpapierdarlehen aus dem Handelsbestand der Bank zur Verfügung gestellt, werden die im Handelsbestand gehaltenen Stimmrechte hinsichtlich der Meldepflichten bis zu einem Volumen von 5 % automatisch nicht berücksichtigt (§ 23 Abs. 1 WpHG)189. Zur Begrenzung einer etwaigen negativen Kursentwicklung im Zusammenhang mit einer Wandel-/Optionsanleiheemission ist auch die gleichzeitige Durchführung eines Aktienrückkaufs durch den Emittenten denkbar (s. § 9 Rz. 94). Erreicht oder überschreitet der Emittent infolge des Aktienrückkaufs die Schwellen von 5 %, 10 % bzw. bei Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland zusätzlich 3 % der Stimmrechte, hat er dies ebenfalls zu veröffentlichen und dem Unternehmensregister zu übermitteln (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Bei der Veröffentlichung der Gesamtzahl der Stimmrechte nach § 26a WpHG (oben Rz. 81) sind eigene Aktien unbeschadet der aktienrechtlichen Nichtausübbarkeit der Stimmrechte (§ 71b AktG) entsprechend der bisherigen Praxis nicht in Abzug zu bringen190. Soll der Aktienrückkauf im Rahmen des Safe Harbour der VO (EG) Nr. 2273/2003 durchgeführt werden, sind insoweit weitere Transparenzpflichten zu beachten191.
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VI. Umstrukturierungen Zuweilen besteht bei einer Gesellschaft das Bedürfnis, zur Aufnahme weiterer Finanzmittel eine Anleihe zu begeben, ohne dass der Vorstand bereits zur Emission einer Wandelschuldverschreibung ermächtigt wurde. In diesem Fall ist an Überbrückungslösungen zu denken.
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1. Rückkauf der Anleihe In Betracht kommt zunächst, dass die Gesellschaft eine gewöhnliche Anleihe begibt und diese zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekauft wird, um sie dann gegen Wandelschuldverschreibungen auszutauschen. Allerdings ist das Rückkaufverfahren recht zeit- und kostenaufwändig.
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2. „Umwandlung“ einer Anleihe in eine Wandelschuldverschreibung Einfacher wäre es, wenn die Anleihe „automatisch“ gegen eine Wandelschuldverschreibung ausgetauscht werden könnte. Dabei kann etwa an folgende Szenarien gedacht werden: 188 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 235. 189 Voraussetzung für die Nichtberücksichtung ist, dass die Stimmrechte aus den im Handelsbestand gehaltenen Aktien nicht ausgeübt oder anderweitig zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung des Emittenten genutzt werden. 190 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 235. 191 ABl. EG L 336 v. 23.12.2003, S. 33. Zu den kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen eingehend Singhof/Weber, AG 2005, 549. Unabhängig von der Anwendbarkeit des Safe Harbour gelten die aktienrechtlichen Transparenzpflichten nach § 71 Abs. 3 AktG. Weitergehend zu eigenen Aktien § 7.
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§ 10
Wandel- und Optionsanleihen
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Die Gesellschaft begibt zur Überbrückung eine gewöhnliche Anleihe, die bereits die Konditionen der späteren Wandelschuldverschreibung aufweist. Alternativ ist an die Emission einer synthetischen Wandelschuldverschreibung zu denken, die bis zur Schaffung der Ermächtigung nach § 221 AktG und eines entsprechenden bedingten Kapitals durch eigene Aktien bedient wird, wobei die Bereitstellung der Aktie durch eine Call-Option des Hauptaktionärs abgesichert wird (zur Konstruktion oben Rz. 39 ff.)192. Die Anleihebedingungen sehen vor, dass eine Umwandlung der Anleihe in eine Wandelschuldverschreibung erfolgt, sobald die Hauptversammlung die zunächst fehlende Ermächtigung nach § 221 AktG und die Schaffung eines bedingten Kapitals beschlossen hat.
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Eine solche Umwandlung in eine Wandelschuldverschreibung ist allerdings nicht unproblematisch. Die Hauptversammlungsbeschlüsse müssen von den Aktionären zunächst so gefasst werden, dass sie die Konditionen der Anleihe in allen Einzelheiten reflektieren. Um eine Gewährung der Wandelschuldverschreibung an die Erwerber der synthetischen Anleihe sicherzustellen, bedarf es eines Ausschlusses des Bezugsrechts der Aktionäre durch die Hauptversammlung193. Wenn bei in der Zwischenzeit gestiegenen Kursen der tatsächliche Ausgabebetrag der Anleihe den (hypothetischen) Marktpreis für die Wandelschuldverschreibung nicht mehr wesentlich unterschreitet, liegen die Voraussetzungen für den erleichterten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG (analog) nicht mehr vor (oben Rz. 45 f.). In diesem Fall kommt es darauf an, ob der Ausschluss des Bezugsrechts sachlich gerechtfertigt ist. Fraglich ist schließlich, ob in einer solchen Konstellation die Voraussetzungen des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG vorliegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man den auf die Anleihe gezahlten Betrag noch als wirksame Bareinlage auf die Wandelschuldverschreibung ansehen könnte.
3. Restrukturierungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz 89
Zu den Umstrukturierungsmöglichkeiten nach dem SchuldverschreibungsG im Einzelnen § 11 Rz. 67 ff.
192 Nach richtiger Ansicht bedarf die Emission einer solchen Anleihe wegen des fehlenden Verwässerungseffekts keines ermächtigenden Hauptversammlungsbeschlusses (oben Rz. 24). 193 Hierin könnte man bei kritischer Betrachtung eine Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit der Hauptversammlung sehen, vgl. auch den indessen nicht völlig gleich gelagerten Fall OLG Celle v. 22.6.2001 – 5 U 8/00, AG 2003, 48, 49.
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§ 11 Umtauschanleihen Michael Schlitt/Jürgen Kammerlohr* I. Allgemeines 1. Begriff der Umtauschanleihe . . . .
1
2. Zweck der Begebung von Umtauschanleihen . . . . . . . . . .
3
3. Gestaltungsformen . . . . . . . . . .
4
4. Abgrenzung zu anderen Finanzierungsformen . . . . . . . . . . . . . .
5
II. Überblick über das Platzierungsverfahren 1. Struktur von Umtauschanleiheemissionen . . . . . . . . . . . . . . .
7
2. Kombination mit Block Trade . . .
11
3. Synthetische UmtauschanleiheStrukturen . . . . . . . . . . . . . . .
12
4. Ad-hoc-Mitteilungspflicht . . . . .
13
III. Begebungsvoraussetzungen 1. Gremienbeschlüsse a) Vorstand . . . . . . . . . . . . . . b) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . c) Hauptversammlung . . . . . . . .
15 16 17
2. Kein Bezugsrecht der Aktionäre . .
19
IV. Ausgestaltung der Anleihebedingungen 1. Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . .
20
2. Vorzeitige Rückzahlung . . . . . . .
21
3. Barzahlung statt Lieferung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
4. Begründung einer Umtauschpflicht
24
5. Anpassung der Umtauschbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . b) Aktiensplit, umgekehrter Aktiensplit und Zusammenlegung von Aktien . . . . . . c) Kapitalherabsetzung . . . . .
. .
26
. .
27
. . . .
29 30
d) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht oder sonstige Gewährung von Bezugsrechten . . . . . . . . e) Ausschüttungen . . . . . . . . . . f) Umwandlungen . . . . . . . . . . 6. Schutz bei Übernahme . . . . . . . . 7. Ersetzung des Anleiheschuldners . 8. Gläubigerschutz und Kündigungsrechte der Anleihegläubiger . . . . . 9. Bestellung eines Treuhänders . . . 10. Separierung der zugrundeliegenden Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Richterliche Inhaltskontrolle a) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstand der Inhaltskontrolle aa) Schuldnerersetzungsklausel bb) Kündigungsrechte der Anleihegläubiger . . . . . . . . . . cc) Bekanntmachungsklauseln . dd) Umtauschpflicht . . . . . . . V. Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten 1. Platzierung . . . . . . . . . . . . . 2. Börsenzulassung . . . . . . . . . 3. Prospekt a) Prospektpflicht . . . . . . . . b) Zuständige Behörde für die Prospektbilligung . . . . . c) Prospektinhalt . . . . . . . . . 4. Prospekthaftung, Due Diligence 5. Transparenzpflichten . . . . . .
31 33 35 37 39 40 41 42
43 47 48 50 52 53
. . . .
57 58
. .
59
. . . .
. . . .
60 61 62 65
VI. Restrukturierung von Umtauschanleihen 1. Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes . . . . . . . . 2. Zulässige Beschlussgegenstände . 3. Mehrheitsentscheidungen . . . . . 4. Vermögenskrise . . . . . . . . . . .
. . . .
67 70 72 74
* Wir danken Herrn Rechtsanwalt Michael Gottmann für die hilfreiche Unterstützung bei der Überarbeitung dieses Beitrages anlässlich der Zweitauflage.
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§ 11
Umtauschanleihen
Schrifttum: Bungert, Wertpapierbedingungen und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, DZWir 1996, 185; Dreyer/Herrmann, Die Besteuerung von Aktien-, Wandel- und Umtauschanleihen, BB 2001, 705; Ekkenga, Wertpapier-Bedingungen als Gegenstand richterlicher AGBKontrolle?, ZHR 160 (1996), 59; Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien bei Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen, 1999; Gruson/Harrer, Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarungen sowie Bedeutung des AGB-Gesetzes bei DM-Auslandsanleihen auf dem deutschen Markt, ZBB 1996, 37; Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, 2001; Häuselmann/Wagner, Steuerbilanzielle Erfassung aktienbezogener Anleihen: Options-, Wandel-, Umtausch- und Aktienanleihen, BB 2002, 2431; Hopt, Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG –, FS Steindorff, 1990, S. 341; Horn, Das Recht der internationalen Anleihen, 1972; Joussen, Die Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen nach dem AGBG, WM 1995, 1861; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1993; Klerx/Penzlin, Schuldverschreibungsgesetz von 1899 – ein Jahrhundertfund?, BB 2004, 791; Masuch, Anleihebedingungen und ABG-Gesetz: die Bedeutung des AGB-Gesetzes für Emissionsbedingungen und Anleihen, 2001; Maier-Reimer, Rechtsfragen der Restrukturierung, insbesondere der Ersetzung des Schuldners, Vortrag v. 5.2.2004 am Institute for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 27; Penzlin/Klerx, Das Schuldverschreibungsgesetz – Insolvenzrechtliche Sonderregeln für Anleihegläubiger, ZinsO 2004, 311; v. Randow, Anleihebedingungen und Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, ZBB 1994, 23; Regelin/Roos, Wandelschuldverschreibungen, Umtauschanleihen, Genussscheine und Anleihen, GoingPublic 2005, 80; Reuter, „Krisenrecht“ im Vorfeld der Insolvenz – das Beispiel der börsennotierten AG, BB 2003, 1797; Scherrer, Bilanzielle Behandlung von Schuldverschreibungen mit Emittententilgungswahlrecht, DStR 1999, 1205; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen des ProspektrichtlinieUmsetzunsgesetzes auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2005, 498; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227; Schneider, Die Änderung von Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläubiger, Vortrag vom 5.2.2004 am Institute for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 25; Than, Anleihegläubigerversammlung bei DM-Auslandsanleihen?, FS Coing, Bd. 2, 1998, S. 521; Than, Rechtsfragen bei Festlegung von Emissionsbedingungen für Schuldverschreibungen unter besonderer Berücksichtigung der Dematerialisierung und des Depotgesetzes, Vortrag v. 5.2.2004 am Institute for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 23; Vogel, Das Schuldverschreibungsgesetz – Gesetzgeberisches Fossil oder lebendes Kapitalmarktrecht?, ZBB 1996, 321; Vogel, Die Stellung des Anleihetreuhänders nach deutschem Recht, Vortrag v. 5.2.2004 am Institute for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 26; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, 2004; Wiese/Dammer, Zusammengesetzte Finanzinstrumente der AG, DStR 1999, 867; Wolf, Anlegerschutz durch Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen bei Kapitalmarkttiteln, FS Zöllner, Bd. I, 1998, S. 651; Zahn/Lemke, Anleihen als Instrument der Finanzierung und Risikosteuerung, BKR 2002, 527.
I. Allgemeines 1. Begriff der Umtauschanleihe 1
Umtauschanleihen (exchangeable bonds) sind Wertpapiere, die einen Anspruch auf Zinszahlung, auf Rückzahlung der Anleihe bzw. auf Umtausch der Urkunde in Aktien einer Gesellschaft, die nicht mit dem Emittenten identisch ist (Zielgesellschaft), verbriefen1. Es handelt sich demnach um eine besondere Form von Inhaberschuld1 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867; Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 532; Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2433.
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§ 11
Umtauschanleihen
verschreibungen gem. §§ 793 ff. BGB2. Emittenten einer Umtauschanleihe sind i.d.R. Kapitalgesellschaften; bisweilen treten auch öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften als Emittenten auf3. Das Recht zum Umtausch in Aktien der Zielgesellschaft kann während eines in den Anleihebedingungen festgelegten Umtauschzeitraums ausgeübt werden. Durch die Festlegung des (ggf. später anzupassenden) Umtauschpreises (exchange price) ist ein Umtausch für den Anleihegläubiger wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn der Kurs der Aktien der Zielgesellschaft den Umtauschpreis überschritten hat4. Das Umtauschverhältnis (exchange ratio) bezeichnet das Verhältnis, in dem die Anleihe in Aktien der Zielgesellschaft umgewandelt werden kann. Umtauschanleihen werden ähnlich wie Wandelanleihen als hybride Instrumente oder Equity-linked Notes klassifiziert5. Diese Begriffe verdeutlichen, dass es sich weder um eine reine Schuldverschreibung (debt instrument) noch um eine Kapitalbeteiligung (equity instrument) handelt. Die Zwitterstellung resultiert daraus, dass der Anleihegläubiger für die Zeit bis zum Umtausch wie ein Kreditgeber Zinsen erhält. Eine mitgliedschaftliche Stellung erwächst ihm erst nach Umtausch der Anleihe und der damit einhergehenden Aufgabe seiner Gläubigerstellung. Auch wenn die Anleihe als Pfichtumtauschanleihe ausgestaltet ist (unten Rz. 25), partizipiert der Anleihegläubiger erst ab diesem Zeitpunkt am Eigenkapital der Zielgesellschaft und kann die mit der Aktionärsstellung verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte ausüben6.
2
2. Zweck der Begebung von Umtauschanleihen Da die Zinsen (coupon) bei einer Umtauschanleihe wegen des zusätzlichen Umtauschrechts typischerweise niedriger sind als bei gewöhnlichen Anleihen, ermöglichen sie dem Emittenten eine günstigere Fremdfinanzierung7. Die Begebung einer Umtauschanleihe eröffnet dem Emittenten darüber hinaus einen Weg, eine Unternehmensbeteiligung über einen längeren Zeitraum „gestreckt“ zu veräußern8, etwa wenn der Emittent für die zu veräußernde Beteiligung aus seiner Sicht derzeit keinen angemessenen Preis erzielen kann. Für die Anleihegläubiger sind Umtauschanleihen attraktiv, da sie einen festen Zinssatz und die Rückzahlung des Anleihebetrages garantieren und darüber hinaus ein spekulatives Element hinsichtlich des Wertes der beim Umtausch zu erwerbenden Aktien enthalten9.
2 Marburger in Staudinger, BGB, 1997, § 793 Rz. 76. 3 So etwa die Stadt Gelsenkirchen (Umtauschanleihe in Aktien der RWE AG im März 2004) bzw. die Stadt Düsseldorf (Umtauschanleihe in Aktien der RWE AG im Juni 2004). 4 Die in Prozenten ausgedrückte Differenz zwischen dem Umtauschpreis und dem Preis der Aktien der Zielgesellschaft im Zeitpunkt der Platzierung der Anleihe (reference price) wird als Prämie (premium) bezeichnet. 5 Wiese/Dammer, DStR 1999, 867; Dreyer/Herrmann, BB 2001, 705; Rozijn, ZBB 1998, 77, 85, insbes. Fn. 54; Scherrer, DStR 1999, 1205. 6 Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 532. 7 Hüffer, AktG, § 221 Rz. 7; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254; Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 532; Schumann, Optionsanleihen, 1990, S. 12, 44, 88; Rozijn, ZBB 1998, 77, 87. 8 Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255. 9 Vgl. zu den parallelen Erwägungen bei Wandelanleihen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254.
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3. Gestaltungsformen 4
Ähnlich wie bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen lassen sich zwei Gestaltungsformen unterscheiden: die direkte Emission durch den deutschen Emittenten sowie die Emission über eine Zweckgesellschaft (vgl. dazu auch § 10 Rz. 7). In der Praxis überwiegt jedoch die direkte Emission.
4. Abgrenzung zu anderen Finanzierungsformen 5
Gewährt eine von einer ausländischen Zweckgesellschaft begebene Anleihe einen Anspruch auf Wandlung in Aktien der deutschen Muttergesellschaft des Emittenten, kann der Anleihegläubiger zwar ebenfalls einen Umtausch in Aktien einer dritten Gesellschaft verlangen. Gleichwohl liegt in diesem Fall keine Umtauschanleihe im engeren Sinne, sondern eine Wandelanleihe nach § 221 AktG (§ 10 Rz. 23) vor10. Die Schaffung der Umtauschaktien wirkt sich nämlich auf die Rechtsstellung der Aktionäre der Muttergesellschaft in gleicher Weise aus wie im Falle einer direkten Begebung der Anleihe durch die Muttergesellschaft.
6
Bei der klassischen Umtauschanleihe steht das Umtauschrecht dem Anleihegläubiger zu. Wird das Recht, statt Rückzahlung der Anleihe in Geld dem Inhaber der Schuldverschreibung eine bestimmte Anzahl von Aktien zu liefern, hingegen dem Emittenten eingeräumt, spricht man von einer umgekehrten Wandelanleihe (reverse convertible) oder Aktienanleihe11.
II. Überblick über das Platzierungsverfahren 1. Struktur von Umtauschanleiheemissionen 7
Umtauschanleihen werden in aller Regel unter Einschaltung einer oder mehrer Banken bei den Investoren platziert (Fremdemission). Zur Ausgestaltung der Platzierungspflichten im Übernahmevertrag s. § 24.
8
Zumeist erfolgt die Emission als Privatplatzierung bei institutionellen Investoren außerhalb der USA gemäß Regulation S unter dem US Securities Act 1933. Ein öffentliches Angebot in Deutschland oder im Ausland erfolgt nur selten. In Ausnahmefällen wird ein Teil der Anleihe im Rahmen einer Privatplatzierung bei US-amerikanischen Investoren nach Rule 144A12 platziert. Zur Börsenzulassung unten Rz. 58.
9
Häufig werden Umtauschanleihen im Wege eines Accelerated Placement13 an die institutionellen Investoren emittiert, die auf der Grundlage eines Termsheets (off 10 Hüffer, AktG, § 221 Rz. 70 ff.; Dierks, Selbständige Aktienoptionsscheine, 2000, S. 236 ff.; Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien, S. 27; Schumann, Optionsanleihen, 1990, S. 37/38; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, S. 137/138. 11 Dazu etwa Rümker in FS Beusch, 1993, S. 739; Luttermann, ZIP 2001, 1901; Lenenbach, NZG 2001, 481; Schwark, WM 2001, 1973; Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente, S. 116; Marburger in FS Hadding, 2004, S. 949. 12 Zu internationalen Aktienplatzierungen Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/98 ff. 13 Zum Accelerated Placement bei Wandelschuldverschreibungen § 10 Rz. 19 f.
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§ 11
Umtauschanleihen
termsheet), das die wesentlichen Eckpunkte der Anleihebedingungen in verkürzter Fassung enthält, angesprochen werden14. Bis zur wertpapierrechtlichen Begebung und etwaigen Börsenzulassung der Umtauschanleihen werden außerbörslich nur Rechte auf den Bezug von Umtauschanleihen gehandelt. Man spricht von einem Handel per Erscheinen, vgl. auch § 10 Rz. 20. Die Unterzeichnung des Übernahmevertrages erfolgt i.d.R. bereits anlässlich der Platzierung oder erst seltener bei der eigentlichen Begebung der Anleihen im Zuge des Closings, vgl. dazu § 24.
10
2. Kombination mit Block Trade In der jüngeren Vergangenheit wurden Emissionen von Umtauschanleihen häufig mit Block-Trade-Transaktionen verbunden. In diesem Fall begibt der Aktionär nicht nur eine Umtauschanleihe auf die von ihm gehaltenen Aktien, sondern verkauft einen Teil unmittelbar an Investoren. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass sowohl Equity-Investoren als auch Equity-linked Investoren und damit insgesamt ein größeres Investorenpublikum angesprochen werden kann15.
11
3. Synthetische Umtauschanleihe-Strukturen Eine sich in jüngerer Zeit verstärkten Interesses erfreuende Struktur ist die Begebung von synthetischen Umtauschanleihen durch eine nicht mit der Gesellschaft verbundene Zweckgesellschaft (special purpose vehicle, SPV). Ziel einer solchen Struktur ist, die (ggf. sofortige) Abgabe der Beteiligung und gleichzeitig eine fortgesetzte Partizipation der Gesellschaft an Kurssteigerungen der Beteiligungsaktien zu erreichen16. Dabei begibt die Zweckgesellschaft eine Pflichtumtauschanleihe (dazu unten Rz. 24) und verwendet den Emissionserlös zum Erwerb der zugrunde liegenden Aktien von der Gesellschaft. Das Umtauschverhältnis (oben Rz. 1) ist so ausgestaltet, dass die Anzahl zu liefernder Aktien bei steigenden Kursen sinkt. Diese Aktien können von der Zweckgesellschaft verwertet oder an die Gesellschaft zurückübertragen werden. Im Fall einer Verwertung durch die Zweckgesellschaft wird über einen oder mehrere zuvor abgeschlossene Verträge sichergestellt, dass der Erlös aus der Verwertung ganz oder teilweise wirtschaftlich der Gesellschaft zufließt.
12
4. Ad-hoc-Mitteilungspflicht Ist der Emittent der Umtauschanleihe seinerseits eine börsennotierte Gesellschaft und ist die Emission geeignet, den Börsenpreis der Aktien des Emittenten erheblich zu beeinflussen, ist der Emittent zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung
14 Z.B. das am 7.5.2004 veröffentlichte Pricing Sheet der Umtauschanleihe der RWE AG in Aktien der Heidelberger Druckmaschinen AG. 15 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 347. 16 Die bilanzielle und steuerliche Behandlung solcher Strukturen kann jedoch mit Unsicherheiten behaftet sein.
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Umtauschanleihen
grundsätzlich spätestens dann verpflichtet, wenn der Vorstand und ggf. der Aufsichtsrat den Beschluss über die Begebung der Anleihe gefasst hat17. 14
Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kann auch die Zielgesellschaft verpflichtet sein, eine Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen18. Dies wird i.d.R. allerdings nur dann der Fall sein, wenn sich die Anleihe auf einen nicht unwesentlichen Teil des Grundkapitals bezieht und der Emittent der Anleihe (Aktionär) seinerseits keine Ad-hoc-Mitteilung getätigt hat.
III. Begebungsvoraussetzungen 1. Gremienbeschlüsse a) Vorstand 15
Ist der emittierende Aktionär selbst eine Aktiengesellschaft, stellt die Begebung einer Umtauschanleihe eine Geschäftsführungsmaßnahme i.S.d. § 76 Abs. 1 AktG dar, über die der Vorstand beschließt. Ob nach Abschluss des Accelerated Placement ein weiterer Vorstandsbeschluss erforderlich ist, hängt von der Strukturierung des Platzierungsverfahrens ab. Dies ist zu bejahen, wenn noch eine Entscheidung über die Anzahl der Anleihen oder den Platzierungspreis zu treffen ist19. b) Aufsichtsrat
16
Eine Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats kann sich aus der Satzung sowie der Geschäftsordnung für den Vorstand ergeben. Nach herrschender Meinung kann der Aufsichtsrat die Begebung der Umtauschanleihe auch ohne ausdrückliche Regelung in Satzung oder Geschäftsordnung ad hoc von seiner Zustimmung abhängig machen20. Jedenfalls bei großvolumigen Emissionen wird der Aufsichtsrat der Begebung danach in aller Regel zustimmen müssen. Je nach Ausgestaltung von Satzung und Geschäftsordnung kann es erforderlich sein, dass der Aufsichtsrat nach Abschluss des Accelerated Placement auch dem endgültigen Platzierungsvolumen und dem Platzierungspreis zustimmen muss. c) Hauptversammlung
17
Im Gegensatz zu der Ausgabe von Wandelanleihen, für die § 221 AktG eine Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet, sieht das Gesetz für die Ausgabe von Um-
17 Zumindest wenn der Aufsichtsrat unmittelbar nach Beschlussfassung durch den Vorstand beschließt, kann mit der Vornahme der Ad-hoc-Bekanntmachung zugewartet werden, bis der Aufsichtsrat seinen zustimmenden Beschluss gefasst hat, vgl. Emittentenleitfaden der BaFin vom 15.7.2005, S. 46. 18 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 34 ff. Regelmäßig dürfte die Zielgesellschaft aber nicht i.S.d. § 15 Abs. 1 WpHG unmittelbar betroffen sein, vgl. Emittentenleitfaden der BaFin v. 15.7.2005, S. 42. 19 Vgl. zur parallelen Situation bei Block-Trade-Transaktionen Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 349 f. 20 Hüffer, AktG, § 111 Rz. 18; Geßler in G/H/E/K, AktG, § 111 Rz. 63; Hoffmann-Becking in MünchHdb. AG, § 29 Rz. 42.
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Umtauschanleihen
tauschanleihen kein Zustimmungserfordernis vor21. Grund hierfür ist, dass es aus Sicht des Aktionärs der betroffenen Zielgesellschaft nicht zu einer Verwässerung seiner Beteiligung kommt. Das Volumen von typischen Umtauschanleihen reicht zudem in aller Regel nicht aus, um eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung nach den Holzmüller22- und Gelatine23-Grundsätzen zu begründen24. Ist der Emittent eine GmbH, trifft die Geschäftsführer die Pflicht, die Entscheidung über die Begebung der Umtauschanleihe den Gesellschaftern vorzulegen, sofern es sich um eine ungewöhnliche Maßnahme handelt, der Unternehmensgegenstand überschritten oder die von den Gesellschaftern bestimmte Unternehmenspolitik verlassen wird25. Daneben kann auch die Satzung der GmbH oder die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung eine Vorlagepflicht vorsehen.
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2. Kein Bezugsrecht der Aktionäre Da das Grundkapital des Emittenten unverändert bleibt und § 221 AktG auf die Begebung von Umtauschanleihen nicht anzuwenden ist26, steht den Aktionären des Emittenten kein Bezugsrecht auf die Umtauschanleihen zu.
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IV. Ausgestaltung der Anleihebedingungen 1. Verzinsung In den meisten Fällen sehen die Anleihebedingungen eine feste Verzinsung vor. Zulässig ist aber auch eine variable Verzinsung. Zuweilen werden Umtauschanleihen auch als Nullkupon-Anleihen ausgestaltet (§ 10 Rz. 53).
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2. Vorzeitige Rückzahlung Die Anleihebedingungen bestimmen vielfach, dass der Emittent nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne (call protection) zur Kündigung und zur vorzeitigen Rückzahlung (early redemption oder issuer’s call), d.h. zur Rückzahlung vor Fälligkeit (maturity) der Anleihe, berechtigt ist. Die Anleihebedingungen können entweder ein uneingeschränktes Rückzahlungsrecht vorsehen (hard call) oder das Rückzahlungsrecht auf bestimmte Situationen beschränken (soft call). Im letzteren Fall 21 Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, S. 136 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 25. 22 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158. 23 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154 und 155/02, ZIP 2004, 993 ff. m. Anm. Altmeppen. 24 Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung kann ausnahmsweise gegeben sein, sofern die vom BGH in der Holzmüller-Entscheidung (BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158) genannten Voraussetzungen vorliegen, Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255. In Folge der Gelatine-Rechtsprechung des BGH dürfte die Veräußerung der Unternehmensbeteiligung im Wege der Umtauschanleihe i.d.R. jedoch nicht die relevanten Schwellenwerte erreichen; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, ZIP 2004, 993, 998 mit Anm. Altmeppen; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 48 Rz. 19. 25 Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 37 Rz. 6 ff. 26 Busch, AG 1999, 58; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 255 Fn. 16; Regelin/Roos, Going Public 2005, 80, 81.
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§ 11
Umtauschanleihen
wird ein Rückzahlungsrecht begründet, wenn (i) nach Ablauf einer bestimmten Mindestlaufzeit der Anleihe (i.d.R. zwei Jahre) an einer bestimmten Anzahl aufeinander folgender Börsenhandelstage (z.B. 20 von 30) der Kurs der Aktien den zu diesem Zeitpunkt geltenden Umtauschpreis für die Anleihen überschreitet, wobei eine Grenze von 110–130 % des Umtauschpreises verbreitet ist, oder (ii) nur noch ein geringer Restbetrag der Anleihe (z.B. 10 % oder 15 % der Gesamtsumme) aussteht (clean up call). In beiden Fällen hat der Anleiheschuldner eine Mitteilungsfrist hinsichtlich der Ausübung des Rechts der vorzeitigen Rückzahlung von üblicherweise mindestens 15 und höchstens 30 Börsenhandelstagen sowie eine anschließende Rückzahlungsfrist von etwa acht Geschäftstagen einzuhalten. 22
Ist der Emittent verpflichtet, alle Steuern auf nach den Anleihebedingungen zu leistende Zahlungen zu entrichten und sicherzustellen, dass dem Anleihegläubiger der Bruttobetrag zufließt (tax gross up), sehen die Anleihebedingungen zumeist gleichzeitig vor, dass der Emittent im Falle einer Änderung der steuerlichen Bestimmungen zur vorzeitigen Kündigung und Rückzahlung der Anleihe berechtigt ist (tax call).
3. Barzahlung statt Lieferung von Aktien 23
Häufig behält sich der Anleiheschuldner vor, bei Geltendmachung des Umtauschrechts durch den Anleihegläubiger einen Barausgleichbetrag zu zahlen, anstatt Aktien der Zielgesellschaft zu liefern (cash settlement). Ein solches Recht erlaubt dem Anleiheschuldner, seine Beteiligung an der Zielgesellschaft bereits zu einem früheren Zeitpunkt an einen Dritten zu veräußern. Die wirtschaftliche Position der Anleihegläubiger wird hierdurch grundsätzlich nicht berührt, da sie durch die Zahlung des Barausgleichbetrags in die Lage versetzt werden, eine der Ausübung des Umtauschrechts entsprechende Anzahl von Aktien der Zielgesellschaft über die Börse zu erwerben.
4. Begründung einer Umtauschpflicht 24
Insbesondere in jüngerer Vergangenheit sehen Anleihebedingungen zunehmend häufiger vor, dass die Anleihegläubiger auf eine entsprechende Mitteilung des Emittenten (share redemption election)27 hin ihr Recht auf Rückzahlung der Anleihe ganz oder teilweise28 verlieren und statt dessen bei Ablauf der Laufzeit zum Umtausch in Aktien der Zielgesellschaft verpflichtet sind (soft mandatory provision). Hierdurch stellt der Emittent sicher, dass er sich in jedem Fall von seiner Beteiligung an der Zielgesellschaft vollständig trennen kann29. In diesem Fall kann der Emittent seiner 27 Das Wahlrecht des Emittenten wird überwiegend als Ersetzungsbefugnis qualifiziert; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 4 f.; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 94; KG v. 5.2.2002 – 49 U 38/01, WM 2002, 746, 747; Köndgen, Anm. zu KG v. 16.5.2001 – 29 U 7237/00, ZIP 2001, 1194, 1197; Schwark, WM 2001, 1973, 1977; a.A. Assmann, ZIP 2001, 2061, 2068 (Wahlschuld). 28 In diesem Fall hat der Emittent zusätzlich einen Barbetrag in Höhe der Differenz zwischen dem Nennbetrag der Wandelanleihe und dem Börsenpreis im Zeitpunkt des Pflichtumtauschs zu zahlen; vgl. zur parallelen Gestaltung bei Wandelschuldverschreibungen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266. 29 Zur erhöhten Planungssicherheit des Emittenten bei Mandatory Convertibles Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, 2000, S. 37; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266; Groß in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 48 Rz. 18.
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§ 11
Umtauschanleihen
Rückzahlungspflicht durch Lieferung von Aktien nachkommen, wobei eine etwa verbleibende Differenz zwischen dem Nennbetrag der Anleihe und dem Börsenkurs der Aktie der Zielgesellschaft zum Zeitpunkt des Pflichtumtauschs durch eine Barzahlung ausgeglichen wird (cash top up)30. Zur Zulässigkeit der Einräumung eines solchen einseitigen Rechts des Emittenten, die Anleihegläubiger zum Umtausch zu verpflichten, im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 307 BGB unten Rz. 53. Weitergehend können die Anleihebedingung einen Zwangsumtausch vorsehen (mandatory exchangeable). In diesem Fall ist die Rückzahlung des Anleihebetrages ausgeschlossen und der Emittent ausschließlich zur Lieferung einer bereits bestimmbaren Anzahl von Aktien an der Zielgesellschaft verpflichtet. Da die Anleihegläubiger das Risiko tragen, dass die Aktien zum Zeitpunkt des Umtauschs an Wert verloren haben und im äußersten Fall ihr Börsenkurs unter den Nennbetrag der Anleihe fallen kann, werden Zwangsumtauschanleihen häufig mit einem Risikoabschlag platziert. Zu synthetischen Strukturen in Verbindung mit Pflichtumtauschanleihen s. oben Rz. 12.
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5. Anpassung der Umtauschbedingungen Da der Erwerber einer Umtauschanleihe das Recht erhält, Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben, kann der Wert seiner Anlage nicht nur durch eine nachteilige Kursentwicklung, sondern auch durch eine Vielzahl von Grundlagenentscheidungen der Zielgesellschaft negativ beeinflusst werden. Solche Entscheidungen können nicht nur den wirtschaftlichen Wert der zu erwerbenden Aktien, sondern auch den Umfang der (künftigen) Beteiligungsquote des Anleihegläubigers verringern31. Um die Anleihegläubiger vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer zukünftigen Beteiligung zu schützen, enthalten Anleihebedingungen in aller Regel eine Verwässerungsschutzklausel (anti dilution protection), die Anpassungsmechanismen hinsichtlich des Umtauschpreises bzw. des Umtauschverhältnisses vorsehen, wenn bestimmte Ereignisse vor dem letzten Tag des Umtauschzeitraums oder einem früheren für die Rückzahlung festgesetzten Tag eintreten32.
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a) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Im Gegensatz zu den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen (§ 10 Rz. 64) sind Umtauschanleihegläubiger im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 ff. AktG nicht durch die Vorschrift des § 216 Abs. 3 AktG geschützt. Daher sehen die Anleihebedingungen i.d.R. ausdrücklich vor, dass im Falle einer Kapitalerhöhung der Zielgesellschaft aus Gesellschaftsmitteln durch Ausgabe neuer Aktien der Umtauschpreis oder das Umtauschverhältnis in dem Verhältnis der ausgegebenen Aktien nach der Kapitalerhöhung zu den ausgegebenen Aktien vor der Kapitalerhöhung angepasst wird33. 30 Zur ähnlichen Struktur bei Wandelschuldverschreibungen § 10 Rz. 58 ff. sowie Schlitt/ Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266. 31 Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien, S. 87 ff. 32 Zur Erforderlichkeit von Verwässerungsschutz im Einzelnen Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 532. Treten mehrere solcher Ereignisse auf, sehen die Anleihebedingungen in aller Regel eine modifizierte Anwendung der einzelnen Verwässerungsschutzbestimmungen vor. 33 Für eine Beispielrechnung s. Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 6 S. 115.
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Wird die Kapitalerhöhung nicht durch die Ausgabe neuer Aktien, sondern mittels einer Erhöhung des jeweiligen auf die einzelne Aktie entfallenden Betrags des Grundkapitals bewirkt, bleiben Umtauschpreis und Umtauschverhältnis unverändert; in diesem Fall sind die betreffenden Aktien mit ihrem entsprechend erhöhten anteiligen Betrag des Grundkapitals zu liefern. b) Aktiensplit, umgekehrter Aktiensplit und Zusammenlegung von Aktien
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Erhöht die Zielgesellschaft die Zahl der ausstehenden Aktien durch Herabsetzung des auf die einzelne Aktie entfallenden anteiligen Betrages des Grundkapitals (Aktiensplit) oder reduziert sie die Anzahl der ausstehenden Aktien, indem der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals erhöht wird, ohne das Grundkapital herabzusetzen (umgekehrter Aktiensplit), wird der Umtauschpreis bzw. die Anzahl der Umtauschaktien im gleichen Verhältnis angepasst wie bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. c) Kapitalherabsetzung
30
Eine entsprechende Anpassung des Umtauschpreises bzw. des Umtauschverhältnisses findet auch bei einer Herabsetzung des Grundkapitals durch Zusammenlegung von Aktien statt. Im Fall einer Herabsetzung des Grundkapitals der Zielgesellschaft durch Herabsetzung des auf die einzelne Aktie entfallenden anteiligen Betrages des Grundkapitals bei gleichbleibender Anzahl der ausstehenden Aktien bleiben Umtauschpreis und Umtauschverhältnis i.d.R. unverändert, da das Wertverhältnis zum Grundkapital der Zielgesellschaft gleich bleibt. Der Emittent ist in diesem Fall zur Lieferung von Aktien mit dem jeweiligen neuen, auf die einzelne Aktie entfallenden Betrag des Grundkapitals verpflichtet. d) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht oder sonstige Gewährung von Bezugsrechten
31
Erhöht die Zielgesellschaft ihr Grundkapital unter Einräumung eines unmittelbaren oder mittelbaren Bezugsrechts (§ 186 AktG), wird der Umtauschpreis unter Berücksichtigung des Verhältnisses der ausstehenden Aktien vor der Kapitalerhöhung zu den ausstehenden Aktien nach der Kapitalerhöhung und des Dividendennachteils der neuen Aktien angepasst.
32
Gewährt die Zielgesellschaft ihren Aktionären Bezugsrechte auf eigene Aktien, auf Wertpapiere mit Bezugs-, Options- oder Wandelrechten auf Aktien oder auf andere Schuldverschreibungen, Genussscheine oder sonstige Wertpapiere der Gesellschaft, wird der Umtauschpreis ebenfalls angepasst, um den Wert des den Aktionären gewährten Bezugsrechts zu berücksichtigen34. Dazu wird der angepasste Umtauschpreis, unter Berücksichtigung des Umtauschpreises am Stichtag, des durchschnitt-
34 Verwässerungsschutzklauseln dieser Art werden ganz überwiegend für zulässig erachtet; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 129 ff.; Hefermehl/Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 176; Krieger in MünchHdb. AG, § 57 Rz. 18; a.A. für Wandel- und Optionsanleihen Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien, S. 163 ff., der auf den Einfluss der Aktionäre der emittierenden Gesellschaft bei der Begebung der Anleihe abstellt, der bei einer Umtauschanleihe nicht gegeben ist.
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lichen Marktpreises (üblicherweise Duchschnittskurs der letzten drei Handelstage vor dem Ex-Tag) sowie des Bezugsrechtswerts errechnet. e) Ausschüttungen Zahlt die Zielgesellschaft Vermögen in Form von Sachdividenden aus oder gewährt sie Schuldverschreibungen, Options- oder Umtauschrechte oder Verkaufsoptionen auf ihre Aktien, oder bietet sie den Aktionären den Rückkauf eigener Aktien an, wird der Umtauschpreis bzw. das Umtauschverhältnis i.d.R. gleichfalls angepasst, um den durch die Ausschüttung entstandenen Vermögensnachteil der Anleihegläubiger durch eine Erhöhung der Anzahl der zu liefernden Aktien auszugleichen.
33
Eine Anpassung kann auch hinsichtlich der in der ordentlichen Hauptversammlung zu beschließenden Dividende vorgesehen werden. Dabei kann als ausgleichspflichtige Vermögensausschüttung nur die Zahlung einer außerordentlichen Dividende definiert werden, die danach bestimmt wird, ob sie den durchschnittlichen Dividendenertrag pro Aktie um einen bestimmten Prozentsatz (z.B. 5 %) übersteigt. Ebenso können die Anleihebedingungen eine Anpassung des Umtauschpreises bzw. eine Ausgleichszahlung aber auch bei jeder Dividendenzahlung vorsehen (full dividend protection).
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f) Umwandlungen Umwandlungsvorgänge führen dazu, dass das Vermögen der Zielgesellschaft mit einem anderen Unternehmensvermögen vereinigt (wie bei der Verschmelzung oder Vermögensübertragung) oder aufgeteilt wird (wie bei der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung) oder bei Aufrechterhaltung des Vermögensbestandes die rechtliche Organisation der Zielgesellschaft geändert wird. Dies stellt nicht nur einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Aktionäre der Zielgesellschaft dar. Betroffen sind vielmehr auch die Anleihegläubiger, deren zukünftige mitgliedschaftliche Stellung in der Zielgesellschaft sich gegenüber ihren Erwartungen zum Zeitpunkt der Anleihezeichnung erheblich verändern kann. Im Gegensatz zu den Inhabern von Wandelschuldverschreibungen bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen zu Gunsten von Umtauschanleihegläubigern. Die Vorschriften der §§ 23, 36 und 125 i.V.m. §§ 23, 176 Abs. 2 Satz 4 und 204 UmwG schützen lediglich die Inhaber von Sonderrechten gegenüber der von der Umwandlung betroffenen Gesellschaft, nicht jedoch die Inhaber von Rechten gegenüber Dritten, hier dem emittierenden Aktionär35. Daher sehen Verwässerungsschutzklauseln in Umtauschanleihebedingungen ein Recht auf Umtausch in Aktien des übernehmenden oder neu entstehenden Rechtsträgers sowie eine Anpassung des Umtauschverhältnisses vor, die das Erwerbsrecht der Aktionäre der Zielgesellschaft an Aktien des übernehmenden Rechtsträger berücksichtigt. Bei einer Verschmelzung, bei der die Zielgesellschaft übernehmender Rechtsträger ist, bleiben Umtauschpreis und Umtauschverhältnis hingegen typischerweise unverändert.
35
Im Übrigen wird zumeist der Zahl- und Umtauschstelle (zur Rolle der Zahl- und Umtauschstelle s. § 24) ein Leistungsbestimmungsrecht i.S.d. § 317 BGB einge-
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35 Die Rechte, die den Gläubigern von Schuldverschreibungen nach dem UmwG gewährt werden, müssen im Verschmelzungsvertrag angegeben werden, § 5 Abs. 1 Nr. 7 UmwG.
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räumt, nach der sie zu Gunsten der Anleihegläubiger nach billigem Ermessen den Umtauschpreis bzw. das Umtauschverhältnis, etwa durch eine Zuteilung von Aktien anderer Gesellschaften oder eine Barzahlung, anpassen kann, wenn eine Aufspaltung, eine Abspaltung oder ein vergleichbares Ereignis bei der Zielgesellschaft eingetreten ist.
6. Schutz bei Übernahme 37
In den meisten Anleihebedingungen finden sich auch Schutzbestimmungen zugunsten der Anleihegläubiger für den Fall, dass für die Zielgesellschaft ein Übernahmeangebot abgegeben wird (event risk protection). Der Grund hierfür liegt darin, dass sich die Kreditwürdigkeit der Zielgesellschaft nach Durchführung des Kontrollwechsels verschlechtern oder ihre Unternehmensstrategie grundlegend ändern kann36. I.d.R. wird festgelegt, dass der emittierende Aktionär nach seinem Ermessen berechtigt ist, das Übernahmeangebot bzw. bei mehreren konkurrierenden Übernahmeangeboten ein Angebot seiner Wahl anzunehmen und Aktien, die an sich für die Bedienung der Umtauschanleihe vorgesehen sind, auf den Bieter zu übertragen. Um eine ausreichende Information der Anleihegläubiger zu gewährleisten, wird der Emittent verpflichtet, die Anleihegläubiger über die Annahme oder das Scheitern des Übernahmeangebots zu unterrichten und ihnen im Fall seiner Annahme die vom Bieter erhaltene Gegenleistung je Aktie der Zielgesellschaft mitzuteilen.
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Zur Wahrung der Rechte der Anleihegläubiger im Falle der Annahme des Übernahmeangebots durch den Emittenten legen die Bedingungen i.d.R. fest, dass bei Ausübung des „Umtauschrechts“ an die Stelle der an sich zum Umtausch vorgesehenen Aktien (exchange property) ein anderer Vermögenswert tritt. Dabei wird nach der Art der Gegenleistung (ausschließliches Barangebot, Tauschangebot, kombiniertes Bar-/Tauschangebot) differenziert. Während im Falle eines Barangebots ein Ausgleichsbetrag an die Anleihegläubiger zu zahlen ist, wird im Falle eines vom Bieter unterbreiteten Tauschangebots bzw. bei einem kombinierten Angebot bezüglich des Tauschelements – je nach Ausgestaltung der Anleihebedingungen – eine Pflicht begründet, entweder die Tauschaktien zu liefern oder den Barbetrag aus dem Verkauf der Tauschaktien zu zahlen oder den erzielten Betrag in Aktien von Gesellschaften zu investieren, die in den gleichen Index wie die Zielgesellschaft einbezogen sind, und diese dann zur Verfügung zu stellen.
7. Ersetzung des Anleiheschuldners 39
Häufig sehen die Anleihebedingungen die Möglichkeit vor, dass der Emittent im Wege der privativen Schuldübernahme nach § 415 BGB37 ohne Zustimmung der Anleihegläubiger ein mit ihm verbundenes Unternehmen an seine Stelle als Schuldner der Umtauschanleihe treten lassen kann, sofern das verbundene Unternehmen alle Verpflichtungen aus der Anleihe übernimmt, alle erforderlichen Genehmigungen für 36 Zur parallelen Gestaltung bei Wandelschuldverschreibungen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 267. 37 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 215; Maier-Reimer, Rechtsfragen der Restrukturierung, Vortrag vom 5.2.2004 am Institut for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 27, S. 16.
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die Ersetzung des Anleiheschuldners eingeholt wurden und der Emittent garantiert, dass die Zahlungsverpflichtungen erfüllt werden können, ohne dass zusätzlich Steuern oder Abgaben zu Lasten der Anleihegläubiger anfallen.
8. Gläubigerschutz und Kündigungsrechte der Anleihegläubiger Die Anleihebedingungen enthalten in aller Regel einen Katalog von Kündigungsgründen für die Anleihegläubiger. Zuweilen wird vorgesehen, dass die Investoren die Anleihe zu bestimmten Zeitpunkten kündigen und zurückzahlen können (investors put). Darüber hinaus wird i.d.R. ein Kündigungsrecht auch für bestimmte Fälle der Nichterfüllung der Emittentenpflichten (events of default) vereinbart. Hierzu zählen die Nichtzahlung von Zinsen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.B. von 30 Tagen nach dem betreffenden Zinszahlungstag), die Nichterfüllung der Umtauschverpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist (z.B. von 30 Tagen), die Nichterfüllung sonstiger Verpflichtungen des Emittenten für einen bestimmten Zeitraum (z.B. von mehr als 60 Tagen nach Mahnung) oder die abredewidrige Bestellung von Sicherheiten für Dritte38, die allgemeine Zahlungseinstellung des Emittenten sowie die Eröffnung eines Insolvenz-, Liquidations- oder vergleichbaren Verfahrens über das Vermögen des Emittenten (s. auch unten Rz. 50 f.).
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9. Bestellung eines Treuhänders Werden Sicherheiten, etwa bei der Einschaltung einer ausländischen Zweckgesellschaft eine Garantie der deutschen Gesellschaft, zu Gunsten der Anleihegläubiger bestellt, kann eine Bank als Treuhänder39 fungieren, die gegebenenfalls die Rechte aus der Sicherheit für die Anleihegläubiger geltend macht40. Diese Funktion wird meist von der Emissionsbank bzw. der Konsortialführerin des Emissionskonsortiums übernommen. Häufig wird wegen des mit der Treuhänderstellung verbundenen Haftungsrisikos stattdessen auf die Konstruktion des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, nämlich der Anleger, nach § 328 Abs. 1 BGB zurückgegriffen41.
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10. Separierung der zugrundeliegenden Aktien Von der Bestellung eines Sicherheitentreuhänders zu unterscheiden ist die Separierung der zugrundeliegenden Aktien durch Übertragung auf einen Dritten, der diese Aktien bis zum Umtausch als fremdnütziger Treuhänder für die Anleihegläubiger hält. Sie bietet den Anleihegläubigern eine zusätzliche Sicherheit für den Fall des 38 Man spricht insoweit von Cross Default und Negative Pledge, s. dazu § 10 Rz. 67 f. 39 Zu Stellung und Funktion eines solchen Sicherheitentreuhänders Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341, 358; Than in FS Coing, Bd. 2, 1982, S. 521, 525 ff.; Vogel, Die Stellung des Anleihetreuhänders nach deutschem Recht, S. 10. 40 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/194 ff.; Schumann, Optionsanleihen, 1990, S. 115 f. 41 Stellungnahme des Zivilrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum DiskE eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts, August 2003, S. 3; Schneider, Novellierung des Rechts der Schuldverschreibungen, Seminar für deutsches und internationales Kreditrecht des Instituts für Deutsches und Internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz v. 28.1.2004, S. 12; vgl. auch Than in FS Coing, Bd. 2, 1982, S. 521, 525 ff.
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Umtauschs. Dem Treuhänder wird zu diesem Zweck aufgrund eines Vertrages mit dem Emittenten dabei zunächst die Anzahl von Aktien übertragen, die bei Ausübung aller Umtauschrechte zu liefern wäre. Kommt es zu einer Anpassung des Umtauschverhältnisses, müssen zusätzliche Aktien an den Treuhänder übertragen werden. Der Vertrag ist als Vertrag zu Gunsten der Anleihegläubiger (§ 328 Abs. 1 BGB) ausgestaltet, so dass diese das Recht haben, bei Umtausch und Nichtlieferung durch den Emittenten i.d.R. nach Ablauf von zehn Tagen Lieferung vom Treuhänder zu verlangen.
11. Richterliche Inhaltskontrolle a) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB 43
Ob die Anleihebedingungen von Umtauschanleihen42 allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und somit der richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegen, ist im Schrifttum umstritten, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch bejahend entschieden worden43. Auch wenn die besseren Gründe gegen eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB für den Fall einer Fremdemission, d.h. wenn die Anleihe unter Einschaltung eines Kreditinstituts platziert wird, sprechen und insoweit eine Inhaltskontrolle richtigerweise nur nach Maßgabe des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht kommt44, ist für die Praxis mit der Rechtsprechung von der Einordnung von Anleihebedingungen als allgemeine Geschäftsbedingungen auszugehen.
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Umstritten ist, ob die Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit (§§ 308, 309 BGB) auf die Kontrolle von Anleihebedingungen auch gegenüber institutionellen Investoren anzuwenden sind, wenn die Anleihe ausnahmsweise auch bei Privatanlegern platziert wird, oder ob eine solche Kontrolle auf das Verhältnis zwischen Emittent und Privatanlegern beschränkt ist und damit eine Differenzierung nach Anle42 Da Umtauschanleihen wie Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen bis zum Umtausch keine gesellschafterliche Stellung gewähren, ist eine richterliche Inhaltskontrolle nicht bereits gemäß § 310 Abs. 4 BGB ausgeschlossen; zu Wandel- und Optionsanleihen Joussen, WM 1995, 1861, 1862 f. m.w.N.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.116. 43 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411 (zu Aktienanleihen in Form von Inhaberschuldverschreibungen); bereits zuvor bejahend für Genussscheinbedingungen BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 ff.; für Inhaberschuldverschreibungen auch OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089. Bejahend aus dem Schrifttum etwa Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/160 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.25, 8.113 ff.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 101 ff.; für eine analoge Anwendung Begr. DiskE des BMJ vom April 2003, S. 11; Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, S. 209 ff.; Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341, 371; Hopt, WM 1990, 1733, 1737; Horn in Wolf/ Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl. 1999, § 23 Rz. 75b; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 41 ff., 58 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.210; Stoffels, ZHR 166 (2002), 359, 360/361; Stoffels, AGB-Recht, 2003, § 6 Rz. 117; v. Randow, ZBB 1994, 23, 28 f.; v. Randow, ZIP 1994, 26, 28; Wolf in FS Zöllner, Bd. I, 1998, S. 651, 660; a.A. Ekkenga, ZHR 160 (1996), 59, 66 ff. 44 Bungert, DZWir 1996, 185, 187; Joussen, WM 1996, 1861 ff.; a.A. etwa Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 255 m.w.N. Dabei soll keine Inhaltskontrolle zu Gunsten der Emissionsbank möglich sein, Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/163; ebenso zu Wandelschuldverschreibungen Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl. 1999, § 23 Rz. 75b; v. Randow, ZIP 1994, 26, 28.
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gerkreisen stattfindet45. Nach der wohl überwiegenden Ansicht sollen die §§ 308, 309 BGB anwendbar sein46, wobei eine Differenzierung nach Anlegerkreisen nicht für möglich gehalten wird, da einzelne Klauseln in Folge einer solchen Differenzierung privaten Anleihegläubigern gegenüber unwirksam, Anleihegläubigern, die den Begriff des Kaufmanns erfüllen, gegenüber hingegen wirksam sein könnten47. Hinsichtlich der Einbeziehung der Anleihebedingungen in das Rechtsverhältnis zwischen Emittent und Anleger hat der BGH klargestellt, dass § 305 Abs. 2 BGB auch im Fall einer Selbstemission keine Anwendung findet, sondern die Anleihebedingungen nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 145 ff. BGB) auch konkludent vereinbart werden können48.
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Der vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) im April 2003 vorgelegte Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts49 (DiskE) sieht zur richterlichen Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen umfassende Änderungen vor. Das auf Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträge zugeschnittene Regelungssystem der §§ 305 ff. BGB wird danach ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt und durch einzelne Regelungen bezüglich der unangemessenen Benachteiligungen von Anleihegläubiger in §§ 795 ff. BGB ersetzt. § 795 Abs. 2 BGB-DiskE sieht vor, dass Bestimmungen in Emissionsbedingungen unwirksam sind, wenn sie die Gläubiger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, die übrigen Bestimmungen jedoch wirksam bleiben. Weiterhin bestimmt der Diskussionsentwurf in § 795 Abs. 3 BGB-DiskE, dass die Anleihebedingungen den Anleihegläubigern derart zugänglich gemacht werden können, dass ein Recht auf kostenlosen Bezug der Bedingungen besteht und ein Hinweis auf dieses Recht sowie die Art und Weise der Veröffentlichung in die Urkunde sowie etwaige Vermarktungsmaterialien aufgenommen wird. Einer Bestimmung der Rechte und Pflichten in der Urkunde bedarf es nach dem DiskE daher nicht mehr.
46
b) Gegenstand der Inhaltskontrolle Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind insbesondere solche Klauseln kritisch zu betrachten, die eine nachträgliche Einschränkung der verbrieften Rechte ermöglichen oder dem Emittenten einseitige Kündigungsrechte einräumen. Sie könnten unter Umständen eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger darstellen.
45 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 99 ff. 46 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 179 ff.; v. Randow, ZIP 1994, 28, 29; a.A. OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089; Bungert, DZWir 1996, 185, 188 f.; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 60 ff., die statt dessen ähnliche Kriterien im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB anwenden. 47 Wolf in FS Zöllner, Bd. I, 1998, S. 651, 665; Stoffels, AGB-Recht, 2003, Rz. 117; Ekkenga, ZHR 160 (1996), 59, 66. Ohne zur Frage nach der Anwendbarkeit der §§ 308, 309 BGB Stellung zu nehmen, geht auch der BGH davon aus, dass die Auslegung von Schuldverschreibungen für alle Stücke einheitich und ohne Rücksicht auf die Person des einzelnen Inhabers erfolgen muss, BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1412. 48 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411 ff. 49 Schreiben des BMJ vom 22.5.2003, Geschäftszeichen III A 5; dazu Klerx/Penzlin, ZInsO 2004, 791, 794.
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§ 11
Umtauschanleihen
aa) Schuldnerersetzungsklausel 48
Die Bedeutung einer Schuldnerersetzungsklausel (oben Rz. 39) für das Verhältnis der Anleihegläubiger zum Emittenten besteht darin, einen eventuellen Schuldnerwechsel von der späteren Zustimmung der Gläubiger zu lösen50. Nach ganz herrschender Meinung ist es zwar grundsätzlich zulässig, einer Schuldübernahme vorab durch Einwilligung nach § 183 Satz 1 BGB zuzustimmmen51. Demgegenüber stellen Anleihebedingungen regelmäßig darauf ab, dass eine Zustimmung nicht erforderlich sein soll. Dies könnte eine unangemessene Benachteiligung der Anleihegläubiger nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen52. Eine unangemessene Benachteiligung ist anzunehmen, wenn die Bedingung vom Leitbild einer angemessenen Regelung abweicht und den Anleger hierdurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, was nur bei einer Benachteiligung von nicht unerheblichem Gewicht zu bejahen ist53. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Emittent – wie i.d.R. – verpflichtet ist, eine Übernahme aller Pflichten durch den neuen Schuldner sicherzustellen (oben Rz. 39). Eine erhebliche Benachteiligung der Anleiheschuldner ist daher nicht anzunehmen.
49
Diesem Ansatz folgend sieht § 795a BGB-DiskE vor, dass eine Schuldnerersetzungsklausel wirksam ist, sofern der Aussteller auf seine Kosten eine andere Gesellschaft, deren Anteile er direkt oder indirekt zu mehr als 90 % hält, als Schuldner für alle Verpflichtungen aus der Schuldverschreibung einsetzen kann, der neue Schuldner alle Verpflichtungen aus oder im Zusammenhang mit der Schuldverschreibung übernimmt und der Aussteller die von dem neuen Schuldner zu übernehmenden Verpflichtungen unbedingt und unwiderruflich garantiert. bb) Kündigungsrechte der Anleihegläubiger
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Eine die Anleihegläubiger belastende Regelung könnte darin liegen, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung auf bestimmte Fälle beschränkt wird, eine Kündigung aus sonstigem wichtigen Grund also ausgeschlossen wird54. Da bei Dauerschuldverhältnissen das Recht zur außerordentlichen Kündigung (§ 314 BGB) als unentziehbar angesehen wird und auch dem Grundsatz von Treu und Glauben eine vergleichbare Wertung entnommen werden kann, sofern ein Festhalten am Rechtsverhältnis für den Kündigenden unzumutbar ist, ist eine weitgehende Beschränkung i.d.R. als wesentliche Benachteiligung des Anleihegläubigers anzusehen, die nicht durch korrespondierende Interessen des Emittenten aufgewogen wird55. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund kann dem Anleger daher nicht entzogen werden56. 50 Horn, WM 1984, 713, 721. 51 BGH v. 25.10.1995 – IV ZR 22/95, NJW-RR 1996, 193, 194; Zeiss in Soergel, BGB, Bd. 2, 1990, §§ 414, 415 Rz. 8; Möschel in MünchKomm. BGB, Bd. 2, 3. Aufl. 1994, § 415 Rz. 6; Stürner in Jauernig, BGB, 8. Aufl. 1997, §§ 414, 415 Rz. 6. 52 So Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 217 ff. 53 Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 90. 54 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 235 ff. 55 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 235 ff., 240; Bungert, DZWir 1996, 185, 196; Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 45; Grüneberg in Palandt, BGB, § 314 Rz. 3. 56 Maier-Reimer, Rechtsfragen der Restrukturierung, Vortrag v. 5.2.2004 am Institut for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 27, S. 10.
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Umtauschanleihen
Dementsprechend sieht auch § 795d BGB-DiskE vor, dass Kündigungsrechte der Gläubiger aus wichtigem Grund im Falle der Nichtzahlung von Hauptleistung oder Zinsen innerhalb einer angemessenen Frist oder im Falle der Liquidation oder Insolvenz des Emittenten nicht ausgeschlossen werden können. Freilich soll für andere ausdrücklich in den Emissionsbedingungen genannte Kündigungsgründe, in Anlehnung an die bestehende Marktpraxis, vorgesehen werden können, dass eine Kündigung erst wirksam wird, wenn für einen Mindestanteil, der nicht mehr als ein Viertel betragen darf, am Gesamtnennbetrag der Anleihe die Kündigung erklärt worden ist, § 795d Satz 2 BGB-DiskE.
51
cc) Bekanntmachungsklauseln Klauseln, nach denen Erklärungen des Emittenten bezüglich der Anleihen, etwa über die vorzeitige Rückzahlung oder die Wahl der Rückgewähr von Aktien anstelle der Rückzahlung in bar, durch Bekanntmachung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt als den Anleihegläubigern zugegangen gelten, weichen von der gesetzlich vorgesehenen Form der Zustellung an Personen mit unbekanntem Aufenthaltsort (öffentliche Zustellung durch Aushang im Gericht, § 132 Abs. 2 Satz 1 Fall 1 i.V.m. Abs. 1 BGB) ab. Nach ganz überwiegender Auffassung im Schrifttum ist diese Zugangsfiktion jedoch nicht als unangemessen im Sinne des § 307 BGB anzusehen, da dem Anleger die Möglichkeit offensteht, durch den Abschluss eines Depotvertrages einen ausreichenden Informationsfluss über die Depotbank sicherzustellen57. Im Übrigen sind Emittenten zugelassener Schuldverschreibungen, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, gem. § 30b Abs. 2 Nr. 2 WpHG zu Bekanntmachungen im elektronischen Bundesanzeiger verpflichtet, so dass es auch an einer Abweichung vom gesetzlichen Leitbild fehlt58.
52
dd) Umtauschpflicht Auch im Hinblick auf die Vereinbarung eines Wahlrechts des Emittenten, statt einer Rückzahlung in bar ganz oder teilweise Aktien zu liefern, gegebenenfalls gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrags, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit §§ 305 ff. BGB59. Obwohl § 221 AktG nur von einem Wandlungsrecht spricht, hält die herrschende Meinung bei Wandelanleihen die Begründung einer Wandlungspflicht für zulässig (§ 10 Rz. 60). Für Umtauschanleihen kann nichts anderes gelten. Im Hinblick darauf, dass kein gesetzliches Leitbild für Umtauschanleihen existiert, stellt sich bei Umtauschanleihen lediglich die Frage, ob ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB vorliegt. Nach dem Transparenzgebot hat der Verwender von AGB die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner überschaubar und möglichst klar darzustellen. Dabei ist von Bedeutung, in welchem Maß die Regelung den Erwartungen des Vertragspartners widerspricht. Da eine Umtauschpflicht zunehmend in Anleihebedingungen enthalten ist, spricht viel dafür, dass die Erwartung eines durchschnittlichen Anlegers nicht auf eine garantierte Rückzahlung des Nenn57 OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.1993 – 16 V 198/92, WM 1993, 2089, 2090; von Randow, ZIP 1994, 28, 29 f.; a.A. Schäfer in von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Genussscheine, Rz. 53; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 235 ff., 250. 58 Bis zum 31.12.2008 hat die Veröffentlichung zusätzlich auch in einem Börsenpflichtblatt zu erfolgen, § 46 Abs. 4 WpHG. 59 Rozijn, ZBB 1998, 77, 93.
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Umtauschanleihen
betrags in bar gerichtet ist. Bei einer Soft-Mandatory-Regelung (oben Rz. 24) kommt hinzu, dass der Wert der gelieferten Aktien der Höhe des Rückzahlungsanspruchs entspricht bzw. durch einen Cash Top-up erreicht wird, so dass für den Anleihegläubiger lediglich das Restrisiko eines Kursverfalls zum Zeitpunkt der Aktienlieferung verbleibt. Eine unangemessene Benachteiligung der Anleger durch die Begründung einer Umtauschpflicht in den Anleihebedingungen liegt daher nicht vor60. 54
Um dieses verbleibende Restrisiko aus Pflichtumtauschklauseln zu minimieren, schließen Investoren häufig Credit Default Swaps nach Maßgabe der ISDA-Regeln ab. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob zum Zweck der Harmonierung der Regelungswerke in den Anleihebedingungen auf bestimmte in den Swapbedingungen definierte englische Regelungen verwiesen werden kann oder ob dies dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB widerspricht61. Gegen eine Einbeziehung außerhalb der Schuldverschreibung definierter Begriffe könnte eingewandt werden, dass sich die Anleihebedingungen gemäß §§ 793 Abs. 1, 796 BGB aus der Urkunde ergeben müssen62. Die Regelungen sollten daher in die Anleihebedingungen integriert werden. Eine Übersetzung der entsprechenden Begriffe ins Deutsche ist – jedenfalls dann, wenn die Anleihe zunächst bei institutionellen Investoren platziert wird – nicht geboten63.
55
Sollte der Diskussionsentwurf des BMJ umgesetzt werden, könnte dies eine Bezugnahme auf außerhalb der Urkunde liegende Bestimmungen erleichtern: § 795 Abs. 1, 3 BGB-DiskE sieht vor, dass in der Urkunde zur näheren Beschreibung der Leistung sowie der Rechte und Pflichten des Ausstellers und der Gläubiger auf Emissionsbedingungen Bezug genommen werden kann, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind. Zudem ist nach § 795 Abs. 2 BGB-DiskE die richterliche Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen auf eine unangemessene Benachteiligung der Gläubiger beschränkt.
56
Sofern die entsprechende Klausel in den Anleihebedingungen ausländischem Recht unterstellt wird, ist diese Rechtswahl nach der Abschaffung von § 12 AGBG grundsätzlich als eine zulässige Teilrechtswahl gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB zu qualifizieren64. Durchgreifenden Bedenken ist eine solche Rechtswahl freilich ausgesetzt, wenn die Emission sonst keinerlei Beziehungen zu dem gewählten Recht aufweist und die Vereinbarung allein der Umgehung zwingender nationaler Vorschriften, etwa der §§ 305 ff. BGB, dienen soll, Art. 27 Abs. 3 EGBGB. Zur Stärkung einer 60 Zur vergleichbaren Situation bei Wandelanleihen Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 266; zust. Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 175. 61 Den Anleihebedingungen werden zu diesem Zweck zuweilen in den Swap-Bedingungen benutzte Begriffsdefinitionen in einem Anhang (auf Englisch) beigefügt. Zweifel an der Zulässigkeit einer solchen Gestaltung äußert Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 113 f.; vgl. auch Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/167; Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 44. 62 So denn auch Joussen, WM 1995, 1861, 1864; v. Randow, ZBB 1994, 23, 24; Than, Rechtsfragen bei Festlegung von Emissionsbedingungen für Schuldverschreibungen, Vortrag vom 5.2.2004 am Institut for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 25, S. 13. 63 S. aber auch Bungert, DZWir 1996, 185, 197; Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 44; vorsorglich a.A. bei Platzierung bei Privatanlegern Seiler in Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rz. 176. 64 Zur Rechtswahl in Schuldverschreibungen Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/157 f., 10/168.
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§ 11
Umtauschanleihen
Wahl ausländischen Rechts kommt daher in Betracht, auch die wertpapierrechtliche Begebung der Anleihe außerhalb Deutschlands vorzunehmen und inländische Verbraucher von der Emission auszuschließen65.
V. Platzierung; Börsenzulassung; Transparenzpflichten 1. Platzierung Umtauschanleihen werden regelmäßig nicht öffentlich angeboten, sondern institutionellen Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung offeriert (s. oben Rz. 8). Die Erstellung eines Wertpapierprospekts ist insoweit unter dem Gesichtspunkt der Platzierung nicht erforderlich (§ 2 Abs. 2 WpPG).
57
2. Börsenzulassung Um einen liquiden Handel herzustellen, werden Umtauschanleihen, häufig kurz nach ihrer Platzierung, bisweilen an einer Börse zugelassen66. In vereinzelten Fällen erfolgt das Listing an der Frankfurter Wertpapierbörse. Da die Zulassungsvoraussetzungen für Umtauschanleihen am Euro MTF Market der Luxemburger Wertpapierbörse als vergleichsweise gering empfunden werden, erfolgt eine Börsennotierung deutscher Umtauschanleihen i.d.R. jedoch in Luxemburg (zur ähnlichen Situation bei Wandelanleihen s. § 10 Rz. 76).
58
3. Prospekt a) Prospektpflicht Sofern die Umtauschanleihe ausnahmsweise öffentlich angeboten oder eine Zulassung zu einem organisierten Markt (etwa dem regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse) angestrebt wird, ist ein Prospekt nach den Vorgaben des jeweilig anwendbaren nationalen Gesetzes zu erstellen, das die Prospektrichtlinie umsetzt (so genannter prospektrichtlinienkonformer Prospekt oder PD-compliant prospectus). In Deutschland ist dies das WpPG (dazu im Einzelnen § 30). Durch die Ansprache ausschließlich institutioneller Investoren und eine Mindeststückelung der Anleihen von mindestens 50 000 Euro wird eine Prospektpflicht im Zusammenhang mit der Platzierung regelmäßig vermieden (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 WpPG). Im Zusammenhang mit der Zulassung besteht im Regelfall ebenfalls keine Prospektpflicht, da ganz überwiegend eine Notierung an nicht regulierten Märkten wie dem Euro MTF Market erfolgt (oben Rz. 58). Denkbar ist auch eine bloße Einbeziehung in den Freiverkehr, die – wenn sie ohne Marketingmaßnahmen erfolgt – prospektfrei vorgenommen werden kann67. Eines prospektrichtlinienkonformen Prospekts bedarf es insoweit nur dann, wenn die Zulassung an einem organisierten Markt angestrebt wird. Zu den Einzelheiten s. §§ 30 und 36. 65 Vgl. Gottmann in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, § 5 S. 103. 66 Dies ist indessen nicht zwingend. Zum Teil wird auch auf eine Börsenzulassung verzichtet, was i.d.R. von den Investoren akzeptiert wird. 67 Schlitt/Ponick in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rz. 37.
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§ 11
Umtauschanleihen
b) Zuständige Behörde für die Prospektbilligung 60
Da es sich bei einer Umtauschanleihe um einen Nichtidividendenwert handelt, kann ein prospektrichtlinienkonformer Prospekt wahlweise bei der Behörde am Sitz des Emittenten, bei der Behörde am Sitz der Börse, an der die Zulassung beantragt wird, oder bei der Behörde des Staates, in dem ein öffentliches Angebot erfolgt, zur Billigung eingereicht werden (§ 2 Nr. 13 lit. b WpPG)68. c) Prospektinhalt
61
Die Anforderungen an den Prospektinhalt von Umtauschanleihen sind mit Blick darauf, dass diese nicht mit Aktien des Emittenten unterlegt sind, geringer als bei Wandel- und Optionsanleihen (zu diesen s. § 10 Rz. 79). Sowohl hinsichtlich der Beschreibung des Emittenten als auch hinsichtlich der Beschreibung der Anleihe richtet sich der Mindestinhalt des Prospekts nach der Stückelung der Umtauschanleihe (Anhänge IV und V ProspektVO69 für Stückelungen unter 50 000 Euro, Anhänge IX und XIII ProspektVO für Stückelungen ab 50 000 Euro)70. Hinsichtlich der Beschreibung der unterlegten Aktien sind die in Ziff. 4.2.2 des Anhangs XII ProspektVO vorgesehenen Angaben aufzunehmen71. Sofern aufgrund der Ausgestaltung der Anleihebedingungen nicht sichergestellt ist, dass die Aktien bei Lieferung einen dem Nennbetrag der Anleihe entsprechenden Wert haben und insoweit auch kein Barausgleich vorgesehen ist, kommt Anhang XII ProspektVO (Derivative Wertpapiere) insgesamt zur Anwendung72. Eine Zusammenfassung muss der für die Zulassung verwendete Prospekt bei einer Stückelung von mindestens 50 000 Euro nur dann enthalten, wenn das jeweilig anwendbare nationale Gesetz, das die Prospektrichtlinie umsetzt, dies vorschreibt (Art. 5 Abs. 3 ProspektRL73); nach deutschem Recht ist dies nicht der Fall (§ 19 Abs. 5 WpPG). S. auch § 30 Rz. 11, 15 zum grundsätzlichen Gebot der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts und dem Zusammenspiel von WpPG und ProspektVO. d) Prospekthaftung, Due Diligence
62
Sofern die Anleihen in Deutschland an einer Börse zugelassen wurden, kann sich eine Prospekthaftung aus § 44 BörsG ergeben (hierzu im Einzelnen § 33 Rz. 9, 14 ff.). Erfolgt die Börsenzulassung in Luxemburg, kann ebenfalls eine Prospekthaftung be68 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 506. 69 „ProspektVO“ bezeichnet die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung, ABl. EU L 186 v. 18.7.2005, S. 3, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission v. 27.2.2007. 70 Im bei Umtauschanleihen praktisch selteneren Fall einer indirekten, von der Konzernmutter garantierten Emission über eine Konzerngesellschaft (oben Rz. 4) sind im Hinblick auf die Garantie zusätzlich die in Anhang VI ProspektVO bezeichneten Mindestangaben aufzunehmen. 71 Anhang XVIII ProspektVO; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 506. 72 Art. 15 ProspektVO, zur Abgrenzung zwischen derivativen Wertpapieren und reinen Schuldtiteln Art. 8 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 ProspektVO. 73 ProspektRL bezeichnet die Prospektrichtlinie 2003/71/EG (ABl. EU L 345 v. 31.12.2003, S. 64).
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§ 11
Umtauschanleihen
stehen. Adressat der Prospekthaftung ist jedoch in erster Linie die Gesellschaft und weniger die Konsortialbanken. Für die zum Vertrieb der Anleihen verwendeten Angebotsunterlagen kann sich eine Prospekthaftung aus den Grundsätzen der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung74 sowie deliktischen Anspruchsgrundlagen ergeben75 (näher § 33 Rz. 10, 143 ff.). Bei internationalen Platzierungen können darüber hinaus ausländische Haftungsbestimmungen, wie etwa Rule 10b-5 unter dem Securities Exchange Act von 1934 in den USA, relevant sein76 (dazu auch § 37 Rz. 149 ff.).
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Der Umfang der Due Diligence bei der Begebung einer Umtauschanleihe ist typischerweise beschränkt und entspricht dem Standard bei der Ausgabe reiner Schuldverschreibungen (debt issues) (vgl. auch § 27 Rz. 58). Aufgrund der Verpflichtung des Emittenten, den Anleihegläubigern entweder den Nennbetrag der Anleihe in bar zurückzuzahlen oder Aktien der Zielgesellschaft in einem entsprechenden Gegenwert zu liefern, ist das Risiko der Anleihegläubiger beschränkt. Folglich sind die Kurse bei Börsennotierung der Umtauschanleihe weniger volatil als bei Aktien. Dies führt dazu, dass das Haftungsrisiko des Emittenten und der begleitenden Bank beschränkt ist. Hinzu kommt, dass der Emittent i.d.R. keinen Einblick in die Geschäfte der Zielgesellschaft hat. Vor diesem Hintergrund ist auch der Umfang der Due Diligence typischerweise beschränkt. Emittent und begleitende Bank sowie gegebenenfalls der Garant vergewissern sich i.d.R. lediglich, dass die allgemein erhältlichen Informationen über die Zielgesellschaft vollständig und richtig im Prospekt wiedergegeben sind. Dies wird insbesondere durch die Einsichtnahme ins Unternehmensregister und ins Handelsregister, die Durchsicht der Jahres- und Zwischenabschlüsse des Emittenten sowie der bisher veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilungen sichergestellt. Daneben bemühen sich Emittent, Bank und gegebenenfalls Garant ihr Haftungsrisiko durch die Einholung von Comfort Letters ihrer jeweiligen Wirtschaftsprüfer (zu Comfort Letters vgl. § 28) und Legal Opinions (hierzu im Einzelnen § 29) der anwaltlichen Berater des Emittenten, bisweilen auch der Anwälte der begleitenden Bank, zu verringern.
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4. Transparenzpflichten Die Bedeutung der stimmrechtsbezogenen Meldepflichten des WpHG hat seit Inkrafttreten des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (TUG) auch bei der Emission von Umtauschanleihen zugenommen77. Da sich Umtauschanleihen regelmäßig 74 Zur allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.396 ff. 75 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, ZIP 2004, 1599, II ZR 217/03, WM 2004, 1726, II ZR 402/02 – „Infomatec“, ZIP 2004, 1593; OLG Frankfurt a.M. v. 7.11.2003 – 5 W 31/03 – „Comroad III“, ZIP 2004, 1317. 76 Nach Rule 10b-5 können im Rahmen der Veräußerung von Wertpapieren der Verkäufer und die begleitende Bank für die Vollständigkeit und Richtigkeit der veröffentlichten kursrelevanten Informationen unabhängig von der Form der Informationsweitergabe haften; vgl. § 37 Rz. 149 ff. 77 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG) vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10.
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auf bereits ausgegebene und zugelassene Aktien beziehen, ist aus Sicht der Investoren insoweit insbesondere die durch das TUG neu eingeführte Meldepflicht für das Halten sonstiger Finanzinstrumente (§ 25 WpHG) relevant78. Nach der Gesetzesbegründung und Erwägungsgrund Nr. 13 der Durchführungsrichtlinie 2007/14/EG ist jedoch Voraussetzung für das Eingreifen der Meldepflicht ein unbedingtes Recht oder ein Ermessensspielraum in Bezug auf den Erwerb der zugrunde liegenden Aktien. Richtigerweise besteht die Meldepflicht daher nicht, wenn die Ausübung des Umtauschrechts in rechtlicher Hinsicht noch von äußeren Umständen wie etwa dem Erreichen eines bestimmten Kursniveaus abhängig ist. Stellt das Erreichen eines bestimmten Kursniveaus der zugrunde liegenden Aktien dagegen keine rechtliche Hürde sondern lediglich einen wirtschaftlichen Entscheidungsparameter dar, erscheint fraglich, ob insoweit ebenfalls noch von einem die Meldepflicht ausschließenden äußeren Umstand gesprochen werden kann. An einem unbedingten Erwerbsrecht der Anleiheinvestoren fehlt es richtigerweise auch dann, wenn der Emittent zur Zahlung eines Barausgleichsbetrags anstelle der Lieferung von Aktien berechtigt ist (dazu oben Rz. 23)79. 66
Sofern eine Meldepflicht besteht, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Mitteilung erfolgen muss. Mit Blick auf Erwägungsgrund Nr. 13 der Durchführungsrichtlinie spricht die Nichtausübbarkeit des Umtauschrechts vor Beginn des Ausübungszeitraums dafür, das Entstehen der Mitteilungspflicht erst mit dem Ausübungszeitraum anzunehmen. Bei strenger Betrachtung müssten dann aber auch zu Beginn und Ende zwischenzeitlicher Nichtausübungszeiträume (etwa während eines Übernahmeangebots auf die unterlegten Aktien) Mitteilungen über den „Verlust“ und das Wiederaufleben des Erwerbsrechts erfolgen. Eine solche Vielzahl an Mitteilungen würde der bezweckten Transparenz allerdings kaum gerecht, weil dadurch eher Verwirrung hervorgerufen würde. Zudem wäre eine solche Verfahrensweise kaum praktikabel. Daher spricht mehr dafür, für den Zeitpunkt einer etwaigen Mitteilungspflicht unabhängig vom Ausübungszeitraum auf den Erwerb der Umtauschanleihe abzustellen. Andernfalls liefe auch die Bestimmung des § 17 Abs. 3 Nr. 5 WpAIV leer, wonach die Mitteilung bei Bestehen eines Ausübungszeitraums einen Hinweis auf dessen Beginn enthalten muss80.
VI. Restrukturierung von Umtauschanleihen 1. Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes 67
Eine nachträgliche Änderung von Anleihebedingungen ist grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Anleihegläubiger und des Emittenten möglich81. Das Schuldverschreibungsgesetz von 1899 eröffnet demgegenüber die Möglichkeit, durch bindende 78 Im Zuge des Risikobegrenzungsgesetzes ist eine Verschärfung dieser Mitteilungspflicht vorgesehen, indem künftig auch eine Zusammenrechnung mit den Beteiligungen nach den §§ 21 und 22 WpHG erfolgen soll, vgl. den Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/7438. 79 Näher zum Ganzen Schlitt/Schäfer AG 2007, 227, 233 f. 80 Schlitt/Schäfer AG 2007, 227, 234. 81 Schneider, Die Änderung von Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläubiger, Vortrag vom 5.2.2004 am Institut for Law and Finance der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, Working Paper Series No. 25, S. 5.
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Umtauschanleihen
Mehrheitsentscheidungen einer Versammlung der Anleihegläubiger eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen herbeizuführen. Hierzu bietet es in begrenztem Umfang Möglichkeiten zur Bündelung der Interessen der Anleihegläubiger, insbesondere um eine Restrukturierung zu erleichtern82. Gleichzeitig schützt es die Minderheit der Anleihegläubiger vor übermäßigen und damit als unbillig angesehenen Eingriffen der Mehrheit in die Rechte der Minderheit83. Voraussetzung für seine Anwendbarkeit ist, dass die Anleihe in Deutschland von einem deutschen Emittenten84 mit einer Mindeststückzahl von 300 und einem Mindestbetrag von insgesamt 300 000 DM (153 387,56 Euro) ausgegeben wurde85. Der Anwendungsbereich wird hierdurch deutlich begrenzt, da über ausländische Zweckgesellschaften begebene Anleihen aus dem Anwendungsbereich herausfallen. Obwohl formal eine Vermögenskrise des Emittenten nicht Voraussetzung für eine Anwendung des SchVG ist, liegt der Hauptanwendungsbereich in einer schlechten finanziellen Situation des Emittenten, da das Vorliegen einer Vermögenskrise Voraussetzung für alle die Gläubigerrechte beschränkenden Beschlüsse ist, § 11 Abs. 1 SchVG.
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Im Zuge der Reform des Schuldverschreibungsrechts soll u.a. der Anwendungsbereich des SchVG vergrößert und die Verständigung der Gläubiger untereinander verbessert werden. Anleihebedingungen von Anleihen, die in Deutschland von ausländischen Emittenten ausgestellt werden, sollen hierzu den Bestimmungen des SchVG entsprechende, weitergehende oder weniger weit gehende Beschlussrechte der Gläubigerversammlung vorsehen können (§ 1 Abs. 4 SchVG-DiskE). Daneben
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82 Zum Zweck des SchVG, die Interessen der Anleihegläubiger zu bündeln Hopt, WM 1990, 1733; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.225; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.33; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, Rz. 107. 83 Schneider, Novellierung des Rechts der Schuldverschreibungen, Seminar für deutsches und internationales Kreditrecht des Instituts für Deutsches und Internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz v. 28.1.2004, S. 7. 84 Ausgenommen sind gem. § 24 Abs. 1 SchVG Emissionen von Gebietskörperschaften, sofern nicht Landesgesetze die Anwendbarkeit auf Gemeinden oder Gemeindeverbände bestimmen, vgl. Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792. 85 Auf Anleihen, die über eine ausländische Gesellschaft begeben wurden, findet auch bei einer deutschen Rechtswahlklausel das SchVG keine Anwendung, vgl. Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341, 347 ff.; Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger und ihre Vertretung nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 1999, S. 259 f.; Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 529. Die Zulässigkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung in den Anleihebedingungen, dass das SchVG Anwendung finden soll, ist von der Rechtsprechung noch nicht geklärt und im Schrifttum umstritten, dafür: Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341, 350 ff.; Vogel, ZBB 1996, 321, 334; dagegen: Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Than in FS Coing, 1982, S. 521, 528 ff.; dagegen wird vertreten, dass eine Umschuldungsklausel in die deutschem Recht unterstehenden Anleihebedingungen ausländischer Gesellschaften aufgenommen werden kann, ohne dass dies eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der §§ 305 ff. BGB darstellen würde; Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341, 356; vgl. hierzu auch die Erklärung der Bundesregierung zur Zulässigkeit von Umschuldungsklauseln bei ausländischen Staatsanleihen, die deutschem Recht unterliegen, v. 14.1.2000, http:// www.bundesbank.de/download/presse/pressenotizen/2000/20000214bbk2.pdf; a.A. Zahn/ Lemke, BKR 2002, 527, 529. Der Diskussionsentwurf zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts sieht vor, dass Schuldner mit Sitz oder Niederlassung im Ausland in den Emissionsbedingungen gleichartige, weitergehende oder weniger weit gehende Beschlussrechte vorsehen können, Artikel 2 Ziff. 2.b DiskE, vgl. Schreiben des BMJ v. 22.5.2003, Geschäftszeichen III A 5; Klerx/Penzlin, ZInsO 2004, 791, 794.
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§ 11
Umtauschanleihen
stellt § 1 Abs. 4 SchVG-DiskE klar, dass die Bestimmungen des Schuldverschreibungsgesetzes auch für deutsche Emittenten nicht abschließender Natur sind, sondern auch in diesem Fall in den Emissionsbedingungen weitergehende Beschlussrechte der Gläubigerversammlung vorgesehen werden können. Da die Vorschriften der dispositiven §§ 795 ff. BGB-DiskE weniger restriktiv sind als die Vorschriften des für deutsche Emittenten bei Begebungen in Deutschland zwingenden SchVG-DiskE, spricht viel dafür, dass bei einer Umsetzung des derzeitigen Diskussionsentwurfs die Begebung von Umtauschanleihen über ausländische Zweckgesellschaft weiter gefördert würde86.
2. Zulässige Beschlussgegenstände 70
§ 1 SchVG bestimmt, dass die Versammlung der Anleihegläubiger mit verbindlicher Wirkung für alle Gläubiger Beschlüsse zur Wahrung der gemeinsamen Interessen87 fassen und insbesondere einen gemeinsamen Vertreter bestellen darf, sofern durch den Beschluss keine Verpflichtung zur Leistung für die Anleihegläubiger begründet wird (§ 1 Abs. 3 SchVG). Rechtsbeschränkende Beschlüsse, insbesondere die Zinsabsenkung oder eine Stundung, dürfen allerdings höchstens für drei Jahre und nur zur Abwendung der Zahlungseinstellung und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gefasst werden (§ 11 Abs. 1 SchVG)88. Sie müssen darüber hinaus für alle Gläubiger die gleichen Bedingungen festsetzen, es sei denn, der zurückgesetzte Gläubiger stimmt ungleichen Bedingungen ausdrücklich zu, § 12 Abs. 1 SchVG. Auf den Nominalwert der Schuldverschreibungen entsprechender Kapitalansprüche kann durch Beschluss der Gläubigerversammlung grundsätzlich nicht verzichtet werden, § 12 Abs. 3 SchVG.
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Bei Umsetzung des Reformentwurfs in seiner derzeitigen Fassung können Anleihebedingungen Beschlüsse mit Wirkung für alle Gläubiger für folgende Beschlussgegenstände vorsehen: Teilweiser Verzicht auf die Hauptforderung, Nachrang der Hauptforderung oder der Zinsforderung im Insolvenzfall, Ermäßigung des Zinssatzes, Stundung, Umwandlung des Zahlungsanspruchs in einen Anspruch auf Lieferung von Aktien, Umtausch der Schuldverschreibung in andere Wertpapiere, Aufgabe von Sicherheiten, Währungsänderung, Schuldnerersetzung (soweit nicht ohnehin vorgesehen), Aufhebung oder Änderung von Nebenpflichten und Bestellung eines Gläubigervertreters (§ 795b Abs. 2 BGB-DiskE).
3. Mehrheitsentscheidungen 72
Beschlüsse der Gläubigerversammlung bedürfen der Mehrheit der in der Gläubigerversammlung abgegebenen Stimmen, wobei sich die Mehrheit nach den Beträgen der Schuldverschreibungen berechnet (§ 10 Abs. 1 SchVG). Bei Gleichheit der Stimmen 86 Kritik zu den hieraus resultierenden Wertungswidersprüchen und Unklarheiten wurde bereits vom Deutschen Anwaltsverein geäußert, Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zum Diskussionsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts vom August 2003, S. 2. 87 Zulässig sind demnach nur solche Beschlussgegenstände, die den Interessen aller Anleihegläubiger dienen, wobei nach ganz h.M. im Schrifttum der Begriff des „gemeinsamen Interesses“ subjektiv zu bestimmen ist; s. Vogel, ZBB 1996, 321, 330 m.w.N. 88 Zahn/Lemke, BKR 2002, 527, 529.
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§ 11
Umtauschanleihen
entscheidet die Zahl der Gläubiger. Hält der Anleiheschuldner selbst Anleihen, ist er für die in seinem Besitz befindlichen Schuldverschreibungen nicht stimmberechtigt (§ 10 Abs. 4 SchVG). Beschlüsse, die Rechte der Anleihegläubiger aufgeben oder beschränken sowie die Bestellung eines zum Verzicht auf Gläubigerrechte befugten Gläubigervertreters unterliegen höheren Anforderungen. Sie bedürfen einer Drei-Viertel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen, die mindestens die Hälfte des Nennwerts der im Umlauf befindlichen Umtauschanleihen und, wenn dieser nicht mehr als 12 000 000 DM (6 135 502,57 Euro) bzw. 16 000 000 DM (8 180 670,10 Euro) beträgt, mindestens zwei Drittel des Nennwerts bzw. eine Mehrheit von 8 000 000 DM (4 090 335,05 Euro) erreichen müssen (§§ 11 Abs. 2, 14 Abs. 3 SchVG). Für die Berechnung des Nennwerts bleiben in diesen Fällen im Besitz des Schuldners befindliche Anleihen außer Ansatz (§ 11 Abs. 3 SchVG)89. Nach dem Reformentwurf sollen diese Schwellenwerte durch gerundete Euro-Beträge (6 Mio., 8 Mio. bzw. 4 Mio. Euro) ersetzt werden. Für eine Regelung von Gläubigerversammlungen in den Anleihebedingen sehen §§ 795 ff. BGB-DiskE entsprechende Anforderungen an Mehrheitsbeschlüsse vor, die ausdrücklich in die Anleihebedingungen aufgenommen werden müssen (§ 795c BGB-DiskE).
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4. Vermögenskrise Wird über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, muss das Insolvenzgericht unverzüglich eine Gläubigerversammlung zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters einberufen, § 18 Abs. 2 und 3 SchVG90. Der Insolvenzverwalter soll zur Verfahrensvereinfachung einen Ansprechpartner für alle Anleihegläubiger haben91. Die Gläubigerversammlung ist für diesen Fall mit weitergehenden Befugnissen ausgestattet. Sie kann insbesondere auf die dem Nennwert entsprechenden Kapitalansprüche verzichten, § 19a Abs. 2 SchVG92.
89 Zu den Mehrheitserfordernissen Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 791, 793. 90 Die §§ 18 ff. SchVG werden teleologisch dahingehend reduziert, dass bei Nachrangigkeit der gesamten Anleihe das Insolvenzgericht von der Einberufung der Versammlung absehen kann, wenn eine Vollbefriedigung der einfachen Insolvenzforderungen ausgeschlossen erscheint; vgl. Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 312. 91 Penzlin/Klerx, ZInsO 2004, 311, 314. 92 Dagegen sieht das SchVG keine eigenständigen Veröffentlichungs- oder Informationspflichten für den Fall der Vermögenskrise des Emittenten vor; vgl. Reuter, BB 2003, 1797, 1799 f.
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§ 12 Genussscheine Michael Berghaus/Arndt Bardelmeier I. Begriff und Gestaltungsformen 1. Begriff des Genussscheins . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . 3. Eigenkapitalersatzvorschriften . . 4. Zweck von Genussscheinemissionen . . . . . . . . . . . . . . 5. AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . 6. Unzulässigkeit aktiengleicher Genussscheine? . . . . . . . . . . . 7. Abgrenzung zu anderen Finanzierungsinstrumenten . . . . . . . . . II. Typischer Regelungsinhalt 1. Vergütung . . . . . . . . . . . . 2. Verlustteilnahme . . . . . . . . 3. Nachrangabrede . . . . . . . . . 4. Laufzeit und Kündigung . . . . 5. Nebenbestimmungen . . . . . 6. Genussscheinemissionen von Kreditinstituten . . . . . . . . .
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III. Ausgabevoraussetzungen 1. Aktienrechtliche Regelungen a) Anwendbarkeit auf „obligationsähnliche“ Genussscheine .
b) Beschluss der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bezugsrecht der Aktionäre . . . 2. Andere Gesellschaftsformen . . . 3. Genussscheine als Teilgewinnabführungsverträge? . . . . . . . . 4. Übertragbarkeit und wertpapierrechtliche Verbriefung . . . . . . .
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IV. Beeinträchtigungen während der Laufzeit 1. Fehlerhafte Geschäftsführung . . . 2. Unterlassene oder fehlerhafte Gewinnermittlung . . . . . . . . . . 3. Rücklagenbildung . . . . . . . . . . 4. Kapitalerhöhung, -herabsetzung . . 5. Sonderaspekte bei Verlustteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erhöhung des Genussrechtskapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Maßnahmen nach Umwandlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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17
Schrifttum: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006; Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 14. Aufl. 2004; Bundschuh/Hadding/Schneider (Hrsg.), Recht und Praxis der Genussscheine, 1987; Centrale für GmbH (Hrsg.), GmbH-Handbuch; Eyber, Die Abgrenzung zwischen Genussrecht und Teilgewinnabführungsvertrag im Recht der Aktiengesellschaft, 1996; Feddersen/ Knauth, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, 2. Aufl. 1992; Frantzen, Genussscheine – zugleich eine Analyse der Genussscheinbedingungen deutscher Unternehmen, 1993; Häger/Elkemann-Reusch (Hrsg.), Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1993; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004; Müller/Hense (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der GmbH, 3. Aufl. 2002; Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, §§ 705–853, hrsg. von Ulmer, 4. Aufl. 2004; Priester/ Mayer (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, GmbH, 2. Aufl. 2003; Riegger/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, Kommanditgesellschaft, GmbH & Co. KG, Publikums-KG und Stille Gesellschaft, 2. Aufl. 2004; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002; Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, I. Band, 10. Aufl. 2006; Schudt, Der Genussschein als genossenschaftliches Finanzierungsinstrument, 1974; Thielemann, Das Genussrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, 1988; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum Unterlassungsklagengesetz, 10. Aufl. 2006; Ulmer/Habersack/Winter (Hrsg.), GmbHG, Bd. II, 2006.
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§ 12
Genussscheine
I. Begriff und Gestaltungsformen 1. Begriff des Genussscheins Der Gesetzgeber hat den Begriff des Genussscheins nicht definiert, obwohl in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften, z.B. § 221 Abs. 3 AktG oder § 10 Abs. 5 KWG, auf ihn Bezug genommen und seine Existenz somit vorausgesetzt wird. Nach verbreiteter Definition handelt es sich bei Genussrechten um Ansprüche gegen eine Gesellschaft, die Vermögensrechte zum Inhalt haben, welche typischerweise einem Gesellschafter zustehen1. Der Begriff des Genussscheins wird teilweise nur für in Urkunden verbriefte Genussrechte verwendet, häufig, wie auch in den folgenden Ausführungen, synonym für die unverbrieften. Die dem Genussscheininhaber eingeräumten Vermögensrechte können vielfältiger Natur sein. Regelmäßig erhält der Genussscheininhaber eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft2 oder wird in anderer Weise an deren wirtschaftlichem Erfolg beteiligt.
1
2. Rechtsnatur Der Genussscheininhaber steht zur Gesellschaft in rein schuldrechtlichen Beziehungen. Der Genussschein gewährt zwar mitgliedschaftsähnliche Vermögensrechte, begründet aber keine Mitgliedschaft in der Gesellschaft3. Daraus folgt, dass dem Genussscheininhaber grundsätzlich weder ein Recht auf Teilnahme an Hauptversammlungen noch ein Stimmrecht, Anfechtungsrecht, Bezugsrecht oder andere mitgliedschaftliche Mitwirkungs- und Kontrollrechte zustehen4. Die Einräumung von Informations- und Kontrollrechten auf vertraglicher Basis ist möglich. Die Verbandssouveränität der Gesellschafter darf jedoch nicht berührt werden, weshalb den Genussscheininhabern keine Stimmrechte oder Anfechtungsrechte eingeräumt werden können5. Auch ohne vertragliche Vereinbarung haben die Genussscheininhaber aus §§ 259, 242 BGB einen Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft, soweit dies zur rechnerischen Nachvollziehung ihrer Ansprüche erforderlich ist6. Diesem Anspruch kann in der Regel durch die Vorlage eines testierten Jahresabschlusses und ggf. durch ergänzende Angaben im Anhang zum Jahresabschluss Genüge getan werden7.
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3. Eigenkapitalersatzvorschriften Im Hinblick auf das eingesetzte Genusskapital ist eine Anwendung der Eigenkapitalersatzvorschriften unerheblich, da Genussscheine generell eine Nachrangabrede (zu 1 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 21; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 25; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 60. 2 Zu der möglichen Ausgestaltung des Vergütungsanspruchs s. unten Rz. 11. 3 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 127; BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134, 135; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 62. 4 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 127; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 26. 5 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 127 f.; Lutter, ZGR 1993, 291, 294 f. 6 Frantzen, Genussscheine, S. 224 ff.; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung, S. 80 ff.; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 378 f.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282, spricht den Genussscheininhabern das Kontrollrecht aus § 233 HGB zu. 7 Frantzen, Genussscheine, S. 228; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 378 f.
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§ 12
Genussscheine
Inhalt und Ausgestaltung von Nachrangabreden vgl. unten Rz. 13) enthalten und damit bereits vertraglich dem Eigenkapital gleichgestellt sind. Von Bedeutung ist allerdings die Frage, unter welchen Umständen Darlehen, die der Genussscheininhaber dem Emittenten gewährt hat, aufgrund der Genussscheinvergabe8 der Eigenkapitalersatzvorschrift des § 32a GmbHG oder den Rechtsprechungsgrundsätzen zum Eigenkapitalersatz unterliegen9. Bei entsprechender Heranziehung der Grundsätze, die der BGH für stille Gesellschaften entwickelt hat10, muss dies dann der Fall sein, wenn der Genussscheininhaber aufgrund der Ausgestaltung der Genussscheinbedingungen wie ein Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft bestimmt und am Vermögen und Ertrag der Gesellschaft beteiligt ist. Eine Gleichstellung mit einem Gesellschafter ist grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn vermögensmäßige Beteiligung und unternehmerischer Einfluss zusammen vorliegen11. Unternehmerischer Einfluss alleine kann ausnahmsweise ausreichen, wenn faktisch die Geschäftsführung des Unternehmens übernommen wird12. Genussscheine sehen meist keine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, etwa durch einen Anteil am Liquidationserlös, vor. Der Genussscheininhaber, der lediglich am Ertrag beteiligt wird, ist vermögensmäßig, insbesondere wenn es sich nur um eine gewinnabhängige Vergütung handelt, nicht einem Gesellschafter gleich gestellt. Unternehmerischer Einfluss kann dem Genussscheininhaber durch Konsultations- oder Vetorechte eingeräumt werden; die Vereinbarung von Informationsrechten reicht hierfür nicht aus.
4. Zweck von Genussscheinemissionen 4
Genussscheine lassen sich für vielfältige Zwecke einsetzen13. Praktisch am bedeutsamsten ist der Finanzierungsgenussschein, der von der Gesellschaft als Mittel der Kapitalbeschaffung gegen Geldzahlung ausgegeben wird. Der Genussschein hat den Vorzug, aufgrund seiner schuldrechtlichen Natur flexibel gestaltbar zu sein. Da Genussscheine bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen14 als Eigenkapital bilanziert werden können, kann die Gesellschaft durch Genussscheine ihre Eigenkapitalbasis verbessern und ggf. zusätzlichen Kredit erlangen. Das Fehlen von Stimm- und anderen Gesellschafterrechten macht den Genussschein insbesondere als Finanzierungsinstrument für Familienunternehmen attraktiv. Schließlich eröffnet der Ge8 Sofern der Genussscheininhaber gleichzeitig Gesellschafter des Emittenten ist, finden die Eigenkapitalersatzvorschriften ohnehin Anwendung, vgl. Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 78. 9 Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) sieht vor, die Vorschriften der §§ 32a und 32b GmbHG und die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz durch Regelungen für die Gesellschafterdarlehen in der Insolvenzordnung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 und 5 RegEInsO) zu ersetzen. 10 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, NJW 1989, 982, 983. 11 So für die stille Gesellschaft OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323, 2324; OLG Hamm v. 13.9.2000 – 8 U 79/99, NJW-RR 2001, 247, 248 f.; OLG Saarbrücken v. 1.9.1998 – 4 U 635/97–253, ZIP 1999, 2150, 2151; wohl auch BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, NJW 1989, 982, 983; Kühn in MünchHdb. StG, § 83 Rz. 35; a.M. Schmid/Hamann, DStR 1992, 950, 952; wohl auch OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, ZIP 1990, 791, 792 f. 12 So in dem Fall BGH v. 13.7.1992 – II ZR 251/91, ZIP 1992, 1300. 13 Hierzu eingehend Frantzen, Genussscheine, S. 47 ff. 14 Vgl. hierzu § 13 Rz. 83 ff..
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§ 12
Genussscheine
nussschein auch nicht börsenfähigen Unternehmen, wie z.B. der GmbH, den Zugang zum Kapitalmarkt.
5. AGB-Kontrolle Bei Genussscheinbedingungen handelt es sich in der Regel um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen15. Diese Voraussetzung entfällt nicht dadurch, dass Genussscheine im Rahmen einer Fremdemission zunächst von einer Emissionsbank oder einem Emissionskonsortium übernommen und erst dann am Kapitalmarkt platziert werden. Der Emittent möchte auch in diesem Fall durch Zwischenschaltung der Emissionsbank in Vertragsbeziehungen zu einer Vielzahl von Genussscheininhabern treten und hat die Vertragsbedingungen für diesen Zweck formuliert oder formulieren lassen16. Die für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts geltende Ausnahme des § 310 Abs. 4 BGB findet auf Genussscheinbedingungen keine Anwendung, weil Genussscheine schuldrechtliche Ansprüche und nicht gesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsrechte beinhalten17. Eine Einbeziehung von Genussscheinbedingungen nach den Vorgaben des § 305 Abs. 2 BGB ist nicht erforderlich, da dies die Kapitalmarktfähigkeit beeinträchtigen würde18.
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Bei der Überprüfung von Genussscheinbedingungen muss zwischen den Bestimmungen, die die Hauptleistungsinhalte des Genussscheins festlegen, und den Nebenabreden, die diese Hauptleistungsinhalte ausgestalten, modifizieren oder einschränken, unterschieden werden. Die Festlegung der Hauptleistungsinhalte unterliegt gem. § 307 Abs. 3 BGB keiner Inhaltskontrolle19, sie muss aber die Anforderungen des Transparenzgebots erfüllen. Die Nebenabreden unterliegen dagegen der vollen Inhaltskontrolle. Zu den Hauptleistungsinhalten gehört etwa die Vereinbarung einer Gewinnabhängigkeit der zu zahlenden Vergütung20, einer Verlustteilnahme21, einer Beteiligung am Liquidationserlös oder eines Rangrücktritts. Die Art und Weise der Ausgestaltung dieser Rechte ist wiederum der Inhaltskontrolle zugänglich.
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6. Unzulässigkeit aktiengleicher Genussscheine? Das Aktiengesetz eröffnet Aktiengesellschaften die Möglichkeit, durch Ausgabe von Vorzugsaktien ihre Eigenkapitalbasis zu verbreitern, ohne den Kapitalgebern Mitspracherechte einzuräumen. Der Gesetzgeber hat den Höchstbetrag solch stimmloser Aktien jedoch in § 139 Abs. 2 AktG begrenzt und bei Ausfall der Dividende ein Aufleben des Stimmrechts vorgesehen. Während Genussscheine und Vorzugs15 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 126; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rz. 19; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 221. 16 Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rz. 71 ff.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 255; a.M. Joussen, WM 1995, 1861, 1869; Kallrath, Inhaltskontrolle, S. 63, der allerdings eine Inhaltskontrolle anhand des § 242 BGB vornimmt. 17 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 126. 18 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 256; für Inhaberschuldverschreibungen BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411 f. 19 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 126. 20 Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rz. 71 ff. 21 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 126.
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Genussscheine
aktien in ihrer Zwecksetzung durchaus vergleichbar sein können, fehlen für Genussscheine entsprechende anlegerschützende Vorschriften. Das hat zu der Forderung geführt, an Vorzugsaktien angenäherte, so genannte „aktiengleiche“ Genussscheine wegen einer Umgehung der Vorschriften der §§ 139 ff. AktG als unzulässig zu betrachten22. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines aktiengleichen Genussscheins werden von den Befürwortern des Umgehungsverbotes überwiegend eng definiert23, so dass sie erst eine fast vollständige Angleichung an die Vorzugsaktie als unzulässig betrachten. Charakteristisch für die Position des Vorzugsaktionärs ist eine vollständige Gewinnabhängigkeit seiner Vergütung, die fehlende Rückzahlbarkeit seiner Einlage sowie eine Beteiligung am Liquidationserlös24. Da Finanzierungsgenussscheine schon aus steuerlichen Gründen regelmäßig keine Beteiligung am Liquidationserlös aufweisen, ist die praktische Bedeutung des Streites gering. Eine ansonsten eintretende Gleichartigkeit mit der Position von Vorzugsaktionären kann durch eine Besserstellung der Genussscheininhaber, etwa durch eine bevorrechtigte Rückzahlung des Genusskapitals in der Liquidation der Gesellschaft25, vermieden werden. Der BGH hat unter Offenlassung der Streitfrage festgestellt, dass zumindest bei zeitlich begrenzten Genussscheinen, die eine gegenüber den Aktionären bevorzugte Rückzahlung des Genusskapitals in der Liquidation der Gesellschaft vorsehen, nicht von einer Umgehung der §§ 139 ff. AktG ausgegangen werden könne26.
7. Abgrenzung zu anderen Finanzierungsinstrumenten 8
Bei der stillen Gesellschaft entsteht zwischen dem Unternehmen und dem stillen Gesellschafter ein Gesellschaftsverhältnis, das gesellschaftsrechtliche Einsichts-, Kontroll- und Treuepflichten begründet. Die Beziehungen zwischen dem Emittenten und dem Genussscheininhaber sind dagegen allgemein vertraglicher Natur27. Wenn Mitsprache- und Kontrollrechte, wie sie insbesondere bei Publikumsgenussscheinen nicht sachgerecht und gewünscht sind, fehlen, besteht daher ein Indiz dafür, dass es an einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung mangelt und stattdessen ein Genussrechtsrechtsverhältnis vorliegt28. Auch eine Verbriefung der Rechte in Wertpapieren spricht gegen ein Gesellschaftsverhältnis29. Allerdings kann aufgrund von Informati22 Reuter, Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Hamburg 1984, Band I (Gutachten), S. B 7 ff.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 128; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 385 ff.; a.M. Hüffer, AktG, § 221 Rz. 34; Hirte, ZIP 1988, 477 ff. 23 Hirte, ZIP 1988, 477 ff., nimmt jedoch weitergehend eine generelle Unzulässigkeit aller Genussscheine mit Eigenkapitalcharakter an. 24 Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 67. 25 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 128; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 386 ff.; Krieger in MünchHdb. AG, § 67. 26 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125 f. 27 H.M., BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, AG 2003, 625, 626; BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125; BGH v. 5.3.1959 – II ZR 145/57, WM 1959, 434, 436; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 232; anders Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 89 und Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 395, der aktienähnliche Genussscheine als stille Gesellschaften qualifiziert. 28 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, AG 2003, 625, 627; BGH v. 5.3.1959 – II ZR 145/57, WM 1959, 434, 436; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1843. 29 von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 551.
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ons- und Kontrollrechten nicht im Umkehrschluss ein Genussrechtsverhältnis ausgeschlossen werden, da solche Rechte auch den Genussscheininhabern vertraglich eingeräumt werden können. Insbesondere bei individuelleren Genussscheinemissionen, die oft derartige Rechte enthalten, ist eine Abgrenzung anhand inhaltlicher Kriterien schwierig. Dazu trägt auch bei, dass die wirtschaftliche Zwecksetzung beider Instrumente häufig sehr angenähert ist30. Eine Abgrenzung ist jedoch zumindest bei Aktiengesellschaften erforderlich, weil hiervon abhängt, ob Bezugsrechte bestehen oder nicht. Sofern inhaltliche Kriterien keine eindeutige Abgrenzung erlauben, kommt der Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien eine entscheidende Bedeutung zu31. Der Darlehensgeber eines partiarischen Darlehens erhält als Vergütung anstelle oder neben einer Zinszahlung einen Anteil am Gewinn des Unternehmens oder aus einzelnen Geschäften32. Eine Einordnung des Genussscheins als partiarisches Darlehen wäre insofern von praktischer Bedeutung, als dem Darlehensnehmer nach § 489 Abs. 2 BGB bei Fehlen einer festen Verzinsung ein Kündigungsrecht mit dreimonatiger Frist zusteht33. Da ein Darlehen aber die Rückzahlbarkeit des Darlehensbetrages voraussetzt, lassen sich Genussscheine mit Verlustbeteiligung und damit die Mehrzahl der Finanzierungsgenussscheine anhand dieses Merkmals vom partiarischen Darlehen abgrenzen34. Auch eine unbegrenzte Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeit für den Kapitalgeber spricht gegen die Annahme eines Darlehens.
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Ewige Anleihen35 sind Schuldverschreibungen, die eine unbefristete Laufzeit aufweisen. Lediglich der Emittent hat das Recht, die Anleihe nach Ablauf einer bestimmten Anzahl von Jahren einseitig zu kündigen. Hiermit im Zusammenhang steht die übliche Ausgestaltung der Vergütung. Diese sieht bis zum Zeitpunkt der ersten Kündigungsmöglichkeit eine feste Verzinsung vor, die danach durch eine variable Verzinsung abgelöst wird. Die Auszahlung der Vergütung steht grundsätzlich im Ermessen der Emittentin. Sobald der Emittent allerdings Gewinnausschüttungen vornimmt, ist er zur Auszahlung der aufgelaufenen Vergütungen verpflichtet. Da die vereinbarte Vergütung bei dieser Ausgestaltung weder an den Gewinn der Gesellschaft anknüpft noch ihre Auszahlung davon abhängig ist, sind dem Anleihegläubiger also keine gesellschafterähnlichen Vermögensrechte eingeräumt, und die ewige Anleihe ist nicht als Genussschein anzusehen36. Die ewige Laufzeit der Anleihe begründet allein noch kein gesellschafterähnliches Vermögensrecht37.
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30 Vgl. KG v. 17.1.2002 – 2 U 7288/00, AG 2003, 99, 100. 31 Ähnlich auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb. StG, § 73 Rz. 15; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 553. 32 Weidenkaff in Palandt, BGB, vor § 488 Rz. 17. 33 Da der Emittent von Genussscheinen eines solchen Schutzes nicht bedarf, wird zu Recht eine teleologische Reduktion des § 489 Abs. 2 BGB verlangt: Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 233; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 93. 34 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1389; Bezzenberger/Keul in MünchHdb. StG, § 73 Rz. 14. 35 Zu den zivilrechtlichen Problemen ewiger Anleihen Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480 ff. 36 Dies wäre allerdings anders zu beurteilen, wenn die Verzinsung gewinnorientiert oder gewinnabhängig ausgestaltet oder den Anleihegläubigern etwa ein Anteil am Liquidationserlös oder Bezugsrechte eingeräumt sein sollten. 37 Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 484.
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II. Typischer Regelungsinhalt 1. Vergütung 11
Bei der Ausgestaltung der Vergütung lassen sich zwei Varianten unterscheiden38: Die gewinnorientierte Vergütung bemisst sich in ihrer Höhe am Gewinn der Gesellschaft oder anderen wirtschaftlichen Bezugsgrößen. Möglich ist beispielsweise eine Orientierung an der Dividende, dem Jahresüberschuss oder dem Bilanzgewinn der Gesellschaft oder eine Anknüpfung an das EBITDA oder andere Kennziffern der Gesellschaft oder des Konzerns39. Die gewinnabhängige Vergütung ist eine feste oder variable Verzinsung, die jedoch von anderen, nicht unternehmensbezogenen Bezugsgrößen (z.B. EURIBOR) abhängig ist. Der Verzinsungsanspruch mindert sich jedoch insoweit, als er nicht aus dem Gewinn der Gesellschaft bedient werden kann40. Einen höheren Schutz vor Ausfall der Verzinsung bieten Regelungen, die für Ausschüttungen nicht nur den Gewinn heranziehen, sondern auch Gewinnvorträge und nicht gegen Ausschüttungen geschützte Rücklagen41. Für ausgefallene gewinnabhängige Vergütungen sehen die Genussscheinbedingungen häufig einen Anspruch auf Nachzahlung aus den Gewinnen künftiger Geschäftsjahre vor, der meist auf die Laufzeit des Genussscheins begrenzt ist. Gewinnabhängige und gewinnorientierte Vergütungen lassen sich kombinieren, z.B. durch Einräumung einer gewinnabhängigen Grundverzinsung, die sich bei Erzielung eines bestimmten Ergebnisses um einige Prozentpunkte erhöht. Die Vergütung der Genussscheininhaber kann im Verhältnis zu den Gesellschaftern vor-, gleich- oder nachrangig ausgestaltet sein.
2. Verlustteilnahme 12
Finanzierungsgenussscheine sehen regelmäßig eine Teilnahme am Verlust der Gesellschaft vor. Meist ist eine laufende Verlustteilnahme vorgesehen, bei der sich die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber automatisch um einen Anteil am Verlust verringern, der dem Verhältnis des Genusskapitals zum gesamten Eigenkapital (einschließlich des Genusskapitals) entspricht42. Diese Form der Verlustteilnahme wird in aller Regel mit einer Besserungsabrede verbunden, wonach Gewinne späterer Geschäftsjahre vorrangig für die Wiederauffüllung des Genussscheinkapitals zu verwenden sind. Vereinzelt findet sich auch eine Verlustteilnahme in der Form, dass sich im Falle einer Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung von Verlusten das Genusskapital im selben Verhältnis 38 Eine ähnliche begriffliche Unterscheidung verwenden Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 199 ff.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 99; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 25a; Gehling, WM 1992, 1093, 1094. 39 Ausführlich hierzu Frantzen, Genussscheine, S. 102 ff. 40 Häufig negative Formulierung, z.B.: „Der Ausschüttungsanspruch mindert sich insoweit, als sich durch eine Ausschüttung ein Bilanzverlust ergeben würde.“ 41 Beispielsweise durch die Formulierung: „Der Ausschüttungsanspruch mindert sich insoweit, als er aus Eigenkapitalbestandteilen der Gesellschaft geleistet werden müsste, die gesetzlich besonders gegen Ausschüttung geschützt sind“. 42 Frantzen, Genussscheine, S. 122 ff.; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 275 ff.
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reduziert43. Falls die Genussscheine eine Verzinsung vorsehen, sollte klar gestellt werden, ob sich durch eine Verlustteilnahme auch die Basis der Verzinsung ändert oder diese weiterhin auf Grundlage des Nennbetrages berechnet werden soll44.
3. Nachrangabrede Aufgrund der Nachrangabrede treten die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber im Insolvenz- oder Liquidationsfall hinter die Ansprüche der übrigen Gläubiger der Gesellschaft zurück45. Die Reichweite des Rangrücktritts ist im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet. Häufig werden Formulierungen46 verwendet, die den Rangrücktritt weitergehend nicht nur auf den Rückzahlungsanspruch, sondern auf alle Ansprüche aus dem Genussschein erstrecken und über den Insolvenz- oder Liquidationsfall hinaus einen generellen Rangrücktritt anordnen47. Da der Rangrücktritt nur im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft erfolgt, werden die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber auch ohne ausdrückliche Klarstellung vor den Ansprüchen der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis bedient. Obwohl es sich bei anderen Genussscheininhabern ebenfalls um Gläubiger handelt, ist mangels anderer Regelung davon auszugehen, dass sich der Rangrücktritt nicht auf das Verhältnis zu anderen Nachranggläubigern erstrecken soll.
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4. Laufzeit und Kündigung Genusskapital wird in der Regel mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren vergeben48, um die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung zu gewährleisten. Aufgrund dieser Zwecksetzung sehen die Genussscheinbedingungen von Finanzierungsgenussscheinen auch kein ordentliches Kündigungsrecht für die Genussscheininhaber, ggf. aber für den Emittenten vor49. Ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund steht den Vertragsparteien auch ohne ausdrückliche Regelung zu. Es kann durch die Genussscheinbedingungen nicht ausgeschlossen werden50. Ein wichtiger Kündigungsgrund besteht aber nur in eng begrenzten Fällen, z.B. bei erheblicher Verletzung der Genussscheinbedingungen. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung, da sich der Genussscheininhaber gerade an den Chancen und Risiken des Unterneh43 Z.B. in dem Fall BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125 ff.; zur Auslegung einer solchen Verlustteilnahmeregelung BGH v. 23.1.2006 – II ZR 186/04, DStR 2007, 539 ff. 44 Vgl. hierzu Frantzen, Genussscheine, S. 236. 45 Frantzen, Genussscheine, S. 129. 46 Beispielsweise finden sich solche oder ähnliche Formulierungen: „Die Forderungen aus den Genussscheinen gehen den Forderungen aller anderen Gläubigern des Emittenten, sofern diese nicht ebenfalls nachrangig ausgestaltet sind, im Rang nach. Im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen oder der Liquidation des Emittenten werden die Genussscheininhaber nach allen anderen nicht-nachrangigen Gläubigern des Emittenten bedient“. 47 Küthing/Kessler/Harth, Beilage 4 zu BB 1996, 1, 6. 48 Von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 597. 49 Zur Zulässigkeit von Sonderkündigungsrechten Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 283 ff. 50 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 270; Frantzen, Genussscheine, S. 148.
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mens beteiligt hat51. Grundlagenentscheidungen des Emittenten, wie z.B. Umwandlungen, Kapitalmaßnahmen oder Konzernierungen, berechtigen ebenfalls nicht zur außerordentlichen Kündigung52, es sei denn, die dadurch eintretenden nachteiligen Auswirkungen auf die Rechte der Genussscheininhaber können auch durch eine Anpassung der Genussscheininhalte nicht ausgeglichen werden oder es wurde vertraglich ein Sonderkündigungsrecht für diese Fälle vereinbart.
5. Nebenbestimmungen 15
Bei Genussscheinemissionen mit breiter Streuung (Publikumsgenussscheine) wird typischerweise festgelegt, dass Bekanntmachungen zu den Genussscheinen im Bundesanzeiger erfolgen53. Die Bedingungen benennen ein oder mehrere Zahlstellen. Vertragliche Informations- oder Kontrollrechte werden den Inhabern von Publikumsgenussscheinen in aller Regel nicht eingeräumt54. Im Gegensatz zu der schlanken Gestaltung von Publikumsgenussscheinen können Genussscheine, die mit wenigen Zeichnern ausgehandelt werden, umfangreiche Nebenbestimmungen enthalten. Dies sind etwa Informationsrechte, Zusicherungen und flankierende Vereinbarungen, z.B. zur Ausschüttungspolitik bei Tochtergesellschaften.
6. Genussscheinemissionen von Kreditinstituten 16
Kreditinstitute können durch die Ausgabe von Genussscheinen ihr bankaufsichtsrechtliches Eigenkapital erhöhen und damit die Grundlage für eine Ausweitung ihres Aktivgeschäftes schaffen. Eine Anerkennung als aufsichtsrechtliches Eigenkapital setzt voraus, dass die Genussscheine die in § 10 Abs. 5 KWG genannten Kriterien erfüllen. Die Genussscheine von Kreditinstituten müssen demnach eine Verlustteilnahme55 vorsehen. Dies beinhaltet auch, dass keine Ausschüttungen an die Genussscheininhaber erfolgen dürfen, die bei dem Kreditinstitut zu einem Verlust führen würden56. Im Falle der Insolvenz oder Liquidation des Kreditinstituts dürfen die Ansprüche der Genussscheininhaber erst nach der Befriedigung der Gläubiger bedient werden. Die vertragliche Laufzeit muss mindestens fünf Jahre betragen. Genussscheine, deren Restlaufzeit weniger als zwei Jahre beträgt oder die mit einer Frist von weniger als zwei Jahren fällig gestellt werden können, verlieren ihre Qualifikation als haftendes Eigenkapital. Besserungsabreden, die eine Wiederauffüllung der durch Verluste geminderten Rückzahlungsansprüche vorsehen, müssen zeitlich auf vier Jahre nach Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs begrenzt sein. Die kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände57 haben in Abstimmung mit der BaFin Muster für 51 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 271; Frantzen, Genussscheine, S. 151. 52 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 272; Frantzen, Genussscheine, S. 149. 53 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 286 f., mit weiteren möglichen Nebenbestimmungen. 54 Zum gesetzlichen Auskunftsanspruch s. oben unter Rz. 2. 55 Nach h.M. kann für den Verlustbegriff des § 10 Abs. 5 KWG sowohl an den Bilanzverlust als auch an den Jahresfehlbetrag angeknüpft werden: Henke, WM 1985, 41, 44; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 297. 56 Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 2. Aufl. 2004, § 10 KWG Rz. 75; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 300. 57 Z.B. BdB und DSGV.
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Genussscheinbedingungen erarbeitet, um die Anerkennung als aufsichtsrechtliches Eigenkapital zu erleichtern.
III. Ausgabevoraussetzungen 1. Aktienrechtliche Regelungen a) Anwendbarkeit auf „obligationsähnliche“ Genussscheine Die Vorschrift des § 221 Abs. 3 AktG ist nach h.M. nicht nur auf Genussscheine mit gewinnorientierter Vergütung, sondern gleichermaßen auf Genussscheine mit lediglich gewinnabhängiger Vergütung anwendbar58. Einige Literaturstimmen wenden hiergegen ein, dass gewinnabhängige Genussscheine aufgrund ihrer bloßen Verzinsung kein höheres Risikoprofil als Obligationen aufwiesen59. Die Gewinnabhängigkeit sei sogar als „Minus“ zu einer Darlehensvergabe anzusehen, so dass die Anwendung der aktionärsschützenden Vorschrift des § 221 AktG nicht gerechtfertigt sei60. Für die h.M. spricht jedoch der Normzweck des § 221 AktG, der nicht besonders riskante, sondern eigenkapitalähnliche Instrumente erfassen möchte61. Auch die im Einzelfall sehr unterschiedliche Ausgestaltung von Genussscheinen macht es sinnvoll, § 221 AktG zunächst auf alle Genussscheine anzuwenden. Der verminderten Schutzwürdigkeit der Aktionäre bei rein gewinnabhängigen Vergütungen wird durch geringere Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss Rechnung getragen62.
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b) Beschluss der Hauptversammlung § 221 Abs. 3 AktG verweist für die Ausgabe von Genussscheinen auf die für Wandelund Optionsanleihen sowie Gewinnschuldverschreibungen geltenden Ausgabevoraussetzungen. Demnach darf der Vorstand Genussscheine nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgeben. § 221 Abs. 1 AktG sieht eine Kapitalmehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals vor. Dieses Mehrheitserfordernis ergänzt die in § 133 Abs. 1 AktG geregelte einfache Stimmenmehrheit, die daher ebenfalls vorliegen muss. Die Satzung kann andere Mehrheitserfordernisse festlegen; mindestens muss jedoch eine einfache Kapital- und Stimmenmehrheit verbleiben. Stimmt die Hauptversammlung auf Vorschlag des Vorstandes für eine Genussscheinausgabe, so muss der Vorstand diese auch ausführen. Die Ausführungsverpflichtung des Vorstandes erlischt bei Änderung für die Emission wesentlicher Umstände63. Eine Bindung des Vorstandes besteht nicht, wenn die Hauptversammlung einen Ermächtigungsbeschluss gefasst hat, der das Ob und Wann einer Ausgabe dem 58 BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134 ff.; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 25b; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 100; Busch, AG 1994, 93, 97; Sethe, AG 1993, 293, 299. 59 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 217 ff.; Lutter, ZGR 1993, 291, 304 ff.; Gehling, WM 1992, 1093, 1094 f.; Eyber, Abgrenzung, S. 84 ff. 60 Lutter, ZGR 1993, 291, 306. 61 Sethe, AG 1993, 293, 299. 62 S. unten Rz. 19 ff. 63 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 39.
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Vorstand anheim stellt. Trotz des fehlenden Verweises in § 221 Abs. 3 AktG findet die Vorschrift des § 221 Abs. 2 AktG auf Genussscheine entsprechende Anwendung64. Der Ermächtigungsbeschluss muss daher eine auf maximal fünf Jahre begrenzte Befristung enthalten. Außerdem ist der Höchstbetrag der auszugebenden Genussrechte festzulegen65. Begründet der Vorstand Genussrechte ohne die erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung, so handelt er außerhalb seiner Geschäftsführungsbefugnis und macht sich nach § 93 Abs. 2 AktG schadensersatzpflichtig. Die Wirksamkeit der Genussscheine wird dadurch nicht berührt, da die Vertretung des Vorstandes im Außenverhältnis durch § 221 AktG nicht eingeschränkt wird66. c) Bezugsrecht der Aktionäre 19
Den Aktionären steht auf die Genussscheine ein gesetzliches Bezugsrecht zu (§ 221 Abs. 4 AktG). Für das Bezugsrecht gilt § 186 AktG, auf den in § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG vollumfänglich verwiesen wird. Insbesondere ist nach § 186 Abs. 5 AktG die Einräumung eines mittelbaren Bezugsrechtes unter Einschaltung eines Kreditinstitutes möglich.
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Ein Ausschluss des Bezugsrechts erfordert die Wahrung der in § 186 Abs. 3 und 4 AktG vorgesehenen formellen Voraussetzungen. Dazu zählt insbesondere die Zustimmung der Hauptversammlung mit einer Kapitalmehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals (§ 186 Abs. 3 Satz 2 AktG). Die Satzung kann gem. § 186 Abs. 3 Satz 3 AktG weitere Erfordernisse und eine höhere, aber keine geringere Kapitalmehrheit festlegen. Entsprechend der Regelung in § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG muss der Beschluss über den Bezugsrechtsausschluss mit dem über die Ausgabe der Genussscheine verbunden sein. Der Bericht des Vorstandes nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG muss die Tatsachen mitteilen, die für die materielle Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses entscheidend sind, und Wertungen und Abwägungen des Vorstandes enthalten67.
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Ein wirksamer Bezugsrechtsausschluss erfordert im Rahmen von Kapitalerhöhungen, dass der Ausschluss bei gebührender Berücksichtigung der Folgen für die ausgeschlossenen Aktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist. Diese Prüfung schließt eine Abwägung der Interessen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck ein68. Ob der Bezugsrechtsausschluss auch bei Ausgabe von Genussscheinen einer sachlichen Rechtfertigung bedarf, hat der BGH wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung von Genussscheinen davon abhängig gemacht, ob und inwieweit die Genussscheinbedingungen im jeweiligen Einzelfall in die mitgliedschaftliche und vermögensrechtliche Stellung des Aktionärs
64 BGH v. 26.9.1994 – II ZR 236/93, AG 1995, 83; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 36; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 68. 65 BGH v. 26.9.1994 – II ZR 236/93, AG 1995, 83, 84; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 36, 10. 66 Vgl. Wortlaut des § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG, der von „dürfen“ spricht. Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 114; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 150; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 52. 67 OLG München v. 6.2.1991 – 7 U 4355/90, AG 1991, 210, 211. 68 BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134, 135; BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, NJW 1978, 1316, 1317.
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eingreifen69. Im Fall Bremer Bankverein konnte der BGH eine Beeinträchtigung der Aktionäre vollständig verneinen, da die betreffenden Genussscheinbedingungen eine feste, wenn auch gewinnabhängige Verzinsung enthielten, keine Beteiligung am Liquidationserlös vor sahen und zeitlich begrenzt waren. Selbst eine nachteilige Auswirkung auf den Gewinnanspruch der Aktionäre durch einen dem gesteigerten Risiko entsprechenden erhöhten Zinssatz konnte ausgeschlossen werden, da sich die Verzinsung im Rahmen der marktüblichen Konditionen für Kredite bewegte. Soweit Genussscheine dagegen eine gewinnorientierte Verzinsung, eine Beteiligung am Liquidationserlös, ein Bezugsrecht auf Aktien oder eine Verzinsung enthalten, die nicht marktüblichen Bedingungen für Fremdkapital entspricht, was bei Finanzierungsgenussscheinen regelmäßig der Fall ist, ist eine sachliche Rechtfertigung erforderlich70. Deren Umfang hängt wiederum von der Intensität des Eingriffs im Einzelfall ab. Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG ist von dem Verweis in § 221 Abs. 4 Satz 2 AktG zwar miterfasst. Die Voraussetzungen des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses greifen aber – anders als bei Options- oder Wandelschuldverschreibungen – nicht, da Genussscheine keinen Bezug zum Börsenpreis der Aktien haben71.
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2. Andere Gesellschaftsformen Die Geschäftsführer der GmbH benötigen für die Ausgabe von Genussscheinen grundsätzlich keine Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Eine § 221 AktG entsprechende Vorschrift existiert im GmbHG nicht. Für die teilweise geforderte analoge Anwendung des § 221 AktG72 fehlt es an einer Regelungslücke. Eine satzungsmäßige Grundlage ist nur dann erforderlich, wenn die Genussscheine im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses, etwa als Gründervorteil, vergeben werden73. Für die jeweilige Gesellschaft besonders bedeutsame oder ungewöhnliche Genussscheinemissionen erfordern als außergewöhnliche Geschäfte im Innenverhältnis eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit74. Die 69 BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134, 135; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 43; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 58; Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 69. 70 Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 69; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 58 ff.; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 187; a.A. Hirte, ZIP 1988, 477, 486 und Busch, AG 1994, 93, 99, die davon ausgehen, dass jede Vermögensbeeinträchtigung der Aktionäre durch die Bemessung des Ausgabepreises der Genussscheine kompensiert werden könne. Die richtige Bemessung des Kaufpreises sei nur anhand des § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG zu überprüfen. 71 Lutter in KölnKomm. AktG, Nachtrag zu § 186 Rz. 39; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 192; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 539; a.A. Groß, DB 1994, 2431, 2437. 72 Für eine Analogie Jung in Beck’sches Hdb. GmbH, § 7 Rz. 222; Müller in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 29 Rz. 111. Ebenso Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55 Rz. 46, allerdings nicht bei „obligationsähnlichen“ Genussscheinen. 73 Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 69; a.M. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rz. 91. 74 Ebenso Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 70; Kallmeyer in GmbH-Hdb., Rz. I 436; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 585; Sethe, AG 1993, 293, 314 mit Kriterien für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Genussscheinemission.
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Gesellschafter der GmbH haben bei der Ausgabe von Genussscheinen kein Bezugsrecht75. Allerdings verbietet der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz den willkürlichen Ausschluss einzelner Gesellschafter vom Bezug. 24
Die Ausgabe von Genussscheinen durch eingetragene Genossenschaften ist grundsätzlich zulässig. Insbesondere verstößt die Ausgabe von Genussscheinen an andere Personen als die Mitglieder der Genossenschaft nicht gegen § 19 Abs. 1 Satz 1 GenG. Diese Vorschrift befasst sich lediglich mit der Verteilung des festgestellten Jahresgewinns und trifft keinerlei Aussage über die Zulässigkeit von gewinnmindernden Finanzierungsverträgen mit Dritten76. Zahlungen an Genussscheininhaber mindern als Geschäftsaufwand bereits die Höhe des Jahresüberschusses und sind somit der in § 19 Abs. 1 Satz 1 GenG geregelten Gewinnverteilung vorgelagert. Überwiegend wird für die Ausgabe eine Zustimmung der Generalversammlung mit satzungsändernder Mehrheit verlangt77.
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Genussscheinemissionen durch offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sind von der Vertretungsmacht der vertretungsberechtigten Gesellschafter aus § 126 HGB gedeckt. Dies entspricht der herrschenden Auffassung im Hinblick auf die Begründung von stillen Gesellschaften, die aufgrund der vergleichbaren Grundsituation auf Genussscheine übertragen werden kann. Lediglich der Abschluss atypisch stiller Gesellschaftsverträge, in denen dem stillen Gesellschafter eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen oder so weitgehende Mitwirkungsrechte eingeräumt werden, dass seine Stellung der eines Kommanditisten angenähert ist, wird als Grundlagengeschäft betrachtet, das die Vertretungsmacht nach § 126 HGB ohne Mitwirkung der anderen Gesellschafter nicht umfasst78. Finanzierungsgenussscheine sehen eine Vermögensbeteiligung regelmäßig nicht vor. Damit liegt ihr Abschluss innerhalb der Vertretungsmacht der vertretungsbefugten Gesellschafter. Allerdings kann die Ausgabe von Genussscheinen angesichts des bisherigen Geschäftsbetriebs des jeweiligen Unternehmens eine ungewöhnliche Maßnahme sein, die im Innenverhältnis gem. § 116 Abs. 2 HGB einen Beschluss sämtlicher Gesellschafter erfordert bzw. ein Widerspruchsrecht der Kommanditisten gem. § 164 Satz 1 HGB begründet.
3. Genussscheine als Teilgewinnabführungsverträge? 26
Die Einordnung eines Genussscheins als Teilgewinnabführungsvertrag hätte wegen der daraus ggf. folgenden Beschlussfassungs-, Form- und Eintragungspflichten erheb75 Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 72; Kallmeyer in GmbH-Hdb., Rz. I 438; Hueck/ Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rz. 91; a.M. Müller in Ulmer/Habersack/ Winter, GmbHG, § 29 Rz. 111. 76 Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 19 Rz. 28; Hadding, ZIP 1984, 1295, 1302; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 233; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung, S. 27; Schudt, Genussschein als genossenschaftliches Finanzierungsinstrument, S. 52 ff.; a.A. Pöhlmann in Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, Genossenschaftsgesetz, 3. Aufl. 2007, § 19 Rz. 3; Müller, Kommentar zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, 1991, § 19 Rz. 2a; Thielemann, Genussrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung, S. 113 ff. 77 Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 19 Rz. 28, fordert eine Zustimmung der Generalversammlung nur bei gewinnorientierter Vergütung unter Heranziehung des § 221 AktG; Schudt, Genussschein als genossenschaftliches Finanzierungsinstrument, S. 63 f., verlangt außerdem unpraktikabelerweise die Aufnahme der Genussscheinbedingungen in die Satzung. 78 K. Schmidt in MünchKomm. HGB, § 126 Rz. 11; Wirth in MünchHdb. KG, § 9 Rz. 7.
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liche praktische Relevanz. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung von Genussscheinen verbietet sich eine schematische und begriffsorientierte Aussage darüber, ob Genussscheine als Teilgewinnabführungsverträge einzuordnen sind79. Ein Teilgewinnabführungsvertrag liegt gem. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG vor, wenn sich eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen. Unter diese Definition fallen jedenfalls solche Genussscheine, die als gewinnorientierte Vergütung einen quotalen Teil des Gewinns der Gesellschaft festlegen80. Diese Beurteilung gilt auch, wenn sich die quotale Beteiligung nicht auf den Bilanzgewinn oder Jahresüberschuss, sondern auf einen bereinigten Bilanzgewinn oder den Rohertrag bezieht81. Schwieriger wird die Einordnung, wenn eine gewinnorientierte Vergütung in Form einer Verzinsung vorliegt, deren Höhe in Abhängigkeit vom Gewinn der Gesellschaft variiert. Der Wortlaut des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG erfasst derartige Vergütungen nicht, da sie sich nicht auf einen Teil des Gewinns beziehen. Auch der Umstand, dass gestaffelte Vergütungen im Einzelfall einen ähnlichen wirtschaftlichen Effekt wie eine quotale Beteiligung erreichen können, gebietet keine analoge Anwendung, da § 292 AktG vor Einbrüchen in die Gewinnverwendungskompetenz der Aktionäre, nicht aber vor risikoreichen Geschäften schützen soll82. Rein gewinnabhängige Vergütungen schließlich, bei denen nur die Zahlung eines festen Zinssatzes geschuldet ist, fallen eindeutig nicht unter den Begriff der Teilgewinnabführung, da weder eine quotale Gewinnbeteiligung vorliegt noch der Schutzzweck des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG eine Anwendung gebietet83.
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Sofern der Genussschein nach diesen Grundsätzen inhaltlich eine Teilgewinnabführung beinhaltet, stellt sich bei einer Emission durch eine Aktiengesellschaft die weitere Frage nach dem Verhältnis zwischen § 292 Abs. 1 Nr. 2 und § 221 Abs. 3 AktG. Nach zutreffender Ansicht ist § 221 Abs. 3 AktG eine spezielle und abschließende Regelung der Ausgabevoraussetzungen von Genussscheinen, die die Anwendbarkeit des § 292 AktG verdrängt84. Dafür spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber trotz
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79 Eine differenzierende Untersuchung findet sich bei Eyber, Abgrenzung, S. 81 ff. 80 Eyber, Abgrenzung, S. 81 f. 81 Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 292 Rz. 56; Hüffer, AktG, § 292 Rz. 8; weitergehend Altmeppen in MünchKomm. AktG, § 292 Rz. 57, der auch Anknüpfungen an Positionen, die dem Bilanzgewinn vorgelagert sind, etwa Umsatzerlöse, als Teilgewinnabführung einordnet. 82 Ebenso zum Zweck des § 292 AktG Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 292 Rz. 38. 83 Eyber, Abgrenzung, S. 91/92; Gehling, WM 1992, 1093, 1096; wohl auch Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 31, 31a. 84 Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 61; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 72 f.; Koppensteiner in KölnKomm. AktG, § 292 Rz. 52; Sethe, AG 1993, 293, 310; Feddersen/ Landruth, ZGR 1993, 312, 316; Busch, AG 1994, 93, 97; der BGH ordnet Genussscheine einer AG anders als stille Beteiligungen an einer AG nicht als Teilgewinnabführungsverträge ein, so zumindest ohne weitere Begründung BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, AG 2003, 625 f. Auch in der Entscheidung BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134 ff., sah der BGH in dem konkreten Genussschein offensichtlich keinen Teilgewinnabführungsvertrag, wobei aufgrund der fehlenden Problematisierung dieser Frage offen blieb, ob § 292 AktG aufgrund der rein gewinnabhängigen Ausgestaltung des Genussscheins, der Spezialität des § 221 AktG oder aus anderen Gründen für nicht anwendbar erachtet wurde; a.A. Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 31a; nach Hirte, ZBB 1992, 50, 52 ist § 221 AktG nur bei breit gestreuten Genussscheinen spezieller.
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der offensichtlichen Gewinnrelevanz des Genussscheins in § 221 Abs. 3 AktG auf einen Verweis auf das Konzernrecht verzichtet hat. Der Genussschein bedarf daher keiner Eintragung in das Handelsregister der emittierenden Aktiengesellschaft. 29
Auf Genussscheinemissionen einer GmbH ist § 292 AktG als aktienrechtliche Regelung nicht anwendbar. Auch die in der Supermarkt-Entscheidung85 des BGH für den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit einer GmbH entwickelten Grundsätze lassen sich nicht auf Gewinnbeteiligungen im Rahmen von Austauschverträgen übertragen86. Tragende Erwägung der Supermarkt-Entscheidung war, dass es sich bei einem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag nicht um einen schuldrechtlichen Vertrag, sondern um einen gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrag handelt, der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft ändert87. Diese Überlegung trifft auf Finanzierungsgenussscheine gerade nicht zu, da es sich bei ihnen um reine Austauschverträge handelt. Die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung (beurkundeter Gesellschafterbeschluss mit satzungsändernder Mehrheit und Handelsregistereintragung) sind daher nicht einzuhalten.
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Für die eingetragene Genossenschaft existiert ebenfalls keine dem § 292 AktG vergleichbare gesetzliche Regelung. Die vorstehend für die GmbH angestellten Überlegungen dürften entsprechend anwendbar sein. Auch Gewinnbeteiligungen in Finanzierungsgenussscheinen von Genossenschaften ändern nicht satzungsgleich den rechtlichen Status der Genossenschaft88. Unter dem Aspekt einer Teilgewinnabführung ergeben sich daher keine weiteren Beschluss- oder Eintragungserfordernisse89.
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Nach herrschender Ansicht stellt der Abschluss von Teilgewinnabführungsverträgen durch Personengesellschaften aufgrund der damit verbundenen Auswirkung auf die Vermögensrechte der Gesellschafter ein Grundlagengeschäft dar, das der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf90. Die Ausgabe von Genussscheinen, die eine Teilgewinnabführung beinhalten, ist demnach nicht mehr von der Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters gedeckt. Der Genussschein und der Gesellschafterbeschluss bedürfen allerdings keiner bestimmten Form oder Eintragung in das Handelsregister, da die §§ 293 ff. AktG nicht anwendbar sind91.
85 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, AG 1989, 91 ff. 86 Ebenso Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 70; AG Charlottenburg v. 29.11.2005 – 82 HRB 96299 B, GmbHR 2006, 258 f.; außerdem für den parallelen Fall der stillen Gesellschaft BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, ZIP 2003, 845; K. Schmidt, ZGR 1984, 295, 309 ff.; Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 6. Aufl. 2003, Rz. 7.34 m.w.N.; a.A. Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 37; Emmerich in Scholz, GmbHG, Anhang § 13 Konzernrecht Rz. 214. 87 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, AG 1989, 91. 88 So wohl auch Beuthien, GenG, § 19 Rz. 28. 89 Zum Diskussionsstand hinsichtlich von Unternehmensverträgen mit Genossenschaften Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 8. Aufl. 2005, § 36. 90 Mülbert in MünchKomm. HGB, Konzernrecht, Rz. 321; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rz. 105. 91 Ebenso Mülbert in MünchKomm. HGB, Konzernrecht, Rz. 324, der allerdings eine deklaratorische Eintragung des Gesellschafterbeschlusses verlangt; a.M. Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB, § 105 Rz. 105.
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4. Übertragbarkeit und wertpapierrechtliche Verbriefung Genussscheine werden meist als Inhaberpapiere nach § 793 BGB verbrieft. Möglich ist auch die Ausgestaltung als Orderpapier gem. § 363 HGB oder als Namenspapier. Andere Genussscheine erhalten lediglich die Funktion einer Beweisurkunde oder eine Verbriefung unterbleibt ganz. Inhabergenussscheine werden durch Übereignung der Urkunde nach §§ 929 ff. BGB, Ordergenussscheine durch Übereignung der Urkunde und Indossament nach §§ 364, 365 HGB i.V.m. §§ 929 ff. BGB übertragen. Anstelle dieser sachenrechtlichen Übertragung kann auch eine Abtretung der verbrieften Ansprüche nach §§ 398, 952 Abs. 2 BGB vorgenommen werden92, die aufgrund des fehlenden Gutglaubensschutzes aber weniger vorteilhaft ist. Bei Namensgenussscheinen erfolgt die Übertragung immer durch Abtretung nach §§ 398, 952 BGB. Ebenso werden unverbriefte Genussrechte durch Abtretung nach § 398 BGB übertragen.
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Für eine Anwendbarkeit des SchuldVG93 auf Genussscheine ist Voraussetzung, dass die betreffenden Genussscheine gem. § 1 Abs. 1 SchuldVG „im voraus bestimmte Nennwerte“ aufweisen. Dies ist bei Genussscheinen regelmäßig der Fall, da sie üblicherweise bestimmte Nennwerte haben94. Verlustteilnahmeregelungen, die zur Reduzierung der Rückzahlungsansprüche führen können, rechtfertigen es nicht, die Anwendung des SchuldVG abzulehnen. Die Instrumentarien des SchuldVG (u.a. die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters, die Einberufung einer Gläubigerversammlung und die Möglichkeit, zum Zweck der Sanierung Mehrheitsbeschlüsse über die Aufgabe oder Beschränkung von Rechten treffen zu können) sind auch bei Genussscheinen sinnvoll.
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IV. Beeinträchtigungen während der Laufzeit 1. Fehlerhafte Geschäftsführung Dem Genussscheininhaber steht gegenüber dem Emittenten ein rein vermögensrechtlicher Anspruch zu. Auch wenn die Güte der Unternehmensführung maßgeblichen Einfluss darauf hat, wie hoch dieser Anspruch ausfällt, schuldet der Emittent dem Genussscheininhaber als externem Gläubiger keine sorgfältige Geschäftsführung95. Die Vornahme fehlerhafter Geschäftsführungsmaßnahmen führt daher im Regelfall nicht zu einem Schadensersatzanspruch der Genussscheininhaber. Die unternehmerische Handlungsfreiheit des Emittenten ist durch § 241 Abs. 2 BGB begrenzt, der die Parteien eines Schuldverhältnisses zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Der Emittent verletzt seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten, sofern er bewusst zum Nachteil der 92 Bei Inhaberpapieren h.M., etwa Hüffer in MünchKomm. BGB, § 793 Rz. 18 m.w.N. Bei Orderpapieren verlangt die h.M. zusätzlich die Übergabe des Papiers, vgl. KG v. 20.12.2002 – 14 U 5141/00, AG 2003, 568 m.w.N. 93 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4.12.1899, abgedruckt unter BGBl. III 4134-1. 94 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 252; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 265 ff.; Scholz/Breu, DZWIR 2007, 125 ff.; für analoge Anwendung Hirte, ZIP 1991, 1461, 1468 f.; a.A. OLG Frankfurt v. 28.4.2006 – 20 W 158/07, ZIP 2006, 1388; Klanten, EWiR 2007, 251 f. 95 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 355; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 656.
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Genussscheininhaber handelt96, sich außerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes bewegt oder „Entscheidungen trifft, die schlechthin nicht gerechtfertigt werden können und zu deren Durchführung ein verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann zu keiner Zeit bereit wäre“97. In derartigen Fällen steht dem Genussscheininhaber aus § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch gegen den Emittenten zu.
2. Unterlassene oder fehlerhafte Gewinnermittlung 35
Der Emittent darf den Vergütungsanspruch der Genussscheininhaber nicht dadurch vereiteln, dass er die Erstellung des Jahresabschlusses, den Gewinnverwendungsbeschluss oder andere für die Ermittlung des Vergütungsanspruchs notwendige Maßnahmen unterlässt. Die Genussscheininhaber haben aus der Vertragsbeziehung einen Anspruch auf Durchführung des insoweit Erforderlichen98, der nach § 888 ZPO vollstreckbar ist. Die Genussscheininhaber können bei längerer Untätigkeit des Emittenten auch unmittelbar auf Zahlung der Vergütung klagen99. Gegebenenfalls muss im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die für die Berechnung der Vergütung erforderlichen Informationen verlangt werden. Sofern die Höhe des Vergütungsanspruchs von einem Gewinnverwendungsbeschluss abhängt, ist die Höhe des Vergütungsanspruchs der Genussscheininhaber analog § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vom Gericht nach billigem Ermessen festzusetzen.
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Im Fall einer fehlerhaften Gewinnermittlung haben die Genussscheininhaber einen Anspruch auf Zahlung des Vergütungsbetrages, der sich bei korrigierter Ermittlung des Gewinns ergibt. Es handelt sich inhaltlich um den primären Erfüllungsanspruch, nicht um einen Schadensersatzanspruch, so dass es auf ein Verschulden der Gesellschaft bei der Gewinnermittlung nicht ankommt100. Wenn also die Vergütung vom Jahresüberschuss101 oder von anderen Bilanzkennziffern abhängt, die einer Gewinnverwendung vorgelagert sind, hat der Genussscheininhaber einen direkten Zahlungsanspruch.
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Sofern die Vergütung vom Bilanzgewinn oder der Dividende abhängt, lässt sich die Höhe des Vergütungsanspruchs nicht allein aufgrund einer korrigierten Gewinnermittlung bestimmen. Als weiterer Schritt kommt die Entscheidung des Vorstandes und Aufsichtsrates und/oder der Gesellschafter über die Verwendung des Jahresüberschusses hinzu, die möglicherweise auch bei dessen korrekter Feststellung nicht an96 RG v. 20.10.1922 – II 654/21, RGZ 105, 236, 240 f. 97 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, ZIP 1992, 1542, 1551; ebenso Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 355; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 656; Sethe, AG 1993, 351, 361; weitergehend Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 398 f., der das Haftungsmaß des § 93 AktG heranzieht; Frantzen, Genussscheine, S. 289; van Look in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis, S. 42. 98 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 281; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 357. 99 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 281; a.M. Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 359. 100 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 359; Frantzen, Genussscheine, S. 220 f.; a.M. Hirte, ZIP 1988, 477, 487. 101 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 360.
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ders ausgefallen wäre. Die darin liegende Annäherung des Vergütungsanspruchs der Genussscheininhaber an den Gewinnanspruch der Gesellschafter rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Bindungswirkung des festgestellten Jahresabschlusses für die Genussscheininhaber auszugehen und diese darauf zu verweisen, im Wege der Feststellungsklage zunächst die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach § 256 AktG und des darauf beruhenden Gewinnverwendungsbeschlusses nach § 253 AktG zu klären und sodann eine erneute Ergebnisermittlung und Verwendungsentscheidung durchzusetzen102. Da den Genussscheininhabern als Gläubigern die Erhebung der Nichtigkeitsklage aus § 249 AktG nicht zusteht103 und ein allgemeines Feststellungsurteil nach § 256 ZPO nur Wirkung zwischen den Prozessparteien entfaltet104, könnte auf diese Weise ohnehin keine erneute Verwendungsentscheidung herbeigeführt werden. Vielmehr haben die Genussscheininhaber auch in diesem Fall einen direkten Zahlungsanspruch, der allerdings nur dann besteht, wenn und soweit die Verwendungsentscheidung unter Zugrundelegung des korrigierten Ergebnisses angreifbar gewesen wäre105.
3. Rücklagenbildung Orientiert sich die Vergütung der Genussscheininhaber am Bilanzgewinn, hat der Umfang der Bildung von Gewinnrücklagen oder Gewinnvorträgen durch den Emittenten Einfluss auf die Höhe der Vergütung. Durch die Vereinbarung einer solchen Berechnungsgrundlage hat der Genussscheininhaber diese Einflussmöglichkeit akzeptiert und dem Emittenten einen entsprechenden Gestaltungsspielraum eingeräumt106. Ein solcher Gestaltungsspielraum besteht auch im Fall einer festen Verzinsung, deren Ausschüttung vom Vorliegen eines ausreichenden Bilanzgewinns abhängig ist107. Auf die sich hieraus ergebenden Risiken sollte in einem Prospekt besonders hingewiesen werden. Eine Begrenzung des Gestaltungsspielraums ergibt sich daraus, dass die Organe des Emittenten nicht absichtlich zum Nachteil der Genussscheininhaber handeln dürfen108. Wegen der engen Anbindung an die Position eines Aktionärs ist die Thesaurierung den Genussscheininhabern gegenüber außerdem unzulässig, wenn ein Aktionär gegen sie vorgehen könnte. Dies ist nach § 254 AktG etwa der Fall, wenn aufgrund der Dotierung von Gewinnrücklagen oder des Gewinnvortrages durch die Gesellschafter ohne sachlichen Grund eine Verzinsung von 4 % unterschritten wird109. 102 So aber Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 359; von Alvensleben in Häger/ElkemannReusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 652; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282. 103 RG v. 20.10.1992 – II 654/21, RGZ 105, 236, 239; Frantzen, Genussscheine, S. 223; van Look in Bundschuh/Hadding/Schneider, Recht und Praxis, S. 43. 104 Überwiegende Ansicht, z.B. Hüffer, AktG, § 249 Rz. 12. 105 Zu den Kriterien hierfür s. unten Rz. 38 ff. 106 H.M., RG v. 18.11.1913 – Rep. II 280/13, RGZ 83, 295, 297 f.; RG v. 20.10.1922 – II 654/21, RGZ 105, 236, 240; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 283; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 361; Frantzen, Genussscheine, S. 214. 107 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282; Frantzen, Genussscheine, S. 214; a.M. Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 361. 108 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 361; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282. 109 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 282; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 361; Frantzen, Genussscheine, S. 215 ff.; für höhere Verzinsung bei fehlender Betei-
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Wenn der Emittent der Genussscheine eine Holding-Funktion wahrnimmt, kann die Thesaurierung von Gewinnen in den Tochtergesellschaften die Vergütungsansprüche der Genussscheininhaber erheblich beeinträchtigen. Auch diese Auswirkungen hat der Genussscheininhaber, abgesehen vom Fall der absichtlichen Beeinträchtigung, zu dulden110. Mehr Sicherheit bietet dem Genussscheininhaber in diesem Fall die Anknüpfung an eine Gesamtkonzernrendite oder ähnliche Kennziffern.
4. Kapitalerhöhung, -herabsetzung 40
Die Ausgabe von Genussscheinen schränkt die Freiheit des Emittenten zur Vornahme von Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen nicht ein111. Die Genussscheininhaber haben aber einen Anspruch auf Ausgleich der ihnen dadurch ggf. entstehenden Nachteile.
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Diese Kompensationspflicht ergibt sich im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln aus § 216 Abs. 3 AktG, § 57m Abs. 3 GmbHG. Eine Benachteiligung kann aufgrund der Kapitalerhöhung insbesondere dann gegeben sein, wenn eine gewinnorientierte Vergütung vereinbart ist, z.B. durch Anknüpfung an die Dividende. Die eintretenden Nachteile sind in diesem Fall durch eine Erhöhung der Ansprüche der Genussscheininhaber im Verhältnis der Kapitalerhöhung auszugleichen112. Eine Benachteiligung kann aber auch bei gewinnabhängigen Vergütungen entstehen, wenn die Vergütungsregelung nicht nur den Gewinn, sondern auch die Rücklagen heranzieht (s. oben Rz. 11). Durch die Umwandlung von Rücklagen in Stamm- oder Grundkapital verringert sich in diesem Fall der für Gewinnausschüttungen vorhandene finanzielle Puffer. Wenn die Genussscheine vorsehen, dass sie an einem Verlust erst nach der Auflösung von Rücklagen teilnehmen, hat eine Umwandlung von Rücklagen vergleichbare nachteilige Wirkungen. In beiden Fällen sind die eingetretenen wirtschaftlichen Nachteile zu kompensieren. Die erforderliche Anpassung der Genussscheinbedingungen tritt kraft Gesetzes mit Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ein, ohne dass es einer Vertragsänderung durch die Parteien bedarf113.
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Da für die Kapitalerhöhung gegen Einlagen eine dem § 216 Abs. 3 AktG entsprechende Regelung fehlt, hat die Rechtsprechung hierfür einen Schutz der Genussscheininhaber abgelehnt114. Die überwiegende Ansicht in der Literatur115 spricht den Genussscheininhabern hingegen einen Ausgleichsanspruch zu, sofern die Ausgabe der neuen Aktien unter ihrem tatsächlichen Wert erfolgt und dadurch die An-
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ligung am Wert der Gesellschaft Sethe, AG 1993, 351, 360; von Alvensleben in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, Rz. 652, der allerdings hinsichtlich des Zinssatzes nicht auf die 4 % Mindestdividende des § 254 AktG, sondern die individuellen Genussrechtsbedingungen abstellt. Für Anwendung des § 254 AktG im Verhältnis zu den Tochtergesellschaften Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 362. Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 302. Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 303. Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 304. BGH v. 23.10.1958 – II ZR 4/57 – „Harpen-Bonds“, BGHZ 28, 258, 277. Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 306; Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 390 ff.; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 67; Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 77; Zöllner, ZGR 1986, 288, 304.
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sprüche der Genussscheininhaber verwässert werden116. Ein solcher Kompensationsanspruch ergibt sich zumindest im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. Spiegelbildlich zur Kapitalerhöhung kann eine Kapitalherabsetzung zu einer verhältnismäßigen Erhöhung der Vergütungsansprüche der Genussscheininhaber führen. Dies setzt voraus, dass es sich um eine nominelle Kapitalherabsetzung handelt, die mit keinem Kapitalabfluss verbunden ist, und dass sich das Genusskapital nicht bereits aufgrund einer vertraglichen Verlustteilnahmeregelung in demselben Verhältnis wie das Grundkapital verringert. Solche unberechtigten Begünstigungen sind in entsprechender Anwendung des § 216 Abs. 3 AktG auszugleichen117.
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5. Sonderaspekte bei Verlustteilnahme Mit der Vereinbarung einer laufenden Verlustteilnahme des Genussscheinkapitals korrespondiert regelmäßig ein Anspruch der Genussscheininhaber auf Wiederauffüllung des Genussscheinkapitals aus zukünftigen Gewinnen. Ohne einen solchen Wiederauffüllungsanspruch entstünde zu Lasten der Genussscheininhaber ein Ungleichgewicht bei der Verteilung der während der Vertragslaufzeit eintretenden Erfolge und Misserfolge. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist daher grundsätzlich von dem Bestehen eines auf die Laufzeit begrenzten Wiederauffüllungsanspruchs auszugehen118. Eine andere Regelung ist möglich, erfordert aber im Hinblick auf § 305c Abs. 1 BGB eine erhöhte Aufklärung.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn das Genusskapital an einer Kapitalherabsetzung zum Verlustausgleich teilnimmt119. In diesem Fall verlieren Aktionäre und Genussscheininhaber gleichermaßen ihre Rechte, so dass ein Wiederauffüllungsanspruch nicht geboten ist120.
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Ein Bilanzverlust kann auch dadurch eintreten, dass für drohende Risiken Rückstellungen gebildet werden. Nehmen die Genussscheine an einer Kapitalherabsetzung zum Ausgleich dieses Verlustes teil und stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Rückstellungen aufgelöst werden können, weil die befürchteten Risiken nicht eingetreten sind, steht den Genussscheininhabern ein Anspruch auf anteilige Auszahlung der aufgelösten Rückstellungsbeträge zu121. Um einen Abfluss von Eigenkapital zu verhindern122, wird man der Gesellschaft aber das Recht zugestehen müssen, an Stelle der Geldzahlung wahlweise wieder Genussrechte zu vergeben123.
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116 Zu den Möglichkeiten einer Kompensation eingehend Frantzen, Genussscheine, S. 263 ff. 117 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 311; Winter/Seibt in Scholz, GmbHG, § 14 Rz. 77. 118 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 368; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 105. 119 Differenzierend insoweit auch OLG Düsseldorf v. 10.5.1991 – 17 U 19/90 – „Klöckner“, WM 1991, 1375, 1380. 120 Vgl. BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 129 f.; ebenso wohl auch Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 371. 121 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, AG 1993, 125, 129; Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 108. 122 Ausführlich zu diesem Gesichtspunkt Busch, AG 1994, 93, 101 ff. 123 Es wird auch empfohlen, den Genussscheininhabern in diesem Fall Bezugsrechte auf neue Genussscheine einzuräumen: Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 110 m.w.N.
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6. Erhöhung des Genussrechtskapitals 47
Der Emittent ist grundsätzlich nicht gehindert, weitere Genussscheine auszugeben. Die bisherigen Genussscheininhaber haben kein Bezugsrecht auf die neuen Genussscheine. Soweit die Ansprüche der bisherigen Genussscheininhaber durch die neue Genussscheinemission verwässert werden, stehen diesen in ergänzender Vertragsauslegung und unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 216 Abs. 3 AktG entsprechende Ausgleichsansprüche zu. Eine Verwässerung tritt allerdings nur dann ein, wenn sich die Vergütung der alten wie der neuen Genussscheine an der Dividende orientiert und die neuen Genussscheine unter Wert ausgegeben werden124. Ein Vorrang vor früheren Genussscheinen kann nur mit Zustimmung der betroffenen Genussscheininhaber begründet werden.
7. Maßnahmen nach Umwandlungsgesetz 48
Ist im Falle einer Verschmelzung der Emittent der übertragende Rechtsträger, werden die Genussscheininhaber durch § 23 UmwG geschützt, der die Gewährung gleichwertiger Rechte durch den übernehmenden Rechtsträger vorschreibt. Wenn der Emittent der übernehmende Rechtsträger ist, wird er im Zuge der Verschmelzung eine Kapitalerhöhung durchführen müssen. Hierfür gelten die Ausführungen zur Kapitalerhöhung (s. oben Rz. 40 ff.).
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Die formwechselnde Umwandlung des Emittenten berührt den Bestand der Genussrechte nicht. Sollten aufgrund der geänderten Rechtsform Anpassungen erforderlich werden, sind diese gem. §§ 204, 23 UmwG so vorzunehmen, dass der wirtschaftliche Gehalt der Genussscheine möglichst unverändert bleibt.
124 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 313; Frantzen, Genussscheine, S. 271.
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§ 13 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von aktienverwandten Emissionen Asmus Mihm I. Bilanzielle Behandlung strukturierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . II. Wandelanleihe . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten . . b) Behandlung beim Anleger . . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . a) Besteuerung des Emittenten . . b) Besteuerung des Anlegers aa) Bilanzierender Anleger . . . bb) Privatanleger . . . . . . . . . cc) Investmentfonds . . . . . . . c) Kapitalertragsteuer . . . . . . . . 3. Besonderheiten bei Emission über eine Auslandstochter . . . . . . . . a) Bilanzierung bei der Muttergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Besonderheiten bei der Muttergesellschaft . . . . . . c) Steuerliche Besonderheiten beim Anleger . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflichtwandelanleihe (mandatory convertible bond) . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten . b) Behandlung beim Anleger . . . 2. Besteuerung . . . . . . . . . . . . .
1 6 7 12 15 16 22 26 33 35 37 39 41 45
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47
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48 51 52
IV. Optionsanleihe . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten . .
57 59
b) Behandlung beim Anleger . . 2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten b) Besteuerung des Anlegers . . aa) Bilanzierender Anleger . bb) Privatanleger . . . . . . . cc) Investmentfonds . . . . . c) Kapitalertragsteuer . . . . . .
. .
60
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. . . . . .
61 62 67 69 70 71
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72 73
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79 80 81 82
VI. Genussschein . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten . . b) Behandlung beim Anleger . . . . 2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten . . b) Besteuerung des Anlegers . . . . aa) Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös . . . . . . . bb) Keine Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös . . . . . . . . . . . . . . c) Kapitalertragsteuer . . . . . . . .
83
V. Umtauschanleihe . . . . . . . . . 1. Handelsbilanzielle Behandlung . 2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten b) Besteuerung des Anlegers aa) Bilanzierender Anleger . bb) Privatanleger . . . . . . . cc) Investmentfonds . . . . . c) Kapitalertragsteuer . . . . . .
84 86 87 91 92 94 95
Schrifttum: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Altehoefer/Landendinger, Die Ausgestaltung von Genußrechten ausländischer Kapitalgeber und die Beschränkung der inländischen Quellenabzugsbesteuerung durch DBA und EG-Recht, IStR 1997, 321; Ammelung, (Erneute) Verrechnungspreisaspekte bei Sicherstellung gegenüber ausländischen Finanzierungsgesellschaften?, IStR 2003, 250; Angerer, Genußrechte bzw. Genußscheine als Finanzierungsinstrument, DStR 1994, 41; Arndt/Muhler, Optionsanleihen im Ertragsteuerrecht, DB 1988, 2167; Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Kommentar, Loseblatt; Benecke/Schnitger, Anwendung des § 8a KStG, IStR 2004, 44; Blümich, Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz, Loseblatt; Bogenschütz, Bilanzierung von Genußscheinen, JbFStR 1996/97, 566; Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, 1994; Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Loseblatt; Dombeck, Die Bilanzierung von strukturierten Produkten nach deutschem Recht und nach den Vorschriften des IASB, WPg 2002, 1065; Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, Loseblatt; Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, 2000; Gelhausen/Rimmelspacher, Wan-
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del- und Optionsanleihen in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen des Emittenten und des Inhabers, AG 2006, 729; Griemla, Steuerbilanzielle Behandlung des Ausgabeaufschlags einer Optionsanleihe beim Emittenten, FR 2005, 565; Groh, Hände weg von Optionsanleihen, DB 2002, 860; Günkel, Aktuelle Fragen aus der Betriebsprüfung, JbFStR 1999/2000, 679; Hahne, Steuerbilanzielle Behandlung der Ausgabe von Options- und Wandelanleihen beim Emittenten, StuB 2006, 295; Haisch, Besteuerung von niedrig verzinslichen Optionsanleihen im Privatvermögen, DStR 2001, 1968; Haisch/Danz, Aktuelle Fragen der Besteuerung von Options- und Wandelanleihen, DStZ 2006, 229; Hamacher, Reverse Convertible Bonds, Umtauschanleihen und Partizipationsscheine, DB 2000, 2396; Harenberg, Besteuerung von minderverzinslichen Optionsanleihen, GStB 2004, 19; Harenberg/Irmer, Einkommensteuerliche Behandlung von Optionsanleihen, NWB Fach 3, 10221; Häuselmann, Wandelanleihen in der Handels- und Steuerbilanz des Emittenten, BB 2000, 139; Häuselmann, Die steuerliche Erfassung von Pflichtwandelanleihen, BB 2003, 1531; Häuselmann/Wagner, Steuerbilanzielle Erfassung aktienbezogener Anleihen: Options-, Wandel-, Umtausch- und Aktienanleihen, BB 2002, 2431; Heger, Aufgeld bei Optionsanleihe als Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG, juris PR-SteuerR 5/2006, Anm. 2; Jacobs/Nolting/Nolte, Wandel- und Umtauschanleihen – Betriebswirtschaftliche und steuerliche Perspektiven, SteuerStud 2005, 74; Kirchhof, EStG, 7. Aufl. 2007; Kirchhof/Söhn, EStG, Loseblatt; Knobbe-Keuk, Gewinnausschüttungen auf Genußrechte, BB 1987, 341; Knobbe-Keuk, Steuerrechtliche Fragen der Optionsanleihen, ZGR 1987, 313; Koch/Vogel, Zur handels- und steuerrechtlichen Behandlung von Optionsanleihen, BB 1986, Beilage 10; Korn, EStG, Loseblatt; Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, Loseblatt; Laule, Genußschein, Doppelbesteuerungsabkommen und die Praxis der deutschen Finanzgerichte, IStR 1977, 577; Linscheidt, Die steuerliche Behandlung des Genußrechtskapitals der Kapitalgesellschaft, DB 1992, 1852; Littmann/Bitz/Pust, EStG, Loseblatt; Oho/Behrens, Steuerliche Aspekte bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen über ausländische Konzerngesellschaften, IStR 1996, 313; Mihm, BB-Kommentar zum BFH-Urteil vom 30.11.2005, I R 3/04, BB 2006, 321; Scheurle, Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz – Änderungen der Besteuerung von Kapitaleinkünften, DB 1994, 445, 502; Schlitt/Mihm, Mandatory Convertibles im Fokus der Emittenten, Börsen-Zeitung v. 5.2.2003, S. 13; Schmidt, EStG, 26. Aufl. 2007; Schmittmann/Wepler, Voraussetzungen der Verlustausgleichsbeschränkung bei Termingeschäften im Betriebsvermögen, DStR 2001, 1783; Schumacher, Nochmals: Besteuerung von Hochzins- und Umtauschanleihen, DStR 2001, 1021; Schumacher, Besteuerung innovativer Finanzprodukte im Privatvermögen, StbJb. 2002/03, 441; Tibo, Die Besteuerung von Termingeschäften im Betriebsvermögen gem. § 15 Abs. 4 EStG, DB 2001, 2369; Uelner, Die Unternehmensbesteuerung aus der aktuellen Sicht des Gesetzgebers, der Verwaltung und der Rechtsprechung, JbFStR 1986/87, 11; Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2003; Wagner, Die steuerliche Behandlung des Ausgabenaufgeldes einer Optionsanleihe beim Emittenten – Rechtsprechung des BFH in den Urteilen vom 30.11.2005, Der Konzern 2006, 262; Winnefeld, Bilanzhandbuch, 4. Aufl. 2002.
I. Bilanzielle Behandlung strukturierter Produkte 1
Bei den aktienverwandten Emissionen, die auch als Equity-Linked Issues bezeichnet werden, handelt es sich häufig um zusammengesetzte Kapitalmarktprodukte. Das bedeutet, dass sie aus (mindestens) zwei Komponenten bestehen. So stellt sich etwa eine Wandelanleihe wirtschaftlich als eine Schuldverschreibung dar, die mit dem Recht verbunden ist, Aktien des Emittenten zu erwerben (Kaufoption). Diese Verbindung eines Zins tragenden Kassainstruments mit einem derivativen Finanzinstrument wird als strukturiertes Produkt bezeichnet, wenn die beiden Komponenten fest verbunden sind, also der separate Erwerb oder Verkauf einer der beiden Komponenten nicht möglich ist1. Bei der bilanziellen Behandlung stellt sich hier die Fra1 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916, Tz. 1; ebenso IAS 39.10 Satz 3 zu hybrid (combined) instruments.
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ge, ob das Instrument einheitlich zu behandeln oder ob es in seine Komponenten aufzuteilen ist und diese nach den für sie jeweils geltenden Regeln zu bilanzieren sind. Für die Bilanzierung nach HGB2 bestehen keine gesetzlichen Vorgaben. Der Bankenfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer hat insoweit eine Regelung getroffen. Diese lehnt sich im Ergebnis an die entsprechenden IFRS-Regeln an3. Nach dem IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.0034 sind strukturierte Produkte im Grundsatz ebenfalls als einheitlicher Vermögensgegenstand anzusehen. Ein strukturiertes Produkt ist aber in seine Komponenten aufzuspalten, wenn
2
– ein Kassainstrument mit (mindestens) einem derivativen Finanzinstrument verbunden wird, das einem über das Zinsrisiko hinausgehenden Marktpreisrisiko unterliegt oder – das eingesetzte Kapital neben dem Bonitätsrisiko des Emittenten durch weitere Risiken gefährdet wird oder – die Verzinsung negativ sein kann oder – eine Laufzeitverlängerung ohne Zinssatzanpassung vorgesehen ist5. Nach diesem Rechnungslegungshinweis sind also z.B. Anleihen, bei denen neben der Rückzahlung zum Nennwert auch eine Lieferung von Aktien möglich ist, beim bilanzierenden Emittenten oder Gläubiger aufzuspalten. Eine im strukturierten Produkt enthaltene Option ist nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen6 zu bilanzieren7. Eine Ausnahme gilt für den Handelsbestand8, da dieser nur kurzfristig gehalten wird, sowie für strukturierte Eigenkapitalinstrumente beim Emittenten9.
3
Der IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.00310 wurde vom Bankenfachausschuss herausgegeben. Er interpretiert allerdings allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze und nicht etwa Sondervorschriften für die Rechnungslegung der Kreditinstitute11. Daher wird man davon auszugehen haben, dass er, zumindest entsprechend, auf alle nach HGB bilanzierenden Kaufleute Anwendung findet.
4
Zu der vom IDW vertretenen Auffassung ist kritisch anzumerken, dass nach § 246 HGB in der Bilanz die Vermögensgegenstände auszuweisen sind und nach der herkömmlichen Definition ein Vermögensgegenstand nicht nur selbständig bewertbar ist, sondern auch einzeln veräußert oder verwertet werden kann12. Bei strukturierten
5
2 Die nachfolgende Darstellung beruht auf den Rechnungslegungsvorschriften vor Änderung durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, das zur Zeit der Drucklegung nur als erster Referentenentwurf vorlag. 3 IAS 39.10 ff. (Embedded Derivatives); s. dazu auch Dombeck, WPg 2002, 1065, 1070. 4 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003 v. 2.7.2001, WPg 2001, 916 f. 5 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 7; kritisch Häuselmann/ Wagner, BB 2002, 2431, 2433. 6 IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff. 7 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 8. 8 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 6. 9 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 2. 10 WPg 2001, 916 f. 11 Allerdings beziehen sich einige Teile des IDW-Rechnungslegungshinweises BFA 1.003 auf nur für Kreditinstitute anwendbare Vorschriften, z.B. Tz. 6, die auf den Handelsbestand und Tz. 8, die auf den nur für Kreditinstitute anwendbaren § 340e HGB Bezug nimmt. 12 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 24; Ellrott/Krämer in Beck’scher Bilanz-Komm., § 247 HGB Rz. 13; Winnefeld, Bilanzhandbuch, Rz. D 420.
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Produkten fehlt es aber gerade an der getrennten Veräußerbarkeit von Anleihe und Derivat, so dass sie nach den allgemeinen Regeln als einheitlicher Vermögensgegenstand angesehen werden müssen13. Trotz dieser Kritik liegt wegen seiner Bedeutung in der Praxis der IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003 der folgenden Darstellung zugrunde.
II. Wandelanleihe 6
Bei Wandelanleihen handelt es sich um Anleihen, bei denen dem Anleger das Recht eingeräumt ist, anstelle der Rückzahlung (regelmäßig zum Nennwert) grundsätzlich während der gesamten Laufzeit die Lieferung von Aktien des Emittenten zu verlangen (§ 10 Rz. 2). Wirtschaftlich lässt sich eine Wandelanleihe in eine Anleihekomponente („nackte“ Anleihe) und eine Kaufoption (call option) auf Aktien des Emittenten aufteilen. Im Markt dominieren heute unterverzinsliche Wandelanleihen, die gemessen am Marktzins nur geringe laufende Zinszahlungen (Kupons) bieten und zu pari emittiert und eingelöst werden. Als Ausgleich für den niedrigen Kupon erhält der Anleger das Wandlungsrecht14. Diese Ausformung steht im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtung.
1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten 7
Der IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003 findet auf die Bilanzierung von Eigenkapitalinstrumenten beim Emittenten keine Anwendung15. Gleichwohl ist der Tatsache, dass der Emittent mit der Anleihe wirtschaftlich eine Kaufoption verkauft hat, bei der Bilanzierung Rechnung zu tragen16.
8
Bei der Emission ist die Anleihe mit ihrem Rückzahlungsbetrag als Verbindlichkeit auszuweisen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Eine Abzinsung der niedrig verzinslichen Anleihekomponente ist nicht zulässig17. Nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ist der bei Ausgabe von Wandelanleihen für das Wandlungsrecht erzielte Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen. Mit dem dem Anleger eingeräumten Wandlungsrecht wird die niedrige Verzinsung der Anleihe erkauft. Für eine Anleihe mit gleichen Konditionen, aber ohne Wandlungsrecht hätte der Emittent nur einen um den Wert des Wand13 Kritisch zur Aufspaltung strukturierter Produkte bei der Bilanzierung nach HGB Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2433, nach denen allein bei getrennter Handelbarkeit beider Komponenten (wie z.B. bei Optionsanleihen) eine getrennte Bilanzierung geboten ist. 14 Daneben sind auch Wandelanleihen mit marktüblichem Kupon, die wegen des zusätzlich gewährten Wandlungsrechts mit einem Agio ausgegeben werden, und Mischformen (Ausgabe mit Agio und etwas unter dem Marktüblichen liegenden Kupon) denkbar. Für den insoweit vergleichbaren Fall der Optionsanleihe s. die Berechnungsbeispiele bei OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A - St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628, beide durch BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339, und I R 26/04, BFH/NV 2006, 616, teilweise überholt. 15 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 2. 16 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 272 HGB Rz. 108 ff. m.w.N., insbes. Rz. 118 ff. zur unterverzinslichen Wandelanleihe. 17 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 253 HGB Rz. 81 ff.; Hoyos/M. Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 64.
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lungsrechts verminderten Emissionserlös erzielen können. In Höhe des auf das Wandlungsrecht entfallenden Betrags kann der Emittent daher ein Disagio (Rechnungsabgrenzungsposten) aktivieren, das über die Laufzeit der Anleihe linear abzuschreiben ist (§ 250 Abs. 3 HGB)18. Im Ergebnis ist in der Gewinn- und Verlustrechnung des Emittenten für die Wandelanleihe also der gleiche Zinsaufwand zu berücksichtigen, der für eine Anleihe ohne Wandlungsrecht entstanden wäre19. Insoweit wird in der Literatur20 vertreten, das Disagio und der in die Kapitalrücklage einzustellende Betrag seien nach der kürzestmöglichen Laufzeit der Wandelanleihe zu ermitteln, also anhand des frühestmöglichen Wandlungstermins. Im Ergebnis kann nach dieser Auffassung bei den im Markt üblichen niedrig verzinslichen Anleihen mit jederzeit ausübbarer Option kein Entgelt für das Wandlungsrecht in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Die Auffassung beruht auf der Annahme, dass unsicher sei, ob der Vorteil aus der niedrigen Verzinsung tatsächlich erzielt werde, weil der Anleger sofort wandeln könne. Diese Ansicht übersieht aber zum einen, dass das Disagio endgültig beim Emittenten verbleibt und auch im Fall der Wandlung nicht etwa aufwandswirksam wird, sondern mit der Verbindlichkeit aus der Anleihe zu verrechnen und dann in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Weiter ist eine Wandlung des Anlegers vor Laufzeitende regelmäßig nicht zu erwarten. Der Wert des Wandlungsrechts übersteigt wegen seines Optionscharakters die bloße Differenz zwischen dem aktuellen Kurswert der Aktie und dem Wandlungspreis. Dieser Teil, der nicht intrinsische Wert der Option, wird mit der Wandlung vernichtet. Zudem gibt der Anleger seinen Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals aus der Anleihekomponente auf, der bei der Preisbildung der Anleihe ebenfalls berücksichtigt wird. Will ein Anleger also vor Endfälligkeit sein Investment in Aktien an Stelle der Wandelanleihe fortsetzen, so steht er sich besser, wenn er statt zu wandeln die Wandelanleihe verkauft und von dem Verkaufserlös Aktien des Emittenten kauft. Die Ausnahme einer sofortigen Wandlung ist also bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht gerechtfertigt. Die Auffassung führt weiter dazu, dass bei einer Anleihe mit einem Wandlungsrecht nur bei Endfälligkeit (europäische Option) eine Zuführung in Höhe des gesamten Zinsverzichts zur Kapitalrücklage erfolgt, während bei jederzeit ausübbarem Wandlungsrecht (amerikanische Option) kein Entgelt für das Wandlungsrecht in die Kapitalrücklage eingestellt werden kann. Das erscheint nicht plausibel, weil der Wert einer amerikanischen Option bei sonst gleichen Konditionen nicht geringer sein kann als der einer europäischen, weil die amerikanische 18 So für strukturierte Produkte IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f. Tz. 8; s. auch Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 62. Alternativ kann der Emittent das Disagio auch im Jahr der Ausgabe der Wandelanleihe als Zinsaufwand buchen, wovon allerdings kaum Gebrauch gemacht werden dürfte, zumal das Disagio in der Steuerbilanz zwingend zu aktivieren ist (H 6.10 EStH 2005 „Damnum“; vgl. auch BFH v. 19.1.1978 – IV R 153/72, BStBl. II 1978, 262; BFH v. 29.11.2006 – I R 46/05, BFHE 216, 159). 19 Erfolgt die Ausgabe der Anleihe über pari, ist ebenfalls der für das Wandlungsrecht erzielte Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen. Ein Rechnungsabgrenzungsposten ist hier dann zu bilden, wenn der laufende Zins vom marktüblichen Zins abweicht, der für eine Anleihe ohne Wandlungsrecht zu zahlen wäre. 20 Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006, 729, 732; Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, Loseblatt, § 272 HGB Rz. 90, für den Fall von Kündigungsrechten der Anleger vor Endfälligkeit; ähnlich Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 272 HGB Rz. 123.
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Option mehr Rechte gewährt. Aus diesem Grund kann das Entgelt für das Wandlungsrecht, das der Emittent bei Ausgabe einer jederzeit wandelbaren Anleihe erzielt und das nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen ist, nicht niedriger sein als das für eine nur bei Endfälligkeit wandelbare Anleihe. Schließlich führt die vorgenannte Literaturauffassung zu einer unterschiedlichen Behandlung von Wandelanleihen mit offen ausgewiesenem Entgelt für das Wandlungsrecht und Wandelanleihen, bei denen das Wandlungsrecht durch einen Zinsverzicht erkauft wird. Das aber erscheint wegen des wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalts nicht gerechtfertigt. Richtig erscheint es daher, das Disagio in Höhe des Zinsvorteils für die gesamte Laufzeit zu aktivieren und bis zum frühestmöglichen Rückzahlungszeitpunkt (nicht Wandlungszeitpunkt) abzuschreiben21. Wertschwankungen des Wandlungsrechts während der Laufzeit der Anleihe führen weder zu einer Änderung der Wertansätze in der Bilanz noch zur Bildung einer Drohverlustrückstellung, weil der Emittent die bei Ausübung des Wandlungsrechts erforderlichen Aktien regelmäßig selbst schaffen kann, z.B. aus bedingtem Kapital. 9
Bei Ausübung des Wandlungsrechts erwirbt der Anleger die in den Anleihebedingungen festgelegte Anzahl von Aktien. Die Verbindlichkeit aus der Anleihe entfällt damit. Sie ist in Höhe des Gesamtnennwerts der ausgegebenen Aktien oder bei Stückaktien in Höhe des auf die Aktien entfallenden anteiligen Betrags des Grundkapitals zugunsten des Grundkapitals auszubuchen. Der diesen geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) übersteigende Teil der Verbindlichkeit ist nach § 272 Abs. 1 Nr. 1 HGB mit einem etwa noch bestehenden Rechnungsabgrenzungsposten zu verrechnen und in die Kapitalrücklage einzustellen. Das bei der Ausgabe erzielte Entgelt für das Wandlungsrecht verbleibt in der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB, gleich ob das Wandlungsrecht ausgeübt wird oder nicht22.
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Die Anleihebedingungen von Wandelanleihen sehen regelmäßig vor, dass die bei Wandlung zu liefernden Aktien aus einer Kapitalerhöhung stammen. Es ist aber auch denkbar, dass der Emittent sich vorbehält, seine Lieferverpflichtung durch Lieferung eigener Aktien zu erfüllen. Anstelle von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung erhält der Anleger dann Aktien, die bereits ausgegeben waren und die der Emittent im Markt zurückgekauft hat. Auch in diesem Fall ist das vom Emittenten für das Wandlungsrecht erzielte Entgelt in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen. Die Anleihe ist mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren und in Höhe des Wertes des Wandlungsrechts ist ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Auch hier ist bei einem Kursanstieg der Aktie die Bildung einer Drohverlustrückstellung entbehrlich, wenn dem Emittenten das Recht, die Anleiheschuld durch Lieferung eigener statt neuer Aktien zu erfüllen, nur alternativ eingeräumt ist oder er die eigenen Aktien hinreichend separiert im Bestand hält. Werden bei Wandlung eigene Aktien aus dem Bestand des Emittenten geliefert, so entsteht ein Gewinn oder Verlust in Höhe der Differenz zwischen dem Rückzahlungsbetrag der Anleihe und dem Buchwert der Aktien. Die für die abgegebenen Aktien gebildete Rücklage für eigene Anteile (§ 71 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 272 Abs. 4 HGB) ist aufzulösen23.
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Weiter kann sich der Emittent einer Wandelanleihe vorbehalten, nach seiner Wahl dem Anleger bei Ausübung des Wandlungsrechts anstelle der Aktien eine Barabfin21 Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 62. 22 Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 62 a.E. 23 Förschle/Hoffmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 125.
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dung, also einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, der dem Wert der Aktien entspricht24. Auch in diesem Fall ergeben sich bei der Ausgabe der Anleihe keine Besonderheiten. Aus den zuvor genannten Gründen ist eine Aufstockung der Rückzahlungsverpflichtung aus der Anleihe oder die Bildung einer Rückstellung während der Laufzeit nicht erforderlich, solange der Emittent zwischen Lieferung der Aktien und Barabfindung wählen kann. Erst bei Tilgung der Anleihe durch Zahlung der Barabfindung realisiert der Emittent einen Verlust in Höhe des Betrags, um den der Wert der Aktien den ursprünglichen Rückzahlungsbetrag der Anleihe übersteigt. b) Behandlung beim Anleger Beim Erwerb hat der bilanzierende Anleger die Anleihe, soweit er sie nicht als Kreditinstitut im Handelsbestand hält, in ihre beiden Komponenten aufzuspalten25. Zum einen ist das Wandlungsrecht als Kaufoption zu aktivieren. Zum anderen ist die Anleihekomponente nach dem im deutschen Bilanzrecht vorherrschenden Bruttoprinzip mit dem Rückzahlungsbetrag zu aktivieren. In Höhe des auf das Wandlungsrecht entfallenden Betrags ist in der Bilanz des Anlegers ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden26, der über die Laufzeit aufzulösen ist und zu Zinserträgen führt. Handelt es sich um eine Bezugsrechtsemission, so gehört der Wert des eingeräumten oder erworbenen Bezugsrechts beim Ersterwerber zu den Anschaffungskosten des Wandlungsrechts27. Wird die Wandelanleihe nicht bei der Emission, sondern erst später im Markt erworben, ist die Aufteilung aufgrund der Verhältnisse im Erwerbszeitpunkt vorzunehmen28. Dies kann einmal dadurch erfolgen, dass der Wert des Optionsrechts aufgrund der einschlägigen finanzmathematischen Bewertungsmethoden ermittelt wird. Der Rest der Anschaffungskosten ist dann der Anleihekomponente zuzuordnen. Es ist aber auch möglich, umgekehrt vorzugehen und aufgrund des Ratings des Emittenten, der allgemeinen Kapitalmarktverhältnisse und der Restlaufzeit der Anleihe den marktüblichen Zinssatz für eine vergleichbare „nackte“ Anleihe zu ermitteln und daraus den Wert der Anleihekomponente abzuleiten. In diesem Fall ergibt sich der Wert des Wandlungsrechts als Residualgröße. 24 Z.B. Infineon 4,25 % Wandelanleihe 2002–2007 (ISIN XS0141505957), § 10 der Anleihebedingungen; SGL Carbon 3,5 % Wandelanleihe 2000–2005 (ISIN DE0007235319), § 7 der Anleihebedingungen. In jüngerer Zeit dürfte diese Option aber an Attraktivität verloren haben, weil sie nach IAS 32.26 zum Ausweis der Optionskomponente als Fremdkapital im IFRS-Abschluss führt. 25 Vgl. IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 2, wonach Wandelanleihen nur hinsichtlich der Bilanzierung beim Emittenten von den allgemeinen Regeln über strukturierte Produkte ausgenommen sind. Zur Kritik dieser Auffassung vgl. oben Rz. 5. 26 Hoyos/M. Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 266 HGB Rz. 260; IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 8; ebenso für Optionsanleihen OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A - St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628. 27 Vgl. zur Bezugsrechtsemission von Aktien Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 253 HGB Rz. 51. Da das Bezugsrecht nur wegen des Wandlungsrechts zu gewähren ist, gehört sein Wert in voller Höhe zu den Anschaffungskosten des Wandlungsrechts (so für die Optionsanleihe BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883, 886 (li. Sp.)). 28 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 8.
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Beide Komponenten sind in den Folgejahren separat zu bewerten29. Ein Anstieg der Zinssätze oder eine Verschlechterung der Bonität des Emittenten können also zu einer Abschreibung auf die Anleihekomponente führen (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB). Wird die Anleihe im Umlaufvermögen gehalten, ist die Abschreibung zwingend vorzunehmen (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB). Ein rückläufiger oder stagnierender Aktienkurs führt zu einer Wertminderung des Wandlungsrechts und zu entsprechendem Abschreibungsbedarf. Bei späteren Wertsteigerungen dürfen die Bilanzansätze wieder erhöht werden (§ 253 Abs. 5 HGB), höchstens jedoch bis zu den jeweiligen Anschaffungskosten; bei Kapitalgesellschaften ist diese Wertaufholung zwingend (§ 280 Abs. 1 HGB)30.
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Bei Ausübung des Wandlungsrechts sind die erworbenen Aktien mit dem Wert der für die Aktien hingegebenen Vermögensgegenstände, also des Buchwerts der Anleihekomponente vermindert um den verbliebenen passiven Rechnungsabgrenzungsposten und zuzüglich des Buchwerts des Wandlungsrechts anzusetzen31. Wird das Wandlungsrecht bis zur Endfälligkeit der Wandelanleihe nicht ausgeübt, so hat der Anleger es zu Lasten des Gewinns auszubuchen. Wird die Wandelanleihe während der Laufzeit weiterveräußert, so ist der Veräußerungserlös nach den beim Verkauf herrschenden Marktbedingungen auf Anleihekomponente (abzüglich des passiven Rechnungsabgrenzungspostens) und Wandlungsrecht aufzuteilen. Die sich jeweils ergebenden Gewinne bzw. Verluste sind über die Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen.
2. Besteuerung 15
Die deutsche Besteuerung knüpft nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) für den Emittenten und den bilanzierenden Anleger an die vorstehend geschilderte handelsbilanzielle Behandlung an. Besondere Regeln gelten für nicht bilanzierende Anleger, also insbesondere für Anleger, die eine Wandelanleihe im Privatvermögen halten. a) Besteuerung des Emittenten
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Beim Emittenten ergibt sich aufgrund der Aufteilung der Wandelanleihe in Anleiheund Optionskomponente, dass die Anleihe mit dem Rückzahlungswert zu bilanzieren und ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden ist. Dieser entspricht seiner Höhe nach dem Wert des Wandlungsrechts und ist über die Laufzeit der Anleihe steuerwirksam abzuschreiben32. 29 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 7. 30 Die in § 280 Abs. 2 HGB grundsätzlich vorgesehene Beibehaltung des niedrigeren Teilwerts aus steuerlichen Gründen ist nach derzeit geltendem Recht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG) nicht möglich. 31 Zum Erwerb aufgrund von Optionen allgemein vgl. IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter B. 32 Anders als nach § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB besteht steuerlich nach allgemeinen Grundsätzen kein Ansatzwahlrecht für den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, der das Disagio abbildet (BFH v. 21.4.1988 – IV R 47/85, BStBl. II 1989, 722, 726). Dies gilt auch bei verbrieften Forderungen (BFH v. 29.11.06 – I R 46/05, BFHE 216, 159; entgegen der Vorinstanz FG Köln v. 17.3.2005 – 13 K 7115/00, EFG 2005, 1179 und Hahne, StuB 2006, 295).
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Der gesamte sich danach ergebende Zinsaufwand ist bei der Körperschaftsteuer grundsätzlich abziehbar (vgl. § 17 Rz. 9 f.). Zu beachten ist allerdings die Zinsschranke (§§ 4h EStG, 8a KStG n.F.). Danach dürfen Zinsaufwendungen, soweit sie die Zinserträge übersteigen (Schuldzinsüberhang) grundsätzlich nur in Höhe von maximal 30 % des steuerlichen Einkommens zuzüglich des Schuldzinsüberhangs und der planmäßigen Abschreibungen abgezogen werden.
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Ausnahmen von der Zinsschranke gelten für Betriebe, – deren Nettozinsaufwand weniger als 1 Mio. Euro im Jahr beträgt; – die nicht zu einem Konzern gehören, wenn diese weiter nachweisen, dass ihre Zinszahlungen an zu mehr als 25 % beteiligte Gesellschafter, diesen nahe stehenden Personen oder Dritte mit Rückgriff gegen solche Gesellschafter oder diesen nahe stehenden Personen nicht mehr als 10 % ihres Schuldzinsüberhangs betragen; oder – die zu einem Konzern gehören und nachweisen, dass ihre Eigenkapitalquote die des Konzerns um nicht mehr als 1 % unterschreitet und dass keine Konzerngesellschaft Zinszahlungen auf im Konzernabschluss ausgewiesene Verbindlichkeiten gegenüber zu mehr als 25 % beteiligten Gesellschaften, diesen nahe stehenden Personen oder Dritten mit Rückgriff gegen solche Gesellschafter oder diesen nahe stehenden Personen geleistet hat, die 10 % des Schuldzinsüberhangs übersteigen. Soweit eine Organschaft besteht, findet die Zinsschranke nur auf der Ebene des Organträgers Anwendung. Bei der Gewerbesteuer sind nur 75 % der Zinsaufwendungen (nach Anwendung der Zinsschranke) abziehbar (§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG n.F.). Vgl. zur Zinsschranke ausführlich § 17 Rz. 16–49. Die steuerliche Behandlung des Wandlungsrechts war lange umstritten. Das Meinungsspektrum reichte von der sofortigen Einstellung des auf das Wandlungsrecht entfallenden Teils des Emissionserlöses in das steuerliche Einlagekonto gem. § 27 Abs. 1 KStG (vormals Teilbetrag nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F., so genanntes EK 04)33 bis zur sofortigen erfolgswirksamen Vereinnahmung dieses Betrages34. Die Finanzverwaltung35 vertrat jedenfalls für den Fall der Optionsanleihe die Auffassung, in Höhe des auf den Optionsschein entfallenden Teils des Emissionserlöses sei eine Anzahlung zu passivieren. Bei einem späteren Aktienbezug sei die Anzahlung erfolgsneutral dem Einlagekonto gutzuschreiben, andernfalls sei das Optionsentgelt bei Auslaufen des Optionsrechts als steuerpflichtiger Ertrag zu behandeln.
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Der BFH36 hat sich für den Fall der Optionsanleihe der erstgenannten Auffassung angeschlossen, das Optionsentgelt ist also bereits bei Emission als Einlage zu behandeln. Ob das Optionsrecht später ausgeübt wird, ist hingegen für die steuerliche Behandlung beim Emittenten irrelevant. Zur Begründung führt der BFH aus, es liege
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33 Griemla, FR 2005, 565; Knobbe-Keuk, ZGR 1987, 311, 316 ff.; Koch/Vogel, BB 1986, Beilage 10, S. 11 f. 34 Uelner, JbFStR 1986/87, 11, 16 ff. 35 OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A - St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628; ebenso FG Düsseldorf v. 28.10.2003 – 6 K 5326/01, EFG 2004, 288; FG München v. 4.2.2004 – 7 K 4666/01, EFG 2004, 846. 36 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 und BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616.
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nicht nur handelsrechtlich sondern auch steuerlich eine Einlage vor, weil die Anleger mit dem Optionsrecht eine aus den bestehenden Aktien abgespaltene unentziehbare Anwartschaft auf den Erwerb von Aktien erhalte. Die Ursache für die Zahlung des Optionsentgelts liege also im künftigen Gesellschaftsverhältnis. Darüber hinaus liege zumindest eine mittelbare Einlage durch die bei Emission bereits vorhandenen Aktionäre (Altaktionäre) vor. Diese gestatteten, dass die Gesellschaft den Gläubigern der Optionsanleihe Anwartschaften einräume und das Optionsentgelt vereinnahme, das eigentlich den Altaktionären als Ausgleich für die mit der Emission verbundene Verwässerung ihrer Mitgliedschaftsrechte zustehe. Für eine Behandlung des Optionsentgelts als Anzahlung fehle es ebenso an einer Rechtsgrundlage wie für eine Verminderung des Einlagekontos zugunsten des steuerlichen Gewinns bei Nichtausübung der Option. Insoweit gebiete der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung eine gleichmäßige Behandlung in Handels- und Steuerbilanz. Diese Urteile sind in der Literatur überwiegend begrüßt worden37. Die Finanzverwaltung hat von einer Veröffentlichung im Bundessteuerblatt bislang abgesehen. Ein Nichtanwendungserlass ist allerdings auch nicht ersichtlich. 20
Für Wandelanleihen stellt sich die Frage, ob die Rechtsgrundsätze der neuen BFHRechtsprechung zu Optionsanleihen auf sie entsprechend anzuwenden sind38. Dafür spricht zunächst neben der gleichmäßigen Behandlung des Optionsentgelts bei Wandel- und Optionsanleihen in der Handelsbilanz (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB), dass die Unterschiede zwischen beiden Instrumenten (keine separate Übertragbarkeit des Optionsrechts und Untergang der „nackten“ Anleihe bei Ausübung des Optionsrechts bei der Wandelanleihe) aus Sicht des Emittenten nur von untergeordneter Bedeutung sind. Auch die Tatsache, dass sich der BFH in seinen Urteilen vom 30.11.200539 von seinem Urteil vom 21.2.197340 abgrenzt und dabei zwischen Wandel- und Optionsanleihe zu unterscheiden scheint, sollte eine entsprechende Anwendung der neuen Rechtsprechung auf Wandelanleihen nicht hindern41. Das Urteil vom 21.2.1973 ist nämlich zur Frage ergangen, ob die mit der Ausgabe einer Wandelanleihe verbundenen Kosten steuerlich abziehbar waren, was damals davon abhing, ob die Wandelanleihe als Eigen- oder Fremdkapital anzusehen war. Bei einer Einordnung als Eigenkapital wären die Emissionskosten nach damaligem Recht (§ 11 Nr. 1 KStG a.F.) nur eingeschränkt abziehbar gewesen. Der BFH bejahte im Urteil vom 21.2.1973 den Fremdkapitalcharakter der Wandelanleihen bis zur Wandlung und dem Bezug der Aktien und damit die Abziehbarkeit der dem Emittenten entstandenen Aufwendungen. Über die steuerbilanzielle Behandlung des Optionsentgelts sagt die Entscheidung aber nichts aus, da ein Optionsentgelt im Urteilsfall gerade nicht gewährt wurde, sondern vielmehr eine Zuzahlung der Anleihegläubiger im Wandlungszeitpunkt vorgesehen war42. Überdies ist zu beachten, dass sich die handels37 Hahne, StuB 2006, 295; Haisch/Danz, DStZ 2006, 229; Mihm, BB 2006, 321; Wagner, Der Konzern 2006, 262. 38 Bejahend: Hahne, StuB 2006, 295, 298; Haisch/Danz, DStZ 2006, 229, 231; Mihm, BB 2006, 321; ablehnend: Heger, juris PR-SteuerR 5/2006, Anm. 2; Wagner, Der Konzern 2006, 262, 266. 39 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 bzw. BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616. 40 BFH v. 21.2.1972 – I R 106/71, BStBl. II 1973, 460. 41 Mihm, BB 2006, 321. 42 Haisch/Danz, DStZ 2006, 229, 231.
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bilanzielle Beurteilung inzwischen durch Einführung des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB geändert hat43. Hat sich der Emittent vorbehalten, anstelle von neuen Aktien aus bedingtem Kapital im Bestand gehaltene eigene Aktien zu liefern und macht er davon Gebrauch, so hat der Anleger das Wandlungsentgelt ebenfalls in Hinblick auf seine künftige Gesellschafterstellung geleistet. Insofern liegt es nahe, ebenfalls eine Einlage im steuerlichen Sinne anzunehmen. Die BFH-Rechtsprechung44 zu Optionsanleihen bei Ausgabe junger Aktien sollte hier entsprechend gelten. Dem steht nicht entgegen, dass der BFH sich in seinen Urteilen vom 30.11.200545 ausdrücklich von seinem Urteil vom 18.12.200246 abgrenzt, in dem es um die Bilanzierung von Optionen auf Wertpapiere anderer Emittenten ging. Maßgeblich erscheint insoweit, dass im Fall des Urteils vom 18.12.2002 fremde Aktien aufgrund eines rein schuldrechtlichen Vertrages aus dem Betriebsvermögen der Klägerin zu liefern waren. Bei der Lieferung eigener Aktien aus Bestand handelt es sich aber aktienrechtlich um eine mit der Lieferung neuer Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung vergleichbare Maßnahme. So haben die (Alt-)Aktionäre bei der Ausgabe zurückgekaufter Aktien ein Bezugsrecht (§ 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sätze 3 und 5 AktG). Das spricht für eine steuerliche Gleichbehandlung der beiden auch aus Sicht des Anleihegläubigers identischen Erfüllungsvarianten. Zahlt der Emittent zur Ablösung der Lieferpflicht einen Barausgleich in Höhe des Kurswerts der geschuldeten Aktien im Wandlungszeitpunkt, so ist der Barausgleich, soweit er den Rückzahlungsbetrag der Anleihe zuzüglich des anfänglichen Werts des Wandlungsrechts übersteigt, steuerlich abziehbar.
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b) Besteuerung des Anlegers aa) Bilanzierender Anleger Der bilanzierende Anleger hat bei Erwerb der Wandelanleihe die Anschaffungskosten auch in der Steuerbilanz auf Anleihekomponente und Wandlungsrecht aufzuteilen47. Das Wandlungsrecht ist als immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren48. Die „nackte“ Anleihe ist mit dem Rückzahlungswert zu aktivieren, und einer Unterverzinslichkeit ist durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten Rechnung zu tragen49. Die Aufteilung der Anschaffungskosten für die Wandelanleihe ist aufgrund der im Erwerbszeitpunkt herrschenden Verhältnisse vorzunehmen. Die laufenden Zinszahlungen (Kupons) und die Erträge aus der zeitanteiligen Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens sind zu versteuern. 43 Haisch/Danz, DStZ 2006, 229, 231. 44 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 bzw. BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616. 45 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 bzw. BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616. 46 BFH v. 18.12.2002 – I R 17/02, BStBl. II 2004, 126. 47 Dies ergibt sich aus dem Maßgeblichkeitsgrund (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), nach dem die handelsbilanzielle Behandlung (vgl. oben Rz. 12 ff.) auch für die Besteuerung zugrunde zu legen ist. 48 Bei einer Bezugsrechtsemission gehört zu den Anschaffungskosten des Wandlungsrechts auch der Wert des Bezugsrechts (so für Optionsanleihen BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883, 886 (li. Sp.)). 49 OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 St. 41/42, BB 2000, 2628.
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Wertsteigerungen der Anleihekomponente oder des Wandlungsrechts haben auf die Besteuerung des Anlegers zunächst keine Auswirkungen, weil der Bilanzansatz die Anschaffungskosten nicht übersteigen darf. Wegen des Imparitätsprinzips führen dauerhafte Wertminderungen der Anleihekomponente oder des Wandlungsrechts aber zu einer steuerlich abziehbaren Teilwertabschreibung. Da es sich weder bei der Wandelanleihe noch bei einer ihrer Komponenten um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft handelt, finden die Abzugsbeschränkungen aus § 3c Abs. 2 EStG, § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG keine Anwendung50. Wertminderungen des Wandlungsrechts können als Verluste aus Termingeschäften steuerlich nur von Gewinnen aus Termingeschäften abgezogen werden (§ 15 Abs. 4 Sätze 3–5 EStG). Das gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für Termingeschäfte, bei denen die physische Lieferung des Basiswertes vereinbart ist51.
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Bei einem Verkauf der Wandelanleihe während der Laufzeit ist der Veräußerungserlös nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Verkaufs auf die Anleihekomponente und das Wandlungsrecht aufzuteilen. Ein Gewinn oder Verlust ist steuerpflichtig bzw. steuerlich abziehbar. Bei Veräußerungsverlusten, die auf das Wandlungsrecht entfallen, gelten die vorstehenden Überlegungen zu § 15 Abs. 4 Sätze 3–5 EStG entsprechend.
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Bei Ausübung des Wandlungsrechts erhält der Anleger für seine Anleihe Aktien an der emittierenden Gesellschaft. Bei rein wirtschaftlicher Betrachtung könnte man in der Hingabe der Wandelanleihe und der Lieferung der Aktien einen Tausch sehen. Zivilrechtlich liegt allerdings weder ein Tausch noch eine Wahlschuld vor. Vielmehr macht der Anleihegläubiger mit der Ausübung des Wandlungsrechts eine Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) geltend, indem er statt der ursprünglich geschuldeten Rückzahlung der Anleihe die Lieferung von Aktien verlangt52. Dem Anleger steht der Anspruch auf Lieferung der Aktien also von Anfang an zu. Auch steuerlich ist in dem Erwerb der Wandelanleihe und dem späteren Bezug der Aktien ein einheitlicher Rechtsvorgang und kein Gewinn realisierender (§ 6 Abs. 6 EStG) Tausch zu sehen53. Daher realisiert der Anleger bei Lieferung der Aktien keinen Gewinn, sondern hat die Aktien auch steuerlich mit dem Buchwert der Wandelanleihe (Buchwert der „nackten“ Anleihe ggf. abzüglich des passiven Rechnungsabgrenzungspostens zuzüglich des Buchwerts des Wandlungsrechts) anzusetzen. Zu einer Gewinnrealisierung kommt es erst später, wenn die Aktien veräußert werden. Der Gewinn aus der Veräußerung der Aktien ist bei einkommensteuerpflichtigen Anle50 Vgl. BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Tz. 24. Die Frage wird in der Literatur im Anschluss an BFH v. 27.10.2005 – IX R 15/05, BStBl. II 2006, 171, zur Anwendung der §§ 3 Nr. 40 EStG, 8b KStG auf die Veräußerung von Bezugsrechten, die anlässlich einer Kapitalerhöhung gewährt werden, diskutiert. Wagner, Der Konzern 2006, 262, 265 f., will zumindest bei den Optionsanleihen beigefügten abtrennbaren Optionsscheinen die Steuerbegünstigung gewähren. Dem gegenüber weisen Haisch/Danz, DStZ 2006, 229, 232, wohl zu Recht darauf hin, dass der Anleihegläubiger das Optionsrecht entgeltlich und nicht im Wege der Substanzabspaltung erwirbt. 51 BMF v. 23.9.2005 – IV B 2 - S 2119 - 7/05, DStR 2005, 1900; a.A. Tibo, DB 2001, 2369, 2370 f.; Schmittmann/Wepler, DStR 2001, 1783, 1785. 52 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 30, 226; Hüffer, AktG, § 221 Rz. 4 m.w.N. 53 OFD Frankfurt a.M. v. 29.3.1995 – S 2150 A - 6 - St II 21, BB 1995, 1345 = StEK EStG § 4 GewVerw. Nr. 71 mit Hinweis auf RFH v. 24.8.1944 – I 21/44, RFHE 54, 128; ebenso BFH v. 21.2.1973 – I R 106/71, BStBl. II 1973, 460, 461 (li. Sp. unter 2); offen gelassen bei Jacobs/Nolting/Nolte, SteuerStud 2005, 74, 81.
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gern bis einschließlich 2008 nach dem Halbeinkünfteverfahren und ab 2009 nach dem Teileinkünfteverfahren, einer Steuerbefreiung von 40 % des Veräußerungsgewinns, (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a EStG) zu versteuern bzw. bei körperschaftsteuerpflichtigen Anlegern im Ergebnis zu 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 KStG). Veräußerungsverluste können natürliche Personen bis 2008 nur zur Hälfte und danach zu 60 % geltend machen (§ 3c Abs. 2 EStG), Körperschaften gar nicht (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG). bb) Privatanleger Bei einem Anleger, der die Wandelanleihe nicht im Betriebsvermögen, sondern im Privatvermögen hält, ist die Anleihe als einheitliches Wirtschaftsgut zu behandeln. Eine Aufteilung der Wandelanleihe in ihre rechtlich untrennbar verbundenen Komponenten findet nicht statt, weil die Wandelanleihe ein einheitliches Wirtschaftsgut ist und der IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.00354 nicht anwendbar ist. Der Privatanleger hat also Anschaffungskosten in Höhe des Emissionspreises (bei einer Bezugsrechtsemission einschließlich des Werts des Bezugsrechts55) bzw. bei einem späteren Erwerb im Markt in Höhe des gezahlten Kaufpreises.
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Für Kapitalerträge, die bis zum 31.12.2008 zufließen, gilt Folgendes: Die laufenden Zinszahlungen (Kupons) hat der Anleger zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Da die Anleihe als einheitliches Instrument zu behandeln ist, unterliegen die wirtschaftlich in Form des Wandlungsrechts vorausgezahlten Zinsen bei ihm nicht der Besteuerung.
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Bei einer Veräußerung der Wandelanleihe hat der Anleger etwa erhaltene Stückzinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG). Die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten der Anleihe braucht der Privatanleger nicht als Zinsertrag zu versteuern. Die Wandelanleihe ist keine so genannte Finanzinnovation, auch wenn der Gesamtertrag des Anlegers von der Kursentwicklung der Aktie und damit von einem ungewissen Ereignis abhängt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 lit. c EStG)56. Da der Anleger bei der Wandlung seine Ersetzungsbefugnis geltend macht (vgl. oben Rz. 25), können Wandlungsoder Veräußerungsgewinne steuerlich nicht in Zinserträge umqualifiziert werden. Das gilt auch für unterverzinsliche Wandelanleihen (vgl. oben Rz. 6). Auch hier ist es unzulässig, das einheitliche Wirtschaftsgut Wandelanleihe beim Privatanleger in eine unterverzinsliche „nackte“ Anleihe und das Wandlungsrecht aufzuteilen57.
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Darüber hinaus unterliegen Veräußerungsgewinne und mit gewissen Einschränkungen (§ 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG) auch Verluste aus einer Veräußerung der Wan-
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54 55 56 57
WPg 2001, 916 f. So für die Optionsanleihe BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883, 886 (li. Sp.). Vgl. BFH v. 23.1.2006 – VIII B 116/05, BFH/NV 2006, 1081. So im Ergebnis OFD Kiel v. 7.3.2002 – S 2252 A - St 231, StEK EStG § 20 Nr. 284 = juris FMNR386560002, Anlage 1 Teil A „Wandelanleihe“ und für die Pflichtwandelanleihe Häuselmann, BB 2003, 1531, 1535. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Wandelanleihe mit sonstigen in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Elementen ausgestattet ist (z.B. variable Zinszahlungen, Einlösungsagio oder flat-Handel ohne Stückzinsausweis [Hamacher, DB 2000, 2396, 2397; Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 459 f.]); zweifelnd Jacobs/Nolting/Nolte, SteuerStud 2005, 74, 81.
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delanleihe während der Laufzeit beim Privatanleger nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung, wenn er die Anleihe weniger als ein Jahr gehalten hat58. 30
Die Ausübung des Wandlungsrechts führt auch beim Privatanleger nicht zur Realisierung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns, weil beim Bezug der Aktien kein Tausch vorliegt und der Anleger nur von der ihm eingeräumten Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht. Werden die bezogenen Aktien veräußert, so unterliegt ein Veräußerungsgewinn nach richtiger Ansicht nur dann der Besteuerung, wenn seit dem Erwerb der Anleihe nicht mehr als ein Jahr vergangen ist, weil der Wandlungsvorgang keinen Anschaffungsvorgang i.S.d. § 23 EStG darstellt59. Insofern lässt sich von einer steuerlichen Identität von Anleihe und Aktien sprechen. Die Finanzverwaltung ist hingegen der Ansicht, dass die Wandlung einen Anschaffungsvorgang i.S.d. § 23 EStG darstellt60, so dass die einjährige Haltefrist für die Aktien mit der Wandlung beginnen soll. Ein Gewinn aus der Veräußerung der Aktien unterliegt dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. j EStG), soweit er überhaupt steuerpflichtig ist.
31
Ab 2009 wird für Kapitalerträge die Abgeltungsteuer eingeführt. Durch den Steuerabzug von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer wird die Steuerschuld des Privatanlegers grundsätzlich abgegolten (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG n.F.). Der Besteuerung unterliegen dann neben Zinsen und Stückzinsen auch die Gewinne aus der Veräußerung von Wandelanleihen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n.F.). Soweit die Wandelanleihe vor dem 1.1.2009 erworben wird, verbleibt es bei einer Veräußerung nach dem 31.12.2008 bei der bisherigen Rechtslage (§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG n.F.). Der Veräußerungsgewinn ist also nach Ablauf einer Haltefrist von einem Jahr steuerfrei, es sei denn die Wandelanleihe ist eine Finanzinnovation (vgl. Rz. 28). Die Wandlung selbst sollte auch nach neuem Recht nicht der Besteuerung unterliegen, da nach wie vor kein Tausch der Anleihe in Aktien stattfindet, sondern der Anleger lediglich von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht. Gewinne aus der späteren Veräußerung der Aktien unterliegen ebenfalls der Abgeltungsteuer, wenn diese nach dem 31.12.2008 angeschafft werden (§§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 52a Abs. 10 Satz 1 EStG n.F.). Auch bei Anwendung der Übergangsvorschriften dürfte die Finanzverwaltung61 entgegen der hier vertretenen Meinung in der Wandlung einen Anschaffungsvorgang sehen. Bei einer Wandlung nach dem 31.12.2008 würde ein Gewinn aus der Veräußerung von Aktien dann der Abgeltungsteuer unterliegen, unabhängig davon, wann die Wandelanleihe angeschafft wurde.
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Für Steuerausländer sollten Stückzinsen und Veräußerungsgewinne nach wie vor steuerfrei sein. Zwar unterliegen nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a (2. Halbsatz) EStG „Erträge aus Wandelanleihen“ inländischer Emittenten der beschränkten Steuerpflicht. Das wurde nach bislang geltendem Recht aber nur auf die laufenden Zinszahlungen bezogen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen. Demgegenüber sollten Stückzinsen und Veräußerungsgewinne nicht zu den Erträgen gerechnet werden, weil sie nicht vom Schuldner der Kapitalerträge für die Kapitalüberlassung gewährt werden. 58 Auch nach Ablauf der einjährigen Haltedauer ist ein Veräußerungsgewinn unter den weiteren Voraussetzungen des § 17 EStG steuerpflichtig (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 29, 45 m.w.N.). 59 Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 459, 461. In den Fällen des § 17 EStG unterliegt der Veräußerungsgewinn unabhängig von der Haltedauer der Besteuerung. 60 BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. II 2004, 1034 Rz. 6 a.E. 61 BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. II 2004, 1034 Rz. 6 a.E.
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Zwar deklariert § 20 Abs. 2 EStG n.F. nunmehr auch Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren zu Kapitalerträgen. Dafür, dass künftig auch Gewinne aus der Veräußerung von Wandelanleihen durch Steuerausländer in Deutschland steuerpflichtig sein sollen, lässt sich der Gesetzesbegründung des UntStRefG 200862 aber nichts entnehmen. Daher sprechen die besseren Gründe dafür, dass auch künftig Steuerausländer mit Gewinnen aus der Veräußerung von Wandelanleihen (außer in den Fällen des § 17 EStG) nicht in Deutschland steuerpflichtig sein sollten. cc) Investmentfonds Die Besteuerung von Investmentfonds und ihrer Anleger richtet sich nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG). Im Folgenden werden nur die Grundzüge der recht komplexen gesetzlichen Regelung aufgezeigt. Die Erläuterungen beschränken sich weiter auf die Steuerfolgen für inländische Privatanleger, die in inländische Investmentfonds (Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft) investieren. Der Fonds selbst ist nicht steuerpflichtig (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG). Vom Fonds vereinnahmte Zinsen und andere Erträge unterliegen nicht dem Zinsabschlag (§ 44a Abs. 4 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 InvStG). Etwa erhobene Kapitalertragsteuer wird an den Fonds erstattet (§ 11 Abs. 2 InvStG). Der Privatanleger unterliegt mit den vom Fonds erzielten Zinserträgen der Besteuerung, und zwar unabhängig davon, ob der Fonds sie ausschüttet oder nicht (§ 2 Abs. 1 InvStG). Bis 2008 einschließlich sind Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren durch den Fonds für den Privatanleger steuerfrei, und zwar unabhängig von der Beteiligungshöhe oder Haltedauer (§ 2 Abs. 3 InvStG). Die steuerpflichtigen Erträge des Fonds unterliegen grundsätzlich der Kapitalertragsteuer i.H.v. 30 % zuzüglich Solidaritätszuschlag (§ 7 Abs. 1 InvStG i.V.m. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8, 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG)63. Die Kapitalertragsteuer auf die ausgeschütteten Erträge wird von den Ausschüttungen abgezogen (§ 7 Abs. 1 InvStG). Für die nicht ausgeschütteten Erträge wird die Kapitalertragsteuer unmittelbar vom Fonds erhoben (§ 7 Abs. 4 InvStG). Die Kapitalertragsteuer wird bei der Veranlagung des Anlegers auf die Einkommensteuer angerechnet. Ab 2009 werden auch die Gewinne aus der Veräußerung von nach dem 31.12.2008 erworbenen Wertpapieren, die der Fonds ausschüttet, steuerpflichtig. Auch Gewinne der Anleger aus der Veräußerung von nach dem 31.12.2008 erworbenen Fondsanteilen sind dann unabhängig von der Haltedauer steuerpflichtig (§ 18 Abs. 2 Satz 2 InvStG n.F.). Die Kapitalertragsteuer auf Ausschüttungen und nicht ausgeschüttete Erträge verringert sich auf 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer und wird künftig auch auf Gewinne aus der Veräußerung von Fondsanteilen erhoben (§ 8 Abs. 5 und 6 InvStG n.F.). Die Kapitalertragsteuer gilt die Einkommensteuer des Anlegers regelmäßig ab (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG n.F.).
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Soweit der Fonds eine Wandelanleihe hält, erhält er die auf die laufenden Zinszahlungen erhobene 25%ige Kapitalertragsteuer (nebst Solidaritätszuschlag) vom Bundesamt für Finanzen erstattet (§ 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG). Von dem am Fonds beteiligten Privatanleger sind lediglich die laufenden Zinszahlungen zu versteuern. Eine
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62 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912; BT-Drucks. 16/ 4841, S. 48 ff. und S. 69, wo darauf hingewiesen wird, dass Kapitalerträge aus Veräußerungsgeschäften bei Steuerausländern (nur) im Fall von Tafelgeschäften (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 lit. d EStG n.F.) besteuert werden sollen. 63 Soweit der Fonds Dividenden vereinnahmt hat, beträgt die Kapitalertragsteuer nur 20 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag), § 7 Abs. 3 InvStG.
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Aufteilung der Wandelanleihe in ihre beiden Komponenten kommt ebenso wenig in Betracht wie bei einer vom Privatanleger unmittelbar gehaltenen Anleihe. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 InvStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG, wonach der Fonds seine Erträge grundsätzlich durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln hat. Für eine Aufteilung der Wandelanleihe in ihre beiden Komponenten entsprechend dem IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.00364 ist demnach kein Raum. Die Ausübung des Wandlungsrechts führt für die Anleger nicht zu einem steuerpflichtigen Tausch. Gewinne aus einer Veräußerung der Wandelanleihe sind für den Privatanleger nicht steuerpflichtig, wenn der Fonds die Anleihe vor dem 1.1.2009 erworben hat, es sei denn, die Wandelanleihe ist eine Finanzinnovation, was allerdings regelmäßig nicht der Fall sein wird (vgl. oben Rz. 28). Bei einem Erwerb der Wandelanleihe nach dem 31.12.2008 unterliegt der Veräußerungsgewinn beim Anleger nur der Besteuerung, soweit er ausgeschüttet wird (§§ 2 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG n.F.). c) Kapitalertragsteuer 35
Die laufenden Zinszahlungen auf eine Wandelanleihe eines deutschen Emittenten unterliegen nach §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 43a Abs. 1 Nr. 2 a.F. bzw. 43a Abs. 1 Nr. 1 n.F. EStG der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % (zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag darauf). Die Kapitalertragsteuer ist vom Emittenten einzubehalten (§ 44 Abs. 1 Satz 3 (1. Alt.) EStG). Unerheblich ist, ob der Anleger Steuerinländer (unbeschränkt steuerpflichtig) oder Steuerausländer (beschränkt steuerpflichtig) ist65. Bei Veräußerung einer Wandelanleihe während der Laufzeit fällt vor dem 1.1.2009 keine Kapitalertragsteuer auf Stückzinsen oder Veräußerungsgewinne an, auch nicht in Form des so genannten Zinsabschlags66. Das gilt selbst dann, wenn die Wandelanleihe wegen besonderer Ausstattungsmerkmale als Finanzinnovation anzusehen sein sollte (vgl. oben Rz. 28, insb. Fn. 57). Trotz möglicher materieller Steuerpflicht fällt hier keine Kapitalertragsteuer an, weil Kapitalerträge nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EStG bei Wandelanleihen nicht dem Zinsabschlag unterliegen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG a.F.). Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Zinsabschlag für „Zinsen aus Wandelanleihen“ ausgeschlossen. Darunter wird man aber nicht nur die vom Emittenten selbst gezahlten Zinsen zu verstehen haben. Auch die Kapitalerträge, die dem Anleger von dritter Seite etwa bei der Veräußerung zufließen, werden von dem Ausschluss erfasst67. Letztlich handelt es sich nach der § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 EStG und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertung auch hierbei um Zinsen68. 64 WPg 2001, 916 f. 65 Grund hierfür ist, dass anders als bei den meisten dem Zinsabschlag unterliegenden Kapitalerträgen die von Steuerausländern bezogenen Zinsen aus Wandelanleihen in Deutschland einer materiellen Steuerpflicht unterliegen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a EStG a.E.). Die meisten von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen sehen insoweit eine Erstattung der Kapitalertragsteuer vor. Rechtsgrundlage für die Erstattung ist § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen. Der Erstattungsantrag ist beim Bundesamt für Finanzen zu stellen. 66 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. J 1; Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 460. 67 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. D 4, J 1; Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 460. 68 Für diese Sichtweise sprechen auch die Gesetzesmaterialien, wonach Stückzinsen aus Wandelanleihen wie nach zuvor geltendem Recht nicht dem Zinsabschlag unterliegen sollen (BT-Drucks. 12/6078, S. 124).
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Bei Veräußerung einer Wandelanleihe nach dem 31.12.2008 unterliegen Steuerinländer grundsätzlich auch mit den bei einer Veräußerung erzielten Gewinnen und Stückzinsen der Kapitalertragsteuer (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, 52a Abs. 1 EStG n.F.), wenn sie die Wandelanleihe in einem inländischen Depot halten. Eine Übergangsregelung gilt aber, wenn die Wandelanleihe vor dem 1.1.2009 erworben wurde. Hier unterbleibt ein Kapitalertragsteuerabzug, es sein denn, die Wandelanleihe ist eine Finanzinnovation (§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG n.F.), was aber regelmäßig nicht der Fall sein sollte (vgl. oben Rz. 28).
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3. Besonderheiten bei Emission über eine Auslandstochter In der Praxis ist häufig der Fall anzutreffen, dass eine deutsche börsennotierte Aktiengesellschaft eine Wandelanleihe nicht selbst, sondern über eine 100%ige Auslandstochter begibt. Emittent der Wandelanleihe ist hierbei die ausländische (typischerweise niederländische) Finanzierungsgesellschaft69. Die deutsche Muttergesellschaft garantiert den Anleihegläubigern die Rückzahlung bei Fälligkeit. Die Auslandstochter leitet den gesamten Emissionserlös als Darlehen an die deutsche Muttergesellschaft weiter. Das Darlehen ist regelmäßig mit dem gleichen Zinssatz wie die Wandelanleihe zuzüglich einer geringen Zinsmarge zu verzinsen. Die Darlehensforderung wird den Anleihegläubigern zur Sicherung ihres Rückzahlungsanspruchs aus der Anleihe abgetreten. Das Wandlungsrecht wird den Anleihegläubigern regelmäßig nicht von der Auslandstochter eingeräumt, sondern unmittelbar von der Muttergesellschaft gewährt. Übt der Anleger sein Wandlungsrecht aus, so erfüllt er seine gegenüber der Muttergesellschaft bestehende Einlageverpflichtung, indem er seine durch die Abtretung erworbene Darlehensforderung gegen die Muttergesellschaft an diese abtritt. Mit der Ausgabe der Aktien erlöschen dann vereinbarungsgemäß auch sämtliche Ansprüche des Anlegers aus der Anleihe gegen die Auslandstochter (zu den Einzelheiten der Konstruktion und den gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen s. § 10 Rz. 7, 47 ff.).
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Die Emission über eine Auslandstochter hat aus der Sicht des Kapitalmarkts verschiedene Vorteile. Daneben ist die Emission über eine Auslandstochter bei einer internationalen Platzierung der Wandelanleihe häufig erforderlich, um von internationalen Investoren regelmäßig nicht akzeptierte steuerliche Nachteile zu vermeiden: Zinszahlungen auf Wandelanleihen eines inländischen Emittenten unterliegen der 25%igen Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Auch wenn die meisten deutschen Doppelbesteuerungsabkommen eine Erstattung der Kapitalertragsteuer vorsehen, scheuen viele internationale Investoren das mühsame und langwierige Erstattungsverfahren und sind am Erwerb von Papieren, deren Erträge einer Quellensteuer unterliegen, nicht oder nur zu ungünstigeren Konditionen interessiert.
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69 Vgl. Infineon 4,25 % Wandelanleihe 2002–2007 (ISIN XS0141505957); EnBW-Anleihe von 2001 (ISIN DE0006332752); Metro 0 % Wandelanleihe 1998–2013 (ISIN DE0002486008); Karstadt, 4,5 %. Convertible Notes von 2005 (ISIN 000A0DH5H7); Heidelberger Druckmaschinen 0,875 % Convertible Notes von 2005 (ISIN XS0212139181; MTU Aero Engines, 2,75 % Convertible bonds von 2007 (ISIN DE000A0G5NW4); Q-Cells, 1,375 % Convertible Bonds von 2007 (ISIN DE000A0LMY64); Air Berlin, 1,5 % Convertible Bonds von 2007 (ISIN DE000A0NQ9H6).
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a) Bilanzierung bei der Muttergesellschaft 39
Für die Handelsbilanz der Muttergesellschaft ergeben sich durch die Einschaltung der Auslandstochter nur geringe Abweichungen. Ähnlich wie bei der unmittelbaren Emission ist das von der Auslandstochter erhaltene Darlehen mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren. Daneben hat die deutsche Muttergesellschaft den Anleihegläubigern das Wandlungsrecht unmittelbar eingeräumt. Der auf dieses entfallende Teil des Emissionserlöses ist wie bei der Direktemission in die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen. Da der auf die Anleihekomponente entfallende Teil des Emissionserlöses hinter dem Rückzahlungsbetrag des Darlehens zurückbleibt, darf die Differenz als Disagio in den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten70 der Muttergesellschaft eingestellt werden (§ 250 Abs. 3 HGB). Dieser ist zeitanteilig über die Laufzeit aufzulösen.
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Die Steuerbilanz der Muttergesellschaft folgt auch hier der Handelsbilanz mit dem Unterschied, dass das Disagio zwingend zu aktivieren ist und nicht sofort als Aufwand behandelt werden darf71. b) Steuerliche Besonderheiten bei der Muttergesellschaft
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Bei der Strukturierung einer Emission über eine Auslandstochter sind bestimmte steuerliche Rahmenbedingungen zu beachten. Die Auslandstochter muss so mit Sachmitteln und Personal ausgestattet werden, dass sie die ihr obliegenden Geschäfte führen kann. Diese müssen auch tatsächlich vom ausländischen Sitzstaat aus geführt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Finanzverwaltung annimmt, die Tochtergesellschaft sei eine so genannte Basisgesellschaft und für Steuerzwecke sei von einer Direktemission der Muttergesellschaft auszugehen, oder die Auslandstochter sei zwar anzuerkennen, sei aber unbeschränkt steuerpflichtig, weil sich die Geschäftsleitung im Inland befindet. In beiden Fällen würden zumindest die laufenden Zinszahlungen der Kapitalertragsteuer unterliegen. Bei einer Auslandstochter mit Geschäftsleitung im Inland würde u.U. zusätzlich Gewerbesteuer auf 25 % der von der Tochter gezahlten Zinsen anfallen72. Dies hätte eine erhebliche Verteuerung der Finanzierung zur Folge.
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Daneben stellen sich Fragen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG. Für ihre Einschaltung erhält die Auslandstochter regelmäßig eine Zinsmarge, die im Sitzstaat besteuert wird. Beträgt die ausländische Steuer weniger als 25 %, so können die Zinsen als so genannte passive Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung bei der deutschen Muttergesellschaft unterliegen, es sei denn, die Muttergesellschaft weist nach, dass die Auslandstochter einer aktiven Finanzierungstätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG nachgeht. Eine Hinzurechnungsbesteuerung scheidet jedoch aus, wenn die Tochtergesellschaft in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist und die Mutter70 Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006, 729, 738; zur Höhe des Rechnungsabgrenzungspostens vgl. oben Rz. 8 f. 71 BFH v. 21.4.1988 – IV R 47/85, BStBl. II 1989, 722, 726. 72 Vgl. Oho/Behrens, IStR 1996, 313, 317 f. Die Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) sollte hingegen bei der Tochtergesellschaft keine Auswirkungen haben, wenn die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht wesentlich übersteigen, wovon ausgegangen werden kann, wenn die Tochtergesellschaft neben der Emission der Wandelanleihe keiner sonstigen Geschäftstätigkeit nachgeht.
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gesellschaft nachweist, dass die Tochtergesellschaft in diesem Staat einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht und daraus zu fremdüblichen Bedingungen Zinseinkünfte erzielt hat (§ 8 Abs. 2 AStG i.d.F. des JStG 2008). Eine etwaige Hinzurechnungsbesteuerung würde im Ergebnis dazu führen, dass die von der Auslandstochter erzielte Zinsmarge bei der Mutter besteuert wird73. Die Mutter hat dann steuerlich den gleichen Zinsaufwand wie bei einer Direktemission. Die Höhe der Zinsmarge, die bei der Auslandstochter anfällt, ist regelmäßig vom Steuerrecht des Sitzstaates der Tochtergesellschaft vorgegeben. Ähnlich wie das deutsche Steuerrecht geht etwa das niederländische Steuerrecht davon aus, dass eine Kapitalgesellschaft regelmäßig mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird und mit ihr verbundenen Unternehmen Dienstleistungen (hier die Darlehensgewährung) nur erbringt, wenn sie etwas daran verdient. Die danach notwendige Zinsmarge hängt nicht zuletzt vom Betrag des Darlehens und damit vom Emissionsvolumen ab. Die vormalige niederländische Verwaltungspraxis, nach der in den Niederlanden pauschal eine Zinsmarge von 1/ 8 % bis 1/4 % zu versteuern war74, besteht nicht mehr. Vielmehr ist die angemessene Zinsmarge jetzt anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Eine so ermittelte Zinsmarge sollte in Deutschland regelmäßig anzuerkennen sein.
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Für die gegenüber den Anleihegläubigern abgegebene Garantie wird die deutsche Muttergesellschaft ihrer Auslandstochter regelmäßig keine Avalprovision in Rechnung stellen müssen. Die Tochtergesellschaft ist häufig als Finanzierungsgesellschaft nur mit einem sehr geringen Eigenkapital ausgestattet. Ohne entsprechende Unterstützung der Muttergesellschaft wäre sie daher nicht in der Lage, die Anleihe am Kapitalmarkt zu platzieren. In einer solchen Situation scheidet die Berechnung einer Avalprovision durch den Gesellschafter aus. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Garantie aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses gewährt wird und entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keine Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 AStG vorliegt75. Auch nach der Änderung des § 1 Abs. 4 AStG durch das StVergAbG76 sollte die Muttergesellschaft aus steuerlicher Sicht nicht verpflichtet sein, der Auslandstochter eine Avalprovision in Rechnung zu stellen77. Bei der Emission einer Wandelanleihe über eine Auslandstochter kommt ein Weiteres hinzu: Zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs werden den Anleihegläubigern die Ansprüche aus dem Darlehen der Auslandstochter an die Muttergesellschaft abgetreten. Die zu-
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73 Die Zinsschranke findet bei der Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der Tochtergesellschaft keine Anwendung (§ 10 Abs. 3 Satz 4 AStG i.d.F. des JStG 2008). 74 S. dazu Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 755.2 m.w.N. 75 BFH v. 29.11.2000 – I R 85/99, BStBl. II 2002, 720; Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 764; Ammelung, IStR 2003, 205 ff.; a.A. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 (Verwaltungsgrundsätze), BStBl. I 1983, 218 Tz. 4. 4. 2 Nr. 1 und BMF v. 17.10.2002 – IV B 4 - S 1341 - 14/02, BStBl. I 2002, 1025 (Nichtanwendungserlass zum vorgenannten BFH-Urteil). 76 Art. 11 Nr. 1 des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660. 77 Ammelung, IStR 2003, 250 ff.; zumindest bei einer Finanzierungstochter im EU-Ausland dürfte eine Einkommenskorrektur bei der deutschen Muttergesellschaft nach Art. 43 EG (Niederlassungsfreiheit) ausgeschlossen sein (vgl. BFH v. 29.11.2000 – I R 85/99, BStBl. II 2002, 720).
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sätzliche Garantie der Muttergesellschaft führt damit wirtschaftlich zu keiner Verbesserung der Bonität der Anleihe, die ein Entgelt rechtfertigen könnte. c) Steuerliche Besonderheiten beim Anleger 45
Für den Anleger unterscheidet sich die über eine Auslandstochter emittierte Wandelanleihe von einer direkten Emission steuerlich nur insoweit, als dass keine Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zu erheben ist. Diese Vorschrift findet nur auf Wandelanleihen inländischer Emittenten Anwendung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG). Zinszahlungen auf die über eine ausländische Tochter emittierte Wandelanleihe unterliegen der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a EStG78 (vgl. dazu ausführlich § 17 Rz. 50 ff.). Wird die Anleihe also von einem Steuerinländer gehalten und in einem inländischen Depot verwahrt, so hat das Depot führende Kreditinstitut Kapitalertragsteuer in Höhe von 30 % bzw. ab 2009: 25 % (jeweils zuzüglich Solidaritätszuschlag) zu erheben. Gehört die Anleihe einem Steuerausländer oder wird sie nicht in einem Depot bei einem inländischen Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsunternehmen verwahrt, so fällt auf die Zinsen grundsätzlich keine Kapitalertragsteuer an. Der Kapitalertragsteuer unterliegen zunächst die laufenden Zinszahlungen. Da auch die über eine Auslandstochter begebene Wandelanleihe eine „echte“ Wandelanleihe i.S.d. § 221 AktG ist (vgl. oben § 10 Rz. 7), ist die Wandlung der Anleihe in Aktien kein steuerpflichtiger Vorgang und unterliegt nicht der Kapitalertragsteuer. Der Anleger übt mit der Wandlung nur die ihm eingeräumte Ersetzungsbefugnis aus. Bei der Veräußerung einer vor dem 1.1.2009 erworbenen Wandelanleihe fällt nach richtiger Ansicht keine Kapitalertragsteuer an79. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG in der bis einschließlich 2008 geltenden Fassung gilt unabhängig vom Sitz des Emittenten nicht für Wandelanleihen. Der Sitzstaat der emittierenden Auslandstochter ist in jedem Fall so zu wählen, dass dort keine Quellensteuer anfällt. Bei einer Veräußerung nach dem 31.12.2008 unterliegen Stückzinsen und Veräußerungsgewinn einer nach dem 31.12.2008 erworbenen Wandelanleihe der Abgeltungsteuer von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer), wenn die Anleihe von einem Steuerinländer veräußert wird, der sie in einem inländischen Depot hält (§§ 43 Abs. 1 Nr. 10, 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, 52a Abs. 1 EStG n.F.).
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Wird die Anleihe von einem Investmentfonds gehalten, so gelten die obigen Ausführungen zur Inlandsemission (Rz. 33 f.) im Wesentlichen entsprechend. Ein Unterschied besteht nur insoweit, als dass Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Nr. 7 lit. a EStG nicht zu erheben ist (§ 44a Abs. 4 EStG i.V.m. § 11 Abs. 2 InvStG). Ein Verfah-
78 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. D 4; a.A. Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 155. Die Praxis geht davon aus, dass auf die Zinszahlungen Zinsabschlagsteuer anfällt (vgl. z.B. Prospekt zur 4 1/4 % Wandelanleihe 2002–07 von Infineon (ISIN XS0141505957), S. 72 f.; Prospekt zur EnBW-Anleihe von 2001 (ISIN DE0006332752), S. 125); Prospekt zu Heidelberger Druckmaschinen 0,875 % Convertible Notes von 2005 (ISIN XS0212139181), S. 123; Prospekt der Q-Cells, 1,375 % Convertible Bonds von 2007 (ISIN DE000A0LMY64), S. 153; Prospekt der Air Berlin, 1,5 % Convertible Bonds von 2007 (ISIN DE000A0NQ9H6), S. 74. 79 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. J 1; Hamacher/Feyerabend in Korn, EStG, § 43 EStG Rz. 28; zweifelnd Ramackers in Littmann, Einkommensteuerrecht, § 43 Rz. 188; zu den Einzelheiten vgl. oben Rz. 35.
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ren beim Bundesamt für Finanzen zur Erstattung der 25%igen Kapitalertragsteuer (§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 InvStG) ist mangels Steuereinbehalt nicht durchzuführen.
III. Pflichtwandelanleihe (mandatory convertible bond) Besonders im angelsächsischen Ausland (mandatory convertible bonds), aber auch in Frankreich (obligation remboursable par action, ORA) sind Pflichtwandelanleihen weit verbreitet. In Deutschland sind sie bislang eher selten80. Anders als bei der klassischen Wandelanleihe (im Folgenden Wandelanleihe) hat der Anleihegläubiger bei der Pflichtwandelanleihe nicht nur das Recht, die Umwandlung der Anleihe in Aktien zu verlangen, sondern er verpflichtet sich bereits bei der Emission im Rahmen eines Vorvertrags dazu, dieses Recht bei Fälligkeit auszuüben (zu den Einzelheiten s. § 10 Rz. 58 ff.). Bei einer Pflichtwandelanleihe findet also spätestens zum Laufzeitende eine Wandlung statt. Gesellschaftsrechtlich handelt es sich auch bei der Pflichtwandelanleihe um eine Wandelanleihe i.S.d. § 221 AktG.
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1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten Bei der Bilanzierung nach HGB stellt sich zunächst die Frage, wie die Pflichtwandelanleihe wirtschaftlich zu verstehen ist. Auch die Pflichtwandelanleihe ist ein zusammengesetztes Finanzinstrument. Sie besteht aus einer „nackten“ Anleihe und einem (synthetischen) Terminverkauf (forward sale) der Aktien des Emittenten81.
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Das bei Emission der Pflichtwandelanleihe überlassene Kapital ist beim Emittenten als Fremdkapital zu passivieren82. Obwohl der Umtausch der Anleihe in Aktien von Anfang an feststeht, liegt im Emissionszeitpunkt noch keine Eigenkapitalzuführung vor. Dem Anleihegläubiger stehen bis zur Wandlung keine Gesellschafterrechte zu. Diese erhält er erst bei Ausgabe der Aktien nach Ausübung des Wandlungsrechts. Bei den in Deutschland bislang emittierten Pflichtwandelanleihen fällt zudem auf, dass diese für bestimmte Fälle eine Rückzahlung vorsehen, etwa für den Fall des Zah-
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80 Zu nennen sind hier Daimler-Benz AG, Nachrangige 5 3/4 % Pflichtwandelanleihe 1997–2002 (ISIN DE0003503405); Deutsche Telekom International Finance B.V., 6 1/ 2 % Mandatory Convertible Bonds 2003–2006 (ISIN XS0163752842).; Bayer Capital Corporation B.V., 6,625 % Mandatory Convertible Bonds 2006–2009 (ISIN DE000A0GQN60). 81 Man könnte auch annehmen, dass es sich um eine Verbindung einer Anleihe mit einer Kaufoption des Investors und einer Verkaufsoption des Emittenten handele. Bei wirtschaftlicher Betrachtung liegt in dieser Konstellation aber gerade ein synthetisches Termingeschäft vor. Eine gesonderte oder zusammengefasste Erfassung der gegenläufigen Optionen scheidet daher aus (Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung v. 5.2.2003, S. 13; Häuselmann, BB 2000, 139, 145 f.; Häuselmann, BB 2003, 1531, 1534 f.; a.A. Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 267 ff.; Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006, 729, 741). 82 Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 265; Häuselmann, BB 2003, 1531, 1532; Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung v. 5.2.2003, S. 13. Gelhausen/Rimmelspacher, AG 2006, 729, 741 wollen den Emissionserlös hingegen in einen Sonderposten „zum Erwerb einer Pflichtwandelanleihe geleistete Einlagen“ zwischen Eigenkapital und Rücklagen ausweisen. Die Behandlung als Einlage erscheint zumindest dann nicht zwingend, wenn bei Zahlungsverzug oder im Insolvenzfall eine Rückzahlung in Geld vorgegeben ist.
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lungsverzugs, der Insolvenz oder der Liquidation des Emittenten83. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen hat das bei Emission zugeführte Kapital keinen Eigenkapitalcharakter. Für das Eigenkapital ist kennzeichnend, dass es im Fall von Zahlungsschwierigkeiten im Unternehmen verbleibt und der Befriedigung der Gläubiger dient84. Überdies wird vertreten, dass eine Pflichtwandelanleihe selbst dann als Fremdkapital anzusehen sei, wenn die Pflichtwandlung auch für den Fall der Insolvenz des Emittenten vorgesehen ist. Gerade hieraus werde deutlich, dass bis zur Insolvenz eine Gläubigerstellung bestehe85. 50
Das Recht und die mit ihm verbundene Pflicht zur Wandlung stellen sich als synthetischer Terminverkauf dar. Dieser ist als schwebendes Geschäft nicht zu bilanzieren. In der Handelsbilanz der Emittentin sind daher lediglich der Emissionserlös und der Rückzahlungsbetrag (Nennwert) der Anleihe einzubuchen. Nur soweit die Anleihe unter oder über pari begeben wurde, kommt die Einbuchung eines aktiven oder passiven Rechnungsabgrenzungspostens in Betracht. Die laufenden Zinszahlungen sind, auch soweit sie den marktüblichen Zins einer „nackten“ Anleihe übersteigen, als Aufwand zu verbuchen86. b) Behandlung beim Anleger
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In der Handelsbilanz des Anlegers ist die Pflichtwandelanleihe ebenfalls als einheitlicher Vermögensgegenstand zu behandeln. Eine Aufgliederung in eine „nackte“ Anleihe und zwei gegenläufige Optionen ist auch nach dem IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.00387 nicht möglich. Die gedachten gegenläufigen Optionen stellen bei wirtschaftlicher Betrachtung ein synthetisches Termingeschäft dar, das als schwebendes Geschäft nicht bilanzierungsfähig ist. Fällt der Aktienkurs und damit der Kurs der Anleihe, so hat der Anleger diese ergebniswirksam abzuschreiben. Die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus dem synthetischen Terminverkauf ist demgegenüber ausgeschlossen. Bei späteren Wertsteigerungen kann eine Wertaufholung bis zu den Anschaffungskosten erfolgen. Bei Kapitalgesellschaften ist die Wertaufholung zwingend (§ 280 Abs. 1 HGB)88. Im Zeitpunkt der Wandlung ist die Anleihe auszubuchen und die erhaltenen Aktien sind mit dem letzten Buchwert der Anleihe zu aktivieren. Grund für diese Buchwertverknüpfung ist, dass auch bei der Pflichtwandelanleihe im Zeitpunkt der Wandlung kein Tausch 83 Vgl. § 14 der Anleihebedingungen der nachrangigen Daimler-Benz AG 5 3/4 % Pflichtwandelanleihe 1997–2002 (ISIN DE0003503450), Prospekt S. 18 und § 15 der Anleihebedingungen der Deutsche Telekom International Finance B.V., 6 1/ 2 % Mandatory Convertible Bonds 2003–2006 (ISIN XS0163752842), Prospekt S. 113; § 9 der Anleihebedingungen der Bayer Capital Corporation B.V., 6,625 % Mandatory Convertible Bonds 2006–2009 (ISIN DE000A0GQN60), Prospekt S. 63. 84 Vgl. IDW-Stellungnahme HFA 1/94, WPg 1994, 419 ff. zur bilanziellen Behandlung von Genussrechten. Danach können Kapitalzuführungen ohne Ausgabe von Gesellschaftsanteilen nur dann als Eigenkapital angesehen werden, wenn das Kapital langfristig und nachrangig zur Verfügung gestellt wird, der Kapitalgeber eine erfolgsabhängige Vergütung bezieht und in voller Höhe am Verlust teilnimmt. 85 Häuselmann, BB 2003, 1531, 1533. 86 Häuselmann, BB 2003, 1531, 1535; Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung v. 5.2.2003, S. 13. 87 WPg 2001, 916 f. 88 Die in § 280 Abs. 2 HGB grundsätzlich vorgesehene Beibehaltung des niedrigeren Teilwerts aus steuerlichen Gründen ist nach derzeit geltendem Recht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG) nicht möglich.
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der Anleihe gegen Aktien erfolgt, sondern der Anleger lediglich seine Ersetzungsbefugnis geltend macht89.
2. Besteuerung Die Steuerbilanz des Emittenten folgt mangels abweichender steuerlicher Bestimmungen der Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG)90. Die Pflichtwandelanleihe ist mit den Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG) als Verbindlichkeit einzubuchen, d.h. mit dem Rückzahlungsbetrag, der regelmäßig dem Nennbetrag entspricht. Ebenso wie in der Handelsbilanz ist eine Aufteilung des Instruments in Anleihe, Kauf- und Verkaufsoption nicht möglich. Die laufenden Zinszahlungen sind grundsätzlich in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar91 (vgl. zu möglichen Beschränkungen Rz. 17 oben).
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Beim bilanzierenden Anleger folgt die Steuerbilanz ebenfalls der Handelsbilanz. Die Pflichtwandelanleihe ist als einheitliches Wirtschaftsgut zu behandeln. Teilwertabschreibungen wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung der Anleihe sind steuerlich voll abziehbar. Bei der Anleihe handelt es sich bis zur Wandlung um eine Schuldverschreibung und nicht um einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft. Die Abzugsbeschränkungen nach § 3c Abs. 2 EStG und § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind unanwendbar. Aus dem gleichen Grund sind Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung der Pflichtwandelanleihe steuerlich in voller Höhe zu berücksichtigen. Da die Pflichtwandelanleihe eine Wandelanleihe i.S.d. § 221 AktG ist und der Anleger bei Wandlung lediglich seine Ersetzungsbefugnis geltend macht, führt die Wandlung nicht zur Realisierung eines steuerpflichtigen Gewinns oder Verlusts92. Ein Gewinn aus einer Veräußerung der bei Wandlung ausgegebenen Aktien unterliegt beim einkommensteuerpflichtigen Anleger dem Halbeinkünfteverfahren bzw. bei einer Veräußerung nach dem 1.1.2009 dem Teileinkünfteverfahren (Steuerbefreiung für 40 % des Veräußerungsgewinns) (§§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a, 52a Abs. 3 Satz 1 EStG n.F.). Eine Körperschaft erhält die 95%ige Freistellung des Veräußerungsgewinns (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG). Verluste aus der Veräußerung der Aktien sind bei einkommensteuerpflichtigen Anlegern nur zur Hälfte bzw. bei Veräußerung nach dem 1.1.2009 zu 60 % steuerlich abziehbar (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG), bzw. bei Körperschaften gar nicht (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) abziehbar.
53
Beim Privatanleger wird die Pflichtwandelanleihe ähnlich wie eine Wandelanleihe besteuert. Die laufenden Zinserträge sind bei Zufluss zu versteuern, ebenso die bei einer Veräußerung vereinnahmten Stückzinsen. Wie bei der Wandelanleihe hängt auch bei der Pflichtwandelanleihe die Höhe der Gesamterträge u.a. von der Entwicklung des Aktienkurses des Emittenten, also von einem ungewissen Ereignis ab. Auch bei der Pflichtwandelanleihe handelt es sich aber nicht per se um eine Finanzinnovation i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 lit. c EStG93. Bei der Wandlung macht der
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Vgl. Häuselmann, BB 2003, 1531, 1535. S. auch Häuselmann, BB 2003, 1531, 1533. Ausführlich dazu Friel, Wandelanleihen mit Pflichtwandlung, S. 276 ff. Häuselmann, BB 2003, 1531, 1535. Häuselmann, BB 2003, 1531, 1535; vgl. dazu auch die Ausführungen zur Wandelanleihe (Rz. 28), die hier entsprechend gelten; anders noch Schlitt/Mihm, Börsen-Zeitung v. 5.2.2003, S. 13.
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Anleger lediglich die ihm eingeräumte Ersetzungsbefugnis geltend. Folglich kommt es bei der Wandlung nicht zur Realisierung eines steuerpflichtigen Gewinns. Bei einem Erwerb der Pflichtwandelanleihe bis zum 31.12.2008 ist auch nach diesem Stichtag ein Veräußerungsgewinn nicht als Kapitalertrag zu versteuern, es sei denn, die Pflichtwandelanleihe ist mit weiteren Ausstattungsmerkmalen versehen, die sie zu einer Finanzinnovation machen (s. oben Rz. 28). Zur Steuerpflicht von Gewinnen und Verlusten aus der Veräußerung der Anleihe oder der bei Wandlung bezogenen Aktien kann im Übrigen auf die obigen Ausführungen zur Wandelanleihe (s. oben Rz. 33 f.) verwiesen werden. 55
Soweit die Pflichtwandelanleihe von einem Investmentfonds gehalten wird, kann auf die Ausführungen zur Wandelanleihe verwiesen werden (Rz. 29 f.).
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Da auch die Pflichtwandelanleihe eine Wandelanleihe i.S.d. § 221 AktG ist, fällt auf die laufenden Zinszahlungen Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag an (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Die Wandlung unterliegt nicht der Kapitalertragsteuer. Bei einer Veräußerung der Pflichtwandelanleihe während der Laufzeit fällt keine Kapitalertragsteuer an, wenn die Anleihe bis zum 31.12.2008 erworben wurde und keine Finanzinnovation ist94. Bei Veräußerung von nach dem 31.12.2008 erworbenen Pflichtwandelanleihen unterliegt der Veräußerungsgewinn der 25%igen Kapitalertragsteuer, wenn sie in einem inländischen Depot verwahrt werden (vgl. oben Rz. 36). Wie bei der Wandelanleihe kann die 25%ige Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zumindest für Steuerausländer vermieden werden, wenn die Emission über eine Auslandstocher erfolgt (s. oben Rz. 38 und zur Kapitalertragsteuer für Steuerinländer in diesem Fall Rz. 45).
IV. Optionsanleihe 57
Bei der Optionsanleihe handelt es sich wie bei der Wandelanleihe um ein Fremdkapitalinstrument, das mit dem Recht verbunden ist, Aktien des Emittenten zu erwerben. Daher kann zum Zinsabzug auf die Ausführungen zur Wandelanleihe (Rz. 16 ff. oben) verwiesen werden. Im Unterschied zur Wandelanleihe räumen die Anleihebedingungen hier dem Anleger aber nicht das Recht ein, an Stelle der Rückzahlung die Lieferung von Aktien zu verlangen. Vielmehr ist der „nackten“ Anleihe (im folgenden Anleihe) ein Optionsschein beigefügt, der den Anleger berechtigt, während der Laufzeit der Anleihe Aktien des Emittenten zu einem bestimmten Preis zu erwerben (§ 10 Rz. 3). Anders als das Wandlungsrecht kann der Optionsschein von der Anleihe getrennt veräußert werden. Mit der Optionsanleihe werden also zwei Rechtsverhältnisse zwischen Anleger und Emittent begründet, zum einen die Kapitalüberlassung und zum anderen die Kaufoption. Die Ausübung der Rechte aus dem Optionsschein berührt den Fortbestand der Anleihe nicht. Diese ist bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Daher ist der Bezugspreis für die Aktien regelmäßig in bar zu entrichten.
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Während sich Optionsanleihen in den 1980er und den frühen 1990er Jahren großer Beliebtheit erfreuten, werden sie inzwischen eher selten emittiert. Grund dafür dürfte zum einen sein, dass die mit der Optionsanleihe verbundenen Optionsscheine im Wettbewerb zu derivativen Finanzinstrumenten (z.B. covered warrants, Hebelzertifikaten usw.) stehen, die ebenfalls eine überproportionale Teilnahme an Kurs94 Häuselmann, BB 2003, 1531, 1536.
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änderungen der Aktie bei geringem Kapitaleinsatz ermöglichen. Zum anderen haben Optionsanleihen gegenüber Wandelanleihen den Nachteil, dass sie seit dem StMBG95 regelmäßig als Finanzinnovationen anzusehen96 und damit für Privatanleger steuerlich weniger attraktiv sind.
1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten In der Handelsbilanz des Emittenten wird die Optionsanleihe wie die Wandelanleihe behandelt (s. oben Rz. 7 ff.). Der Emissionserlös ist also auf die Anleihe und das Optionsrecht aufzuteilen. Das für die Gewährung des Optionsrechts erzielte Entgelt ist in die Kapitalrücklage i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen. In gleicher Höhe ist ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen. Die Anleihe ist mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren. Wertschwankungen der Aktie während der Laufzeit wirken sich auf die Bilanz des Emittenten nicht aus, auch wenn diesem nach den Anleihebedingungen das Recht eingeräumt sein sollte, die Rechte aus dem Optionsschein statt mit neuen Aktien aus bedingtem Kapital mit eigenen Aktien oder durch Barablösung zu befriedigen (s. dazu ausführlich Rz. 10 f. zum insoweit vergleichbaren Fall der Wandelanleihe). Bei Ausübung der Rechte aus dem Optionsschein hat der Anleger anders als bei der Wandelanleihe den Ausübungspreis in bar zu entrichten. Dieser ist beim Emittenten zugunsten des Grundkapitals und, soweit er den geringsten Ausgabebetrag der Aktien (§ 9 Abs. 1 AktG) übersteigt, als Agio (Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB) zu verbuchen97.
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b) Behandlung beim Anleger Der nach HGB bilanzierende Anleger erwirbt mit der Optionsanleihe zwei Vermögensgegenstände, nämlich die Anleihe und den Optionsschein. Dies ergibt sich schon daraus, dass beide Instrumente getrennt veräußerbar sind98. Insoweit kann gleichwohl auf die obigen Ausführungen (s. oben Rz. 12 ff.) zur Bilanzierung der Wandelanleihe beim Anleger verwiesen werden, da auch für die Wandelanleihe eine im Ergebnis vergleichbare Aufteilung erfolgt99. Anders als bei der Wandelanleihe erfolgt bei der Optionsanleihe kein Umtausch der Anleihe in Aktien. Der 95 Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21.12.1993, BGBl. I 1993, 2310. 96 Vgl. dazu OFD Kiel v. 7.3.2002 – S 2252 A - St 231, Anlage I Teil A, „Optionsanleihe“, StEK § 20 EStG, Nr. 284 = juris FNMB386560002, für die übliche unterverzinsliche Optionsanleihe; ebenso Scheurle, DB 1994, 445, 448 (re. Sp.); s. auch BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883. 97 Förschle/Hofmann in Beck’scher Bilanz-Komm., § 272 HGB Rz. 63 i.V.m. Rz. 58. 98 Eines Rückgriffs auf den IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003 (WPg 2001, 916 f.) bedarf es hier nicht. Im Übrigen sind die Voraussetzungen dieser Verlautbarung bei der Optionsanleihe nicht erfüllt, weil der Optionsschein von der Anleihe getrennt werden kann und die Optionsanleihe deshalb kein „strukturiertes Produkt“ i.S.d. Rechnungslegungshinweises ist (Scharpf in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, Kap. 6 Rz. 861). 99 Für die Aufteilung bei der Optionsanleihe auch Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2432, die sich bei der Wandelanleihe für eine einheitliche Bilanzierung beim Emittenten aussprechen.
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Anleger kann vielmehr gegen Hingabe des Optionsscheins Aktien zu einem festgelegten Kurs beziehen. Hierin liegt keine Ausübung einer Ersetzungsbefugnis wie bei der Wandelanleihe, sondern ein Anschaffungsvorgang. Die empfangenen Aktien sind mit dem für sie bezahlten Kaufpreis (Ausübungspreis des Optionsscheins) zuzüglich des Buchwerts des Optionsscheins zu aktivieren100.
2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten 61
Bei der Besteuerung des Emittenten einer Optionsanleihe war lange umstritten, wie der auf den Optionsschein entfallende Teil des Emissionserlöses zu behandeln ist101. Nunmehr hat der BFH entschieden, dass das Optionsentgelt bei Emission in das steuerliche Einlagekonto einzustellen ist und dort verbleibt, auch wenn das Optionsrecht nicht ausgeübt wird, es also nicht zu einem Aktienbezug kommt102. Ebenso wie bei der Wandelanleihe (vgl. oben Rz. 18 ff.) sollte der Anzahlungsbetrag steuerlich auch dann als Einlage behandelt werden, wenn der Emittent die Rechte aus dem Optionsschein mit eigenen Aktien erfüllt oder den Anspruch auf Lieferung der Aktien durch eine Geldzahlung abfindet. Zum Zinsabzug kann auf die Ausführungen zur Wandelanleihe (oben Rz. 16 f.) verwiesen werden. b) Besteuerung des Anlegers
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Nach überwiegender Ansicht im Schrifttum103 liegt in der Zeichnung einer Optionsanleihe ein Doppelerwerb. Der Anleger erwirbt mit der Optionsanleihe also zwei Wirtschaftsgüter, die Anleihe und den Optionsschein. Diese sind getrennt handelbar und daher auch steuerlich separat zu behandeln. Der Zeichnungs- oder Kaufpreis ist auf Anleihe und Optionsschein aufzuteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Optionsanleihe über pari, zu pari oder unter pari ausgegeben wurde. Bei einer unterverzinslichen Optionsanleihe wird der Wert des Optionsrechts nicht in voller Höhe als Aufgeld zum Nennbetrag der Anleihe bezahlt. Die Anschaffungskosten für die Anleihe unterschreiten in diesem Fall den Nennwert. Bei der Anleihe handelt es sich wegen dieser Abzinsung um eine Finanzinnovation i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 lit. a EStG, wenn das Emissionsdisagio der Anleihe die Grenzen des so genannten Disagioerlasses104 überschreitet105. 100 IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter B.; ebenso für die Steuerbilanz OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A - St 11, DB 2001, 1337 und OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628, unter 1d; Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2432. 101 Vgl. dazu ausführlich oben Rz. 18 f. 102 BFH v. 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 und BFH v. 30.11.2005 – I R 26/04, BFH/NV 2006, 616; a.A. noch die Vorinstanzen und FG München v. 4.2.2004 – 7 K 4666/01, EFG 2004, 846 und die Finanzverwaltung, OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A - St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628. 103 Groh, DB 2002, 860 m.w.N.; Harenberg/Irmer, NWB Fach 3, 10221, 10222; Häuselmann/ Wagner, BB 2002, 2431, 2432; Knobbe-Keuk, ZGR 1987, 312, 320; Scheurle, DB 1994, 445, 446; Uelner, JbFStR 1986/87, 11, 21. 104 BMF v. 24.11.1986 – IV B 4 - S 2252 - 180/86, BStBl. II 1986, 539. 105 BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883 und dazu Harenberg, GStB 2004, 19, 20; Groh, DB 2002, 860, 862.
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Nach der Gegenauffassung106 soll ein Alleinerwerb der Anleihe vorliegen. Beim Ersterwerber einer unterverzinslichen Optionsanleihe entfalle der Zeichnungspreis ausschließlich auf die Anleihe. Den Optionsschein erhalte der Anleger als Zusatzentgelt, um eine insgesamt angemessene Verzinsung der Anleihe zu gewährleisten. Der Ersterwerber vereinnahmt danach bei Zeichnung Zinsen in Höhe des Wertes des Optionsrechts. Nach dieser Ansicht ist die Anleihe ohne Optionsschein keine Finanzinnovation, weil sie zu pari begeben wurde107.
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Die Rechtsprechung108 sieht im Erwerb der Optionsanleihe mit Optionsschein regelmäßig einen Doppelerwerb. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn der Anleger nach den Anleihebedingungen die jederzeitige Rückzahlung zum Nennwert verlangen könne oder sich etwa aus dem Übernahmevertrag zwischen Emittent und übernehmendem Bankenkonsortium ergebe, dass das Optionsrecht als Gegenleistung für den Zinsverzicht gewährt werde. Die Rechtsprechung hält demnach einen Alleinerwerb bei entsprechender Ausgestaltung der Anleihebedingungen offenbar für möglich109. Allerdings ist bislang nicht abschließend geklärt, unter welchen Umständen von einem Alleinerwerb auszugehen ist. Jedenfalls soll es nicht ausreichen, wenn der Emittent bei Nichtbedienung der Anleihe zur vorzeitigen Rückzahlung zum Nennwert verpflichtet ist. Mit einer solchen Klausel wird allenfalls ein pauschalierter Schadensersatz bei Vertragsverletzung vereinbart110. Wird in den Anleihebedingungen oder dem Übernahmevertrag zwischen dem Emittenten und den übernehmenden Banken (underwriters) bestimmt, dass der Kaufpreis nur für die Anleihe, nicht aber für den Optionsschein geleistet wird, so ist offen, ob dies für sich allein ausreicht oder welche weiteren Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Besteuerung nach der Alleinerwerbstheorie zu gewährleisten111.
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Geht man von einem Doppelerwerb des Anlegers aus, so ist eine Aufteilung des Emissionspreises auf Anleihe und Optionsschein beim Erstanleger erforderlich. Nach Auffassung der Finanzverwaltung112 hat der Ersterwerber der Optionsanleihe die Anschaffungskosten aufgrund der Prospektangaben aufzuteilen, etwa unter Zugrundelegung eines dort gesondert ausgewiesenen Optionsentgelts oder durch Ermittlung des Marktwerts der Anleihe aufgrund der im Prospekt angegebenen Emissionsrendite. Fehlen solche Prospektangaben, ist der Marktwert der Anleihe aufgrund der im Markt für vergleichbare Anleihen ohne Optionsrecht im Emissionszeit-
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106 Arndt/Muhler, DB 1988, 2167, 2169; v. Beckerath in Kirchhof, EStG, § 20 Rz. 325; Stuhrmann in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 20 EStG Rz. 318. 107 BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883; Groh, DB 2002, 860, 862. 108 BFH v. 16.5.2001 – I R 102/00, BStBl. II 2001, 710; BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883. 109 Ein Alleinerwerb würde zu interessanten Gestaltungsmöglichkeiten führen, wenn der Ersterwerber ein bilanzierender Anleger oder Steuerausländer ist. Bei einem solchen Anleger werden die bei Emission zugeflossenen Zinseinnahmen nicht sofort besteuert, weil sie abzugrenzen sind, oder gar nicht besteuert, weil sie in Deutschland nicht steuerpflichtig sind. Ein Privatanleger, der die Anleihe (ohne Optionsschein) im Markt unter pari erwirbt, würde keine Finanzinnovation erwerben und könnte die wegen der Unterverzinslichkeit eintretenden Kurssteigerungen steuerfrei realisieren; vgl. Groh, DB 2002, 860, 862. 110 BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883. 111 Vgl. einerseits Groh, DB 2002, 860, 862 und andererseits Haisch, DStR 2001, 1968 f. 112 BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034 Tz. 8; s. dazu auch Groh, DB 2002, 860, 862; Haisch, DStR 2001, 1968 f.
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punkt üblichen Rendite zu ermitteln. Erbringt der Anleger die für diese Aufteilung notwendigen Nachweise oder Berechnungen nicht, so soll die Aufteilung anhand des Verhältnisses der Börsenkurse für Anleihe und Optionsschein erfolgen. Der zweite und jeder weitere Erwerber kann die Aufteilung des Gesamterwerbspreises anhand des rechnerisch ermittelten Werts der Anleihe im Zeitpunkt seines Erwerbs vornehmen. Wird eine solche Berechnung nicht durchgeführt, ist auch hier das Verhältnis der Börsenkurse für die getrennten Komponenten der Optionsanleihe im Erwerbszeitpunkt maßgeblich113. 66
Die vorgenannte Verwaltungsauffassung gilt ausdrücklich nur für Privatanleger114 und dürfte auch für diese an Bedeutung verlieren, wenn zum 1.1.2009 die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge eingeführt wird. Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren sind dann als Einkünfte aus Kapitalvermögen unabhängig von der Haltedauer steuerpflichtig (§ 20 Abs. 2 EStG n.F.). Bei einem Erwerb vor dem 1.1.2009 sollte die Frage, ob die Anleihe (z.B. wegen Unterverzinslichkeit) eine Finanzinnovation ist, stets anhand der Prospektangaben geklärt werden. Nur so lässt sich diese Feststellung rechtzeitig und mit der nötigen Sicherheit treffen. Bei einer Bezugsrechtsemission gehört der Wert des Bezugsrechts zu den Anschaffungskosten des Optionsscheins, nicht etwa zu denen der Anleihe115. aa) Bilanzierender Anleger
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Der bilanzierende Anleger hat beim Erwerb der ungetrennten Optionsanleihe den Kaufpreis aufgrund der vorgenannten Kriterien (vgl. Rz. 60) auf Anleihe und Optionsschein aufzuteilen. Eine unterverzinsliche Anleihe ist mit dem Rückzahlungsbetrag zu aktivieren. Die Differenz zum auf die Anleihe entfallenden Kaufpreisteil ist passiv abzugrenzen. Erträge aus der zeitanteiligen Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens sind im Zeitverlauf zu versteuern (vgl. Rz. 22). Bei Veräußerung einer der Komponenten erzielt der Anleger einen Gewinn oder Verlust. Veräußerungsgewinne sind in voller Höhe steuerpflichtig. Verluste aus der Veräußerung der Anleihe sind steuerlich voll abziehbar. Bei einer Veräußerung des Optionsscheins ist nach Auffassung der Finanzverwaltung116 die Abzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Sätze 3–5 EStG auch dann zu beachten, wenn, wie dies regelmäßig der Fall ist, nach den Optionsscheinbedingungen die Lieferung von Aktien geschuldet wird (physical settlement) (vgl. Rz. 23 a.E.). Wird die Anleihe nebst Optionsschein veräußert, so ist der Veräußerungserlös auf die beiden Komponenten aufzuteilen. Der Gewinn oder Verlust ist separat zu ermitteln und wie unter Rz. 24 erläutert zu behandeln.
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Bei Ausübung des Optionsrechts erwirbt der Anleger gegen Zahlung des Ausübungspreises Aktien. Diese sind wie in der Handelsbilanz mit dem Ausübungspreis zuzüg113 Nach BFH v. 11.7.2006 – VIII R 67/04, BStBl. II 2007, 553 besteht hinsichtlich des Nachweises der Emissionsrendite kein echtes Wahlrecht des Anlegers. Vielmehr hat das Finanzamt die Emissionsrendite ggf. von Amts wegen zu ermitteln; s. dazu auch BMF v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0 - 2007/0331067, BStBl. I 2007, 548. 114 Für bilanzierende Anleger ist die in der Handelsbilanz vorgenommene Aufteilung maßgeblich (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). 115 BFH v. 1.7.2003 – VIII R 9/02, BStBl. II 2003, 883, 886 (li. Sp.). 116 BMF v. 23.9.2005 – IV B 2 - S 2119 - 7/05, DStR 2005, 1900; a.A. Tibo, DB 2001, 2369, 2370 f.; Schmittmann/Wepler, DStR 2001, 1783, 1785.
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lich des letzten Buchwerts des Optionsscheins zu aktivieren117. Ein Gewinn realisierender (§ 6 Abs. 6 EStG) Tauschvorgang, bei dem eine etwa im Bilanzansatz des Optionsscheins enthaltene stille Reserve zu versteuern wäre, kann in der Ausübung der Rechte aus dem Optionsschein nicht gesehen werden. Die nachfolgende Veräußerung der Aktien ist nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a EStG bzw. § 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG steuerlich begünstigt. Verfällt das Optionsrecht, ergibt sich hieraus ein steuerlich abziehbarer Verlust118. bb) Privatanleger Auch der Privatanleger muss den beim Erwerb der ungetrennten Anleihe gezahlten Kaufpreis nach den unter Rz. 65 ff. erläuterten Kriterien aufteilen, weil er zwei Wirtschaftsgüter erwirbt. Die laufenden Zinszahlungen sind gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig. Ein Gewinn aus der Veräußerung oder Einlösung der Anleihe vor dem 1.1.2009 ist als Kapitalertrag zu versteuern, wenn es sich bei der Anleihe um eine Finanzinnovation handelt (vgl. Rz. 62), es sei denn, der Anleger weist eine niedrigere Emissionsrendite nach (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG)119. Ein Gewinn aus dem Verkauf des Optionsscheins vor dem 1.1.2009 ist steuerpflichtig, wenn die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb erfolgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG)120. Bei Veräußerung nach dem 31.12.2008 findet ohne Übergangsregelung auch für vor dem 1.1.2009 angeschaffte Anleihen die Abgeltungsteuer unabhängig von der Haltedauer oder des Nachweises einer Emissionsrendite Anwendung, wenn die Anleihe vor dem 1.1.2009 eine Finanzinnovation war (§ 52a Abs. 10 Satz 6 EStG n.F.). Bei separater Veräußerung des Optionsscheins sind Veräußerungsgewinne nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei, wenn der Optionsschein vor dem 1.1.2009 erworben wurde (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F., 52a Abs. 11 Satz 6 EStG n.F.). Bei Erwerb nach dem 31.12.2008 unterliegt ein Gewinn aus der Veräußerung des Optionsscheins unabhängig von der Haltedauer der Abgeltungsteuer (§§ 20 Abs. 2 Nr. 3, 43a Abs. 5 Satz 1, 52a Abs. 10 Satz 3 EStG n.F.). Übt der Privatanleger die Rechte aus dem Optionsschein aus und bezieht neue Aktien, entsprechen deren Anschaffungskosten den Anschaffungskosten des Optionsrechts zuzüglich des Ausübungspreises121. Bei Optionsausübung vor dem 1.1.2009 ist ein Gewinn aus der Veräußerung der Aktien innerhalb eines Jahres nach Optionsausübung zur Hälfte steuerpflichtig (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 Nr. 40 Satz 1 lit. j
117 OFD Düsseldorf v. 23.3.2001 – S 2136 A – St 11, DB 2001, 1337; OFD München v. 22.8.2000 – S 2136 - St 41/42, BB 2000, 2628. 118 Zu Abzugsbeschränkungen nach § 15 Abs. 4 Sätze 3–5 EStG vgl. oben Rz. 23 f., Rz. 67. 119 OFD Kiel v. 7.3.2002 – S 2252 A – St 231, Anlage I, Teil A, „Optionsanleihe“, StEK § 20 EStG, Nr. 284 = juris FNMB386560002; nach BFH v. 11.7.2006 – VIII R 67/04, BStBl. II 2007, 553, enthält § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG kein echtes Wahlrecht für den Anleger. Die Finanzverwaltung kann auch dann auf Grundlage der höheren Emissionsrendite besteuern, wenn der Anleger die niedrigere Marktrendite geltend macht. 120 OFD Kiel v. 7.3.2002 – S 2252 A - St 231, Anlage I, Teil A, „Optionsanleihe“, StEK § 20 EStG, Nr. 284 = juris FNMB386560002. Auch nach Ablauf der einjährigen Haltefrist ist der Gewinn aus der Veräußerung des Optionsscheins unter den Voraussetzungen des § 17 EStG steuerpflichtig (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 29, 45 m.w.N.). 121 BMF v. 27.11.2001 – IV C 3 - S 2256 - 265/01, BStBl. I 2001, 986 Tz. 15; BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034 Tz. 8. Die dem Schreiben zugrunde liegenden Überlegungen sollten auch nach Einführung der Abgeltungsteuer gültig bleiben.
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EStG a.F., 52a Abs. 11 Satz 4 EStG n.F.)122. Bei Optionsausübung nach dem 1.1.2009 unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung der Aktien unabhängig von der Haltedauer der Abgeltungsteuer (§§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 52a Abs. 10 Satz 1 EStG n.F.). cc) Investmentfonds 70
Hält ein inländischer Investmentfonds eine Optionsanleihe, so sind die Erträge wie bei der Wandelanleihe (Rz. 33 f.) auf der Ebene des Fonds steuerfrei. Der inländische Anleger, der seine Anteile im Privatvermögen hält, hat die vom Fonds vereinnahmten laufenden Zinszahlungen zu versteuern. Weiter sind auch die Gewinne aus der Veräußerung oder Einlösung der Anleihe steuerpflichtig, wenn die Anleihe eine Finanzinnovation ist. Gewinne aus der Veräußerung des Optionsscheins oder der aufgrund des Optionsscheins erworbenen Aktien durch den Fonds sind für den Privatanleger steuerfrei, wenn der Optionsschein bzw. bei dessen Ausübung die Aktien vor dem 1.1.2009 erworben werden (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 InvStG a.F., § 18 Abs. 1 Satz 2 InvStG n.F.). Erwirbt der Fonds Optionsscheine oder Aktien nach dem 31.12.2008, so unterliegen die Veräußerungsgewinne daraus beim Anleger der Besteuerung, wenn sie ausgeschüttet werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Sätze 2 und 3 InvStG n.F.). Soweit der Fonds danach steuerpflichtige Erträge vereinnahmt, unterliegen diese der Kapitalertragsteuer bis 31.12.2008 von 30 %, danach von 25 % (jeweils zuzüglich Solidaritätszuschlag), die entweder von den Ausschüttungen einzubehalten oder vom Fonds abzuführen ist. Die Kapitalertragsteuer ist bis 2008 beim Anleger anzurechnen bzw. diesem zu erstatten; ab 2009 gilt sie die Einkommensteuer regelmäßig ab. Zur Besteuerung von Investmentfonds allgemein s. Rz. 33. c) Kapitalertragsteuer
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Anders als Wandelanleihen unterliegen Optionsanleihen nicht der 25%igen Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Allerdings unterliegen Steuerinländer, die ihre Optionsanleihen im Inland verwahren, bis 31.12.2008 mit den daraus erzielten Zinseinnahmen, Stückzinsen und, wenn die Anleihe eine Finanzinnovation ist, auch mit den Gewinnen aus der Veräußerung der Anleihe der Kapitalertragsteuer in Form des Zinsabschlags in Höhe von 30 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag) (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a und Nr. 8, 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F.) (vgl. hierzu auch § 17 Rz. 50 ff.). Zinszahlungen und Veräußerungsgewinne (einschließlich Stückzinsen), die der Anleger nach dem 31.12.2008 bezieht, unterliegen bei inländischer Verwahrung grundsätzlich der Kapitalertragsteuer von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag), die die Einkommensteuer abgilt (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a und Nr. 10, 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 EStG n.F.). Die Kapitalertragsteuer ist von dem die Anleihe verwahrenden Kreditinstitut (auszahlende Stelle i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a, aa EStG) auf die Zinszahlungen und den Unterschied zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten der Anleihe zu erheben, wenn der Anleger diese über die auszahlende Stelle erworben hat und veräußert123. 122 BMF v. 27.11.2001 – IV C 3 - S 2256 - 265/01, BStBl. I 2001, 986 Tz. 15; Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 459; Harenberg/Irmer, NWB Fach 3, 10221, 10227. Auch nach Ablauf einer einjährigen Haltefrist sind Gewinne aus der Veräußerung von Aktien unter den Voraussetzungen des § 17 EStG zur Hälfte steuerpflichtig. 123 Ab 2009 kann der Nachweis der Anschaffungskosten auch nach Maßgabe des § 43a Abs. 2 Satz 2 EStG n.F. erbracht werden.
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Ansonsten gelten für Zwecke der Kapitalertragsteuer 30 % des Veräußerungserlöses als Bemessungsgrundlage (Ersatzbemessungsgrundlage) (§ 43a Abs. 2 Satz 3 EStG a.F., § 43 Abs. 2 Satz 7 EStG n.F.). Hat der Anleger die Optionsanleihe ungetrennt erworben, so müsste das Kreditinstitut bei einer Veräußerung nach Trennung den Erwerbspreis auf die Anleihe und den Optionsschein aufteilen. Soweit dies, etwa wegen fehlender Prospektangaben, nicht leicht und ohne weiteres möglich ist, muss der Anleger damit rechnen, dass das Kreditinstitut aus Vorsichtsgründen bei Veräußerung der Anleihe mit oder ohne Optionsschein den Zinsabschlag von der Ersatzbemessungsgrundlage vornehmen wird. Gewinne aus der Veräußerung des von der Anleihe getrennten vor dem 1.1.2009 erworbenen Optionsscheins gehören nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen daher nicht der Kapitalertragsteuer. Bei Erwerb von Anleihe und/oder Optionsschein nach dem 31.12.2008 fällt auf den Veräußerungsgewinn Abgeltungsteuer an (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 bzw. Nr. 11 EStG n.F.).
V. Umtauschanleihe Als Umtauschanleihen werden Anleihen bezeichnet, bei denen der Anleger statt der Rückzahlung die Lieferung von Aktien verlangen kann. Anders als bei der Wandelanleihe bezieht sich das Wahlrecht des Anlegers aber nicht auf Aktien des Emittenten, sondern auf Aktien einer anderen Gesellschaft (§ 11 Rz. 1). Es handelt sich bei der Umtauschanleihe also nicht um ein Eigenkapitalinstrument des Emittenten. Mit der Wandelanleihe hat die Umtauschanleihe jedoch gemein, dass mit Ausübung des Umtauschrechts der Rückzahlungsanspruch erlischt und dass das Umtauschrecht nicht von der Anleihe getrennt werden kann.
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1. Handelsbilanzielle Behandlung Bei Umtauschanleihen handelt es sich um strukturierte Produkte i.S.d. IDW-Rechnungslegungshinweises BFA 1.003124. In der Handelsbilanz sind sie also sowohl beim Emittenten als auch beim bilanzierenden Anleger in eine „nackte“ Anleihe und ein Umtauschrecht (Kaufoption) aufzuteilen125. Insoweit kann auf Rz. 2 ff. verwiesen werden.
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Unterschiede zur Wandelanleihe ergeben sich insbesondere beim Emittenten. Da es sich bei der Umtauschanleihe nicht um ein Eigenkapitalinstrument handelt, kann der auf das Umtauschrecht entfallende Teil des Emissionserlöses nicht in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Dieser Betrag ist vielmehr als sonstige Verbindlichkeit zu passivieren126. Übersteigt der Wert der Lieferverpflichtung des Emittenten während der Laufzeit die vereinnahmte Optionsprämie, ist eine Drohverlustrückstellung zu bilden127. Das gilt jedoch nicht, wenn der Emittent die Lieferverpflich-
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124 WPg 2001, 916 f. 125 Für den insoweit vergleichbaren Fall der Aktienanleihe s. Dombeck, WPg 2002, 1065, 1072; a.A. (entgegen IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003) Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2433. 126 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 13 i.V.m. Tz. 8, und IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter C. 127 IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter C.
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tung abgesichert hat128. Das ist bei Umtauschanleihen beispielsweise der Fall, wenn sich das Umtauschrecht auf Aktien einer Tochtergesellschaft oder sonstigen Beteiligungsgesellschaft des Emittenten bezieht. In diesem Fall werden die erwarteten Verluste aus dem Umtausch durch nicht bilanzierte Wertsteigerungen des Aktienbestands kompensiert und umgekehrt. Bei hinreichender Dokumentation der Bewertungseinheit ist eine Rückstellungsbildung dann nicht erforderlich. 75
Bei Ausübung des Umtauschrechts ist der auf das Umtauschrecht entfallende Teil des Emissionserlöses als Teil des Veräußerungserlöses für die veräußerten Aktien zu behandeln129. Bei Nichtausübung des Umtauschrechts ist die sonstige Verbindlichkeit zugunsten des laufenden Ergebnisses auszubuchen. Verschiedentlich sehen die Anleihebedingungen vor, dass der Emittent bei Ausübung des Umtauschrechts die Wahl hat, ob er Aktien liefern oder einen wertgleichen Geldbetrag zahlen will (§ 11 Rz. 23). Wählt der Emittent die Erfüllung in Geld, so ist das Optionsentgelt ertragswirksam zu vereinnahmen. Soweit die Barzahlung den Rückzahlungsbetrag der Anleihe übersteigt, ist der Unterschiedsbetrag zunächst mit einer etwa gebildeten Drohverlustrückstellung zu verrechnen und im Übrigen als laufender Aufwand zu verbuchen.
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Beim Anleger sind der auf die „nackte“ Anleihe und das Umtauschrecht entfallende Teil der Anschaffungskosten separat zu aktivieren. Die „nackte“ Anleihe ist mit dem Rückzahlungsbetrag einzubuchen, und einer Unterverzinslichkeit ist durch Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens Rechnung zu tragen. Beim Umtausch sind die Aktien mit den Anschaffungskosten zu aktivieren. Diese entsprechen dem Buchwert der Anleihe vermindert um den noch vorhandenen Betrag des passiven Rechnungsabgrenzungspostens zuzüglich des Buchwerts des Optionsrechts (vgl. Rz. 12 ff.).
2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten 77
Die Besteuerung des Emittenten einer Umtauschanleihe folgt der handelsbilanziellen Behandlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG)130. Zum Zinsabzug kann auf die Ausführungen zur Wandelanleihe (Rz. 16 f. oben) verwiesen werden. Soweit der Emittent die Lieferverpflichtung aus der Umtauschanleihe nicht eingedeckt hat, mindert eine während der Laufzeit handelsrechtlich etwa zu bildende Drohverlustrückstellung das steuerliche Ergebnis des Emittenten allerdings nicht (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG).
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Bei Einlösung der Umtauschanleihe durch Lieferung von Aktien ist den handelsrechtlichen Vorgaben folgend das Optionsentgelt als Teil des Veräußerungserlöses zu behandeln. Soweit der Rückzahlungsbetrag (typischerweise der Nennwert) der Anleihe den Buchwert der zu liefernden Aktien zuzüglich des Optionsentgelts über128 IDW-Rechnungslegungshinweis BFA 1.003, WPg 2001, 916 f., Tz. 13 i.V.m. Tz. 9, und IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter D. 129 IDW-Stellungnahme BFA 2/1995, WPg 1995, 421 ff., unter C. 130 Auch steuerlich hat der Emittent in Höhe des vereinbarten Optionsentgelts eine Verbindlichkeit einzubuchen (BFH v. 18.12.2002 – I R 17/02, BStBl. II 2004, 12; ebenso BMF v. 12.1.2004 – IV A 6 - S 2133 - 17/03, BStBl. I 2004, 192; anders noch OFD Köln v. 11.3.1997 – S 2143 - 18 - St 112, DStR 1997, 1084).
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steigt, ist der sich daraus ergebende Gewinn bei einkommensteuerpflichtigen Emittenten bis 2008 zur Hälfte und danach zu 40 % steuerfrei (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a EStG); bei körperschaftsteuerpflichtigen Emittenten ist der Gewinn zu 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG)131. Ein Verlust aus einer Barablösung der Anleihe ist in voller Höhe steuerlich abziehbar. Insoweit liegt kein Verlust aus der Veräußerung von Aktien vor, der nach §§ 3c Abs. 2 EStG, 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nur eingeschränkt oder überhaupt nicht abziehbar wäre132. Insoweit dürfte es sich aus Sicht des Emittenten stets empfehlen, wahlweise eine Barablösung vorzusehen, da sich auf diesem Weg eine steueroptimale Gestaltung bei Ausübung des Umtauschrechts durch den Anleger erreichen lässt. Der aus der Tilgung der Anleihe in Geld realisierte Verlust ist steuerlich abziehbar, während der durch die mögliche anderweitige Veräußerung der der Anleihe zugrunde liegenden Aktien erzielte Gewinn teilweise steuerfrei ist. b) Besteuerung des Anlegers aa) Bilanzierender Anleger Für den bilanzierenden Anleger kann zunächst auf die Ausführungen zur Wandelanleihe (Rz. 22–25) verwiesen werden. Ein bedeutsamer Unterschied ergibt sich aber für den Fall des Umtausches der Anleihe in Aktien. Anders als bei der Wandelanleihe, bei der das Wahlrecht des Anlegers als Ersetzungsbefugnis verstanden wird, soll bei Lieferung von Aktien bei Einlösung der Umtauschanleihe steuerlich ein Tausch vorliegen133. Das hat zur Folge, dass der bilanzierende Anleger bei Ausübung des Umtauschrechts einen steuerpflichtigen Umtauschgewinn realisiert (§ 6 Abs. 6 EStG). Die steuerliche Behandlung folgt also nicht der handelsrechtlichen Beurteilung der Umtauschanleihe134. Zur Begründung wird in der Literatur im Wesentlichen auf die unterschiedliche Behandlung beim Emittenten verwiesen135. Das erscheint jedoch nicht zwingend, da auch dem Gläubiger der Umtauschanleihe regelmäßig eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt ist136. Bei einem späteren Verkauf der bezogenen Aktien ist ein Veräußerungsgewinn bei einkommensteuerpflichtigen Anlegern bis 2008 zur Hälfte und danach zu 40 % (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a EStG) bzw. beim körperschaftsteuerpflichtigen Anleger zu 95 % (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG) steuerfrei. Verluste aus der Veräußerung der Aktien sind bis 2008 nur zur Hälfte und danach zu 60 % (§ 3c Abs. 2 EStG) bzw. überhaupt nicht abziehbar (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG).
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bb) Privatanleger Für den Privatanleger ist die Umtauschanleihe ebenso wie die Wandelanleihe (vgl. Rz. 24) nicht in ihre beiden Komponenten aufzuteilen. Nach Ansicht der Finanzver131 Im Ergebnis ebenso Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2434. 132 Nach Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2434, soll weiter ein Verlust aus der Lieferung der Aktien steuerlich abziehbar sein, wenn der Emittent die Aktien erst nach der Emission der Umtauschanleihe eindeckt. 133 BMF v. 6.3.2002 – IV C 1 - S 2252 - 24/02, juris FMNR216000002; ebenso OFD Frankfurt a.M. v. 9.4.2002 – S 2252 A - 81 - St II 32, DB 2002, 921 = FR 2002, 906. 134 Häuselmann/Wagner, BB 2002, 2431, 2434. 135 Hamacher, DB 2000, 2396, 2397; Schumacher, StbJb. 2002/03, 441, 462. 136 Hamacher, DB 2000, 2396, 2397.
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waltung stellt sich die Umtauschanleihe nach dem bis 2008 geltenden Recht als Finanzinnovation dar, weil die Höhe der Erträge von der Kursentwicklung der Aktie und somit von einem ungewissen Ereignis abhängt (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 lit. c EStG)137. Neben den laufenden Zinszahlungen und den bei der Veräußerung vereinnahmten Stückzinsen sind damit auch Gewinne aus der Veräußerung der Umtauschanleihe steuerpflichtig. Der Nachweis einer niedrigeren Emissionsrendite ist ausgeschlossen, weil es eine solche nicht gibt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Weiter soll der Anleger nach Auffassung der Finanzverwaltung auch bei Ausübung des Umtauschrechts einen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG steuerpflichtigen Kapitalertrag beziehen. Dieser soll dem Unterschied zwischen dem niedrigsten an einer deutschen Börse festgestellten Kurs der Aktien am Umtauschtag und den Anschaffungskosten der Umtauschanleihe entsprechen138. Ab 2009 unterliegen laufende Zinszahlungen und Veräußerungsgewinne der Abgeltungsteuer und zwar unabhängig vom Erwerbszeitpunkt (§§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, 52a Abs. 10 Satz 6 EStG n.F.). Werden die bei einem Umtausch vor dem 1.1.2009 erworbenen Aktien später veräußert, so ist ein dabei erzielter Gewinn oder Verlust nach Auffassung der Finanzverwaltung zur Hälfte (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 52a Abs. 11 Satz 4, 3 Nr. 40 Satz 1 lit. j, bzw. 3c Abs. 2 EStG) steuerpflichtig, wenn die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach dem Umtausch erfolgt139. Bei Erwerb der Aktien nach dem 31.12.2008 unterliegt der Veräußerungsgewinn unabhängig von der Haltedauer der Abgeltungsteuer von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag) (§§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 32d Abs. 1 und 3 EStG n.F.). Als Anschaffungskosten für die Aktien ist nach Auffassung der Finanzverwaltung140 der bei der Berechnung des Kapitalertrags zugrunde gelegte Wert, also der niedrigste an einer deutschen Börse gehandelte Kurs am Tag des Umtauschs zugrunde zu legen141. cc) Investmentfonds 81
Hält ein inländischer Investmentfonds eine Umtauschanleihe, so sind die Erträge auf der Ebene des Fonds steuerfrei. Bis 2008 hat der inländische Anleger, der seine Fonds137 BMF v. 2.3.2001 – IV C 1 - S 2252 - 55/01, BStBl. I 2001, 206; anders noch BMF v. 24.5.2000 – IV C 1 - S 2252 - 145/00, DStR 2000, 1227, das annahm, die Veräußerung der Umtauschanleihe betreffe die steuerlich unbeachtliche Vermögenssphäre, während der Umtauschgewinn nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig sein sollte. Eine erneute Änderung der Verwaltungsauffassung könnte sich in der Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 3/2008 vom 21.1.2008 der OFD Rheinland abzeichnen. Danach sollen bei so genannten Aktienoder Hochzinsanleihen, bei denen die Rückzahlung nach Wahl des Emittenten durch Lieferung von Aktien erfolgen kann, Einlösungs- oder Veräußerungsverluste nicht mehr als negative Marktrendite steuerlich abziebar sein, sondern der grundsätzlich nicht steuerbaren Vermögensebene zugeordnet werden. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung ebenfalls abweichend von der bisherigen Verwaltungspraxis auch die Gewinne aus der Einlösung oder Veräußerung von Umtauschanleihen der grundsätzlich steuerfreien Vermögensebene zuordnen wird. 138 BMF v. 6.3.2002 – IV C 1 - S 2252 - 24/02, juris FMNR216000002; ebenso OFD Frankfurt a.M. v. 9.4.2002 – S 2252 A - 81 - St II 32, DB 2002, 921 = FR 2002, 906. 139 Auch nach Ablauf dieser Haltefrist kann eine Veräußerung der Aktien nach § 17 EStG steuerpflichtig sein. 140 BMF v. 6.3.2002 – IV C 1 - S 2252 - 24/02, juris FMNR216000002; ebenso OFD Frankfurt a.M. v. 9.4.2002 – S 2252 A - 81 - St II 32, DB 2002, 921 = FR 2002, 906. 141 BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034 Tz. 10.
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anteile im Privatvermögen hält, neben den laufenden Zinszahlungen auch die Gewinne aus der Veräußerung und dem Umtausch der Anleihe zu versteuern, wenn man die Anleihe mit der Finanzverwaltung als Finanzinnovation ansieht (vgl. Rz. 80), da diese als Zinsen und nicht als Wertpapierveräußerungsgewinne i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 InvStG a.F. angesehen werden. Gewinne aus einer Veräußerung der beim Umtausch erhaltenen Aktien sind hingegen unabhängig von der Haltedauer steuerfrei. Die steuerpflichtigen Erträge unterliegen einer beim Anleger anrechenbaren Kapitalertragsteuer i.H.v. 30 % zuzüglich Solidaritätszuschlag. Ab 2009 unterliegen die Zinszahlungen beim Privatanleger weiterhin der Besteuerung, gleich ob sie ausgeschüttet werden oder nicht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 InvStG n.F.). Gewinne aus der Veräußerung und dem Umtausch der Anleihe sind dann jedoch nur bei einem Erwerb nach dem 31.12.2008 und erst bei Ausschüttung an den Anleger steuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG n.F.). Gewinne aus der Veräußerung vor dem 1.1.2009 erworbener Aktien sind steuerfrei, bei einem späteren Erwerb sind sie erst bei Ausschüttung steuerpflichtig. Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge unterliegen ab 2009 einer Kapitalertragsteuer von 25 %. Zur Besteuerung von Investmentfonds allgemein s. Rz. 33. c) Kapitalertragsteuer Die Kapitalerträge aus Umtauschanleihen unterliegen bei Verwahrung der Umtauschanleihe im Inland für einen inländischen Anleger der Kapitalertragsteuer. Diese fällt bis 2008 in Höhe von 30 % und ab 2009 in Höhe von 25 % (jeweils zuzüglich Solidaritätszuschlag) auf die laufenden Zinszahlungen, die bei der Veräußerung erzielten Stückzinsen und den Veräußerungsgewinn an. Ab 2009 gilt die Kapitalertragsteuer die Einkommensteuerschuld eines Privatanlegers regelmäßig ab (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG n.F.). Folgt man der Ansicht der Finanzverwaltung, dass der Anleger beim Umtausch einen steuerpflichtigen Kapitalertrag erzielt142, so unterliegt auch der Umtauschgewinn der Kapitalertragsteuer. Beim Umtausch erhält der Anleger aber außer in den Fällen der Barablösung keine Geldzahlung, von der der Zinsabschlag einbehalten werden könnte. Für diesen Fall sieht § 44 Abs. 1 Sätze 7–9 EStG vor, dass der Anleger die Kapitalertragsteuer an die auszahlende Stelle, also das die Anleihe verwahrende inländische Kreditinstitut zu zahlen hat. Unterbleibt diese Zahlung, hat die auszahlende Stelle ihr Betriebsstättenfinanzamt zu unterrichten. Dieses hat die Kapitalertragsteuer vom Anleger nachzuerheben. Für den Emittenten besteht bei der Umtauschanleihe regelmäßig keine Abzugspflicht. Der Emittent (Schuldner der Kapitalerträge) ist nur dann auszahlende Stelle, wenn er die Wertpapiere für den Anleger verwahrt. Dies ergibt sich aus den Worten „in den Fällen des Buchstaben a“ bzw. „unter den Voraussetzungen des Buchstabens a)“ in § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. b EStG, der die Einbehaltung von Kapitalertragsteuer durch den Emittenten regelt143.
142 BMF v. 2.3.2001 – IV C 1 - S 2252 - 55/01, BStBl. I 2001, 206. 143 Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 482; vgl. auch BT-Drucks. 16/6739, S. 16, 33; BT-Drucks. 16/6981, S. 34; BT-Drucks. 16/7036, S. 23.
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VI. Genussschein 83
Genussscheine sind Gläubigerrechte mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen, die ansonsten typischerweise nur Eigenkapitalinstrumenten (Gesellschaftsanteilen) zukommen. So kann etwa eine gewinnabhängige Vergütung für das überlassene Kapital oder eine Beteiligung des Genussscheininhabers an den Verlusten des Emittenten vorgesehen sein. Dies lässt die zivilrechtliche Einordnung des Genussscheins als Gläubigerrecht jedoch unberührt. Der Genussschein verbrieft ein Schuld-, nicht aber ein Gesellschaftsverhältnis und wird zivilrechtlich häufig als Inhaberschuldverschreibung (§ 793 BGB) einzuordnen sein144. Eine gesetzliche Definition des Genussscheins existiert nicht. In der Praxis kann die Ausgestaltung von Genussscheinen recht unterschiedlich sein (vgl. § 12 Rz. 11 ff.).
1. Handelsbilanzielle Behandlung a) Behandlung beim Emittenten 84
Für die Bilanzierung beim Emittenten stellt sich zunächst die Frage, ob das überlassene Genussscheinkapital als Eigen- oder Fremdkapital zu behandeln ist. Nach Auffassung des IDW145 ist Genussscheinkapital ungeachtet der Tatsache, dass zivilrechtlich ein Schuldverhältnis vorliegt, in der Handelsbilanz des Emittenten nach HGB als Eigenkapital zu behandeln, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: – Längerfristigkeit. Das Genussscheinkapital wird längerfristig überlassen und während der vereinbarten Laufzeit ist die Kündigung sowohl für den Emittenten als auch den Anleger vertraglich ausgeschlossen. – Nachrangigkeit. Bei Insolvenz oder Liquidation wird das Genussscheinkapital erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger zurückgezahlt. – Erfolgsabhängigkeit und Verlustbeteiligung. Die Vergütung muss sich am Erfolg des Emittenten orientieren und das Genussscheinkapital bis zur vollen Höhe an einem etwaigen Verlust des Emittenten teilnehmen, und zwar vorrangig vor dem gegen Ausschüttungen besonders geschützten Eigenkapital. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist das Genussscheinkapital als Sonderposten im Eigenkapital zu passivieren. Eine erfolgswirksame Vereinnahmung kommt nur in Betracht, wenn das Genussscheinkapital ausdrücklich als Ertragszuschuss gegeben wird146, etwa im Rahmen einer Sanierung oder nach Art eines Besserungsscheins, der nur aus künftigen Gewinnen zu tilgen ist. Liegen die Voraussetzungen für einen Eigenkapitalausweis nicht vor, so ist das Genussscheinkapital als Fremdkapital zu bilanzieren, allerdings auch hier als besonderer Posten147.
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Die Vergütungen auf die Genussscheine führen unabhängig davon, ob sie in der Handelsbilanz als Eigen- oder Fremdkapital ausgewiesen sind, zu Aufwand148. Die Genussscheinvergütung mag zwar vom Gewinn des Emittenten abhängig sein, sie ist aber keine Gewinnverwendung. Der Gewinn steht vielmehr ausschließlich den Ge144 145 146 147 148
Angerer, DStR 1994, 41, 42. IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff.,
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Tz. Tz. Tz. Tz.
2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.2.
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sellschaftern zu. Ist die Verzinsung des Genussscheins höher oder niedriger als die Verzinsung ansonsten vergleichbarer Instrumente, so ist ein bei der Ausgabe des Genussscheins gezahltes Agio oder ein gewährtes Disagio in einem Rechnungsabgrenzungsposten zu erfassen. Der Ertrag oder Aufwand aus der Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens geht ebenso wie die periodischen Vergütungen in das Jahresergebnis ein149. b) Behandlung beim Anleger Der bilanzierende Anleger hat die Genussscheine unabhängig von der bilanziellen Behandlung beim Emittenten als Wertpapiere im Anlage- oder Umlaufvermögen auszuweisen. Ein Ansatz als Beteiligung kommt nicht in Betracht, da die Genussscheine keine Gesellschafterrechte verbriefen. Die laufenden Zinszahlungen oder Ausschüttungen auf die Genussscheine sind ertragswirksam zu vereinnahmen. Ein wegen marktunüblicher Verzinsung gewährtes Agio oder Disagio ist abzugrenzen150. Soweit der Genussschein, etwa wegen einer Verlustteilnahme, im Wert gemindert ist, ist es abzuschreiben151. Bei späteren Wertsteigerungen ist jedenfalls bei Kapitalgesellschaften eine Zuschreibung bis zur Höhe der Anschaffungskosten vorzunehmen (§ 280 Abs. 1 HGB)152.
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2. Besteuerung a) Besteuerung des Emittenten Auch steuerlich ist zunächst davon auszugehen, dass ein Genussschein lediglich schuldrechtliche Ansprüche des Inhabers verbrieft. Entsprechend der handelsrechtlichen Behandlung sind die gezahlten Vergütungen daher auch steuerlich als Aufwand abziehbar. Das gilt unabhängig davon, ob die Genussscheine handelsbilanziell und damit auch in der Steuerbilanz des Emittenten als Eigen- oder Fremdkapital auszuweisen sind153.
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Allerdings ist ein Betriebsausgabenabzug der Genussscheinvergütungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ausgeschlossen, wenn Emittent eine Kapitalgesellschaft ist und die Genussscheine eine Beteiligung des Anlegers am Gewinn und Liquidationserlös des Emittenten vorsehen. Eine Beteiligung am Liquidationserlös liegt einmal vor, wenn der Anleger an den stillen Reserven des Emittenten beteiligt ist154. Das soll nach Ansicht der Finanzverwaltung auch dann der Fall sein, wenn eine Verlustbeteiligung vereinbart ist und das Genussscheinkapital bei Liquidation des Emittenten zum Nennbetrag zurückzuzahlen ist155. Die Finanzverwaltung156 geht weiter da-
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149 150 151 152 153 154 155 156
IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., Tz. 2.1.4. IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., Tz. 2.2. IDW-Stellungnahme HFA 1/1994, WPg 1994, 419 ff., Tz. 3.2. Die in § 280 Abs. 2 HGB grundsätzlich vorgesehene Beibehaltung des niedrigeren Teilwerts aus steuerlichen Gründen ist nach derzeit geltendem Recht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG) nicht möglich. Bogenschütz, JbFStR 1996/97, 566, 571 f.; Linscheidt, DB 1992, 1852, 1856. Knobbe-Keuk, BB 1987, 341 f. mit Hinweis auf die in BT-Drucks. 10/2510, S. 7, zitierte Auskunft des BMF. BMF v. 17.2.1986 – IV B 7 - S 2742 - 1/86, juris FMNR810000086. BMF v. 8.12.1986 – IV B 7 - S 2742 - 26/86, BB 1987, 667.
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von aus, dass eine Beteiligung am Liquidationserlös auch dann vorliegen kann, wenn der Anleger nicht an den stillen Reserven des Emittenten beteiligt ist, jedoch eine Rückzahlung erst bei dessen Liquidation verlangen kann. Auch in diesem Fall belaste das Genussscheinkapital die Steuerkraft des Emittenten ähnlich wie das Nennkapital. Eine Beteiligung am Liquidationserlös soll weiter bei einer langfristigen Kapitalüberlassung vorliegen, weil hier der Rückzahlungsanspruch wirtschaftlich bedeutungslos sei. Laufzeiten bis zu 30 Jahren sollen aber noch unschädlich sein. Demgegenüber soll die Nachrangigkeit der Genussscheine oder eine Teilnahme am Verlust allein nicht zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG führen. Die Rechtsprechung ist diesen Überlegungen nicht uneingeschränkt gefolgt. So soll etwa eine Beteiligung am Liquidationserlös fehlen, wenn von einem Alleingesellschafter gewährtes Genussscheinkapital gar nicht zurückzuzahlen ist, also auch nicht bei Liquidation157. 89
Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist, dass die Genussscheinvergütungen beim Emittenten steuerlich nicht abgezogen werden dürfen. Allerdings hat die Vorschrift keine Umqualifizierung des Genussscheinkapitals in Eigenkapital zur Folge. Auch steuerlich orientiert sich die Einordnung als Eigen- oder Fremdkapital an den handelsbilanziellen Vorgaben. Die steuerliche Abziehbarkeit bzw. Nichtabziehbarkeit der Vergütungen richtet sich hingegen allein nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Damit ist es bei entsprechender Gestaltung der Genussscheinbedingungen möglich, in der Handelsbilanz Eigenkapital auszuweisen, während die Genussscheinvergütungen steuerlich abziehbar sind158.
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Selbst wenn die Genussscheinvergütungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG grundsätzlich abziehbar sind, ist weiter die Zinsschranke (§§ 4h EStG, 8a KStG n.F.) zu beachten (s. Rz. 17 oben). Bei der Gewerbesteuer sind die Zinszahlungen (nach Anwendung der Zinsschranke) nur zu 75 % abziehbar (§ 8 Nr. 1 lit. a GewStG n.F.). b) Besteuerung des Anlegers
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Die Besteuerung des Anlegers folgt in gewisser Weise der Besteuerung des Emittenten. Auch auf der Anlegerebene ist danach zu unterscheiden, ob der Genussschein eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös einräumt oder nicht. aa) Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös
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Sind die Genussscheinvergütungen beim Emittenten nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht abziehbar, so sind sie beim Anleger steuerlich wie Dividendenzahlungen zu behandeln (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Bis 2008 findet für einkommensteuerpflichtige Anleger das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d EStG) Anwendung. Ab 2009 gilt das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. d und Satz 2 EStG n.F.) bzw. die Abgeltungsteuer (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 EStG). Für körperschaftsteuerpflichtige Anleger sind die Genussscheinausschüttungen zu 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 KStG).
157 BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 77, 79; Nichtanwendungserlass: BMF v. 27.12.1995 – IV B 7 - S 2742 - 76/95, BStBl. I 1996, 49. 158 Bogenschütz, JbFStR 1996/97, 566, 574.
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Die steuerliche Gleichbehandlung der Ausschüttungen mit Dividenden wirkt sich auch auf die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus. Insoweit finden beim betrieblichen Anleger bis 2008 das Halbeinkünfteverfahren bzw. ab 2009 das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a EStG) oder die 95%ige Steuerbefreiung für Körperschaften (§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KStG) Anwendung159. Verluste aus der Veräußerung, Einlösung oder Teilwertabschreibung des Genussscheins können nur eingeschränkt (§ 3c Abs. 2 EStG) bzw. gar nicht (§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) abgezogen werden. Beim Privatanleger unterliegen Veräußerungsgewinne und -verluste von vor dem 1.1.2009 angeschafften Genussscheinen bei einer Veräußerung innerhalb eines Jahres zur Hälfte der Besteuerung (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 Nr. 40 Satz 1 lit. j, 3c Abs. 2 EStG a.F., 52a Abs. 11 Satz 4 EStG n.F.)160. Gewinne aus der Veräußerung von nach dem 31.12.2008 angeschafften Genussscheinen unterliegen unabhängig von ihrer Haltedauer der 25%igen Abgeltungsteuer (§§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 43a Abs. 5 Satz 1 EStG n.F.).
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bb) Keine Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös Gewährt ein Genussschein nicht sowohl eine Beteiligung am Gewinn als auch am Liquidationserlös, so sind die Ausschüttungen und Gewinne aus der Einlösung beim Anleger nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in voller Höhe steuerpflichtig. Auch wenn die Höhe der Erträge des Genussscheins von der Gewinnentwicklung des Emittenten abhängt, sind Genussscheine kraft Gesetzes keine Finanzinnovationen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG a.F.). Gewinne und Verluste aus der Veräußerung, Einlösung oder dauernden Wertminderung des Genussscheins sind in voller Höhe steuerpflichtig bzw. abziehbar, wenn dieser zu einem Betriebsvermögen gehört. Der Privatanleger hat den Gewinn aus der Veräußerung eines vor dem 1.1.2009 erworbenen Genussscheins nur zu versteuern, wenn er den Genussschein innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung veräußert (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F., 52a Abs. 11 Satz 4 EStG n.F.)161 und Verluste sind nur bei Veräußerung innerhalb eines Jahres und nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG a.F. abziehbar. Bei nach dem 31.12.2008 erworbenen Genussscheinen unterliegen die Ausschüttungen und, unabhängig von der Haltedauer, Veräußerungs- und Einlösungsgewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer (§§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, 43a Abs. 5 Satz 1, 52a Abs. 10 Satz 6 EStG n.F.).
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c) Kapitalertragsteuer Auch bei der Kapitalertragsteuer ist zu unterscheiden: Gewährt der Genussschein eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös, so unterliegen Ausschüttungen bis 2008 der 20%igen Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag (§§ 43 159 BMF v. 28.4.2003 – IV A 2 - S 2750a - 7/03, BStBl. I 2003, 292 Tz. 24. 160 Verluste sind nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG abziehbar. Veräußerungsgewinne und -verluste können weiter unter den Voraussetzungen des § 17 EStG der Besteuerung unterliegen. Zur Frage, ob die Genussscheine selbst eine Beteiligung am Kapital des Emittenten i.S.d. § 17 EStG begründen, vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 44 ff. 161 Nach BFH v. 14.6.2005 - VIII R 73/03, BStBl. II 2005, 861 wird der Gewinn aus der Veräußerung von Genussrechten ohne Beteiligung an Gewinn oder Liquidationserlös nicht von § 17 EStG erfasst; ebenso Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 17 Rz. 22.
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Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Ansonsten unterliegen die Ausschüttungen auf Genussscheine einer Kapitalertragsteuer von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG). In beiden Fällen ist die Kapitalertragsteuer vom Emittenten einzubehalten (§ 44 Abs. 1 Satz 3 (1. Alt.) EStG). Ab 2009 beträgt der Kapitalertragsteuersatz einheitlich 25 % (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG n.F.). Da Genussscheine keine Finanzinnovationen sind (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG a.F.), unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Genussscheinen nicht der Kapitalertragsteuer (§ 52a Abs. 10 Satz 6, Abs. 11 Satz 4 EStG n.F.). Bei einer Veräußerung von nach dem 31.12.2008 erworbenen Genussscheinen wird Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) des Veräußerungsgewinns oder, wenn dieser nicht bekannt ist, von 30 % des Veräußerungserlöses von der inländischen Depotbank einbehalten (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 7, 52a Abs. 10 Satz 7 EStG n.F.). 96
Auch Steuerausländer sind mit den Genussscheinausschüttungen in Deutschland steuerpflichtig (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. a bzw. lit. c, bb EStG). Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer wird regelmäßig durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten (§§ 50 Abs. 5 EStG, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG). Gewinne aus der Veräußerung von Genussscheinen durch Steuerausländer unterliegen auch ab 2009 nicht der Kapitalertragsteuer, weil außer in den Fällen der §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e, 17 EStG keine materielle Steuerpflicht besteht. Für Genussscheine ohne Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös setzt § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c, bb EStG Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG voraus. Die Veräußerungsgewinne sind ab 2009 aber Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG n.F.
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Die meisten von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sehen insofern eine (zumindest teilweise) Erstattung der Kapitalertragsteuer vor. Die Höhe der Kapitalertragsteuererstattung hängt regelmäßig davon ab, ob die Genussscheinvergütungen als „Zinsen“ oder „Dividenden“ im Sinne des jeweiligen DBA anzusehen sind. Viele neuere DBA erwähnen die Genussscheinvergütungen im Dividendenartikel. In der Literatur wird hierzu vertreten, eine Einordnung von Genussscheinvergütungen als Dividenden im abkommensrechtlichen Sinn käme nur dann in Betracht, wenn die Genussscheine eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös vermittelten162. Das FG Köln hat in mehreren Entscheidungen163 ausgesprochen, dass die Genussscheine im Einzelfall daraufhin zu überprüfen sind, ob sie eher einem „unternehmerischen Engagement“ oder einer „schlichten Kapitalüberlassung“ entsprächen, und hat dabei neben der Verlustteilnahme die Beteiligung am Liquidationserlös und den stillen Reserven des Emittenten als eines der wesentlichen Kriterien für die Einordnung als abkommensrechtliche Dividende angesehen. Es ist aber jeweils auf das konkrete DBA abzustellen. So sehen einige DBA keine ausdrückliche Regelung für Genussscheinzinsen vor (vgl. z.B. Art. 13 DBA Luxemburg 162 Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 10 OECD-MA Rz. 102 f.; Portner in Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Kommentar, Art. 10 OECD-MA Rz. 181; Tischbirek in Vogel/Lehner, DBA, Art. 10 Rz. 207; Altehoefer/Landendinger, IStR 1997, 321, 324 ff. 163 FG Köln v. 23.5.1996 – 2 K 2536/94, EFG 1996, 836 (zu DBA Großbritannien); FG Köln v. 29.4.1999 – 2 K 3998/95, EFG 1999, 1034 (zu DBA Niederlande); FG Köln v. 11.12.2003 – 2 K 7273/00, EFG 2004, 659 (zu DBA Großbritannien); s. auch FG Rheinland-Pfalz v. 1.3.1990 – 1 K 2375/89, RIW 1990, 510 (zu DBA Großbritannien); Laule, IStR 1997, 577 ff.
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i.V.m. Nr. 12 des Protokolls; Art. 13 DBA Niederlande i.V.m. Nr. 10 des Protokolls; Art. VI und VII Abs. 2 DBA Irland). Allerdings werden dort teilweise Bezüge aus Aktien und ähnlichen Wertpapieren den Dividenden gleichgestellt. Hier können Genussscheine zu den „ähnlichen Wertpapieren“ gehören, wenn eine Beteiligung am Liquidationserlös besteht und das Genussscheinkapital am Verlust teilnimmt164. Andere deutsche Abkommen unterwerfen Genussscheinzinsen dem unbeschränkten deutschen Kapitalertragsteuerabzug, wenn sie beim Emittenten steuerlich abziehbar sind (vgl. z.B. Art. 10 Abs. 6 DBA USA, Art. 10 Abs. 2 lit. b DBA Schweiz, Nr. 3 des Protokolls zum DBA Kanada, Nr. 8 des Protokolls zum DBA Italien)165.
164 FG Köln v. 29.4.1999 – 2 K 3998/95, EFG 1999, 1034 (zu DBA Niederlande). 165 Vgl. dazu Altehoefer/Landendinger, IStR 1997, 321, 325 f., wonach das uneingeschränkte deutsche Besteuerungsrecht mit Ausnahme des DBA USA nur für Genussrechte mit Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös gelten soll.
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4. Teil Anleiheemissionen § 14 Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank Barbara Rühlmann I. Überblick 1. Anleihen als Mittel der Fremdkapitalfinanzierung und die wichtigsten Merkmale von Gläubigerpapieren . a) Liquidität . . . . . . . . . . . . . . b) Rentabilität . . . . . . . . . . . . c) Verbriefung derivater Ansprüche d) Ausfallrisiko . . . . . . . . . . . . 2. Charakteristika erfolgreicher Fremdkapitalfinanzierungen von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . a) Formen der Verzinsung . . . . . b) Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . 3. Special Purpose Vehicles . . . . . . a) Cayman Islands . . . . . . . . . . b) Jersey . . . . . . . . . . . . . . . . c) Irland . . . . . . . . . . . . . . . . d) Niederlande . . . . . . . . . . . . e) Luxemburg . . . . . . . . . . . . .
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6 8 9 11 13 16 20 25 30
II. Ausgewählte Beispiele von Anleihen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Debt Issuance (DIP) oder Euro Medium Term Note Programme (EMTN) a) Sinn und Zweck für den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermarktung – Platzierung – Investoren . . . . . . . . . . . . . c) Dokumentation des Programmes . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Stand Alone“-Anleihen („Ewige Anleihe“) . . . . . . . . . . 3. Going Public Bond als eine Verbindung zwischen Fremdund Eigenkapital . . . . . . . . . . . a) Sinn und Zweck für den Emittenten . . . . . . . . . . . . . b) Platzierung – Art der Investoren c) Rechtliche Dokumentation . . .
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37 38 39 40
44 45 46 47
Schrifttum: Betsch/Groh/Lohmann, Corporate Finance, 2. Aufl. 2000; Süchting, Finanzmanagement – Theorie und Politik der Unternehmensfinanzierung, 6. Aufl. 1995; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, 1997; Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, 2001.
I. Überblick 1. Anleihen als Mittel der Fremdkapitalfinanzierung und die wichtigsten Merkmale von Gläubigerpapieren Für Unternehmen hat es sich als sinnvoll herausgestellt, mehrere Quellen der Finanzierung im Rahmen des Lebenszyklus eines Unternehmens zu nutzen. Während in der Start-up Phase eines Unternehmens das Finanzierungsrisiko am höchsten ist und mit der Lebensdauer des Unternehmens im Idealfall degressiv abnimmt, kann auf der anderen Seite der Kapitalbedarf im Laufe der Existenz eines Unternehmens ansteigen. Neben den Formen der Eigenkapitalfinanzierung wie z.B. der Ausgabe von Vorzugsaktien, Genussscheinen oder Wandelanleihen als Mischformen ist die Aufnahme von Fremdkapital zu verzinsen und zu tilgen. Auf Stamm- oder VorzugskapiRühlmann
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Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank
tal werden Dividenden gezahlt nach Steuern vom Jahresüberschuss während Zinszahlungen als betrieblicher Aufwand zu verbuchen sind. Dies bedeutet, dass die Finanzierungsarten mit unterschiedlichen Kosten verbunden sind und es das Ziel im Rahmen einer Optimierung der Unternehmensverschuldung sein muss, aufgrund niedriger Kosten teures Eigenkapital durch Fremdkapital zu substituieren. Formen der klassischen langfristigen Kreditfinanzierung lassen sich einteilen in Schuldverschreibungen (Bonds), Schuldscheindarlehen oder langfristige Bankkredite. Während für nicht emissionsfähige Kreditnehmer meist nur der Bankkredit in Frage kommt, eignet sich für emissionsfähige Schuldner mit einem Finanzierungsbedarf von mindestens zweistelligen Millionenbeträgen die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes. An dieser Stelle soll nun in erster Linie auf Anleihen, so genannte Bonds eingegangen werden (s. § 15 Rz. 2 ff.). Als Gläubigerpapiere sind Anleihen Effekten von Schuldnern, die durch Emission dieser Schuldverschreibungen Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen. Im Allgemeinen werden fest- bzw. variabel verzinsliche Anleihen unterschieden, das heißt bei festverzinslichen Papieren ist die Zinszahlungsreihe festgeschrieben, bei variabel verzinslichen Papieren können sie entweder viertel- oder halbjährlich an die aktuelle Marktlage wie z.B. EURIBOR oder Drei-, SechsmonatsLIBOR angepasst werden. Die wichtigsten Merkmale von Gläubigerpapieren sind u.a.: a) Liquidität 2
Das Liquiditätsrisiko verkörpert die Gefahr, einen Bond nicht jederzeit zum fairen Preis am Markt verkaufen zu können. Für Investoren, die das Papier bis zur Endfälligkeit halten, spielt das Liquiditätsrisiko keine Rolle. Als Grundregel kann man anführen, je mehr Stücke dieser Schuldverschreibungen umlaufen desto geringer ist das Risiko keinen Kontrahenten zu finden. Auf der anderen Seite schlägt sich eine mangelnde Umlauffähigkeit auf die Rendite nieder, das bedeutet in engen Märkten verlangen Käufer einen Abschlag, der das Risiko abdecken soll, im Verkaufsfalle keinen Käufer zu finden. Als Maß des Liquiditätsrisikos kann die Differenz zwischen Angebots- und Nachfragepreis (Bid/Ask-Spread) herangezogen werden. b) Rentabilität
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Die Rentabilität und das Kursrisiko sind u.a. von der Terminstruktur der Zinssätze abhängig. Im Normalfall sind kurzfristige Zinssätze niedriger als langfristige. Man nennt dies eine degressive Zinsstrukturkurve und sie hat zur Folge, dass für eine langfristige Bereitstellung von Kapital höhere Zinsen bezahlt werden müssen als für kurzfristigen Kapitalbedarf. Bei einer inversen Zinsstruktur kehrt sich dieser Sachverhalt um. In Hochzinsphasen sind die Kreditnehmer nicht bereit, sich langfristig zu hohen Zinssätzen zu verschulden, sie warten auf sinkende Zinsen und verschulden sich kurzfristig revolvierend, um dann im richtigen Zeitpunkt von fallenden Zinsen in die langfristige Verschuldung zu wechseln. Die kurzfristigen Zinsen liegen bei einer inversen Zinsstruktur daher über den langfristigen. Bei einer flachen Zinsstruktur sind die Zinssätze nicht ausgeprägt, d.h. die Marktrendite ist unabhängig von der Restlaufzeit der Papiere. Damit unterliegen festverzinsliche Wertpapiere einem Marktwert – und einem Endwertänderungsrisiko. Wenn der Marktwertzins steigt, sinkt der Kurs des Wertpapiers und umgekehrt. Das Endwertänderungsrisiko beinhaltet die Gefahr, dass sich durch Änderung des Zinsniveaus die Wiederanlage418
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Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank
möglichkeit der erhaltenen Zinszahlungen verschlechtert und damit die geplante Rendite bis zum Endfälligkeitszeitpunkt nicht erreicht werden kann. Hierzu wird nun die Duration herangezogen. Die Duration ist als der Zeitpunkt während der Laufzeit einer Anleihe zu bestimmen, in dem erwartetes und erzielbares Vermögen zusammenfallen. Dem wird die Annahme zugrundegelegt, dass zunächst erlittene Kursverluste durch eine Vermögenserhöhung durch Wiederanlage der erhaltenen Zinszahlungen zu nunmehr besseren Konditionen überkompensiert werden. Am Ende der Laufzeit stellt sich ein höherer Vermögenswert ein. Umgekehrt gilt dies bei durch sinkende Zinsen hervorgerufenen Kursgewinnen. Je näher die Duration an der Endfälligkeit liegt, desto geringer ist die Gefahr einer Abweichung des Endwertes vom geplanten Vermögen. Dennoch funktioniert dieses Durationskonzept nur dann, wenn sich die Krümmung der Zinsstrukturkurve nicht wesentlich ändert. c) Verbriefung derivater Ansprüche Verbriefung derivater Ansprüche und damit die Duplikation der Anleihe mit einem entsprechenden Termingeschäft dient der besseren Platzierbarkeit und damit der Flexibilisierung. Dies bedeutet, dass die Anleihe mit verschiedenen abgeleiteten Zusatzrechten ausgestattet ist, wie z.B. die Möglichkeit, in Eigenkapital zu wandeln, oder vorzeitige Kündigungs- und Tilgungsmöglichkeiten des Emittenten. In diesem Fall kauft der Emittent einen Call vom Investor. Wenn er dann die Anleihe vorzeitig kündigen will, übt er den Call aus, zahlt den vereinbarten Basispreis und erhält die Anleihe zurück.
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d) Ausfallrisiko Die Sicherheit einer Investition hängt von der Möglichkeit der Bedienung der Schulden durch den Emittenten bzw. seiner Besicherung ab. Bei Anleihen öffentlich-rechtlicher Emittenten als auch von Gebietskörperschaften wie den Bundesländern sowie Sondervermögen des Bundes haftet der Emittent oder dessen Gewährträger durch sein Vermögen und vor allem durch das Steueraufkommen. Die Bundesrepublik Deutschland verschafft sich den erleichterten Zugang zum Kapitalmarkt durch die automatische Börsenfähigkeit seiner Papiere sowie deren Deckungsstockfähigkeit. Bei privatwirtschaftlichen Emittenten entscheidet deren Bonität, da es hier weder eine automatische Börsen- noch Deckungsstockfähigkeit gibt. Die Bonität beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, seinen Verbindlichkeiten hinsichtlich der Höhe als auch termingerecht nachkommen zu können. Zur Beurteilung dieser Bonität ermitteln Rating-Agenturen so genannte Ratings (s. § 15 Rz. 13 ff.) für große Schuldner und damit die Ausfallwahrscheinlichkeiten von Zahlungsströmen aus Schuldverschreibungen. Je höher die Bonität des Schuldners erachtet wird, desto niedriger ist die Risikoprämie, die der Schuldner zahlen muss bzw. desto niedriger sind die Zugeständnisse hinsichtlich der Besicherung der Anleihe. Damit können sich erstklassige Schuldner fast zum risikofreien Zinssatz verschulden.
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2. Charakteristika erfolgreicher Fremdkapitalfinanzierungen von Unternehmen Der sich verstärkende Trend zur Verbriefung und zur direkten Inanspruchnahme des Kapitalmarktes wird mit den Begriffen Securitisation und Disintermediation umRühlmann
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schrieben. („Disintermediation“ verkörpert das Bestreben, sich weitgehend ohne Einschaltung von Kreditinstituten über den Kapitalmarkt „fremd“ zu finanzieren. Banken werden lediglich zur Emissionsberatung und -betreuung herangezogen). Durch die Handelbarkeit von Forderungen und Verbindlichkeiten und die große Anzahl von Marktteilnehmern bildet sich ein objektivierter Marktpreis, der nicht mehr durch die Verhandlungsmacht einer Partei oder sonstige Unvollkommenheiten beeinträchtigt wird. Daher trägt die Verbriefung zu der Steigerung von Transparenz und Effizienz bei. 7
Zur erfolgreichen Platzierung einer Anleihe muss diese einmal den Interessen der Investoren entsprechen und nach den bereits oben erwähnten Merkmalen von Gläubigerpapieren strukturiert werden. a) Formen der Verzinsung
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Parameter des wichtigsten Ausstattungsmerkmales, die Emissionsrendite, sind u.a. die Kuponhöhe, das heißt in die Renditeberechnung fließen die Zeitpunkte der Zinsund Tilgungszahlung ein. Hier kann zwischen einem festen (fixen) Kupon oder einem variablen Zinssatz unterschieden werden. Variabel verzinsliche Anleihen (Floater) sind an einen Referenzzinssatz gekoppelt, z.B. EURIBOR (European Interbank Offered Rate) oder LIBOR (London Interbank Offered Rate) (s. § 15 Rz. 17). Der vom Emittenten zu zahlende Aufschlag bezüglich des Basiszinssatzes spiegelt seine Bonität wieder. Ein so genannter Reversed Floater ist eine variable Anleihe, deren Verzinsung sich aus der Differenz eines Festsatzes und eines Referenzzinssatzes ergibt; solange die Differenz positiv ist, wird für die entsprechende Teilperiode die Zinsdifferenz gezahlt. Da sich diese von der üblichen variablen Struktur unterscheidet, nennt man diese Erscheinungsform „reversed“. Bei der Festlegung der Zahlungstermine ist für ein Unternehmen die Kongruenz zum Investitionsprogramm zu beachten. Entweder finden zu den Kuponterminen entsprechende Mittelzuflüsse statt oder Liquidität muss abgebaut werden. Falls keine Liquidität während der Laufzeit der Anleihe fließen soll, kann auch ein Zero Bond begeben werden (s. § 15 Rz. 19). Nachteil ist aber, dass das erhöhte Marktwertrisiko für die Investoren meist durch eine Prämie abgesichert werden muss. Darüber hinaus sind die steuerlichen Anforderungen der Investoren ebenfalls ein wichtiges Auswahlkriterium. b) Fälligkeit
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Neben der Rückzahlungssumme sind auch der Zeitpunkt bzw. die Modalitäten der Fälligkeit festzulegen. Hier wird unterschieden zwischen Straight Bonds (endfällige Tilgung), Tilgung in beliebiger Höhe (Payment in kind) oder dem freihändigen Rückkauf (Callable Bonds). Grundsätzlich ist aber zu sagen, dass eine späte Rückzahlung das Bonitätsrisiko für die Investoren erhöht und dadurch die Verschuldung verteuert. Durch so genannte Stripped Bonds (Strip = Seperate Trading of Registered Interest and Principal of Securities) besteht die Möglichkeit Investoren anzusprechen, die Wiederanlagerisiken für bestimmte Laufzeiten ausschließen wollen, denn bei dieser Anlageform werden die Zins- und Tilgungszahlungen entkoppelt und einzeln in Zero Bonds verbrieft. Generell ist bei der Rückzahlung aber die horizontale Finanzierungsregel zu beachten und eine teure Zwischenfinanzierung ist auf jeden Fall zu vermeiden. 420
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Darüber hinaus ist aber auch die vorteilhafte, kostengünstige Gestaltung für den Emittenten zu beachten, und gerade hier zeigt sich die Werthaltigkeit der Erfahrung einer Bank, die gerade das Zwischenspiel zwischen Emittent und Markt beherrschen muss. Im Folgenden soll nun auf den Aspekt eingegangen werden, durch Nutzung eines ausländischen Emissionsvehikels eine gewisse Steueroptimierung erreichen zu können.
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3. Special Purpose Vehicles Die Nutzung von speziell gegründeten Finanzierungvehikeln (so genannte Special Purpose Vehicle) dienen zum Beispiel bei Asset Backed Securities dazu, bestimmte Forderungen der Muttergesellschaft übertragen zu bekommen z.B. Auto-, Konsumentenkredite, Kreditkarten- Leasingforderungen oder Hypothekarforderungen. Diese Special Purpose Vehicles (SPVs) emittieren Schuldverschreibungen, welche aus den laufenden Zahlungseingängen der ausgelagerten Forderungen verzinst und getilgt werden. Kurzfristige Forderungsbestände werden revolvierend veräußert, so dass eine mittel- bis langfristige Bilanzverkürzung bei der auslagernden Gesellschaft erreicht werden kann.
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Darüber hinaus kann ein SPV auch aus steuerlichen Gründen (s. § 17 Rz. 44 ff.) gegründet werden, um als spezielle Refinanzierungsgesellschaft am Kapitalmarkt zu dienen. Hierzu ist eine Garantie der Muttergesellschaft als zusätzliche Sicherheit notwendig, da ansonsten der Zinssatz der zu begebenden Anleihe zu hoch festgelegt werden muss. Es haben sich folgende Länder als besonders flexibel erwiesen im Hinblick auf eine Verwendung bereits existierender Vorratsgesellschaften, die kurzfristig zum Leben erweckt werden können. Es folgt ein kurzer Überblick rechtlicher, regulatorischer Merkmale sowie von Kosten in den bislang am häufigsten genutzten Ländern.
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a) Cayman Islands Auf den Cayman Islands hat es sich als besonderer Vorteil herausgestellt, dass hier verschiedene, abgetrennte Portfolios kreiert werden können, die völlig unabhängig voneinander mit ihrem Anlagevermögen sowie Verbindlichkeiten einer spezifischen Tranche zugeordnet werden können. Als Grundstruktur wird eine steuerbefreite Gesellschaft gegründet mit einem bestimmten oder auch gemeinnützigen Gesellschaftszweck. Das Management hat seinen Sitz vor Ort und verfügt über eine registrierte Gesellschaftsadresse, die über eine der etablierten Anwaltskanzleien wie z.B. Maples and Calder zur Verfügung gestellt werden kann. Außer einer Emissionsgenehmigung durch das örtliche Management (Board of Directors) gibt es keine weiteren Anforderungen wie z.B. eine Verpflichtung zur Buchführung, die eine tatsächliche Bewertung der finanziellen und wirtschaftlichen Situation („true & fair view“) über die Gesellschaft ermöglicht. Grundsätzlich kann binnen 48 Stunden der Antrag auf Gründung gestellt werden, eine notariell bestätigte Satzung muss eingereicht werden, und sobald die Gründungsurkunde und die Satzung abgestempelt sind, gelten die Gründungsvoraussetzungen als erfüllt.
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In regulatorischer Hinsicht ist zu beachten, dass, um in den Genuss der Steuerfreiheit zu gelangen, Verkaufsbeschränkungen für die emittierten Wertpapiere einzuhalten sind. Dies bedeutet, dass Schuldverschreibungen weder Bürgern der Cayman Islands noch generell auf den Cayman Islands öffentlich angeboten werden dürfen, es sei denn, es wurde vor dem Beginn des öffentlichen Angebots eine Börsenzulassung
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an der örtlichen Börse erwirkt. Ansonsten ist es verboten, jeglichen Handelsverkehr mit Privatpersonen oder Gesellschaften auf den Cayman Islands nachzugehen. Es dürfen nur die Verträge abgeschlossen werden, die für die Gründung und Emission erforderlich sind. 15
Kosten für die Gründung liegen bei ca. 2 000 USD, die jährlichen Verwaltungskosten für das örtliche Management belaufen sich auf ca. 5 000 USD. Dazu sind für die Etablierung eines Emissionsprogrammes Rechtsanwaltsgebühren von ca. 12 500 GBP und für jede Ziehung einer Tranche ca. 3 000 GBP zu rechnen. b) Jersey
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Generell ist zu Jersey anzumerken, dass die Insel nicht zur Europäischen Union gehört und daher Jersey-Emittenten von einigen Investoren nicht in ihr Portfolio aufgenommen werden können. Darüber hinaus war Jersey längere Zeit auf der Schwarzen Liste der OECD, da sich Jersey nicht den strengen OECD-Anforderungen der Regelungen zur Vermeidung von Geldwäsche unterwerfen wollte. Dies hat die Regierung von Jersey aber zwischenzeitlich durch Implementierungen von Geldwäscheregelungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus behoben.
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Nach den örtlichen Regularien kann auf Jersey eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung (limited liability company) gegründet werden, die Anteile daran werden entweder von einer gemeinnützigen Stiftung gehalten oder aber von der Muttergesellschaft selbst, um mögliche Insolvenzrisiken von vorneherein zu begrenzen. Bei der Gründung ist die Zustimmung gemäß der Control of Borrowing (Jersey) Order von 1958 einzuholen, Satzung und Gründungsurkunde sind bei der Registrierungsstelle (Jersey Registrar of Companies) einzureichen. Im Falle einer Aktiengesellschaft ist ein geprüfter Geschäftsbericht jährlich zu veröffentlichen, insbesondere wenn es sich bei der Gesellschaft um einen Wertpapieremittenten handelt. Es gibt keine Mindestkapitalisierungspflicht. Während die Eintragung der Gesellschaft an einem Tag erfolgen kann, kann das Zustimmungsverfahren der dortigen Aufsichtsbehörde (Jersey Financial Services Commission) bis zu sechs Wochen dauern.
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Nach der jährlichen Beantragung der Steuerbefreiung sowie Zahlung der jährlichen Steuerbefreiungsgebühr von ca. 600 GBP sind alle Zins- und Dividendenzahlungen der Jersey-Gesellschaft frei von jedweder Besteuerung. Es fällt auch derzeit keine Stempelsteuer an bei dem Übertrag von Anteilen bzw. Wertpapieren der Gesellschaft. Es ist dennoch eine Überprüfung anzuraten, da Jersey durch die Aufgabe ihrer negativen Haltung gegenüber Geldwäscheregelungen auch im Prozess ist, ihre Steuerbefreiungstatbestände zu überprüfen.
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Für die Gründung sind ca. 3 500 GBP sowie ca. 15 000 GBP jährliche Kosten für die Verwaltungs-, Management-, Treuhändergebühren zu veranschlagen. Die Wirtschaftsprüfergebühren für die jährliche Prüfung belaufen sich auf ca. 7 000–10 000 GBP. Für die Erstellung der Dokumentation einer Auflegung des Emissionsprogrammes müssen Kosten für die Rechtsanwälte von ca. 15–25 000 GBP und für eine stand alone Dokumentation von ca. 25 000 GBP gerechnet werden. c) Irland
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In Irland ist es gesellschaftsrechtlich möglich, die Rechtsformen der AG sowie der GmbH zu wählen. Zu empfehlen ist aber, wenn die Begebung von Wertpapieren be422
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absichtigt ist, eine Aktiengesellschaft (plc) zu gründen, da Anteile einer GmbH nur an ein bis fünf Investoren platziert werden kann. Die plc wird unter irischem Recht gegründet und die Aktien werden von einem Treuhänder sowie bis zu sechs weiteren Namensaktionären gehalten. Die neu zu gründende Gesellschaft ist verpflichtet zur Auflegung von jährlichen Geschäftsberichten, der erste ist innerhalb von 18 Monaten nach Gründung zu veröffentlichen. Falls eine Börsenzulassung der Gesellschaft angestrebt werden soll, ist ein listing agent vor Ort zu mandatieren. Eine Minimumkapitalisierung von 40 000 Euro ist vorzunehmen, die zu einem Viertel eingezahlt werden sollte, alternativ kann auch eine Haftungserklärung der Muttergesellschaft beigebracht werden. Die irische plc hat sieben Geschäftsführungsmitglieder und davon mindestens zwei Vorstände, von denen mindestens einer auf Irland ansässig sein muss. Üblicherweise dauert die Gründung drei bis vier Wochen. Bei einem Wertpapierangebot mit einer Laufzeit von weniger als fünf Jahren und einem professionellen Adressatenkreis ist keine vorherige Zustimmung der Aufsichtsbehörde einzuholen, bei einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren unabhängig vom Adressatenkreis ist in jedem Fall ein öffentliches Angebot anzunehmen und daher eine vorherige Zustimmung der Wertpapieraufsicht einzuholen.
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Für die Auflegung eines Asset Backed European Commercial Paper Programmes sind zusätzlich die Ausnahmeregelungen der irischen Zentralbank zu beachten wie folgt: – Commercial Paper müssen mit einer Mindestdenominierung von 300 000 Euro emittiert und gehandelt werden, wobei diese mit dem entsprechenden Anlagevermögen unterlegt werden müssen. – Es muss mindestens Investment Grade Rating einer angesehenen Ratingagentur vorliegen. – Das Angebotsdokument muss eine Erklärung des Emittenten enthalten, dass diese Papiere gemäß der Ausnahmegenehmigung der irischen Zentralbank gem. § 8(2) des Central Bank Act, 1971 i.V.m. § 31 des Central Bank Act, 1989, geändert gem. § 70 (d) des Central Bank Act, 1997 emittiert wurden und keine Bankeinlagen darstellen und daher weder dem Einlagensicherungssystem noch der Aufsicht der Zentralbank unterliegen. Irland hat mit nahezu 40 Ländern Doppelbesteuerungsabkommen, daher ist zu prüfen, aus welchen Ländern Zinszahlungen erfolgen werden, damit diese entsprechend steuerbefreit deklariert werden können. Darüber hinaus gilt eine so genannte „Eurobond Exemption“, die für die an der Börse zugelassenen Wertpapiere Anwendung findet. Aufgrund diverser weiterer steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten, ist es anzuraten, steuerlichen Rat einzuholen, da die steuerlichen Bestimmungen selten eindeutig formuliert sind, Anfragen werden aber in einem Zeitraum von ca. zwei bis drei Wochen bearbeitet. Nicht-EU-Mitglieder und Nichtansässige Bürger Irlands sind unbeschränkt steuerpflichtig. Stempelsteuer fällt ebenso an wie im Vereinten Königreich.
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Die irische Börse ist bestrebt, möglichst zügig ihre Kommentare zu den Prospekten zuzusenden, und arbeitet an möglichst transparenten Regeln. Die Börse hat sich in den letzten Jahren sehr stark auf Asset Backed Transaktionen, Collateral Debt Obligations sowie Verpackungsstrukturen (Repackaging) spezialisiert, um so etwas das Übergewicht der Luxemburger Börse einzugrenzen.
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Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank
Es gibt mehrere professionelle Verwalter auf Irland, die ihre Dienste bei der Gründung und anschließenden Verwaltung anbieten. Die Gründungskosten belaufen sich auf ca. 10 000 Euro, einer jährlichen Verwaltungsgebühr von ca. 15 000 Euro sowie einer Gebühr von 1 500 Euro für jede Transaktion. Die jährlichen Wirtschaftsprüfergebühren belaufen sich auf ca. 8–12 000 Euro. Für die Auflegung eines Emissionsprogrammes sind mit ca. 25 000 Euro (ungeratet) bzw. 30 000 Euro (geratet) zu rechnen. Die Ziehung einer Tranche kostet zwischen 5 und 15 000 Euro je nachdem, ob geratete oder ungeratete Tranchen gezogen werden sollen oder nicht. d) Niederlande
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Die übliche Gesellschaftsform in den Niederlanden ist eine GmbH („besloten venootschap oder B.V.“), deren Anteile von einer Stiftung gehalten werden. Durch seine Funktion als Finanzierungsvehikel kann es sehr leicht von der Niederländischen Zentralbank (De Nederlandsche Bank NV) als Kreditinstitut eingestuft werden. Um dies zu vermeiden, sind folgende Anforderungen zu erfüllen: – Funding kommt einmal von Dritten, d.h. Wertpapiere werden emittiert und werden bis zu 95 % der Bilanz an Gruppengesellschaften platziert. Eine Garantie oder Patronatserklärung für alle Verpflichtungen des Emissionsvehikels ist von der Muttergesellschaft abzugeben. – Das Funding kann von professionellen Marktteilnehmern kommen, so genannte „professional market parties“ (PMPs), das sind regulierte Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften, Pensionsfonds aus der Europäischen Union, einschließlich der Länder der Osterweiterung, Monaco, Puerto Rico, Saudi Arabien, Türkei, Südkorea, USA, Japan, Australien, Kanada, Mexiko, Neuseeland, Schweiz. Es zählen auch dazu die Zentralregierungen, die internationalen und supranationalen Vereinigungen sowie Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mind. 500 Mio. Euro oder Unternehmen mit einem Eigenkapital von mind. 10 Mio. Euro, die jedoch durchschnittlich zweimal im Monat in den letzten zwei Jahren an den Kapitalmärkten aktiv gewesen sein mussten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, mit der Börse abzuklären, ob die Börse einen ausschließlichen Sekundärhandel mit den PMPs als mit ihrem Regelwerk konform ansehen kann. – Nach der Policy Rule der niederländischen Zentralbank muss das Finanzierungsvehikel Maßnahmen ergriffen haben, um sicherzustellen, dass die emittierten Schuldverschreibungen weiterhin nur von den PMPs gehalten werden. Dazu ist eine Minimumdenominierung von 500 000 Euro erforderlich, die durch die üblichen Clearingsysteme abgewickelt werden müssen, oder das Finanzierungsvehikel hat nicht nur an PMPs emittiert, sondern verpflichtet sich auch, diese nur an PMPs zu veräußern.
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Zur Gründung ist ein Jahresbericht einzureichen bei dem örtlichen Handelsregister, ungeprüft reicht aus, wenn zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt werden: (a) der Wert der Vermögensgegenstände im Hinblick auf Akquisitions- und Produktionskosten in der Bilanz und im Lagebericht betragen nicht mehr als 3,5 Mio. Euro, (b) der Nettoumsatz für das laufende Geschäftsjahr liegt nicht über 7 Mio. Euro und (c) die durchschnittliche Mitarbeiterzahl ergibt weniger als 50 Mitarbeiter.
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In ca. drei bis vier Wochen kann die Erklärung des Justizministeriums vorliegen, dass keine Einwände gegen die Gründung vorliegen. Im Jahre 2001 wurden einige Steuerverordnungen erlassen, die insbesondere Finanzierungsgesellschaften betreffen, deren primäre Aktivitäten nur darauf abzielen, Zinsen zu erhalten und zu zahlen. Danach sind niederländische Finanzierungsgesellschaften nur steuerbefreit, wenn zum einen genügend nachhaltiges Geschäftsinteresse in den Niederlanden zu bejahen ist und wenn das ökonomische Risiko einer Transaktion von der Gesellschaft dargestellt werden kann. Nachhaltiges Geschäftsinteresse ist dann anzunehmen, wenn mindestens die Häfte der Geschäftsführung in den Niederlanden ansässig ist, die wichtigsten Gesellschaftsentscheidungen in den Niederlanden getroffen werden und die Bücher vor Ort vorgehalten werden. Das zweite Kriterium kann der Muttergesellschaft Geld kosten, da die B.V. ein eingezahltes Kapital von mindestens 1 % der ausstehenden Schuldverschreibungen haben soll, max. bis zu 2 Mio. Euro. Die derzeitige Eigenkapitalausstattung ist mit 18 000 Euro vorgeschrieben. Falls die B.V. nur die Nettoerlöse an andere Gruppengesellschaften per Kredit ausgibt, können die Steuerbehörden die Funktion der Gesellschaft hinterfragen. Daher ist es vor diesem Hintergrund aktueller Diskussionen anzuraten, ausreichend Zeit für die Abklärung dieser Fragen einzuplanen.
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Grundsätzlich besteht eine Körperschaftsteuer für die B.V. von 34,5 % (wobei für die ersten 22 689 Euro bereits 29 % anfallen) auf seinen steuerbaren Gewinn. Darüber hinaus entfallen keine Steuern auf die Zinszahlungen, es ei denn, die Schuldverschreibungen sind eigenkapitalähnlich; dies kann bei Laufzeiten von 10 Jahren und mehr bereits der Fall sein. Auch hier ist anzuraten, möglichst frühzeitig eine Klärung mit den Behörden herbeizuführen.
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Dennoch sind die Niederlande seit längerem ein sehr gut etabliertes Finanzzentrum mit versierten Gesellschaften und Verwaltern vor Ort. Gründungskosten belaufen sich auf ca. 5 000 Euro, jährliche Verwaltungskosten betragen ca. 7–8 000 Euro.
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e) Luxemburg Die am häufigsten gewählte Gesellschaftsform in Luxemburg ist die GmbH („société anonyme“), deren Anteile von jeder juristischen oder privaten Person gehalten werden können, entweder in ihrem eigenen Namen oder als Treuhänder. Die S.A. kann genutzt werden als Gruppengesellschaft oder von nicht zur Gruppe gehörenden Dritten („orphan company“). Es muss eine jährliche Prüfung durch die Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden. Vor der Eintragung ist es anzuraten, der örtlichen Finanzaufsicht („Commission de Surveillance du Secteur Financier“ (CSSF)) die Gründungsdokumente vorzulegen, um sicherzustellen, dass die S.A. nicht unter ihre Aufsicht fällt. Dies kann ca. zwei bis vier Wochen in Anspruch nehmen.
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Ansonsten kann die S.A. innerhalb weniger Tage gegründet und registriert werden. Neben der Satzung ist auch eine Bankbestätigung vorzulegen, dass die entsprechenden Kapitalia eingezahlt und der Geschäfstführung zur Verfügung stehen. Die Minimumkapitalisierung beläuft sich auf 31 000 Euro.
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Für die entsprechende günstigere steuerliche Behandlung (s. unten Rz. 34) ist es notwendig, dass das Eigenkapital mindestens 125 000 Euro beträgt, darüber hinaus muss
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Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank
es Wertpapiere emittieren, die an mehr als einen Investor ausgegeben werden. Die S.A. unterliegt einer allgemeinen Kapitalertragsteuer von derzeit 30,38 % auf den ausgewiesenen Gewinn. 33
Die Steuerbehörden können aber die S.A. mit drei Basispunkten bezogen auf das ausstehende Emissionsvolumen von mehr als 400 Mio. Euro veranschlagen. Bei einem unter 400 Mio. Euro liegenden Emissionsvolumen werden sechs Basispunkte veranschlagt.
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Für eine S.A. mit einem Eigenkapital von 31 000 Euro fallen 2 200 Euro an, hinzu kommen noch zusätzliche Kosten wie Veröffentlichungen und sonstige Verwaltungsgebühren von ca. 2 500 Euro. Rechtsanwaltsgebühren für die Auflegung eines Emissionsprogrammes fallen mit ca. 45–55 000 Euro an.
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Generell zu den hier besprochenen Ländern kann gesagt werden, dass die Ratingagenturen Emissionen dieser Länder positiv gegenüber stehen und einschlägige Erfahrungen mit diesen haben.
II. Ausgewählte Beispiele von Anleihen 36
In dem folgenden Abschnitt soll nun auf einige Formen der Anleihebegebung eingegangen werden.
1. Debt Issuance (DIP) oder Euro Medium Term Note Programme (EMTN) a) Sinn und Zweck für den Emittenten 37
Beide bezeichnen eine Form von auf den Emittenten zugeschnittenen Dokumentationsprogrammen (s. § 15 Rz. 7), die besonders für häufig am Kapitalmarkt sich refinanzierende Schuldner und deren Finanzierungsvehikel geeignet sind, da sie nur einmal aufgelegt und jährlich aktualisiert werden müssen. Damit kann es dem Emittenten ermöglicht werden, eine optimale, kurzfristige und flexible Ausführung seiner Funding-Interessen wahrzunehmen. Wichtig ist zu erwähnen, dass diese Programme als Rahmenprogramme anzusehen sind und keine Verpflichtung zur Begebung von Transaktionen beinhalten. Nach Einführung der Prospectus Directive und Umsetzung in Deutschland durch das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) (s. § 30 Rz. 2) sieht § 6 WpPG für die Emission von Nichtdividendenwerten (z.B. Inhaberschuldverschreibungen, Obligationen, Derivate) die Möglichkeit eines Basisprospektes vor (s. § 30 Rz. 13, 14). Dieser kann von der zuständigen Aufsichtsbehörde gebilligt und in weitere europäische Länder notifiziert werden, um eine möglichst weite Platzierung in Europa zu erzielen. Auch wenn die erstmalige Auflegung eines Standardprogrammes mit Kosten im Bereich von ca. 110 000 Euro (einschließlich Druckkosten) unter Deutschem Recht veranschlagt werden muss, ist die einzelne Tranche erheblich günstiger und die Dokumentation bereits mit verschiedenen teilnehmenden Banken (so genannte Dealer) vorab besprochen und vereinbart. Die jährliche Aktualisierung des Programmes erfolgt gem. § 10 WpPG, hierfür sollten Anwaltskosten von maximal 20 000 Euro veranschlagt werden.
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b) Vermarktung – Platzierung – Investoren Unter einem EMTN–Programm können sowohl Privatplatzierungen als auch syndizierte Anleihen begeben werden. Bei Privatplatzierungen hält ein Investor bis zum Ende der Laufzeit die Papiere im Portfolio, eine Börsenzulassung ist meist aus diesem Grunde nicht notwendig. Die Umsetzung der EU-Prospectus-Directive erlaubt außerhalb des Börsenhandels gem. § 3 Abs. 2 WpPG keine Unterscheidung eines Primär- und Sekundärmarktes mehr, es kommt nur noch darauf an, wer Adressat des öffentlichen Angebots ist und ob es sich um ein öffentliches Angebot handelt (s. § 30 Rz. 4). Adressaten werden in so genannte Qualifizierte Anleger (Institutionelle Investoren) und in so genannte Nicht Qualifizierte Anleger (so genannte Retail Kunden) unterschieden. Darauf zielt insbesondere der Inhalt des Prospektes ab. Bei einer Stückelung des Wertpapiers von weniger als 50 000 Euro gelten weitergehende Anforderungen an die Risikoaufklärung und das Informationsbedürfnis des Kunden. Bei einer Mindeststückelung von 50 000 Euro besteht gem. § 3 Abs. 2 Nr. 4 WpPG keine Prospektpflicht bzw. dies gilt auch bei einem Angebot, das sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet. Sofern eine Zulassung an einem organisierten Markt erfolgt, sind nach der ProspektVO (VO (EG) Nr. 809/2004) bei einer Mindeststückelung von 50 000 Euro weniger weitgehende Mindestangaben erforderlich als bei einer geringeren Stückelung. Zudem erlaubt eine Mindeststückelung von 50 000 Euro bei einer Notifizierung eines im Ausland gebilligten Prospekts nach Deutschland hinein den Verzicht auf eine deutschsprachige Zusammenfassung (§ 19 Abs. 5 WpPG).
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c) Dokumentation des Programmes Neben dem Prospekt, gibt es das so genannte Dealer Agreement, das den Vertrag mit den zu beteiligenden Banken darstellt. Darüber hinaus sind einige wichtige Bedingungen (so genannte „conditions precedents“) einzuhalten:
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– Gremienbeschlüsse für die Auflegung des Programmes; – Rechtsgutachten der Rechtsanwälte des Emittenten im Zusammenhang mit der Gründung und Existenz des Vehikels oder/und des Emittenten je nach Rechtswahl; – Rechtsgutachten der Rechtsanwälte der Dealer Banken im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Auflegung des Programmes (s. § 29 Rz. 2 ff.); – Comfort Letter der Wirtschaftsprüfer des Emittenten hinsichtlich der Richtigkeit der im Prospekt verwendeten Finanzzahlen (s. § 28 Comfort Letter).
2. „Stand Alone“-Anleihen („Ewige Anleihe“) Anstelle oder neben der Emission des oben dargestellten EMTN-Programmes kann natürlich ein Emittent auch Stand Alone-Bonds begeben, falls die Gesellschaft kein so großes Volumen an Fremdkapitalia benötigt, da Programme nur sinnvoll sein können, wenn sie wegen der oben dargestellten Kostenersparnis in mehreren Milliarden aufgelegt werden. Selbstverständlich kann anstelle eines Programmes, wenn keine häufige Verschuldung am Kapitalmarkt gesucht wird, auch ein so genannter Stand alone Bond emittiert werden. Hier soll nun auf ein bestimmtes Beispiel einer so genannten „ewigen“ Anleihe eingegangen werden, die Eigenkapitalcharakter aufweist und als Stand Alone-Anleihe begeben werden kann. Interessant war es, die Frage aufRühlmann
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zuwerfen, inwieweit es überhaupt ewige Anleihen unter deutschem Recht gibt und nicht im Zweifel eine maximale Laufzeit von dreißig Jahren zu bejahen sein kann. 41
Unter ewigen Anleihen versteht man Anleihen, die kein Fälligkeitsdatum aufweisen, also ewig laufen. Der Gläubiger erhält zwar Zinsen, aber es besteht kein Endfälligkeitsdatum. Das bedeutet, es besteht keine Rückzahlungspflicht des Emittenten1. Eine Rückzahlung erfolgt erst bei Liquidation des Emittenten und damit kommt diese Anleiheform dem Eigenkapital sehr nahe. Gem. der §§ 793 bis 808 BGB werden zwar im deutschen Recht die Inhaberschuldverschreibungen geregelt, aber es gibt keine eindeutige Regelung, dass eine Inhaberschuldverschreibung ein Fälligkeitsdatum zu ihrer Wirksamkeit benötigt. Eine analoge Anwendung von § 801 BGB kann verneint werden, da hier nur Vorlegungs- und Verjährungsfristen gemeint sind. Das bedeutet, dass eine Verjährungsfrist nur beginnen kann, wenn ein Fälligkeitsdatum festgelegt wurde. Dies ist nicht gegeben, insbesondere dann nicht, wenn keine Kündigung des Emittenten ausgesprochen worden ist.
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Ein weiterer interessanter Gedanke war die Frage, inwieweit eine ewige Anleihe in Hinblick auf das Verbraucherschutzrecht gegen geltendes Recht verstößt mit der Begründung, das eingesetzte Kapital wird nicht mehr zurückgezahlt, es sei denn, der Emittent nutzt sein Kündigungsrecht. Dieses Recht der vorzeitigen Rückzahlung erhält er üblicherweise in den Anleihebedingungen, da er bei einer für ihn günstigeren Zinssituation diese Anleihe kündigen und sich einer niedrigeren Verzinsung zuwenden wird. Dieses Recht hat der Anleihegläubiger nicht. Hier soll nicht die Diskussion dargestellt werden, ob überhaupt der Verbraucherschutzgedanke auf Anleihen anwendbar ist. Es besteht jederzeit die Möglichkeit unter deutschem Recht aus wichtigen Grund zu kündigen, daher haben die Anleihegläubiger jede Form des Rechts ihren Anteil an der Anleihe zu kündigen, wenn der Emittent seine Kardinalpflichten aus der Inhaberschuldverschreibung verletzt hat.
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Während derzeit keine aktuelle Rechtsprechung zu den ewigen Anleihen zu verzeichnen ist, kann dennoch eine höchstrichterliche Entscheidung angeführt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 5.2.2002 zum ersten Mal die Möglichkeit einer ewigen Anleihe genannt2.
3. Going Public Bond als eine Verbindung zwischen Fremd- und Eigenkapital 44
Von einem Going Public Bond kann man sprechen, wenn eine Wandelschuldverschreibung begeben werden soll, die Gesellschaft zum Begebungszeitpunkt aber noch keine Aktien im Streubesitz (Free Float) an den Börsen eingeführt bzw. platziert hat. Die Wandlungsmöglichkeit in Aktien kann daher erst nach einem Börsengang und ausreichendem Streubesitz den Wandelschuldverschreibungsgläubigern eingerichtet werden. a) Sinn und Zweck für den Emittenten
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Es kann sich als sinnvoll für den Emittenten bzw. die dahinterstehende Muttergesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft erweisen, einen Going Public Bond zu 1 Hartwig-Jacob, S. 45. 2 BVerfG v. 5.2.2002 – BvR 305/93, NJW 2002, 3009 ff.
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Anleiheemissionen aus Sicht der Investmentbank
begeben. Üblicherweise wird dies in Form einer Wandelschuldverschreibung erfolgen, die in § 10 als Anleiheform näher dargelegt wird und daher hier nicht näher behandelt werden soll. Hier soll die öffentliche Wahrnehmung der Gesellschaft im Vorfeld eines Börsengangs gesteigert, neue Investorenkreise sollen erschlossen werden und die Entschlossenheit der Gesellschaft kann damit untermauert werden, den Börsengang wirklich ernst zu nehmen. In einem Beispielsfall war es dazu erforderlich mangels zugelassenem bedingten Kapital zunächst eine gewöhnliche Inhaberschuldverschreibung zu begeben mit einem Strafaufschlag im Kupon für die kurze Laufzeit. Diese Inhaberschuldverschreibung wurde mit dem Tag der Eintragung des bedingten Kapitals der Gesellschaft in das Handelsregister automatisch eine Wandelschuldverschreibung. Diese Wandelschuldverschreibung sah eine theoretische Wandlungsmöglichkeit in Aktien vor, sobald diese an der Börse zugelassen worden waren. Von entscheidender Bedeutung ist hier, um den Druck im Zeitpunkt einer möglichen Wandlung auf die Aktie zu vermeiden, mindestens 3 1/ 2 mal so viele Aktien über dem bestehenden Streubesitz zu begeben. Daher musste in den Bedingungen eine Regelung aufgenommen werden, die die Emittentin verpflichtet hat, Inhaberschuldverschreibungen zurückzukaufen, falls nicht ausreichend Aktien vorliegen sollten. Die Anleihebedingungen waren mit entsprechenden Sicherungsmechanismen versehen worden, zum einen sahen die Bedingungen eine Obergrenze (cap) im Volumen der Anleihe vor, zum anderen bestand eine Beschränkung auf eine Mindestzahl von Investoren, die nicht mehr als einen bestimmten Prozentsatz des Anleihevolumens erwerben durften. b) Platzierung – Art der Investoren Ausgehend von einer kleinen Zahl von Aktionären bestand mit diesem Instrument die Möglichkeit, eine neue Investorenklasse national wie international zu erschließen, da Wandelschuldverschreibungen völlig andere Investoren ansprechen als reine Aktieninvestoren. Die Anleihe war auch fünfmal bei ihrer Auflegung überzeichnet durch die win win–Situation im Hinblick auf den für beide Seiten vorteilhaften Zinskupon. Da die Gesellschaft über keine ausreichende Publizität von Research-Reports verfügte, war ein Credit Research erstellt worden, der aber auch die equity story im Rahmen der Management Discussion & Analysis (also der Darstellung und Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage durch das Management) diskutierte und auf die Geschäftsentwicklung der Zukunft einging. Auf Basis dieses Credit Research wurde auch zum Closing der Transaktion ein A-Rating von Standard & Poors vergeben.
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c) Rechtliche Dokumentation Durch die Mischform der Anleihe zwischen Bond und Aktien war es auch erforderlich, drei Jahre Finanzzahlen in den Prospekt aufzunehmen, neben einem deutschen Prospekt wurde auch ein International Offering Circular (s. § 30 Rz. 80–82) für eine europäische Privatplatzierung sowie für eine Rule 144A Privatplatzierung in die USA erstellt. Der Due Diligence Prozess wurde detaillierter geführt wie bei einer Aktienplatzierung und neben einem Übernahmevertrag gab es sowohl von den Anwälten der Emittentin/Garantin als auch von den Vertretern der Banken Rechtsgutachten nach deutschem Recht sowie amerikanische Rule 10b 5 Opinions (s. § 29 Rz. 50 ff.). Darüber hinaus gab es für die verschiedenen Prospekte Comfort Letter. Rühlmann
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§ 15 Anleihen Stephan Hutter* I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Anleihetypen und -merkmale . . . 1. Inhaber- und Namensschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . 2. Internationale Anleihen . . . . . . . 3. Emissions- und Angebotsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hybridanleihen . . . . . . . . . . . . 5. Rating: Investment Grade Anleihen vs. High Yield Bonds . . . . . . . . . 6. Zinsen a) Feste und variable Zinsen . . . . b) Nullkupon-Anleihen . . . . . . . 7. Laufzeit und ordentliches Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rückzahlung . . . . . . . . . . . . .
2
III. Anwendbares Recht und Gerichtsbarkeit 1. Anwendbares Recht a) Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . IV. Besicherung . . . . . . . . . . . . . . 1. Personalsicherheiten . . . . . . . . . a) Garantien . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Problem der strukturellen Nachrangigkeit (structural subordination) bei High-Yield-Anleihen . . . . bb) Überwindung durch Upstream-Garantien . . . . . . cc) Betragsmäßige Beschränkungen (limitation language) . . . . . . . . . . . . . . b) Bürgschaften . . . . . . . . . . . . c) Patronatserklärungen . . . . . . . 2. Realsicherheiten . . . . . . . . . . . a) Grundsicherheiten . . . . . . . . b) Pfandrechte . . . . . . . . . . . . 3. Negativerklärung . . . . . . . . . . .
3 4 7 11 13 16 19 21 24
26 28 34 35 38 39
40 41 42 43 44 45 46 47 48
4. Rangklausel . . . . . . . . . . . . . 5. Drittverzugsklausel . . . . . . . . 6. Finanzielle Zusicherungen . . . . 7. Fusionen und Übernahmen . . . . 8. Weitere Zusicherungen bei HighYield-Anleihen a) Beschränkungen der Mittelverwendung . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschafterwechsel . . . . . c) Verkauf von Anlagegütern . . . d) Informationspflicht . . . . . . . e) Weitere Zusicherungen . . . .
. . . .
49 52 54 58
. . . . .
59 60 61 62 63
V. Vertragsbeziehungen . . . . . . . . . 1. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsbeziehungen zwischen den Konsortialbanken . . . . . . . . . . . 3. Vertrags- und sonstige Rechtsbeziehungen zwischen dem Konsortium und den Anlegern . . . . . . . . . . . 4. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Anlegern . . . 5. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und der Zahlstelle . . . 6. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und dem Treuhänder . 7. Vertragsbeziehungen im Fall einer kombinierten Bank-/Bondfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
65 66
67 69 72 73
74
VI. Änderung der Anleihebedingungen 1. Schuldnerwechsel . . . . . . . . . . 2. Ersetzung des Treuhänders . . . . . 3. Änderung der Zahlstellen . . . . . . 4. Änderung von Sicherheiten . . . . . 5. Änderung durch Gesetz . . . . . . .
75 76 77 78 79 80
VII. Wahrnehmung der Rechte der Anleihegläubiger 1. Kollektive Interessenwahrnehmung durch die Gläubigerversammlung . a) Gesetzliche Regelung . . . . . .
81 82
* Frau Rechtsanwältin Dr. Katja Kaulamo, Herrn Rechtsanwalt Florian Stürwald und Attorney-at-law Marc Plepelits danke ich für ihre wertvolle Mitarbeit bei der Erstellung dieses Beitrags. Meinem verstorbenen Partner Johann Georg Mühlmann gewidmet.
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§ 15
Anleihen b) Vertragliche Regelung in den Anleihebedingungen . . . . . . . 2. Interessenwahrnehmung durch den Anleihetreuhänder . . . . . . . . . . a) Treuhandvertrag . . . . . . . . . . b) Aufgaben des Anleihetreuhänders . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung des Anleihetreuhänders
85 90 91 93 94
d) Änderung des Treuhandvertrags . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Individuelle Interessenwahrnehmung durch die einzelnen Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. So genannte Defeasance und Satisfaction and Discharge bei High-Yield-Anleihen . . . . . . . . . 102
Schrifttum: Achleitner, Handbuch Investment Banking, 3. Aufl. 2002; Ackermann/Jäckle, Ratingverfahren aus Emittentensicht, BB 2006, 878; Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004; Bergfort, Schuldverschreibungsrecht – Die überfällige Reform, die bank 2006, 24; Bezzenberger, Das Verbot des Zinseszinses, WM 2002, 1617; Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, 2004; Bungert, Wertpapierbedingungen und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, DZWIR 1996, 185; Claussen, Bank- und Börsenrecht, 4. Aufl. 2008; Cranshaw, Fragen der gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen aus ausländischen Staatsanleihen in der Krise des Schuldners, DZWIR 2007, 133; Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2004; Gottschalk, Emissionsbedingungen und AGB-Recht, ZIP 2006, 1121; Gruson/Harrer, Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarungen sowie Bedeutung des AGB-Gesetzes bei DM-Auslandsanleihen auf dem deutschen Markt, ZBB 1996, 37; Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, 2003; Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, 2001; Häuselmann, Bilanzielle und steuerliche Erfassung von Hybridanleihen, BB 2007, 931; Häuser/Welter, Neues Recht der Darlehenskündigung, NJW 1987, 17; Hoffmann/Baron, Emission und Dokumentation von High–Yield-Anleihen europäischer Unternehmen in der Marktpraxis, ZBB 2005, 317; Hopt, Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG, FS Steindorff, 1990, S. 341; Hopt/Mülbert, Die Darlehenskündigung nach § 609a BGB, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 3, 5; Horn, Europäisches Finanzmarktrecht, 2003; Joussen, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen nach dem AGBG, WM 1995, 1861; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, 1994; Klerx/Penzlin, Schuldverschreibungsgesetz von 1899 – ein Jahrhundertfund?, BB 2004, 791; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2003; Kullmann/Sester, Inhalt und Format von Emissionsprospekten nach dem WpPG, ZBB 2005, 209; Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), WM 2005, 1068; Kusserow/Dittrich, Die Begebung von High Yield-Anleihen unter deutschem Recht, WM 2000, 745; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002; Lutter/ Scheffler/U.H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, 1998; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, 2001; Müller-Eising/Bode, Zivilrechtliche Probleme bei der Emission ewiger Anleihen, BKR 2006, 480; Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 3, §§ 433 – 610, 4. Aufl. 2004; Nölling/Jendruschewitz, Hybrid Anleihen: Dauerhafte Alternative in der Unternehmensfinanzierung?, Finanz Betrieb 2006, 435; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Aufl. 2007; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, 3. Aufl. 2007; Schrell/Kirchner, Strukturelle und vertragliche Subordination, BKR 2004, 212; Schrell/ Kirchner, Akquisitionsfinanzierung mit Hilfe eines Vertreters ohne Vertretungsmacht, ZBB 2002, 230; Sester, Hybrid Anleihen: Wirtschaftliches Eigenkapital für Aktiengesellschaften, ZBB 2006, 443; Sester, Argentinische Staatsanleihen: Schicksal der „Hold Outs“ nach Wegfall des Staatsnotstands, NJW 2006, 2891; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, 1997; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, §§ 315–326, 2004; Stucke, Die Rechte der Gläubiger bei DM-Auslandsanleihen, 1998; Than, Anleihegläubigerversammlung bei DMAuslandsanleihen?, FS Coing, 1982, S. 521; Thomas, Die Unternehmensfinanzierung durch ewige Anleihen zwischen Gesellschaftsrecht und Bürgerlichem Recht, ZHR 171 (2007), 684; Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG Großkommentar, Band II, §§ 29–52, 2006; Ulmer/Ihrig, Ein neuer Anleihetyp: Zero-Bonds, ZIP 1985, 1169; Vater, Ewige Anleihen: Funktionsweise, Einsatzzweck und Ausgestaltung, Finanz Betrieb 2006, 44; E. Vetter, Rechtsprobleme des externen Ratings, WM 2004, 1701; Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger und ihre Vertretung nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 1999; von Hein, Voraussetzungen und Umfang des Immunitätsverzichts in Staatsanleihen, IPRax 2007, 399; Werning, Die Null-Kupon-
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§ 15
Anleihen
Anleihe als Finanzierungs- und Anlageform unter besonderer Berücksichtigung steuerlicher Aspekte, 1992; Winkeljohann/Wohlschlegel/Dorenkamp, Restrukturierung von Unternehmensanleihen mit dem Schuldverschreibungsgesetz: Kapitalmarkthemmnis oder effizienter Insolvenzschutz?, WPg 2005, 562.
I. Einführung 1
Unter dem Begriff „Anleihen“ werden verzinsliche Schuldverschreibungen verstanden, die am Kapitalmarkt platziert werden1. Anleihen sind Wertpapiere, die in Serie zu gleichen Bedingungen ausgegeben werden, und in denen der Schuldner den Geldgebern Rückzahlung und Verzinsung einer bestimmten Geldsumme zu den im Voraus festgelegten Bedingungen verspricht. Die Anleihe als Finanzierungsinstrument kann wirtschaftlich als ein in Teilbeträge aufgeteiltes und langfristiges Großdarlehen auf einheitlicher Grundlage betrachtet werden2. Gestützt auf die Anleihebedingungen, welche die Leistungspflicht des Emittenten definieren, tritt ein Unternehmen als Anleihenehmer in Rechtsbeziehung mit einer Vielzahl von Geldgebern. Die einzelnen Forderungsrechte sind hinsichtlich ihres Bestandes und ihrer Ausübung grundsätzlich voneinander unabhängig, können also jeweils für sich allein, ohne Mitwirkung der übrigen Gläubiger, geltend gemacht werden. Nur wo das Gesetz oder die Anleihebedingungen eine andere Regelung treffen, wird die individuelle Rechtsausübung durch kollektives Handeln überlagert3. Die den Gegenstand dieses Kapitels bildenden Unternehmensanleihen werden entweder öffentlich zur Zeichnung angeboten oder auf dem Weg der Privatplatzierung einem ausgewählten Investorenkreis angeboten. Hinzu tritt oftmals auch eine mit der Emission einhergehende oder dieser nachgelagerte Börsenzulassung der Anleihen.
II. Anleihetypen und -merkmale 2
Die zunehmende Bedeutung der internationalen Anleihen als Kapitalbeschaffungsinstrument von privaten Unternehmen aller Art hat im Laufe der Jahrzehnte zu einer Fülle verschiedener Anleihetypen mit entsprechend vielfältigen Anleihemodalitäten geführt, von denen im Folgenden die aus Unternehmenssicht4 wesentlichsten Typen und Merkmale vorgestellt werden.
1. Inhaber- und Namensschuldverschreibungen 3
Die Forderung des Anleihegläubigers wird in der Praxis stets in einem Wertpapier verbrieft. Nach Verbriefungsform unterscheidet man hauptsächlich zwischen Inhaber- und Namensschuldverschreibungen5. Die Inhaberschuldverschreibungen sind 1 2 3 4
Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rz. 137; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/155. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 20. Vgl. dazu unten Rz. 81 ff. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf Anleihen, die von Unternehmen emittiert werden. Zu rechtlichen Problemen bei Staatsanleihen s. zum Beispiel Cranshaw, DZWIR 2007, 133; Sester, NJW 2006, 2891 und von Hein, IPRax 2007, 399. 5 Daneben gibt es auch Orderschuldverschreibungen (vgl. § 363 HGB); s. dazu Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/172.
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§ 15
Anleihen
in den §§ 793 ff. BGB gesetzlich geregelt und stellen im inländischen und internationalen Anleihemarkt den Regelfall dar, womit die Möglichkeit der einfachen Übertragung sichergestellt werden kann6. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt aufgrund von Bestimmungen des US-amerikanischen Steuerrechts7 für in den USA begebene Namenspapiere (registered bonds). Für Namensschuldverschreibungen gibt es – anders als für die Ausgabe von Namensaktien – in Deutschland keine systematische gesetzliche Regelung.
2. Internationale Anleihen Im weitesten Sinne ist jede Anleihe „international“, die hinsichtlich des Platzierungsplatzes, des Emittentensitzes oder der Währung einen Auslandsbezug aufweist8. Internationale Anleihen können in klassische Auslandsanleihen und Euroanleihen (Eurobonds) aufgeteilt werden. Legt ein ausländischer Emittent eine Anleihe im Inland in der Landeswährung auf, so handelt es sich um eine Auslandsanleihe (foreign bonds). Sie kennzeichnet die traditionelle Form der Kapitalbeschaffung im Ausland über den Weg der Wertpapieremission und wird daher als klassische Auslandsanleihe bezeichnet. Aus deutscher Sicht liegt eine Auslandsanleihe vor, wenn ein ausländisches Unternehmen (hierzu gehören auch ausländische Finanzierungstochtergesellschaften einer deutschen Muttergesellschaft) unter Konsortialführung eines deutschen Kreditinstituts eine in der gesetzlichen Währung der Bundesrepublik Deutschland denominierte Anleihe begibt, so genannte Euro-Auslandsanleihe9. Sie dürfen nicht mit den nachfolgend beschriebenen Euroanleihen (Eurobonds) verwechselt werden. Eindeutig Auslandsanleihen im klassischen Sinn sind die auf Euro lautenden Anleihen von Emittenten mit Sitz außerhalb der Eurozone.
4
Als Euroanleihen (Eurobonds) werden üblicherweise Schuldverschreibungen bezeichnet, die auf eine andere Währung lauten als die Landeswährung des Staates, in dem sie emittiert werden. Der Begriff „Euro“ erklärt sich rein historisch, da diese Anleihen zuerst in der Europäischen Gemeinschaft aufkamen und hat nichts damit zu tun, dass die Anleihen stets auf Euro als Währung lauten oder nur in den Mitgliedstaaten der EU emittiert werden10. Euroanleihen werden in der Regel von einem international zusammengesetzten Bankenkonsortium übernommen und gleichzeitig unter einheitlichen Bedingungen auf den Kapitalmärkten mehrerer Länder unterge-
5
6 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 22; Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 513; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/171. Die Anleihepapiere einer Serie können entweder als einzelne Urkunden oder – wie in der Praxis üblich – als Globalurkunde ausgegeben werden. In letzterem Fall erwirbt der Anleihegläubiger einen Miteigentumsanteil an der Globalurkunde. Vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 23. 7 Diese Bestimmungen gehen u.a. auf den Tax Equity and Fiscal Responsibility Act of 1982 („TEFRA“) zurück. 8 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 26. Der Begriff der internationalen Anleihe wird hier als Oberbegriff für die im Folgenden beschriebenen Anleihetypen verwandt. 9 Vor der Einführung des Euro war der Begriff „DM-Auslandsanleihe“ gebräuchlich, vgl. Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 7; Vogel, Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S. 261; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.183 ff.; Than in FS Coing, S. 521. 10 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.32; Vogel, Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S. 300.
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Anleihen
bracht. Aus dem Umstand, dass sich das Bankenkonsortium aus Banken mehrerer Länder zusammensetzt, kann geschlossen werden, dass Anleger aus verschiedenen Staaten zur Zeichnung gewonnen werden sollen, was gleichzeitig zu einer großen Platzierungskraft führt. In der Praxis werden nur Währungen für Euroanleihen herangezogen, in denen internationale Geld- und Kapitaltransaktionen größeren Umfangs regelmäßig abgewickelt werden11. 6
Nicht mit den Euroanleihen sind so genannte Globalanleihen (global bonds) zu verwechseln. Letztere sind eine erstmals für den Markt der internationalen US-DollarAnleihen entwickelte Gestaltungsform. Man versteht darunter internationale Anleihen erstklassiger Emittenten, die sowohl öffentlich im Land der Anleihewährung, als auch international platziert werden können12. Diese Anleihen werden in der Regel rund um die Uhr gehandelt, was angesichts des aktiven Portfolio-Managements von institutionellen Investoren besonders geschätzt wird. Der Ausdruck Globalanleihe beruht nicht auf der globalen Verbriefung, sondern auf dem Konzept einer weltweiten Platzierung. So können auf US-Dollar lautende Globalanleihen sowohl in den USA als auch in Europa und Asien gleichzeitig öffentlich platziert werden. Diese Idee kann auch auf den Euroanleihemarkt übertragen werden, weil das wichtigste Element einer Globalanleihe, nämlich die Platzierung sowohl im Heimatmarkt der Währung als auch international, zumeist ohnehin erfüllt ist. Die Praxis geht bei Euroanleihen allerdings davon aus, dass diese im Gegensatz zu den Globalanleihen bei der Emission nicht nach den US-amerikanischen Wertpapiervorschriften registriert werden13.
3. Emissions- und Angebotsprogramme 7
Emissions- bzw. Angebotsprogramme sind Rahmenvertragswerke für die Begebung von Schuldverschreibungen verschiedenster Ausstattung in Form der Privatplatzierung oder auch eines öffentlichen Angebots.
8
Seit längerer Zeit gibt es im US-Markt Emissionsprogramme (so genannte shelf registrations) für die Ausgabe von Commercial Paper, d.h. kurzfristige Schuldverschreibungen – meist in Form von Inhaberpapieren – mit Laufzeiten von bis zu neun Monaten14, und solche für die Ausgabe länger laufender Schuldverschreibungen, die grundsätzlich aus Gründen des US-Steuerrechts in Form von Namenspapieren (registered bonds) begeben werden15. Man spricht bei Ersteren von Commercial Paper (CP) Programs und bei Letzteren von Medium Term Note (MTN) Programs. Durch diese Programme wird die Begebung von Anleihen bis zu einem definierten Höchstbetrag autorisiert. 11 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 28 f. 12 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/96 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 30 f. 13 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 32; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/96. 14 Bei Ausgabe von Commercial Paper in den USA ist zu beachten, dass der Erlös aus der Emission aktuellen Transaktionen zufließen muss und nur für solche Transaktionen verwendet werden darf, um unter eine Ausnahme von den Registrierungsvorschriften für Wertpapiere gemäß dem Securities Act of 1933 zu fallen. Ferner gilt für den US-amerikanischen Markt eine Laufzeitbegrenzung auf neun Monate. 15 US-amerikanische Anleihen lauten nahezu sämtlich auf den Namen der Cede & Co, als Vertreter der Depository Trust Company (DTC).
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Anleihen
Bei Verwendung des Modells außerhalb des US-Kapitalmarkts ist die Bezeichnung nicht selten Euro-CP bzw. Euro-MTN Program. Medium Term Notes im Euro-Markt sind, wie CP und Anleiheschuldverschreibungen im internationalen Markt und anders als MTNs in den USA, überwiegend Inhaberschuldverschreibungen. Das im Zuge der Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie16 erlassene Wertpapierprospektgesetz (WpPG) führte zum 1.7.2005 den Begriff des Angebotsprogramms ausdrücklich auch in das deutsche Recht ein: Unter einem Angebotsprogramm versteht man gem. § 2 Nr. 5 WpPG einen Plan, der es erlaubt, Nichtdividendenwerte ähnlicher Art oder Gattung sowie Optionsscheine jeder Art dauernd oder wiederholt während eines bestimmten Emissionszeitraums zu begeben. Der Begriff umfasst sowohl typische Anleihen als auch derivative Wertpapiere jeglicher Art, d.h. Optionsscheine, Zertifikate sowie sonstige strukturierte Produkte17. Für diese Arten von Wertpapieren ist es dem Emittenten gestattet, einen so genannten Basisprospekt im Sinne des § 6 WpPG zu erstellen. Ein Basisprospekt zeichnet sich dadurch aus, dass er die endgültigen Bedingungen des Angebots nicht enthalten muss. Insofern entspricht das Konzept eines Basisprospekts für ein Angebotsprogramm der aus dem US-Markt bekannten shelf registration für dortige Emissionsprogramme: Beide Programme bezwecken in erster Linie die Rationalisierung, Flexibilisierung und Verbilligung der Fremdkapitalaufnahme18. Auch die Dokumentation der einzelnen Anleihebegebungen wird vereinfacht und vereinheitlicht. Für eine Darstellung der Prospektanforderungen wird auf § 30 verwiesen.
9
Die Emissionsprogramme deutscher Unternehmen oder Unternehmensgruppen unterliegen in der Regel deutschem oder – abhängig vom jeweiligen Platzierungsmarkt – englischem oder New Yorker Recht. Emissionsbedingungen nach deutschem Recht sind oft in deutscher und englischer Sprache verfasst, wobei die deutsche Fassung rechtsverbindlich ist.
10
4. Hybridanleihen Auch deutsche Emittenten greifen zunehmend auf innovative Finanzierungsinstrumente zurück, bei denen die Grenze zwischen der Finanzierung mit Eigenkapital und mit Fremdkapital verwischt. Ein solches Finanzierungsinstrument sind Hybridanleihen, die auf Grund der unbegrenzten (bzw. sehr langen) Laufzeit auch als ewige Anleihen bzw. auf Grund der typischerweise enthaltenen Nachrangklausel19 als Nachranganleihen bezeichnet werden. Hybridanleihen haben somit entweder gar kein Fälligkeitsdatum oder sehr lange Laufzeiten und weisen Eigenkapitalcharakter auf20. Die Kündigung durch den Emittenten zu einem vorher festgelegten Termin 16 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie), ABl. EG Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. 17 S. Kullmann/Sester, ZBB 2005, 209, 211; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1072. 18 Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 518. 19 Eine Musterklausel findet sich bei Sester, ZBB 2006, 443, 452 f. 20 Da Hybridanleihen die Kriterien von Ratingagenturen für Eigenkapital erfüllen, werden sie von den Agenturen teilweise wie Eigenkapital eingestuft. Im Einzelnen hierzu und zu den Anforderungen für eine Qualifizierung als Eigenkapital nach IAS 32 Häuselmann, BB 2007, 931.
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Anleihen
kann jedoch vereinbart werden21. Die vereinbarten Kuponzahlungen können unter bestimmten Bedingungen ausgesetzt beziehungsweise verschoben werden. Den Anlegern wird zumeist durch einen Zinsaufschlag von bis zu 2 % oder mehr gegenüber herkömmlichen Unternehmensanleihen ein Ausgleich für das erhöhte Risiko gewährt22. 12
Ursprünglich wurden Hybridanleihen hauptsächlich durch Unternehmen des Finanzdienstleistungssektors begeben23. Die Begebung durch andere Unternehmen hat sich jedoch seit 2005 durchgesetzt24. Beispiele hierfür sind die Hybridanleihen, die von Porsche, Siemens, Linde und TUI begeben wurden25. Insgesamt haben sich Hybridanleihen mittlerweile im deutschen Kapitalmarkt etabliert und sind in gewisser Form standardisiert, da die bisher erfolgten Emissionen eine ähnliche Struktur aufweisen. Für eine umfassende Darstellung von Hybridanleihen wird auf § 16 verwiesen.
5. Rating: Investment Grade Anleihen vs. High Yield Bonds 13
Mit der Einführung von Ratings für Anleihen26 kann eine Abgrenzung zwischen dem „Investment Grade“-Segment und dem „High Yield“ (bzw. „Noninvestment Grade“)-Segment des Anleihemarkts vollzogen werden. Bei einem Anleiherating handelt es sich um eine Bewertung der Fähigkeit des Emittenten, die mit einer bestimmten Anleihe verbundenen Verpflichtungen zu Zins- und Tilgungszahlungen vollständig und rechtzeitig zu erfüllen27.
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Hochzinsanleihen oder auch High Yield Bonds bzw. High-Yield-Anleihen sind durch eine hohe Renditeerwartung bei einem hohen Investmentrisiko gekennzeichnet, das sich in einem entsprechenden Rating niederschlägt28. Diese Anleiheform hat ihren Ursprung in den USA und tritt seit Ende der neunziger Jahre an den europäischen Anleihemärkten vermehrt auf. Das Marktvolumen für Hochzinsanleihen in Europa betrug im ersten Quartal 2007 ungefähr 12.7 Milliarden Euro und stieg damit um 79 % verglichen mit dem relevanten Vorjahreszeitraum an. Das gesamte Marktvolumen für das Jahr 2006 in Europa betrug 38 Milliarden Euro29.
15
Die bonitätsmäßige Einstufung eines Emittenten erfolgt durch Ratingagenturen, von denen Moody’s und Standard & Poor’s die größte internationale Anerkennung besitzen. Das Rating wird anhand einer Skala unterschiedlicher Bonitätsstufen dar21 Hierzu Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 687 mit Praxisbeispielen und 711. 22 S. hierzu Häuselmann, BB 2007, 931; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480; Sester, ZBB 2006, 443; Vater, Finanz Betrieb 2006, 44. S. auch unten Rz. 18. 23 Nölling/Jendruschewitz, Finanz Betrieb 2006, 435. 24 Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 685. 25 Eine Übersicht über Hybridanleihen, die von deutschen Unternehmen begeben wurden, findet sich bei Nölling/Jendruschewitz, Finanz Betrieb 2006, 435, 436. 26 Das Rating einer Anleihe (issue credit rating) ist dabei vom Rating des emittierenden Unternehmens (issuer credit rating) zu unterscheiden. Das generische Emittentenrating kann von den Ratings ausgewählter Anleihen des Emittenten divergieren; vgl. Steiner in Lutter/ Scheffler/U.H. Schneider (Hrsg.), Handbuch der Konzernfinanzierung, § 15, Rz. 15.71. 27 Eine ausführliche Darstellung von Ratings aus rechtlicher Sicht findet sich bei E. Vetter, WM 2004, 1701 und bei Ackermann/Jäckle, BB 2006, 878. 28 Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 531 f. 29 European High Yield Association, European Quarterly High Yield Report, Spring 2007 (www.ehya.com).
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Anleihen
gestellt. Die Schwelle zur Investment Grade-Anleihe liegt im Kontext der langfristigen Fremdfinanzierung (long-term rating) bei einer Bewertung nicht schlechter als Baa3 (Moody’s) bzw. BBB– (Standard & Poor’s). Die folgende Tabelle zeigt, wo in diesem Zusammenhang die Schwelle zwischen dem Investment Grade-Segment und dem High Yield-Segment liegt: Investment Grade
High Yield
Moody’s
Standard & Poor’s
Aaa
AAA
Aa1
AA+
Aa2
AA
Aa3
AA–
A1
A+
A2
A
A3
A–
Baa1
BBB+
Baa2
BBB
Baa3
BBB–
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B1
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B
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B–
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CCC+
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Caa3
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Ca
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C
C
6. Zinsen a) Feste und variable Zinsen Die festverzinslichen Anleihen (straight bonds, fixed rate bonds) sind die traditionellste und häufigste Form, in der Schuldverschreibungen auf nationalen und internationalen Kapitalmärkten begeben werden. Die charakteristischen Merkmale dieses Anleihetyps sind der für die gesamte Laufzeit feste Nominalzinssatz (Kuponrate), die fixierte maximale Laufzeit sowie die Rückzahlung des Anleihebetrags in Höhe des Nominalwertes30. Festverzinsliche Anleihen geben dem Emittenten und dem Anleger eine klare Kalkulationsbasis für Zinsaufwand bzw. Zinsertrag. Sie sind 30 Die Rückzahlung zu einem um ein Agio erhöhten oder um ein Disagio verminderten Betrag ist möglich (u.a. um den Nominalzinssatz auf- oder abzurunden); vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 33 f.
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aber aus Sicht des Anlegers mit einem Zinsänderungsrisiko behaftet, wenn der Marktzins fällt oder steigt und als unmittelbare Folge davon die Kurse der Anleihen steigen oder fallen. Die Festsetzung des während der gesamten Laufzeit gleich bleibenden, festen Zinssatzes erfolgt in Anlehnung an die zum Emissionszeitpunkt aktuelle Kapitalmarktrendite. Die Zinszahlungen an den Gläubiger erfolgen üblicherweise einmal jährlich oder halbjährlich. 17
Als wichtige Alternative zu den klassischen festverzinslichen Anleihen werden vor allem in den USA und am Euroanleihemarkt variabel verzinsliche Anleihen (floating rate notes, kurz: floater oder FRN) emittiert. Variabel verzinsliche Anleihen sind dadurch charakterisiert, dass der Zinssatz nicht für die gesamte Laufzeit der Anleihen festgelegt ist, sondern in regelmäßigen Abständen von drei oder sechs Monaten an die jeweiligen Marktkonditionen angepasst wird. Nach deutschem Recht bestehen gegen variabel verzinsliche Anleihen keine Bedenken, weil der Zinssatz bestimmbar bleibt31. Aus Sicht des Emittenten sind derartige Anleihen gerade in Zeiten einer Hochzinsphase einer Festzinsanleihe vorzuziehen. Gemäß den Anleihebedingungen wird in der Regel vor Beginn der nächst folgenden Zinsperiode der anwendbare Zinssatz festgelegt. In der Regel berechnet sich der Zinssatz aus einem Zuschlag (spread) zu einem Referenzzinssatz, in Ausnahmefällen aus einem Abschlag oder der Übernahme des Referenzzinssatzes. Am häufigsten dienen die Interbankensätze LIBOR (London Interbank Offered Rate) oder EURIBOR (European Interbank Offered Rate) als Referenzzinssatz32. Angesichts der regelmäßigen Zinsanpassungen an das aktuelle Geldmarkt-Zinsniveau weisen variabel verzinsliche Anleihen nur geringe Kursschwankungen auf, die umso schwächer ausfallen, je häufiger die Anpassung des Zinssatzes der Anleihe erfolgt. Im Unterschied zu den festverzinslichen Anleihen vollziehen sich bei den variabel verzinslichen Anleihen die Marktanpassungen über den Kupon. Aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche, die Emittenten und Gläubiger an die Ausstattung von variabel verzinslichen Anleihen stellen, kreierten die auf dem Euroanleihemarkt tätigen Investmentbanken verschiedene Formen dieses Finanzinstruments. So findet man variabel verzinsliche Anleihen, die mit einem bestimmten Mindestzinssatz (floor floater), Höchstzinssatz (cap floater) oder beidem (collared floater) ausgestattet sind33.
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Hybridanleihen sehen in der Regel für einen ersten zeitlichen Abschnitt von fünf bis zehn Jahren einen festen, jährlich zahlbaren Zinssatz vor. Hierauf folgt ein Abschnitt mit variablen Zinsen. Zusätzlich zu diesem variablen Zinssatz sagt der Emittent den Anlegern normalerweise einen Zinsaufschlag von weiteren 1 % bis 2.5 % jährlich zu (so genannte step-up Vereinbarung). Die step-up Vereinbarung gibt dem Anleger eine gewisse Absicherung, dass der Emittent sein Kündigungsrecht nach der Festzinsphase ausübt. Dies folgt daraus, dass der Emittent zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit haben sollte, eine billigere Refinanzierung als zum variablen Zinssatz einschließlich step-up zu erlangen34. 31 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 34; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 74. 32 Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 514; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.22. 33 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 38 f.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.22; Steiner in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, § 15, Rz. 15.30. 34 Hierzu Sester, ZBB 2006, 443, 451 f. und Thomas, ZHR 171 (2007), 684, 687 f.
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b) Nullkupon-Anleihen Nullkupon-Anleihen (zero bonds) sind Schuldverschreibungen, für die keine regelmäßig wiederkehrende Verzinsung gewährt wird. Ein Zinseffekt entsteht durch den Unterschied zwischen dem Ausgabe- und dem Rückzahlungskurs35. Es haben sich zwei Arten der Nullkupon-Anleihen herausgebildet36. In der Abzinsungsvariante werden sie zu einem Preis ausgegeben, der wesentlich unter dem Nennwert liegt. Die Differenz setzt sich aus den für die entsprechende Laufzeit auflaufenden (fiktiven) Zinsen und Zinseszinsen zusammen. Während der Laufzeit werden die Zinsen jeweils zum Kapital aufgeschlagen, bis am Ende der Laufzeit die Rückzahlung des aufsummierten Betrages zum Nennwert erfolgt. In der Aufzinsungsvariante wird die Anleihe zum Nennwert ausgegeben und zu einem höheren Kurs zurückgezahlt. Nullkupon-Anleihen haben für den Emittenten u.a. den Vorteil, dass er während der gesamten Laufzeit der Anleihe keine Liquidität für den Zinsendienst bereitstellen muss. Für den Investor stellen überdurchschnittliche Kursgewinnchancen bei fallenden Zinsen den wesentlichen Anreiz dar, weil für die Zinshöhe die Konditionen im Emissionszeitpunkt maßgebend sind37.
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Die meisten deutschen Nullkupon-Anleihen sind von Kreditinstituten ausgegeben worden. Die Zulässigkeit der Ausgabe von Nullkupon-Anleihen durch Emittenten, die keine Kreditinstitute sind, wird nach deutschem Recht teilweise aufgrund des Zinseszinsverbotes (§ 248 Abs. 1 BGB) in Zweifel gezogen, weil der Nullkupon-Anleihe eine im Voraus getroffene Zinseszinsvereinbarung zugrunde liegt38. Nach der überzeugenden herrschenden Auffassung steht das Zinseszinsverbot der Ausgabe von Nullkupon-Anleihen jedoch nicht entgegen, da der zu zahlende Endbetrag summenmäßig bestimmt und der Schuldner somit vor schwer überschaubaren Belastungen geschützt ist39.
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7. Laufzeit und ordentliches Kündigungsrecht Die Laufzeiten der einzelnen Anleihetypen variieren sehr stark. Anleihen mit sehr kurzen Laufzeiten (bis zu einem Jahr) werden auch Commercial Paper genannt. Sie sind praktisch ausschließlich für institutionelle Anleger gedacht40. Die Laufzeiten der festverzinslichen Anleihen bewegen sich üblicherweise zwischen fünf und zehn Jahren, teilweise lassen sich aber auch längere Fälligkeiten bis zu 30 Jahre verzeichnen41. Die Laufzeit von variabel verzinslichen Anleihen beträgt normalerweise zwischen fünf und sieben Jahre, bei erstklassigen Emittenten teilweise auch über
35 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/179. 36 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.22; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9, Rz. 135. 37 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 40; Ulmer/Ihrig, ZIP 1985, 1169, 1170. 38 Bezzenberger, WM 2002, 1617, 1622 f., der das von ihm vertretene Verbot der Ausgabe von Nullkupon-Anleihen allerdings für rechtspolitisch verfehlt hält. 39 Ulmer/Ihrig, ZIP 1985, 1169, 1173; Schmidt in Staudinger, BGB, 13. Bearb. 1997, § 248 Rz. 24; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 77. 40 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 1.27; Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 518; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/179. 41 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 34 f.
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zehn Jahre42. Die Laufzeit von High-Yield-Anleihen beträgt mindestens fünf, in der Regel aber sieben bis zehn Jahre. Nullkupon-Anleihen weisen in der Regel eine lange Laufzeit zwischen fünf und 20 Jahren auf43. Wesentliches Merkmal von Hybridanleihen dagegen ist die unbegrenzte oder jedenfalls sehr lange Laufzeit. Es gibt üblicherweise keinen bestimmten Fälligkeitstermin und die Hybridanleihe ist grundsätzlich nur im Falle der Liquidation oder der Insolvenz des emittierenden Unternehmens rückzahlbar oder kündbar. 22
Eine mögliche Sonderausstattung in Bezug auf die Laufzeit ist die Festlegung eines ordentlichen Kündigungsrechts für den Emittenten (call option)44. Ordentliche Kündigungsrechte, die eine Kündigung ohne das Vorliegen eines Grundes erlauben, bedürfen der ausdrücklichen Vereinbarung in den Emissionsbedingungen45. Der Emittent wird von diesem Recht zur Kündigung Gebrauch machen, wenn der allgemeine Kapitalmarktzins gegenüber dem Nominalzins der Anleihe gesunken ist, so dass der Emittent durch eine neue Anleiheemission oder auf anderem Weg billiger Kapital aufnehmen kann. In der Praxis internationaler Anleihen ist die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung erst nach einer gewissen Mindestlaufzeit vorgesehen46. Im Falle von High-Yield-Anleihen sehen die Anleihebedingungen regelmäßig nach drei bis fünf Jahren Laufzeit ein Kündigungsrecht des Emittenten zu bestimmten, meist jährlichen Terminen zu festgelegten Rückzahlungspreisen vor (optional redemption). Der im Falle der Kündigung vom Emittenten zu zahlende Rückzahlungspreis beträgt zu Beginn üblicherweise den Nennwert der Anleihe zuzüglich der Hälfte des Kupons und sinkt dann in der Regel zu den späteren Kündigungsterminen stufenweise bis auf den Nennwert der Anleihe ab (jeweils zuzüglich aufgelaufener Zinsen)47. Ferner wird dem Emittenten bis zum Ablauf von ungefähr drei Jahren nach der Begebung häufig das Recht eingeräumt, einen bestimmten Anteil der Anleihe zu kündigen und diese zu einem vorher festgelegten Kurs zurückzuzahlen, wenn der Emittent zuvor neues Eigenkapital aufgenommen hat (equity clawback)48. Auch die Anleihebedingungen von Hybridanleihen sehen in der Regel in bestimmten Fällen ein Kündigungsrecht für den Emittenten vor49.
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Umstritten ist, inwieweit § 489 BGB auf Schuldverschreibungen anwendbar ist. Die h.M. lehnt dies ab, da Schuldverschreibungen regelmäßig ein abstraktes Schuldversprechen und nicht eine Darlehensforderung verkörpern50. Gegen ein einseitiges ordentliches Kündigungsrecht zugunsten des Emittenten werden teilweise Bedenken 42 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 38. 43 Werning, Null-Kupon-Anleihe, S. 77. 44 Die außerordentlichen Kündigungsrechte der Anleihegläubiger werden aufgrund ihres Charakters als Sicherungsinstrument im Zusammenhang mit der Besicherung von Anleihen dargestellt, s. Rz. 36. 45 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.23. 46 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 292. 47 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 748. 48 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 748. 49 Einzelheiten zu diesen Kündigungsrechten und die an sie geknüpften Bedingungen sind bei Sester, ZBB 2006, 443, 450 ff. und bei Vater, Finanz Betrieb 2006, 44, 45 ff. dargestellt. 50 Berger in MünchKomm. BGB, § 489 Rz. 8; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 624; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 129, 135; a.A. Häuser/Welter, NJW 1987, 17, 21; differenzierend und mit Wiedergabe des Meinungsstandes Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 3, 5 m.w.N. (zur Vorgängerregelung des § 609a BGB a.F.).
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unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgebracht51.
8. Rückzahlung Als Rückzahlungsmodi kommen die Rückzahlung der Schuldverschreibung in einem einzigen Betrag, in gleichen Raten über die Laufzeit, in Form von Annuitäten (mit variierendem Zins- und Tilgungsanteil) oder mittels eines Tilgungsfonds (sinking fund) in Betracht52. Letzteres ist am deutschen Anleihemarkt jedoch eher unüblich53.
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Werden Anleihen nicht am Ende der Laufzeit, sondern entsprechend einem bereits zum Emissionszeitpunkt festgelegten fixen Tilgungsplan zurückgezahlt, so kann z.B. vorgesehen werden, dass die in Serien zerlegte Anleihe nach einer vertraglich festgelegten tilgungsfreien Zeit in einer durch Los bestimmten Reihenfolge zurückbezahlt wird. Statt Auslosungen vorzunehmen, kann das Unternehmen auch Rückkäufe am offenen Markt in der Höhe der entsprechenden Tilgungsbeträge tätigen, insbesondere wenn die Anleihe unter pari notiert54.
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III. Anwendbares Recht und Gerichtsbarkeit 1. Anwendbares Recht a) Rechtswahl Das auf eine Anleihe anwendbare Recht richtet sich üblicherweise nach der in den Anleihebedingungen enthaltenen Rechtswahlklausel55. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlklausel richtet sich nach dem vereinbarten Recht56. Grundsätzlich kann jede beliebige Rechtsordnung gewählt werden. Während die Anleihebedingungen von DM-Auslandsanleihen bis 1992 auf Wunsch der Bundesbank oftmals die Anwendbarkeit deutschen Rechts vorsahen, wurde seitdem verstärkt die Anwendbarkeit des Rechts desjenigen Staates, in dem der Emittent 51 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.23; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 222 ff.; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rz. 147; a.A. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 294 und offensichtlich auch OLG Frankfurt a.M. v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, ZIP 1994, 26, 28, welches ein solches einseitiges Kündigungsrecht nicht beanstandet hat. Zur prinzipiellen Frage der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf die Anleihebedingungen s. Rz. 28 ff. 52 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/178; Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 515. 53 Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 515. 54 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 39; Achleitner, Handbuch Investment Banking, S. 515. 55 Zur Zulässigkeit einer Rechtswahlklausel vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 245 ff. m.w.N. 56 OLG Düsseldorf v. 14.1.1994 – 17 U 129/93, WM 1994, 376; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 246; Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 38. Von der Frage der vertraglichen Wirksamkeit der Rechtswahlklausel ist deren IPR-Wirksamkeit zu unterscheiden. Für letztere Frage gilt regelmäßig der Grundsatz des lex fori, vgl. Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 38.
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seine Niederlassung hat, vereinbart57. Die Anleihebedingungen von High-YieldEmissionen, die von deutschen Emittenten begeben oder garantiert wurden unterliegen üblicherweise New Yorker Recht58. Dies entspricht den Anlegererwartungen und erleichtert die internationale Platzierbarkeit. 27
Das deutsche internationale Privatrecht (Art. 11 Abs. 1 EGBGB) schreibt für eine vertragliche Rechtswahl keine besondere Form vor59. b) Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
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Das Rechtsverhältnis zwischen Anleiheemittent und Anleger wird maßgeblich durch die massenweise Verwendung der in den Anleihebedingungen enthaltenen Vertragsklauseln bestimmt. Die Rechtsprechung und die herrschende Ansicht im Schrifttum nehmen an, dass die Anleihebedingungen im Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Anlegern einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB unterliegen60. Zweifel an der Einstufung von Anleihebedingungen als AGB könnten insbesondere deshalb bestehen, weil in Abhängigkeit von der Emissionstechnik die Definitionsmerkmale von AGB nicht ohne weiteres festzustellen sind. Dies gilt insbesondere für Fremdemissionen, bei denen die Anleihebedingungen mit einem Bankenkonsortium ausgehandelt und die Wertpapiere von diesem fest übernommen werden. Bei der Ausgabe von Anleihen im Rahmen einer Fremdemission steht der Anleger während des gesamten Emissionsvorgangs in keiner unmittelbaren vertraglichen Beziehung zum Emittenten. Eine solche entsteht erst, wenn der Anleger das Eigentum an den Anleihen erwirbt61. Nach dem Wortlaut von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB wird das Verhältnis zwischen dem Verwender der AGB und der zu schützenden Partei jedoch als Verhältnis zweier Vertragsparteien definiert und setzt nach herkömmlichem Verständnis voraus, dass sich diese bei Abschluss des Vertrags gegenüberstehen62. Ferner ist fraglich, ob die Definitionsmerkmale der Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen, des einseitigen Stellens und des fehlenden Aushandelns der Anleihebedingungen erfüllt wer57 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 318; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 260 und 280; Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 39. 58 Hoffmann/Baron, ZBB 2005, 317, 319; zum Beispiel im Falle der 270 000 000 Euro 8 1/ 2 % Senior Notes 2004–2012 der SGL Carbon Luxembourg S.A., der 200 000 000 Euro 9 3/4 % Senior Subordinated Notes 2005–2011 der Dürr Aktiengesellschaft, der 200 000 000 Euro 9 1/ 2 % Senior Subordinated Notes 2004–2014 der Schefenacker AG, der 175 000 000 Euro 9 3/4 % Senior Subordinated Notes 2005–2011 der Gildemeister Aktiengesellschaft und der 150 000 000 Euro Floating Rate Senior Notes 2005–2014 der A.T.U Auto-Teile-Unger Investment GmbH & Co. KG. 59 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 317; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 252. 60 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411; BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 312 = AG 1993, 125; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 115 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.25 und 8.113 ff.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 224 ff.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 115; a.A. Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rz. 140; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 339 ff.; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 37 ff. 61 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 224. 62 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 224; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.114; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 146 ff.; von Randow in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 25, 31.
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den63. An einer Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen fehlt es, wenn die Anleihebedingungen ausnahmsweise entweder vom Emittenten zur Verwendung nur gegenüber ein bis zwei Banken oder aber für eine einzelne Emission von der Bankenseite vorformuliert werden. Ferner lässt sich konstatieren, dass Anleihebedingungen vor der Begebung an die Bank(en) oftmals gemeinsam entworfen, eingehend beraten und einvernehmlich abgestimmt werden. Anleihebedingungen, die das Ergebnis gemeinsamer Ausarbeitung durch beide Vertragsparteien darstellen, lassen sich jedoch nicht allein einer Seite zurechnen und können daher nicht mehr als einer Partei von der anderen Partei gestellt betrachtet werden. Darüber hinaus müssen die Anleihebedingungen in derartigen Fällen als ausgehandelt betrachtet werden und sind somit aus der Definition von AGB ausgenommen64. Dieses aus Gründen des Anlegerschutzes unbefriedigende Resultat will die h.M. in der Literatur durch verschiedene Lösungsansätze vermeiden. Die Anwendbarkeit des AGB-Rechts im Verhältnis zwischen Emittent und Anleger wird überwiegend mit dem Umgehungsverbot des § 306a BGB oder einer analogen Anwendung der §§ 305 ff. BGB begründet65. Einer weiteren Auffassung zufolge soll im Wege teleologischer Betrachtung die Rolle der Emissionsbanken bei Entwurf und Einbeziehung der Anleihebedingungen auszublenden und der realen Betroffenheit der Anleger angemessen Rechnung zu tragen sein, indem die Fragen des Vertragsabschlusses, der Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen, des Stellens und des fehlenden Aushandelns wertend allein aus Sicht der Anleger, nicht aber aus Sicht der Banken beantwortet werden66. Unabhängig davon, welcher dogmatische Begründungsansatz letztlich vorzugswürdig erscheint, ist der h.M. jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen, da sie der wirtschaftlichen Realität der Verhältnisse zwischen den beteiligten Parteien gerecht wird. Die Anleihe ist von vornherein für die Platzierung an das Anlegerpublikum gedacht und die Emissionsbanken haben wirtschaftlich nur die Funktion eines Finanzintermediärs, nicht die des Gläubigers. Der Anleger, für den die Anleihebedingungen bestimmt sind, befindet sich in der typischen Situation des Kunden, dem einseitig vorformulierte Vertragsbedingungen diktiert werden67. Die h.M. löst somit den Widerspruch zwischen den gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB und dem Zweck der Regelungen interessengerecht auf.
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Allerdings wird man für einige AGB-spezifische Vorschriften, die nicht mit der Ausgestaltung von Schuldverschreibungen vereinbar sind, Ausnahmen von der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB zulassen müssen, z.B. im Bereich der Einbeziehung der AGB gegenüber den Anlegern nach § 305 Abs. 2 BGB. Wendet man diese Bestimmung wörtlich an, wäre häufig ungewiss, ob die Anleihebedingungen Bestandteil des Vertrags geworden sind. Aufgrund der Besonderheiten von Kapitalmarktpapieren
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63 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 124 ff.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.25; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 214 ff. 64 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 124 ff.; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 44 ff.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 214 ff. 65 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.115; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 228 ff. 66 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 145 ff. 67 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.115; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/162 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 233 f.; von Randow in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 25, 39.
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verzichtet die h.M. auf eine Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB oder stellt für die Einbeziehung auf das Verhältnis zwischen dem Emittenten und den Konsortialbanken im Rahmen der Erstbegebung der Anleihe ab68. Nunmehr hat auch der BGH entschieden, dass Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen nicht in den Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 BGB fallen69. Der BGH begründet dies mit einer funktionalen Reduktion unter Berufung auf den Willen des Gesetzgebers den Rechtsverkehr durch § 2 AGBG (der Vorgängernorm des § 305 BGB) nicht unnötig zu behindern und dem Konzept eines fungiblen Wertpapierhandels70. 31
Das deutsche AGB-Recht kann unter den Voraussetzungen des Art. 29a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 EGBGB auch auf solche Auslands- bzw. Euroanleihen Anwendung finden, die aufgrund einer Rechtswahl der Rechtsordnung eines ausländischen Staates, der weder Mitgliedstaat der EU noch Vertragsstaat des EWR-Abkommens ist, unterstehen. Es muss dabei ein enger Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bestehen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Verbraucher (Anleger) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und ein öffentliches Angebot in Deutschland erfolgt71.
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Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, dass sich auch der Gesetzgeber ausdrücklich mit der Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf Anleihebedingungen beschäftigt hat. Der Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts vom April 2003 sieht vor, dass Bestimmungen in Emissionsbedingungen unwirksam sind, wenn sie die Gläubiger entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Im Übrigen soll die Anwendung der §§ 305 bis 309 BGB ausgeschlossen werden72.
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Zur Kritik an diesem Vorstoß des Gesetzgebers wird zu bedenken gegeben, dass der einheitliche Regelungsansatz zu Schwierigkeiten führen werde, die an dem Verbot der unangemessenen Benachteiligung ansetzen. Es wäre misslich, wenn die Rechtsbeständigkeit einzelner Regelungen in Emissionsbedingungen davon abhinge, wer konkret Inhaber des Papiers sei. Mit dem Verbot der unangemessenen Benachteiligung werde ein Element nachträglicher richterlicher Inhaltskontrolle eingeführt, das zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen könne73. Diese Kritik gründet sich auf die Prämisse, dass es bei der Frage, wann eine unangemessene Benachteiligung 68 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 156 f.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.117; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/166; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 115; Heinrichs in Palandt, BGB, § 305 Rz. 27; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz. 9.214 ff.; Than in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 2, 22; jetzt auch von Randow in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 25, 46; a.A. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 235 ff., der die Einbeziehungskontrolle im Verhältnis zwischen Emittent und Anleger auf den Papier- und Forderungserwerb des Anlegers beziehen will. 69 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411; hierzu Gottschalk, ZIP 2006, 1121. 70 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410, 1411. 71 Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 172 ff. 72 In diesem Zusammenhang gibt es keinen neueren Diskussionsentwurf. Nach Auskunft des Bundesministeriums der Justiz ist aber eine Modernisierung des Schuldverschreibungsgesetzes in Vorbereitung. S. hierzu auch Bergfort, die bank 2006, 24, der die Reform des Schuldverschreibungsrechts als überfällig bezeichnet. 73 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Ausschuss Zivilrecht zum Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts, Ziff. I.5 und Ziff. II.1 zu § 795 Abs. 2 BGB-DE, Juni 2003, Nr. 33/03.
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vorliegt, auf die Person des einzelnen Anleihegläubigers ankomme. Anders sieht dies eine – dem Gesetzentwurf im Ansatzpunkt ähnliche – bereits de lege lata vertretene Auffassung im Schrifttum, wonach die Anleihebedingungen keine AGB darstellen, die Anlegerinteressen jedoch über eine allgemeine Inhaltskontrolle nach § 242 BGB geschützt seien. Diese sei derjenigen nach den §§ 305 bis 309 BGB vorzugswürdig, weil damit auf alle Wertpapiere einer Emission ein einheitlicher Maßstab angewandt werden könne, ohne an die AGB-rechtliche Differenzierung zwischen Verbrauchern und Unternehmern (vgl. § 310 Abs. 1 BGB) gebunden zu sein74. Als interessengerecht könnte sich hier erweisen, nach dem Mindestanlagebetrag bei der ersten Ausgabe der Schuldverschreibungen – und damit zwischen Emissionen, die auf den Erwerb durch Großanleger und solchen, die (auch) auf Kleinanleger zielen – zu differenzieren75.
2. Gerichtsbarkeit In der heutigen Praxis wird üblicherweise in den Anleihebedingungen ein Gerichtsstand für alle aus oder im Zusammenhang mit der Anleihe entstehenden Rechtsstreitigkeiten vertraglich festgelegt. Die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich nach dem – entsprechend den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts anwendbaren – (vereinbarten) Recht76. Teilweise wird eine Unwirksamkeit gem. § 307 BGB angenommen, wenn der gewählte Gerichtsstand keinen Bezug z.B. zu dem Sitz des Emittenten oder des Garanten sowie dem Ort, an dem sich die als Sicherheit gegebenen Gegenstände befinden, aufweist77. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass nach h.M. im Anwendungsbereich des Art. 23 EuGVVO78 eine Überprüfung nach dem Maßstab des AGB-Rechts nicht stattfindet, weil das mit dem EuGVVO angestrebte Ziel der Rechtsvereinheitlichung durch zusätzliche nationale Gültigkeitsanforderungen konterkariert würde79.
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IV. Besicherung Allgemein gilt, dass je besser die Bonität und das Rating des Emittenten ist, desto weniger Bedarf für die Besicherung der Anleihe besteht. Anleihen, in denen Banken80 74 Joussen, WM 1995, 1861, 1869; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 63 ff.; Bungert, DZWiR 1996, 185, 191 ff. (jeweils noch zum AGB-Gesetz). 75 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Ausschuss Zivilrecht zum Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts, Ziff. I.5, Juni 2003, Nr. 33/03. In diesem Sinne auch bereits Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/159. 76 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 398, Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 268. 77 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 274 ff. 78 Art. 23 EuGVVO ist auf internationale Gerichtsstandsvereinbarungen in den Fällen anwendbar, in denen mindestens eine Partei ihren Wohnsitz bzw. Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat und die Parteien die Zuständigkeit der Gerichte in einem Mitgliedstaat vereinbart haben. Die Vorschriften des EuGVVO gehen als Sonderregeln in ihrem Anwendungsbereich dem sonstigen deutschen Recht vor. Vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 266 f. (noch in Bezug auf die Vorgängerregelung des Art. 17 EuGVÜ). 79 OLG München v. 8.3.1989 – 15 U 5989/88, WM 1989, 602, 605; Coester in Staudinger, AGBG, 13. Bearb. 1998, § 9 Rz. 370; Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 253 m.w.N. (jeweils in Bezug auf Art. 17 EuGVÜ). 80 Sofern es sich nicht um Asset-Backed-Securities handelt.
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und international tätige Großunternehmen als Schuldner auftreten, werden daher in der Regel ungesichert begeben. Für andere Emittenten, insbesondere im High YieldSegment, wird die Sicherung der auszugebenden Anleihe als faktische Voraussetzung für den Zutritt zu den internationalen Kapitalmärkten angesehen81. 36
In der Praxis der internationalen Anleihen lässt sich zum einen die Verwendung der traditionellen Sicherungsinstrumente der Personal- und Realsicherheiten und zum anderen -insbesondere bei High-Yield-Anleihen -die Einbeziehung von weiteren Klauseln und Abreden mit Sicherungsfunktion, insbesondere der so genannten Zusicherungen (bond covenants), feststellen. Darunter wird die Verpflichtung des Emittenten oder eines Dritten verstanden, für die Dauer der Anleihe einen bestimmten Zustand aufrechtzuerhalten oder ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen82. Eine Verletzung der Zusicherungen durch den Emittenten begründet ein außerordentliches Kündigungsrecht der Anleihegläubiger83.
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Die vom Emittenten unter dem Einfluss der Konsortialbanken gewählten Konstruktionen sind in den Anleihebedingungen und vor allem in der angloamerikanischen Rechtspraxis in den entsprechenden Indentures bzw. Trust Deeds zum Teil sehr ausführlich geregelt. Der Grad der Beschränkungen des Managements durch Zusicherungen darf insgesamt nicht zu weitgehend sein, weil dies zu einer Knebelung und damit Ungültigkeit oder eventuell sogar zu einer Umqualifizierung der von den Anleihegläubigern bereitgestellten Fremdmittel in Eigenkapital führen könnte84.
1. Personalsicherheiten 38
Personalsicherheiten stellen in der Praxis internationaler Anleihen das am häufigsten verwendete Sicherungsmittel dar, was oftmals darauf zurückzuführen ist, dass der Emittent (z.B. eine Konzern-Holdinggesellschaft oder Finanztochtergesellschaft) nur über geringe eigene Vermögenswerte verfügt, die zur Besicherung der Anleiheverbindlichkeiten eingesetzt werden können. a) Garantien
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Die am häufigsten verwendete Personalsicherheit ist der Garantievertrag85. Dies trifft insbesondere auf den Fall von (aus steuerlichen oder aufsichtsrechtlichen Gründen oftmals im Ausland ansässigen) Finanztochtergesellschaften von Konzernen zu, deren Anleihen ohne Garantie der Muttergesellschaft, die zugleich der eigentliche Kapitalnachfrager ist oder das aufgenommene Kapital anderen Tochtergesellschaften zuleitet, kaum marktfähig wären. Nach deutschem Recht erfolgt die Garantieübernahme regelmäßig durch Vertrag zwischen dem Garanten und dem Anleihetreuhänder zugunsten der Anleihegläubiger. Möglich sind aber auch Konstruktionen ohne 81 Hoffmann/Baron, ZBB 2005, 317, 329; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 425; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 364 f.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/195. 82 Hoffmann/Baron, ZBB 2005, 317, 332 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 363. Zu Aufgaben und Rechtsnatur von covenants im Zusammenhang mit High YieldAnleihen vgl. Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 749 ff. 83 Hoffmann/Baron, ZBB 2005, 317, 333; Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 748. 84 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 755 ff. 85 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 362.
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Einschaltung eines Treuhänders86. Üblicherweise ist der Garant auch Vertragspartner des Übernahmevertrags, woraus sich seine Verpflichtung ergibt, die Garantieerklärung vor der Emission abzugeben87. Die Garantieerklärung selbst wird meist in einer gesonderten Urkunde niedergelegt, die in den Anleihebedingungen erwähnt und im Emissions-/Börsenzulassungsprospekt meist wörtlich wiedergegeben wird88. Das Grundmuster ist regelmäßig das gleiche, nämlich Haftung des Garanten unabhängig vom Bestand der Hauptforderung, auf erstes Anfordern durch den Anleihegläubiger – unmittelbar oder über den Anleihetreuhänder – und unwiderruflich seitens des Garanten89. Genau wie die Begebung einer Anleihe fällt auch die Übernahme einer Garantie in die Entscheidungskompetenz des Vorstands einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführer einer GmbH. In den meisten Fällen ist die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich, einer Mitwirkung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung bedarf es in der Regel dagegen nicht. aa) Das Problem der strukturellen Nachrangigkeit (structural subordination) bei High-Yield-Anleihen Von der strukturellen Nachrangigkeit (structural subordination)90 einer High-YieldAnleihe wird gesprochen, wenn der Emittent eine Konzern-Holdinggesellschaft oder Finanztochtergesellschaft ist91. In beiden Fällen verfügt der Emittent typischerweise über keinen oder nur einen beschränkten operativen Geschäftsbetrieb sowie über nur geringe eigene Vermögenswerte, falls er nicht für Zwecke der internen Konzernfinanzierung Darlehensansprüche begründet hat. Der Emittent ist zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus der Anleihe auf Zahlungen seiner operativen Tochter- bzw. Schwestergesellschaften angewiesen, die den Cash-flow generieren, aus dem der Emittent die Anleihe bedient. Mit der strukturellen Nachrangigkeit wird die Situation der Anleihegläubiger beschrieben, deren Zugriff auf das Vermögen der Tochterbzw. Schwestergesellschaften erst nach Befriedigung von deren eigenen außenste-
86 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 445 ff.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 395 ff.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/198. 87 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 449; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 389. S. auch § 25. 88 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 445. Bei in den USA angebotenen Anleihen ist zu beachten, dass bei Einschaltung einer Garantie diese u.U. den Registrierungsanforderungen des Securities Act of 1933 unterliegt und Informationen über den Garanten und dessen finanzielle Verhältnisse in den Angebotsprospekt (offering memorandum) aufgenommen werden müssen. In Deutschland verlangen gesetzliche Vorschriften ebenfalls die Aufnahme bestimmter Angaben über die Garantie und den Garanten in den Verkaufs-/ Börsenzulassungsprospekt (vgl. § 7 WpPG i.V.m. Art. 9 und Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004). 89 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 444. 90 Von der strukturellen Nachrangigkeit ist die vertragliche Nachrangigkeit (contractual subordination) zu unterscheiden, die sich aus einer vertraglichen Abrede ergibt. Im US-Markt für High-Yield-Anleihen ist die vertragliche Nachrangigkeit gebräuchlich, während im europäischen Markt die strukturelle Nachrangigkeit häufiger ist. Vgl. auch Schrell/Kirchner, BKR 2004, 212, 213. Auf eine (vertragliche oder strukturelle) Nachrangigkeit ist im Emissions-/Börsenzulassungsprospekt – z.B. in den Risikofaktoren – deutlich hinzuweisen. Vgl. Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 747 f. 91 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 747.
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henden Gläubigern erfolgt92. Darüber hinaus sind etwaige Forderungen der Konzernmutter gegen die Konzerntochter in der Krise der Tochtergesellschaft, die in Deutschland oftmals eine GmbH ist, aufgrund der Eigenkapitalerhaltungsgrundsätze des GmbH-Rechts in der Regel nicht mehr werthaltig. Die Forderungen der Anleihegläubiger gegen den Emittenten sind somit gegenüber den Gläubigern der operativen Tochter- bzw. Schwestergesellschaften strukturell nachrangig. bb) Überwindung durch Upstream-Garantien 41
Die Anleihegläubiger bzw. die Emissionsbanken erwarten daher oftmals, dass die operativen Tochtergesellschaften der die Anleihe emittierenden Holdinggesellschaft zur Besicherung der Anleihe so genannte Upstream-Garantien gewähren93. Die Anleihegläubiger werden so grundsätzlich pari passu mit den Drittgläubigern der operativen Tochtergesellschaften gestellt und die strukturelle Nachrangigkeit grundsätzlich überwunden. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Forderungen der Drittgläubiger oftmals besichert sein werden, womit die Überwindung der strukturellen Nachrangigkeit der Forderungen der Anleihegläubiger ebenso in Frage gestellt wird wie durch eine betragsmäßige Beschränkung der Garantien im Wege einer so genannten limitation language (dazu sogleich). cc) Betragsmäßige Beschränkungen (limitation language)
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Ferner wird der Wert einer Upstream-Garantie auch dadurch beeinträchtigt, dass der Geschäftsführer einer garantiegebenden Tochtergesellschaft, die in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist, zur Vermeidung einer möglichen persönlichen Haftung bereits bei Abgabe der Garantie gewissenhaft prüfen muss, ob eine Inanspruchnahme daraus zu einer Unterbilanz führen würde94. Um den Geschäftsführer in diesen Fällen von vornherein vor einer Auszahlungspflicht zu schützen, wird die Garantie in der Regel betragsmäßig auf das im Zeitpunkt der Inanspruchnahme vorhandene Nettovermögen der Tochtergesellschaft beschränkt (limitation language). In der Beratungspraxis hat sich die Aufnahme einer solchen limitation language in den letzten Jahren durchgesetzt95. Teilweise sehen die Garantiebedingungen auch vor, dass eine 92 Schrell/Kirchner, BKR 2004, 212, 215 Zur strukturellen Nachrangigkeit im Zusammenhang mit Kreditfinanzierungen vgl. auch Maier-Reimer in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, § 16 Rz. 16.7 ff.; Merkel in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, § 17 Rz. 17.15 f. 93 Zum Begriff der Upstream-Besicherung vgl. Merkel in Lutter/Scheffler/U.H. Schneider, Handbuch der Konzernfinanzierung, § 17 Rz. 17.28. 94 Zu der Haftung des Geschäftsführers s. zum Beispiel Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, § 43 Rz. 84 ff. 95 So heißt es z.B. in den Anleihebedingungen der 200 000 000 Euro 9 1/ 2 % Senior Subordinated Notes 2004–2014 der Schefenacker AG: „To the extent that a guarantee provided by a Guarantor incorporated in Germany as a limited liability company (GmbH) (a „GmbH Guarantor“) or as a limited partnership (Kommanditgesellschaft) with a limited liability company as a sole general partner (a „GmbH & Co. KG Guarantor“ and together with a GmbH Guarantor, each a „German Guarantor“) secures any of the obligations of an affiliated company (verbundenes Unternehmen) of the German Guarantor and, in the case of a GmbH & Co. KG Guarantor, of its general partner, … (other than the German Guarantor’s, or in the case of a GmbH & Co. KG Guarantor its general partner’s subsidiaries), the enforcement of the Guarantee shall be limited if and to the extent that in relation to the German Guarantor such enforcement would result in the German Guarantor, or in the case of a GmbH & Co.
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Zahlung unter der Garantie nur erfolgen darf, sofern Legal Opinions96 von international renommierten Anwaltskanzleien bestätigen, eine Inanspruchnahme führe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers. Das Konzept der Beschränkung einer Verwertung von Sicherheiten durch die Limitation Language findet im Übrigen auch bei der Verwertung anderer Sicherheiten als einer Garantie Anwendung (z.B. im Falle von Geschäftsanteilsverpfändungen). b) Bürgschaften Bürgschaften sind in der Emissionspraxis seltener anzutreffen als Garantien. Dies liegt zum einen daran, dass die Möglichkeit eines einredefreien und unmittelbaren Rückgriffs auf den Sicherungsgeber ein wesentliches Merkmal der Besicherung internationaler Anleihen darstellt97. Durch die Ausgestaltung der Bürgschaft ‚auf erstes Anfordern‘ kann die Position des Sicherungsgebers insofern zwar einem Garanten angenähert werden. Zum anderen verlangt § 765 BGB aber, dass der Gläubiger der verbürgten Forderung identisch ist mit dem Gläubiger der Bürgschaftsforderung, was dazu führen würde, dass die Bürgschaft gegenüber allen Anleihegläubigern abzugeben wäre. Folglich eignet sich die Bürgschaft nicht für die Sicherheitenbestellung zugunsten eines Treuhänders98.
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c) Patronatserklärungen Die Patronatserklärung ist eine Erklärung, ein Unternehmen, das Schuldner eines Dritten ist, wirtschaftlich zu unterstützen oder mit dem Ziel zu beeinflussen, dessen Kreditfähigkeit zu verbessern99. Die Erklärung wird in der Regel durch die Muttergesellschaft (Patronin) des zu unterstützenden Unternehmens (Tochtergesellschaft) abgegeben. Auf Patronatserklärungen wird oft im Zusammenhang mit einem Kreditgeschäft zurückgegriffen. Bei internationalen Anleihen sind Patronatserklärungen dagegen seltener zu finden. An den internationalen Kapitalmärkten lässt sich u.a. aufgrund der schwierigeren Durchsetzbarkeit von daraus resultierenden Ansprüchen ein gewisses Misstrauen gegen ein derartiges Sicherungsinstrument feststellen. Wenn die Möglichkeit besteht, setzen sich die Emissionsbanken in den Verhandlungen mit Emittenten hinsichtlich der Gestaltung der Anleihe vorzugsweise für die Anwendung von Garantien ein100.
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100
KG Guarantor in its general partner, not retaining sufficient assets to maintain its registered share capital (Stammkapital).“ Grundlegend zur Rolle von Legal Opinions in internationalen Transaktionen Gruson/ Hutter/Kutschera, Legal Opinions, S. 10 ff. Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 443; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/197. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.223; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/197. Dabei ist je nach Umfang und Ausgestaltung der Verpflichtung des Patrons zwischen der so genannten harten Patronatserklärung und der weichen Patronatserklärung zu unterscheiden. Die Verpflichtungen des Patrons können von einer bloßen „Goodwill-Erklärung“ über Schadensersatzansprüche bis hin zu einer garantieartigen Ausgestaltung der Erklärung reichen. Vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 403 ff. Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 453; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 403 ff.
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2. Realsicherheiten 45
Bei der Besicherung internationaler Unternehmensanleihen stellen die Realsicherheiten in der heutigen Praxis eine Ausnahme dar. Bei der Bestellung und Verwertung von Realsicherheiten treten in internationalen Sachverhalten Probleme auf, die oft außer Verhältnis zu ihrem Sicherungswert stehen101. Beispielsweise ist der weitgehende Verzicht auf die Anwendung von akzessorischen Realsicherheiten u.a. auf den Umstand zurückzuführen, dass diese nicht nur in ihrem Bestand und Umfang von der gesicherten Forderung abhängen, sondern im deutschen Recht stets auch nur dem Gläubiger dieser Forderung zustehen können, nicht ohne weiteres aber einem Treuhänder oder sonstigen Dritten102. a) Grundsicherheiten
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Übliche Formen für die durch Grundsicherheiten besicherten internationalen Anleihen sind die Hypothekenpfandbriefe. Dabei besteht die Sicherheit aus dem jeweiligen Gesamtbestand an in die Deckung einbezogenen Hypotheken. Für eine Darstellung der damit verbundenen Rechtsfragen wird auf § 18 über Asset-Backed-Securities verwiesen. b) Pfandrechte
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Im Zusammenhang mit der Emission von High-Yield-Anleihen deutscher Emittenten werden oftmals die Anteile an Tochtergesellschaften des Emittenten (in der Regel nachrangig zu einer bestehenden Kreditfazilität) verpfändet. Diese sollen – wie andere Sicherheiten auch – regelmäßig gegenüber einem Treuhänder bestellt und von diesem verwaltet werden. Sind hiervon Anteile an einer deutschen Aktiengesellschaft, GmbH oder GmbH & Co. KG betroffen, die nach deutschem Recht verpfändet werden, versucht man auf dem Wege der Einführung einer – aus der Praxis der Akquisitionsfinanzierung bekannten103 – so genannten „Parallel Obligation“-Konstruktion die oben bereits angesprochene Problematik der Akzessorietät zu lösen. Dabei wird im Wege eines abstrakten Schuldanerkenntnisses eine Forderung zugunsten des Anleihetreuhänders begründet, die ihrem Umfang nach der Verpflichtung des Schuldners aus der Anleihe gegenüber den Anleihegläubigern entspricht (parallel obligation).
3. Negativerklärung 48
Durch die Negativerklärung (negative pledge) verpflichtet sich der Emittent und ggf. der Garant, während der Laufzeit der Anleihe keine anderen, der Anleihe gleich- oder nachrangigen Verbindlichkeiten zu besichern oder deren Besicherung zu dulden bzw. für diese nur ganz genau umschriebene Sicherheiten zu bestellen, ohne gleichzeitig die Anleihegläubiger in gleicher Weise und anteilig mit allen anderen besicher101 Vgl. Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 429; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 435. 102 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/194; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 435; Vogel in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 94, 104. Zu Stellung und Aufgaben des Anleihetreuhänders vgl. unten Rz. 90 ff. 103 Vgl. Schrell/Kirchner, ZBB 2002, 230.
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ten Verbindlichkeiten an solchen Sicherheiten zu beteiligen. Diese Beschränkung hinsichtlich der Bestellung von Sicherheiten (bei High-Yield-Anleihen: limitation on liens) ist heute eine Standardklausel und stellt neben der Garantie die wichtigste Form einer Anleihebesicherung dar104. Die Funktion der Negativerklärung besteht darin, das Vermögen des Emittenten während der Dauer der Anleihe lastenfrei zu erhalten105. In der Praxis variiert der Umfang der Verbindlichkeiten des Emittenten, welche nicht besichert werden dürfen, sehr stark. Oft sind umfangreiche Ausnahmetatbestände vorgesehen (bei High-Yield-Anleihen: permitted liens). Bei den Verhandlungen mit den Konsortialbanken wird der Emittent den Kreis der unter die Negativerklärung fallenden Verbindlichkeiten so eng wie möglich halten wollen, um eine gewisse unternehmenspolitische Entscheidungsfreiheit während der Laufzeit der Anleihe behalten zu können106. Die Negativerklärung kann sich auch auf bestimmte Tochtergesellschaften des Emittenten (bei High-Yield-Anleihen: restricted subsidiaries) beziehen107.
4. Rangklausel Bei Anleiheemissionen finden sich teilweise privatrechtliche Abmachungen über den Rang der Forderungen aus der Anleihe108. Durch Einräumung eines Vorrangs oder Gleichrangs kann den Anleihegläubigern eine bevorzugte Stellung für den Insolvenzfall des Emittenten gewährt bzw. verhindert werden, dass den Gläubigern anderer Forderungen eine vorrangige Befriedigung im Insolvenzfall gewährt wird. Damit sollen entweder die Marktfähigkeit oder bessere Konditionen der Anleihe erreicht werden109. Andererseits ist es aber auch denkbar, dass im Kontext einer umfassenden Unternehmensrefinanzierung den Gläubigern einer Kreditfazilität ein Vorrecht vor den Gläubigern einer vom Emittenten begebenen Anleihe eingeräumt werden soll110. Ihre Funktion kann eine Rangklausel aber nur in solchen Rechtsordnungen erfüllen, welche die Möglichkeit vorsehen, den Rang einer Forderung im Fall der Insolvenz des Schuldners von vornherein durch Vereinbarung festzulegen111. In Deutschland ist die Vereinbarung eines vertraglichen Nachrangs gem. § 39 Abs. 2 InsO ein gesetzlich vorgesehenes Instrument. Bei der Nachrangvereinbarung handelt es sich um eine Erklärung der zurücktretenden Gläubiger gegenüber dem Schuldner. Damit eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihnen zustande kommt, ist die Nachrangabrede im Falle einer (nachrangigen) Anleihe direkt in die Anleihebedingungen aufzunehmen112. Handelt es sich bei dem Emittenten um eine ausländische Gesellschaft, so ist das jeweilige ausländische Insolvenzrecht maßgebend für die Anerken104 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 477; Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 750; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 455. 105 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 457; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 479. 106 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 489. 107 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 458; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 496 ff.; Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 750. 108 Bezüglich des Rangs ist zu unterscheiden zwischen dem Rang der Anleihe selbst und dem Rang der Sicherheiten. Vgl. Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 471. 109 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 471. 110 Vgl. auch Schrell/Kirchner, BKR 2004, 212 im Kontext einer Akquisitionsfinanzierung. 111 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 515. 112 Schrell/Kirchner, BKR 2004, 212, 217.
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nung einer vertraglichen Rangklausel. Ein Verstoß gegen die Rangklausel stellt üblicherweise einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar113. 50
Heute findet man selten Auslandsanleihen mit einer Vorrangklausel. Es gehört zur üblichen Praxis, internationale Anleihen mit Gleichrangklauseln (pari passu-Klauseln) zu versehen114. Darunter wird die Zusicherung des Emittenten und ggf. des Garanten verstanden, dass die Anleiheforderungen jederzeit in gleichem Rang mit allen übrigen bestehenden und zukünftigen unbesicherten Forderungen anderer Gläubiger stehen115. Die Gleichrangklausel findet sich meist zusammen mit einer Negativerklärung.
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In der Praxis unterscheidet man vorrangige (preferred, senior) Anleihen, Anleihen im gleichen Rang entsprechend der Pari-Passu-Klausel und nachrangige (subordinated) Anleihen.
5. Drittverzugsklausel 52
Mittels einer bei fast allen internationalen Anleiheemissionen anzutreffenden Drittverzugsklausel (cross default clause) verpflichtet sich der Emittent, die Anleihe vorzeitig zurückzuzahlen, falls eine andere seiner Verbindlichkeiten aus Finanzierungsverträgen mit Dritten fällig gestellt worden oder nicht erfüllt bzw. in Verzug ist116. Nach der engen Variante (cross acceleration clause) wird die Wirksamkeit der Kündigung der Anleihe nur von dem Umstand abhängig gemacht, dass eine andere Verbindlichkeit des Emittenten bereits gekündigt ist. Nach der weiten Variante genügt als Voraussetzung für die Kündigung der Anleihe, dass sich der Emittent mit der Erfüllung einer anderen Verbindlichkeit in Verzug befindet. In diesem Fall ist es nicht erforderlich, dass die Gläubiger aus dem anderen Kreditverhältnis tatsächlich gekündigt haben; vielmehr genügt es bereits, dass diese Gläubiger es tun könnten117. Die Drittverzugsklausel dient vornehmlich der Sicherstellung der Gleichbehandlung bzw. der Verhinderung der Benachteiligung der Anleihegläubiger gegenüber anderen Gläubigern des Emittenten aufgrund mangelnder Fälligkeit ihrer Anleiheforderung. Ferner stellt sie einen Krisenindikator zur Früherkennung einer Verschlechterung in der wirtschaftlichen Situation des Emittenten bzw. des Garanten dar. Sie versetzt die Anleihegläubiger in die Lage, Verhandlungen mit dem Emittenten durchzuführen, um z.B. eine Nachbesicherung ihrer Ansprüche zu erreichen. Die Anleihegläubiger müssen somit nicht warten, bis der Emittent seine Schulden nicht mehr begleichen kann118.
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Die maßgeblichen Verpflichtungen, deren Nichterfüllung zu einer Aktivierung der Drittverzugsklausel führen kann, werden in den Anleihebedingungen bestimmt. 113 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 474; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 516 f. 114 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 473 f. 115 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 512. 116 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/185; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 533; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.23; Welter in Bankrechts-Handbuch, § 118, Rz. 136 (in Bezug auf das Kreditgeschäft). 117 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 533; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/185. 118 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 534 f.
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Während der Emittent eine eng gefasste Formulierung des Begriffs „Verbindlichkeit“ wünscht, bevorzugen die Anleihegläubiger möglichst weit gefasste Bestimmungen. Üblich sind Klauseln, die sich auf die Verletzung von Zahlungsverpflichtungen aus bestimmten Schuldarten beziehen, z.B. andere Anleihen und Darlehen. Meist findet sich eine Untergrenze hinsichtlich des Betrages der fälligen Zahlungsverpflichtung, da der Emittent sonst zu oft in Verzug geraten würde119. Neben der Verletzung von Zahlungsverpflichtungen aus anderen Verbindlichkeiten des Emittenten kann sich die Drittverzugsklausel auch auf die Erfüllung von Kündigungstatbeständen, etwa die Verletzung von Zusicherungen, erstrecken. In der Regel ist in der Drittverzugsklausel eine Schonfrist von 30 bis 60 Tagen vereinbart, in der von dem Recht zur vorzeitigen Fälligstellung der Anleihe kein Gebrauch gemacht werden darf. Die Drittverzugsklausel erstreckt sich in der Regel auch auf alle oder bestimmte Tochtergesellschaften des Emittenten sowie die Sicherungsgeber, bei denen es sich oft um die eigentlichen Kapitalnachfrager handelt120.
6. Finanzielle Zusicherungen Unter finanziellen Zusicherungen (financial covenants) können alle in den Anleihebedingungen enthaltenen Abreden verstanden werden, in denen sich der Emittent und ggf. der Garant zur Einhaltung einer bestimmten Kapitalstruktur bzw. bestimmter Finanzierungskennziffern (financial ratios, debt ratios) verpflichtet (limitation on indebtedness)121. Die finanziellen Zusicherungen bezwecken, den Anleihegläubigern das Schuldnervermögen in seiner Gesamtheit oder in einer bestimmten Struktur zu erhalten. Die von einer überhöhten Verschuldung (leverage) ausgehenden Risiken sowie eine Aushöhlung des Vermögens des Emittenten sollen vermieden werden122. Bei Emittenten, die derartige Zusicherungen abgeben, handelt es sich um Schuldner, die andernfalls wegen ihres niedrigen Kreditratings und/oder Bekanntheitsgrades an den internationalen Kapitalmärkten keine Fremdkapitalaufnahme in Form von Anleiheemissionen tätigen könnten, bzw. nur mit höheren Kosten123.
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Die Entscheidung, welche konkreten finanziellen Zusicherungen abzugeben sind, muss in jedem Einzelfall nach eingehender Analyse der wirtschaftlichen Situation des Emittenten und des Wirtschaftsbereichs, in dem er tätig ist, getroffen werden. Gebräuchlich sind u.a. Mindestanforderungen für das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital (debt to equity ratio), Nettovermögen (minimum net worth), Umlaufvermögen (current ratio) und den Schuldendienst (debt service ratio) des Emittenten sowie Begrenzungen seiner Ausschüttungspolitik124.
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Die heute insbesondere bei High-Yield-Anleihen gebräuchlichen finanziellen Zusicherungen basieren in der Regel maßgeblich auf dem Cash-flow des Emittenten (mit dem EBITDA125 als relevanter Bezugsgröße) und sollen das Anwachsen der Schulden-
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119 120 121 122
Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 536 f. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 537 f. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 517. Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 481; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 518. 123 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 517 f. 124 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 519 ff.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 481. 125 „Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization“.
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last des Emittenten verhindern, falls kein zur Begleichung aller Verbindlichkeiten ausreichender Cash-flow vorhanden ist. Zum Beispiel wird bei der so genannten Fixed Charge Coverage Ratio das EBITDA zu den Fixkosten (insbesondere den Zinsaufwendungen) des Emittenten in Relation gesetzt126. Wenn der Emittent eine bestimmte Verbindlichkeit eingehen möchte, die unter den Vorbehalt der Zusicherung fällt, muss die festgesetzte Kennziffer eingehalten werden. Oftmals bestehen jedoch Ausnahmen, die es dem Emittenten gestatten, bestimmte Verbindlichkeiten einzugehen, obwohl die Kennziffer nicht eingehalten wird. Zu diesen so genannten erlaubten Verbindlichkeiten (permitted indebtedness) können z.B. nachrangige Verbindlichkeiten, Verbindlichkeiten zum Zwecke der Refinanzierung, innerbetriebliche Verbindlichkeiten sowie Verbindlichkeiten im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs zählen. Insbesondere in Fällen der strukturellen Nachrangigkeit wird die Beschränkung der Verschuldung des Emittenten (Holdinggesellschaft) auch auf dessen Tochtergesellschaften ausgedehnt (restricted subsidiaries)127. Die Nichteinhaltung der finanziellen Zusicherungen stellt regelmäßig einen außerordentlichen Kündigungsgrund seitens der Anleihegläubiger dar. 57
Bei High-Yield-Anleihen wird die Einhaltung der finanziellen (und sonstigen) Zusicherungen zumeist nicht fortlaufend überwacht. Die Einhaltung der Zusicherungen und der vorgeschriebenen Finanzierungskennziffern findet nur dann statt, wenn der Emittent eine bestimmte Maßnahme vornehmen möchte, die unter den Vorbehalt der Zusicherungen fällt. Nur wenn der Emittent in diesem Zeitpunkt die Vorgaben der Zusicherungen erfüllt, ist er berechtigt, die betreffende Handlung vorzunehmen. Man spricht daher in diesem Zusammenhang von Incurrence Tests, während bei syndizierten Kreditverträgen, bei denen der Kreditnehmer die Aufrechterhaltung der Zusicherungen während der gesamten Laufzeit sicherstellen muss, von Maintenance Tests die Rede ist128. High-Yield-Anleihen sehen üblicherweise vor, dass der Emittent eine jährliche Bestätigung darüber abzugeben hat, dass die Zusicherungen von ihm eingehalten wurden. Darüber hinaus ist der Emittent üblicherweise verpflichtet, eine Verletzung von Zusicherungen umgehend dem Anleihetreuhänder zu melden. Für den Fall, dass das Rating der langfristigen Verbindlichkeiten eines Emittenten während der Laufzeit einer High-Yield-Anleihe die Schwelle zum Investment Grade überschreitet, können die Anleihebedingungen vorsehen, dass die für High-Yield-Anleihen typischen Zusicherungen solange nicht mehr anwendbar sein sollen, wie dieses bessere Rating aufrechterhalten wird (fall away covenants). Die für Investment GradeAnleihen typischen Zusicherungen bleiben jedoch weiter in Kraft und die High Yieldspezifischen Zusicherungen leben bei Herabstufung des Ratings wieder auf.
7. Fusionen und Übernahmen 58
Auch hinsichtlich Fusionen oder Übernahmen (mergers and consolidations) unterwirft sich der Emittent verschiedentlich einschränkenden Verpflichtungen. Grund126 Zum Beispiel im Falle der 270 000 000 Euro 8 1/ 2 % Senior Notes 2004–2012 der SGL Carbon Luxembourg S.A., der 200 000 000 Euro 9 1/ 2 % Senior Subordinated Notes 2004–2014 der Schefenacker AG, der 175 000 000 Euro 9 3/4 % Senior Subordinated Notes 2005–2011 der Gildemeister Aktiengesellschaft und der 150 000 000 Euro Floating Rate Senior Notes 2005–2014 der A.T.U Auto-Teile-Unger Investment GmbH & Co. KG. 127 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 749. 128 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 759.
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sätzlich geht man davon aus, dass die Qualität des Haftungsträgers nicht verschlechtert werden soll. Dabei wird eine Verschmelzung oder Übernahme nicht generell untersagt, was auch seitens des Emittenten selbst nicht möglich wäre, weil es die Sphäre der Eigentümer betrifft. Aber die Aufrechterhaltung der Haftungsgrundlagen soll sichergestellt werden, und wenn das nicht geschieht, soll ein wichtiger Kündigungsgrund eingreifen können129.
8. Weitere Zusicherungen bei High-Yield-Anleihen a) Beschränkungen der Mittelverwendung Die insbesondere bei High-Yield-Anleihen vorkommenden Zusicherungen, die die Verwendung der Mittel des Emittenten und seiner Tochtergesellschaften beschränken (limitation on restricted payments), sollen verhindern, dass diese Zahlungen vornehmen, die ihre Liquidität schwächen. Hierunter fallen insbesondere Dividendenausschüttungen (ausgenommen sind Ausschüttungen an den Emittenten) sowie Rückkäufe von Aktien oder Geschäftsanteilen und Investitionen. Die Anleihebedingungen sehen jedoch oft Ausnahmen vor130.
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b) Gesellschafterwechsel Als Sicherungsinstrument kann auch eine in den Anleihebedingungen enthaltene Klausel aufgefasst werden, wonach der Emittent im Falle eines Beherrschungswechsels (change of control) zum Rückkauf der Anleihe, meist zu einem Kurs von 101 % des Nennwertes, verpflichtet ist. Die Anleihegläubiger sollen durch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse beim Emittenten keine Nachteile erleiden131. Ein Gesellschafterwechsel spielt dann eine wichtige Rolle bei der Risikobeurteilung, wenn der maßgeblich beteiligte Gesellschafter kraft seines Einflusses auf den Emittenten als positives Element berücksichtigt werden kann. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Emittent Tochtergesellschaft eines renommierten Konzernunternehmens ist, das seinerseits keine Garantie übernommen oder Patronatserklärung abgegeben hat132.
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c) Verkauf von Anlagegütern Zur Sicherung stetiger Einkünfte des Emittenten aus seinen Anlagegütern werden dem Emittenten in den Anleihebedingungen von High-Yield-Anleihen in der Regel Limitierungen betreffend den Verkauf dieser Güter (limitation on sales of assets) auferlegt, wobei Zielrichtung der Regelung nicht ein absolutes Verkaufsverbot, sondern vielmehr die Regelung der akzeptablen Gegenleistung für den Verkauf, insbesondere in Form von liquiden Barmitteln, sowie der Verwendung des Verkaufserlöses, insbesondere zur Schuldentilgung, ist133. Vor gleichem Hintergrund werden 129 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 488 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 542. Zur gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Klausel vgl. Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 753 f. 130 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 750. 131 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 748; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 526. 132 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 489. 133 Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 750 und 754 f.
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üblicherweise auch Verkaufslimitierungen für einen Garanten bzw. die Tochtergesellschaften des Emittenten vereinbart. d) Informationspflicht 62
Um die Verfügbarkeit aktueller Informationen über die finanzielle Lage des Emittenten einer High-Yield-Anleihe sicherzustellen, muss sich dieser regelmäßig einer Berichtspflicht unterwerfen, die sich inhaltlich an den periodischen und außerperiodischen Berichtspflichten börsennotierter Gesellschaften orientiert134. Dies gilt unabhängig davon, ob diese gesetzlichen Vorschriften auf die konkrete Anleihe anwendbar sind. Obwohl es sich um eine eher technische Vereinbarung zu handeln scheint, legen die Anleihegläubiger regelmäßig großen Wert auf solch eine Regelung. e) Weitere Zusicherungen
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Ferner enthalten High-Yield-Anleihen häufig weitere Zusicherungen, zu denen insbesondere Beschränkungen hinsichtlich der Abgabe von Garantien durch Tochtergesellschaften (limitation on issuance of guarantees) und des Abschlusses von Geschäften mit Aktionären und verbundenen Unternehmen des Emittenten (limitation on affiliate transactions) sowie die Verpflichtung gehören, keine die Ausschüttung von Dividenden und Vornahme anderer Zahlungen durch Tochtergesellschaften an den Emittenten einschränkenden Vereinbarungen abzuschließen (limitation on dividend and other payment restrictions affecting subsidiaries).
V. Vertragsbeziehungen 64
Die Rechtsbeziehungen der bei einer Anleiheemission beteiligten Personen sind nur in geringem Umfang gesetzlich geregelt und damit weitgehend der Vertragspraxis überlassen. Im Folgenden werden die wesentlichen Rechts- und Vertragsbeziehungen im Rahmen einer Anleiheemission diskutiert.
1. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Konsortialbanken 65
Die Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Konsortialbanken bei einer Anleiheemission werden durch den Vertrag zur Übernahme der Wertpapiere, den Übernahmevertrag (underwriting agreement, purchase agreement) geregelt, einem kaufähnlichen Vertrag mit geschäftsbesorgungsvertraglichem Charakter135. Für eine umfassende Darstellung des Übernahmevertrages und der damit verbundenen Rechtsverhältnisse wird auf § 25 verwiesen.
134 Für den US-amerikanischen Markt, vgl. Sections 13 und 15 des Securities Exchange Act of 1934. 135 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.189; Bartz in Derleder/Knops/Bamberger, Bankrecht, § 50 Rz. 27 m.w.N.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/68 ff.
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2. Vertragsbeziehungen zwischen den Konsortialbanken Die Emission von Anleihen wird in der Regel von einem Bankenkonsortium in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts durchgeführt. Zumeist ist die Qualifizierung des Konsortiums als Gesellschaft bürgerlichen Rechts jedoch ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen136. Zugrunde liegendes Rechtsverhältnis zwischen den Konsortiumsmitgliedern ist der Konsortialvertrag, der umfassend in § 26 dargestellt wird.
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3. Vertrags- und sonstige Rechtsbeziehungen zwischen dem Konsortium und den Anlegern Die Rechtsbeziehungen zwischen Konsortium und den Anlegern können sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Natur sein. Der Vertrag über den Erwerb von Schuldverschreibungen zwischen einer Konsortialbank und dem Anleger ist nach allgemeiner Ansicht ein Kaufvertrag in Form eines Rechtskaufs nach § 453 BGB137. Dieser Vertrag wird nicht mit dem Konsortium, sondern allein mit der vertragsschließenden Konsortialbank geschlossen. Dies gilt für die Platzierung der Anleihe im Wege der Subskription, im freihändigen Verkauf als auch im so genannten Tenderverfahren138.
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Neben dem kaufvertraglichen Verhältnis kann, wenn eine Konsortialbank (zumeist der Konsortialführer) z.B. als Sicherheitentreuhänder bestellt ist, ein Treuhandverhältnis zwischen Anleger und Bank bestehen. Der zwischen konsortialführender Bank und Emittent abgeschlossene Treuhandvertrag ist Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB, auf den sich die Anleger als begünstigte Partei in gewissen Umfang berufen können139. Allerdings kann aus diesem Verhältnis kein genereller Drittschutz für die Anleihegläubiger abgeleitet werden. Gesetzliche Rechtsbeziehungen zwischen Konsortialbank und Anleger können aufgrund der Prospektverantwortlichkeit der Bank entstehen140.
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4. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und den Anlegern Zwischen dem Emittenten und den Anlegern bestehen, abgesehen von dem Fall einer Selbstemission141, im Rahmen einer Anleiheemission grundsätzlich keine direkten vertraglichen Beziehungen. Das Rechtsverhältnis zwischen diesen Parteien wird bei deutschem Recht unterliegenden Anleihen vielmehr nahezu ausschließlich über die Regelungen der §§ 793 ff. BGB betreffend Inhaberschuldverschreibungen, 136 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/32 ff.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 156 ff. 137 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.318; Bartz in Derleder/Knops/Bamberger, Bankrecht, § 50, Rz. 44; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 189; Bosch/ Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/30. 138 Zu diesen Platzierungsarten im Einzelnen, s. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 187 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.33 ff. 139 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.319; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 193 f.; Bosch in Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, Rz. 10/30. 140 Für eine ausführliche Diskussion der Prospekthaftung wird auf § 33 verwiesen. 141 Im praktisch seltenen Fall einer Selbstemission wird der Begebungsvertrag und damit die erstmalige Ausgabe der Schuldverschreibungen direkt zwischen Emittent und Anleger vereinbart.
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sowie die Anleihebedingungen auf der Rückseite der Schuldverschreibung ausgestaltet142. Die geschuldeten Leistungen und Einwendungen der Parteien müssen sich nach §§ 793, 796 BGB aus der Urkunde ergeben. Dies gilt auch im Falle der Ausstellung einer so genannten Globalurkunde, die die Ansprüche der Anleger einer Emission in einem Schriftstück zusammenfasst. Neben dem Text der Schuldverschreibung können jedoch auch diejenigen Dokumente maßgebend sein, auf die die Schuldverschreibung ausdrücklich verweist, sofern diese den Anleihegläubigern zugänglich sind143. 70
In den zwischen Emittent und Konsortium vereinbarten Anleihebedingungen kommen die individuellen Merkmale der Anleihe zum Ausdruck. Sie umfassen u.a. den Emissionsbetrag, den Emissionspreis, die Stückelung, die Art der Verzinsung, die Laufzeit, die Kündigungsmöglichkeiten, Verzugsbestimmungen (events of default), die Termine für die Fälligkeit der Zinsen und die Rückzahlung des Kapitals, die Besicherung der Ansprüche der Anleger und Rechtswahlklauseln144.
71
Weitere Rechte der Anleger können sich im Einzelfall aus dem Übernahmevertrag zwischen Emittent und Konsortialbanken ableiten, soweit dieser als Vertrag zugunsten Dritter oder als Vertrag mit Schutzwirkung für die Anleger ausgelegt werden kann, z.B. über die Wirkung einer Treuhandabrede zwischen dem Emittenten und dem Konsortialführer145.
5. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und der Zahlstelle 72
Wesentliches Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und der Zahlstelle ist die Zahlstellenvereinbarung (paying agency agreement, fiscal agency agreement)146. In diesem Vertrag bestellt der Emittent die Zahlstelle, die auf Grundlage des Vertrags gegen Aufwendungsersatz mit Geschäftsbesorgungen im Sinne des § 675 BGB, insbesondere der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen dem Emittenten und den Anleihegläubigern, beauftragt wird (z.B. Einlösung von Zinskupons und Erneuerungsscheinen sowie Tilgung gekündigter oder sonstiger fälliger Ansprüche). Aus diesem Rechtsverhältnis erwachsen regelmäßig keine Vertragsbeziehungen zwischen der Zahlstelle und den Anleihegläubigern147. Die Rolle der Hauptzahlstelle übernimmt regelmäßig der Konsortialführer oder eine seiner Tochtergesellschaften148. 142 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 195; Grundmann in BankrechtsHandbuch, § 112 Rz. 113; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.195 ff. 143 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 197 ff.; Grundmann in BankrechtsHandbuch, § 112 Rz. 114; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.198 f. unter Hinweis auf den Diskussionsentwurf zur Änderung des Schuldverschreibungsrechts; zweifelnd Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 44 f.; Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 244; Bosch/ Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/167. 144 Zur Ausgestaltung einzelner dieser Bedingungen, s. oben Rz. 16 ff., 26 ff. und 35 ff. 145 Für eine ausführlichere Darstellung der Drittwirkung des Übernahmevertrages, vgl. § 25 und Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.223. 146 Vor allem bei Beteiligung eines Treuhänders kann die Bestellung der Zahlstelle auch durch Emittent und Treuhänder zusammen erfolgen. Vgl. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 124. 147 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 787 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 145 f. 148 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 782; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 123.
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6. Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und dem Treuhänder Die Vertragsbeziehungen zwischen dem Emittenten und dem Anleihetreuhänder werden unter Rz. 91 ff. näher erläutert.
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7. Vertragsbeziehungen im Fall einer kombinierten Bank-/Bondfinanzierung Bei einer kombinierten Bank-/Bondfinanzierung erfolgt die Finanzierung des Unternehmens mit Mitteln aus einem Konsortialdarlehen und den Erlösen aus der Emission einer meist nachrangigen Anleihe. Das Rangverhältnis zwischen Darlehensgläubigern und Anleihegläubigern kann vertraglich durch eine Gläubigervereinbarung (intercreditor agreement) festgelegt werden. Ist der Emittent der Anleihe gleichzeitig Darlehensnehmer, kann ein etwaiger Nachrang nur vertraglich vereinbart werden.
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VI. Änderung der Anleihebedingungen Die zwischen Emittent und Bankenkonsortium vereinbarten Anleihebedingungen können nach Begebung der Anleihe geändert werden. Vor allem die folgenden Konstellationen sind von praktischer Bedeutung. Dabei sind aufgrund der Wirkung der Bedingungen auch gegenüber dem Anleger dessen Rechte in bestimmten Fallgestaltungen zu beachten. Zudem sind zustimmungsbedürftige Änderungen der Anleihebedingungen von nicht zustimmungsbedürftigen Änderungen zu unterscheiden149.
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1. Schuldnerwechsel Die Anleihebedingungen internationaler Anleiheemissionen sehen oftmals die Möglichkeit eines Schuldnerwechsels vor, wobei der bisherige Schuldner eine Garantie zugunsten der Anleihegläubiger stellt. Der Grund für einen Wechsel des Emittenten kann z.B. die Einführung einer Quellensteuer im Sitzstaat des Emittenten oder eine Fusion bzw. Übernahme sein, bei der der Emittent zu einer Tochtergesellschaft des Dritten wird150. Bei einem Schuldnerwechsel ist die Konstellation des Schuldnerwechsels mit Gläubigerversammlung von einem Schuldnerwechsel ohne solche Versammlung zu unterscheiden. Ein Schuldnerwechsel ist zivilrechtlich eine Vertragsänderung i.S.d. § 311 Abs. 1 BGB, der Schuldübernahmevertrag zwischen Alt- und Neuschuldner bedarf nach § 415 BGB der Genehmigung der Anleihegläubiger151. Die Genehmigung kann für bestimmte Fälle bereits in den Anleihebedingungen vorab erteilt werden, was insbesondere für Schuldnerwechsel innerhalb der Unternehmensgruppe des Schuldners sinnvoll ist. Auch ein Verzicht auf das Genehmigungserfordernis kann für bestimmte Fälle in den Anleihebedingungen festgelegt werden. Sollte eine Genehmigung nicht vorab erteilt oder sollte darauf nicht verzich149 Zu der Frage der Änderungen von Anleihebedingungen und der damit verbundenen Frage der Wahrung der Gläubigerrechte, vgl. auch Rz. 81 ff. 150 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 657; Maier-Reimer in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 129, 145 f. 151 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 638; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 659.
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tet worden sein, so erteilt im Falle des Schuldnerwechsels ohne Gläubigerversammlung in der Regel der Treuhänder die entsprechende Zustimmung152. Im Fall des Schuldnerwechsels mit Gläubigerversammlung kann u.U. das SchVG zur Anwendung kommen, wenn es sich um eine rein inländische Anleihe handelt153. Sollte es sich um eine internationale Anleihe handeln, können in diesem Zusammenhang erhebliche logistische und organisatorische Probleme auftauchen, insbesondere wenn die Zahl der Anleihegläubiger groß ist.
2. Ersetzung des Treuhänders 77
Die Rechtsstellung des Treuhänders ist grundsätzlich nicht frei übertragbar. Dies folgt daraus, dass bei dem Treuhandverhältnis das besondere Vertrauen des Treugebers in die ihm bekannte Person des Treuhänders von Bedeutung ist. Ausnahmen von dem Verbot der Übertragung können sich aber aus dem Treuhandvertrag ergeben154. So ist in den Bestimmungen von deutschem Recht unterliegenden Treuhandverträgen internationaler Anleiheemissionen oftmals vorgesehen, dass der Treuhänder ohne die Zustimmung des Emittenten oder der Anleihegläubiger berechtigt ist, eine andere Person durch Vollmachtserteilung oder auf andere Weise mit der Wahrnehmung der aus dem Treuhandvertrag stammenden Verpflichtungen des Treuhänders zu beauftragen oder sein Amt niederzulegen155.
3. Änderung der Zahlstellen 78
Die Änderung der vom Emittenten bestellten Zahlstellen kann ohne Zustimmung der Anleihegläubiger durch die Vertragspartner der Zahlstellenvereinbarung erfolgen156.
4. Änderung von Sicherheiten 79
Die Änderung von Sicherheiten für eine begebene Anleihe führt stets zu einer Änderung der Anleihebedingungen (§ 311 Abs. 1 BGB). Aus diesem Grund sind in diesem Zusammenhang die Interessen der Anleihegläubiger zu beachten, worauf auch der Anleihetreuhänder zu achten hat157. Regelmäßig wird im Fall besicherter Anleihen ein solcher Treuhänder bestellt (zur Rolle des Treuhänders s. auch Rz. 91 ff.).
5. Änderung durch Gesetz 80
Die Gesetzgeber des Heimatlandes des Emittenten und auch der Anleihegläubiger können in verschiedener Weise auf die Rechtsverhältnisse der an der Anleihe betei152 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 584 und 638; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 659. 153 Zur Anwendbarkeit des SchVG und zur Möglichkeit der Verweisung in den Anleihebedingungen auf selbiges, vgl. Rz. 81 ff. 154 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 676; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 555; Sprau in Palandt, BGB, § 664 Rz. 3. 155 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 650; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 677 und 681 f. 156 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 655. 157 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 658
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ligten Personen einwirken. Zu denken ist hier nur an eine Änderung der Steuergesetzgebung (z.B. im Zusammenhang mit der Erhebung von Quellensteuer oder etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen) und Fragen der Währungs- und Devisenpolitik (z.B. Währungsumstellung auf den Euro in der EU). Einige dieser Fragen werden regelmäßig in den Anleihebedingungen adressiert, wie z.B. im Fall der Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts des Emittenten im Falle einer Änderung der Besteuerungsregeln zu Lasten des Emittenten158.
VII. Wahrnehmung der Rechte der Anleihegläubiger 1. Kollektive Interessenwahrnehmung durch die Gläubigerversammlung In erster Linie erfolgt die kollektive Interessenwahrnehmung der Anleihegläubiger durch die Schaffung einer mit besonderen Befugnissen ausgestatteten Gläubigerversammlung, die es den Anleihegläubigern ermöglicht, gemeinsame Beschlüsse bezüglich ihres Verhältnisses zum Emittenten zu fassen. Dies ist vor allem in den Fällen erforderlich, in denen die Anleihebedingungen geändert werden müssen159.
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a) Gesetzliche Regelung In Deutschland findet sich eine gesetzliche Regelung von Gläubigerversammlungen im Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4.12.1899 (SchVG). Zweck des Gesetzes ist es, die grundsätzlich isoliert zu betrachtenden Rechte der Anleger entsprechend ihren parallel gerichteten Interessen zu bündeln und als Interessengemeinschaft zu organisieren160. Es erlaubt, abweichend von der allgemeinen Rechtslage, in einer Versammlung Mehrheitsbeschlüsse zur Änderung zu fassen, die für alle Anleihegläubiger verbindlich sind. Ferner gestattet es die Bestellung eines Gläubigervertreters und seine Beauftragung mit der Wahrnehmung gemeinsamer Rechte der Anleihegläubiger. Diese Regelungen können bei der Restrukturierung von Anleihen für Emittenten und Gläubiger und für die Durchsetzbarkeit eines Sanierungskonzepts letztlich entscheidend sein161.
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Der Umstand, dass das SchVG bislang dennoch keine große praktische Bedeutung erlangt hat162, ist zum einen auf den begrenzten sachlichen Geltungsbereich des SchVG zurückzuführen. Es gilt nur für Schuldverschreibungen, die von einem Emittenten mit Sitz oder Niederlassung in Deutschland ausgegeben werden. Damit ist eine unmittelbare Anwendung des SchVG auf DM-/Euro-Auslandsanleihen ausländischer Finanzierungstochtergesellschaften deutscher Unternehmen ausgeschlossen. Eine analoge Anwendung des SchVG auf diese Anleihen ist nach h.M. selbst
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158 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 662 ff. 159 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 546; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 676. 160 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 676; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.225. 161 Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Winkeljohann/Wohlschlegel/Dorenkamp, WPg 2005, 562, 568. 162 Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Schneider in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 69, 79; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/233; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz. 9.224. Vgl. zu den Reformbestrebungen auch oben Rz. 32 ff.
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dann ausgeschlossen, wenn sie deutschem Recht unterstellt sind, weil die Beschränkung durch den Gesetzgeber bewusst erfolgte163. Zum anderen resultiert die mangelnde praktische Bedeutung des SchVG auch daher, dass das zur Restrukturierung von Anleihen bereitgestellte Instrumentarium nicht weitreichend genug ist. Eine Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung ist z.B. erst in einer insolvenznahen Situation möglich. Ferner kann die Gläubigerversammlung mit Wirkung für alle Anleihegläubiger zwar über die Änderung der Zinsmodalitäten und der -fälligkeit befinden, die Hauptforderung darf sie dagegen nicht verändern164. 84
Nach Auskunft des Bundesministeriums der Justiz ist gegenwärtig eine Reform des Schuldverschreibungsgesetzes in Bearbeitung. b) Vertragliche Regelung in den Anleihebedingungen
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In der Praxis der deutschem Recht unterstehenden DM-/Euro-Auslandsanleihen ist es nicht allgemein üblich, in den Anleihebedingungen Bestimmungen über die Organisation und Kompetenz einer Gläubigerversammlung vorzusehen165. Das ist zum einen auf die rechtliche Unsicherheit zurückzuführen, ob für ausländische Emittenten vertraglich eine vergleichbare Gläubigerorganisation geschaffen werden kann (dazu sogleich). Zum anderen scheint die übliche Gestaltung des Kündigungsrechts der Anleihegläubiger einen wichtigen Einfluss auf die Praxis des Verzichts auf eine vertragliche Vereinbarung von Bestimmungen über eine Gläubigerversammlung zu haben. Bei den deutschem Recht unterliegenden Anleihen wird das Recht zur vorzeitigen Fälligstellung bei Eintritt eines Verzugstatbestands den einzelnen Anleihegläubigern eingeräumt166.
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Bei der vertraglichen Vereinbarung von Bestimmungen über eine Gläubigerversammlung können die Parteien zwischen zwei verschiedenen Wegen wählen. Einerseits können sie in den Anleihebedingungen eine vollständige eigene Regelung der Gläubigerversammlung treffen. Dies hat den Vorteil, dass eine auf die konkrete Anleihe maßgeschneiderte Ordnung getroffen wird, die dem Einzelfall Rechnung trägt. Andererseits können die Anleihebedingungen vorsehen, dass die deutschen gesetzlichen Vorschriften (SchVG) ganz oder teilweise übernommen werden167.
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Die Zulässigkeit der vertraglichen Schaffung einer vergleichbaren Gläubigerorganisation für ausländische Emittenten – mit oder ohne Bezugnahme auf das SchVG – ist umstritten. Dagegen wird vorgebracht, dass die Mehrheitsentscheidungen zur Einschränkung von Gläubigerrechten als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter im Hinblick auf die nicht zustimmende Minderheit gesehen werden könnten. Ferner könnten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit den Maßstäben des AGB-Rechts be163 Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 551 ff.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 679; Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 67 ff.; Than in FS Coing, S. 521, 528 ff.; mit anderer Begründung, aber i.E. ebenso Vogel, Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S. 279 ff. 164 Zur Kritik vgl. Vogel, Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S. 142 ff.; Schneider in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 69 76 f. 165 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 684; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 555. 166 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 555 f. 167 Than in FS Coing, S. 521, 532 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 556.
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stehen, da die Regelung als überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB oder als unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB gewertet werden könnte168. Nach anderer Ansicht bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen die freiwillige Übernahme der Vorschriften des SchVG durch eine entsprechende Regelung in Anleihebedingungen169. Aus Sicht der Praxis steht die Einbeziehung des SchVG in die Anleihebedingungen von ausländischen Emissionen unter so erheblichen Vorbehalten und Risiken einer Unwirksamkeit von Regelungen, dass dies den Bedürfnissen der Beteiligten nicht entsprechen würde170. Sieht man die freiwillige Unterwerfung unter die gesetzlichen Bestimmungen des SchVG über die Gläubigerversammlung hingegen als zulässig an, stellt sich die Frage, inwieweit eine unmittelbare Niederlegung solcher Regeln in den Anleihebedingungen erforderlich ist, oder ob eine Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen des SchVG genügt. Eine in den Anleihebedingungen erfolgte Bezugnahme auf andere, den Anleihegläubigern zugängliche Dokumente ist als zulässig zu betrachten (s. dazu bereits Rz. 69). Allerdings sollten einige Angaben über die wichtigsten Punkte in die Anleihebedingungen selbst und vollständig aufgenommen werden. Vor allem sollte ausdrücklich auf das Recht einer Gläubigerversammlung hingewiesen werden, mit Mehrheitsentscheidungen für alle Anleihegläubiger bindende Änderungen der Anleihebedingungen zu bewilligen und darunter insbesondere auch solche, die einen Eingriff in die Rechte der Anleihegläubiger mit sich bringen171.
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Haben die Parteien in den Anleihebedingungen auf eine selbstständige Regelung der Gläubigerversammlung verzichtet sowie in diesen auch keine Verweisung auf die entsprechende Vorschrift des SchVG gemacht, bedürfen Änderungen des Leistungsversprechens stets der Zustimmung sämtlicher Anleihegläubiger. Die Zustimmung hat bei einem nachträglichen Zusammenschluss der Anleihegläubiger zu erfolgen, der in der Praxis aber auf große Schwierigkeiten hinsichtlich der Einberufung der Versammlung und der Fassung von Beschlüssen stoßen wird. Hier hat die Mehrheit der Anleihegläubiger keine Möglichkeit, gegen den Willen der Minderheit für diese nachteilige Beschlüsse zu fassen172.
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2. Interessenwahrnehmung durch den Anleihetreuhänder Da den einzelnen Anleihegläubigern die Möglichkeit und Gelegenheit fehlt, die Erfüllung der Verpflichtungen des Emittenten zu kontrollieren und die Erhaltung der gewährten Sicherheiten während der Laufzeit zu überwachen, wird in der Praxis der Anleiheemissionen ein neutraler Dritter bestellt, der für eine zusammengefasste Verwaltung und Ausübung der Rechte der zahlreichen Anleihegläubiger Sorge trägt.
168 Gruson/Harrer, ZBB 1996, 37, 45; vgl. die Wiedergabe des Meinungsstandes bei Bosch in Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, Rz. 10/234; Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792. 169 Hopt in FS Steindorff, S. 341, 352; Than in FS Coing, S. 521, 537; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 684; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 555; Horn, Europäisches Finanzmarktrecht, S. 76. 170 Klerx/Penzlin, BB 2004, 791, 792; Schneider in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 69, 87. 171 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 558 f. 172 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 559; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 676 f.; Vogel, Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S. 231.
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Anleihen
Bei diesem Dritten handelt es sich um den Anleihetreuhänder173. Anleihetreuhänder werden in der heutigen Praxis insbesondere bei internationalen Anleihen, die USamerikanischem oder englischem Recht unterstellt sind, oder bei denen US-amerikanische oder englische Banken die Konsortialführung übernehmen, bestellt. Bei internationalen Anleihen, die deutschem Recht unterstehen, ist die Bestellung eines Treuhänders seltener anzutreffen174. In den USA ist die Bestellung eines Treuhänders für die Emission von öffentlich angebotenen Anleihepapieren im Trust Indenture Act of 1939 grundsätzlich gesetzlich vorgeschrieben. a) Treuhandvertrag 91
Zwischen dem Emittenten, ggf. dem Garanten und dem Treuhänder wird bei einer deutschem Recht unterliegenden Anleihe insbesondere im Zusammenhang mit besicherten Anleihen ein Treuhandvertrag geschlossen, dessen Inhalt, vor allem der Name und die wesentlichen Rechte und Pflichten des Treuhänders, in der Regel in die Anleihebedingungen aufgenommen wird. Der Treuhandvertrag ist regelmäßig als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB zu charakterisieren, der über § 328 BGB auch zugunsten der Anleihegläubiger wirkt. Letztere können damit unmittelbare Rechte gegenüber dem Treuhänder auf Erfüllung dessen fiduziarischer Pflichten ableiten175.
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Zum typischen Inhalt eines deutschem Recht unterliegenden Treuhandvertrags gehören neben der Bestellung des Treuhänders u.a. Regelungen zu dessen Rechten und Pflichten, Auswechslung des Treuhänders, Informationspflichten sowie Vergütung und Kostenersatz176. Treuhänder bei diesen Verträgen ist regelmäßig die konsortialführende Bank177. Bei US-amerikanischem Recht unterliegenden Verträgen im Zusammenhang mit öffentlich angebotenen Anleihen ist Treuhänder hingegen zwingend eine nicht am Konsortium beteiligte Bank, die Kompetenzen des Treuhänders sind wesentlich weiter und bestehen insbesondere auch in der Verwaltung der Hauptforderung der Anleihegläubiger178. 173 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 516; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 581. 174 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 516 f.; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 583; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/201. 175 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 608, 611 und 614 ff.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 526; Bosch/Groß, Das Emissionsgeschäft, Rz. 10/199; Stucke, DM-Auslandsanleihen, S. 36 f. 176 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 528. 177 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 526; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 608; Vogel in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 94, 121, der de lege ferenda eine Regelung zum Ausschluss von Interessenkonflikten befürwortet. 178 Der für öffentliche Anleiheemissionen in der Regel obligatorische Treuhandvertrag (trust indenture) muss bei der Securities and Exchange Commission, der US-Wertpapieraufsichtsbehörde, eingereicht werden und den Anforderungen des Trust Indenture Act of 1939 entsprechen. Ausnahmen von diesen Erfordernissen bestehen nur im Falle der Anwendbarkeit von bestimmten Ausnahmen von der Registrierung von Wertpapieren nach den Vorschriften des Securities Act of 1933. Interessenkonflikte des Treuhänders mit den Interessen der Emissionsbanken oder der Anleihegläubiger dürfen nicht vorliegen. Aus diesem Grund ist in den USA auch nicht eine der Konsortialbanken bzw. die konsortialführende Bank Treuhänder.
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b) Aufgaben des Anleihetreuhänders Der Treuhänder deutscher Prägung ist regelmäßig ein Sicherheitentreuhänder, der die ihm zugunsten der Anleihegläubiger bestellten oder, im Falle von Negativklauseln, zu bestellenden Sicherheiten zu verwalten und ggf. durchzusetzen hat179. Üblicherweise ist er zu einem Tätigwerden nur verpflichtet, wenn er dazu von einer bestimmten Zahl von Anleihegläubigern oder von Gläubigern, die einen bestimmten Prozentsatz des ausstehenden Kapitalbetrags ausmachen, aufgefordert wird180. Die Hauptforderung sowie das Kündigungsrecht verbleiben jedoch bei den Anleiheinhabern181. Mit der Rechtsfigur des Trustee nach angloamerikanischem Recht ist der deutsche Treuhänder nicht vergleichbar.
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c) Haftung des Anleihetreuhänders Bei der Ausführung seiner Aufgaben aus der Treuhand kann sich der Anleihetreuhänder gegenüber dem Emittenten oder den Anleihegläubigern haftbar machen. Hinsichtlich einer möglichen Haftung des Anleihetreuhänders gegenüber dem Emittenten kommen in erster Linie solche Fälle in Betracht, in denen der Treuhänder – sofern ihm die Übertragung der Ausführung der Treuhand erlaubt ist – bei der Auswahl des Dritten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat und dem Emittenten dabei ein Schaden entstanden ist182.
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Eine mögliche Haftung des Anleihetreuhänders gegenüber den Anleihegläubigern wird praktisch nur dann von Bedeutung sein, wenn die Anleihe notleidend geworden ist. Insbesondere kann sich eine Pflicht zur Leistung von Schadensersatz in den Fällen ergeben, in denen der Treuhänder seine Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften nicht erfüllt hat. Die geschuldete Auskunft ist aber grundsätzlich nur auf Verlangen der Anleihegläubiger zu erteilen. Nur unter besonderen Umständen, wenn Schweigen für die Ansprüche der Anleihegläubiger gegen den Emittenten offensichtlich unredlich wäre, wie es etwa der Fall bei einer drohenden oder bereits erfolgten Vertragsverletzung durch den Emittenten ist, muss er die Auskunft auch ungefragt geben183.
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Eine mögliche Haftung des Anleihetreuhänders wird in der Praxis aber in den Treuhandverträgen sowie in den meisten Anleihebedingungen eingeschränkt. Der Emittent und ggf. der Garant sind üblicherweise verpflichtet, den Treuhänder von allen Verbindlichkeiten, Ansprüchen, Forderungen oder Klagen Dritter freizustellen, welche dem Treuhänder bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag erwachsen sind. Die Wirksamkeit dieser Klausel wird von dem Umstand abhängig gemacht, dass der Treuhänder bei der Ausführung der Treuhand mindestens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt hat. Dabei sind die gesetzli-
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179 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 655; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 591. 180 Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 597; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 656. 181 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 651 ff.; Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 748. 182 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 666 f.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 567. 183 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 667 f.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 566 f. und 574 f.
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chen Grenzen der Freistellung zu beachten. Im deutschen Recht kann der Treuhänder nicht von der Haftung für Vorsatz vertraglich entbunden werden (§ 276 Abs. 3 BGB). Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit kann nur unter Berücksichtigung der AGB-rechtlichen Bestimmungen ausgeschlossen werden184. d) Änderung des Treuhandvertrags 97
In deutschem Recht unterstehenden Treuhandverträgen finden sich erst in jüngerer Zeit ausdrückliche Bestimmungen über eine Änderung des Treuhandvertrags. Da es sich bei dem Treuhandvertrag um einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB handelt, stellt sich die Frage, ob die Vertragsschließenden (also der Emittent und der Anleihetreuhänder) den Treuhandvertrag ohne die Zustimmung der Anleihegläubiger als die begünstigten Dritten ändern können. Eine Änderung derartiger Verträge ohne die Zustimmung der Anleihegläubiger ist jedenfalls dann möglich, wenn die Parteien sich dieses Recht in dem Vertrag ausdrücklich eingeräumt haben, sowie auch in den Fällen, in denen aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags zu entnehmen ist, dass die Parteien sich diese Befugnis vorbehalten haben185. Um die Gefahr einer unkontrollierten Verkürzung der Rechte der Anleihegläubiger einzudämmen, ist meist in den Bedingungen der Treuhandverträge vorgesehen, dass Änderungen des Vertrags ohne die Zustimmung der Anleihegläubiger allein durch die Vertragsschließenden nur vereinbart werden können, wenn dabei nach Auffassung des Treuhänders die Interessen der Anleihegläubiger nicht wesentlich berührt werden. Bei wichtigen Angelegenheiten ist jedoch die Zustimmung der Anleihegläubiger erforderlich186.
3. Individuelle Interessenwahrnehmung durch die einzelnen Anleihegläubiger 98
Eine individuelle Wahrnehmung der Gläubigerrechte durch die einzelnen Anleihegläubiger erfolgt in der Praxis bei der Mehrheit der internationalen Anleihen in subsidiärer Form. In den Anleihebedingungen ist ein eigenes Vorgehen der Anleihegläubiger gegen den Emittenten und ggf. den Sicherheitengeber zunächst nur in den Fällen erlaubt, in denen die Ausübung des konkreten Rechts ausschließlich dem Anleihetreuhänder eingeräumt wird und dieser trotz einer Aufforderung zum Handeln durch die Anleihegläubiger untätig bleibt. Es kann sich dabei um die Ausübung und die Durchsetzung der Hauptansprüche (z.B. Rückzahlungs- und Zinsansprüche) sowie um die Inanspruchnahme und ggf. Verwertung der gewährten Sicherheiten handeln187.
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In deutschem Recht unterstehenden internationalen Anleihen wird den Anleihegläubigern allerdings trotz der Bestellung des Anleihetreuhänders das Recht zur Kün184 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 669 f.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 570 ff.; Vogel in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 94, 125 f. 185 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 674 f.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 653; Jagmann in Staudinger, BGB, § 328 Rz. 69. 186 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 675 f.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 654. 187 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 688.
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digung der Anleihe bei Eintritt einer Vertragsverletzung seitens des Emittenten eingeräumt. Die Praxis folgt hier der Auffassung der herrschenden Literatur, wonach das Kündigungsrecht jedem einzelnen Anleihegläubiger als Forderungsinhaber zusteht und grundsätzlich nicht losgelöst von dem Forderungsrecht selbstständig auf einen Dritten, den Treuhänder, übertragen werden kann188. Nur gelegentlich findet sich in solchen Anleihen eine Klausel, nach der der Treuhänder die Möglichkeit hat, indirekt eine Kündigung der Anleihe vorzunehmen. Dies geschieht in der Form, dass bei Eintritt einer der in den Anleihebedingungen genannten Kündigungsgründe und durch die darauffolgende Inanspruchnahme der für die Anleihe gegebenen Sicherheiten durch den Treuhänder die betreffenden Schuldverschreibungen als fällig gelten. Auf eine Kündigung der Anleihegläubiger kommt es in solchen Fällen also nicht an. Diese behalten allerdings das Recht, bei Eintritt eines Verzugstatbestandes die Anleihe vorzeitig fällig zu stellen189. Das Kündigungsrecht der Anleihegläubiger wird allerdings nicht selten in der Form eingeschränkt, dass die Kündigung erst wirksam wird, wenn bei der Zahlstelle Kündigungserklärungen von Inhabern eines vorher festgelegten Prozentsatzes der ausstehenden Schuldverschreibungen (üblicherweise von 10 bis 25 %) oder von Inhabern von Schuldverschreibungen in Höhe eines vorher festgelegten Gesamtbetrags eingegangen sind. Von dieser Beschränkung werden üblicherweise die Kündigungsgründe, die auf einem Verzug mit Zins- oder Tilgungsleistungen sowie auf einer Zahlungseinstellung oder auf einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beruhen, ausgenommen. In solchen Fällen kann also der einzelne Anleihegläubiger von seinem Recht zur vorzeitigen Fälligstellung der Anleihe unbeschränkt Gebrauch machen190.
100
Eine individuelle Interessenwahrnehmung durch die einzelnen Anleihegläubiger setzt ferner voraus, dass die konkrete Angelegenheit nicht in die Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung fällt. Soweit die Beschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit getroffen wurden, können die einzelnen Anleihegläubiger ihre verbrieften Rechte nicht mehr selbstständig durchsetzen. Diese Regel betrifft auch die Anleihegläubiger, die an der Versammlung nicht teilgenommen oder sogar gegen den konkreten Beschluss gestimmt haben191.
101
4. So genannte Defeasance und Satisfaction and Discharge bei High-Yield-Anleihen Der Treuhandvertrag (Indenture) einer High-Yield-Anleihe nach New Yorker Recht räumt dem Emittenten in der Regel zwei Möglichkeiten ein, sich bestimmter bzw. aller Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag ohne Zustimmung der Anleihegläubiger zu entledigen, selbst wenn dem Emittenten kein ordentliches Kündigungsrecht zusteht: die so genannte Defeasance und die Satisfaction and Discharge192. Beide 188 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 685. Zur Kritik des Einzelkündigungsrechts vgl. Schneider in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S. 69, 89 ff. 189 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 685; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 588. 190 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 685 f. 191 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 688 f. 192 Zuletzt in Deutschland im Falle der 270 000 000 Euro 8 1/ 2 % Senior Notes 2004–2012 der SGL Carbon Luxembourg S.A.
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Fälle erfordern die Hinterlegung von Beträgen, die in mündelsicheren Wertpapieren, zumeist Bundesobligationen, angelegt werden, bei einem Treuhänder; der Emittent hat nach Hinterlegung der Wertpapiere keinen Zugriff auf das entsprechende Treuhandkonto. Die Zahlungsströme aus den Wertpapieren müssen dabei ausreichen, um Zinsen, Kapital und eine allfällige Vorfälligkeitsentschädigung auf die Anleihe bis zum Fälligkeitstag bzw. bis zum dem Tag, an dem eine ordentliche Kündigung erstmals möglich ist, zu bedienen. 103
Bezüglich der Rechtsfolgen unterscheidet man bei der Defeasance zwischen der so genannten Legal Defeasance und der Covenant Defeasance. Im Falle einer Legal Defeasance erlöschen alle Verpflichtungen des Emittenten und allfälliger Garantiegeber unter dem Treuhandvertrag und der Anleihe, wohingegen im Falle einer Covenant Defeasance nur bestimmte Zusicherungen, insbesondere die finanziellen Zusicherungen, erlöschen, die Verpflichtung zur Bedienung der Anleihe jedoch bestehen bleibt. Die Durchführung einer Defeasance setzt typischerweise die Einholung eines Gutachtens voraus, welches bestätigt, dass die Defeasance keine nachteiligen steuerlichen Auswirkungen auf die Anleihegläubiger hat. Da bei den derzeit geltenden Steuergesetzen in Deutschland, den USA und zahlreichen anderen Staaten ein solches Gutachten nur im Falle einer Covenant Defeasance möglich ist, hat die Legal Defeasance derzeit keine praktische Bedeutung. Die Rechtsfolgen einer Satisfaction and Discharge, die zwar nicht die Abgabe eines steuerrechtlichen Gutachtens voraussetzt, üblicherweise allerdings nur innerhalb eines Jahres vor dem erstmöglichen Rückzahlungstag durchgeführt werden kann, sind im Einzelfall unterschiedlich ausgestaltet. Sie reichen vom Wegfall der finanziellen Zusicherungen (ähnlich der Covenant Defeasance) bis zum vollständigen Erlöschen aller Verpflichtungen des Emittenten unter dem Treuhandvertrag und der Anleihe (ähnlich der Legal Defeasance). Aufgrund der jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen wird eine frühzeitige Einbeziehung der Wirtschaftsprüfer empfohlen, um die bilanzielle Behandlung einer Defeasance bzw. einer Satisfaction and Discharge zu klären (insbesondere ob die Kriterien nach IAS 39 erfüllt sind).
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Das Instrument der Defeasance bzw. der Satisfaction and Discharge wird üblicherweise eingesetzt, um dem Emittenten bestimmte (finanzierungs-)strukturelle Änderungen, wie eine Verschmelzung oder eine Refinanzierung, zu ermöglichen, die gemäß den Anleihebedingungen nicht zulässig wären. Der Vorteil der Defeasance bzw. der Satisfaction and Discharge gegenüber einem öffentlichen Rückkaufangebot (Tender Offer) oder der Einholung der Zustimmung der Anleihegläubiger zu einer Änderung des Treuhandvertrags (Consent Solicitation) liegt insbesondere in der zeitlichen Flexibilität (für ein öffentliches Rückkaufangebot bzw. eine Consent Solicitation ist u.a. die Erstellung eines Angebotsdokuments (Offer to Purchase bzw. Consent Solicitation Statement) erforderlich sowie ein Zeitraum von mindestens vier Wochen einzuplanen) und in der Durchführungssicherheit (im Falle eines öffentlichen Rückkaufangebots bzw. einer Consent Solicitation besteht ein gewisses Risiko, dass u.U. nicht die notwendige Mehrheit der Anleihegläubiger für eine Änderung des Treuhandvertrags erreicht wird).
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§ 16 Hybridanleihen Christoph L. Gleske I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . II. Motive für die Emission von Hybridanleihen . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufnahme „wirtschaftlichen Eigenkapitals“ . . . . . . . . . . . . . 3. Bilanzieller Eigenkapitalausweis nach IFRS . . . . . . . . . . . . . . . 4. Steuerlich effiziente Aufnahme wirtschaftlichen Eigenkapitals a) Ertragsbesteuerung . . . . . . . . aa) Beteiligung am Liquidationserlös . . . . . . . . . . bb) Gewinnabhängigkeit von Zinszahlungen . . . . . . . . b) Kapitalertragsteuer . . . . . . . . 5. Corporate Governance-Erwägungen
1 2 3 4 7
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III. Typische Gestaltungsmerkmale 1. Langfristigkeit der Mittelüberlassung a) Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss des InvestorenKündigungsrechts . . . . . . . . . c) Kündigungsrechte des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zinsaufschub und alternative Zinszahlungsmechanismen . . . . . . . 3. Nachrangigkeit, Besicherung und Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . 4. Teilnahme an laufenden Verlusten 5. Verpflichtung zur Zuführung vergleichbaren Eigenkapitals bei Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 21 23 26 30 33
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Schrittum: Angerer, Ausschüttungen auf Genussrechte als Betriebsausgaben, Anmerkung zu BFH v. 19.01.1994 – I R 67/92, DStR 1994, 651; Ekkenga, Wertpapier-Bedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996), 59; Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2005; Gündel/Hirdes, Mezzanine-Kapital zur Bilanzoptimierung und bankenunabhängigen Unternehmensfinanzierung, BC 2005, 205; Groh, Eigenkapitalersatz in der Bilanz, BB 1993, 1882; Hopt, Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG –, FS Steindorff, 1994, S. 341; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1993; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002; Loritz, Die Immobilien-Aktiengesellschaft mit Genussschein – eine innovative Anlageform –, DStR 2000, 77; Lutter, Genußrechtsfragen – Besprechung der Entscheidungen BGH ZIP 1992, 1542 (Klöckner) und BGH ZIP 1992, 1728 (Bremer Bankverein) –, ZGR 1993, 291; Müller-Eising/Bode, Zivilrechtliche Probleme bei der Emission „ewiger Anleihen“, BKR 2006, 480; Nölling/Jendruschewitz, Hybrid-Anleihen: Dauerhafte Alternative in der Unternehmensfinanzierung?, FB 2006, 435; von Randow, Anleihebedingungen und Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, ZBB 1994, 23; K. Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 3. Aufl. 2003; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, 1997; Sester, Hybrid-Anleihen: Wirtschaftliches Eigenkapital für Aktiengesellschaften, ZBB 2006, 443; Wittig, Rangrücktritt – Antworten und offene Fragen nach dem Urteil des BGH vom 8.1.2001, NZI 2001, 169; Wolf, Anlegerschutz durch Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen bei Kapitalmarkttiteln, FS Zöllner, 1998, S. 651.
I. Einführung „Hybridkapital“ ist ein Sammelbegriff für Finanzierungsformen, die Merkmale von Fremd- und Eigenkapital miteinander kombinieren. „Hybridanleihen“ sind Schuldverschreibungen (§§ 793 ff. BGB, vgl. Rz. 22), durch deren Emission Unternehmen Gleske
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Hybridanleihen
sich auf schuldrechtlicher Grundlage Finanzierungsmittel beschaffen, die aus Sicht der Geber konventionellen Fremdkapitals wenigstens partiell die Funktion von Eigenkapital erfüllen und bei Beachtung bestimmter Voraussetzungen (s. dazu Rz. 7–12) von dem Unternehmen auch bilanziell als Eigenkapital ausgewiesen werden können. Während Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen bereits seit langem regulatorisches Eigenkapital durch Hybridinstrumente im Kapitalmarkt aufnehmen (etwa durch die Umverbriefung stiller Beteiligungen gem. § 10 Abs. 4 KWG oder durch die Emission von Nachranganleihen, die die Anforderungen von § 10 Abs. 5a KWG oder § 53c Abs. 3b VAG erfüllen), hat sich der Markt für Hybridanleihen nicht-regulierter Unternehmen erst seit dem Jahr 2005 – dafür dann aber sehr dynamisch – entwickelt. 2
Als Instrumente des öffentlichen Kapitalmarkts müssen Hybridanleihen liquide handelbar sein. Die Mindestemissionsvolmina bewegen sich deshalb bei 50 Mio. Euro, so dass bislang vor allem große kapitalmarktorientierte Unternehmen von dieser Finanzierungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben1. Mit dem Landmaschinenhersteller Claas KGaA mbH war allerdings ein großes mittelständisches Familienunternehmen der erste deutsche Emittent überhaupt, der eine auf Grundlage von IAS 32 als Eigenkapital anerkannte Schuldverschreibung begeben hat2. Seitdem haben auch andere grundsätzlich nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen Hybridanleihen in mitunter sehr innovativen Strukturen emittiert3.
II. Motive für die Emission von Hybridanleihen 1. Überblick 3
Die Motive für den Einsatz von Hybridanleihen in der Finanzierungsstruktur eines Unternehmens sind vielschichtig. Im Vordergrund steht das Bestreben, Kapitalbedarf ohne oder bei nur moderater Erhöhung des wirtschaftlichen Verschuldungsgrades zu decken und so die Fähigkeit des Unternehmens zur Aufnahme zusätzlicher und preiswerter konventioneller Fremdmittel zu verbessern. Die Hybridanleihe optimiert die Kapitalstruktur eines Unternehmens nur dann, wenn ihre positiven Auswirkungen auf die Konditionen der Fremdmittelaufnahme die aufgrund ihrer eigenmittelähnlichen Ausgestaltung höheren Finanzierungskosten überkompensieren. 1 Südzucker AG 700 Millionen Euro Undated Fixed to Floating Rate Bonds (Juni 2005); Bayer AG 1,3 Milliarden Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Callable Bonds due 2105 (Juli 2005); Henkel KGaA 1 Milliarde Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Callable Bonds due 2104 (November 2006); TUI AG 300 Millionen Euro Perpetual Subordinated Fixed to Floating Rate Bonds (Dezember 2005); Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG US$ 1 Milliarde Undated Subordinated Fixed Rate Securities (Januar 2006); IVG Immobilien AG EUR 200 Millionen Undated Subordinated Securities (Mai 2006), Linde AG 1,05 Milliarden Euro Fixed to Floating Rate Subordinated Bonds (Juli 2006); Siemens AG 2,3 Milliarden Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Bonds (September 2006). 2 CLAAS KGaA mbH 80 Millionen Euro Perpetual Bond (September 2004). 3 OTTO Finance Luxembourg A.G. 150 Millionen Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Callable Securities garantiert durch die OTTO GmbH & Co. KG (August 2005); Georgsmarienhütte Holding GmbH 50 Millionen Euro nachrangige Schuldverschreibungen ohne Fälligkeitstag (Dezember 2005); Behr GmbH & Co. KG 100 Millionen Euro nachrangige Schuldverschreibungen ohne Fälligkeitstag (Dezember 2006).
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§ 16
Hybridanleihen
Abhängig von ihrer Ausgestaltung kommt auch ein bilanzieller Eigenkapitalausweis der Hybridanleihe in Betracht. Darüber hinaus ist die Aufnahme wirtschaftlichen Eigenkapitals über Hybridanleihen gegenüber der Aufnahme „echten“ Eigenkapitals vorteilhaft, wenn der entstehende Zinsaufwand steuerlich abzugsfähig ist. Schließlich erlauben Hybridanleihen die Beschaffung eigenkapitalähnlicher Finanzierungsmittel ohne Eingriffe in die bestehende Gesellschafterstruktur des finanzierten Unternehmens.
2. Aufnahme „wirtschaftlichen Eigenkapitals“ Die Ausgabe einer Hybridanleihe ist nur dann sinnvoll, wenn die aufgenommenen Mittel aus Sicht der Fremdkapitalgeber des Emittenten (vor allem Banken, aber auch vorleistende Lieferanten und Kunden) wenigstens teilweise die Garantiefunktion von Eigenkapital erfüllen, indem sie eine zusätzliche Risikounterlage ihrer Forderungen bilden. Nur dann werden Fremdkapitalgeber bereit sein, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen und attraktivere Kreditkonditionen zu stellen.
4
Unternehmen, die zur Ausgabe von Hybridanleihen am öffentlichen Kapitalmarkt in der Lage sind, verfügen für ihre nicht-nachrangigen Finanzierungsinstrumente in aller Regel über wenigstens ein öffentliches Rating einer anerkannten Ratingagenturen (Moody’s, Standard & Poor’s, Fitch Ratings). Diese Ratings sind zentrale Determinante ihrer Kreditwürdigkeit und damit auch der Konditionen ihrer Fremdkapitalfinanzierung. Sie sind auch deshalb von herausragender Bedeutung, weil sich Banken, die zur Ermittlung ihrer Eigenkapitalunterlegungspflichten den KreditriskoStandardansatz zugrundelegen, auf die Bonitätsbeurteilung der anerkannten Agenturen stützen (vgl. § 33 Nr. 1 SolvV). Für die Qualität des externen Ratings ist aber selbstverständlich auch die Bilanzstruktur des Unternehmens und hier insbesondere der durch das Eigenkapital repräsentierte Verlustpuffer entscheidend.
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Die maßgeblichen Ratingagenturen haben für Hybridkapital-Instrumente von Banken und Versicherungen schon seit langem Kriterien definiert, bei deren Erfüllung diese Instrumente im Ratingprozess für nicht-nachrangige Verbindlichkeiten (z.B. Senior Bonds, Einlagen) ganz oder teilweise als Eigenkapital des Schuldners behandelt werden. Im Jahr 2005 hat Moody’s Investors Service, Inc. als erste Ratingagentur ausreichend konkrete Kriterien für die Klassifizierung von Unternehmensfinanzierungen aufgestellt4 und damit eine rege Emissionstätigkeit deutscher Unternehmen im Bereich der Hybridanleihen ermöglicht. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Fitch Ratings sind diesem Vorstoß mit der Veröffentlichung eigener Anrechnungskriterien gefolgt5. Die Anwendung der verschiedenen Kriterienkataloge6 – die einer ständigen Weiterentwicklung und Verfeinerung unterliegen – führt nicht
6
4 Moody’s Investors Service, Inc: Refinement to Moody’s Tool Kit: Evolutionary, not Revolutionary, Februar 2005, erhältlich über www.moodys.com. 5 Standard & Poor’s Corporate Ratings Criteria – Equity Credit: What it is and how you get it; Factoring future equity into Ratings, Tax-deductible preferred and other hybrids; A Hierarchy of hybrid securities, 8.7.2005, erhältlich über www.standardandpoors.com; FitchRatings Equity Credit for Hybrids and other Capital Securities, 27.9.2006, erhältlich über www.fitchratings.com. 6 Zu den aus ihnen resultierenden typischen Gestaltungen der Bedingungen von Hybridanleihen s. unten Rz. 19–34.
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§ 16
Hybridanleihen
zu identischen, aber ähnlichen Ergebnissen. Die Agenturen bewerten zur Ermittlung des „equity credit“ wesentliche Ausgestaltungsmerkmale der Hybridanleihe (wie z.B. Laufzeit, Zwang zur Zahlung von Zinsen und anderen Vergütungen, Nachrangigkeit in der Insolvenz des Unternehmens, Absicht der Ersetzung durch gleichwertiges Kapital im Fall der Rückzahlung) als „schwach“, „mittel“ oder „stark“ und gelangen aufgrund einer Gesamtschau zu einer Eigenkapitalanrechnung zwischen 0 % (reines Fremdkapital) und 100 % (reines Eigenkapital). Trotz dieser Kriterienkataloge bleibt die Strukturierung von Hybridanleihen ein komplexer Vorgang, der eine enge Abstimmung mit den Agenturen erfordert und bei dem individuelle Gegebenheiten des Unternehmens zu unvorhergesehenen Ergebnissen führen können7.
3. Bilanzieller Eigenkapitalausweis nach IFRS 7
Mitunter streben Unternehmen bei der Strukturierung von Hybridanleihen einen bilanziellen Eigenkapitalausweis der aufgenommenen Mittel an. Der handelsrechtliche Bilanzausweis ist indes von untergeordneter praktischer Bedeutung. Für das Unternehmen bleibt entscheidend, ob die maßgeblichen Ratingagenturen und Fremdkapitalgeber bei ihrer Bonitätseinschätzung die Hybridanleihe als wirtschaftliches Fremd- oder Eigenkapital behandeln. Eine Regel, nach der Hybridanleihen, die bilanziell als Eigenkapital auszuweisen sind, stets auch als wirtschaftliches Eigenkapital in den Ratingsystemen von Ratingagenturen und Banken Anerkennung finden, besteht gerade nicht. Umgekehrt kann auch ein Instrument, welches bilanziell als Fremdkapital auszuweisen ist, für die Zwecke von Ratingagenturen und Banken Eigenkapitalcharakter haben. Diese Abweichungen sind aufgrund der methodischen Unterschiede zwischen Bilanzrecht und Rating-Verfahren möglich: Während die Klassifikation im Bilanzrecht einer binären Entscheidungsregel („entweder, oder“) folgt, ist für die Zwecke des Ratings eine wertende Entscheidung möglich, so dass ein einheitliches Finanzierungsinstrument in bestimmtem Umfang als Fremd-, im Übrigen aber als Eigenkapital behandelt wird8. Infolge dessen kann sich die Emission einer Hybridanleihe auf das Rating (und mithin auf die Konditionen der konventionellen Fremdkapitalfinanzierung) selbst dann positiv auswirken, wenn sie zu einer Erhöhung des bilanziellen Fremdkapitalanteils führt.
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Streben Unternehmen einen bilanziellen Eigenkapitalausweis von Hybridmittel an, sind für sie in aller Regel ausschließlich die IAS/IFRS-Bilanzierungsregeln von Belang: Als kapitalmarktorierterte Unternehmen haben sie ihren auch für die Kreditgeber im Vordergrund stehenden konsolidierten Abschluss nach Maßgabe der internationalen Rechnungslegungsstandards zu erstellen (§ 315a HGB). Der Eigenmittel7 Die Ermittlung des „equity credit“ durch eine Ratingagentur ist zu unterscheiden von dem Rating des Finanzierungsinstruments selbst, d.h. von der Einschätzung der Agentur, mit welcher Wahrscheinlichkeit das mittelaufnehmende Unternehmen in der Lage sein wird, die von den Geldgebern erwarteten Zahlungen vorzunehmen. Hier wenden die Agenturen in der Regel ein so genanntes „notching“ gegenüber dem Rating von gewöhnlichen Fremdkapitalinstrumenten (Senior-Rating) an, d.h. es werden aufgrund des höheren Risikos durch die Eigenkapitalmerkmale entsprechend schlechtere Ratings erteilt. Es liegt auf der Hand, dass ein hoher „equity credit“ des Finanzierungsinstruments das Rating dieses Finanzierungsinstruments besonders belastet und die Finanzierung entsprechend verteuert. Hier muss das Unternehmen zwischen Nutzen (equity credit) und Zinskosten abwägen. 8 Vgl. Sester, ZBB 2006, 443, 453; Gündel/Hirdes, BC 2005, 205, 206.
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ausweis im nach HGB erstellten Einzelabschluss tritt demgegenüber als Strukturierungsziel in den Hintergrund9. Die Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS/IFRS) regelt Standard IAS 32 „Financial Instruments: Disclosure and Presentation“, der seit dem 1.1.2005 unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten für die Rechnungslegung nach IAS/IFRS gilt10. Nach IAS 32.16 können aufgenommene Mittel als Eigenkapital ausgewiesen werden, wenn die zugrundeliegende Finanzierungsvereinbarung keine Verpflichtung zur Abgabe flüssiger Mittel oder eines anderen finanziellen Vermögenswertes begründet oder einen vertraglichen Zwang etabliert, finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten zu potentiell nachteiligen Bedingungen zu tauschen. Die rein tatsächliche Wahrscheinlichkeit, dass eine vertragliche Vereinbarung den Emittenten zu einer Zahlung veranlasst, hindert die Eigenkapitalqualifikation nicht. Sofern sich aber ein Unternehmen aufgrund getroffener Vereinbarungen oder zwingender gesetzlicher Bestimmungen nicht der Abgabe von flüssigen Mitteln zu entziehen vermag, führt dies zur Qualifikation des Instruments als finanzielle Verbindlichkeit (IAS 32.19). Als finanzielle Verbindlichkeit sind auch Finanzinstrumente zu verstehen, die den Inhaber zur Rückgabe gegen flüssige Mittel berechtigen (IAS 32.18b, so genannte puttable instruments). Vereinfachend gilt daher, dass das mittelaufnehmende Unternehmen über volles Ermessen hinsichtlich der Zahlung von Vergütungen für die Kapitalüberlassung wie auch der Rückzahlung des Kapitals verfügen muss, damit ein Eigenkapitalausweis möglich wird.
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Diese Anforderungen scheinen ein unüberwindbares Hindernis für die Strukturierung von Hybridanleihen zu errichten, die einerseits IFRS-eigenkapitalfähig, andererseits aber auch für Investoren akzeptabel sind. Denn Hybridkapitalgeber sind in der Regel Fixed Income-Investoren, die einen zeitlich befristeten Anlagehorizont haben und laufende, der Höhe nach vorhersehbare Cash Flows in Form von Zinszahlungen erwarten. Trotz dieses scheinbaren Widerspruchs ist es gelungen, in Form von Hybridanleihen vermarktbare mezzanine Finanzierungsinstrumente zu schaffen, die in der IFRS-Bilanz des mittelaufnehmenden Unternehmens als Eigenkapital ausgewiesen werden.
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Bei Hybridanleihen stehen Zins- und Kapitalrückzahlung allein im Ermessen des mittelaufnehmenden Unternehmens. Das daraus resultierende Risiko des Hybridanlegers wird aber gleichzeitig begrenzt: Der angestrebte IFRS-Eigenkapitalausweis verbietet zum einen nicht eine Vereinbarung über die Höhe „freiwillig“ zahlbarer Zinsen. Darüber hinaus kann eine Pflicht zur Zahlung von Zinsen (und zur Nachzahlung in der Vergangenheit nicht gezahlter Zinsen) für den Fall vereinbart werden, dass das finanzierte Unternehmen vor dem jeweiligen Zinstermin eine andere Maßnahme ergreift,
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9 Ein Eigenkapitalausweis „hybrider“ Finanzierungsmittel nach HGB kommt aufgrund der Anforderungen der Stellungnahme des HFA 1/1994 des IDW, Zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften, WPg 1994, 419 ff.; ergänzt durch den HFA am 6./7.5.1998, WPg 1998, 891 (Langfristigkeit; Ausschüttungen nur aus dem Nettoreinvermögen, das das gegen Ausschüttung geschützte Eigenkapital übersteigt, Verlustteilnahme, absoluter Nachrang in Insolvenz und Liquidation) nur für Genussrechte und stille Beteiligungen in Betracht. 10 Verordnung (EG) Nr. 2237/2004 der EU-Kommission vom 29.12.2004, ABl. EU Nr. L 393 v. 31.12.2004, S. 1.
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die ihrerseits in seinem Ermessen steht. Üblicherweise werden als Referenzmaßnahmen Zahlung auf Finanzierungsmittel herangezogen, die in der Finanzierungsstruktur auch gegenüber der Hybridanleihe subordiniert sind, also z.B. Dividenden oder der Rückkauf eigener Anteile. Ergreift das Unternehmen vor dem Zinstermin keine Referenzmaßnahmen und zahlt Zinsen auf die Hybridanleihe auch nicht freiwillig, sind die aufgeschobenen Zinsen nachzuzahlen, sobald eine Referenzmaßnahme getroffen wird, das Unternehmen (freiwillig) das aufgenommene Hybridkapital zurückzahlt oder in Insolvenz oder Liquidation tritt. Investoren sind bereit, diesen Zinszahlungsmechanismus zu akzeptieren, wenn das Unternehmen über eine ansonsten robuste Finanzierungsstruktur und eine kontinuierliche Dividendenhistorie verfügt und aufgrund seiner Kapitalmarktorientierung die Erwartung besteht, dass es auch in Zukunft entweder entsprechende Referenzmaßnahmen ergreifen oder aber Zinszahlungen freiwillig leistet, auch wenn eine Rechtspflicht dazu nicht besteht. 12
Um die Freiwilligkeit der Kapitalrückzahlung zu erreichen, darf die IFRS-Hybridanleihe keinen festen Endfälligkeitstermin aufweisen. Deswegen wird vereinfachend von „Endlosanleihen“ gesprochen. Das Recht, die Anleihe zur Rückzahlung zu kündigen, liegt ausschließlich beim Emittenten. Kündigungsrechte der Investoren werden so weit wie rechtlich möglich ausgeschlossen. Da die Anleihe ein Dauerschuldverhältnis begründet, kann das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen werden (§ 314 BGB). Dieses außerordentliche Kündigungsrecht ist für die Anerkennung der aufgenommenen Mittel als IFRS-Eigenkapital unschädlich. Für seine Ausübbarkeit durch den Anleger kommt es darauf an, ob diesem unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die weitere Kapitalüberlassung nicht zugemutet werden kann. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass der Zweck der Kapitalüberlassung gerade in der Zurverfügungstellung dauerhaften Eigenkapitals liegt. Häufig in Hybridanleihebedingungen zu findende Kündigungsanreize für den Emittenten (insbesondere die Erhöhung des zahlbaren Zinses, so genannter „step-up“) dürfen nicht so massiv sein, dass eine faktische Rückzahlungsverpflichtung entsteht (vgl. IAS 32.20).
4. Steuerlich effiziente Aufnahme wirtschaftlichen Eigenkapitals a) Ertragsbesteuerung 13
Dividenden und andere Ausschüttungen auf „echtes“ Eigenkapital sind nicht als Betriebsausgaben vom steuerbaren Ertrag abziehbar (§ 8 Abs. 3 KStG). Richtige Strukturierung vorausgesetzt, kann das Unternehmen über Hybridanleihen demgegenüber Finanzmittel mit Eigenkapitalfunktion aufnehmen und den darauf entfallenden Zinsaufwand gleichwohl von seiner Ertragssteuerbasis abziehen. Zentrales Strukturierungsziel bei der Ausgestaltung von Hybridanleihen ist mithin die Wahrung der steuerlichen Fremdkapitalqualifikation.
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Angesichts der langen Laufzeit und dem hybridtypischen Fälligwerden von Zinszahlungsansprüchen in Abhängigkeit v. a. von Dividendenzahlungen muss für ertragssteuerliche Zwecke in der Praxis der Nachweis erbracht werden, dass die Hybridanleihe steuerlich nicht als Genussrecht zu qualifizieren ist, mit dem das Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös und am Gewinn verbunden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).
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aa) Beteiligung am Liquidationserlös Eine ausdrückliche Beteiligung des Anleihegläubigers an einem möglichen Liquidationserlös sehen die Bedingungen von Hybridanleihen nicht vor. Die Finanzverwaltung nimmt allerdings eine Beteiligung am Liquidationserlös – entgegen einschlägiger BFH-Rechtsprechung11 und zutreffender überwiegender Auffassung im Schrifttum12 – schon dann an, wenn der Gläubiger seinen Rückforderungsanspruch potentiell nicht vor Ablauf von 30 Jahren geltend machen kann13. Gerade das ist bei Hybridanleihen, insbesondere wenn sie im Blick auf IAS 32 keine feste Laufzeit haben und durch den Gläubiger nicht gekündigt werden können, aber der Fall.
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bb) Gewinnabhängigkeit von Zinszahlungen Aus diesem Grund kommt es entscheidend darauf an, ob die Zinsgestaltung von Hybridanleihen eine „Beteiligung am Gewinn“ des Emittenten vermittelt. Weil Zinsen während der Laufzeit der Hybridanleihe vor allem dann zur Zahlung fällig werden, wenn Ausschüttungen oder andere Zahlungen auf das echte Eigenkapital erfolgen, könnte man an eine genussrechtstypische „gewinnorientierte Vergütung“ denken. Diese soll etwa dann vorliegen, wenn sich die Höhe von Zinszahlungen nach der Höhe der Dividende des Emittenten bemisst (vgl. § 12 Rz. 11). Indes determiniert die Zahlung einer Dividende durch den Hybridemittenten bei den typischen Hybridzinsgestaltungen weder das Ob noch die Höhe einer Zinszahlung, sondern lediglich ihren Zeitpunkt. Der Zinsanspruch des Gläubigers entsteht mit Ablauf der jeweiligen Zinsperiode und wird spätestens bei Rückzahlung der Anleihe zur Zahlung fällig. Problematisch – und deshalb zu vermeiden – sind demgegenüber Gestaltungen, in denen Zinsansprüche ganz oder teilweise entfallen, nachdem sie im Hinblick auf eine nicht gezahlte Dividende durch den Emittenten aufgeschoben wurden14.
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b) Kapitalertragsteuer Die Vermeidung der steuerlichen Qualifikation der Hybridanleihe als Genussrecht ist auch im Hinblick auf die Kapitalertragsteuer von erheblicher Bedeutung. Diese ist durch den inländischen Schuldner von Zinszahlungen auf Genussrechte, stille Beteiligungen und partiarische Darlehen in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag einzubehalten und abzuführen15. Da die Kapitalertragsteuer als Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld des Zahlungsempfängers gilt, ist die praktische Bedeutung für den in Deutschland steuerpflichtigen Investor beschränkt. Ähnliches mag für den ausländischen Gläubiger gelten, der aufgrund der Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens erstattungsberechtigt ist16. Soll jedoch eine 11 BFH v. 19.1.1994 – I R 67/92, BStBl. II 1996, 77 = DStR 1994, 651. 12 Vgl. Angerer, DStR 1994, 651; Loritz, DStR 2000, 77, 81; Gosch, KStG, § 8 Rz. 151; Groh, BB 1993, 1882, 1890. 13 BMF v. 8.12.1986, BB 1987, 667; BMF v. 27.12.1995, BStBl. I 1996, 49. 14 Daraus folgt zum einen, dass Genussrechte mit einer Laufzeit von 30 Jahren oder mehr nicht steuerlich effizient als Quelle wirtschaftlichen Eigenkapitals nutzbar sind. Darüber hinaus verhindert die Praxis der Finanzverwaltung zu „überlang“ laufenden Genussrechten de facto auch mezzanine Finanzierungsinstrumente, die sowohl nach HGB als auch nach IFRS als Eigenkapital ausgewiesen werden können. 15 § 43 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 3 EStG, § 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG. 16 Entscheidend für das Bestehen und die Höhe eines Erstattungsanspruches aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ist dabei insbesondere die Frage, ob die Zahlungen an
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breite internationale Investorenbasis angesprochen werden, ist der Kapitalertragsteuereinbehalt außerordentlich hinderlich. Deswegen müssen Unternehmen, die Hybridkapital international platzieren wollen, kapitalertragsteuerfreie Gestaltungen wählen. Die Instrumente dürfen folglich steuerlich nicht als Genussrechte, Gewinnobligationen, stille Beteiligung oder partiarische Darlehen zu qualifizieren sein.
5. Corporate Governance-Erwägungen 18
Hybridanleihen schaffen keine korporationsrechtliche Rechtsbeziehung zwischen Emittent und Schuldverschreibungsinhaber und beeinträchtigen folglich die Position des bestehenden Gesellschafterkreises nicht in der Weise, wie dies bei der Aufnahme „echten“ Eigenkapitals im Wege der Kapitalerhöhung der Fall wäre. Die mit einer Außenfinanzierung verbundenen Verwässerungseffekte werden bei echtem Eigenkapital nicht selten durch eine ungünstige Bewertung des Unternehmens durch externe Investoren verschärft, weil diese in Anbetracht der mangelnden Fungibilität des Eigenkapitals Bewertungsabschläge vornehmen. Solche Verwässerungseffekte sind generell unerwünscht und können sich insbesondere auch für große Familiengesellschaften als prohibitiv für die Aufnahme externer Eigenkapitalgeber auswirken. In dieser Situation können Hybridanleihen eine tragfähige Alternative der Eigenkapitalfinanzierung sein.
III. Typische Gestaltungsmerkmale 1. Langfristigkeit der Mittelüberlassung a) Laufzeit 19
„Echtes“ gesellschaftsrechtlich fundiertes Eigenkapital zeichnet sich durch seine dauerhafte Überlassung aus. Bei den Kapitalgesellschaften ist es außerhalb von Gewinnverwendung und Liquidation vor der Rückzahlung an die Gesellschafter besonders geschützt (§§ 57, 71 ff. AktG; §§ 30 ff. GmbHG). Entsprechendes gilt für die Einlage des nicht ausgeschiedenen Kommanditisten (§ 172 Abs. 4 HGB). Das Eigenkapital schützt die Unternehmensgläubiger vor dem Refinanzierungsrisiko, d.h. der möglichen Unfähigkeit des Unternehmens, abfließende durch neu aufgenommene Finanzierungsmittel zu refinanzieren. Deswegen ist auch ein Hybridanleihen prägendes Merkmal ihre lange Laufzeit.
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Eine „unendliche Laufzeit“, d.h. den weitestgehenden Ausschluss von Gläubigerkündigungsrechten, erfordern Instrumente, die in der IFRS-Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden sollen. Eine wenigstens teilweise Eigenkapitalanrechnung für Ratingzwecke setzt eine Laufzeit der Hybridanleihe von wenigstens 50 Jahren im Anschluss an die erste Kündigungsmöglichkeit durch das Unternehmen voraus, wenn die erste Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung der Anleihe – wie in der Regel – mit einem Zins-Step-up verbunden ist. Die Anleihe verliert nach Verstreichen der ersten Kündigungsmöglichkeit ihre Eigenkapitalanrechnung. den abkommensberechtigten Gläubiger unter den Dividendenartikel oder den Zinsartikel des Abkommens zu fassen sind. Der Dividendenartikel sieht dabei grundsätzlich nur eine Absenkung, der Zinsartikel in vielen Fällen dagegen den vollständigen Ausschluss einer Quellenbesteuerung vor.
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b) Ausschluss des Investoren-Kündigungsrechts Die Bedingungen von Hybridanleihen schließen Investorenkündigungsrechte zur Sicherstellung der dauerhaften Kapitalüberlassung in der Regel weitestmöglich aus. Während ein vollkommener Ausschluss des Investorenkündigungsrechts an § 314 BGB – dessen praktische Bedeutung freilich gering bleibt – (vgl. Rz. 12) scheitert, bleibt daneben zu beachten, dass eine zwar zweifelhafte, aber doch ganz herrschenden Auffassung die Bedingungen von Inhaberschuldverschreibungen als dem jeweiligen Inhaber durch den Emittenten gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen ansieht17. Sie unterliegen daher der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 bis 310 BGB. Für die AGB-rechtliche Wirksamkeit des langfristigen Ausschlusses der Kündigungsmöglichkeit des Inhabers kommt es vor allem darauf an, ob diese den Vertragspartner des Unternehmens deswegen unangemessen benachteiligt, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht vereinbar ist (§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB).
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Das gesetzliche Leitbild der Inhaberschuldverschreibung findet sich in den §§ 793 bis 807 BGB. Die Inhaberschuldverschreibung verbrieft also nicht etwa ein Gelddarlehen im Sinne der §§ 488 bis 498 BGB, sondern begründet ein Rechtsverhältnis eigener Art, auch wenn ihre Ausgabe einem Finanzierungszweck dient. Im Gegensatz zur Lage beim Gelddarlehen gehört es aber gerade nicht zu dem gesetzlichen Leitbild der Inhaberschuldverschreibung, dass der Inhaber einen bestimmten Kapitalbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt oder überhaupt zurückerhält. Die Schuldverschreibung auf den Inhaber ist vielmehr durch das Bestehen eines Leistungsversprechens des Ausstellers gegenüber dem jeweiligen Inhaber gekennzeichnet. Das Versprechen liegt bei Hybridanleihen darin, dass der Emittent – vorbehaltlich des Eintritts bestimmter Bedingungen – Zinsen sowie nach Kündigung durch den Emittenten einen Kapitalbetrag zahlt. Dieses Leistungsversprechen ist als solches der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht zugänglich18. Die vereinzelt vertretene Auffassung, potentiell „ewig“ laufende Schuldverhältnisse seien unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung fremd und ihre Zulässigkeit deshalb zweifelhaft19, lässt sich also anhand der als Grundlage einer solchen Auffassung in Betracht kommenden Rechtsvorschriften nicht untermauern20. Hinzu kommt, dass Hybridanleihen fungible Instrumente des
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17 Begr. RegE AGB-Gesetz, BT-Drucks. 7/3919, S. 18; OLG Frankfurt v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, ZIP 1994, 26, 27; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9 203; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 2.25; Wolf in FS Zöllner, 1998, S. 651, 653 ff.; zum AGBCharakter von Genussscheinbedingungen BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, BGHZ 119, 305, 312 = ZIP 1992, 1542, 1544 = WM 1992, 1902, 1904 = AG 1993, 125; dazu Lutter, ZGR 1993, 291, 295 f. A. A. Hopt in FS Steindorff, 1994, S. 341, 365; v. Randow, ZBB 1994, 23 ff.; Ekkenga, ZHR 160 (1996), 59 ff.; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, S. 37 ff. 18 Vgl. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 173; BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014. 19 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 8 Rz. 43; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 39 (Fn. 158). 20 Das BVerfG hat in einem obiter dictum in der Entscheidung v. 5.2.2002 – 2 BvR 305/93, Rz. 74, NJW 2002, 3009, 3012 festgestellt: „Er [Anm. d. Verf.: der Gesetzgeber] durfte dies dem freien Spiel der Teilnehmer am Kapitalmarkt überlassen und nahm dabei auch in Kauf, dass Wertpapiere ohne Endfälligkeitsbestimmung, so genannte Ewigkeitspapiere, ausgegeben werden konnten.“ Vgl. auch Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 481 f.
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öffentlichen Kapitalmarkts sind und meist über eine Börsennotierung verfügen. Der Investor kann sich also durch Veräußerung von seiner Investition lösen und ist nicht etwa bis zum ungewissen Fälligkeitstag gebunden. Deswegen wird er durch den dauerhaften Ausschluss seines Kündigungsrechts außerhalb des § 314 BGB – unterstellt, es käme darauf an – auch nicht unangemessen benachteiligt. c) Kündigungsrechte des Emittenten 23
Entscheidend für die Langfristigkeit der aufgenommenen Finanzierungsmittel ist der Ausschluss des Investoren-Kündigungsrechts. Kündigungsrechte des Unternehmens, die ihm die freiwillige Rückzahlung des Kapitals ermöglichen, sind demgegenüber grundsätzlich unschädlich. Sie sollten so ausgestaltet sein, dass das Unternehmen ausreichende Flexibilität erhält. Da Anleger jedoch einen kalkulierbaren Anlagehorizont erwarten und ihre Renditeerwartung daran ausrichten, sind jederzeit kündbare Hybridanleihen in der Regel bis zum Ablauf der Grundlaufzeit (üblicherweise sieben bis zehn Jahre) mit typisierten Vorfälligkeitentschädigungen verbunden. Üblicherweise tritt bei Hybridanleihen nach Ablauf ihrer Grundlaufzeit ein so genannter Zins-Step-up ein, der die Finanzierung für das Unternehmen signifikant verteuert. Dieser soll dem Unternehmen als Kündigungsanreiz dienen, um Anlegern die berechtigte Erwartung einer Rückzahlung nach Ablauf der Grundlaufzeit zu vermitteln. Derartige Anreize dürfen andererseits nicht so stark ausgestaltet sein, dass sie für das Unternehmen wie ein faktischer Kündigungszwang wirken. In Anlehnung an die regulatorischen Bestimmungen zu hybridem Bankeigenkapital werden jedenfalls einmalige Zins-Step-ups von nicht mehr als einem Prozent nach einer Grundlaufzeit von zehn Jahren sowohl von den Ratingagenturen als auch für das IFRS-Equity-Accounting als unschädlich angesehen (vgl. Rz. 7–12).
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Wie bei anderen langfristigen Finanzierungen muss sich das Unternehmen auch bei Hybridanleihen Sonderkündigungsrechte vorbehalten, mit denen eine Zweckverfehlung oder eine nachhaltige Unwirtschaftlichkeit der Finanzierung abgewendet werden kann. Bei Hybridanleihen ist es – neben der anleihetypischen Kündigungsmöglichkeit bei Entstehen einer Pflicht zur Zahlung zusätzlicher Beträge im Hinblick auf Steuereinbehalte – üblich, dem Unternehmen Sonderkündigungsrechte für den Fall zu geben, dass Zinsaufwand aufgrund einer Rechtsänderung nicht mehr steuerlich abzugsfähig ist, wenn das aufgenommene Kapital nicht mehr die von dem Unternehmen gewünschte bilanzielle Behandlung erfährt oder bei den Ratingagenturen keine Anerkennung mehr als wirtschaftliches Eigenkapital findet.
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Ein erhebliches Problem, das sich fundamental auf die Strukturierung und Konditionierung von Hybridanleihen auswirkt, stellt das Risiko der Übernahme solcher Unternehmen im Anschluss an die Begebung der Hybridanleihe dar; das gilt vor allem, wenn die Übernahme mit einem vollkommenen Paradigmenwechsel im Finanzierungsverhalten der Gesellschaft einhergeht, wie dies etwa bei einer Übernahme durch Private Equity-Investoren regelmäßig der Fall ist. Diesem Risiko kann nicht durch die sonst üblichen Investorenkündigungsrechte für den Fall des Kontrollwechsels begegnet werden, weil diese den „equity credit“ vereiteln würden. Aus diesem Grund kombinieren Emittenten häufig ein Sonderkündigungsrecht des Unternehmens bei Kontrollwechsel mit einem massiven Zins-Step-up, der das Risiko einer Bonitätsverschlechterung aufgrund einer Übernahme kompensieren soll.
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2. Zinsaufschub und alternative Zinszahlungsmechanismen „Echtes“ Eigenkapital entlastet das finanzierte Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung von Mittelabflüssen zur Vergütung der Kapitalüberlassung. So zahlt die Aktiengesellschaft Dividenden auf Aktien nur aus einem Bilanzgewinn (§ 58 Abs. 4 AktG). Die mit Genussrechten und stillen Beteiligungen verbundenen Zinszahlungspflichten sind gleichfalls typischerweise dadurch bedingt, dass durch sie kein Jahresfehlbetrag oder Bilanzverlust entsteht. Hybridanleihen, die auf Grundlage von IAS 32 als Eigenkapital des mittelaufnehmenden Unternehmens ausgwiesen werden sollen, erlauben den Unternehmen den jederzeitigen Aufschub von andernfalls fällig werdenden Zinsen, wenn nicht im Ermessen des Unternehmens stehende Zahlungen auf in der Kapitalstruktur nachgeordnete oder gleichgeordnete Finanzierungsinstrumente erfolgen (s. oben Rz. 11).
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Die Zinsaufschubmechanismen von Hybridanleihen werden in der Praxis durch die Anforderungen der Ratingagenturen an Hybridinstrumente, die für Ratingzwecke „equity credit“ erhalten sollen, geprägt. Diese ergänzen bei Anleihen, die gleichzeitig in der IFRS-Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden sollen, die Anforderungen von IAS 32. Bei Anleihen, die bilanziell als Fremdkapital ausgewiesen werden, treten sie an die Stelle der IAS-Anforderungen.
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Um überhaupt Eigenkapitalanrechnung gemäß den Kriterienkatalogen der Ratingagenturen zu finden, muss der Emittent nach Maßgabe der Anleihebedingungen – wie im Anwendungsbereich von IAS 32 – jedenfalls über das Recht zum jederzeitigen Zinsaufschub verfügen (so genannter „optional deferral“). Wie im Bereich der bilanziellen Eigenkapitalanleihen entsteht hier eine Nachzahlungspflicht bei Eintritt bestimmter Referenzereignisse, d.h. vor allem bei Zahlung von Vergütungen oder Rückzahlung auf nachgeordnete oder gleichgeordnete Finanzierungsinstrumente. Wenn die Anleihebedingungen nicht gleichzeitig einen so genannten „mandatory deferral“ von Zinsen (dazu sogleich unten Rz. 29) vorsehen, verlangen die Ratingagenturen aber über die Anforderungen von IAS 32 hinaus, dass die Nachzahlung der diskretionär aufgeschobenen Zinsen durch die Aufnahme wenigstens gleichwertiger Eigenmittel refinanziert wird (so genannter „alternativer Zinszahlungsmechanismus“). Hat der Emittent also von seinem Recht zum Zinsaufschub Gebrauch gemacht und tritt ein Ereignis ein, aufgrund dessen die aufgeschobenen Zinsen zur Zahlung fällig werden, zwingen ihn die Anforderungen der Ratingagenturen zur Aufnahme weiterer Eigenmittel, z.B. durch die Emission von Aktien oder weiteren Hybridanleihen21. Zinsaufschubregungen der hier beschriebenen Art sind z.B. eine Voraussetzung dafür, dass die Ratingagentur Moody’s 50 % des Nominalbetrages einer Hybridanleihe als Eigenkapital des Unternehmens betrachtet.
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Der Schutz des Unternehmens vor Mittelabfluss in der Krise kann weiter verstärkt werden, wenn neben den „optional deferral“ ein zwingender Zinsaufschub („mandatory deferral“) z.B. für den Fall vereinbart wird, dass das Unternehmen bestimmte Finanzkennzahlen unterschreitet22. Zahlt das Unternehmen in diesem Fall trotzdem
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21 Z.B. § 5 Abs. 4 (b) der Emissionsbedingungen der TUI AG 300 Millionen Euro Perpetual Subordinated Fixed to Floating Rate Bonds (Dezember 2005); § 5 Abs. 4 der Emissionsbedingungen der Linde AG 1,05 Milliarden Euro Fixed to Floating Rate Subordinated Bonds (Juli 2006). 22 Z.B. § 5 Abs. 4 der Emissionsbedingungen der Südzucker AG 700 Millionen Euro Undated Fixed to Floating Rate Bonds (Juni 2005); § 3 Abs. 4 der Emissionsbedingungen der Bayer
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Zinsen, würde dies zu einem Verlust der Eigenkapitalqualifikation durch die Ratingagenturen und möglicherweise auch zu einer erheblichen Verschlechterung oder zu einem Entzug von Ratings für nicht–nachrangige Instrumente führen. Derartige Gestaltungen sind Voraussetzung für eine Eigenmittelanerkennung durch Moody’s von bis zu 75 % des Nominalbetrages. Sie können entweder mit einem vollkommenen Wegfall der Zinszahlungspflicht verbunden sein23 oder mit einem alternativen Zinszahlungsmechanismus gekoppelt werden24.
3. Nachrangigkeit, Besicherung und Aufrechnung 30
Ein wesentliches funktionales Merkmal „echten“ Eigenkapitals ist, dass es in der Insolvenz oder Liquidation des Unternehmens erst dann an die Gesellschafter des Unternehmens ausgeschüttet wird, wenn alle vorrangigen Gläubiger restlos befriedigt wurden (§ 199 InsO). Hybridanleihen ahmen diese Eigenschaft des echten Eigenkapitals durch schuldrechtliche Nachrangregelungen nach. Der Emittent unterstellt sein Leistungsversprechen für den Fall der Durchführung eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens unter den Vorbehalt der vorherigen vollständigen Befriedigung aller vorrangigen Gläubiger. Forderungen, für die ein derartiger Nachrang vereinbart worden ist, werden in der Insolvenz des Unternehmens „im Zweifel“ nach den nichtnachrangigen und den in § 39 Abs. 1 InsO genannten nachrangigen Forderungen berichtigt (§ 39 Abs. 2 InsO). Die Nachrangklausel kann allerdings auch abweichende Anordnungen treffen, also etwa einen Gleichrang mit einer der in § 39 Abs. 1 InsO genannten Forderungsklassen statuieren, Forderungen zwischen eine dieser Klassen einreihen oder Rangbestimmungen für das Verhältnis zwischen den unter § 39 Abs. 2 InsO fallenden vertraglich nachrangigen Forderungen treffen.
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Die Ratingagenturen verlangen einen „absoluten“ vertraglichen Nachrang für Hybridanleihen, die „equity credit“ erhalten sollen. Diese sind deswegen auch gegenüber allen anderen nachrangigen Verbindlichkeiten des Emittenten zu subordinieren. Nicht erforderlich ist hingegen ein „qualifizierter Nachrang“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH zur Überschuldungsbilanz25.
AG 1,3 Milliarden Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Callable Bonds due 2105 (Juli 2005); § 3 Abs. 5 der Emissionsbedingungen der Henkel KGaA 1 Milliarde Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Callable Bonds due 2104 (November 2006); § 5 Abs. 5 der Emissionsbedingungen der Siemens AG 2,3 Milliarden Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Bonds (September 2006). 23 Z.B. § 5 Abs. 5 der Emissionsbedingungen der Südzucker AG 700 Millionen Euro Undated Fixed to Floating Rate Bonds (Juni 2005). In einem solchen Fall wird von einem nicht-kumulativen Zinsaufschub gesprochen. 24 Z.B. § 5 Abs. 6 der Emissionsbedingungen der Siemens AG 2,3 Milliarden Euro Subordinated Fixed to Floating Rate Bonds (September 2006). 25 Vgl. BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271 = WM 2001, 317, 319 = AG 2001, 303 m. krit. Anm. Wittig, NZI 2001, 169 ff.; Wittig in K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, S. 242 ff. Rn. 517 ff. Der BGH verlangt insofern eine sinngemäße Erklärung des Gläubigers, er wolle mit seinen Forderungen erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und – bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter berücksichtigt werden, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Forderung um statutarisches Kapital.
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Die Besicherung einer Hybridanleihe würde ebenso wie die Möglichkeit des Inhabers, Forderungen des Unternehmens gegen ihn mittels Aufrechnung eigener Forderungen gegen das Unternehmen zum Erlöschen zu bringen, den erforderlichen Nachrang unterlaufen. Hybridanleihen sind daher stets unbesichert und das Recht des Inhabers zur Aufrechnung gegen Forderungen des Unternehmens wird regelmäßig – jedenfalls für den Fall der Insolvenz des Unternehmens (vgl. § 96 InsO) – ausgeschlossen. Weil Schuldverschreibungsbedingungen allgemeine Geschäftsbedingungen sind, ist nicht sicher, ob das Aufrechnungsverbot vor § 309 Nr. 3 BGB Bestand hat. Dafür spricht, dass das Aufrechnungsverbot notwendige Konsequenz der Nachrangabrede ist und deren formularmäßige Vereinbarung durch das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in Frage gestellt wird26.
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4. Teilnahme an laufenden Verlusten Hybridanleihen, die nach IFRS als Eigenkapital ausgewiesen werden sollen, müssen eine laufende Verlustbeteiligung ebenso wenig aufweisen wie Kapital, das nach den Kriterien der Ratingagenturen als wirtschaftliches Eigenkapital Berücksichtigung finden soll.
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5. Verpflichtung zur Zuführung vergleichbaren Eigenkapitals bei Kündigung Hybridanleihen können auch dann als bilanzielles Eigenkapital nach IAS 32 qualifizieren, wenn das abfließende Kapital im Fall der Rückzahlung durch das Unternehmen nicht ersetzt wird. Demgegenüber verlangen die Ratingagenturen in unterschiedlicher Form Gewissheit darüber, dass das mittelaufnehmende Unternehmen eine langfristige Stärkung seiner Eigenkapitalbasis beabsichtigt und die mögliche Rückzahlung der Hybridanleihe nicht zu einer für die nicht-nachrangigen Gläubiger des Unternehmens nachteilhaften Situation führt. Dabei werden unterschiedliche Ansätze verfolgt: Moody’s lässt eine öffentliche Erklärung des Unternehmens zum Emissionszeitpunkt genügen, in der das Unternehmen die Absicht bekundet, im Fall einer Rückzahlung der Anleihe mindestens gleichwertige Eigenmittel aufnehmen zu wollen. Demgegenüber verlangt Standard & Poor’s seit 2007 jedenfalls bei Hybridanleihen mit einem Zins-Step-up ein rechtlich verbindliches Versprechen des Unternehmens gegenüber bestimmten nicht-nachrangigen Gläubigern, die Hybridanleihe nur dann zurückzuzahlen, wenn dem Unternehmen in Höhe der abfließenden Mittel tatsächlich Ersatzeigenkapital zugeflossen ist. Diese Versprechen (bezeichnet als „replacement capital covenant“) bedeuten – abhängig von ihrer jeweiligen Ausgestaltung – eine erhebliche Einschränkung der Finanzierungsflexibilität des Unternehmens. Seine Geschäftsführungsorgane müssen daher im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Vorteile der wirtschaftlich effizienten Aufnahme wirtschaftlichen Eigenkapitals gegen die Risiken einer eingeschränkten Finanzierungsflexibilität abwägen.
26 Klarstellend für Nachrangkapital von Kreditinstituten § 10 Abs. 5a Satz 9 KWG.
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§ 17 Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen Gottfried Breuninger/Johannes Frey
I. Handelsbilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen nach HGB 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansatz einer Anleihe bei Unterverzinslichkeit (Disagio) . . . . . . . 3. Ansatz einer Anleihe bei Überverzinslichkeit (Agio) . . . . . . . . II. Steuerliche Behandlung der Anleihe bei einer inländischen Emittentin . 1. Grundsatz: Betriebsausgabenabzug 2. Abzugsbeschränkungen für Zwecke der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer (mit Ausnahme der so genannten Zinsschranke, § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008) . 3. Abzugsbeschränkung für Zwecke der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . 4. Beschränkung durch die Zinsschranken-Regelung gem. § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008 a) Bisherige Regelung wird durch Zinsschranke ersetzt aa) Bisherige Beschränkung der Gesellschafterfremdfinanzierung gem. § 8a KStG . . . bb) Neuregelung der Zinsschranke i.R.d. Unternehmensteuerreform 2008 . . . b) Tatbestand und Rechtsfolge der §§ 4h EStG 2008, 8a KStG 2008 aa) Überblick über die gesetzliche Regelung . . . . . . . . bb) Der Tatbestand des § 4h Abs. 1 EStG 2008 . . . . . . . 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . a) Die Escape-Klausel und andere Ausnahmebestimmungen in § 4h Abs. 2 EStG 2008: IFRS und Zinsschranke aa) De-Minimis Ausnahme . . . bb) Fehlende Konzernzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . cc) Escape-Klausel . . . . . . . . b) Gestaltungsüberlegungen und Auswirkungen auf Sicherheitenstrukturen bei Anleihen . . . . .
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1 2 6 8 9
10 12
14 16
19 25 28
29 30 34 45
III. Deutsche steuerliche Aspekte bei einer ausländischen Emittentin . . 1. Anwendung der Zinsschranke auf die ausländische Emittentin . . . . 2. Weiterreichung der Erlöse aus der Anleihe durch Gruppendarlehen . . IV. Kapitalertragsteuerabzug . . . . . . 1. Problemstellung: Kapitalertragsteuer bei Anleihen . . . . . . . . . a) Steuerpflichtigkeit der Zinserträge und Veräußerungsgewinne in Deutschland . . . . . b) Tatbestand der Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zahlstelle im Inland . . . . . . . d) Zufluss . . . . . . . . . . . . . . . e) Höhe der Kapitalertragsteuer . . f) Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug . . . . . . . . . g) Anwendungs- und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalertragsteuer bei einem inländischen Investor . . . . . . . . . . a) Tatbestände der Kapitalertragsteuer aa) Sammelurkunden i.S. des § 9a DepotG . . . . . . . . . bb) Teilschuldverschreibungen . cc) Übrige Fälle . . . . . . . . . . dd) Inländisches Kreditinstitut als Emittentin . . . . . . . . ee) Veräußerung der Anleihe . . b) Die „auszahlende Stelle“ im Inland als Voraussetzung für den Einbehalt der Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inländisches Kreditinstitut/ Finanzdienstleistungsinstitut als auszahlende Stelle . . bb) Grundsätzlich kein Einbehalt durch Schuldner der Zinsen . . . . . . . . . . . . . cc) Veräußerungsfälle . . . . . . 3. Kapitalertragsteuerabzug bei einem ausländischen Investor . . . a) Regelfall: Keine beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . b) Sonderfall: Tafelgeschäfte . . . .
47 48 49 50 53 54 55 57 59 60 62 63 65
66 67 68 69 71
72 74 77 79 82 83 86
§ 17
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen 4. Sonderproblematik im Zusammenhang mit neuen Kapitalanlageformen (Finanzinnovationen) . . . . . a) Begriff der Finanzinnovation . . b) Finanzinnovationen in der Praxis c) Sonderproblem: Redemption Premium . . . . . . . . . . . . . . d) Zinsabschlagsteuerpflicht bei Finanzinnovationen . . . . . . .
87 89 92 93 94
aa) Bemessungsgrundlage . . . . bb) Ersatzbemessungsgrundlage
96 97
V. Sonstige steuerliche Aspekte in Bezug auf private Investoren 1. Veräußerungsgewinne bei inländischen privaten Investoren . . . . . . 98 2. Die Berechnung der Zinseinkünfte im Falle einer Finanzinnovation . . 102
Schrifttum: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995; Beck’scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. 2006; Axer, Abgeltungs- und Veräußerungsgewinnbesteuerung ab 2009, Stbg 2007, 201; Barth, Unternehmensteuerreform 2008, 2008; Behrens, Neuregelung der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009, BB 2007, 1025; Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, Loseblatt; Blumenberg/Lechner in Blumenberg/Benz (Hrsg.), Die Unternehmensteuerreform 2008, 2007, S. 107 ff.; Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, 1994; Dörr/ Geibel/Fehling, Die neue Zinsschranke, NWB 2007, Fach 2, 9410; Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Loseblatt; Epple/Jurowsky/Schäfer, Private Kapitalanlagen, 2. Aufl. 2006; Haisch, Steueränderungsgesetz 2001 – Auswirkungen auf die Besteuerung von Finanzinnovationen, DStR 2002, 247; Haisch/Denz/Jetter, Gesamtkonzept des BFH zur Besteuerung von Finanzinnovationen, DStZ 2007, 45; Harenberg/Irmer, Die Besteuerung privater Kapitaleinkünfte, 4. Aufl. 2007; Harenberg, Rien ne vas plus? – Neue Spielregeln für innovative Kapitalanlagen, NWB 2007, Fach 3, 2637; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Kommentar, Loseblatt; Herzig/Bohn, Modifizierte Zinsschranke und Unternehmensfinanzierung, DB 2007, 1; Jachmann, Besteuerung von Erträgen aus Finanzinnovationen Teil I und II, BB 2007, 1137 und 1198; Kirchhof/Söhn, EStG, Kommentar, Loseblatt; KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Köhler, Erste Gedanken zur Zinsschranke nach der Unternehmensteuerreform, DStR 2007, 597; Korn, Die Besteuerung von Anleihen nach dem Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2001, DStR 2001, 1507; Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, 1996; Rödder/Stangl, Zur geplanten Zinsschranke, DB 2007, 479; Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder (Hrsg.), Unternehmensteuerreform 2008, 2007, S. 447 ff.; Scheurle, Unterschiedliche Formen ab- oder aufgezinster Kapitalforderungen und ihre ertragsteuerliche Behandlung, NWB 1996, Fach 3, 9659; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 26. Aufl. 2007; Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. 2005.
I. Handelsbilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen nach HGB 1. Allgemein Eine Anleihe ist vom Emittenten als Verbindlichkeit unter der Kategorie „Anleihe“ in der Bilanz auszuweisen1. Dabei sind Anleihen im Allgemeinen, wie andere Verbindlichkeiten, zu ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen2. Bei Anleihen, insbesondere solchen, die eine Geldleistungsverpflichtung vorsehen, wird der Rückzahlungsbetrag grundsätzlich dem Nennbetrag entsprechen3.
1 § 266 Abs. 3 Buchst. C Nr. 1 HGB. 2 § 253 Abs. 1 HGB; Moxter, Fremdkapitalbewertung nach neuem Bilanzrecht, WPg 1984, 397 ff. 3 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 72; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 52 f.
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2. Ansatz einer Anleihe bei Unterverzinslichkeit (Disagio) 2
Auch bei Unterverzinslichkeit sowie bei Unverzinslichkeit ist die Anleihe grundsätzlich mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen4.
3
Allerdings wird bei unter- oder unverzinslichen Anleihen regelmäßig eine verdeckte Zinszahlung angenommen, die sich zumeist aus der Differenz zwischen dem Ausgabebetrag und dem höheren Rückzahlungsbetrag ergibt. Dabei werden Anleihen, die eine verdeckte Zinskomponente in Form eines über dem Ausgabebetrag liegenden Rückzahlungsbetrages gewähren, in zwei Gruppen eingeteilt: In solche, die keine laufenden Zinsen vorsehen, so genannte „Zero-Bonds“, und in solche, die zwar eine laufende Verzinsung einräumen, aber dennoch ein Disagio beinhalten, so genannte „Diskontanleihen“.
4
Für Diskontanleihen erfolgt nach h.M. eine Bilanzierung nach der so genannten Bruttomethode5, also dem Ansatz der Anleiheverbindlichkeit auf der Passivseite der Emittentin mit dem Rückzahlungsbetrag6.
5
Bei Zero-Bonds erfolgt hingegen nach der so genannten Nettomethode eine Passivierung mit dem Ausgabebetrag, der jährlich in Höhe der aufgelaufenen, nicht gezahlten Zinsen zu erhöhen ist7.
3. Ansatz einer Anleihe bei Überverzinslichkeit (Agio) 6
Auch bei Überverzinslichkeit einer Anleihe ist vom Emittenten der volle Rückzahlungsbetrag zu passivieren8. Nach dem Vorsichtsprinzip ist wie für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften eine Rückstellung in Höhe der Differenz vom tatsächlichen zum üblichen Zins zu bilden9.
4 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 229; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 63. 5 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 81 und 85 f.; Hoyos/Ring in Beck’scher BilanzKomm., § 253 HGB Rz. 64 f. Nach der so genannten Bruttomethode ist der Rückzahlungsbetrag zu passivieren (daher „Brutto“), während der Unterschied zwischen Ausgabe- und Rückzahlungsbetrag, das so genannte Disagio, als Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert werden kann (Wahlrecht) und sodann über die Laufzeit der Anleihe aufzulösen ist. Vgl. zur Bruttomethode Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 229; Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 81; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 64 f. sowie Ellrott/Krämer in Beck’scher Bilanz-Komm., § 250 HGB Rz. 58 ff. 6 Grund hierfür ist das Abzinsungsverbot basierend auf dem Realisationsprinzip. KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 229; Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 81. 7 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 85 f.; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 65; BMF zur Bilanzierung von Zerobonds v. 5.3.1987 – IV B 2 - S 2133 - 1/87, DB 1987, 765; Glanegger in Schmidt, EStG, § 6 Rz. 396; Strobl in FS Döllerer, 1988, S. 613, 619 f. Begründet wird diese Bilanzierung von Zero-Bonds nach den Grundsätzen der Nettomethode damit, dass die zukünftigen Zinsen einem nicht passivierungsfähigen schwebenden Geschäft unterliegen. 8 Vgl. Bachem, Bewertung von überverzinslichen Geldleistungsverbindlichkeiten, DStR 1999, 773; Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 78. 9 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 78; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 60.
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Im Fall der Emission einer Anleihe mit einem über dem Rückzahlungsbetrag liegenden Ausgabebetrag muss die Differenz, das so genannte Agio, durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten entsprechend der Kapitalnutzung über die Laufzeit verteilt werden10.
7
II. Steuerliche Behandlung der Anleihe bei einer inländischen Emittentin Bei der Finanzierung durch eine Anleiheemission spielt die steuerliche Behandlung regelmäßig eine entscheidende Rolle. Die steuerliche Behandlung von Anleihen bei der Emittentin knüpft nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) grundsätzlich an die vorstehend geschilderte handelsbilanzielle Behandlung an. Steuerlich von entscheidender Bedeutung ist die Abzugsfähigkeit des Finanzierungsaufwands bei der Emittentin.
8
1. Grundsatz: Betriebsausgabenabzug Geht man davon aus, dass es sich bei der Anleihe um steuerliches Fremdkapital handelt, was regelmäßig der Fall sein wird, sind die gezahlten Zinsen grundsätzlich als Betriebsausgaben für Zwecke der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer abzugsfähig11. Von steuerlichem Fremdkapital ist regelmäßig dann auszugehen, wenn die Rückzahlung des Anleihebetrages rechtlich verbindlich ist, für die Kapitalüberlassung ein Entgelt vorgesehen ist und keine über den Rückzahlungsbetrag hinausgehende Beteiligung an den stillen Reserven der Emittentin besteht12. Allerdings existiert eine Vielzahl von Abzugsbeschränkungen für Zwecke der Körperschaftund Gewerbesteuer, welche im Einzelnen im Hinblick auf den Steuerstatus der emittierenden Gesellschaft zu beachten sind.
9
2. Abzugsbeschränkungen für Zwecke der Körperschaftsteuer und Einkommensteuer (mit Ausnahme der so genannten Zinsschranke, § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008) Neben den Einschränkungen bei der Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen durch die so genannte Zinsschranke in § 4h EStG i.d.F. Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (im Folgenden: EStG 2008), § 8a KStG 2008 (vgl. hierzu Rz. 14 ff.) sind weitere Abzugsbeschränkungen für die Besteuerung der Emittentin von Bedeutung. Zunächst ist hier § 8b Abs. 5 KStG zu nennen. Diese Vorschrift hat mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 2004 erstmalig auch für Inlandsdividenden eine fiktive 10 Vgl. § 250 Abs. 2 HGB; Hoyos/Ring in Beck’scher Bilanz-Komm., § 253 HGB Rz. 91; Adler/ Düring/Schmaltz, § 253 HGB Rz. 148. Es besteht in diesem Fall nicht – wie beim aktiven Rechnungsabgrenzungsposten für ein Disagio – ein Wahlrecht zur Abgrenzung, sondern eine Pflicht. 11 § 4 Abs. 4 EStG: „Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind“ (s. hierzu Heinicke in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 520 „Finanzierungskosten“). 12 Vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; vgl. zur steuerlichen Behandlung der unterschiedlichen Anleiheformen in Bezug auf Unter- und Überverzinslichkeit oder als Zero-Bond, Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 5 Rz. 270 „Finanzprodukte“ m.w.N.
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Einschränkung des Betriebsausgabenabzuges bestimmt. Die Vorschrift ist im Lichte der langjährigen Problematik zu sehen, inwieweit Refinanzierungsaufwendungen für den Erwerb ausländischer Beteiligungen einem Abzugsverbot unterliegen. Nach den Grundsatzentscheidungen des BFH aus dem Jahr 199613 galt gem. § 3c Abs. 1 EStG ein eingeschränktes Abzugsverbot14. Nachdem zunächst eine Pauschalierung des Betriebsausgabenabzugsverbots für Auslandsdividenden in § 8b Abs. 5 KStG geregelt worden ist15, ist mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 2004 auch eine Erstreckung dieser Vorschrift auf Inlandsdividenden eingeführt worden. Im Ergebnis führt diese Neuregelung nur noch zu einer Freistellung von 95 % der Dividendeneinnahmen. Hierdurch soll ein pauschaliertes Betriebsausgabenabzugsverbot geregelt werden16. 11
Im Kapitalgesellschaftskonzern, in dem Beteiligungen an Personengesellschaften bestehen, ist außerdem die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen17. Diese Vorschrift wurde ursprünglich als Handhabe gegen das so genannte Zweikontenmodell kreiert18. U.E. ist diese Vorschrift aber in Personengesellschaftsstrukturen, bei denen nur Kapitalgesellschaften Gesellschafter der Mitunternehmerschaft sind, nicht anzuwenden, da es sich dabei gerade nicht um Konstellationen des ursprünglichen Zweikontenmodells handelt, bei dem Zinsaufwendungen aus dem Privatbereich in den Betriebsvermögensbereich verlagert werden sollen19.
3. Abzugsbeschränkung für Zwecke der Gewerbesteuer 12
Nach § 8 Nr. 1 GewStG 2008 wird dem gewerbesteuerpflichtigen Gewinn ein Viertel der Zinszahlungen für Schulden hinzugerechnet. Dadurch wurde die bisherige hälftige Hinzurechnung in Bezug auf solche Verbindlichkeiten (so genannte Dauerschulden), die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung des Betriebs zusammenhängen (so genannte geborene Dauerschulden) oder der nicht nur vorübergehenden Verstär-
13 BFH v. 29.5.1996 – I R 21/95, BStBl. II 1997, 63; BFH v. 29.5.1996 – I R 15/94, BStBl. II 1997, 57; BFH v. 29.5.1996 – I R 167/94, BStBl. II 1997, 60; vgl. auch BFH v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50. 14 Hiernach bestand für Finanzierungsaufwendungen das Betriebsausgabenabzugsverbot nicht, wenn keine Gewinne steuerfrei ausgeschüttet wurden. 15 Vgl. zu dessen Europarechtswidrigkeit die Entscheidung des EuGH v. 23.2.2006 – C 471/04 – „Keller Holding“, IStR 2006, 235 und BFH v. 13.6.2006 – I R 78/04, IStR 2007, 70, m. Anm. Salzmann. 16 Vgl. bspw. Gosch in Gosch, KStG, 2005, § 8b Rz. 505. 17 Vgl. hierzu BMF-Schreiben v. 17.11.2005, BStBl. I 2005 1019. 18 Vgl. hierzu Heinicke in Schmidt, EStG, § 4 Rz. 522. 19 Hat die Emittentin die Rechtsform einer Personengesellschaft und sind an der Personengesellschaft natürliche Personen beteiligt, sind zudem die Abzugsbeschränkungen des § 3c Abs. 2 EStG und § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen. Das Abzugsverbot gem. § 3c Abs. 2 EStG setzt voraus, dass natürliche Personen an der Emittentin beteiligt sind. In diesem Fall sind die Refinanzierungszinsen, welche im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den dem Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 EStG unterliegenden Dividenden stehen, nur in Höhe von 50 % abzugsfähig. Nach dem ab VZ 2009 geltenden Teileinkünfteverfahren sind bei Beteiligungen im Betriebsvermögen zukünftig 60 % der Gewinnausschüttung steuerpflichtig, so dass gem. § 3c Abs. 2 EStG 2008 60 % der Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen. Dies gilt gem. § 3c Abs. 2 EStG ohne Rücksicht darauf, ob in dem betreffenden Veranlagungszeitraum Gewinnausschüttungen durchgeführt worden sind.
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kung des Betriebskapitals dienen20, gegenstandslos. Die 25%ige Hinzurechnung wird regelmäßig bei einer Anleihefinanzierung gegeben sein. Zu berücksichtigen ist das schon seit jeher bestehende Bankenprivileg gem. § 19 GewStDV, welches aber nur eingreift, wenn es sich bei der Emittentin um eine Bank im Sinne von § 1 KWG handelt. Darüber hinaus ist die Neuregelung in § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV für besondere Zweckgesellschaften, die Bankdarlehen erwerben, zu beachten. In der Praxis spielt die Strukturierung einer Transaktion innerhalb der Vorschrift des § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStDV eine immer bedeutender werdende Rolle21.
13
4. Beschränkung durch die Zinsschranken-Regelung gem. § 4h EStG 2008, § 8a KStG 2008 a) Bisherige Regelung wird durch Zinsschranke ersetzt aa) Bisherige Beschränkung der Gesellschafterfremdfinanzierung gem. § 8a KStG Die mit Abstand größte Relevanz für die steuerliche Strukturierung von Anleiheemissionen hatte bisher die durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum StVergAbG (so genanntes Korb II-Gesetz) erfolgte Neuregelung des § 8a KStG22. Diese Neuregelung erfolgte als Reaktion auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Lankhorst-Hohorst vom 12.12.200223, in dem entschieden wurde, dass § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a.F. gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG verstößt24.
14
Dazu wurde § 8a KStG auf alle Inlandsfälle ausgedehnt (und angebliche Missbrauchs-Verhinderungsvorschriften geschaffen). Finanzierungen von fremden Dritten (also auch von Banken und Anleihegläubigern) waren vom „alten“ § 8a KStG dem Grunde nach nicht erfasst. Soweit ein Rückgriff auf den Gesellschafter oder eine dem Gesellschafter nahestehende Person erfolgen konnte, stellte sich allerdings bereits unter dem Regime der Gesellschafter-Fremdfinanzierung die Frage nach der Anwendbarkeit des § 8a KStG25. Hierbei war einer der zentralen Streitpunkte die Frage des schädlichen Rückgriffs. Die Finanzverwaltung hat dies nach langer Diskussion schließlich im Sinne eines rechtlich verstandenen Rückgriffsbegriffs geklärt26.
15
20 Abschn. 45 Abs. 1 Satz 1 GewStR 1998. 21 Es geht darum, eine Struktur zu implementieren, bei der die Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 3 Nr. 2 GewStG eingreift und so das Bankenprivileg in Anspruch genommen werden kann; vgl. Giehl, UStB 2004, 357 ff. 22 Vgl. hierzu bspw. Dötsch/Pung, DB 2004, 91 ff. m.w.N. 23 EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-324/00 – „Lankhorst-Hohorst“, DB 2002, 2690 ff. 24 In Folge dieses EuGH-Urteils wendet die Finanzverwaltung § 8a KStG a.F. in allen offenen Fällen nicht mehr an, wenn der Anteilseigner Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründete Gesellschaft i.S. von Art. 48 Abs. 2 EG ist und in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässig ist; vgl. FinMin NRW, Erlass v. 26.5.2003 – S 2742a-11-VB4, DB 2003, 1250; FinBeh. Hamburg, Erlass v. 27.6.2003 – 53-S 2742a-06/97, DStR 2003, 1259. Die Finanzverwaltung lehnt nunmehr wohl ab, dass § 8a KStG a.F. unter die Diskriminierungsverbote der Doppelbesteuerungsabkommen fällt, BMF v. 8.12.2004 – IV B4 - S1301 USA - 12/04, GmbHR 2005, 67 m. Anm. Meilicke. 25 Vgl. hierzu ausführlich die Ausführungen in der 1. Aufl., § 15 Rz. 18 ff. 26 Vgl. BMF-Schreiben v. 25.7.2004, BStBl. I 2004, 593, Tz. 18 ff. und BMF-Schreiben v. 22.7.2005, BStBl. I 2005, 829.
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Als schädlicher Rückgriff galten demnach nur solche Fälle, in denen zum einen ein rechtlicher Anspruch (z.B. aufgrund einer Garantieerklärung oder Bürgschaft) oder eine dingliche Sicherheit (z.B. Sicherungseigentum) vorlag und zum anderen der dadurch ermöglichte Rückgriff im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung stand. Im Ergebnis wurde der Rückgriffsbegriff im Erlasswege auf Fälle des so genannten „echten“ back-to-back begrenzt. Die Rechtsfolge des bisher geltenden § 8a KStG war, dass die Vergütungen für Fremdkapital in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifiziert wurden27. bb) Neuregelung der Zinsschranke i.R.d. Unternehmensteuerreform 2008 16
Die bisher geltenden Regelungen der Gesellschafter-Fremdfinanzierung in § 8a KStG werden im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 durch die Zinsschranke ersetzt, wodurch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwendungen noch weitergehender eingeschränkt wird und im Ergebnis eine noch gravierendere Beschränkung der Finanzierungsfreiheit erreicht wird.
17
Die Grundnorm der Zinsabzugsbeschränkung – die so genannte Zinsschranke – findet sich nun erstmalig im EStG. In § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG 2008 heißt es: „Zinsaufwendungen eines Betriebs sind abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur in Höhe von 30 Prozent des … maßgeblichen Gewinns“. Es handelt sich somit um eine allgemeine Zinsabzugsbeschränkung, die nicht auf Gesellschafter-Fremdfinanzierung und nicht auf die fremdfinanzierte Kapitalgesellschaft begrenzt ist. Daher ist die Beschränkung durch die Zinsschranke nicht nur für Anleiheemissionen bei der bisherigen Problematik der so genannten Rückgriffsfälle relevant, sondern grundsätzlich ist für jeden Fall der Anleiheemission die Frage der Abzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen zu prüfen.
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Die Rechtsfolge der Zinsschranke beschränkt sich auf ein Abzugsverbot beim Schuldner, der allerdings nicht abziehbare Zinszahlungen in künftige Veranlagungszeiträume vortragen kann. Insbesondere findet keine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung mehr statt. Somit ergeben sich auch keine Auswirkungen beim Gläubiger, der unabhängig von der Abzugsfähigkeit beim Schuldner die Zahlungen als reguläre Zinseinkünfte zu versteuern hat. Die Rechtsfolge der Zinsschranke beinhaltet gewissermaßen „systemimmanent“ eine (temporäre) Doppelerfassung der Zinszahlung in Höhe des nicht abziehbaren Teils (und nicht mehr wie beim „alten“ § 8a KStG als Folge etwaiger Qualifikationskonflikte in grenzüberschreitenden Konstellationen). Diese temporäre Doppelbesteuerung soll durch die Möglichkeit eines Zinsvortrages abgemildert werden. Ob dies gelingt, erscheint indes fraglich, da der Zinsvortrag wiederum nur in den Grenzen der Zinsschranke genutzt werden und im Zuge bestimmter Unternehmenstransaktionen ganz untergehen kann. Ob der Nachteil der Nichtabziehbarkeit somit durch Ansatz eines Tax Assets in der IFRS-Bilanz ausgeglichen werden kann, ist im Hinblick auf die eingeschränkte Nutzbarkeit des Zinsvortrages problematisch28.
27 Vgl. zur Rechtsfolge FG Hamburg v. 9.3.2007 – 6 K 181/05, FR 2007, 554, Rev. BFH: I R 29/07. 28 Ebenso Kirsch, DStR 2007, 1268, 1269 und Rödder/Stangl, DB 2007, 479, 482.
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b) Tatbestand und Rechtsfolge der §§ 4h EStG 2008, 8a KStG 2008 aa) Überblick über die gesetzliche Regelung Die Grundvorschrift des § 4h EStG 2008: Kern der gesetzlichen Neuregelung der Zinsschranke ist § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG 200829. Zinsaufwendungen eines Betriebs sind demnach in Höhe des Zinsertrags immer abziehbar (so genannter Nettozinsaufwand), darüber hinaus nur bis zu 30 % des um die Zinsaufwendungen und um Abschreibungen nach §§ 6 Abs. 2 Satz 1, 6 Abs. 2a und 7 EStG erhöhten sowie um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns (so genanntes steuerliches EBITDA). Gleichzeitig ordnet § 4h Abs. 1 Satz 2 EStG 2008 an, dass Zinsaufwendungen, die nicht abgezogen werden dürfen, in die folgenden Wirtschaftsjahre vorzutragen sind (Zinsvortrag).
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§ 4h Abs. 2 EStG 2008 enthält drei Konstellationen, in denen die Zinsschranke keine Anwendung findet.
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(1) § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. a EStG 2008 sieht eine de-minimis-Ausnahme für Nettozinsaufwand vor, der weniger als 1 Mio. Euro beträgt. Dabei handelt es sich um eine betriebsbezogene Freigrenze und keinen Freibetrag. Ein auch nur geringfügiges Überschreiten der Freigrenze führt dazu, dass die Zinsschranke auf die gesamten Zinszahlungen durchschlägt („Fallbeil“-Effekt)30. (2) Nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. b EStG 2008 ist die Zinsschranke nicht anzuwenden, wenn ein Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört. (3) Die so genannte „Escape“-Klausel in § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c EStG 2008 sieht vor, dass ein Betrieb, der zu einem Konzern gehört, dann nicht den Einschränkungen der Zinsschranke unterliegt, wenn dessen Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages die Eigenkapitalquote des Konzerns um nicht mehr als einen Prozentpunkt unterschreitet. Der Eigenkapitalvergleich ist dabei primär nach IFRS zu führen31. Der „neue“ § 8a KStG: § 8a KStG 2008 beinhaltet nunmehr lediglich Modifikationen der allgemeinen Zinsschranken-Regelung des § 4h EStG 200832. Hiernach ist auf Kapitalgesellschaften § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG 2008 mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das „maßgebliche Einkommen“ zu berücksichtigen ist, was im Wesentlichen dazu führt, dass von § 8b KStG privilegierte Dividenden oder Veräußerungsgewinne nur zu 5 % in das steuerliche EBITDA der Kapitalgesellschaft eingehen. Ferner finden sich in § 8a Abs. 2 und 3 KStG 2008 Sonderbestimmungen zu der Konzern- bzw. „Escape“-Klausel in § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. b bzw. lit. c EStG 2008, die dann jeweils keine Anwendung finden, wenn ein Fall der schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung gegeben ist (was jeweils unterschiedlich verstanden wird).
29 Erstmalige Anwendung findet die Zinsschranke bei Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr in 2008 und bei abweichendem Wirtschaftsjahr, welches nach dem 25.5.2007 beginnt und nicht vor dem 1.1.2008 endet, schon im Wirtschaftsjahr 2007/2008, § 52 Abs. 12d EStG 2008. 30 Kritisch hierzu insbesondere Herzig/Bohn, DB 2007, 1, 2 und Köhler, DStR 2007, 597, 598, die sich jeweils für einen Freibetrag aussprechen. Vgl. dazu auch unten unter Rz. 29. 31 Zu den damit verbundenen Problemen stv. Hennrichs, DB 2007, 2101. 32 Ausführlicher hierzu Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259.
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Personengesellschaften unterliegen den allgemeinen Zinsschranken-Bestimmungen. Eine Spezialregelung enthält § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG 2008, wonach auf eine einer Körperschaft nachgeordnete Mitunternehmerschaft § 8a Abs. 2 und 3 KStG 2008 entsprechend anzuwenden sind.
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Sonderregelungen für Organschaften in § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG 2008: Für Organschaften enthält § 15 Satz 1 Nr. 3 KStG 2008 eine wichtige Sonderbestimmung33. Organschaften gelten für Zwecke der Zinsschranke demnach als ein Betrieb; § 4h EStG 2008 (und wohl auch § 8a KStG 2008) findet bei der Organgesellschaft keine Anwendung.
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Sonderregelung für Bestand und Untergang des Zinsvortrags: Detaillierte Vorschriften regeln schließlich das Schicksal des Zinsvortrags34. So findet sich in § 4h EStG 2008 mit Absatz 5 eine Bestimmung, die das Untergehen eines Zinsvortrags im Falle einer Betriebsaufgabe bzw. Übertragung oder anteilig im Falle des Ausscheidens eines Mitunternehmers anordnet. § 8a Abs. 1 Satz 3 KStG 2008 sieht die entsprechende Anwendbarkeit des „neuen“ § 8c KStG 2008 auf den Zinsvortrag vor. Entsprechende Regelungen finden sich auch im Umwandlungssteuergesetz: Im Fall einer Verschmelzung auf eine Personengesellschaft oder dem Formwechsel in eine Personengesellschaft geht ein etwaiger Zinsvortrag des übertragenden Rechtsträgers nicht auf den übernehmenden Rechtsträger mit über (§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Gleiches gilt über § 12 Abs. 3 UmwStG im Fall einer Verschmelzung oder Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft. Bei einer Abspaltung mindert sich ein Zinsvortrag der übertragenden Körperschaft insoweit als das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht, § 15 Abs. 3 UmwStG. § 20 Abs. 9 UmwStG sieht vor, dass im Falle einer Sacheinlage nach § 20 UmwStG ein Zinsvortrag des eingebrachten Betriebs untergeht. Bei einer Einbringung in eine Personengesellschaft ordnet § 24 Abs. 6 UmwStG die entsprechende Anwendung von § 20 Abs. 9 UmwStG an. bb) Der Tatbestand des § 4h Abs. 1 EStG 2008
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Der relevante Betrieb: Die Zinsschranke stellt für die Frage der Abziehbarkeit von Zinsaufwand auf den betreffenden fremdfinanzierten Betrieb ab. Allerdings ist der für die Zinsschranke zentrale Begriff des „Betriebs“ weder in § 4h EStG 2008 noch in § 8a KStG 2008 definiert35. Grundsätzlich ist wohl davon auszugehen, dass hiervon alle Betriebe i.S. der Gewinneinkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG erfasst sein sollen. Als ein „Betrieb“ im Sinne der Zinsschranke ist kraft Gesetzes36 auch ein Organkreis anzusehen. Dies führt zum einen dazu, dass Darlehen, die innerhalb eines Organkreises vergeben werden, aus der Perspektive der Zinsschranke hinweg zu denken sind. Andererseits kann der Betrieb „Organschaft“ beispielsweise die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. a EStG 2008 insgesamt nur einmal in Anspruch nehmen37. 33 Vgl. hierzu Herzig/Liekenbrock, DB 2007, 2387. 34 Vgl. insbesondere Schaden/Käshammer, BB 2007, 2317. 35 Hierzu Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 454 f. m.w.N. 36 § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG 2008: „Organträger und Organgesellschaften gelten als ein Betrieb im Sinne des § 4h des Einkommensteuergesetzes“. 37 Besondere Fragen stellen sich im Hinblick auf hybride Gesellschaftsformen wie z.B. eine atypisch stille Gesellschaft oder eine KGaA (vgl. zu letzterer Rohrer/Orth, BB 2007, 2266) und insbesondere auch im grenzüberschreitenden Kontext. Fraglich ist beispielsweise, ob
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Der Zinsbegriff: Gem. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG 2008 sind Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke solche Vergütungen für Fremdkapital, die den maßgeblichen Gewinn gemindert haben. Als Zinserträge gelten nach § 4h Abs. 3 Satz 3 EStG 2008 alle Erträge aus Kapitalforderungen, die den maßgeblichen Gewinn erhöht haben. Vom Zinsbegriff der Zinsschranke sind ausdrücklich auch Aufwendungen bzw. Erträge aus der Auf- bzw. Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten oder Kapitalforderungen erfasst (§ 4h Abs. 3 Satz 4 EStG 2008). Ausweislich dieser gesetzlichen Definition gilt grundsätzlich ein enger Zinsbegriff, der um die Auf- bzw. Abzinsung von Kapitalforderungen erweitert wird38.
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Ermittlung des EBITDA: Gem. § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG 2008 ist Nettozinsaufwand – also der Überschuss der Zinsaufwendungen über die Zinseinkünfte eines Veranlagungszeitraums – nur in Höhe von maximal 30 % des so genannten „steuerlichen EBITDA“ des Betriebes abziehbar. Maßgeblicher Gewinn für die Anwendung der Zinsschranke ist nach § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG 2008 der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes vor Anwendung der Zinsschranke ermittelte steuerpflichtige Gewinn. Für Kapitalgesellschaften wird dies durch § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG 2008 modifiziert, indem hier nicht auf den maßgeblichen Gewinn, sondern vielmehr auf das maßgebliche Einkommen abzustellen ist39. Zur Ermittlung des steuerlichen EBITDA ist der maßgebliche Gewinn bzw. das maßgebliche Einkommen um bestimmte im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtige Beträge zu bereinigen. So sind Zinsaufwendungen, Anschaffungs- oder Herstellungskosten für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 Satz 1 EStG), die jährliche Auflösung des neuen Sammelpostens für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2a Satz 2 EStG) und Absetzung für Abnutzung i.S.v. § 7 EStG wieder hinzuzurechnen. Dies gilt insbesondere auch für Abschreibungen in Ergänzungsbilanzen einzelner Gesellschafter. Zinserträge sind aus dem maßgeblichen Gewinn bzw. Einkommen herauszurechnen.
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5. Rechtsfolgen Soweit die Zinsschranke zur Anwendung kommt, d.h. soweit der Nettozinsaufwand eines Betriebs 30 % seines steuerlichen EBITDA übersteigt, können Zinsaufwendungen nicht zum Abzug gebracht werden. Nichtabziehbare Zinsaufwendungen können als Zinsvortrag in die folgenden Veranlagungszeiträume vorgetragen werden allein eine inländische Betriebsstätte einen Betrieb darstellt oder ob nicht vielmehr nur das Gesamtunternehmen bestehend aus Stammhaus und Betriebsstätte als Betrieb i.S. der Zinsschranke qualifiziert. Die Gesetzesbegründung ist insofern unklar (vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 455). 38 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 459. 39 Wichtigste praktische Auswirkungen hiervon sind, dass verdeckte Gewinnausschüttungen in die Ermittlung der relevanten Bezugsgröße mit eingehen und Dividenden und Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften das maßgebliche Einkommen im Regelfall lediglich zu 5 % erhöhen. Soweit Beteiligungserträge nach § 8b KStG effektiv zu 95 % steuerbefreit sind, stehen diese also für eine Erhöhung des Zinsausgleichsvolumens nicht zur Verfügung. Dies bedeutet insbesondere für Holdinggesellschaften eine erhebliche Benachteiligung, da sich deren Einnahmen im Regelfall (fast) ausschließlich aus Beteiligungserträgen zusammensetzen. Im Ergebnis kann so das für die Anwendung der Zinsschranke relevante steuerliche EBITDA erheblich von dem handelsrechtlichen EBITDA abweichen. Vgl. dazu Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259.
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(§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG 2008) und dort in den Grenzen der Zinsschranke zum Abzug gebracht werden. Technisch wird dies dadurch verwirklicht, dass der Zinsvortrag die laufenden Zinsaufwendungen des Folgejahres erhöht, § 4h Abs. 1 Satz 3 EStG 2008. a) Die Escape-Klausel und andere Ausnahmebestimmungen in § 4h Abs. 2 EStG 2008: IFRS und Zinsschranke aa) De-Minimis Ausnahme 29
Die Zinsschranke enthält mit § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. a EStG 2008 eine als „Mittelstandskomponente“ eingefügte Freigrenze von 1 Mio. Euro. Das bedeutet, dass bei einem negativen Zinssaldo von weniger als 1 Mio. Euro in dem betreffenden Veranlagungszeitraum die Rechtsfolgen der Zinsschranke für diesen Betrieb nicht eintreten40. bb) Fehlende Konzernzugehörigkeit
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Die Zinsschranke findet dann ebenfalls keine Anwendung, wenn ein Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört, § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. b EStG 2008. Dem liegt ein weites, zinsschrankenspezifisches Konzernverständnis zu Grunde, das nicht darauf Bezug nimmt, ob tatsächlich ein Konzernabschluss aufgestellt wird. Ausreichend ist nach Maßgabe von § 4h Abs. 3 Satz 5 EStG 2008 bereits eine schlichte Konsolidierungsmöglichkeit41. § 4h Abs. 3 Satz 6 EStG 2008 erweitert den Konzernbegriff der Zinsschranke sogar noch um solche Betriebe, die ihre Finanzund Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmen können, was ersichtlich auf das in IAS 27 verwendete Verständnis abstellt42. Ein Konzern soll ausweislich der Gesetzesbegründung43 allerdings dann nicht vorliegen, wenn ein Unternehmen – beispielsweise eine GmbH – von einer natürlichen Person gehalten wird, die ihrerseits keine weiteren Unternehmen kontrolliert. Umfasst ein nicht konzerngebundenes Einzelunternehmen mehrere Betriebe oder ergibt sich die Gewerblichkeit eines Besitzunternehmens nur nach den Grundsätzen der so genannten Betriebsaufspaltung, soll es ebenfalls an einem Konzern fehlen. Bereits die „klassische“ GmbH & Co. KG würde hingegen als Konzern i.S. der Zinsschranke qualifizieren. Eine im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2008 vorgesehene Befreiungsvorschrift44 wurde letztlich nicht umgesetzt.
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Einschränkung durch schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung: Im Rahmen der „Konzern“-Klausel ist allerdings immer auch die Einschränkung des § 8a Abs. 2 40 Zu Recht wird dabei die Regelungstechnik einer Freigrenze anstelle eines Freibetrages kritisiert (vgl. Herzig/Bohn, DB 2007, 1, 2), da die geltende Regelung letztlich dazu führt, dass ein auch nur geringfügiges Überschreiten der Freigrenze die gesamten Zinsaufwendungen der Zinsschranke unterwirft (so genannter „Fallbeileffekt“ der Zinsschranke). 41 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. 42 Vgl. Hennrichs, DB 2007, 2101. Lüdenbach/Hoffmann (DStR 2007, 636, 636 f.) weisen zutreffend darauf hin, dass dieser Verweis auf IAS 27 nur dann nicht redundant ist, wenn sich dieser auf den Konzernabschluss nach HGB bzw. US GAAP bezieht. 43 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 50. 44 Vgl. BR-Drucks. 544/1/07, S. 15 f.
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KStG 2008 zu beachten. Danach kann nur dann erfolgreich auf die „Konzern“-Klausel rekurriert werden, wenn kein Fall einer schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung vorliegt, also wenn die Zinszahlungen an einen zu mehr als 25 % beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person oder einen rückgriffsberechtigten Dritten maximal 10 % der Nettozinsaufwendungen des fremdfinanzierten Betriebs darstellen. Nach der Gesetzesbegründung45 ist ein Rückgriff bereits dann schädlich, wenn der Anteilseigner oder die ihm nahestehende Person dem Dritten gegenüber faktisch für die Erfüllung der Schuld einstehen: „Insbesondere werden auch Gestaltungen erfasst, bei denen eine Bank der Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewährt und ein Anteilseigner seinerseits bei der Bank Einlagen unterhält (so genannte Back-to-back-Finanzierungen). Die Annahme einer Gesellschafterfremdfinanzierung setzt die Abtretung einer Einlageforderung gegen die Bank nicht voraus. Für die Bejahung des Rückgriffs reichen ein konkreter rechtlich durchsetzbarer Anspruch (z.B. aufgrund einer Garantieerklärung oder einer Bürgschaft) […] oder eine harte oder weiche Patronatserklärung zwar aus, sie sind aber nicht erforderlich.“
Damit versucht der Gesetzgeber offenbar, die aus dem „alten“ § 8a KStG bekannte (aber alles andere als bewährte) Rechtslage wiederherzustellen. Die einschränkende Auslegung durch die Finanzverwaltung46 soll so de facto überschrieben werden. Da im mittelständischen Bereich üblicherweise Sicherheiten des Gesellschafters von der Bank verlangt werden, ist davon auszugehen, dass ein „schädlicher“ Rückgriff den Regelfall darstellen dürfte. Letztlich dürfte die „Konzern“-Klausel zum einen aufgrund des weiten, zinsschrankenspezifischen Konzernverständnisses und den geringen Hürden an eine schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung in vielen Fällen leer laufen. Gleiches könnte gerade für die hier relevanten Anleihen gelten. Emittiert eine GmbH, die von einer natürlichen Person zu 100 % gehalten wird, eine Anleihe, so führt die Garantie des Gesellschafters regelmäßig zur Anwendung der Zinsschranke, da davon auszugehen ist, dass die 10 % Grenze überschritten sein wird.
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Außerdem ist derzeit ungeklärt, inwieweit eine „klassische“ GmbH & Co. KG47, die eine Anleihe begibt, den Regeln zur schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung nach § 8a Abs. 2 KStG 2008 unterliegt, die ja wiederum die Anwendbarkeit der „Konzern“-Klausel nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. b EStG 2008 versperren würde. Diese Frage stellt sich insbesondere im Hinblick auf § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG 2008, wonach auf eine einer Kapitalgesellschaft nachgeordnete Personengesellschaft § 8a Abs. 2 KStG 2008 entsprechend anzuwenden ist. Diese ebenfalls aus dem „alten“ § 8a KStG bekannte Regelung sollte allerdings auch entsprechend einschränkend ausgelegt werden48. Ist – wie im Fall der „klassischen“ GmbH & Co. KG – die Komplementär-GmbH nicht am Vermögen der KG beteiligt, kann die KG auch nicht als der GmbH nachgeordnete Gesellschaft bezeichnet werden. Vielmehr ist auch insofern eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 8a Abs. 2 KStG 2008 zu fordern49. Die Finan-
33
45 BT-Drucks. 16/4841, S. 75. 46 Vgl. BMF-Schreiben v. 22.7.2005, BStBl. I 2005, 829. 47 Im Fall einer GmbH & Co. KG, bei der eine natürliche Person 100%iger Kommanditist ist und diese Person alle Anteile an der Komplementär-GmbH hält. Dem Vernehmen nach will die Finanzverwaltung die klassische GmbH & Co. KG nicht als Konzern i.S.d. Zinsschranke behandeln. 48 Vgl. zum „alten“ § 8a Abs. 5 KStG Gosch in Gosch, KStG, 2005, § 8a Rz. 295. 49 Ebenso Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 501. A.A. Möhlenbrock, Ubg 2008, 1, 12.
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zierung der KG durch die nicht am Vermögen beteiligte Komplementär-GmbH führt daher nicht zu einem Fall des § 8a Abs. 2 KStG 2008. cc) Escape-Klausel 34
Schließlich kann die Anwendung der Zinsschranke gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c EStG 2008 auch dann vermieden werden, wenn der Betrieb zwar zu einem Konzern gehört, aber seine Eigenkapitalquote am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder höher ist als die des Konzerns (Eigenkapitalvergleich). Ein Unterschreiten der Eigenkapitalquote des Konzerns bis zu einem Prozentpunkt ist unschädlich (§ 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 2 EStG 2008).
35
Eigenkapitalquote ist gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 3 EStG 2008 das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme, „sie bemisst sich nach dem Konzernabschluss, der den Betrieb umfasst, und ist für den Betrieb auf der Grundlage des Jahresabschlusses oder Einzelabschlusses zu ermitteln“. Dabei bestimmt sich die Frage, welches Rechnungslegungssystem für den Eigenkapitalquotenvergleich heranzuziehen ist nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Sätze 8 bis 10 EStG 2008.
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Ausgangspunkt zur Bestimmung des maßgeblichen Rechnungslegungsstandards ist, dass primär die einzelnen Abschlüsse einheitlich nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu erstellen sind50. „EU HGB“: Sofern kein Konzernabschluss nach IFRS zu erstellen und offen zu legen ist und auch in den letzten fünf Wirtschaftsjahren nicht erstellt wurde, können Abschlüsse nach dem Handelsrecht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verwendet werden (hier: z.B. die nach deutschem HGB aufgestellten Abschlüsse). US GAAP: Nur wenn kein Konzernabschluss nach dem IFRS oder dem Handelsrecht eines Mitgliedsstaats der EU zu erstellen und offen zu legen ist, können US GAAP Abschlüsse verwendet werden. Voraussetzung hierzu ist aber, dass diese Abschlüsse offen zu legen sind. Des Weiteren wird gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 10 EStG 2008 verlangt, dass ein Konzernabschluss nach US GAAP befreiende Wirkung nach den §§ 291 und 292 HGB hätte. Wurde der Jahresabschluss oder Einzelabschluss nicht nach denselben Rechnungslegungsstandards wie der Konzernabschluss aufgestellt, ist die Eigenkapitalquote des Betriebs in einer Überleitungsrechnung nach den für den Konzernabschluss geltenden Rechnungslegungsstandards zu ermitteln51.
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Relevantes Eigenkapital bei Personengesellschaften: In Bezug auf Personengesellschaften hat der Gesetzgeber auf die zu IAS 32.18b und IAS 32.19 geführte Diskussi-
50 Dabei ist davon auszugehen, dass damit die von der EU übernommenen IFRS (auf der Grundlage des so genannten Endorsement Verfahrens, (hierzu Prinz, GmbHR 2007, R 257) gemeint sind (so auch die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/4841, S. 48 und Hennrichs, DB 2007, 2101, 2103; Prinz, GmbHR 2007, R 257). 51 Die Überleitungsrechnung ist einer prüferischen Durchsicht zu unterziehen. § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 11 und 12 EStG 2008, s. hierzu Hennrichs, DStR 2007, 1926; auf Verlangen der Finanzbehörde ist die Überleitungsrechnung des Betriebs durch einen Abschlussprüfer zu prüfen, der die Voraussetzungen des § 319 HGB erfüllt, § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 11 und 12 EStG 2008.
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on52 der Gestalt reagiert, dass gem. § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 4 Halbsatz 2 EStG 2008 nun bei gesellschaftsrechtlichen Kündigungsrechten insoweit mindestens das Eigenkapital anzusetzen ist, „das sich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches ergeben würde“. Hierdurch soll vermieden werden, dass bei einem Konzernoder Einzelabschluss nach IFRS in Bezug auf eine Personengesellschaft kein oder nur ein sehr geringes Eigenkapital ausgewiesen wird53. Eigenkapitalquote des Betriebs: Die relevante Eigenkapitalquote des Betriebs ergibt sich aus § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 3 EStG 2008 korrigiert um die Vorgaben nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 5 EStG 2008.
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Danach ist das Eigenkapital um folgende Größen zu modifizieren54: +
ein im Konzernabschluss enthaltener Firmenwert (u.E. umfasst dies auch die stillen Reserven in anderen Assets55) + die Hälfte von Sonderposten mit Rücklagenanteil (§ 273 HGB) – Eigenkapital, das keine Stimmrechte (nicht Vorzugsaktien) vermittelt (so genannte hybride oder auch Mezzanine Finanzierungen) – Anteile an anderen Konzerngesellschaften – So genannte missbräuchliche Einlagen56: Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit dem eine Entnahme oder Ausschüttung innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüber steht +/– Sonderbetriebsvermögen, welches dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen ist, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist
Die Bilanzsumme des Betriebs ist wie folgt zu verändern:
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+ – – –
ein im Konzernabschluss enthaltener Firmenwert (oder andere Assets, s. oben) Anteile an anderen Konzerngesellschaften Missbräuchliche Einlagen Kapitalforderungen, die nicht im Konzernabschluss ausgewiesen sind und denen Verbindlichkeiten i.S.v. § 4h Abs. 3 EStG 2008 in mindestens gleicher Höhe gegenüber stehen +/– Sonderbetriebsvermögen, welches dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen ist, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist
Hauptproblem bei der Anwendung der Escape-Klausel ist sicherlich die Beteiligungsbuchwertkürzung, die sich nach der Gesetzesendfassung allgemein auf andere Konzerngesellschaften (also auch Personengesellschaften) und nicht nur auf Konzern52 Vgl. hierzu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 640 f.; Dörfler/Vogl, BB 2007, 1084 und Hennrichs, DB 2007, 2101, 2106. 53 Richtigerweise sollte diese Vorschrift in der Weise verstanden werden, dass die mögliche Kürzung nach IAS 32.18. b wegen Kündigungsrechten und einer möglichen Rückforderung des Eigenkapitals im IFRS-Abschluss negiert wird, im Übrigen aber die Ermittlung des Eigenkapitals einheitlich nach IFRS vorgenommen wird (so auch Hennrichs, DB 2007, 2101, 2106). 54 Vgl. auch Möhlenbrock, IDW-Skript Die Unternehmenssteuerreform 2008, S. 26. 55 Vgl. Hennrichs, DB 2007, 2101, 2105. 56 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 483.
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kapitalgesellschaften bezieht. Durch die Beteiligungsbuchwertkürzung soll offenbar – analog zum „alten“ § 8a KStG57 – ein ansonsten drohender Kaskadeneffekt verhindert werden. Allerdings kennt die Zinsschranke keine entsprechende Regelung für Holdingunternehmen58. Dies hat zur Konsequenz, dass Holdinggesellschaften gewissermaßen doppelt benachteiligt werden: Zum einen wird einer Holdinggesellschaft regelmäßig die „Escape“-Klausel nicht zur Verfügung stehen, da durch die Buchwertkürzung deren Eigenkapital derart verringert ist, dass ein „Escape“ nicht in Betracht kommt. Da Beteiligungserträge nach § 8b KStG lediglich zu 5 % in das steuerliche EBITDA einer Holdinggesellschaft eingehen, wird dieses regelmäßig viel zu gering sein, um Nettozinsaufwand in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen59. 41
Einschränkung durch Gesellschafterfremdfinanzierung gem. § 8a Abs. 3 KStG 2008: Um sich auf die „Escape“-Klausel berufen zu können, muss nach § 8a Abs. 3 KStG 2008 nachgewiesen werden, dass kein Fall der schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung vorliegt60. Demnach steht ein „Escape“ trotz Erfüllens der Eigenkapitalquote und Überschreitens der Freigrenze dem fremdfinanzierten Betrieb dann nicht zur Verfügung, wenn Zinszahlungen der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörigen Rechtsträgers an einen nicht zum Konzern gehörenden wesentlich beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person oder einen rückgriffsberechtigten Dritten mehr als 10 % des Nettozinsaufwandes des Rechtsträgers i.S.d. § 4h Abs. 3 EStG darstellen.
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Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Unternehmen, das die „Escape“-Klausel in Anspruch nehmen will, alle Finanzierungen weltweit auf ihre Schädlichkeit zu überprüfen hat: Gewährt beispielsweise ein mit 25,1 % beteiligter Joint-Venture-Partner einer gemeinsamen Joint-Venture-Gesellschaft Sicherheiten für ein Bank-Darlehen, mittels derer die Gläubiger-Bank auf den Joint-Venture-Partner zurückgreifen kann und übersteigen die Zinszahlungen auf dieses Darlehen 10 % des Nettozinsaufwandes, stellt dies einen Fall der schädlichen Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S. des § 8a Abs. 3 KStG dar. Dies hat zur Folge, dass sich keine der Konzerngesellschaften mehr auf die „Escape“-Klausel berufen kann. Gleiches kann in typisch mittelständischen Strukturen in Bezug auf rückgriffsgesicherte Bankfinanzierungen erfolgen. Gewährt der 30%ige Gesellschafter der GmbH eine Sicherheit, kann dies zu einem Überschreiten der 10%igen Schädlichkeit führen. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass Sicherheiten nur durch zum relevanten Konzern gehörende Gesellschaften gewährt werden61. Ggf. müsste vor der Emission einer Anleihe eine Umstrukturierung durchgeführt werden (z.B. Einbringung der Beteiligung in neue Holdinggesellschaft, die dann die Sicherheit gewährt).
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Diskutiert wird aber mittlerweile, ob nicht die Gesetzesformulierung durch den Gebrauch der Wörter „oder“ statt „und“ missglückt ist, so dass bereits das Unterschreiten der 10 % Grenze bei einer Konzerngesellschaft eine schädliche GesellschafterFremdfinanzierung vermeiden würde62. Offen ist, wie hiermit in der Rechtsanwen57 Vgl. die frühere Regelung in § 8a Abs. 4 Satz 2 KStG. 58 Ebenso Reiche/Kroschewski, DStR 2007, 1330, 1332. 59 So auch Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 484 f. 60 In Bezug auf die GmbH & Co. KG als nachgeschaltete Personengesellschaft findet § 8a Abs. 3 KStG 2008 ggf. über § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG 2008 Anwendung. 61 Vgl. auch Schaden/Käshammer, BB 2007, 2259, 2265. 62 Vgl. hierzu Staats/Renger, DStR 2007, 1801.
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dung umzugehen ist63. Jedenfalls steht zu befürchten, dass die Finanzverwaltung die Gesetzesformulierung entsprechend auslegt oder die Formulierung im Rahmen eines Reparaturgesetzes „klargestellt“ wird. Letztlich verbleibt wohl das Grundproblem der Vorschrift, dass eine schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei jedem beliebigen Rechtsträger eines weltweiten Konzerns auftreten kann, allerdings dann den gesamten Konzern „infiziert“64. Die Fremdkapitalaufnahme aller weltweiten Beteiligungen zu „monitoren“ erscheint für einen weltweit tätigen Konzern mit erheblichen Schwierigkeiten und administrativem Aufwand verbunden zu sein. So können bereits betragsmäßig zu vernachlässigende Zinszahlungen zur „Verwirkung“ der Escape-Klausel für den gesamten Konzern führen (sofern keine gesetzliche Nachbesserung durch eine Relevanzschwelle erfolgt). Darüber hinaus ist fraglich, ob in den meisten Fällen die Eigenkapitalquoten eines Konzerns und des jeweiligen fremdfinanzierten Betriebs so genau geplant werden können, dass am 31.12. des jeweiligen Jahres ausreichend Sicherheit darüber besteht, wie hoch die jeweiligen Quoten zu diesem Bilanzstichtag tatsächlich sein werden oder ob nicht vielmehr bei der Aufstellung der jeweiligen Abschlüsse noch größere Abweichungen zu erwarten sind.
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b) Gestaltungsüberlegungen und Auswirkungen auf Sicherheitenstrukturen bei Anleihen Die Einführung der Zinsschranke hat zunächst Auswirkungen auf bestehende Sicherheitenstrukturen bei Anleihegestaltungen. Ein Rückgriff auf Konzerngesellschaften ist zukünftig unbeachtlich. Damit entfällt insoweit auch die Dokumentation in Bezug auf langfristig zinstragende Forderungen, die bisher erforderlich war, um die so genannte Back-to-back-Problematik zu vermeiden und insbesondere in Bezug auf Anleihen praktisch kaum lösbare Schwierigkeiten hervorrief65.
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Stattdessen ist nunmehr zu überlegen, ob eine Erhöhung der Abzugsfähigkeit von Zinsen durch eine entsprechende Umstrukturierung erreicht werden kann. Dies betrifft zum einen die Begründung einer Organschaft (oder gegebenenfalls deren Beendigung, um ein mehrmaliges Ausnutzen der Freigrenze zu erreichen). Es könnte aber auch erwogen werden, einen Teil des Fremdfinanzierungsaufwandes ins Ausland zu verlagern, um eine drohende Nichtabzugsfähigkeit in Deutschland zu vermeiden66. In diesem Fall würde die ausländische Gesellschaft die Emission der Anleihen durchführen, so dass zukünftiger Zinsaufwand bei dieser anfallen würde. Auch könnten im Hinblick auf die Nutzung des Eigenkapitals für Zwecke der Escape-Klausel in § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c Satz 5 EStG 2008 ausländische Beteiligungen von einem inländischen Betrieb beispielsweise auf die ausländische Mutter einer Unternehmensgruppe übertragen werden, um eine Kürzung des Eigenkapitals auf der Ebene des inländischen Betriebs zu vermeiden. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Abzugsfähigkeit wäre zu erwägen, ob die Anleiheemittentin gewisse Informationen bezüglich des steuerlichen EBITDA, des Nettozinsaufwandes oder der Eigenkapitalquote
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63 64 65 66
Sehr zurückhaltend („reines Wunschdenken“) Dettmeier, Status: Recht 2007, 352, 354. Kritisch auch Thiel, FR 2007, 729, 732. Vgl. dazu die Ausführungen in der 1. Aufl., § 15 Rz. 22 ff. Eine entsprechende Fremdkapital-Aufwandsverlagerung ins Ausland würde letztlich der gesetzgeberischen Intention bei Schaffung der Zinsschranke entsprechen; ebenso bspw. Scheunemann/Socher, BB 2007, 1144, 1148.
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(im Hinblick auf die Anwendung der Escape-Klausel) erteilt, damit eine Einschätzung über die Abzugsfähigkeit der Zinsen gemacht werden kann. Solche Informationsverpflichtungen dürften bei normalen Darlehensfinanzierungen künftig sicherlich von erheblicher Bedeutung sein und sollten in die Vertragsdokumentation mit aufgenommen werden.
III. Deutsche steuerliche Aspekte bei einer ausländischen Emittentin 47
Häufig werden, u.a. aus kapitalmarktrechtlichen Gründen, so genannte Auslandsanleihen durch Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen begeben. Die Begebung einer Anleihe durch eine ausländische Tochter hat u.a. den Vorteil, dass eine strukturelle Nachrangigkeit der Anleihegläubiger hergestellt werden kann. Oftmals ist dabei folgende Finanzierungsstruktur vorgesehen: Die im Ausland (z.B. Luxemburg) ansässige Tochtergesellschaft (LuxCo) der deutschen Muttergesellschaft (M-AG) begibt eine Anleihe und leitet die Erlöse aus der Anleihe an die Konzernmutter sowie an andere Konzerntochtergesellschaften in Form von Darlehen (proceeds loans) weiter. Dies kann vereinfacht wie folgt dargestellt werden:
Dabei stellen sich im Hinblick auf die Zinsschranke insbesondere die folgenden Fragen:
1. Anwendung der Zinsschranke auf die ausländische Emittentin 48
In Bezug auf die ausländische Emittentin könnte die Zinsschranke möglicherweise eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG auslösen, wenn nämlich die Abzugsbeschränkungen der Zinsschranke bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 10 Abs. 3 AStG zu berücksichtigen wären67. Für die bisherige Regelung des § 8a 67 Vgl. Stangl/Hageböke in Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform 2008, S. 453.
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KStG hat die Finanzverwaltung klargestellt, dass § 8a KStG im Rahmen des § 10 Abs. 3 AStG nicht anzuwenden ist68. Fehlte eine korrespondierende Vorschrift im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 noch, hat der Gesetzgeber diese Rechtslage nunmehr auch in Bezug auf die Zinsschranke hergestellt und dazu im Rahmen des Jahressteuergesetzes 200869 § 10 Abs. 3 Satz 4 AStG dahingehend geändert, dass die Vorschriften über die Zinsschranke (§ 4h EStG 2008 und § 8a KStG 2008) bei der Einkommensermittlung für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung unberücksichtigt bleiben. Diese gesetzliche Klarstellung ist zu begrüßen, da andernfalls eine Vielzahl von Auslandsanleihen mit deutschen Muttergesellschaften umzustrukturieren gewesen wären.
2. Weiterreichung der Erlöse aus der Anleihe durch Gruppendarlehen Unter dem Regime des „alten“ § 8a KStG war bezüglich der Weiterreichung der Erlöse der Anleihe darauf zu achten, dass die Emittentin (LuxCo) Darlehen direkt und nicht über die Konzernmutter (M-AG) an ausländische Töchter der deutschen Konzernmutter gibt, da andernfalls der Save Haven der Konzernmutter unnötig belastet worden wäre70. Fraglich ist ob diese Prämisse unter Geltung der Zinsschranke so noch aufrecht erhalten werden kann. Anders als der „alte“ § 8a KStG liegt der Zinsschranke das Konzept der Nettozinsaufwendungen zu Grunde, wonach Zinsaufwendungen in Höhe entsprechender Zinseinkünfte immer abgezogen werden. Erzielt nun die deutsche Konzernmutter aus der Weitervergabe der Darlehen gleich hohe oder höhere Zinseinkünfte, als diese an die Emittentin für die Kapitalüberlassung zu zahlen hat, sollten sich in Hinblick auf die Zinsschranke bei der deutschen Konzernmutter keine nachteiligen Auswirkungen ergeben. Sofern dem keine anderen (nichtsteuerlichen) Gründe entgegenstehen, sollte für den Fall der Weiterreichung der Erlöse aus einer Anleihe vielmehr in Erwägung gezogen werden, die Anleihe durch die deutsche Konzernmutter selbst oder eine anderen inländische Gesellschaft zu begeben. Denn soweit aus der Weiterreichung der Erlöse Zinseinkünfte erzielt werden71, ist eine Abzugsfähigkeit der auf die Anleihe gezahlten Zinsen bei der inländischen Gesellschaft in jedem Fall gewährleistet.
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IV. Kapitalertragsteuerabzug Neben den Fragen der Abzugsfähigkeit des Finanzierungsaufwands spielen insbesondere die Fragen des Kapitalertragsteuerabzugs eine entscheidende Rolle für die steuerliche Strukturierung und Beurteilung von Anleihen. Mit Gesetz vom 9.11.1992 führte der Gesetzgeber bei der Besteuerung von Zinseinkünften die Erhebung von Kapitalertragsteuer ein, die bezogen auf Zinseinkünfte als so genannter Zinsabschlag oder Zinsabschlagsteuer bekannt wurde72. 68 BMF v. 14.5.2004 – IV B 4 - S 1340 - 11/04, BStBl. I 2004, 3 Tz. 10.1.1; vgl. hierzu im Einzelnen Ammelung/Homering, IStR 2004, 310 ff. m.w.N. 69 JStG 2008, BR-Drucks. 747/07. 70 Vgl. dazu die 1. Aufl., § 15 Rz. 32. 71 Zu beachten ist aber, dass Leistungen innerhalb eines Organkreises für Zwecke der Zinsschranke hinweggedacht werden, da eine Organschaft als ein Betrieb i.S. der Zinsschranke gilt (§ 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG 2008). 72 Zum historischen Überblick vgl. Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. A 59 ff.
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Der Begriff „Zinsabschlag“ wurde vom Gesetz bisher in § 44 Abs. 1 Satz 6 EStG73 und als Klammerzusatz in § 43a Abs. 1 Nr. 3 EStG verwendet, ohne indes näher erläutert zu werden. Bei Anleihen bezieht sich die Zinsabschlagsteuer primär auf die Zinserträge der Anleiheinhaber. Dabei stellt sich im Zusammenhang mit Finanzinnovationen bisher häufig die Frage, inwieweit auch etwaige Veräußerungsgewinne Zinserträge darstellen und damit ebenfalls der Kapitalertragsteuer unterliegen (s. hierzu unten Rz. 87 ff.).
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Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 unterfallen grundsätzlich sämtliche Gewinne aus der Veräußerung von Anleihen künftig der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2008 und damit unter den unten aufgezeigten Voraussetzungen dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008). Die bisherige Problematik der Unterscheidung zwischen nicht steuerbaren Wertsteigerungen und steuerpflichtigen Zinserträgen in Form von Veräußerungsgewinn bei Finanzinnovationen, ist damit für nach dem 31.12.2008 angeschaffte Anleihen beseitigt (s. hierzu unten Rz. 87 ff.). Bei diesen nach dem 31.12.2008 angeschafften Anleihen werden nunmehr in Bezug auf den Kapitalertragsteuerabzug sowohl die Kapitalertragsteuer auf Zinsen als auch auf Veräußerungsgewinne zu beachten sein.
1. Problemstellung: Kapitalertragsteuer bei Anleihen 53
Bei der Untersuchung, ob Erträge aus einer Anleihe der Kapitalertragsteuer unterliegen, ist systematisch folgendermaßen vorzugehen: a) Steuerpflichtigkeit der Zinserträge und Veräußerungsgewinne in Deutschland
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Zunächst ist zu untersuchen, ob die Zinserträge und – nach den Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 auch – die Veräußerungsgewinne der deutschen Besteuerung unterliegen. Bei Inländern ist dies in der Regel der Fall74. Dagegen unterliegen Steuerausländer, von Ausnahmefällen abgesehen75, mit ihren Zinseinkünften und Veräußerungsgewinnen grundsätzlich nicht der deutschen Besteuerung und daher auch nicht der Kapitalertragsteuer (s. unten Rz. 82 ff.). Sofern Zinserträge oder Veräußerungsgewinne nicht der deutschen Besteuerung unterliegen, wird auch keine Kapitalertragsteuer erhoben. b) Tatbestand der Kapitalertragsteuer
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In einem zweiten Schritt ist zu untersuchen, ob die Erträge unter einen Tatbestand der Kapitalertragsteuer fallen. Die primären Anwendungsvorschriften für Anleihen 73 Die Formulierung „die Kapitalertragsteuer und der Zinsabschlag“ wird durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 geändert in „die Kapitalertragsteuer“, mit der Begründung, dass dem Zinsabschlag als einer Unterform der Kapitalertragsteuer keine eigenständige steuerliche Bedeutung zukommt, vgl. BR-Drucks. 220/07, S. 110. 74 Bei Steuerinländern ergibt sich dies aus § 1 EStG (bei natürlichen Personen) sowie aus § 1 KStG (bei Körperschaften). 75 Dies betrifft Fälle, in denen die Anleihen einer inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Anleiheinhabers zuzuordnen sind oder im Zusammenhang mit anderen inländischen Einkünften stehen. In diesen Fällen unterliegen die Zinseinkünfte und künftig alle Veräußerungsgewinne von Steuerausländern der deutschen Steuer. Darüber hinaus unterliegen die Zinserträge und künftig alle Veräußerungsgewinne aus einer Anleihe bei so genannten Tafelgeschäften der deutschen Steuer (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. cc EStG, vgl. unten Rz. 86).
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sind § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a und b EStG für die Kapitalertragsteuer auf Zinseinkünfte (s. unten Rz. 66 ff.). Im Zusammenhang mit der Kapitelertragsteuer auf bestimmte Zinseinkünfte war bisher zu untersuchen, ob etwaige Veräußerungserträge als Zinseinkünfte im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 3 und 4 EStG anzusehen waren und damit unter den Tatbestand des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 EStG fielen (s. unten Rz. 94 f.). Für den Kapitalertragsteuerabzug bei Veräußerungsgewinnen nach den Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ist künftig der Tatbestand des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008 zu beachten. § 20 Abs. 2 Nr. 3 und 4 EStG in der bisherigen Form entfallen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008. Bei Anleihen werden zukünftig alle Veräußerungserträge durch § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2008 erfasst und fallen damit unter den Tatbestand des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008 (s. hierzu Rz. 71).
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c) Zahlstelle im Inland Selbst wenn ein Tatbestand der Kapitalertragsteuer im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG (oder bisher auch § 43 Abs. 1 Nr. 8 EStG) vorliegt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Kapitalertragsteuer auch tatsächlich anfällt. Aufgrund des Charakters der Kapitalertragsteuer bei bestimmten Zinseinkünften (bisher: Zinsabschlagsteuer) als so genannte „Zahlstellensteuer“ besteht bei Anleihen grundsätzlich nur dann eine Verpflichtung zur Entrichtung von Kapitalertragsteuer, wenn die Zinseinkünfte bei einer Zahlstelle im Inland ausgezahlt werden (§ 44 Abs. 1 Satz 4 EStG, s. unten Rz. 72 ff.). Ist keine Zahlstelle im Sinne von § 44 EStG gegeben, entfällt in diesen Fällen der Kapitalertragsteuerabzug auch dann, wenn ein Tatbestand der Kapitalertragsteuer vorliegt76.
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Dasselbe gilt für den Fall, dass der Tatbestand des Kapitalertragsteuerabzugs für Veräußerungsgewinne nach der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erfüllt ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008). Auch hier muss eine Zahlstelle im Inland i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 4 EStG vorliegen (s. unten Rz. 73).
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d) Zufluss Die Kapitalertragsteuer entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG)77. Erst in diesem Zeitpunkt hat die auszahlende Stelle den Steuerabzug für Rechnung der Anleihegläubiger vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG).
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e) Höhe der Kapitalertragsteuer Der Kapitalertragsteuersatz beträgt bisher im Regelfall 30 % der Zinsen (bzw. 35 % bei so genannten Tafelgeschäften)78 zuzüglich Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5 % hierauf. Bei Veräußerung von Finanzinnovationen ist indes die Bemessungsgrund76 Vgl. Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 442. 77 Der Begriff des Zuflusses entspricht dem des § 11 Abs. 1 EStG. Vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 44 Rz. 2; Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, C 154 m.w.N. 78 § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG.
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lage gesondert geregelt und kann ggf. den Veräußerungsgewinn oder 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung betragen79. 61
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wird die Höhe des Kapitalertragsteuersatzes geändert. Sowohl im Fall der Kapitalertragsteuer auf bestimmte Zinseinkünfte als auch im Fall der Kapitalertragsteuer auf Veräußerungsgewinne beträgt der Satz grundsätzlich 25 % des jeweiligen Kapitalertrags (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 2008) zuzüglich Solidaritätszuschlag i.H.v. 5,5 % und ggf. Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2b EStG 2008). Soweit Kirchensteuer schon beim Kapitalertragsteuerabzug erhoben wird, ist zu beachten, dass sich die Kapitalertragsteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer ermäßigt (§ 43a Abs. 1 Satz 2 EStG 2008)80. Im Fall der Veräußerung einer Anleihe bemisst sich der Kapitalsteuerabzug grundsätzlich nach dem Veräußerungsgewinn i.S. des § 20 Abs. 4 EStG 2008, worunter der Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung (nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehen) und den Anschaffungskosten zu verstehen ist (vgl. § 43a Abs. 2 Satz 2 EStG 2008). Wurden die Anleihen aber nicht von der ausszahlenden Stelle erworben und seitdem ununterbrochen von ihr verwahrt, kann bei gleichem Kapitalertragsteuerersatz (25 %) unter bestimmten Umständen die Ersatzbemessungsgrundlage in Höhe von 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung (ohne Abzug der Anschaffungskosten) zur Anwendung kommen, u.a. bei einem Depotwechsel von (oder zu) einer auszahlenden Stelle außerhalb eines EU- oder EWR-Staates (§ 43a Abs. 2 Sätze 3 bis 7 EStG 2008). f) Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug
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Gleichzeitig mit der Hinzufügung des neuen Tatbestands für den Kapitalertragsteuerabzug auf Gewinne aus der Veräußerung von Anleihen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008) wird durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eine Änderung bezüglich der Regelung zur Abstandnahme vom Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen. Ist Veräußerer der Anleihe eine unbeschränkt steuerpflichtige oder beschränkt steuerpflichtige Körperschaft, wird grundsätzlich81 keine Kapitelertragsteuer auf die Veräußerungsgewinne aus Anleihen erhoben (§ 44a Abs. 5 Satz 4 EStG 2008). g) Anwendungs- und Übergangsvorschriften
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Die Frage der Anwendbarkeit der Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ist insbesondere im Hinblick auf die Höhe der Kapitalertragsteuer und die Frage nach der Besteuerung der Veräußerungsgewinne aus Anleihen und damit der Erhebung von Kapitalertragsteuer hierauf relevant. § 52a EStG 2008 regelt den Übergang auf die Neuregelungen. Bei Anleihen sind die Neuregelungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 1 EStG 2008). Gewinne 79 § 43a Abs. 2 Satz 3 EStG; s. hierzu unten Rz. 96 f. 80 Nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks. 220/07, S. 108 f.) wird mit dieser Regelung die Abziehbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG für die Fälle der Abgeltungsteuer pauschal berücksichtigt; vgl. Behrens, BB 2007, 1030. 81 Diese Ausnahme vom Kapitalsteuerabzug erfasst nicht Körperschaften, die bereits unter den Tatbestand des § 44a Abs. 4 Satz 1 EStG fallen, d.h. steuerbefreite Körperschaften und öffentlich-rechtliche Körperschaften.
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aus der Veräußerung von Anleihen, die nach dem 31.12.2008 zufließen, fallen jedoch nur unter die Neuregelungen, wenn die Anleihe nach dem 31.12.2008 erworben wurde oder eine Finanzinnovation darstellt (§ 52a Abs. 10 Satz 6, 7 EStG 2008)82. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass im Hinblick auf die Kapitalertragsteuer bei Anleihen nicht allein der Tatbestand der Kapitalertragsteuerpflicht ausschlaggebend ist, sondern gleichermaßen Fragen der Besteuerung im Inland sowie der Zahlstelle im Inland entscheidend sind.
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2. Kapitalertragsteuer bei einem inländischen Investor Zinserträge aus Anleihen können in den nachfolgend dargestellten Fällen der Kapitalertragsteuer unterliegen. Daneben kommt aufgrund der Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 grundsätzlich auch Kapitalertragsteuerabzug auf den Gewinn aus der Veräußerung der Anleihe in Betracht.
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a) Tatbestände der Kapitalertragsteuer aa) Sammelurkunden i.S. des § 9a DepotG Zinsen unterliegen grundsätzlich der Kapitalertragsteuer bei Anleihen, für die Sammelurkunden i.S. des § 9a DepotG ausgestellt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a Alt. 3 EStG). Werden bei einer Wertpapieremission keine effektiven Stücke ausgegeben, muss eine Sammelurkunde i.S. des § 9a DepotG ausgestellt werden. Eine Sammelurkunde (oder Globalurkunde) ist eine bei einer Wertpapiersammelbank hinterlegte Urkunde, die eine vollständige Wertpapieremission verbrieft83.
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bb) Teilschuldverschreibungen Eine so genannte Teilschuldverschreibung i.S.v. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a Alt. 4 EStG liegt vor, wenn die über die Anleihe ausgestellten, auf Teile des Gesamtbetrages lautenden Schuldverschreibungen hinsichtlich der Konditionen (z.B. Ausstellungsdatum, Laufzeit, Tilgungsmodalitäten, Verzinsung) inhaltlich gleich ausgestattet sind, also untereinander austauschbar und übertragbar (fungibel) sind84. Aus der Teilschuldverschreibung muss ersichtlich sein, dass sie einen Teil der Gesamtemission verbrieft. In der Regel wird das bei Teilschuldverschreibungen der Fall sein, da die Stücke einer bestimmten Serie besonders gekennzeichnet sind85. Dabei ist nach herrschender Mei82 Ein Gewinn aus der Veräußerung einer vor dem 1.1.2009 erworbenen Anleihe, die im Privatvermögen gehalten wird und keine Finanzinnovation darstellt, ist damit nur unter den Voraussetzungen von § 23 EStG steuerpflichtig, s. hierzu Rz. 98; vgl. Axer, Stbg 2007, 208. 83 Lindberg in Blümich, § 43 EStG Rz. 74; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 31. § 9a Abs. 1 DepotG definiert die Globalurkunde als ein Wertpapier, das mehrere Rechte verbrieft, das jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren ein und derselben Art verbrieft sein könnte. Sie verbrieft die ganze Emission und wird bei einer Wertpapiersammelbank treuhänderisch hinterlegt. Aus ihr ist die Forderung des einzelnen Gläubigers abzuleiten; vgl. auch Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 55. 84 Vgl. Lindberg in Blümich, § 43 EStG Rz. 75; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 32; Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 55; vgl. FinMin NRW v. 28.7.1966 – S 2250 - 8 - VB 2, BB 1966, 972 f. 85 Harenberg/Irmer in Herrman/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 55 m.w.N.; FinMin NRW v. 28.7.1966 – S 2250 - 8 - VB 2, BB 1966, 972 f.
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nung davon auszugehen, dass lediglich so genannte Inhaberpapiere Teilschuldverschreibungen im vorgenannten Sinne sein können86. U.E. stellen indes so genannte Loan Notes, d.h. nicht verbriefte Schuldscheine keine Teilschuldverschreibungen im vorgenannten Sinne dar und führen daher nicht zu einer Kapitalertragsteuerpflicht. cc) Übrige Fälle 68
Ebenfalls zu einem Kapitalertragsteuertatbestand gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a EStG führen Anleihen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen sind, sowie Anleihen, die in ein ausländisches Register eingetragen sind87. Diese in der Praxis eher seltenen Fälle sollen hier jedoch nicht näher behandelt werden. dd) Inländisches Kreditinstitut als Emittentin
69
Zusätzlich zu den oben dargestellten Tatbeständen der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a EStG kann sich indes ein Kapitalertragsteuertatbestand ergeben, wenn der Schuldner, d.h. im Falle einer Anleihe die Emittentin, ein inländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut i.S. des Kreditwesengesetzes oder ein gleichgestelltes Institut ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. b EStG)88.
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Ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut ist inländisch, wenn es seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland hat (§§ 10, 11 AO). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. b Satz 2 und 3 EStG sind inländische Zweigstellen ausländischer Institute so genannte gleichgestellte Institute und müssen daher den Steuerabzug ebenfalls vornehmen89. Korrespondierend hierzu gelten jedoch Zweigstellen inländischer Kreditinstitute im Ausland nicht als inländische Kreditinstitute in diesem Sinne90. ee) Veräußerung der Anleihe
71
Ein weiterer Tatbestand des Kapitalertragsteuerabzugs wird durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 neu eingeführt. Kapitalerträge nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2008, also der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2008, worunter Anleihen zu fassen sind, unterfallen demnach dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008). b) Die „auszahlende Stelle“ im Inland als Voraussetzung für den Einbehalt der Kapitalertragsteuer
72
Im Gegensatz zur Kapitalertragsteuer bei Dividenden, Wandelschuldverschreibungen oder stillen Beteiligungen ist bei Anleihen die Kapitalertragsteuer auf bestimmte 86 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 33; Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 55. 87 Vgl. hierzu Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, C 78 ff. m.w.N. 88 Vgl. im Einzelnen hierzu Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 59. 89 Vgl. auch Harenberg/Irmer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 43 EStG Rz. 62; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 47; Lindberg in Blümich, § 43 EStG Rz. 92; Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 163. 90 Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 163; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 46.
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Zinseinkünfte grundsätzlich nicht vom Schuldner der Kapitalerträge einzubehalten, sondern von der so genannten auszahlenden Stelle (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG). Es handelt sich insoweit um eine so genannte „Zahlstellensteuer“. Der Schuldner der Zinserträge (Emittent) wird nur für den Ausnahmefall, dass er tatsächlich auszahlt, als auszahlende Stelle angesehen91. Liegt keine auszahlende Stelle im Sinne des Gesetzes vor, entfällt die Verpflichtung zum Einbehalt des Zinsabschlags. Dies gilt auch für den Fall der Kapitalertragsteuer auf Veräußerungsgewinne nach der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008, der Kapitalertragsteuerabzug wird also nur vorgenommen, wenn eine auszahlende Stelle vorliegt92.
73
aa) Inländisches Kreditinstitut/Finanzdienstleistungsinstitut als auszahlende Stelle Die auszahlende Stelle ist bei Erträgen aus Anleihen grundsätzlich das inländische Kreditinstitut oder das inländische Finanzdienstleistungsinstitut93,
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– das die verbrieften Forderungen verwahrt oder verwaltet und die Kapitalerträge auszahlt oder gutschreibt (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a, aa EStG), oder – das die Kapitalerträge gegen Aushändigung der Zinsscheine oder der Teilschuldverschreibungen einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut auszahlt (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a, bb EStG; so genannte Tafelgeschäfte)94. Lediglich inländische Kreditinstitute95 können auszahlende Stelle auch mit der Verpflichtung zum Kapitalertragsteuereinbehalt sein. Entscheidend hierfür ist, dass nach Ansicht des Gesetzgebers ausländische Schuldner nicht durch deutsche Gesetze zum Steuerabzug verpflichtet werden können96. Die von ausländischen 91 Da bei ausländischen Kapitalerträgen der Schuldner ein Ausländer ist, kann er nicht zum Steuerabzug verpflichtet werden, vgl. BReg., BT-Drucks. 12/2501, S. 17 Begr. zu § 44 Abs. 1 Satz 3; Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 480; Gersch in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 43 Rz. I 10. Demgegenüber sitzt die auszahlende Stelle auch bei ausländischen Erträgen u.U. im Inland und kann zum Zinsabschlag verpflichtet werden. Die Schuldner der Wertpapiererträge kennen in der Regel die Gläubiger nicht und können daher nicht nach den persönlichen Verhältnissen des Gläubigers unterscheiden. Demgegenüber haben die die Zinserträge auszahlenden Stellen, in der Regel Kreditinstitute, entweder unmittelbare Rechtsbeziehungen zu den Gläubigern oder sie rechnen die Kapitalerträge mit anderen Kreditinstituten ab, die ihrerseits in unmittelbaren Rechtsbeziehungen zu den Gläubigern stehen und deren persönliche Verhältnisse übermitteln können. 92 § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG 2008 verweist auch auf § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008, der die Kapitalertragsteuer auf Veräußerungsgewinne regelt. 93 Nach der Neufassung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 fallen unter § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a EStG 2008 auch inländische Wertpapierhandelsunternehmen und inländische Wertpapierhandelsbanken. 94 Die frühere Regelung, die das Tafelgeschäft als Auszahlung der Gutschrift von Kapitalerträgen gegen Aushändigung der Zinsscheine definierte, ist insoweit durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts – StMBG – v. 21.12.1993 (BStBl. I 1994, 50) klarstellend ergänzt worden, dass dies auch gilt, wenn Wertpapiere ausgehändigt werden, die keine Zinsscheine haben, z.B. Zero-Bonds oder sonstige auf- oder abgezinste Wertpapiere, vgl. Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, Rz. C 149. 95 Zum Begriff des inländischen Kreditinstituts vgl. oben Rz. 69 f. 96 Vgl. BReg., BT-Drucks. 12/2501, S. 17 Begr. zu § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG; vgl. Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 480; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 10; vgl. oben Fn. 91.
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Zahlstellen geleisteten Zinsen unterliegen daher nicht dem Kapitalertragsteuerabzug97. 76
Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass bei mehrstufiger Verwahrung von Wertpapieren lediglich das an letzter Stelle auszahlende Kreditinstitut die auszahlende Stelle im Sinne des Gesetzes darstellt, da nur dieses Kreditinstitut die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigen kann98. bb) Grundsätzlich kein Einbehalt durch Schuldner der Zinsen
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Der Schuldner der Kapitalerträge (d.h. der Emittent) selbst hat nach der bisherigen Regelung (vor der Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008) die Kapitalertragsteuer nur (in den in der Praxis nicht relevanten Fällen) einzubehalten, dass er die Teilschuldverschreibungen verwahrt und die Kapitalerträge tatsächlich selbst auszahlt bzw. gutschreibt, sowie bei so genannten Tafelgeschäften (s. oben Rz. 74). Ist kein inländisches Kreditinstitut auszahlende Stelle, wird der Schuldner der Kapitalerträge unter denselben Voraussetzungen wie ein inländisches Kreditinstitut zur auszahlenden Stelle, aber eben nur für den Fall, dass der Schuldner selbst (und nicht etwa eine ausländische Zahlstelle) die Teilschuldverschreibungen verwahrt und die Kapitalerträge auszahlt, sowie bei Tafelgeschäften (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. b EStG)99. Gesetzestechnisch werden diese Tatbestandsmerkmale dadurch eingeführt, dass auf den „Bankenfall“ nach § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a EStG verwiesen wird. Es heißt im Gesetz „in den Fällen des Buchstaben a“ Der „Buchstabe aFall“ (Bankenfall) erfordert jedoch entweder Verwahren und Auszahlen oder Auszahlen gegen Zinspapier (Tafelgeschäft), da andernfalls die Banken nicht zum Abzug von Kapitalertragsteuer verpflichtet sind. Sind aber die Banken nicht zum Abzug verpflichtet, soll auch der Schuldner nicht verpflichtet werden100. Sofern der Schuldner also nicht selbst die Teilschuldverschreibungen verwahrt und die Kapitalerträge auszahlt und auch kein inländisches Kreditinstitut die Kapitalerträge auszahlt, ist keine Kapitalertragsteuer einzubehalten, da keine auszahlende Stelle vorhanden ist, die hierzu verpflichtet wäre101.
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Diese Regelung wurde durch die Neufassung des § 44 EStG im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 inhaltlich geändert, obgleich die Gesetzesbegründung von einer „redaktionellen Änderung“ spricht. Nach dieser Fassung entfielen die Wörter „in den Fällen des Buchstaben a“. Dies hätte möglicherweise zu einer inhaltlichen Änderung der Abzugsverpflichtung für Nicht-Banken geführt: Nicht-Banken wären nach der geplanten Änderung möglicherweise bereits dann verpflichtet gewesen, Kapitalertragsteuer einzubehalten, wenn keine inländische Bank die die Kapitalerträge auszahlende Stelle ist. Auf die Verwahrung der Schuldpapiere durch den Schuldner oder auf Tafelgeschäfte wäre es dann möglicherweise nicht mehr angekommen und der Schuldner wäre schlechter gestellt als die im Regelfall abzugsver97 Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 10. 98 BMF v. 7.11.2002 – IV C 1 - S 2400 - 27/02, BStBl. I 2002, 1346 Tz. 2; Gersch in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 43 Rz. I 10; Lindberg in Blümich, § 44 EStG Rz. 9. 99 Vgl. Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, Rz. C 151; Behrens, AG 2007, 581. 100 Vgl. hierzu auch Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2008, BR-Drucks. 544/97, S. 40 f. 101 Ebenso Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 489. Behrens, AG 2007, 581.
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pflichteten Banken102. Dieses Redaktionsversehen des Gesetzgebers wurde durch das Jahressteuergesetz 2008 wieder rückgängig gemacht. Nach der Neufassung des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. b EStG werden nun die Wörter „in den Fällen des Buchstaben a“ wieder eingefügt, so dass die Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug nun in jedem Fall das Verwahren und Auszahlen durch den Schuldner oder Auszahlen gegen Zinspapier (Tafelgeschäft) durch den Schuldner voraussetzt. cc) Veräußerungsfälle Da in Veräußerungsfällen (vgl. hierzu unten Rz. 87 ff.) vor Inkrafttreten der Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 der maßgebliche Ertrag das Zinssurrogat ist, ist Schuldner der Erträge der Erwerber der Finanzinnovation (nicht der Emittent)103. Daher wäre es nach dem Wortlaut des Gesetzes denkbar, dass eine Privatperson Schuldner und damit auszahlende Stelle ist, wenn sie z.B. einen Zero-Bond ohne Einschaltung eines inländischen Kreditinstitutes erwirbt. Dies ist u.E. jedoch abzulehnen, da dies eine nicht praktikable Lösung darstellt und auch nicht dem Zweck der gesetzlichen Regelung entspricht104. Darüber hinaus kann eine derartige Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug nur eingreifen, sofern der Schuldner die Teilschuldverschreibungen selbst verwahrt (s. Rz. 77 f.). Da eine Verwahrung durch den Schuldner in nahezu allen Fällen ausscheidet, erscheint diese Problematik in der Praxis von sehr geringer Relevanz.
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Die Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erfassen allgemein den Gewinn aus der Veräußerung von Anleihen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008), nicht nur Veräußerungsfälle im Fall von Finanzinnovationen. Die Problematik bzgl. der Zahlstelle bleibt aber erhalten: Schuldner der Kapitalerträge ist im Veräußerungsfall der Erwerber der Anleihe, der damit auszahlende Stelle wäre105. Allerdings käme auch in diesen Fällen ein Kapitalertragsteuerabzug nur in Betracht, sofern die Teilschuldverschreibungen auch vom Schuldner verwahrt werden (vgl. Rz. 78).
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Konzeptionell lässt sich zusammenfassend feststellen, dass selbst bei Zinsen aus verbrieften Forderungen, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG grundsätzlich dem Tatbestand der Kapitalertragsteuer auf bestimmte Zinserträge unterliegen, keine solche einzubehalten wäre, wenn keine inländische Zahlstelle vorliegt106. Hierbei bleibt ferner festzuhalten, dass der Schuldner der Kapitalerträge selbst nur dann inländische Zahlstelle im vorgenannten Sinne ist, wenn er die Teilschuldverschreibungen selbst verwahrt. Entsprechendes gilt nach der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 für Veräußerungsgewinne, die nach § 43
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102 Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 2008, BR-Drucks. 544/97, S. 40 f. 103 Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 480; Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. M 7. 104 In der Gesetzesbegründung zum Zinsabschlaggesetz wurde zu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG explizit ausgeführt: „Zinszahlungen von Privatpersonen unterliegen aus Praktikabilitätsgründen nicht dem Zinsabschlag.“; BT-Drucks. 12/2501, S. 16 Begr. zu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG; ebenso: Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 483. 105 Auch nach der Neuregelung, die mit dem Verweis auf § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008 ausschließlich Veräußerungsfälle erfasst, sollte nach u.E. eine Privatperson keine auszahlende Stelle im Sinn des § 44 EStG sein. 106 Vgl. Bullinger/Radke, Handkommentar zum Zinsabschlag, Rz. 442.
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Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008 grundsätzlich dem Tatbestand des Kapitalertragsteuerabzugs unterliegen.
3. Kapitalertragsteuerabzug bei einem ausländischen Investor 82
Im Hinblick auf die Frage, ob die laufenden Erträge oder Veräußerungsgewinne aus einer Anleihe der Kapitalertragsteuer unterliegen, ist entscheidend, ob der jeweilige Investor der deutschen Steuerpflicht unterliegt. a) Regelfall: Keine beschränkte Steuerpflicht
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Eine beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Investors im Hinblick auf die Zinserträge einer Anleihe kann sich ergeben, wenn diese Beträge im Zusammenhang mit anderen inländischen Einkünften stehen, z.B. einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Ist dies jedoch nicht der Fall und liegen keine Tafelgeschäfte vor, unterliegen die Zinserträge einer Anleihe grundsätzlich nicht der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland107.
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Auch Gewinne aus der Veräußerung einer Anleihe, die der ausländische Investor erzielt, unterfallen nach der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 grds. nur in den oben aufgezeigten Fällen der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland.
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Sofern der Investor mithin mit seinen Zinserträgen nicht der deutschen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterliegt (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c EStG), unterliegen die Zinserträge auch nicht der Kapitalertragsteuerpflicht unabhängig davon, ob ein Tatbestand der §§ 43, 44 EStG erfüllt ist108. Entsprechendes gilt für den Kapitalertragsteuerabzug auf Veräußerungsgewinne nach der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008. Bei Überprüfung der Kapitalertragsteuerpflicht eines nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Investors ist daher zunächst zu prüfen, ob die Zinserträge bzw. Veräußerungsgewinne der beschränkten Steuerpflicht unterliegen (s. oben Rz. 54). b) Sonderfall: Tafelgeschäfte
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Im Falle von so genannten Tafelgeschäften liegen inländische Einkünfte vor, d.h. der ausländische Investor unterliegt der beschränkten deutschen Steuerpflicht und auch der Kapitalertragsteuer109. Nach der Gesetzesbegründung zu § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. d 107 Bei Steuerausländern unterliegen Zinseinkünfte ohnehin nur der deutschen Besteuerung, wenn das Kapitalvermögen unmittelbar oder mittelbar durch Grundstücke oder Schiffe (die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind) besichert ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c, aa Satz 1 EStG). Diese beschränkte Steuerpflicht gilt indes nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nicht bei Zinseinkünften aus Anleihen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c, aa Satz 2 EStG); vgl. Klein in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz. 847. 108 Lindberg, Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte, C 73; vgl. Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 14. Durch diese Regelung sollte der Kapitalmarkt geschont und der für die Volkswirtschaft wichtige Zustrom ausländischen Kapitals gesichert werden. 109 Vgl. Rz. 54. Nach der Fassung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 lit. c, cc EStG vor der Änderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz liegen Tafelgeschäfte vor, wenn Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a und Nr. 8 EStG von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut/Finanzdienstleistungsinstitut „gegen Aushändigung der Zins-
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EStG 2008 wird der Kreis der inländischen Einkünfte auf die dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Veräußerungsfälle erweitert, wenn der Steuerpflichtige diese Geschäfte über eine inländische auszahlende Stelle vornimmt, ohne bei dieser ein Konto oder Depot zu unterhalten110.
4. Sonderproblematik im Zusammenhang mit neuen Kapitalanlageformen (Finanzinnovationen) Handelt es sich nach bisherigem Recht vor der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 bei der Anleihe um eine so genannte Finanzinnovation, kann es sich bei den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung der Anleihe um Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG handeln. Dies kann dementsprechend auch zu einer Kapitalertragsteuerpflicht führen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 EStG).
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Nach den Neuregelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 muss künftig nicht mehr bestimmt werden, ob eine Anleihe als Finanzinnovation einzustufen ist. Denn sämtliche Gewinne aus der Veräußerung einer Anleihe unterliegen zukünftig der Besteuerung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2008) und unter den oben dargestellten Voraussetzungen dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2008).
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a) Begriff der Finanzinnovation Der Begriff der Finanzinnovation ist gesetzlich nicht definiert111. Zweck einer Finanzinnovation ist es, an sich steuerpflichtige Zinserträge als steuerfreien Wertzuwachs zu konstruieren112. Hierbei soll der Nutzungsertrag aus der Kapitalüberlassung im Kurs gesammelt werden, weshalb man auch von „Kursdifferenzpapieren mit scheine einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut oder dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut verwahrt werden“. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 musste die Regelung des Doppelbuchstabens cc aufgrund der Einbeziehung von unter § 20 Abs. 2 EStG 2008 fallenden Kapitalerträgen redaktionell verselbständigt werden (so die Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 220/07, S. 113). Bei Tafelgeschäften handelt es sich um Schaltergeschäfte (over-the-counter), bei denen persönlich Unbekannten, nicht nach § 154 AO legitimierten Gläubigern, Zug um Zug gegen nicht deponierte Zinsscheine oder Teilschuldverschreibungen die entsprechenden Kapitalerträge ausgezahlt werden. Bei der Verwahrung durch den Auszahler liegt kein Tafelgeschäft vor, da dieser dann den Gläubiger kennt, Tafelgeschäften aber eigen ist, dass der Gläubiger dem Auszahlenden persönlich unbekannt ist. Ggf. kann die einbehaltene Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise nach einem DBA erstattet werden. Das Erstattungsverfahren richtet sich nach § 50d EStG. 110 BR-Drucks. 220/07, S. 113. 111 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568. 112 Heinicke in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 171; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568; BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. Die umfassende Novellierung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts – StMBG – v. 21.12.1993 war als Reaktion des Gesetzgebers auf die stetigen Bemühungen des Finanzmarktes zu verstehen, unter Ausnutzung der Lücken in dem als enumerativ aufzufassenden Steuertatbestandskatalog des § 20 durch neuartige Kreationen von Schuldverschreibungen, etc. der Steuerpflicht von Kapitalerträgen zu entgehen.
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versteckten Veräußerungszinserträgen“ spricht113. Sinn und Zweck des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Fassung der Novellierung durch das StMBG war die steuerliche Erfassung derartiger versteckter Zinserträge114. 90
Entscheidend für das Vorliegen einer so genannten Finanzinnovation – und damit einer Zinsbesteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG im Falle der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung der Anleihe – ist mithin, ob der laufende Zinsertrag aus der Kapitalüberlassung auf die Ebene des Vermögenswertes (ggf. seiner Veränderungen, die erst bei Verkauf oder Einlösung ermittelbar wären) verlagert wird115.
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Der BFH hat sich in einer Reihe von Entscheidungen zur Frage der steuerlichen Erfassung von Erträgen aus Finanzinnovationen geäußert116. Danach grenzt der BFH § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG im Wege teleologischer Reduktion und verfassungskonformer Anwendung dahingehend ein, dass die Regelung auf solche Wertpapiere keine Anwendung findet, bei denen keine Vermengung zwischen Ertrags- und Vermögensebene besteht und bei denen eine Unterscheidung zwischen Nutzungsentgelt und Kursgewinn ohne größeren Aufwand möglich ist117. Im Anschluss hieran ist ein BMF-Schreiben zur Besteuerung von Finanzinnovationen ergangen, das sich mit dieser Rechtsprechung auseinandersetzt118. Einzelheiten dieser Urteile und deren Aufnahme durch die Finanzverwaltung werden im Rahmen der Einzelfragen bezüglich von Finanzinnovationen im Folgenden dargestellt. Für die allgemeine Anwendung der Urteile soll nach Ansicht der Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer grundsätzlich keine Anwendung finden119. b) Finanzinnovationen in der Praxis
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In der Praxis finden sich u.a. die folgenden Finanzinnovationen120: – Floater: Unter einem Floater versteht man eine variabel verzinsliche Schuldverschreibung, bei der der Zinssatz viertel- oder halbjährlich im Voraus, unter Bezug 113 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568; BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. 114 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568; BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555; BFH v. 24.10.2000 – VIII R 28/99 (V), BStBl. II 2001, 97, 100. 115 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562. 116 BFH v. 11.7.2006 – VIII R 67/04, BStBl. II 2007, 553 (Gleitzins-Schuldverschreibungen); BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555 (Reverse Floater); BFH v. 20.11.2006 – VIII R 43/05, BStBl. II 2007, 560 (Zero-Bonds); BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568 (Argentinien-Anleihen); BFH v. 13.12.2006 – VIII R 79/03, BStBl. II 2007, 562 (DAX-Zertifikate); BFH v. 13.12.2006 – VIII R 6/05, BStBl. II 2007, 571 (Down-Rating-Anleihen); vgl. zuletzt BFH v. 4.12.2007 – VIII R 53/05, BFH/NV 2008, 462 = DStR 2008, 342; Harenberg, NWB 2007, Fach 3, 14653 ff. 117 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 6/05, BStBl. II 2007, 571; vgl. auch BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548. 118 BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548. 119 BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548; hiervon ausgenommen sind lediglich Reverse Floater und Down-Rating-Anleihen, deren Emissionsbedingungen den Bedingungen entsprechen, die den BFH-Urteilen (s. Rz. 92) zugrunde lagen. 120 Zu Einzelheiten vgl. Haisch/Danz/Jetter, DStZ 2007, 450 ff.; Scheurle, NWB 1996, Fach 3, 9591 ff.; Dahm/Hamacher, WM 1994, Sonderbeil. Nr. 3 zu Nr. 21, 1 ff.
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auf einen Referenzzinssatz des Geldmarktes (etwa LIBOR) festgelegt wird121. Reverse Floater sind variabel verzinsliche Schuldverschreibungen, bei denen die Zinsanpassung nicht unmittelbar an einen Referenzzinssatz geknüpft ist, sondern durch Abzug des Referenzzinssatzes von einem festen Nominalzins erfolgt122. „Einfache“ Reverse Floater123 stellen nach Rechtsprechung des BFH keine Finanzinnovationen dar, da – wie bei „einfachen“ Floatern – Ertrags- und Vermögensebene nicht miteinander verknüpft und „ohne jede Schwierigkeit“ voneinander abgrenzbar seien124. Einnahmen hieraus sind daher nach Ansicht des BFH nicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG zu erfassen125. Die Finanzverwaltung vertritt jedoch die Auffassung, dass es auf dem Markt zahlreiche Floatervarianten gibt, die gerade nicht als solche „einfache“ Reverse Floater und damit weiterhin als Finanzinnovation einzustufen sind, da eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene nicht oder nur mit großem Aufwand möglich sei126. Disagio-Anleihen: Disagio-Anleihen (oder Diskontanleihen, vgl. oben Rz. 2 ff.) sind festverzinsliche Wertpapiere, die mit einem Abschlag vom Nennwert (EmissionsDisagio) ausgegeben werden. Neben den Zinsen gehört auch das Disagio zum Kapitalertrag und unterliegt damit dem Grunde nach ebenfalls dem Zinsabschlag. Jedoch verzichtet die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen auf die Erfassung des Emissions-Disagios, wenn bestimmte Werte nicht überschritten werden127. Zero-Bonds (Null-Koupon-Anleihen): So genannte Zero-Bonds sind börsenfähige, festverzinsliche Wertpapiere, bei denen während der Laufzeit keine Zinszahlungen erfolgen. Der Zinsertrag besteht in der Regel im Differenzbetrag zwischen Kaufkurs und Verkaufs- bzw. Einlösekurs. Hochzinsanleihen: Hochzinsanleihen sind Schuldverschreibungen mit einem regelmäßig über dem Marktzins liegenden Zinssatz und einem Wahlrecht des Emittenten zur Rückzahlung des Kapitals oder der Übertragung einer festgelegten Anzahl von Aktien128. Down-Rating-Anleihen: Down-Rating-Anleihen sind Schuldverschreibungen, bei denen die Höhe der Erträge von der Einstufung des Emittenten durch eine Ratingagentur abhängt129.
121 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555; vgl. auch Jachmann, BB 2007, 1201. 122 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. 123 Unter „einfachen“ Floatern sind solche zu verstehen, bei denen die Verzinsung abgesehen von einem jeweiligen Auf- oder Abschlag mit dem jeweiligen Referenzzinssatz identisch ist. Bei Reverse Floatern, bei denen der variable Referenzzinssatz von einem festen Zinssatz abgezogen wird, sei es nicht einleuchtend, dass diese Form des Floaters anders besteuert werden sollte als der einfache Floater; BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. 124 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. 125 BFH v. 20.11.2006 – VIII R 97/02, BStBl. II 2007, 555. 126 BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548. 127 BMF v. 24.11.1986 – IV B 4 - S 2252 - 180/86, BStBl. I 1986, 539. Danach wird auf die Erfassung des Emissions-Disagios verzichtet, wenn das Disagio nicht mehr beträgt als 1 % des Nennwerts bei einer Laufzeit von weniger als zwei Jahren, 2 % des Nennwerts bei einer Laufzeit von weniger als vier Jahren, 3 % des Nennwerts bei einer Laufzeit von weniger als sechs Jahren, 5 % des Nennwerts bei einer Laufzeit von weniger als zehn Jahren, 6 % des Nennwerts bei einer Laufzeit ab zehn Jahren. Vgl. Gersch in Kirchhof/Söhn, EStG, § 43 Rz. I 34 „Disagio-Anleihen“ m.w.N. 128 Einkommensteuer-Richtlinien 20.2; BMF v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034. 129 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 6/05, BStBl. II 2007, 571; vgl. auch Jachmann, BB 2007, 1202. Bei den dem Urteil zugrunde liegenden Down-Rating-Anleihen war nach dem BFH der
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Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen
c) Sonderproblem: Redemption Premium 93
Fraglich ist in der Praxis häufig, ob allein durch eine so genannte Redemption Premium130 eine festverzinsliche Anleihe zu einer Finanzinnovation wird. Eine Redemption Premium wird häufig in Anleihen vereinbart, sofern die Anleihe vor Ende der Laufzeit von der Emittentin eingezogen wird131. Nach dem Wortlaut des Gesetzes käme eine Qualifikation als Finanzinnovation in Betracht, da die „Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt“ (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 lit. c EStG). Dies ist aus unserer Sicht indes abzulehnen. Ein derartig spekulatives Element, wie etwa bei den Hochzinsanleihen, wird durch die Redemption Premium nicht vermittelt. Jedenfalls sofern bestimmte Werte nicht überschritten werden, sollte die Redemption Premium nicht dazu führen, dass eine festverzinsliche Anleihe als Finanzinnovation eingestuft wird. Als Anhaltspunkte könnten die Werte des BMF für das Emissions-Disagio bei Disagio-Anleihen dienen. Es wird nicht der laufende Zinsertrag auf die Ebene des Vermögenswertes verlagert, so dass eine Redemption Premium nicht dazu führt, eine Anleihe als Finanzinnovation einzustufen. Zudem gilt hier u.E. gleichermaßen das Argument des BFH zu „einfachen“ Reverse Floatern, wonach diese keine Finanzinnovation darstellen, weil eine Trennung zwischen Vermögens- und Ertragsebene eindeutig möglich ist. d) Zinsabschlagsteuerpflicht bei Finanzinnovationen
94
Wenn es sich bei den Finanzinnovationen um Anleihen i.S.v. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 lit. a EStG handelt, erfüllen diese im Falle der Einlösung oder vorzeitigen Rückgabe durch den Ersterwerber den Tatbestand des Zinsabschlags132. Bei Veräußerung derartiger Anleihen ist der Tatbestand der Zinsabschlagsteuer gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG einschlägig.
95
Auch hier gilt grundsätzlich das oben dargestellte Zahlstellenprinzip, d.h. ein Zinsabschlag ist nur einzubehalten, wenn die Anleihe bei einem inländischen Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut aufbewahrt wird und dieses den entsprechenden Veräußerungspreis auszahlt oder gutschreibt (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 lit. a, aa EStG, s. oben Rz. 74 ff.).
Veräußerungserlös nicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 lit. c, Satz 2 EStG nach Maßgabe der Marktrendite steuerbar (vgl. hierzu Rz. 103 f.). Nach dem BMF-Schreiben v. 18.7.2007 (IV B 8 – S-2252/0, BStBl. I 2007, 548) gilt dies jedoch wie bei Reverse Floatern nicht allgemein für Down-Rating-Anleihen. 130 Ebenfalls verwendet werden die Begriffe Applicable Redemption Premium oder Applicable Premium. 131 Oft setzt sich das Redemption Premium aus zwei Komponenten zusammen: Einem Betrag, der je nach Zeitpunkt der frühzeitigen Einziehung über dem Nominalbetrag der Kapitalforderung liegt (i.d.R. zwischen 102–108 %), sowie ggf. einem zweiten Betrag, der sich auf die Zinszahlungen bezieht, die nach dem Einziehungstermin fällig geworden wären. Oft wird die Einziehung an weitere Bedingungen geknüpft, dass z.B. zumindest 65 % des Nominalbetrags der Schuldverschreibung weiterhin „outstanding“ sind. Teilweise wird die „Redemption“ auch an eine Kapitalerhöhung geknüpft. Der „Redemption“-Preis liegt oft im ersten Jahr der „Redemption“ bei ca. 104 % Darüber hinaus gibt es oft die „Redemption-Möglichkeit“ bei Änderungen der Kapitalertragsteuer. 132 Vgl. Scheurle, NWB 1996, Fach 3, 9659 ff., 9668.
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§ 17
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen
aa) Bemessungsgrundlage Für die Bemessung der Zinsabschlagsteuer im Fall von Veräußerungen von Finanzinnovationen findet die so genannte Differenzmethode Anwendung. Dies bedeutet, dass sich der Steuerabzug nach dem Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung der Wertpapiere bemisst (§ 43a Abs. 2 Satz 2 EStG). Dies gilt indes nur, wenn die Anleihe von der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle erworben wurde und dort seit dem Erwerb verwahrt oder verwaltet worden ist (§ 43a Abs. 2 Satz 2 EStG). Die auszahlende Stelle muss nämlich mit ausreichender Sicherheit die Höhe des Erwerbspreises kennen133.
96
bb) Ersatzbemessungsgrundlage Ist die Anleihe nicht ununterbrochen seit ihrem Erwerb von der auszahlenden Stelle verwahrt oder verwaltet worden, bemisst sich der Steuerabzug im Fall der Veräußerung von Finanzinnovationen nach der so genannten Ersatzbemessungsgrundlage; diese beträgt 30 % der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung (§ 43a Abs. 2 Satz 3 EStG)134.
97
V. Sonstige steuerliche Aspekte in Bezug auf private Investoren 1. Veräußerungsgewinne bei inländischen privaten Investoren Bis zur Anwendung der Neuregelung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 unterliegen Veräußerungsgewinne aus Anleihen, die im Privatvermögen inländischer Investoren gehalten werden und keine Finanzinnovationen darstellen, lediglich der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Anleihe nicht mehr als ein Jahr beträgt (§§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 22 Nr. 2 EStG)135.
98
Diese Konzeption wird durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 aufgehoben, wonach der Gewinn aus der Veräußerung von Anleihen, die im Privatvermögen gehalten werden, unabhängig von der Einordnung der Anleihe als Finanzinnovation oder einer Haltefrist besteuert wird (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG 2008)136.
99
Bei ausländischen Investoren, die ihre Anleihen im Privatvermögen halten, unterliegt die Veräußerung der Anleihen nicht der deutschen Besteuerung, sofern keine Tafelgeschäfte vorliegen. Sofern es sich hier um so genannte Finanzinnovationen handelt, unterliegt die Veräußerung nur in den Fällen der deutschen Besteuerung, in denen auch die Zinsen der deutschen Besteuerung unterliegen (vgl. oben Rz. 82 ff.).
100
133 Im Fall eines Depotwechsels oder der Einlösung eines Wertpapiers im Rahmen eines so genannten Tafelgeschäfts kommt es daher zwingend zur Bemessung des Zinsabschlags nach der Ersatzbemessungsgrundlage des § 43a Abs. 2 Satz 3 EStG. 134 Vgl. oben Rz. 61 zur Neuregelung. 135 Die Jahresfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem das der Anschaffung zugrunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. Werden Wertpapiere an der Börse erworben, wird das obligatorische Rechtsgeschäft in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem der Börsenhändler, den der Investor oder das ihn vertretende Kreditinstitut beauftragt hat, den Kaufauftrag ausführt (so genannter Schlusstag). Zu Einzelheiten hierzu vgl. BMFSchreiben v. 25.10.2004 – IV C 3 - S 2256 - 238/04, BStBl. I 2004, 1034 Tz. 1. 136 Vgl. Rz. 63 im Hinblick auf die Anwendungsregelung.
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§ 17 101
Steuerliche und bilanzielle Aspekte von Anleiheemissionen
Im Hinblick auf die Anschaffung von Anleihen ist ferner darauf hinzuweisen, dass es sich um so genannte negative Einnahmen handelt, soweit sich die Anschaffungskosten auf den Erwerb bereits angewachsener Zinsforderungen beziehen. Diese negativen Einnahmen sind im Zahlungsjahr abzugsfähig137.
2. Die Berechnung der Zinseinkünfte im Falle einer Finanzinnovation 102
Im Falle einer Veräußerung oder Abtretung von Anleihen, die so genannte Finanzinnovationen darstellen, liegen Zinseinkünfte vor, „soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenen Emissionsrendite entsprechen“ (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG). Der Begriff der „Emissionsrendite“ ist im Gesetz nicht definiert. Es handelt sich dabei jedoch um die Rendite, die bei der Emission der Anleihe von vornherein zugesagt wurde und die bis zur Einlösung der Anleihe mit Sicherheit erzielt werden wird138. Ob eine derartige Emissionsrendite vorliegt, richtet sich nach den Emissionsbedingungen. Die Einordnung von Anleihen als Finanzinnovation hat ausgehend von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Emission der Anlage zu erfolgen139. Sie liegt nicht vor, wenn nach den Bestimmungen der Anleihe eine derartige Rendite nicht von vornherein bestimmbar ist140.
103
Sofern indes eine Emissionsrendite nicht ermittelt werden kann, ist der Zinsertrag nach der so genannte Marktrendite zu ermitteln. Marktrendite ist der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung der Anleihe als Kapitalertrag (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Nach früherer Verwaltungsauffassung hatte der Steuerpflichtige ein Wahlrecht zwischen der Anwendung der Emissionsrendite und der Marktrendite141. Die Verwaltungsansicht wurde mittlerweile allerdings der Rechtsprechung des BFH142 angepasst, nach der § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG kein Wahlrecht im juristischen Sinn zur Anwendung der Marktrendite eröffnet143.
104
Liegt ein Kursverlust eindeutig auf der Vermögensebene, darf dies bei der Ertragsbesteuerung nicht berücksichtigt werden. 137 Heinicke in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 178 m.w.N. 138 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568; BFH v. 24.10.2000 – VII R 28/99, BStBl. II 2001, 97; BFH v. 13.12.2006 – VIII R 6/05, BStBl. II 2007, 571; Dötsch in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 20 Rz. O 39; BMF-Schreiben v. 30.4.1993 – IV B 4 - S 2252 - 480/93, BStBl. I 1993, 343. 139 BFH v. 13.12.2006 – VIII R 62/04, BStBl. II 2007, 568. Danach waren Verluste aus der Veräußerung so genannte Argentinien-Anleihen nicht steuerbar, da die Umstellung auf den Flat-Handel nicht rückwirkend den Charakter der argentinischen Anleihen als festverzinsliche Wertpapiere änderte; vgl. auch BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548 und BMF-Schreiben v. 14.7.2004 – IV C 1 - S 2252 - 171/04, BStBl. I 2004, 611. 140 So verhält es sich beispielsweise bei variabel verzinslichen Schuldverschreibungen, bei denen der Zinssatz unter Bezug auf einen Referenzzins des Geldmarktes kontinuierlich angepasst wird (Floater). Gleiches gilt für Fälle, in denen die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt, wie insbesondere bei so genannten Indexanleihen oder bei Down-Rating-Anleihen. 141 BMF-Schreiben v. 6.9.2006, Anlage 2, BStBl. I 2006, 508. 142 BFH v. 11.7.2006 – VIII R 67/04, BStBl. II 2007, 553. 143 BMF-Schreiben v. 18.7.2007 – IV B 8 - S 2252/0, BStBl. I 2007, 548, obwohl nach Ansicht der Finanzverwaltung ein solches Wahlrecht nicht besteht, folgt die Finanzverwaltung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung aus verwaltungsökonomischen Gründen zunächst den Angaben des Steuerpflichtigen zur Höhe der Erträge aus den Finanzinnovationen.
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5. Teil Sonderformen § 18 Asset-Backed Securities Martin Geiger I. Grundstruktur einer Verbriefungstransaktion . . . . . . . . . . . . . .
1
1. Anleihe-Transaktion . . . . . . . . .
2
2. Transaktion im Rahmen eines Conduit-Programmes . . . . . . . .
5
II. Insolvenzrechtliche Analyse . . . . 1. Verbriefbare Vermögenswerte eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . a) Handelsforderungen . . . . . . . b) Leasing- und Mietforderungen . c) Grundstücksbezogene Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . aa) Verbriefung von Immobilien-Mietforderungen . . . . bb) Grundschuldbesichertes Darlehen . . . . . . . . . . . . cc) Sale and lease-back . . . . . d) Whole Business Securitisation . aa) Kontrolle über die verbrieften Vermögenswerte . . . . .
7 10 13 17 18 19 21 22 23
bb) Verbriefung als Instrument der Akquisitionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Aussonderungsrecht des SPV als Käufer a) Umdeutung der Vollabtretung in eine Sicherungsabtretung . . . . b) Refinanzierungsregister . . . . . aa) Voraussetzungen einer wirksamen Eintragung . . . . . . bb) Eintragungsfähige Gegenstände . . . . . . . . . . . . . cc) Aussonderungsrecht . . . . . 3. Insolvenzfestigkeit von Verbriefungsverträgen . . . . . . . . . . . . III. Steuerrechtliche Gesichtspunkte 1. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . 2. Einkommensteuer . . . . . . . . . 3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . a) MKG-Rechtsprechung . . . . . b) § 13c UStG . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
26
27 31 32 34 38 41 44 46 47 50
Schrifttum: Baums, Asset-Backed Finanzierungen im deutschen Wirtschaftsrecht, WM 1993, 1; Fleckner, Insolvenzrechtliche Risiken bei Asset Backed Securities, ZIP 2004, 585; Fleckner, Das Refinanzierungsregister – Tatbestandliche Grenzen und Vorschläge zur Verbesserung, WM 2006, 697; Früh, Asset Backed Securities/Securitization am Finanzplatz Deutschland, BB 1995, 105; Obermüller, Das Refinanzierungsregister, ZInsO 2005, 1079; Pannen/Wolff, ABS-Transaktionen in der Insolvenz des Originators, ZIP 2006, 52; Tollmann, Die Sicherstellung der Insolvenzfestigkeit bei der Asset Backed Securitization nach dem neuen Refinanzierungsregister gemäß §§ 22a ff. KWG, WM 2005, 2017; Waschbusch, Asset Backed Securities – eine moderne Form der Unternehmensfinanzierung, ZBB 1998, 408.
I. Grundstruktur einer Verbriefungstransaktion Asset-Backed Securities sind Wertpapiere (securities), die durch Vermögenswerte (assets) gedeckt (backed) sind. Im Rahmen der Unternehmensfinanzierung werden Asset-Backed Securities eingesetzt, indem ein Unternehmen einen Teil seiner Aktiva zur Deckung einer Kapitalmarktfinanzierung verwendet. Eine derartige Transaktion nennt man auch eine „Verbriefung“ von Vermögenswerten. Geiger
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§ 18
Asset-Backed Securities
Ein Unternehmen, das einen Teil seines Finanzierungsbedarfs1 über Asset-Backed Securities decken möchte, d.h. Vermögenswerte verbriefen will, steht prinzipiell vor der Alternative, eines der zumeist von Banken aufgesetzten und verwalteten Asset-Backed Conduit-Programmen zu nutzen oder eine durch Vermögenswerte gedeckte Anleihe direkt am Kapitalmarkt zu platzieren.
1. Anleihe-Transaktion 2
Die Grundform einer Verbriefungstransaktion lässt sich wie folgt darstellen: Treuhänder Unternehmen
Kaufvertrag
SPV
Verwaltungsvertrag
Anleihe
Investoren
Administrator
Das verbriefende Unternehmen (originator) verkauft und überträgt die zu verbriefenden Vermögenswerte auf eine speziell für die Transaktion gegründete, vom verbriefenden Unternehmen unabhängige Zweckgesellschaft (special purpose vehicle; „SPV“). Das SPV wird so strukturiert, dass es nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen insolvent werden kann (insolvency remoteness). Dies erreicht man insbesondere dadurch, dass alle Transaktionsbeteiligten sich verpflichten müssen, keinen Insolvenzantrag zu stellen (non-petition) und nur auf die jeweils beim SPV vorhandenen Vermögenswerte zur Befriedigung ihrer Ansprüche zuzugreifen (limited recourse). 3
Das SPV refinanziert den Kaufpreis über die Ausgabe einer Anleihe am Kapitalmarkt. Die Anleihe wird durch Banken (managers) am Kapitalmarkt platziert2. Da das SPV zumeist keine Angestellten hat, sondern allein durch seine Direktoren handelt, werden einige der mit dem Vermögenserwerb verbundenen Aufgaben und Tätigkeiten auf dritte Dienstleister übertragen. Insbesondere übernimmt ein Kontoverwalter (cash administrator) die Verwaltung der beim SPV eingehenden und ausgehenden Zahlungen. Ein weiterer Verwalter (corporate administrator) sorgt dafür, dass die gesellschaftsrechtlich und behördlich erforderlichen Rechtsakte vollzogen und Berichte erstellt werden. Ein Treuhänder (security trustee) überwacht die Ab1 Unternehmen kann generell nicht empfohlen werden, ihren gesamten oder den weit überwiegenden Teil ihres Finanzierungsbedarfs über Verbriefungstransaktionen zu decken. Dazu ist die Aufnahmefähigkeit des Kapitalmarktes und die Verfügbarkeit von verbriefbaren Vermögenswerten in der Regel zu unsicher, wie nicht zuletzt im Zuge der so genannten Subprime-Krise seit Sommer 2007 deutlich wird. 2 In der Regel wird die Anleihe am Euromarkt platziert. In den Anfangszeiten des deutschen Verbriefungsmarktes glaubte man, über Rule 144A zum Securities Act of 1933 auch in die U.S.A. an institutionelle Investoren (qualified institutional buyers, „QIBs“) anbieten zu müssen, um die Platzierung der Anleihe sicherzustellen. Mittlerweile investieren jedoch auch die großen US-amerikanischen Investoren zumeist über ihre europäischen Tochtergesellschaften in derartige Anleihen, so dass die Platzierung über Rule 144A, die zu einer höheren Komplexität und zu höheren Kosten für die Anleihe führt, jetzt nur noch selten praktiziert wird.
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§ 18
Asset-Backed Securities
wicklung der Transaktion für die Gläubiger des SPV, insbesondere für die Anleihegläubiger. In der Regel werden dem Treuhänder von dem SPV zu diesem Zweck Sicherungsrechte an den verbrieften Vermögenswerten eingeräumt. Diese Sicherungsrechte bilden einen zusätzlichen Schutz für den unwahrscheinlichen Fall, dass das SPV insolvent werden sollte. Die auf die Vermögenswerte geschuldeten Zahlungen (collections) werden auf der Grundlage eines Verwaltungsvertrages weiterhin vom Unternehmen eingezogen und an das SPV weitergeleitet3. Die zur Einziehung verwendeten Konten des Unternehmens werden dem SPV zur Sicherstellung der Weiterleitung verpfändet4. Sofern es sich bei den verbrieften Vermögenswerten um Forderungen handelt, bleibt die Zession an das SPV in der Regel still. Die Offenlegung erfolgt in diesen Fällen erst dann, wenn die durch das SPV erteilte Einziehungsermächtigung entzogen wird, etwa weil das Unternehmen seinen Pflichten aus dem Verwaltungsvertrag nicht ordnungsgemäß nachkommt oder wegen mangelnder Bonität Anlass zur Sorge besteht, dass das Unternehmen diesen Pflichten nicht mehr wird nachkommen können.
4
Aus den auf die Vermögenswerte eingehenden Zahlungen bezahlt das SPV Zins und Tilgung der Anleihe sowie die durch die Transaktion entstehenden Kosten.
2. Transaktion im Rahmen eines Conduit-Programmes Die oben beschriebene Verbriefungsstruktur lohnt sich angesichts der anfallenden Kosten5 erst ab einem bestimmten Transaktionsvolumen. Dieses variiert je nach Einzelfall, regelmäßig geht man von einem mindestens erforderlichen Anleihebetrag von rund 250 bis 300 Mio. Euro aus. Kleinere Portfolien werden oft über so genannte Conduit-Programme verbrieft, die zumeist von Banken sowohl zur Verbriefung von eigenen Vermögenswerten als auch von Aktiva ihrer Kunden aufgesetzt und verwaltet werden. Nahezu alle größeren im deutschen Markt tätigen Banken bieten ihren Kunden solche Conduit-Programme an6.
5
Verbrieft das Unternehmen Vermögenswerte im Rahmen eines Conduit-Programmes, so ergeben sich einige Modifikationen zur Grundstruktur7:
6
3 Eine Lizenz nach dem Rechtsberatungsgesetz benötigt das Unternehmen dafür in der Regel jedenfalls nach der im Jahre 2002 eingeführten Ausnahme gem. § 5 Nr. 4 RechtsberatungsG nicht. Dasselbe gilt gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 des zum 1.7.2008 in Kraft tretenden Rechtsdienstleistungsgesetzes. 4 Dadurch soll vor allem verhindert werden, dass in der Krise des Unternehmens ein Ersatzaussonderungsanspruch des SPV gem. § 48 Satz 2 InsO dadurch vereitelt wird, dass die auf die verkauften Vermögenswerte eingehenden Zahlungen nicht mehr unterscheidbar in der Masse vorhanden sind; so genanntes commingling risk. 5 Ratingagenturen, platzierende Banken, Treuhänder, Rechtsanwälte etc. 6 Z.B. Rhein-Main (Deutsche Bank), Silver Tower (Dresdner Bank), Salome (HypoVereinsbank), Compass (WestLB), Kaiserplatz (Commerzbank), Giro Lion (Bayerische Landesbank), Lake Constance (Landesbank Baden-Württemberg), Coral Capital (DZ Bank), Tulip (ABN Amro). 7 Die Strukturen variieren je nach Conduit-Programm. Im Text wird eine für den deutschen Markt typische Struktur dargestellt.
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§ 18
Asset-Backed Securities
Holding-SPV Unternehmen
Kaufvertrag
Ankaufs-SPV
Verwaltungsvertrag
Emissions-SPV Auftragsvertrag
Investoren commercial paper
Liquiditätsfazilität
Administrator
Fazilitätsbank
Das Unternehmen verkauft Vermögenswerte an ein SPV, das als Ankaufsgesellschaft fungiert. Diese Ankaufsgesellschaft besorgt sich die Refinanzierung des Kaufpreises über einen Auftragsvertrag (commissioning agreement) mit einem weiteren SPV, das als Emittent von Wertpapieren am Kapitalmarkt auftritt. Die Wertpapiere haben meist eine relativ kurze Laufzeit von unter einem Jahr und werden als commercial paper bezeichnet. Das Emissions-SPV schließt in der Regel eine Vielzahl von Auftragsverträgen mit verschiedenen Ankaufsgesellschaften ab, wobei das Emissions-SPV und die Ankaufsgesellschaften konzernrechtlich untereinander verbunden sind. Der Erwerber der emittierten Wertpapiere weiß in diesen Fällen nicht, welches Unternehmen die Vermögenswerte an die Ankaufsgesellschaft übertragen hat, die durch die ausgegebenen Wertpapiere refinanziert werden. Ein solches Vorgehen ist für den Anleger aus zwei Gründen akzeptabel: Zum einen erhalten die begebenen Schuldverschreibungen in der Regel ein Rating von mindestens zwei der drei weltweit operierenden Ratingagenturen8. Zum anderen werden einige der mit Verbriefungstransaktionen verbundenen Risiken von einer oder mehreren Banken getragen, und zwar erstens aufgrund von Bonitätshilfen, die die Kreditqualität des verbrieften Portfolios verbessern, und andererseits aufgrund einer Liquiditätsfazilität. Die Liquiditätsfazilität wird primär für den Fall gestellt, dass eine Refinanzierung der kurzfristig fällig werdenden commercial paper über den Kapitalmarkt aufgrund einer Marktstörung nicht möglich ist (market disruption). Eine Begebung von gerateten commercial paper ist nicht möglich, ohne dass eine entsprechende Liquiditätsfazilität zur Verfügung steht. Eine durch commercial paper refinanzierte Verbriefung gibt dem Unternehmen folglich Finanzierungssicherheit nur für die Laufzeit der zur Verfügung gestellten Liquiditätsfazilität.
II. Insolvenzrechtliche Analyse 1. Verbriefbare Vermögenswerte eines Unternehmens 7
Verbrieft werden können prinzipiell alle Vermögenswerte eines Unternehmens, die stabile und möglichst gut vorhersehbare Zahlungsströme generieren. Die Fälligkeiten der Vermögenswerte müssen dabei nicht notwendigerweise mit den Fälligkeiten der zur Refinanzierung begebenen Schuldverschreibungen übereinstimmen. Langlaufende Vermögenswerte wie Leasing- oder Darlehensforderungen werden über commercial paper refinanziert, die jeweils bei Fälligkeit durch neu begebene commercial paper zurückgezahlt werden. Steht der commercial paper-Markt nicht oder 8 Moody’s Investors Service, Standard & Poor’s, a division of The McGraw-Hill Companies, Inc. und Fitch Ratings, Ltd.
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§ 18
Asset-Backed Securities
nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, wie das zumindest seit Sommer 2007 und der so genannten Subprime-Krise nicht ausgeschlossen werden kann, muss die oben in Rz. 6 beschriebene Liquiditätsfazilität gezogen werden, was in der Regel zu deutlich höheren Refinanzierungskosten führt. Umgekehrt werden kurzfristig fällig werdende Aktiva durch langfristige Schuldverschreibungen refinanziert, wobei die fällig gewordenen Vermögenswerte durch gleichartige Vermögenswerte desselben verbriefenden Unternehmens ersetzt werden. Die durch fristeninkongruente Refinanzierung entstehenden Zinsrisiken werden über Zinsswaps oder Zinscaps des SPV mit einer geeigneten Bank abgesichert. Auf stabile und gut vorhersehbare Zahlungsströme wird deswegen Wert gelegt, weil durch diese Zahlungsströme Zins- und Tilgungsansprüche der Anleihegläubiger bedient werden sollen und Gläubiger von Rentenpapieren wie den Asset-Backed Securities pünktliche Zahlung von Zins und Tilgung erwarten9.
8
Eines der Hauptziele bei der Strukturierung von Verbriefungstransaktionen besteht darin, diese Zahlungsströme auch für den Fall der hypothetischen Insolvenz des Unternehmens für die Anleger zu reservieren. Erst dadurch wird ein Rating der AssetBacked Securities ermöglicht, das besser ist als das Rating des verbriefenden Unternehmens. Würde dies nicht gelingen, so wäre die Verbriefungstransaktion in den meisten Fällen sinnlos, da wenigstens eine gleich hohe Marge auf die Asset-Backed Securities bezahlt werden müsste wie auf eine unbesicherte Anleihe des verbriefenden Unternehmens.10
9
a) Handelsforderungen Als verbriefbare Vermögenswerte kommen vor allem Forderungen in Betracht. Die praktisch bedeutsamste Gruppe von verbriefbaren Forderungen bilden die Handelsforderungen, also Forderungen aus Lieferung und Leistung. Selbst wenn ihre Abtretbarkeit durch vertragliche Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner nach § 399 Fall 2 BGB ausgeschlossen sein sollte, ist die Abtretung an ein SPV gem. § 354a HGB dennoch wirksam möglich, soweit das der Forderung zugrundeliegende Rechtsgeschäft für beide Seiten ein Handelsgeschäft darstellt oder der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist11.
10
Im Falle der Insolvenz des verbriefenden Unternehmens unterliegen die den Handelsforderungen zugrundeliegenden Kaufverträge nicht dem Wahlrecht des Insol-
11
9 Im Rahmen des von den Ratingagenturen vergebenen Ratings einer Anleihe wird in der Regel die Wahrscheinlichkeit von pünktlicher Zahlung von Zins einerseits und Tilgung der Anleihe zur Endfälligkeit andererseits bewertet. 10 In der Regel verlangt der Kapitalmarkt einen Aufschlag für Asset-Backed Securities im Vergleich zu gleich gut gerateten unstrukturierten Wertpapieren. Dies ist zum einen mit der typischerweise geringeren Liquidität von Asset-Backed Securities und mit der größeren Komplexität solcher Anleihen zu erklären. Dieser Aufschlag schmolz bis zum Sommer 2007 zusammen, hat sich aber seitdem deutlich ausgeweitet. 11 Gewisse Probleme kann allerdings das Recht des Schuldners nach sich ziehen, auch nach Kenntnis von der Abtretung an den alten Gläubiger zu zahlen, s. § 354a Satz 2 HGB. Ein solches Verhalten des Schuldners ist aus Verbriefungssicht unerwünscht, sobald dem verbriefenden Unternehmen etwa wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Einziehungsermächtigung bezüglich der Forderungen entzogen ist, s. oben Rz. 4.
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§ 18
Asset-Backed Securities
venzverwalters nach § 103 InsO. Dies gilt selbst dann, wenn – wie in den meisten Fällen üblich – die verkaufte Ware mit einem Eigentumsvorbehalt belegt ist, also keiner der beiden Parteien – Käufer und Verkäufer – seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag vollständig erfüllt hat. In diesen Fällen hilft nach überwiegender Auffassung § 107 Abs. 1 InsO. Danach ist der Käufer berechtigt, die Erfüllung des Kaufvertrages vom insolventen Verkäufer zu verlangen, sofern er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft und den Besitz vom Verkäufer übertragen erhalten hat. Die Vorschrift wird von der herrschenden Meinung dahingehend interpretiert, dass dem Insolvenzverwalter des Verkäufers insofern das Wahlrecht des § 103 Abs. 1 InsO nicht zusteht12. Dies ist deshalb von großer Bedeutung, weil die Rechtsprechung selbst im Falle der Erfüllungswahl durch den Insolvenzverwalter annimmt, dass eine vor Insolvenz erfolgende Abtretung der vertraglichen Ansprüche wegen § 91 Abs. 1 InsO keine Wirkung entfaltet13. 12
Ebenso wie die Verbriefbarkeit von Handelsforderungen wegen der Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 InsO voraussetzt, dass der zugrundeliegende Kaufvertrag durch den Verkäufer bis auf den Bedingungseintritt im Rahmen eines Eigentumsvorbehaltes vollständig erfüllt sein muss, setzt auch die Verbriefung von Forderungen aus Werkverträgen oder Dienstleistungsverträgen voraus, dass das verbriefende Unternehmen sämtliche Leistungen erbracht hat, die erforderlich sind, damit der Lohnanspruch durchgesetzt werden kann. b) Leasing- und Mietforderungen
13
Des Weiteren sind häufig Leasing- und Mietforderungen Gegenstand von Verbriefungstransaktionen. In der Insolvenz des Vermieters oder Leasinggebers wird das SPV als Abtretungsempfänger über § 108 Abs. 1, Satz 2 InsO geschützt. Obwohl die Vorschrift im internationalen Vergleich als verbriefungsfreundlich gelten kann14, ist zu beklagen, dass die Vorschrift in vielen Punkten unklar ist und einschlägige Rechtsprechung zum Thema so gut wie völlig fehlt15. In der Praxis besonders bedeutsam sind vor allem drei Problemkreise:
14
(1) Das Tatbestandsmerkmal der Sicherungsübereignung ist im Zusammenhang mit einem Forderungsverkauf nur dann sinnvoll, wenn die Sicherungsübereignung als Sicherungszweck die Sicherung der Ansprüche gegen den Verkäufer vorsieht. Dagegen dient die Sicherungsübereignung gerade nicht der Sicherstellung der Zahlung der Forderungsschuldner, da ein Forderungsverkäufer dafür im Falle des regresslosen Forderungsverkaufs nicht haftet (s. unten Rz. 27). Würde die Sicherungsübereignung 12 S. Obermüller in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 990; Ott/Vuia in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 107 Rz. 12; unentschieden Tintelnot in Kübler/Prütting, InsO, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 107 Rz. 11. 13 S. BGH v. 20.12.1988 – IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236, 241 ff. Die Literatur hat dem teilweise heftig widersprochen, s. die Nachweise bei Kreft, ZIP 1997, 865, 866. 14 In vielen anderen europäischen Rechtsordnungen, in denen es keine entsprechende Vorschrift gibt, müssen extrem komplexe Verbriefungsstrukturen aufgesetzt werden, um eine hinreichende Sicherung der Anleihegläubiger zu erreichen (so etwa in Frankreich oder den Niederlanden). 15 Auch die Aufarbeitung der sich stellenden Probleme in der Literatur ist bislang nur ansatzweise erfolgt. Einen guten Überblick gibt Peters, ZIP 2000, 1759 ff.
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Asset-Backed Securities
auch das mit den Forderungen verbundene Bonitätsrisiko abdecken, würde man eine Umqualifizierung des Forderungsverkaufs in ein durch die Forderungen besichertes Darlehen vornehmen müssen16. (2) Gem. § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO muss die Sicherungsübereignung des Leasingbzw. Mietobjektes im nahen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb bzw. der Herstellung des Objektes durch den Leasinggeber bzw. Vermieter erfolgt sein. Der sachliche Zusammenhang erfordert, dass die Sicherungsübereignung im Rahmen einer objektbezogenen Finanzierung durchgeführt wurde, also die Sicherheit nicht für einen allgemeinen Betriebsmittelkredit gewährt wurde. Wie viel Zeit zwischen dem Erwerb bzw. der Herstellung des Objektes und der Sicherungsübereignung liegen darf, ohne dass der zeitliche Zusammenhang verloren geht, ist nicht geklärt. Die Praxis geht davon aus, dass ein Zeitraum von drei Monaten die Anwendung des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht verhindert. Ein längerer Zeitraum wird dann als hinnehmbar angesehen, wenn von vornherein die Absicht bestand, das fragliche Objekt im Wege der Sicherungsübereignung an einen Finanzier zu übertragen17.
15
(3) Beinhalten die Miet- oder Leasingverträge, die den verbrieften Forderungen zugrundeliegen, die Verpflichtung des Leasinggebers bzw. Vermieters, das Objekt zu warten, wie dies in § 535 Satz 2 BGB als Regelfall normiert ist, jedoch in Leasingverträgen zumeist abgedungen wird, so genügt § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO für die Insolvenzfestigkeit der Struktur allein noch nicht. Denn der Mieter wird berechtigterweise kündigen, wenn zwar das Mietverhältnis in der Insolvenz des Vermieters weiterläuft, die durch den Vermieter geschuldeten Wartungsleistungen aber durch den Insolvenzverwalter nicht erbracht werden18. In diesen Fällen muss daher notfalls die Erbringung der Wartungsleistungen durch einen geeigneten Dritten (back-up servicer) sichergestellt werden. Dazu muss dem Leasinggeber bereits im Leasingvertrag vom Leasingnehmer das Recht eingeräumt sein, diese Leistungen durch einen Dritten erbringen zu lassen, da der Leasingnehmer ansonsten Erfüllung durch den Dritten zumindest dann nach § 267 BGB ablehnen könnte, wenn weder der für den Leasinggeber handelnde Insolvenzverwalter noch der Leasingnehmer damit einverstanden sind. Die fragliche Klausel des Leasingvertrages ist zwar nicht an § 309 Nr. 10 BGB zu messen, da die Vorschrift nur auf Kauf-, Dienst- und Werkverträge Anwendung findet, jedoch wird man den Rechtsgedanken im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu berücksichtigen haben19.
16
16 Dies entspricht der Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Factoring, wie sie die Rechtsprechung vornimmt, s. etwa BGH v. 19.9.1977 – VIII 169/76, NJW 1977, 2207. S. auch BFH v. 5.5.1999 – XI R 6/98, DB 1999, 1733 zu § 8 Nr. 1 GewStG; dazu und abweichend von der hier vertretenen Auffassung Peters, DB 2002, 864, 868. Schwierig ist im Einzelnen die Abgrenzung zwischen dem Veritätsrisiko, das typischerweise den Verkäufer trifft und daher durch die Sicherungsübereignung abgedeckt werden darf, und dem Bonitätsrisiko, s. dazu etwa Berninghaus in Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 30 Rz. 31. 17 Peters, ZIP 2000, 1759, 1764; Eckert in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 108 Rz. 46. 18 Diese Zusatzleistungen werden nach herrschender Meinung als Folge des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO auch von der Masse geschuldet, s. etwa Eckert in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 108 Rz. 62 mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung. 19 S. etwa Kieninger in MünchKomm. BGB, 5. Aufl., § 309 Nr. 10 Rz. 3.
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c) Grundstücksbezogene Vermögenswerte 17
In jüngerer Zeit gehen Unternehmen verstärkt dazu über, ihre grundstücksbezogenen Vermögenswerte nicht mehr nur wie früher als Sicherheit für den klassischen Bankkredit zu verwenden, sondern in vielfältiger Weise für Kapitalmarkttransaktionen nutzbar zu machen. aa) Verbriefung von Immobilien-Mietforderungen
18
Die Insolvenzfestigkeit der Abtretung von Immobilien-Mietforderungen setzt wegen § 1124 Abs. 2 BGB und § 110 InsO die Absicherung der Abtretung im Grundbuch voraus. Ansonsten würde die Abtretung im Falle der Insolvenz des verbriefenden Unternehmens nur bis zu einem Monat nach Beschlagnahme bzw. einschließlich des Monats wirksam sein, in das die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt. Ist die Abtretung dagegen mit Hilfe eines im Grundbuch eingetragenen Rechts abgesichert, bestimmt sich das Verhältnis zu etwa im Übrigen ebenfalls eingetragenen Grundpfandrechten Dritter nach dem Rangverhältnis der eingetragenen Rechte. Zur derartigen Absicherung der Forderungsabtretung eignet sich vor allem das althergebrachte Instrument des Nießbrauchs gem. §§ 1030 ff. BGB, unter Umständen auch in der Form des Dauerwohnrechts nach §§ 31 ff. WEG. Letzteres hat gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 WEG den Vorteil der Übertragbarkeit, was im Zusammenhang mit der üblicherweise verlangten Sicherungsübertragung aller durch das SPV gehaltenen Gegenstände auf den Treuhänder eine Rolle spielen kann. Allerdings lassen sich nach § 32 WEG mit einem Dauerwohnrecht nur Wohnungen belasten, für die die Baubehörde die Abgeschlossenheit bescheinigt hat. bb) Grundschuldbesichertes Darlehen
19
Als Alternative zur oben Rz. 18 beschriebenen Struktur kann das emittierende SPV ein Darlehen an das verbriefende Unternehmen ausreichen. Das Darlehen wird durch Grundschulden am zu verbriefenden Grundbesitz besichert20. Die Grundschulden werden dabei in der Regel zu Gunsten eines Kreditinstituts bestellt, das als Treuhänder der Transaktion agiert. Die Notwendigkeit, mit dieser Funktion ein Kreditinstitut zu betrauen, ergibt sich aus der Entscheidung des BGH vom 24.6.200321. Darin wird die Insolvenzfestigkeit der Treuhand im Grundstücksrecht wegen des Offenkundigkeitsprinzips abgelehnt, soweit sie nicht grundbuchlich etwa mit Hilfe einer (Notar- und Eintragungskosten auslösenden) Vormerkung abgesichert wird. Zwar kann man zweifeln, ob diese Erwägungen auch auf Grundschulden Anwendung finden können22, jedoch besteht zumindest eine gewisse Unsicherheit, ob die Grundschulden in einer hypothetischen Insolvenz des Treuhänders in die Masse fallen. Auch wenn fraglich ist, ob ein Insolvenzverwalter des Treuhänders isolierte Grundschulden verwerten könnte, weicht die Praxis auf die Bestellung eines Einlagenkreditinstitutes oder E-Geld-Instituts in einer europäischen Jurisdiktion aus, in der das Rechtsinstitut der Treuhand weitergehend anerkannt ist als in 20 S. etwa die 2004 abgeschlossene Transaktion Hallam Finance plc, die die Verbriefung von Mietforderungen durch eine Tochtergesellschaft der Viterra AG zum Gegenstand hatte. 21 BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, WM 2003, 1733 ff. 22 S. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl. 2007, Rz. 8.507 und Stöcker in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2007, § 86a Rz. 83.
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Deutschland23. Ein derartiges Kreditinstitut ist deswegen von Vorteil, weil hier die Eröffnung eines deutschen Partikularinsolvenzverfahrens mit der Gefahr der Relevanz der oben skizzierten Rechtsprechung ausgeschlossen werden kann. Insolvenzverfahren über das Vermögen eines europäischen Kreditinstituts finden immer am Sitz des Kreditinstituts statt24. Die Struktur des grundschuldbesicherten Darlehens wird man insbesondere dann wählen, wenn nicht oder nicht nur auf die durch Mietforderungen generierten Zahlungsströme, sondern auch auf Erlöse aus dem Verkauf von Immobilien abgestellt wird. Der Nachteil dieser Struktur gegenüber der oben Rz. 18 beschriebenen besteht darin, dass der Zugriff auf die verbrieften Vermögenswerte nur im Wege der Verwertung von Sicherheiten möglich ist und deshalb den damit verbundenen Aufwand sowohl in verfahrensmäßiger als auch in Kostenhinsicht nach sich zieht25.
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cc) Sale and lease-back Verbriefungstransaktionen dienen als Refinanzierungsinstrument für den Leasinggeber in hauptsächlich im Grundstücksbereich anzutreffenden Sale and lease-backStrukturen. Der bisherige Eigentümer verkauft das Grundstück an einen Finanzier, der künftig als Leasinggeber auftritt und dem Verkäufer das Grundstück unter einem Leasingvertrag zurückvermietet. Die aus diesem Vertrag resultierenden Forderungen bilden den Gegenstand der Verbriefungstransaktion. Wirtschaftlich sinnvoll dürfte dies jedoch in den meisten Fällen nur dann sein, wenn der Leasinggeber mehrere Transaktionen dieser Art abgeschlossen hat und ihm daraus ein größeres Portfolio an Schuldnern von Mietforderungen zur Verfügung steht. Ansonsten übersteigt die Kreditqualität der aus der Verbriefungstransaktion resultierenden Schuldverschreibungen nicht diejenige des einzelnen Leasingnehmers aus der Sale and leaseback-Struktur. In der Insolvenz des Leasinggebers hilft die Vorschrift des § 108 Abs. 1 InsO, die das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO ausschließt.
21
d) Whole Business Securitisation Eine insbesondere in England entwickelte und dort sehr verbreitete Form der Verbriefung versucht, die Beschränkung der verbrieften Vermögenswerte auf bestimmte Forderungsklassen eines Unternehmens aufzuheben und statt dessen möglichst den gesamten Umsatz (whole business) des Unternehmens zu verbriefen. Dies zieht eine Befrachtung der Verbriefungsstruktur mit dem operativen Risiko des verbriefenden Unternehmens nach sich.
22
aa) Kontrolle über die verbrieften Vermögenswerte Trotz dieses operativen Risikos lassen sich Anleihen strukturieren, deren Kreditqualität besser ist als eine unbesicherte Anleihe des verbriefenden Unternehmens. Dazu müssen die für die Erwirtschaftung des Umsatzes erforderlichen Vermögensgegenstände mit Hilfe eines Sicherheitenpaketes und durch Vereinbarung geeigneter Ver23 Dies ist etwa in England und in Luxemburg der Fall. 24 Vgl. etwa § 46e KWG. Die Vorschrift beruht auf der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten vom 4.4.2001 (2001/24/EG), ABl. EG Nr. L 125 v. 5.5.2001, S. 15. 25 S. zu den Kosten insbesondere die ZwVwV.
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pflichtungen (covenants) so isoliert werden, dass im Falle einer Insolvenz des verbriefenden Unternehmens die Fortführung des Betriebes zugunsten der Anleihegläubiger sichergestellt ist. Im Unterschied zu den oben Rz. 10–21 beschriebenen Formen der Verbriefung findet hier also in der Regel keine Übertragung von Vermögenswerten auf das SPV statt, vielmehr reicht das SPV einen Kredit an das verbriefende Unternehmen aus (secured loan securitisation). 24
Die Strukturierungsbemühungen im Zusammenhang mit dem erforderlichen Sicherungspaket kreisen oftmals um die Stellung und die Rechte des Insolvenzverwalters in einer hypothetischen Insolvenz des verbriefenden Unternehmens. Gem. § 166 InsO ist in den dort genannten Fällen der Insolvenzverwalter zur Verwertung von Sicherungsrechten befugt und erst nach Abzug seiner Kosten gem. § 171 InsO zur Abführung des erzielten Erlöses verpflichtet. Diese Rechte kollidieren mit dem Interesse der Anleihegläubiger als letztlich besicherten Gläubigern des verbriefenden Unternehmens, selbst die Kontrolle über die verbrieften Vermögenswerte auszuüben und so das möglichst reibungslose Weiterlaufen der Struktur und der darunter generierten cash-flows zu ermöglichen. In besonderem Maße steht diesem Bestreben das Recht des Insolvenzverwalters entgegen, gem. § 172 InsO bewegliche Sachen, zu deren Verwertung er nach § 166 InsO berechtigt ist, für die Insolvenzmasse zu nutzen26.
25
Nicht unter § 166 InsO fallende Sicherungsinstrumente werden daher bevorzugt eingesetzt. Dazu zählen Pfandrechte27 bzw. solche Sicherheiten über Vermögenswerte, die nicht in § 166 InsO genannt sind28. Diese Bemühungen bedeuten keineswegs, dass derartige Strukturen die Interessen der Masse oder der unbesicherten Gläubiger beeinträchtigen würden. Im Gegenteil wird für ein möglichst reibungsloses Weiterlaufen des Geschäftsbetriebes gesorgt. Dies kommt regelmäßig auch der Masse im Übrigen zu Gute. Um für die für den Kapitalmarkt erforderliche Vorhersehbarkeit der Zahlungsströme auch in der Insolvenz zu sorgen, ist es nötig, die damit zusammenhängenden Abläufe bereits bei Transaktionsabschluss verbindlich festzulegen. Schwer vorhersehbare Insolvenzverwalterentscheidungen, die lediglich bei Überschreiten eines womöglich als weit angenommenen Ermessensspielraums als rechtswidrig angesehen werden können29, sind damit unvereinbar. bb) Verbriefung als Instrument der Akquisitionsfinanzierung
26
Die Finanzierungsform der Whole Business Securitisation findet insbesondere als Form der Akquisitionsfinanzierung im Bereich der leveraged buy-outs Anwendung30. 26 Das dafür gem. § 169 InsO vorgesehene Entgelt ist in diesem Zusammenhang keine ausreichende Kompensation. 27 Auf Pfandrechte findet nach ganz herrschender Meinung § 166 InsO keine Anwendung, s. Landfermann in Heidelberger Komm. InsO, 4. Aufl. 2006, § 166 Rz. 17; Lwowski/Tetzlaff in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 166 Rz. 45; zur Gegenauffassung s. Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 449. 28 Das sind alle Rechte mit Ausnahme von Forderungen, s. etwa Lwowski/Tetzlaff in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 166 Rz. 64. 29 S. zur Frage des Ermessens des Insolvenzverwalters die Kommentierungen zu § 60 InsO etwa Abeltshauser in Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, Stand April 2006, § 60 Rz. 32 ff. 30 Daher sind verbriefende Unternehmen meist solche, die von Private Equity-Häusern erworben wurden.
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Hier bietet die direkte Finanzierung über den Kapitalmarkt typischerweise den Vorteil von geringeren Zinskosten bei gleichzeitig höherem Verschuldungsgrad (debt quantum) und weniger massiven Eingriffen in die unternehmerische Freiheit (covenant package) im Vergleich zu einer traditionellen Bankfinanzierung. Allerdings ist diese Form der Finanzierung besonders aufwendig und bedarf oft substantieller Unternehmens-Umstrukturierungen im Vorfeld der Finanzierung31.
2. Aussonderungsrecht des SPV als Käufer a) Umdeutung der Vollabtretung in eine Sicherungsabtretung In den weitaus meisten Fällen basiert die Verbriefung auf dem Verkauf und der Abtretung von Forderungen. Der Verkauf erfolgt regresslos in Bezug auf das mit den Forderungen verbundene Kreditrisiko, d.h. der Verkäufer haftet für die Verität, nicht jedoch für die Einbringlichkeit der verkauften Forderungen. Jedoch behält das SPV als Käufer üblicherweise zunächst einen gewissen Prozentsatz des Kaufpreises ein und zahlt diesen erst dann unter Abzug tatsächlicher Ausfälle an den Verkäufer aus, wenn die Forderungen eingezogen wurden. Aufgrund dieses Mechanismus übernimmt der Verkäufer wirtschaftlich das Bonitätsrisiko bis zur Höhe des Einbehalts.
27
Die bilanz- und steuerrechtliche Rechtsprechung und Literatur behauptet bisweilen, ein im Vergleich zum Ausfallrisiko zu hoher Einbehalt könne dazu führen, dass der Forderungskaufvertrag in ein Darlehen und die Abtretung in eine Sicherungsabtretung umzuqualifizieren sei32. Als Folge wäre das SPV in einer Insolvenz des Verkäufers bezüglich der Forderungen nicht mehr aussonderungsberechtigt gem. § 47 InsO, sondern absonderungsberechtigt gem. § 51 Nr. 1 InsO. Der Insolvenzverwalter wäre gem. § 166 Abs. 2 InsO zur Verwertung der Forderungen befugt und könnte seinen Kostenbeitrag gem. § 171 InsO geltendmachen.
28
Richtigerweise hängt jedoch die Qualifizierung als Verkauf oder Darlehen nicht davon ab, in welcher Höhe das SPV einen Einbehalt vom Kaufpreis vornimmt33. Die Einordnung der Transaktion als Darlehen würde voraussetzen, dass die Abtretung eine zugrundeliegende Verpflichtung des Verkäufers besichert und dass der Verkäufer wirtschaftlicher Inhaber der Forderungen bleibt, weil er die Erwartung einer Rückübertragung nach Tilgung der besicherten Forderung hat. Das verbriefende Unternehmen ist jedoch nicht zur Rückzahlung des Kaufpreises, sondern zur Weiterleitung der eingezogenen Gelder verpflichtet. Umgekehrt besteht keine Rückübertragungsverpflichtung des SPV bezüglich der übertragenen Forderungen.
29
Vielmehr kommt eine Umqualifizierung als Darlehen nur dann in Betracht, wenn das verbriefende Unternehmen den ursprünglich vom SPV bezahlten Kaufpreis nicht unabhängig vom Erfolg der Forderungseinziehung behalten darf, sondern ihn ganz oder teilweise zurückgeben muss, sofern sich das mit den Forderungen verbundene Kreditrisiko realisiert, oder wenn das verbriefende Unternehmen aus seinem sons-
30
31 Vgl. etwa die im Jahr 2001 durch Tenovis Finance Ltd. durchgeführte Transaktion. 32 BFH v. 5.5.1999 – XI R 6/98, DB 1999, 1733, Papperitz, DStR 1993, 1841; vgl. auch Fleckner, ZIP 2004, 585, 592 ff. 33 Anders anscheinend Pannen/Wolff, ZIP 2006, 52, 55 und Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl. 2007, Rz. 8.498.
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tigen Vermögen Sicherheiten für die Einbringlichkeit der verbrieften Forderungen stellt34. b) Refinanzierungsregister 31
Im September 2005 wurde durch das Gesetz zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters35 für Kreditinstitute eine besondere Form des insolvenzfesten treuhänderischen Haltens von Forderungen und Registerpfandrechten eröffnet. aa) Voraussetzungen einer wirksamen Eintragung
32
Die wirksame Eintragung in ein Refinanzierungsregister setzt voraus, dass das verbriefende Unternehmen als Refinanzierungsunternehmen Forderungen oder Registerpfandrechte formgerecht gem. § 22d KWG in ein ordnungsgemäß von einem registerführenden Unternehmen geführtes Refinanzierungsregister eintragen lässt. Refinanzierungsunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 24 KWG sind nicht nur Kreditinstitute, sondern auch andere Unternehmen, soweit sie zum Zwecke der Refinanzierung Gegenstände oder Ansprüche an Zweckgesellschaften oder Refinanzierungsmittler veräußern. Ob auch Einzelkaufleute darunter fallen können, ist umstritten36. Als registerführende Unternehmen kommen nur Kreditinstitute in Frage, alle anderen müssen sich eines Refinanzierungsmittlers gem. § 22b KWG bedienen.
33
Als Grundlage der Eintragung nennt das Gesetz die „Veräußerung“ von Gegenständen aus dem Geschäftsbetrieb des Refinanzierungsunternehmens. Die dingliche Übertragung der Gegenstände ist dafür nicht nötig, das Refinanzierungsregister wurde gerade zu dem Zweck eingeführt, die oftmals schwierige und kostspielige Übertragung zu vermeiden. Es genügt der Abschluss eines Kaufvertrages als schuldrechtliches Geschäft, wobei die Übernahme des Bonitätsrisikos bezüglich der verkauften Forderungen durch den Übertragungsberechtigten nicht verlangt wird37. Umstritten ist dagegen, ob auch andere schuldrechtliche Rechtsgeschäfte als ein Kaufvertrag, etwa ein Darlehen, als Grundlage des Übertragungsanspruches ausreichend sind38. bb) Eintragungsfähige Gegenstände
34
Auch wenn das Refinanzierungsregister primär zur Erleichterung der Verbriefung von (buch-)grundschuldbesicherten Darlehensforderungen durch Kreditinstiute geschaffen wurde, bringt es auch im Bereich der Unternehmensfinanzierung gewisse Fortschritte in Fällen, in denen die dingliche Übertragung von zu verbriefenden Rechten auf Schwierigkeiten stößt. 34 So etwa der Fall in OLG Koblenz v. 10.11.1987 – 3 U 1386/86, WM 1988, 45 und in BFH v. 5.5.1999 – XI R 6/98, DB 1999, 1733; s. auch oben Rz. 14. 35 BGBl. I 2005, 2809 ff. 36 Dafür Fleckner, WM 2006, 697, dagegen Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl. 2007, Rz. 8.512. 37 S. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, in BT-Drucks. 15/5852, S. 23. 38 S. Fleckner, WM 2006, 697, 698 einerseits und Tollmann, WM 2005, 2017, 2023 andererseits.
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(1) Abtretungshindernisse Für die Eintragung ins Refinanzierungsregister bedarf es weder der Befolgung einer vereinbarten Form noch der Erfüllung gesetzlicher Formerfordernisse, wie zum Beispiel der Notifizierung des Schuldners etwa im Falle von Versicherungsforderungen nach den Allgemeinen Bedingungen für kapitalbildende Lebensversicherungen (ALB)39. Ferner stehen Abtretungsverbote dann einer Eintragung im Refinanzierungsregister nicht entgegen, wenn die Abtretung lediglich durch mündliche oder konkludente Vereinbarung ausgeschlossen wurde, § 22d Abs. 4 KWG. Durch diese Erleichterungen wird der Kreis der verbriefbaren Forderungen erweitert.
35
(2) Ausländische Forderungen Für international tätige Unternehmen besonders mühsam ist die Klärung der Frage, auf welche Weise die zu verbriefenden Forderungen nach allen dafür maßgeblichen Rechtsordnungen auf ein SPV übertragen werden können. Nach deutschem Recht ist für die Frage nach Zulässigkeit und Formerfordernissen der Abtretung gem. Art. 33 Abs. 2 EGBGB das Forderungsstatut maßgeblich, im Ausland wird das teilweise anders gesehen40. Die Voraussetzungen und Wirkungen der Abtretung variieren zudem je nach Jurisdiktion.
36
Insbesondere sehen einige Rechtsordnungen vor, dass aus zivil- oder steuerrechtlichen Gründen Forderungen nur an besonders ausgestaltete oder lizenzierte Forderungserwerber abgetreten werden können41. Dies lässt die Transaktionsstruktur in multi-jurisdiktionalen Transaktionen in vielen Fällen extrem komplex werden. All diese Schwierigkeiten lassen sich vermeiden, wenn das Unternehmen die Forderungen nicht an ein SPV dinglich abtritt, sondern die Forderungen in das Refinanzierungsregister eines Kreditinstituts eintragen lässt. Die Eintragung auch ausländischer Forderungen ist möglich42, die Befolgung der jeweils maßgeblichen Abtretungsvorschrift dazu nicht nötig. Allerdings ist noch weitgehend ungeklärt, ob das Aussonderungsrecht nach § 22j Abs. 1 KWG auch in einem ausländischen Partikularinsolvenzverfahren anerkannt wird43. Dies ist von Fall zu Fall in Bezug auf die betreffende ausländische Rechtsordnung zu prüfen, da regelmäßig die Eröffnung eines solchen ausländischen Partikularinsolvenzverfahrens selbst bei Unternehmen mit ausschließlicher physischer Präsenz in Deutschland nicht ausgeschlossen werden kann, soweit Vermögenswerte im Ausland vorhanden sind44.
37
cc) Aussonderungsrecht Das Refinanzierungsregister eröffnet Kreditinstituten die Möglichkeit, zugunsten von Zweckgesellschaften Forderungen und Registerpfandrechte treuhänderisch zu 39 Die genaue Fundstelle variiert je nach Versicherungsunternehmen. Üblicherweise findet sich die Bestimmung in § 13 Abs. 3 oder 4 der jeweiligen ALB. 40 S. z.B. Martiny in MünchKomm. BGB, 4. Aufl., Art. 33 EGBGB Rz. 2 ff. 41 So etwa in Frankreich oder Italien. 42 S. Gesetzesbegründung zu § 22a KWG, BT-Drucks. 15/5852, S. 18. 43 Brocker, BKR 2007, 60 ff. bejaht den Schutz des Refinanzierungsregisters bezüglich der in Deutschland belegenen Vermögensgegenstände eines ausländischen Unternehmens unter Hinweis auf § 351 InsO. 44 Dasselbe gilt gem. § 354 InsO im umgekehrten Fall eines ausländischen Unternehmens mit Vermögenswerten im Inland. Die Ausnahme des § 46e KWG findet nur auf bestimmte Kreditinstitute Anwendung.
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halten. Diese Treuhand ist aufgrund einer wirksamen Eintragung der treuhänderisch gehaltenen Rechte in einem Refinanzierungsregister insolvenzfest. Die Zweckgesellschaft als Übertragungsberechtigter erhält einen Aussonderungsanspruch bezüglich dieser Rechte im Falle der Insolvenz des als Treuhänder fungierenden Kreditinstituts gem. § 22j Abs. 1 Satz 1 KWG i.V.m. § 47 InsO. 39
Dagegen hindert die Eintragung im Refinanzierungsregister gem. § 22j Abs. 1 Satz 3 KWG nicht die Wirksamkeit einer Verfügung über den eingetragenen Gegenstand. Ebensowenig steht sie gem. § 22j Abs. 1 Satz 4 KWG einer Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in den Gegenstand entgegen. Daher ist der Schutz der Zweckgesellschaft als Übertragungsberechtigter unvollkommen. Während der Gefahr rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Refinanzierungsunternehmens durch entsprechende vertragliche Unterlassungsverpflichtungen begegnet werden kann, bereitet die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung in eingetragene Gegenstände in der Praxis oft erhebliche Probleme45.
40
§ 22j Abs. 1 Satz 1 KWG gewährt ein Aussonderungsrecht, normiert jedoch keine Verpflichtung des Übertragungsberechtigten, die Aussonderung geltend zu machen. Der Übertragungsberechtigte kann die eingetragenen Gegenstände beim registerführenden Unternehmen belassen. Die Verwaltung dort übernimmt ein gem. § 22l KWG von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellter Sachwalter, der nach § 22n Abs. 4 KWG zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung im Interesse des jeweiligen Übertragungsberechtigten verpflichtet ist. Vermeidet man auf diese Weise die Aussonderung der im Refinanzierungsregister eingetragenen Gegenstände, so fallen auch in der Insolvenz des registerführenden Unternehmens keine Übertragungskosten an46.
3. Insolvenzfestigkeit von Verbriefungsverträgen 41
Oft sehen Verbriefungstransaktionen den revolvierenden Ankauf von Vermögenswerten des verbriefenden Unternehmens vor, um das Finanzierungsvolumen über eine längere Zeit konstant halten zu können. In diesen Fällen stellt sich bei einer Insolvenz des verbriefenden Unternehmens nicht nur die Frage nach der Insolvenzfestigkeit der Übertragung dieser Vermögenswerte, sondern zudem die nach dem Schicksal der im Rahmen der Verbriefungstransaktion abgeschlossenen Verträge.
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Gem. § 103 InsO kann der Insolvenzverwalter Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages verlangen oder ablehnen, sofern der Vertrag beidseitig noch nicht vollständig erfüllt wurde. Danach unterliegt der Verwaltungsvertrag, durch den das verbriefende Unternehmen weiterhin die Einziehung der verkauften Forderungen übernimmt, dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO47, denn weder hat das verbriefende Unternehmen seine Verwaltungspflichten während der Laufzeit der Trans45 Dazu s. Fleckner, WM 2007, 2272, 2276 f. 46 S. Fleckner, WM 2007, 2272, 2276. Dennoch verlangen Standard & Poor’s und Fitch Ratings momentan noch das Vorhalten einer Barreserve zur Abdeckung von etwa aufgrund einer Übertragung entstehenden Kosten, s. Standard & Poor’s, German Refinancing Registers Could Help Source Assets for Pfandbrief, 10 October 2007, S. 4 f. und Fitch Ratings, Criteria Regarding the Application of the Refinancing Register in German CMBS and RMBS Transactions, August 2007, S. 4 f. 47 So auch Fleckner, ZIP 2004, 585, 597.
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aktion vollständig erbracht noch hat regelmäßig das SPV das dafür geschuldete Entgelt vollständig entrichtet. Ein Forderungsankaufsvertrag in einer Verbriefungstransaktion ist in den meisten Fällen vom Käufer zu keinem Zeitpunkt während der Laufzeit der Transaktion vollständig erfüllt, weil der Kaufpreis für die Forderungen typischerweise in zwei Raten bezahlt und die zweite Rate erst am Ende der Transaktion fällig wird. Der Verkäufer wird dagegen die von ihm als Hauptleistung geschuldete Abtretung bezüglich der bereits verkauften Forderungen vorgenommen haben. Die neuere Rechtsprechung hat ferner anerkannt48, dass im Falle von teilbaren Leistungen der Vertrag dann von § 103 InsO unangetastet bleibt, wenn beide Parteien die sie bezüglich dieser teilbaren Leistungen treffenden Pflichten vollständig erbracht haben. Man wird davon ausgehen können, dass bei einem revolvierenden Forderungsverkauf die einzelnen Ankaufsvorgänge teilbare Leistungen darstellen, also bereits abgewickelte Ankaufsvorgänge durch § 103 InsO nicht mehr betroffen werden. Dies ist ein für die Insolvenzfestigkeit von Verbriefungstransaktionen günstiges Ergebnis, weil die abgewickelten Forderungsankäufe nicht mehr zu Lasten des ankaufenden SPVs aufgerollt werden können. Jedoch treffen den Verkäufer in einer Verbriefungstransaktion neben der Hauptpflicht der Forderungsabtretung noch zahlreiche Nebenpflichten, z.B. Berichtspflichten oder die Pflicht, die abgetretenen Forderungen zu kennzeichnen. Vielfach wird vertreten, dass auch wegen des Ausstehens solcher, im Gesamtzusammenhang eher sekundärer Nebenpflichten ein Vertrag nicht als im Sinne von § 103 InsO vollständig erfüllt gelten kann49. Auch wenn jedoch die bereits abgewickelten Forderungsankäufe von § 103 InsO erfasst werden würden, würde dies nicht zur Rückabwicklung dieser Forderungsankäufe führen können, vielmehr würden die bereits erbrachten Teilleistungen bei dem jeweiligen Leistungsempfänger verbleiben. Die synallagmatische Gegenleistung könnte allerdings nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden, soweit sie noch nicht erbracht ist und der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt50. Dies ist deswegen in der Regel nicht weiter problematisch, weil die nichterfüllten Teilleistungen sich auf eher im Hintergrund stehende Nebenpflichten beziehen und die Hauptleistungspflicht der Übertragung von Vermögensgegenständen stets bereits in dem Umfang erbracht ist, in dem das SPV den Kaufpreis, jedenfalls die erste Rate, bezahlt hat.
43
III. Steuerrechtliche Gesichtspunkte 1. Gewerbesteuer In Verbriefungstransaktionen als Käufer fungierende SPVs werden üblicherweise im Ausland angesiedelt51. Die dem SPV im Rahmen der Transaktion zufallenden Aufgaben werden dort erbracht, soweit sie nicht aufgrund von Dienstleistungsverein48 BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 ff.; s. auch § 105 Satz 1 InsO. 49 S. etwa Huber in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 103 Rz. 123, Henckel, ZZP 99 (1986), 419, 428. 50 BGH v. 4.5.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336, 340 und BGH v. 27.2.1997 – IX ZR 5/96, BGHZ 135, 25, 27 f., beide noch zum alten § 17 KO. S. auch die ausführliche Darstellung bei Huber in MünchKomm. InsO, 2. Aufl. 2008, § 103 Rz. 13, 25 ff., 37. 51 Beliebte Jurisdiktionen sind etwa Irland, die Kanalinseln Jersey und Guernsey, Luxemburg und die Cayman Islands.
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barungen auf Dritte delegiert sind. Im Inland werden dagegen die vom SPV erworbenen Vermögensgegenstände verwaltet. Die Finanzverwaltung hat in der Vergangenheit immer wieder die Frage aufgeworfen, ob diese im Inland durchgeführten Verwaltungstätigkeiten dazu führen, dass das SPV die Geschäftsleitungsbetriebsstätte im Inland besitzt, also steuerlich zumindest auch in Deutschland ansässig ist. Die Frage ist vor allem gewerbesteuerrechtlich bedeutsam. Jedenfalls soweit das SPV längerlaufende Schuldverschreibungen zur Refinanzierung begeben hat, handelt es sich dabei um Dauerschulden. Sofern das SPV steuerlich in Deutschland ansässig ist, könnte es die darauf bezahlten Zinsen nur hälftig52 bei der Berechnung der Gewerbesteuer zum Abzug bringen. Auf das Verbriefungsprivileg des § 19 GewStDV kann sich das SPV nicht berufen, wenn Forderungen verbrieft werden, die nicht von Banken originiert wurden oder nicht aus bestimmten Bankgeschäften herrühren. Dies hätte eine erhebliche Steuerbelastung von Verbriefungstransaktionen zur Folge, die sich als nachteilig im Vergleich zu anderen Finanzierungsformen auswirken würde53. 45
Dem SPV in einer Verbriefungstransaktion ist jedoch die Forderungsverwaltung nicht funktional zugeordnet. Nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ist die Forderungsverwaltung vielmehr dem verbriefenden Unternehmen vorbehalten. Insbesondere wäre das Unternehmen auch gar nicht bereit, neben den verkauften Forderungen auch die Forderungsverwaltung mit zu übertragen. Daher ist der Versuch abzulehnen, die steuerliche Ansässigkeit des SPV im Inland mit der im Inland durchgeführten Forderungsverwaltung zu begründen. Das SPV hat vielmehr allein die Aufgabe, für die Refinanzierung der angekauften Vermögenswerte zu sorgen. Nur wenn diese vom Inland aus gesteuert wird, ist es gerechtfertigt, eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte im Inland anzunehmen54.
2. Einkommensteuer 46
Da das SPV in der Regel nur minimale Gewinne erwirtschaftet55, ist einkommensteuerrechtlich eine etwa angenommene deutsche Betriebsstätte für das SPV von weniger einschneidender Wirkung. Jedoch kann es während der Laufzeit der Transaktion zur Notwendigkeit einer steuerbilanziellen Berücksichtigung der Wertminderung von Forderungen des SPV kommen, etwa aufgrund ungünstiger Marktentwicklungen oder Bonitätsproblemen des Schuldners56. Stellt sich in einer späteren 52 Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 erhöht sich der abzugsfähige Anteil gem. § 8 Nr. 1a GewStG auf 75 %, soweit nicht die Zinsschranke des § 4h EStG zum vollständigen Verlust der Abzugsfähigkeit führt. Die Unterscheidung zwischen Dauerschuldzinsen und Zinsen aus kurzfristigen Verbindlichkeiten entfällt. Auf der Ebene des Unternehmens ist ferner § 8 Nr. 1a Satz 3 GewStG zu beachten. 53 Verbriefungstransaktionen sind fast nie steuerlich motiviert, da keinerlei Gewinne verlagert werden, sondern eine steuerneutrale Form der Finanzierung angestrebt wird. 54 In diese Richtung eines funktionalen Ansatzes scheint auch die jüngere finanzgerichtliche Rechtsprechung zu tendieren, s. BFH v. 12.2.2004 – IV R 29/02, FR 2004, 756 = DB 2004, 1974. S. auch Häuselmann/Hechler, Die Besteuerung ausländischer ABS-Vehikel in Deutschland, IStR 1999, 33, 35; Berger, Asset Backed Securities, NWB 2/8247. 55 Das könnte sich aufgrund der Unternehmensteuerreform 2008 im Zuge der dann eingeführten Zinsschranke des § 4h EStG ändern, soweit nicht die in die Gesetzesbegründung eingeführte Ausnahme für Verbriefungsgesellschaften die Anwendung der Zinsschranke verhindert (s. BR-Drucks. 220/07, S. 79). 56 S. BMF-Schreiben v. 25.2.2000, BStBl. I 2000, 372.
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Periode heraus, dass diese Schwierigkeiten nicht zu einem auch nur teilweisen Zahlungsausfall der Forderung geführt haben, wird die vollständige Erfüllung der Forderung zu diesem Zeitpunkt zu einem Bilanzgewinn und folglich im Einzelfall in einzelnen Perioden zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen, auch wenn das SPV über den gesamten Transaktionszeitraum betrachtet keinen Gewinn erwirtschaftet.
3. Umsatzsteuer a) MKG-Rechtsprechung In jüngerer Zeit hat eine Entscheidung des EuGH57, die später vom BFH58 in derselben Sache bestätigt wurde, für großes Aufsehen unter anderem im Verbriefungsmarkt gesorgt. Der EuGH hatte einem Factoring-Unternehmen recht gegeben, das aus Gründen der Vorsteuerabzugsberechtigung die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft mit dem Argument geltendgemacht hatte, dadurch eine umsatzsteuerliche Leistung im Sinne der Art. 2 und 4 der Sechsten Richtlinie59 an den Anschlusskunden zu erbringen, dass diesem das Kreditrisiko sowie die Verwaltung bezüglich der angekauften Forderungen abgenommen worden sei.
47
Aufgrund der Entscheidungen war zu befürchten, dass der Unterschied zwischen dem Nominalbetrag einer Forderung und dem im Rahmen einer Verbriefungstransaktion bezahlten Kaufpreis als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für die Übernahme des Kreditrisikos angesehen werden würde. Das Bundesfinanzministerium veröffentlichte daraufhin am 3.6.2004 ein Rundschreiben60, in dem die Auswirkungen der Entscheidungen insbesondere auch in Bezug auf Verbriefungstransaktionen behandelt sind. In Ziffer 2 des Rundschreibens ist für ABS-Transaktionen festgehalten, dass das SPV keine Leistungen an das verbriefende Unternehmen erbringt, falls das verbriefende Unternehmen die verkauften Forderungen weiterhin verwaltet, da man in diesen Fällen nicht von Factoring im Sinne der EuGH-Entscheidung sprechen könne.
48
Darüber hinaus regelt das Rundschreiben in Ziffer 5 auch das umgekehrte Verhältnis und legt mit Hilfe der selben Unterscheidung zwischen Verbriefungs- und Factoringtransaktionen fest, dass auch das verbriefende Unternehmen keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen an das SPV erbringt, falls das verbriefende Unternehmen die verkauften Forderungen weiterhin verwaltet61. Damit unterliegen auch etwa vom SPV an das verbriefende Unternehmen gezahlte Vergütungen für die Forderungsverwaltung nicht der deutschen Umsatzsteuer.
49
b) § 13c UStG Gemäß der Ende 2003 eingeführten Vorschrift des § 13c UStG haftet der Erwerber von Forderungen für die in den Forderungen enthaltene Umsatzsteuer, soweit der Verkäufer als der Primärverpflichtete die Umsatzsteuer nicht entrichtet. Werden 57 EuGH v. 26.6.2003 – C-305/01, UR 2003, 399, Finanzamt Groß-Gerau gegen MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH. 58 BFH v. 4.9.2003 – V R 34/99, UR 2004, 32. 59 77/388/EEC, ABl. EG Nr. L 145 v. 13.6.1977, S. 1. 60 IV B 7 - S 7104 - 18/04, jetzt Teil der Umsatzsteuerrichtlinien als § 18 Abs. 9 Satz 5. 61 S. jetzt § 18 Abs. 10 Satz 6 der Umsatzsteuerrichtlinien.
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umsatzsteuertragende Forderungen wie Handels- oder Leasingforderungen verbrieft, würde danach das ankaufende SPV sekundär für vom verbriefenden Unternehmen nicht bezahlte Umsatzsteuer haften. Durch dieses vorher nicht bestehende Risiko drohte sich Ende 2003 die Kreditqualität nahezu sämtlicher deutscher Handelsund Leasingforderungsverbriefungen drastisch zu verschlechtern. 51
Am 24.5.2004 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium daraufhin ein Rundschreiben zur Anwendung des § 13c UStG62, in dem ausdrücklich auch auf Verbriefungsstrukturen eingegangen wird. Ziffer 18 des Rundschreibens beschränkt die Anwendung der Vorschrift auf Fälle, in denen die Forderungen durch den Käufer eingezogen werden. Nur dann ist es gerechtfertigt, den Käufer für die Weiterleitung der Umsatzsteuer in die Pflicht zu nehmen. In Verbriefungsstrukturen werden die verbrieften Forderungen regelmäßig nicht durch das verbriefende Unternehmen eingezogen, solange es solvent ist. Speziell in ABS-Transaktionen wird zudem gemäß Ziffer 20 des Rundschreibens nur dann angenommen, dass der Käufer die Forderungen im Sinne von § 13c UStG vereinnahmt hat, „soweit“ er keine Gegenleistung für den Ankauf der Forderungen erbracht hat. Es ist seit Erlass des Rundschreibens viel diskutiert worden, ob das Wort „soweit“ mit „wenn“ gleichzusetzen ist, so dass nur noch ein teilweise oder vollständig unentgeltlicher Erwerb von Forderungen zur Anwendung des § 13c UStG führen kann. Hält man diese Interpretation für falsch, träfe den Käufer auch in Fällen eines vollständig entgeltlichen Erwerbs eine Haftung gem. § 13c UStG in Höhe des Betrages, um den die Gegenleistung geringer ist als der Nominalbetrag der angekauften Forderungen. Folglich wären die vom Käufer bis zur Forderungseinziehung einbehaltenen Kaufpreisanteile von der Sekundärhaftung nach § 13c UStG betroffen, bis diese Beträge an den Verkäufer ausgekehrt sind63 oder endgültig als uneinbringlich gem. § 17 UStG anzusehen sind.
52
An diesem Ergebnis ändert letztlich wohl auch Ziffer 23 des Rundschreibens nichts. Dort wird eine Weiterabtretung durch den Käufer an einen Dritten der Einziehung der Forderungen gleichgestellt. Tritt das SPV die angekauften Forderungen etwa zur Sicherheit an einen Treuhänder oder ein Emittenten-SPV weiter ab, führt dies bei wörtlicher Anwendung von Ziffer 23 des Rundschreibens zur Sekundärhaftung des SPV nach § 13c UStG. Auf eine etwa bezahlte Gegenleistung für den Ankauf käme es danach nicht mehr an. Diesen Konflikt zwischen den Ziffern 20 und 23 des Rundschreibens wird man für Verbriefungstransaktionen zugunsten der spezielleren Regelung der Ziffer 20 aufzulösen haben.
62 S. jetzt § 182b der Umsatzsteuerrichtlinien. 63 S. auch Standard & Poor’s, Pressemitteilung vom 7.7.2004, German Ministry Addresses Effect of Paragraph 13c of VAT Act on German Securitizations sowie Standard & Poor’s, Pressemitteilung vom 30.9.2004, Standard & Poor’s Settles its Position on German VAT Question.
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§ 19 Pfandbriefe Louis Hagen d) Forderungen gegen Kreditinstitute als Deckungswerte . . e) Forderungen aus Derivateverträgen . . . . . . . . . . . . . . 3. Deckungsregister . . . . . . . . . . . 4. Aktive Verwaltung der Deckungsmassen zur Sicherung der Deckungskongruenz . . . . . . . . . 5. Transparenz der Deckungsmassen . 6. Insolvenzvorrecht . . . . . . . . . . . a) Separation der Deckungsmassen b) Sachwalter . . . . . . . . . . . . .
28 30 31 32 33
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IV. Pfandbriefmarkt . . . . . . . . . . . .
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V. Covered Bonds . . . . . . . . . . . .
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I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Entstehungsgeschichte . . . . . . .
4
III. Die rechtliche Ausgestaltung von Pfandbriefen . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsicht a) Lizenzerteilung . . . . . . . . . . b) Laufende Aufsicht und Deckungsprüfungen . . . . . . . c) Treuhänder . . . . . . . . . . . . . 2. Qualität der Deckungswerte . . . . a) Hypotheken als Deckungswerte b) Forderungen gegen öffentliche Stellen als Deckungswerte . . . c) Schiffshypotheken als Deckungswerte . . . . . . . . . .
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23 24 26
Schrifttum: Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, § 1, 4. Aufl. 1995; Verband deutscher Pfandbriefbanken, Das Pfandbriefgesetz, Textsammlung und Materialien, 2005; Stöcker in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 86a, 3. Aufl. 2007; Stürner, Die Sicherung der Pfandbrief- und Obligationengläubiger vor einer Insolvenz der Hypothekenbank – Geltendes Recht und Reformvorschläge (vdp-Schriftenreihe), 1998, S. 133 ff.
I. Einführung Pfandbriefe sind gedeckte, verzinsliche Schuldverschreibungen, die von Kreditinstituten, die eine Erlaubnis zur Ausübung des Pfandbriefgeschäfts haben (Pfandbriefbanken), emittiert und am Kapitalmarkt platziert werden. Sie dienen diesen Kreditinstituten zur Refinanzierung bestimmter durch Grundpfandrechte und Schiffshypotheken besicherter Kredite sowie von Forderungen gegen staatliche Stellen. Je nach Art der Besicherung können sie als Hypothekenpfandbriefe, Schiffspfandbriefe sowie Öffentliche Pfandbriefe, Kommunalschuldverschreibungen oder Kommunalobligationen bezeichnet werden1. Pfandbriefe sind Wertpapiere, da sie die Gläubigerrechte, von den Emittenten die Rückzahlung und Verzinsung einer bestimmten Geldsumme zu den im Voraus festgelegten Bedingungen erhalten, in einer Urkunde verbriefen2. Sie können als Inhaber- sowie als Order- und Namensschuldverschreibungen begeben werden. Meist werden sie als Inhaberpapiere emittiert. Pfandbriefe werden auf Basis des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) begeben. Der Sinn und Zweck des Gesetzes besteht darin, die hohe Sicherheit von Pfandbriefen zu gewährleisten. Zum einen kann damit dem Bedürfnis von bestimmten Investorenkreisen nach einer
1 § 1 Abs. 1 PfandBG. 2 Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, 4. Aufl. 1995, § 1 Rz. 47.
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sicheren Geldanlage entsprochen werden. Zum anderen verfügen Emittenten mit Pfandbriefen aufgrund der niedrigen zu zahlenden Risikoprämien über eine sehr günstige und zuverlässige Refinanzierungsquelle, die es ihnen ermöglicht, den Kreditmarkt nachhaltig mit Krediten, deren Preise am Kapitalmarkt orientiert sind, zu versorgen. 2
Die Struktur einer Pfandbriefbank sieht wie folgt aus:
Allgemeine Aufsicht auf Basis des Kreditwesengesetzes (KWG)
! nicht deckungsfähiges Kreditgeschäft
sonstige Aktiva
sonstige Refinanzierungsmittel (Einlagen, ungedecke Schudverschreibungen usw.)
Besondere Aufsicht auf Basis des Pfandbriefgesetzes (PfanBG) Hypothekendarlehen – gewerblich – wohnwirtschaftlich
KWG
!
60 % des Beleihungswertes
Staatskredite
100 % der Darlehen
≥
60 % des Beleihungswertes
≥
PfandBG Schiffsfinanzierungen
Hypotheken-
≥ Pfandbriefe
KWG
Öffentliche Pfandbriefe PfandBG Schiffs Pfandbriefe
! Treuhänder prüft Deckung
vdp©
3
Die Pfandbriefbank vergibt Immobilien-, Schiffs- und Staatskredite. Diese Vermögenswerte werden auf die Bilanz des Instituts genommen. Die nach dem PfandBG deckungsfähigen Kredite oder Teile der Kredite (Deckungswerte) werden samt der Sicherheiten in so genannten Deckungsregister eingetragen. Für jede der genannten Kreditarten gibt es je ein Register. Die Gesamtheit der in einem Deckungsregister eingetragenen Deckungswerte wird als Deckungsmasse bezeichnet. Auf Basis der Deckungsmassen werden Pfandbriefe emittiert3. Die Pfandbriefbank schuldet dem Pfandbriefinhaber den zugesagten Zins und die Rückzahlung des Nominalkapitals bei Fälligkeit des Pfandbriefs. Im Fall der Insolvenz der Pfandbriefbank haben die Pfandbriefinhaber ein Insolvenzvorrecht im Hinblick auf die in den Deckungsregistern eingetragenen Werte. Die Deckungsmassen werden nicht in das Insolvenzverfahren der Bank einbezogen, sondern gesondert verwaltet4.
3 Zu den Einzelheiten s. unten Rz. 28. 4 Zu den Einzelheiten s. unten Rz. 31 ff.
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II. Entstehungsgeschichte Pfandbriefe haben in Deutschland ihren Ursprung im Jahr 1769 in einer CabinetsOrdre Friedrich des Großen, mit der die Geldnot der Adligen nach dem siebenjährigen Krieg behoben werden sollte5. Pfandbriefe waren zunächst Wertpapiere, die von so genannten Landschaften, das waren öffentlich-rechtliche Zwangsvereinigungen der adligen Großgrundbesitzer einer bestimmten Region, zum Zwecke der Beschaffung günstigeren landwirtschaftlichen Grundkredits begeben wurden. Dem Pfandbriefinhaber diente als Sicherheit bestimmter den Pfandbriefen zugeordneter Grundbesitz, außerdem haftete subsidiär die Landschaft als Gesamtheit der Adeligen der Region. Mitte des 19. Jahrhunderts dann erhielten die ersten Hypothekenbanken auf Basis unterschiedlicher regionaler so genannter Normativbestimmungen das Recht, hypothekarisch gesicherte Kredite durch Pfandbriefe zu refinanzieren.
4
Mit dem Hypothekenbankgesetz6 wurde dann erstmals eine für das gesamte Reich geltende Rechtsgrundlage für die Emission von Pfandbriefen durch Hypothekenbanken geschaffen, das zusammen mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch am 1.1.1900 in Kraft trat. Im Jahr 1927 folgte diesem Beispiel das ÖPG7 für die Emission von Pfandbriefen durch öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und im Jahr 1933 das SchBG8, das die Emission von Pfandbriefen durch Schiffspfandbriefbanken regelte.
5
In Folge der Verständigung zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission vom 22.3.2002, wonach ab dem 19.7.2005 die Anstaltslast modifiziert und die Gewährträgerhaftung abgeschafft wurde, kam es zur Vereinheitlichung der drei Rechtsgrundlagen unter dem am 19.7.2005 in Kraft getretenen Pfandbriefgesetz (PfandBG)9.
6
III. Die rechtliche Ausgestaltung von Pfandbriefen Die hohe Sicherheit des Pfandbriefs ergibt sich aus den Vorschriften des PfandBG sowie der zum PfandBG erlassenen Verordnungen10, deren wesentliche Elemente folgend kurz dargelegt werden.
5 Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, 4. Aufl. 1995, Einleitung Anm. 1. 6 Hypothekenbankgesetz vom 13.7.1899, RGBl. I 1899, 375. 7 Gesetz über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute vom 21.12.1927, RGBl. I 1927, 492. 8 Gesetz über Schiffspfandbriefbanken (Schiffsbankgesetz) vom 14.8.1933, RGBl. I 1933, 583. 9 Vgl. hierzu Das Pfandbriefgesetz, Textsammlung und Materialien, herausgegeben vom Verband deutscher Pfandbriefbanken, Frankfurt a.M. 2005. 10 Verordnung über die Sicherstellung der jederzeitigen Deckung von Hypothekenpfandbriefen, Öffentlichen Pfandbriefen und Schiffspfandbriefen nach dem Barwert und dessen Berechnung bei Pfandbriefbanken (Pfandbrief-Barwertverordnung – PfandBarwertV) vom 14.7.2005; Verordnung über die Ermittlung der Beleihungswerte von Grundstücken nach § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes (Beleihungswertermittlungsverordnung – BelWertV) vom 12.5.2006; Verordnung über die Form und den Inhalt der Deckungsregister nach dem Pfandbriefgesetz und die Aufzeichnung der Eintragungen (Deckungsregisterverordnung – DeckRegV) vom 25.8.2006.
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1. Aufsicht a) Lizenzerteilung 8
Das Pfandbriefgeschäft, also die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen auf Grund erworbener Hypotheken und Forderungen gegen staatliche Stellen und Schiffshypotheken, ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a KWG Bankgeschäft. § 2 Abs. 1 Satz 1 PfandBG stellt klar, dass diese bankgeschäftliche Tätigkeit der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG unterfällt11. Die Erlaubniserteilung für das Pfandbriefgeschäft ist an besondere Voraussetzungen geknüpft, § 2 Abs. 1 PfandBG. So muss das Kreditinstitut über ein Mindestkernkapital von 25 Mio. Euro und die Erlaubnis für das Kreditgeschäft verfügen, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PfandBG. Es muss über geeignete Regelungen und Instrumente des Risikomanagements der Deckungsmassen und des entsprechenden Emissionsgeschäfts verfügen, das Vorhaben der regelmäßigen und nachhaltigen Ausübung des Pfandbriefgeschäfts nachweisen und den angemessenen organisatorischen Aufbau und die Ausstattung bereit stellen, § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4 und 5 PfandBG. Der Gesetzgeber bezweckt mit diesen besonderen Voraussetzungen, dass die Aufnahme des Pfandbriefgeschäfts für das Kreditinstitut mit maßgeblichem Aufwand verbunden ist und somit auch entsprechend ernsthaft und nachhaltig betrieben wird. Verhindert werden soll eine opportunistische, kurzfristig orientierte Geschäftsstrategie12. Eine Pfandbriefbank benötigt für jede der Pfandbriefgattungen eine eigene Lizenz, muss also die jeweilige Expertise hinsichtlich der unterschiedlichen Deckungsgeschäfte nachweisen. b) Laufende Aufsicht und Deckungsprüfungen
9
Neben der allgemeinen Bankaufsicht unterliegt eine Pfandbriefbank einer besonderen Aufsicht durch die BaFin hinsichtlich der Einhaltung des PfandBG und den dazu erlassenen Verordnungen. Die laufende Aufsicht wird von dem für das Kreditinstitut zuständigen Referat der BaFin durchgeführt. Für die Funktion des Pfandbriefs ist seine durchgängig hohe, über alle Emittenten hinweg möglichst gleichmäßige Sicherheit notwendig. Somit ist es erforderlich, dass die besondere Aufsicht über die Pfandbriefbanken möglichst einheitlich erfolgt13. Um dies zu gewährleisten, wurde das „Pfandbriefkompetenzcenter I – Grundsatzfragen“ geschaffen, das für die einheitliche Anwendung und Auslegung des PfandBG sorgt. Neben der laufenden Aufsicht gibt es die so genannten Deckungsprüfungen, die regelmäßig i.d.R. alle zwei Jahre stattfinden. Sie bestehen darin, dass die in den Deckungsmassen befindlichen Vermögenswerte stichprobenartig geprüft werden. Damit auch bei diesen Deckungsprüfungen einheitliche Standards und Anforderungen eingehalten werden, werden diese vom „Pfandbriefkompetenzcenter II – Deckungsprüfungen“ der BaFin durchgeführt. c) Treuhänder
10
Bei jeder Pfandbriefbank sind außerdem Treuhänder zu bestellen, § 7 PfandBG, die die Aufgabe haben, darauf zu achten, dass die vorschriftsmäßige Deckung der Pfand11 vdp, PfandBG, S. 91. 12 vdp, PfandBG, S. 92. 13 vdp, PfandBG, S. 86.
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briefe vorhanden ist und die Deckungswerte in das jeweilige Deckungsregister eingetragen werden, § 8 PfandBG. Die Treuhänder werden von der BaFin bestellt und unterliegen weder dem Weisungsrecht der Bank noch dem der BaFin, noch dem der Pfandbriefgläubiger14. Ihre Funktion wird ausschließlich durch das Gesetz bestimmt. Aus sachlichen Gründen kann die BaFin die Bestellung widerrufen. Der Treuhänder kann daher als unabhängiges Kontrollorgan betrachtet werden.
2. Qualität der Deckungswerte Nicht alle von der Pfandbriefbank vergebenen Kredite sind deckungsfähig. Das PfandBG schreibt ausdrücklich vor, welche Kredite und sonstigen Forderungen als Deckungswerte genutzt werden können. Dabei wird i.d.R. zwischen den unterschiedlichen Pfandbriefarten unterschieden.
11
a) Hypotheken als Deckungswerte Nach § 12 PfandBG dürfen zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen nur Hypotheken benutzt werden, die bestimmte Erfordernisse nach §§ 13–17 PfandBG erfüllen. Hypotheken gleichgestellt sind Grundschulden und ausländische Sicherungsrechte, die eine vergleichbare Sicherheit bieten, § 18 PfandBG. Da eine Hypothek ein akzessorisches Sicherungsrecht darstellt, ist nicht ausdrücklich geregelt, dass die Kreditforderung auch zur Deckung verwendet wird. Im Falle der Grundschuld als abstraktes und heute vorherrschendes Sicherungsrecht wird dies ausdrücklich im Gesetz klargestellt, § 18 Abs. 2 PfandBG.
12
Die Grundpfandrechte können auf Grundstücken und auf grundstückgleichen Rechten (§ 13 Abs. 1 PfandBG) in Deutschland, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den EWR, in der Schweiz, in den USA, in Kanada oder in Japan lasten. Beleihbar sind sowohl gewerbliche wie wohnungswirtschaftliche Immobilien. Deckungsfähig sind auch solche Werte, bei denen von anderen Kreditinstituten für die Pfandbriefbank treuhänderisch die Grundpfandrechte gehalten werden, sofern sichergestellt ist, dass im Fall der Insolvenz des Treuhänders ein Aussonderungsrecht der Pfandbriefbank besteht, § 1 Abs. 2 PfandBG. Zur Förderung des Verbriefungs- und des Pfandbriefgeschäfts wurden im Jahr 2005 im KWG in den §§ 22a–o mit dem so genannten Refinanzierungsregistergesetz15 Regelungen geschaffen, die die Insolvenzfestigkeit von treuhänderisch gehaltenen Grundpfandrechten sicherstellen16.
13
Bei den belastbaren Rechten im Ausland ist darauf abzustellen, ob diese mit den grundstücksgleichen Rechten des deutschen Rechts (z.B. Wohnungseigentum und Erbbaurecht) vergleichbar sind. Finanzierungen, die durch Immobilien außerhalb der genannten Staaten besichert sind, sind somit nicht deckungsfähig und können nicht über Pfandbriefe refinanziert werden. Für das deckungsfähige Auslandsgeschäft der Pfandbriefbanken ist noch zu beachten, dass der Anteil der Finanzierun-
14
14 Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, 4. Aufl. 1995, § 29 Rz. 3 ff. 15 Gesetz zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters vom 27.9.2005, BGBl. I 2005, 2809–2819. S. § 18 Rz. 31. 16 Vgl. Stöcker in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 86a Rz. 85 ff.
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gen, bei denen das Insolvenzvorrecht17 der Pfandbriefgläubiger nicht sichergestellt ist, 10 % der Hypothekendeckungswerte nicht überschreiten darf. Die EU-Staaten sind dabei vom Auslandsbegriff ausgenommen, da seit der Umsetzung der EU-Sanierungs- und Liquidationsrichtlinie von der Sicherstellung des Insolvenzvorrechts ausgegangen wird18. 15
Einer der tragenden Säulen der Sicherheit des Hypothekenpfandbriefs besteht darin, dass die betreffenden Immobilienfinanzierungen nur bis zu einer Beleihungsgrenze von 60 % des Beleihungswertes zur Deckung benutzt werden dürfen, § 14 i.V.m. § 16 PfandBG. Die Form der Beleihungswertermittlung und die Anforderungen an die Qualifikation und die organisatorische Einbindung des Beleihungswertgutachters sind ausführlich in § 16 PfandBG sowie in der nach § 16 Abs. 4 PfandBG erlassenen BelWertV geregelt. Der Beleihungswert berücksichtigt nur die langfristigen, nachhaltigen Merkmale einer Immobilie, darf also spekulative Elemente nicht einbeziehen. In der BelWertV sind Regelungen enthalten, die dies unterstützen, wie etwa die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Bewirtschaftungskosten, § 11 BelWertV, oder die Festlegung von Mindestkapitalisierungsfaktoren, § 12 BelWertV. Bezweckt wird damit, dass der Beleihungswert im Gegensatz zum Marktwert möglichst keine Schwankungen aufweist. Der Beleihungswert darf den Marktwert nicht überschreiten. Regelmäßig wird der Beleihungswert jedoch unter dem Marktwert liegen. Der Abstand zwischen den Werten ist jedoch nicht immer gleich, weshalb ein einfaches Abschlagverfahren nicht möglich ist. Er wird vielmehr davon bestimmt, welche Erwartungshaltung der Markt in die zukünftige Preisentwicklung der entsprechenden Immobilie hat. Die Beleihungsgrenze von 60 % des Beleihungswertes bedeutet jedoch nicht, dass ein Kredit, um deckungsfähig zu sein, nur bis zu dieser Höhe bestehen darf. Vielmehr darf nur der deckungsfähige Teil diese Grenze nicht überschreiten. Dies kann erfolgen, indem die Finanzierung in zwei Kredite, der eine bis zur 60 %-Grenze und der andere darüber, aufgeteilt wird19. Dies ist jedoch nicht erforderlich, eine ideelle Teilung ist auch möglich und wird in der Praxis auch meist angewendet.
16
Schließlich müssen die beliehenen Immobilien nah § 15 PfandBG gegen die nach Lage und Art des Objekts erheblichen Risiken versichert sein. b) Forderungen gegen öffentliche Stellen als Deckungswerte
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Zur Deckung Öffentlicher Pfandbriefe, die auch Kommunalschuldverschreibungen oder Kommunalobligationen genannt werden können, dürfen nach § 20 PfandBG Geldforderungen aus der Vergabe von Darlehen, aus Schuldverschreibungen oder aus einem vergleichbaren Rechtsgeschäft verwendet werden. Als Schuldner kommen in Betracht20: 17 Zum Insolvenzvorrecht s. unten Rz. 31 ff.; zum Insolvenzvorrecht auf ausländische Deckungswerte vgl. Stöcker, Deckungswerte und Insolvenzvorrecht der Pfandbriefe, Immobilien & Finanzierung 2003, S. 574 ff. 18 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten vom 4.4. 2001, ABl. EG Nr. L 125 v. 5.5.2001. 19 Zum Begriff des echten und unechten Realkreditsplittings, vgl. Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, 4. Aufl. 1995, § 7 Rz. 25. 20 Die Regelungen des PfandBG wurden zu einem Zeitpunkt geschaffen, als die europäischen Regelungen der CRD, Bankenrichtlinieänderungsrichtlinie (Richtlinie 98/33/EG des Euro-
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Pfandbriefe
– Mitgliedstaaten der EU, Vertragstaaten des EWR, die Schweiz, Japan, die USA sowie europäische Mitgliedstaaten der OECD; – Gebietskörperschaften im Inland sowie örtliche Gebietskörperschaften und Regionalregierungen, in einem EU-Mitgliedstaat, in einem EWR-Vertragstaat soweit sie nach der Bankenrichtlinie21 mit 20 % risikogewichtet werden; – inländische Körperschaften, und Anstalten des öffentlichen Rechts mit Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, mit einer Refinanzierungsgarantie oder dem gesetzlichen Recht zur Erhebung von Gebühren, Umlagen und anderen Abgaben sowie in den genannten ausländischen Staaten Verwaltungseinrichtungen ohne Erwerbszweck, die den Zentralregierungen, Regionalregierungen oder örtlichen Gebietskörperschaften unterstehen und nach der Bankenrichtlinie eine 20 % Risikogewichtung erhalten; – die Europäische Investitionsbank, die internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die Entwicklungsbank des Europarates oder die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie mit einer Begrenzung von 10 % der Deckungsmasse die Europäische Zentralbank sowie gegen die Zentralbanken der Mitgliedstaaten der EU. Außer im Fall der Verwaltungseinrichtungen ohne Erwerbszweck reicht es auch aus, wenn für eine Forderung die sonst genannten Stellen eine ausdrückliche Gewährleistung übernommen haben. Nicht mehr deckungsfähig sind Forderungen gegen öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, die über keine Gewährträgerhaftung und nur eine modifizierte Anstaltslast verfügen, also insbesondere Sparkassen und Landesbanken22. Forderungen gegen die genannten Schuldner bleiben deckungsfähig, wenn sie nach der Verständigung zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission vom 22.3.200223 weiterhin über eine staatliche Garantie verfügen (so genanntes Grandfathering).
päischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Änderung des Art. R der Richtlinie 77/780/EWG des Rates über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, der Artikel 2, 5, 6, 7 und 8 sowie der Anhänge II und III zur Richtlinie 89/647/EWG des Rates über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute und des Artikels 2 und des Anhangs III der Richtlinie 93/6/EWG des Rates über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (ABl. EG Nr. L 204 vom Juli 1998) und die Regelungen des KWG zur Eigenkapitalunterlegung von gedeckten Schuldverschreibungen § 20a KWG, also auch für den Pfandbrief, noch nicht verabschiedet waren. Somit ist das PfandBG noch nicht an die neuen Regelungen angepasst. Dies soll im Rahmen der Novelle des PfandBG im Jahr 2008/09 erfolgen. In diesem Zusammenhang wird die Bestimmung zur Deckungsfähigkeit von Forderungen gegen staatliche Stellen angepasst werden. Danach sollen Forderungen gegen öffentliche Stellen in Drittsaaten nur noch deckungsfähig sein, wenn der entsprechende Schuldner nach dem Kreditrisiko-Standard-Ansatz (KSA) in die Bonitätsstufe 1 und im Fall des Downgradings der Bonitätsstufe 2 zugeordnet wird. 21 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. EG Nr. L 126 v. 26.5.2000, S. 1), zuletzt durch Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 (ABl. EU Nr. L 35 v. 11.2.2003, S. 1) geändert. 22 Forderungen gegen öffentlich-rechtliche Kreditinstitute können jedoch als Forderung gegen Kreditinstitute in begrenztem Maße in Deckung genommen werden, s. unten Rz. 23 ff. 23 S. oben Rz. 4 ff.
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Auch bei den Forderungen gegen staatliche Stellen gilt wie bei den Hypothekenforderungen die 10 %-Grenze für Forderungen gegen Schuldner aus Drittstaaten, bei denen das Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger nicht sichergestellt ist.
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Die Forderungen gegen bestimmte staatliche Stellen können nicht nur zur Deckung von Öffentlichen Pfandbriefen, sondern bis zu 20 % des jeweils ausstehenden Betrags von Hypotheken- und Schiffspfandbriefen verwendet werden. Dies dient im Wesentlichen der Liquiditätssteuerung der Deckungsmassen. c) Schiffshypotheken als Deckungswerte
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Als Deckungswerte für Schiffspfandbriefe dürfen bestimmte Schiffshypotheken in Deckung genommen werden, § 21 PfandBG. Aufgrund der Akzessorietät sind auch die besicherten Kreditforderungen Bestandteil der Deckungsmasse.
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Die beliehenen Schiffe und Schiffsbauwerke müssen in einem öffentlichen Register eingetragen werden. Die Schiffe dürfen nicht älter als 20 Jahre sein. Auch die Schiffsbeleihungen dürfen wie die Immobilienbeleihungen nur bis zu einem Betrag von 60 % des Beleihungswertes des Schiffes in Deckung genommen werden, wobei der Beleihungswert, der ebenfalls ein nachhaltiger Wert ist, nach anderen Regeln als der Immobilienbeleihungswert ermittelt wird24. Für die Deckungsfähigkeit von Schiffskrediten gelten besondere Anforderungen, wie z.B. Maximallaufzeiten der Schiffskredite. Beim Schiffspfandbrief darf der Anteil von Beleihungen, bei denen das Insolvenzvorrecht nicht sichergestellt ist, 20 % betragen. Damit wird man dem Umstand gerecht, dass die Schiffe häufig im Ausland registriert sind und eine 10 %-Grenze die Nutzung des Pfandbriefs für die Kreditinstitute und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit unangemessen einschränken würde. d) Forderungen gegen Kreditinstitute als Deckungswerte
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Forderungen gegen geeignete Kreditinstitute können als so genannte weitere Deckungswerte für alle drei Arten von Pfandbriefen verwendet werden, §§ 19 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2 Nr. 2 und 26 Abs. 1 Nr. 3 PfandBG. Dies dient der Förderung der Liquidität in den Deckungsmassen. Die Deckungsmassen bestehen aus einer Vielzahl von Vermögenswerten mit unterschiedlichen Laufzeiten, Zinsen und Währungen. Die dagegen ausstehenden Pfandbriefe können hinsichtlich der Laufzeiten, Zinsen und Währungen nicht völlig kongruent zu den Deckungsmassen sein. In der Regel sind die Pfandbriefemissionen beispielsweise nicht so kleinteilig wie die Vermögenswerte. Um diese Inkongruenzen auszugleichen, ist es notwendig, liquide und flexible Vermögenswerte, wie Forderungen gegen Kreditinstitute, in die Deckungsmassen aufnehmen zu können. Da jedoch die Deckungsmassen in ihrem Grundcharakter nicht verändert werden sollen, dürfen Forderungen gegen Kreditinstitute nur bis zu 10 % des Gesamtbetrages der jeweiligen Pfandbriefart ausmachen. e) Forderungen aus Derivateverträgen
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Forderungen aus standardisierten Rahmenverträgen über Derivategeschäfte i.S. von § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 1–4 KWG gegen geeignete Kreditinstitute, Finanzdienstleis24 Eine Schiffsbeleihungswertermittlungsverordnung wird im Laufe dieses Jahres in Kraft treten.
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tungsinstitute, Versicherungsunternehmen und zentrale Gegenparteien bei einer Börse, beim Bund und mit Bundesländern können unter bestimmten Voraussetzungen für alle Pfandbriefarten deckungsfähig sein, §§ 19 Abs. 1 Nr. 4, 20 Abs. 2 Nr. 3, 26 Abs. 1 Nr. 5 PfandBG. Aus der dargelegten zwangsläufigen Inkongruenz von Deckungsmassen und Pfandbriefen können sich Zins- und Währungsrisiken in den Deckungsmassen ergeben. Diese Risiken können durch entsprechende gegenläufige Aktiva oder durch die Nutzung von Derivaten (Zins- und Währungsswaps), die zwischen der Pfandbriefbank und einem Kontrahenten abgeschlossen werden, neutralisiert werden. Je nach Entwicklung der Zinssätze und Währungskurse können Derivate ihren Barwert kurzfristig verändern. Bei einem positiven Wert aus Sicht der Pfandbriefbank ergibt sich eine Forderung der Pfandbriefbank gegen den Derivatepartner und bei einem negativen Wert eine Verbindlichkeit der Pfandbriefbank gegenüber dem Derivatepartner, die jedoch nur fällig wird, wenn der Derivatevertrag beendet wird. Entsprechende Forderungen und Verbindlichkeiten werden auf täglicher Basis gegeneinander verrechnet (so genanntes Netting). Die in der Praxis verwendeten Standardverträge für Derivate sehen vor, dass im Fall der Insolvenz einer der Parteien der anderen den Vertrag mit sofortiger Wirkung kündigen kann. Dies führt dazu, dass die unter dem Rahmenvertrag abgeschlossenen Derivate mit ihrem aktuellen Barwert glatt gestellt werden und die sich daraus ergebenden Ansprüche der Vertragsparteien gegeneinander verrechnet werden, um den Nettoanspruch einer der beiden Parteien zu ermitteln. Diese Konsequenz wäre mit der Sicherungssystematik des Pfandbriefs jedoch nicht vereinbar. Diese besteht darin, dass trotz der Insolvenz der Pfandbriefbank die ausstehenden Pfandbriefe – entgegen dem allgemeinen insolvenzrechtlichen Prinzip des § 41 Abs. 1 InsO – nicht fällig werden, sondern aus den Zahlungsflüssen der in Deckung befindlichen Werte zeitgerecht befriedigt werden sollen, § 30 Abs. 1 PfandBG25. Könnten die zur Abschirmung von Zins- und Währungsrisiken abgeschlossenen Derivate vom Derivatepartner aber bei Insolvenz der Pfandbriefbank beendet werden, wären die Deckungsmassen diesen Risiken ausgesetzt. Somit ist es erforderlich und dementsprechend auch gesetzlich vorgeschrieben, dass die in Deckung genommenen Derivate in der Insolvenz der Pfandbriefbank vom Derivatepartner nicht beendet werden dürfen. Um dies in der Praxis zu erreichen, werden deshalb unter einem Rahmenvertrag Einzelverträge geschlossen, unter die dann die entsprechenden Derivate zugeordnet werden. Ist eine Pfandbriefbank beispielsweise Emittentin von Hypothekenpfandbriefen und Öffentlichen Pfandbriefen, können drei Einzelverträge geschlossen werden. Je einer für die Derivate, die den beiden Deckungsmassen und einer, der dem übrigen Vermögen der Pfandbriefbank zugeordnet ist. Das Netting würde dann nur im Verhältnis der Derivateansprüche stattfinden, die unter denselben Einzelvertrag fielen. Darüber hinaus würde die Insolvenz der Pfandbriefbank nur dazu führen, dass der Einzelvertrag zwischen dem übrigen Vermögen der Pfandbriefbank und dem Derivatepartner beendet werden könnte, während die Einzelverträge mit den Deckungsmassen bestehen blieben. Eine Beendigung dieser Einzelverträge könnte erst dann stattfinden, wenn die Deckungsmassen insolvent würden. Die einzelnen Derivate sind in die jeweiligen Deckungsregister einzutragen. Da Derivate einen negativen Wert haben können, können daraus Verbindlichkeiten gegen die Deckungsmasse entstehen. Da von den Derivatepartnern verlangt wird, trotz der Insol25 S. unten Rz. 31 ff.
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venz der Pfandbriefbank die Derivateverträge nicht kündigen zu können, wurde zugestanden, dass ihre Ansprüche mit denen der Pfandbriefgläubiger gleichgestellt sind. Dies stellte bei Einführung der Deckungsfähigkeit von Derivaten mit der Novelle des Hypothekenbankgesetzes im Jahr 200326 ein Novum dar und wurde heftig diskutiert. Um eine zu hohe Volatilität der Deckungsmassen und die Natur der Deckungsmassen nicht zu gefährden, darf die Forderung oder die Verbindlichkeit aus der verrechneten Position der Derivate je Deckungsmasse eine bestimmte prozentuale Grenze nicht überschreiten.
3. Deckungsregister 26
Die genannten Deckungswerte sind in Deckungsregister einzutragen, § 5 PfandBG. Für jede Pfandbriefgattung ist ein gesondertes Register zu führen. Die Eintragung von Derivaten bedarf der Zustimmung der Derivatepartner und des Treuhänders. Dies ergibt sich aus den dargestellten Besonderheiten von Derivaten als Deckungswerte. Die Deckungsregister können auch elektronisch geführt werden. Die Deckungsregister sind regelmäßig der BaFin zu übermitteln, die diese aufbewahrt.
27
Dem Deckungsregister kommt eine große Bedeutung zu. Alle im Deckungsregister eingetragenen Werte gehören zur jeweiligen Deckungsmasse und unterliegen im Fall der Insolvenz der Pfandbriefbank dem Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger. Die Einzelheiten der Führung der Deckungsregister ergeben sich aus der Deckungsregisterverordnung.
4. Aktive Verwaltung der Deckungsmassen zur Sicherung der Deckungskongruenz 28
Die Sicherheit des Pfandbriefs ergibt sich daraus, dass der Zahlungsanspruch des Pfandbriefgläubigers gegen die Pfandbriefbank durch die Deckungsmassen besichert ist, auf die im Fall der Insolvenz der Pfandbriefbank nur sie Zugriff haben27. Maßgeblich ist demnach, dass die Deckungsmassen auch ausreichende Deckungswerte aufweisen, um die Ansprüche der Pfandbriefgläubiger im Insolvenzfall befriedigen zu können. Dies wird zunächst dadurch erzielt, dass die im Umlauf befindlichen Pfandbriefe nominal- und barwertig jederzeit durch entsprechende Kapital- und Zinserträge der Deckungsmassen gedeckt sind, § 4 Abs. 1 und 2 PfandBG (Deckungskongruenz). Die Durchführung der Barwertberechnung wird im Detail in der Barwertverordnung28 geregelt. Danach gibt es grundsätzlich drei Berechnungsmethoden29 mit unterschiedlichen festgelegten fiktiven Veränderungen von Zinssätzen und Währungskursen, die zu berücksichtigen sind. Die Deckungsmassen werden also bestimmten Stressszenarien unterworfen, so dass sich faktisch dadurch eine barwertige Überdeckung ergibt. Darüber hinaus muss barwertig eine sichernde Überdeckung von 2 % der zu deckenden Verbindlichkeiten vorgehalten werden, die in besonders liquiden Vermögenswerten anzulegen ist. Diese sichernde Überdeckung dient im 26 27 28 29
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S. vdp, PfandBG, S. 356 ff., 362. Zu den Einzelheiten s. unten Rz. 31 ff. S. oben Rz. 4. Die Berechnungsmethoden unterscheiden sich nach einem statischen und einem dynamischen Ansatz sowie aufsichtlich abzunehmender interner Berechnungsmethoden.
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Fall der Insolvenz der Pfandbriefbank zur Abdeckung eintretender Risiken und zu zahlender Verwaltungsaufwendungen sowie zur Steuerung der Liquidität. Darüber hinaus steht es den Emittenten frei, noch weitere freiwillige Überdeckung vorzuhalten. Die Ratingagenturen setzen dies meist voraus, um den emittierten Pfandbriefen die beste Beurteilung zu erteilen. Die Deckungsmassen sind anders als bei so genannten Mortgage Backed Securities dynamisch, d.h. dass der Bestand der Deckungsmassen sich verändert. So werden beispielsweise Kredite getilgt oder aus anderen Gründen aus der Deckung genommen und durch neue ersetzt sowie neue Vermögenswerte den Deckungsmassen zugeführt, um neue Pfandbriefe zu emittieren. Diese Dynamik setzt voraus, dass die Deckungsmassen zur Einhaltung der Deckungskongruenz aktiv verwaltet werden müssen. Das PfandBG schreibt insofern vor, dass die relevanten Risiken30 mittels geeigneter Systeme identifiziert, beurteilt, gesteuert und überwacht werden müssen, § 27 PfandBG.
29
5. Transparenz der Deckungsmassen Um den Investoren ein möglichst genaues und aktuelles Bild über die Zusammensetzung der Deckungsmassen, die Werte der Deckungsmassen und der ausstehenden Pfandbriefe zu vermitteln, müssen Pfandbriefbanken bestimmte Angaben vierteljährlich und zusätzliche Angaben jährlich veröffentlichen. Dies beinhaltet etwa die regionale Zuordnung der Deckungswerte, die Objektart bei den beliehenen Objekten, die Schuldner staatlicher Verbindlichkeiten und den Betrag der mindestens 90 Tage rückständigen Forderungen. Auf diese Weise kann der Pfandbriefgläubiger die Deckungsmassen unterschiedlicher Pfandbriefbanken vergleichen. Darüber hinaus hat die Publizität eine gewisse Disziplinierungswirkung auf die Emittenten.
30
6. Insolvenzvorrecht Die Sicherungsmechanismen des PfandBG wären ohne das so genannte Insolvenzvorrecht der Pfandbriefgläubiger wirkungslos. Es bewirkt, dass in der Insolvenz der Pfandbriefbank die Deckungsmassen alleine den Pfandbriefgläubigern31 zur Befriedigung ihrer Forderungen zur Verfügung stehen und sie somit von der Insolvenz der Pfandbriefbank nicht betroffen sind. Um dies sicherzustellen, wurde im PfandBG ein detaillierter „Notfallplan“ geregelt.
31
a) Separation der Deckungsmassen Die Deckungsmassen fallen nicht in die Insolvenzmasse der Bank, sondern bilden für jede der von dem Kreditinstitut emittierten Pfandbriefgattung ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen32, aus dem heraus die Forderungen der Pfandbrief30 Adressenausfall-, Zinsänderungs-, Währungs- sowie sonstige Marktpreisrisiken, operationelle Risiken und Liquiditätsrisiken. 31 Wie unter Rz. 25 dargestellt, sind die Derivategläubiger den Pfandbriefgläubigern unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt. 32 Stürner, Die Sicherung der Pfandbrief- und Obligationengläubiger vor einer Insolvenz der Hypothekenbank – Geltendes Recht und Reformvorschläge, Frankfurt a.M. 1998 (vdp Schriftenreihe), S. 133 ff.
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gläubiger zu befriedigen sind, § 30 Abs. 1 PfandBG. Der Insolvenzverwalter der Bank hat somit keinen Zugriff auf die Deckungsmassen. Die Pfandbriefe werden nicht fällig. Bei Hypothekendarlehen, die sich z.T. in und z.T. außerhalb der Deckungsmassen befinden33, sieht das PfandBG vor, dass die Zahlungsströme aus diesen Darlehen zunächst vollumfänglich an den Sachwalter fließen. Der Insolvenzverwalter kann verlangen, dass auf seine Kosten die Zahlungsströme getrennt werden und die Zahlungen auf den Außerdeckungsteil an ihn fließen. b) Sachwalter 33
Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Bank werden auf Antrag der BaFin ein oder mehrere Sachwalter vom Gericht am Sitz der Pfandbriefbank bestellt, § 30 Abs. 2 PfandBG. Die Bestellung kann auch schon vor Eröffnung der Insolvenz erfolgen, wenn die Insolvenz des Instituts zu befürchten ist und der Schutz der Pfandbriefgläubiger dies erforderlich macht. Der Sachwalter ist eine natürliche Person, er hat die Verwaltungs- und Verfügungsgewalt über die Deckungsmassen und vertritt die Interessen der Pfandbriefgläubiger. Die Schaffung des Amtes des Sachwalters stärkt den Schutz der Pfandbriefgläubiger. Es wäre nicht sachgerecht, wenn der Vorstand der insolventen bzw. insolvenzgefährdeten Bank die Deckungsmassen noch weiter führen könnte. Aufgrund der widerstreitenden Interessen von Pfandbriefgläubigern und den übrigen Gläubigern der Pfandbriefbank, könnte auch der Insolvenzverwalter die Interessen der Pfandbriefgläubiger nicht vertreten.
34
Der Sachwalter hat mehrere Alternativen, wie er die zeitgerechte Erfüllung der Forderungen der Pfandbriefgläubiger sicherstellt: – Er kann die Zahlungsflüsse der Deckungsmassen vereinnahmen und die ausstehenden Verbindlichkeiten gemäß den Emissionsbedingungen bedienen, § 30 Abs. 1 PfandBG. Diese Form der Abwicklung würde so lange dauern bis alle Pfandbriefe zurückgezahlt wurden. Ein Überschuss würde an den Insolvenzverwalter ausgekehrt werden. Er kann dabei, insbesondere zur Beschaffung von Liquidität einzelne Vermögenswerte im Wege der Einzelübertragung veräußern, § 30 Abs. 2 PfandBG. – Er kann alle oder Teile der Deckungswerte einer Deckungsmasse und Verbindlichkeiten aus den Pfandbriefen als Gesamtheit auf eine andere Pfandbriefbank übertragen, § 32 PfandBG. Dies setzt die Zustimmung der BaFin voraus. – Er kann mit Zustimmung der BaFin mit einer anderen Pfandbriefbank vereinbaren, dass er die Deckungsmassen treuhänderisch für diese hält, § 35 PfandBG. Die treugebende Pfandbriefbank hat in diesem Fall die Haftung für die ausstehenden Pfandbriefe zu übernehmen. Diese Form der Übertragung der Deckungsmassen erspart die Einhaltung aufwändiger Einzelübertragungen und kann sehr schnell durchgeführt werden.
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Soweit für die Deckungsmassen ein Insolvenzgrund vorliegt, kann auf Antrag der BaFin ein gesondertes Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Sollten die Pfandbriefgläubiger nicht voll befriedigt werden, können sie ihren Ausfall im Insolvenzverfahren über das sonstige Vermögen der Pfandbriefbank anmelden.
33 S. oben beim unechten Realkreditsplitting Rz. 15 Fn. 19.
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IV. Pfandbriefmarkt Der Pfandbriefmarkt hatte per 31.12.2007 ein ausstehendes Volumen von 888,6 Mrd. Euro34, davon waren 677,7 Mrd. Euro Öffentliche Pfandbriefe, 206,5 Mrd. Euro Hypothekenpfandbriefe und 4,4 Mrd. Euro Schiffspfandbriefe.
36
Pfandbriefe werden in unterschiedlichen Formen als Inhaber- und Orderpapiere emittiert. Die Ausstattungsmerkmale der Emissionen ergeben sich aus den Anleihebedingungen. Seit 1995 werden Pfandbriefe im Jumboformat begeben. Ihr ausstehendes Volumen belief sich per 31.12.2007 auf 312,4 Mrd. Euro35. Die Besonderheit des Jumboformats besteht darin, dass es sich um großvolumige Pfandbriefemissionen von mindestens 1 Mrd. Euro handelt und sich eine Anzahl von mindestens 5 Banken dazu verpflichtet, für bestimmte Mindestvolumina in einem festgelegten eng gesteckten Korridor An- und Verkaufspreise zu stellen (so genanntes Market Making). Die besonderen Ausstattungsmerkmale eines Jumbopfandbriefs sind in den Mindeststandards für Jumbopfandbriefe festgehalten36. Mit diesem Segment erschlossen sich die Pfandbriefemittenten einen internationalen Kreis von Investoren, für die die Möglichkeit, ihre Papiere jederzeit zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, Voraussetzung für ihre Investition ist. Die große Mehrheit der Pfandbriefinvestoren sind institutionelle Gruppen. Zu ihnen zählen im Wesentlichen Banken, Versicherungen, Investmentfonds, Pensionskassen, Zentralbanken und Staatsfonds. Pfandbriefe werden weltweit gekauft, wobei in Deutschland ansässige Investoren die Mehrheit darstellen.
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Banken spielen nicht nur als Investoren eine bedeutende Rolle, sondern sind auch darüber hinaus maßgeblich am Funktionieren des Pfandbriefmarktes beteiligt, sei es als Konsorten bei der Platzierung von Pfandbriefen oder als Market Maker für Pfandbriefe. Gerade für internationale Investoren, aber auch zunehmend für deutsche Investoren ist es wichtig, dass die emittierten Pfandbriefe von Ratingagenturen beurteilt werden. Die drei führenden Ratingagenturen haben eigene Ratingmethodologien für gedeckte Schuldverschreibungen und somit auch für Pfandbriefe entwickelt. Diese Methodologien unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Alle beurteilten Pfandbriefe erhalten sehr gute Beurteilungen, über 90 % die Bestnote.
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V. Covered Bonds Pfandbriefähnliche Produkte gibt es bereits seit dem 18. Jahrhundert. Hervorzuheben sind insbesondere französische und dänische Produkte. Ein Welle der Nachahmung erfuhr der Pfandbrief aber seit der Einführung des Jumboformats. Die Bereitschaft internationaler Investoren Pfandbriefe zu kaufen und die weite Verbreitung im Ausland führte dazu, dass die Banken in den jeweiligen Ländern auf den Pfandbrief aufmerksam wurden und über ähnliche Produkte verfügen wollten. Dementsprechend 34 Deutsche Bundesbank, Kapitalmarktstatistik, Statistisches Beiheft zum Monatsbericht 2. 35 Quelle HVB/Unicredit. 36 Mindeststandards für Jumbopfandbriefe sind Empfehlungen, denen sich die im Verband deutscher Pfandbriefbanken und im Verband Öffentlicher Banken organisierten Pfandbriefbanken unterworfen haben. Zum Wortlaut der Mindeststandard vgl. www.pfandbrief.de.
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wurden in einer Vielzahl von Ländern pfandbriefähnliche Produkte geschaffen, zuletzt in den USA und in Japan.
Geographische Übersicht zur Gesetzgebung über Covered Bonds in Europa (Stand: September 2007) Gesetzgebung in EU/EWR-Ländern
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Gesetzgebung in sonstigen Staaten
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Konkrete Gesetzvorhaben
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Quelle: vdp
Meist basieren diese wie in Deutschland auf einer speziellen gesetzlichen Grundlage. In wenigen Fällen werden sie auf vertraglicher Basis emittiert37. Die Anlageklasse des Pfandbriefs und der ähnlichen Produkte wird international als Covered Bond38 bezeichnet. Per 31.12.2007 belief sich das Gesamtvolumen dieser Papiere auf ca. 2 Billionen Euro. 40
Die zunehmende Bedeutung dieser Schuldverschreibungen hat dazu geführt, dass diese in der Bankenrichtlinieänderungsrichtlinie berücksichtigt wurden. Halten Banken Covered Bonds in ihren Büchern, müssen sie, soweit die in der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, für diese Aktiva weniger Eigenkapital vorhalten als dies für ungedeckte Schuldverschreibungen von Kreditinstituten der Fall ist. Die Regelungen wurden in der Solvabilitätsverordnung39 und in § 20a KWG weitgehend umgesetzt.
37 Insbes. in den USA, in Großbritannien, in den Niederlanden, in Japan und z.T. in Frankreich. 38 In Deutschland z.T. als gedeckte Schuldverschreibung. 39 Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV) v. 14.12.2006 (BGBl. I 2006, 2926).
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§ 20 Mezzanine-Finanzierungen Hans Stamm/Stefan Ries I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualifizierung als Eigenkapital a) Wirtschaftliche/Rating-Sicht . . b) Bilanzielle Sicht (IFRS/HGB) . . c) Steuerliche Sicht . . . . . . . . . d) Aufsichtsrechtliche Sicht (Banken/Versicherungen) . . . . 2. Mezzanine-Angebot – Standardprogramm versus Individuallösung a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . b) Vor- und Nachteile beider Varianten . . . . . . . . . . . . . . c) Eignung als bilanzielles Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . d) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . e) Fungibilität . . . . . . . . . . . . . II. Differenzierung einzelner vertraglicher Strukturmerkmale von Programm- und Individual-Mezzanine 1. Informationspflichten . . . . . . . . 2. Zusicherungen und Verpflichtungen 3. Kündigungsrechte . . . . . . . . . .
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III. Rechtliche Aspekte der Aufnahme von Mezzaninkapital . . . . . . . . .
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1. Abgrenzung von Genussscheinkapital zu anderem Mezzaninkapital 2. Gesellschaftsrechtliche Aspekte aus Sicht des Unternehmens . . . . 3. Typische rechtliche Aspekte bei der Ausgestaltung von MezzanineVerträgen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genussscheine . . . . . . . . . . . b) Nachrangdarlehen . . . . . . . . . c) Hybridanleihen . . . . . . . . . . d) Stille Beteiligungen . . . . . . . . e) Kapitalmarkt- und aufsichtsrechtliche Aspekte . . . . . . . .
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IV. Prozessabläufe bei der Einwerbung von Mezzaninkapital 1. Rating-Prozess . . . . . . . . . . . . 2. Due Diligence . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliche Dokumentation . . . . 4. Vorbereitungszeitraum . . . . . . .
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Schrifttum: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 2. Aufl. 2004; Reischauer/ Kleinhans, Kreditwesengesetz, Loseblatt; Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, 2005; Schmidt, Karsten, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002.
I. Einleitung Die Eigenkapitalproblematik des deutschen Mittelstands wird regelmäßig in der Fachpresse thematisiert und in Analysen und Statistiken belegt. Die Feststellung gilt entsprechend der typischen Definition für die kleinen bis mittleren Unternehmensklassen ab 50 Mio. Euro bis zu deutlich dreistelligen jährlichen Mio. Euro Umsätzen. Die Statistiken der Deutschen Bundesbank zeigen, dass sich die Eigenkapitalquote in den letzten 30 Jahren sukzessive von einst 30 % auf deutlich unter 10 % im Jahr 2006 reduziert hat1. Die Fortsetzung dieses Trends wird erwartet. Demgegenüber weisen Unternehmen in anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder USA Quoten von 30 % oder sogar über 40 % auf2. Der Erfolg der Mezzanine-Programme belegt eindrucksvoll, dass die Stärkung der Eigenkapitaldecke in vielen Unternehmen eine herausragende Rolle spielt.
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Folge dieser Eigenkapitalschwäche ist, dass die betroffenen Unternehmen unter der Last vergleichsweise teurer Finanzierungskosten leiden und bei ihrer Investitions-
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1 Monatsberichte Deutsche Bundesbank. 2 Monatsberichte Deutsche Bundesbank.
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und Wachstumsfinanzierung an Grenzen stoßen. Marktopportunitäten für die Weiterentwicklung des Unternehmens durch Investitionen in Märkte und Innovationen können nicht genutzt werden. Die Interdependenz zwischen Eigenmittelausstattung einerseits und Fremdfinanzierung andererseits – vor allem auch hinsichtlich der Fremdkapitalkosten – stellt sich häufig als nicht lösbarer Zirkelschluss dar. Der Weg zu „echten“ Eigenmitteln sowie zu weiterem Fremdkapital ist in Folge der ungünstigen Relation limitiert oder vergleichsweise teuer. „Echtes“ Eigenkapital ist im klassischen Mittelstand häufig wegen des Verlustes von Eigentumsrechten und der zwingenden Gewährung von Mitspracherechten an die Investoren noch immer zweite Wahl oder wird teilweise sogar vollständig ausgeschlossen. 3
Eine Lösung – zumindest über einen bestimmten Zeitraum – kann die Einwerbung von Mezzaninkapital sein. Dieses kann allerdings weder Bankkredite noch langfristiges Eigenkapital ersetzen, sondern stellt einen zusätzlichen Finanzierungsbaustein dar, der dazu beitragen kann, den Zugang zu Eigen- und Fremdkapital wieder herzustellen. Des Weiteren sollte sich die Optimierung der Finanzierungsstruktur in günstigeren Finanzierungskosten, sowohl für bestehendes als auch für neues Fremdkapital, niederschlagen. Entscheidend ist überdies der Erhalt der Unabhängigkeit und der unternehmerischen Kontrolle über das Unternehmen, da abgesehen von Informationsrechten und marktüblichen vertraglichen Auflagen (so genannte „Covenants“) für klassisches Mezzaninkapital weder Eigentumsrechte noch Kontrollrechte (bzw. nur bei Überschreiten bestimmter Auflagen) eingeräumt werden müssen. Des Weiteren müssen für mezzanine Finanzierungsinstrumente typischerweise keine Sicherheiten gestellt werden, so dass diese für vorrangige Bankfinanzierungen zur Verfügung stehen.
1. Qualifizierung als Eigenkapital a) Wirtschaftliche/Rating-Sicht 4
Zu unterscheiden von der handelsbilanziellen Qualifizierung ist die aus finanzwirtschaftlicher Sicht im Zweifel wichtigere „wirtschaftliche“ Eigenkapitalqualität. Die wirtschaftliche Betrachtung ist diejenige des Fremdkapitalgebers, d.h. inwieweit er das Mezzaninkapital als temporären Ersatz für echte Eigenmittel akzeptiert oder nicht. Anders als die bilanzielle Zuordnung unterliegt diese noch weniger allgemein verbindlichen Regelungen, sondern hängt davon ab, ob und bei Erfüllung welcher Kriterien ein Fremdkapitalgeber die Mittel als eigenkapitalstärkend einstuft und im Rahmen seiner Bonitätsbetrachtung dem Eigenkapital – in einer bestimmten Gewichting – hinzurechnet. Hier ist insofern eine enge Abstimmung mit den kreditgebenden Banken angeraten, um zu vermeiden, dass das Unternehmen bei Nichteinstufung als Eigenkapital nur einen zu teuren nachrangigen endfälligen Kredit erhalten hat.
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Der Arbeitskreis Ausbau Mittelstandsfinanzierung hat sich mit dieser Thematik eingehend beschäftigt. Folgende Kriterien bzw. deren mindestens zu erfüllende Ausprägung sind als Leitfaden für die Qualifizierung von Mezzaninkapital als Eigenkapital in Ratingverfahren der Kreditinstitute herausgearbeitet worden. Eine Anerkennung des Finanzierungsinstruments als Eigenkapital nach HGB oder IFRS ist dabei unerheblich für einen Einfluss auf eine mögliche ratingstärkende Beurteilung3: 3 Arbeitskreis Mittelstandsfinanzierung, IFD (Initiative Finanzstandort Deutschland), Unterarbeitskreis Eigenkapital(-nahe) Finanzierungsinstrumente „Kriterien Mezzaninkapital“.
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– Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung: Kreditinstitute sehen dies bei einer Mindestlaufzeit (Ursprungslaufzeit) von 5 bis 7 Jahren erfüllt. Die, zum jeweiligen Zeitpunkt der Prüfung als „wirtschaftliches“ Eigenkapital, geforderte Restlaufzeit liegt in der Regel bei zwischen ein und zwei Jahren. – Kündigungsrechte: Grundsätzlich dürfen keine ordentlichen Kündigungsrechte vereinbart sein, insbesondere eine Kündigung des Mezzanine-Gebers wegen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, wegen Verstoßes gegen „financial covenants“ oder Zahlungsverzug darf nicht ohne weiteres möglich sein. Außerordentliche Kündigungsrechte, beispielsweise wegen Verstoßes gegen vertragliche Verpflichtungen (z.B. Verletzung von Informationspflichten) oder Wechsel im Gesellschafterkreis, erachten viele Kreditinstitute als unschädlich. – Nachrangigkeit: Die Rückzahlung von Nachrangkapital muss nach vorrangigen Forderungen erfolgen. Nachrangigkeit umfasst auch, dass Mezzaninkapital nicht besichert werden darf. Zusätzlich werden von einigen Banken folgende Kriterien bei der ratingstärkenden Beurteilung herangezogen:
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– Ausgestaltung und Fälligkeit der Vergütung: Zinsstundung in wirtschaftlichen Krisen des Unternehmens und spätere Nachholung, Stillhalteperioden und ein hoher Anteil variabler Vergütungen mit Kopplung an den Jahresüberschuss sind im Bankenrating nicht eigenkapitalschädlich. – Verlustteilnahme: Als Schutzfunktion für die gesamte Kapitalbasis wirkt sich dies im Rating zusätzlich positiv aus.
Beurteilung von Mezzaninkapital im internen Ratingverfahren der Banken
ja
Kriterium Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung erfüllt?
nein
ja
Kriterium Kündigungsrechte erfüllt?
nein
Kriterium Nachrangigkeit erfüllt?
nein
ja
Kredit
Nachrangdarlehen
Weitere Kriterien, deren Erfüllung eine zunehmende wirtschaftliche Eigenkapitalqualität zur Folge haben kann:
zunehmende wirtschaftliche Eigenkapitalqualität
Ausgestaltung/Fälligkeit der Vergütung? Verlustteilnahme? Quelle: Arbeitskreis Ausbau Mittelstand
Ratingagenturen haben hinsichtlich der Anrechnung des Mezzaninkapitals als Eigenkapital spezielle Mechanismen entwickelt. So macht beispielsweise Moody’s Stamm/Ries
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die Einordnung eines Finanzinstrumentes in die definierten Baskets A bis E (wobei A extrem fremdkapitalnah und E extrem eigenkapitalnah ist) von dem Grad der Erfüllung der Kriterien „Regelmäßigkeit der Ausschüttungen“, „Laufzeit“ und „Verlustbeteiligung“ abhängig. Die Kriterien können dabei gar nicht („none“), schwach („weak“), gemäßigt („moderate“) oder sehr deutlich („strong“) erfüllt werden. b) Bilanzielle Sicht (IFRS/HGB) 8
Die Qualifizierung als bilanzielles Eigenkapital richtet sich nach der Gläubigerschutzfunktion des Jahresabschlusses und hängt davon ab, ob das überlassene Kapital eine ausreichende Haftungsqualität aufweist. Nach der HFA-Stellungnahme 1/1994 des IdW4 kommt Genussrechtskapital dann Eigenkapitalcharakter zu, wenn kumulativ die folgenden Kriterien erfüllt sind: – Nachrangigkeit: Das Genussrechtskapital muss gegenüber Forderungen von Drittgläubigern nachrangig sein, d.h. im Insolvenz- oder Liquidationsfall darf ein Rückzahlungsanspruch der Genussrechtsinhaber erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung nicht den Kriterien für ein Eigenkapitalausweis genügt, geltend gemacht werden können. – Erfolgsabhängigkeit der Vergütung: Die Vergütung für die Überlassung des Genussrechtskapitals muss unter der Bedingung stehen, dass sie nur aus Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden darf, die nicht besonders gegen Ausschüttungen geschützt sind. Jede erfolgs-unabhängige Mindestvergütung führt zu einer Qualifizierung als Fremdkapital. Möglich ist jedoch die Zahlung eines Festzinses, solange dieser unter der Bedingung steht, dass eine Zinszahlung nicht erfolgt, soweit ein Bilanzverlust besteht oder durch die Zinszahlung entstehen würde. Unschädlich ist die Einräumung eines Nachholungsanspruches für eine unterbliebene Mindestvergütung, sofern die unterbliebene Kapitalvergütung in Folgeperioden aus frei verfügbaren Eigenkapitalbestandteilen vor der Bedienung anderer Eigenkapitalgeber nachgeholt werden kann. – Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe: Eigenkapitalqualität kommt Genussrechten nur dann zu, wenn sie bis zur vollen Höhe am Verlust der Gesellschaft teilnehmen. Das heißt, das Genussrechtskapital muss spätestens im Zeitpunkt seiner Rückzahlung in dem Umfang an den aufgelaufenen Verlusten teilnehmen, in dem diese Verluste nicht von Eigenkapitalbestandteilen getragen werden können, die gegen Ausschüttungen nicht besonders geschützt sind. Eine Verrechnung eingetretener Verluste mit Bestandteilen des bilanziellen Eigenkapitals, das gegen Ausschüttungen besonders geschützt ist, darf erst erfolgen, wenn das Genussrechtskapital durch Verlustverrechnung vollständig aufgezehrt ist. – Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung: Eine Qualifizierung als Eigenkapital kommt nur dann in Betracht, wenn das Genussrechtskapital für einen längerfristigen Zeitraum überlassen wird, während dessen sowohl für den Genussrechtsemittenten als auch den Genussrechtsinhaber die Rückzahlung ausgeschlossen ist. Die HFA-Stellungnahme enthält keine konkrete Mindestlaufzeit, so dass diese Frage in der Literatur umstritten ist. Die überwiegende Ansicht bejaht das Kriterium der Längerfristigkeit in Anlehnung an § 10 Abs. 5 KWG dann, wenn die
4 WPg 1994, 419.
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Genussrechte eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren haben und nur mit einer Zweijahresfrist gekündigt werden können5. In der Bilanzierung nach IFRS sind hinsichtlich der Qualifikation als Eigenkapital allein die beiden Strukturmerkmale „Ausschüttung“ und „Laufzeit“ von Relevanz, wobei an die Ausprägung beider Merkmale strengere Maßstäbe angelegt werden.
9
Ausschüttung: Eine Ausschüttung auf das Mezzaninkapital darf – auch im Falle ausreichenden Gewinns – nicht verpflichtend vorgesehen sein, sondern sie muss grundsätzlich freiwillig erfolgen. In der Regel wird die Auslösung einer Ausschüttung an ein definiertes Ereignis gekoppelt, wie beispielsweise die Bedienung von anderem Eigenkapital (z.B. Dividendenzahlung). Laufzeit: Das Mezzaninkapital muss grundsätzlich mit einer unendlichen Laufzeit ohne ein ordentliches Kündigungsrecht des Investors nach einer bestimmten Laufzeit zur Verfügung stehen. Eine „wirtschaftliche“ Laufzeitbegrenzung auf üblicherweise 7 bis 10 Jahre wird in der Regel durch die Vereinbarung von Zins step-up Klauseln, die letztlich zu einer Verteuerung des Kapitals und einer Kündigung durch die Emittentin führen, oder besondere Put-Optionsstrukturen erreicht. Damit wird den Anforderungen der Investoren hinsichtlich überschaubarer Laufzeit und Planbarkeit der Ausschüttungen Rechnung getragen, wobei die Kontrolle darüber letztlich bei der Emittentin liegt und IFRS Strukturen insofern von Investoren aus Risikosicht kritischer beurteilt werden. c) Steuerliche Sicht Wesentliches Kriterium für die Motivation eines Unternehmens, Mezzaninkapital aufzunehmen, ist, dass die Zinsen bzw. Ausschüttungen auf das Mezzaninkapital als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig sind und damit unter Nachsteuerbetrachtung attraktive Finanzierungskonditionen erzielt werden können. Grundsätzlich sind Ausschüttungen auf Genussrechte steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben. Dies gilt gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht für Ausschüttungen auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist. Da jedenfalls bei Genussrechten und stillen Beteiligungen regelmäßig eine Beteiligung am Gewinn vorliegt, führt in steuerlicher Hinsicht eine Beteiligung am Liquidationserlös zur Qualifizierung als Eigenkapital. In der Praxis wird daher in den Vertragsbedingungen üblicherweise eine Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen
10
d) Aufsichtsrechtliche Sicht (Banken/Versicherugen) Sofern Banken und Versicherungen selbst Mezzaninkapital aufnehmen, besteht deren Motivation typischerweise in der Stärkung der Eigenkapitalbasis im Hinblick auf aufsichtsrechtliches Eigenkapital oder Anerkennung durch Ratingagenturen. Für die Anerkennung als aufsichtsrechtliches Kapital ist bei Kreditinstituten die Einordnung als so genanntes Kernkapital bei der Aufnahme von Kapital aus stillen Betei-
5 Küting/Kessler, BB 1994, 2103; zum Meinungsstand Kropff in MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, Band 5/2, § 272 HGB Rz. 140 f.
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ligungen (§ 10 Abs. 4 KWG) oder der Zuordnung zum so genannten Ergänzungskapital bei der Aufnahme von Genussscheinkapital oder sonstigem Nachrangkapital (§ 10 Abs. 5, 5a KWG) von Bedeutung. 12
Bei Versicherungsunternehmen ist die Anerkennung von Genussrechtskapital sowie Kapital aus nachrangigen Verbindlichkeiten als so genannte Eigenmittel im Rahmen der aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Kapitalausstattung von Bedeutung (§ 53c Abs. 1 VAG).
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Umgekehrt haben Banken und Versicherungen eine erhebliche Bedeutung bei der Zurverfügungstellung von Mezzaninkapital an mittelständische Unternehmen im Rahmen von individuellen Finanzierungen. Bei Versicherungen sind diesbezüglich insbesondere die aufsichtsrechtlichen Anlagebeschränkungen (§ 54 VAG sowie Anlageverordnung) von Bedeutung.
2. Mezzanine-Angebot – Standardprogramme versus Individuallösung a) Überblick 14
Genussscheine, Nachrangdarlehen und Hybridanleihen sowie stille Beteiligungen zählen seit vielen Jahren zu den mezzaninen Finanzierungsprodukten, die in bilateralen Vereinbarungen zwischen Unternehmen des deutschen Mittelstands und Investoren emittiert werden.
15
Mit der Auflegung eines ersten Mezzanine-Programms im Jahr 2004 („Preps I“), wurde gerade für den eingangs beschriebenen Mittelstand der Zugang zu eigenkapitalähnlichen Finanzierungsmitteln auf standardisierter Basis geschaffen. Es zeichnet sich dadurch aus, dass ein Portfolio an einzelnen Mezzanine-Finanzierungen (als Genussscheine oder Nachrangdarlehen) verschiedener Unternehmen, Branchen und Risikoklassifizierungen zusammengefasst und durch eine Verbriefungsstruktur, in der durch Begebung verschiedener besicherter Anleihen das Risiko der zugrunde liegenden Mezzanine-Finanzierungen „tranchiert“ wird, am Kapitalmarkt platziert, d.h. refinanziert wird.
16
Unternehmen mit einem noch im Investment Grade einzustufenden Rating, teilweise auch mit Non Investment Grade Rating, für die eine Aufnahme von Mezzaninkapital im einstelligen Millionen Euro Volumen nur zu unattraktiv hohen Konditionen oder gar nicht möglich war, konnten sich seither auch in relativ kleinen Tranchen (teilweise ab 1 Mio. Euro bis maximal 10–15 Mio. Euro je Unternehmen begrenzt) und zu attraktiven Konditionen eigenkapitalähnliche Mittel beschaffen. Zudem ist der Prozess für die Mittelaufnahme in Folge der Standardisierung bei den meisten Programmen hinsichtlich der Prüfungs- und Dokumentationsanforderungen überschaubar und zeitlich kurz gestaltet. Allerdings ist das Angebot der einzelnen Programme hinsichtlich der Qualifizierung als „bilanzielles“ oder nur „wirtschaftliches“ Eigenkapital genau zu differenzieren. Insbesondere das für die (HGB-)bilanzielle Qualifizierung als Eigenkapital erforderliche Kriterium der Verlustteilnahme stellt die Kapitalmarktfähigkeit von Programmen vor Probleme, da für derartige Finanzierungen noch zu wenige Daten vorliegen, um in Hinblick auf die Ausfallwahrscheinlichkeit eine verlässliche Aussage zu treffen. Vertraglich sind die Mezzanine-Finanzierungen nahezu aller Programme als Genussscheine oder Nachrangdarlehen ausgestattet. 552
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Die Anzahl der Programme sowie das Emissionsvolumen hat sich seither dynamisch entwickelt, und die Angebote sind hinsichtlich der Ausgestaltungsformen und insbesondere der Kosten teilweise unübersichtlich geworden. Schätzungsweise mehr als 400 mittelständische Unternehmen haben sich seither aus Mezzanine-Programmen versorgt, mehr als 50 Unternehmen (vor dem Hintergrund der zulässigen Höchstbeträge je Unternehmen in einem Programm) sogar mehrfach aus verschiedenen Programmen. Seit 2007 wird in Marktkreisen allerdings hinsichtlich der Neuauflage von Programmen eine deutliche Beruhigung und Konsolidierung erwartet. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die wesentlichen Anbieter, das Emissionsvolumen, die Bandbreite der Einzeltranchen sowie die Kosten.
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Überblick wesentlicher standardisierter Mezzanine-Programme Auflegung
Volumen
Tranchen
Zinsspanne
PREPS I–VI
Produktname
HVB
Anbieter
seit 2004
2,1 Mrd.
1–12 Mio.
7,75 %–11,25 %
DZ Mezzanine Invest I+II
DZ Bank/ DZ Equity Partner
seit 2004
520 Mio.
2–15 Mio.
7,5%–9,5 % (HGB) 8,75 %–10,75 % (IFRS)
Buchanan Genussschein I+II
Buchanan Capital Group
seit 2004
290 Mio.
2,5–15 Mio.
7,5 %–9,0 %
H.E.A.T Mezzanine I–III
HSBC
seit 2005
814 Mio.
1–12 Mio.
7,75 %–11,25 %
equiNotes I–III
IKB/ Deutsche Bank
seit 2005
587 Mio.
1–15 Mio.
6,75 %–9,0 %
seit 200 2005/2007 (+200 Ziel)
1–10/ 15 Mio.
1,8-5,75 Marge (+ erfolgsabh. Komponente)
CB Mezzanine Capital I+II
Commerzseit 200 bank 2005/2006 (+250 Ziel)
2–10/ 15 Mio.
5,6 %–9,0 %
KfW-Genussrechtsprogramm
KfW
0,5–5,0 Mio.
7,0 %–13,0 %
Smart Mezzanine HASPA, 100/50/Smart Sub HSH, LBBW
seit 2007
Aus Sicht der Investoren bzw. der finanzierenden Unternehmen ist jeweils ein entscheidender Vorteil feststellbar: Die Bündelung kleiner Tranchen und deren Refinanzierung am Kapitalmarkt bietet eine Anlageklasse mit einem attraktiven Rendite-/Risikoprofil für Investoren. Einzelinvestments sind in der Regel nicht möglich oder aber aus Risikoüberlegungen nicht opportun. Aus Sicht der Unternehmen ab einer Umsatzgröße von 5 Mio. Euro bietet sich eine zusätzliche Finanzierungsplattform. Die Mittel können darüber hinaus als Baustein zur Optimierung der Finanzierungsstruktur dienen, soweit sie als (wirtschaftliches) Eigenkapital angesetzt werden können und damit über ein besseres Rating die durchschnittlichen Finanzierungskosten reduzieren.
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Der Markt für Mezzanine Finanzierungen lässt sich seitdem in die beiden Bereiche „Mezzanine-Programme“ und „Individual-Mezzanine“ einteilen. Der Begriff „Individual-Mezzanine“ ist in den nachfolgenden Ausführungen in Abgrenzung zu börsennotierten i.d.R. großvolumigen Hybridanleihen (s. dazu § 16) als bilateral vereinbartes Nachrangkapital in der Größenordnung bis zu 200 Mio. Euro definiert, das an
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einen kleineren überschaubaren Investorenkreis platziert wird und nicht börsennotiert ist. Vor allem typische eigentümergeführte Familienunternehmen fordern spezifische, an ihre individuellen Bedürfnisse angepasste Finanzierungslösungen mit höchster bilanzieller und wirtschaftlicher Eigenkapitalqualität zu attraktiven Gesamtkosten. b) Vor- und Nachteile beider Varianten 20
Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Varianten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Vor-/Nachteile verbrieftes Programm-Mezzanine
Vor-/Nachteile Individual-Mezzanine
Aus Sicht Emittentin › Standardisierung (Prozessablauf, Prüfung, Dokumentation) › Relativ kleine Abschnitte möglich (ab 1 Mio. Euro) › Im Idealfall günstigere Konditionen (Einmalkosten sollten allerdings in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden) › Standardisiertes Ratingverfahren fl Unter Umständen strukturell unübersichtliche und hohe Einmal- und/oder Folgekosten fl Standardisierung der Struktur unter Umständen nicht in jedem Fall eigenkapitaltauglich fl Standardisierung wesentlicher Strukturmerkmale (Informationsrechte, Zusicherungen, Gewährleistungen, Ausschüttungsmechanismus möglicherweise nicht voll kompatibel mit Unternehmens-/ Eigentümervorstellung) fl IFRS/HGB Eigenkapitalstruktur nur durch ausgewählte Programme darstellbar fl Höchstbetrag unter Umständen nicht ausreichend fl Anonymer Investorenkreis fl Im Störungsfall teilweise weitrechende Sanktionen
Aus Sicht Emittentin › Individuell auf Bedürfnisse der Emittentin angepasste Ausgestaltung umsetzbar › Eigenkapital- und Ratingqualität nach HGB und IFRS individuell gestaltbar › Intensive Betreuung › Konditionen trotz individueller Struktur im Rahmen der bei Programmen üblichen Vergütung › Auch große Volumina darstellbar › Individuelle Monitoring Struktur › Bedarfsgerechte Handlungsoptionen im Störungsfall › Ausgewählter, bekannter und ereichbarer Investorenkreis darstellbar fl Individualität und Anpassung an Bedarf führt unter Umständen zu höheren Kosten fl Vorbereitungsprozess tendenziell aufwendiger und über längeren Zeitraum Aus Sicht Intermediäre/Investoren › Direkter Zugang zur Emittentin schafft engere Bindung und eröffnet Potenzial für Folgegeschäfte fl Einzelrisiko fl Folgeaufwand möglicherweise höher infolge individueller Ausgestaltung und intensiverer Monitoringanforderungen
Aus Sicht Intermediäre/Investoren › Entlastung der Haftungsbasis durch Verbriefung und Platzierung am Kapitalmarkt › Risikodiversifikation (Branchen, Bonitäten) fl Überwiegend nur eingeschränkte Handlungsoptionen im Störungsfall
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Die Komplexität dieses Katalogs verdeutlicht, dass eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und Zielen des Unternehmens einerseits und eine Ana554
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lyse der vielfältigen Mezzanine-Angebote und deren Möglichkeiten, diese Ziele zu erreichen, andererseits angeraten ist. Stehen bilanzielle und wirtschaftliche Eigenkapitalqualität weniger und günstige Konditionen sowie ein effizienter Zugang zu Mezzaninkapital (auf Grundlage standardisierter vertraglicher Dokumentation) mehr im Vordergrund, stellt Programm-Mezzanine eine attraktive Finanzierungsoption dar. Spielen vor allem Flexibilität und ein hoher Grad an Eigenkapitalqualität eine zentrale Rolle, ist die individuelle Lösung in der Regel zielführender. Professionelle – rechtliche – Beratung bei der Gestaltung der Dokumentation ist in diesem Fall von besonderer Bedeutung. Die Höhe des Mittelbedarfs ist ebenso entscheidend für die Auswahl von Programm- oder Individual-Mezzanine. Mit letzterem lassen sich auch Beträge von über 100 Mio. Euro darstellen, und damit bei entsprechender Mezzanine-Struktur die Optimierung der Bilanzrelationen, ohne auf mehrere Standardprogramme zurückzugreifen, die in Folge vertraglicher Inkongruenzen unter Umständen zu einem unübersichtlichen Gesamtbild führen. c) Eignung als bilanzielles Eigenkapital Neben der reinen Finanzierungsfunktion verfolgt die Einwerbung von Mezzaninkapital das Ziel der Stärkung der Eigenkapitalbasis. Mit Blick auf eine Bilanzierung als Eigenkapital gem. IFRS 32 fallen hier die Standardprogramme mit wenigen Ausnahmen aus. Weder unendliche Laufzeiten – durch besondere Strukturmerkmale de facto auf feste Laufzeiten begrenzt – noch „freiwillige“ Ausschüttungen – durch die Kopplung an Ausschüttungen auf anderes Eigenkapital de facto wiederum zu quasi verpflichtenden Ausschüttungen werdend – können in der Regel in standardisierten Programmen dargestellt werden. Das nach IFRS klassifizierbare Eigenkapital-Mezzanine ist strukturell komplexer, bedarf einer intensiveren Auseinandersetzug mit dem einzelnen Unternehmen und lässt sich insofern in individuell designten Emissionen umsetzen. Auch eine nach HGB-Bilanzierung klassifizierbare Eigenkapitalstruktur ist in vielen Fällen mangels einer Verlustbeteiligung nicht gegeben.
22
d) Kosten Die Zins- bzw. Ausschüttungssätze standardisierter Programme von unter 5,0 % bis zu über 13,0 % sind weit gespreizt und geben auch einen Hinweis auf die Unterschiede in der strukturellen Ausgestaltung. Tendenziell steigen die Kosten mit schlechterem Rating und höheren Anforderungen an die Eigenkapitalqualität. Zu berücksichtigen ist auch, dass einmalige Transaktionskosten anfallen (Disagio, Due Diligence-Kosten, Rechtsberatungskosten, Ratingkosten), die in einer vergleichenden Effektivzinsbetrachtung zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus können einzelne Programme gewinnabhängig gestaltet sein, d.h. an bestimmte Ergebnisschwellen gekoppelte Vergütungskomponenten enthalten, die zu einer weiteren Verteuerung führen. Seit Einführung der Programmfinanzierungen ist festzustellen, dass die in der Vergangenheit bei Individualfinanzierungen eingesetzten stillen Beteiligungen in geringerem Umfang zum Einsatz kommen. Die für diese marktüblichen zweistelligen gewinnabhängigen Vergütungen sind im derzeitigen Marktumfeld nur noch selten anzutreffen.
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Aussagen zu den Kosten für Individualfinanzierungen, typischerweise in Form von Genussscheinen, sind nur sehr eingeschränkt möglich, da nur wenige Informationen über diese bilateralen Vereinbarungen verfügbar sind. Tendenziell ist aber feststell-
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bar, dass die Spanne für Individualemissionen für Laufzeiten zwischen 7 bis 10 Jahren mit etwa 8 % bis zu unter 10 % weniger stark gespreizt ist. Die Abdeckung individueller Bedürfnisse der Emittenten- und Investoreninteressen, eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Einzelunternehmen im Rahmen der Due Diligence sowie das ausführliche Monitoring der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung können insgesamt zu niedrigeren Gesamtkosten führen. Im Vergleich zu Einzeltransaktionen mit hohem Volumen und Börsennotierung wie bspw. bei Hybridanleihen liegen die Kosten allerdings über diesen liquiden breit gestreuten Instrumenten. 25
Kriterium für den zu zahlenden Zinssatz für Individual- als auch Programm-Mezzanine, sowohl zum Emissionszeitpunkt als auch während der Laufzeit, ist die Bonitätseinstufung des Unternehmens in Form des Ratings. Der anfängliche Ausschüttungssatz eines Genussscheines ergibt sich aus der Addition des der wirtschaftlichen Laufzeit entsprechenden risikolosen Refinanzierungssatzes und der das Unternehmensrisiko abbildenden Emissionsmarge. Bei Ratingveränderungen während der Laufzeit wird der Ausschüttungssatz nach oben oder unten angepasst. Grundsätzlich aus Sicht eines Einzelrisikos in der Individualemission erhöhende Zinseffekte werden durch eine intensive Unternehmens-Due-Diligence, teilweise umfangreichere Informationsrechte sowie der Vorgabe von Eckdaten der wirtschaftlichen Entwicklung kompensiert. Generell ist feststellbar, dass IFRS-Mezzaninkapital infolge der im Vergleich zu HGB-Mezzaninkapital investorenunfreundlicheren Struktur tendenziell teurer ist. e) Fungibilität
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Programm-Mezzanine wird über die Verbriefung in kleinen Abschnitten im Kapitalmarkt breit im Investorenkreis platziert. Für die mit einem „Investment Grade“ ausgestatteten Tranchen der Verbriefungsprogramme besteht auch ein gewisser Zweitmarkt. Individuelle Strukturen sehen in der Regel Mindestinvestmentgrößen von bis zu 1 Mio. Euro vor, werden häufig an einen überschaubaren Kreis von wenigen institutionellen Investoren platziert und von diesen in der Regel über die gesamte Laufzeit gehalten. Eine Umplatzierung innerhalb des bestehenden Investorenkreises, der mit der laufenden Entwicklung der Emittentin sowie den Genussscheinbedingungen vertraut ist, ist grundsätzlich denkbar.
II. Differenzierung einzelner vertraglicher Strukturmerkmale von Programm- und Individual-Mezzanine 27
Weite Teile vertraglicher Regelungen in Programm- und Individual-Mezzanine sind hinsichtlich ihrer Strukturmerkmale vergleichbar. Zwar unterscheiden sich die verschiedenen Mezzanine-Programme bezüglich der angebotenen Finanzinstrumente dahin gehend, dass teilweise Genussscheinkapital und teilweise Schuldscheindarlehen angeboten werden. Bei nahezu allen Programmen wird jedoch nachrangiges und unbesichertes Kapital gewährt, so dass insoweit eine strukturelle Annährung der Programme erfolgt. Insbesondere die Zielsetzung der bilanziellen Behandlung des Kapitals führt jedoch zu wesenstypischen Unterschieden in der vertraglichen Ausgestaltung der einzelnen Finanzierungen. Des Weiteren kann es in einzelnen vertraglichen Aspekten, wie insbesondere Informationspflichten, Zusicherungen und sonstigen vertraglichen Verpflichtungen/Auflagen sowie den Kündigungsgründen, zu er556
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heblichen Abweichungen in der vertraglichen Ausgestaltung sowohl in den einzelnen Mezzanine-Programmen als auch im Vergleich zu individuell vereinbarten Mezzanine-Finanzierungen kommen. Obgleich bezüglich bestimmter vertraglicher Aspekte eine gewisse Vereinheitlichung festzustellen ist (beispielsweise Informationspflichten bei Programm-Mezzanine), kann von einem einheitlichen Vertragsstandard für Mezzanine-Finanzierungen nicht gesprochen werden. Tendenziell werden vertragliche Pflichten in Individualvereinbarungen zum Schutz der Investoren weitgehender angelegt, da im Rahmen der Verhandlung der Vertragsbedingungen der Finanzierung zwischen Unternehmen und Investor ein intensiver Dialog stattfindet. Ziel ist es, eine für beide Seiten aus Risikogesichtspunkten ausgewogene und damit tragfähige Lösung zu etablieren. Bei Programm-Mezzanine ist der vertragliche Rahmen hingegen starr vorgeben.
1. Informationspflichten Grundsätzlich können regelmäßig zu erfüllende Informationspflichten (Jahresabschlüsse, Zwischenabschlüsse, Management Reportings etc.) sowie Ad-hoc-Informationspflichten unterschieden werden.
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Im Falle von Individual-Mezzanine sind regelmäßig zu erbringende Informationen tendenziell umfangreicher. Während Programme sich überwiegend auf Jahresabschlüsse sowie Halbjahresabschlüsse (jeweils Einzelunternehmen und Konzern) beschränken und die Weitergaberechte dieser Informationen umfangreich regeln, gehen Individualvereinbarungen in der Regel weiter. Quartalsabschlüsse, in bestimmten Fällen durchaus auch monatliches Reporting, Management Reportings und ein definierter Finanzkennzahlen-Katalog sowie insbesondere die Unternehmensplanung (5-Jahreszeitraum, jeweils jährlich auf aktualisierter Basis) können im Umfang enthalten sein, um zu einer höheren Transparenz und Informationsqualität beizutragen. Üblich ist auch die Zurverfügungstellung der Jahresabschlüsse wesentlicher Unternehmen des Konzerns, zumindest auf Anforderung der Investoren. Die Fristen, innerhalb derer diese Informationen spätestens zur Verfügung zu stellen sind, sind in beiden Varianten weitgehend deckungsgleich und orientieren sich in Individualvereinbarungen grundsätzlich an der Machbarkeit durch das Unternehmen, ggf. in Abstimmung mit Informationspflichten bestehender Kreditfinanzierungen.
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Vertragliche Ad-hoc-Informationspflichten greifen im Programm-Mezzanine meistens erst dann, wenn es zu einem Störungsfall kommt (z.B. wesentliche Verschlechterung der Zahlen in den (Zwischen-) Abschlüssen, Verletzung von sonstigen Informationsrechten, Ausschüttungsrückstand), die dann allerdings relativ weitgehend gefasst sind (bspw. Gleichstellung hinsichtlich der Informationsrechte mit Kreditgläubigern, Einsicht in sämtliche Gesellschafter-, Aufsichtsrats- und Beiratsbeschlüsse, Einsatz eines so genannten Recovery Managers mit weitgehenden Rechten, Informationspflicht über alle wesentlichen Geschäfte. Teilweise sind Informationspflichten des Unternehmens auch relativ allgemein formuliert und die Anforderung von Unterlagen steht in „billigem Ermessen“ des Investors, wobei „der Aufwand vertretbar … zumutbar … und nützlich“ sein muss.
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In Individualverträgen sind Ad-hoc-Informationspflichten von Anfang an sozusagen als „Frühindikator“ implementiert und zu befolgen. Über wesentliche strategische Entscheidungen, Unternehmenskäufe oder –verkäufe sowie andere wesentliche Er-
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eignisse, die sich auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens – negativ – auswirken könnten, sind die Investoren frühzeitig zu informieren. Die konkrete Ausgestaltung bemisst sich quantitativ letztlich an den vorhandenen InformationsTools des jeweiligen Unternehmens und steht qualitativ in engem Zusammenhang mit den Ergebnissen der intensiven Due Diligence, d.h. analog der strategischen Ausrichtung und des Geschäftsmodells des Unternehmens werden möglicherweise risikotragende Parameter in Informationspflichten transformiert. Die Schwierigkeit liegt hier im Hinblick auf die lange Laufzeit der Finanzierung darin, diese Ereignisse zu identifizieren, klar zu definieren und rechtlich einwandfrei zu formulieren. Einerseits ist dem Informationsbedürfnis des Investors im Sinne eines Frühindikators Rechnung zu tragen. Andererseits achtet das Unternehmen hinsichtlich der unternehmerischen Flexibilität auf einen unverändert ausreichenden Handlungsspielraum.
2. Zusicherungen und Verpflichtungen 32
Die sonstigen Verpflichtungen und Zusicherungen sind in Programm-Mezzanine in der Regel auf wenige Punkte beschränkt, wie bspw. die Themen „ausreichende Versicherung des Geschäftsbetriebs“, „Einholung des – nicht öffentlichen – Ratings“ oder Regelungen zur „Vereinbarung weiterer Nachrangmittel“ und deren Stellung zu bereits bestehenden Nachrangfinanzierungen.
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In Individualvereinbarungen nehmen Verpflichtungen und Auflagen einen breiteren Raum ein. Hier ist wiederum die intensive Beschäftigung der Investoren mit dem Unternehmen und seinen Risiken im Rahmen der Legal und Financial Due Diligence als Grund anzuführen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich des Status Quo rechtlicher und wirtschaftlicher Art werden dem Investor zum Zeitpunkt der Valutierung der Finanzierungsmittel in Form von Zusicherungen bestätigt. Das Unternehmen soll darüber hinaus für die Laufzeit des Mezzaninkapitals zu bestimmten Verhaltensweisen im Sinne der Gläubiger verplichtet werden, wobei die Grenzen hier aus Unternehmenssicht relativ weit zu stecken sind, damit der strategische Handlungsspielraum der Eigentümer nicht eingeschränkt wird.
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Bei Genussscheinfinanzierungen ist im Hinblick auf eine Abgrenzung zu einer stillen Beteiligung grundsätzlich darauf zu achten, dass keine zustimmungspflichtigen Geschäfte geregelt werden. Daher werden typischerweise vertragliche Auflagen in den Genussscheinbedingungen vereinbart, bei deren Verletzung dem Investor gegebenenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Aus Sicht des Unternehmens geht es hierbei darum, weitestgehende Flexibilität für künftige Veränderungen und insbesondere Wachstum des operativen Geschäftsbetriebs zu behalten. Aus Sicht des Investors geht es hingegen darum, dass sich der Geschäftsbetrieb des Unternehmens nicht so dramatisch ändert, dass das wirtschaftliche Risiko eines Investments in die Genussscheine des Unternehmens nicht mehr vergleichbar ist mit demjenigen zum Zeitpunkt der Begebung der Genussscheine. Für diese vertragliche Ausgestaltung von Genussscheinbedingungen einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss zu finden, stellt in der Praxis oftmals eine Herausforderung für beide Parteien dar und steht auch in einem Spannungsverhältnis im Hinblick auf das Kriterium der „Langfristigkeit“ für Zwecke der Bilanzierung als Eigenkapital gemäß HGB oder IFRS. Ein derartiger Katalog von Auflagen ist jedoch aus Sicht eines Investors zwingend erforderlich. Denn weder steht ihm ein vertragliches oder gesetzliches 558
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Kündigungsrecht wie einem gewöhnlichen Darlehensgläubiger zu, der bereits bei Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers ein Darlehen kündigen könnte. Auch stehen einem Genussscheingläubiger keine Kontrollrechte oder Zustimmungsrechte wie einem stillen Beteiligten zu.
3. Kündigungsrechte Bei der Ausgestaltung von außerordentlichen Kündigungsrechten von Genussscheinen und anderem Mezzaninkapital spielt der langfristige Charakter von Genussscheinkapital und die Haftungsfunktion als Nachrangkapital eine wesentliche Rolle. Daher gilt als generelle Leitlinie, dass ordentliche Kündigungsfristen nur nach angemessener Mindestlaufzeit (in der Regel 5–7 Jahre) sowie mit entsprechenden langen Kündigungsfristen verbunden sein müssen. Des Weiteren verbietet sich eine außerordentliche Kündigung wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Unternehmens, um der besonderen Haftungsfunktion von Mezzaninkapital Rechnung zu tragen (s. hierzu Rz. 5, 8). Andererseits muss es dem Investor gestattet sein, das Kapitalüberlassungsverhältnis vorzeitig zu beenden, wenn sich die wirtschaftlichen Grundlagen der Finanzierung so wesentlich verändert haben, dass das „Vertrauen“ des Investors in das Unternehmen wesentlich gestört ist.
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Aus diesen unterschiedlichen Betrachtungsebenen haben sich daher in der Dokumentation insbesondere von Genussscheinfinanzierungen an Mittelstandsunternehmen u.a. folgende außerordentliche Kündigungsgründe durchgesetzt:
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– Eröffnung des Insolvenzverfahrens – Gesellschafterwechsel (Change of Control), insbesondere bei familiengeführten Unternehmen – Verstoß gegen wesentliche Auflagen – Restrukturierungsmaßnahmen des Unternehmens. Da die Rechtssprechung6 bisher nur bruchstückhaft zur Konkretisierung eines gesetzlichen außerordentlichen Kündigungsrechts von Genussscheingläubigern beigetragen hat, dient es generell der Vertragsklarheit, aber auch der Planbarkeit einer Finanzierung, außerordentliche Kündigungsgründe konkret in die Vertragsbedingungen aufzunehmen. Insbesondere sofern außerordentliche Kündigungsgründe an Auflagen und Zusicherungen des Unternehmens geknüpft sind, wird im Hinblick auf das handelsbilanzielle Erfordernis der Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung darauf zu achten sein, dass eine Wesentlichkeitsschwelle vor Eingreifen von außerordentlichen Kündigungsrechten überschritten ist.
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Bei Programm-Mezzanine stellt sich aus Sicht des Unternehmens die Frage nach den praktischen Konsequenzen des Eintritts eines Kündigungsgrundes. Der Vertragspartner ist typischerweise eine ausländische Zweckgesellschaft, die im Hinblick auf ihre Refinanzierung am Kapitalmarkt relativ geringe strukturelle Flexibilität in einem „Workout“ der Finanzierung aufweist. Teilweise werden hierzu in der Dokumentation der Finanzierung Regelungen getroffen, im Zweifel ist für ein solches Szenario
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6 Lutter in KölnKomm. AktG, § 221 Rz. 270, verweist deswegen auf die Rechtsprechung zur Kündigung der Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft, vgl. dazu etwa BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NJW 2005, 1784 = AG 2005, 395.
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jedoch mit einem Zwangsverkauf der Finanzierung an Finanzinvestoren im Zweitmarkt zu rechnen.
III. Rechtliche Aspekte der Aufnahme von Mezzaninkapital 39
Da es keinen gesetzlichen Typenzwang bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung der Vertragsbedingungen von Genussscheinen gibt, besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit bei der Vertragsgestaltung. In der Praxis kann sich die Abgrenzung des materiellen Gehalts von Genussscheinen zu anderen nachrangigen Finanzinstrumenten, insbesondere zu einem partiarischen Darlehen oder einer stillen Beteiligung, als schwierig erweisen. Eine Abgrenzung ist u.a. unter steuerlichen Gesichtspunkten erforderlich, da beispielsweise unterschiedliche Regelungen bezüglich des Einbehalts von Kapitalertragsteuer bestehen. Daneben können aus Sicht des begebenden Unternehmens unterschiedliche gesellschaftsrechtliche Aspekte relevant sein (s. hierzu Rz. 44 ff.).
1. Abgrenzung von Genussscheinkapital zu anderem Mezzaninkapital 40
Partiarisches Darlehen: Ein partiarisches Darlehen ist ein Darlehen, das anstelle oder neben einer Zinszahlung eine Gewinnbeteiligung vorsieht7. Die Abgrenzung zum Genussrecht kann mitunter äußerst schwierig sein. Eindeutig sind die Fälle, in denen die Genussrechtsbedingungen eine Verlustbeteiligung vorsehen, da in diesem Fall die Annahme eines partiarischen Darlehens nicht in Betracht kommt8. Ist eine Verlustbeteiligung in den Genussrechtsbedingungen ausgeschlossen, hat die Abgrenzung danach zu erfolgen, ob dem Genussrechtsinhaber aktionärsähnliche Rechte eingeräumt werden oder eher kreditgeberähnliche Rechte.
41
Stille Beteiligung: Eine Mindermeinung in der Literatur nimmt an, ein Genussrecht würde per se eine stille Beteiligung darstellen9. Diese Ansicht kann nicht überzeugen. Eine stille Beteiligung ist eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts und erfordert die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Genussrechte hingegen gewähren grundsätzlich ausschließlich Gläubigerrechte und führen nicht automatisch zur Annahme einer gemeinsamen Zweckverfolgung. Zwar hat der Genussrechtsinhaber, dessen Verzinsung an den Gewinn der Gesellschaft gekoppelt ist, ein Interesse an einem möglichst hohen Gewinn. Diese Zielsetzung entspricht aber auch der eines partiarischen Darlehensgebers und reicht nicht für die Annahme einer gemeinsamen Zweckverfolgung. Die Abgrenzung hat daher im Einzelfall auf Grund einer Gesamtschau zu erfolgen. Die folgenden Punkte sprechen dabei tendenziell für die Annahme einer stillen Beteiligung: – Zahlung einer gewinnanteiligen Verzinsung, die sich als quotaler Teil des Gewinns berechnet (§ 12 Rz. 26); – Einräumung von Kontroll- und Informationsrechten im Sinne von § 233 HGB (insbesondere das Recht, die Richtigkeit des Jahresabschlusses unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen); 7 Putzo in Palandt, BGB, vor § 488 Rz. 17. 8 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1389. 9 Meilicke, BB 1987, 1611 ff.; Meilicke, BB 1989, 465 f.
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§ 20
Mezzanine-Finanzierungen
– Zustimmungserfordernis zur Änderung des Unternehmensgegenstandes oder Veräußerung, Verpachtung und Einstellung des Unternehmens; – Beschränkung der Übertragbarkeit der Beteiligung. Gegen eine Qualifizierung als Genussrecht spricht dagegen: – Zahlung eines Festzinses; – völliger Ausschluss von der Mitwirkung an der Geschäftsführung (insbesondere auch keine Zustimmungsvorbehalte oder Kontrollrechte für grundlegende Geschäftsführungsmaßnahmen). Vorzugsaktien10: Vorzugsaktien vermitteln anders als Genussrechte mitgliedschaftliche Rechte wie z.B. das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, das Auskunftsrecht im Sinne von § 131 AktG, das Anfechtungsrecht sowie das Bezugsrecht nach § 186 AktG. Bis auf eine (passive) Teilnahme an der Hauptversammlung können Genussrechte nicht mit diesen Rechten ausgestaltet werden.
42
Gewinnschuldverschreibung: Gewinnschuldverschreibungen sind ein Unterfall von Genussrechten. Soweit die Genussrechtsbedingungen jedoch eine Verlustbeteiligung vorsehen, liegt ein Genussrecht und keine Gewinnschuldverschreibung vor.
43
2. Gesellschaftsrechtliche Aspekte aus Sicht des Unternehmens Grundsätzlich besteht für die Begebung von Genussscheinen und sonstigem Mezzaninkapital kein gesetzlicher Formzwang, d.h. die jeweilige Geschäftsführung des Unternehmens ist grundsätzlich rechtlich für den Abschluss des Vertrages über die Aufnahme von Mezzaninkapital zuständig. Im Einzelfall ist jedoch ein Satzungsvorbehalt für die Aufnahme von Finanzierungen vorgesehen, d.h. im Vorfeld ein entsprechender Gesellschafterbeschluss einzuholen.
44
Bei Aktiengesellschaften ist hingegen für die Begebung von Genussscheinen zwingend ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich, der grundsätzlich von einer Mehrheit von mindestens 3/4 des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals getragen werden muss (§ 221 Abs. 3 AktG). Die Satzung kann eine geringere oder höhere Kapitalmehrheit bestimmen. Gem. § 221 Abs. 4 AktG steht den Aktionären bei der Ausgabe von Genussscheinen grundsätzlich ein Bezugsrecht zu, das unter den Voraussetzungen des § 186 AktG ausgeschlossen werden kann. Der Beschluss über einen Bezugsrechtsausschluss bedarf grundsätzlich einer sachlichen Rechtfertigung. Der BGH hält jedoch eine sachliche Rechtfertigung dann für entbehrlich, wenn die Genussscheine nach ihrer vertraglichen Ausgestaltung die vermögensrechtliche Stellung der Aktionäre nicht beeinträchtigen11. Bei Genussscheinen, die gewinnabhängig bzw. gewinnorientiert verzinst werden, sollte der HV-Beschluss daher zur Erhöhung der Rechtssicherheit eine entsprechende sachliche Rechtfertigung enthalten.
45
Die Begebung von Genussscheinen stellt keine Umgehung der §§ 139 ff. AktG dar, da Genussscheine, die im Rang den Aktionären vorgehen, nicht Vorzugsaktien gleichgestellt werden können12.
46
10 S. zur Abgrenzung auch Rz. 46. 11 BGH v. 9.11.1992 – II ZR 230/92 – „Bremer Bankverein“, AG 1993, 134, 135. 12 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 – „Klöckner“, NJW 1993, 57 = AG 1993, 125.
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§ 20 47
Mezzanine-Finanzierungen
Nimmt eine Aktiengesellschaft Kapital in Form einer (typischen oder atypischen) stillen Beteiligung auf, wird ein Teilgewinnabführungsvertrag im Sinne von § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG begründet. Dies zieht als Rechtsfolge neben dem Erfordernis der Schriftform (§ 293 Abs. 3 AktG) und der Zustimmung durch einen Beschluss der Hauptversammlung (§ 293 Abs. 1 AktG) insbesondere die Eintragung in das Handelsregister (§ 294 AktG) nach sich. Sofern trotz des Formmangels der Eintragung in das Handelsregister die stille Beteiligung vollzogen wurde (Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter), sind wohl auf Basis der bisherigen Rechtsprechung die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft anwendbar13. Umgekehrt kann die Eingehung einer stillen Beteiligung nicht als Begebung eines Genussrechts i.S.v. § 221 Abs. 3 AktG qualifiziert werden14.
3. Typische rechtliche Aspekte bei der Ausgestaltung von MezzanineVerträgen 48
Ungeachtet des konkreten Finanzierungsinstruments ist bei allen typischen Mezzanine-Finanzierungen die Ausgestaltung und der Umfang der Nachrangklausel von besonderer Bedeutung. Als Nachrang im engeren Sinne ist dabei die Rechtsstellung der Forderungen des Gläubigers der Finanzierung in der Insolvenz des Unternehmens zu verstehen, d.h. das Rangverhältnis im Vergleich zu den Forderungen anderer Gläubiger. Bei Genussscheinkapital besteht das allgemeine Marktverständnis darin, dass Nachrangigkeit in diesem Sinne eine Einordnung der Forderungen dieses Kapitals nach den Forderungen aus nicht nachrangigen Finanzierungen sowie nach den Forderungen solcher Insolvenzgläubiger, die unter § 39 Abs. 1 Nr. 1–4 InsO fallen, bedeutet. Zu Schwierigkeiten kommt es in der Praxis jedoch, was das Rangverhältnis zu anderen Nachranggläubigern anbelangt, insbesondere wenn das Unternehmen beispielsweise eine Mezzanine-Finanzierung unter einem Programm aufgenommen hat und daneben eine individuelle Mezzanine-Finanzierung aufnimmt. Da diese Finanzierungen typischerweise voneinander zeitlich getrennt aufgenommen werden, besteht keine vertragliche Verklammerung der einzelnen Verträge in Form eines so genannten Intercreditor Vertrages (wie es beispielsweise bei einer syndizierten Bankfinanzierung üblich ist). Selbst wenn in einem einzelnen Finanzierungsvertrag ein bestimmtes Rangverhältnis vereinbart ist, löst dies keine vertragliche Bindung gegenüber anderen Nachranggläubigern aus, so dass dies durch entsprechende Nachträge bestehender Finanzierungsverträge jeweils individuell umzusetzen ist.
49
Kein Marktstandard besteht hingegen bezüglich des Aspekts der Nachrangigkeit im Hinblick auf andere wirtschaftliche Aspekte der Ausgestaltung von Nachrangfinanzierungen. Denn Nachrangigkeit im weiteren Sinne kann auch als das Rangverhältnis der Bedienung von Ausschüttungen bzw. Zinsen von Nachrangfinanzierungen im Verhältnis zu anderen (nachrangigen) Finanzierungen bedeuten. Ein weiterer Aspekt der Nachrangigkeit ist bei Genussscheinkapital oder stiller Beteiligung die Vereinbarung eines gewissen Rangverhältnisses bezüglich der anteiligen Verlustbeteiligung verschiedener nachrangiger Finanzierungen.
13 Stamm in Schüppen/Schaub, Münchener Anwaltshandbuch, § 21 Rz. 89. 14 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02 – „Deutsche Hypothekenbank“, ZIP 2003, 1788 = AG 2003, 625.
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§ 20
Mezzanine-Finanzierungen
Besondere Bedeutung hat bei allen Mezzanine-Finanzierungen der Aspekt der Übertragbarkeit der Finanzierung an andere Gläubiger während der Laufzeit der Finanzierung. Da Mezzanine-Finanzierungen häufig mit umfangreichen Informationsrechten ausgestattet sind, hat das Unternehmen ein besonderes Interesse, eine Übertragung der Finanzierung an andere Gläubiger (insbesondere Wettbewerber) zu kontrollieren. Bei Genussscheinkapital wird daher typischerweise eine Ausgestaltung als Namensgenussscheine gewählt, wobei eine Übertragung durch Abtretung (mit entsprechendem Zustimmungsvorbehalt durch das Unternehmen) erfolgt. Auch bei anderen Finanzierungen wird typischerweise die Wirksamkeit einer Übertragung (entweder des gesamten Vertrages oder der Ansprüche hieraus) an einen Zustimmungsvorbehalt durch das Unternehmen geknüpft.
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a) Genussscheine Die Besonderheiten der vertraglichen Dokumentation von Genussscheinkapital sind insbesondere durch die oben Rz. 8 f. beschriebenen bilanziellen Aspekte geprägt und deren individuelle Interpretation und vertragliche Umsetzung durch die an der Transaktion beteiligten Berater und Wirtschaftsprüfer. Des Weiteren besteht aus Sicht von Investoren typischerweise die Anforderung, in die Genussscheinbedingungen Beschränkungen zur Aufnahme zusätzlichen Nachrangkapitals sowie die Verwendung von freiem Eigenkapital (Rücklagen) durch das Unternehmen aufzunehmen. Dies ergibt sich aus der strukturellen Besonderheit von Genussscheinen, bei denen die Höhe der Zinszahlung vom Jahresüberschuss und sonstigem freien Eigenkapital des Unternehmens abhängig ist.
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Weitere Besonderheiten ergeben sich im Hinblick auf das bilanzielle Erfordernis der so genannten Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung im Hinblick auf die vertragliche Ausgestaltung der außerordentlichen Kündigungsgründe der Gläuber des Genussscheinkapitals. Zwar besteht regelmäßig Einigkeit darüber, dass eine bloße Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Unternehmens im Sinne von § 490 BGB nicht bereits zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des Investors führen kann. Andererseits erwarten Investoren bei Genussscheinkapital, dass nicht erst der Eintritt der Insolvenz bzw. der Insolvenzreife des Unternehmens zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führt, sondern bereits beispielsweise bei schwerwiegenden Verstößen gegen laufende vertragliche Verpflichtungen (z.B. Auflagen) ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht (s. hierzu auch Rz. 35 ff.). Weitere Kündigungsrechte, die an eine Veränderung der Bonität des Unternehmens anknüpfen, selbst wenn die Schwelle der Bonitätsverschlechterung sehr hoch angesetzt wird, sind Gegenstand langwieriger Verhandlungen zwischen den Parteien. Im Übrigen s. zur vertraglichen Ausgestaltung von Genussscheinbedingungen § 12 Rz. 11 ff.
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b) Nachrangdarlehen Die vertragliche Ausgestaltung von Nachrangdarlehen orientiert sich an typischen Darlehensverträgen, wobei im Hinblick auf die Nachrangigkeit und die mangelnde Besicherung des Darlehens regelmäßig erhöhte laufende und Ad-hoc-Informationsrechte vereinbart werden. Das Entstehen von Zinszahlungen ist typischerweise nicht an eine Ergebnissituation des Unternehmens geknüpft. Eine außerordentliche Kündigung des Nachrangdarlehens ist regelmäßig nach dem gesetzlichen Leitbild Stamm/Ries
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Mezzanine-Finanzierungen
des § 490 BGB bei Verschlechterung der Vermögensverhältnisse zulässig, wobei im Einzelfall im Hinblick auf die Aspekte zur Anerkennung als wirtschaftliches Eigenkapital (Rz. 4 ff.) gegebenenfalls Wartefristen für das Wirksamwerden der Kündigung vereinbart werden (so genannte Stand Still-Regelung), um vorangigen Darlehensgläubigern die Möglichkeit zu geben, zumindest zeitgleich mit Nachrangdarlehen ihre Finanzierung fällig zu stellen. c) Hybridanleihen 54
Hybridanleihen wurden bisher insbesondere von großen börsennotierten Unternehmen (z.B. Siemens, Allianz, Bayer) als börsennotierte Anleihen emittiert. Wesentliche Motivation aus Sicht dieser Unternehmen ist die Aufnahme von Kapital, das aus Sicht der Ratingagenturen zu einem bestimmten Prozentsatz dem Eigenkapital zugerechnet wird und steuerlich wie Fremdkapital qualifiziert und damit zu steuerlich abzugsfähigem Zinsaufwand führt. Des Weiteren kann, je nach vertraglicher Ausgestaltung, auch eine Anerkennung als Eigenkapital für Zwecke der Bilanzierung nach IFRS erreicht werden.
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Bei mittelständischen Unternehmen wurden privat platzierte Hybridanleihen bisher nur selten verwendet, da der Rating-Aspekt mangels Börsennotierung des Unternehmens regelmäßig keine Bedeutung hat und die Qualifizierung nach IFRS bisher nur von großen mittelständischen Unternehmen eine Bedeutung für die Begebung von Hybridanleihen zugemessen wird.
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Die Anforderungen der Ratingagenturen für die (teilweise) Berücksichtigung als Eigenkapital sind sehr komplex und führen daher zu relativ komplexen vertraglichen Regelungen. Vorbehaltlich dieser vertraglichen Besonderheit orientiert sich die Ausgestaltung der Anleihebedingungen von Hybridanleihen an den am Kapitalmarkt etablierten Bedingungen von Unternehmensanleihen. d) Stille Beteiligungen
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Da es sich bei einer stillen Beteiligung um eine gesellschaftsrechtliche Finanzierungsform (so genannte Innengesellschaft) handelt, besteht in Form der §§ 230 ff. HGB ein gesetzliches Leitbild mit den wesenstypischen Merkmalen einer stillen Gesellschaft. Dazu zählt u.a. das im § 233 HGB bestehende Recht des stillen Gesellschafters, die Richtigkeit überlassener Jahresabschlüsse unter Einsicht der Bücher des Unternehmens zu prüfen. Ein derartiges Kontrollrecht steht Gläubigern anderer Mezzanine-Finanzierungen typischerweise nicht zu. Dem Gläubiger einer stillen Gesellschaft steht ein Anteil am Gewinn des Unternehmens zu, im Unterschied zu Darlehen oder Genussscheinen, bei denen ein Zinsanspruch (ggf. gewinnabhängig) besteht. Eine Beteiligung an Verlusten des Unternehmens kann vertraglich ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 HGB). Bei der Auflösung der stillen Gesellschaft findet eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung der Innengesellschaft statt (§ 235 HGB). Die Konkretisierung dieser gesetzlichen Regelung erfolgt in dem Vertrag über die stille Gesellschaft, insbesondere inwieweit beispielsweise das Ergebnis schwebender Geschäfte oder sonstiger stillen Reserven in der Auseinandersetzung berücksichtigt werden.
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Mezzanine-Finanzierungen
Unter steuerlichen Gesichtspunkten sind u.a. die Reichweite der Kontrollrechte des stillen Gesellschafters, die Beteiligung am Verlust sowie die Beteiligung an stillen Reserven im Rahmen der Auseinandersetzung für eine Qualifizierung als stille Beteiligung oder als atypisch stille Beteiligung von Bedeutung. Eine atypisch stille Beteiligung liegt vor, wenn der Investor so genannte Mitunternehmerinitiative ausüben kann und so genanntes Mitunternehmerrisiko trägt. Im Falle einer Qualifizierung als atypisch stille Beteiligung werden die Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbetrieb im Sinne § 15 EStG qualifiziert.
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Die rechtliche Einordnung als stille Beteiligung ist u.a. auch für die Aufnahme des Kapitals unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten von Bedeutung (s. Rz. 44 ff.).
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e) Kapitalmarkt- und aufsichtsrechtliche Aspekte Bei der Einwerbung von Mezzaninkapital sind unter aufsichtsrechtlichen Aspekten insbesondere das Verbot des Einlagengeschäfts durch Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG), sowie Beschränkungen eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes sowie von anderen Vermögensanlagen im Sinne von § 8 f VerkProspG zu berücksichtigen. Die Problematik des Einlagengeschäfts stellt sich grundsätzlich nur dann, sofern die Mezzanine-Finanzierung als Einlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist. Dies ist nach herrschender Meinung jedenfalls dann nicht der Fall, wenn kein unbedingter Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals besteht (wie beispielsweise bei Finanzierungen mit Verlustbeteiligung)15. Des Weiteren liegt jedenfalls dann kein Einlagengeschäft vor, wenn die Finanzierung bei verbundenen Unternehmen aufgenommen wird. Denn Einlagengeschäft im Sinne des KWGs setzt die Aufnahme von Kapital beim „Publikum“ voraus16. Als weitere Ausnahme wird in diesem Zusammenhang der Fall der Finanzierung durch die Gesellschafter diskutiert17. Wird das Kapital nur von einem Investor (beispielsweise bei Programm-Mezzanine) oder von einem kleinen Kreis von (institutionellen) Investoren aufgenommen, können dadurch die Merkmale der „Gewerbsmäßigkeit“ und des „Betreibens“ entfallen, weil das Einlagengeschäft in diesen Fällen nicht auf Dauer angelegt ist und nicht geschäftsmäßig in gleicher Weise wiederholt18 und organisatorisch selbständig vorgenommen werden soll.
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Sofern Mezzaninkapital in Form von Wertpapieren (beispielsweise Genussscheinen oder Nachranganleihen) durch ein öffentliches Angebot aufgenommen wird, besteht eine Prospektpflicht gemäß Wertpapierprospektgesetz. Das Wertpapierprospektgesetz enthält Regelungen bezüglich des Inhalts und der Veröffentlichung von Prospekten sowie das Erfordernis einer Billigung des Prospekts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Ein Verstoß gegen die Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes stellt eine Ordnungswirdrigkeit dar, die mit einem Bußgeld belegt ist (§ 30 WpPG). Weiterhin droht die Untersagung des Angebots durch die BaFin (§ 21 Abs. 4 WpPG). Eine Pflicht zur Veröffentlichung des Prospekts (mit vorheriger Billigung durch die BaFin) besteht jedoch nur dann, sofern Wertpapiere im Inland öf-
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Fülbier in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, § 1 KWG Rz. 42. Fülbier in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, § 1 KWG Rz. 42. Demgensky/Erm, WM 2001, 1445 ff. Reischauer/Kleinhans, Kreditwesengesetz, § 1 KWG Rz. 19.
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fentlich angeboten werden. Ein öffentliches Angebot liegt u.a. dann nicht vor, wenn die Stückelung des Wertpapiers mehr als 50 000 Euro beträgt (§ 3 Abs. 2 WpPG). Da Mezzanine-Finanzierungen typischerweise mit entsprechend hohen Mindeststückelungen versehen sind, besteht regelmäßig keine Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts. Soll ein Genussschein börsennotiert (d.h. zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen) werden, ist jedoch die Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts Zulassungsvoraussetzung (§ 3 Abs. 3 WpPG). Die Ausnahmen von dieser Voraussetzung (§ 4 Abs. 2 WpPG) sind bei der Begebung von Genussscheinen regelmäßig nicht erfüllt. 62
Bei einem öffentlichen Angebot von Mezzaninkapital in Form einer stillen Beteiligung kann eine Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts gemäß Verkaufsprospektgesetz in Betracht kommen. Dies kann jedoch durch Vereinbarung eines Mindestausgabepreises von jeweils 200 000 Euro vermieden werden (§ 8 f Abs. 2 VerkprospG).
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Ungeachtet der bestehenden gesetzlichen Anforderungen an eine Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts kann es bei einer Aufnahme von Mezzaninkapital von einem breiteren Investorenkreis (ohne dass damit ein öffentliches Angebot begründet wird) unter haftungsrechtlichen Aspekten sinnvoll sein, einen Emissionsprospekt zu erstellen. Dies gilt insbesondere, sofern im Rahmen einer derartigen Privatplatzierung nicht nur institutionelle Investoren, sondern auch Privatanleger angesprochen werden. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH19 zu Beteiligungen an so genannten geschlossenen Fonds besteht grundsätzlich über eine Prospekthaftung im engeren Sinne hinaus, die sich aus den spezialgesetzlichen Vorschriften (beispielsweise des Wertpapierprospektgesetzes) ergibt, eine aus den Grundsätzen der allgemeinen Vertrauenshaftung abgeleitete allgemeine Prospekthaftung des Anbieters einer Vermögensanlage. Danach sind an einen größeren Kreis von Anlegern gerichtete schriftliche Mitteilungen schon dann als Prospekt in diesem Sinne anzusehen, wenn sie den Eindurck erwecken, für die Beurteilung der Anlage wesentliche Aspekte zu enthalten20.
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Bei am Kapitalmarkt platzierten Mezzanine-Programmen besteht hingegen keine Prospektpflicht des jeweiligen Unternehmens, das in einem solchen Programm Mezzaninkapital aufnimmt. Bei Mezzanine-Programmen werden die Mezzanine-Finanzierungen an die einzelnen Unternehmen in Form einer Zweckgesellschaft gepoolt. Diese Zweckgesellschaft begibt ihrerseits Wertpapiere (Anleihen oder Schuldscheine) an den Kapitalmarkt und unterliegt diesbezüglich der Prospektpflicht. Aus allgemeinen Grundsätzen der Prospekthaftung erscheint es aus Sicht des jeweiligen Unternehmens empfehlenswert, mit dem Arrangeur des Mezzanine-Programms zu vereinbaren, dass in dem Verkaufsprospekt der Anleihen der Zweckgesellschaft keine individualisierten Angaben des jeweiligen Unternehmens enthalten sind oder jedenfalls diese Angaben zuvor mit dem Unternehmen auf Richtigkeit abgestimmt werden.
19 Grundlegend BGH v. 16.11.1978 – II ZR 94/77, NJW 1979, 718 ff.; weitere Nachweise bei Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 8 ff. 20 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 6 Rz. 66 ff.
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IV. Prozessabläufe bei der Einwerbung von Mezzaninkapital 1. Rating-Prozess Grundsätzlich stellen sowohl standardisierte Programme als auch Individualemissionen bei der Vergabe von Mezzaninkapital auf eine Due Diligence sowie ein von einer unabhängigen Ratingagentur vergebenes Rating ab. Im Programm-Mezzanine ist das Rating allein durch den standardisierten Prüfungsprozess und die zwingende Verbriefung bzw. Refinanzierung bei Investoren vorgegeben. Investoren, die eine Prüfung der einzelnen Unternehmen nicht vornehmen können und wollen, wird eine unabhängige „Benotung“, die anhand starrer Kriterien für alle im Programm enthaltenen Unternehmen standardisiert angewandt wird, als Anhaltspunkt für die wirtschaftiche Beurteilung der Unternehmen an die Hand gegeben. In einzelnen Programmvarianten erfolgt auch eine Prüfung der Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre und der Planungsrechnung durch den Arrangeur, und es wird ein Managementgespräch durchgeführt.
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2. Due Diligence In individuellen Finanzierungstranchen spielt das Rating insofern eine etwas untergeordnetere Rolle, als der Due Diligence-Umfang intensiver angelegt ist und eine „Benotung“ insofern vom Arrangeur selbst übernommen wird. Eine Platzierung an mehrere Investoren ist bei geringen Emissionsvolumen nicht zwingend erforderlich, zumindest nicht an einen nur durch den Kapitalmarkt begrenzten, anonymen Investorenkreis. Sobald allerdings die Platzierung an Investoren eine bedeutendere Rolle einnimmt, ist die Vergabe eines Ratings Bestandteil des Prozesses. Allein aus Risikoüberlegungen aus Sicht des Arrangeurs und Platzeurs kann damit auf eine externe Untersuchung und Einschätzung verwiesen werden. Unternehmen müssen infolgedessen den üblichen Prüfungsprozess einer Ratingagentur durchlaufen. Im Falle von beispielsweise Euler Hermes beansprucht dies bis zum Vorliegen des finalen Rating Reports etwa zwei Monate, andere Ratingagenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s liegen bei etwas längeren Zeiträumen von bis zu drei oder vier Monaten, wobei diese Agenturen teilweise auch vereinfachte, verkürzte Verfahren anbieten (bspw. Moody’s Risk Calc).
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Nach Ratingvergabe werden die Unternehmen während der Laufzeit des Mezzaninkapitals regelmäßig von den Ratingagenturen überwacht und überprüft, und das Rating wird ggf. angepasst. Dies gilt gleichermaßen für Programm- und Individual-Mezzanine, wobei in letzterem Fall hinsichtlich der Intensität der Rating-Überwachung (qualitativ und quantitativ) und evtl. aus der Überprüfung ableitbarer Maßnahmen individuelle Vereinbarungen bestimmt werden können. Letztlich ist das Rating in vielen Fällen auch Kriterium für die Höhe der Ausschüttung auf das Mezzaninkapital, sowohl zum Emissionszeitpunkt als auch in Folge der sich ändernden wirtschaftlichen Entwicklung.
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Während der Prüfungsprozess im standardisierten Programm in der Regel gleichgewichtig vom Arrangeur und von den Ratingagenturen dargestellt wird, hat die eigene Prüfung des Arrangeurs im Individual-Mezzanine eine noch höhere Bedeutung. Hier wird eine intensive Financial, Business und Legal Due Diligence des Unternehmens an Hand von Unterlagen und Managementgesprächen durchgeführt, die auch durch
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ein internes Rating begleitet wird und bei der individuell vorhandenes IndustrieKnow-how des Arrangeurs einfließt. Besondere Aufmerksamkeit wird hierbei auch auf die Plausibilisierung der Unternehmensplanung gelegt und in diesem Zusammenhang auf die Frage, inwieweit das Unternehmen zukünftig in der Lage sein wird, im Rahmen der Gesamtverpflichtungen Ausschüttungen und Tilgung leisten zu können. Erkenntnisse hieraus fließen in der Regel auch in die Dokumentation hinsichtlich der Pflichten der Gesellschaft ein (Informationspflichten, Zusicherungen, sonstige Verpflichtungen). Zeitlich erstreckt sich dieser Prüfungsaufwand über die gesamte Projektdauer, fokussiert auf die zwei- bis dreimonatige Vorbereitungsphase des Finanzierungsprojektes.
3. Vertragliche Dokumentation 69
Die vertragliche Dokumentation für Programm-Mezzanine orientiert sich eng an einem vorgegebenen Rahmen, der als Standard die Ausgangsbasis darstellt. In der Regel werden hier nur marginale Anpassungen auf individuelle Bedürfnisse zugelassen. Auch die Dokumentation der Individuallösung orientiert sich als Ausgangsbasis an einer Grundstruktur. Diese wird jedoch im Laufe der Due Diligence und der spezifischen Unternehmenssituation und -anforderungen einerseits sowie spiegelbildlich dem Schutzbedürfnis und dem Bestreben der Investoren an ein zeitnahes Monitoring der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens entsprechend andererseits an die individuellen Bedürfnisse beider Parteien angepasst. Ein ausgewogenes Verhältnis der Risiken zwischen Emittentin und Investoren zu erzielen ist hierbei Aufgabe und Problemstellung zugleich.
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Die vertragliche Dokumentation bei individuell vereinbarten Finanzierungen besteht bei der Aufnahme von Genussscheinkapital typischerweise aus einer Urkunde und damit verbundenen Genussscheinbedingungen. Im Rahmen der Urkunde ist u.a. von Bedeutung, ob es sich um Inhaber-oder Namensgenussscheine handelt. Bei Inhabergenussscheinen ist grundsätzlich die Verwahrung einer Globalurkunde über ein Clearing-System möglich. Dies wird in der Praxis jedoch nur im Rahmen von börsennotierten Genussscheinen gewählt. Bei nicht börsennotierten Finanzierungen ist hingegen die Ausstellung von Einzelurkunden (bei einer Mehrheit von Investoren) üblich. Die Begebung der Genussscheine durch den Emittenten bzw. Ankauf durch den Investor wird in einem Ankaufs- und Zeichnungsvertrag geregelt, der bestimmte, auf den Ankaufs- und Begebungstag bezogene Zusicherungen sowie Regelungen zur Zahlung des Kaufpreises und Lieferung der Urkunde enthält.
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Finanzierungen in Form von partiarischen Darlehen/Nachrangdarlehen oder stillen Beteiligungen werden unmittelbar in Form eines bilateralen Vertrages zwischen Schuldner und Gläubiger dokumentiert. Die Erstellung einer Globalurkunde und ein Ankaufs- und Zeichnungsvertrag ist hierfür nicht erforderlich.
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Die Erstellung der Dokumentation beginnt typischerweise mit einem Term Sheet, in dem die Parteien die wesentlichen Grundlagen (wirtschaftliche Konditionen sowie wesentliche Aspekte der vertraglichen Ausgestaltung) vereinbaren. Mit der Unterzeichnung des Term Sheets ist typischerweise keine rechtsverbindliche Finanzierungszusage durch den Investor verbunden, jedoch können sich daraus beispielsweise Regelungen zur Verteilung des Kostenrisikos (beispielsweise für externe Berater) oder ein Exklusivitätsschutz für einen bestimmten Zeitraum, d.h. nur mit 568
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einem bestimmten Investor die Umsetzung der Finanzierung zu verhandeln, ableiten lassen. Arrangeure von individuell vereinbarten Finanzierungen schalten regelmäßig einen externen rechtlichen Berater ein, der den Entwurf der vertraglichen Dokumentation erstellt. Das Unternehmen schaltet je nach seiner Erfahrung mit Mezzanine-Finanzierungen neben einem rechtlichen Berater im Regelfall einen steuerlichen Berater ein und sollte frühzeitig die Abstimmung mit dem Abschlussprüfer im Hinblick auf die bilanzielle Behandlung der geplanten Finanzierung suchen. Die steuerliche Beurteilung wird im Einzelfall durch die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt unterstützt. Der Zeitraum hierfür ist mit rund 4–6 Wochen anzusetzen.
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Im Rahmen der Verhandlungen der Vertragsdokumentation ist von dem Unternehmen ggf. eine Abstimmung mit anderen Gläubigern (insbesondere vorrangiger Bankfinanzierungen) durchzuführen, da diese oftmals in den entsprechenden Finanzierungsverträgen Zustimmungsvorbehalte vereinbaren. Sofern das Unternehmen andere Mezzanine-Finanzierungen aufgenommen hat, sind die entsprechenden Vertragsbedingungen daraufhin zu prüfen, ob auch insoweit Zustimmungsvorbehalte bestehen, bzw. welche Konkurenzverhältnisse sich zwischen den einzelnen Mezzanine-Finanzierungen ergeben können. Dies kann im Einzelfall, abhängig von der Komplexität der jeweiligen Vertragsbedingungen, einen gewissen Aufwand für das Unternehmen bedeuten.
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4. Vorbereitungszeitraum Zeitlich beansprucht Individual-Mezzanine vor diesem Hintergrund von den Erstgesprächen bis hin zur Valutierung einen Zeitraum von etwa 4 bis 8 Monaten. Programme kommen häufig mit einem Zeitraum von deutlich weniger, d.h. etwa 2 bis 4 Monaten, aus. Durch den Verbriefungsmechanismus, der eine Auszahlung der Mittel erst nach der Refinanzierung am Kapitalmarkt ermöglicht, kann der Zeitraum vom Erstgespräch bis zur Valutierung von sechs bis zu zwölf Monate betragen.
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§ 21 Real Estate Investment Trusts Christoph F. Vaupel
I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historischer Hintergrund von REITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte des REITG 3. Intention des Gesetzgebers . . . . . II. Einordnung von REITs zu bestehenden indirekten Investitionsmöglichkeiten in Immobilien . . 1. Offene Immobilienfonds . . . . . . 2. Geschlossene Immobilienfonds . 3. Immobilienaktiengesellschaften . 4. REITs . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
III. Steuerrechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Besteuerung auf Ebene der REIT-AG . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besteuerung auf Ebene der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausschüttungsverpflichtung . . . . 4. Ausländische Immobilien . . . . . . 5. Ausländische REITs . . . . . . . . . 6. „Exit Tax“ . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerliche Begünstigung der Übertragung von Immobilien auf eine REIT-AG . . . . . . . . . b) Ausnahmen von der Exit Tax . . c) Rückwirkender Entfall der Exit Tax . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Steuerliche Begünstigung bei der Erlangung des REIT-Status . e) Kritik an der Exit Tax . . . . . . IV. Vor-REIT . . . . . . . . . . . . . . . . V. Anforderungen an den Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögensanforderungen . . . . . . 2. Ertragsanforderungen . . . . . . . . 3. Eigenkapitalanforderungen . . . . . 4. Ausschluss des Immobilienhandels 5. Nebentätigkeiten . . . . . . . . . . . VI. Anforderungen an die Aktionärsstruktur 1. Maximalbeteiligung . . . . . . . . . 2. Mindeststreubesitz . . . . . . . . . .
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7 8 10 11 12 13 14
VII. Gesellschaftsrechtliche Anforderungen 1. Unternehmensgegenstand . . . . . . a) Ausnahme von Bestandswohnimmobilien . . . . . . . . . b) Andere Vermögensgegenstände . c) Notwendige immobiliennahe Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . 2. Grundkapital . . . . . . . . . . . . . 3. Form der Aktien . . . . . . . . . . . 4. Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entschädigungsregelung in der Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Handelsregistereintragung der Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Firmenänderung . . . . . . . . . . b) Prüfungsumfang des Registerrichters . . . . . . . . . . . . . . .
64 66 67 71 72 73 74 77 80 81 82
16 VIII. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen 18 24 1. Zulassung zum Handel . . . . . . . 86 25 2. Anforderung an die Dauer des Bestehens zum Zwecke der Zulas27 sung zum Handel an einer deutschen Wertpapierbörse . . . . . . . . 87 29 3. Anforderungen an den Prospekt . . 89 30 a) Historische Finanzinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 31 b) Besondere Prospektanforderungen für Immobiliengesellschaf35 ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 36 4. Folgepflichten . . . . . . . . . . . . . 94 a) Anforderungen an Quartals39 berichte und Jahresabschlüsse . 95 b) Mitteilungs- und Veröffent43 lichungspflichten nach § 15 44 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . 96 47 c) Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Ver48 änderungen des Stimmrechts49 anteils . . . . . . . . . . . . . . . . 98 50 5. Investoren . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Beteiligung von Versicherungsgesellschaften . . . . . . . . . . . 102 52 b) Beteiligung von offenen Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . 104 59
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Real Estate Investment Trusts IX. Übertragung der Immobilien . . . 1. Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltung a) Spaltungsvarianten . . . . . . . b) Vor- und Nachteile gegenüber der Einzelübertragung . . . . .
. 106 . 107 . 109 . 114
X. Anforderungen an die Finanzangaben und Prüfung 1. HGB-Abschluss . . . . . . . . . . . . 117 2. IFRS-Abschluss . . . . . . . . . . . . 118 3. Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung – Prüfung des Abschlussprüfers . . . . . . . . . . . 119 XI. Sanktionsregelungen bei Verletzung der Anforderungen . . . . . . . 1. Festsetzung von Zahlungen (§ 16 Abs. 3–6 REITG) . . . . . . . . . . . a) Verstoß gegen Vermögensanforderungen (§ 16 Abs. 3 REITG) . b) Verstoß gegen Ertragsanforderungen (§ 16 Abs. 4 REITG) . . . c) Verstoß gegen Ausschüttungspflicht (§ 16 Abs. 5 REITG) . . . d) Verstoß gegen Nebentätigkeitsverbot (§ 16 Abs. 6 REITG) . . .
120 121 122 123 124 125
2. Verlust der Steuerbefreiung a) Börsenzulassung (§ 10 REITG) . b) Handel mit unbeweglichem Vermögen (§ 14 REITG) . . . . . c) Mindesteigenkapital (§ 15 REITG) . . . . . . . . . . . . d) Mindeststreubesitz (§ 11 Abs. 1 REITG) und Höchstbeteiligung (§ 11 Abs. 4 REITG) . . . . . . . e) Vermögen, Erträge, Ausschüttung und Erbringung von Nebentätigkeiten (§ 16 Abs. 3–6 REITG) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Anforderungen ohne ausdrückliche Sanktionsregelung . XII. Das Outsourcing von Managementaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz – Leitung durch den Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabenzuweisung an andere Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufgabenzuweisung innerhalb des Unternehmens . . . . . . . . b) Aufgabenübertragung an unternehmensfremde Dritte (Outsourcing) . . . . . . . . . . .
126 127 128 129
133 135 140 141 143 144 145
Schrifttum: Breinersdorfer/Schütz, German Real Estate Investment Trust (G-REIT) – Ein Problemaufriss aus Sicht des Fiskus, DB 2007, 1487; Bron, Der deutsche REIT wird Wirklichkeit, BB-Special 2007, Heft 21, Die erste Seite; Bron, Das Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen, BB-Special 2007, Heft 21, S. 2 ff.; Dettmeier/Gemmel/Kaiser, Die Einführung des deutschen REIT – Eine erste steuerliche Analyse des REIT-Gesetzes, BB 2007, 1191; Dettmeier/Pöschke, IFRS und deutscher REIT – mögliche Stolpersteine für Gesetzgeber und Anwender, BB 2006, 1731; Ehler, Gegen Diskriminierung der Immobilie, VW 2006, 919; Eusani, Regierungsentwurf zum Real Estate Investment TrustGesetz (REIT-Gesetz) – Nur eine „kleine Lösung“, NZM 2007, 66; Eusani, Regierungsentwurf zum Real Estate Investment Trust-Gesetz (REIT-Gesetz) – Nur eine „kleine Lösung“, NZM 2007, 66; Fabry/Riha, Der Gesetzesentwurf zu UK REITs vor dem Hintergrund weltweiter REIT-Gesetzgebung, RIW 2006, 528; Fink, REITs können indirekte Immobilienanlagen ergänzen, DSWR 2006, 119; Fock, Das neue Recht der Investitionsgesellschaften, BB 2006, 2371; Foelsch, EU-Aktionsplan für Finanzdienstleistungen und nationale Kapitalmarktreform – Die Entwicklung des Kapitalmarktaufsichtsrechts in den Jahren 2003 bis 2006, BKR 2007, 94; Frey/ Harbarth, REIT-AG – Gesellschafts-, kapitalmarkt- und steuerrechtliche Wesensmerkmale einer neuen Rechtsfigur, ZIP 2007, 1177; Gemmel/Hoffmann-Fölkersamb, Der REIT: Potenziale für Versicherungsunternehmen, VW 2007, 162; Geurts, BB-Forum: Der deutsche REIT – eine neue Asset Klasse, BB 2005, 913; Götze/Hütte, Kapitalrechtliche Aspekte des deutschen REIT, NZG 2007, 332; Grothe, Wo Fehlgriffe den Vorstandsjob kosten können – Aktuelle Fragen zu Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen, VW 2007, 205; Hahn, Die Einführung steuerbegünstigter Immobiliengesellschaften, ZGR 2006, 805; Haritz/Asmus, Das REIT-Gesetz und das Umwandlungssteuerrecht, AG 2007, 76; Hartrott, Das Konzept des deutschen Real Estate Investment Trusts (G-REIT), DStZ 2007, 247; Hutter/Kaulamo, Das TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz: Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471; Joachim, Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, NZM 2006, 650; van Kann/Just/Krämer, Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz), DStR 2006, 2105; van Kann/Just/Krämer, Deutsche
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Immobilien-Aktiengesellschaft mit börsennotierten Anteilen (REIT-G): wesentliche Abweichungen des verabschiedeten Gesetzes vom Regierungsentwurf, DStR 2007, 787; Klühs/ Schmidbleichert, Feste Beteiligungsquoten für G-Reits, ZIP 2006, 1805; Klühs/Schmidtbleicher, Besteuerung ausländischer Anleger nach dem Regierungsentwurf zur Einführung deutscher Reits, IStR 2007, 16; Kofner, Wohnimmobilien als Investitionsobjekte der deutschen REITs; WuM 2007, 183; Kofner, Private Equity „Housing is an arena.“, WuM 2006, 133; Kofner, Entwurf des REIT-Gesetzes vom 25.9.2006: Einschätzungen und Änderungsvorschläge, WM 2006, 548; Kollmorgen/Hoppe/Feldhaus, Die deutsche REIT-Aktiengesellschaft – Mustersatzung mit Erläuterungen, BB 2007, 1345; Kraft/Bron, Das REIT-Gesetz im europarechtlichen Fadenkreuz – Grundfreiheitliche Problematiken und Verfassungsbedarf im Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen, IStR 2007, 377; Kraft/Bron, Grundfreiheiten und grenzüberschreitende Verschmelzung im Lichte aktueller EUGH-Rechtsprechung (Sevic), IStR 2006, 26; Kroschewski/Reiche, Inbound Real Estate Investments – Besteuerung „atypischer“ Investitionsstrukturen, IStR 2006, 730; Kühnberger, Betriebswirtschaftliche und rechnungslegungsbezogene Anmerkungen zum Regierungsentwurf des REIT-Gesetzes, BB 2007, 489; Kühnberger, Rechnungslegung und Bilanzpolitik der REIT-AG, BB 2007, 1211; Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag Kommentar, 4. Aufl. 2006, Art. 43 Rz. 2; Lieber/Schönfeld, Sicherstellung einer angemessenen deutschen Besteuerung der ausländischen Anteilseigner eines deutschen REIT – Abgeltungssteuer als Alternative zum Einheits- bzw. Trustvermögensmodell, IStR 2006, 126; Merker, Bundeskabinett bringt Gesetzesentwurf zu REITs auf den Weg, StuB 2006, 971; Paukstadt, Einführung von REITs in Deutschland, BBV 2006, 374; Pluskat, Neue Impulse für die geplante steuerbegünstigte Immobiliengesellschaft (REIT) in Deutschland durch den UK-REIT, IStR 2006, 661; Pluskat/Rogall; Steuerbegünstigte Immobiliengesellschaften (REITs) in Deutschland – Umsetzungsvorschläge für das Trustvermögensmodell, WM 2006, 889; Rips, Unternehmungs- und Wohnungsverkäufe – rechtliche und wirtschaftliche Folgen – Festvortrag aus Anlass des Deutschen Mietgerichtstages am 31.3.2006, WuM 2006, 227; Schacht/Gänsler, Der deutsche Real Estate Investment Trust (REIT) als Anlageinstrument für den deutschen Immobilien- und Kapitalmarkt, DStR 2006, 1518; Schacht/ Gänsler, REITs in Deutschland und Großbritannien – ein Vergleich, IStR 2007, 99; Schimmelschmidt/Tauser/Lagarrigue, Immobilieninvestitionen deutscher Investoren in französische REITs, IStR 2006, 120; Schmidt/Behnes, Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung deutscher REIT Immobilienaktiengesellschaften, BB 2006, 2329; Schroeder, Das deutsche REIT-Gesetz: Ein Zwischenstand, BB 2007, Heft 5, Die erste Seite; Schultz, Das deutsche REIT-Gesetz, DB 2007, Status: Recht, S. 165; Schultz/Thießen, Der Referentenentwurf zum German Real Estate Investment Trust (G-REIT), DB 2006, 2144; Sieker/Göckeler/Köster, Das Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REITG), DB 2007, 933; Simon, Die Einführung eines German-REIT (G-REIT), NJW-Spezial 2006, 459; Spoerr/Hollands/ Jacob, Verfassungsrechtliche Rechtfertigung steuerrechtlicher Sonderregelungen zur transparenten Besteuerung von REITs, DStR, 49; Stoschek/Dammann, Internationale Systeme der Besteuerung von REITs, IStR 2006, 403; Stock/Teske, Einführung des REIT in Deutschland, DB 2005, 187; Wagner, Zum Reit-Gesetzesentwurf der Bundesregierung, NZG 2006, 846; Wagner, Die steuerliche Behandlung von REITs, StuB 2006, 591; Wieneke/Fett, REIT AG – Aktienrechtliche Gestaltungsfragen, NZG 2007, 774; Ziemons, Gesellschaftsrechtliche Defizite des Regierungsentwurfs des REIT-Gesetzes, BB 2007, 449; Zimmermann, Der Reiz an REITs, BKR 2006, 299.
I. Einführung 1
Die international verwendete Abkürzung „REIT“ steht für Real Estate Investment Trust. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft, deren Vermögensgegenstände überwiegend aus Immobilien bestehen und die in der Regel börsennotiert ist. Die Besonderheit eines REIT besteht im Wesentlichen darin, dass die Erträge des REIT grundsätzlich auf der Ebene der Gesellschaft steuerbefreit und lediglich auf der Ebene der Anteilseigner zu versteuern sind, wobei der REIT verpflichtet ist, seine Gewinne grundsätzlich auch an seine Anteilsinhaber auszuschütten. 572
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Das Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen („REITG“) ermöglicht nunmehr eine in Deutschland bislang neue Form der indirekten Immobilieninvestition (im Folgenden „REIT“ oder „REIT-AG“), die international bereits seit längerem ihre Verbreitung gefunden hat. Das REITG verknüpft dabei die Regelungen unterschiedlicher Rechtsgebiete, und zwar insbesondere des Steuerrechts, des Gesellschaftsrechts und des Kapitalmarktrechts.
2
1. Historischer Hintergrund von REITs Ursprünglich sind REITs in den USA um 1850 entstanden1. Damals konnten Investoren eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Erträgen aus Immobilenanlagen vermeiden, wenn der Trust seine Erträge an die Begünstigten (beneficiaries) auskehrte. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde dieser Steuervorteil jedoch aufgehoben und erst 1960 mit der Schaffung des Real Estate Investment Trust als börsennotierte Investmentform wieder eingeführt2. In den USA unterscheidet man je nach Anlageschwerpunkt zwischen drei Arten von REITs: Equity REITs, Mortgage REITs und Hybrid REITs3. Equity REITs halten Immobilien und schütten die Mieteinnahmen und Veräußerungsgewinne an die Investoren aus4. Mortgage REITs vergeben Kredite an Bauunternehmen und schütten die Zinszahlungen und Zahlungen, die bei Erreichen bestimmter Wertsteigerungsgrenzen gegenüber dem Darlehensgeber fällig werden, an die Anleger aus5. Hybrid REITs haben Elemente von Equity REITs und Mortgage REITs6. Innerhalb der einzelnen REIT-Arten kann ferner zwischen Diversified und Specialised REITs unterschieden werden. Diversified REITs fokussieren, anders als Specialised REITs, nicht auf bestimmte Teilmärkte und Nutzungsarten wie z.B. Einkaufszentren. In den USA haben sich die Specialised REITs durchgesetzt7.
3
Inzwischen finden sich REITs oder REIT-ähnliche Strukturen in über 20 Ländern8. So wurden sie 1969 auch in den Niederlanden (Fiscale Beleggingsinstelling, FBI) eingeführt, 1971 in Australien, 1995 in Belgien (Société d’Investissment à Capital Fixe en Immobilière, SICAFI), 2000 in Japan, 2002 in Singapur und 2003 in Hong Kong und Frankreich (Société d’Investissements Immobiliers Cotée, SIIC)9. In Großbri-
4
1 King, Real Estate Investment Trusts, Deutsche Offene und Geschlossene Immobilienfonds, 1999, S. 9. 2 History of REITs, unter http://www.reitnet.com/reits101/history.phtml. 3 Keine gesonderte REIT-Form stellen so genannte finite bzw. F-REITs dar. Diese REITs halten Objekte nur für ca. fünf bis fünfzehn Jahre, da sie intern gegenüber den Anteilsinhabern verpflichtet sind, diese danach wieder zu veräußern. Grund für die Einführung solcher F-REITs war die häufige Fehlbewertung der Anteile, bei der die stillen Reserven nicht entsprechend berücksichtigt wurden. King, Real Estate Investment Trusts, Deutsche Offene und Geschlossene Immobilienfonds, 1999, S. 7. 4 Downes/Goodman, Dictionary of Finance and Investment Terms, 7. Aufl. 2006, S. 491. 5 King, Real Estate Investment Trusts, Deutsche Offene und Geschlossene Immobilienfonds, 1999, S. 6. 6 Downes/Goodman, Dictionary of Finance and Investment Terms, 7. Aufl. 2006, S. 491. 7 Stock/Teske, DB 2005, 188, 193. 8 Übersicht REIT-Strukturen weltweit, abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de. 9 Außerdem gibt es REITs oder REIT-ähnliche Strukturen in Finnland, Kanada, Luxemburg, Malaysia, Neuseeland, Puerto Rico, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Türkei und in Italien; vgl. Stock/Teske, DB 2005, 188 Fn. 4, 5.
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tannien wurde das Gesetz zur Einführung des UK-REIT am 19.7.2006 durch Teil 4 des „Finance Act 2006“10 verabschiedet und zum 1.1.2007 in Kraft gesetzt11.
2. Entstehungsgeschichte des REITG 5
Die Initiative Finanzstandort Deutschland („IFD“) legte erstmals am 1.6.2004 ein Konzept zur Einführung eines deutschen Real Estate Investment Trust – REIT vor12. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich in einer Presseerklärung im Januar 2005 zur Einführung von REITs in Deutschland. Erst am 25.9.2006 legte das Bundesministerium aber erstmals einen Referentenentwurf zu dem REITG vor, den das Bundeskabinett am 2.11.2006 verabschiedete. Am 12.1.2007 folgte der Gesetzentwurf der Bundesregierung. Am 18.1.2007 fand die erste Beratung im Bundestag und die Überweisung an diverse Ausschüsse statt. Der Bundestag nahm das Gesetz nach der zweiten und dritten Lesung vom selben Tag am 23.3.2007 an. Nach der Zustimmung des Bundesrates am 30.3.2007 wurde das Gesetz am 1.6.2007 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz trat rückwirkend zum 1.1.2007 in Kraft. Der Verabschiedung des Gesetzes gingen intensive Debatten voraus. Dabei ging es in erster Linie um die Besteuerung ausländischer Investoren und die Frage, ob auch Wohnimmobilien als Anlageform für einen REIT zugelassen werden sollen.
3. Intention des Gesetzgebers 6
Der deutsche Immobilienmarkt gilt mit einem geschätzten Immobilienanlagevermögen von rund 7 Billionen Euro13 als der größte Europas. Die Einführung des REITG stellt auf gesetzgeberischer Ebene die Weichen für ein nun auch in Deutschland zugelassenes, international anerkanntes Kapitalanlageprodukt im Bereich der indirekten Immobilienanlage mit transparenter Besteuerung. Hierdurch soll die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland, eine Professionalisierung der Immobilienwirtschaft sowie Wettbewerbsgleichheit gegenüber europäischen Finanzund Immobilienstandorten erreicht werden14.
II. Einordnung von REITs zu bestehenden indirekten Investitionsmöglichkeiten in Immobilien 7
Bislang gab es für Anleger am deutschen Immobilienmarkt drei Möglichkeiten, indirekt in Immobilien zu investieren: offene Immobilienfonds, geschlossene Immobilienfonds sowie Immobilienaktiengesellschaften.
10 S. hierzu: www.opsi.gov.uk/acts/acts2006/ukpga_20060025_en.pdf. 11 Ein Vergleich zwischen REITs in Deutschland und Großbritannien findet sich bei Schacht/ Gänsler, IStR 2007, 99 ff. 12 S. Homepage des IFD: http://www.finanzstandort.de. 13 Vgl. Tagesschau, Bericht vom 23.3.2007, abrufbar unter www.tagesschau.de/wirtschaft/ meldung47446.html. 14 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 1.
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1. Offene Immobilienfonds Wie bei einem REIT ist das Sondervermögen eines offenen Immobilienfonds grundsätzlich steuerbefreit, die Besteuerung der Erträge findet ausschließlich auf der Ebene der Anteilseigner statt. Ähnlich wie bei einem REIT gibt es auch spezifische Regelungen über die Zusammensetzung des Sondervermögens. Der Wert der Immobilien eines offenen Immobilienfonds wird aber gem. §§ 70, 77 Investmentgesetz („InV“) von einem Sachverständigenausschuss festgestellt. Der Wert der Anteilscheine ergibt sich gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 InvG aus der Teilung des Wertes des Sondervermögens durch die Anzahl der in den Verkehr gelangten Anteile. Anders als bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft wie der REIT-AG ergibt sich der Anteilswert somit nicht aus Angebot und Nachfrage nach dem Papier. Es fehlt mithin an einer unmittelbaren Bewertung der Anteilscheine durch den Kapitalmarkt.
8
Ein Nachteil offener Immobilienfonds beruht auf der in § 37 InvG gesetzlich vorgeschriebenen Anteilsrücknahmepflicht. Danach kann jeder Anleger verlangen, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil an dem Sondervermögen aus diesem ausgezahlt wird. Dies begründet die Gefahr erheblicher Mittelabflüsse mit der Folge, dass die vergleichsweise wenig liquide Asset-Klasse „Immobilien“ unter Umständen zügig und eventuell unter Wert liquidiert werden muss. Im Gegenzug besteht für einen offenen Immobilienfonds auch nicht die Möglichkeit, den Investitionszeitpunkt, insbesondere im Hinblick auf eine günstige Marktsituation, autonom festzulegen, da er in seiner Liquiditätssteuerung stark von dem Anlegerverhalten abhängig ist und den Zeitpunkt des Mittelzuflusses nicht selbst bestimmen oder auch nur steuern kann.
9
2. Geschlossene Immobilienfonds Auch bei geschlossenen Immobilenfonds in der Form einer Personengesellschaft, typischerweise einer KG, findet die Besteuerung der Erträge grundsätzlich auf der Ebene der Anteilseigner statt. Bei Personengesellschaften können die Anteile, verglichen mit Aktien, aber nicht so einfach übertragen werden. Dadurch sind solche Anlagen typischerweise langfristiger Natur. Es gibt für diese Anlageform dementsprechend auch keinen liquiden Sekundärmarkt, selbst wenn mittlerweile einige Zweitmarktanbieter für „gebrauchte“ Fondsanteile entstanden sind. Hinzu kommt, dass zahlreiche Steuerprivilegien für geschlossene Fonds zwischenzeitlich entfallen sind15, was die Attraktivität dieser Anlageform nachteilig beeinträchtigt hat.
10
3. Immobilienaktiengesellschaften Immobilienaktiengesellschaften haben ihre Erträge auf der Ebene der Gesellschaft zu versteuern. Dividendenausschüttungen führen mithin grundsätzlich zu einer (zumindest teilweisen) wirtschaftlichen Doppelbesteuerung, die in Deutschland durch das Halbeinkünfteverfahren abgemildert wird. Immobilienaktiengesellschaften leiden daher unter der starken Konkurrenz der steuerprivilegierten offenen Immobilienfonds; gerade im Bereich der Privatanleger. Die darin begründete fehlende Marktkapitalisierung führt dazu, dass oft nicht ausreichend Streubesitz gebildet werden 15 Stock/Teske, DB 2005, 187, 191.
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kann, so dass institutionelle Anleger die Immobilienaktiengesellschaft häufig nicht als alternative Anlage wahrnehmen16.
4. REITs 12
Eine REIT-AG ist im Grunde eine börsennotierte Immobilienaktiengesellschaft, jedoch mit einer anderen steuerlichen Behandlung, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. REITs verbinden damit diverse Vorteile der verschiedenen vorgenannten Anlageformen, insbesondere die zeitnahe Bewertung der Aktien durch den Kapitalmarkt gegenüber offenen und geschlossenen Fonds, die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividendenausschüttungen gegenüber Immobilienaktiengesellschaften und die Verbriefung der Anteile in einem leicht handelbaren Wertpapier gegenüber Anteilen an geschlossenen Fonds.
III. Steuerrechtliche Rahmenbedingungen 13
Bei der steuerlichen Behandlung von REITs ist die laufende Besteuerung der Erträge der Gesellschaft von der steuerlichen Behandlung des Erwerbs von Immobilien zu unterscheiden.
1. Besteuerung auf Ebene der REIT-AG 14
Eine REIT-AG ist gem. § 16 Abs. 1 REITG vollständig für sämtliche in Deutschland erzielte Gewinne unabhängig von der Einnahmequelle von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, wenn sie die Voraussetzungen der §§ 8 bis 15 REITG erfüllt, unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre und nicht im Sinne eines Doppelbesteuerungsabkommens („DBA“) als in einem anderen Vertragsstaat ansässig gilt. Sämtliche sonstige Steuern, wie insbesondere Grunderwerb- und Grundsteuer, bleiben allerdings von dieser Regelung unberührt.
15
Eine REIT-AG wird gem. § 17 Abs. 1 i.V.m. § 6 REITG rückwirkend zum Beginn des Wirtschaftsjahres von der Steuer freigestellt, in dem die Firma mit dem Zusatz „REITAG“ oder „REIT-Aktiengesellschaft“ in das Handelsregister eingetragen wird (s. auch Rz. 80 ff.). Verliert die REIT-AG ihre Steuerbefreiung, dann kann diese gem. § 17 Abs. 4 REITG nicht vor Ablauf von vier Jahren seit dem Verlust wieder aufleben bzw. beginnen.
2. Besteuerung auf Ebene der Anteilseigner 16
Bei einer REIT-AG findet die Besteuerung der Erträge auf Ebene der Anteilseigner statt. Die Aktionäre einer REIT-AG haben die von der Gesellschaft erhaltenen Erträge (Dividenden) vollumfänglich unter Zugrundlegung ihres jeweiligen individuellen Steuersatzes zu versteuern. Das ansonsten bei Erträgen aus Körperschaften gem. § 3 Nr. 40 EStG bzw. bei institutionellen Anlegern gem. § 8b KStG anwendbare Halbeinkünfteverfahren findet auf REIT-AGs keine Anwendung. Nach dem 1.1.2009 unterfallen Ausschüttungen einer REIT-AG an Anleger, die ihre Beteiligung im Pri16 Stock/Teske, DB 2005, 187, 190.
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vatvermögen halten, der Abgeltungsteuer gem. § 32d EStG in Höhe von 25 %. Dabei wird durch die REIT-AG die Kapitalertragsteuer im Regelfall in Höhe von 25 % gem. § 20 REITG einbehalten. In Deutschland ansässige Anteilseigner können die Anrechnung bzw. Erstattung dieser Kapitalertragsteuer beanspruchen. Gewinne und Verluste aus der Veräußerung der Anteile an einer REIT-AG können nur untereinander und nicht mit Gewinnen und Verlusten im Zusammenhang mit anderen Anlagen verrechnet werden. Allerdings sind für Privatanleger Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit Aktien, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, steuerfrei, sofern die Beteiligung des Aktionärs unter 1 % liegt und die Veräußerung nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Für ab dem 1.1.2009 erworbene Aktien unterliegen Veräußerungsgewinne insoweit ebenfalls der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %. Wesentlichen Anteil an der Diskussion um die Einführung von REITs in Deutschland hatte die Frage der Sicherstellung der Besteuerung von Ausschüttungen an ausländische Investoren. Während die Doppelbesteuerungsabkommen typischerweise vorsehen, dass Einkünfte aus Immobilien in dem Staat zu besteuern sind, in denen die Immobilien belegen sind, sind Dividendeneinkünfte typischerweise in dem Land zu versteuern, in dem der Anteilsinhaber seinen Sitz hat17. Die „Verpackung“ von Immobilien in eine Aktie führt demnach an sich dazu, dass immobilienbezogene Einkünfte ausländischer Investoren aus deutschen Immobilien unter Umständen nicht mehr – oder nur sehr eingeschränkt – der deutschen Besteuerung unterliegen. Der Sitzstaat des Unternehmens kann lediglich Quellensteuer i.H.v. bis zu 15 % erheben, die in vielen bilateralen Verträgen auf bis zu 5 % reduziert ist18. In vielen DBA ist zudem eine erhebliche Reduzierung des Kapitalertragsteuersatzes (so genannte „Schachteldividende“) für Beteiligungen von über 10 % vorgesehen, ggf. kann die Steuerpflicht sogar gänzlich entfallen19. Darüber hinaus sieht die Mutter-Tochter- Richtlinie20 vor, dass eine Gesellschaft mit Sitz in der EU keine Quellensteuer zahlen muss, wenn sie an der ausschüttenden Gesellschaft mit Sitz in der EU zu einem bestimmten Prozentsatz beteiligt ist. Um die steuerfreie Vereinnahmung von Einkünften aus unbeweglichem Vermögen und gleichzeitiger steuerfreier Ausschüttung von Dividenden an in Deutschland nicht Steuerpflichtige zu verhindern, sieht § 11 Abs. 4 REITG vor, dass kein Aktionär direkt 10 % oder mehr der Aktien an einer REIT-AG halten darf oder Aktien in einem Umfang, dass er über 10 % oder mehr der Stimmrechte verfügt. Durch die Begrenzung der Höchstbeteiligung auf 10 % im REITG wird mithin verhindert, dass die deutsche Quellensteuer umgangen wird21. Aufgrund der Ausgestaltung der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA konnte der deutsche Gesetzgeber, anders als in Großbritannien, dies tatsächlich auf direkte Beteiligungen beschränken. Mittelbare Beteiligungen von mehr als 10 % sind daher unschädlich22.
17 18 19 20
S. Art. 6, 13 und 10 OECD-Musterabkommen. Vgl. z.B. Hahn, ZGR 2006, 805, 811 m.w.N. Vgl. z.B. Klüh/Schmidtbleicher, IStR 2007, 16. Richtlinie 90/455/EWG v. 23.7.1990, ABl. EG Nr. L 225 v. 20.8.1990, S. 6; geändert durch Richtlinie 2003/123/EG, ABl. EG Nr. L 7 v. 13.1.2004, S. 41. 21 Kühnberger, BB 2007, 489, 489; Ziemons, BB 2007, 449, 451; Kofner, WuM 2007, 183, 184; Schultz, DB 2007, Status: Recht 2007, 165, 165, 167; Götze, NZG 2007, 332, 337. 22 Zu den Sanktionen bei Verstoß gegen die Höchstbeteiligung s. Rz. 129 ff.
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3. Ausschüttungsverpflichtung 18
Um die tatsächliche Besteuerung auf Ebene der Aktionäre sicherzustellen, ist die Gesellschaft gem. § 13 Abs. 1 REITG verpflichtet, 90 % ihres handelsrechtlichen Jahresüberschusses an die Aktionäre bis zum Ende des folgenden Geschäftsjahres auszuschütten23. Der als Dividende ausschüttungspflichtige Gewinn ist gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder als Betriebseinnahme unter gleichzeitigem Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens einkommensteuerpflichtig; zukünftig greift teilweise die Abgeltungsteuer (s. Rz. 16). Entscheidend für die Ausschüttungsverpflichtung ist der handelsrechtliche Jahresabschluss. In diesem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, ob die Gesellschaft verpflichtet sei, notwendige Investitionen zurückzustellen, um die für die Gewinnausschüttung erforderliche Liquidität vorzuhalten24. Notwendige Investitionen mindern jedoch den handelsrechtlichen Gewinn und damit auch die Ausschüttungsverpflichtung der Gesellschaft. Zudem ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund zwingend Liquiditätsengpässe zu befürchten sein sollten.
19
Im Rahmen der Ermittlungen des Jahresüberschusses sind die Vorgaben des § 13 Abs. 2 REITG im Hinblick auf planmäßige Abschreibungen zu beachten. Danach sind diese nur zu gleichen Jahresraten zulässig; eine degressive Abschreibung25 zur Sicherung eines hohen Ausschüttungsvolumens ist hingegen nicht möglich. Außerplanmäßige Abschreibungen bleiben daneben zulässig26.
20
Die Bildung von Rücklagen ist durch § 13 Abs. 3 REITG ebenfalls nur begrenzt zulässig. Danach können Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens im handelsrechtlichen Jahresabschluss lediglich bis zur Hälfte in eine Rücklage eingestellt werden. Diese muss zudem spätestens nach zwei Geschäftsjahren wieder aufgelöst werden und erhöht dann den ausschüttungsfähigen Betrag, sofern die Rücklage nicht von innerhalb dieser zwei Jahre entstandenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen worden ist.
21
Für den Fall, dass das unbewegliche Vermögen bereits zu Beginn der Steuerbefreiung zum Betriebsvermögen der REIT-AG gehörte, sieht § 13 Abs. 3 REITG eine spezielle Berechnungsmethode des Veräußerungsgewinnes vor, die den vor Beginn der Steuerbefreiung angesetzten Wert des unbeweglichen Vermögens berücksichtigt.
22
Die Gewinne der Konzerntöchter müssen im Gegensatz zu den Gewinnen der REIT-AG nicht ausgeschüttet werden, auch nicht an die REIT-AG selbst. Sie sind aber auch nicht steuerlich privilegiert27.
23
Voraussetzung für die Erfüllung der der REIT-AG auferlegten Ausschüttungsverpflichtung ist, dass die Hauptversammlung im Rahmen ihres Gewinnverwendungsbeschlusses gem. § 174 Abs. 1 Satz 1 AktG eine solche hinreichende Ausschüttung auch tatsächlich beschließt. Eine satzungsmäßige Ausschüttungsverpflichtung ist aufgrund der aktienrechtlichen Kompetenzverteilung nicht möglich28. Probleme können sich mithin ergeben, wenn die Aktionäre, die in ihrem Abstimmungsverhalten grundsätzlich frei sind, die Verwendung des Bilanzgewinns für anderweitige 23 24 25 26 27 28
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Zu den Sanktionen bei Verstoß gegen die Ausschüttungsverpflichtung s. Rz. 124. Ziemons, BB 2007, 449, 453. Vgl. insoweit Kleindiek in Ulmer, HGB-Bilanzrecht, 2002, § 253 Rz. 50 ff. van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787, 789. Kühnberger, BB 2007, 489, 491. So im Ergebnis auch Wieneke/Fett, NZG 2007, 774 ff. m.w.N.
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Zwecke beschließen, die Ausschüttung aufgrund dessen nicht erfolgt und hierdurch die Gesellschaft des steuerbefreiten Status als REIT-AG verlustig wird. Dies könnte unter Umständen eine Verletzung der aktienrechtlichen Treuepflicht der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft darstellen29.
4. Ausländische Immobilien Ausländische Immobilien müssen von einer REIT-AG über eine Kapitalgesellschaft gehalten werden, an der sie 100 % der Anteile hält. Die Erträge aus diesen Auslandsimmobilien sind mithin typischerweise bereits steuerlich belastet. Die Ausschüttung von Dividenden der REIT-AG führt in diesen Fällen im Ergebnis zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung.
24
5. Ausländische REITs Um eine einheitliche Besteuerung der Investitionen in inländische und ausländische REITs herbeizuführen, wurde in § 19 Abs. 5 REITG der Begriff von ausländischen REITs definiert. Ausländische REITs sind dabei nicht im Inland ansässige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, deren Bruttovermögen zu mehr als zwei Drittel aus unbeweglichem Vermögen besteht und deren Bruttoerträge zu mehr als zwei Drittel aus der Vermietung und Verpachtung und der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen stammen, die in ihrem Sitzstaat keiner Investmentaufsicht unterliegen, deren Anteile im Rahmen eines geregelten Marktes gehandelt werden und deren Ausschüttungen nicht mit einer der deutschen Körperschaftssteuer vergleichbaren ausländischen Steuer an ihrem Sitzstaat vorbelastet sind. Für Erträge aus solchen ausländischen REITs wird nunmehr die Besteuerung der Anteilseigner nach den gleichen Grundsätzen wie bei einer inländischen REIT-AG geregelt, insbesondere findet das Halbeinkünfteverfahren somit keine Anwendung. Allerdings findet gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. § 23 REITG eine Besteuerung aus Vertrauensschutzgründen erst ab 2008 statt.
25
Nachteilig für einen Anteilseigner an einem ausländischen REIT ist, wenn der ausländische REIT in Deutschland belegene Grundstücke hält. Im Ergebnis wird der deutsche Anteilseigener durch den deutschen Fiskus doppelt besteuert, da zum einen der ausländische REIT der beschränkten Steuerpflicht hinsichtlich der Erträge aus den deutschen Immobilien unterliegt und zum anderen der Anteilseigner – ohne Anrechnung dieser bereits erbrachten Steuerleistung – der vollen Besteuerung unterliegt30. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber der Forderung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages nachkommt und eine gesetzliche Regelung zur Berücksichtigung dieser Vorbelastung erlässt31.
26
6. „Exit Tax“ Der Erfolg des Kapitalanlageprodukts REIT-AG steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Verfügbarkeit entsprechend geeigneter Immobilien. Durch 29 Vgl. hierzu bspw. Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 12 Rz. 53. 30 Vgl. van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787, 790. 31 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 65.
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die Schaffung des REITG als gesetzliche Grundlage der REIT-AG sollen die Unternehmen zur Mobilisierung ihrer Immobilienportfolios und der damit einhergehenden Schaffung einer hinreichenden Marktbreite motiviert werden32. Gleichzeitig sollten mit der Einführung des REITG steuerliche Anreize zur Aufdeckung stiller Reserven gesetzt werden, um vorhandenes Kapital aus volkswirtschaftlicher Sicht besser zu nutzen33. Im Ergebnis liegt der Fokus des Gesetzgebers auf der Stärkung der Liquidität des Mittelstandes und der Verbesserung der Eigenkapitalquote34. 28
Zu diesen Zwecken wurden in Art. 2 des REITG auch Änderungen des Einkommensteuergesetzes beschlossen. Anders als in Großbritannien sieht der deutsche Gesetzgeber keine „Entry Charge“ vor35. Vielmehr sind die Gewinne aus der Übertragung von unbeweglichem Vermögen infolge der Aufdeckung der stillen Reserven unter bestimmten Voraussetzungen zur Hälfte steuerfrei (so genannte „Exit Tax“). Gem. § 17 Abs. 2 und 3 REITG werden neben der Veräußerung von Immobilien auch die bei Erlangung des REIT-Status bei der Gesellschaft vorhandenen Immobilien von der Exit Tax erfasst. a) Steuerliche Begünstigung der Übertragung von Immobilien auf eine REIT-AG
29
Der Tatbestand der steuerfreien Einkünfte wurde in § 3 EStG dahingehend ergänzt, dass eine neue Nr. 70 eingefügt wurde. Danach ist grundsätzlich lediglich die Hälfte der Einnahmen aus der Veräußerung von Grund, Boden und Gebäuden zu versteuern. Dies setzt allerdings zunächst voraus, dass die übertragenen Immobilien vor dem 1.1.2007 für mindestens fünf Jahre zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen gehört haben. Damit unterfallen dieser Regelung insbesondere solche Immobilien nicht, die im Umlaufvermögen oder für eine kürzere Zeit oder von einer ausländischen Gesellschaft gehalten wurden. Nicht erfasst sind deshalb insbesondere Immobilien, die von ausländischen Special Purpose Vehikeln gehalten werden. Darüber hinaus müssen die Immobilien aufgrund eines nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2010 abgeschlossenen obligatorischen Vertrages an eine REIT-AG oder an einen Vor-REIT veräußert werden. Damit ist die Exit Tax zeitlich auf Verträge, die innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden, also effektiv bis zum 31.12.2009, begrenzt. b) Ausnahmen von der Exit Tax
30
Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Exit Tax nicht anwendbar, so beispielsweise wenn gem. § 3 Nr. 70 Satz 2 lit. a EStG der Veräußerer seinen Betrieb veräußert oder aufgibt oder wenn gem. § 3 Nr. 70 Satz 2 lit. d EStG ein Veräußerungsverlust erzielt wird. Auch falls die Übertragung der Immobilien im Zusammenhang mit Rechtsvorgängen steht, die dem Umwandlungssteuergesetz unterliegen und unterhalb des gemeinen Werts erfolgt, findet gem. § 3 Nr. 70 Satz 2 lit. f EStG die Exit Tax keine Anwendung. In diesem Fall kommt es nämlich nicht zur Realisierung 32 33 34 35
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Gesetzesbegründung (Drucks. 16/4026), S. 17. Gesetzesbegründung (Drucks. 16/4026), S. 25. Gesetzesbegründung (Drucks. 16/4026), S. 25. Die so genannte „Entry Charge“ liegt in Großbritannien bei 2 % des Verkehrswertes der übertragenen Immobilien, unabhängig von den Buchgewinnen; vgl. dazu auch Fabry/Riha, RIW 2006, 528, 531.
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sämtlicher stiller Reserven; nur eine solche soll jedoch steuerlich privilegiert werden. Der Steuerpflichtige ist dadurch auch nicht benachteiligt, da er wählen kann, ob er eine Übertragung zum gemeinen Wert durchführen will36. Da nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG eine Übertragung zum Buchwert oder höheren Wert jedoch nur zulässig ist, sofern sichergestellt ist, dass die übernehmende Körperschaft der Besteuerung unterliegt, stellt sich diese Problematik lediglich bei einem Vor-REIT. Eine REIT-AG hat mithin auch keine Wahlmöglichkeit, sondern ist gezwungen, ihre stillen Reserven in voller Höhe aufzudecken37. Im Gegenzug zur steuerlichen Begünstigung der Einnahmen aus Immobilienveräußerungen können damit im Zusammenhang stehende Ausgaben auch nur zur Hälfte abgesetzt werden. c) Rückwirkender Entfall der Exit Tax Die Steuerbefreiung kann aber unter Umständen rückwirkend wieder entfallen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Erwerber oder die REIT-AG die erworbenen Immobilien innerhalb von vier Jahren seit Vertragsschluss weiterveräußert. Dadurch soll verhindert werden, dass Mitnahmeeffekte entstehen38, indem Gesellschaften den REIT-Status nur vorübergehend als steuerrechtliches Gestaltungsvehikel nutzen. Ebenso entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend, falls die REIT-AG nicht als REIT-Aktiengesellschaft innerhalb von vier Jahren seit Vertragsschluss ins Handelsregister eingetragen wird. Dies gilt auch, wenn die REIT-AG innerhalb von vier Jahren in keinem Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt bzw. innerhalb desselben Zeitraums die Steuerbefreiung endet oder das Bundeszentralamt für Steuern gegenüber der Gesellschaft den Status als Vor-REIT bestandskräftig abgelehnt hat.
31
Die Steuerbefreiung entfällt gem. § 3 Nr. 70 Satz 4 EStG rückwirkend, wenn die erworbenen Immobilien vom Erwerber an den Veräußerer oder eine ihm nahestehende Person überlassen werden und der Veräußerer oder eine ihm nahestehende Person zwei Jahre nach Eintragung des Erwerbers als REIT-AG noch an dieser mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 50 % beteiligt ist. Durch diese Regelung sollen missbräuchliche, lediglich steuerlich motivierte „Sale and lease back“-Konstruktionen vermieden werden. Grundsätzlich sind Sale and lease back-Strukturen allerdings zulässig. Dadurch wird insbesondere die Bildung so genannter „Themen-REITs“ ermöglicht, die schwerpunktmäßig in eine bestimmte Kategorie von Immobilien investieren (z.B. Hotels, Kliniken, Supermärkte). Diese sind typischerweise darauf angewiesen, dass die bisherigen Mieter weiterhin die Immobilie nutzen, da die Rentabilität der Immobilie in der Regel zwingend mit ihrer Bewirtschaftung verbunden ist39. Grundsätzlich sind diese spezialisierten Formen einer REIT-AG durch den Gesetzgeber durchaus erwünscht; ausgeschlossen werden sollten lediglich solche Konstellationen, im Rahmen derer ein Konzern sämtliche Immobilien auf eine REIT-AG überträgt, um sie anschließend, wie bisher, weiterhin selbst zu nutzen40.
32
36 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 779/06, S. 22. 37 Kraft/Bron fordern daher die Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes auch für REITs zu öffnen, Kraft/Bron, IStR 2007 377, 380. 38 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 2, 32. 39 Vgl. auch Hartrott, DStZ 2007, 247, 251. 40 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 67.
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Eine dauerhafte Beteiligung würde dem Charakter der REIT-AG als Kapitalanlageprodukt entgegenlaufen41. 33
In der Literatur wird zu Recht daraufhin gewiesen, dass die entsprechende Regelung des EStG insofern unklar gefasst ist, als nicht ausdrücklich geregelt ist, ob die Steuerbefreiung rückwirkend nur für die jeweilige, durch den Veräußerer übertragene Immobilie oder auch im Hinblick auf sämtliche anderen Immobilien entfällt42. Allerdings ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung, dass lediglich die Steuerbefreiung in Bezug auf den „auslösenden“ Veräußerer entfallen kann. Zum einen ist auch lediglich bei ihm aufgrund des konkreten Veräußerungsvorgangs die Steuerbefreiung eingetreten. Daher kann der individuelle Verstoß auch nur Auswirkungen auf die individuelle Steuerpflicht haben. Zum anderen kann aus der Tatsache, dass mehrere Veräußerer zufällig an denselben Käufer verkauft haben, noch keine gleichlaufende Steuerschuld hergeleitet werden; zumal ein Veräußerer regelmäßig keinen Einfluss darauf hat, wer neben ihm an den Erwerber veräußert und schon gar nicht, wie sich dieser verhält.
34
Für den Fall des rückwirkenden Wegfalls der Steuerpflicht regelt § 3 Nr. 70 Satz 4 EStG, dass der Erwerber für die sich aus dem rückwirkenden Wegfall ergebenden Steuern haftet. Damit tritt die REIT-AG als Gesamtschuldner neben den Veräußerer als ursprünglichen Steuerschuldner. § 3 Nr. 70 Satz 4 EStG ist somit als zusätzliche Haftungsnorm zu sehen, die die originäre Steuerschuld des Veräußerers unberührt lässt. Die REIT-AG trägt somit im Ergebnis das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Veräußerers. Allerdings ist davon auszugehen, dass der sich aus der Exit Tax für den Veräußerer ergebende Steuervorteil im Kaufpreis Berücksichtigung findet und der Kaufvertrag zwischen einem Veräußerer und einer REIT-AG bzw. einem Vor-Reit entsprechende interne Haftungsregelungen für den Fall des nachträglichen Wegfalls des Steuervorteils enthalten wird. d) Steuerliche Begünstigung bei der Erlangung des REIT-Status
35
Die oben dargestellten Grundsätze finden gem. § 17 Abs. 2 und 3 REITG auch im Rahmen der Schlussbilanz Anwendung, die eine zuvor steuerpflichtige Gesellschaft bei Erlangung des REIT-Status und der damit verbundenen Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 KStG aufstellen muss. Damit muss die REIT-AG zwingend in jedem Fall ihre bestehenden stillen Reserven aufdecken, wenn sie in den steuerbefreiten Status überwechselt. Die erforderliche Haltedauer beträgt gem. § 3 Nr. 70 Satz 1b EStG allerdings in diesem Fall lediglich zwei Jahre vor dem 1.1.2007. Zeitlich ist die Exit Tax hier auf eine Schlussbilanz beschränkt, die vor dem 1.1.2010 aufzustellen ist. e) Kritik an der Exit Tax
36
Die Exit Tax wurde unter Hinweis auf Gleichbehandlungsgesichtspunkte kritisiert. So könne es durch Einführung der Exit Tax zu Marktverzerrungen kommen43. Die 41 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 67. 42 Dettmeier/Gemmel/Kaiser, BB 2007, 1191, 1198; die des Weiteren die Frage stellen, ob sich der „auslösende“ Veräußerer möglicherweise gegenüber den übrigen Veräußerer schadensersatzpflichtig macht. 43 So auch Kraft/Bron, IStR 2007, 377, 380.
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Steuervorteile, die die Veräußerung einer Immobilie an eine REIT-AG für den Veräußerer mit sich bringt, werden sich regelmäßig in dem Kaufpreis für die Immobilie widerspiegeln. So wird ein Veräußerer in einem Bieterverfahren selbst das geringere Gebot einer REIT-AG einem höheren Gebot eines Dritten vorziehen, wenn das Gebot der REIT-AG unter Einrechnung des Steuervorteils für den Veräußerer letztlich günstiger ist. Auch unter verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gesichtspunkten sei die steuerrechtliche Ungleichbehandlung einer REIT-AG gegenüber anderen Immobiliengesellschaften bedenklich. Während der Gesetzentwurf noch die Anwendbarkeit der Exit Tax auf offene Immobilienfonds vorgesehen hatte, wurden diese im endgültigen Gesetzentwurf nicht mehr begünstigt44. Dies wurde damit begründet, dass offene Immobilienfonds sich von REIT-AGs insofern unterscheiden, dass sie bereits im Markt etabliert sind und eine Unterstützung nicht mehr benötigten. Zudem werden offene Immobilienfonds größtenteils für institutionelle Anleger aufgelegt und halten in ihrem Bestand hauptsächlich Wohnimmobilien. Eine steuerliche Privilegierung dieser Anlageform stünde daher im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Intention. Letztlich sei die steuerliche Privilegierung einer REIT-AG durch die damit korrespondierende Ausschüttungspflicht gerechtfertigt; eine solche besteht bei einem offenen Immobilienfonds nicht45. Zum Teil werden diese Argumente lediglich für die grundsätzliche Steuerbefreiung der REIT-AG anerkannt, nicht jedoch für eine steuerliche Begünstigung des Veräußerers, da aufgrund der Eigenschaft des Erwerbers nicht von einer vergleichbaren Situation des Veräußerers auszugehen sei46.
37
Wie bereits erwähnt, hat eine Gesellschaft zu dem Zeitpunkt, in dem die Steuerpflicht endet, gem. § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 KStG eine Schlussbilanz aufzustellen, in der die Immobilien mit ihren Teilwerten anzusetzen sind. Durch die Realisierung der stillen Reserven in der Handelsbilanz greift die Ausschüttungsverpflichtung und der Anleger hat diese Ausschüttungen sodann nochmals zu versteuern. Es wurde daher richtigerweise kritisiert, dass die stillen Reserven der Gesellschaft im Ergebnis doppelt besteuert werden47.
38
IV. Vor-REIT Ein Vor-REIT ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland, die beim Bundeszentralamt für Steuern registriert ist. Erfüllt eine Gesellschaft noch nicht alle nach dem REITG erforderlichen Voraussetzungen, ist eine Registrierung als ein solcher Vor-REIT möglich. Ein Vor-REIT muss grundsätzlich nur die Vorgaben eines REITs hinsichtlich der Beschränkung des Unternehmensgegenstandes wie in § 1 Abs. 1 REITG festgelegt und der Vermögens- und Ertragsstruktur gem. § 12 REITG einhalten. Die übrigen weitergehenden gesonderten Anforderungen an eine REIT-AG gelten nicht für den Vor-REIT48. 44 Eusani hat die Ersteckung der Exit Tax auf offene Immobiliengesellschaften aus Gründen der Chancengleichheit für erforderlich angesehen, vgl. Eusani, NZM 2007, 66, 68. 45 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 66. 46 So Bron, BB 2007, BB-Special 7, 27. 47 Vgl. Bron, BB 2007, BB-Special 7, 28. 48 S. zu den Anforderungen im Einzelnen die Rz. 43 ff., 52 ff., 64 ff., 86 ff. und 117 ff.
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40
Der Vor-REIT muss erst zum Ende des der Registrierung folgenden Geschäftsjahres dem Bundeszentralamt für Steuern nachweisen, dass der Unternehmensgegenstand entsprechend beschränkt ist. Auch hat der Vor-REIT erst beginnend zum Ende des der Anmeldung folgenden Geschäftsjahres auf Aufforderung des Bundeszentralamts für Steuern innerhalb einer in der Aufforderung bestimmten Frist durch Vorlage von geeigneten, von einem Wirtschaftsprüfer testierten Unterlagen nachzuweisen, dass er die Voraussetzungen des § 12 REITG erfüllt (s. hierzu Rz. 44, 47). Dadurch soll Immobilienaktiengesellschaften die Anpassung ihres Immobilienbestandes, beispielsweise durch den Verkauf von Wohnimmobilien, ermöglicht werden49. Können diese Voraussetzungen allerdings im vorgegebenen Zeitraum nicht nachgewiesen werden, entfällt gem. § 2 Satz 4 REITG der Status des Vor-REIT zum Ende dieses Geschäftsjahres.
41
Der Antrag eines Vor-Reit auf Zulassung zum Handel seiner Aktien muss innerhalb von drei Jahren nach der Registrierung der Gesellschaft als Vor-REIT gestellt werden (§ 10 Abs. 2 REITG). Diese Frist kann auf Antrag der Gesellschaft um ein Jahr verlängert werden, wenn Umstände außerhalb des Verantwortungsbereichs des VorReit eine solche Verlängerung rechtfertigen. Erfolgt kein Antrag innerhalb dieser Frist oder wird ein Antrag auf Verlängerung bestandskräftig abgelehnt, entfällt der Status der Gesellschaft als Vor-REIT (§ 10 Abs. 3 REITG). Der Status lebt allerdings wieder auf, wenn die Zulassung erneut beantragt wird (§ 10 Abs. 3 REITG).
42
Ein Vor-REIT ist vollumfänglich körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Allerdings ist die Übertragung von Immobilien auf einen Vor-REIT gem. § 3 Nr. 70 Satz 1a EStG im Rahmen der Exit Tax steuerprivilegiert. Dies soll der Gesellschaft bereits in einem Vorstadium die Möglichkeit eröffnen, potenziellen Veräußerern von Immobilien die ertragsteuerlichen Vorteile der Exit Tax zu verschaffen50.
V. Anforderungen an den Geschäftsbetrieb 43
Eine REIT AG unterliegt zahlreichen Anforderungen an ihren Geschäftsbetrieb insbesondere im Hinblick auf die Zusammensetzung ihres Vermögens und ihrer Erträge, das Eigenkapital, den Umfang der Veräußerung von Immobilien (Handel) und ihre Nebentätigkeiten. Die Sanktionen bei einem Verstoß gegen diese Anforderungen sind in Rz. 120 ff. dargestellt.
1. Vermögensanforderungen 44
Gem. § 12 Abs. 2 REITG ist es erforderlich, dass zum Ende eines jeden Geschäftsjahres mindestens 75 % der Aktiva der Gesellschaft aus unbeweglichem Vermögen bestehen. Unbewegliches Vermögen sind gem. § 3 Abs. 8 REITG Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte sowie vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten; Schiffe und Luftfahrzeuge gelten nicht als unbewegliches Vermögen.
45
Des Weiteren darf zum Ende eines jeden Geschäftsjahres das Vermögen einer REIT-AG zu nicht mehr als 20 % aus in den Konzernabschluss einzubeziehenden REIT-Dienstleistungsgesellschaften bestehen. 49 So auch van Kann/Just/Krämer, DStR 2007, 787, 788. 50 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 779/06, S. 6; s. auch Rz. 27 ff.
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Für die Bewertung des unbeweglichen Vermögens ist gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 REITG der beizulegende Zeitwert (fair value) nach International Accounting Standards („IAS“) 40 maßgeblich51. Problematisch kann dieses Erfordernis dann werden, wenn Erlöse aus einer Kapitalerhöhung oder einer vorherigen Veräußerung von unbeweglichem Vermögen noch nicht wieder investiert sind und möglicherweise auch aufgrund geänderter Marktbedingungen auch nicht reinvestiert werden können52 oder sich ein Abschreibungsbedarf bei den Immobilien ergibt. Allerdings müssen diese Kriterien auch erst zum Ende des Geschäftsjahrs erfüllt sein. Die unterjährige Zusammensetzung der Aktiva der Gesellschaft ist irrelevant.
46
2. Ertragsanforderungen Ebenso wie die Vermögenszusammensetzung müssen gem. § 12 Abs. 3 REITG auch die Umsatzerlöse und sonstigen Erträge der Gesellschaft zu mindestens 75 % in einem Geschäftsjahr aus unbeweglichem Vermögen stammen. Dabei dürfen wiederum nicht mehr als 20 % der Umsatzerlöse und sonstigen Erträge von REITDienstleistungsgesellschaften (s. hierzu auch Rz. 50 f.) erwirtschaftet worden sein. Die Erträge stammen dann aus unbeweglichem Vermögen, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermietung, dem Leasing, der Verpachtung einschließlich immobiliennaher Tätigkeiten oder der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen entstanden sind. Aber auch Bewertungsgewinne und -verluste sind nach IFRS grundsätzlich erfolgswirksam zu erfassen. Bei einem Ausweis nach fortgeführten Anschaffungskosten sind Bewertungsgewinne und -verluste in einer Nebenrechnung zu erfassen und den sonstigen Erträgen hinzuzusetzen (§ 12 Abs. 4 REITG).
47
3. Eigenkapitalanforderungen Das Eigenkapital der Gesellschaft darf am Ende des Geschäftsjahres 45 % des Wertes des unbeweglichen Vermögens nicht unterschreiten. Gem. § 12 REITG ist für die Berechnung der Eigenkapitalquote wiederum der beizulegende Zeitwert (fair value) gem. IAS 40 maßgeblich. Dadurch sollen die Gläubiger der REIT-AG geschützt und den Anlegern eine möglichst hohe Ausschüttung garantiert werden. Im Gesetzgebungsverfahren war zunächst vorgesehen, eine bestimmte maximale Fremdkapitalquote festzulegen. Dies scheiterte jedoch letztlich daran, eine positive Begriffsbestimmung für Fremdkapital zu finden.
48
4. Ausschluss des Immobilienhandels Eine REIT-AG darf keinen Handel mit Immobilien betreiben. Gem. § 14 REITG liegt ein Immobilienhandel vor, sofern die Erlöse aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen über einen Zeitraum von fünf Jahren mehr als die Hälfte des Wertes des durchschnittlichen Bestandes an unbeweglichem Vermögen innerhalb desselben Zeitraums ausmachen. Für den Fall, dass eine REIT-AG erst über einen kürzeren Zeitraum besteht, ist dieser Zeitraum maßgeblich. Maßgeblich ist hier ebenfalls der beizulegende Zeitwert in Übereinstimmung mit IAS 40. 51 Zu Rechnungslegungsfragen s. z.B. eingehend Kühnberger, BB 2007, 12 ff. 52 So auch Ziemons, BB 2007, 449, 453.
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5. Nebentätigkeiten 50
Entgeltliche Nebentätigkeiten für Dritte darf die Gesellschaft nur über eine REITDienstleistungsgesellschaft erbringen. Gem. § 3 Abs. 2 REITG ist eine REIT-Dienstleistungsgesellschaft eine Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Anteile von der REIT-AG gehalten werden, und deren Unternehmensgegenstand darauf beschränkt ist, im Auftrag der REIT-AG entgeltliche immobiliennahe Nebentätigkeiten für Dritte zu erbringen. Nebentätigkeiten sind gem. § 3 Abs. 5 REITG Tätigkeiten, die einem fremden Anlagebestand dienen. Gem. § 3 Abs. 6 REITG sind immobiliennah solche Tätigkeiten, die der Verwaltung, Pflege und Fortentwicklung von Immobilienbeständen dienen (insbesondere technische und kaufmännische Bestandsverwaltung, Mietbestandsverwaltung, Vermittlungstätigkeit, Projektsteuerung und Projektentwicklung).
51
Nicht ausdrücklich geregelt sind sonstige Tätigkeiten außerhalb des Unternehmensgegenstands. Solche sind Dritten gegenüber grundsätzlich wirksam53. Solange dabei die Anforderungen an die Vermögens- und Ertragsstruktur eingehalten werden, werden solche satzungsfernen Tätigkeiten auch nicht sanktioniert. Insofern ist es für eine REIT-AG grundsätzlich möglich, bis zu 25 % ihrer Erträge steuerfrei aus immobilienfernen Tätigkeiten zu erwirtschaften. Allerdings besteht für den Vorstand der REIT-AG dabei das Risiko, ggf. Schadensersatzansprüchen seitens der Gesellschaft gem. § 93 Abs. 2 AktG ausgesetzt zu sein. Übersehen hat der Gesetzgeber dabei allerdings, dass die Vermögens- und Ertragsgrenzen auch mit Bestandswohnimmobilien eingehalten werden können, da es sich bei diesen ebenfalls um unbewegliches Vermögen i.S.v. § 3 Abs. 8 REITG handelt. Erwerb, Halten und Verwalten von Bestandswohnimmobilien wäre mithin zwar eine vom Satzungszweck der Gesellschaft nicht gedeckte Tätigkeit; sie würde aber nicht zu einem Verstoß gegen die Anforderungen an die Vermögens- und Ertragszusammensetzung der REIT-AG führen und wäre daher steuerlich sanktionslos. Konsequenter wäre es gewesen, steuerliche Sanktionen für den Fall vorzusehen, dass die Gesellschaft Erträge aus Bestandswohnimmobilien erzielt bzw. solche hält.
VI. Anforderungen an die Aktionärsstruktur 1. Maximalbeteiligung 52
Wie bereits dargelegt, ist die direkte Beteiligung an der REIT-AG auf weniger als 10 % beschränkt, während mittelbare Beteiligungen von 10 % und mehr unschädlich sind (s. Rz. 17).
53
Dabei stellt sich die Frage, wie die Gesellschaft die Einhaltung der Beteiligungsgrenze sicherstellen kann. Im Rahmen der Diskussionen um den Gesetzentwurf war ursprünglich die Vinkulierung der Aktien in der Form von Namensaktien angedacht. Dies ist als gesetzliche Forderung entfallen; der Gesellschaft steht diese Möglichkeit aber grundsätzlich weiterhin offen, da sie lediglich verpflichtet ist, Aktien einer Gattung auszugeben (s. auch Rz. 73). Allerdings werden Treuhandverhältnisse dadurch nicht verhindert, so dass aufgrund der Stimmrechts-Zurechnungsnormen gem. § 22 WpHG auch durch eine Vinkulierung der Aktien die 10 %-Grenze nicht 53 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 133 = AG 1982, 158.
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wirksam sichergestellt werden kann54. Zudem würde eine Vinkulierung die freie Handelbarkeit der Aktien einschränken und zu Schwierigkeiten bei der Zulassung der Aktien zum Börsenhandel führen. Daran ändert auch der bekannte Fall der Lufthansa nichts. Somit kann die Gesellschaft ein Erreichen oder Überschreiten der 10 %-Grenze nicht wirksam verhindern. Wenn einer oder mehrere Aktionäre die 10 %-Grenze erreicht oder überschritten haben, kann die Gesellschaft versuchen, den überschießenden Aktienanteil von den betreffenden Aktionären zu erwerben. Ein solcher Erwerb eigener Aktien sollte gem. § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG zur Abwendung eines schweren Schadens, nämlich des Verlusts der Steuerbefreiung, zulässig sein55. Ist ein Aktionär, der die Schwelle erreicht oder überschritten hat, verkaufswillig, wird er i.d.R. aber seinen Bestand auch über den Markt abbauen können.
54
Eine weitere Möglichkeit ist die Ausgabe neuer Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre in einem Umfang, die den oder die Aktionäre, deren Beteiligung bei 10 % oder darüber liegt, entsprechend verwässert56.
55
Denkbar ist zudem, eine Veräußerungspflicht als Nebenpflicht gem. § 55 AktG vorzusehen57. Dabei ist allerdings unklar, inwieweit es sich hierbei um eine zulässige „wiederkehrende Leistung“ i.S.v. § 55 AktG handelt. Dies darf bezweifelt werden. Zudem setzt eine solche Nebenpflicht eine Vinkulierung der Aktien voraus, was wiederum aufgrund der eingeschränkten Handelbarkeit zu Schwierigkeiten bei der Börsenzulassung führt. Des weiteren würde es sich hier lediglich um einen Anspruch der Gesellschaft handeln, den es zunächst durchzusetzen gilt.
56
Eine weitere Möglichkeit liegt in der zwangsweisen Einziehung der Aktien, die gem. § 237 AktG in der Satzung vorgesehen sein muss58. Dies dürfte die effektivste Möglichkeit für die Gesellschaft darstellen, einen Aktionär daran zu hindern, dauerhaft die 10 %-Grenze zu verletzen. Umstritten dabei ist lediglich, inwieweit die Gesellschaft dann verpflichtet ist, dem betreffenden Aktionär eine Entschädigung zu zahlen59.
57
Schließlich kommt auch die so genannte Auslosung in Betracht, wonach der Aktionär in der Satzung der Gesellschaft verpflichtet wird, unter bestimmten Umständen sein Mitgliedsrecht an einen Dritten zu übertragen60.
58
54 Darauf weisen zu Recht auch Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776, hin. Die geplante Änderung des § 67 AktG im Rahmen des geplanten Risikobegrenzungsgesetzes (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 1.11.2007, BR-Drucks. 763/07), wird diesem Zustand teilweise Abhilfe schaffen. 55 Vgl. hierzu auch Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776. 56 S. auch Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776. 57 Vgl. hierzu Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776. 58 Vgl. hierzu Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776; Kollmorgen/Heppe/Feldhaus, BB 2007, 1345, 1350 f. 59 Vgl. auch hierzu Wieneke/Fett, NZG 2007, 774, 776; Kollmorgen/Heppe/Feldhaus, BB 2007, 1345, 1350 f.; Hüffer, AktG, § 237. 60 Zulässigkeit einer solchen Stzungsbestimmung str., vgl. Hüffer, AktG, § 237 Rz. 2 m.w.N.; Oechsler in MünchKomm. AktG, § 237 Rz. 122; Kollmorgen/Heppe/Feldhaus, BB 2007, 1345, 1351.
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2. Mindeststreubesitz 59
Gem. § 11 REITG müssen dauerhaft 15 % der Aktien einer REIT-AG im Streubesitz stehen; im Zeitpunkt der Börsenzulassung sogar 25 %. Die Regierungsbegründung stellt im Übrigen ausdrücklich klar, dass § 11 REITG gegenüber § 9 BörsZulV eine eigenständige Bedeutung zukommen soll, die darin besteht, dass die Gewährleistung des Streubesitzes eine herausgehobene Bedeutung haben soll. Auch § 9 BörsZulV verlangt einen Streubesitz von grundsätzlich mindestens 25 % als Voraussetzung der Zulassung der Aktien zum Handel. Allerdings sind hierbei Ausnahmen zulässig und andere Handelsplätze mögen andere Regelungen haben. Die Anforderungen des REITG gehen insofern über die Streubesitzanforderungen der Börsen hinaus, als dass keine Ausnahmen von der starren 25 %-Grenze vorgesehen sind.
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Das REITG geht allerdings an der Praxis vorbei, da im Zeitpunkt der Börsenzulassung die Platzierung der Aktien im Rahmen eines IPO typischerweise noch nicht abgeschlossen ist. Die Abwicklung des Wertpapiergeschäfts, also Zahlung gegen Lieferung der platzierten Aktien, findet bei einem Börsengang typischerweise zwei Tage nach der Zuteilung der Aktien statt (T+2), während die Börsenzulassung typischerweise am Tag der Zuteilung oder spätestens am darauf folgenden Tag erfolgt. Damit kann bei einem typischen Börsengang diese Voraussetzung nicht erfüllt werden. Als Lösung bietet sich entweder eine Auslegung contra legem an, oder der Zulassungsbeschluss dürfte erst nach der Abwicklung des Wertpapiergeschäfts ergehen. Letzteres hätte zum einen den Nachteil, dass bestehende börsennotierte Gesellschaften den REIT-Status nicht erlangen könnten, da diese typischerweise das „normale“ Platzierungsverfahren durchlaufen haben dürften. Zum anderen könnte die Notierungsaufnahme, die die Zulassung voraussetzt, nicht wie ansonsten üblich kurz nach Zuteilung der Aktien (in der Regel am Tag nach der Zuteilung), sondern erst ein bis zwei Tage nach der Abwicklung, mithin frühestens drei Tage nach Zuteilung, erfolgen. Dies widerspräche jeglicher Marktpraxis und dem Interesse der Anleger. Auch könnte ein solches Verfahren den Platzierungserfolg beeinträchtigen. Insofern spricht tatsächlich Vieles für eine Auslegung contra legem, da angenommen werden kann, dass es sich hierbei wohl um ein Versehen des Gesetzgebers gehandelt hat, zumal nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund ein solches Erfordernis notwendig sein sollte. Gem. § 9 BörsZulV reicht es aus, wenn die ausreichende Streuung über die Einführung an der Börse erreicht werden soll und die Zulassungsstelle davon überzeugt ist, dass diese Streuung innerhalb einer kurzen Frist nach der Einführung erreicht sein wird. In diesem Sinne sollte auch § 11 REITG zu verstehen sein.
61
Sofern der Streubesitz unter 15 % gefallen ist, stellt sich wiederum die Frage nach möglichen Maßnahmen der Gesellschaft zur Wiederherstellung der Streubesitzquote. Eine zwangsweise Einziehung ist kein geeignetes Mittel, da dadurch der Streubesitz nicht erhöht werden kann. Es bietet sich aber eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre an. Zudem ist zu überlegen, in diesen Fällen die so genannte Auslobung in der Satzung vorzusehen (s. Rz. 58).
62
Erstmals wird auch der Begriff des Streubesitzes in einem Gesetz definiert. Danach werden dem Streubesitz die Aktien von denjenigen Aktionären zugeordnet, die über weniger als 3 % der Stimmrechte verfügen. Für die Berechnung der Stimmrechte sind die §§ 22 und 23 WpHG maßgebend. Damit werden für die Berechnung der gehaltenen Aktien nicht nur direkt sondern auch mittelbar gehaltene oder anderweitig zuzurechnende Aktien berücksichtigt. 588
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Der Leitfaden zu den Aktenindizes der Deutschen Börse61 definiert den Streubesitzanteil im Übrigen anders. Danach gelten alle Anteile eines Anteilseigners, die kumuliert mindestens 5 % des auf eine Aktiengattung entfallenden Grundkapitals ausmachen nicht als Streubesitz. Zur Berechnung dieser Grenze werden auch solche Anteile herangezogen, die dem Anteilseigner nach §§ 15a und 22 Abs. 3 WpHG zugerechnet werden, die von einem Dritten für Rechnung des Anteilsinhabers verwaltet oder verwahrt werden oder in Bezug auf welche der Anteilsinhaber Partei einer Poolvereinbarung ist62.
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VII. Gesellschaftsrechtliche Anforderungen 1. Unternehmensgegenstand Grundlegendes Strukturmerkmal einer REIT-AG ist die Beschränkung des Unternehmensgegenstandes auf immobiliennahe Tätigkeiten. Gem. § 1 REITG muss der Unternehmensgegenstand zwingend darauf beschränkt sein, Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte an inländischem unbeweglichen Vermögen mit Ausnahme von Bestandswohnimmobilien, ausländischem unbeweglichen Vermögen (soweit dies im Belegenheitsstaat im Eigentum einer REIT-Körperschaft, -Personenvereinigung oder -Vermögensmasse oder einer einem REIT vergleichbaren Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stehen darf) und anderen Vermögensgegenständen im Sinne des § 3 Abs. 7 REITG zu erwerben, zu halten, im Rahmen der Vermietung und des Leasings einschließlich notwendiger immobiliennaher Hilfstätigkeiten zu verwalten und zu veräußern sowie Anteile an Immobilienpersonengesellschaften, REIT-Dienstleistungsgesellschaften, Auslandsobjektgesellschaften und Kapitalgesellschaften, die persönlich haftende Gesellschafter einer Immobilienpersonengesellschaft und an dieser vermögensmäßig nicht beteiligt ist, zu erwerben, zu halten, zu verwalten und zu veräußern.
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Unter dem Begriff des unbeweglichen Vermögens werden sowohl Grundstücke als auch grundstücksgleiche Rechte sowie vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten erfasst.
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a) Ausnahme von Bestandswohnimmobilien Von dem zulässigen Unternehmensgegenstand ausgenommen ist der Erwerb inländischer Bestandswohnimmobilien, die vor dem 1.1.2007 errichtet wurden. Bestandswohnimmobilien sind Immobilien, die überwiegend Wohnzwecken dienen. Dies ist der Fall, wenn mehr als 50 % der Nutzfläche der Immobilie zu Wohnzwecken verwendet wird63. Dagegen ist der Erwerb von ausländischen Wohnimmobilien nach § 1 Nr. 16 REITG ausdrücklich erlaubt, soweit auch im Belegenheitsstaat der Erwerb von Wohnimmobilien durch REIT-AGs oder vergleichbare Körperschaften zulässig ist. Die Berücksichtigung bzw. der Ausschluss von Wohnimmobilien wurde im Gesetzgebungsverfahren kontrovers diskutiert. Der erste Gesetzentwurf sah die Einbeziehung von Wohnimmobilien vor, der zweite Regierungsentwurf sah den voll61 Abrufbar unter www.deutsche-boerse.com, Version 6.5, Februar 2008. 62 Vgl. Ziffer 1.8 Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse. 63 Schultz, Status: Recht 2007, DB 2007, 165, 166; Kofner, WuM 2007, 183, 184.
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ständigen Ausschluss des Erwerbs von Wohnimmobilien zum Schutz der Mieterinteressen sowie zur Gewährleistung einer nachhaltigen und sozialen Stadtentwicklung vor. Vor allem Mieterschutzbunde befürchteten, dass die in Deutschland traditionelle Betrachtung von Wohnungen als Wirtschafts- und Sozialgüter durch die Einbringung in REIT-AGs gefährdet werden würde64. Der Ausschluss von deutschen Wohnimmobilien, jedenfalls soweit sie vor dem 1.1.2007 errichtet wurden, stellt im internationalen Vergleich eine deutsche Besonderheit dar. Die Sinnhaftigkeit dieser Ausnahme ist dabei mehr als fragwürdig, da Mieterschutzrecht in keinem Zusammenhang zu der Frage der Eigentümereigenschaft steht. So können auch börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften, Private Equity Fonds oder offene Immobilienfonds Wohnimmobilien erwerben, die ebenfalls die Wohnungsbestände grundsätzlich nach Renditegesichtspunkten verwalten. b) Andere Vermögensgegenstände 67
Als andere Vermögensgegenstände im Sinne des REITG gelten zur Bewirtschaftung des unbeweglichen Vermögens erforderliche Gegenstände sowie Bankguthaben, Geldmarktinstrumente, Forderungen und Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem unbeweglichen Vermögen entstanden sind bzw. eingegangen wurden. Diese sonstigen, anderen Vermögensgegenstände dürfen jedoch nicht mehr als 25 % des gesamten Vermögens der REIT-AG ausmachen. Dies ergibt sich daraus, dass gem. § 12 REITG zum Ende eines jeden Geschäftsjahres mindestens 75 % der Aktiva der Gesellschaft aus „unbeweglichem Vermögen“ bestehen muss. Darin sind die anderen, zulässigen Vermögensgegenstände nicht enthalten.
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Mit dem zugelassenen Erwerb von Anteilen an Immobilienpersonengesellschaften, Auslandsobjektgesellschaften oder Kapitalgesellschaften, die Komplementär einer Immobilienpersonengesellschaft sind, wird es der REIT-AG ermöglicht, unbewegliches Vermögen nicht nur direkt, sondern auch indirekt zu halten. Insbesondere wird es der REIT-AG ermöglicht, sich über eine Immobilienpersonengesellschaft nur zu einem bestimmten Anteil an einer Immobilie zu beteiligen. Zwar darf eine 64 Beim Stadtumbau und bei der Stadtgestaltung leisten insbesondere kommunale Wohnungsunternehmen als Partner der Kommunen Hilfe bei der Daseinsvorsorge im Bereich des Wohnens. Im Gegensatz zu kommunalen Wohnungsunternehmen betrachte eine REIT-AG Wohnungen jedoch im Kern als reine Renditeobjekte. Nach Ansicht der Mieterschutzbunde steht die Gewinnoptimierung im Vordergrund, was zur Folge hätte, dass Mieterhöhungsmöglichkeiten genutzt und ausgeschöpft werden würden, Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, wo die Modernisierungsumlage auf dem Markt unbegrenzt durchsetzbar sei und Instandsetzungen unterblieben, wo eine wirtschaftliche Verwertung der Objekte nicht garantiert sei, Dr. Franz-Georg Rips, Positionspapier zur geplanten Einführung von REITs – gleichzeitige Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMF, 16.10.2006. Der zentrale Kreditausschuss hat dagegen eingewendet, dass der Wohnimmobilienmarkt durch die Ausklammerung von Wohnimmobilien ausländischen Investoren ohne inländischer Konkurrenz und Einflussnahme überlassen werden würde. Der deutsche Gesetzgeber habe gerade dann auf die Eigentumsstruktur deutscher Wohnbestände weiterhin Einfluss, wenn Wohnimmobilien in eine deutsche REIT-AG aufgenommen werden dürften und nicht ausländischen Investoren überlassen würden. Einer deutschen REIT-AG stünden zudem weniger Investitionsmöglichkeiten offen und auch im Vergleich zu ausländischen REIT-AGs hätten sie einen erheblichen Nachteil, Stellungnahme des zentralen Kreditausschusses zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Schaffung deutscher REITAGs, BT-Drucks. 16/4026, 16/4036, 23.2.2007.
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REIT-AG keine deutschen Immobilien über Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft halten; jedoch ist das Bilden von (inländischen) Konzernstrukturen möglich. Immobilienpersonengesellschaften sind dabei Personengesellschaften, deren Unternehmensgegenstand ebenso wie der einer REIT-AG beschränkt ist. Auslandsobjektgesellschaften halten ausschließlich im Ausland belegenes unbewegliches Vermögen. Sowohl REIT-Dienstleistungsgesellschaften als auch Auslandsobjektgesellschaften müssen jedoch Kapitalgesellschaften sein, deren sämtliche Anteile durch die REIT-AG gehalten werden.
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Bei REIT-Dienstleistungsgesellschaften ist der Unternehmensgegenstand darauf beschränkt, entgeltliche immobiliennahe Nebentätigkeiten im Auftrag der REIT-AG an Dritte zu erbringen. Die REIT-AG soll überwiegend mit der Verwaltung der eigenen Immobilien befasst sein. Sonstige Nebentätigkeiten, die einem fremden Anlagebestand dienen, dürfen daher gem. § 1 Abs. 2 REITG ausschließlich über eine REITDienstleistungsgesellschaft erbracht werden. Das Vermögen solcher REIT-Dienstleistungsgesellschaft darf gem. § 12 Abs. 2b REITG maximal 20 % der Aktiva einer REIT-AG ausmachen.
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c) Notwendige immobiliennahe Tätigkeiten Gem. § 3 Abs. 6 REITG sind immobiliennah solche Tätigkeiten, die der Verwaltung, Pflege und Fortentwicklung von Immobilienbeständen dienen (insbesondere technische und kaufmännische Bestandsverwaltung, Mietbestandsverwaltung, Vermittlungstätigkeit, Projektsteuerung und Projektentwicklung) (s. auch Rz. 50, 51). Unklar ist allerdings das Tatbestandsmerkmal „notwendig“. Dies gilt insbesondere bei der Frage, inwieweit Projektentwicklungen zulässig sind. Wenn der Erwerb von unbeweglichem Vermögen und die Projektentwicklung als Teil der immobiliennahen Tätigkeiten grundsätzlich zulässig ist, spricht aber auch nichts dagegen, die Projektentwicklung uneingeschränkt zuzulassen. Dies ergibt sich daraus, dass unbewegliches Vermögen in § 3 Abs. 8 REITG als Grundstücke (und grundstücksgleiche Rechte) definiert wird und gem. § 94 BGB die mit dem Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, wesentliche Bestandteile des Grundstücks selbst sind. Auch aus der Ratio des Gesetzes ist kein Grund ersichtlich, dass die Projektentwicklung irgendwelchen Einschränkungen unterliegen sollte.
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2. Grundkapital Das REITG sieht in § 4 einen Mindestnennbetrag des Grundkapitals von 15 Millionen Euro vor. Das Erfordernis der Mindestkapitalisierung soll die Verwendung einer REIT-AG als privates Steuersparmodell verhindern.
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3. Form der Aktien Alle Aktien einer REIT-AG müssen gem. § 5 REITG stimmberechtigt sein und einer einheitlichen Gattung angehören. Bei Ausgabe der Aktien ist der volle Ausgabebetrag zu entrichten; ein Anspruch auf Verbriefung einzelner Anteile besteht grundsätzlich nicht. Unklar ist allerdings, aus welchem Grund diese Anforderungen bestehen, da sie für die Erlangung des REIT-Status im Grunde unerheblich sein sollten. Vaupel
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Ursprünglich war diskutiert worden, eine Vinkulierung der Aktien einer REIT-AG zwingend vorzusehen, um es der Gesellschaft zu ermöglichen zu verhindern, dass einer der Aktionäre 10 % oder mehr der Anteile hält. Hiervon ist der Gesetzgeber aber abgekommen und hat es bezüglich der Kontrolle über die Zusammensetzung des Aktionärskreises bei den allgemeinen Meldepflichten nach dem WpHG belassen. Insofern kann sich die Gesellschaft zwar einerseits nicht vor einer Überschreitung der 10 %-Grenze schützen. Andererseits hätte es dann dieser Vorschrift zur Form der Aktien auch nicht bedurft. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb beispielsweise Vorzugsaktien ausgeschlossen sein sollten. Jedenfalls wäre es zulässig, Inhaber- oder Namensaktien auszugeben. Auch eine Vinkulierung der Aktien wäre zulässig.
4. Sitz 74
Die Gesellschaft muss ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung im Inland haben. „Sitz“ ist hierbei der durch die Satzung bestimmte rechtliche Sitz, während die Ansässigkeit der Geschäftsleitung den tatsächlichen Sitz bestimmt.
75
In der Literatur wird diskutiert, ob das in § 9 REITG statuierte Sitzerfordernis in Deutschland einen Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit (Artt. 43, 48 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) darstellt. Gem. Art. 43 Abs. 1 Satz 1 EG sind Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats grundsätzlich verboten65. Nach Art. 48 EG gelten Artt. 43 ff. EG auch für nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft haben. Dies soll sicherstellen, dass gebietsfremde Gesellschaften in einem Mitgliedstaat denselben Bedingungen unterworfen sind, die auch für gebietsansässige Gesellschaften in dem jeweiligen Mitgliedsstaat gelten. Jede Diskriminierung, die auf den Ort des Sitzes der Gesellschaften abstellt, ist verboten. Die unterschiedliche Besteuerung von Kapitalgesellschaften mit Sitz in dem jeweiligen Mitgliedstaat und solchen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH)66 als unzulässige Diskriminierung und damit als Verstoß gegen Artt. 43, 48 EG bewertet. Die Regelung des § 9 REITG und dessen Anknüpfung an den Sitz und die Geschäftsleitung für die Qualifikation als REIT-AG stellen aber keine europarechtswidrige Benachteiligung ausländischer Unternehmen dar. Eine unterschiedliche Behandlung ist durch die fehlende, vergleichbare Lage gerechtfertigt. So ist ein ausländischer REIT in Deutschland wegen des im internationalen Steuerrecht geltenden und vom Gemeinschaftsrecht anerkannten Territorialitätsprinzips nur beschränkt steuerpflichtig. Wäre ein ausländischer REIT in Deutschland steuerbefreit, würde er jede Besteuerung der Einkünfte aus der Verwal65 Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedsstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind, Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EG-Vertrag. Niederlassung i.S.d. Art. 43 EG-Vertrag ist die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit, vgl. hierzu Scheuer in Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 4. Aufl. 2006, Art. 43 Rz. 2. 66 EuGH v. 14.12.2006 – C-170/05 – „Denkavit“, AG 2007, 115 sowie EuGH v. 13.12.2005 – C-446/03 – „Marks & Spencer“, AG 2006, 82.
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tung von Grundstücken umgehen, sowohl in Deutschland als auch in dem jeweiligen Mitgliedstaat, in dem der REIT seinen Sitz hat. In den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen der Mitgliedstaaten ist in Art. 6 Abs. 1 (OECD-MA) das Besteuerungsrecht des jeweils anderen Staates (also nicht des Sitzstaates) niedergelegt67. Der Verzicht auf das Erfordernis der Gründung nach deutschem Recht im REITG ist hingegen sachgerecht, da insoweit die Europarechtskonformität gewährleistet wird.
76
5. Entschädigungsregelung in der Satzung Gem. § 11 Abs. 3 REITG muss die Satzung eine Entschädigungsregelung für alle Aktionäre enthalten, denen weniger als 3 % der Stimmrechte zustehen, wenn die Gesellschaft die Steuerbefreiung deswegen verliert, weil während drei aufeinander folgender Wirtschaftsjahre der Streubesitz weniger als 15 % beträgt. Dadurch bleibt die Höhe der Entschädigung der Gesellschaft vorbehalten und der jeweilige Aktionär kann sich vor Erwerb der Anteile darüber informieren, wie hoch seine Entschädigung ausfällt für den Fall, dass die Gesellschaft ihre Steuerbefreiung aufgrund des Verstoßes gegen die Streubesitzanforderungen verliert68.
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Das Aktienrecht kennt zwar durchaus Entschädigungsregelungen, wie beispielsweise beim Abschluss von Unternehmensverträgen oder beim Squeeze-Out. Allerdings ist in diesen Fällen die Entschädigung von dem Aktionär zu zahlen, der den Unternehmensvertrag abschließt bzw. den Squeeze-Out betreibt. Eine Zahlung der Gesellschaft an einzelne Aktionäre widerspricht an sich der strengen Kapitalbindung des Aktienrechts und stellt zunächst eine Einlagenrückgewähr i.S.d. § 57 AktG dar. Dies ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine solche Einlagenrückgewähr ausdrücklich zulässt, wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Rückkauf eigener Aktien gem. §§ 71 ff. AktG. Dabei ist fraglich, ob die Formulierung in § 11 Abs. 3 REITG eine solche Durchbrechung des Prinzips ausreichend rechtfertigt, zumal keinerlei gesetzliche Vorgaben für die Entschädigungsregelung bestehen. Zunächst fehlt ausdrücklich der Zusatz, dass die Entschädigung tatsächlich von der Gesellschaft zu zahlen ist, auch wenn nach der Ratio dieser Vorschrift wohl keine andere Auslegung möglich erscheint. Ist dies nicht zweifelsfrei, so wäre eine solche Satzungsregelung gem. § 23 Abs. 5 AktG unwirksam und eine Zahlung der Gesellschaft eine unzulässige Einlagenrückgewähr.
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Zudem ist fraglich, wie eine solche Entschädigung zu berechnen wäre, da der tatsächliche Schaden der Streubesitzaktionäre abhängig von deren jeweiliger steuerlicher Situation ist. Schließlich ist zu bedenken, dass ein Großaktionär auch die Satzung mit einer Mehrheit von 75 % ändern kann. So könnte ein entsprechender „Festbesitz“ rechtzeitig die Entschädigung der anderen Aktionäre mit einem entsprechenden satzungsändernden Beschluss auch auf Null setzen. Schließlich ist
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67 Vgl. hierzu auch EuGH v. 23.2.2006 – C-513/03 – „van Hilten“, HFR 2006, 526, in welchem der EuGH das Recht zur Ungleichbehandlung von Gebietsansässigen mit der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaates und solchen mit der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- und Harmonisierungsmaßnahmen aus der Befugnis zur Aufteilung der Steuerhoheit nach bestimmten vertraglichen oder einseitig festgelegten Kriterien anerkennt. 68 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/4026, S. 22.
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auch zu bedenken, dass die Entschädigung an sich nur sinnvoll ist, wenn die Gesellschaft die Aktien der Streubesitzaktionäre gegen Zahlung der Entschädigung zurücknimmt. Dies kommt einem Rückkauf eigener Aktien gleich. Unklar ist, ob dies aufgrund der aktienrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich des Rückkaufs eigener Aktien überhaupt zulässig wäre. De lege ferenda wäre es wünschenswert, wenn auf die Anforderung an eine Entschädigungsregelung entweder verzichtet würde oder die §§ 71 AktG entsprechend geändert werden würden, so dass für einen solchen Fall die Gesellschaft ermächtigt bzw. ggf. verpflichtet wäre, den Streubesitzaktionären anzubieten, ihre Aktien beispielsweise zum Marktwert, oder in Anlehnung an das Wertpapierübernahmegesetz69 bei Pflichtangeboten zu einem Durchschnittskurs vor Verlust der Steuerbefreiung zurückzukaufen.
6. Handelsregistereintragung der Firma 80
Die Firma der REIT-AG ist gem. § 8 REITG bei dem zuständigen Gericht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Nach ihrem Wortlaut setzt die Vorschrift unabhängig von der Art des Entstehens der REIT-AG – sei es durch rechtsgeschäftliche Neugründung oder durch einen Vorgang nach dem UmwG – das Bestehen einer Aktiengesellschaft voraus. An sich ist diese Vorschrift überflüssig. Viel entscheidender ist jedoch, dass erst mit der Eintragung des Firmenzusatzes „REIT-Aktiengesellschaft“ oder „REIT-AG“ im Handelsregister gem. § 17 Abs. 1 REITG die Steuerbefreiung beginnen kann (s. auch Rz. 15). Die Handelsregistereintragung der Firma der REIT-AG folgt dabei der Gründung der Aktiengesellschaft, der Abfassung einer REIT-fähigen Satzung und der Börsenzulassung der Aktien zwingend zeitlich nach. a) Firmenänderung
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Gesellschaften, die die Anforderungen an einen REIT im Sinne der §§ 8–15 REITG nicht erfüllen, dürfen diese Bezeichnung nur noch bis zum 31.12.2007 führen, sofern diese Bezeichnung zum Zeitpunkt der Verabschiedung des REITG im Handelsregister eingetragen war. Nach dieser Übergangszeit müssen sie den Namenszusatz aus dem Handelsregister löschen lassen. § 6 REITG ist insofern eine Muss-Vorschrift; als Korrelat hierzu besteht nach § 7 REITG ein Bezeichnungsschutz70. Die Firmierung der REIT-AG stellt eine bloße Firmenänderung71 dar, denn es handelt sich bei der REIT-AG registerrechtlich um eine normale Aktiengesellschaft, deren Firma gem. § 1, 29 HGB i.V.m. § 3 AktG ohnehin im Handelsregister eingetragen sein muss.
69 § 31 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-Angebotsverordnung sieht einen Mindestpreis bei Pflichtangeboten vor, der sich grundsätzlich an dem gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs während der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung der Angebotsabsicht orientiert. 70 Danach darf eine Gesellschaft, die ihren Satzungssitz im Geltungsbereich des REITG hat, die Bezeichnung „REIT-Aktiengesellschaft“ oder eine Bezeichnung, in der der Begriff „Real Estate Investment Trust“ oder die Abkürzung „REIT“ allein oder im Zusammenhang mit anderen Worten vorkommt, in der Firma oder als Zusatz zur Firma nur führen, wenn sie eine REIT-AG i.S.d. REITG ist und die Voraussetzungen der §§ 8 bis15 REITG erfüllt. 71 So auch Götze/Hütte, NZG 2007, 332, 333; BR-Drucks. 779/06, S. 8; hierzu auch Ziemons, BB 2007, 449, 450.
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b) Prüfungsumfang des Registerrichters Grundsätzlich hat das Registergericht gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 AktG die ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft zu prüfen. Es hat dabei nicht nur auf die Einhaltung der formellen Gründungsvorschriften, sondern in beschränktem Umfang auch auf die Vereinbarkeit der Satzung mit dem materiellen Recht zu achten72. Voraussetzung für das zulässige Führen der Firmenbezeichnung „REIT“ ist, dass die Gesellschaft eine REIT-Aktiengesellschaft im Sinne des REITG ist und die Anforderungen der §§ 8 bis 15 REITG erfüllt. Dieser Verweis geht allerdings teilweise fehl, weil einige dieser Vorschriften offensichtlich nicht anwendbar sind und andere der genannten Vorschriften an sich das Bestehen einer REIT-AG bereits voraussetzen. Deshalb ist unklar, ob die Gesellschaft vor Erlangung des REIT-Status bzw. vor Eintragung des Firmenzusatzes bereits sämtliche dieser Voraussetzungen erfüllt haben muss.
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Im Einzelnen sind die Anmeldung der Firma beim zuständigen Gericht (§ 8 REITG), der Sitz in Deutschland (§ 9 REITG) und die Börsenzulassung (§ 10 REITG) im Grunde unproblematisch. Schwieriger wird der Nachweis des aktuellen Streubesitzes und des maximalen Anteils von nicht mehr als 10 % eines Aktionärs zum Zeitpunkt der Anmeldung (§ 11 Abs. 1 und 4 REITG). Eine Meldung nach § 11 Abs. 2 REITG kann die Gesellschaft noch nicht gemacht haben und § 11 Abs. 5 REITG regelt Meldepflichten, deren Normadressat die Gesellschaft nicht ist. Unklar ist aber insbesondere, ob die Gesellschaft die Vermögens-, Ertrags- und Eigenkapitalanforderungen gem. §§ 12 und 15 REITG bereits im der Eintragung vorangegangenen Geschäftsjahr im Wege eines testierten Jahresabschlusses nachgewiesen haben muss und ob eine mindestens 90%ige Ausschüttung des handelsrechtlichen Gewinns für das vorangegangene Geschäftsjahr vorgenommen sein muss. Zudem ist fraglich, ob eine Gesellschaft deshalb kein REIT werden kann, weil sie in der Vergangenheit Immobilienhandel i.S.v. § 15 REITG betrieben hat.
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Würde man all dies fordern, dann müsste die Gesellschaft sozusagen zuvor ein freiwilliges REIT-Jahr einlegen, bevor sie den steuerbegünstigten REIT-Status erlangen könnte. Dagegen spricht, dass die REIT-AG in § 1 Abs. 1 REITG als Aktiengesellschaft mit einem entsprechend beschränkten Geschäftsgegenstand, deren Aktien zum Handel an einer Börse zugelassen sind, definiert wird. Dies lässt vermuten, dass eine Gesellschaft auch den REIT-Status erlangen kann, wenn zum Zeitpunkt der Umfirmierung nicht alle Vorschriften der §§ 8–15 REITG erfüllt sind, jedenfalls dann, wenn ein Verstoß gegen die Anforderungen gesondert sanktioniert wird und nicht der sofortige Verlust des REIT-Status bei einem Verstoß vorgesehen ist. Wenn man den Verweis ernst nimmt, würde die Gesellschaft bei einem späteren Verstoß beispielsweise gegen die Vermögensanforderungen zwar ihren steuerlichen Status beibehalten, dürfte aber an sich den Firmenzusatz „REIT“ nicht mehr in zulässiger Weise führen. Dies kann aber nicht vom Gesetzgeber gewollt sein. Deshalb ist es sachgerecht, dass der Registerrichter nicht diejenigen Anforderungen zu prüfen hat, deren Verstoß nicht zum automatischen Verlust des REIT-Status führt73. Dabei handelt es sich jedenfalls um die §§ 11, 12, 13 und 15 REITG mit Ausnahme der Entschädigungsregelung in § 11 Abs. 3 REITG. Auch sollte die Anforderung an den Ausschluss des Handels für Zeiträume vor dem Wirtschaftsjahr, in dem die Gesellschaft
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72 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 11 Rz. 27. 73 S. zu den Sanktionen bei Verstoß gegen die einzelnen Anforderungen Rz. 120 ff.
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erstmals steuerbefreit ist, nach der Ratio des Gesetzes nicht gelten, da diese Anforderung vor Erlangung des REIT-Status nicht gerechtfertigt erscheint. 85
Verunglückt ist insofern auch, dass die Voraussetzungen, die ein Registerrichter ohne weiteres prüfen kann, nämlich Mindestnennbetrag des Grundkapitals (§ 4 REITG) und Form der Aktien (§ 5 REITG), jedenfalls nicht ausdrücklich zum Prüfungskatalog zählen. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Anforderungen vom Registerrichter von Amts wegen zu prüfen sind, da davon auszugehen ist, dass es sich dabei um konstitutive Anforderungen an eine REIT-AG handelt (s. hierzu auch Rz. 138).
VIII. Kapitalmarktrechtliche Anforderungen 1. Zulassung zum Handel 86
Der Ablauf des Börsengangs einer REIT-AG unterscheidet sich nicht wesentlich von dem einer Aktiengesellschaft mit einem anderen Geschäftszweck. Aktiengesellschaften sind grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei, an welcher Börse ihre Aktien gehandelt werden sollen. Beschränkungen ergeben sich für eine REIT-AG lediglich daraus, dass die Aktien74 einer REIT-AG gem. §§ 1 Abs. 1, 10 Abs. 1 REITG zwingend zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 des WpHG innerhalb der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen sein müssen. Für eine deutsche Aktiengesellschaft bietet sich dabei die Frankfurter Wertpapierbörse an75. Ein nicht börsennotierter „Private REIT“ ist durch das REITG nicht vorgesehen.
2. Anforderung an die Dauer des Bestehens zum Zwecke der Zulassung zum Handel an einer deutschen Wertpapierbörse 87
Besonderheiten im Zusammenhang mit der Börsenzulassung einer REIT-AG im Vergleich zu sonstigen Aktiengesellschaften können sich insbesondere hinsichtlich der Dauer des Bestehens des Emittenten ergeben. Gem. § 32 BörsG i.V.m. § 3 Abs. 1 BörsZulV setzt eine Notierung im regulierten Markt grundsätzlich voraus, dass der Emittent als Unternehmen mindestens drei Jahre bestanden und seine Jahresabschlüsse für die drei dem Antrag vorangegangenen Geschäftsjahre entsprechend den hierfür geltenden Vorschriften offengelegt hat. Die Rechtsform des Emittenten ist dabei nicht ausschlaggebend76. Für § 3 BörsZulV reicht insofern auch die Bilanzie74 Ziemons, BB 2007, 449, 450 und auch Götze/Hütte, NZG 2007, 332, 332, kritisieren, dass unklar bleibt, ob sämtliche Aktien zugelassen werden müssen und ob im Falle der Kapitalerhöhung die Jahresfrist des § 69 Abs. 2 BörsZulV ausgeschöpft werden kann. Da alle Aktien der gleichen Gattung angehören müssen, ergebe sich die Zulassungspflicht bereits aus § 69 Abs. 1 BörsZulV. Sowohl der Gesetzeswortlaut („Die Aktien“) als auch die Regierungsbegründung, vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 779/06, S. 32, dürften in dem Sinne zu verstehen sein, die Börsenzulassung sämtlicher Aktien zu verlangen. 75 Die Deutsche Börse AG hat mit dem RX REIT Index und dem RX REIT ALL Share Index zwei neue Indizes für die REIT-AGs geschaffen. 76 Zu Recht: Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 2; Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 BörsZulV Rz. 4.
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rung nach den für das Unternehmen jeweils geltenden Vorschriften77. Diese Zulassungsvoraussetzung kann problematisch sein, falls die REIT-AG eine neu gegründete Gesellschaft ist und die Immobilien erst zeitnah in die Gesellschaft eingebracht wurden78. Zu klären wäre dann, ob die betroffenen Immobilien ein Unternehmen i.S.d. § 3 Abs. 1 BörsZulV darstellen. Der Begriff „Unternehmen“ in § 3 Abs. 1 BörsZulV ist nicht näher definiert. Allerdings kommt es bei dieser Vorraussetzung, wie sich aus der zugrunde liegenden Richtlinie ergibt, maßgeblich auf die Bilanzpublizität an79. Ausschlaggebend ist somit, ob die jeweiligen Immobilien im Eigentum einer Gesellschaft, die Jahresabschlüsse veröffentlicht hat, standen oder sich anderweitig eine unternehmensartige Historie darstellen lässt. Unabhängig davon kann die Geschäftsführung der Böse (vormals die Zulassungsstelle) unter Abwägung der Interessen des Emittenten und des Publikums gem. § 3 Abs. 2 BörsZulV ausnahmsweise eine neu gegründete REIT-AG zulassen, auch wenn die Immobilien nicht als „Unternehmen“ angesehen werden. Die Zulassungsstelle kann ihre Entscheidung von der Erstellung von Als-Ob-Abschlüssen abhängig machen80. Ein Beispiel für die Zulassung zu einem amtlichen Markt trotz kurzen Bestehens ist die AIG International Real Estate GmbH & Co. KGaA (AIG IRE). Die AIG IRE wurde im Februar 2002 gegründet, im Mai 2002 ins Handelsregister eingetragen und im Juli 2002 zum Börsenhandel mit amtlicher Notierung an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Gesellschaft ihre Tätigkeit nur vorbereitet und noch kein Vermögen in Immobilien investiert. Der Verkaufsprospekt enthielt nur die Eröffnungsbilanz unter Hinweis darauf, dass noch keine Jahresabschlüsse erstellt wurden. Ein vergleichbares Vorgehen mag sich ggf. auch bei einer neu gegründeten REIT-AG anbieten.
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3. Anforderungen an den Prospekt Sowohl für das erstmalige Angebot der Aktien nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG als auch für die Zulassung zum Handel der Aktien einer REIT-AG an einer Deutschen Börse nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG n.F. ein nach den Vorschriften des WpPG gebilligter Prospekt zu veröffentlichen81.
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a) Historische Finanzinformationen Der Prospekt muss gem. § 7 WpPG i.V.m. Art. 4 Abs. 1, Ziff. 1 Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 grundsätzlich historische Finanzinformationen für die letzten drei Geschäftsjahre enthalten. Falls ein Emittent noch keine drei Geschäftsjahre tätig ist, muss die Information nur den entsprechend kürzeren Zeitraum abdecken. Abhängig von der Historie der Gesellschaft wird im Einzelfall zu prüfen sein, welche Abschlüsse in den Prospekt aufzunehmen sind. Besonderheiten können sich ergeben, wenn ein Immobilienportfolio erst kurz vor dem Börsengang in die Gesellschaft 77 78 79 80 81
Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 2. Zur Einbringung der Immobilien s. auch Rz. 106 ff. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 1. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 3 BörsZulV Rz. 3. Die Richtlinie 2003/71 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 („Prospektrichtlinie“) wurde durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit Wirkung zum 1.7.2005 umgesetzt.
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eingebracht wurde. Dies dürfte häufig der Fall sein, so dass die Gesellschaft möglicherweise eine so genannte „complex financial history“ hat oder Pro-forma-Finanzangaben erstellen muss. Bei Pro-forma-Finanzangaben ist zu beachten, dass solche nur bis höchstens für das vorangegangene Geschäftsjahr erstellt werden dürfen82. b) Besondere Prospektanforderungen für Immobiliengesellschaften 91
Art. 23 in Verbindung mit Anhang XIX der Verordnung ermächtigt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“), bei Immobiliengesellschaften besondere Informationen zur Aufnahme in den Prospekt zu verlangen, sowie gegebenenfalls eine Bewertung des Vermögens des Emittenten durch einen Sachverständigen vorzuschreiben. Weder ist der Begriff der „Immobiliengesellschaft“ in der Verordnung definiert, noch enthält sie weitere Angaben zu den Anforderungen, die an einen solchen Bericht gestellt werden dürfen bzw. sollten. Allerdings hat das Committee of European Securities Regulators („CESR“), der Verbund der nationalen Wertpapieraufsichtsbehörden, einen Vorschlag für die konsistente Umsetzung der Prospektrichtlinie verfasst83. Darin wird unter Ziffer 129 der Begriff der Immobiliengesellschaft als Emittent definiert, dessen Hauptgeschäftstätigkeit in dem unmittelbaren und mittelbaren Halten von Immobilien, dem Umbau von Immobilien zur Vermietung und dem Halten als Investment, sowie dem Kauf oder Umbau von Immobilien zu Investmentzwecken liegt. Danach unterfällt eine REIT-AG dem Begriff einer Immobiliengesellschaft im Sinne der Verordnung.
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Nach den Empfehlungen von CESR kann der Bericht in verkürzter Form in den Prospekt aufgenommen werden84 und muss85: – von einem unabhängigen Sachverständigen verfasst sein; – das Datum der Besichtigung der Immobilie angeben; – alle relevanten Informationen, die für die Bewertung wesentlicher Immobilien86 notwendig waren, enthalten; – datiert sein und den Stichtag der Bewertung einer jeden Immobilie enthalten, der nicht länger als ein Jahr vor der Veröffentlichung des Prospekts liegen darf, wobei der Emittent zusichern muss, dass seit dem Tag der Bewertung keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind; – eine Zusammenfassung enthalten, die die Anzahl der Immobilien, die im Eigentum des Emittenten stehen, und die, an denen ihm ein Erbbaurecht zusteht, getrennt, unter Angabe der Summe der entsprechenden Bewertungsergebnisse, aufführt87 und 82 Vgl. Anhang II der Verordnung. 83 CESR, CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no 809/2004, S. 30. 84 CESR, CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no 809/2004, Ziff. 128. 85 CESR, CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no 809/2004, Ziff. 130. 86 Insofern muss ggf. mit der BaFin im Einzelfall abgestimmt werden, welche Immobilien als „wesentlich“ anzusehen sind. 87 Negative Bewertungsergebnisse sind gesondert aufzuführen und dürfen nicht mit den anderen Werten verrechnet werden; die Summen für Immobilien, deren Bewertung auf unterschiedlichen Grundlagen beruht, sollten getrennt angegeben werden, CESR, CESR’s recom-
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– gegebenenfalls eine Erklärung zu den Unterschieden der Bewertungsergebnisse und den entsprechenden, in den letzten vom Emittenten veröffentlichten Jahresabschlüssen oder Konzernabschlüssen enthaltenen Zahlen enthalten88. In der neueren Praxis im Zusammenhang mit Aktienemissionen von Immobiliengesellschaften hat die BaFin von dieser Ermächtigung typischerweise Gebrauch gemacht. Dies scheint auch auf Grund der Empfehlung von CESR und angesichts der Bestrebung, die Anforderungen an einen Wertpapierverkaufsprospekt europaweit zu vereinheitlichen, sachgerecht. Insofern ist dem Prospekt zumindest die Zusammenfassung der Bewertungsergebnisse eines unabhängigen Immobiliensachverständigen im Hinblick auf die Immobilien der Gesellschaft beizufügen.
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4. Folgepflichten Die sich aus der Börsennotierung ergebenden Folgepflichten tragen zur Transparenz und somit zum Vertrauen der Anleger bei. Hervorzuheben sind diesbezüglich insbesondere die Anforderungen an Jahresabschlüsse und Quartalsberichte sowie die Mitteilung und Veröffentlichung von Insiderinformation.
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a) Anforderungen an Quartalsberichte und Jahresabschlüsse Sollte eine REIT-AG im Teilbereich des Regulierten Markts mit weiteren Zulassungspflichten (Prime Standard) zugelassen werden, dann müsste sie gem. §§ 62, 63 BörsG Jahresabschlüsse und Quartalsberichte nach IFRS oder US-GAAP erstellen. Nach dem REITG muss eine REIT-AG allerdings ohnehin Jahresabschlüsse nach IFRS erstellen, so dass insoweit keine Besonderheiten gelten89. Nur bei einer Zulassung in anderen Marktsegmenten stellt das REITG in Bezug auf die nach IFRS zu erstellenden Finanzangaben eine zusätzliche Anforderung auf.
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b) Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten nach § 15 WpHG Die Aktien einer REIT-AG sind Finanzinstrumente i.S.d. WpHG. Eine REIT-AG unterliegt daher gem. § 15 WpHG auch der Pflicht zur Veröffentlichung und Mitteilung von Insiderinformationen90. Grundsätzlich ist der Erwerb und die Veräußerung von Immobilien durch eine REIT-AG eine Information, die der Emittent möglicherweise mendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no 809/2004, Ziff. 130. 88 Dies kann der Bewertungsbericht nicht leisten. Die Vorschrift ist so auszulegen, dass der Emittent Abweichungen zwischen Bilanzansätzen und Bewertungen des Sachverständigen im Prospekt zu erläutern hat. 89 Allerdings soll einer REIT-AG das Wahlrecht nach IAS 40 nicht zustehen. Danach kann bei der Folgebewertung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien zwischen planmäßigen Abschreibungen gem. IAS 16 sowie Wertminderungen i.S.d. IAS 36 und Fair-Value gewählt werden. Stattdessen sollen die Immobilien (zwingend) mit dem Verkehrswert angesetzt werden, Gesetzentwurf, BT-Drucks. 16/4026, S. 21; Geuts, BB 2005, 913. 90 Insiderinformationen sind konkrete Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens die Börsen- oder Marktpreise der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen, vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG.
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veröffentlichen müsste, sofern sie geeignet ist, den Börsen- oder Marktpreis der Aktien erheblich zu beeinflussen. Dies ist eine Einzelfallentscheidung basierend auf Größe und Wert der betreffenden Immobilie und dem Einfluss der Transaktion auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der REIT-AG. Liegt bei dem Erwerb von Immobilien eine Insiderinformation vor, dann muss ähnlich wie bei Unternehmenskäufen und -verkäufen, die Transaktion unter Angabe der Größenordnung des Kaufpreises veröffentlicht werden91. Dabei genügt nach Auffassung der BaFin jedenfalls im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen bei einem einstelligen Millionenbetrag die Angabe des auf die nächste Million auf- oder abgerundeten Betrages92. Stattdessen kann auch nur angegeben werden, dass der Kaufpreis z.B. zwischen 550 und 600 Mio. Euro liegt oder inwieweit sich die Maßnahme auf den Ertrag bzw. die Aufwendungen auswirkt93. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung kann diese Verpflichtung nicht abbedingen94. 97
Darüber hinaus könnte auch die Kündigung eines Mietvertrages mitteilungs- und veröffentlichungspflichtig sein. Dies hängt wiederum von dem Potenzial der Preisbeeinflussung ab, das bei größeren Immobilien oder bei einer REIT-AG mit einer geringeren Anzahl an Immobilien gegeben sein kann. c) Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils
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Neben der durch § 21 WpHG vorgeschriebenen Meldepflicht bei Erreichen bzw. Überschreiten von bestimmten Schwellenwerten95, regelt § 11 Abs. 5 REITG, dass im Falle der Beteiligung an einer REIT-AG auch der Erwerb von 80 % bzw. 85 % der Stimmrechte meldepflichtig ist96. Die Anlehnung an die Meldepflichten des Wertpapierhandelsgesetzes soll es der Gesellschaft ermöglichen festzustellen, inwieweit Aktien nicht mehr dem Streubesitz zuzurechnen sind, weil bei einem „Festbesitz“ von mehr als 85 % der erforderliche Streubesitz i.H.v. 15 % zwangsläufig entfällt. Die 80 %-Mitteilungspflicht erfüllt in diesen Zusammenhang eine Warnfunktion, dass ein Unterschreiten der Mindeststreubesitzquote bevorstehen könnte.
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Diese Regelung hat jedoch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens harsche Kritik ausgelöst, da die Gesellschaft zwar erkennen kann, wie viele Aktien nicht mehr im Streubesitz gehalten werden, aber nicht wie viele tatsächlich im Streubesitz gehalten werden. Der Rückschluss auf eine Unterschreitung der Mindeststreubesitzquote ist vor allem dann unmöglich, wenn eine Meldepflicht von 85 % nicht ausgelöst wird, da die Anteile sich in den Händen mehrer Aktionäre befinden. Infolge der Kritik wurde im Gesetzgebungsverfahren in § 18 Abs. 3 REITG eine Regelung vorgesehen, nach der der Verstoß gegen die Streubesitzklausel nicht unmittelbar zu dem 91 92 93 94 95
BaFin, Emittentenleitfaden vom 15.7.2005, S. 58. BaFin, Emittentenleitfaden vom 15.7.2005, S. 58. BaFin, Emittentenleitfaden vom 15.7.2005, S. 58. BaFin, Emittentenleitfaden vom 15.7.2005, S. 59. Nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie sieht § 21 WpHG nunmehr vor, dass jeder, der durch Erwerb, Veräußerungen oder aus sonstige Weise 3, 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 % der Stimmrechte an einer börsennotierten Gesellschaft erreicht, überschreitet oder unterschreitet, dem Emittenten und der BaFin dies unverzüglich melden muss. 96 Zusätzlich sieht § 11 Abs. 5 REITG auch eine Meldepflicht bei Erreichen von 3 % der Stimmrechte vor. Eine solche Pflicht wurde jedoch mittlerweile durch die Transparenzrichtlinie auch in § 21 WpHG eingeführt.
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Verlust der Steuerbefreiung führt, sondern daran anknüpft, ob der Verstoß für die Gesellschaft zu erkennen war (s. hierzu auch Rz. 129 ff.). Die Einhaltung der Streubesitzklausel soll durch eine jährliche Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin zum 31. Dezember dokumentiert werden. Die BaFin teilt ihrerseits dem Bundeszentralamt für Steuern mit, wenn der vorgeschriebene Prozentsatz von 15 % unterschritten wurde.
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5. Investoren Institutionelle Investoren wie Versicherungen und offene Immobilienfonds unterliegen bestimmten Beschränkungen bezüglich der Anlage ihres Vermögens. Bei offenen Immobilienfonds, die einen Teil ihres Immobilienbestandes auf eine REIT-AG übertragen möchten, sind solche Anlagebeschränkungen insbesondere dann relevant, wenn die entsprechend gewährten REIT-Aktien in das Immobilien-Sondervermögen eingebracht werden sollen.
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a) Beteiligung von Versicherungsgesellschaften Versicherungen unterliegen gem. §§ 54, 66 VAG i.V.m. der Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsgesellschaften („AnlV“) Beschränkungen hinsichtlich der Anlage ihres Sicherungsvermögens und des sonstigen gebundenen Vermögens. Zum einen kann gem. § 1 Abs. 1 AnlV das gebundene Vermögen nur in bestimmte Anlageformen angelegt werden. Zum anderen ist auch die quantitative Zusammensetzung der verschiedenen Anlageformen geregelt. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 14 AnlV darf das gebundene Vermögen nur in Anteile von solchen Grundstücksgesellschaften angelegt werden, die bis zu drei Vermögensobjekte halten. Diese Voraussetzung wird eine REIT-AG normalerweise nicht erfüllen.
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Andererseits könnten REIT-Aktien auch unter § 1 Abs. 1 Nr. 12 AnlV als Anlage in voll eingezahlte Aktien, die an einem organisierten Markt einbezogen sind, fallen. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 14 AnlV verdrängt § 1 Abs. 1 Nr. 14 AnlV die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 12 AnlV nur insoweit als lex specialis, als es um Unternehmen geht, die höchstens drei Grundstücke halten. Insofern stellt sich die Frage, ob REIT-Aktien auf die Immobilienquote oder die Aktienquote anzurechnen wären. Diesbezüglich enthielt die IFD Empfehlung die Anregung, die AnlV dahingehend zu ändern, dass Versicherungsgesellschaften die Möglichkeit erhalten, direkte Immobilienanlagen in Beteiligungen an REIT-AGs unter Anrechnung auf ihre Immobilienquote umzuwandeln97. Das REITG sieht jedoch keine entsprechende Regelung vor, was vor dem Hintergrund, dass die Anrechnung auf die Immobilienquote insbesondere auch im Hinblick auf die Risikostreuung sinnvoll erscheint, nicht sachgerecht ist. Zwar wird es sich bei REIT Anteilen um börsennotierte Aktien handeln, letztendlich ist deren Wert jedoch unmittelbar vom Wert der Immobilien geprägt98.
103
97 S. Hompage des IFD: http://www.finanzstandort.de/BaseCMP/documents/5000/IFD_REIT_ Abschlussbericht_de.pdf. 98 So werden auch bei den quantitativen Beschränkungen des § 2 Abs. 4 AnlV Anlagen in Grundstücken und Anteilen an Grundstücks-Sondervermögen zusammengefasst.
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b) Beteiligung von offenen Immobilienfonds 104
Offene Immobilienfonds dürfen als Immobilien-Sondervermögen nur bestimmte, in den §§ 66, 68, 80 InvG aufgezählte Vermögensgegenstände erwerben99. Problematisch im Hinblick auf Beteiligungen an einer REIT-AG ist, dass nach § 68 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 InvG die Satzung der Immobilien-Gesellschaft bestimmen muss, dass von ihr – ähnlich wie bei Versicherungen – nicht mehr als drei Vermögensgegenstände i.S.d. § 67 Abs. 1 und 2 InvG gehalten werden dürfen. Da, wie bereits festgestellt, eine REIT-AG diese Voraussetzung regelmäßig nicht erfüllen wird, dürfte eine Kapitalanlagegesellschaft keine derartige Beteiligung für das Immobilien-Sondervermögen erwerben.
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Fraglich erscheint das Verhältnis von § 68 InvG zu § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4b InvG. § 80 InvG regelt, dass eine Kapitalanlagegesellschaft 49 % des Wertes des Immobilien-Sondervermögens nur in liquiden Anlagen (Bankguthaben, Wertpapiere etc.) halten darf. Dadurch soll die Liquidität offener Immobilienfonds für den Fall sichergestellt werden, dass sie zur Rücknahme von Anteilen aufgefordert werden. Gem. § 80 Abs. 1 Satz 2 InvG dürfen börsennotierte Aktien höchstens 5 % des Wertes des Sondervermögens ausmachen. Insofern könnte § 68 InvG jedoch als lex specialis für Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften gesehen werden. In einem Rundschreiben hat die BaFin erklärt, dass Anteile an ausländischen REIT-Gesellschaften Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 1 InvG darstellen100. Damit seien sie auf die Wertpapierquote von Immobilienfonds nach § 80 Abs. 1 Satz 2 InvG anzurechnen. Momentan sind keine Gründe ersichtlich, warum Aktien einer deutschen REIT-AG anders qualifiziert werden sollten. Fraglich bleibt, ob die Beschränkung auf drei Objekte aus § 68 InvG dennoch greift. Eine ausdrückliche Regelung im REITG, wie sie der IFD im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gefordert hat101, hat nicht stattgefunden.
IX. Übertragung der Immobilien 106
Gem. § 9 REITG kann nur eine Aktiengesellschaft, deren Sitz in Deutschland liegt, den REIT-Status erlangen. Zudem muss sie aufgrund der Vermögens- und Ertragsanforderungen gem. § 12 REITG Immobilien halten. Sofern die Immobilien bereits von einer Aktiengesellschaft gehalten werden, kann diese – sofern sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllt – unmittelbar den Status einer REIT-AG beantragen. Werden die Immobilien durch eine Gesellschaft in einer anderen Rechtsform gehalten, dann muss diese zunächst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Ein weiterer Schritt ist erforderlich für den Fall, dass die Immobilien aber noch nicht in einer Gesellschaft gehalten werden oder von einer anderen Gesellschaft übertragen werden müssen. Die Immobilien müssen in einem solchen Fall entweder an die REIT-AG veräußert, im Wege der Sacheinlage eingebracht oder im Wege der Spaltung übertragen werden. 99 Für ein Wertpapiersondervermögen kann eine Kapitalanlagegesellschaft unbeschränkt Anteile an einer REIT-AG erwerben, vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 1 InvG. 100 Schreiben der BaFin v. 9.5.2005, Geschäftszeichen WA 4/09 – 2 Abs. 4. 101 Die Empfehlung des IFD hat eine Regelung vorgesehen, nach der offene Immobilienfonds 20 % des Sondervermögens in REIT-AGs investieren dürfen, IFD: http://www.finanzstandort.de/BaseCMP/documents/5000/IFD_REIT_Abschlussbericht_de.pdf (S. 8).
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1. Sacheinlage Bei der Einbringung von Sacheinlagen, sei es bei Gründung einer neuen Aktiengesellschaft oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung, sind bestimmte Vorschriften, die die Kapitalaufbringung gewährleisten sollen, zu beachten. Insbesondere muss die Werthaltigkeit der Sacheinlage gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 183 Abs. 1 AktG geprüft werden. Dabei werden typischerweise Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als Prüfer i.S.v. § 27 Abs. 4 AktG vom Gericht bestellt.
107
Bei Gegenständen des Anlagevermögens ist der Wiederbeschaffungswert, bei solchen des Umlaufvermögens der Einzelveräußerungswert jeweils im Zeitpunkt der Anmeldung maßgeblich102. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob Immobilien, die in eine REIT-AG eingebracht werden, zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören. Gem. § 247 Abs. 2 HGB umfasst das Anlagevermögen Gegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Bei einer REIT-AG, die Immobilien sowohl zur Vermietung und Verpachtung nutzt, als sie auch gegebenenfalls veräußert, kann die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein. Zu vermietende Gegenstände dienen nämlich nicht per se dem Betrieb, sondern können Umlaufvermögen sein103. Insofern ist die Diskussion vergleichbar mit derjenigen im Zusammenhang mit den aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften. So ließ das Reichsgericht104 den Erwerb von Immobilien ohne Anwendung der Nachgründungsvorschriften bei einer Gesellschaft mit dem Geschäftszweck der Durchführung aller Arten von geschäftlichen Unternehmungen in Immobilien zu. Insofern spricht vieles dafür, bei der Bewertung den Einzelveräußerungswert und nicht den Wiederbeschaffungswert anzusetzen. Allerdings ist ebenfalls zu beachten, dass der Wert der einzubringenden Vermögensgegenstände lediglich den Nominalwert der dafür auszugebenden Aktien erreichen muss. Insofern genügt in aller Regel die gutachterliche Feststellung, dass der Wert der Immobilien den Nominalbetrag der dafür ausgegebenen Aktien übersteigt.
108
2. Spaltung a) Spaltungsvarianten Die Spaltung ist eine Form der Umwandlung und umfasst gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung. Auch offene Immobilienfonds und sonstige Kapitalgesellschaften sind spaltungsfähige Rechtsträger i.S.d. § 124 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Geschlossene Immobilienfonds in der Form von Kommanditgesellschaften sind spaltungsfähig gem. § 124 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Geschlossene Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) sind nicht spaltungsfähig.
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Bei der Aufspaltung überträgt der übertragende Rechtsträger gem. § 123 Abs. 1 UmwG – unter Auflösung ohne Abwicklung – sein ganzes Vermögen auf mindestens zwei andere übernehmende oder neu gegründete Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen an seine Anteilsinhaber an dem übernehmenden Rechtsträger. Eine Auf-
110
102 Hüffer, AktG, § 27 Rz. 27. 103 Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, § 247 Rz. 7, str. 104 RG, JW 1910, 800.
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spaltung wird für Unternehmen oder Fonds, die ihre Immobilien oder einen Teil davon auf eine REIT-AG übertragen wollen, eher nicht in Betracht kommen, da sie regelmäßig weiter bestehen werden wollen. Wahrscheinlicher ist der Fall, dass Unternehmen ihre Immobilien abspalten oder ausgliedern. 111
Bei der Abspaltung überträgt der übertragende Rechtsträger gem. § 123 Abs. 2 UmwG nur einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere andere Rechtsträger, während er mit dem verbleibenden Vermögensteil weiterhin fortbesteht. Auch die Abspaltung erfolgt gegen Gewährung von Anteilen an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers. Die Abspaltung kann zur Neugründung oder zur Aufnahme erfolgen.
112
Die dritte Variante der Spaltung ist die Ausgliederung. Sie entspricht der Abspaltung mit dem Unterschied, dass die Anteile gem. § 123 Abs. 3 UmwG an dem neuen/anderen Rechtsträger dem übertragenden Rechtsträger selbst, und nicht dessen Anteilsinhabern, gewährt werden.
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Erfolgt die Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung, dann sind über § 135 Abs. 2 Satz 1 UmwG zusätzlich die für die Aktiengesellschaft geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden. Gem. § 135 Abs. 2 Satz 2 UmwG gilt der übertragende Rechtsträger als Gründer. Ihn trifft somit eine etwaige Gründerhaftung aus § 46 AktG. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 144 UmwG. Danach sind bei einer Spaltung, an der eine Aktiengesellschaft beteiligt ist, ein Gründungsbericht und eine Gründungsprüfung stets erforderlich. b) Vor- und Nachteile gegenüber der Einzelübertragung
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Der Vorteil einer Spaltung gegenüber der Einzelübertragung liegt daran, dass die Vermögensgegenstände von Gesetzes wegen automatisch auf die aufnehmende Gesellschaft übertragen, Zustimmungsrechte Dritter umgangen und vor allem auch Verbindlichkeiten mit übertragen werden können. Somit ist es zum Beispiel möglich, nicht nur die Immobilien, sondern auch die dazu gehörigen Finanzierungen ohne Zustimmung der Gläubiger zu übertragen.
115
Ein Nachteil der Spaltung gegenüber der Übertragung von Immobilien im Wege der Sacheinlage besteht allerdings in der Nachhaftung. Gem. § 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Die Haftung derjenigen Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten im Spaltungs- und Übernahmevertrag nicht zugewiesen worden sind, haften gem. § 123 Abs. 3 Halbsatz 1 UmwG für diese Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig und daraus Ansprüche gegen sie in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB bezeichneten Art105 festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird. Bei einer Ausgliederung und einer Abspaltung sind Verbindlichkeiten i.S.d. § 133 Abs. 3 Halbsatz 1 UmwG dem übertragendem Rechtsträger zugewiesen, wenn sie nicht mitübertragen werden106. 105 Das sind rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind. 106 Kallmeyer, UmwG, 3. Aufl. 2006, § 133 Rz. 17.
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Für solche Verbindlichkeiten haftet der übertragende Rechtsträger zeitlich unbeschränkt. Lediglich die Haftung des übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträgers ist auf fünf Jahre beschränkt. Bei der Bewertung der Aktien einer REIT-AG durch den Kapitalmarkt ist mithin zu bedenken, dass diese im Falle der Spaltung das Bonitätsrisiko des übertragenden Rechtsträgers für fünf Jahre trägt, was einen entsprechenden Einfluss auf die Bewertung der Aktien hat. Will man dies vermeiden, kommt ausschließlich eine Einzelübertragung der Immobilien in Betracht.
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X. Anforderungen an die Finanzangaben und Prüfung 1. HGB-Abschluss Entscheidend für den Umfang der Ausschüttungspflicht ist der handelsrechtliche Jahresabschluss. Insofern hat die Gesellschaft zunächst ihren gesetzlichen (Einzel-)Jahresabschluss nach HGB zu erstellen107.
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2. IFRS-Abschluss Die Gesellschaft hat zudem gem. § 12 Abs. 1 REITG in Verbindung mit §§ 315a bzw. 325 Abs. 2a HGB108 einen Abschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards zu erstellen. Dieser Abschluss ist insbesondere auch maßgeblich für die Feststellung, ob die Gesellschaft die Anforderungen an das Vermögen, die Erträge und das Eigenkapital sowie an den Ausschluss des Handels erfüllt. Für diese Zwecke ist das unbewegliche Vermögen mit dem beizulegenden Zeitwert anzusetzen. Wird in dem Jahresabschluss das Wahlrecht nach IAS 40 zugunsten der Anschaffungskostenmethode ausgeübt, so sind die Verkehrswerte (fair values) gem. § 12 Abs. 4 REITG in einer Nebenrechnung im Anhang gesondert aufzunehmen109.
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3. Nachweis der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung – Prüfung des Abschlussprüfers Die REIT-AG hat gem. § 21 Abs. 2 REITG für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Steuererklärung abzugeben, in der die Voraussetzungen für die Steuerbe107 Nach dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) (abrufbar auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz unter www.bmj.de) sollen Gesellschaften künftig gem. einem neu einzuführenden § 264e HGB die Wahlmöglichkeit erhalten, den Jahresabschluss auch nach IFRS zu erstellen, wobei der Anhang lediglich eine Bilanz und eine Gewinnund Verlustrechnung enthalten muss, die nach HGB-Bilanzrecht aufgestellt worden sind. In diesem Zusammenhang ist auch eine Änderung des § 12 Abs. 1 REITG dahin gehend geplant, dass statt auf den Einzelabschluss gem. § 325 Abs. 2a HGB auf den Jahresabschluss nach § 264e HGB abgestellt wird. 108 Der Referentenentwurf zum BilMoG sieht einen Verweis auf den neu geplanten § 264e HGB vor. 109 Vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 55.
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freiung sowie Angaben über die Zusammensetzung des Vermögens und der Erträge, die Erfüllung der Mindestausschüttungsverpflichtung und die Höhe des Eigenkapitals darzulegen sind. Gem. § 1 Abs. 4 REITG hat der Abschlussprüfer die Einhaltung der Voraussetzungen im Hinblick auf den notwendigen Streubesitz, die Einhaltung der Vermögens- und Ertragsstruktur, das Vorliegen einer Mindestausschüttung sowie des Mindestkapitals und das Nichtvorliegen eines Handels in Immobilien in einem gesonderten Vermerk zu bestätigen. Durch die Festlegung der umfangreichen Prüfungspflichten für den Abschlussprüfer sollen die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der Finanzverwaltung auf ein absolutes Minimum beschränkt werden110.
XI. Sanktionsregelungen bei Verletzung der Anforderungen 120
Verstöße gegen die unterschiedlichen Anforderungen an einen REIT ziehen auch unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich. Einige der Anforderungen hat der Gesetzgeber als derart entscheidend qualifiziert, dass an deren Vorliegen der REIT-Status ausdrücklich unmittelbar anknüpft. Verliert die REIT-AG die Steuerbefreiung, dann kann gem. 17 Abs. 4 REITG eine erneute Steuerbefreiung nicht vor Ablauf von vier Jahren seit deren Verlust wiederaufleben oder beginnen. Durch diese Wartefrist soll verhindert werden, dass eine REIT-AG zu steuerlichen Gestaltungszwecken gezielt einen Wechsel zwischen Steuerpflicht und Steuerbefreiung bewirkt111. In den meisten Fällen hat der Gesetzgeber aber ein abgestuftes Sanktionssystem vorgesehen, das der Gesellschaft ermöglichen soll, innerhalb eines gewissen Zeitraums den „REIT-gerechten“ Zustand wiederherzustellen, wobei der Staat grundsätzlich Zahlungen für unberechtigterweise ersparte Steuern verlangen kann. In einzelnen Fällen besteht allerdings auch Rechtsunsicherheit, weil der Gesetzgeber nicht für sämtliche Verstöße gegen die vorgeschriebenen Voraussetzungen eine ausdrückliche Sanktionsregelung getroffen hat.
1. Festsetzung von Zahlungen (§ 16 Abs. 3–6 REITG) 121
Verstößt die Gesellschaft in einem Wirtschaftsjahr gegen die Anforderungen an die Vermögensstruktur gem. § 12 Abs. 2 REITG, die Ertragsstruktur gem. § 12 Abs. 3 REITG, die Ausschüttung gem. § 13 Abs. 1 REITG oder das entgeltliche Erbringen von Nebentätigkeiten gem. § 1 Abs. 2 REITG, setzt die Finanzbehörde zunächst Zahlungen gegen die Gesellschaft fest112. Diese Festsetzung erfolgt durch einen Verwaltungsakt, der mit Einspruch und anschließender Klage angefochten werden kann (§§ 118, 347 Abgabenordnung, § 40 Finanzgerichtsordnung). Bei der Festsetzung der Höhe der Zahlung hat die Finanzbehörde gem. § 16 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 bis 5 REITG zu berücksichtigen, ob und wie häufig in früheren Wirtschaftsjahren gegen die jeweilige Voraussetzung verstoßen wurde. Die konkrete Höhe der Zahlungen hängt dabei von der Art des Verstoßes ab. Dabei können bei Verstoß gegen die Voraussetzungen an das Vermögen, die Erträge, die Ausschüttung oder das Erbringen 110 Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/4779, S. 50. 111 Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 779/06, S. 13. 112 Von der ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehenen Bezeichnung als Strafzahlung wurde auf Anregung des Bundesrates abgesehen; vgl. Stellungnahme des Bundesrates BRDrucks. 779/06, S. 12.
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von entgeltlichen Nebentätigkeiten gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 REITG auch gleichzeitig mehrere Strafzahlungen festgesetzt werden. a) Verstoß gegen Vermögensanforderungen (§ 16 Abs. 3 REITG) Die Finanzbehörde kann gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 REITG die Höhe der Zahlung zwischen mindestens einem Prozent und höchstens drei Prozent des Betrages festsetzen, um den der Anteil des unbeweglichen Vermögens hinter der 75 %-Grenze zurückbleibt.
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b) Verstoß gegen Ertragsanforderungen (§ 16 Abs. 4 REITG) Gem. § 16 Abs. 4 Satz 2 REITG muss die Höhe der Zahlungsverpflichtung mindestens 10 % und darf höchstens 20 % des Betrages betragen, um den die Bruttoerträge hinter der vorgeschriebenen 75 %-Grenze zurückbleiben.
123
c) Verstoß gegen Ausschüttungspflicht (§ 16 Abs. 5 REITG) Die Höhe der Zahlungsverpflichtung beträgt gem. § 16 Abs. 5 Satz 2 REITG mindestens 20 % und höchstens 30 % des Betrages, um den die tatsächliche Ausschüttung hinter der vorgeschriebenen Ausschüttung zurückbleibt.
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d) Verstoß gegen Nebentätigkeitsverbot (§ 16 Abs. 6 REITG) Wenn die Gesellschaft oder eine ihr nachgeordnete Immobilienpersonengesellschaft entgeltliche Nebentätigkeiten für Dritte erbringt, beträgt die Zahlung mindestens 20 und höchstens 30 % der durch die entgeltliche Nebentätigkeit erzielten Einnahmen.
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2. Verlust der Steuerbefreiung a) Börsenzulassung (§ 10 REITG) Die Börsenzulassung der REIT-AG wurde durch den Gesetzgeber als so entscheidend eingestuft, dass gem. § 18 Abs. 1 REITG im Fall des Verlustes derselben die Steuerbefreiung sogar bereits in dem Wirtschaftsjahr entfällt, das dem Verlust der Börsenzulassung vorausgeht.
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b) Handel mit unbeweglichem Vermögen (§ 14 REITG) Im Fall des Verstoßes gegen das Verbot des Handels mit unbeweglichem Vermögen verliert die REIT-AG die Steuerbefreiung ab dem Wirtschaftsjahr, in dem die Grenze gem. § 14 Abs. 2 REITG überschritten wird.
127
c) Mindesteigenkapital (§ 15 REITG) Wird die erforderliche Eigenkapitalquote von 45 % in drei aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren nicht erreicht, so endet nach § 18 Abs. 4 REITG die Steuerbefreiung mit dem Ablauf des dritten Wirtschaftsjahres.
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d) Mindeststreubesitz (§ 11 Abs. 1 REITG) und Höchstbeteiligung (§ 11 Abs. 4 REITG) 129
Sowohl der Verstoß gegen die Mindeststreubesitzregelung als auch der Verstoß gegen die Höchstbeteiligungsgrenze führen jeweils mit Ablauf des dritten Wirtschaftsjahres zum Verlust der Steuerbefreiung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem Verstoß gegen die Höchstbeteiligungsgrenze es sich nicht notwendigerweise um jeweils denselben Aktionär handeln muss.
130
Sofern sich der Verstoß gegen die Höchstbeteiligungsgrenze oder die Streubesitzregelung jedoch nicht aus den Pflichmeldungen nach dem WpHG zu erkennen war, wird der Gesellschaft nach Kenntnis des Verstoßes gem. § 18 Abs. 3 REITG die Gelegenheit gegeben, diesen bis zum Ende des Wirtschaftsjahres zu beseitigen, das auf die Aufdeckung des Verstoßes folgt. Falls ihr dies nicht gelingt, endet die Steuerbefreiung rückwirkend zum Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Verstoß aufgedeckt wurde. War der Verstoß also aus den Meldepflichten erkennbar, dann müsste die Gesellschaft nicht aktiv zur Beseitigung des Verstoßes beitragen, sofern der Verstoß nicht innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren erfolgt. War der Verstoß dagegen nicht zu erkennen und hat die Gesellschaft anderweitig davon Kenntnis erhalten, dann muss die Gesellschaft gem. § 18 Abs. 3 Satz 3 bis 5 REITG innerhalb des zweiten auf den Verstoß folgenden Wirtschaftsjahres den Verstoß beseitigen. Ansonsten bleibt es bei dem rückwirkenden Entfall der Steuerbefreiung mit Ende des Wirtschaftsjahres, in dem die Gesellschaft Kenntnis von dem Verstoß erlangt hat. Damit müsste der Verstoß also spätestens innerhalb des zweiten Wirtschaftsjahres beseitigt werden. Durch Einführung der Sätze 3 bis 5 in § 18 Abs. 3 REITG im Gesetzgebungsverfahren wollte der Gesetzgeber der Gesellschaft lediglich die Möglichkeit geben, den Verstoß gegen die Streubesitzklausel zu beseitigen, nicht jedoch die Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes verschärfen. Daher ist wohl davon auszugehen, dass, falls die Gesellschaft den Verstoß nicht auf Grundlage der Meldepflichten erkennen konnte, ein Verlust der Steuerbefreiung frühestens nach drei Jahren eintritt113.
131
Wenn eine Gesellschaft aufgrund des Verstoßes gegen die Streubesitzklausel ihre Steuerbefreiung verliert, sollen die Aktionäre, die weniger als 3 % der Stimmanteile halten, entschädigt werden. Die Gesellschaft ist gem. § 11 Abs. 3 REITG verpflichtet, in ihrer Satzung eine solche Entschädigungsregelung vorzusehen (s. auch Rz. 77 ff.).
132
Bei Verstoß gegen die Höchstbeteiligungsgrenze kann der Anteilseigner gem. § 16 Abs. 2 REITG aus seiner Beteiligung nur die Stimm- und Dividendenrechte geltend machen, die ihm aus einer Beteiligung von weniger als 10 % zustehen würden. Auch im Hinblick auf die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen wird er so behandelt, als ob er weniger als 10 % der Stimmrechte halten würde114. 113 Ähnlich Dettmeier/Gemmel/Kaiser, die zu Recht davon ausgehen, dass es sich bei dem aufgedeckten Verstoß um einen wiederholten Verstoß handeln muss, da die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 5 REITG ansonsten eine Schlechterstellung darstellen würde, Dettmeier/Gemmel/Kaiser, BB 2007, 1191, 1196. 114 So genannter „Treaty Override“, der völkerrechtlich sicherlich mehr als bedenklich ist. Die alternativ vorgeschlagenen Modelle, wie insbesondere das Trust-Modell, hätten allerdings die REIT-Strukturen vermutlich derart verkompliziert, dass kaum ein tragfähiges Konzept entstanden wäre.
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e) Vermögen, Erträge, Ausschüttung und Erbringung von Nebentätigkeiten (§ 16 Abs. 3–6 REITG) Verstößt die Gesellschaft innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren wiederholt gegen die Voraussetzungen, entweder hinsichtlich jeweils des Vermögens oder der Erträge oder der Ausschüttung oder der Erbringung von Nebentätigkeiten, entfällt gem. § 18 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 16 Abs. 3 bis 6 REITG die Steuerbefreiung mit Ablauf des dritten Wirtschaftsjahres. Verstößt die Gesellschaft innerhalb von fünf aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren gegen verschiedene dieser vorgenannten Voraussetzungen, dann entfällt gem. § 18 Abs. 5 Satz 3 REITG die Steuerbefreiung mit Ablauf des fünften Wirtschaftsjahres.
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Der Verlust der Steuerbefreiung ist jedoch in diesen Fällen nicht zwingend. Die Finanzbehörde kann in Ausnahmefällen bestimmen, dass die Steuerbefreiung trotz fortlaufenden Verstoßes gegen die vorgenannten Anforderungen bestehen bleibt. In diesem Fall hat sie jedoch nach § 18 Abs. 5 Satz 3 REITG die gem. § 16 Abs. 3 bis 6 REITG höchstmöglichen Zahlungen festzusetzen.
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3. Sonstige Anforderungen ohne ausdrückliche Sanktionsregelung Sanktionen bei einem Verstoß gegen die sonstigen Anforderungen an einen REIT sind nicht ausdrücklich vorgesehen. Dabei handelt es sich insbesondere um die Anforderungen an die Satzung der Gesellschaft, nämlich Unternehmensgegenstand, Form der Aktien, Mindestnennbetrag des Grundkapitals, die Firma und den Sitz der REIT-AG, sowie die Entschädigungsregelung bei dauerhaftem Verstoß gegen die Streubesitzanforderungen und die Anforderung, dass die Aktiva der Gesellschaft bezogen auf die Summe der Aktiva zu höchstens zu 20 % aus REIT-Dienstleistungsgesellschaften bestehen und die Summe der Umsatzerlöse und sonstigen Erträge von REIT-Dienstleistungsgesellschaften bezogen auf die gesamten Umsatzerlöse höchstens 20 % ausmachen dürfen. Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich jedenfalls, dass keine Strafzahlungen vorgesehen sind, dass jedenfalls zur Erlangung der Steuerbefreiung die Voraussetzungen erfüllt sein sollten und dass keine Heilungsmöglichkeit oder Übergangszeit vorgesehen ist. Unklar ist jedoch, inwieweit die Gesellschaft ihre Steuerbefreiung automatisch verliert, wenn sie diese sonstigen Anforderungen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfüllt.
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Gem. § 16 Abs. 1 REITG ist eine REIT-Aktiengesellschaft von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit, wenn sie die Voraussetzungen der §§ 8–15 REITG erfüllt. Daraus lässt sich schließen, dass ein Verstoß gegen die §§ 8–15 REITG automatisch zum Verlust der Steuerbefreiung führen soll, es sei denn, das Gesetz trifft abweichende Regelungen. Solche abweichende Regelungen bestehen für die meisten dieser Fälle. Daraus ist aber wohl zu entnehmen, dass ein Streichen der Entschädigungsregelung für die Minderheitsaktionäre im Falle des dauerhaften Verstoßes gegen die Streubesitzanforderungen zu einem unmittelbaren Verlust der Steuerbefreiung führen dürfte. Schwieriger zu beurteilen ist die Rechtsfolge bei einer Verletzung der 20 %-Grenzen bei REIT-Dienstleistungsgesellschaften. Dogmatisch konsequent wäre an sich ein sofortiger Verlust der Steuerbefreiung mangels einer ausdrücklichen – abweichenden – Rechtsfolgeregelung. Wird diese Grenze aber um mehr als 5 % überschritten, greifen automatisch die Sanktionen hinsichtlich der Verletzung der Vermögens- und Ertragsanforderungen (s. Rz. 122 und 123), da diese dann ja nicht
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mehr 75 % oder mehr ausmachen können. Dies würde bedeuten, dass die Gesellschaft die Steuerbefreiung verliert, wenn sie die Grenzen nur geringfügig überschreitet, sie aber behält, wenn sie die Grenzen deutlich um mehr als 5 % verletzt. Dies erscheint nicht sachgerecht und dürfte auf ein Versehen zurückzuführen sein115. Insofern ist von einer sanktionslosen Fortführung der Steuerbefreiung auszugehen, wenn die jeweiligen 20 %-Grenzen um nicht mehr als 5 % verletzt werden. Da die Anforderung an die Anmeldung der Firma (§ 8 REITG) – eine ohnehin überflüssige Regelung – nicht nachträglich entfallen kann, verbleibt insofern noch die Anforderung des § 9 REITG, also an den Sitz der Gesellschaft und ihrer Geschäftsleitung. Eine entsprechende Änderung führt mithin wohl zu dem automatischen Verlust der Steuerbefreiung für das Geschäftsjahr, in dem die Anforderung nicht mehr erfüllt wird. 137
Das Bestehen der Steuerbefreiung setzt den Begriff der „REIT-Aktiengesellschaft“ voraus. Dieser Begriff wird in § 1 REITG definiert als Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand wie vorstehend beschrieben beschränkt ist und deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt innerhalb der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind. Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes dürfte mithin ebenfalls zu einem unmittelbaren Verlust der Steuerbefreiung führen. Einer gesonderten Regelung des Verlusts der Zulassung zum Handel hätte es daher an sich nicht bedurft. Allerdings bestimmt § 18 Abs. 1 REITG, dass in diesem Fall der Verlust der Steuerbefreiung bereits in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr eintritt, eine mithin vom Regelfall abweichende Regelung.
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Nicht so eindeutig ist die Behandlung der verbleibenden Anforderungen, also an den Mindestnennbetrag des Grundkapitals, die Form der Aktien und die Firma. Aus der Formulierung, dass der Mindestnennbetrag des Grundkapitals „einer REIT-Aktiengesellschaft“ 15 Millionen Euro „ist“, lässt sich schließen, dass eine Gesellschaft mit einem geringeren Grundkapital keine REIT-Aktiengesellschaft sein kann, so dass bei einem nachträglichen Wegfall dieser Anforderung die Steuerbefreiung automatisch entfällt. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Form der Aktien und die Firma. Eine nachträgliche Änderung der Form der Aktien, die Ausgabe neuer Aktien, die diesen Anforderungen nicht genügen oder das nachträgliche Entfallen des Firmenzusatzes „REIT“ dürften daher jeweils zu einem automatischen Verlust der Steuerbefreiung führen.
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Dogmatisch wenig einsichtig ist dann allerdings, aus welchem Grund der Verstoß gegen die Anforderungen an den Mindeststreubesitz zu einer Entschädigung führen soll, also eine bestimmte ggf. zufällige Zusammensetzung des Aktionärskreises (es kann ja sein, dass beispielsweise 30 jeweils unterschiedliche Aktionäre jeweils 3 % an der Gesellschaft halten), während eine Satzungsänderung, die mit einer Mehrheit von 75 % der Stimmrechte in einer Hauptversammlung zum Verlust der Steuerbefreiung führen kann, ungeahndet bleiben soll. Auch insofern ist das Gesetz noch unausgereift.
XII. Das Outsourcing von Managementaufgaben 140
Bei Immobilienaktiengesellschaften typisch ist die Frage der Zulässigkeit des Outsourcings von Managementaufgaben. So übernimmt beispielsweise bei der an der 115 Soweit ersichtlich ist diese Frage auch in der Literatur bislang noch nicht erkannt worden.
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Frankfurter Wertpapierbörse notierten Eurocastle Investment Ltd. das Management der Geschäftstätigkeit weitestgehend die Fortress Investment Group Inc.
1. Grundsatz – Leitung durch den Vorstand Bei einer deutschen Aktiengesellschaft sind dem Vorstand die Geschäftsführung und Leitung gesetzlich zugewiesen. Im Gegensatz zum Aufsichtsrat ist er das Leitungsorgan der Gesellschaft, dem die Leitungsverantwortung und damit verbunden eine Leitungspflicht als originäre Aufgabe zukommt. Dies ergibt sich vor allem aus § 76 Abs. 1 AktG, wonach der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat. Daneben weist § 77 AktG dem Vorstand auch die Geschäftsführung zu. Die Leitung der Gesellschaft gehört zum Kernbereich der Vorstandstätigkeit, die der Vorstand nicht aus der Hand geben darf116.
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Der Begriff der Leitung der Gesellschaft wird gesetzlich nicht definiert. Überwiegend wird die Leitung als Teil der Geschäftsführung angesehen117. In Anlehnung an betriebswirtschaftliche Grundsätze werden allgemein die Unternehmensplanung, Unternehmenskoordination, Unternehmenskontrolle sowie die Führungspostenbesetzung zu den Leitungsaufgaben gezählt118. Daneben werden teilweise auch sonstige Maßnahmen und Geschäfte der Leitung zugerechnet, die für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind oder mit denen ein außergewöhnliches Risiko verbunden ist119.
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2. Aufgabenzuweisung an andere Stellen Der Vorstand muss alle dem Organ selbst zugewiesenen Aufgaben erfüllen, insbesondere originäre unternehmerische Führungsfunktionen dürfen vom Vorstand nicht übertragen werden120. Zwar darf der Vorstand die Verantwortung für die Leitungsaufgaben nicht übertragen, eine Delegation der Vorbereitung und Ausführung aller Leitungsaufgaben ist jedoch möglich. Auch laufende Verwaltungsaufgaben des Tagesgeschehens dürfen übertragen werden121. Die Entscheidungsverantwortung muss dabei beim Vorstand verbleiben; eine Übertragung kann damit nur der Ausführung nach erfolgen122. Somit besteht die Leitungsverantwortung des Vorstandes insbesondere in der Planungs- und Organisationsverantwortung. Sofern notwendig, hat der Vorstand die erforderlichen Kontroll- und Berichtssysteme einzurichten123. Eine Überwachungspflicht des Vorstandes ergibt sich auch aus §§ 9 Abs. 2, 130 OWiG, 116 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 6; Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 77 Rz. 30. 117 Hüffer, AktG, § 76 Rz. 7; Hirschmann in van Kann, Vorstand der AG, Kapitel II Rz. 133. 118 Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 76 Rz. 15 ff.; Hüffer, AktG, § 76 Rz. 8; Kort in Großkomm. AktG, § 76 Rz. 36; Mertens in KölnKomm. AktG, § 76 Rz. 4 f. 119 Liebscher in Beck’sches Hdb. AG, § 6 Rz. 112. 120 Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 2 Rz. 23; Semler in Semler/ Peltzer, ArbeitsHdb. für Vorstandsmitglieder, § 1 Rz. 59; Hirschmann in van Kann, Vorstand der AG, Kapitel II Rz. 134; Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 77 Rz. 31. 121 Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, § 2 Rz. 23; so auch Kort in Großkomm. AktG, § 76 Rz. 36; anders wohl Wiesner in MünchHdb. AG, § 19 Rz. 13. 122 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 17. 123 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 17.
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der die Verletzung der Aufsichtspflicht mit einer Geldbuße belegt. Die Funktion des Vorstandes darf allerdings nicht auf eine bloße Kontrollfunktion reduziert werden – damit würden auch die für das operative Geschäft Zuständigen dem Zugriff des Aufsichtsrates entzogen werden – vielmehr bleibt der Vorstand tatsächlich für die Leitung der Gesellschaft verantwortlich124. a) Aufgabenzuweisung innerhalb des Unternehmens 144
Eine Delegation an nachgeordnete Unternehmensebenen im Wege einer widerruflich erteilten Generalvollmacht ist von der Rechtsprechung stillschweigend gebilligt worden125. Allerdings sind solche Generalvollmachten dann unzulässig, wenn sie sich auf unveräußerliche Leitungsentscheidungen erstrecken126. Grundsätzlich ist auch nur die Ausführung der Aufgabe delegierbar, nicht jedoch die Leitungsentscheidung selbst127. Zudem muss der Vorstand die Mitarbeiter sorgfältig auswählen und ausreichend überwachen128. b) Aufgabenübertragung an unternehmensfremde Dritte (Outsourcing)
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Der Vorstand kann auch unternehmenswesentliche Teilbereiche auslagern, wenn er den Dritte so auswählt und einweist, dass eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung in gleicher Weise gewährleistet ist wie bei unternehmensinterner Delegation129. Zudem muss er durch schuldrechtliche Vereinbarungen mit den jeweiligen Dritte sicherstellen, dass er seiner Steuerungs- und Informationsverantwortung nachkommen kann130. Auch konzernexterne Betriebsführungs- oder Managementverträge bei denen das Unternehmen auf Rechnung der Eigentümergesellschaft durch einen Dritten geleitet wird, verstoßen im Regelfall nicht gegen die Leitungspflicht des Vorstandes, wenn nur die laufende Geschäftsführung übertragen wird, aber die grundsätzlichen Entscheidungen beim Vorstand verbleiben. Im Rahmen der Übertragung der laufenden Geschäftstätigkeit muss sichergestellt werden, dass: – die Richtlinien für die Geschäftsführung festgelegt werden; – Inhalt und Umfang der Geschäftsführungsmaßnahmen am Interesse des Auftraggebers ausgerichtet werden; sowie – umfassende Informations-, Einsichts- und Kontrollrechte des Vorstandes gewährleistet sind131.
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Der Vorstand muss also jederzeit in der Lage sein, eigenverantwortliche Leitungsentscheidungen zu treffen und stets im Zentrum der unternehmerischen Aktivität bleiben. Im Ergebnis muss der Vorstand gegenüber dem Betriebsführer ein Weisungsrecht haben132. 124 Hirschmann in van Kann, Vorstand der AG, Kapitel II Rz. 134. 125 Vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, Vor § 48 Rz. 2. 126 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 62; Kort in Großkomm. AktG, § 76 Rz. 157; Mertens in KölnKomm. AktG, § 76 Rz. 44. 127 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 57. 128 Liebscher in Beck’sches Hdb. AG, § 6 Rz. 135. 129 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 57. 130 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 57. 131 Fleischer in Handbuch des Vorstandsrechts, § 1 Rz. 64 m.w.N. 132 Kort in Großkomm. AktG, § 76 Rz. 159 ff.
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§ 22 Derivate Christof von Dryander/Gabriele Apfelbacher* I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . .
1
1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . .
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2. Kategorien von Derivaten a) Termingeschäfte . . . b) Optionsgeschäfte . . . c) Swapgeschäfte . . . . .
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Derivaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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13 14 15 16
4. Wirtschaftliche Bedeutung von Derivaten . . . . . . . . . . . . . . .
17
3. Einsatzzwecke von a) Hedging . . . . . b) Trading . . . . . c) Arbitrage . . . .
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. . . .
II. Allgemeine Rechtsfragen 1. Verbindlichkeit von Verträgen, die Derivate zum Gegenstand haben a) Ultra-Vires-Lehre . . . . . . . . . b) Spieleinwand nach § 762 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Differenzeinwand nach § 764 BGB a.F. i.V.m. § 762 BGB . . . 2. Haftungsrisiken bei Derivategeschäften a) Haftungsrisiken gegenüber Geschäftsgegnern . . . . . . . . . . . b) Haftungsrisiken für Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . .
20 23 32
34 41
3. Vertragsgestaltung bei OTC-Derivaten . . . . . . a) Inlandsgeschäfte . . . . b) Grenzüberschreitende Derivategeschäfte . . . 4. Insolvenzrecht . . . . . .
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47 48
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56 62
III. Besondere Rechtsfragen von Derivaten, die der Unternehmensfinanzierung dienen . . . . . . . . . 66 1. Einsatz von Derivaten zur direkten Mittelaufnahme . . . . . . . . . . . . 67 a) Naked Warrants . . . . . . . . . . 69 b) Huckepack-Optionen . . . . . . . 74 c) Aktienswaps zur Monetisierung von Beteiligungen . . . . . . . . . 77 2. Einsatz von Derivaten zu HedgingZwecken . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Hedging von Zinsrisiken . . . . . 83 aa) Zinsswaps . . . . . . . . . . . 84 bb) Zinssatz-Caps . . . . . . . . . 86 cc) Forward Rate Agreements . 88 b) Hedging von Währungsrisiken . 89 aa) Devisentermingeschäfte . . 90 bb) Währungsswaps . . . . . . . 92 c) Hedging von Aktienpreisrisiken 94 aa) Call-Optionen auf eigene Aktien . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Call-Optionen auf Aktien eines Drittemittenten . . . . 102 cc) Call-Spread-Transaktionen auf eigene Aktien . . . . . . 104
Schrifttum: Assmann, Irrungen und Wirrungen im Recht der Termingeschäfte, ZIP 2001, 2061; Balzer, Anlegerschutz bei Verstößen gegen die Verhaltenspflichten nach §§ 31 ff. Wertpapierhandelsgesetz, ZBB 1997, 260; Binder, Daytrading als Finanztermingeschäft, ZHR 169 (2005), 329; Bosch in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung: Das neue Insolvenzrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2000; Busch, Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss, AG 1999, 58; Casper, Das neue Recht der Termingeschäfte, WM 2003, 161; Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, 2001, S. 43; Clouth/Vollmuth in Hopt (Hrsg.), Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 3. Aufl. 2007; Culp/Miller/Neves in Value at Risk: Uses and Abuses, Journal of Applied Corporate Finance Volume 10/4 Winter 1998, S. 30–34; Dierks, Selbständige Aktienoptionsscheine, 2000; Emmerich, in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, §§ 241–432, 5. Aufl. 2007; Engel in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 2, * Die Autoren danken Herrn Assessor Peter Korth, LL.M., für die hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags.
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Recht der Schuldverhältnisse, §§ 741–764, 2002; Fleischer, Das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz, NJW 2002, 2977; Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433; Gätsch, Naked Warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, 1256; Global Derivates Study Group, Derivates: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993; Grobecker/Michel, Rückkauf eigener Aktien: Die Grenzen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, DStR 2001, 1757; Habersack in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, Schuldrecht, Besonderer Teil III, §§ 705–853, 4. Aufl. 2004; Hadding/Hennrichs, Devisentermingeschäfte – Prolongation und Aufklärungspflichten, FS Carsten Peter Claussen, 1997, S. 447; Hengeler Mueller Weitzel Wirtz, Enforceability Survey – Germany, in Global Derivates Study Group, Derivates: Practices and Principles – Appendix II: Legal Enforceability: Survey of Nine Jurisdictions, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 203 ff.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994; Hess, Insolvenzrecht, Großkommentar, Band II, 2007; Huber in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, §§ 103–269, 2002; Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, 6. Aufl. 2006; Hutter/Kaulamo, Das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz: Änderungen der anlassabhängigen Publizität, NJW 2007, 471; Jahn in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 2, §§ 103–269, 2002; Janoschek in Bamberger/Roth (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, §§ 611–1296, 2003; Kessler/Heda, Wahrnehmung von Chancen als Glücksspiel, WM 2004, 1812; Kewenig/Schneider, Hannes, Swap Geschäfte der öffentlichen Hand in Deutschland, WM Sonderbeilage Nr. 2/1992, S. 1–18; Kniehase, Derivate auf eigene Aktien: derivative Geschäfte von Aktiengesellschaften im Hinblick auf die physische Lieferung neuer bzw. existierender Aktien sowie die Vereinbarung eines Kursdifferenzausgleichs, 2005; Köndgen, Die Entwicklung des privaten Bankrechts, NJW 1996, 558; Köndgen in Kübler/Prütting, InsO, Kommentar zur Insolvenzordnung, Band I, Stand März 2007, § 104 Rz. 30 ff.; Kuprianov, Derivative Debacles – Case Studies of Large Losses in Derivatives Markets, Federla Reserve Bank of Richmond Economic Quarterly Volume 81/4 Fall 1995, S. 1; Linklaters & Paines, Enforceability: Survey of Nine Jurisdictions, Published by the Group of Thirty, Washington, DCm, July 1993, S. 156; Löschner, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 150; Martens, Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, 69; Mick, Aktien- und bilanzsteuerliche Implikationen beim Einsatz von Eigenkapitalderivaten beim Aktienrückkauf, DB 1999, 1201; Möller, Rückerwerb eigener Aktien: der Rückerwerb eigener Aktien ohne positive gesetzliche Zweckvorgabe, 2005, S. 187; Mülbert/Böhmer, Ereignisbezogene Finanzprodukte – Zivil-, Kapitalmarkt-, Wertpapier-, Straf- und Öffentliches Recht – Teil I –, WM 2006, 937; Reiner in Münchener Vertragshandbuch, Band 4, Wirtschaftsrecht III, 6. Aufl. 2007; Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, 2002; Reuter in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, Allgemeiner Teil, 1. Halbband: §§ 1–240, 5. Aufl. 2006; Roth in Kölner Kommentar zum WpHG, 2006; Schäfer, Frank A., Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland: Praxisprobleme von Equity-linked-Emissionen, ZGR-Sonderheft 16, 2000, S. 62; Schäfer, Frank A./Lang, Volker in Clouth/Lang (Hrsg.), MiFID – Praktikerhandbuch, Neue Verhaltenspflichten für Banken und Sparkassen durch Gesetzgeber und Bankenaufsicht, 2007; Schäfer, Frank A. in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, Commercial Banking – Investment Banking, 2. Aufl. 2004; Schanz, Zur Zulässigkeit des „Greenshoe“-Verfahrens nach deutschem Aktienrecht, BKR 2002, 439; Schlitt, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 150; Schmid/Mühlhäuser, Rechtsfragen des Einsatzes von Aktienderivaten beim Aktienrückkauf, AG 2001, 493; Terlau in Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Band I, §§ 1–811, 11. Aufl. 2004; Theusinger, Naked Warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, 1256; Vetter, Jochen, Die Gegenleistung für den Erwerb einer Aktie bei Ausübung einer Call Option, AG 2003, 478; Weichert/Wenninger, Die Neuregelung der Erkundigungs- und Aufklärungspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gem. Art. 19 RiL 2004/39/EG (MiFID) und Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz, WM 2007, 627; Westphalen, Stefanie von, Derivategeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, 2000; Wohlfarth/Brause, Die Emission kursorientierter Wertpapiere auf eigene Aktien, WM 1997, 397.
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von Dryander/Apfelbacher
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I. Einführung Am 19. März 1999 hielt der damalige Chairman der Federal Reserve, Alan Greenspan, eine Rede mit dem Titel „Financial Derivatives“ vor der Futures Industry Association in Boca Raton, Florida. Greenspan leitete sie mit folgenden Worten ein:
1
„By far the most significant event in finance during the past decade has been the extraordinary development and expansion of financial derivatives.“1
Die – von Greenspan (s. Rz. 1) bereits vor acht Jahren als „extraordinary“ bezeichnete – Entwicklung und Verbreitung von derivativen Finanzinstrumenten hat sich in den vergangenen Jahren weiter fortgesetzt: Nach den von der Bank for International Settlements (BIS) veröffentlichten Daten war das Nennbetragsvolumen der weltweit zur Abwicklung stehenden außerbörslichen Derivatetransaktionen im Dezember 2006 um 517 % größer als im Dezember 19982. Das entspricht einem durchschnittlichen Wachstum von fast 65 % pro Jahr.
2
In das Bewusstsein der Öffentlichkeit sind Derivate erstmals Mitte der 1990er Jahre durch die Berichterstattung über die so genannten „Derivate-Unfälle“ oder – drastischer – „Derivatives Debacles“ bzw. „Great Derivatives Disasters“ gedrungen3. Gemeint sind damit die hohen Verluste, welche Procter & Gamble in Tranksaktionen mit Bankers Trust (über US$ 150 Millionen), die Metallgesellschaft AG aufgrund der Aktivitäten ihrer amerikanischen Tochter MG Refining & Marketing, Inc. im Öltermingeschäft (ca. US$ 1,3 Milliarden), die kalifornische Gebietskörperschaft Orange County wegen der Insolvenz des Orange County Investment Pools (ca. US$ 1,5 Milliarden) und das Bankhaus Barings aufgrund der Spekulationsgeschäfte des „rogue traders“ Nick Leeson (über US$ 1 Milliarde) in den Jahren 1993–1995 erlitten haben und die auf den Einsatz von Derivaten zurückzuführen sind4.
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Diese Ereignisse rückten die Risiken, die mit dem Einsatz von Derivaten verbunden sind, in den Mittelpunkt des Interesses5. Im Anschluss an die im Juli 1993 veröffentlichte Studie der hochkarätig besetzten Global Derivatives Study Group mit dem Titel „Derivatives: Practices and Principles“6 werden diese Risiken häufig in vier Ka-
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1 Die Rede ist auf der Webseite der Federal Reserve (www.federalreserve.gov) abrufbar. 2 S. zum einen Bank for International Settlements, OTC derivatives market activity in the second half of 2006, S. 7, zum anderen Bank for International Settlements, The global OTC derivatives market at end-December 1998, S. 3. Beide Veröffentlichungen sind auf der Webseite der BIS (www.bis.org) abrufbar. 3 Vgl. etwa Börsen-Zeitung Nr. 41 v. 28.2.1995, S. 1 („Das Barings-Fiasko“); Handelsblatt Nr. 185 v. 24.9.1996, S. B 6 („Derivate richtig nutzen/Effiziente Kontrollmechanismen schaffen. Die Milliardenverluste der jüngsten Zeit mahnen zur Besonnenheit“). S. auch Kuprianov, Derivative Debacles – Case Studies of Large Losses in Derivatives Markets, Federal Reserve Bank of Richmond Economic Quarterly Volume 81/4 Fall 1995, S. 1 ff. 4 S. hierzu die Analyse von Culp/Miller/Neves, Value at Risk: Uses and Abuses, Journal of Applied Corporate Finance Volume 10/4 Winter 1998, S. 30–34. 5 Die Fälle des Bankhauses Barings und der Metallgesellschaft AG haben im Jahr 1995 u.a. zu einer „Großen Anfrage“ (BT-Drucks. 13/842) und zu einer „Kleinen Anfrage“ (BT-Drucks. 13/681) von Bundestagsabgeordneten bei der Bundesregierung im Hinblick auf das Risiko von Derivaten geführt. Die Antworten der Bundesregierung sind in BT-Drucks. 13/1530 und BT-Drucks. 13/873 abgedruckt. 6 Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993.
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§ 22
Derivate
tegorien analysiert: (1) market risk7, (2) credit risk8, (3) operational risk9 und (4) legal risk10. Nach einigen weiteren einführenden Bemerkungen wird im Folgenden das – über das „legal risk“ hinausgehende – „legal environment“ von derivativen Finanzinstrumenten dargestellt. Dabei werden in einem allgemeinen Teil rechtliche Aspekte behandelt, die generell bei dem Einsatz von Derivaten von Bedeutung sind (unter II.). In einem darauf folgenden besonderen Teil werden Rechtsfragen angesprochen, die speziell diejenigen Derivate betreffen, die zur Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt eingesetzt werden (unter III.).
1. Begriffsbestimmung 5
Aus ökonomischer Perspektive sind „Derivate“ ganz allgemein Finanzinstrumente, deren Wert aus einer vertraglich festgelegten Beziehung zu einer zugrundeliegenden Variablen (Basiswert, Basistitel, Underlying) abgeleitet wird (lat. derivare = ableiten, entspringen)11. Dieser Begriff verweist nicht auf eine statische Gruppe von Finanzinstrumenten. Führt man sich vor Augen, dass Derivate auch selbst als Underlyings fungieren können12, wird schnell deutlich, dass dem Erfindungsreichtum bei der Schaffung immer neuer derivativer Finanzinstrumente praktisch keine Grenzen gesetzt sind.
6
Als Rechtsbegriff werden „Derivate“ in § 2 Abs. 2 WpHG und in § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz – FRUG)13 am 1.11.2007 wie folgt definiert: 7 „The market risk of derivatives, like that of any other financial instrument, depends upon their price behavior when market conditions change.“ Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 43. 8 „Credit risk is the risk that a loss will be incurred if a counterparty defaults on a derivatives contract. The loss due to a default is the cost of replacing the contract with a new one. The replacement cost at the time of default is equal to the present value of the expected future cash flows.“ Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 47. 9 „Operational risk is the risk of losses occurring as a result of inadequate systems and control, human error, or management failure. Such risks also exist in securities and credit businesses. The complexity of derivatives, however, requires special emphasis on maintaining adequate human and systems controls to validate and monitor the transactions and positions of dealers.“ Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 50. 10 „Legal risk is the risk of loss because a contract cannot be enforced. This includes risks arising from insufficient documentation, insufficient capacity or authority of a counterparty (ultra vires), uncertain legality, and unenforceability in bankruptcy or insolvency.“ Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 51. 11 S. nur Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 28; Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, S. 1; Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 1. 12 Zum Beispiel bei Optionen auf Finanzswaps (so genannte „Swaptions“). Weitere übliche Kombinationen von Derivaten sind beispielsweise aufgelistet in Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1993, S. 48. 13 BGBl. I 2007, 1330.
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§ 22
Derivate „Derivate (…) sind
1. als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte: a) Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, b) Devisen oder Rechnungseinheiten, c) Zinssätze oder andere Erträge, d) Indices der Basiswerte des Buchstaben a, b oder c, andere Finanzindices oder Finanzmessgrößen oder e) Derivate; 2. Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Emissionsberechtigungen, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie a) durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist, b) auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen Handelssystem geschlossen werden oder c) nach Maßgabe des Artikels 38 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 der Kommission vom 10. August 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufzeichnungspflichten für Wertpapierfirmen, die Meldung von Geschäften, die Markttransparenz, die Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel und bestimmte Begriffe im Sinne dieser Richtlinie (ABl. EU Nr. L 241 S. 1) Merkmale anderer Derivate aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen und nicht die Voraussetzungen des Artikels 38 Abs. 4 dieser Verordnung gegeben sind, und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 38 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 sind; 3. finanzielle Differenzgeschäfte; 4. als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate); 5. Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.“
Im Vergleich zu der Derivatedefinition dieser Bestimmungen in ihrer Fassung bis zum Inkrafttreten des FRUG ergeben sich inhaltliche Neuerungen durch die Erweiterung der aufgeführten Basiswerte sowie durch die Einbeziehung von Kreditderivaten (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 WpHG bzw. § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 4 KWG) und von finanziellen Differenzgeschäften ohne Eingrenzung des Referenzwertes oder des Bezugsobjekts (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 WpHG bzw. § 1 Abs. 11 Satz 4 Nr. 3 KWG)14. 14 Begründung des Regierungsentwurfes zum FRUG, BT-Drucks. 16/4028, S. 54. § 2 Abs. 2 WpHG a.F. lautete: „Derivate (…) sind als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von 1. dem Börsenoder Marktpreis von Wertpapieren, 2. dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten, 3. Zinssätzen oder anderen Erträgen, 4. dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen oder 5. dem Preis von Devisen.“ § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG a.F. enthielt eine nahezu identische Begriffsbestimmung; anstatt „dem Preis von Devisen“ in § 2 Abs. 2 Nr. 5 WpHG a.F. hieß es in § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG a.F. „dem Preis von Devisen oder Rechnungseinheiten“.
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Da § 2 Abs. 2 WpHG und § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG den Begriff der „Derivate“ allein für den Zweck der Anwendung des WpHG bzw. des KWG definieren, wird im Folgenden – soweit nicht anders vermerkt – der allgemeinere ökonomische Derivatebegriff zugrunde gelegt.
2. Kategorien von Derivaten 9
Üblicherweise15 werden Derivate in drei Kategorien unterteilt: Termingeschäfte, Optionsgeschäfte und Swapgeschäfte. a) Termingeschäfte
10
Ein Termingeschäft ist die Vereinbarung, einen bestimmten Vermögenswert zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis zu kaufen (Long-Position) bzw. zu verkaufen (Short-Position). Termingeschäfte lassen sich weiter untergliedern in „Forwards“ und „Futures“. „Forwards“ sind Termingeschäfte, die nicht standardisiert sind, d.h. zwischen den Beteiligten frei ausgehandelt werden, und nur außerbörslich, d.h. im so genannten Over The Counter- oder OTC-Markt gehandelt werden. „Futures“ hingegen sind standardisierte Termingeschäfte. Sie werden an den Terminbörsen gehandelt. b) Optionsgeschäfte
11
Ein Optionsgeschäft gewährt einer Vertragspartei (Optionskäufer) das Recht, einen bestimmten Vermögenswert zu einem bestimmten Preis (Basispreis) in der Zukunft zu kaufen (Kaufoption – Call) bzw. zu verkaufen (Verkaufsoption – Put). Der Optionskäufer zahlt der Gegenseite (Stillhalter) für den Erwerb der Option eine Optionsprämie. Kann die Option zu jedem Zeitpunkt bis zum Fälligkeitstermin ausgeübt werden, wird sie als „Amerikanische Option“ bezeichnet. „Europäische Optionen“ können hingegen nur am Fälligkeitstermin ausgeübt werden. Übt der Optionskäufer die Option nicht innerhalb des festgelegten Zeitrahmens bzw. nicht am Fälligkeitstermin aus, verfällt sie. Häufig sehen Optionsverträge auch eine automatische Ausübung zum Laufzeitende vor. c) Swapgeschäfte
12
Ein Swapgeschäft ist die Vereinbarung, in der Zukunft unterschiedliche Cashflows über einen festgelegten Zeitraum zu vorab definierten Zeitpunkten zu „tauschen“ (engl. to swap = austauschen). Es gibt zwei Grundformen von Swapgeschäften: den Zinsswap und den Währungsswap. Bei einem Zinsswap wird eine Vereinbarung über den Austausch von unterschiedlichen Zinssätzen auf einen festgelegten Nominalbetrag getroffen. Häufig werden dabei feste gegen variable Zinssätze getauscht (Plain-Vanilla Zinsswap). In der einfachsten Form des Währungsswaps werden Kapital und Zinsen in einer Währung gegen Kapital und Zinsen in einer anderen Währung getauscht. 15 S. etwa Bank for International Settlements, OTC derivatives market activity in the second half of 2006, S. 6, abrufbar auf der Webseite der BIS (www.bis.org); Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 1.
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§ 22
Derivate
3. Einsatzzwecke von Derivaten Derivate werden regelmäßig zu drei Zwecken eingesetzt: zum Risikomanagement (Hedging), zur Spekulation (Trading) und zur Erzielung von Arbitrage-Gewinnen.
13
a) Hedging Das Hedging dient zur Absicherung gegen zukünftige Wert- oder Preisveränderungen. Der Inhaber einer Aktienposition etwa kann sich gegen die Gefahr des Absinkens des Aktienkurses durch den Erwerb einer Verkaufsoption absichern. Ein Produktionsunternehmen kann das Risiko der Verteuerung des benötigten Rohstoffs begrenzen, indem es durch den Abschluss eines Forwardkontrakts eine Long-Position an diesem Rohstoff erwirbt. Der Darlehensnehmer eines fest verzinslichen Darlehens schließt, etwa um sich für den Fall eines Rückgangs des Marktzinssatzes abzusichern, ein Zinsswapgeschäft ab, unter dem der Darlehensschuldner zur Zahlung variabler Zinsen, die Gegenpartei zur Zahlung fester Zinsen auf dem Darlehensbetrag verpflichtet ist.
14
b) Trading Insbesondere aufgrund der so genannten „Hebelwirkung“ (Leverage Effect) werden Derivate daneben zu spekulativen Zwecken eingesetzt. Der Leverage Effect besteht darin, dass sich unter Verwendung eines vergleichsweise geringen Kapitaleinsatzes ein vergleichsweise hoher Gewinn erzielen lässt. Das lässt sich an dem folgenden Beispiel, welches Transaktionskosten und Steuern unberücksichtigt lässt, verdeutlichen: Ein Investor hat 1 000 Euro zur Verfügung, die er in Aktien investieren möchte. Er erwirbt Aktien eines Unternehmens zu einem Kurs von 100 Euro pro Stück. Zwei Jahre später ist der Kurs der Aktien auf 130 Euro pro Stück gestiegen. Der Investor verkauft die Aktien. Er hat einen Gewinn von insgesamt 300 Euro (10 mal 30 Euro) erzielt. Kauft der Investor statt der Aktien gegen Zahlung einer Optionsprämie von jeweils 10 Euro Optionen, die ihn berechtigen, nach Ablauf von zwei Jahren die Aktien zu einem Preis von 100 Euro pro Stück zu kaufen, erwirbt er insgesamt 100 solcher Kaufoptionen. Zum Fälligkeitstermin übt er die Optionen aus, verkauft die Aktien simultan zu ihrem Kassapreis von je 130 Euro weiter und erzielt so einen Gewinn von insgesamt 2 000 Euro (3 000 Euro (100 mal 30 Euro) minus 1 000 Euro).
15
c) Arbitrage Arbitrage beschreibt das Ausnutzen von Preisdifferenzen eines Wirtschaftsguts. Wird etwa ein Wirtschaftsgut an zwei unterschiedlichen Orten zeitgleich zu unterschiedlichen Kursen gehandelt, kauft der Arbitrageur das Wirtschaftsgut zum niedrigeren Preis und verkauft es simultan zum höheren Preis. Die Arbitragemöglichkeit besteht hierbei in der Regel nur für einen sehr kurzen Zeitraum. Der Angebots- und Nachfragemechanismus führt schnell zu einer Angleichung der Preise. Das Zeitfenster, innerhalb dessen die Erzielung von Arbitragegewinnen möglich ist, erweitert sich, wenn Derivate zum Einsatz kommen. Denn das Bestehen von Preisdifferenzen zwischen dem Kassa- und dem Derivatekurs eines Underlyings ist nicht für jeden Marktteilnehmer sofort ohne Weiteres erkennbar. Ein einfaches Beispiel16: Der Kas16 Nach Hull, Optionen, Futures und andere Derivate, S. 5.
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sakurs für Gold beträgt 300 Euro pro Unze und der risikofreie Zinssatz für einjährige Investitionen 5 % für das Jahr. Der einjährige Forwardpreis für Gold liegt bei 340 Euro. Ein Arbitrageur nutzt die Preisdifferenz zwischen dem Kassa- und dem Forwardpreis aus, indem er ein Darlehen über 300 Euro aufnimmt, für das er 5 % Zinsen pro Jahr zahlt. Mit dem Betrag kauft er eine Unze Gold und übernimmt gleichzeitig eine Short-Position in einem Forwardkontrakt, um das Gold in einem Jahr für 340 Euro zu verkaufen. Der Arbitrageur erzielt einen Gewinn von 25 Euro (40 Euro minus 15 Euro).
4. Wirtschaftliche Bedeutung von Derivaten 17
Die wirtschaftliche Bedeutung von Derivaten ist heutzutage immens. Nach den jüngsten Erhebungen der BIS über die Entwicklungen auf dem globalen Markt für OTC-Derivate standen im Dezember 2006 außerbörsliche Derivatetransaktionen in einem Nennbetragvolumen von weltweit US$ 415 183 Milliarden zur Abwicklung17. Der größte Anteil hiervon – etwa 70 % – fiel dabei auf Derivate, deren Underlyings Zinssätze sind.
18
Im Hinblick auf börsliche Derivatetransaktionen lag das entsprechende Nennbetragsvolumen nach den Veröffentlichungen der BIS im Dezember 2006 bei weltweit US$ 70 512 Milliarden18. Zinssatzderivate hatten hieran einen Anteil von knapp 89 %. An den Börsen wurde im Jahr 2006 nach Angaben der internationalen Terminbörse Eurex an den bedeutendsten Börsen weltweit eine Anzahl von etwa 9,31 Milliarden Derivatekontrakten gehandelt – 26,41 % hiervon an der Korea Exchange (KRX), 16,40 % an der Eurex, 15,07 % an der Chicago Mercantile Exchange (CME), 8,66 % an der Chicago Board of Trade (CBOT), 7,25 % an der Chicago Board Options Exchange (CBOE), 6,27 % an der International Securities Exchange (ISE) und 5,34 % an der London International Financial Futures Exchange (Liffe)19.
19
Aufgrund dieser wirtschaftlichen Bedeutung und der Komplexität derivativer Finanzinstrumente ist das Risiko, das Derivate – und unter diesen insbesondere die Kreditderivate – für die Stabilität des globalen Finanzsystems spielen, in letzter Zeit wieder vermehrt Gegenstand öffentlicher Diskussion gewesen20, nachdem Mitte der 1990er Jahre die so genannten „Derivate-Unfälle“ für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt hatten21.
17 Bank for International Settlements, OTC derivatives market activity in the second half of 2006, S. 7. Ein Jahr zuvor, im Dezember 2005, betrug dieser Wert noch US$ 297 670 Milliarden, siehe ebenda. Das Dokument ist auf der Webseite der BIS (www.bis.org) abrufbar. 18 Bank for International Settlements, BIS Quarterly Review March 2007 – Statistical Annex, S. A 108. Das Dokument ist auf der Webseite der BIS (www.bis.org) abrufbar. 19 Eurex, Monthly Statistics – Derivatives Market, May 2007, S. 109 f. Das Dokument ist auf der Webseite der Eurex (www.eurexchange. com) abrufbar. 20 Vgl. etwa The Economist vom 21.4.2007, S. 87–89 („At the risky end of finance“); Handelsblatt Nr. 218 vom 10./11./12.11.2006, S. B 20 („Produkte spalten Finanzwelt – Zwischen den Befürwortern und Gegnern von Derivaten tobt ein heftiger Meinungsstreit“). 21 S. die Nachweise oben in Fn. 3.
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§ 22
Derivate
II. Allgemeine Rechtsfragen 1. Verbindlichkeit von Verträgen, die Derivate zum Gegenstand haben a) Ultra-Vires-Lehre Im Januar 1991 hat das House of Lords in dem Fall Hazell v Hammersmith and Fulham London Borough Council entschieden, dass dem London Borough of Hammersmith and Fulham die Rechtsfähigkeit (Capacity, Vires) dazu fehlte, Swapgeschäfte einzugehen. Die entsprechenden Verträge seien demnach „ultra vires“ abgeschlossen worden und unwirksam22. Seit dieser Entscheidung beschäftigt die Frage, ob die Ultra-Vires-Lehre im Einzelfall der Wirksamkeit von Derivategeschäften, insbesondere solchen, die von juristischen Personen eingegangen wurden, entgegensteht, die Finanzwelt23.
20
Die Ultra-Vires-Lehre, also die Lehre von der nach Zweck und Gegenstand beschränkten Rechtsfähigkeit von juristischen Personen findet auf deutsche juristische Personen des privaten Rechts keine Anwendung24. Anderes gilt für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese nur beschränkt im Rahmen des ihnen zugewiesenen Aufgaben- und Wirkungskreises rechtsfähig sind und ihre Organe daher nur in diesem Rahmen wirksam Privatrechtsgeschäfte vornehmen können25.
21
Der Aufgaben- und Wirkungskreis von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird durch die sie konstituierenden Rechtsnormen bestimmt. Es ist also in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob der Abschluss von Derivategeschäften von den Rechtsnormen gedeckt ist, welche die handelnde juristische Person des öffentlichen Rechts verfassen. Ein umfassender Überblick kann hier nicht gegeben werden26. Festzuhalten ist, dass Einigkeit dahingehend besteht, dass die Ultra-Vires-Lehre den vom Bund und von den Ländern abgeschlossenen Derivategeschäften wegen deren unbeschränkter Rechtsfähigkeit nicht entgegensteht27. Die Grenzen, welche den Kommunen bei dem Abschluss von – für die Kommunen immer bedeutsamer werdenden28 – Derivategeschäften gesetzt sind, sind im einzelnen umstritten. Zur bloßen Spekulation dürfen die Kommunen derivative Finanzinstrumente jedenfalls
22
22 S. Linklaters & Paines, Enforceability Survey – England, in Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles – Appendix II: Legal Enforceability: Survey of Nine Jurisdictions, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 156. 23 Vgl. Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 51. 24 S. nur Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 8 Rz. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 8 V 2; Reuter in MünchKomm. BGB, Vor § 21 Rz. 14. 25 BGH v. 28.2.1956 – I ZR 84/54, BGHZ 20, 119 ff. 26 Ein solcher ist bei Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 111 ff. zu finden. S. auch Hengeler Mueller Weitzel Wirtz, Enforceability Survey – Germany, in Global Derivatives Study Group, Derivatives: Practices and Principles – Appendix II: Legal Enforceability: Survey of Nine Jurisdictions, Published by the Group of Thirty, Washington, DC, July 1993, S. 203 ff. 27 Kewenig/Schneider, WM Sonderbeilage Nr. 2/1992, S. 5; Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 124 f.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 21 Rz. 60. 28 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 153 vom 5.7.2007, S. 20 („Zinsderivate sind keine Wettgeschäfte – Der Einsatz von Derivaten erleichtert die Steuerung der städtischen Schulden“).
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§ 22
Derivate
nicht einsetzen29. Tun sie es dennoch, sind die entsprechenden Verträge unwirksam30. b) Spieleinwand nach § 762 BGB 23
Gem. § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch Spiel oder Wette eine Verbindlichkeit nicht begründet. § 37e Satz 1 WpHG bestimmt, dass der Einwand des § 762 BGB gegen Ansprüche aus Finanztermingeschäften, bei denen mindestens ein Vertragsteil ein Unternehmen ist, das gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Finanztermingeschäfte abschließt oder deren Abschluss vermittelt oder die Anschaffung, Veräußerung oder Vermittlung von Finanztermingeschäften betreibt, nicht erhoben werden kann.
24
§ 37e WpHG wurde durch das FRUG in seinem Kern nicht verändert: Die bisher in § 2 Abs. 2a WpHG a.F. enthaltene Definition der Finanztermingeschäfte, nach der Finanztermingeschäfte Derivate im Sinne des § 2 Abs. 2 WpHG und Optionsscheine sind, ist nach neuer Rechtslage wortgleich in § 37e Satz 2 WpHG zu finden.
25
§ 37e Satz 1 WpHG ist durch Artikel 2 Nr. 24 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland vom 21.6.2002 (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz)31 im Interesse der Rechtsklarheit geschaffen worden, da „nicht ausgeschlossen werden [kann], dass der Abschluss eines Finanztermingeschäfts eines Unternehmens mit einem Vertragspartner, der das Geschäft ausschließlich zu Spekulationszwecken tätigt, als Abschluss einer Spielwette gem. § 762 BGB gewertet werden könnte32.“
26
Diese Gefahr resultiert daraus, dass unter § 762 BGB auch die so genannten „Glücksspiele“ fallen. Ein Glücksspiel ist ein Vertrag, bei dem der Eintritt des bezweckten Gewinns nicht von den Kenntnissen, den Fähigkeiten oder der Geschicklichkeit der Beteiligten, sondern ganz wesentlich oder doch hauptsächlich vom Zufall abhängt33. Da es maßgeblich der Zufall ist, der aus Sicht der Vertragschließenden die zukünftige Preis- oder Wertentwicklung der Underlyings und damit auch der Derivate bestimmt, erfüllen Derivategeschäfte häufig den objektiven Tatbestand des Glücksspiels. In subjektiver Hinsicht muss allerdings hinzukommen, dass der Vertrag von beiden Seiten34 zur Unterhaltung und/oder Gewinnerzielung abgeschlossen wird, ein „ernsthafter“ wirtschaftlicher Zweck also fehlt35. An dieser subjektiven Voraussetzung fehlt es bei Derivategeschäften in aller Regel36. 29 Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 760; Jahn in BankrechtsHandbuch, § 114 Rz. 126. 30 Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 760, m.w.N. 31 BGBl. I 2002, 2010. 32 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8017, S. 96. 33 BGH v. 29.9.1986 – 4 StR 148/86, NJW 1987, 852 f.; Sprau in Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 762 Rz. 2; vgl. auch Habersack in MünchKomm. BGB, § 762 Rz. 7; Mülbert/Böhmer, WM 2006, 937, 943. 34 Engel in Staudinger, BGB (2002), § 762 Rz. 3; Mülbert/Böhmer, WM 2006, 937, 948; Janoschek in Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 762 Rz. 5. 35 BGH v. 29.9.1977 – III ZR 164/75, BGHZ 69, 295, 301; Sprau in Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 762 Rz. 2; Terlau in Erman, BGB, 11. Aufl. 2004, § 762 Rz. 2. 36 S. Kessler/Heda, WM 2004, 1812, 1815 f.
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§ 37e Satz 1 WpHG schließt davon gelöst die Geltendmachung des Spieleinwands von vornherein aus. Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist zum ersten die qualifizierte Unternehmenseigenschaft einer der Vertragsparteien. Zum zweiten muss das in Rede stehende Geschäft ein Finanztermingeschäft im Sinne des § 37e Satz 2 WpHG sein.
27
Unsicherheit bei der Subsumtion unter den Begriff des Finanztermingeschäfts resultierte bislang aus dem Umstand, dass die bisherige Definition von Derivaten in § 2 Abs. 2 WpHG a.F. auf den Terminus des „Termingeschäfts“ verwies37. Zu diesem Rechtsbegriff führt die Bundesregierung in der Begründung ihres Entwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz aus:
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„Bei der Definition des Derivats in [§ 2] Absatz 2 [WpHG a.F.] wird der Begriff des Termingeschäfts verwandt, jedoch nicht gesetzlich definiert. Der Verzicht auf eine Definition beruht darauf, dass bislang jeder Versuch einer genauen Definition fehlgeschlagen ist. Weder die Rechtsprechung noch die Literatur hat in den vergangenen Jahrzehnten vermocht, eine Definition zu entwickeln, die allen Erscheinungsformen der Termingeschäfte gerecht wird. Dies spricht dafür, mit einer in der neueren Literatur zunehmend vertretenen Auffassung den Begriff des Termingeschäfts als Typus aufzufassen, der durch eine Reihe von Merkmalen bestimmt wird, die nicht zwingend alle stets vorliegen müssen, jedoch das Erscheinungsbild des Geschäfts als Ganzem als Termingeschäft prägen. Als Typenmerkmale kommen dabei insbesondere in Betracht: – die Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Kapitaleinsatz überproportional an auftretenden Preisveränderungen zu partizipieren, – das über das generell bestehende Insolvenzrisiko des Emittenten bzw. Kontrahenten hinausgehende Risiko des Totalverlustes der eingesetzten Geldmittel und das Risiko, zusätzliche Geldmittel zur Erfüllung einer eingegangenen Verbindlichkeit entgegen der ursprünglichen Absicht aufbringen zu müssen38.“
Bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichthofs im Jahre 2002 etwa war es ausgesprochen umstritten, ob Aktienanleihen unter den Begriff des Börsentermingeschäfts im Sinne der §§ 50 ff. des Börsengesetzes 1998 fallen39, der mit dem des Termingeschäfts im Wesentlichen übereinstimmt40. Der Bundesgerichtshof hat dies verneint, weil bei Aktienanleihen kein hinausgeschobener Erfüllungszeitpunkt, keine Hebelwirkung und keine Gefahr des Totalverlustes gegeben sei und Aktienanleihen nicht in erster Linie der Kurssicherung oder der Kursspekulation, sondern der Kapitalbeschaffung dienten41.
29
Die skizzierten Anwendungsprobleme sind bis zuletzt nicht befriedigend gelöst worden42. Inwieweit sie sich in der Zukunft weiter stellen werden, bleibt abzuwarten. Hoffnung auf mehr Rechtssicherheit lässt sich daraus schöpfen, dass der durch das FRUG geänderte § 2 Abs. 2 Nr. 1 WpHG nunmehr den Begriff der Termingeschäfte legal definiert:
30
„Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) […].“ 37 38 39 40
S. hierzu umfassend Binder, ZHR 169 (2005), 329 ff. BT-Drucks. 14/8017, S. 85. S. umfassend dazu etwa Assmann, ZIP 2001, 2061 ff. Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 756; Casper, WM 2003, 161, 164. 41 BGH v. 12.3.2002 – XI ZR 258/01, BGHZ 150, 164 ff. 42 Vgl. etwa die Diskussion bei Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 62 ff.
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§ 22 31
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Freilich dürften aus der Komplexität des § 2 Abs. 2 WpHG eine Fülle neuer Rechtsprobleme resultieren. c) Differenzeinwand nach § 764 BGB a.F. i.V.m. § 762 BGB
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§ 764 Satz 1 BGB a.F. bestimmte, dass ein auf Lieferung von Waren oder Wertpapieren lautender Vertrag als Spiel anzusehen war, wenn er in der Absicht geschlossen wurde, dass der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Börsenoder Marktpreis der Lieferungszeit von dem verlierenden Teil an den gewinnenden Teil gezahlt werden soll.
33
Die Vorschrift war Auslöser zahlreicher Streitfragen. So stieß noch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001, in der das Gericht beim DevisenDaytrading den Differenzeinwand zuließ43, auf deutliche Kritik44. Aufgrund der Unklarheit über den Anwendungsbereich des § 764 BGB a.F. wurde die Bestimmung durch Artikel 9 Nr. 2 des Vierten Finanzmarkförderungsgesetzes aufgehoben45.
2. Haftungsrisiken bei Derivategeschäften a) Haftungsrisiken gegenüber Geschäftsgegnern 34
Haftungsrisiken bei Derivategeschäften ergeben sich in erster Linie aus potentiellen Schadensersatzansprüchen von Geschäftsgegnern wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten.
35
Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 WpHG haben in diesem Zusammenhang insbesondere die nach § 31 Abs. 3 bis Abs. 5 WpHG bestehenden Verhaltenspflichten zu beachten46.
36
§ 31 Abs. 3 WpHG statuiert die allgemeinen Informationspflichten, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegenüber ihren Kunden (§ 31a Abs. 1 WpHG) erfüllen müssen. Die Informationen können gem. § 31 Abs. 3 Satz 2 WpHG in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen sich beziehen auf (1) das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seine Dienstleistungen, (2) die Arten von Finanzinstrumenten und vorgeschlagene Anlagestrategien einschließlich damit verbundener Risiken, (3) Ausführungsplätze und (4) Kosten und Nebenkosten. Das neue WpHG knüpft – anders als der bisherige § 37d Abs. 4 WpHG a.F. – keine Schadensersatzhaftung an die Nichterfüllung dieser allgemeinen Informationspflicht. Es überrascht, dass der Wegfall dieser Schadensersatzhaftung in den Materialien zum FRUG nicht begründet wird47.
43 BGH v. 18.12.2001 – XI ZR 363/00, BGHZ 149, 294 ff. 44 S. etwa Binder, ZHR 169 (2005), 329, 356, m.w.N. 45 Vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 14/8017, S. 131. 46 Vgl. zur Neufassung dieser Vorschrift ausführlich Weichert/Wenninger, WM 2007, 627 ff.; Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID – Praktikerhandbuch, 2007, Rz. 144 ff. 47 In der Begründung des Regierungsentwurfs zum FRUG (BT-Drucks. 16/4028, S. 78) heißt es nur: „§ 37d wird aufgehoben, da die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beratung von Anlegern auch im Bereich des Handels mit Derivaten bereits mit den durch die Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie erweiterten Verhaltenspflichten von Wertpapierdienstleistungs-
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§ 31 Abs. 4 und Abs. 5 WpHG normieren besondere Verhaltens- und Informationspflichten der Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Sie unterscheiden danach, ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Anlageberatung bzw. Finanzportfolioverwaltung (Abs. 4) oder andere Wertpapierdienstleistungen (Abs. 5) erbringt. Nach § 31 Abs. 5 WpHG etwa hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen vor der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für seine Kunden von diesen Informationen über deren Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten – hierzu gehören nach § 2 Abs. 2b WpHG auch Derivate – oder Wertpapierdienstleitungen einzuholen, soweit diese erforderlich sind, um die Angemessenheit der Finanzinstrumente oder Wertpapierdienstleistungen für die Kunden beurteilen zu können. Gelangt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufgrund der danach erhaltenen Informationen zu der Auffassung, dass das vom Kunden gewünschte Finanzinstrument oder die Wertpapierdienstleistung für den Kunden nicht angemessen ist, hat es den Kunden darauf hinzuweisen. Eine Befreiung von den Verhaltenspflichten des § 31 Abs. 5 WpHG nach der Vorschrift des § 31 Abs. 7 WpHG, die so genannte „execution-only-Geschäfte“ betrifft, kommt bei Derivaten, die der Gesetzgeber als komplexe Finanzinstrumente qualifiziert48, nicht in Betracht (s. § 31 Abs. 7 Nr. 1 WpHG). Zur weiteren Konkretisierung der Verhaltenspflichten ermächtigt § 31 Abs. 11 WpHG das Bundesfinanzministerium zum Erlass einer Rechtverordnung. Das Bundesfinanzministerium hat von dieser Ermächtigung durch den Erlass der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen vom 20.7.200749 Gebrauch gemacht.
37
Nach § 37 WpHG gelten die skizzierten Verhaltenspflichten nicht für Geschäfte, die an organisierten Märkten oder in multilateralen Handelssystemen zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder zwischen diesen und sonstigen Mitgliedern dieser Märkte oder Systeme geschlossen werden. Wird ein solches Geschäft allerdings in Ausführung eines Kundenauftrages abgeschlossen, gelten die Verhaltenspflichten im Verhältnis zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Kunden weiter.
38
Die Verhaltenspflichten des § 31 Abs. 4, Abs. 5 WpHG dürften als direkte gesetzliche Ausgestaltung schuldrechtlicher Nebenpflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB50 oder jedenfalls als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB51 zu qualifizieren sein. Im Gegensatz zum bisherigen Rechtszustand sind sie nicht mehr primär öffentlich-rechtlich zu qualifizieren52. Dies lässt sich unter anderem53 aus Artikel 6 FRUG ableiten. Danach sind diejenigen Vorschriften des Abschnitts 6 des WpHG
39
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unternehmen nach §§ 31 ff. hinreichend bestimmt sind. Die Aufhebung der Vorschrift dient dem Bürokratieabbau und der Flexibilisierung im Bereich der Anlageberatung durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen.“ Begründung des Regierungsentwurfes zum FRUG, BT-Drucks. 16/4028, S. 65. BGBl. I 2007, 1432. Weichert/Wenninger, WM 2007, 627, 635. Schäfer/Lang in Clouth/Lang, MiFID – Praktikerhandbuch, 2007, Rz. 232. Vgl. für diese Qualifikation der §§ 31, 32 WpHG a.F. etwa schon Balzer, ZBB 1997, 260, 263; Köndgen, NJW 1996, 558, 569; Koller in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, Vor § 31 Rz. 17 f. Nach alter Rechtslage entfalteten die §§ 31, 32 WpHG a.F. bei der Konkretisierung der schuldrechtlichen Pflichten lediglich eine „Ausstrahlungswirkung“ auf das Privatrechtsverhältnis, vgl. BGH v. 8.5.2001 – XI ZR 192/00, BGHZ 147, 343, 348. Für weitere Argumente s. Weichert/Wenninger, WM 2007, 627, 635.
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(§§ 31 ff. WpHG), die das Verhältnis zwischen einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und einem Kunden regeln, ab dem 1.1.200854 Verbraucherschutzgesetze im Sinne des § 2 des Unterlassungsklagengesetzes. 40
Unabhängig von den Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 bis 5 WpHG (Finanztermingeschäft, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kunde im Sinne des § 31a Abs. 1 WpHG als Geschäftsgegner) besteht für Anbieter von Derivaten nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB bzw. auf der Grundlage eines selbständigen Beratungsvertrages die – für die Praxis äußerst bedeutsame55 – Pflicht zur individualisierten, d.h. auf den jeweiligen Geschäftsgegner zugeschnittenen, Risikoaufklärung. Das Bestehen und die Reichweite dieser Aufklärungspflicht hängen ganz von den individuellen Umständen ab. Besteht die Aufklärungspflicht im Einzelfall, gilt das Gebot anlegerund objektgerechter Beratung56. Nach diesem – zur Aufklärungshaftung der Banken entwickelten – Gebot ist „de[r] – gegebenenfalls zu erfragende – Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft zu berücksichtigen („anlegergerechte“ Beratung); das (…) Anlageobjekt muss diesen Kriterien Rechnung tragen („objektgerechte“ Beratung).“57 Aufgrund der Einzelfallabhängigkeit der (vor-)vertraglichen Informationspflichten bei Derivategeschäften verbieten sich hier weitere verallgemeinernde Aussagen58. b) Haftungsrisiken für Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft
41
Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG sind Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet.
42
Mit Blick auf den Abschluss von Derivategeschäften kommt als Pflichtverletzung unter anderem ein Verstoß gegen § 91 Abs. 2 AktG in Betracht. Danach hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. Nach der Gesetzesbegründung gehört zu solchen Entwicklungen 54 S. Artikel 14 Abs. 2 FRUG. 55 In der Tagespresse wurde jüngst etwa über einen zwischen zwei kommunalen Unternehmen der Stadt Würzburg und einem großen deutschen Kreditinstitut vor dem LG Würzburg anhängigen Rechtsstreit berichtet, in welchem die Kommune Schadensersatz in Höhe von mehr als 2,6 Mio. Euro mit der Begründung verlangt, das Kreditinstitut habe der Kommune den Erwerb bestimmter Zinsderivate im Rahmen der anlegergerechten Beratung nicht anbieten dürfen, vgl. FAZ Nr. 153 v. 5.7.2007, S. 20 („Würzburg gegen die Deutsche Bank“); FAZ Nr. 202 v. 31.8.2007, S. 20 („Städte verlieren mit Zinswetten Millionen“); s. auch Handelsblatt Nr. 159 v. 20.8.2007 („Deutsche Bank droht eine Klagewelle“) und Handelsblatt Nr. 161 v. 22.8.2007, S. 26 („Mittelständler kritisieren Bankberatung“). Mittlerweile hat das LG Würzburg den kommunalen Versorgungswerken Schadensersatz in Höhe von knapp 1 Mio. Euro zugesprochen, weil das Kreditinstitut aufgrund von Beratungsfehlern für ein Drittel des Schadens der Kläger die Verantwortung trage. Das Kreditinstitut hat Berufung gegen das Urteil angekündigt, vgl. Börsen-Zeitung vom 1.4.2008, S. 3 („Deutsche Bank soll an Würzburg 1 Mill. Euro zahlen“). 56 Emmerich in MünchKomm. BGB, § 311 Rz. 179; Fleischer, NJW 2002, 2977, 2982. 57 BGH v. 6.7.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126. 58 Für die Einzelheiten vgl. etwa Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 687 ff., 694 ff., 698 ff.; Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 121 ff.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 20 Rz. 103 ff.; Roth in KölnKomm. WpHG, § 37d Rz. 214 ff.; Mülbert in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, Vor § 37d Rz. 17 ff.
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der Abschluss risikobehafteter Geschäfte – und damit auch der Abschluss von Derivategeschäften59 –, die sich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft oder des Konzerns wesentlich auswirken60. Die zu treffenden Maßnahmen sind „geeignet“ im Sinne des Gesetzes, wenn sie es ermöglichen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen frühzeitig, d.h. zu einem Zeitpunkt zu erkennen, in dem noch Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft ergriffen werden können61. Die konkrete Ausformung der durch § 91 Abs. 2 AktG statuierten Pflicht ist von unterschiedlichen Faktoren, insbesondere von der Größe, der Branche, der Struktur und dem Kapitalmarktzugang des jeweiligen Unternehmens abhängig62. Es besteht insoweit ein unternehmerisches Ermessen des Vorstands63. Die Einrichtung eines „Überwachungssystems“ ordnet das Gesetz allerdings zwingend an64. Darunter ist eine „Organisationsanforderung des Inhalts [zu verstehen], dass eine Früherkennung von Bestandsgefährdungen durch die Begründung unmissverständlicher Zuständigkeiten im Sinne des Aufbaus einer personellen Organisationsstruktur und durch ein umfassendes, engmaschiges Informationsnetz mit nachvollziehbaren Organisationsflüssen (Berichtswesen und Dokumentation) gewährleistet wird.“65 In Bezug auf Derivategeschäfte bedeutet dies als Minimum, dass die Risiko-, d.h. die maximale Verlustposition laufend überwacht und bei Überschreiten bestimmter Grenzen unverzüglich geschlossen wird.
43
Nach § 317 Abs. 4 HGB ist bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer zu beurteilen, ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Maßnahmen in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann. Ein Verstoß gegen § 91 Abs. 2 AktG kommt in der Regel aufgrund dieser Überprüfung ans Tageslicht66.
44
Weiter steht bei Risikogeschäften im Falle der Realisierung des Risikos leicht der Vorwurf der Verletzung der allgemeinen Verhaltenspflicht nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG im Raume67. Bei der Beurteilung, ob der Abschluss eines Risikogeschäfts im konkreten Fall danach eine Pflichtverletzung darstellt, ist insbesondere der durch Artikel 1 Nr. 1a. des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.9.200568 eingefügte § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG
45
59 Kort in Großkomm. AktG, § 91 Rz. 30; Hüffer, AktG, § 91 Rz. 6; Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 91 Rz. 16; von Westphalen, Derivategeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, S. 95. 60 S. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 61 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 62 Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 15. 63 Kort in Großkomm. AktG, § 91 Rz. 47; Hüffer, AktG, § 91 Rz. 7; Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 91 Rz. 20. 64 Kort in Großkomm. AktG, § 91 Rz. 49; Hüffer, AktG, § 91 Rz. 8. 65 Kort in Großkomm. AktG, § 91 Rz. 52; Hüffer, AktG, § 91 Rz. 8. 66 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 158 v. 11.7.2007, S. 21 („Vorstand haftet für Datenausfälle – Erstreckt sich das vorgeschriebene Risikomanagement in Aktiengesellschaften auch auf die Computersysteme?“). 67 Vgl. die Beispiele bei Hefermehl/Spindler in MünchKomm. AktG, § 93 Rz. 30 und Hüffer, AktG, § 93 Rz. 4b. 68 BGBl. I 2005, 2802.
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von Bedeutung, mit dem die „Business Judgment Rule“69 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurde70. Nach dieser liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. 46
Bei der Bewertung fehlgeschlagener Risikogeschäfte nach der „Business Judgment Rule“ ist von den fünf – teils impliziten – Tatbestandsmerkmalen (Unternehmerische Entscheidung, Gutgläubigkeit, Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, Handeln zum Wohle der Gesellschaft, Handeln auf der Grundlage angemessener Information)71 in der Mehrzahl der Fälle entscheidend, ob das Vorstandsmitglied annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Das ist nicht der Fall, „wenn das mit der unternehmerischen Entscheidung verbundene Risiko in völlig unverantwortlicher Weise falsch beurteilt worden ist72.“
3. Vertragsgestaltung bei OTC-Derivaten 47
Für die vertragliche Gestaltung von OTC-Derivaten – bei börslich gehandelten Derivaten stellt sich aufgrund ihrer Standardisierung die Frage nach der Vertragsgestaltung nicht – sind mehrere Musterrahmenverträge von Bedeutung73. Zweck dieser Rahmenverträge ist in erster Linie, ein einheitliches Dach für eine Vielzahl von zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossenen Einzelgeschäften zur Verfügung zu stellen. Sie können jedoch auch dann verwendet werden, wenn nur ein einzelnes Derivategeschäft eingegangen werden soll. Die relevanten Musterrahmenverträge lassen sich danach unterscheiden, ob sie primär Inlandsgeschäfte betreffen oder grenzüberschreitende Derivategeschäfte zum Gegenstand haben sollen. a) Inlandsgeschäfte
48
Marktstandard für den Abschluss von Derivategeschäften zwischen deutschen Parteien ist derzeit der „Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte“ (Rahmenvertrag – RV)74. Dieser wurde unter Federführung des Bundesverbands Deutscher Banken 69 S. hierzu umfassend die Kommentierung von Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, § 93 Rz. 55 ff. 70 Regierungsbegründung zum Entwurf des UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 71 Regierungsbegründung zum Entwurf des UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11. 72 Regierungsbegründung zum Entwurf des UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11 unter Verweis auf BGH v. 21.4.1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253 f.: „[Eine Schadensersatzpflicht des Vorstands] kann erst in Betracht kommen, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss.“ 73 Vgl. für eine Übersicht über die existierenden Rahmenverträge Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 738 ff.; Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 36 ff. 74 Der Rahmenvertrag nebst Zusatzvereinbarungen und Anhängen kann auf der Webseite des BdB (www.bankenverband.de) abgerufen werden. Für eine umfassende Kommentierung des Rahmenvertrages siehe Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 37 ff.; Clouth/Vollmuth in Hopt, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, S. 1322 ff.
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(BdB) im Jahre 1993 erarbeitet. Er ersetzte den Rahmenvertrag für Swap-Geschäfte aus dem Jahr 1990. Der Rahmenvertrag wurde letztmals im Jahre 2001 überarbeitet. Das Muster des Rahmenvertrags enthält auch Klauseln im Hinblick auf Quellensteuern, deren Anwendung die Parteien bei internationalen Geschäften vereinbaren können. Grundsätzlich ist deshalb auch eine Verwendung des Rahmenvertrags für grenzüberschreitende Geschäfte möglich. Unter dem Rahmenvertrag kann eine große Anzahl von unterschiedlichen Typen von Derivategeschäften abgeschlossen werden, unter anderem Aktienindexoptions-, Aktienoptions-, Anleiheoptions-, Cap-, Collar-, Devisentermin-, Swapoptions-, Warenoptions-, Währungsswap- und Zinsswapgeschäfte75.
49
Nach Nr. 1 Abs. 2 RV bilden alle Einzelabschlüsse untereinander und zusammen mit dem Rahmenvertrag einen einheitlichen Vertrag. Nr. 7 Abs. 1 Satz 4 RV schließt folgerichtig eine isolierte Kündigung von Einzelabschlüssen aus. Aus Nr. 2 RV ergibt sich, dass die Einzelgeschäfte mündlich abgeschlossen werden können. Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 RV enthält die Vereinbarung des „Zahlungs-Netting“ (Settlement Netting):
50
„Haben beide Parteien an demselben Tag aufgrund des Vertrages Zahlungen in der gleichen Währung zu leisten, zahlt die Partei, die den höheren Betrag schuldet, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen.“
Nr. 7 RV statuiert ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (Abs. 1) und sieht vor, dass der Vertrag auch ohne Kündigung im Insolvenzfall endet (Abs. 2). Ein Insolvenzfall ist nach Nr. 7 Abs. 2 Satz 2 RV gegeben, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei beantragt wird und diese Partei den Antrag entweder selbst gestellt hat, zahlungsunfähig oder sonst in einer Lage ist, welche die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtfertigt. Die Wirksamkeit einer solchen so genannten „Lösungsklausel“ wird vor dem Hintergrund des § 119 InsO kontrovers diskutiert. Im Anschluss an zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur alten Konkursordnung76 wird sie überwiegend bejaht77. Gem. Nr. 7 Abs. 3 RV ist nach Beendigung des Vertrages keine Partei mehr zu Zahlungen oder sonstigen Leistungen verpflichtet, die gleichzeitig oder später fällig geworden wären. An deren Stelle treten die Ansprüche auf Schadensersatz nach Nr. 8 RV und auf Abschlusszahlung nach Nr. 9 RV.
51
Nach Nr. 8 Abs. 1 RV steht der kündigenden bzw. solventen Partei im Fall der Beendigung des Vertrages ein Schadensersatzanspruch zu. Die Schadensberechnung erfolgt aufgrund von tatsächlich abgeschlossenen oder fiktiven Deckungsgeschäften.
52
Wird der Vertrag beendet, findet nach Nr. 9 RV ein „Liquidations-Netting“ (CloseOut Netting) statt:
53
„Rückständige Beträge und sonstige Leistungen und der zu leistende Schadensersatz werden von der ersatzberechtigten Partei zu einer einheitlichen Ausgleichforderung in Euro zusam75 Vgl. die „Geschäftstypenliste“, die auf der Webseite des BdB (www.bankenverband.de) abgerufen werden kann. 76 BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 79; BGH v. 26.9.1985 – VII ZR 19/85, BGHZ 96, 34, 36. 77 Huber in MünchKomm. InsO, 2002, § 119 Rz. 22, 28; Hess, Großkomm. Insolvenzrecht, 2007, § 119 Rz. 28; Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S. 191; Bosch in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2000, S. 1013, Rz. 16; speziell zu Nummer 7 Abs. 2 RV auch Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 41; Clouth/Vollmuth in Hopt, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, S. 1330.
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mengefasst, wobei für rückständige sonstige Leistungen (…) ein Gegenwert in Euro ermittelt wird. Eine Ausgleichsforderung gegen die ersatzberechtigte Partei wird nur fällig, soweit diese keine Ansprüche aus irgendeinem rechtlichen Grund gegen die andere Partei (…) hat. Bestehen Gegenansprüche, so ist deren Wert zur Ermittlung des fälligen Teils der Ausgleichsforderung vom Gesamtbetrag der Ausgleichsforderung abzuziehen (…).“
54
Nr. 11 Abs. 2 RV schließlich bestimmt, dass der Vertrag dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unterliegt.
55
Der Rahmenvertrag wird ergänzt durch diverse Anhänge und Mustertexte für Bestätigungen. Es liegen bislang unter anderem vier Anhänge für bestimmte Geschäftsarten („Optionsgeschäfte auf Börsenindizes oder auf Wertpapiere“, „Devisengeschäfte und Optionen auf Devisengeschäfte“, „Rohwarengeschäfte“, „Kreditderivate“) sowie der Anhang über die vorzeitige Erfüllung durch Barausgleich, der Besicherungsanhang und der Anhang für Kapitalanlagegesellschaften vor. b) Grenzüberschreitende Derivategeschäfte
56
Von den Rahmenverträgen, die grenzüberschreitende Derivategeschäfte betreffen, sind mehrere in ihrem sachlichen Anwendungsbereich auf bestimmte Typen von Derivategeschäften begrenzt78. Produktübergreifend anwendbar sind in erster Linie das von den europäischen Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft (Bankenvereinigung der Europäischen Union, Europäische Sparkassenvereinigung, Europäische Vereinigung der Genossenschaftsbanken) entwickelte „Master Agreement for Financial Transactions“ (European Master Agreement – EMA)79 und das von der International Swaps and Derivatives Association, Inc. (ISDA) erarbeitete „ISDA Master Agreement (Multicurrency-Cross Border)“ (ISDA Master Agreement – ISDA-MA) aus dem Jahr 1992 bzw. – in einer Neufassung – aus dem Jahr 200280. In der internationalen Finanzpraxis der Derivate konnte sich das EMA bislang noch nicht gegen das ISDA-MA durchsetzen81.
57
Section 1(c) ISDA-MA statuiert, dass alle Einzelabschlüsse (Transactions) und der ISDA-MA einen einheitlichen Vertrag (Single Agreement) bilden. Nach Section 9(e)(ii) können die Transactions wirksam formlos eingegangen werden. Ein Settlement Netting findet nach Section 2(c) ISDA-MA in Ermangelung einer weitergehenden Abrede nur in Bezug auf Ansprüche aus demselben Einzelgeschäft statt. Die Parteien können das Settlement Netting aber ausweiten, so dass es Ansprüche aus mehreren Transactions erfasst: „The parties may elect in respect of two or more Transactions that a net amount will be determined in respect of all amounts payable on the same date in the same currency in respect of such Transactions, regardless of whether such amounts are payable in respect of the same Transaction.“ 78 Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 739. 79 Der Text des EMA nebst Erläuterungen kann auf der Webseite der European Banking Federation (www.fbe.de) abgerufen werden. Für eine kurze Kommentierung des EMA siehe Vollmuth in Hopt, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 3. Aufl. 2007, S. 1387 ff. 80 Beide Fassungen sind abgedruckt bei Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 709 ff. bzw. S. 827 ff. 81 Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 740.
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Als „Event of Default“ bestimmt Section 5(a)(vii) ISDA-MA unter anderem die Zahlungsunfähigkeit einer der Vertragsparteien und den Fall, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt und nicht innerhalb von 30 Tagen bzw. – nach der Neufassung 2002 – innerhalb von 15 Tagen negativ beschieden wird (Bankruptcy). Der Gegenseite steht nach Section 6(a) ISDA-MA im Fall des Eintritts eines „Event of Default“ ein Kündigungsrecht „in respect of all outstanding Transactions“ zu, welches innerhalb einer Frist von 20 Tagen ausgeübt werden muss. Für den Fall der Bankruptcy können die Parteien auch vereinbaren, dass der Vertrag automatisch endet.
58
Section 6(e) ISDA-MA legt fest, dass bei Vertragsbeendigung ein Close-Out Netting stattfindet. Die Bestimmung enthält weiter Regelungen über die Berechnung der Abschlusszahlung (Early Termination Amount). In der Neufassung des Jahres 2002 ist in Section 6(f) ISDA-MA eine „Set-Off-Klausel“ vorgesehen, nach der die vertragstreue Partei (Non-defaulting Party) für den Fall, dass sie es ist, die die Abschlusszahlung leisten muss, gegenüber der vertragsbrüchigen Partei (Defaulting Party) auch mit solchen Ansprüchen aufrechnen kann, die aus Geschäften resultieren, welche nicht unter dem Dach des ISDA-MA abgeschlossen worden sind:
59
„Any Early Termination Amount payable to one party (the „Payee“) by the other party (the „Payer), in circumstances where there is a Defaulting Party (…), will, at the option of the Nondefaulting Party (…), be reduced by its set-off against any other amounts (…) payable by the Payee to the Payer (whether or not arising under this Agreement, matured or contingent and irrespective of the currency, place of payment or place of booking of the obligation).“
Nach Section 13(a) ISDA-MA können die Parteien das anwendbare Recht wählen. Das ISDA-MA ist auf die Geltung New Yorker oder englischen Rechts ausgelegt82. Entsprechend wird nach Section 13(b) ISDA-MA in der Regel auch die Zuständigkeit englischer Gerichte oder der Gerichte des Staates New York vereinbart.
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Bestandteil des ISDA-MA ist weiter ein formularmäßig auszufüllender, fünfteiliger („Termination Provisions“, „Tax Representations“, „Agreement to Deliver Documents“, „Miscellaneous“, „Other Provisions“) Anhang (Schedule). Daneben treten zahlreiche produktbezogene Anhänge (Definitions)83. Schließlich hat die ISDA vier Mustersicherungsverträge zum ISDA-MA (Credit Support Annexes) erarbeitet84.
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4. Insolvenzrecht Aus dem Insolvenzrecht ist für Derivate die Vorschrift des § 104 Abs. 2, Abs. 3 InsO von Bedeutung. Der deutsche Gesetzgeber erkennt mit der Regelung des § 104 Abs. 2, Abs. 3 InsO für eine Vielzahl von Derivaten85 das unter Anderem in Nr. 9 RV und Section 6(e) ISDA-MA vorgesehene vertragliche Close-Out Netting indirekt an, indem er selbst ein ähnliches gesetzliches Abwicklungsverfahren statuiert.
82 Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 792. 83 Vgl. den Überblick bei Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 742 ff. 84 Abgedruckt bei Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 870 ff., 882 ff., 898 ff. und 907 ff. 85 Vgl. für die unter diese Vorschrift fallenden Derivate die Übersicht bei Köndgen in Kübler/ Prütting, Insolvenzordnung, Stand März 2007, § 104 Rz. 30 ff. und bei Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 63 ff.
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Nach diesem kann der Insolvenzverwalter abweichend von der allgemeinen Regel des § 103 InsO im Hinblick auf schwebende Geschäfte nicht Erfüllung verlangen, wenn für Finanzleistungen, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Frist vereinbart war und die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. Vielmehr kann nur eine Forderung wegen Nichterfüllung geltend gemacht werden. Diese richtet sich auf den Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis, der zu einem von den Parteien vereinbarten Zeitpunkt, spätestens am fünften Werktag – und in Ermangelung einer Vereinbarung am zweiten Werktag – nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am Erfüllungsort für einen Vertrag mit der vereinbarten Erfüllungszeit maßgeblich ist. Als Finanzleistungen gelten unter anderem (1) Geldleistungen, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar durch den Kurs einer ausländischen Währung oder einer Rechnungseinheit, durch den Zinssatz von Forderungen oder durch den Preis anderer Güter oder Leistungen bestimmt wird und (2) Optionen und andere Rechte auf (a) Lieferung von Edelmetallen, (b) Lieferung von Wertpapieren oder vergleichbaren Rechten, soweit nicht der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen zur Herstellung einer dauernden Verbindung zu diesem Unternehmen beabsichtigt ist, (c) Geldleistungen, die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit zu erbringen sind und (d) die unter (1) genannten Geldleistungen.
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§ 104 Abs. 2 Satz 3 InsO bestimmt für den Fall, dass Geschäfte über Finanzleistungen in einem Rahmenvertrag zusammengefasst sind, in dem vereinbart ist, dass er bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes nur einheitlich beendet werden kann, dass die Gesamtheit dieser Geschäfte als ein einheitlicher gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 103, 104 InsO gilt.
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Nach den Gesetzesmaterialien soll durch diese Vorschrift „sichergestellt werden, dass im Insolvenzfall alle noch nicht erfüllten Ansprüche aus zwischen zwei Parteien bestehenden Finanzgeschäften saldiert werden können („Netting“)“, da „[a]n einer solchen generellen Saldierungsmöglichkeit (…) auch im internationalen Geschäftsverkehr ein erhebliches Interesse [besteht]86.“ Dieses Interesse ist darin begründet, dass durch § 104 Abs. 2 Satz 3 InsO ein so genanntes „cherry-picking“ durch den Insolvenzverwalter verhindert wird. Damit ist Folgendes gemeint: Häufig schließen zwei Parteien nicht nur ein einzelnes Derivategeschäft, sondern eine Vielzahl solcher Geschäfte miteinander ab. Würde im Fall der Insolvenz eines Vertragspartners dann die allgemeine Regel des § 103 InsO Anwendung finden, würde der Insolvenzverwalter für die dem Schuldner günstigen Geschäfte Erfüllung wählen und für die dem Schuldner ungünstigen Geschäfte die Erfüllung ablehnen mit der Folge, dass der Gläubiger die Forderung wegen Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen könnte. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 104 Abs. 2 Satz 3 InsO wird ein solches „cherry-picking“ ausgeschlossen, da alle Geschäfte auch insolvenzrechtlich wie ein einziger Vertrag behandelt werden. Sowohl der Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte (s. Nr. 1 Abs. 2, Nr. 3 Abs. 3, Nr. 7 Abs. 1 Satz 4, Nr. 7 Abs. 2 RV) als auch das ISDA Master Agreement (s. Section 1(c), Section 5(a)(vii), Section 6(a) ISDA-MA) fallen tatbestandlich unter diese Vorschrift87. 86 Bericht des Rechtsausschusses zu dem Insolvenzordnungsentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/7302, S. 168, Hervorhebung hinzugefügt. 87 Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 130 mit Fn. 119; Reiner in Münchener VertragsHdb. Band 4 Wirtschaftsrecht III, S. 776.
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III. Besondere Rechtsfragen von Derivaten, die der Unternehmensfinanzierung dienen Speziell zur Unternehmensfinanzierung werden Derivate in zweifacher Weise genutzt. Sie werden zum einen zur direkten Mittelaufnahme eingesetzt (s. Rz. 67 ff.). Zum anderen sichert sich ein Unternehmen mit Derivaten gegen die mit herkömmlichen Finanzierungsinstrumenten verbundenen Risiken ab (s. Rz. 82 ff.).
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1. Einsatz von Derivaten zur direkten Mittelaufnahme Sieht man von den Möglichkeiten ab, durch sich günstig entwickelnde Options- und Termingeschäftspositionen Spekulationsgewinne zu erzielen oder durch das Eingehen von Swapgeschäften komparative Kostenvorteile zu nutzen88, konzentriert sich der Einsatz von Derivaten zur direkten Mittelaufnahme auf die Ausgabe von Derivaten auf eigene Aktien89 sowie auf den Einsatz von Derivaten zur Monetisierung von Beteiligungen.
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Unter die Rubrik der Derivate auf eigene Aktien fallen in dem hier interessierenden Finanzierungszusammenhang die Emission von Optionen auf Aktien in Verbindung mit Schuldverschreibungen (Wandel–, Options- und Umtauschanleihen), die Emission von selbständigen Optionsscheinen (Naked Warrants) und die Ausgabe von Optionen auf Aktien im Zusammenhang mit einer Aktienemission. Zu Wandel- und Optionsanleihen sowie Umtauschanleihen s. §§ 10 und 11. Zu den Einzelheiten der „Greenshoe“-Option im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens bei Börsengängen oder Kapitalerhöhungen s. § 3 Rz. 84, § 4 Rz. 95 ff. und § 5 Rz. 5690. An dieser Stelle werden daher aus dem Bereich der Derivate auf eigene Aktien allein die durch Naked Warrants und so genannte „Huckepack-Optionen“ aufgeworfenen Rechtsfragen dargestellt. Zudem werden einige Aspekte des Einsatzes von Aktienswaps bei der Monetisierung von Beteiligungen diskutiert.
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a) Naked Warrants Naked Warrants sind verbriefte Optionsrechte auf junge, also noch zu schaffende Aktien des Emittenten, die nicht in Verbindung mit anderen Finanzierungsinstrumenten, sondern eigenständig ausgegeben werden91.
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Die Vorteile, die Naked Warrants dem Emittenten im Vergleich zur Ausgabe von Optionsanleihen im weiten Sinne92 einerseits und zur „ordentlichen“ Aktienemission andererseits bieten, bestehen im Wesentlichen in vier Punkten: (1) Zufluss von Eigenkapital ohne Aufnahme von zu verzinsendem Fremdkapital, (2) Festlegung des Ausübungspreises oberhalb des Aktienkurses zum Emissionszeitpunkt, (3) sofortiger Zufluss der Optionsprämie und (4) Möglichkeit der flexiblen Ausgestaltung der
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88 S. zum Letzteren nur Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 21 Rz. 9 ff. 89 Vgl. hierzu umfassend Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005. 90 Instruktiv zur „Greenshoe“-Option auch Schanz, Zur Zulässigkeit des „Greenshoe“-Verfahrens nach deutschem Aktienrecht, BKR 2002, 439 ff. 91 Die Terminologie ist uneinheitlich. Wie hier Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 24 mit Fn. 77; Fuchs in MünchKomm. AktG, § 192 Rz. 48. 92 Unter Optionsanleihen im weiten Sinne fallen Wandel-, Umtausch- und Optionsanleihen im engen Sinne.
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Optionsbedingungen93. Naked Warrants ermöglichen der Aktiengesellschaft danach eine flexible und effiziente Eigenkapitalsteuerung94. Aus diesen Gründen sind sie tatsächlich bereits begeben worden95. 71
Dass sich Naked Warrants bislang dennoch nicht als Finanzierungsinstrument am Kapitalmarkt etabliert haben, hat seinen Grund darin, dass sich insbesondere einige Instanzgerichte vor dem Hintergrund der §§ 187, 221 AktG und § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG gegen die Zulässigkeit nackter Optionsscheine96 sowie gegen die Möglichkeit, für ihre Ausgabe ein bedingtes Kapital zu schaffen97, ausgesprochen haben. Die Bedenken, die gegenüber einer erweiterten bzw. analogen Anwendung der §§ 192 Abs. 2 Nr. 1, 221 AktG auf Naked Warrants geltend gemacht werden, werden in dem Bericht der Regierungskommission Corporate Governance vom 10.7.200198 wie folgt zusammengefasst: „Gegen die Möglichkeit, von vorneherein nackte Optionen ausgeben zu können, wird Folgendes eingewandt: – Dies ermögliche den Unternehmen in sehr viel stärkerem Maß als bei Verknüpfung mit einer Anleihe die Möglichkeit der Spekulation in eigenen Aktien. Sei die Option „im Geld“, so hätten die Altaktionäre, die sich an dieser Spekulation nicht hätten beteiligen können oder wollen, u.U. erhebliche Verwässerungsverluste zu tragen. – Es sei regelmäßig nicht Sache der Gesellschaft, als Stillhalter in eigenen Aktien zu fungieren und sich hierfür eine Prämie zahlen zu lassen. Dabei handele es sich um eine spezielle Finanzdienstleistung, die von den dazu berufenen Dienstleistungsinstituten wie z.B. Investmentbanken zu erbringen sei. – Die Emission von naked warrants vermittle dem Vorstand der Gesellschaft den Anreiz, vor Fälligwerden der Option den Aktienkurs zu drücken, um die Ausübung der Option zu verhindern. Die Ziele, die mit der Emission von naked warrants zu Finanzierungszwecken verfolgt würden, seien im Wesentlichen auch mit Optionsanleihen zu erreichen. Nach Abwägung dieser Argumente und in Anbetracht dessen, dass der Gesetzgeber mehrfach, zuletzt während der Vorbereitung des KonTraG, die Zulassung nackter Optionen erwogen, aber immer wieder zurückgestellt hat, sieht die Regierungskommission gleichfalls von einer entsprechenden Empfehlung ab99.“
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Auch wenn diese Bedenken überzeugend widerlegt worden sind und die besseren Argumente letztlich für die Zulässigkeit von Naked Warrants samt bedingter Kapital93 Grundlegend Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433, 435 f.; s. auch Schlitt/Löschner, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 150, 151; Dierks, Selbständige Aktienoptionsscheine, 2000, S. 79 f. 94 Fuchs in MünchKomm. AktG, § 192 Rz. 50. 95 Vgl. die Nachweise bei Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433 f.; Dierks, Selbständige Aktienoptionsscheine, 2000, S. 75 ff.; Schäfer, Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland, ZGR-Sonderheft 16, 2000, S. 62, 78 mit Fn. 60; Schlitt/Löschner, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 150 mit Fn. 4; Gätsch/Theusinger, Naked Warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, 1256, 1257. 96 LG Stuttgart v. 30.10.1997 – 5 KfH O 96/97, AG 1998, 41, 43; LG Braunschweig v. 11.3.1998 – 22 O 234/97, NZG 1998, 387, 388. 97 OLG Stuttgart v. 16.1.2002 – 8 W 517/01, BKR 2003, 122 ff. 98 BT-Drucks. 14/7515. 99 BT-Drucks. 14/7515, S. 101, Rz. 222.
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erhöhung sprechen100, ist ihre Emission vor dem Hintergrund des derzeitigen Meinungsstands101 mit hohen rechtlichen Risiken verbunden. Selbst wenn man die Ausgabe von Naked Warrants samt der Schaffung eines bedingten Kapitals zu ihrer Bedienung für grundsätzlich zulässig hält, stellen sich hier einige der Probleme, die zuletzt im Zusammenhang mit Wandelanleihen diskutiert wurden, in noch viel schärferem Maß. So haben etwa einige unterinstanzliche Gerichte entschieden, dass der Beschluss der Hauptversammlung über die Schaffung eines bedingten Kapitals wegen Verstoßes gegen § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG unwirksam ist, wenn für den Wandlungspreis, und damit den Ausgabebetrag der neuen Aktien, nur ein Mindestpreis, nicht aber ein fester Preis oder die genauen Grundlagen seiner Berechnung angegeben werden102. Auch wenn man diese Entscheidungen nicht für richtig hält, wird man sie doch im Hinblick auf mögliche Transaktionsrisiken nicht vollständig ignorieren können. Will man die Entscheidungen aber bei der Schaffung eines entsprechenden bedingten Kapitals berücksichtigen, erscheinen sie schon für Wandelanleihen problematisch, weil sie dem Vorstand Flexibilität bei der Ausgestaltung von Wandelanleihen nehmen. Immerhin hat man aber bei Wandelanleihen noch den Kupon als weitere „Stellschraube“ für die Austarierung der ökonomischen Parameter des Instruments. Bei Naked Warrants dürfte die fehlende Flexibilität des Vorstands hinsichtlich der Festlegung des Ausübungspreises praktisch sehr problematisch sein.
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b) Huckepack-Optionen Als Huckepack-Optionen werden Optionsscheine bezeichnet, die gemeinsam mit Aktien begeben werden und zum Bezug weiterer Aktien der emittierenden Gesellschaft berechtigen.
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Huckepack-Optionen haben primär eine „dienende“ Funktion. Sie steigern – wie die Optionskomponente bei Optionsanleihen im weiten Sinne – die Attraktivität des Primärfinanzierungsinstruments, namentlich der zu emittierenden Aktien. Auf diese Weise wird die Platzierung der jungen Aktien verbessert. Diese können zu einem höheren Kurs begeben werden103. Der Kapitalmarkt hat Huckepack-Emissionen daher – wenn auch selten – bereits gesehen104.
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Gerichtsentscheidungen zur aktienrechtlichen Zulässigkeit von Huckepack-Optionen und der Möglichkeit, für ihre Ausgabe bedingtes Kapital zu schaffen, liegen – soweit ersichtlich – bislang nicht vor. Die deutlich überwiegende Meinung im Schrift-
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100 Vgl. Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 36 ff.; Fuchs in MünchKomm. AktG, § 192 Rz. 48 ff.; Schlitt/Löschner, Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, 153 f.; Götsch/Theusinger, Naked Warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, 1256 ff. 101 S. für umfassende Nachweise zum Meinungsstand Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 97 mit Fn. 281. 102 LG Berlin (Az. 94 O 57/05), LG Coburg (Az. 1 HK O 43/05), LG Hamburg (Az. 415 O 85/05), LG Kiel (Az. 15 O 68/05) und LG Hannover (Az. 25 O 60/06). 103 Grundlegend Martens, Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, 69 ff.; s. auch Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433, 437; Dierks, Selbständige Aktienoptionsscheine, 2000, S. 67. 104 Vgl. etwa die Beispiele bei Schäfer, Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland, ZGRSonderheft 16, 2000, S. 62, 66 mit Fn. 14, und Götsch/Theusinger, Naked Warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, 1256, 1257.
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tum hält sie für zulässig. Das gilt einmal für die Autoren, die bereits keine Bedenken gegen die Ausgabe von Naked Warrants haben105. Aber auch einige der Autoren, die sich gegen die Zulässigkeit von nackten Optionsscheinen aussprechen, äußern sich aufgrund der funktionalen Vergleichbarkeit mit den in § 221 AktG genannten Finanzierungsinstrumenten positiv über Huckepack-Emissionen106. Für die Praxis ist die Begebung von Huckpack-Optionen daher als relativ abgesicherte Equity-linkedEmission anzusehen107. c) Aktienswaps zur Monetisierung von Beteiligungen 77
Die Mittelaufnahme am Kapitalmarkt ist nicht nur durch Ausgabe von Wertpapieren und sonstigen Finanzinstrumenten, sondern auch durch die Veräußerung von Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften möglich. Hier kann man an die Umplatzierung von Aktien und die Ausgabe von Umtauschanleihen denken, s. § 6 und § 11. Sofern aus rechtlichen, steuerlichen oder anderen Gründen eine direkte Veräußerung in der beschriebenen Form nicht möglich ist, ist an eine indirekte Form der Monetisierung, etwa durch Aktienswaps zu denken.
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Beim Grundfall des Aktienswaps vereinbaren das Unternehmen, das ein Paket an ABC-Aktien, die so genannte „ABC-Beteiligung“, hält und die Gegenpartei, dass das Unternehmen von der Gegenpartei regelmäßige Zinszahlungen erhält, deren Höhe sich nach dem vereinbarten Zinssatz und dem Kurswert des Aktienpakets am vereinbarten Referenztag bemisst. Im Gegenzug leistet das Unternehmen an die Gegenpartei regelmäßige Zahlungen, deren Höhe sich nach den Erträgen des Aktienpakets bemisst, d.h. den Dividenden und sonstigen Ausschüttungen. Hinsichtlich von Kursgewinnen oder –verlusten gibt es verschiedene Gestaltungsformen, entweder werden auch diese in die regelmäßig vom Unternehmen zu leistenden Zahlungen aufgenommen oder diese werden nur zum Ende der Laufzeit einmalig ausgeglichen. Sollte im maßgeblichen Zeitpunkt der Aktienkurs gegenüber dem Aktienkurs am Referenztag gesunken sein, muss die Gegenpartei die negative Differenz an das Unternehmen zahlen.
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Der Kurswert der ABC-Beteiligung kann durch einen Aktienswap wie folgt monetisiert werden: Zunächst einmal sollte es möglich sein, die durch einen einfachen Aktienswap vollständig gegen Kursschwankungen abgesicherte ABC-Beteiligung in (nahezu) voller Höhe zur Besicherung einer Mittelaufnahme, etwa eines Darlehens, heranzuziehen. Weiterhin kann das Unternehmen mit der Gegenpartei auch einen so genannten „Prepaid“ Aktienswap vereinbaren. Dabei erhält das Unternehmen zu Beginn der Laufzeit des Swap von der Gegenpartei vorab den Kurswert der Aktien zu einem bestimmten Referenztag ausgezahlt. Je nachdem, ob zum Ende der Laufzeit physische Lieferung oder Barausgleich vorgesehen ist, hat die Gegenpartei einen Anspruch auf Lieferung der Aktien oder – bei einem Kursanstieg – Zahlung der Differenz zwischen dem aktuellen Kurswert der Aktien zum Laufzeitende und dem Kurs105 Vgl. etwa Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 39; Karollus in G/H/E/K, AktG, § 221 Rz. 30; Fuchs, Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, 433 ff. 106 Etwa Martens, Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, 69, 72; ähnlich auch Assmann in Großkomm. AktG, Einl. Rz. 474. 107 Schäfer, Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland, ZGR-Sonderheft 16, 2000, S. 62, 79.
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wert zum anfänglichen Referenztag. Ökonomisch betrachtet ist ein Prepaid Aktienswap einem Prepaid Forward Verkauf oder dem Verkauf einer Prepaid Call Option nicht unähnlich. Bei Aktienswaps auf Aktien Dritter sind vor allem folgende rechtlichen Aspekte zu berücksichtigen: Sofern die zugrundeliegenden Aktien zum Handel im regulierten Markt einer Börse in Deutschland oder in einem anderen EWR Staat zugelassen sind, handelt es sich bei dem Swap, auch wenn dieser selbst kein börsengehandeltes Finanzinstrument ist, um ein Insiderpapier gem. § 12 Satz 1 Nr. 3 WpHG, da der Preis, d.h. der Wert des Aktienswaps vom Börsenpreis der zugrundeliegenden Aktien abhängt108. Dementsprechend ist die Eingehung eines Aktienswaps und Abtretung der Rechtsposition daraus unzulässig, soweit sie unter Verwendung einer Insiderinformation geschieht, s. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Von einer Verwendung einer Insiderinformation wird man wohl immer dann ausgehen müssen, wenn das Unternehmen sich die Vorteile aus der Kenntnis der Insiderinformation zunutze macht. Verfügt etwa die für die Entscheidung zur Eingehung des Swaps bei dem Unternehmen verantwortliche Person über nicht-öffentliche Informationen über einen drohenden erheblichen Geschäftseinbruch bei ABC und monetisiert in Kenntnis dieser Insiderinformation die ABC-Beteiligung zum aktuellen Kursniveau, wird es schwierig sein, darzulegen, dass die Eingehung dieser Transaktion nicht von der vorhandenen Insiderinformation beeinflusst war.
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Sofern der Aktienswap physische Lieferung der ABC-Beteiligung bei Laufzeitende vorsieht, wäre der Aktienswap für die Gegenpartei gem. § 25 Abs. 1 WpHG bei Überschreiten der Schwellen von 5, 10, 15, 20, 25, 30, 50 oder 75 % meldepflichtig, wobei ggf. bis zu 5 % der Stimmrechte unberücksichtigt bleiben, wenn und soweit die Gegenpartei sie im Handelsbestand hält, s. § 23 Abs. 1 WpHG.
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2. Einsatz von Derivaten zu Hedging-Zwecken Nach dem Derivatives Usage Survey der ISDA aus dem Jahr 2003109, einer Befragung der 500 gemessen an ihren Umsätzen weltweit größten Unternehmen, nutzen 92 % dieser Unternehmen Derivate zu Hedging-Zwecken. Der größte Teil der befragten Unternehmen (85 %) setzt Derivate zur Absicherung gegen Zinsrisiken (Interest Rate Risks) ein. Fast ebenso viele Unternehmen (78 %) kontrollieren mit Hilfe von Derivaten Währungsrisiken (Currency Risks). An dritter Stelle folgt die Absicherung gegen Waren- bzw. Rohstoffpreisrisiken (Commodity Price Risks) (23,5 %). 11 % der befragten Unternehmen schließlich verringern mit derivativen Finanzinstrumenten die Risiken von Aktienkursschwankungen (Equity Price Risks). Da das Hedging von Waren- bzw. Rohstoffpreisrisiken in keinem direkten Zusammenhang mit der Unternehmensfinanzierung steht, werden die zu diesem Zweck eingesetzten Derivate nachfolgend nicht behandelt.
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a) Hedging von Zinsrisiken Zinsrisiken entstehen für ein Unternehmen, wenn es zu Finanzierungszwecken Fremdkapital aufnimmt. Die Risiken resultieren aus dem Umstand, dass Fremdkapi108 So für Aktienoptionen Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 12 Rz. 13 ff. 109 Die Zusammenfassung des 2003 Derivatives Usage Survey kann auf der Webseite der ISDA (www.isda.org) abgerufen werden.
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tal häufig zu variablen Zinssätzen zur Verfügung gestellt wird. Die variablen Zinssätze setzen sich in der Regel aus einem festen Prozentsatz und einer Variablen (z.B. EURIBOR, LIBOR) zusammen. Ändert sich die Variable, kann es zu einer Situation kommen, in der sich das Untenehmen, das Fremdkapital aufgenommen hat, zu einem Zinssatz finanziert, der oberhalb desjenigen liegt, der für das Unternehmen am Kapitalmarkt zu erzielen wäre. Zur Absicherung gegen dieses Risiko nutzen Unternehmen in erster Linie Zinsswaps, Zinssatz-Caps und Terminsatzgeschäfte (Forward Rate Agreements). aa) Zinsswaps 84
Gegenstand eines Zinsswapgeschäfts ist der Austausch von Geldbeträgen, die auf Grundlage von variablen oder festen Zinssätzen ermittelt werden. Die Vertragsparteien vereinbaren, über die Laufzeit des Vertrages zu fest bestimmten Zeitpunkten an die jeweils andere Partei Zahlungen zu leisten, die ausgehend von einem vertraglich festgelegten nominellen Bezugsbetrag als Zinsen zu unterschiedlichen Zinssätzen auf diesen Betrag berechnet werden. Beim Plain-Vanilla Zinsswap erfolgt diese Berechnung für die eine Partei auf Grundlage eines festen und für die andere Partei auf Grundlage eines variablen Zinssatzes.
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Seiner Rechtsnatur nach ist der Zinsswap ein atypischer gegenseitiger Vertrag sui generis110. Zur Bestimmung der aus dem Vertrag fließenden Rechte und Pflichten kann daher nicht auf die gesetzlich kodifizierten Vertragstypen zurückgegriffen werden; der Vertragsinhalt ergibt sich allein aus der Vereinbarung der Parteien. Die Streitfrage, ob der Zinsswap als Dauerschuldverhältnis eine Form des Ratenlieferungsvertrags oder eine Form des Bezugsvertrags ist111, ist angesichts des Umstands, dass die maßgeblichen Rahmenverträge Regelungen zur vorzeitigen Beendigung des (gesamten) Vertragsverhältnisses und zu den an die Beendigung geknüpften Rechtsfolgen enthalten, von geringer praktischer Relevanz. Dasselbe gilt hinsichtlich der Qualifikation des Zinsswaps als relatives Fixgeschäft, da § 104 Abs. 2, 3 InsO – anders als die §§ 17 f. der alten Konkursordnung – unabhängig von dieser Einordnung auf Zinsswapgeschäfte Anwendung findet112. Schließlich stellen Zinsswaps Finanztermingeschäfte im Sinne des § 2 Abs. 2a WpHG113 bzw. im Sinne des § 37e Satz 2 WpHG n.F.114 dar. bb) Zinssatz-Caps
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Bei einem Zinssatz-Cap, der unter die Rubrik der Begrenzungsgeschäfte fällt115, vereinbaren die Parteien, dass die eine Seite (Capverkäufer) die andere Seite (Capkäufer) gegen Zahlung einer Prämie dagegen „versichert“, dass ein variabler Zinssatz (Basissatz) während der Vertragslaufzeit, die in Zinsperioden aufgegliedert wird, einen fest110 S. nur Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 75; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 21 Rz. 18; Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, S. 43. 111 S. hierzu einerseits Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 21 Rz. 29 (Ratenlieferungsvertrag) und andererseits König in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR VIII Rz. 135 (Bezugsvertrag). 112 S. nur Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 51, 64. 113 S. Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 92; Clouth/Vollmuth in Hopt, Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, S. 1351. 114 S. § 2 Abs. 2 Nr. 1c WpHG n.F. 115 Zu diesen gehören neben den Caps noch die Floor- und Collarvereinbarungen.
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gelegten Höchstsatz (Cap Rate) überschreitet. Liegt der Basissatz am Ende einer Zinsperiode über der Cap Rate, leistet der Capverkäufer an den Capkäufer eine Ausgleichszahlung in Höhe der Differenz zwischen Basissatz und Cap Rate bezogen auf den vereinbarten nominalen Grundbetrag. Überschreitet der Basissatz die Cap Rate nicht, macht der Capverkäufer einen Gewinn in Höhe der an ihn gezahlten Prämie. Auch der Zinssatz-Cap stellt einen atypischen gegenseitigen Vertrag sui generis dar116, der in der Regel unter dem Dach eines Rahmenvertrages abgeschlossen wird. Zinssatz-Caps sind Finanztermingeschäfte im Sinne des § 2 Abs. 2a WpHG117/§ 37e Satz 2 WpHG n.F.118 und fallen in der Insolvenz unter die „Netting-Bestimmung“ des § 104 Abs. 2, 3 InsO119.
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cc) Forward Rate Agreements Ein Forward Rate Agreement besteht in der Abrede, an die jeweils andere Partei eine auf einen vereinbarten Nominalbetrag bezogene Ausgleichszahlung zu leisten, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt der Basissatz einen festgelegten Terminsatz überbzw. unterschreitet. Der Unterschied zum Zinssatz-Cap liegt darin, dass das Verlustrisiko für beide Parteien gleich groß ist, d.h. keine der Parteien lediglich den Verlust einer im Voraus bestimmten Risikoprämie befürchten muss. Anders als beim Zinssatz-Swap trifft die Zahlungspflicht beim Forward Rate Agreement immer nur eine der Parteien. Im Hinblick auf die angesprochenen rechtlichen Aspekte gilt für das Forward Rate Agreement dasselbe wie für den Zinsswap und den Zinssatz-Cap (atypischer gegenseitiger Vertrag sui generis120, Ausgestaltung durch Rahmenverträge, Finanztermingeschäft im Sinne des WpHG121, Anwendbarkeit des § 104 Abs. 2, 3 InsO122).
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b) Hedging von Währungsrisiken Seit Abschaffung des Systems der festen Wechselkurse von Bretton-Woods im März 1973 sehen sich international operierende Unternehmen Währungsrisiken ausgesetzt. Währungsrisiken bestehen im Finanzierungszusammenhang darin, dass der Wert der Währung, in der das Unternehmen seine Einnahmen erzielt, im Vergleich zu der Währung, in der das Unternehmen seine Verbindlichkeiten aus Finanzierungsgeschäften bedienen muss, fällt. Typischerweise werden zur Begrenzung des Währungsrisikos Devisentermingeschäfte und Währungsswaps eingesetzt.
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aa) Devisentermingeschäfte Gegenstand eines Devisentermingeschäfts ist die Vereinbarung, festgelegte Beträge unterschiedlicher Währung zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Kurs zu ei116 S. Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 78; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 21 Rz. 85; Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, S. 52 f. 117 S. Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 92. 118 S. § 2 Abs. 2 Nr. 1c WpHG n.F. 119 S. Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 65. 120 S. Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 79; Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, S. 40. 121 S. Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 92; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 2 Rz. 33. 122 S. Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 65.
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nem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu „tauschen“, wobei der Tauschtermin zeitlich nach dem für Kassageschäfte üblichen Erfüllungszeitraum von zwei Geschäftstagen liegt. 91
Ein Devisentermingeschäft ist nach herrschender Meinung Rechtskauf im Sinne des § 453 BGB123, nämlich der Kauf einer Fremdwährungsforderung gegen Zahlung des Kaufpreises in der anderen Vertragswährung. Devisentermingeschäfte werden regelmäßig unter dem Dach eines Rahmenvertrages abgeschlossen. Sie sind nach § 2 Abs. 2a WpHG124/§ 37e Satz 2 WpHG n.F.125 Finanztermingeschäfte und stellen Verträge über Finanzleistungen im Sinne des § 104 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 InsO dar126. bb) Währungsswaps
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Bei einem Währungsswap vereinbaren die Parteien, wertgleiche Kapitalbeträge unterschiedlicher Währung zum Kassakurs auszutauschen (Anfangstausch) und zu einem späteren Zeitpunkt zum selben Kurs (Pari-Terminkurs) zurückzutauschen (Schlusstausch). Gleichzeitig wird die Abrede getroffen, sich zu fest bestimmten Zeitpunkten während der Vertragslaufzeit gegenseitig Geldbeträge zu zahlen, die sich an dem aktuellen Zinsniveau der jeweiligen Währung orientieren.
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Überwiegend wird der Währungsswap als ein atypischer gegenseitiger Vertrag mit starken kaufvertraglichen Elementen qualifiziert: Die Leistung der Währungsbeträge im Rahmen des Anfangs- und Schlusstausches stellen Devisenkäufe dar; die Verknüpfung dieser Zahlungsverpflichtungen mit der Verpflichtung, periodische Zahlungen zu leisten, verleiht dem Vertrag seinen atypischen Charakter127. Im Übrigen gilt das zu Zinsswaps Gesagte (Ausgestaltung durch Rahmenverträge, Finanztermingeschäft im Sinne des WpHG128, Anwendbarkeit des § 104 Abs. 2, 3 InsO129). c) Hedging von Aktienpreisrisiken
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Eine Absicherung gegen das Aktienpreisrisiko durch Derivate speziell im Finanzierungszusammenhang, d.h. im Zusammenhang mit der Emission eines Finanzierungsinstruments, erfolgt erstens, wenn das begebene Finanzierungsinstrument für das Unternehmen mit der Verpflichtung verbunden ist, den Anlegern in der Zukunft eigene Aktien oder die Aktien eines Drittemittenten zu übertragen, und das Unternehmen befürchtet, dass sich der Preis der zu übertragenden Aktien in dem Zeitraum zwischen der Emission des Finanzierungsinstruments und der Fälligkeit der Ver123 S. Hadding/Hennrichs, Devisentermingeschäfte – Prolongation und Aufklärungspflichten, in FS Claussen, 1997, S. 447; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, (7) BankGesch N/1. Zu abweichenden Ansichten vgl. Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, S. 14 ff. 124 S. Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 85; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 2 Rz. 37. 125 S. § 2 Abs. 2 Nr. 1b WpHG n.F. 126 S. Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 62. 127 S. Jahn in Bankrechts-Handbuch, § 114 Rz. 76; König in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, BankR VIII Rz. 129. Zu abweichenden Ansichten vgl. Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanzderivate, S. 22 ff. 128 S. Roth in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 92; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 2 Rz. 39. 129 S. Jahn in MünchKomm. InsO, § 104 Rz. 62.
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pflichtung zur Übertragung der Aktien aus seiner Sicht ungünstig entwickeln wird. Dieses Risiko besteht insbesondere bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen, bei denen die Wandlungs- oder Optionsverbindlichkeit (teilweise) durch alte und noch zu erwerbende Aktien des Emittenten erfüllt werden soll130, und bei der Emission von Umtauschanleihen, bei denen die Umtauschverbindlichkeit (teilweise) durch erst noch zu erwerbende Aktien der Zielgesellschaft erfüllt werden soll131. Das Aktienpreisrisiko des Unternehmens liegt in beiden Fällen darin, dass der Preis der Aktien im Vergleich zum Begebungszeitpunkt des Finanzierungsinstruments steigt. Gegen dieses Risiko sichert sich das Unternehmen durch den Erwerb von auf Lieferung – und nicht auf bloßen Barausgleich – gerichtete Call-Optionen ab. Einen Sonderfall der Absicherung gegen Aktienpreisrisiken durch Derivate im Finanzierungszusammenhang stellen so genannte Call-Spread-Transaktionen dar, die häufig im Zusammenhang mit der Ausgabe von Wandelanleihen abgeschlossen werden (s. Rz. 104 ff.). Dabei geht es darum, dass der Emittent ohne oder allenfalls mit verhältnismäßig geringem zusätzlichen Aufwand an einem Kursanstieg seiner Aktie partizipiert, ohne eine entsprechende hohe Wandlungsprämie für die Wandelanleihe vereinbaren zu müssen.
95
aa) Call-Optionen auf eigene Aktien Der Erwerb von Call-Optionen auf eigene Aktien wirft in erster Linie die aktienrechtlichen Fragestellungen des Verbots des Erwerbs eigener Aktien (§§ 71, 71a AktG), des Gleichbehandlungsgebots (§ 53a AktG) und des Verbots der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) auf.
96
Der Anwendungsbereich des § 71 AktG ist überhaupt nur bei Call-Optionen eröffnet, die physische Lieferung vorsehen132. Selbst dann steht das Verbot des Erwerbs eigener Aktien nach §§ 71, 71a AktG dem Erwerb der Call-Option als solchem nicht entgegen, weil der Aktienerwerb aufgrund der Unsicherheit, ob das Optionsrecht tatsächlich ausgeübt werden wird, durch den Erwerb der Call-Option – anders als etwa bei Vorverträgen – nicht vorweggenommen wird133. Allerdings unterliegt der durch die Ausübung der Call-Option entstehende Kaufvertrag dem Verbotstatbestand134. Erforderlich ist daher eine Ermächtigung der Hauptversammlung nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, die mit bestimmten Einschränkungen (Festlegung des niedrigsten und höchsten Gegenwerts135 und des Anteils am Grundkapital) verbunden und auf einen Zeitraum von höchstens 18 Monaten befristet ist. Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, bietet es sich an, unter Beachtung des § 71d AktG einen Treuhänder einzuschalten, der bei Ausübung des Optionsrechts durch einen Anleihegläubiger die ihm von dem Emittenten übertragene Option ausübt und den Anleihegläubiger befriedigt (s. § 10 Rz. 40 ff.)136.
97
130 S. hierzu § 10 Rz. 36 ff.; Schäfer, Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland, ZGR-Sonderheft 16, 2000, S. 62, 71 f. 131 S. hierzu Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 41. 132 Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 78. 133 S. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 76; J. Vetter, AG 2003, 478, 479. 134 S. Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71 Rz. 76; J. Vetter, AG 2003, 478, 479. 135 S. hierzu im hier interessierenden Kontext J. Vetter, AG 2003, 478, 480 f. 136 So auch Busch, AG 1999, 58, 66.
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§ 22
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98
Sollte sich bei einer Call-Option mit Barausgleich der Stillhalter seinerseits durch Erwerb von Aktien der Gesellschaft absichern, stellt dies keinen Fall des § 71a AktG dar. Denn zwischen der Aktiengesellschaft und dem Stillhalter gibt es keinerlei Abrede über die Verwendung von Mitteln zum Erwerb von Aktien der AG, wie es für § 71a AktG Voraussetzung wäre137. Vielmehr ist der Stillhalter in der Verwendung der von der Aktiengesellschaft erhaltenen Mittel vollständig frei.
99
Die Anforderungen, die das Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG an den Erwerb von Call-Optionen mit physischer Lieferung durch die Aktiengesellschaft stellt, sind im Einzelnen umstritten138. Einigkeit besteht jedoch insoweit, dass dem Gleichbehandlungsgebot jedenfalls dann Genüge getan ist, wenn der Optionsvertrag mit einem Finanzdienstleister abgeschlossen wird, der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrages noch nicht Aktionär der Gesellschaft ist und der im Fall der Ausübung der Option nur solche Aktien an die Gesellschaft weitergibt, die er selbst zu diesem Zweck über die Börse erworben hat (s. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 4 AktG)139.
100
Schließlich ist § 57 Abs. 1 AktG zu beachten. Insoweit gilt, dass der Erwerb einer Call-Option von einem Aktionär nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt, wenn er zu marktgerechten Bedingungen erfolgt140. Die Gesellschaft darf also keine Optionsprämie zahlen, die über dem Marktüblichen liegt.
101
Wertpapierhandelsrechtlich stellt sich die Frage, ob die Aktiengesellschaft beim Erwerb von Call-Optionen auf eigene Aktien nach § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG mitteilungspflichtig ist. Dies ist in Anlehnung an die herrschende Meinung141 und an die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung142 zur Frage des Bestehens einer Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG beim Erwerb eigener Aktien zu verneinen. Zweifelhaft ist, ob eine Veröffentlichungspflicht nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG besteht. Dagegen spricht, dass diese Vorschrift im Hinblick auf den Inhalt der zu veröffentlichenden Erklärung nur auf § 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG und nicht auch auf § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG verweist. bb) Call-Optionen auf Aktien eines Drittemittenten
102
Mit dem Erwerb von Call-Optionen, die auf den Bezug von Aktien eines Drittemittenten gerichtet sind, sind kaum spezielle Rechtsfragen verbunden. Hinzuweisen ist 137 Hüffer, AktG, § 71a Rz. 3, Oechsler in MünchKomm. AktG, § 71a Rz. 26 f. 138 Vgl. zum Meinungsstand Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 238 ff. 139 S. Mick, DB 1999, 1201, 1205; Grobecker/Michel, DStR 2001, 1757, 1762 f.; J. Vetter, AG 2003, 478, 479; Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 241. 140 S. J. Vetter, AG 2003, 478, 480; Schmid/Mühlhäuser, AG 2001, 493, 396; Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 250. 141 Vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 30: „Eine Mitteilung der Gesellschaft bei Erreichen, Überschreiten oder Unterschreiten der Schwellenwerte des § 21 [WpHG] entfällt, erforderlich ist aber eine Einhaltung der Pflichten nach § 25 [jetzt: § 26 WpHG].“ S. auch Möller, Rückerwerb eigener Aktien, 2005, S. 187, Rz. 354 ff., m.w.N. A.A. aber Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 34. 142 Vgl. die Präsentation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zum Workshop „Ausgewählte Fragen aus der Verwaltungspraxis der BaFin – §§ 21 ff. WpHG“, S. 7: „Erwerb/Veräußerung eigener Aktien: keine Mitteilungs- [nach § 21 WpHG], nur Veröffentlichungspflicht [nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG].“ Die Präsentation ist auf der Webseite der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de) abrufbar.
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§ 22
Derivate
jedoch auf die Mitteilungspflicht des § 25 WpHG. Danach ist derjenige, der Call-Optionen auf zum Handel an der Börse zugelassene und mit Stimmrechten verbundene Aktien eines Drittemittenten erwirbt, verpflichtet, das Erreichen oder Überschreiten der in dieser Vorschrift genannten Stimmrechtsanteilsschwellenwerte unverzüglich dem Emittenten und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mitzuteilen. Handelt es sich um Optionen, aufgrund derer der Erwerber durch bloße Annahmeerklärung Eigentümer der Aktien werden kann (dingliche Optionen), ist vorrangig (s. § 25 Abs. 2 Satz 2 WpHG) die im Hinblick auf die Meldepflicht nach § 21 WpHG bedeutsame Zurechnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG anwendbar143. Bislang bestimmt § 25 WpHG ausdrücklich, dass eine Zusammenrechnung mit den Meldepflichten für gehaltene oder anderweit zurechenbare Stimmrechte aus Aktien nicht stattfindet, s. § 25 Abs. 1 Satz 3 WpHG. Der Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) der Bundesregierung144 sieht eine Aufhebung dieser Bestimmung und eine ausdrückliche Anordnung der Zusammenrechnung vor, s. § 25 Abs. 1 Satz 3 WpHG n.F. Hat der Meldepflichtige bereits eine Mitteilung wegen Stimmrechten aus gehaltenen oder zurechenbaren Aktien gemacht, müsste er nach der Neuregelung durch das Risikobegrenzungsgesetz bei Erwerb von Call-Optionen mit physischer Lieferung nur dann eine Mitteilung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG n.F. machen, wenn durch die Zusammenrechnung erneut eine gesetzliche Meldeschwelle erreicht, überschritten oder unterschritten wird, s. § 25 Abs. 1 Satz 4 WpHG n.F. Mit der Einführung des § 21 Abs. 1 Satz 4 WpHG n.F. würde auch das Bedürfnis für eine Sonderregelung für die Zurechnung der Stimmrechte aus dinglichen Optionen entfallen. Daher sieht das Risikobegrenzungsgesetz die Aufhebung des jetzigen § 25 Abs. 2 Satz 2 WpHG vor.
103
cc) Call-Spread-Transaktionen auf eigene Aktien „Call-Spread“ bezeichnet eine Optionsstrategie, die darin liegt, auf Barausgleich gerichtete europäische Call-Optionen auf den gleichen Basiswert und mit dem gleichen Fälligkeitstermin, aber mit unterschiedlichem Basispreis gleichzeitig zu kaufen und zu verkaufen.
104
Im Finanzierungszusammenhang sind in der Praxis Call-Spread-Transaktionen auf eigene Aktien von Bedeutung, die gleichzeitig mit der Begebung einer Wandelanleihe abgeschlossen werden145. Der Basispreis der gekauften Call-Optionen liegt dabei über dem Wandlungspreis, aber unter demjenigen der verkauften Call-Optionen und der Fälligkeitstermin der Call-Optionen deckt sich mit der Endfälligkeit der Wandelanleihe. Die vom Emittenten im Ergebnis aufzubringende Optionsprämie für den Kauf der Call-Optionen ist Null oder vergleichsweise gering, da der Emittent im Gegenzug für den Verkauf der Call-Optionen seinerseits eine Optionsprämie erhält.
105
143 S. Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 22 WpHG Rz. 9 ff. S. zur Frage, ob auch schuldrechtliche Optionen unter die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpHG fallen vor dem Hintergrund des TUG Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 476. 144 BR. Drucks. 763/07. 145 In Europa fand der Abschluss einer vertikalen Call-Spread-Transaktion im Zusammenhang mit der Begebung einer Wandelanleihe erstmals im Jahr 2003 statt, als sich die TUI AG für ein solches Vorgehen entschied, vgl. Börsen-Zeitung Nr. 193 v. 8.10.2003, S. 9 („TUI platziert Wandelanleihe und versprüht Zuversicht“).
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Derivate
Mittels der Call-Spread-Transaktion partizipiert der Emittent an einer möglichen Kurssteigerung zum Fälligkeitstermin, jedoch maximal bis zur Höhe der Differenz aus dem Basispreis der verkauften und der gekauften Call-Option. Bei ökonomischer Betrachtung erhöht sich hierdurch die Wandlungsprämie um den Betrag, den der Emittent nach Durchführung der Call-Spread-Transaktionen als Gewinn erzielt. 106
Bei der rechtlichen Bewertung sind die einzelnen Bestandteile des Call-Spread-Geschäfts, also der Erwerb bzw. die Ausgabe der auf Barausgleich gerichteten Call-Optionen, getrennt zu analysieren146.
107
Mit Blick auf das Aktienrecht gilt, dass auf die Ausgabe von Call-Optionen auf eigene Aktien mit Barausgleich § 221 Abs. 1, Abs. 3 AktG keine (analoge) Anwendung findet147. Auf die Ausgabe von Call-Optionen auf eigene Aktien sowie den Erwerb von Call-Optionen mit Barausgleich ist § 71 AktG per se nicht anwendbar. Soweit der Erwerb und die Veräußerung der Call-Option jeweils at arm’s length erfolgt, ist ebenso wenig § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG anwendbar148.
108
Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass § 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG auf Aktienoptionen mit Barausgleich von vornherein keine Anwendung findet149.
146 S. Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanz-Derivate, S. 30. 147 S. Krieger in MünchHdb. AG, § 63 Rz. 29; Wohlfarth/Brause, WM 1997, 397, 398 ff.; Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 167 f. 148 Kniehase, Derivate auf eigene Aktien, 2005, S. 172, 178, 181, 185 und zusammenfassend S. 186. 149 S. Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471, 475.
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6. Teil Vertrags- und Rechtsverhältnisse § 23 Übernahmevertrag bei Aktienemissionen Hendrik Haag I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 1. Transaktionsformen a) Börsengang . . . . . . . . . . . . b) Bezugsrechtsemission . . . . . c) Bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . d) Block Trade . . . . . . . . . . . 2. Vertragstypen . . . . . . . . . . . . a) Klassische Platzierungsofferte b) Übernahmevertrag . . . . . . . 3. Rechtsnatur des Übernahmevertrages . . . . . . . . . . . . . . .
.
1
c) Gewährleistungen der Konsortialbanken . . . . . . . . . . . . . .
. .
4 5
. . . . .
6 7 8 9 10
.
11
II. Typischer Inhalt . . . . . . . . . . 1. Übernahme bzw. Zeichnung der Aktien durch Konsortialbanken a) Bestehende Aktien . . . . . . . b) Neue Aktien aus Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . 2. Preisbestimmung . . . . . . . . . . a) Festpreis . . . . . . . . . . . . . b) Bookbuilding . . . . . . . . . . . c) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrzuteilungsoption . . . . . . . a) Mehrzuteilungsoption durch Altaktionäre . . . . . . . . . . . b) Mehrzuteilungsoption durch die Emittentin . . . . . . . . . . c) Belieferung mit geliehenen Aktien . . . . . . . . . . . . . . 4. Vergütung der Konsortialbanken . a) Provisionen . . . . . . . . . . . b) Erstattung von Kosten . . . . . 5. Gewährleistungen . . . . . . . . . a) Gewährleistungen des Emittenten . . . . . . . . . . . . aa) Gewährleistungen bezüglich Platzierungsprospekt . bb) Sonstige Gewährleistungen . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährleistungen der Altaktionäre . . . . . . . . . . . . .
.
12
6. Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtungen des Emittenten bezüglich Platzierungsprospekt . . . . . . . . . . . . . . b) Verpflichtungen des Emittenten und der Altaktionäre zum Schutz des Sekundärmarktes . . c) Sonstige Verpflichtungen des Emittenten und der Altaktionäre d) Verpflichtungen der Konsortialbanken bezüglich Verkaufsbeschränkungen . . . . . . . . . .
.
13
. . . .
15 18 19 21
. .
23 24
.
25
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26
. . . . .
27 29 30 31 32
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33
.
34
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36
.
41
7. Haftungsfreistellung . . . . . . . . . a) Freistellung von Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . b) Freistellung von den Folgen einer Vertragsverletzung . . . . . c) Aktienrechtliche Grenzen der Freistellung . . . . . . . . . . d) Kreis der freistellungsberechtigten Personen . . . . . . . . . . . . e) Rechtsverteidigung . . . . . . . . f) Freistellung des Emittenten durch die Konsortialbanken . . . 8. Bedingungen für die weitere Vertragsdurchführung . . . . . . . a) Legal Opinions, Disclosure Opinions und Comfort Letter . b) Weitere Dokumente . . . . . . c) Börsennotierung . . . . . . . . . d) Wesentliche nachteilige Änderung der Verhältnisse . .
44 47 48 50 53 56 57 58 59 60 64 65 66
.
67
. . .
69 72 73
.
74
9. Vertragsstörungen . . . . . . . . . a) Platzierung von Altaktien . . . b) Aktien aus Kapitalerhöhung . aa) Abbruch vor Anmeldung der Kapitalerhöhung . . . . bb) Abbruch nach Anmeldung der Kapitalerhöhung . . . . cc) Abbruch nach Eintragung der Kapitalerhöhung . . . .
. . .
77 78 79
.
80
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81
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
c) Nichtabnahme durch eine oder mehrere Konsortialbanken . . . d) Folgen der Vertragsbeendigung .
85 87
10. Lieferung gegen Zahlung . . . . . . 11. Sonstige Vertragsbestimmungen; Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . .
88 89
Schrifttum: Assmann, Prospektaktualisierungspflichten – Aktualisierungs-, Berichtigungsund Nachtragspflichten im Recht der Haftung für Prospekte und Angebotsunterlagen, FS Ulmer, 2003, S. 757; Fleischer, Umplatzierung von Aktien durch öffentliches Angebot (Secondary Public Offering) und verdeckte Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 AktG, ZIP 2007, 1969; Heider, Börsengang, Prospekthaftung und Einlagenrückgewähr nach § 57 AktG, FS Sigle, 2000, S. 251; Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, 2006; Grundmann/Selbherr, Börsenprospekthaftung nach der Reform, WM 1996, 985; Hein, Rechtliche Fragen des Bookbuildings nach deutschem Recht, WM 1996, 1; Hoffmann-Becking, Neue Formen der Aktienemission, FS Lieberknecht, 1997, S. 25; Keusch/Wankerl, Die Haftung der Aktiengesellschaft für fehlerhafte Kapitalmarktinformation im Spannungsfeld zum Gebot der Kapitalerhaltung, BKR 2003, 744; Kort, Neuere Entwicklungen im Recht der Börsenprospekthaftung (§§ 45 ff. BörsG) und der Unternehmensberichtshaftung (§ 77 BörsG), AG 1999, 9; Krämer/Baudisch, Neues zur Prospekthaftung und zu den Sorgfaltsanforderungen bei Unternehmenskauf, WM 1998, 1161; Pfüller/Flatten, Aktienübernahmeverträge und Platzierungsrisiko, Finanz Betrieb 2001, 388; Pfüller/Maerker, Rechtliche Rahmenbedingungen bei der Zuteilung von Aktien, Die Bank 1999, 670; Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, Diss., 1998; Sittmann, Die Prospekthaftung nach dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, NZG 1998, 490; Stephan, Prospektaktualisierung, AG 2002, 3; Technau, Rechtsfragen bei der Gestaltung von Übernahmeverträgen („Underwriting Agreements“) in Zusammenhang mit Aktienemissionen, AG 1998, 445.
I. Allgemeines 1
Der Übernahmevertrag ist das zentrale Vertragswerk bei einer Aktienemission. Er enthält detaillierte Regelungen der Rechte und Pflichten des Emittenten bzw. Verkäufers von Aktien einerseits und der platzierenden Konsortialbanken andererseits. Der Übernahmevertrag ersetzt die Mandatsvereinbarung (letter of engagement – LoE), mit dem die Konsortialbanken zunächst mit der Vorbereitung der Aktienemission beauftragt werden1. Die Mandatsvereinbarung enthält üblicherweise eine Beschreibung der Transaktionsstruktur und weist den Parteien Aufgaben und Verantwortungsbereiche für die Vorbereitung der Emission zu. In manchen Fällen enthält die Mandatsvereinbarung bereits Detail regelungen, die wörtlich in den endgültigen Übernahmevertrag übernommen werden sollen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Vertragspartner der Konsortialbanken die Verhandlung kritischer Punkte des Übernahmevertrages bereits vor endgültiger Mandatserteilung abschließen wollten, um ihre in dieser Phase größere Verhandlungsmacht auszuspielen2. Der endgültige Text des Übernahmevertrages wird meist erst abgestimmt, wenn die Vorbereitungen der Emission weit fortgeschritten sind. Oftmals hat das öffentliche Angebot schon begonnen. Zu diesem Zeitpunkt ist es dem Emittenten bzw. den Verkäufern der Aktien aus praktischen Gründen unmöglich geworden, das Bankenkonsortium auszuwechseln. Dementsprechend geschwächt ist ihre Verhandlungsposition. 1 Die Mandatsvereinbarung ist kein Vorvertrag im rechtlichen Sinne. Er ist in der Regel jederzeit kündbar und verpflichtet keine Seite, die Platzierung tatsächlich durchzuführen. Weiterführend zur Mandatsvereinbarung vgl. Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 71. 2 Zu den kritischen Punkten bei der Platzierung von Altaktien gehört regelmäßig die Reichweite der von den Altaktionären abzugebenden Gewährleistungen. S. dazu unten Rz. 32 ff.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
Unterzeichnet wird der Übernahmevertrag regelmäßig in engem zeitlichen Zusammenhang mit der endgültigen Preisbestimmung für die zu platzierenden Aktien. Manche Emissionshäuser bevorzugen es, den Vertrag zu unterschreiben, bevor die Aktien zum Verkauf angeboten werden. Begründet wird dies mit der bereits zu diesem Zeitpunkt beginnenden Prospekthaftung3. Allerdings kann es zu einer Prospekthaftung nicht kommen, wenn sich die Parteien anschließend über den Preis nicht einigen und die Emission schließlich nicht durchgeführt wird. Die Unterzeichnung in Zusammenhang mit der Preisfestsetzung ist daher genügend.
2
Parteien des Übernahmevertrages sind regelmäßig der Emittent, bei zu platzierenden Altaktien auch die verkaufenden Aktionäre sowie die Konsortialbanken. Die von den Parteien aufgrund des Übernahmevertrages jeweils geschuldeten Leistungen bzw. die von ihnen zu übernehmende Haftung hängen im Einzelnen von der Transaktionsstruktur ab.
3
1. Transaktionsformen a) Börsengang Der Börsengang ist die erstmalige öffentliche Platzierung von Aktien in Verbindung mit der Einführung zum Handel an einer Wertpapierbörse. In diesem Fall werden üblicherweise bereits vorhandene Aktien aus Aktionärsbesitz (so genannte Altaktien) sowie neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung angeboten. Die Platzierung von Altaktien4 erhöht die Liquidität, vermindert den Einfluss des bestehenden Aktionärskreises und ermöglicht es Altaktionären, durch Verkauf ihrer Aktien vom Börsengang finanziell zu profitieren. Durch die Kapitalerhöhung werden der Gesellschaft neue Mittel zugeführt, die sie zur Expansion ihres Unternehmens nutzen kann. Die Platzierung ausschließlich von Altaktien ist in der Praxis eher selten, weil Investoren damit regelmäßig die Vorstellung verbinden, eine Gesellschaft, die kein neues Eigenkapital brauche, habe keine Wachstumsperspektiven und stelle daher keine lohnende Investition dar. Der Börsengang diene nur dem Ziel der Altaktionäre, „Kasse zu machen“. Die Platzierung allein von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung kommt dagegen häufiger vor. Prominentes Beispiel ist der Börsengang der Deutschen Telekom AG im Jahr 1996. Der Gesetzgeber hatte der Deutschen Telekom AG im Postneuordnungsgesetz5 das Vorrecht gegenüber ihrem Aktionär Bundesrepublik Deutschland eingeräumt, für die Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis Mittel auf dem Kapitalmarkt zu schöpfen, bevor der Bund mit dem Verkauf seiner Aktien beginnen durfte.
4
b) Bezugsrechtsemission6 Bei Bezugsrechtsemission werden Aktien des emittierenden Unternehmens bereits an der Börse gehandelt. Gem. § 186 Abs. 1 AktG muss jedem Aktionär auf sein Verlangen ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Anteil der 3 Gem. § 9 Abs. 1 VerkProspG ist der Angebotsprospekt mindestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebots zu veröffentlichen. 4 S. hierzu auch § 6 bezüglich der Umplatzierung bereits bestehender Aktien. 5 Vom 14.9.1994, BGBl. I 1994, 2325. 6 S. hierzu auch § 4 Bezugsrechtsemissionen.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
neuen Aktien zugeteilt werden. In der Praxis wird das Bezugsrecht der Aktionäre meist durch das so genannte mittelbare Bezugsrecht gewahrt. Dabei werden die Aktien von den Konsortialbanken mit der Maßgabe übernommen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. c) Bezugsrechtsfreie Kapitalerhöhung7 6
Soweit das Bezugsrecht der Aktionäre in rechtlich zulässiger Weise ausgeschlossen werden kann, können Aktien auch bei bestehendem Streubesitz bezugsrechtsfrei platziert werden. Große praktische Bedeutung besitzt in diesem Zusammenhang der Ausschluss des Bezugsrechts gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Nach dieser Vorschrift kann der Vorstand ermächtigt werden, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, wenn es sich um eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen handelt, die 10 % des Grundkapitals nicht übersteigt, und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Eine Ermächtigung des Vorstands ohne besondere Voraussetzungen für den Ausschluss des Bezugsrechts kommt in der Praxis seltener vor. Nach der Rechtsprechung bedarf der Ausschluss des Bezugsrechts besonderer Rechtfertigung. Ein Bezugsrechtsausschluss, der an keine Bedingungen geknüpft ist, wird daher regelmäßig von einzelnen Aktionären angefochten. Ein genehmigtes Kapital mit der Befugnis zum Bezugsrechtsausschluss ohne weitere Voraussetzungen findet sich bisweilen in Satzungen von Gesellschaften, die erst vor kurzem an der Börse eingeführt wurden. Das genehmigte Kapital stammt dabei aus der Zeit vor der Börseneinführung, als wegen des engen Aktionärskreises keine Anfechtungsgefahr bestand. d) Block Trade8
7
Bei einem Block Trade will ein Altaktionär ein größeres Aktienpaket unter Mitwirkung einer oder mehrerer Banken über die Börse so umzuplatzieren, dass der Börsenkurs von dem großen Transaktionsvolumen möglichst wenig beeinträchtigt wird. Dabei werden die Aktien meist bei institutionellen Investoren platziert. Da es sich um bereits börsennotierte Aktien handelt, ist ein Börsenzulassungsprospekt nicht erforderlich. Die Bank übernimmt ein Platzierungsrisiko, indem sie sich unter Einschätzung der Marktsituation zur Zahlung eines Fixpreises oder zur Einhaltung einer Preisuntergrenze verpflichtet. Weil bei einem Block Trade typischerweise Finanzinvestoren untereinander handeln, gibt es regelmäßig keine emittentenbezogenen Gewährleistungen im Vertrag. Etwas anderes kann gelten, wenn sich z.B. ein Unternehmen von einem größeren Paket von Aktien einer Tochtergesellschaft trennen will, die bereits an der Börse notiert ist. Hier gehen die platzierenden Banken davon aus, dass der Verkäufer der Aktien das Unternehmen des Emittenten genauer kennt und diesbezügliche Gewährleistungen übernehmen kann.
2. Vertragstypen 8
Seiner äußeren Erscheinungsform nach hat sich der Übernahmevertrag in den letzten rund zehn Jahren grundlegend gewandelt. Während noch bis Mitte der 90er Jahre 7 S. hierzu auch § 5 Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss. 8 S. hierzu auch § 6 Rz. 2, 16 ff.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
die so genannte Platzierungsofferte üblich war, bildet der Übernahmevertrag nach heutigem Standard ein komplexes Vertragswerk mit manchmal bis zu 100 Seiten. Mit Rücksicht auf das meist internationale Bankenkonsortium ist Vertragssprache regelmäßig Englisch. a) Klassische Platzierungsofferte Die Platzierungsofferte alten Stils hatte die Form eines Briefes, den das Platzierungskonsortium an den Emittenten bzw. Aktienverkäufer richtet. Das Schreiben erläuterte in wenigen, sehr schlanken Formulierungen die Transaktionsstruktur, das Leistungsspektrum des Bankenkonsortiums sowie Pflichten des Emittenten. Darin ähnelte die Platzierungsofferte dem heutigen Mandatsbrief, der dem Übernahmevertrag vorangeht. Besonders deutlich wird der formale Unterschied zwischen einem Übernahmevertrag moderner Prägung und der Platzierungsofferte, wenn man die für die Platzierungsbanken zentrale Vertragsbestimmung betrachtet, durch die die Haftungsrisiken bezüglich des Platzierungsprospektes der Emittentin zugewiesen werden. Wo sich heute als Garantien ausgestaltete Gewährleistungen bezüglich einzelner Umstände, die das Unternehmen der Emittentin betreffen, über bis zu zehn Seiten ausbreiten, wur de bei der Platzierungsofferte das gleiche Thema mit der kursorischen Feststellung behandelt, der Emittent sei für den Prospektinhalt ausschließlich verantwortlich. Die Platzierungsofferte kommt in dieser Form heute nur noch selten vor.
9
b) Übernahmevertrag Anfang der 90er Jahre begannen deutsche Großunternehmen, beraten durch die in Deutschland präsenter werdenden angelsächsischen Investmentbanken, sich nach verbesserten Platzierungsmöglichkeiten im Ausland umzusehen. Im Frühjahr 1990 führte die Volkswagen AG in Zusammenarbeit mit einer US-amerikanischen Investmentbank eine weltweite Umplatzierung von Bezugsrechten durch, wodurch der typischerweise mit einem hohen Abschlag versehene Bezugspreis aufgrund höherer Investorennachfrage näher am aktuellen Börsenkurs festgesetzt werden konnte. 1994 kam erstmals das so genannte Bookbuilding-Verfahren bei der Platzierung einer Kapitalerhöhung der Dresdner Bank AG zum Einsatz. Diese veränderten Emissionstechniken in Verbindung mit dem wachsenden Einfluss der führenden angelsächsischen Investmentbanken führte zu grundlegend geänderten Anforderungen an die Vertragsdokumentation. Die traditionellen Vertragsformen mussten den Ansprüchen der internationalen Kapitalmärkte angepasst, dabei die strengen und oft wenig flexiblen Vorgaben des deutschen Aktienrechts beachtet und in neue Regelungskonzepte eingefügt werden. Dies dürfte in seiner ganzen Tragweite zum ersten Mal beim Übernahmevertrag für den Börsengang der Deutschen Telekom im Jahre 1996 mit einem noch nie da gewesenen Volumen von über 60 Seiten (ohne Anlagen) geschehen sein. Heute hat sich auch im deutschen Markt ein Standard für Übernahmeverträge etabliert, der den Erwartungen von international tätigen Emissionshäusern entspricht.
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3. Rechtsnatur des Übernahmevertrages Eine eindeutige Klassifizierung des Übernahmevertrages in eine der Vertragstypen des deutschen Zivilrechts ist angesichts der Verschiedenartigkeit der Leistungen, Haag
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
zu denen sich insbesondere das Bankenkonsortium verpflichtet, schwierig9. Die Bankenseite schuldet nicht nur die Übernahme von Aktien gegen Zahlung des vereinbarten Preises, sondern zum Beispiel auch die sachgerechte Durchführung des Preisfindungsverfahrens (Bookbuilding) beim Börsengang bzw. die möglichst kursschonende Unterbringung bestehender Aktien bei einem bereits notierten Unternehmen. Hinzu treten Leistungen im Zusammenhang mit der Börseneinführung oder auch die Übernahme des Zahlstellendienstes für die Übermittlung von Dividendenzahlungen an die Aktionäre. Zumindest bei der Platzierung von Altaktien, die von einem oder mehreren Altaktionären gegen Zahlung eines vereinbarten Betrages übernommen wer den, stehen die kaufvertraglichen Elemente des Übernahmevertrages im Vordergrund. Bei der Platzierung junger Aktien aus einer Kapitalerhöhung treten gesellschaftsrechtliche Elemente hinzu. Die konsortialführende Bank zeichnet die neuen Aktien im Auftrag und für Rechnung10 der übrigen Konsortialbanken und wird dabei vorübergehend selbst Aktionär. In dieser Funktion übernimmt sie die unmittelbare Haftung für die Einzahlung des geringsten Ausgabebetrages der neuen Aktien, wenn auch abgesichert durch einen auftragsrechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber den übrigen Konsortialbanken. Im Rahmen der weiteren Abwicklung der Platzierung werden die neuen Aktien dann für eigene Rechnung der federführenden Bank sowie für Rechnung der übrigen Konsortialbanken an die Investoren geliefert. Sollte ausnahmsweise überhaupt kein fester Preis für die Abnahme bestehender Aktien vereinbart worden sein (so genannte Best-Efforts-Platzierung), handelt es sich um einen reinen Dienstvertrag, bei dem die Banken lediglich verpflichtet sind, den erzielten Erlös – abzüglich einer Provision – an den verkaufenden Altaktionär abzuführen. Angesichts der verschiedenen Ausprägungsformen des Übernahmevertrages ist die Zuweisung zu einem bestimmten Vertragstypus nicht zielführend. Allerdings muss zur Bestimmung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, insbesondere bei Leistungsstörungen, in Bezug auf bestimmte Vertragselemente ggf. eine nähere Einordnung vorgenommen und auf die vertragstypischen Regelungen des BGB zurückgegriffen werden.
II. Typischer Inhalt 12
Ein vom Markt allgemein akzeptiertes Muster für Übernahmeverträge gibt es nicht11. Im Detail bestehen zwischen den Vertragsmustern der einzelnen Emissionshäuser bisweilen erhebliche Unterschiede. Auch in der Form gibt es Abweichungen. US-amerikanische Investmentbanken bevorzugen vereinzelt noch Übernahmeverträge in Briefform, die jedoch in Umfang und Regelungsdichte nicht hinter der heute weitgehend üblichen, klassischen Vertragsform zurückbleiben. Unbeschadet mögli9 Singhof, Außenhaftung, S. 59; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/308e. 10 A.A. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/316c, der entweder einen Weiterverkauf der Aktien durch den Konsortialführer an die Konsortialbanken annimmt oder eine Zeichnung in fremdem Namen. Letzteres kommt in der Praxis wegen der Komplikationen bei der Abwicklung höchstens bei außerordentlich hohen Risiken vor. Zeichnet der Konsortialführer allein, handelt er regelmäßig in eigenem Namen, aber im Auftrag und für Rechnung der übrigen Konsortialbanken. Den von ihm eingezahlten Ausgabebetrag kann er Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien als Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) zurückverlangen. 11 Einen Eindruck von der Marktpraxis vermitteln die bei Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/324 und 10/326 abgedruckten Mustertexte.
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cher Abweichungen im Einzelnen enthalten alle Übernahmeverträge einen sich aus der Natur der Transaktion ergebenen Regelungskanon.
1. Übernahme bzw. Zeichnung der Aktien durch Konsortialbanken a) Bestehende Aktien Sind Gegenstand der Platzierung auch oder ausschließlich bestehende Aktien aus dem Besitz von Altaktionären, sieht der Übernahmevertrag eine Verpflichtung der Konsortialbanken zum Kauf bzw. eine Verpflichtung der Altaktionäre zum Verkauf dieser Aktien vor. Die Verpflichtung der Konsortialbanken ist einzelschuldnerisch, d.h. jede Konsortialbank ist nur zum Erwerb einer bestimmten Anzahl von Aktien verpflichtet. Eine Haftung für die Erfüllung der Kaufverpflichtung der anderen Konsortialbanken besteht grundsätzlich nicht (s. aber unten Rz. 86, Vertragsstörung – Nichterfüllung seitens einer Konsortialbank). Die Anzahl der auf jede der Konsortialbanken entfallenden Aktien wird meist in einer Anlage zum Übernahmevertrag festgehalten. Dabei handelt es sich regelmäßig um eine Höchstanzahl („… bis zu …“). Die endgültige Anzahl der von jeder Konsortialbank zu übernehmenden Aktien wird vom Ergebnis des Bookbuilding-Verfahrens abhängig gemacht. Im Bookbuilding-Verfahren wird auch erst der Kaufpreis bestimmt. Kommt es zu keiner Einigung über den Kaufpreis, ist die Kaufverpflichtung der Konsortialbanken nicht wirksam zustande gekommen und die Platzierung wird nicht durchgeführt. Ein rechtlich bindender Kaufvertrag kommt daher erst mit der Einigung über den Preis zustande.
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Da bei der Platzierung von bestehenden Aktien die Altaktionäre als Verkäufer auftreten, müssen sie Partei des Übernahmevertrages werden. Wird zur Platzierung bzw. Börseneinführung der Aktien ein Verkaufs- oder Börsenzulassungsprospekt benötigt, ist auch die Emittentin Vertragspartei. In dieser Rolle muss sie vor allem die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts übernehmen und die Konsortialbanken von einer etwaigen Haftung für unrichtige oder unvollständige Angaben freistellen (s. nachfolgend Rz. 58).
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b) Neue Aktien aus Kapitalerhöhung Falls Gegenstand der Platzierung auch oder ausschließlich neue Aktien sind, d.h. solche, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung bei der Emittentin erst geschaffen werden müssen, ist Inhalt der Verpflichtung der Konsortialbanken im Verhältnis zur Emittentin zunächst die Zeichnung der neuen Aktien. Dabei sollen die Konsortialbanken nicht Aktionäre bleiben; die Übernahme der Aktien geschieht wie beim Kauf von Altaktien zum Zweck der Weiterplatzierung, ggf. in Verbindung mit der Börsenzulassung. Zur Erfüllung ihrer Verpflichtung müssen die Konsortialbanken bei der Gesellschaft einen Zeichnungsschein einreichen und den Ausgabebetrag i.S.v. §§ 188 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 36a Abs. 1 AktG einzahlen. In der Praxis wird auf dem Zeichnungsschein als Ausgabebetrag der Nennbetrag der Aktie bzw. bei Stückaktien der geringste Ausgabebetrag angegeben. Auf diesen Ausgabebetrag ist gem. § 36a Abs. 1 AktG mindestens ein Viertel einzuzahlen. Regelmäßig ist der anvisierte Platzierungspreis wesentlich höher als der Ausgabebetrag. Würde die Differenz von vornherein auf dem Zeichnungsschein als Aufgeld deklariert, müsste dieser Betrag bei Zeichnung voll eingezahlt werden. Dies entspricht aber weder der Interessenlage der Konsortialbanken noch der der Emittentin. Die Konsortialbanken würden in dieHaag
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sem Fall ein wesentlich höheres Risiko eingehen, wenn die Platzierung am Ende nicht zustande kommt. Sie hätten im Ergebnis eine Platzierungsgarantie übernommen, ohne dass vorher die Möglichkeit bestanden hätte, Nachfrage und Preis für die Aktien zu ermitteln. Die Emittentin müsste dieses Risiko mit wesentlich erhöhten Provisionen und einem Abschlag vom wahren Wert ihrer Aktien bezahlen. 16
Die Unterscheidung zwischen Angebotspreis und Ausgabebetrag ist bei Bezugsrechtsemissionen von jeher üblich. Dort übernehmen Banken die zum Bezug angebotenen Aktien ebenfalls zum geringsten Ausgabebetrag, obwohl von vornherein feststeht, dass der Bezugspreis darüber liegen wird. Der Mehrerlös ist an die emittierende Gesellschaft abzuführen. Bei einer bezugsrechtsfreien Emission besteht in dieser Beziehung kein relevanter Unterschied12. Zwar sind die Konsortialbanken nicht verpflichtet, den Aktionären die neuen Aktien im Wege eines mittelbaren Bezugsrechtes zum Bezug anzubieten. Aber auch bei der Emission ohne Bezugsrecht ist das Bankenkonsortium nur dazwischen geschaltet, weil die Zeichnung durch eine Vielzahl von Investoren praktisch nicht durchführbar wäre. Es handelt sich also auch hier um ein mittelbares Angebot von Aktien durch die Emittentin. Dabei ist die Zeichnung zum geringsten Ausgabebetrag auch dann zulässig, wenn ausnahmsweise bei Zeichnung der Platzierungspreis bereits feststeht13. Auch in diesem Fall ist es noch nicht letztlich sicher, ob die Emission wirklich erfolgreich abgeschlossen werden kann oder wegen höherer Gewalt noch abgesagt werden muss. Das Platzierungsrisiko darf den Konsortialbanken auch in diesen Fällen nicht aufgebürdet werden.
17
Der auf den Ausgabebetrag einzuzahlende Teil wird der Gesellschaft durch Gutschrift auf ein Sonderkonto Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt. Damit steht dieser Betrag zur freien Verfügung der Gesellschaft. Trotzdem ist es in der Praxis üblich, den Betrag nicht vor endgültiger Abrechnung des Emissionserlöses nach Abschluss der Platzierung abzurufen14.
2. Preisbestimmung 18
Der von den Konsortialbanken für die Aktien zu zahlende Preis kann auf unterschiedliche Weise ermittelt werden.
12 So auch die herrschende Meinung; vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/300e, 10/316d jeweils m.w.N. 13 Bei den ersten im Bookbuilding-Verfahren durchgeführten Kapitalerhöhungen hat man den Umstand, dass bei Zeichnung der Platzierungspreis noch nicht bekannt ist, als ein Argument für die Zulässigkeit der Zeichnung zu pari herangezogen. Dieses Argument trägt aber nicht, wenn die Zeichnung nach Preisfestsetzung stattfindet, wie z.B. regelmäßig bei der Greenshoe-Tranche. Entscheidend ist, dass der Emittent – wie beim mittelbaren Bezugsrecht – durch die Zwischenschaltung von Kreditinstituten bei der Platzierung keine wesentlichen Risiken in Bezug auf den Platzierungserlös eingeht. 14 Dies ist freilich nur die (unverbindliche) Praxis. Da das Geld zur freien Verfügung des Vorstandes stehen muss (§ 36 Abs. 2 Satz 1 AktG), kann es jederzeit abgerufen werden. Um das Vorleistungsrisiko der zeichnenden Bank zu reduzieren, ist es zulässig, eine Bedingung aufzunehmen, wonach der Betrag erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung zu freien Verfügung steht (Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/317).
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a) Festpreis Bei der Übernahme zum Festpreis vereinbaren die Konsortialbanken mit der Gesellschaft bzw. den verkaufenden Altaktionären einen festen Betrag je Aktie. In diesem Fall tragen die Banken das volle Platzierungsrisiko. Um sich vor Verlusten zu schützen, müssen die übernehmenden Banken den Kaufpreis vorsichtig kalkulieren. Das volle Preispotential am Markt kann nicht ausgereizt werden. Seit der Einführung effizienterer Preisfindungsmechanismen wie dem Bookbuilding kommen Übernahmen zum Festpreis in der Praxis so gut wie nicht mehr vor.
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Eine Ausnahme findet sich neuerdings bei der beschleunigten Platzierung großer Aktienpakete, den so genannten Block Trades. Hier ist es üblich geworden, die Platzierungsdokumentation, insbesondere den Übernahmevertrag sowie einen etwa erforderlichen Prospekt, vor endgültiger Mandatierung einer oder mehrerer Platzierungsbanken vorzubereiten. Anschließend werden verschiedene Banken eingeladen, kurzfristig (d.h. binnen weniger Stunden) einen festen Preis für die Übernahme der Aktien zu quotieren. Regelmäßig handelt es sich dabei um Aktien, für die bereits ein Marktpreis existiert, weil die Aktien selbst oder Aktien gleicher Gattung schon an der Börse notiert sind. Die den Zuschlag erhaltende Bank hat dann die Möglichkeit, die erworbenen Aktien umgehend am Markt unterzubringen. Zwar trägt sie auch in diesem Fall ein Platzierungsrisiko, das jedoch wegen des bereits vorhandenen Sekundärmarktes und des kurzen Zeitraums zwischen Preisbestimmung und Weiterplatzierung überschaubar ist.
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b) Bookbuilding Beim Bookbuilding15 werden dem Anlegerpublikum die Aktien öffentlich zum Erwerb angeboten bevor der Platzierungspreis feststeht. Kommuniziert wird lediglich eine Preisspanne, innerhalb derer der endgültige Platzierungspreis erwartet wird. Dabei stellen die Eckwerte der Preisspanne keine unveränderbaren Grenzen dar. Insbesondere bei schwacher Nachfrage kann es zu einer Zuteilung der Aktien zu einem Preis unterhalb der Untergrenze der Spanne kommen. Auch kann die Preisspanne während des Angebots gesenkt werden, wenn beim Anlegerpublikum nicht genügend Kaufinteresse besteht16. Der endgültige Platzierungspreis wird anhand der Investorennachfrage ermittelt. Ausschlaggebend sind dabei regelmäßig die institutionellen Investoren. Ihnen wird das Unternehmen im Rahmen von Präsentationen, so genannten Road Shows, vorgestellt, um sie für eine Investition in die Aktien zu gewinnen. Wenn Erwerbsinteresse besteht, übermittelt der Investor sein Kaufgebot an die Konsortialbanken, die es dann mit den Angeboten anderer Kaufinteressenten im so genannten Orderbuch zusammenfassen. Nach Ende der Angebotsphase wird das Buch geschlossen und der Preis anhand der vorliegenden Kaufangebote ermittelt. Dabei kommen nicht automatisch die höchsten Angebote zum Zuge. Auch die Qualität der Investoren spielt eine Rolle, insbesondere die Frage, ob sie voraussichtlich mit 15 Eine detaillierte Darstellung des Bookbuilding-Verfahrens findet sich bei Hein, WM 1996, 1. 16 Es empfiehlt sich, auf eine mögliche Veränderung bei der Preisspanne im öffentlichen Angebot hinzuweisen, um dem Vorwurf zu begegnen, das verbindliche Kaufangebot eines Investors könne nicht wirksam zu einem Preis unterhalb der Spannenuntergrenze angenommen werden. Allerdings stellt die Senkung der Preisspanne einen wichtigen, neuen Umstand dar, der durch Nachtrag (§ 16 WpPG) zu veröffentlichen ist. Der Nachtrag löst ein Rücktrittsrecht des Investors aus (§ 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG).
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einem raschen Wiederverkauf der Aktien den Sekundärmarkt belasten werden. Ermittelt wird dann ein Preis, bei dem möglichst das ganze Angebot zugeteilt werden kann und die Investorenbasis ausgewogen ist17. 22
Auch Angebote von Privatinvestoren fließen in das Orderbuch ein. Zeichnungswünsche werden entweder direkt bei der Konsortialbank oder bei der Hausbank platziert, die sie dann an das buchführende Institut weiterleitet. Die Nachfrage von Privatinvestoren ist für die Preisbildung allerdings häufig wenig aussagekräftig, weil die Angebote in der Regel kein Preislimit enthalten. Damit wäre immer die Zuteilung an der oberen Grenze der Preisspanne möglich. Bei überschäumender Nachfrage kann es dazu kommen, dass Privatinvestoren den Preis über den Wert hinaustreiben, den institutionelle Anleger zu zahlen bereit sind. Andererseits wollen Kleinanleger ihren Gewinn häufig nach der ersten Kurssteigerung realisieren und ihre Aktien wieder verkaufen. Dies würde zu großer Volatilität im Sekundärmarkt führen. Der Trend geht daher dahin, der Nachfrage von Seiten des breiten Anlegerpublikums bei der Preisbildung geringe oder keine Bedeutung beizumessen. Privatanleger werden zu dem von institutionellen Anlegern gebotenen Preis bedient. c) Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht
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Bei der traditionellen Bezugsrechtskapitalerhöhung übernehmen die platzierenden Kreditinstitute die neuen Aktien vor Beginn der Bezugsperiode bis zum Bezugspreis. Sie tragen daher das Risiko, dass der Aktienkurs während der Bezugsfrist unter den Bezugspreis sinkt und Bezugsrechte nicht ausgeübt werden. Um dieses Risiko zu verringern, wurde der Bezugspreis regelmäßig zu einem Wert deutlich unter dem aktuellen Börsenkurs festgelegt. Dabei war ein Abschlag i.H.v. etwa 20 % üblich. Der Abschlag führt im Ergebnis zu einer Verminderung des Mittelzuflusses bei der emittierenden Gesellschaft. Sei einiger Zeit ist deshalb ein Emissionsverfahren üblich geworden, bei dem der Bezugspreis nicht schon zu Beginn der Bezugsfrist sondern erst wenige Tage vor ihrem Ablauf festgesetzt wird. Dadurch verringert sich das Risiko der die Emission führenden Banken und der Abschlag fällt entsprechend geringer aus. Dieses Verfahren hat in § 186 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 AktG seinen Niederschlag gefunden. Danach ist der endgültige Bezugspreis spätestens am dritten Tag vor Ablauf der Bezugsfrist zu veröffentlichen18.
3. Mehrzuteilungsoption 24
Aufgrund der Mehrzuteilungsoption (nach dem Namen der Gesellschaft, bei der dieses Verfahren erstmalig zur Anwendung kam, auch Greenshoe genannt) haben die Konsortialbanken das Recht, über die Haupttranche hinaus zusätzliche Aktien zu beziehen. Sie ermöglicht es dem Bankenkonsortium, zunächst mehr Aktien zuzuteilen als sie aufgrund des Übernahmevertrages fest übernehmen müssen. Die zusätzlich zugeteilten Aktien können dann ggf. zur Stabilisierung des Kurses zurückerworben werden. Sind Stabilisierungsmaßnahmen nicht erforderlich, müssen die Banken die Möglichkeit haben, sich mit der erforderlichen Anzahl von Aktien einzudecken. 17 Als in der Hochphase des Neuen Marktes der Frankfurter Wertpapierbörse regelmäßig kurzfristige Zeichnungsgewinne erzielt werden konnten, war die Frage der gerechten Zuteilung ein aktuelles Thema; vgl. dazu Escher-Weingart, AG 2000, 164, 166. 18 Zu den praktischen Auswirkungen vgl. Schlitt/Seiler, WM 2004, 2175, 2180.
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Üblicherweise beläuft sich das Volumen der Mehrzuteilungsoption auf etwa 15 % der Haupttranche. Die Ausübungsfrist beträgt in der Regel zwei Wochen nach Abschluss der Platzierung. a) Mehrzuteilungsoption durch Altaktionäre Sind Gegenstand der Emission Aktien aus dem Besitz von Altaktionären, stellen sich bei Strukturierung der Mehrzuteilungsoption im Übernahmevertrag normalerweise keine besonderen Probleme. Die verkaufenden Aktionäre verpflichten sich gegenüber den Konsortialbanken, bei Ausübung der Option eine der Höhe nach begrenzte zusätzliche Anzahl von Aktien zum Platzierungspreis zu verkaufen.
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b) Mehrzuteilungsoption durch die Emittentin Stehen keine Altaktionäre zur Bedienung der Mehrzuteilungsoption bereit, können zusätzliche Aktien nur im Rahmen einer weiteren Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall verpflichtet sich die Emittentin gegenüber den Konsortialbanken, ggf. zusätzliche Aktien zum Platzierungspreis auszugeben. In der Regel handelt es sich dabei um eine erneute Ausnutzung des genehmigten Kapitals19. Der Ablauf der Kapitalerhöhung erfolgt wie bei der Haupttranche, d.h. Zeichnung der zusätzlichen Aktien durch eine Konsortialbank und Einzahlung des Ausgabebetrages. Wegen der bereits sicheren Platzierung der Aktien sieht der Übernahmevertrag für die Mehrzuteilungsoption allerdings i.d.R. vor, dass auf die neuen Aktien sofort der gesamte Platzierungspreis einzuzahlen ist20.
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c) Belieferung mit geliehenen Aktien Die Konsortialbanken müssen in der Lage sein, die zusätzlich zugeteilten Aktien zusammen mit der Haupttranche bei Abrechnung der Emission an die Investoren zu übertragen. Zu diesem Zeitpunkt haben sie aber die Mehrzuteilungsoption noch nicht ausgeübt. Die Aktien müssen daher zunächst von anderer Seite zur Verfügung gestellt werden. Dies geschieht regelmäßig in Form einer Aktienleihe21. Am einfachsten ist es, die Aktien von einem Großaktionär zu leihen, der über eine ausreichende Anzahl von börsenzugelassenen Aktien verfügt. Dabei muss der Großaktionär nicht bereit sein, seine Aktien auch zu verkaufen. Er hat gegenüber den Konsortialbanken einen Anspruch auf Rücklieferung von Aktien, die ausstattungsgleich (vertretbar) mit den verliehenen Aktien sind. Solche Aktien erhalten die Banken nach Ausübung der Mehrzuteilungsoption von der Gesellschaft oder einem anderen 19 Auch die zweite Ausnutzung des genehmigten Kapitals sollte schon im ursprünglichen Vorstandsbeschluss enthalten sein, um die Aktien der Haupttranche und der Mehrzuteilungstranche zum selben Preis ausgeben zu können. Im Falle eines Bezugsrechtsauschlusses gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG kann dies sonst bei steigenden Kursen während der Stabilisierungsphase problematisch werden. Zu diesem so genannten Zwei-Tranchen-Modell vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/276a. 20 Sind die Banken dazu nicht bereit, ist jedenfalls die Volleinzahlung des Nennbetrages bzw. geringsten Ausgabebetrages die Regel, auch deshalb, weil die Aktien schnell gebraucht werden, um die Wertpapierleihe zurückzuführen, und vor Volleinzahlung keine Inhaberaktien ausgegeben werden dürfen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AktG). 21 Es handelt sich um ein Sachdarlehen i.S.v. §§ 607 ff. BGB. Da der Großaktionär ein Eigeninteresse an der Transaktion hat, ist das Darlehen üblicherweise kostenfrei.
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Altaktionär. Ist der Verleiher der Aktien und Schuldner der Mehrzuteilungsoption derselbe Altaktionär, kann der Rücklieferungsanspruch mit dem Lieferungsanspruch aus der Mehrzuteilungsoption verrechnet werden22. Die emittierende Gesellschaft kommt regelmäßig nicht als Verleiher zusätzlicher Aktien in Frage, da sie nicht über die erforderliche Anzahl eigener Aktien verfügt, die eine Aktiengesellschaft nur in engen Grenzen erwerben und halten darf23. Steht kein Großaktionär als Verleiher bereit, können die zur Belieferung der Mehrzuteilung erforderlichen Aktien möglicherweise von einem anderen Investor im Wege einer Aktienleihe zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere bei liquiden Werten sind Aktienleihgeschäfte unter Banken üblich. Falls auch diese Möglichkeit nicht zur Verfügung steht, können Investoren angesprochen werden, die im Begriff sind, Aktien aus der aktuellen Emission erwerben. Mit diesen Investoren wird vereinbart, dass anstelle der Belieferung zum Abrechnungszeitpunkt eine Wertpapierleihe in Kraft tritt. Die Aktien werden dann erst nach Ausübung der Mehrzuteilungsoption geliefert (so genanntes deferred settlement). 28
Ist Verleiher der Aktien nicht ein verkaufender Altaktionär, der schon in dieser Eigenschaft Partei des Übernahmevertrages ist, wird die Aktienleihe außerhalb des Übernahmevertrages in einem Wertpapierleihvertrag dokumentiert.
4. Vergütung der Konsortialbanken 29
Bei ihrer Mitwirkung an der Platzierung verdienen die Konsortialbanken außer bei einer Platzierung zum Festpreis nicht am Durchhandeln der Aktien. Sie erhalten für ihre Dienstleistung daher eine Provision. Zusätzlich ist es üblich, ihnen bestimmte Kosten im Zusammenhang mit der Platzierung zu erstatten. a) Provisionen
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Die Provision wird als Prozentsatz des Emissionsvolumens, d.h. die Anzahl der platzierten Aktien multipliziert mit dem Platzierungspreis, ausgedrückt. Üblich ist ein Satz zwischen 3 % und 5 %, bei großen Emissionsvolumina etablierter Gesellschaften, wie z.B. Kapitalerhöhungen von DAX-Werten, aber auch weniger. Soweit die Gesellschaft selbst für die Platzierung sorgt, z.B. im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogrammes, wird der entsprechende Anteil üblicherweise von der Provisionsbasis abgesetzt. Erfolgsabhängige Provisionsbestandteile kommen ebenfalls vor. In diesem Fall regelt der Übernahmevertrag, dass die Gesellschaft bei einer erfolgreichen Platzierung nach ihrem Ermessen die Provision erhöhen und allen oder besonders erfolgreichen Banken zuteilen kann. Abgesehen von Provisionsbestandteilen, über deren Entstehung und Verwendung die Gesellschaft entscheidet, unterliegt die Verteilung der Provision der weiteren Vereinbarung unter den Konsortialbanken. Gezahlt wird die Provision durch Abzug vom Platzierungserlös, der der Gesellschaft bzw. dem Altaktionär nach Abrechnung mit den Investoren weitergeleitet wird. 22 Als Kaufpreis wird in diesem Fall regelmäßig der Platzierungspreis vereinbart. 23 Insbesondere stellen sich die Fragen, ob das Verleihen eigener Aktien ein vom Erwerbsbeschluss regelmäßig nicht gedeckter, weil unzulässiger Handel in eigenen Aktien ist und ob die Übertragung der Aktien an den entleihenden Konsortialführer zur Zuteilung an einzelne Investoren trotz des Rücklieferungsanspruchs gegen das Gleichbehandlungsgebot gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 AktG verstößt.
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b) Erstattung von Kosten Neben den Bankenprovisionen fallen erhebliche Kosten für die Vorbereitung der Platzierung an. Hierzu gehört vor allem das Schreiben des Prospekts (bei deutschen Gesellschaften meist in deutscher Sprache und englischer Übersetzung) und dessen drucktechnische Herstellung, die Vorbereitung und Durchführung der Analystenpräsentation, die vor allem der Ermittlung der Preisspanne dient, und der Road Show zur Ansprache von Investoren. Während die eigenen internen Kosten der Banken durch die verdiente Provision abgegolten sind, ist es üblich, ihnen Auslagen ganz oder zumindest zum großen Teil zu erstatten. Hierzu gehören vor allem Kosten für die Rechtsberatung der Banken, ggf. auch zusätzlich beauftragte Wirtschaftsprüfer. Abhängig von der Größe des Unternehmens, dessen Aktien platziert werden sollen, können diese Kosten ohne Weiteres höhere sechsstellige Euro-Beträge erreichen24. In der Regel sieht der Übernahmevertrag vor, dass diese Kosten nach Anforderung und Rechnungstellung erstattet werden. Sind die Kosten bereits bei Abschluss der Emission bekannt, kommt auch der Abzug unmittelbar vom Platzierungserlös in Betracht.
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5. Gewährleistungen Breiten Raum nehmen im Übernahmevertrag die so genannten Gewährleistungen ein (in englischsprachigen Verträgen: representations and warranties). Damit sichern sich die Parteien gegenseitig das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bestimmter Umstände oder Rechtspositionen zu. In deutschem Recht unterliegenden Übernahmeverträgen werden Gewährleistungen üblicherweise in Form von selbständigen verschuldensunabhängigen Garantien abgegeben. Durch eine Garantieerklärung kann die Haftung für die Richtigkeit einer bestimmten Aussage übernommen werden, auch wenn sich diese Aussage nicht auf die rechtliche oder tatsächliche Eigenschaft einer Sache bezieht, sondern z.B. auf vorangegangenes Verhalten (wie etwa die Garantie des Emittenten, sämtliche Steuererklärungen in Bezug auf sein Unternehmen rechtzeitig und vollständig abgegeben zu haben, wodurch sich die Konsortialbanken davor schützen wollen, dass nicht erkennbare Steuerverbindlichkeiten bestehen)25. Selbständig (d.h. abstrakt) ist die Garantie, damit ihre Rechtswirksamkeit auch dann unberührt bleibt, wenn sich z.B. andere Garantien aus Rechtsgründen als unwirksam herausstellen. Ausdrücklich verschuldensunabhängig ist die Garantie, um dem Garantieverpflichteten den Einwand abzuschneiden, die Einhaltung der garantierten Umstände liege außerhalb seines Einflussbereichs, er habe die Garantie deshalb nicht schuldhaft verletzt und hafte nicht26.
24 Ein ganz erheblicher Kostenblock entfällt dabei auf die so genannte Due Diligence. Abhängig von der Größe des Unternehmens können mit der rechtlichen Due Diligence fünf bis sechs Rechtsanwälte zwei bis drei Wochen beschäftigt sein. Hinzu kommt die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer bei der Durchleuchtung des Zahlenwerks. 25 Es handelt sich deshalb meist nicht um Beschaffenheitsgarantien i.S.v. § 443 BGB, bei neuen Aktien schon deshalb nicht, weil kein Kaufvertrag vorliegt. 26 Beispiel hierfür ist die Garantie, die Emission verstoße in keinem Land, in dem der Emittent tätig ist, gegen Rechtsvorschriften. Die Richtigkeit dieser Aussage wird garantiert, auch wenn der Emittent nichts dagegen tun kann, wenn rechtliche Beschränkungen plötzlich eingeführt werden. Diese Risikoverteilung ist Ausfluss des Umstands, dass die Konsortialbanken mit der Platzierung ein fremdes Geschäfts besorgen.
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a) Gewährleistungen des Emittenten 33
Hauptsächlich dienen die Gewährleistungen dazu, die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens der Emittenten, so wie sie gegenüber den Konsortialbanken im Rahmen der Due Diligence und der Präsentationen des Managements dargestellt wurden, rechtlich abzusichern. Dadurch wollen sich die Mitglieder des Platzierungskonsortiums vor einer Inanspruchnahme enttäuschter Investoren schützen, falls sich der Aktienkurs später negativ entwickelt. aa) Gewährleistungen bezüglich Platzierungsprospekt
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Die größten Haftungsgefahren ergeben sich für die Konsortialbanken im Falle eines unrichtigen Platzierungsprospekts, wenn sie die Unrichtigkeit im Sinne von §§ 44 f. BörsG27 zu vertreten haben. Sie sind deshalb bestrebt, keine Aussagen im Prospekt zuzulassen, deren Richtigkeit nicht zuvor im Rahmen einer gründlichen Unternehmensprüfung verifiziert werden konnten. Dieser Vorgehensweise sind jedoch aus Praktikabilitätsgründen Grenzen gesetzt. Nicht jede für die Investoren relevante Information im Prospekt ist einer objektiven Überprüfung zugänglich. In vielen Fällen müssen sich die Banken auf die Aussagen des Emittenten verlassen. Die vom Emittenten abgegebenen Gewährleistungen dienen dem Zweck, den Emittenten in Regress nehmen zu können, falls sich später eine für die Investionsentscheidung der Anleger relevante Prospektaussage als falsch herausstellt und eine Konsortialbank wegen Prospekthaftung in Anspruch genommen wird. Umfangreiche Gewährleistungen entlasten die Banken darüber hinaus in einem etwaigen Prospekthaftungsprozess von dem Vorwurf, grob fahrlässig im Sinne von § 45 Abs. 1 BörsG gehandelt zu haben.
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Dementsprechend haben die Gewährleistungen bezüglich des Platzierungsprospekts zentrale Bedeutung. Früher war es üblich, sich auf die allumfassende Gewährleistung zu beschränken, dass der Prospekt keine Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten enthält, die für die Entscheidung, angebotene Aktien zu erwerben, von Bedeutung sein können, und auch im Übrigen keine Angaben zu wesentlichen Tatsachen gemacht oder unterlassen wurden, die den Prospektinhalt für einen Investor irreführend erscheinen lassen können28. Damit ist im Grundsatz alles Erforderliche gesagt. Schon wegen der räumlichen Trennung des Textteils im Prospekt vom Finanzteil, der die Jahresabschlüsse enthält, kann aber auf weitergehende Gewährleistungen zu den im Prospekt enthaltenen Unternehmenszahlen nicht verzichtet werden. Zu diesem Zweck hat der Emittent außerdem zu erklären, dass die Jahresabschlüsse in Einklang mit den für sie geltenden Vorschriften aufgestellt wurden, die Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens für die maßgeblichen Zeitpunkte bzw. Zeiträume zutreffend wiedergeben, konsistent, d.h. ohne Änderung bei der Ausübung von Bilanzierungswahlrechten aufgestellt wurden, sowie nach dem Stichtag des letzten wiedergegebenen Jahresabschlusses keine wesentlichen negativen Entwicklungen eingetreten sind, die im Prospekt offengelegt werden müssten29. 27 Die §§ 44 ff. BörsG zur Prospekthaftung gelten über die versteckte Verweisung in § 13 VerkProspG auch für Prospekte i.S. des WpPG. 28 Diese Aussage wird regelmäßig noch durch anwaltliche Disclosure-Opinions abgesichert; s. dazu § 29 Rz. 50 f. 29 Zur Funktion eines so genannten Comfort Letters des Wirtschaftsprüfer des Emittenten s. § 28 Rz. 9.
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bb) Sonstige Gewährleistungen In der Praxis ist es üblich, dem Emittenten über die unmittelbar auf den Emissionsprospekt bezogenen Gewährleistungen weitere Zusicherungen abzuverlangen. Zwar wird dadurch die Verantwortung des Emittenten für die Kapitalmarktinformation nicht erweitert. Die Platzierungsbanken können aber so den Nachweis führen, den Emittenten nach für die Bewertung der Aktien besonders kritischen Aspekten eingehend befragt und die ausdrückliche Bestätigung eingeholt zu haben, dass die zugrundeliegenden rechtlichen und tatsächlichen Umstände unbedenklich sind. Dies erleichtert den Banken die Verteidigung30 gegenüber dem Vorwurf, sie hätten sich auf die pauschale Übernahme der Prospekthaftung durch den Emittenten verlassen und hätten grob fahrlässig die Augen vor der Realität verschlossen. Dies ist schon deshalb ratsam, weil sich die gegenüber den Anlegern haftenden Emissionshäuser nicht in allen Fällen beim Emittenten schadlos halten können. Gerade im Falle krass unrichtiger oder unvollständiger Aussagen im Prospekt, bei denen nicht selten auch Anlagebetrug im Spiel ist, ist der Rückgriffsanspruch weitgehend wertlos, weil über das Vermögen des Emittenten das Insolvenzverfahren eröffnet werden musste31.
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Aber auch der Emittent wird durch einen umfangreichen Katalog von Einzelgewährleistungen besser vor Haftungsrisiken geschützt. Die intensive Befassung mit jeder Zusicherung zwingt den Emittenten, sich über die Richtigkeit der Aussage klar zu werden und gegebenenfalls noch einmal Nachforschungen anzustellen, Missstände rechtzeitig zu beseitigen oder, falls das nicht möglich ist, im Prospekt darauf hinzuweisen. In diesem Sinne ist der Gewährleistungskatalog auch eine Checkliste für die gründliche Vorbereitung der Aktienemission.
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Welche Zusicherungen im konkreten Fall zu verlangen sind, hängt von den Umständen, insbesondere von der Art des Unternehmens des Emittenten ab. Zum Standard gehören Erklärungen, dass die angebotenen Aktien frei von rechtlichen Mängeln sind und die im Prospekt angegebenen Teilnahmerechte verkörpern, sämtliche zur Ausgabe der Aktien und ihrer Platzierung erforderlichen Organbeschlüsse vorliegen, der Emittent nach den Bestimmungen des anwendbaren Gesellschaftsrechts wirksam gegründet wurde und besteht, das öffentliche Angebot der Aktien nicht in Widerspruch zu vertraglichen Verpflichtungen steht, die der Emittent eingegangen ist, der Emittent und seine Tochtergesellschaften keine wesentlichen Rechtsverletzungen begangen haben oder begehen und über alle betriebsnotwendigen Erlaubnisse und Genehmigungen verfügen sowie ähnliche Bestätigungen, die sich auf die Abwesenheit von geschäftlichen Risiken beziehen. Hinzu kommen in der Regel eine Reihe von Erklärungen, mit denen sich die Banken gegen die Verletzung US-amerikanischer Wertpapiergesetze schützen wollen. Damit sind nur die Themen der jeweiligen Gewährleistungen genannt. In der vertraglichen Ausformulierung beansprucht jede Zusicherung erheblichen Raum, was vor allem auf den angelsächsisch geprägten, oft redundanten Sprachstil zurückzuführen ist. Bei 20 oder gar mehr Einzelpositionen erstrecken sich die Gewährleistungen des Emittenten meist über viele Seiten des Übernahmevertrages.
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30 Im US-amerikanischen Sprachgebrauch deshalb auch als Due-Diligence-Defence bezeichnet. 31 Geradezu sprichwörtlich ist der Fall des am Neuen Markt eingeführten Unternehmens Comroad AG geworden, das ca. 95 % seiner Umsätze frei erfunden hatte.
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In die Zukunft gerichtete Zusicherungen, z.B. den künftigen Geschäftsverlauf betreffende, können nicht verlangt werden. Der Platzierungsprospekt enthält hierzu, wenn überhaupt, nur wenige und eingeschränkte Aussagen32. Sinn und Zweck der Gewährleistungen im Übernahmevertrag ist es nicht, den Emittenten zur Übernahme einer Garantie für den geschäftlichen Erfolg seines Unternehmens zu veranlassen.
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Nicht nur der Katalog der Themen, die durch Gewährleistungen erfasst werden sollen, wird oft intensiv zwischen Emittent und Bankenkonsortium verhandelt. Streitpunkt ist regelmäßig auch, ob eine Aussage absolut, d.h. ohne jede Einschränkung getroffen werden kann, oder ob sie relativiert werden muss. Dazu zwei Beispiele: Soll der an der Spitze eines weltumspannenden Konzerns stehende Emittent bestätigen, dass sämtliche seiner Tochtergesellschaften über alle behördlichen Erlaubnisse und Genehmigungen verfügen, die der Betrieb ihrer Unternehmen erfordert, drängt sich die Frage auf, ob es in der Zentrale wirklich bekannt wäre, wenn ein kleines Tochterunternehmen in einem fernen Land diese Bedingung nicht erfüllen würde. Der Verhandlungsführer des Emittenten wird deshalb zögern, seinem Vorstand eine entsprechende Garantieerklärung zuzumuten. Als Kompromiss einigen sich die Parteien oft darauf, die Bestätigung nur nach bestem Wissen (to the issuer’s best knowledge) abzugeben, jedoch flankiert durch die weitere Aussage, dass eine angemessene unternehmensinterne Überprüfung stattgefunden hat (after due inquiry). Eine vergleichbare Situation besteht, wenn der Emittent gewährleisten soll, gegen das Unternehmen würden keinerlei Prozesse geführt. Bei einem Großunter nehmen wird diese Aussage in ihrer Absolutheit immer falsch sein. An dieser Stelle wird in der Vertragstechnik das Konzept der „wesentlichen nachteiligen Auswirkung“ eingesetzt. Sie wird im Vertrag definiert als ein Ereignis, das die Vermögens- oder Ertragslage des Unternehmens in einer Art und Intensität beeinträchtigt, die im Ergebnis Auswirkungen auf den Aktienkurs hätten. Die Gewährleistung wird also nur solche Rechtsstreitigkeiten erfassen, die, falls sie gegen den Emittenten entschieden würden, eine wesentliche nachteilige Auswirkung haben. Gibt es derartige Rechtsstreitigkeiten, wäre es überdies ratsam, sie im Platzierungsprospekt unter näherer Angabe der Risiken offenzulegen. b) Gewährleistungen der Altaktionäre
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Bei der Platzierung von bestehenden Aktien sind, wie bereits erwähnt (Rz. 3), auch die veräußernden Aktionäre Vertragsparteien des Übernahmevertrages. In dieser Eigenschaft müssen sie ebenfalls als Garantien ausgestaltete Gewährleistungen übernehmen. Dies ist selbstverständlich, was die Rechtsmängelfreiheit der verkauften Aktien sowie die eigene Befugnis, diese Aktien zu verkaufen, anbelangt. Ist ein Altaktionär auch Verleiher von Aktien im Rahmen der Mehrzuteilungsoption, erstre32 In gewissem Umfang zukunftsgerichtete Aussagen verlangt Ziffer 12 des Anhang I zur EUProspektverordnung (Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission v. 29.4.2004, ABl. EG Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1), wonach Informationen zu wichtigen Trends zu geben sind, die das Geschäft des Emittenten zumindest im laufenden Geschäftsjahr wesentlich beeinträchtigen dürften. Gewinnprognosen i.S.v. Ziffer 13 des Anhang I kommen in der Praxis hingegen nur selten vor, weil die Prognosen vom Abschlussprüfer plausibilisiert worden sein müssen (Ziffer 13.2). Dafür verlangen Wirtschaftsprüfer einen kaum zu erreichenden Grad von Sicherheit.
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cken sich diese Gewährleistungen auch auf die verliehenen Aktien und den Wertpapierleihvertrag. Zwischen den Parteien umstritten ist immer wieder die Frage, ob ein Altaktionär auch prospekt- und unternehmensbezogene Gewährleistungen abgeben soll. Die Konsortialbanken haben hieran regelmäßig ein Interesse, weil sie einen oder mehrere zusätzliche Schuldner für ihren Regressanspruch im Falle eines fehlerhaften Prospektes erhalten würden. Der Altaktionär wendet regelmäßig ein, seine Aktien seien nur eine Finanzinvestition und er kenne das Unternehmen nicht genau genug, um eine Haftung übernehmen zu können. Mit diesem Einwand kann freilich nur ein Aktionär gehört werden, der nicht selbst in der Unternehmensleitung tätig ist. Aus anderen Gründen problematisch liegt der Fall, wenn die Muttergesellschaft weitere Aktien einer bereits börsennotierten Tochtergesellschaft verkauft. Hier wird die Muttergesellschaft einwenden, schon aus aktienrechtlichen Gründen habe sie keine genauere Kenntnis der Verhältnisse beim Tochterunternehmen als jeder andere Aktionär. Ob dies wirklich den Tatsachen entspricht, insbesondere mit Blick auf die Konzernzugehörigkeit, hängt vom Einzelfall ab.
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Die Verhandlungen über die Reichweite von Gewährleistungen eines Altaktionärs können oftmals durch einen Kompromiss beim Haftungsumfang entschärft werden. Wenn der verkaufende Aktionär sich nur verpflichtet, im Haftungsfall den von ihm empfangenen Verkaufserlös herauszugeben, und dies auch nur, wenn die Konsortialbanken zuvor erfolglos versucht haben, beim Emittenten Rückgriff zu nehmen, wird sich der betreffende Altaktionär eher da mit abfinden können, auch für den Inhalt des Prospekts in die Verantwortung genommen zu werden.
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c) Gewährleistungen der Konsortialbanken Die Konsortialbanken erbringen eine Dienstleistung in Zusammenhang mit der Platzierung der Aktien. Besonderen Haftungsrisiken setzen sie den Emittenten bzw. Veräußerer der Aktien nur in Bezug auf die Steuerung des Platzierungsprozesses sowie insofern aus, als sie selbst zum Prospektinhalt verantwortlich beigetragen haben. Deshalb können ihnen nur in dieser Beziehung Gewährleistungen abverlangt werden.
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Als Dienstleister schulden die Banken nicht den Erfolg der Platzierung. Aber sie sind dafür verantwortlich, dass die Aktien in allen Ländern, in denen sie verkauft werden sollen, nur in Übereinstimmung mit den dort jeweils gültigen Gesetzen angeboten werden. Zu diesem Zweck enthält der Übernahmevertrag so genannte Verkaufsbeschränkungen (selling restrictions), in denen die auf Aktienangebote anwendbaren Vorschriften der einzelnen in Frage kommenden Länder zusammengefasst sind. Da der Übernahmevertrag oft erst nach Beginn des Angebotes an potentielle Investoren unterzeichnet wird, ist es angemessen, wenn die Konsortialbanken gegenüber Emittenten und verkaufenden Aktionären gewährleisten, die betreffenden Bestimmungen eingehalten zu haben. Dadurch können sich Emittent und verkaufende Aktionäre gegen das Risiko schützen, dass ihnen das Handeln der Banken und damit auch etwaige Gesetzesverstöße zugerechnet werden.
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Eher fernliegend sind dagegen Haftungsrisiken, die aus falschen Angaben herrühren, die die Platzierungsbanken zum Prospekt beigesteuert haben. Zum einen handelt es sich dabei um eng begrenzte Informationen wie z.B. die Namen der beteiligten Ban-
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ken oder auch eine Beschreibung des Angebots- und Preisfindungsprozesses. Zum anderen dürften diese Daten, auch wenn sie ausnahmsweise Fehler enthalten sollten, nur in den seltensten Fällen kaufentscheidend und damit haftungsrelevant sein. Wenn der Emittent auf einer ausdrücklichen Gewährleistung dieser Angaben seitens der Konsortialbanken besteht, so ist dies nur als Streben nach Waffengleichheit zu verstehen. Die von den Banken zu verantwortenden Angaben wurden früher in Briefform, heute in einer Anlage zum Übernahmevertrag festgehalten. In Bankenkreisen wird das Schriftstück unter übertriebener Anspielung auf die daraus resultierenden Haftungsrisiken als blood letter bezeichnet.
6. Verpflichtungen 47
Neben den Gewährleistungen, die sich auf die Aktien, den Platzierungsprospekt oder Verhalten in der Vergangenheit beziehen, enthält der Übernahmever trag noch eine Reihe von in die Zukunft gerichteten, ausdrücklichen Pflichten der Vertragsparteien. a) Verpflichtungen des Emittenten bezüglich Platzierungsprospekt
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Hierher gehört zunächst die selbstverständliche Pflicht, für den Druck einer genügenden Anzahl von Prospektexemplaren zu sorgen und sie den Platzierungsbanken zur Verfügung zu stellen. Weiterhin wird dem Emittenten üblicherweise auferlegt, den Platzierungsprospekt in geeigneter Weise zu berichtigen, falls nach Drucklegung ein Fehler oder eine Unvollständigkeit erkannt wird oder neue Entwicklungen eingetreten sind, die eine Aktualisierung des Prospekts erforderlich machen. Eine Verpflichtung zur Aktualisierung besteht gem. § 16 Abs. 1 WpPG nur während der Dauer des Angebots. Ist das Angebot abgeschlossen, müssen die Angebotsunterlagen nicht mehr fortgeschrieben werden33. Statt dessen findet die gesetzliche Verpflichtung zur Ad hoc-Publizität i.S.v. §§ 15 ff. WpHG Anwendung. Die Berichtigung unrichtiger oder unvollständiger Angaben empfiehlt sich im Hinblick auf die Regelung in § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG auch nach vollendeter Platzierung, weil sich Erwerber im Sekundärmarkt sechs Monate lang auf den Prospekt berufen können (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG).
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Der Übernahmevertrag sieht typischerweise vor, dass Änderungen oder Ergänzungen des Prospekts vor ihrer Veröffentlichung mit den Konsortialbanken abzustimmen sind, wenn nicht Gefahr im Verzuge die schnellstmögliche Veröffentlichung gebietet. b) Verpflichtungen des Emittenten und der Altaktionäre zum Schutz des Sekundärmarktes
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Die Investoren haben ein grundlegendes Interesse daran, dass der Sekundärmarkt nicht rasch nach der Platzierung durch ein Überangebot an Aktien oder wirtschaftlich damit vergleichbarer Instrumente belastet und der Kurs nach unten getrieben wird. Daher hat sich der Emittent zu verpflichten, während eines bestimmten Zeit33 Stephan, AG 2002, 3, 6; a.A. Assmann in FS Ulmer, 2003, S. 757, 768; Groß, AG 1999, 199, 203.
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raumes (üblicherweise drei bis sechs Monate) keine neuen Aktien auszugeben und über den Markt zu verkaufen, so genanntes lock-up)34. Diese Verpflichtung gilt auch für Wertpapiere, die in den Platzierungsaktien entsprechende Aktien umgetauscht oder gewandelt werden können oder deren Wert auf andere Weise an die Preisentwicklung derartiger Aktien gebunden ist (z.B. Wandel- oder Optionsanleihen, Optionsscheine oder Zertifikate, die an den Kurs der Aktien gekoppelt sind). Die Verpflichtung hat die Gesellschaft auch für ihre Tochtergesellschaften zu übernehmen. Im Falle der Ausgabe neuer Aktien, die nicht durch Ausnutzung genehmigtem Kapitals (§ 202 AktG) geschaffen werden35, sondern unmittelbar durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung (§ 182 AktG), kann sich die Gesellschaft allerdings nicht wirksam verpflichten, den Beschluss nicht durchzuführen36. Die Verpflichtung des Emittenten im Übernahmevertrag, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes keine neuen Aktien auszugeben, muss daher insoweit eingeschränkt werden, als dies aktienrechtlich zulässig ist. In Betracht kommt allenfalls die Erklärung, der Hauptversammlung im maßgeblichen Zeitraum keine Kapitalerhöhung in der Tagesordnung vorzuschlagen.
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Bleiben Aktien verkaufende Altaktionäre nach Abschluss der Platzierung im Besitz von Altaktien, müssen sie sich in gleicher Weise verpflichten, die Aktien innerhalb der Lock-up-Periode nicht direkt oder durch Zwischenschaltung anderer Instrumente zu veräußern.
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c) Sonstige Verpflichtungen des Emittenten und der Altaktionäre Emittent und Altaktionäre haben zu erklären, weder mittelbar noch unmittelbar Maßnahmen ergriffen zu haben, die in irgendeiner Weise als Kursmanipulation zur Förderung des Absatzes der Aktien gewertet werden können. Damit schützen sich die Konsortialbanken davor, dass derartige Maßnahmen ihnen möglicherweise zugerechnet würden.
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Der Emittent muss ferner die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Börsennotierung übernehmen. Dazu gehört vor allem die rechtzeitige Erfüllung aller mit der Notierung verbundenen Berichts- und Veröffentlichungspflichten. Im Hinblick auf eine in der Zukunft möglicherweise anstehende Aufgabe der Notierung (so genanntes delisting) sollte die Verpflichtung aber nicht zeitlich unbegrenzt gelten. Ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren dürfte angemessen sein.
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34 Zu Marktschutzvereinbarungen im Allgemeinen s. Fleischer, WM 2002, 2305. Marktschutzvereinbarungen waren früher nach den Bedingungen des Neuen Markts Pflicht. Sie gehören weiterhin zum üblichen Inhalt von Übernahmeverträgen, schon weil die Konsortialbanken ihre Investoren von durch Großabgaben hervorgerufenem Preisdruck schützen wollen. Marktschutzvereinbarungen sind gem. Ziffer 7.3 von Anhang III der EU-Prospektverordnung im Prospekt offen zu legen. 35 Beim genehmigten Kapital kann sich der Vorstand im Rahmen seiner Finanzierungsverantwortung für die Gesellschaft zur Nichtausnutzung verpflichten (Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/292b). Da es sich quasi um eine negative Ausnutzungsentscheidung handelt, empfiehlt es sich, die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen. 36 Vorstand und Vorsitzender des Aufsichtrats sind gegenüber der Gesellschaft zur Anmeldung verpflichtet; Hüffer, AktG, § 184 Rz. 3.
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Sollen im Rahmen des Platzierungsangebotes auch institutionelle Investoren in den USA angesprochen werden37, haben Emittent und Altaktionäre außer dem eine Reihe von Verhaltenspflichten, die sich aus US-amerikanischen Wertpapiergesetzen ableiten, zu beachten. Die Formulierungen sind durch gesetzliche Vorgaben weitgehend festgelegt. Auf sie soll hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. d) Verpflichtungen der Konsortialbanken bezüglich Verkaufsbeschränkungen
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Wie bereits ausgeführt, tragen die Konsortialbanken die Hauptverantwortung für den ordnungsgemäßen Angebots- und Platzierungsprozess. Hierzu gehört auch die Beachtung der einschlägigen Wertpapiergesetze in Ländern, in denen Investoren angesprochen werden sollen. Eine entsprechende Zusicherung geben die Konsortialbanken regelmäßig bezüglich der bei Abschluss des Übernahmevertrages schon beendeten Teilschritte des Angebotes ab. Für die danach noch folgenden Maßnahmen verpflichten sie sich zur Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen auch für sie Zukunft.
7. Haftungsfreistellung 57
Die Platzierungsbanken verlassen sich regelmäßig nicht auf die gesetzlichen Folgen einer Vertragsverletzung seitens des Emittenten. Marktüblich ist vielmehr eine detailliert ausformulierte Klausel, in der diese Folgen im Einzelnen angesprochen werden, bis hin zur Art und Weise der Führung von Prozessen mit etwaigen Drittklägern. a) Freistellung von Prospekthaftung
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Zentrale Bedeutung hat die Freistellung von der Haftung für einen unrichtigen Prospekt. Dementsprechend sieht die marktübliche Klausel im Übernahmevertrag etwas wortreich die Freistellung von jeglichen Verlusten, Ansprüchen, Schäden oder Haftungsverbindlichkeiten vor, denen eine an der Emission beteiligte Bank in Zusammenhang mit einer tatsächlichen oder angeblichen Unrichtigkeit des Prospekts (mit Ausnahme derjenigen Angaben, für die die Konsortialbanken ausdrücklich die Haftung übernommen haben) ausgesetzt ist. Auf den ersten Blick verwundern mag die Freistellung für eine angebliche Unrichtigkeit. Damit ist z.B. der Fall gemeint, dass ein Investor einen Prospektmangel behauptet, eine Bank verklagt, schließlich aber unterliegt, weil das Gericht den Prospekt für ordnungsgemäß hält. Jedoch können auch in dieser Konstellation der betroffenen Bank für die Rechtsverteidigung erhebliche Kosten entstehen, die sie möglicherweise vom unterlegenen Kläger nicht voll erstattet erhält. Da die Bank die Prospekthaftung gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG im Interesse des Emittenten bzw. verkaufenden Altaktionärs übernimmt und den Prospekt inhalt nur eingeschränkt überprüfen kann, ist es sachgerecht, sie auch in diesem Fall vor Schaden zu schützen. 37 So genannte 144A-Platzierung, benannt nach der entsprechenden Rule aufgrund des U.S. Securities Act von 1933. Sollen nicht nur institutionelle Anleger so genannte QIBs (qualified institutional buyers) angesprochen worden, ist die Registrierung der Emission in den USA erforderlich. Der damit verbundene Aufwand ist erheblich. Im Übrigen scheuen deutsche Emittenten heutzutage die als übermäßig streng empfundenen amerikanischen Corporate Governance Bestimmungen, denen sie sich bei einer Börseneinführung in den USA zu unterwerfen hätten.
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b) Freistellung von den Folgen einer Vertragsverletzung Oft erstreckt sich die Freistellungsverpflichtung auf Schäden, die aus einer Vertragsverletzung seitens des Emittenten herrühren. Unbedingt erforderlich ist dies nicht. Zum einen haben die Platzierungsbanken in diesen Fällen regelmäßig gesetzliche Ansprüche. Zum anderen ist die praktische Bedeutung gering, weil der Emittent in aller Regel ein vorrangiges Interesse am erfolgreichen Abschluss der Emission hat und seine Mitwirkungspflichten regelmäßig erfüllt38. Über das Ziel hinaus schießt die in machen Verträgen auftauchende Formulierung, wonach die Freistellung auch für „behauptete“ (alleged) Vertragsverletzungen gelten soll. Was bei der von einem Dritten geltend gemachten Unrichtigkeit des Prospekts durchaus seinen Sinn hat, ist im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander eher kurios. Es ist kaum sachgerecht, die Gegenseite zur Erstattung von Kosten, z.B. für Rechtsberatung, zu verpflichten, die einer Vertragspartei in Zusammenhang mit der bloßen Behauptung einer Verletzung des Übernahmevertrages entstanden sind. Hierbei handelt es sich um eine kautelarjuristische Übertreibung, die auf die undurchdachte Übertragung juristischer Konzepte zurückgeht.
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c) Aktienrechtliche Grenzen der Freistellung Seit jeher ist unter den rechtlichen Beratern bei Aktienplatzierungen umstritten, ob eine Aktiengesellschaft derart weitreichend Freistellungsverpflichtungen rechtswirksam begründen kann. Zweifel ergaben sich im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zwischen effektiver Kapitalaufbringung bzw. Kapitalerhaltung bei der AG einerseits und der im Gesetz vorgesehenen Prospekthaftung des Emittenten (§ 13 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG) andererseits39. In Bezug auf die Emission neuer, aus einer Kapitalerhöhung stammender Aktien könnte man eine Schadensersatzzahlung des Emittenten an eine Bank wegen eines unrichtigen Prospekts als unzulässige Einlagenrückgewähr ansehen, wenn die empfangende Bank die Aktien gezeichnet hat40. Bei der Platzierung von Altaktien kann man argumentieren, die interne Haftungsübernahme diene nur den Interessen des veräußernden Aktionärs, so dass Zahlungen der Gesellschaft aufgrund der Freistellungsvereinbarung eine mittelbare Leistung an einen Aktionär darstellen, die das Rückgewährverbot gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG verletzt.
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Jedenfalls für den Fall der Platzierung von neuen Aktien ist die Rechtslage inzwischen geklärt. Sowohl die herrschende Meinung in der Literatur als auch die Rechtsprechung erkennen den Vorrang der kapitalmarktrechtlichen Haftung einer Aktiengesellschaft an, die sich zur Generierung neuen Eigenkapitals an das Investorenpu-
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38 Denken könnte man eventuell an die Nichtbeachtung von Verkaufsbeschränkungen, die sich die Banken zurechnen lassen müssen und für die sie zur Verantwortung gezogen werden. 39 Dabei muss zwischen der Außenhaftung gegenüber den Aktionären und der Haftungsverteilung zwischen den Gesamtschuldnern der Außenhaftung unterschieden werden. Bei der Außenhaftung mehren sich die Befürworter einer uneingeschränkten Haftung wegen Fehlinformation des Kapitalmarktes. S. hierzu § 33 Rz. 7 f. 40 Die Zeichnung darf nicht an Bedingungen geknüpft sein, § 185 Abs. 2 AktG. Zur Frage der Zulässigkeit eines Widerrufsrechts s. LG Frankfurt a.M. v. 26.2.1999 – 3-11 T 15/99, AG 1999, 472.
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blikum wendet41. Da die Gesellschaft bei einem Prospektmangel den Aktionären auch unmittelbar haftet, besteht kein Anlass, den nur aus Vereinfachungsgründen bei der Abwicklung der Emission dazwischengeschalteten Konsortialbanken den Rückgriff gegen den Emittenten zu versagen. 62
Weniger eindeutig ist die Situation bei der Platzierung bestehender Aktien. In diesem Fall fließen der Gesellschaft keine neuen Mittel zu. Der Platzierungserlös kommt nur den verkaufenden Altaktionären zugute. Die Übernahme der Prospekthaftung ist daher nicht von vornherein im Interesse der Gesellschaft42. Allerdings kann unter bestimmten Umständen die Platzierung von Altaktien auch für den Emittenten von Vorteil sein. Zu denken ist die Verminderung der Einflussmöglichkeiten eines Großaktionärs durch Stärkung des Streubesitzes, die Erschließung des Kapitalmarkts beim erstmaligen Börsengang oder die Werbewirkung des Kapitalmarktauftritts für die Produkte des Unternehmens.43 In solchen Fällen empfiehlt es sich, die der Gesellschaft entstehenden Vorteile schriftlich festzuhalten, um rechtlichen Zweifeln an der Wirksamkeit der Freistellungsverpflichtung später begegnen zu können. Fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die Platzierung der Aktien zumindest mittelbar im Interesse der Gesellschaft ist, kommt noch die Zahlung einer Haftungsvergütung durch den die Aktien veräußernden Aktionär in Betracht.
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Verschiedentlich werden außerdem Zweifel an der Rechtswirksamkeit der umfassenden Freistellung von Prospekthaftung damit begründet, die den Börsenzulassungsprospekt unterzeichnenden Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute44 hätten im Sinne einer kapitalmarktrechtlichen Garantenstellung eine eigene Prüfungspflicht hinsichtlich der von ihnen verbreiteten Kapitalmarktinformationen, von der sie sich nicht durch eine vollständige Haftungsfreistellung im Innenverhältnis be41 Hoffmann-Becking in FS Lieberknecht, 1997, S. 25, 37; Technau, AG 1998, 445, 454; Heider in FS Sigle, 2000, S. 251, 258; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommenar, § 45 BörsG Rz. 13; OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, ZIP 1999, 1005. Insbesondere führt der Umstand, dass die die neuen Aktien übernehmende Konsortialbank vorübergehend Aktionär ist, nicht zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr, Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 Rz. 89. Auch die anschließende Platzierung beim Ersterwerb der Aktien gilt nach h.M. als Umsatzgeschäft, so dass einem etwaigen Prospekthaftungsanspruch das Kapitalaufbringungsgebot nicht entgegensteht (zum Meinungsstand s. § 33 Rz. 6 f.). 42 Für die Wirksamkeit der Haftungsfreistellung auch in diesem Fall Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 13 in Anlehnung an OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, ZIP 1999, 1005, das einen Konflikt mit dem Kapitalerhaltungsgebot gem. § 57 AktG nur gegenüber solchen Aktionären sieht, die ihre Aktien unmittelbar durch Zeichnung erworben haben. A.A. LG Bonn v. 1.6.2007 – 1 O 552/05, ZIP 2007, 1267, das bei einer reinen Sekundärplatzierung in der Übernahme der Prospekthaftung durch die Aktiengesellschaft eine gegen § 57 AktG verstoßende Vermögenszuwendung sieht, ebenso Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 Rz. 91; differenzierend Heider in FS Sigle, 2000, S. 251, 264. Für das Verhältnis zwischen Vermögensbindung bei der AG und vorsätzlich sittenwidriger Schädigung vgl. BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270. 43 Nach LG Bonn v. 1.6.2007 – 1 O 552/05, ZIP 2007, 1267, reicht jedoch ein mitverfolgtes Eigeninteresse der Gesellschaft an der Platzierung nicht aus. Ein solches sei auch die größere Unabhängigkeit oder der Werbeeffekt einer Marketingkampagne im Rahmen des Aktienangebots; a.A. Fleischer, ZIP 2007, 1969, 1975, der auf das Vorhandensein eines bezifferbaren Vorteils abstellt. Im Ergebnis wohl ebenso Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rz. 377. 44 Gem. § 30 Abs. 2 Satz 1 BörsG ist der Zulassungsantrag und damit auch der Prospektentwurf von Emittent und antragstellendem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut zu unterzeichnen.
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freien dürfen. Diese Zweifel sind unberechtigt. Ihrer Verantwortung gegenüber dem Anlegerpublikum werden die emissionbeglei tenden Institute bereits durch die gesetzlich angeordnete Prospektaußenhaftung gerecht. Insbesondere für den gravierendsten Schadensfall, der Insolvenz des Emittenten, wird den Investoren dadurch ein solventer Haftungsschuldner verschafft. Schon aus diesem Grund wird das Institut seine Prüfungsmöglichkeiten hinsichtlich des Prospekts ausschöpfen. Ob sich das Institut ggfls. im Innenverhältnis beim Emittenten erholen kann, ist für das Schutzinteresse des Anlegers nicht relevant45. d) Kreis der freistellungsberechtigten Personen Die Freistellung erstreckt sich ihrem Wortlaut nach nicht nur auf die Konsortialbanken als juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften, sondern auch auf ihre Organe, Angestellten und Gesellschafter. Dies entspricht der Übung im angelsächsischen Rechtsraum, wo es wesentlich leichter ist als zum Beispiel in Deutschland, auch die für ein Unternehmen handelnden natürlichen Personen46 oder deren Gesellschafter im Wege der Durchgriffshaftung in Anspruch zu nehmen.
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e) Rechtsverteidigung Die marktübliche Vertragsbestimmung zur Haftungsfreistellung regelt auch Einzelheiten der Rechtsverteidigung gegenüber Haftungsklagen Dritter. Grund dafür ist das Auseinanderfallen von Beklagtem, der Konsortialbank, und Träger des wirtschaftlichen Risikos des Prozesses, dem Emittenten. Um sicherzustellen, dass die erstattungsberechtigte Bank den Prozess sorgfältig und im Interesse des Emittenten führt, kann dieser in vielfältiger Weise Einfluss nehmen, von der Auswahl der Rechtsanwälte über den Inhalt der Schriftsätze bis hin zur Einlegung von Rechtsmitteln oder dem Abschluss von Vergleichen. Dieses Prinzip ist eingeschränkt, soweit die verklagte Bank schutzwürdige Eigeninteressen hat, die bei einer durch den Emittenten koordinierten Prozessführung nicht gewahrt werden können.
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f) Freistellung des Emittenten durch die Konsortialbanken Jedenfalls soweit die Konsortialbanken ausdrücklich die Verantwortung für die von ihnen zugelieferten Prospektinformationen übernommen haben (vgl. dazu oben Rz. 45), ist es üblich, von ihnen eine spiegelbildliche Freistellungserklärung zugunsten des Emittenten und ggf. der Altaktionäre zu verlangen. In seltenen Fällen findet man weitergehende Freistellungsverpflichtungen der Banken ausdrücklich im Vertrag geregelt, z.B. für die fahrlässige Verletzung von Verkaufsbeschränkungen. Hierfür reichen in der Regel die gesetzlichen Ansprüche bei Vertragsverletzung aus. 45 Eine andere Frage ist, ob sich das Institut vom Emittenten entgegenhalten muss, es habe den Prospektinhalt selbst geprüft und trage deshalb eine Mitschuld. Dagegen spricht jedoch, dass die Prüfungsmöglichkeiten des Instituts aus praktischen Gründen stets beschränkt sind und nur der Emittent in der Lage ist, für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospekts zu sorgen. 46 Auch hierzulande gibt es Tendenzen, die persönliche Haftung von Managern für die Fehlinformation des Kapitalmarktes gesetzlich zu verankern. Nach heftigen Protesten aus der Wirtschaft hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Kapitalmarktinformations-Haftungsgesetz (KapInHaG) im November 2004 zurückgezogen.
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8. Bedingungen für die weitere Vertragsdurchführung 67
Die erfolgreiche Durchführung der Platzierung hängt davon ab, dass der Emittent seine Mitwirkungspflichten zu bestimmten Zeitpunkten erfüllt. Außerdem dürfen sich bis zur Abrechnung der Emission mit den Investoren (Lieferung der Aktien gegen Zahlung des Platzierungspreises) weder die wirtschaftliche Situation des Emittenten noch die Verhältnisse an den internationalen Kapitalmärkten wesentlich negativ verändert haben (wesentliche nachteilige Änderung der Verhältnisse). Der Übernahmevertrag sieht daher für die Verpflichtung der Konsortialbanken, die neuen Aktien zu zeichnen bzw. den vereinbarten Platzierungspreis zu zahlen, eine Reihe von Bedingungen vor47.
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Mit der Zeichnung der neuen Aktien durch die beauftragte Konsortialbank (vgl. dazu oben Rz. 15) übernimmt das Bankenkonsortium erstmalig ein Vorleistungsrisiko. Auch wenn die Aktien zum Mindestnennbetrag bei Nennbetragsaktien (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AktG) oder zum geringsten Ausgabebetrag bei Stückaktien (§ 8 Abs. 3 Satz 3 AktG) von je 1 Euro ausgegeben werden, kann der Gesamtzeichnungsbetrag erhebliche Größenordnungen erreichen48. Die in der Praxis übliche Einzahlung von zunächst nur einem Viertel des Ausgabebetrages (vgl. § 188 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 36a Abs. 1 AktG) wirkt sich nicht risikomindernd aus, weil der restliche Ausgabebetrag der Gesellschaft auch dann geschuldet wird, wenn die weitere Platzierung scheitert49. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung ist der nächste unter Risikogesichtspunkten relevante Schritt die Abrechnung mit den Investoren und die Weiterleitung des Erlöses an den Emittenten. Danach sind die Aktien im Markt und die Banken der vollen Prospekthaftung ausgesetzt. Der Übernahmevertrag knüpft deshalb für die Zeit punkte, an denen die Bedingungen erfüllt sein müssen, an der Aushändigung des Zeichnungsscheins einerseits und der Zahlung des Emissionserlöses andererseits an50. Den Konsortialbanken bleibt das Recht vorbehalten, auf die Erfüllung einzelner Bedingungen zu verzichten, um die Platzierung nicht ungewollt zum Halten zu bringen. 47 Dabei handelt es sich im Wesentlichen um aufschiebende Bedingungen. Das Konzept der aufschiebenden Bedingung passt aber nicht für den Fall einer wesentlichen nachteiligen Änderung der Verhältnisse (vgl. Rz. 74), die ihrer Natur nach eine auflösende Bedingung ist. Andernfalls wäre die Bedingung erst eingetreten, wenn die Banken endgültig darauf verzichtet hätten, eine nachteilige Änderung geltend zu machen, wozu sie nicht bereit sein werden. In der Praxis wird üblicherweise offen gelassen, ob eine Bedingung des Übernahmevertrages aufschiebend oder auflösend ist. 48 Bei der ersten Tranche der Privatisierung der Deutsche Telekom AG 1996 haben die drei Globalen Koordinatoren für Rechnung des Bankenkonsortiums insgesamt 600 Mio. Stück Aktien gezeichnet. 49 Die Rückgabe der Aktien an die Gesellschaft scheitert auch bei vorhandener Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien am Gleichbehandlungsgebot (vgl. § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 i.V.m. § 53a AktG). 50 Ob darüber hinaus auch aufschiebende Bedingungen für die Zahlung im Hinblick für die so genannten Greenshoe-Tranche (vgl. Rz. 24) angemessen sind, sehen die einzelnen Emissionshäuser unterschiedlich. Dagegen spricht, dass bei Ausübung der Option die Aktien regelmäßig bereits platziert sind, die Banken lediglich ihre Verpflichtung aus der Wertpapierleihe erfüllen wollen und mit der Übernahme keine Marktrisiken mehr eingehen. Im Hinblick auf Haftungsrisiken gegenüber dem Entleiher der platzierten Aktien wäre es jedoch nicht unbillig, eine Legal Opinion zur Rechtsbeständigkeit der Greenshoe-Aktien zu verlangen.
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Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
a) Legal Opinions, Dislosure Opinions und Comfort Letter Zu den vor der Zeichnung vom Emittenten zu erfüllenden Bedingungen gehört an erster Stelle die Beibringung von so genannten Legal und Disclosure Opinions sowie Comfort Letters. Die Legal Opinions sind standardisierte Rechtsgutachten in Kurzform, in denen sowohl die Rechtsberater des Emittenten als auch die der Konsortialbanken zu bestimmten Rechtsfragen Stellung nehmen, deren positive Beantwortung für den weiteren Platzierungsprozess elementar ist51. Hierzu zählen unter anderem die wirksame Errichtung und das Bestehen der emittierenden Aktiengesellschaft, die rechtswirksame Unterzeichnung des Übernahmevertrages und anderer, damit in Zusammenhang stehender Verträge durch den Emittenten, die juristische Unbedenklichkeit dieser Verträge sowie die Feststellung, dass die nach Satzung und Aktienrecht erforderlichen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Kapitalerhöhung vorliegen. Die Legal Opinions werden an die Konsortialbanken adressiert. Sie sind vor Zeichnung neuer Aktien und vor Zahlung vorzulegen. Die Legal Opinions bei Zahlung enthalten im Wesentlichen eine bloße Bestätigung der Aussagen in den früheren opinions. Bei der Emission neuer Aktien kommt regelmäßig noch eine Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit der inzwischen eingetragenen Kapitalerhöhung hinzu.
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Disclosure Opinions sind anwaltliche Erklärungen zum Prospektinhalt52. Dabei wird nicht etwa in Bausch und Bogen bestätigt, der Prospekt sei inhaltlich richtig und vollständig. In der Disclosure Opinon berichtet der Anwalt in formalisierter Weise über das Ergebnis der von ihm durchgeführten rechtlichen Due Diligence-Prüfung. Die Kernaussage der Disclosure Opinion ist, dass dem die rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaften prüfenden Juristen keine bewertungserheblichen Umstände zur Kenntnis gelangt sind, die im Prospekt offenzulegen wären und nicht offengelegt wurden. Mit dieser Erklärung können sich die Konsortialbanken in einem etwaigen Prospekthaftungsprozess von dem Vorwurf entlasten, sie seien bei der Prüfung von den Emittenten betreffenden Rechtsfragen nicht sorgfältig vorgegangen und hätten daher grob fahrlässig im Sinne von § 45 Abs. 1 BörsG gehandelt. Opinions werden üblicherweise vor Veröffentlichung des Wertpapierprospekts erwartet. U.U. verlangen die Konsortialbanken danach noch ein oder mehrmals Bestätigungen, dass keine neuen Forkenntnisse vorliegen, z.B. vor Zeichnung der Aktien und vor Lieferung der Aktien an die Investoren. Disclosure Opinions werden üblicherweise von den anwaltlichen Beratern des Emittenten und der Konsortialbanken abgegeben53, bei einer Platzierung in den USA zusätzlich auch von deren jeweiligen US-amerikanischen Anwälten54.
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Bei den Comfort Letters handelt es sich um Bestätigungen des Wirtschaftsprüfers des Emittenten bezüglich der im Prospekt enthaltenen Zahlen, insbesondere der Jahres-
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51 Zu den Legal Opinions im Einzelnen vgl. § 29. 52 Bzgl. Funktion und Aufbau der Disclosure Opinions vgl. § 29 Rz. 51 f. 53 Bei kleineren Transaktionen sehen die Konsortialbanken oft eine Disclosure Opinion durch den Anwalt des Emittenten als ausreichend an. Dadurch können erhebliche Kosten gespart werden, weil der Bankenanwalt in diesem Fall keine eigene Due Diligence-Prüfung durchführen muss. 54 Da nach US-amerikanischem Verständnis der dem Verkaufsprospekt entsprechende Marketingprospekt (red herring) nur vorläufigen Charakter hat und später ergänzt werden kann (subject to completion), kommt es immer wieder zu Friktionen, wenn die Banken auch von amerikanischen Anwälten eine disclosure opinion auf diese Prospektversion verlangen. Jede spätere Ergänzung ist potentiell geeignet, die ursprüngliche disclosure opinion zu widerlegen.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
abschlüsse55. Auch die Comfort Letters werden sowohl für den Verkaufsprospekt als auch den späteren Börsenzulassungsprospekt eingeholt. b) Weitere Dokumente 72
Zusätzlich zu den in Rz. 69, 70 genannten Unterlagen kann der Übernahmevertrag die Vorlage weiterer Dokumente zur Bedingung für den Fortgang der Transaktion machen. Üblich ist eine Erklärung des Vorstandes, dass alle Gewährleistungen zum betreffenden Datum zutreffen und der Emittent alle bis dahin zu erfüllenden Verpflichtungen erfüllt hat. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung wird ferner regelmäßig die Übergabe eines beglaubigten Handelsregisterauszuges verlangt, der den neuen Stand des Grundkapitals reflektiert. Zur Lieferung der Aktien an die Investoren ist außerdem die Übergabe einer Aktien-Sammelurkunde erforderlich, die bei Clearstream Banking AG als Wertpapiersammelbank eingeliefert wird. Schließlich müssen sich die Parteien über den Platzierungspreis geeignet und zu diesem Zweck den Preisfestsetzungsvertrag unterzeichnet haben. c) Börsennotierung
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Die Erwerber wollen unmittelbar nach Erhalt der Aktien über die Börse handeln können. Deshalb müssen die Voraussetzungen für die Notizaufnahme spätestens beim Closing56, d.h. der Lieferung der Aktien an die Investoren gegen Zahlung des Platzierungspreises erfüllt sein. Regelmäßig streben die Platzierungsbanken an, den Börsenhandel schon mit der Zuteilung der Aktien, d.h. zwei Geschäftstage vor Closing beginnen zu lassen57. Damit soll eine etwaiger grauer Markt in den Aktien verhindert werden. d) Wesentliche nachteilige Änderung der Verhältnisse
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Die wesentliche nachteilige Änderung der Verhältnisse meint den Eintritt eines Ereignisses höherer Gewalt, das den Erfolg der weiteren Platzierung in Frage stellt. In diesem Fall sollen die Banken berechtigt sein, den Platzierungsprozess vorübergehend anzuhalten oder die Platzierung abzusagen. Eine wesentliche nachteilige Änderung kann in der Sphäre des Emittenten oder im Bereich der internationalen Kapitalmärkte begründet sein. Eine relevante Veränderung beim Emittenten ist z.B. die plötzlich eingetretene, erhebliche Verschlechterung der Finanz- oder Ertragslage des Emittenten, die nicht bereits aus den Angebotsunterlagen hervorgeht. In Bezug auf die Kapitalmärkte sollen nicht vorhergesehene Entwicklungen wie z.B. ein Zusammenbruch der Aktienmärkte oder Turbulenzen auf den Devisenmärkten erfasst werden58. 55 Zu den Comfort Letters, insbesondere auch den mit ihnen verbundenen schwierigen Haftungsfragen, vgl. § 28 Rz. 17. 56 Gem. § 52 Abs. 1 BörsZulV dürfen zugelassene Wertpapiere frühestens an dem auf die erste Veröffentlichung des Prospekts folgenden Werktag in den Börsenhandel eingeführt werden. 57 Dies ist gem. § 37 Abs. 2 BörsG zulässig. Der Börsenhandel vor Zuteilung wäre ein „per Erscheinen“, der wegen der damit verbunden Unsicherheiten bezüglich der Belieferbarkeit abgeschlossener Handelstransaktionen unerwünscht ist. 58 Bei der Privatisierung der British Petroleum im Jahre 1987, die mit dem Aktiencrash im Oktober zusammenfiel, haben die Konsortialbanken Hunderte Millionen Pfund verloren, weil der Vertrag keine Möglichkeit vorsah, die Platzierung wegen höherer Gewalt anzuhalten.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
In der üblichen Systematik des Übernahmevertrages ist der Nichteintritt der nachteiligen Änderung als Bedingung für die weitere Vertragserfüllung formuliert. Die (auflösende) Bedingung gilt als eingetreten, wenn die Konsortialführer die nachteilige Änderung feststellen. In den Verhandlungen über den Übernahmevertrag wird häufig kontrovers diskutiert, ob die Bankenseite allein das Recht haben soll, den Fall der nachteiligen Änderung festzustellen oder ob dazu das Einvernehmen des Emittenten bzw. abgebenden Aktionärs erforderlich ist. Da in kritischen Fällen es eher das Interesse der Banken sein wird, ihre Kunden zu schützen, während Emittent bzw. abgebende Aktionäre lieber mit der Platzierung fortfahren wollen, würde bei dieser Vertragsgestaltung die Uneinigkeit der Parteien dazu führen, dass der Fall der nachteiligen Änderung nicht festgestellt und die Emission fortgesetzt wird. Das ist für die Bankenseite regelmäßig nicht akzeptabel. Als Kompromiss wird häufig eine Verpflichtung der Banken vorgesehen, den Emittenten bzw. die abgebende Aktionäre zu konsultieren, bevor sie sich auf höhere Gewalt berufen, es sei denn, es ist eine sofortige Entscheidung erforderlich.
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Ein Fall der nachteiligen Änderung der Verhältnisse kann grundsätzlich bis zum Abschluss der Platzierung, d.h. der Lieferung der Aktien an die Investoren gegen Zahlung des Kaufpreises reklamiert werden. Die Emission kann also selbst dann noch angehalten werden, wenn die Aktien bereits zugeteilt wurden und wirksame Kaufverträge mit den Erwerbern der Aktien zustande gekommen sind59. Dies gilt sogar, wenn der Börsenhandel bereits aufgenommen wurde60.
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9. Vertragsstörungen Zu einer Störung bei der Durchführung des Übernahmevertrages kommt es, wenn entweder eine der vereinbarten Bedingungen nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wurde bzw. eine auflösende Bedingung eingetreten ist oder eine oder mehrere Konsortialbanken ihrer Verpflichtung nicht nachkommen (können), Aktien gegen Zahlung des vereinbarten Preises abzunehmen. Für die sich aus der Störung ergebenden Rechtsfolgen unterscheidet der Übernahmevertrag typischerweise danach, ob es sich um Altaktien oder Aktien aus einer Kapitalerhöhung handelt und in welchem Stadium der Transaktion die Störung eingetreten ist. Bei Nichterfüllung durch eine Konsortialbank ist außerdem innerhalb gewisser Grenzen eine Auffanglösung vorgesehen.
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a) Platzierung von Altaktien Ein Anhalten oder Absagen der Transaktion ist im Falle bestehender Aktien unproblematisch. Soweit die Altaktionäre eine Vorleistung erbracht haben, indem sie z.B. 59 Ein entsprechender Vorbehalt sollte ausdrücklich in das Verkaufsangebot aufgenommen werden, dessen Bedingungen zum Bestandteil des Kaufvertrages mit den Erwerbern der Aktien werden. Andernfalls lässt sich der Vorbehalt nur mit kapitalmarktrechtlichen Gepflogenheiten begründen. 60 Die Absage der Emission nach Aufnahme des Börsenhandels bedeutet, dass bereits getätigte Börsenhandelsgeschäfte annulliert werden müssen, weil sie vom Verkäufer, der die ihm zugeteilten Aktien nicht erhalten hat, nicht erfüllt werden können. Damit dürften erhebliche praktische Probleme verbunden sein, die mangels eines konkreten Anwendungsfalles bisher nicht gelöst werden mussten.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
die Aktien zur weiteren Abwicklung bereits an das Bankenkonsortium übertragen haben, ist die Rückübertragung jederzeit möglich. b) Aktien aus Kapitalerhöhung 79
Schwieriger kann sich die Rückabwicklung bei Aktien aus einer Kapitalerhöhung gestalten, weil mit dem Handelsregister Dritte an der technischen Umsetzung der Kapitalerhöhung beteiligt sind, deren Verhalten sich nicht jederzeit beherrschen lässt, und die auf das neue Kapital eingezahlten Mittel der strengen Vermögensbindung bei der Aktiengesellschaft unterliegen und nicht einfach zurückgezahlt werden können61. Da es sich bei der Durchführung der Kapitalerhöhung um einen mehrstufigen Prozess handelt, ist je nach Stadium der Durchführung zu unterscheiden. aa) Abbruch vor Anmeldung der Kapitalerhöhung
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Hat die für das Konsortium zeichnende Bank den Zeichnungsschein zwar schon unterschrieben und dem Emittenten übergeben, ist die Kapitalerhöhung aber noch nicht angemeldet worden, ist der Emittent auf Verlangen der Bank verpflichtet, den Zeichnungsschein herauszugeben. Die Bank ist berechtigt, das Guthaben auf dem Kapitalerhöhungskonto zu stornieren. bb) Abbruch nach Anmeldung der Kapitalerhöhung
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Wurde die Kapitalerhöhung bereits zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, kommt es darauf an, wie weit der Eintragungsprozess fortgeschritten ist. Vor der richterlichen Verfügung über die Eintragung liegt noch keine Entscheidung in der Sache vor62. In diesem Fall könnte der Emittent den Eintragungsantrag noch zurückziehen, um den Vollzug der Kapitalerhöhung zu verhindern. Dementsprechend sieht der Übernahmevertrag vor, dass der Emittent sich nach besten Kräften um die Rücknahme zu bemühen habe, wenn die konsortialführende Bank ihn dazu auffordert. Gelingt die Rücknahme, kann auch das Guthaben auf dem Kapitalerhöhungskonto storniert werden. cc) Abbruch nach Eintragung der Kapitalerhöhung
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Die einmal eingetragene Kapitalerhöhung lässt sich nur durch eine ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff. AktG) oder durch eine Kapitalherabsetzung mittels Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) rückgängig machen, was jedoch praktisch nicht umsetzbar ist63. Der Übernahmevertrag sieht deshalb ein anderes Verfahren 61 Die das Kapitalerhöhungskonto führende Bank kann deshalb auch dann nicht die Gutschrift stornieren, wenn die Gesellschaft darüber bisher nicht verfügt hat. 62 Gem. § 25 Abs. 1 HRV entscheidet der Richter über die Eintragung durch Verfügung. Der Vollzug der Eintragung durch das Schreibbüro hat keine rechtliche Wirkung. Die einmal erlassene Verfügung kann nur mit der Beschwerde angegriffen oder gem. § 142 FGG rückgängig gemacht werden. Dafür müsste die Eintragung aber unzulässig gewesen sein, was hier nicht gegeben ist. Der bloße Wunsch, den Zeichnungsschein zurückzuziehen, macht diesen nicht unwirksam. 63 Die ordentliche Kapitalherabsetzung scheidet schon wegen der sechsmonatigen Wartefrist gem. § 225 Abs. 2 Satz 1 AktG und dem Anspruch der Gläubiger auf Sicherstellung (§ 225 Abs. 1 AktG) aus. Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung verlangt einen entsprechen-
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
vor, um eine so weit wie möglich interessengerechte Rückabwicklung zu erreichen. Die Konsortialbanken wollen den von ihnen gezahlten Ausgabebetrag von regelmäßig 1 Euro je Aktie zurückbekommen64. Die Gesellschaft ist daran interessiert, dass die Konsortialbanken die neuen Aktien nicht einfach gegen Zahlung des geringsten Ausgabebetrages verkaufen und damit der Gesellschaft ein erzielbares Aufgeld entgeht. Der Übernahmevertrag gibt deshalb zunächst dem Emittenten das Recht, den Banken einen oder mehrere Erwerber zu benennen, die bereit sind, die Aktien gegen Zahlung eines Kaufpreises von den Banken zu erwerben. Ist der Preis höher als der Ausgabebetrag, führen die Banken den Übererlös abzüglich Kosten an den Emittenten ab65. Diese Art der Verwertung kommt nur in Betracht, wenn der Emittent über einen Kreis aufnahmebereiter Großaktionäre verfügt. Erteilt der Emittent innerhalb einer bestimmten Frist keine Weisung, können die Banken die Aktien bestmöglich an Dritte verkaufen. Auch in diesem Fall ist ein etwaiger Übererlös abzuführen.
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Problematisch ist diese Art der Verwertung, wenn die Aktien ursprünglich unter Ausschluss der Bezugsrechts der Aktionäre gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG platziert werden sollten. Der Ausschluss des Bezugsrechts ist nach dieser Bestimmung nur zulässig, wenn die Aktien zu einem Preis veräußert werden, der den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet66. Bei einer Notverwertung sind diese Bedingungen u.U. nicht mehr einzuhalten. Der Bezugsrechtsausschluss wäre damit rechtswidrig67. Als möglicher Ausweg bietet sich die nach trägliche Umgestaltung in eine Emission mit Bezugsrecht an68. Da der Bezugspreis erst drei Tage vor Ablauf der Be-
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den Satzungsvorbehalt. Die Vorschriften für die ordentliche Kapitalherabsetzung sind außerdem nur dann nicht zu beachten, wenn das Einziehungsentgelt zu Lasten des Bilanzgewinns oder der Kapitalrücklage gebucht (§ 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG) bzw. bei Stückaktien ohne Verminderung des Grundkapitals erfolgen kann. Die außerdem noch in Frage kommende vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, der Rückkauf der Aktien durch die AG scheitert regelmäßig schon am Gleichbehandlungsgebot, § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 i.V.m. § 53a AktG. Wenn die zeichnenden Konsortialbanken zunächst nur ein Viertel des Ausgabebetrages eingezahlt haben, haften sie für die Einzahlung des Restbetrages, solange sie Aktionären ist. Um der Gesellschaft die Feststellung ihres Schuldners jederzeit zu ermöglichen, dürfen vor vollständiger Leistung der Einlage nur Namensaktien ausgegeben werden, § 10 Abs. 2 Satz 1 AktG. Der Übererlös kann von der Gesellschaft in die Kapitalrücklage gebucht werden und stellt keinen steuerpflichtigen Ertrag dar. Der Fall ist insofern der Erlösabführung bei mittelbarem Bezugsrecht gleichzustellen. Die Frage, wann eine Unterschreitung wesentlich ist und aufgrund welcher Referenzperiode der Börsenpreis zu berechnen ist, ist nicht endgültig geklärt (vgl. Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39d). Beim Regelfall der Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital kommt eine Anfechtung des zugrundliegenden Beschlusses der Hauptversammlung (etwa wegen § 255 AktG; s. zum Meinungsstand Hüffer, AktG, § 186 Rz. 39e) nicht mehr in Betracht. Auch vorbeugender Rechtsschutz scheidet aus, weil den Aktionären die relevanten Umstände nicht rechtzeitig bekannt werden. Die Gesellschaft kann sich aber schadensersatzpflichtig machen (Hüffer, AktG, § 203 Rz. 38). Bei dem Beschluss des Vorstandes, das genehmigte Kapital auszunutzen, handelt es sich um eine einfache Geschäftsführungsmaßnahme. Der Bezugsrechtsausschluss wird auch nicht in das Handelsregister eingetragen. Eine nachträgliche Änderung ist deshalb unproblematisch.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
zugsfrist festgesetzt werden muss (§ 186 Abs. 2 Satz 2 AktG)69, kann die Gesellschaft einen weitgehend marktgerechten Emissionserlös erzielen. c) Nichtabnahme durch eine oder mehrere Konsortialbanken 85
Ist eine Konsortialbank nicht in der Lage, die von ihr erworbenen Aktien gegen Zahlung des vereinbarten Preises abzunehmen, dürfte es sich um einen Fall der Insolvenz handeln. Da die Konsortialbanken für die Abnahme und Zahlung nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur ihrer Quote nach haften, würden die Aktien der vertragsuntreuen Bank nicht platziert. Andererseits haben weder der Emittent noch die übrigen Banken ein Interesse daran, dass ein Teil der Gesamtemission liegen bleibt.
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Das Prinzip der einzelschuldnerischen Haftung wird deshalb teilweise durchbrochen. Die Konsortialbanken verpflichten sich, ihre Übernahmequote proportional zu erhöhen (step-up), wenn der Ausfall nicht mehr als 1/ 11 des Gesamtvolumens der Emission beträgt70. Der Konsortialführer ist berechtigt, die Zuteilung entsprechend zu ändern. Wird die maximale Ausfallquote von 1/ 11 überschritten, kann der Konsortialführer für alle Banken den Rücktritt vom Vertrag erklären. In diesem Fall hat der Emittent nur die Möglichkeit, die ihre Abnahmepflicht verletzende Bank auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. d) Folgen der Vertragsbeendigung
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Wird der Übernahmevertrag endgültig nicht mehr durchgeführt, sei es weil eine Bedingung definitiv nicht mehr eintreten wird und die Konsortialbanken auf die Erfüllung nicht verzichten wollen, sei es weil die eine der Parteien in zulässiger Weise vom Vertrag zurückgetreten ist, erlöschen alle Ansprüche des Emit tenten gegenüber dem Konsortium auf Abnahme der Aktien und Zahlung des Kaufpreises. Im Übrigen bleibt der Vertrag in Kraft, insbesondere in Bezug auf die Verpflichtung des Emittenten zur Kostenerstattung und Freistellung71. Unberührt bleiben naturgemäß auch die Regelungen zur Abwicklung einer bereits eingetragenen Kapitalerhöhung (s. dazu oben Rz. 82 ff.).
10. Lieferung gegen Zahlung 88
Die Vertragbestimmung zur eigentlichen Abrechnung der Emission (closing) sehen vor, dass am vorgesehenen Closing-Datum die vorher dem Konsortialführer durch Girosammelgutschrift oder Übergabe einer Aktien-Sammelurkunde bereits zur Verfügung gestellten Aktien an die Anleger übertragen werden und das beim Konsortial69 Diese durch Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19.7.2002 in das AktG eingefügte Bestimmung soll den vorher bestehenden Nachteil eines hohen Abschlages des Bezugspreises gegenüber dem Börsenpreis beseitigen und hat die praktische Bedeutung des Bezugsrechtsausschlusses gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG erheblich reduziert. 70 Die auf den ersten Blick merkwürdige Step-up-Quote von 1/ 11 des Gesamtvolumens entspricht einer Quotenerhöhung bei den übrigen Banken von jeweils 10 %. Bei kleinen Konsortien beträgt selbst die kleinste Quote oft mehr als 1/ 11. In diesen Fällen kann auf die Klausel verzichtet werden. 71 Wenn die Emission nicht stattgefunden hat, können die Banken zwar nicht aus Prospekthaftung in Anspruch genommen werden. Denkbar sind aber Ansprüche von Anlegern, denen Aktien zugeteilt wurden, die sie dann nicht erhalten haben.
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§ 23
Übernahmevertrag bei Aktienemissionen
führer dafür eingegangene Geld an den Emittenten ausgekehrt wird. Damit die konsortialführende Bank bei der Übertragung der Aktien kein Vorleistungsrisiko eingehen muss, wird sie den Lieferung-gegen-Zahlung Service der zentralen deutschen Wertpapiersammelbank Clearstream nutzen. Dadurch wird sichergestellt, dass das Eigentum an den Aktien nur übergeht, wenn gleichzeitig der Gegenwert gutgeschrieben wird. Soweit Aktien von anderen Konsortialbanken platziert wurden, überträgt der Konsortialführer die Aktien zunächst auf deren Wertpapierkonten, von wo sie taggleich auf die Konten der Investoren weiter übertragen werden können.
11. Sonstige Vertragbestimmungen; Anlagen Die übrigen Bestimmungen des Übernahmevertrages entsprechen dem Üblichen wie z.B. Vereinbarungen zur Art und Weise der Abgabe von Erklärungen zwischen den Parteien, dem für den Vertrag geltenden Recht, Gerichtsstand und bei im Ausland ansässigen Parteien die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigen. Übernimmt eine der Konsortialbanken den Zahlstellendienst für die Übermittlung von Dividendenzahlungen an die Aktionäre, finden sich bisweilen im Übernahmevertrag auch dazu Regelungen72.
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Die Anlagen zum Vertrag bestehen im Allgemeinen aus einer Aufstellung der Übernahmequoten der einzelnen Banken, einem Muster der Preisfestsetzungsvereinbarung, einem Muster der Ausübungserklärung für die Mehrzuteilungsoption sowie Mustern der Legal Opinions. Haben die Banken ausdrücklich die Verantwortung für bestimmte Prospektinformationen übernommen, so werden auch diese in einer Anlage genau definiert.
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72 Üblicher ist aber ein separater Vertrag.
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§ 24 Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen Michael Schlitt/Susanne Schäfer I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Wandelschuldverschreibungen 1. Übernahmevertrag a) Ausgabe- und Übernahmepflicht b) Vergütung des Emissionsbanken c) Garantien . . . . . . . . . . . . . . d) Verpflichtungen . . . . . . . . . . e) Stabilisierungsmaßnahmen . . . f) Börsenzulassung und -notierung g) Freistellung . . . . . . . . . . . . h) Bedingungen und Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . i) Sonstige Bestimmungen . . . . .
6 13 14 19 25 26 29 32 39
2. Besonderheiten bei einer indirekten Emission . . . . . . . . . . . . . . . .
40
III. Umtauschanleihen 1. Übernahmepflicht . . . . . . . . . . 2. Garantien und Gewährleistungen . 3. Verpflichtungen des Emittenten . . 4. Erklärungen der Bank . . . . . . . . 5. Bedingungen und Rücktrittsrechte
41 42 43 46 47
IV. Vertrag mit Zahl- und Wandlungs-/ Umtauschstelle . . . . . . . . . . . .
48
V. Book-Entry Registration Agreement
50
Schrifttum: Siehe die Nachweise in § 10 und § 11.
I. Allgemeines 1
Auch bei der Emission von aktienverwandten Wertpapieren werden die Rechte und Pflichten der Parteien in einem Übernahmevertrag geregelt. Die Ausgestaltung des Übernahmevertrags ähnelt typischerweise dem für herkömmliche Anleihen (dazu § 25). Vertragsparteien sind die Emissionsbank bzw. die im Konsortium zusammengefassten Emissionsbanken einerseits und der Emittent bzw. bei Umtauschanleihen der diese emittierende Aktionär andererseits. Bei einer indirekten Emission, bei der Wandelschuldverschreibungen über eine ausländische Finanztocher emittiert werden (§ 10 Rz. 47 f.), tritt die garantierende Aktiengesellschaft als weitere Vertragspartei hinzu.
2
Beim Übernahmvertrag handelt es sich um einen Vertrag eigener Art, der Elemente eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB) und eines Dienstvertrages1 sowie, bei Ausgestaltung als Festübernahme, eines Kaufvertrages (unten Rz. 8)2, aufweist. Werden Wandelschuldverschreibungen ausnahmsweise im Zuge einer Bezugsrechtsemission gem. § 186 Abs. 5 AktG begeben, stellt der Übernahmevertrag einen echten Vertrag zugunsten Dritter dar3. 1 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, § 7 Rz. 7.80; abweichend Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, 2006, Rz. 310; zur Einordnung des Übernahmevertrages bei Aktienemissionen statt vieler Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 94. 2 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.189. 3 Zur vergleichbaren Situation bei Aktienemissionen BGH v. 22.4.1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, 203, 208 = AG 1991, 270; BGH v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, WM 1992, 1225, 1229 = AG 1992, 312; BGH v. 5.4.1993 – II ZR 195/91, WM 1993, 944, 946, 947; Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1998, S. 38; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2182; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 118.
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Schlitt/Schäfer
§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
Emissionen aktienverwandter Produkte erfolgen zumeist im Zuge des so genannten beschleunigten Bookbuilding (accelerated bookbuilding, oben § 10 Rz. 19 f., § 11 Rz. 9). Anders als bei gewöhnlichen Anleihen (§ 15 Rz. 16) wird der Platzierungspreis also i.d.R. nicht zu Beginn des Angebots fixiert, sondern eine Spanne vorgegeben. Der Preis wird sodann nach Abschluss des Bookbuilding festgelegt. Werden Wandelanleihen im Wege einer Bezugsrechtsemission platziert, muss die Angebotsfrist mindestens zwei Wochen betragen (§ 186 Abs. 1 Satz 2 AktG)4. In diesem Fall kann der Bezugspreis entweder vor Beginn der Bezugsfrist fixiert werden. Möglich ist aber auch, zunächst lediglich die Grundlagen der Festlegung des Ausgabebetrages und den Ausgabebetrag erst drei Tage vor Ablauf der Bezugsfrist bekannt zu geben (§ 10 Rz. 15).
3
Der Ablauf des Platzierungsverfahrens beeinflusst sowohl den Zeitpunkt des Abschlusses als auch die Struktur des Übernahmevertrages. In zeitlicher Hinsicht wird der Übernahmevertrag entweder unmittelbar vor Beginn oder unmittelbar nach Abschluss des Accelerated Placements abgeschlossen. Bei Abschluss vor Beginn des Angebots ist zur Festlegung der finalen Konditionen (Zinssatz, Prämie und Wandlungs- bzw. Umtauschpreis) der Anleihebedingungen (terms and conditions) und des endgültigen Volumens erforderlich, dass ergänzend eine Preisfestsetzungsvereinbarung zwischen den Parteien des Übernahmevertrages abgeschlossen wird. Die eigentliche Entstehung der Schuldverschreibungen durch den Begebungsakt (Ausgabe der Urkunde und Abschluss eines Begebungsvertrages) erfolgt wie ihre Abrechnung am Tag des Closing5. Bis dahin werden (nur) „Rechte auf Bezug“ des Instruments (Lieferansprüche) gehandelt.
4
In einigen Fällen behält sich der Emittent eine Erhöhungsoption (step-up option) vor. In diesem Fall kann er bei entsprechend großer Nachfrage während oder nach Abschluss des Bookbuilding das Maximalvolumen der zu begebenden Anleihe erhöhen. Eine solche Erhöhungsoption ist in dem vor Beginn des Bookbuilding zu fassenden Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat vorgesehen und kann mit einer Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option kombiniert werden (dazu unten Rz. 25).
5
II. Wandelschuldverschreibungen 1. Übernahmevertrag a) Ausgabe- und Übernahmepflicht Wesentliche Vertragsbestandteile sind die Verpflichtung des Emittenten, die Wandelanleihen zu den vereinbarten Anleihebedingungen6 am Closing-Tag zu emittieren, sowie die Verpflichtung der Emissionsbanken, die Anleihen bei Investoren zu platzieren (unterzubringen), am Closing-Tag zu erwerben, anschließend gegen Zahlung des Emissionserlöses an die Investoren zu übertragen und den Emissionserlös an den Emittenten auszukehren. 4 Zur Möglichkeit eines Bookbuilding im Zuge einer Bezugsrechtsemission § 10 Rz. 15. 5 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 199; Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, 2006, Rz. 311. 6 Die Anleihebedingungen werden dem Übernahmevertrag als Anlage beigefügt. Wird der Übernahmevertrag vor dem Bookbuildung abgeschlossen, bleiben die noch festzulegenden Konditionen (Zinssatz, Wandlungspreis) zunächst offen.
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§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
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Besondere Bedeutung kommt dabei der Ausgestaltung der Übernahmepflicht der Emissionsbank sowie der Risikoverteilung unter den Parteien zu. Wandelschuldverschreibungsemissionen werden, wenn sie unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre emittiert werden (vgl. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG; dazu § 10 Rz. 43 ff.), häufig als Best-Efforts-Underwriting strukturiert7. In diesem Fall verpflichtet sich die Bank zur bestmöglichen Platzierung (Unterbringung) der Wertpapiere8. Es handelt sich also um einen Fall des Soft Underwritings. Das endgültige Emissionsvolumen, das von der Emissionsbank übernommen wird, wird ebenso wie die endgültigen Konditionen aufgrund von Indikationen aus dem Bookbuilding, d.h. auf Grundlage der eingehenden Gebote von Investoren, gemeinsam vom Emittenten bzw., bei Emission über eine Finanztochter auch der Garantin, und der Emissionsbank in dem am Ende des Bookbuilding abgeschlossenen Preisfestsetzungsvertrag festgelegt. Da der Übernahmevertrag unter der Bedingung des Abschlusses eines Preisfestsetzungsvertrages steht, wird die Übernahmeverpflichtung erst mit seinem Abschluss bindend. Erst nach seinem Abschluss wird die festgelegte Anzahl von Wertpapieren gegen Überweisung des Emissionserlöses (abzüglich Provisionen und Kosten der Emissionsbank) entweder unmittelbar an die Investoren oder in einem ersten Schritt an die Emissionsbank übertragen, die diese an die Investoren weiterleitet.
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Denkbar ist aber auch, dass die Emission als Back-Stop-Transaktion ausgestaltet wird9. In diesem Fall verpflichtet sich die Emissionsbank, ein bestimmtes (Mindest-)Emissionsvolumen zu bestimmten Konditionen (so genannte Back-Stop-Pricing Terms) fest zu übernehmen. Die Emissionsbank muss die Wertpapiere dann in diesem Umfang zu einem vorbestimmten Zinsatz und Wandlungspreis erwerben, wenn sich nicht ausreichend Investoren finden oder die Gebote der Investoren nicht die Mindestkonditionen der Back-Stop-Pricing-Terms erreichen. Es handelt sich mithin um eine Form der Festübernahme (Hard Underwriting). Der endgültige Emissionspreis wird dann, ebenso wie beim Best-Efforts-Underwriting, aufgrund von Preisindikationen aus dem Bookbuilding in einem Preisfestsetzungsvertrag vereinbart. Für den Fall, dass sich ausreichend Investoren gefunden haben und die beim Verkauf erzielten Konditionen die Back-Stop-Terms übertreffen, wird damit die Back-Stop-Vereinbarung grds. gegenstandslos.
9
Seltener sind bei Equity-Linked-Emissionen demgegenüber Bought Deal-Konstruktionen10. In diesem Fall kauft die Emissionsbank eine bereits feststehende Anzahl von Wertpapieren zu einem festen Preis, zumeist unter der Verpflichtung zur Weiterveräußerung an Investoren.
10
Sowohl bei der Vereinbarung eines Back Stop-Underwritings als auch im Falle eines Bought Deals werden die vereinbarten Konditionen in der Regel vertraulich behandelt. Eine Offenlegungspflicht besteht, trotz der in Umsetzung der MiFiD durch das 7 Zum Best-Efforts-Underwriting im Rahmen einer Kapitalerhöhung Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991, Rz. 24; Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1998, S. 45 ff.; Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 180; Emde/König in Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, 2008, B Rz. 227. 8 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.23 ff. 9 Zu Back-Stop-Konstruktionen Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/81; Meyer in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 182. 10 Vgl. Masuch, Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, S. 34 ff.; s. auch Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/47.
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Schlitt/Schäfer
§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
FRUG eingeführten weitreichenden Nachhandelstransparenzpflichten nicht, da § 31h WpHG sich nur auf Geschäfte mit zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Aktien oder Aktien vertretenden Zertifikaten bezieht und eine Nachhandelstransparenzpflicht für Geschäfte in (i.d.R. sogar noch nicht begebenen) Anleihen nicht vorsieht. Werden Wandelanleihen im Wege der Bezugsrechtsemission ausgegeben, handelt es sich um einen Fall der festen Übernahme (§ 186 Abs. 5 AktG)11, solange die Emission – was zulässig ist – nicht als Bis-zu-Emission ausgestaltet ist. Im Fall einer Bezugsrechtsemission werden im Übernahmevertrag die Einzelheiten des Bezugsangebots festgelegt. Hierzu gehört insbesondere das Bezugsverhältnis sowie die Bezugsfrist.
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Haben die Emissionsbanken den Emissionserlös von den Investoren am Tag der Abrechnung (closing) erhalten, sind sie verpflichtet, diesen an die Gesellschaft weiterzuleiten.
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b) Vergütung der Emissionsbanken Die Vergütung der Emissionsbanken besteht typischerweise in einer prozentual am Emissionserlös bemessenen Provision. Häufig wird neben der Provision für die Übernahme der Anleihen (underwriting oder base fee) noch eine ins Ermessen des Emittenten gestellte Provision (incentive fee) vereinbart. Die Vergütung wird von den Banken i.d.R. nicht gesondert geltend gemacht, sondern vom Emissionserlös abgezogen. Zumeist ist noch eine Verpflichtung des Emittenten vorgesehen, den Emissionsbanken ihre sachlichen Kosten (Reisekosten, Anwaltskosten) zu erstatten.
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c) Garantien Im Übernahmevertrag gibt der Emittent umfangreiche Gewährleistungen und Zusicherungen (representations and warranties) ab, die i.d.R. als selbständige, verschuldensunabhängige Garantien ausgestaltet sind. Diese sind, insbesondere im gängigen Fall einer prospektfreien Emission, im Vergleich zu Aktienemissionen (§ 23 Rz. 32 ff.) typischerweise etwas weniger umfangreich.
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Der Katalog der Garantien umfasst typischerweise insbesondere die folgenden Aussagen:
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– die Wirksamkeit der Anleihebegebung, der Anleihebedingungen, des Übernahmevertrages und – im Falle einer indirekten Emission (§ 10 Rz. 47 f.) – der sonstigen Verträge; – den Gleichrang der Anleihegläubiger im Vergleich zu anderen Gläubigern des Emittenten (pari passu ranking), insbesondere zu anderen Anleihegläubigern, das Nichtvorliegen eines Beendigungsgrundes sowie die Nichtgewährung von Sicherheiten in Erfüllung der Negative Pledge-Verpflichtung (§ 10 Rz. 67); – die Wirksamkeit des Ermächtigungsbeschlusses sowie der zur Emission der Anleihe gefassten Ausnutzungsbeschlüsse von Vorstand und i.d.R. Aufsichtsrat12, sowie die Wirksamkeit eines etwaigen Bezugsrechtsauschlusses; 11 Mangels Handelsregistereintragung kann die Kündigung des Übernahmevertrages im Vergleich zu Aktienemissionen erleichtert erfolgen. 12 Die Mitwirkung des Aufsichtsrates ist vom Gesetz nicht zwingend, jedoch in den meisten Wandelschuldverschreibungsermächtigungen vorgesehen, s. § 10 Rz. 27.
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§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
– die Wirksamkeit des zur Absicherung der Wandlungsrechte geschaffenen bedingten Kapitals oder vorhandener eigener Aktien (bzw. des Ermächtigungsbeschlusses zum Rückkauf solcher), die Wirksamkeit und Dividendenberechtigung der aus bedingtem Kapital im Wandlungsfall ausgegebenen Aktien; – die Richtigkeit des letzten Konzern- und/oder Einzelabschlusses (s. unten Rz. 16); – die Erfüllung aller Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten, insbesondere die vollständige Veröffentlichung ad-hoc-pflichtiger Umstände nach Maßgabe von § 15 WpHG; – das Nichtvorliegen von Insiderinformationen; – die Existenz des Emittenten/Garanten und seiner Tochtergesellschaften; – das Vorhandensein aller Erlaubnisse, Genehmigungen, etc. für den Geschäftsbetrieb; – das Bestehen von gewerblichen Schutzrechten, Steuern, dem Vorhandensein eines Risikomanagements; – das Nichtanhängigsein von Rechtsstreitigkeiten, an denen der Emittent bzw. Garant beteiligt ist und deren Ausgang möglicherweise erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz oder Ertragslage der Emittentin bzw. der Garantin haben kann; – dass das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen vom Registrierungserfordernis bei der US-amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde (SEC) nach Regulations S erfolgen kann13. 16
Wird die Anleihe an der Börse zugelassen oder ausnahmsweise öffentlich angeboten (oben Rz. 3), wird darüber hinaus die Richtigkeit und Vollständigkeit des für diese Zwecke erstellten Prospekts zugesichert. Zudem erstreckt sich die „Bilanzgarantie“ dann auf alle in den Prospekt aufgenommenen Abschlüsse. Equity-linked Instrumente werden im Gegensatz zu Aktien häufig nicht an der für Aktien in Deutschland dominierenden Frankfurter Wertpapierbörse, sondern an einem nicht organisierten Markt einer ausländischen Wertpapierbörse wie etwa dem Euro MTF Market der Luxemburger Wertpapierböse, zugelassen oder – wie in jüngerer Zeit zunehmend der Fall – nur in den Freiverkehr einbezogen. Wird die Anleihe ausnahmsweise an einem organisierten Markt zugelassen, ist in bestimmten Jurisdiktionen – anders als in Deutschland (vgl. § 30 Abs. 2 BörsG, § 3 Abs. 3 WpPG) – die Zulassungsantragstellung und damit die Unterzeichnung des Prospekts durch die Emissionsbank nicht zwingend. In diesem Fall sind die Garantien des Emittenten hinsichtlich des Prospektes für die Emissionsbank von geringerer Bedeutung als bei Mitunterzeichnung und Verantwortungsübernahme für die Rechtigkeit und Vollständigkeit des Prospektes (s. auch unten Rz. 27).
17
Wie bei Aktienemissionen werden die Garantien, je nach Zuschnitt der Unternehmen, teilweise dadurch eingeschränkt, dass die Erklärungen nur „nach Kenntnis“ bzw. „nach bestem Wissen“ (to the issuer’s (best) knowledge) abgegeben werden, wobei jedoch häufig hinzugefügt wird, dass der Emittent den Umstand zuvor angemessen geprüft hat (after due inquiry). Die Einschränkung kann auch darin bestehen, dass das Nichtzutreffen der Garantie eine wesentliche nachteilige Auswirkung (material adverse change) haben muss. Eine Einschränkung dergestalt, dass die Ga13 Eine Platzierung von Wandelschuldverschreibungen nach Rule 144A kommt in der Praxis sehr selten vor.
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§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
rantien sich nicht auf solche Umstände beziehen, die im Prospekt offen gelegt werden (except as disclosed in the prospectus) findet sich bei Equity-Linked-Instrumenten selten, da – anders als bei Aktienemissionen – im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Übernahmevertrages (noch) kein finaler Prospekt vorliegt, wenn ein solcher überhaupt erstellt wird (s. oben Rz. 4). Soweit sich die Garantien auf die operativen Tochtergesellschaften beziehen, findet sich häufig eine Einschränkung auf die wesentlichen Tochtergesellschaften (material subsidiaries). Wird die Anleihe indirekt begeben (§ 10 Rz. 47 f.), gibt die deutsche Aktiengesellschaft, die hinter der Begebung steht, als Garant umfangreichere Garantien ab als die emittierende ausländische Tochtergesellschaft, die im Regelfall außer der Begebung von Anleihen keinen weiteren Geschäftsgegenstand und keinen Einblick in die Geschäftstätigkeit der Muttergesellschaft hat. Die Garantien des ausländischen Emittenten konzentrieren sich im Wesentlichen auf die wirksame Beschlussfassung der Gremien, die Wirksamkeit der Anleihe und – im Falle einer indirekten Emission – der sonstigen Verträge (unten Rz. 40), den Rang der Anleihe, die Einhaltung der Negative Pledge-Verpflichtung und das Nichtvorliegen eines MAC- oder Termination Events sowie die Nichtkenntnis von Insiderinformation und die Nichtvornahme von marktpreisbeeinflussenden Maßnahmen. Demgegenüber gibt der deutsche Garant Garantien über die ordnungsgemäße Errichtung der Finanztochter sowie nach Maßgabe des oben dargestellten Kataloges (oben Rz. 15) ab.
18
d) Verpflichtungen In Ergänzung zu den Garantien und Gewährleistungen gibt der Emittent noch eine Reihe von zukunftsgerichteten Verpflichtungen (undertakings) ab. So übernimmt er in vielen Fällen die Verpflichtung, die Anleihe zum Handel an einer bestimmten Börse (z.B. Euro MTF Market der Luxemburger Börse) zuzulassen bzw. ihre Einbeziehung in den Freiverkehr zu bewirken und die Notierung für einen bestimmten Zeitraum aufrechtzuerhalten bzw. für den Fall, dass er die Notierung an der betreffenden Börse nicht mehr als sachgerecht ansieht, in Abstimmung mit den Emissionsbanken die Notierung an einer anderen Börse zu bewirken (dazu im Einzelnen unten Rz. 26).
19
Für den Fall, dass ein Prospekt veröffentlicht wird, für den die Banken die Prospekthaftung übernehmen, ist eine Verpflichtung vorgesehen, mit den Banken etwaige Nachträge zu dem Prospekt abzustimmen sowie die Banken für einen i.d.R. 6 Monate betragenden Zeitraum über alle Umstände in Kenntnis zu setzen, die den Prospekt als unvollständig oder unrichtig erscheinen lassen.
20
Darüber hinaus verpflichtet sich der Emittent häufig, für einen bestimmten Zeitraum keine Aktien, Bezugs- oder Optionsrechte auf Aktien oder in Aktien umwandelbare Wertpapiere auszugeben. Eine solche Marktschutzvereinbarung erstreckt sich meist auf einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten14.
21
Anders als bei der Begebung von hochverzinslichen Anleihen (High-Yield Bonds), bei denen sich der Emittent für einen längeren Zeitraum zur Einhaltung bestimmter Vorgaben hinsichtlich seiner Geschäftstätigkeit, z.B. das Erreichen bestimmter Bilanzkennziffern, verpflichtet (§ 15 Rz. 54 ff.), sind solche Financial Covenants bei
22
14 Zu Marktschutzvereinbarungen Fleischer, WM 2002, 2305.
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Wandelschuldverschreibungen i.d.R. nicht anzutreffen15. Jedoch übernimmt der Emittent die gegenüber den Investoren in den Anleihebedingungen abgegebene Negative Pledge-Verpflichtung (§ 10 Rz. 67) auch gegenüber den Emissionsbanken. 23
Verbreitet sind zusätzliche Verpflichtungen des Emittenten, keine Maßnahmen zu ergreifen, die auf eine Marktbeeinflussung gerichtet oder sonst geeignet sind, ein öffentliches Angebot und damit eine Prospektpflicht auszulösen. Schließlich verpflichtet sich der Emittent auch gegenüber den Emissionsbanken, die Zulassungsfolgepflichten zu erfüllen sowie für einen bestimmten Zeitraum (z.B. 6 Monate) alle Veröffentlichungen, die einen Bezug zu den emittierten Anleihen haben, mit den Emissionsbanken abzustimmen.
24
Der Katalog der Verpflichtung der Emissionsbanken ist regelmäßig begrenzt. Sie verpflichten sich zur Einhaltung von Verkaufsbeschränkungen (selling restrictions), die der Vermeidung eines öffentlichen, d.h. i.d.R. prospektpflichtigen, Angebots in anderen Staaten dienen16. Der Übernahmevertrag regelt i.d.R. ausdrücklich, in welchen Ländern die Anleihe angeboten wird und ob dort ein öffentliches Angebot oder lediglich eine Privatplatzierung erfolgt. e) Stabilisierungsmaßnahmen
25
Auch im Rahmen von Emissionen von Wandelschuldverschreibungen, jedenfalls wenn diese unter Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG emittiert werden, sieht der Übernahmevertrag als Stabilisierungsmittel häufig eine Mehrzuteilungs- und Greenshoe-Option der Emissionsbanken vor17. Den Emissionsbanken wird von der Gesellschaft zu diesem Zweck die Möglichkeit der Mehrzuteilung (overallotment option) und eine Option auf den Bezug einer entsprechenden Anzahl weiterer Wandelschuldverschreibungen (Greenshoe option) zu den gleichen Konditionen eingeräumt. Anders als bei Aktienemissionen bedarf es keines Wertpapierdarlehens. Da bis zum Closing nur Lieferansprüche gehandelt werden (oben Rz. 4), ist es möglich, eine Mehrzuteilung dieser Rechte vorzunehmen und je nach Kursentwicklung zu entscheiden, ob in einem bestimmten Umfang Lieferansprüche über den Markt zurückerworben (sinkende Kurse) oder die Rechte durch Ausnutzung der Greenshoe-Option gegenüber der Gesellschaft (steigende Kurse) befriedigt werden. Wie bei Aktienemissionen wird im Übernahmevertrag klargestellt, dass Haupttranche und Greenshoe-Tranche Teile einer einheitlichen Emission sind. Im Vergleich zu Aktienemissionen wird der Greenshoe typischerweise bis zum Zeitpunkt der Begebung der Anleihe (settlement) und damit häufig bereits nach wenigen Tagen ausgeübt, damit das endgültige emittierte Volumen den Greenshoe abdeckt.
15 Zu den Grenzen der Zulässigkeit solcher Covenants s. auch Fleischer, ZIP 1998, 313; Kusserow/Dittrich, WM 2000, 745, 749 ff. 16 Zur Situation bei Aktienemissionen Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 7 Rz. 133 f. 17 Groß, ZIP 2002, 160 Fn. 4; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 265 f.
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§ 24
Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
f) Börsenzulassung und -notierung Je nach der Art der angesprochenen Investoren18 übernimmt die Gesellschaft im Übernahmevertrag die Verpflichtung, die Anleihe im Nachgang zur Platzierung an einer Börse zum Handel zuzulassen. Ist dies der Fall, wird die Zulassung zum Börsenhandel jedoch nur noch selten als aufschiebende Bedingung für das Settlement, d.h. die Überweisung des Emissionserlöses von der Emissionsbank an den Emittenten, ausgestaltet. Zumeist wird lediglich eine Verpflichtung des Emittenten zur Prospekterstellung und Börsenzulassung (etwa in Luxemburg) vertraglich vereinbart, ohne dass die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Bedingung für die Auszahlung des Emissionserlöses erhoben wird.
26
Die Zulassung der Anleihe zum Börsenhandel setzt i.d.R. die Veröffentlichung eines Prospekts voraus. Für die Zulassung zu einem organisierten Markt (in Deutschland: regulierter Markt) schreibt das WpPG die Erstellung eines Prospekts, dessen Billigung und anschließende Veröffentlichung vor (dazu § 10 Rz. 77 ff., § 11 Rz. 59 ff.)19. Anders ist es, wenn die Zulassung – wie in der Praxis häufig – zum Euro MTF Market der Luxemburger Börse erfolgt oder sogar nur die Einbeziehung in den Freiverkehr vorgesehen ist (s. auch § 10 Rz. 77, § 11 Rz. 59). Während bei einer Zulassung zum regulierten Markt der Emittent die Mitwirkung der Emissionsbank bei der Verantwortungsübernahme und Unterzeichnung des Dokuments benötigt (vgl. § 30 Abs. 2 BörsG, § 3 Abs. 3 WpPG), kann er die Zulassung zum Euro MTF Market und die Einbeziehung in den Freiverkehr selbst betreiben. In diesen Fällen drängen die Emissionsbanken sogar darauf, dass ihre Erwähnung im Prospekt unterbleibt. Anders ist es, wenn Wandelschuldverschreibungen ausnahmweise im Zuge einer Bezugsrechtsemission in Deutschland öffentlich angeboten werden und die Banken daher die Prospektverantwortlichkeit übernehmen müssen20.
27
Von der Börsenzulassung der Wandelanleihe zu unterscheiden ist die Zulassung des zur Absicherung der Wandlungsrechte geschaffenen bedingten Kapitals (§ 10 Rz. 30 ff.). Der Übernahmevertrag sieht i.d.R. auch eine Verpflichtung des Emittenten vor, dieses gemeinsam mit einer der Emissionsbanken zuzulassen. Die Zulassung an dem Markt, an dem die bereits bestehenden Aktien notiert sind (i.d.R. der regulierte Markt der FWB) kann i.d.R. prospektfrei erfolgen (§ 4 Abs. 7 WpPG)21.
28
g) Freistellung Im Zuge von Equity-linked-Emissionen abgeschlossene Übernahmeverträge enthalten i.d.R. eine Freistellungsverpflichtung des Emittenten gegenüber den Emissionsbanken. Diese bezieht sich auf alle Schäden der Emissionsbanken, ihrer verbundenen Unternehmen, Organmitglieder und Arbeitnehmer, die auf eine Vertragsverletzung des Emittenten zurückgehen, insbesondere im Falle einer Verletzung der Garantien und Verpflichtungen. Im Falle einer indirekten Emission triftt die Freistellungspflicht sowohl den Emittenten als auch den Garanten. Im Übernahmevertrag ist 18 Fondsgesellschaften etwa dürfen häufig aufgrund von Beschränkungen im Verhältnis zu den Anlegern, deren Anlage sie verwalten, nur in eine bestimmte Art Wertpapiere, z.B. ausschließlich in börsennotierte Anleihen, investieren. 19 S. auch Schlitt/Ponick in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rz. 39. 20 Schlitt/Ponick in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rz. 36. 21 Schlitt/Ponick in Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 4 Rz. 71.
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i.d.R. ausdrücklich bestimmt, dass eine Kenntnis von bestimmten Umständen die Freistellungspflicht nicht einschränkt (no release). 30
Wird im Zuge der Emission ein Prospekt veröffentlicht, erstreckt sich die Freistellungsverpflichtung, jedenfalls wenn die Emissionsbanken für diesen ebenfalls die Verantwortung übernehmen müssen (oben Rz. 27), auch auf Verluste und Schäden, die auf eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts zurückgehen, i.d.R. auch selbst dann, wenn diese nur behauptet (alleged breach) werden. Bedenken gegen die Wirksamkeit einer solchen Regel bestehen nicht. Insbesondere besteht – anders als bei Aktienemissionen (§ 23 Rz. 57 ff.) – kein Spannungsverhältnis mit § 57 AktG, da die Emissionsbanken keine vorübergehende Aktionärsstellung einnehmen. Ihre Grenze finden solche Freistellungsvereinbarungen jedoch dann, wenn es um vorsätzliche Verstöße der Emissionsbanken gegen ihre Sorgfaltspflichten geht22.
31
Eine spiegelbildliche Freistellung des Emittenten durch die Emissionsbanken findet sich demgegenüber nur in seltenen Fällen. h) Bedingungen und Rücktrittsrechte
32
Zur Reduzierung des Übernahmerisikos der Emissionsbanken wird der Übernahmevertrag unter bestimmte Bedingungen gestellt, so dass im Falle des Nichteintritts bestimmter Umstände die Erwerbs- und Zahlungspflicht der Banken von vorneherein nicht entsteht (aufschiebende Bedingungen) oder, sollten bestimmte Umstände eintreten, die Erwerbs- und Zahlungspflicht entfällt (auflösende Bedingung). Vertragstechnisch kann alternativ an den Eintritt bestimmter Umstände ein Rücktrittsrecht der Konsortialbanken geknüpft werden23. Der Übernahmevertrag bestimmt i.d.R., dass die Bedingungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses24 und des Closing vorliegen müssen25.
33
Als eine Bedingung wird regelmäßig vorgesehen, dass die Zusicherungen und Gewährleistungen des Emittenten zutreffend sind und der Emittent alle Verpflichtungen erfüllt hat, soweit sie bis zu diesem Zeitpunkt zu erfüllen sind. Das Entstehen der Pflichten der Banken wird ferner meistens davon abhängig gemacht, dass der Emittent mit der Bank, die die Zahlstellenfunktionen übernimmt, ein Agency Agreement (unten Rz. 48 ff.) abgeschlossen hat und Vorstand und Aufsichtsrat und – bei einer indirekten Emission (§ 10 Rz. 47 f.) – die Gremien der Finanztochter die erforderlichen Beschlüsse gefasst haben.
34
Werden – wie etwa beim Best-Efforts-Underwriting – die finalen Anleihebedingungen (Zinssatz, Wandlungspreis) noch nicht im Zeitpunkt des Abschlusses des Übernahmevertrages festgelegt, wird der Abschluss einer Preisfestsetzungsvereinbarung ebenfalls als Bedingung ausgestaltet. Kann eine Einigung über das finale Emissionsvolumen und die endgültigen Bedingungen nicht erzielt werden, besteht folglich keine Übernahmepflicht der Emissionsbanken. 22 Fleischer, ZIP 2007, 1969, 1973. 23 S. etwa Ekkenga/Maas, Das Recht der Wertpapieremissionen, 2006, Rz. 374; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, § 7 Rz. 7.78. 24 Streng genommen handelt es sich nicht um eine Bedingung, da die Parteien bei Nichtvorliegen einer Voraussetzung den Übernahmevertrag nicht abschließen würden. 25 Im Falle der Veröffentlichung eines Prospekts, für den die Emissionsbanken die Verantwortlichkeit übernehmen, werden die Bedingungen auch noch auf den Zeitpunkt von dessen Veröffentlichung bezogen.
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Übernahmevertrag bei aktienverwandten Emissionen
Zu den zu erfüllenden Bedingungen gehört u.a. die Vorlage von Legal Opinions des anwaltlichen Beraters und der Gesellschaft (zu Legal Opinions § 29). Die Emissionsbanken erwarten insbesondere, dass in den Legal Opinions Aussagen zur wirksamen Ausgabe der Anleihe und zur Wirksamkeit, Durchsetzbarkeit und Vollstreckbarkeit des Übernahmevertrages getroffen werden. Eine Abgabe von Disclosure Letters (dazu § 29) wird von den anwaltlichen Beratern typischerweise auch dann nicht erwartet, wenn im Anschluss ein Prospekt für die Zulassung veröffentlicht wird, da das Prospekthaftungsrisiko der Banken mangels ihrer Erwähnung im Prospekt allenfalls ein sehr eingeschränktes ist. Anders kann es sich verhalten, wenn die Emissionsbanken ausnahmsweise die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts übernehmen müssen, etwa weil die Wandelschuldverschreibungen im Zuge einer Bezugsrechtsemission öffentlich angeboten werden (oben Rz. 16). Verbreitet wird als Bedingung auch die Abgabe von so genannten Officers’ Certificates vorgesehen, in denen der Vorstand des Emittenten (bzw. bei indirekten Emissionen des Garanten) nochmals bestätigt, dass die Garantien und Gewährleistungen zutreffend sind.
35
Besteht keine Prospektverantwortlichkeit der Bank, weil es überhaupt keinen Prospekt für die Zulassung der Anleihe gibt oder weil dieser von der Gesellschaft im Nachgang zur Platzierung alleinverantwortlich erstellt wird, erübrigt sich an sich die Einholung eines Comfort Letter (dazu ausführlich § 28) als Verteidigungsinstrument gegen potentielle Prospekthaftungsansprüche. Anders ist es, wenn Wandelschuldverschreibungen ausnahmweise im Zuge einer Bezugsrechtsemission platziert werden und die Banken die Prospekthaftung übernehmen. Einzelne Banken fordern die Abgabe von Comfort Letters aus „Policy“-Gründen auch dann, wenn die Anleihen lediglich privat platziert werden.
36
Als aufschiebende Bedingung wird typischerweise auch vorgesehen, dass beim Emittenten bzw. Garanten keine wesentliche nachteilige Änderung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage (material adverse change) eingetreten ist. Beispiel für einen solchen „MAC“ kann sein, dass sich wesentliche Bilanzkennziffern geändert haben, so dass es zu einer Herabstufung des Rating des Emittenten bzw. Garanten gekommen ist. Die Verpflichtung der Banken kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn es zu einer Handelsunterbrechung an einer relevanten Börse (New York, London, Frankfurt), einem Bankenmoratorium, erheblichen negativen Veränderung in den nationalen oder internationalen wirtschaftlichen, politischen, industriellen, rechtlichen oder finanziellen Rahmenbedingungen oder zu einem Ausbruch oder Eskalation von Feindseligkeiten oder terroristischen Aktivitäten (force majeure) gekommen ist.
37
Die Emissionsbanken drängen darauf, dass die Entscheidung, ob die erforderlichen Bedingungen eingetreten sind, in ihrem alleinigen Ermessen steht. Zuweilen bestehen Emittenten darauf, dass sie vorher zu konsultieren sind (after consultation), jedenfalls sofern dies möglich und sachgerecht ist (if appropriate). Der Übernahmevertrag sieht i.d.R. klarstellend vor, dass die Emissionsbanken auf den Eintritt jeder Bedingung verzichten können.
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i) Sonstige Bestimmungen Der Übernahmevertrag enthält die üblichen Abschlussbestimmungen (Schriftformklausel, salvatorische Klausel, etc.). Da die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen sehr stark von zwingendem Aktienrecht (§§ 221, 186 AktG) determiniert ist, sieht der Übernahmevertrag i.d.R. die Geltung deutschen Rechts vor. Gegen eine solSchlitt/Schäfer
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che Rechtswahl bestehen auch dann keine Bedenken, wenn die Anleihe nicht direkt, sondern über eine Finanztochter emittiert wird. Als (nicht ausschließlicher) Gerichtsstand wird häufig Frankfurt am Main festgelegt, selbst wenn der Emittent seinen Sitz an einem anderen Ort hat.
2. Besonderheiten bei einer indirekten Emission 40
Wandel- und Optionsanleihen werden aus steuerlichen Gründen häufig nicht unmittelbar von einer deutschen Aktiengesellschaft ausgegeben, sondern über eine meist erst zu diesem Zweck gegründete Tochtergesellschaft, die ihren Sitz in einem aus steuerlicher Sicht günstigeren Staat wie den Niederlanden oder Luxemburg hat, emittiert (eingehend § 10 Rz. 47 f.). Die Finanztochter ist dann als Emittent und die deutsche Muttergesellschaft als Garant am Übernahmevertrag mit der Emissionsbank beteiligt. Neben dem Übernahmevertrag ist bei einer indirekten Wandelschuldverschreibungsemission der Abschluss weiterer Vereinbarungen erforderlich, die ein sofortiges Ausscheiden der Tochtergesellschaft aus dem Geschehensablauf nach Ausgabe der Anleihe sichern sollen, um in den Anwendungsbereich des § 221 AktG zu fallen (§ 10 Rz. 47). Bei diesen Dokumenten, deren Abschluss häufig eine im Übernahmevertrag vereinbarte Bedingung für die Überweisung des Emissionserlöses durch die Emissionsbank ist, handelt es sich um eine Garantie der Muttergesellschaft zugunsten der Anleihegläubiger (guarantee), eine Verpflichtungserkläung der Muttergesellschaft zur Gewährung der Aktien an die Anleihegläubiger im Falle der Wandlung (undertaking), einen Darlehensvertrag der Tochtergesellschaft mit der Muttergesellschaft sowie einen Abtretungsvertrag der Tochtergesellschaft gegenüber den Anleihegläubigern (assignment agreement). Da die Anleihegläubiger noch nicht feststehen, werden die in der Garantie, der Verpflichtungserklärung und dem Abtretungsvertrag ihnen gegenüber abzugebenden Willenserklärungen einer Bank26 gegenüber erklärt, die aufgrund einer in den Emissionsbedingungen enthaltenen Ermächtigung insoweit für Rechnung der Anleihegläubiger handelt.
III. Umtauschanleihen 1. Übernahmepflicht 41
Typischerweise enthält auch bei Umtauschanleiheemissionen der Übernahmevertrag Bestimmungen über die Risikoverteilung zwischen dem die Anleihe begebenden Aktionär (nachfolgend: Emittent) und Emissionsbank, nämlich ob die Bank verpflichtet ist, lediglich bestmögliche Platzierungsbemühungen zu entfalten (beim Best-Efforts-Underwriting), die Anleihen zu einem Mindestpreis zu übernehmen (back-stop) oder sie zu einem festen Preis zu erwerben (bought deal). Darüber hinaus finden sich Bestimmungen über die Zahlung des Gesamtausgabebetrags bzw. des Platzierungserlöses an den Emittenten, Regelungen über die Provision für die Emissionsbank, ggf. die Kostenübernahme durch den Emittenten, über die Kündigung des Vertrages, insbesondere für Fälle einer nachteiligen wirtschaftlichen Veränderung 26 Dabei handelt es sich i.d.R. um die Bank, die während der Laufzeit der Anleihe auch die Funktion der Umtauschstelle erfüllt. Diese kann, muss aber nicht identisch mit der Emissionsbank sein.
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beim Anleiheemittenten (material adverse change) und höherer Gewalt (force majeure), sowie Garantien, weitere Verpflichtungen des Emittenten und damit verbunden eine Haftungsfreistellung27.
2. Garantien und Gewährleistungen Da sich bei einer Umtauschanleihe die Kenntnisse des Emittenten über die die Aktien emittierende Gesellschaft (nachfolgend: Zielgesellschaft) häufig auf die öffentlich verfügbaren Informationen beschränken, ähneln die von ihm abzugebenden Garantien und Verpflichtungen denen beim Block Trade (dazu auch oben § 6 Rz. 25 ff.)28. Der Garantiekatalog des Emittenten beinhaltet i.d.R. Zusagen bezüglich der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, seiner Bereitschaft und Fähigkeit zur Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen, der Unbelastetheit der Anleihen sowie der zu liefernden Aktien mit Rechten Dritter, der Gleichrangigkeit der Anleihen mit anderen von ihm begebenen Schuldverschreibungen sowie untereinander, der Börsennotierung der zu liefernden Aktien, die Zusicherung, dass der Emittent über keine Insiderkenntnisse bezüglich der Zielgesellschaft verfügt, sowie einer Zusicherung über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Befreiung vom Registrierungserfordernis bei der US-amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde (SEC) nach Regulation S. Da der Emittent keinen Einblick und keine Einflussmöglichkeiten auf die Zielgesellschaft hat, beziehen sich nur wenige Zusicherungen auf die Zielgesellschaft. Diese werden häufig nach bestem Wissen (best knowledge) abgegeben.
42
3. Verpflichtungen des Emittenten Zusätzlich zu den Garantien übernimmt der Emittent regelmäßig eine Reihe weiterer Verpflichtungen (undertakings). Hierzu gehört typischerweise die Pflicht, alle gesetzlich geforderten Mitteilungen und Veröffentlichungen vorzunehmen und keine kursstabilisierenden Maßnahmen zu ergreifen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann auch eine Sicherheitenbestellung zugunsten der Anleihegläubiger hinzutreten.
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Ergänzend wird eine Freistellung der Emissionsbank durch den Emittenten (indemnity) vereinbart, falls dieser die Garantien oder sonstige übernommene Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß erfüllt. Im Falle der Veröffentlichung eines Prospekts erstreckt sich diese Freistellungsverpflichtung des Emittenten auch auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Prospekt, jedenfalls wenn der Emissionsbank auch die Prospektverantwortlichkeit obliegt.
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Im Zuge der Platzierung kann zur Preisstabilisierung eine Mehrzuteilung durch die begleitende Bank vorgenommen und gegebenenfalls hierzu eine Greenshoe-Option vereinbart werden (s. auch § 9 Rz. 21)29. Um den Aktienkurs nach der Emission mög-
45
27 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.191. 28 Zur vergleichbaren Situation beim Block Trade Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 349. 29 Die Zulässigkeit solcher Stabilisierungsmaßnahmen bestimmt sich im Falle eines öffentlichen bzw. öffentlich angekündigten Angebots nach der MaKonV bzw. der AusnahmeVO zur Marktmissbrauchsrichtlinie VO (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission v. 22.12.2003. Inwiefern bei reinen Privatplatzierungen Stabilisierungsmaßnahmen möglich sind, ist anhand von § 20a WpHG zu beurteilen; vgl. Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 356 ff.
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lichst stabil zu halten, wird häufig eine Lock-up-Periode30 vereinbart, während der der Emittent keine Aktien der Zielgesellschaft anbieten oder verkaufen oder weitere Umtauschanleihen in Aktien der Zielgesellschaft platzieren darf.
4. Erklärungen der Bank 46
Die Garantien und weiteren Verpflichtungen der Emissionsbank beschränken sich üblicherweise auf die Einhaltung von Verkaufsbeschränkungen, die insbesondere die Einhaltung der Regulation sicherstellen (selling restrictions).
5. Bedingungen und Rücktrittsrechte 47
Die Pflichten der Emissionsbank nach dem Vertrag stehen dabei i.d.R. unter der aufschiebenden Bedingung, dass bestimmte Dokumente, etwa Legal Opinions der anwaltlichen Berater des Emittenten sowie ein Officers’ Certificate des Emittenten zum Zahlungstag ausgestellt werden. Wie bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen können diese Umstände rechtstechnisch auch als Rücktrittsgründe ausgestaltet werden.
IV. Vertrag mit Zahl- und Wandlungs-/Umtauschstelle 48
Vervollständigt wird die Dokumentation bei Equity-linked-Transaktionen durch ein sog. Agency Agreement, das die Vereinbarungen des Emittenten mit einer oder mehreren Zahl- und Wandlungs- bzw. Umtauschstellen enthält, die die Zahlung von Zinsen und die Rückzahlung der Anleihe bzw. die Wandlung/den Umtausch abwickeln. Im Falle einer Zulassung der Anleihe an einem organisierten Markt ist der Emittent, für den Deutschland der Herkunftsstaat ist, zur Benennung mindestens einer Zahlstelle nach § 30a Abs. 1 Nr. 4 WpHG verpflichtet, bei der für die gesamte Dauer der Zulassung der Anleihen alle erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich der Anleihen, im Falle ihrer Vorlegung kostenfrei, bewirkt werden können. Insbesondere bei internationalen Platzierungen werden i.d.R. mehrere Zahl- und Wandlungs- bzw. Umtauschstellen benannt, von denen eine mit der zentralen Abwicklung und Verwaltung betraut wird (Hauptzahl- und –wandlungs-/umtauschstelle).
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Neben der Erteilung des Auftrags an den „Agent“ enthält das Agency Agreement typischerweise Bestimmungen zur Ausgabe, Form und Verbriefung der Anleihe (s. dazu auch unten Rz. 50 f.) und den Zahlungsbedingungen und -modalitäten hinsichtlich Zinszahlungen und der Rückzahlung der Anleihe. Weiterer Regelungsgegenstand sind die detaillierten Abläufe und Modalitäten im Falle einer Wandlungsoder Umtauscherklärung eines Anleihegläubigers. Nach den vertraglichen Regelungen ist die Zahl- und Wandlungs- bzw. Umtauschstelle verpflichtet, die Übereinstimmung der Ausübung des Wandlungs- oder Umtauschrechts mit den Vorgaben der Anleihebedingungen zu prüfen und gegebenenfalls Berechnungen zu der Anzahl der zu liefernden Aktien vorzunehmen. Auch im Hinblick auf Zinszahlungen besteht eine Berechnungspflicht der Zahlstelle. Sollten hierbei Unklarheiten auftau30 Typischerweise beträgt die Dauer einer solchen Lock-up-Periode bei einer Umtauschanleihe zwischen drei und sechs Monaten.
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chen, ist die Zahl- und Wandlungs- bzw. Umtauschstelle i.d.R. berechtigt, in Abstimmung mit dem Emittenten der Anleihe einen Anwalt oder anderen Sachverständigen hinzuzuziehen. Ebenfalls geregelt wird im Agency Agreement das Vorgehen bei einem Wechsel der Zahl- und Wandlungs- bzw. Umtauschstelle, der bei der regelmäßig mehrjährigen Laufzeit der Anleihe nicht ausgeschlossen werden kann.
V. Book-Entry Registration Agreement Solche Equity-Linked-Investoren, die einer Steuerpflicht in den USA unterliegen, sind dort in bestimmten Fällen nachteiligen Steuerkonsequenzen ausgesetzt, wenn die Anleihen von den dortigen Steuerbehörden als Inhaberpapiere eingestuft werden. Da die Ausgabe von auf den Namen lautenden Anleihen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG als Einlagengeschäft ein Bankgeschäft darstellen würde, werden Anleihen in Deutschland, sofern es sich beim Emittenten nicht um eine Bank handelt, als Inhaberpapiere ausgegeben. Um sicherzustellen, dass dennoch keine Steuernachteile entstehen, enthält der Übernahmevertrag häufig Gewährleistungen des Emittenten (so genannte TEFRA provisions), die zur Folge haben, dass die Wandelschuldverschreibung oder Umtauschanleihe zunächst in einer vorläufigen Globalurkunde verbrieft wird, eine Wandlung oder ein Umtausch innerhalb von 40 Tagen nach Begebung ausgeschlossen ist und die vorläufige Globalurkunde nach 40 Tagen gegen eine permanente Globalurkunde ausgetauscht wird. Die Wandlungs- oder Umtauschstelle verpflichtet sich im „Agency Agreement“ (s. oben Rz. 48 f.) gegenüber dem Emittenten, sicherzustellen, dass etwaige Zinszahlungen oder sonstige Zahlungen während der 40-Tage-Frist nur vorgenommen werden, wenn das Nichtbestehen US-amerikanischen wirtschaftlichen Eigentums daran (certification of non-U.S. beneficial ownership) nachgewiesen wird. Diese Nachweise werden von der ClearingStelle erstellt. Auch der Austausch der vorläufigen Globalurkunde durch die endgültige Globalurkunde ist an die Voraussetzung gekoppelt, dass ein solcher Nachweis hinsichtlich sämtlicher Anleihegläubiger vorgelegt wird.
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Alternativ zu einem Austausch von vorläufiger und endgültiger Globalurkunde hat sich in Deutschland insbesondere bei Wandelschuldverschreibungen die Praxis durchgesetzt, dass der Emittent mit der deutschen Clearing-Stelle (Clearstream Banking AG) ein standardisiertes Book-Entry Registration Agreement abschließt. In diesem verpflichtet sich die Clearing-Stelle, ein Namensregister aller Anleihegläubiger zu führen und Übertragungen unmittelbar darin festzuhalten. Spiegelbildlich sehen die Anleihebedingungen in diesem Fall vor, dass eine Übertragung der Anleihe nur im Falle der Umtragung in diesem Register wirksam sein soll. Diese schuldrechtliche Vereinbarung bewirkt, dass die als Inhaberpapiere ausgegebenen Anleihen für Zwecke des U.S.-amerikanischen Steuerrechts grundsätzlich als Namenspapiere gelten und die nachteiligen Steuerfolgen damit vermieden werden können.
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Schlitt/Schäfer
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§ 25 Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen Hans Diekmann I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Platzierungsarten . . . . . . . . . . . 1. Firm Commitment, Underwriting, kommissionsweise Übernahme . . 2. Öffentliche Platzierung – private Platzierung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tender- und Bookbuilding-System, öffentliche Zuteilung (Subskription), Freihändiger Verkauf . . . . . . 4. Daueremission, Emissionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur des Übernahmevertrages . . . . . . . . . . . . . . . .
3
III. Wesentliche Verpflichtungen der Vertragsparteien 1. Wesentliche vertragliche Verpflichtungen des Bankenkonsortiums a) Pflicht zur Übernahme der Emission . . . . . . . . . . . . . . b) Pflicht zur Unterbringung der Emission . . . . . . . . . . . . . . c) Zahlung des Emissionserlöses . d) Beratungspflicht . . . . . . . . . . e) Sonstige Pflichten . . . . . . . . . 2. Wesentliche vertragliche Verpflichtungen der Emittenten . . . . 3. Drittwirkende Verpflichtungen aus dem Übernahmevertrag . . . . . 4. Vorvertragliche Regelungen (Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) . . . . . . .
IV. Begebung der Anleihe 1. Begebungsvertrag und Übergabe . .
57
2. Verbriefung und Verwaltung . . . .
60
V. Representations and Warranties . .
63
8
1. Darstellung der wesentlichen Representations and Warranties . .
64
11
2. Rechtsnatur der Representations and Warranties nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
4
21
VI. Haftungsfreistellung 1. Freistellung der Konsortialbanken von der Prospekthaftung und sonstigen Ansprüchen durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Freistellung des Emittenten durch die Konsortialbanken . . . . . . . .
74
VII. Bedingungen und Rücktrittsrechte
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1. Bedingungen . . . . . . . . . . . . . .
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32 2. Rücktrittsrechte . . . . . . . . . . . 36 37 VIII. Sonstige Regelungen 38 1. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . .
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2. Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . .
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22
27
45 49
IX. Weitere Dokumente im Zusammenhang mit der Begebung von Anleihen 1. Zahlstellenvertrag . . . . . . . . . .
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89
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2. Weitere Dokumente . . . . . . . . . 100
Schrifttum: Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 22. Aufl. 2000; Brox/ Henssler, Handelsrecht, 19. Aufl. 2007; Busch, Aktien- und börsenrechtliche Aspekte von Force Majeure-Klauseln in Aktienübernahmeverträgen, WM 2001, 1277; Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981; Groß, Bookbuilding, ZHR 162 (1998), 318; Hein, Rechtliche Fragen des Bookbuildings nach deutschem Recht, WM 1996, 1; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen – Recht der Praxis in der EG, in Deutschland und der Schweiz, 1991; Hopt, Emissionsgeschäft und Emissionskonsortien, FS Kellermann, 1991, S. 182; Reimnitz, Das Primärgeschäft im Emissionsbereich, in Büschgen/Richolt (Hrsg.), Handbuch des internationalen Bankgeschäfts, 1989, S. 240; Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10, Einführungsgesetz, 12. Aufl. 1996; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 779–811, Neubearbeitung 2002; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, EGBGB/IPR, Art. 27–37, 13. Bearbeitung 2002.
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Diekmann
§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
I. Einleitung Bei der Ausgabe und Platzierung von Anleihen bedienen sich Emittenten in der Regel der Mitwirkung von Kreditinstituten. Diese wirken bei der Begebung der Wertpapiere mit und platzieren die Anleihen sodann bei Investoren. Bei größeren Emissionen tritt dabei nicht nur ein einzelnes Kreditinstitut, sondern ein Bankenkonsortium unter Führung eines Konsortialführers auf (s. dazu § 26).
1
Die Tätigkeit des Bankenkonsortiums und insbesondere seine Rechte und Pflichten sowie die Rechte und Pflichten des Emittenten gegenüber dem Bankenkonsortium werden oftmals in einem so genannten Übernahmevertrag geregelt. Im Folgenden sollen die verschiedenen Typen eines solchen Vertrages und ihre Inhalte näher dargestellt werden; dabei wird angenommen, dass der Vertrag unter deutschem Recht abgeschlossen wird.
2
II. Platzierungsarten Wesentlicher Bestandteil des Übernahmevertrags ist die Vereinbarung über die Art der Platzierung.
3
1. Firm Commitment, Underwriting, kommisionsweise Übernahme Grundsätzlich sind folgende Verpflichtungen hinsichtlich der Platzierung zu unterscheiden: das so genannte Firm Commitment Underwriting (auch feste Übernahme), das Underwriting des ggf. nur teilweise platzierten Teils der Anleihe sowie die kommissionsweise Übernahme der Anleihe1. Teilweise wird statt von einem Firm Commitment auch von einem Hard Underwriting und statt von einem Underwriting (des ggf. nur teilweise platzierten Teils der Anleihe) auch von einem Soft Underwriting gesprochen.
4
Bei einem Firm Commitment tragen die Banken das gesamte Platzierungsrisiko2. Dieses Risiko kann jedoch dadurch minimiert werden, dass die Banken aufgrund ihrer Erfahrung und genauer Kenntnis der jeweiligen Verfassung des Kapitalmarkts den Emissionserfolg bereits im Voraus beurteilen. Darüber hinaus enthalten die Übernahmeverträge typischerweise verschiedene von den Platzierungsbemühungen abhängige Rücktrittsmöglichkeiten oder aufschiebende Bedingungen, wonach sich die Banken im Falle des Nichteintritts einer Bedingung von dem Vertrag lösen können.
5
Beim Underwriting oder auch so genannten Soft Underwriting wird das Platzierungsrisiko von den Banken nicht übernommen. Hierbei verpflichten sich die Banken vielmehr, die Anleihe nur in dem (ggf. nur teilweise) vorher fest platzierten Umfang zu übernehmen. Dies kann dazu führen, dass eine Anleihe über bis zu 1 Mrd. Euro angekündigt wird, letztlich aber (nach nicht so erfolgreichen Platzie-
6
1 Vgl. Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 298; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.26; Hartwig-Jakob, Internationale Anleiheemissionen, S. 68. 2 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.26; auch Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 101; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 68.
Diekmann
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§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
rungsbemühungen) nur in Höhe von z.B. 750 Mio. Euro begeben und platziert wird. In diesem Zusammenhang wird auch von einem Begebungs-Konsortium oder Best Effort Underwriting gesprochen. Dieser Vertragstyp wird international insbesondere verwendet bei so genannten Start-Up sowie Distressed Unternehmen. Als weitere Ausgestaltung des Soft Underwriting gibt es das so genannte Part or Non oder On All or Nothing. Dies bedeutet, dass im Falle des Nichtverkaufs einer festgelegten Zahl der Wertpapiere sowie einer Nichterhaltung der Geldleistung sämtlicher Investoren zum Zeitpunkt der Fälligkeit die gesamte Emission nicht durchgeführt wird. Im Übrigen sind Platzierungen nach dem Best-Effort-Verfahren aufgrund des verschärften Wettbewerbs auf den internationalen Kapitalmärkten heute jedoch wohl kaum noch durchsetzbar3. 7
Schließlich ist noch die kommissionsweise Übernahme zu nennen. Die Banken übernehmen hierbei die Wertpapiere als Kommissionäre (§§ 383 ff. HGB).
2. Öffentliche Platzierung – private Platzierung 8
Im Rahmen der Platzierungsmethode ist weiter zwischen öffentlicher Platzierung (public placement) und privater Platzierung (private placement) zu unterscheiden.
9
Unter einer öffentlichen Platzierung wird verstanden, dass sich der Veräußerer an eine unbestimmte Vielzahl von potentiellen Abnehmern wendet4. In der Regel löst dies eine Prospektpflicht aus, d.h. der Emittent hat – selbst bei nicht gewünschter Börsennotierung der Anleihe – einen Prospekt für die Platzierung zu fertigen und ihn – nach deutschem Recht bei öffentlicher Platzierung in Deutschland – der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Billigung vorzulegen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 WpPG). Allerdings stehen die Ausnahmen nach dem Wertpapierprospektgesetz zur Verfügung, wonach ein Prospekt nicht zu erstellen ist, wenn die Anleihe in Stückelungen von mindestens 50 000 Euro ausgegeben wird (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 4 WpPG) oder jeder Anleger Wertpapiere ab einem Mindestbetrag von 50 000 Euro erwerben kann (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 WpPG).
10
Bei einer Privatplatzierung werden die Wertpapiere nur an einen begrenzten, individuell bestimmten Personenkreis, zumeist institutionelle Großanleger, veräußert5. In der Regel begründen solche Angebote keine gesetzlichen Prospekt-, Registrierungs- oder ähnliche Publizitätspflichten, weil sie nur einem eng begrenzten Personenkreis angeboten werden6. Dies ist der Fall bei einem Angebot nur an qualifizierte Anleger (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Nr. 6 WpPG) sowie bei einem Angebot an weniger als 100 nicht qualifizierte Anleger in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG). Dabei ist aber nicht auszuschließen, dass zunächst im Rahmen einer Privatplatzierung verkaufte Anleihen zu einem späteren Zeitpunkt zum Handel an einer Börse zugelassen werden, nachdem eine Börsenzulassung unter Einreichung eines entsprechenden Prospekts erteilt worden ist.
3 So auch Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 24. 4 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/82; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 300; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182, 186. 5 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/87; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182, 187. 6 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/87.
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Diekmann
§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
3. Tender- und Bookbuilding-System, öffentliche Zuteilung (Subskription), Freihändiger Verkauf Unabhängig von der gewählten Platzierungsart hängt der Erfolg einer Emission entscheidend von einem angemessenen Preis für das angebotene Wertpapier ab. Dabei sind die widerstrebenden Interessen des Emittenten und der Anleger gleichermaßen zu berücksichtigen und es ist eine faire Verteilung des Emissionsrisikos zu gewährleisten7. Die Preisfestlegung, das Pricing, erstreckt sich auf die Festlegung des Zinskupons und des Ausgabekurses für das neu zu emittierende Papier. Dabei kann auf eine Referenzanleihe zurückgegriffen werden, die mit der geplanten Emission weitgehend identisch ist. Auch können Primär- und Sekundärmarktrenditen ähnlicher Anleihen herangezogen werden, die dann für die zu platzierende Anleihe an das besondere Rating und Kreditstanding sowie den Bekanntheitsgrad des Emittenten angepasst werden8.
11
Weiter ist zu unterscheiden zwischen einem Open Pricing und einem Fixed Pricing. Bei einem Open Pricing wird zu Beginn des Angebots nur ein vorläufiger Preis festgelegt. Bei einem Fixed Pricing wird der Preis bereits zu Beginn des Angebots fixiert. Im Gegensatz zum Aktienmarkt dominiert im Anleihemarkt nach wie vor das Fixed Pricing, das Festpreisverfahren9. Nur gelegentlich wird bei Anleiheemissionen das im Aktienmarkt inzwischen übliche Bookbuilding-Verfahren, eine Variante des Open Pricing, verwandt10. Beim Bookbuilding-Verfahren11 wird eine Preisspanne vorgegeben. Auf dieser Basis werden die potentiellen Investoren angesprochen. Diese geben sodann aufgrund der ihnen übermittelten Informationen ihre Preisvorstellung ab, die eine Grundlage für die Ermittlung der Preisspanne bilden. Innerhalb dieser Preisspanne und innerhalb eines festgelegten Zeitraums, so genannte Zeichnungsphase oder auch Bookbuilding-Phase, nimmt der Konsortialführer Angebote zum Kauf der Wertpapiere entgegen. Ein Bookbuilding-Verfahren ist auch ohne Preisspanne möglich. Diese Verfahrensart wird als Accelerated Bookbuilding bezeichnet12. Dabei werden zeitnah zur Emission die Wertpapiere ohne begleitendes Informationsmaterial den institutionellen Investoren angeboten und an diese anschließend veräußert.
12
Nach Ablauf der Bookbuilding-Phase werden die Angebote in einem Buch (book) aufbereitet. Dabei werden institutionelle Anleger in der Regel offen gelegt, Privatanleger bleiben dagegen pauschal und anonym. Anschließend trifft der Konsortialführer in der Regel gemeinsam mit dem Emittenten anhand der aus dem Bookbuilding-Vorgang gewonnenen Erkenntnisse die Entscheidung über den Preis und ggf. auch über die Zuteilung der Wertpapiere13.
13
7 S. zur Problematik der Preisfindung auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.253; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 71 ff.; Reimnitz in Büschgen/Richolt, S. 240, 260 f. 8 Reimnitz in Büschgen/Richolt, S. 240, 261. 9 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/92; s. dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.254 ff.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 71 ff. 10 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/92. 11 S. dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.258 ff.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/86 und 10/262a ff.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 74. 12 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/263b. 13 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/86 und Rz. 10/263a; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 328; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.259.
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§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
14
Auf die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots während der Bookbuilding-Phase durch die Konsortialbanken (invitatio ad offerendum) wird durch die Investoren innerhalb der vorgegebenen Preisspanne ein Angebot abgegeben. Dies ist grundsätzlich verbindlich.
15
Die Angebote von Investoren im Rahmen des Bookbuilding sind zwar bindend, können jedoch bis zur Annahme durch die jeweilige Bank widerrufen und auch abgeändert werden14. Dies entspricht der Interessenlage beider Parteien15. Die Abänderbarkeit bzw. Widerruflichkeit des Angebots folgt aus der Auslegung des Angebots des Investors. Es handelt sich dabei um ein Kapitalmarktgeschäft, das grundsätzlich zeitnah zum Erwerb vereinbart und unmittelbar danach abgeschlossen wird. Dies bedingt die Schnelligkeit des Kapitalmarkts. Dementsprechend muss dem Investor ein Widerrufsrecht gewährt werden, sofern das Geschäft erst zu einem späteren Zeitpunkt – nach Preisfestlegung und Zuteilung – abgeschlossen wird. Im Übrigen entspricht dies auch der Wertung des Gesetzes, das im Falle eines Nachtrags zum Prospekt einen Widerruf ausdrücklich grundsätzlich innerhalb von zwei Werktagen nach Veröffentlichung des Nachtrags zulässt (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG).
16
Das Angebot des Investors wird durch Zuteilung an den Investor angenommen, so dass mit Zuteilung der Kaufvertrag zwischen Investor und Emissionsbank über die Wertpapiere zustande kommt.
17
Sofern Bookbuilding-Phase und/oder Preisspanne nach Abgabe von Angeboten durch Investoren geändert werden, deckt – mit Ausnahme eines entsprechenden Vorbehalts bei der Aufforderung zur Zeichnung – das Angebot des Investors nicht mehr eine nach Änderung der Bookbuilding-Phase und/oder Preisspanne etwaig vorgenommene Annahme, so dass ein Vertrag nicht zustande kommt16. Deshalb muss – sofern das Angebot des Investors berücksichtigt werden soll – dem Investor nach entsprechender Änderung die Gelegenheit gegeben werden, sein Angebot zu aktualisieren. Dem wird im Rahmen eines öffentlichen Angebots Rechnung getragen, indem der Investor nach Veröffentlichung eines Nachtrags zum Prospekt grundsätzlich innerhalb von zwei Werktagen sein Angebot widerrufen kann (§ 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG). Wer sich an einer Platzierung beteiligt, die an eine unbestimmte Anzahl der potenziellen Investoren gerichtet ist, muss auch damit rechnen, dass die Bedingungen der invitatio ad offerendum in der gleichen Weise geändert werden können, wie sie ursprünglich gestellt und veröffentlicht worden sind.
18
Bei der öffentlichen Zeichnung (Subskription) werden Anleger von den Konsortialbanken aufgefordert, für Wertpapiere, die Gegenstand einer bestimmten Emission sind, zu einem vorgegebenen Preis (und nicht wie beim Bookbuilding innerhalb einer Preisspanne sowie innerhalb einer bestimmten Frist) Erwerbsangebote abzugeben, d.h. die Wertpapiere zu zeichnen. Erst nach Vorliegen des gesamten Zeichnungsergebnisses wird eine grundsätzlich gleichmäßige Zuteilung an die Anleger vorgenommen17. Die Zuteilungskriterien können im Vorhinein veröffentlicht und mehr oder weniger fixiert sein. Die Zeichnung als solche begründet noch keinen An14 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/266; Hein, WM 1996, 1, 4; Groß, ZHR 162 (1998), 318, 329. 15 Vgl. dazu Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/266. 16 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/269a ff.; Hein, WM 1996, 1, 5; Groß, ZHR 162 (1998), 318, 331. 17 Reimnitz in Büschgen/Richolt, S. 240, 259.
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Diekmann
§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
spruch auf Zuteilung. Die Banken haben also einen Ermessensspielraum, wem sie die Wertpapiere zuteilen, es sei denn, sie haben sich vorab verpflichtet, die veröffentlichten Zuteilungskriterien einzuhalten18. Mit der Zuteilung kommt der Erwerbsvertrag zustande19. Beim Tendersystem wird ein fester Kurs nicht vorgegeben. Der Zeichner wird vielmehr gebeten, ggf. unter Berücksichtigung eines festgelegten Mindestkurses, einen Angebotskurs anzugeben. Die Zuteilung erfolgt sodann an die Anbieter, die einen im Nachhinein bestimmten Kurs geboten oder überboten haben, zu dem von ihnen gebotenen oder einheitlich zu dem nachträglich bestimmten Kurs20. Mit der Zuteilung kommt der Erwerbsvertrag zustande.
19
Beim freihändigen Verkauf verkaufen die Konsorten die ihnen zugeteilten Wertpapiere nach eigenem Ermessen, d.h. sie bestimmen, in welcher Höhe und wer Wertpapiere erwerben kann21. Den Anlegern kann sofort eine Abrechnung erteilt werden; der Kaufvertrag kommt mit Zeichnung durch den Investor (und nicht erst mit Zuteilung) zustande. Anders als bei Bookbuilding, Subskription und Tenderverfahren ist das Abwarten des gesamten Zeichnungsergebnisses hier nicht erforderlich.
20
4. Daueremission, Emissionsprogramme Bei einer Daueremission werden Wertpapiere von einem Emittenten laufend begeben. Es erfolgt keine Übernahme zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Preis ändert sich dabei entsprechend den Marktverhältnissen22. Emissionsprogramme sind Rahmenvereinbarungen für künftige Privatplatzierungen oder auch öffentliche Angebote23, wobei der Emittent im Rahmen von öffentlichen Angeboten sich eines Basisprospekts bedienen kann, der alle Angaben über den Emittenten und die Wertpapiere enthält, nicht jedoch die endgültigen Bedingungen des Angebots (vgl. § 6 Abs. 1 WpPG).
21
5. Rechtsnatur des Übernahmevertrages Die Rechtsnatur des Vertrages zwischen dem Emittenten und der Emissionsbank bzw. dem Emissionskonsortium ist entsprechend den Erscheinungsformen der Emission unterschiedlich zu beurteilen. Bei kommissionsweiser Platzierung liegt regelmäßig ein Kommissionsvertrag i.S.d. §§ 383 ff. HGB vor24.
22
Im Fall einer Übernahme der Anleihen durch die Emissionsbank wird vertreten, es handele sich um einen Kaufvertrag oder kaufähnlichen Vertrag25, einen Darlehens-
23
18 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/84. 19 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/84. 20 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/85; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 321; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 29 f.; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182, 186 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.35. 21 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Bd. 5, Rz. 10/83; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 321; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.34. 22 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/89. 23 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/91. 24 Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182, 190; Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2243. 25 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/68; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 38; Hopt in FS Kellermann, 1991, S. 182, 190; a.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2243.
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§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
vertrag26 oder einen Vertrag eigener Art mit kaufrechtlichen sowie Darlehens- und Geschäftsbesorgungselementen27. 23a
Beim Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten (vgl. § 488 Abs. 1 BGB). Insofern könnte der Übernehmer zunächst ein Darlehen gewähren, das der Emittent sodann durch Übereignung der Schuldverschreibungen an Erfüllungs statt (§ 364 BGB) zurückzahlt. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Emittent sein Geld nach dem Übernahmevertrag in der Regel erst gegen Aushändigung der Wertpapiere (und nicht schon vorher) erhält28. Die Wertpapiere werden in der Regel unmittelbar nach ihrer Begebung Zug-um-Zug gegen Zahlung des vereinbarten Ausgabepreises (ggf. abzüglich Provision sowie Kosten) übernommen. Eine Kreditierung, wie sie ein Darlehensverhältnis vorsieht, liegt daher nicht vor. Die Emissionsbanken gewähren bei der Festübernahme dem Emittenten daher kein Darlehen. Ein Darlehensverhältnis, das die Kreditierung mit der anschließenden Rückzahlung zum Gegenstand hat, ist nicht gegeben.
24
Im Rahmen eines Kaufvertrags verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer eine Sache zu übergeben und ihm Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Käufer ist seinerseits verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB). Sofern die Anleihe begeben ist, verpflichtet sich der Emittent, die Anleihe dem Übernehmer zu verschaffen; der Übernehmer verpflichtet sich, dem Emittent den dafür vereinbarten Preis zu zahlen. Insofern könnte der Übernahmevertrag einen Kaufvertrag darstellen.
25
Bestandteil des Übernahmevertrags ist die Verpflichtung des Bankenkonsortiums, die Anleihe zu platzieren. Auch ist in der Regel Bestandteil des Übernahmevertrags die Begebung der Anleihe unter Mitwirkung des Konsortialführers oder des Bankenkonsortiums. Gerade dies zeichnet den Übernahmevertrag als ein einheitliches, auf Übernahme und Platzierung der Wertpapiere im Finanzierungsinteresse des Emittenten gerichtetes Schuldverhältnis aus29. Der Übernahmevertrag zielt in erster Linie auf die Schaffung und Platzierung der Anleihe. Er ist deshalb auch nicht als Kaufvertrag mit Geschäftsbesorgungselementen zu kennzeichnen30, sondern als Vertrag eigener Art, der sowohl kaufrechtliche als auch Geschäftsbesorgungselemente enthält.
26
Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass es sich bei kommissionsweiser Übernahme um einen Kommissionsvertrag handelt. Ansonsten stellt die Übernahme der Anleihe einen Vertrag eigener Art dar, der sowohl kaufrechtliche als auch Elemente der Geschäftsbesorgung aufweist.
26 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2243. 27 Ulmer in MünchKomm. BGB, Vor § 705 Rz. 57; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.189. 28 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/69; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 318. 29 Ulmer in MünchKomm. BGB, Vor § 705 Rz. 57. 30 So auch Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/68; Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 318; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.189.
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Diekmann
§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
III. Wesentliche Verpflichtungen der Vertragsparteien 1. Wesentliche vertragliche Verpflichtungen des Bankenkonsortiums a) Pflicht zur Übernahme der Emission Bei der Übernahmeverpflichtung ist zu unterscheiden zwischen einem Firm Commitment (auch Hard Underwriting), einer Übernahme nur der platzierten (Teile der) Anleihe (Soft Underwriting) sowie einer kommissionsweisen Übernahme der Anleihe (s. oben Rz. 4 ff.).
27
Sofern ein Firm Commitment vereinbart wurde, stellt die Pflicht zur Übernahme der Anleihen die Hauptpflicht des Vertrages zwischen der Emissionsbank und dem Emittenten dar. Demnach verpflichten sich die Emissionsbanken, die vom Emittenten ausgegebenen Wertpapiere abzunehmen und den Übernahmepreis (abzüglich Kosten, Provisionen) zu zahlen31.
28
Die Übernahme wird dabei oftmals so gestaltet, dass erst nach oder kurz vor Beendigung der Platzierung der Übernahmevertrag unterzeichnet bzw. die Anleihe begeben wird. Zu diesem Zeitpunkt steht in der Regel fest, ob und in welchem Umfang die Anleihe platziert werden kann. Ggf. kann dann auch – bei nicht so erfolgreicher Platzierung – die Anleihe in einem kleineren Umfang begeben werden (z.B. statt vorgesehenem Nennbetrag von 1 Mrd. Euro nur noch 750 Mio. Euro). Insofern ist das Risiko der übernehmenden Bank deutlich verringert, da sie ggf. nur wenige Tage im Risiko steht. Im Ergebnis kommt dieses einem Soft Underwriting gleich.
29
Im Übrigen werden zur weiteren Reduzierung des Übernahmerisikos regelmäßig Krisenklauseln, so genannte Business Material Adverse Change Clauses (Business MAC) und Market Material Adverse Change Clauses (Market MAC), vereinbart32. Diese sehen vor, dass die Verpflichtung zur Übernahme unter bestimmten Bedingungen entfällt.
30
Eine Pflicht zur Übernahme der Emission besteht nicht bei einem Underwriting (ein so genanntes Soft Underwriting) sowie bei der kommissionsweisen Übernahme. Beim Underwriting verpflichtet sich der Emittent, die Anleihe nur in der Höhe zu begeben und die Bank, die Anleihe nur in der entsprechenden Höhe zu zeichnen, wie die Anleihe erfolgreich bei Investoren platziert werden konnte. Beim Kommissionsgeschäft veräußern die Banken als Kommissionär die Wertpapiere für Rechnung des Emittenten (vgl. § 383 Abs. 1 HGB). Das heißt, sie schließen die Geschäfte in eigenem Namen ab, so dass die Banken selbst Vertragspartei werden. Die wirtschaftlichen Folgen treten jedoch beim Emittenten ein33.
31
b) Pflicht zur Unterbringung der Emission Neben der Übernahme bzw. der Pflicht, die Anleihe Investoren zum Erwerb anzubieten, trifft die Bank, falls nicht anderweitig vereinbart, eine Pflicht, sich um eine möglichst vollständige Platzierung der Anleihe bei Investoren zu bemühen. 31 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2250; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 112 ff.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 70. 32 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2252 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.193; zum Inhalt der Klauseln s. unten Rz. 79. 33 Brox/Henssler, Handelsrecht, Rz. 424 ff.
Diekmann
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§ 25
Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
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Bei kommissionsweiser Übernahme folgt dies aus dem Kommissionsvertrag. Zwar liegt das Risiko des Platzierungserfolges hier grundsätzlich beim Emittenten34. Jedoch ist aus der Tätigkeit als Kommissionär allein zu folgern, dass die Bank sich um eine möglichst vollständige Unterbringung zu bemühen hat35.
34
Auch bei fester Übernahme der Emission hat der Emittent ein erhebliches Interesse, dass die Emission bei Investoren vollständig platziert wird. Im Fall der fehlenden ausdrücklichen Vereinbarung ist grundsätzlich aufgrund ergänzender Vertragsauslegung (§ 157 BGB) eine Nebenpflicht der Banken anzunehmen, sich um die Platzierung der Wertpapiere zu bemühen36.
35
Etwas anderes kann sich nur aus besonderen Umständen ergeben37, wie z.B. in der Präambel dargelegten Zweifeln an der Unterbringung der gesamten Anleihe. c) Zahlung des Emissionserlöses
36
Das Emissionskonsortium ist verpflichtet, den Emissionserlös an den Emittenten zu zahlen. In der Regel erfolgt dies unverzüglich nach Erhalt der Zahlungen durch Investoren, also in der Regel am Tag der Abrechnung (Closing) der Platzierung38. d) Beratungspflicht
37
Wesentlicher Grund für die Einschaltung eines Bankenkonsortiums in den Emissionsvorgang ist die besondere Sachkunde der Kreditinstitute. Die Beratung erfolgt typischerweise vor Abschluss des Übernahmevertrages und ausschließlich durch den Konsortialführer39. Der Konsortialführer hat daher die Pflicht, den Emittenten in allen für die Emission wesentlichen Fragen zu beraten, wie die Wahl des Emissionszeitpunkts, die Höhe des festzulegenden Kurses, die Ansprache konkreter Investoren und ggf. die Platzierung in ausländischen Rechtsordnungen (z.B. USA) vorzunehmen40. Diesbezüglich haben die Kreditinstitute keine Pflicht zur Rechtsberatung. Sie sind jedoch aufgrund ihrer Erfahrung in solchen, mehrere Jurisdiktionen umfassenden Angeboten verpflichtet, den Emittenten auf etwaige erforderliche Schritte hinzuweisen.
34 Anders beim Übernahmegarantievertrag, bei dem sich die mitwirkenden Kreditinstitute verpflichten, die nicht platzierten Wertpapiere in den Eigenbestand zu übernehmen und damit garantiemäßig für den Erfolg der Platzierung einstehen; s. oben Rz. 5. 35 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2255; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.23 ff. 36 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2255; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 118 ff.; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 75; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 86 ff.; kritisch gegenüber der Annahme einer Platzierungspflicht ohne ausdrückliche Vereinbarung Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 71. 37 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2255; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 87 f. 38 Vgl. aber zur Emissionsvergütung Rz. 46. 39 Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 99. 40 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2249; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 98; Reimnitz in Büschgen/Richolt, S. 240, 256; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 77.
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e) Sonstige Pflichten In vielen Fällen verpflichtet sich das Bankenkonsortium, die Anleihe zu begeben (s. dazu unten Rz. 57). Des Weiteren verpflichtet sich gelegentlich der Konsortialführer, die Funktion der Zahlstelle (dazu unten Rz. 94 ff.) zu übernehmen. Schließlich werden Pflichten der Banken hinsichtlich der Platzierungsmodalitäten begründet. Dazu gehören die Fragen wie und wo platziert werden darf, so z.B. die Verpflichtung der Banken, die Anleihen nur privat und nicht öffentlich zu platzieren (s. oben Rz. 8 ff.).
38
Eine weitere Pflicht, die häufig vereinbart wird, ist die Pflicht zur Beantragung der Zulassung des Handels der Wertpapiere an einer bestimmten Börse41, wobei dies auch in einem getrennten Dokument vereinbart werden kann.
39
Für die Börsenzulassung wird in der Regel ein Prospekt benötigt (vgl. § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG). Die Erstellung eines Prospekts zur Börsenzulassung hat aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Rechtsbeziehung zu den Anlegern und des damit verbundenen Haftungsrisikos eine besondere Bedeutung. Dabei wird die Erstellung des Prospektes Gegenstand einer detaillierten Regelung im Übernahmevertrag sein. Obwohl die Publizitätspflicht primär den Emittenten trifft, übernimmt oftmals das Bankenkonsortium bzw. der Konsortialführer die Pflicht zur Prospekterstellung42. Die Banken sollten aufgrund ihres Fachwissens und ihrer Kapitalmarkterfahrung regelmäßig besser dazu befähigt sein als der Emittent. Allerdings ist der Konsortialführer bei der Erstellung des Prospektes notwendigerweise auf die Mithilfe des Emittenten angewiesen. Er benötigt umfangreiche Informationen über das Unternehmen, darunter auch solche, die noch nicht veröffentlicht sind. Viele Übernahmeverträge sehen daher vor, dass der Emittent alle Informationen für die zutreffende Darstellung seiner wirtschaftlichen Situation beibringen soll, während der Konsortialführer dafür Sorge tragen soll, dass der Prospekt den formalen Anforderungen deutschen Rechts genügt43.
40
Sofern der Konsortialführer den Prospekt zu erstellen hat, wird in dem Übernahmevertrag durch den Konsortialführer oftmals eine Klarstellung gefordert, dass ihn durch diese Aufgabe keine zusätzliche Verantwortlichkeit trifft. Hiermit soll die Einwendung des Emittenten ausgeschlossen werden, dass dieser letztlich aufgrund der Führung des Konsortialführers bei der Prospekterstellung für etwaige Ansprüche aus Prospekthaftung nicht einstehen muss. Im Außenverhältnis ist zwar grundsätzlich – auch bei Erstellung des Prospektes durch den Konsortialführer – der Emittent für den Prospekt verantwortlich44. Daran ändert auch die Prospekterstellung durch den Konsortialführer nichts. Mit der genannten Klausel kann die Haftung der Banken für den Inhalt des Prospekts im Innenverhältnis zwar beschränkt werden. Eine solche Klausel kann den Konsortialführer allerdings nicht vollständig von der Haftung für die von ihm übernommen Aufgaben im Rahmen der Prospekterstellung befreien. Denn die Haftung aus Vorsatz kann im Voraus nicht erlassen werden (s. § 276 Abs. 3 BGB). Sofern dem Konsortialführer daher bei der Prospekterstellung Fehler
41
41 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2257 f.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 77; Reimnitz in Büschgen/Richolt, S. 240, 262. 42 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 93; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 76. 43 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 93; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 77. 44 Vgl. § 32 Abs. 2 BörsG sowie § 5 Abs. 3 Satz 2 WpPG und § 44 Abs. 1 BörsG.
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unterlaufen, die auf vorsätzliches Handeln zurückzuführen sind, ist er insofern auch im Innenverhältnis gegenüber dem Emittenten zum Schadenersatz verpflichtet. 42
Prospekte werden allerdings zunehmend durch den Emittenten bzw. durch seine Rechtsvertreter verfasst, so dass sich die geschilderte Problematik nicht ergibt.
43
Der Konsortialführer verpflichtet sich in der Regel, den Antrag auf Billigung des Prospekts sowie der Börsenzulassung der Anleihe gemeinsam mit dem Emittenten zu stellen45. Weiter verpflichten sich die Parteien, dementsprechend den Prospekt mit zu unterzeichnen (s. auch § 5 Abs. 3 Satz 2 WpPG) und insofern auch im Außenverhältnis die Verantwortung für das Dokument zu übernehmen46. Die Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel geschieht dabei gelegentlich erst nach einer vorab im Rahmen einer Privatplatzierung vorgenommenen Unterbringung der Anleihe bei institutionellen Investoren.
44
Angesichts des umfangreichen Organisationsaufwandes und anderer Anforderungen an den Prospekt und daraus folgender Haftungsrisiken wird man eine Pflicht zur Börsenzulassung nur bei ausdrücklicher Vereinbarung annehmen und dem Übernahmevertrag eine konkludente Verpflichtung nicht entnehmen können47.
2. Wesentliche vertragliche Verpflichtungen der Emittenten 45
Der Emittent schuldet bei der Festübernahme die Lieferung der Wertpapiere bzw. die Begebung der Wertpapiere48. Bei der kommissionsweisen Übernahme ist die Lieferung der Effekten nur eine Obliegenheit (vgl. § 396 Abs. 1 Satz 2 HGB)49. Den Emittenten trifft weiter die Pflicht, eine Zahlstelle zu begründen und ggf. für einen Trust zu sorgen (s. unten Rz. 94 ff.). Er kann darüber hinaus verpflichtet werden, bis zum Abschluss der Platzierung gewisse Handlungen zu unterlassen, die die Platzierung gefährden.
46
Um die Veräußerbarkeit der Anleihe nach Platzierung zu ermöglichen, wird der Emittent gelegentlich verpflichtet, nicht nur die Anleihe an einer Börse zum Handel zuzulassen, sondern auch die Börsennotierung während der Laufzeit der Anleihe aufrechtzuerhalten. Weiter schuldet der Emittent den Banken eine Emissionsvergütung, die in der Regel nicht selbstständig geltend gemacht wird, sondern durch die Differenz zwischen Übernahme- und Verkaufspreis der Anleihe realisiert wird50.
47
Daneben sind bei entsprechender Vereinbarung noch weitere Provisionsansprüche der Banken möglich, wie zum Beispiel die Vereinbarung einer besonderen Vergütung für die Einführung der Effekten an der Börse51. Aufwendungen, die nicht die Über45 Die Zulassung ist vom Emittenten gemeinsam mit einem Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut zu beantragen, vgl. § 32 Abs. 2 BörsG. 46 S. auch unten zur Freistellung Rz. 70 ff. 47 Hartwig-Jacob, Recht der internationalen Anleihen, S. 92; Grundmann in BankrechtsHandbuch, § 112 Rz. 77; a.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2257 f. 48 Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 114; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 72; zur Begebung s. unten Rz. 57. 49 Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 72. 50 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2259; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.192. 51 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2260; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 115 f.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 72.
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nahme oder Unterbringung der Effekten betreffen, sind grundsätzlich vom Emittenten zu erstatten. Anspruchsgrundlage hierfür sind §§ 675, 670 BGB52. Aus Sicht des Emittenten empfiehlt sich deshalb eine abschließende Regelung der Aufwandserstattung im Übernahmevertrag. Darüber hinaus wird oftmals eine Verpflichtung des Emittenten zur Freistellung des Bankenkonsortiums von Forderungen Dritter begründet, denen das Konsortium im Zusammenhang mit der Emission ausgesetzt ist53.
48
3. Drittwirkende Verpflichtungen aus dem Übernahmevertrag Der Übernahmevertrag zwischen Bankenkonsortium und Emittent ist in der Regel nicht als ein Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 BGB anzusehen. Daher haben die Investoren daraus keinen Anspruch auf Zuteilung54. Der Konsortialführer ist grundsätzlich frei in der Wahl des Modus für die Repartierung einer Emission bei Überzeichnung, es sei denn, er hat vertraglich mit dem Emittenten etwas anderes vereinbart.
49
Bei vorheriger öffentlicher Mitteilung der vorgesehenen Repartierungsweise ist die Bank allerdings an die veröffentlichte Art der Repartierung gebunden. Bei Abweichungen ist eine Haftung der Banken nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB und u.U. auch aufgrund des Verbots des venire contra factum proprium möglich55.
50
Weitere drittwirkende Verpflichtungen können sich ebenfalls daraus ergeben, dass die Anleihe nicht so abgesichert ist, wie angekündigt. Denn die auf Verwertung ausgerichteten Erlöse können nur den Anlegern gebühren56.
51
4. Vorvertragliche Regelungen (Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) Die rechtliche Beziehung zwischen dem Emittenten und dem Bankenkonsortium beginnt mit der Aushandlung der Anleihebedingungen und der diesbezüglichen Beratung durch den Konsortialführer57. Gelegentlich wird vor Beginn der Tätigkeiten ein Letter of Intent unterzeichnet. In diesem verpflichtet sich in der Regel nur der Konsortialführer, den Emittenten bei der Begebung und Platzierung zu beraten. Ausdrücklich sollte in diesem Dokument klargestellt werden, dass mit dem Letter of Intent eine Übernahmeverpflichtung nicht begründet wird.
52
Selbst wenn keine Vereinbarungen in einem Letter of Intent getroffen worden sind, kommt dennoch eine Haftung des Konsortialführers gegenüber dem Emittenten aus der Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2
53
52 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2260; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 79; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 115. 53 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2261. 54 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2267; Horn, Recht der Internationalen Anleihen, S. 107 f. 55 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2269. 56 Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 128. 57 Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 99; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 67. Das Konsortium konstituiert sich erst nach Festlegung der Bedingungen.
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BGB) in Betracht58. Zu denken ist zunächst an einen Schadensersatzanspruch aufgrund falscher, irreführender Darstellung der Marktverhältnisse bzw. der Platzierbarkeit der Anleihe. Der Konsortialführer ist auch verpflichtet, den Emittenten auf ggf. platzierungsschädliche oder fehlende, von Investoren erwartete Bestimmungen in den Anleihebedingungen hinzuweisen. Insoweit hat er dem Emittenten seine Erfahrung, sein Wissen bzw. die Kenntnisse, die man von einem Konsortialführer erwarten kann, zur Verfügung zu stellen und dementsprechend zu beraten. 54
Bei Verletzung dieser Pflichten ist der Emittent so zu stellen, als wäre er richtig beraten worden (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB)59. Im Fall des Firm Commitment (s. dazu oben Rz. 5) soll es in der Regel jedoch an einem Schaden des Emittenten fehlen, weil die Banken die Anleihe übernehmen und das Unterbringungsrisiko selbst tragen60. Dem kann jedoch nur eingeschränkt zugestimmt werden. Wenn vor allem der Platzierungspreis und damit der den Emittenten zufließende Erlös von der Zeichnung der Anleihe durch die Investoren abhängt, kann – trotz Festübernahme – ein Schaden entstehen. Allerdings wird der Emittent in der Regel einen Schaden wohl nur bedingt substantiieren und beweisen können. Hinsichtlich der Frage, ob der Emittent einen anderen und damit richtigen Rat der Banken auch befolgt hätte, ist die Beweislast jedoch zu Lasten der Banken umzukehren61.
55
Neben der Verletzung der Beratungspflichten kommt eine Haftung des Konsortialführers bei treuwidriger Verhinderung des Vertragsschlusses in Betracht62. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Konsortialführer ohne Grund die Platzierung der Anleihe verweigert und dies zu einem für den Konsortialführer erkennbaren Schaden des Emittenten führt. Darüber hinaus trifft den Konsortialführer eine vorvertragliche Schweigepflicht63.
55a
Die Haftung trifft grundsätzlich alle am Konsortium beteiligten Banken. In der Regel wird jedoch die gesamtschuldnerische Haftung der Konsortialbanken im Rahmen des Übernahmevertrages ausgeschlossen, so dass die oben dargestellte Haftung dann nur den (oder bei mehreren die) Konsortialführer trifft. Denn grundsätzlich „führen“ die Konsortialführer die Platzierung; sie strukturieren und beraten. Die anderen Konsortialbanken nehmen eine untergeordnete Rolle ein, so dass sich insofern etwas anderes i.S.d. § 426 BGB ergibt, so dass die nicht das Konsortium führenden Banken deshalb nicht zur Haftung herangezogen werden können. Sofern ein Übernahmevertrag (noch) nicht unterzeichnet worden ist, kommt zunächst nur eine Haftung der Konsortialführer in Betracht.
56
Neben dem Konsortialführer hat auch der Emittent vorvertragliche Pflichten zu beachten. Er hat den Konsortialführer über seine Verhältnisse aufzuklären, wobei er über alle Umstände zu informieren hat, welche für den Entschluss des Bankenkonsortiums, an der Emission mitzuwirken, von erkennbarer Bedeutung sind64. 58 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2249; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 40; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 99. 59 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2249. 60 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2249. 61 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2249. 62 Näher dazu Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 77 f. 63 Näher dazu Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 78. 64 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 75 f.
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IV. Begebung der Anleihe 1. Begebungsvertrag und Übergabe In der Regel werden auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen begeben (§§ 793 ff. BGB)65. Geschaffen werden die Schuldverschreibungen durch Begebung. Dies ist ein Rechtsgeschäft zwischen dem Emittenten und einem Dritten. Erforderlich ist die Ausgabe der Urkunde unter Abschluss eines Begebungsvertrags66. Dritter zum Abschluss des Begebungsvertrags ist in der Regel das Bankenkonsortium (handelnd durch den Konsortialführer) oder der Konsortialführer des Bankenkonsortiums.
57
Der Emittent hat sich in der Urkunde zu einer bestimmten Leistung an den jeweiligen Inhaber zu verpflichten. Der Ausstellungsakt ist durch die Unterschrift abzuschließen (Skriptur)67. Darüber hinaus ist ein vom Aussteller mit dem ersten Nehmer zu schließender Begebungsvertrag erforderlich (Vertragstheorie)68. Der Begebungsvertrag hat einen doppelfunktionalen Charakter. Er ist Übereignungs- und zugleich auch Verpflichtungsvertrag. Er begründet die Pflicht des Emittenten, dem Bankenkonsortium bzw. dem Konsortialführer das verbriefte Recht zu verschaffen. Zugleich ist er darauf gerichtet, die Rechtsübertragung mittels Übertragung der Urkunde herbeizuführen. Sowohl der Verpflichtungs- als auch der Übereignungsvertrag vollziehen sich in einem einheitlichen Akt69.
58
Bei der kommissionsweisen Übernahme wird dagegen kein Begebungsvertrag geschlossen, weil die in die Übernahme miteinbezogenen Papiere bereits vorhanden sind.
59
2. Verbriefung und Verwaltung Die urkundliche Verbriefung der Schuldverschreibung ist zur Entstehung des Rechts zwingend erforderlich (s. oben Rz. 57). Während in der Vergangenheit oftmals noch einzelne, gedruckte Wertpapierurkunden ausgegeben wurden, werden in der heutigen Emissionspraxis fast ausschließlich Sammelurkunden, auch Globalurkunden genannt, ausgegeben. Die herkömmliche Verwahrung von einzeln ausgedruckten Wertpapierurkunden und ihre Verwaltung wurde als zu kostspielig und risikogefährdet angesehen70. Die Globalverbriefung bedeutet, dass die Anteile der einzelnen Investoren ungetrennt von den Beständen vieler anderer Hinterleger derselben Wertpapiere (§ 5 DepotG) verwahrt werden71; zugleich ist es möglich, Wertpapiere 65 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 133. 66 Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, WPR Rz. 40; Brox/Henssler, Handelsrecht, Rz. 610; Sprau in Palandt, BGB, § 793 Rz. 8; Marburger in Staudinger, BGB, Vor §§ 793–808 Rz. 18. 67 Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, WPR Rz. 40; Brox/Henssler, Handelsrecht, Rz. 610. 68 Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, WPR Rz. 40; Brox/Henssler, Handelsrecht, Rz. 610. 69 Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, WPR Rz. 40; Sprau in Palandt, BGB, § 793 Rz. 8; Marburger in Staudinger, BGB, Vor §§ 793–808 Rz. 18. 70 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 114; genauer dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 11.173 ff. 71 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 114; s. auch Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 767 ff.
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über mehrere Rechte in einer Sammelurkunde zu verbriefen (§ 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG)72. 61
Die Globalurkunde ist ein Wertpapier, das mehrere Rechte verbrieft, die jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren einer und derselben Art verbrieft sein können. Sie wird bei der Wertpapiersammelbank eingeliefert. Der einzelne Investor hat zwar kein Sondereigentum an dem Wertpapier, dafür aber Miteigentum nach Bruchteilen an den im Sammelband befindlichen Wertpapieren derselben Gattung73. Einzige deutsche Wertpapiersammelbank i.S.d. § 1 Abs. 3 DepotG ist die Clearstream Banking AG.
62
Einzelstücke können sich die Investoren grundsätzlich ausliefern lassen (§§ 7, 8 i.V.m. 9a Abs. 3 DepotG). Dieser Anspruch wird jedoch in den Emissionsbedingungen regelmäßig ausgeschlossen74. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der einzelne Rechtsinhaber über seine Rechte nur im Wege des Effektengiroverkehrs verfügen kann. Durch Umbuchung bei der Sammelbank werden die Einzelrechte übertragen75.
V. Representations and Warranties 63
Zwischen den Parteien des Übernahmevertrags werden in der Regel so genannte Representations and Warranties vereinbart. Damit gibt (im erheblichen) Umfang der Emittent und ggf. auch das Bankenkonsortium gewisse Zusicherungen und Gewährleistungen ab76.
1. Darstellung der wesentlichen Representations and Warranties 64
Durch den Emittenten in der Regel abzugebende Representations and Warranties sind nicht nur allgemeine, üblicherweise zu findende Gewährleistungen, sondern auch solche, die einen konkreten Bezug zur Geschäftstätigkeit des Emittenten aufweisen. Wesentliche allgemeine Gewährleistungen sind folgende77: – Wirksamkeit der zu emittierenden Anleihen und die Gleichrangigkeit der begebenen Anleihen mit schon bestehenden und zukünftig zu begebenden Anleihen des Emittenten, – Richtigkeit des Jahresabschlusses (Konzernabschlusses) des Emittenten, – Richtigkeit und Vollständigkeit des Wertpapierprospekts bzw. der sonstigen Verkaufsunterlage zur Platzierung bzw. zur Börsennotierung der Anleihe, – vollständige Einzahlung der Einlagen des Emittenten und keine Rückzahlung der Einlagen des Emittenten und seiner Tochtergesellschaften sowie
72 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 115; genauer dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 11.241 ff.; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 759. 73 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 114. 74 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 115. 75 Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 9 Rz. 115. 76 Vgl. § 23 Rz. 32 ff.; zur Rechtsnatur dieser Representations and Warranties s. unten Rz. 66 ff. 77 Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/101.
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– keine anhängige Klage, keine anderweitigen rechtlichen Verfahren oder Schiedsverfahren, die einen erheblichen nachteiligen Effekt auf die Finanz- und Ertragslage des Emittenten haben könnten, die nicht bekannt und in der Verkaufsunterlage bzw. dem Wertpapierprospekt offengelegt sind. Das Bankenkonsortium kann seinerseits als Representation and Warranty im Übernahmevertrag abgeben, dass es die für die zu emittierenden Wertpapiere bei der Platzierung zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen befolgt und ggf. nur eine Privat(und keine öffentliche) Platzierung durchführt mit Ausnahme in den Jurisdiktionen, die die Voraussetzungen einer öffentlichen Platzierung (in der Regel nur aufgrund eines Prospekts) erfüllen (vgl. § 23 Rz. 44).
65
2. Rechtsnatur der Representations and Warranties nach deutschem Recht Aufgrund der kaufrechtlichen Elemente des Übernahmevertrags (s. oben Rz. 25) sind hinsichtlich der Rechtsstruktur der Representations and Warranties zunächst die Vorschriften des Kaufrechts zu berücksichtigen. Dabei finden auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen die Vorschriften über den Kauf von Sachen entsprechende Anwendung (§ 453 BGB). Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn das verkaufte Recht nicht besteht, nicht in dem Umfang besteht, wie im Kaufvertrag vorausgesetzt oder wenn andere Rechte dem entgegenstehen78. Der Verkäufer haftet für den Bestand des Rechts. Das Recht muss den Inhalt und den Rang haben, wie im Kaufvertrag vereinbart worden ist79. Von Bedeutung ist dabei, dass die verschuldensunabhängige Haftung für die Verität nach § 437 BGB a.F. nach neuem Recht nicht mehr besteht. Der Verkäufer haftet für das Bestehen und die Übertragbarkeit nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht (§§ 281, 283 bis 285, 311a und 326 BGB)80. Besteht ein belastendes Drittrecht, so liegt ein Rechtsmangel in entsprechender Anwendung des § 435 BGB vor mit den Rechtsfolgen des § 437 BGB81.
66
In den Representations and Warranties ist zu den dargelegten gesetzlichen Rechtsfolgen eine Garantieübernahme zu sehen. Denn aufgrund der durch eine ausdrückliche Auflistung hervorgehobenen besonderen Wichtigkeit der von Representations and Warranties erfassten Umstände lässt der Parteiwille auf die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung schließen. Die Garantie lässt die gesetzlichen Rechte des Käufers unberührt, begründet aber eine zusätzliche verschuldensunabhängige Haftung (vgl. § 23 Rz. 32).
67
Insoweit führt die Zusicherung des Emittenten im Übernahmevertrag bezüglich der Wirksamkeit der Anleihen zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Emittenten82. Dies ist aufgrund der dargelegten Auslegung selbst dann der Fall, wenn – was häufig geschieht – die Representations and Warranties nicht ausdrücklich als verschuldensunabhängige Garantie bezeichnet werden.
68
78 79 80 81 82
Putzo in Palandt, BGB, § 453 Rz. 18. Putzo in Palandt, BGB, § 453 Rz. 21. Putzo in Palandt, BGB, § 453 Rz. 19. Putzo in Palandt, BGB, § 453 Rz. 20a. Im Hinblick auf die Abschaffung des § 437 BGB a.F. ergibt sich die Erforderlichkeit der Zusicherung der Wirksamkeit des emittierten Wertpapiers auch für das deutsche Recht, vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/101; zu Auswirkungen einer Due Diligence auf Haftungsansprüche s. § 27 Rz. 50.
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Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
Durch die Aufnahme von Representations and Warranties im Übernahmevertrag ergibt sich für die Vertragsparteien daher eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht (Garantiehaftung, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Parteien verpflichten sich, den aus der Verletzung der Representations and Warranties entstandenen Schaden zu ersetzen. Darüber hinaus wird oftmals eine Freistellung des Geschädigten von Schäden und allen Aufwendungen vereinbart, die im Zusammenhang mit der Sachverhaltsermittlung und Verteidigung von rechtlichen Verfahren oder Klagen gemacht werden (vgl. zur Freistellung unten Rz. 70 ff.). Des Weiteren kann dem Bankenkonsortium bei Verletzung der Representations and Warranties durch den Emittenten ein Rücktrittsrecht eingeräumt werden. Auch können zum so genannten Closing (s. dazu oben Rz. 36) die Einhaltung der Representations and Warranties als Bedingung für das Zustandekommen des Übernahmevertrags ausgestaltet sein (s. unten Rz. 76).
VI. Haftungsfreistellung 1. Freistellung der Konsortialbanken von der Prospekthaftung und sonstigen Ansprüchen durch den Emittenten 70
Übernahmeverträge sehen regelmäßig eine Freistellung der Mitglieder des Bankenkonsortiums vor. Dies betrifft eine Freistellung im Falle von Ansprüchen aufgrund der Verletzung der Representations and Warranties und insbesondere die Freistellung von der Prospekthaftung nach § 44 BörsG: Werden die Konsortialbanken im Rahmen der Prospekthaftung in Anspruch genommen, so wird den Konsortialbanken ein Rückgriffsrecht gegen den Emittenten gewährt. Die Freistellung wird in der Regel auf die Inanspruchnahme von Mitarbeitern und Organmitgliedern ausgedehnt (vgl. § 23 Rz. 57 ff.).
71
Die Zulässigkeit vollständiger Haftungsfreizeichnungen der Banken im Innenverhältnis soll die Gefahr in sich bergen, dass diese die Angaben des Emittenten im Hinblick auf den Prospekt nicht mehr sorgfältig genug prüfen und somit die Anleger nicht hinreichend vor unsicheren Emissionen schützen83. Solche Haftungsfreistellungen der Banken sind jedoch im Innenverhältnis üblich84. Sie werden von den Banken verlangt und sind grundsätzlich nicht verhandelbar. Ihre Zulässigkeit könnte bestritten werden mit dem Argument, dass die gesetzlich vorgeschriebene gesamtschuldnerische Haftung des Bankenkonsortiums für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts (§ 44 Abs. 1 BörsG, § 13 VerkProspG) unterlaufen würde. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die gesamtschuldnerische Haftung den Anleger schützen soll. Dieser Schutzzweck wird durch die Vereinbarung einer Freistellung zwischen Emittent und Bankenkonsortium im Innenverhältnis nicht unterlaufen. Denn diese Freistellung ändert nichts an dem Schutz durch die nach wie vor gegenüber dem Anleger gegebene gesamtschuldnerische Haftung des Bankenkonsortiums und des Emittenten. 83 S. auch Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 131, der einen bestimmten Kernbereich eigener Sorgfaltspflichten der Banken annimmt, für deren Beachtung sie sich möglicherweise auch im Innenverhältnis nicht vollkommen freizeichnen können. 84 Vgl. auch zu den Haftungsfreistellungen Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 93; Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2261.
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Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
Allerdings kann durch die Haftungsfreistellung der Verstoß der Banken gegen ihre eigenen Sorgfaltspflichten bei vorsätzlichem Handeln nicht ausgeschlossen werden85. Da der Prospekt jedoch ein Dokument des Emittenten ist, kommt ein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten seitens der Banken für die in der Regel sehr wenigen von den Banken für die Prospekterstellung gelieferten Informationen in Betracht.
72
Fraglich ist, ob der Freistellungsanspruch der Banken ausdrücklich geregelt werden muss oder ob er mangels Vereinbarung auch aus dem Sinn und Zweck des Übernahmevertrags hergeleitet werden kann, etwa weil er Ausdruck allgemein geltender Grundsätze über die Verteilung der Verantwortlichkeit zwischen Emittenten und Banken im Innenverhältnis bei Ansprüchen Dritter ist. Aus dem Übernahmevertrag ergibt sich die Pflicht des Emittenten, alle Informationen für die zutreffende Darstellung seiner wirtschaftlichen Situation beizubringen. Dies folgt auch ohne ausdrückliche Vereinbarung. Deshalb kann sich ein Rückgriffsanspruch der Bank im Falle einer Falschinformation durch den Emittenten aus den früher ungeschriebenen und heute kodifizierten Rechtsinstituten der positiven Vertragsverletzung (pVV) sowie der culpa in contrahendo (c.i.c., §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) ergeben86. Hierfür ist allerdings ein Verschulden des Emittenten erforderlich. Im Übrigen stellt eine Freistellungsvereinbarung eine weitgehende, ggf. belastende Regelung dar, die nicht ohne ausdrückliche Festschreibung als vereinbart gelten kann.
73
2. Freistellung des Emittenten durch die Konsortialbanken Im Übernahmevertrag stellen die Konsortialbanken den Emittenten regelmäßig hinsichtlich der von ihnen im Prospekt gemachten Angaben bei Inanspruchnahme des Emittenten durch Dritte frei87.
74
VII. Bedingungen und Rücktrittsrechte Grundsätzlich trägt das Bankenkonsortium in der Zeit zwischen Übernahmevertrag und dem Valutierungstag das Platzierungsrisiko, sofern die Banken ein Firm Commitment übernommen haben (s. oben Rz. 5). Während dieser Zeit versuchen die Konsortialmitglieder, die Wertpapiere, zu deren Übernahme sie sich verpflichtet haben, zu platzieren. Aufgrund von politischen oder wirtschaftlichen Entwicklungen können sich in dieser Zeit die Marktverhältnisse aber derart ändern, dass die für die Übernahme vereinbarten Konditionen nicht mehr marktgerecht sind und die Emission sinnvollerweise nicht mehr durchgeführt wird88. Der Übernahmevertrag wird daher unter gewisse Bedingungen gestellt; alternativ werden Rücktrittsrechte vereinbart.
85 86 87 88
Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 93. Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 93 f. Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 130. Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 84; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.193.
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1. Bedingungen 76
Übliche aufschiebende Bedingungen sind zunächst, dass die Representations and Warranties der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Abrechnung der Anleiheemission richtig sind. Darüber hinaus müssen dem Konsortialführer üblicherweise einige Dokumente übergeben werden89. Dies betrifft insbesondere so genannte Legal Opinions, mit denen die Wirksamkeit des Übernahmevertrags bestätigt wird (s. dazu § 27 Rz. 9, § 29).
77
Weiter kommt in Betracht, dass – im Falle eines Open Pricing – die Parteien des Übernahmevertrags zum Abrechnungszeitpunkt sich über den Emissionspreis und sonstige Bedingungen (z.B. Kupon) einigen.
78
Darüber hinaus kann als aufschiebende Bedingung vorgesehen sein, dass unvorhersehbare Ereignisse (so genannte Force Majeure) nicht eintreten. Dies sind Ereignisse, wie zum Beispiel die Zerstörung von wesentlichen Betriebsstätten des Emittenten aufgrund höherer Gewalt. Im Ergebnis ist dies nichts anderes als die schriftliche Festlegung des allgemeinen Grundsatzes „rebus sic stantibus“.
79
Weitere aufschiebende Bedingungen sind so genannte Material Adverse ChangeKlauseln, d.h. die Übernahme der Anleihen steht unter der Bedingung, dass ein Material Adverse Change nicht eingetreten ist. Diese haben eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Emittenten (so genannter Business MAC) sowie einen so genannten Market MAC zum Gegenstand (s. oben Rz. 30). Ein Business MAC tritt ein, wenn im Geschäft des Emittenten wesentliche Änderungen zwischen Unterzeichnung des Übernahmevertrags und letztlich Lieferung der platzierten Anleihe an die Investoren eingetreten sind. Beispiele sind eine wesentliche Veränderung von wirtschaftlichen Bilanzkennzahlen oder auch eine Herabstufung des Emittenten im Rating bei Standard & Poors oder bei Moody’s. Durch die Market MAC ist eine Übernahme dann ausgeschlossen, wenn aufgrund einer allgemeinen Marktsituation, z.B. aufgrund wesentlicher nachteiliger Ereignisse, die Anleihe nicht mehr oder zur Zeit nicht veräußerbar ist. Als Paradebeispiel eines Market MAC sind die Terror-Ereignisse des 11. September 2001 zu nennen. In den Verträgen wird hierzu z.B. angeknüpft an eine vorübergehende Schließung von größeren Börsen (z.B. New York Stock Exchange oder auch der Frankfurter Wertpapierbörse) bzw. an ein erhebliches, in der Regel genau bestimmtes Absinken wichtiger Börsen-Indices. Auch in Betracht kommt die Anordnung des vorübergehenden Ruhens des Bankverkehrs oder des Handels an Wertpapierbörsen durch die Bundesregierung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 und 3 KWG oder durch ausländische Stellen aufgrund derer Bestimmungen.
80
Ein Market MAC kann auch eine Aussetzung des Währungsmarkts in Deutschland oder der USA bezüglich des Tauschs von Euros und U. S.-Dollars oder die Auferlegung jeglicher beschränkender Gesetze in Bezug auf die Währung oder den Tausch darstellen.
81
Bedingungen, die bis zum Closing nicht eintreten sollen, werden dabei auch als auflösende Bedingung angesehen90. Die Parteien wollen jedoch in diesem Fall, dass ein 89 Neben Legal Opinions auch der so genannte Comfort Letter, s. unter § 28. 90 Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 86; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 129.
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Übernahmevertrag bei Anleiheemissionen
Vertrag nicht entsteht. Ihr Wille zielt nicht darauf ab, den Vertrag aufzulösen, sondern Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht begründen zu wollen. Deshalb sind diese Bedingungen in der Regel als aufschiebende Bedingungen aufzufassen (vgl. § 23 Rz. 67). Darüber hinaus wird vereinbart, dass Business MAC oder Market MAC nach Feststellung durch das Bankenkonsortium ggf. nach vorab erfolgter Beratung mit den Emittenten eintreten. Durch die Feststellung der Banken wird damit festgestellt, ob ein Business MAC oder Market MAC eingetreten ist. Es gibt den Banken aber auch letztlich die Handhabe, den Übernahmevertrag beenden zu können. Die Banken werden dies aber aufgrund vertraglicher Nebenpflichten nicht im freien eigenen Ermessen tun können. Im Zweifelsfall ist durch die Banken nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für einen Business MAC bzw. Market MAC erfüllt waren, d.h., dass in dem im Vertrag beschriebenen Rahmen die Anleihe nicht (oder nicht zu den festgelegten Bedingungen) platzierbar ist.
82
Darüber hinaus wird vereinbart, dass das Bankenkonsortium einseitig auf die Einhaltung der Bedingungen verzichten kann. Dies führt dazu, dass ggf. trotz Business MAC oder Market MAC die Anleihe platziert wird und damit die Platzierung nicht gegenstandslos wird. Es dient vor allem aber auch der Rechtssicherheit. Bei Zweifelsfragen, ob eine Bedingung eingetreten ist, kann durch einen Verzicht klargestellt werden, dass der Übernahmevertrag trotzdem durchgeführt werden soll.
83
2. Rücktrittsrechte Vertragstechnisch kann anstelle einer Bedingung auch ein Rücktrittsrecht vereinbart werden91, welches je nach Vertragsgestaltung sowohl von dem Konsortium als auch von dem Emittenten ausgeübt werden kann92. Als vertraglich festgelegte Rücktrittsgründe kommen namentlich der Eintritt unvorhersehbarer Ereignisse93 und die wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten bis zum Zeitpunkt der Valutierung in Betracht94.
84
Vereinzelt wird bei Verletzung der Gewährleistung der anderen Vertragspartei neben der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ein Rücktrittsrecht eingeräumt.
85
Gesetzlich kommt ein Rücktrittsrecht nach §§ 323 ff. BGB wegen Unmöglichkeit oder bei Mängeln der Effekten (zur kaufrechtlichen Gewährleistung s. oben Rz. 66) sowie bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Emittenten nach § 321 BGB oder bei Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht95.
86
Bei Eintritt der Ereignisse, die zum Rücktritt berechtigen, können sowohl der Emittent als auch das Konsortium zurücktreten, ohne dass hierdurch irgendwelche Ansprüche
87
91 Vgl. Busch, WM 2001, 1277, 1278, dessen Aufsatz Aktienemissionen zum Gegenstand hat; Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 84 ff.; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 129. 92 Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 84. 93 Busch, WM 2001, 1277, 1278. 94 Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 86. 95 Vgl. Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 68.
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entstehen. In diesem Fall haben – vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung – beide Parteien die ihnen entstandenen Kosten selbst zu tragen96. Aus Gründen der Rechtsklarheit wird das Rücktrittsrecht auf Seiten des Konsortiums meist ausdrücklich dem Konsortialführer zugewiesen. Erfolgt eine solche ausdrückliche Zuweisung nicht, dürfte die Ausübung des Rücktrittsrechts jedoch aufgrund der Wesentlichkeit eines Rücktritts keine Geschäftsführungsmaßnahme sein, so dass der mit Alleingeschäftsführungsbefugnis ausgestattete Konsortialführer nicht zum Rücktritt befugt ist97. 88
Meist wird ebenfalls vertraglich festgelegt, dass die Feststellung über ein zum Rücktritt berechtigendes Ereignis im Ermessen des Konsortialführers steht98. Hierbei steht den Konsortialführern jedoch kein uneingeschränktes Ermessen zu. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu entscheiden, ob die Anleihe noch unter den angestrebten Konditionen platzierbar ist99.
VIII. Sonstige Regelungen 1. Rechtswahl 89
Da der Übernahmevertrag sich als Vertrag sui generis darstellt, gelten die allgemeinen Regeln des Internationalen Privatrechts zum Vertragsstatut100. Anwendbar ist gem. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB zunächst das von den Parteien ausdrücklich oder stillschweigend gewählte Recht. Die Parteien sind in der Wahl des anwendbaren Rechts grundsätzlich frei; sie können den Vertrag auch einem Recht unterstellen, zu dem er sonst keine Beziehung aufweist.
90
Mangels Rechtswahl unterliegt der Vertrag gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB dem Recht, zu dem er die engsten Beziehungen aufweist. Dafür kommt es kraft der gesetzlichen Vermutung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB auf den Ort der beruflichen oder gewerblichen Niederlassung der Partei an, welche die charakteristische Leistung erbringen soll.
91
Grundsätzlich erbringt bei einem Kaufvertrag der Verkäufer die charakteristische Leistung, da der Käufer lediglich zu einer uncharakteristischen Geldleistung verpflichtet ist. Bei Übernahmeverträgen geht es aber über die kaufrechtlichen Elemente hinaus um die Platzierung von Effekten und um das Ob und Wie der Platzierung beim Anlegerpublikum. Auch übernimmt das Bankenkonsortium ggf. Verwaltungs- und andere Pflichten. Es ist also davon auszugehen, dass das Bankenkonsortium die charakteristische Leistung erbringt101. Treten mehrere Banken als Konsortium auf, so ist das Recht des Ortes, an dem die Konsortialführerin ihre Niederlassung hat, maßgeblich102. 96 97 98 99
Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.193. Schäfer in Schwintowski/Schäfer, § 23 Rz. 85. Busch, WM 2001, 1277, 1278 (Fn. 15). Zur Auslösung der Bedingungen durch den Konsortialführer und der insoweit auch beim Rücktrittsrecht geltenden Beweislast s. oben Rz. 82. 100 S. ausführlich zu Fragen des anwendbaren Rechts: Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 306 ff. 101 Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 223; Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 115 m.w.N. 102 Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 223; Magnus in Staudinger, BGB, Art. 28 EGBGB Rz. 237; Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 82.
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2. Gerichtsstand Die Regeln über die internationale Zuständigkeit sind so komplex und umstritten, dass Gerichtsstandsvereinbarungen zur Vermeidung von Konflikten vorteilhaft sind. Es ist allgemein anerkannt, dass der Gerichtsstand durch Parteivereinbarung bestimmt werden kann103. Grundsätzlich dürften sich keine Probleme bezüglich der Gerichtswahl ergeben, weil die Parteien Kaufleute bzw. öffentlich-rechtliche Emittenten sind, und die Schriftform gewahrt wird104.
92
Wird ein Gericht außerhalb des Landes des Emittenten für zuständig erklärt, so ist darauf zu achten, dass Anerkennung und Vollstreckung im Land des Emittenten gewährleistet sind. Grundsätzlich ist es günstig, lex fori und lex causae übereinstimmen zu lassen, da das zuständige Gericht wegen der Nähe zu dem anwendbaren Recht besser in der Lage ist, eine schnelle und gründliche Entscheidung zu finden.
93
IX. Weitere Dokumente im Zusammenhang mit der Begebung von Anleihen 1. Zahlstellenvertrag Der Emittent, für den die Bundesrepublik Deutschland Herkunftsstaat ist (vgl. § 2 Abs. 6 WpHG), hat neben der Übergabe und Begebung der Wertpapiere sicherzustellen, dass der Zinsdienst und auch die Rückzahlung der Anleihe ordnungsgemäß abgewickelt werden. Deshalb hat er eine Zahlstelle zu benennen (vgl. § 30a Abs. 1 Nr. 4 WpHG). Die Vereinbarung über die Beauftragung einer Zahlstelle kann Teil des Übernahmevertrags sein, kann jedoch auch in einem separaten Vertrag vereinbart werden105. Oft wird eine so genannte Hauptzahlstelle benannt. Dies ist regelmäßig die Konsortialführerin106.
94
Aufgabe der Zahlstelle ist es, „alle erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich der Wertpapiere zu bewirken“ (vgl. § 30a Abs. 1 Nr. 4 WpHG). Hierunter fallen unter anderem die fälligen Zins- und Tilgungszahlungen gegen Einreichung der Kupons und Schuldverschreibungen durch die Anleihegläubiger termingerecht durchzuführen, vorläufige Schuldverschreibungen gegen endgültige umzutauschen oder beschädigte und verlorene gegen neue Schuldverschreibungen einzutauschen107. Sofern die Anleihe – was bei börsennotierten Anleihen heute üblich ist – (ausschließlich) girosammelverwahrt ist, wird die Zahlstelle von dem Emittenten die erforderlichen Mittel für fällige Zins- und Tilgungszahlungen anfordern, um diese sodann über die Clearingstelle (z.B. Clearstream Banking AG) zur Zahlung an die Depotbanken zur Verfügung zu stellen.
95
Der Emittent verpflichtet sich, der Hauptzahlstelle die für die Zins- und Tilgungszahlungen erforderlichen Beträge rechtzeitig bereitzustellen. Regelmäßig wird ver-
96
103 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 116 m.w.N. 104 S. dazu auch Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 413 f. 105 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 123; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 783. 106 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 123; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 782 f. 107 Ausführlich zu den Verpflichtungen der Zahlstelle: Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 127 ff.; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 330 ff.
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einbart, dass die Mittel nicht verzinst werden müssen und die entsprechenden Konten des Emittenten bei der Hauptzahlstelle provisionsfrei geführt werden108. 97
Die Zahlstelle erhält für ihre Dienste eine Vergütung, die – im Falle nicht ausschließlich girosammelverwahrter Stücke – proportional zur Zahl der eingelösten oder sonst bearbeiteten Schuldverschreibungen und Kupons berechnet werden kann. Zudem erhält die Zahlstelle die ihr im Zusammenhang mit ihren Aufgaben entstehenden besonderen Auslagen ersetzt109.
98
Im Übrigen lässt sich die Zahlstelle in der Regel von Ansprüchen Dritter aufgrund ihrer Tätigkeit freistellen. Die Freistellung kann sich dabei nicht auf etwaige Ansprüche Dritter aufgrund vorsätzlichen und grob fahrlässigen Verhaltens der Zahlstelle begründen.
99
Die Zahlstelle wird als Erfüllungsgehilfin des Emittenten im Sinne des § 278 BGB tätig. Nach überwiegender Auffassung handelt sie aufgrund eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses mit Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB und nicht als Dritte im Rahmen des § 267 BGB110.
2. Weitere Dokumente 100
Neben der Zahlstelle ist insbesondere der im Bereich des angelsächsischen Rechts entstandene Anleihetrust zu regeln. Dieser dient dazu, eine umfassende, einheitliche, rechtliche und organisatorische Regelung zu schaffen. Dadurch wird eine zusammengefasste Verwaltung und Ausübung der Rechte zahlreicher Anleihegläubiger erreicht111.
101
So verwaltet der Trustee u.a. die für die Anleihe bestellten Sicherheiten. Er überprüft gewisse Verpflichtungen des Emittenten während der Laufzeit der Anleihe, wie z.B. die Einhaltung gewisser Bilanzrelationen. Er passt ggf. die Gläubigerrechte an veränderte Verhältnisse an. Dies kann durch Vereinbarung mit dem Anleiheschuldner erfolgen. Durch solche Regelungen soll auf veränderte Verhältnisse flexibel reagiert werden. Es besteht aber auch die Gefahr einer unkontrollierten Verkürzung der Rechte der Obligationäre. Daher ist zumeist in den Bestimmungen der Anleihetrusts vorgesehen, dass der Trustee Änderungen nur in Angelegenheiten untergeordneter Art selbstständig vereinbaren kann und dass bei wichtigen Angelegenheiten die Zustimmung der Anleihegläubiger erforderlich ist112.
102
Schließlich setzt der Trustee auch Gläubigerrechte bei Leistungsstörungen durch113. Verträge, die die Beziehungen des Emittenten als Anleiheschuldner und der neben ihm verpflichteten Personen zu den Anleihegläubigern organisatorisch regeln, bezeichnet man auch als Anleiheorganisationsverträge114. 108 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 143. 109 S. dazu auch: Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 144; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 333; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 794. 110 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 145; Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 335; Siebel, Rechtsfragen internationaler Anleihen, S. 787. 111 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 581; s. auch § 15 Rz. 82 ff. 112 Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 352. 113 Hartwig-Jacob, Internationale Anleiheemissionen, S. 121. 114 Zu dem Begriff der Anleiheorganisationsverträge s. Horn, Recht der internationalen Anleihen, S. 326.
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§ 26 Konsortialvertrag Christoph Schücking I. Konsortialgeschäft der Banken . . .
1
II. Effektenkonsortialgeschäft . . . . .
3
1. Emissionsgeschäft . . . . . . . . . .
4
2. Platzierung . . . . . . . . . . . . . . .
7
3. Börseneinführung . . . . . . . . . . .
8
4. Verwaltung von Sicherheiten . . . .
10
5. Weitere Dienstleistungen a) Kuponeinlösung . . . . . . . . . . b) Konversion und Umtausch von Urkunden . . . . . . . . . . . . . c) Tilgungen . . . . . . . . . . . . . d) Information der Anleger . . . . . e) Kurspflege . . . . . . . . . . . . .
11 12 13 14 15
III. Funktion des Konsortiums . . . . .
16
1. Vermittlungskonsortium . . . . . .
17
2. Begebungskonsortium . . . . . . . .
18
3. Garantiekonsortium . . . . . . . . .
19
4. Übernahmekonsortium . . . . . . .
20
5. Einheitskonsortium . . . . . . . . .
21
IX. Inhalt des Konsortialvertrags . . . . 1. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitglieder und Quoten . . . . . . . 3. Geschäftsführung und Vertretung . 4. Eigentumsverhältnisse und Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Haftung im Innenverhältnis . . . . 6. Gewinn- und Verlustbeteiligung . . 7. Zusätzliche Regelungen . . . . . . . 8. Nicht geregelte Gegenstände . . . . X. Rechte und Pflichten der Konsortialbanken 1. Rechte der Konsorten . . . . . . . . 2. Pflichten der Konsorten . . . . . . . 3. Haftungsmaßstab . . . . . . . . . . .
43 44 45 46 48 51 53 57 59
61 64 67
IV. Interessen der Beteiligten . . . . . .
22
1. Konsortialführer . . . . . . . . . . .
23
2. Konsortialbanken . . . . . . . . . . .
24
XI. Zusätzliche Rechte und Pflichten des Konsortialführers 1. Geschäftsführung . . . . . . . . . . . 2. Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . 4. Aufwendungsersatz und Haftungsfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auskunftspflichten . . . . . . . . . .
3. Unterbeteiligte . . . . . . . . . . . .
26
XII. Änderungen des Konsortialvertrags
73
4. Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 XIII. Auflösung des Konsortiums 1. Zweckerreichung . . . . . . . . . . . 2. Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . 28 3. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . 29
74 76 77
V. Gestaltungsformen 1. Außenkonsortium . . . . . . . . . . 2. Innenkonsortium . . . . . . . . . . .
4. Einladungsschreiben . . . . . . . . .
30 XIV. Öffentliches Wirtschaftsrecht 1. Bankaufsichtsrecht . . . . . . . 31 2. Kartellrecht . . . . . . . . . . . 35 3. Kapitalmarktrecht a) Verhaltenspflichten . . . . . b) Insiderrecht . . . . . . . . . c) Mitteilungs- und Veröffent36 lichungspflichten . . . . . . d) Wertpapierübernahmerecht 37 4. Währungs- und Devisenrecht . 38 5. Außenwirtschaftsrecht . . . . 40
5. Konsortialvertrag . . . . . . . . . . .
42
3. Unterkonsortium . . . . . . . . . . . VI. Rechtsnatur des Konsortiums . . . VII. Anwendbares Recht . . . . . . . . . VIII. Zustandekommen des Konsortialvertrags 1. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelkonsortium . . . . . . . . . . 3. Einheitsvertragskonsortium . . . .
68 69 70 71 72
. . . . . . . . .
79 80 81
. . . . . .
83 84
. . . .
. . . .
86 87 89 91
XV. Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . .
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Schücking
§ 26
Konsortialvertrag
Schrifttum: Andreas, Das Bundesanleihekonsortium, Probleme der Ordnung und Regulierung des Kapitalmarktes (Schriftenreihe des Instituts für Kapitalmarktforschung), 1972, S. 102; Assmann, Zur Haftung von Konsortien für das rechtsgeschäftliche Handeln ihrer Vertreter, ZHR 152 (1988), 371; Bärwaldt, Emissionskonsortium, in Beck’sches Hdb. Personengesellschaften, 2. Aufl. 2002, § 20 Rz. 71 ff.; Bartz, Emissionsgeschäft, in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2004, S. 1265; Biber, Das Konsortialgeschäft der Banken in steuerlicher Sicht, 1980; Böse, Der Einfluss zwingenden Rechts auf internationale Anleihen, 1963; Delorme/Hoessrich, Konsortial- und Emissionsgeschäft, 2. Aufl. 1971; De Meo, Bankenkonsortien, 1994; Hartwig-Jacob, Die Vertragsbeziehungen und die Rechte der Anleger bei internationalen Anleiheemissionen, 2001; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, Recht und Praxis in der EG, in Deutschland und in der Schweiz, 1991; Hopt, Emissionsgeschäft und Emissionskonsortien, FS Alfred Kellermann, 1991, S. 181; Hottenrott, Ausgesuchte Fragen des Rechts der Begebung von Globalanleihen durch deutsche Emittenten, 2002; Immenga, Die Stellung der Emissionskonsortien in der Rechts- und Wirtschaftsordnung, 1981; Koch, Das Konsortialgeschäft der Banken, BankA 1921/22, 237; Köndgen, Zur Theorie der Prospekthaftung, AG 1983, 85 und 120; Möschel, Das Konsortialgeschäft der Kreditinstitute im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Emissionskonsortien als marktbeherrschende Unternehmen, ZHR 136 (1972), 273; W. Obermüller/M. Obermüller, Die Unterbeteiligung im Bankgeschäft, Eine Übersicht über die Praxis, FS W. Werner, 1984, S. 607; Pöhler, Das internationale Konsortialgeschäft der Banken, 1988; Reiter, Das Bundesanleihekonsortium im Zusammenhang mit Gesamtwirtschaft, Staat, Banken und Kapital, 1967; Freiherr von Rosen, Der zentrale Kapitalmarktausschuss, 1975; Freiherr von Rosen, Freiwillige Selbstkontrolle für DM-Auslandsanleihen, ZKW 1973, 894; Schönle, Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 1976; Scholze, Das Konsortialgeschäft der deutschen Banken (2 Halbbände), 1973; Scholze, Das Konsortialgeschäft, ZKW 1954, 160; Scholze, Vorfinanzierung und Emission, ZKW 1954, 188; Scholze, Zeichnung und Prospekthaftung, ZKW 1954, 216; Schücking, Das Internationale Privatrecht der Banken-Konsortien, WM 1996, 281; Schücking, Emissionskonsortien, in MünchHdb. GesR Bd. 1, 2. Aufl. 2004, § 32; Singhof, Die Außenhaftung von Emissionskonsorten für Aktieneinlagen, 1998; Storck, Das Konsortialgeschäft der Euro-Banken, Die Bank 1979, 529; Sydow, Über Consortien oder so genannte Syndikate zur Actienbegebung, ZHR 19 (1874), 427; Timm/Schöne, Zwingende gesamtschuldnerische Haftung der Mitglieder eines Übernahmekonsortiums?, ZGR 1994, 113; Vallenthin, Rechtsgrundlagen des Bankgeschäfts, 1974; H.P. Westermann, Das Emissionskonsortium als Beispiel der gesellschaftsrechtlichen Typendehnung, AG 1967, 285; Ungnade, Rechtliche Aspekte der DM-Auslandsanleihen, BB 1975, 300; Wielens, Die Emission von Auslandsanleihen, 1971.
I. Konsortialgeschäft der Banken 1
Zum Konsortialgeschäft der Banken gehören zum einen die dem Kreditgeschäft zuzuordnenden Kredit-, Sicherheiten- und Sanierungskonsortien und zum anderen die im Zusammenhang mit dem Effektengeschäft eingegangenen Konsortialverträge, für die sich der Oberbegriff „Emissionskonsortien“ eingebürgert hat. Die Abgrenzung der Emissionskonsortien von den Kredit- und Sicherheitenkonsortien ist nicht so scharf, wie dies auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn es gibt Emissionen von Wertpapieren, die parallel mit der Gewährung eines Konsortialkredits durchgeführt werden. So hat z.B. die Heidelberger Zement AG 2003 gleichzeitig eine Erhöhung ihres Grundkapitals und eine von ihr begebene Wandelschuldverschreibung bei Anlegern platziert und einen Konsortialkredit aufgenommen. In anderen Fällen werden zur Finanzierung von Unternehmenskäufen durch Finanzinvestoren gleichzeitig konsortialiter gewährte Akquisitionskredite aufgenommen und gegenüber diesen nachrangige High Yield Bonds begeben und bei Investoren platziert. Zudem werden bei der Begebung von Anleihen in manchen Fällen Sicherheitentreuhänder eingesetzt, die eine ähnliche Rolle wie die Treuhänder von Sicherheitenpools spielen. 714
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§ 26
Konsortialvertrag
Gemeinsam mit den Beteiligungskonsortien machen die genannten Kredit- und Emissionskonsortien das Konsortialgeschäft der Banken aus. Dieses Geschäft ist entsprechend seiner lateinischen Wurzel „consors“ (= Schicksalsgenosse) dadurch gekennzeichnet, dass die mit größeren Geschäften verbundenen Risiken auf mehrere Beteiligte verteilt werden. Während bei den Kreditkonsortien der Gedanke der Risikoteilung so stark im Vordergrund steht, dass sie als Gefahrengemeinschaften einzustufen sind, gewinnt bei den Emissionskonsortien die gemeinsame Erbringung einer Dienstleistung gegenüber dem Motiv der Risikoteilung so viel Gewicht, dass sie als Leistungsgemeinschaften angesehen werden, bei denen der Zusammenschluss gerade auch deshalb erfolgt, um gemeinsam Leistungen zu erbringen, zu denen jeder einzelne Konsorte für sich allein entweder gar nicht oder nicht gleich gut und gleich schnell im Stande wäre.
2
II. Effektenkonsortialgeschäft Für Bankenkonsortien, die wertpapierbezogene Geschäfte erbringen, hat sich der Begriff „Emissionskonsortium“ als Bezeichnung durchgesetzt. Solche Konsortien sind aber keineswegs nur im Emissionsgeschäft in dem engen Sinne tätig, wie es etwa in § 1 Abs. 1 Nr. 10 KWG und in § 2 Abs. 3 Nr. 5 WpHG beschrieben ist. Sie erbringen vielmehr zahlreiche weitere Dienstleistungen.
3
1. Emissionsgeschäft Das Emissionsgeschäft bildet den Schwerpunkt der Tätigkeit der Banken im Effektenkonsortialgeschäft. Der vom lateinischen „emittere“ (= aussenden, ausschicken) abgeleitete Begriff Emission bezeichnet die „Ausgabe“ von Wertpapieren. Dabei hat das Fremdwort „Emission“ denselben zweifachen Sinn wie das deutsche Wort „Ausgabe“. Es bezeichnet zum einen den Vorgang der Ausgabe von Wertpapieren und zum anderen die Gesamtheit aller gleichzeitig ausgegebenen Wertpapiere einer Gattung. Im Emissionsgeschäft der Banken geht es um diesen Vorgang der Ausgabe von Wertpapieren. Dementsprechend befassen sich die Banken im Emissionsgeschäft mit der Ausstellung, Begebung, Übernahme und Platzierung neuer Wertpapiere sowie der Platzierung bereits bestehender Wertpapiere, vor allem in Form „alter Aktien“, wie sie bei der Privatisierung von Staatsunternehmen und beim Börsengang von Unternehmen (IPO) platziert werden.
4
Das Emissionsgeschäft liegt nahezu ausschließlich in der Hand von Banken und Finanzdienstleistungsinstituten. Die Gründe dafür liegen im Kapitalmarkt- und im Aktienrecht. Denn nur Banken oder Finanzdienstleistungsinstitute, die die in § 32 Abs. 2 BörsG genannten Voraussetzungen erfüllen, können die Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen Börsenhandel oder zum Handel am geregelten Markt beantragen. Bei der Emission von Aktien wirkt sich die in § 186 Abs. 5 AktG getroffene Regelung zugunsten der Banken aus, dass das mittelbare Bezugsrecht der Aktionäre nur durch inländische und bestimmte ausländische Kreditinstitute abgewickelt werden darf. Zudem setzen die Übernahme von Wertpapieren und die Abgabe von Platzierungsgarantien nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 10, 32 KWG eine Bankerlaubnis voraus.
5
Das Emissionsgeschäft der Banken wird durch weitere Dienstleistungen vor und nach der Ausgabe neuer Wertpapiere ergänzt, die von den Banken zusätzlich zu ihren
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§ 26
Konsortialvertrag
Dienstleistungen bei der Ausgabe und Platzierung der Wertpapiere erbracht werden. Dies gilt sowohl für die Beratung des Emittenten über die zweckmäßige Emissionspolitik, die Art der auszugebenden Wertpapiere, eine geeignete Strategie zur Platzierung der Wertpapiere und die Wahl des besten Zeitpunkts für die geplante Emission als auch für eine Reihe nachstehend angesprochener Dienstleistungen, die im Anschluss an die Ausgabe und Platzierung der neuen Wertpapiere erbracht werden.
2. Platzierung 7
Im Mittelpunkt des Emissionsgeschäfts steht die Platzierung der Wertpapiere bei geeigneten Investoren. Dabei geht es dem Emittenten vor allem darum, die von ihm ausgestellten Wertpapiere unterzubringen. Darüber hinaus legt er jedoch auch Wert darauf, seine Emission bei langfristig orientierten Kapitalanlegern zu platzieren, damit der Kurs der Wertpapiere nicht durch kurzfristige Verkäufe unter Druck gerät. Die Wertpapiere werden regelmäßig öffentlich platziert und zwar auf der Grundlage eines Verkaufsprospekts, für den die Bestimmungen des Wertpapierprospektgesetzes gelten. Bisweilen werden Wertpapiere auch durch ein Private Placement im Wege einer individuellen Ansprache einzelner Investoren platziert, ohne dass ein öffentliches Angebot stattfindet.
3. Börseneinführung 8
Da die Anleger bevorzugt in fungible Wertpapiere investieren, ist die Börseneinführung der angebotenen Wertpapiere in aller Regel Voraussetzung für deren er folgreiche Platzierung. Gleichwohl sind die Dienstleistungen der Börseneinführung und der Platzierung von Wertpapieren nicht untrennbar mit einander verbunden und es gibt auch Emissionskonsortien, die nur die eine oder die andere dieser Dienstleistungen erbringen.
9
Das von den Konsortialbanken zur Herbeiführung einer Börseneinführung zu leistende Programm richtet sich nach den für das jeweilige Marktsegment geltenden Vorschriften. Sie finden sich für den regulierten Markt in den §§ 32 ff. BörsG und den Vorschriften der Börsenzulassungsverordnung. Die Richtlinien für den Freiverkehr der jeweiligen Wertpapierbörse regeln die Einbeziehung von Wertpapieren in den geregelten Freiverkehr (§ 48 BörsG). Mit dem Antrag auf Börsenzulassung übernehmen die Konsortialbanken gesamtschuldnerisch mit dem Emittenten die Prospekthaftung (§§ 44 ff. BörsG).
4. Verwaltung von Sicherheiten 10
Unternehmensanleihen werden bisweilen durch Grundpfandrechte, Bürgschaften oder Garantien sicher gestellt. In diesen Fällen bedarf es eines Grundbuchvertreters gem. §§ 187, 189 BGB oder eines Sicherheitentreuhänders. Er nimmt die gestellte Sicherheit für Rechnung der Anleihegläubiger entgegen, verwaltet sie und verwertet sie im Sicherungsfall. Diese Dienstleistung übernimmt typischerweise der Konsortialführer. Er wird aufgrund eines mit dem Emittenten zugunsten der Anleihegläubiger als unmittelbar berechtigten Dritten (§ 328 BGB) abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags tätig. 716
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5. Weitere Dienstleistungen a) Kuponeinlösung Wertpapiere können nur zum Börsenhandel zugelassen werden, wenn mindestens eine Bank als Zahlstelle die Zinsen oder Dividenden an die Inhaber der zu den zugelassenen Wertpapieren gehörenden Zins- oder Dividendenscheine auszahlt. Deshalb übernehmen Emissionskonsortien häufig auch die Kuponeinlösung für den Emittenten.
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b) Konversion und Umtausch von Urkunden Soweit im Effektengeschäft überhaupt noch effektive Urkunden ausgegeben werden1, wird es von Zeit zu Zeit erforderlich, solche Wertpapiere umzutauschen, etwa bei einer Änderung der Firma des Emittenten, bei der Herabsetzung des Nennwerts der Aktien, bei der Umstellung auf Stückaktien oder bei Durchführung von Verschmelzungen. Bei festverzinslichen Wertpapieren machen Konversionen, d.h. Herab- oder Heraufsetzungen des Zinssatzes, den Umtausch der Anleiheurkunden erforderlich, und eine andere Form der Konversion eines Wertpapiers in ein anderes liegt vor, wenn Wandlungsrechte (z.B. aus einer Wandelanleihe) ausgeübt und dazu Urkunden über die Wandelanleihe gegen Aktienurkunden ausgetauscht werden. Alle diese Fälle lassen sich nur unter Mithilfe einer Bank oder eines Bankenkonsortiums abwickeln.
12
c) Tilgungen Festverzinsliche Wertpapiere sind am Ende ihrer Laufzeit an die Investoren zurückzubezahlen. Die Tilgung der Anleihen wird technisch vom Emissionskonsortium für Rechnung des Emittenten abgewickelt.
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d) Information der Anleger Da die Emittenten bei der in Deutschland überwiegenden Ausgabe von Inhaberwertpapieren ihre Anleger allenfalls ausnahmsweise kennen, kommt den Bankenkonsortien mit der Weitergabe von Informationen des Emittenten an die Anleger eine wichtige Funktion im Rahmen der Kommunikation zwischen den Emittenten und den Inhabern der von ihnen ausgegebenen Wertpapiere zu. Dies betrifft die Verteilung von Geschäftsberichten, Zwischenberichten, Hauptversammlungseinladungen, Bezugsaufforderungen, Umtauschangeboten und anderen die ausgegebenen Wertpapiere oder den Emittenten betreffenden Mitteilungen und ist rechtlich in dem Umfang geboten, dass die Banken die ihnen nach § 128 AktG obliegende Verpflichtung zur Information ihrer Depotkunden erfüllen können.
14
e) Kurspflege Zu den Dienstleistungen der Banken im Anschluss an eine Emission gehören auch die unten in § 34 ausführlich behandelten Stabilisierungsmaßnahmen, mit denen die nach der Aufnahme des Börsenhandels für neu ausgegebene Wertpapiere erfah1 Vgl. Than in FS Schimansky, 1999, S. 821, 828 ff.
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rungsgemäß überdurchschnittlich starken Ausschläge des Kurses nach der einen oder anderen Seite vermieden oder abgemildert werden sollen2.
III. Funktion des Konsortiums 16
Emissionskonsortien übernehmen bei der Emission von Wertpapieren unterschiedliche Funktionen, die sich in den Bezeichnungen wiederfinden, die für die einzelnen Typen von Emissionskonsortien verwendet werden.
1. Vermittlungskonsortium 17
Ein Vermittlungskonsortium übernimmt es, die neu ausgegebenen Wertpapiere gegen Provision im Markt zu platzieren und dem Emittenten Anleger nachzuweisen, die zum Erwerb der Wertpapiere bereit sind. Solche bloß auf die Vermittlung der Wertpapiere beschränkten Konsortien sind im derzeitigen Kapitalmarkt selten zu finden.
2. Begebungskonsortium 18
Ebenso selten stoßen wir gegenwärtig auf Begebungskonsortien, die die ausgegebenen Wertpapiere den Investoren im eigenen Namen anbieten, im Innenverhältnis jedoch auf Rechnung des Emittenten handeln, bei dem das Platzierungsrisiko verbleibt3.
3. Garantiekonsortium 19
Zu den in der Praxis seltenen Konsortien gehören auch die Garantiekonsortien, die sich nicht mit der Platzierung der neuen Wertpapiere befassen, sondern sich darauf beschränken, dem Aussteller dieser Wertpapiere die Unterbringung der angebotenen Wertpapiere zu garantieren4.
4. Übernahmekonsortium 20
Übernahmekonsortien erwerben sämtliche neu ausgestellten Wertpapiere und bezahlen sie sofort an den Emittenten, ohne eine Verpflichtung zur Weiterplatzierung der Wertpapiere zu übernehmen5. Den Mitgliedern eines Übernahmekonsortiums steht es demgemäß frei, die übernommenen Wertpapiere früher oder später an Kapitalanleger weiterzugeben oder sie zu behalten.
2 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.82 ff. und 16.381 ff.; Schäfer, WM 1999, 1345. 3 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rz. 9.23 ff.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/78; Delorme/Hoessrich, Konsortial- und Emissionsgeschäft, S. 54. 4 Vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/78. 5 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.26 ff.; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/77; Delorme/Hoessrich, Konsortial- und Emmissionsgeschäft, S. 54 f.
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5. Einheitskonsortium Die im Emissionsgeschäft gängige Form des Konsortiums ist das Einheitskonsortium, dessen Mitglieder sich gegenüber dem Emittenten sowohl zur festen Übernahme der Emission als auch dazu verpflichten, die Wertpapiere bei Investoren zu platzieren6. Das Einheitskonsortium verbindet also die Funktion eines Übernahmekonsortiums mit derjenigen eines Begebungskonsortiums. Der auf die Funktion des Konsortiums abstellende Begriff „Einheitskonsortium“ ist nicht mit dem Begriff Einheitsvertragskonsortium (vgl. Rz. 38) zu verwechseln, der daran anknüpft, wie der Konsortialvertrag zustande kommt.
21
IV. Interessen der Beteiligten Das Verständnis von Konsortialverträgen und ihre Auslegung wird durch einen Blick auf die Interessen der am Effektenkonsortialgeschäft Beteiligten erleichtert.
22
1. Konsortialführer Angesichts der herausgehobenen Rolle, die der Markt dem Konsortialführer zumisst und der Chancen, auch bei Folgegeschäften attraktive Provisionserträge zu erzielen, sind als Konsortialführer beauftragte Banken daran interessiert, möglichst oft mit erfolgreichen Emissionen als Konsortialführer in Verbindung gebracht zu werden. Daneben richten sich die Interessen der Konsortialführer regelmäßig darauf, ihre eigene Rolle bei der Abwicklung des Emissionsgeschäfts gegenüber den übrigen Konsortialbanken zu stärken und die Mitwirkungs- und Mitspracherechte der Konsortialbanken gering zu halten. Gleichzeitig liegt es im Interesse des Konsortialführers, möglichst viele der mit dem Emissionsgeschäft verbundenen Risiken nach Maßgabe der Konsortialquoten im Konsortium zu verteilen und eine Alleinhaftung des Konsortialführers (für den Ausfall einzelner Konsorten, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts oder für Schadensersatzansprüche des Emittenten) nach Möglichkeit zu vermeiden.
23
2. Konsortialbanken Die Konsortialbanken haben einerseits das gemeinsame Interesse, das jeweilige Emissionsgeschäft erfolgreich durchzuführen und die Wertpapiere reibungslos zu platzieren. Hierfür sind die Wahl des Verfahrens zur Ermittlung des Platzierungspreises und die Festlegung der Rendite (als Funktion des Nominalzinses, der Laufzeit und des Ausgabekurses) bei Anleihen sowie des Ausgabepreises bei Aktien ganz entscheidende Faktoren. Daneben ist jede einzelne Konsortialbank daran interessiert, sich selbst dauerhaft im Emissionsgeschäft zu etablieren und für die Übernahme von Konsortialführungen zu qualifizieren.
24
Bei der Festlegung der Quoten und der Verteilung der Provisionserträge sowie der Haftungs- und Ausfallrisiken innerhalb des Konsortiums haben die Konsortialban-
25
6 Vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/80; diese Art von Konsortium wird auch als Übernehmerkonsortium bezeichnet; vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.26; Ulmer in MünchKomm. BGB, 4. Aufl. 2003, vor § 705 Rz. 52.
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ken im Verhältnis untereinander und vor allem zum Konsortialführer gegenläufige Interessen.
3. Unterbeteiligte 26
Wer sich an der Beteiligung eines Konsorten an einem Emissionskonsortium unterbeteiligt, hat zum einen ein Interesse daran, dass der Hauptbeteiligte seinerseits innerhalb des Konsortium eine möglichst starke Stellung hat, was seine Mitwirkungsbefugnisse und seine Beteiligung an den Provisionserträgen angeht. Zum anderen ist jeder Unterbeteiligte daran interessiert, dass der Hauptbeteiligte ihn ungekürzt, wenn auch quotal im Umfang der Unterbeteiligung, an der Provision beteiligt und sich vor der Ausübung von Mitspracherechten mit dem Unterbeteiligten abstimmt.
4. Dritte 27
Das Interesse der Emittenten, sich mit Hilfe der Konsortialbanken einen Zugang zu langfristig orientierten Kapitalanlegern zu schaffen, der ihnen möglichst auch für Folgeemissionen zur Verfügung steht, und die durch die Tragung der Emissionsprovision und die Übernahme von Auslagen der Konsortialbanken verursachten Kosten gering zu halten, wirkt sich allenfalls mittelbar auf die Konsortialverträge zwischen den beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten aus. Dasselbe gilt für das Interesse der Investoren, erstklassige Wertpapiere gut fundierter Aussteller möglichst preisgünstig und mit der Chance auf Kurssteigerungen erwerben zu können.
V. Gestaltungsformen 1. Außenkonsortium 28
In der Praxis des Emissionsgeschäfts überwiegt das Außenkonsortium. Es wird auch als offenes Konsortium bezeichnet. Die Konsortialbanken treten gegenüber Dritten als Konsortium auf, und der Konsortialführer handelt grundsätzlich im Namen und für Rechnung des Konsortiums. Da der Bundesgerichtshof die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von BGB-Gesellschaften an das Vorliegen eines Gesamthandsvermögens geknüpft hat7, dessen Entstehung im Konsortialvertrag eines Emissionskonsortiums regelmäßig ausgeschlossen wird, gehört ein Emissionskonsortium selbst dann, wenn es als Außenkonsortium am Rechtverkehr teilnimmt, nicht zu den BGB-Außengesellschaften, die der Bundesgerichtshof als rechtsfähig behandelt und für die er § 31 BGB und §§ 128 f. HGB hinsichtlich der persönlichen Haftung der Beteiligten für das der Gesellschaft zugerechnete Organverschulden für entsprechend anwendbar erklärt hat8. Denn ihm fehlt das für die Rechtsfähigkeit konstitutive gesamthänderisch gebundene Gesellschaftvermögen, welches über die bloßen Sozialansprüche hinausgehen muss. Das Außenkonsortium ist gesellschaftsrechtlich nur eine Innengesellschaft, die indes nach außen auftritt.
7 Vgl. BGH v. 23.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 343 f. 8 Vgl. BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88, 94 f.
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2. Innenkonsortium Ein Innenkonsortium tritt im Rechtsverkehr nicht als Konsortium hervor. Die konsortialführende Bank handelt vielmehr im eigenen Namen, aber für Rechnung des Konsortiums. Typischerweise vereinbaren die an einem Innenkonsortium beteiligten Banken die Vertraulichkeit des zwischen ihnen bestehenden Konsortialverhältnisses.
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3. Unterkonsortium Wenn eine Konsortialbank an ihrer Beteiligung am Emissionskonsortium einem Dritten eine Unterbeteiligung einräumt, entsteht damit ein Unterkonsortium. Es wird regelmäßig ebenso vertraulich behandelt wie das Innenkonsortium. In einem Emissionskonsortium können mehrere Unterkonsortien vorkommen, und zwar auch in der Weise, dass ein Unterkonsorte einem Dritten wiederum eine Unterbeteiligung an der von ihm gehaltenen Unterbeteiligung einräumt.
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VI. Rechtsnatur des Konsortiums Während Konsortialverträge im 19. Jahrhundert zunächst als Austauschverträge angesehen wurden, setzte sich nach der gesetzlichen Regelung der Gelegenheitsgesellschaft in Art. 266 bis 270 ADHGB in der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts9 und im Schrifttum10 die bis heute herrschende Auffassung durch, dass Emissionskonsortien Gelegenheitsgesellschaften sind.
31
Diese rechtliche Qualifikation der Emissionskonsortien ist in neuerer Zeit mehrfach in Frage gestellt worden. 1967 hat H.P. Westermann die Feststellung von Grzimek aus dem Jahre 191011 aufgegriffen, dass das Emissionskonsortium diejenige Gesellschaft sei, „für die sämtliche Vorschriften des Gesellschaftsrechts abbedungen sind“, und Emissionskonsortien als Beispiel gesellschaftsrechtlicher Typendehnung dargestellt12. In diesem Zusammenhang hat er auch die Frage aufgeworfen, ob die Vertragsfreiheit es gestatte, den „lebensmäßig ausgebildeten Typus des Emissionskonsortiums“ ganz aus dem Recht der BGB-Gesellschaft zu entlassen und ihn als einen autonomen Vertragstyp zu behandeln13.
32
Diese Frage ist von Bosch wieder aufgegriffen worden14. Er hat darauf hingewiesen, dass in vielen Konsortialverträgen die Einordnung des Konsortiums als BGB-Gesellschaft ausdrücklich ausgeschlossen wird. Dies gilt insbesondere für Verträge, die den Mustern der International Primary Markets Association (IPMA) folgen. Bosch hält deshalb die Behandlung von Emissionskonsortien als Personengesellschaften in ihren praktischen Auswirkungen für wenig klar und für international nicht akzeptanzfähig15. Das Problem mangelnder internationaler Akzeptanz der dem deutschen Recht eigentümlichen Qualifikation von Emissionskonsortien als Personengesell-
33
9 10 11 12 13 14 15
Vgl. ROHG 13, 306. Vgl. Sydow, ZHR 19 (1874), 427, 440. Grzimek, Die Rechtsgrundsätze der Begebungskonsortien, 1910, S. 29 ff. H.P. Westermann, AG 1967, 285. H.P. Westermann, AG 1967, 285, 292. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/32. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/36.
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schaft sollte indessen eher auf der Ebene des Kollisionsrechts als im materiellen Recht berücksichtigt werden. Und der ausdrückliche Ausschluss der Qualifikation als Gesellschaft kann auch dahin ausgelegt werden, dass die Beteiligten nicht das Vorliegen einer Personengesellschaft als solche, sondern bloß einzelne der mit ihr verbundenen Rechtsfolgen, wie die Vertretungsmacht des Konsortialführers nach § 714 BGB oder die Entstehung eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens nach §§ 718 f. BGB, ausschließen wollen. Es erscheint deshalb als zu weitgehend, aus dem ausdrücklichen Ausschluss der Einordnung als Personengesellschaft, der sich in einer Reihe von Konsortialverträgen findet, darauf schließen zu wollen, dass die Zuordnung der Emissionskonsortien zu den BGB-Gesellschaften insgesamt obsolet geworden sei. 34
Zwar ist ein Emissionskonsortium sicher keine typische BGB-Gesellschaft. Doch spricht viel dafür, es auch weiterhin den Vorschriften der §§ 705 ff. BGB zu unterstellen, deren Anwendbarkeit auf Emissionskonsortien sich seit mehr als 100 Jahren insgesamt durchaus bewährt hat. Dem gegenüber erscheint es als fraglich, ob etwas damit gewonnen würde, wenn die inhaltliche Ausgestaltung materiellem deutschem Recht unterliegender Verträge gestützt auf die in § 311 Abs. 1 BGB vorausgesetzte Vertragsfreiheit in die Hände internationaler privater Vereinigungen wie der IPMA gelegt würde.
VII. Anwendbares Recht 35
Sobald dem Emissionskonsortium mindestens eine ausländische Bank angehört, entsteht ein internationales Konsortium. Solche Konsortien werden in aller Regel gerade deshalb gebildet, weil eine internationale Emission mit der Platzierung von Wertpapieren im Ausland geplant ist. Bei der Bestimmung des für internationale Emissionskonsortien anwendbaren Rechts besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der Rechtspraxis, die mit Rechtswahlklauseln arbeitet, und den Regeln des Internationalen Privatrechts. Diese lassen es jedenfalls nach herkömmlicher Auffassung als höchst fraglich erscheinen, ob internationale Emissionskonsonsortien überhaupt einer Rechtswahl nach Art. 27 EGBGB zugänglich sind. Letzteres wird nur für internationale Innenkonsortien und Unterbeteiligungen allgemein bejaht16. Bei den Außenkonsortien muss zwischen deren Innen- und Außenverhältnis unterschieden werden. Zur Regelung des Innenverhältnisses kann das anwendbare Recht entsprechend der weitverbreiteten Praxis durch eine ausdrückliche Rechtswahl bestimmt werden. Für das Außenverhältnis lässt die herrschende Meinung keine Rechtswahl zu, sondern knüpft an das Sitzstatut des Emissionskonsortiums an17. Da Außenkonsortien indes keine rechtsfähigen Außengesellschaften, sondern bloß nach außen auftretende Innengesellschaften sind, können sie auch kollisionsrechtlich insgesamt als Schuldverträge qualifiziert werden. Damit lässt sich eine Diskrepanz zwischen der seit langem üblichen Praxis der Rechtswahl und den nur scheinbar abweichenden Regeln des internationalen Gesellschaftsrechts vermeiden18. Die geplante Anerkennung der Gründungstheorie in Art. 10 EGBGB n.F. wird dieses Problem endgültig lösen. 16 Vgl. Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 32 Rz. 101. 17 Vgl. Großfeld in Staudinger, BGB, 1998, IntGesR Rz. 777; Kindler in MünchKomm. BGB, 3. Aufl., IntGesR Rz. 198. 18 Vgl. Schücking, WM 1996, 281, 287 f.
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VIII. Zustandekommen des Konsortialvertrags 1. Form Konsortialverträge kommen wie alle anderen Gesellschaftsverträge über Personengesellschaften grundsätzlich formfrei zustande. Werden Emissionskonsortien als Außenkonsortien gebildet, entspricht die Schriftform indes dem üblichen Handelsbrauch. Selbst bei Innenkonsortien kommen mündlich abgeschlossene Konsortialverträge nur in seltenen Ausnahmefällen vor.
36
2. Einzelkonsortium Bei der Bildung eines Emissionskonsortiums durch Einzelkonsortien schließt der Konsortialführer mit jeder Konsortialbank einen Einzelvertrag ab, und es entstehen Rechtsbeziehungen jeweils nur zwischen der einzelnen Konsortialbank und dem Konsortialführer, nicht aber zwischen den einzelnen Konsortialbanken. Diese heute nicht mehr gebräuchliche Form der Bildung eines Emissionskonsortiums hatte für den Konsortialführer den Vorteil, dass jede Konsortialbank nur die sie selbst betreffenden Regelungen kannte, während der Konsortialführer die Möglichkeit hatte, in den verschiedenen Einzelkonsortien sogar wirtschaftlich unterschiedliche Bestimmungen zu vereinbaren. Zu seinem Schutz ist dem Konsortialführer bei der Vereinbarung von Einzelkonsortien allerdings zu empfehlen, dass die einzelnen Konsortialverträge aufschiebende Bedingungen des Inhalts enthalten, dass sie nur alle gleichzeitig oder gar nicht entstehen.
37
3. Einheitsvertragskonsortium Der heute üblichen Praxis entspricht es, dass der Konsortialführer und sämtliche Konsortialbanken (mit Ausnahme etwaiger still unterbeteiligter Banken) ein und denselben Konsortialvertrag unterzeichnen. Durch diesen Vertrag, der sowohl die Rechtsbeziehungen der Konsortialbanken zum Konsortialführer als auch ihre Rechtsbeziehungen untereinander regelt, entsteht ein einziges einheitliches Emissionskonsortium, innerhalb dessen grundsätzlich Transparenz über die wirtschaftlichen Absprachen besteht.
38
Der Konsortialvertrag eines Einheitsvertragskonsortiums muss nach §§ 127 Satz 1, 126 Abs. 2 Satz 1 BGB von allen Konsortialbanken unterzeichnet werden und anschließend allen Konsortialbanken gem. § 130 BGB zugehen. Um Zeitverlust und technische Probleme beim Abschluss des Konsortialvertrags zu vermeiden, empfiehlt es sich, im Konsortialvertrag einerseits vorzusehen, dass er zustandekommt, sobald dem Konsortialführer von jeder Konsortialbank ein gegengezeichnetes Exemplar des Konsortialvertrags vorliegt, und andererseits von § 127 Abs. 2 BGB Gebrauch zu machen und per Telefax übermittelte Erklärungen für ausreichend zu erklären. Auf § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB und auf den Zugang der Annahmeerklärungen der übrigen Konsortialbanken sollte entweder verzichtet oder der Konsortialführer ermächtigt werden, im Namen jeder Konsortialbank die auf den Abschluss des Konsortialvertrags gerichteten Willenserklärungen aller anderen Konsortialbanken entgegenzunehmen.
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4. Einladungsschreiben 40
Mit einem Einladungsschreiben bestätigt die als Konsortialführerin beauftragte Bank den von ihr in Absprache mit dem Emittenten ausgewählten Banken die zuvor am Telefon besprochene Absicht, sie in das zu bildende Emissionskonsortium aufzunehmen, dessen Zweck, Struktur und wesentliche Konditionen dem eingeladenen Institut zugleich vorgestellt werden. Des weiteren wird die für den künftigen Konsorten vorgesehene Beteiligungsquote vorläufig festgelegt. Der Konsortialführer bittet den angesprochenen Konsorten regelmäßig um die schriftliche Bestätigung seiner Teilnahme zu den mitgeteilten Bedingungen19.
41
Das Einladungsschreiben erweist sich damit rechtlich als ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das einen Vorvertrag20 zum Abschluss eines Konsortialvertrags zum Gegenstand hat21. Auf eine Gegenzeichnung durch den Adressaten kommt es rechtlich nur an, wenn entweder der Nachweis seines Zugangs zweifelhaft ist oder sein Inhalt mehr als nur in unwesentlichen Nebenpunkten von den vorausgegangenen Gesprächen abweicht. Dass dieser Vorvertrag nur zwischen jeweils zwei der häufig zahlreichen Parteien des späteren Konsortialvertrags abgeschlossen wird, wirft die Frage auf, ob er gleichwohl Schutzwirkungen zugunsten anderer (präsumptiver) Konsorten oder gar des Emittenten entfaltet, wenn ein eingeladener Konsorte später trotz Annahme des Einladungsschreibens ausfallen sollte.
5. Konsortialvertrag 42
Dem Einladungsschreiben folgt dann der eigentliche Konsortialvertrag, der bei internationalen Transaktionen, auch wenn sie deutschem Recht unterliegen, als „Agreement among Managers“ oder als „Agreement among Underwriters“ bezeichnet wird. Sein Inhalt ist sogleich ausführlich zu behandeln. Für sein Zustandekommen gelten die in Rz. 39 gegebenen Hinweise. Sie sind indes gegenstandslos, wenn die Konsorten bereits mit der Gegenzeichnung des Einladungsschreibens Vollmacht an Mitarbeiter des Konsortialführers erteilt haben, sie beim Abschluss des Konsortialvertrags zu vertreten22.
IX. Inhalt des Konsortialvertrags 43
Die Regelungen des Konsortialvertrags stehen in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Übernahmevertrag, den das Konsortium mit dem Emittenten der Wertpapiere schließt und der je nach deren Art in §§ 23 bis 25 erörtert wird. Dieser Zusammenhang folgt daraus, dass sich das Emissionskonsortium ja gerade zu dem Zweck bildet, den Übernahmevertrag gemeinsam durchzuführen.
19 Vgl. die Muster in Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/240, 10/244, 10/333a und 10/333d. 20 Vgl. Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 2 Rz. 31. 21 A.A. Bärwaldt in Beck’sches Hdb. PersG, § 20 Rz. 88 und Schanz in Beck’sches Hdb. PersG, § 9 Rz. 29: Konsortialvertrag kommt durch Einladungsschreiben zustande. 22 Vgl. das Muster bei Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/333d (a.E.).
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1. Zweck Regelmäßig bereits in der Präambel des Konsortialvertrags wird der Zweck des Konsortiums bestimmt. Hierzu ist es üblich, auf den Übernahmevertrag mit dem Emittenten zu verweisen, dessen endgültiger Entwurf dem Konsortialvertrag häufig als Anlage beigefügt wird.
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2. Mitglieder und Quoten Da die Konsortialbanken die bei dem Emissionsgeschäft auf sie entfallenden Wertpapiere im Übernahmevertrag jeweils einzeln und unter Ausschluss gesamthänderischer Bindung übernehmen, lassen sich die Zusammensetzung des Konsortiums und die auf seine Mitglieder entfallenden Quoten am einfachsten dadurch beschreiben, dass der Konsortialvertrag auch in diesem Punkt auf den als Anlage beigefügten endgültigen Entwurf des Übernahmevertrags verweist.
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3. Geschäftsführung und Vertretung Die Geschäftsführungsbefugnis des Konsortialführers wird im Konsortialvertrag vorausgesetzt und nur dadurch geregelt, dass der Konsortialführer als solcher bezeichnet wird.
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Die Vertretungsmacht des Konsortialführers erfährt dagegen eine ausführliche Regelung durch entsprechende Vollmachten im Konsortialvertrag. Dabei finden sich in der Praxis zwei verschiedene Modelle hinsichtlich der Vollmacht zum Abschluss des Übernahmevertrags mit dem Emittenten. Es gibt Konsortialverträge, in denen die Konsorten den Konsortialführer generell zur Vornahme aller für das jeweilige Emissionsgeschäft und seine Durchführung erforderlichen Rechtshandlungen bevollmächtigen. Daneben finden sich – wenn auch seltener – Verträge, in denen es sich die Konsorten vorbehalten, den Übernahmevertrag mit dem Emittenten selbst zu unterzeichnen oder dafür eine Spezialvollmacht zugunsten des Konsortialführers auszustellen. Werden der Konsortialvertrag und der Übernahmevertrag zugleich unterschriftsreif, können die Konsorten den Konsortialführer stets bevollmächtigen, den bereits im endgültigen Entwurf vorliegenden Übernahmevertrag für sie abzuschließen.
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4. Eigentumsverhältnisse und Außenhaftung Die Konsorten eines Emissionskonsortiums schließen im Konsortialvertrag regelmäßig sowohl die Entstehung von Gesamthandseigentum als auch diejenige von Miteigentum nach Bruchteilen aus. Mit derselben Regelmäßigkeit vereinbaren sie, dass sie nur teilschuldnerisch nach Maßgabe ihrer jeweiligen Quoten haften. In manchen Fällen wird die Klausel, dass der Konsortialvertrag nicht zur Entstehung einer Personengesellschaft führe, so auszulegen sein, dass sie sich nur auf die angesprochenen vermögensrechtlichen Folgen einer solchen Gesellschaft bezieht.
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In jedem Fall müssen die im Innenverhältnis getroffenen Regelungen auch im Außenverhältnis des Konsortiums zu Dritten umgesetzt werden. Dies geschieht zum einen im Übernahmevertrag durch die Vereinbarung, dass die Konsorten die Wert-
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papiere und alle Rechte und Ansprüche aus dem Übernahmevertrag jeweils einzeln erwerben und dass sie als Teilschuldner haften (vgl. § 23 Rz. 13). Zum anderen ist bei der Zeichnung neuer Aktien das von Kümpel23 vorgeschlagene „Auftragsmodell“24 zu empfehlen, um die Entstehung gesamtschuldnerischer Einzahlungsverpflichtungen zu vermeiden. 50
Mit diesen vertraglichen Regelungen ist das Risiko einer gesamtschuldnerischen Haftung der Konsortialbanken noch nicht völlig ausgeschlossen. Das gilt vor allem für gesetzliche Haftungen, insbesondere für die Prospekthaftung (vgl. § 33 Rz. 62 ff.).
5. Haftung im Innenverhältnis 51
Deshalb liegt es nahe, die Verteilung einer eventuellen Prospekthaftung im Innenverhältnis der Konsortialbanken untereinander für den Fall zu regeln, dass die mit dem Emittenten vereinbarte Freistellung von dieser Haftung nicht durchgesetzt werden kann. Das größte Interesse daran hat stets der Konsortialführer. Denn die Erfahrung lehrt, dass er im Falle einer Prospekthaftung stets als erster und oft als einziger in Anspruch genommen wird25, häufig schon deshalb, weil die Anspruchsteller glauben, ihm werde der Nachweis eines Haftungsausschlusses nach § 45 Abs. 1 BörsG weniger leicht gelingen als einem einfachen Mitglied des Konsortiums. Da der Konsortialführer als einzige Konsortialbank an der Erstellung des Prospekts mitgewirkt und gegebenenfalls eigene Prüfungen beim Emittenten vorgenommen hat, spricht einiges dafür, dass er in Ermangelung abweichender Vereinbarungen im Konsortialvertrag eine etwaige Prospekthaftung allein zu tragen hat. Deswegen folgen die Konsortialführer zunehmend einer Empfehlung von Hopt26 und internationaler Praxis, indem sie versuchen, ihren Mitkonsorten eine quotale Mithaftung für solche Risiken vorzuschlagen. Sofern solche Vorschläge mit einer angemessenen Regelung für die Aufteilung der Börseneinführungsprovision einhergehen, werden sie nicht nur wegen ihrer Üblichkeit im internationelen Emissionsgeschäft, sondern auch deshalb im Markt akzeptiert, weil die Prospekthaftung der Banken in der neueren deutschen Wirtschaftsgeschichte bisher selten geblieben ist und noch nicht zu Großschäden geführt hat.
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Zur Haftung im Innenverhältnis gehört auch die Haftung der übrigen Konsorten für den Ausfall eines Mitglieds des Konsortiums. In einem solchen Fall droht eine ernstliche Störung des Emissionsgeschäfts. Denn die Konsortialbanken haften ja regelmäßig gegenüber dem Emittenten aus dem Übernahmevertrag nur quotal, so dass ein Ausfall eines Konsorten den Emittenten gegebenenfalls in erhebliche Schwierigkeiten bringen könnte. Die herrschende Meinung nimmt deshalb an, dass die übrigen Konsortialbanken im Innenverhältnis für den Ausfall eines Konsorten analog § 735 BGB einzustehen haben27. Richtigerweise sollte dieses Ergebnis auf §§ 713, 670, 257 BGB gestützt werden. Die in der Praxis üblichen vertraglichen Regeln sehen eine quotale Ausfallhaftung der Konsorten vor, allerdings bisweilen um eine Höchstgrenze ergänzt (z.B. bis zu einer Vergrößerung der Quote um max. 10 %). Dies ermög23 24 25 26 27
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Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.310. Vgl. Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/316c. Beispiele bei Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 32 Rz. 41 in Fn. 20. Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, S. 60. Vgl. Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 32 Rz. 35; Ulmer in MünchKomm. BGB, 4. Aufl. 2003, Vor § 705 Rz. 54; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/321e.
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licht es den Konsorten besser, die mit ihren Verpflichtungen aus dem Emissionsgeschäft verbundenen Kreditrisiken (§ 19 Abs. 1 KWG) unter Kontrolle zu halten.
6. Gewinn- und Verlustbeteiligung In Emissionskonsortien erfolgt die Gewinnverteilung dadurch, dass die Provisionen, die der Emittent für die Platzierung der Wertpapiere bezahlt, unter den Konsorten verteilt werden. Dafür wird im Konsortialvertrag ein Schlüssel vereinbart. Provisionserträge der Konsortialbanken aus dem Weiterverkauf der Wertpapiere stehen den jeweiligen Konsortialbanken zu und werden nicht im Konsortium geteilt.
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Kursgewinne aus Stabilisierungsmaßnahmen werden in dem Maße nach Quoten im Konsortium verteilt, wie auch Verluste aus solchen Maßnahmen im Konsortium aufgeteilt werden (vgl. sogleich Rz. 56).
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Verluste entstehen im Emissionsgeschäft vor allem dann, wenn einem Übernahmekonsortium die Platzierung nicht vollständig gelingt und anschließend der Kurs der Wertpapiere fällt. Solche Verluste entstehen unmittelbar bei den jeweiligen Konsortialbanken und bedürfen keiner Verteilung im Konsortium.
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Daneben können Verluste aus Kosten und vor allem aus der Kurspflege erwachsen. Hierzu sehen die Konsortialverträge häufig vor, dass solche Verluste mit Erträgen aus solchen Maßnahmen saldiert und danach bis zur Höhe ihres jeweiligen Anteils an der Provision von den Konsorten mitgetragen und dementsprechend nach Ablauf der Stabilisierungsfrist mit den Provisionsansprüchen der Konsortialbanken verrechnet werden.
56
7. Zusätzliche Regelungen Bisweilen findet sich in Konsortialverträgen eine § 708 BGB entsprechende Regelung über die Haftungsverteilung im Konsortium. Sie ist empfehlenswert, um Zweifel daran auszuschließen, ob auch der Konsortialführer dieses Haftungsprivileg beanspruchen kann (vgl. Rz. 67).
57
Daneben finden sich in Konsortialverträgen häufiger Einschränkungen gegenüber der Einräumung von Unterbeteiligungen sowie Verpflichtungen,
58
– den Emissionspreis für eine bestimmte Zeit beim Verkauf der Wertpapiere nicht zu unterschreiten; – Verkaufsbeschränkungen hinsichtlich bestimmter Länder oder Kundengruppen zu beachten; – eigene Kurspflegemaßnahmen zu unterlassen; und – so genannte „Black-out Perioden“ zu beachten, in denen keine Research-Berichte für die Wertpapiere veröffentlicht werden dürfen, um deren Platzierung es geht.
8. Nicht geregelte Gegenstände 59
Konsortialverträge enthalten meistens keine Regelungen über – eine Ersetzung des Konsortialführers; – die Beendigung des Konsortiums; Schücking
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– die Auseinandersetzung des Konsortiums und – Änderungen des Konsortialvertrags. 60
Für solche Regelungen besteht meist kein praktisches Bedürfnis. Teilweise bestehen auch, wie z.B. für die Beendigung des Konsortiums, praktisch sinnvolle gesetzliche Regelungen (vgl. Rz. 74 ff.).
X. Rechte und Pflichten der Konsortialbanken 1. Rechte der Konsorten 61
Aus dem Vertrag über das Emissionskonsortium sind die Konsortialbanken berechtigt, mit der für sie festgelegten Quote am Emissionskonsortium teilzunehmen und die quotal auf sie entfallenden Wertpapiere im Zuge der Platzierung weiter zu veräußern. Hiermit ist für sie in Fällen starker Nachfrage die Möglichkeit verbunden, bei ihren Anlagekunden Ansehen zu gewinnen, wenn sie Wertpapiere anbieten können, die andere Banken nicht zum Emissionspreis beschaffen können. Daneben bietet die Platzierung der Wertpapiere auch noch Chancen, Verkaufsprovisionen zu verdienen.
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Zu den vertraglichen Rechten der Konsortialbanken gehört auch, die im Konsortialvertrag geregelte Beteiligung an den Gewinnen des Konsortialgeschäfts, welche aus Provisionserträgen und dem Saldo der Gewinne und Verluste aus den Stabilisierungsmaßnahmen bestehen.
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Kraft Gesetzes sind die Konsorten berechtigt, vom Konsortialführer Auskunft an einen einzelnen Konsorten gem. § 716 BGB oder an die Gesamtheit aller Konsorten gem. §§ 713, 666 BGB zu verlangen. Darüber hinaus steht den Konsorten nach §§ 721, 259 BGB das gesetzliche Recht zu, vom Konsortialführer Rechnungslegung zu verlangen.
2. Pflichten der Konsorten 64
Aus dem Konsortialvertrag obliegen den Konsorten im Verhältnis untereinander mehrere Hauptpflichten. Deren erste korrespondiert mit dem Recht auf Teilnahme an der Emission und ist darauf gerichtet, die quotal auf den jeweiligen Konsorten entfallende Zahl der Wertpapiere gegen Bezahlung des Emissionspreises zu übernehmen. Die zweite Hauptpflicht besteht in der Platzierung der übernommenen Wertpapiere bei geeigneten Anlegern. Sofern auch die Börseneinführung der Wertpapiere zum Zweck des Konsortiums zählt, treten die Stellung des Zulassungsantrags bei der betreffenden Wertpapierbörse und die Unterzeichnung des Börsenzulassungsprospekts zu den Hauptpflichten aus dem Konsortialvertrag hinzu. Von den entsprechenden Pflichten aus dem Übernahmevertrag (vgl. § 25 Rz. 39 f.) unterscheiden sich die Pflichten aus dem Konsortialvertrag hinsichtlich des Gläubigers: Ist es beim Übernahmevertrag der Emittent, so sind es im Konsortialvertrag die Mitkonsorten.
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Zu den vertraglichen Nebenpflichten aus dem Konsortialvertrag gehören die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses sowie die Verpflichtung, die Wert728
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Konsortialvertrag
papiere nicht unter dem Emissionspreis zu verkaufen. Solche Nebenpflichten gelten entweder kraft stillschweigender Vereinbarung, aufgrund eines entsprechenden Handelsbrauchs oder sind in § 242 BGB begründet. Zu den gesetzlichen Pflichten der Konsorten gehört neben der bereits (in Rz. 52) erwähnten Ausfallhaftung aus §§ 713, 670, 257 BGB, die andere aus einer Analogie zu § 735 BGB herleiten, vor allem die Pflicht, dem Konsortialführer Auskunft zu erteilen, wenn begründete Zweifel daran entstanden sind, ob das betreffende Mitglied des Konsortiums seine Pflichten aus dem Konsortialvertrag vertragsgemäß erfüllt hat.
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3. Haftungsmaßstab Im Verhältnis der Konsortialbanken untereinander gilt der Haftungsmaßstab des § 708 BGB. Die Mitglieder von Emissionskonsortien haften einander nur für eigenübliche Sorgfalt. Auf dieses Haftungsprivileg kann sich auch der Konsortialführer berufen28.
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XI. Zusätzliche Rechte und Pflichten des Konsortialführers 1. Geschäftsführung In Konsortialverträgen wird typischerweise vereinbart, dass eine oder mehrere Konsortialbanken die Führung des Konsortiums übernehmen. Werden mehrere Führungsbanken bestellt, so übernimmt eine von ihnen regelmäßig die „Federführung“ innerhalb der Führungsgruppe und für das ganze Emissionskonsortium. Wird eine Bank als Konsortialführer bezeichnet, während andere Banken die Mitführung übernehmen, liegt die Federführung bei der als Konsortialführer bezeichneten Bank. Obwohl der Konsortialvertrag in der Regel keine anderen Vereinbarungen über die Geschäftsführung und Vertretung des Emissionskonsortiums enthält, wird allein mit der Bezeichnung einer Bank als Konsortialführerin das in § 709 BGB enthaltene Prinzip der Gesamtgeschäftsführung grundsätzlich abbedungen und die Geschäftsführungsbefugnis dem Konsortialführer oder dem Federführer der mehreren Führungsbanken übertragen29. Bei der Platzierung der im Übernahmevertrag von ihnen quotal zu Alleineigentum erworbenenen Wertpapiere führen die Konsortialbanken, auch wenn sie hierbei ausschließlich für ihre eigene Rechnung handeln, ein Geschäft des Konsortiums aus. Denn dieses hat sich gegenüber dem Emittenten als Ganzes verpflichtet, die Wertpapiere zu platzieren. Dementsprechend ist die Geschäftsführungsbefugnis des Konsortialführers bei der Platzierung der Wertpapiere auf die Platzierung seiner eigenen Quote eingeschränkt.
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2. Vertretung Gem. § 714 BGB vertritt der Konsortialführer das Konsortium im Rahmen der Abwicklung des Emissionsgeschäfts. Hiervon ist lediglich die Platzierung der von den 28 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl. 2. Bearb., Rz. 2309; Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 19 II 4b; Rz. 1038; Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 32 Rz. 73; a.A. De Meo, Bankenkonsortien, S. 84; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2006, S. 49. 29 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 70 f.
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Banken quotal zu Alleineigentum erworbenen Wertpapiere ausgenommen, die die Konsorten im eigenen Namen vornehmen30.
3. Gewinnbeteiligung 70
Bei der Verteilung der Provisionen zwischen den Mitgliedern des Emissionskonsortiums erhält der Konsortialführer regelmäßig eine seine Quote übersteigende überproportionale Beteiligung am Gewinn des Konsortiums. Damit werden die von ihm zusätzlich übernommenen Aufgaben angemessen honoriert. Diese zusätzliche Gewinnbeteiligung des Konsortialführers geschieht in der Regel dadurch, dass ein Teil der Provision im Übernahmevertrag als „Führungsprovision“ bezeichnet und im Konsortialvertrag dem Konsortialführer zugewiesen wird.
4. Aufwendungsersatz und Haftungsfreistellung 71
Soweit im Konsortialvertrag über eine Freistellung des Konsortialführers von Haftungsrisiken keine abweichende Vereinbarungen getroffen wurden, kann der Konsortialführer von den Mitgliedern des Konsortiums grundsätzlich gem. §§ 713, 670, 257 BGB Aufwendungsersatz und Haftungsfreistellung verlangen. Dieser Anspruch besteht jedoch nicht, soweit es um Aufwendungen oder Ansprüche geht, die in die Sphäre des Konsortialführers fallen, weil er selbst Fehler bei der Erfüllung seiner Geschäftsführungsaufgaben begangen hat. Beispiele hierfür sind Fehler bei der Beratung des Emittenten, bei der Planung, Vorbereitung oder Durchführung der Emission oder auch Ansprüche aus Prospekthaftung, es sei denn, eine Konsortialbank habe ausnahmsweise besseren Einblick in die Verhältnisse des Emittenten gehabt als der Konsortialführer und ihre Erkenntnisse diesem vorenthalten31.
5. Auskunftspflichten 72
Der Konsortialführer ist den Mitgliedern des Emissionskonsortiums verpflichtet, deren Auskunftsansprüche aus § 716 BGB (an den einzelnen Konsorten) und §§ 713, 666 BGB (an das Emissionskonsortium) und zur Rechnungslegung nach §§ 721, 259 BGB zu erfüllen.
XII. Änderungen des Konsortialvertrags 73
In der Praxis kommen Änderungen von Verträgen über Emissionskonsortien schon deshalb nur sehr selten vor, weil diese Verträge meist erst kurzfristig vor der dann zügig abgewickelten Durchführung des Emissionsgeschäfts abgeschlossen werden. Die Änderung eines Konsortialvertrags bedarf der Zustimmung aller Konsorten.
30 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 89; H.P. Westermann, AG 1967, 285, 290. 31 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 81; Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 32 Rz. 79.
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XIII. Auflösung des Konsortiums 1. Zweckerreichung Wenn der Konsortialvertrag Regelungen über die Auflösung und Beendigung des Konsortiums enthält, lässt sich ihnen entnehmen, wann das Konsortium aufgelöst wird und endet. In der Praxis fehlen solche Bestimmungen jedoch meistens. Dann folgt aus den gesetzlichen Bestimmungen, wann das Emissionskonsortium aufgelöst wird. Den für solche Konsortien wichtigsten Auflösungsgrund sieht § 726 BGB vor. Das Emissionskonsortium endet mit der Erreichung seines Zwecks. Wann dies der Fall ist, folgt aus dem Gesellschaftszweck des Emissionskonsortiums. Gehört hierzu nicht nur die Platzierung und Börseneinführung der Wertpapiere, sondern auch eine gemeinsame Durchführung der Kurspflege, so endet das Emissionskonsortium erst mit dem Ablauf der für die Kurspflege vereinbarten Zeitperiode. Im Schrifttum wird hiervon abweichend die Auffassung vertreten, ein Emissionskonsortium ende in jedem Fall mit der Börseneinführung der Wertpapiere, weil alle anderen Pflichten der Konsortialbanken nur Nebenpflichten seien32. Diese Auffassung stellt die Börseneinführung der Wertpapiere zu sehr in den Mittelpunkt der den Konsortialbanken obliegenden Pflichten. Zahlstellendienst, Kurspflege oder Bonifikationsregelungen können durchaus zu einer längeren Dauer eines Emissionskonsortiums führen. Denn auch bei Gelegenheitsgesellschaften wie Emissionskonsortien ist es ohne weiteres möglich, dass sich das Geschäft, für das sie gebildet wurden, über eine längere Zeit hinzieht, die auch die Dauer eines Geschäftsjahrs (§ 721 Abs. 2 BGB) überschreiten kann.
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Nicht zutreffend wäre es allerdings, eine Zweckerreichung des Emissionskonsortiums im Sinne von § 726 BGB erst dann anzunehmen, wenn die eventuellen Ansprüche der Anleger auf Prospekthaftung gem. § 46 BörsG verjährt sind. Denn auch ein aufgelöstes Emissionskonsortium ist durchaus in der Lage, in einem Liquidationsverfahren oder einem Nachtragsliquidationsverfahren Ansprüche abzuwickeln, die gegen das aufgelöste Emissionskonsortium geltend gemacht werden33.
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2. Kündigung Ein Emissionskonsortium kann von einem Konsorten nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dies folgt aus dem Charakter des Emissionskonsortiums als Gelegenheitsgesellschaft zur Abwicklung eines bestimmten Emissionsgeschäfts. Das Konsortium ist nämlich stillschweigend für die Dauer dieses Geschäfts befristet. § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB findet deshalb keine Anwendung34.
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3. Insolvenz Dass ein Emissionskonsortium selbst insolvent wird, erscheint durch die rechtliche Ausgestaltung des Konsortialvertrags als ausgeschlossen. Zwar ist das Emissions32 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl. 2. Bearb., Rz. 2324; De Meo, Bankenkonsortien, S. 96. 33 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl. 2. Bearb., Rz. 2324. 34 Vgl. Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, § 23 Rz. 51; Ulmer in MünchKomm. BGB, 4. Aufl. 2003, § 723 Rz. 15, 23 f.
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konsortium eine BGB-Außengesellschaft, die nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO grundsätzlich insolvenzfähig ist und infolge der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 728 Abs. 1 BGB aufgelöst wird. Indessen werden sowohl der Konsortialvertrag als auch die Verträge des Emissionskonsortiums mit Dritten so abgeschlossen, dass weder ein über die Sozialansprüche hinausgehendes Gesamthandsvermögen noch Gesamthandsverbindlichkeiten entstehen. Deshalb fehlt es einem Emissionskonsortium, auch wenn es ein Außenkonsortium ist, an Gesellschaftsgläubigern. Eine solche Gesellschaft ist nicht insolvenzfähig35. 78
Dagegen sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bezüglich eines einzelnen Konsorten sehr wohl denkbar. In diesen Fällen droht eine Auflösung des Konsortiums nach § 725 Abs. 1 oder nach § 728 Abs. 2 BGB. Ob diese Vorschriften eingreifen, hängt zunächst davon ab, ob der Konsortialvertrag den Fall der Einzelzwangsvollstreckung gegen einen Konsorten oder seine Insolvenz regelt. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, wird angenommen, dass die durch die Vollstreckungsmaßnahme oder den Insolvenzantrag dokumentierte Krise eines Konsorten das Konsortium nicht auflöse. Vielmehr wird es unter den verbliebenen Konsorten fortgesetzt. Sie haben die Quote ihres ausgefallenen Mitkonsorten im Verhältnis ihrer jeweiligen eigenen Quoten untereinander aufzuteilen36. Damit wird dasselbe Ergebnis erzielt, das auch sonst beim Ausfall eines Konsorten gilt. Allerdings ist mit praktischen Schwierigkeiten zu rechnen, wenn das Emissionsgeschäft bei der Insolvenz des betroffenen Konsorten schon so weit vorangeschritten war, dass die Wertpapiere unter den Konsorten verteilt waren und sich damit ein Teil dieser Wertpapiere im Vermögen des faillierten Mitkonsorten befindet. In diesem Fall können die verbliebenen Mitglieder des Emissionskonsortiums ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn der (vorläufige) Insolvenzverwalter des ausgefallenen Konsorten mitwirkt.
XIV. Öffentliches Wirtschaftsrecht 79
Das öffentliche Wirtschaftsrecht wirkt mit einer Vielzahl von Vorschriften auf Emissionskonsortien und die von ihnen vorgenommenen Geschäfte ein. Die nachstehenden Hinweise sollen hierzu eine Übersicht geben, die nicht beansprucht, die mit der Anwendung der genannten Rechtsvorschriften auf Emissionskonsortien verbundenen Rechtsprobleme umfassend zu erörtern.
1. Bankaufsichtsrecht 80
Während die bloße Beratung pozentieller oder künftiger Emittenten über die Unternehmensfinanzierung und Kapitalstruktur bankaufsichtsrechtlich als erlaubnisfreie Tätigkeit eines Finanzunternehmens nach § 1 Abs. 3 Nr. 7 KWG anzusehen ist, sind die Übernahme von Wertpapieren für eigenes Risiko und die Übernahme gleichwertiger Garantien gem. § 1 Abs. 1 Nr. 10 KWG Bankgeschäfte, die nur von Kreditinstituten mit einer entsprechenden Bankerlaubnis nach § 32 KWG ausgeführt werden dürfen. Die Teilnahme an Vermittlungskonsortien (vgl. Rz. 17) ist je nach Ausgestal35 Ulmer in MünchKomm. BGB, 4. Aufl. 2003, § 728 Rz. 5. 36 Vgl. Delorme/Hoessrich, Konsortial- und Emissionsgeschäft, S. 21.
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tung entweder eine erlaubnispflichtige Anlagevermittlung nach § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG oder eine ebenfalls erlaubnispflichtige Abschlussvermittlung nach § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG.
2. Kartellrecht § 29 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 GWB nimmt Emissionskonsortien, die für einen Einzelfall, ein so genanntes Ad-hoc-Geschäft, gebildet werden, von der Anwendbarkeit des § 14 GWB aus, ohne dass es insoweit einer Anmeldung des Konsortialvertrags bei der Kartellbehörde bedürfte. Damit begnügt sich das Kartellrecht bei Emissionskonsortien grundsätzlich mit der Möglichkeit einer Missbrauchsaufsicht nach § 12 GWB. Das kartellrechtliche Privileg, das § 29 Abs. 2 GWB Emissionskonsortien einräumt, wirft das Problem auf, dass es nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für Kreditinstitute gilt. Dadurch werden Emissionskonsortien benachteiligt, denen Finanzdienstleistungsinstitute angehören. Es tritt also scheinbar das widersinnige Ergebnis ein, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen selbst zu einer Wettbewerbsbeschränkung führt. Diesem Ergebnis ist dadurch entgegenzuwirken, dass der Begriff „Kreditinstitut“ in § 29 Abs. 2 GWB teleologisch dahin ausgelegt wird, dass er auch Finanzdienstleistungsinstitute umfasst, die gem. § 32 Abs. 2 BörsG als Begleiter von Emissionsgeschäften zugelassen sind.
81
Von den die Fusionskontrolle betreffenden Vorschriften der §§ 35 ff. GWB räumt § 29 Abs. 2 GWB den Emissionskonsortien keine Freistellung ein. Dies ist auch nicht erforderlich. Denn die §§ 35 ff. GWB finden auf den Zusammenschluss der Konsortialbanken im Emissionskonsortium keine Anwendung. Projektgesellschaften, die nur auf einzelne Geschäfte gerichtet sind, sind nämlich keine Unternehmen im Sinne der §§ 35 ff. GWB. Nach § 37 Abs. 3 GWB ist eine vorübergehende vertikale Beteiligung der Emissionsbanken am Emittenten im Rahmen eines Emissionsgeschäfts gesetzlich von der Fusionskontrolle freigestellt.
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3. Kapitalmarktrecht a) Verhaltenspflichten Soweit die Konsortialbanken beim Emissionsgeschäft Wertpapierdienstleistungen gem. § 2 Abs. 3 WpHG erbringen, müssen sie die in den §§ 31 ff. WpHG vorgeschriebenen Verhaltensregeln beachten.
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b) Insiderrecht Informationen über bevorstehende Emissionsgeschäfte sind in der Mehrzahl der Fälle Insiderinformationen im Sinne von § 13 Abs. 1 WpHG. Deshalb ist das Emissionsgeschäft so zu organisieren, dass auf Seiten der Emissionsbanken § 33 Abs. 2 WpHG entsprochen wird. Dies geschieht durch die Schaffung eines besonderen Vertraulichkeitsbereichs für Emissionsgeschäfte, der durch einen „Chinese Wall“ abgeschirmt wird37. Zudem werden Wertpapiere, deren Emittenten neue Emissionen planen, von den Compliance-Abteilungen der beteiligten Banken zur Vermeidung von 37 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 16.603 f. und 16.690 ff.
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Konflikten auf bankinterne Beobachtungs- oder Sperrlisten gesetzt38. Die bei den Emittenten und auch bei den Konsorten mit Emissionsgeschäften befassten Personen sind von den Emittenten und von den Konsorten39 in nach § 15b WpHG geführte Insiderverzeichnisse aufzunehmen. 85
Wenn der Emittent seine Pflicht zur Ad-hoc-Publizität gem. § 15 WpHG gewissenhaft erfüllt, reduziert er damit das Risiko, dass es zu verbotenen Insidergeschäften kommt. Dabei berät ihn der Konsortialführer. c) Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten
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Die §§ 21 bis 30 WpHG ordnen zur Förderung der Transparenz im Wertpapierhandel Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten für den Fall an, dass ein Erwerber Stimmrechte an Aktien börsennotierter Gesellschaften erwirbt, die bestimmte Schwellen überschreiten. Zu einer Überschreitung der Schwellen kann es auch beim Emissionsgeschäft mit Aktien kommen, insbesondere beim erstmaligen Börsengang. Da die Konsortialbanken die Aktien beim Emissionsgeschäft nicht für das Gesamthandseigentum des Konsortiums, sondern jeweils für ihr eigenes Vermögen erwerben, trifft die Meldepflicht grundsätzlich die einzelnen Konsortialbanken und nicht das Emissionskonsortium als solches. Je nach Lage des Falles, sind jedoch Sachverhalte denkbar, in denen die von den anderen Konsorten gehaltenen Aktien der jeweils meldepflichtigen Konsortialbank nach § 22 Abs. 2 WpHG zugerechnet werden. Unter den Voraussetzungen des § 23 WpHG bleiben die von den Konsortialbanken im Emissionsgeschäft vorübergehend gehaltenen Stimmrechte bei der Berechnung ihrer Stimmrechtsanteile am Emittenten kraft Gesetzes unberücksichtigt. d) Wertpapierübernahmerecht
87
Beabsichtigt ein Emissionskonsortium, im Rahmen einer Kapitalerhöhung einer inländischen Aktiengesellschaft, deren Aktien in Deutschland oder im Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, 30 % oder mehr des (erhöhten) stimmberechtigten Grundkapitals dieser Aktiengesellschaft zum Zwecke der Weiterplatzierung zu übernehmen, so stellt sich die Frage, ob der Konsortialführer entweder für das in seiner Eigenschaft als „Personengesellschaft“ selbst als „Bieter“ im Sinne von § 2 Abs. 4 WpÜG anzusehende Konsortium oder aber für sich selbst als „Bieter“ im Sinne der §§ 2 Abs. 4, 35 Abs. 2, 29 Abs. 2 WpÜG und seine Konsorten als „gemeinsam handelnde Personen“ nach § 2 Abs. 5 WpÜG gem. § 20 WpÜG bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einen Befreiungsantrag stellen muss, um der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG zu entgehen. Diese Befreiung wird indes nur dann benötigt, wenn das Konsortium entgegen üblicher Vorgehensweise als solches die neuen Aktien zeichnet und die Konsortialbanken die Aktien nicht jeweils einzeln in einem durch ihre Quote bestimmten Umfang erwerben (vgl. Rz. 48 f.). Die Befreiung ist in einem solchen Fall für das Konsortium als BGB-Außengesellschaft zu erteilen, weil es in dieser nur in Ausnahmefällen vorkommenden Konstellation in Gestalt der übernommenen Aktien ein Gesamthandsvermögen besitzt, welches für die Zuer38 Vgl. Eisele, WM 1993, 1021, 1024 f. 39 Vgl. BaFin, Emittentenleitfaden, S. 98.
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kennung der Rechtsfähigkeit konstitutiv ist. Auf die Erteilung der Befreiung besteht ein Rechtsanspruch nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 WpÜG, obwohl die Konsortialbanken die betreffenden Wertpapiere nicht des Unterschieds zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis wegen, sondern eines Provisionsertrags halber durchhandeln. Dem Gesetzgeber ist zu empfehlen, diese Befreiung bereits kraft Gesetzes in einer am Vorbild des § 37 Abs. 3 GWB ausgerichteten Bankenklausel anzuordnen. Im Regelfall des Emissionskonsortiums, das kein Gesamthandsvermögen bildet und dessen Mitglieder die übernommenen Aktien jeweils einzeln zeichnen, bedarf es dagegen keiner Befreiung des Konsortiums, weil keine gesetzliche Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots besteht. Das Konsortium ist in diesem Fall kein Bieter im Sinne von § 2 Abs. 2 WpÜG. Denn es besitzt mangels Gesamthandseigentums keine eigene Rechtsfähigkeit als Personengesellschaft. Und den Konsortialbanken werden die von ihren Mitkonsorten übernommenen Aktien auch nicht zugerechnet, weil keiner der in § 30 WpÜG genannten Zurechnungstatbestände gegeben ist und es im Rahmen dieser Vorschrift gerade nicht auf „gemeinschaftlich handelnde Personen“ (§ 2 Abs. 5 WpÜG) ankommt. Bedarf für eine Befreiung besteht allenfalls dann, wenn eine einzelne Konsortialbank bei der Sekundärplatzierung eines Emittenten mindestens 30 % des erhöhten stimmberechtigten Grundkapitals zu erwerben beabsichtigt.
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4. Währungs- und Devisenrecht § 2 Abs. 1 Satz 3 PaPkG nimmt den Geld- und Kapitalverkehr einschließlich der Finanzinstrumente des § 1 Abs. 11 KWG vom Indexierungsverbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 PaPkG aus. Zusätzlich sind auch Verträge gebietsansässiger Kaufleute mit Gebietsfremden vom Indexierungsverbot ausgenommen. Diese Ausnahmen kommen auch den Konsortialverträgen der Emissionskonsortien zugute.
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Devisenrechtlich ist bei internationalen Emissionsgeschäften an Artikel VIII 2b des IWF-Abkommens zu denken, auch wenn der Bundesgerichtshof den internationalen Kapitalverkehr aus dem Normbereich des Artikel VIII 2b des IWF-Akommens ausgenommen hat40. Denn im Emissionsgeschäft kommen neben Transaktionen des Kapitalverkehrs auch Devisenverträge vor. In Ausnahmefällen kann sich auch der Konsortialvertrag eines Emissionskonsortiums als ein solcher Devisenvertrag erweisen.
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5. Außenwirtschaftsrecht Bei internationalen Emissionsgeschäften müssen die Emissionsbanken ihre Meldepflichten nach § 26 AWG i.V.m. § 69 AWV beachten. Hierzu hat die Deutsche Bundesbank im Merkblatt „Konsortialgeschäfte mit ausländischen Wertpapieren“ (Stand Juli 2006), das Anlage ihrer Mitteilung 8001/2007 vom 5.3.2007 ist, Regelungen getroffen, die einer Vereinfachung des Meldeverfahrens bei Emissionsgeschäften unter Beteiligung Gebietsfremder dienen. Diese Regelungen richten sich nicht nur an gebietsansässige Konsortialführer, sondern auch an gebietsansässige Konsortialbanken. Daneben sehen sie Befreiungen von außenwirtschaftsrechtlichen Meldepflichten vor. 40 BGH v. 8.11.1993 – II ZR 216/92, WM 1994, 54.
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XV. Steuerrecht 92
Emissionskonsortien werden als Gelegenheitsgesellschaften für einzelne Effektenkonsortialgeschäfte geschlossen. Dabei wird die Entstehung eines Gesamthandsvermögens ausdrücklich ausgeschlossen. Deshalb erzielt das einzelne Emissionskonsortium als solches grundsätzlich keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG. Denn die Absicht, mit dem jeweiligen Emissionsgeschäft nachhaltig Gewinn zu erzielen, besteht zwar bei den Konsorten, nicht aber beim Emissionskonsortium als solchem. Emissionskonsortien erzielen auch nicht etwa deshalb Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil sie gewerblich geprägt würden. Denn § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist im Wege teleologischer Reduktion so auszulegen, dass Emissionskonsortien nicht unter diese Vorschrift fallen41.
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Wer keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 EStG erzielt, unterliegt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auch nicht der Gewerbesteuerpflicht. Deshalb sind Emissionskonsortien, nicht aber die an ihnen beteiligten Konsorten, von der Gewerbesteuerpflicht ausgenommen.
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Für Emissionskonsortien wird auch kein einheitlicher und gesonderter Gewinn gem. §§ 179 ff. AO festgestellt. Vielmehr unterbleibt die Anwendung dieser Vorschriften auf Emissionskonsortien gem. § 180 Abs. 3 Nr. 2 AO, und die Konsortialbanken versteuern die aus dem Emissionsgeschäft erzielten Einkünfte ebenso einzeln, wie sie sie einzeln erzielt haben.
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Schließlich gilt die nach § 4 Nr. 8 lit. e UStG bestehende Freiheit von der Umsatzsteuer für Umsätze im Wertpapiergeschäft auch für die Emission von Wertpapieren und die damit verbundenen Nebenleistungen42. Zum Steuerrecht vgl. auch §§ 13 und 17.
41 Vgl. Schücking in MünchHdb. GesR Bd. 1, § 32 Rz. 135. 42 Vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 4 Nr. 8 Anm. 28.
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§ 27 Due Diligence Peter Nägele I. Begriff, Funktion und Beteiligte 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
2. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3. Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . .
6
II. Gegenstand 1. Anforderungen durch Recht und Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arten von Due Diligence und Schwerpunkte . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftliche Due Diligence b) Finanzielle Due Diligence . . . c) Rechtliche Due Diligence . . . d) Steuerliche Due Diligence . . . e) Weitere Arten von Due Diligence . . . . . . . . . . . . .
12
. . . . .
13 14 16 19 26
.
27
III. Organisation 1. Vorbereitung a) Steuerung und Zeitplan . . . . . b) Due-Diligence-Listen . . . . . . .
28 31
c) Vorbereitung des Datenraums . 2. Durchführung . . . . . . . . . . . . . 3. Auswertung und Dokumentation . IV. Rechtsverhältnisse 1. Verhältnis der Due Diligence zur Prospekthaftung . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen der Due Diligence auf das Verhältnis zwischen Emissionsbanken und Emittent . . . . . V. Grenzen 1. Gesellschaftsrechtliche Grenzen a) Verschwiegenheitspflicht . . . b) Geheimhaltungsmaßnahmen . 2. Kapitalmarktrechtliche Grenzen . 3. Datenschutzrechtliche und weitere Grenzen . . . . . . . . . .
34 38 42
43
45
. . .
48 51 53
.
55
VI. Besonderheiten bei regelmäßiger Inanspruchnahme des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
Schrifttum: Angersbach, Due Diligence beim Unternehmenskauf, 2002; Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Band 1, Unternehmensübernahme, Vorbereitung, Durchführung, Folgen. Ausgewählte Drittländer, 2001; Eggenberger, Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen und Folgen einer Due-Diligence-Prüfung, 2001; Beisel/Andreas (Hrsg.), Beck’sches Mandatshandbuch Due Diligence, 2007.
I. Begriff, Funktion und Beteiligte 1. Begriff Eine Due-Diligence-Prüfung ist im deutschen Kapitalmarktrecht gesetzlich nicht vorgeschrieben. Dennoch geht sie Kapitalmarkttransaktionen, insbesondere öffentlichen Angeboten bzw. Privatplatzierungen und Börsenzulassungen von Wertpapieren, fast immer voraus. Der Begriff Due Diligence – wörtlich: erforderliche Sorgfalt – kommt ursprünglich aus den USA. Er wurzelt in dem dort geltenden Grundsatz, dass der Erwerber, der einen Kaufgegenstand nicht mit der erforderlichen Sorgfalt prüft, später auch keine Gewährleistungsansprüche wegen etwaiger Mängel geltend machen kann. Dem deutschen Kaufrecht liegt ein anderes Verständnis zu Grunde; es kennt keine allgemeine Obliegenheit, einen Kaufgegenstand vor dem Kauf zu untersuchen. Auch im deutschen Recht gilt aber der Grundsatz, dass die Vertragsparteien bei der Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ anwenden müssen. Nägele
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§ 27 2
Due Diligence
Bei Kapitalmarkttransaktionen versteht man unter Due Diligence ein Verfahren zur Beschaffung sowie anschließenden Überprüfung und Auswertung von Informationen. Das Ergebnis soll eine umfassende vergangenheits-, gegenwarts- und zukunftsbezogene Analyse des Unternehmens in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht sein. Abzugrenzen ist die Due Diligence von der Jahresabschlussprüfung und der Unternehmensbewertung. Die Jahresabschlussprüfung umfasst nach § 317 HGB die Prüfung von Jahresabschluss, Lagebericht und Buchführung. Die Due Diligence beschränkt sich hierauf nicht, sondern erfasst das gesamte Unternehmen einschließlich seines wirtschaftlich und rechtlich relevanten Umfelds. Auch ist die Due Diligence stärker als die eher vergangenheitsorientierte Jahresabschlussprüfung auf die Erfassung zukünftiger Risiken und Chancen gerichtet. Das Verhältnis zur Unternehmensbewertung ist dadurch bestimmt, das diese auch auf den Ergebnissen der Due Diligence aufbaut. Im Vergleich zur Due Diligence, die ein umfassendes Bild von Risiken und Chancen vermitteln will, will die Unternehmensbewertung nur eine hochaggregierte Information, nämlich einen möglichen Unternehmenswert, liefern.
2. Funktion 3
Eine wesentliche Funktion der Due Diligence ergibt sich aus der Verpflichtung, im Rahmen des öffentlichen Angebots und in der Regel auch der Börsenzulassung von Wertpapieren einen Prospekt zu veröffentlichen1. Dieser muss die erforderlichen Angaben enthalten, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere zu ermöglichen. Für den Inhalt des Prospekts sind der Emittent und die Emissionsbanken sowie gegebenenfalls Weitere verantwortlich, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht. Sie haften den Anlegern für unrichtige oder unvollständige Angaben des Prospekts, soweit sie für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind (s. hierzu § 33). Im Rahmen der Due Diligence werden diejenigen Informationen ermittelt, die später im Prospekt veröffentlicht werden müssen. Das Verfahren soll gleichzeitig die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben im Prospekt sicherstellen sowie die Entscheidung über deren Wesentlichkeit ermöglichen.
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Die kapitalmarktbezogene Due Diligence ist also Grundlage für die Prospekterstellung und dient zugleich dem Ausschluss bzw. der Minderung von Prospekthaftungsrisiken. Im Übrigen schafft sie die Möglichkeit, erkannte Missstände bzw. Risiken noch vor Veröffentlichung des Prospekts abzustellen bzw. zu beseitigen und deren Offenlegung somit entbehrlich zu machen.
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Darüber hinaus liefert die Due Diligence Informationen und Daten, die eine Überprüfung bzw. Plausibilisierung der Geschäftspläne und Finanzplanung ermöglichen. Damit kommt der Due Diligence auch eine wichtige Funktion im Rahmen der Unternehmensbewertung bei einem Börsengang zu.
1 S. hierzu § 30. Auch bei Privatplatzierungen von Wertpapieren, für die keine Prospektpflicht besteht, wird üblicherweise Informationsmaterial zur Verfügung gestellt, um interessierte Anleger über die angebotenen Wertpapiere angemessen zu informieren (information memorandum). Zur Reduzierung des hier bestehenden allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftungsrisikos wird ebenfalls eine Due Diligence durchgeführt.
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3. Beteiligte Federführend bei der Due Diligence sind die Emissionsbanken, die dazu eigene Mitarbeiter und externe Sachverständige einsetzen. Bei der Durchführung der wirtschaftlichen (im Einzelnen Rz. 14 ff.) und der finanziellen (im Einzelnen Rz. 16 ff.) Due Diligence werden vor allem die hauseigenen Analysten der Emissionsbanken tätig. Im Rahmen der finanziellen Due Diligence beauftragen die Emissionsbanken gelegentlich aber auch Wirtschaftsprüfer mit der Erstellung eines so genannten externen Plausibilitätsgutachtens, bei dem die zukunftsbezogenen Planzahlen einer Prüfung unterzogen werden. Der Plausibilitätsgutachter ist – um Interessenkonflikte und „Betriebsblindheit“ zu vermeiden – im Regelfall nicht mit dem bisherigen Jahresabschlussprüfer des Emittenten identisch.
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Für die Durchführung der rechtlichen (im Einzelnen Rz. 19 ff.) Due Diligence (und zur Unterstützung bei der Prospekterstellung) beauftragen die Emissionsbanken spezialisierte Rechtsberater (underwriters’ counsel). Diese stellen über das Ergebnis ihrer Prüfungen Gutachten in Form einer so genannten Legal Opinion und eines so genannten Disclosure Letters (oder Disclosure Opinion) aus (dazu im Einzelnen § 29). In der Legal Opinion bestätigen die Rechtsberater bestimmte Aspekte im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des öffentlichen Wertpapierangebots. Im Disclosure Letter bescheinigen sie, dass ihnen bei ihrer Mitwirkung an der Erstellung des Emissionsprospekts und der Due Diligence keine Umstände bekannt geworden sind, die Anlass zu der Annahme geben, dass der Prospekt eine unrichtige Angabe enthält oder eine Angabe auslässt, die für die Beurteilung des Wertes der Platzierungsaktien wesentlich ist oder ohne die die im Prospekt enthaltenen Angaben irreführend wären2.
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Die den Emissionsbanken durch die Due Diligence entstehenden Kosten werden regelmäßig (teilweise betragsmäßig begrenzt) vom Emittenten getragen; eine entsprechende Vereinbarung wird üblicherweise in der Mandatsvereinbarung (letter of engagement) getroffen.
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Bei größeren Transaktionen führt der Emittent unabhängig von den Emissionsbanken eine eigene Due Diligence unter Hinzuziehung externer Sachverständiger durch. Der Emittent mandatiert dazu eigene Rechtsberater (issuer’s counsel), die mit ihm den ersten Entwurf des Prospekts erarbeiten. Damit ist das „Vier-Augen-Prinzip“ gewährleistet, d.h. die Gefahr unrichtiger oder unvollständiger Prospektangaben wird verringert. Im Einzelfall – insbesondere bei jungen Unternehmen mit überschaubaren Risiken – kann der Emittent auf die Durchführung einer eigenen Due Diligence verzichten; ansonsten werden die Emissionsbanken in der Regel darauf bestehen. Aufbauend auf deren Ergebnissen und der Mitarbeit bei der Prospekterstellung geben auch die Rechtsberater des Emittenten gegenüber den Emissionsbanken eine Legal Opinion und einen Disclosure Letter ab. Entsprechende Erklärungen werden in der Regel ebenso vom Leiter der Rechtsabteilung (Syndikus) der Gesellschaft erwartet (s. insgesamt § 29). Erhalten die Emissionsbanken einen Disclosure Letter von Rechtsberatern des Emittenten, die über hinreichende Erfahrung bei Transaktionen bzw.
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2 Im Prospekt enthaltene rechnungslegungsbezogene Informationen werden ausdrücklich ausgenommen. Üblicherweise wird zusätzlich einschränkend formuliert, dass die Rechtsberater keine Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Aussagen übernehmen.
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Prüfungen dieser Art verfügen, so kann die eigene Due Diligence der Banken im Einzelfall eine geringere Intensität aufweisen. 10
Mit der finanziellen Due Diligence beauftragt der Emittent regelmäßig seinen Jahresabschlussprüfer. Aufbauend auf den dabei gewonnenen Erkenntnissen gibt dieser gegenüber den Banken einen so genannten Comfort Letter ab, der bestimmte Zusicherungen im Hinblick auf die im Emissionsprospekt enthaltenen rechnungslegungsbezogenen und sonstigen Finanzinformationen enthält (zu den Einzelheiten s. § 28).
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Comfort Letter, Legal Opinion und Disclosure Letter dienen den Emissionsbanken dazu, ihre Sorgfalt bei der Prospekterstellung und dem Angebot der Wertpapiere zu dokumentieren.
II. Gegenstand 1. Anforderungen durch Recht und Markt 12
Die Due Diligence soll die Emissionsbeteiligten in die Lage versetzen, einen den Anforderungen des Wertpapierprospektgesetzes bzw. des Börsengesetzes genügenden Prospekt zu verfassen. Dementsprechend wird der Gegenstand der Due Diligence wesentlich durch die in diesen Bestimmungen aufgestellten Anforderungen bestimmt (s. insgesamt § 30). Oberster Grundsatz ist, dass der Prospekt über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der einzuführenden Wertpapiere wesentlich sind, richtig und vollständig Auskunft geben muss (§ 5 Abs. 1 WpPG). Hinsichtlich des Emittenten muss der Prospekt insbesondere Angaben zu Kapitalausstattung, Geschäftstätigkeit, Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, Rechnungslegung, Mittelherkunft und Mittelverwendung, Beteiligungsunternehmen, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen, Rechtsbeziehungen mit nahestehenden und verbundenen Personen sowie zum jüngsten Geschäftsgang und den Geschäftsaussichten enthalten. Dabei gibt das Wertpapierprospektgesetz selbst keine detaillierten Vorgaben für den Prospektinhalt, sondern verweist in § 7 WpPG auf die Prospektverordnung3. Diese bestimmt in ihren Anhängen mittels Schemata und Modulen Pflichtangaben für die unterschiedlichen Wertpapiere und Emittenten. Ergänzend sind die Empfehlungen des Ausschusses der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden CESR für eine europaweite konsistente Umsetzung der Prospektverordnung zu berücksichtigen4.
2. Arten von Due Diligence und Schwerpunkte 13
Umfang, Prüfungstiefe und Schwerpunke der Due Diligence hängen wesentlich von der Art der Kapitalmarkttransaktion ab (s. § 2). Bei Aktienemissionen in der Form des Intitial Public Offerings sollte die Due Diligence entsprechend der Vielzahl der 3 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004, ABl. EG Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1. 4 CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no. 809/2004, no. CESR/05–054b, February 2005. Vgl. auch Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members 3rd Version – Updated September 2007, CESR/07–651.
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wertbestimmenden Faktoren und potenziellen Probleme des Emittenten umfassend sein. Alle relevanten wirtschaftlichen, finanziellen, rechtlichen, steuerlichen, technischen und umwelthaftungsrechtlichen Aspekte sind zu erfassen. Unter pragmatischen Gesichtspunkten ist allerdings zu berücksichtigen, dass je nach Art des Unternehmens unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Klassisches Beispiel ist insoweit die Unterscheidung zwischen der Due Diligence bei einem Softwareunternehmen und der bei einem produzierenden Chemieunternehmen. Bei Letzterem werden Umweltrisiken ein wesentlicher Gegenstand der Due Diligence sein. Beim Softwareunternehmen hingegen dürften vor allem der Urheberschutz und das geistige Eigentum an der entwickelten Software im Mittelpunkt der Prüfung stehen. Gleichwohl sollte eine vorschnelle Fokussierung vermieden werden, da sich gerade in unvermuteten Bereichen häufig Probleme zeigen. Alle in Betracht kommenden inhaltlichen Problemfelder müssen von den am Verfahren Beteiligten deshalb zunächst unvoreingenommen angesprochen werden, bevor Schwerpunkte gesetzt werden. Erforderlich ist weiterhin eine Verständigung über quantitative Relevanzkriterien, um die Due-Diligence-Prüfung von unwesentlichen Vorgängen zu entlasten (s. Rz. 32). a) Wirtschaftliche Due Diligence Prüfungsgegenstand der wirtschaftlichen Due Diligence (commercial/business due diligence) ist die Geschäftstätigkeit des Unternehmens in seiner Gesamtheit. Deshalb ist zunächst der gesamtwirtschaftliche Rahmen, d.h. das allgemeine wirtschaftliche, rechtliche, politische und kulturelle Umfeld des Unternehmens, soweit es für dessen Geschäftstätigkeit relevant ist, zu bestimmen und zu analysieren. Es sollen Chancen und Risiken des Umfelds erfasst werden, die das Potenzial und den Wert des Unternehmens beeinflussen können. Solche Chancen und Risiken können sich z.B. aus Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, des konsumtiven Verhaltens, Veränderungen der Wechselkurse oder makroökonomischer Größen wie der Arbeitslosenquote oder Inflationsrate ergeben.
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Im Anschluss werden die relevanten Märkte und die Wettbewerbssituation unter besonderer Berücksichtigung der relativen Marktstellung des Emittenten untersucht. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung der Produkt- und Dienstleistungspalette des Emittenten. Die Möglichkeit zum Erschließen neuer Absatzmärkte wird insbesondere im Hinblick auf die Existenz von Marktzutrittsschranken rechtlicher, finanzieller oder technologischer Art geprüft. Bei der Analyse der Wettbewerbssituation auf den relevanten Märkten werden u.a. die Zahl aktueller und potenzieller Wettbewerber, deren jeweiliger Marktanteil sowie deren Vor- und Nachteile im Wettbewerb festgestellt. Hierher gehört auch die Analyse von Abhängigkeiten sowohl auf Kunden- als auch auf Beschaffungsseite. Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen ermöglichen sodann eine Überprüfung der vom Unternehmen vorgelegten Strategie auf ihre Plausibilität.
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b) Finanzielle Due Diligence Die finanzielle Due Diligence (financial due diligence) beschäftigt sich mit der finanziellen Lage des Emittenten. Bei ihr werden historische und aktuelle Finanzzahlen ausgewertet und die vom Emittenten vorgelegten Planzahlen auf ihre Plausibilität überprüft. Nägele
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Ausgangspunkt sind die historischen Zahlen, d.h. die Jahresabschlussunterlagen wie Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Anhangangaben sowie die Lageberichte des Unternehmens und etwaiger Konzernunternehmen. Regelmäßig werden die letzten drei Geschäftsjahre analysiert (s. Anhang I Ziffer 20.1 ProspektVO). Um die Darstellung der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung zu ermöglichen und eine Vergleichbarkeit herzustellen, werden die Jahresabschlüsse um außerordentliche und aperiodische Erträge und Aufwendungen bereinigt sowie um bilanzpolitische Maßnahmen korrigiert. Auch so genannte „Als-Ob-Angaben“ (Pro-Forma-Finanzinformationen) sind bei Aktienemissionen zwingend vorgesehen, wenn sich wesentliche Unternehmenskennzahlen im vergangenen oder laufenden Geschäftsjahr aufgrund einer Transaktion um mehr als 25 % verändert haben5. Nach den Empfehlungen von CESR sind wesentliche Unternehmenskennzahlen das Vermögen, die Umsatzerlöse und Gewinne bzw. Verluste6. Auch andere Kennzahlen können im Einzelfall herangezogen werden, wenn sie geeignet sind, das Geschäft des Emittenten zu charakterisieren. In den Pro-Forma-Abschlüssen wird dann für die Vergangenheit die finanzielle Lage der Gesellschaft unter der Annahme ermittelt, dass die Gesellschaft schon so wie zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bestanden hätte. Bei Aufnahme von Als-Ob-Angaben ist die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers über die prüferische Durchsicht wiederzugeben7. Eine Überprüfung der historischen Zahlen – ähnlich einer Jahresabschlussprüfung – erfolgt grundsätzlich nur stichprobenartig. Primär geht es um eine inhaltliche Analyse der in den Abschlüssen dokumentierten Entwicklung. Ziel ist es, aus den historischen Jahresabschlüssen Chancen, Risiken und Interdependenzen zwischen internen und externen Faktoren herauszuarbeiten. Im nächsten Schritt wird die Geschäftsentwicklung im laufenden Geschäftsjahr – möglichst anhand von durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigten Halbjahres- oder Quartalsberichten – analysiert.
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Bei der anschließenden Planungsanalyse werden die vom Emittenten vorgelegten und insbesondere für die Unternehmensbewertung wichtigen Planzahlen auf ihre Plausibilität überprüft. Einzelpläne (z.B. in Bezug auf Absatz, Produktion, Investition, Personal, Finanzierung) sowie die Gesamtplanung werden auf ihre rechnerische und systematische Richtigkeit untersucht. So müssen etwa der Umsatz aus der Absatzplanung und der Materialeinsatz bzw. die Herstellungskosten aus der Produktionsplanung ableitbar sein. Kern der Plausibilitätsprüfung ist die Überprüfung der der Planung zugrundeliegenden Prämissen. Hierzu werden insbesondere Erkenntnisse aus der wirtschaftlichen Due Diligence zum gesamtwirtschaftlichen Umfeld sowie absehbare Entwicklungen des konkreten Geschäftsverlaufs (z.B. die Beendigung von Verträgen mit Abnehmern oder die Eröffnung von Betriebsstätten) herangezogen. Ferner erfolgt ein Vergleich einzelner Plan-Positionen mit denen der Vergangenheit und denen vergleichbarer Unternehmen der Branche. Zur Einschätzung der Verlässlichkeit der Planung werden Planwerte der Vergangenheit mit den jeweiligen IstWerten verglichen.
5 Anhang I Ziffer 20.2 ProspektVO, Anhang II ProspektVO i.V.m. Erwägungsgrund 9 ProspektVO. 6 CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses no. 809/2004, no. CESR/05–054b, February 2005, S. 22. 7 Anhang I Ziff. 20.2 ProspektVO; Anhang II ProspektVO.
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c) Rechtliche Due Diligence Die rechtliche Due Diligence (legal due diligence) ist den gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen Grundlagen des Emittenten, seinen Haftungsrisiken und der rechtlichen Absicherung seiner wirtschaftlichen Situation gewidmet. Auch das regulatorische Umfeld, also die rechtlichen Rahmenbedingungen der aktuellen oder geplanten Geschäftstätigkeit, wird in diesem Zusammenhang geprüft.
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Nicht nur der Emittent selbst, sondern auch seine für den Geschäftsbetrieb wesentlichen in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften (insbesondere wenn der Emittent eine Holdinggesellschaft ist) sind einer Überprüfung zu unterziehen8. Gesetzliche Regelungen zur Frage, welche Beteiligungsunternehmen in die Due Diligence einzubeziehen sind, bestehen nicht. Die Festlegung erfolgt in Anlehnung an die Kriterien der Prospektverordnung und die Empfehlungen von CESR. Danach muss der Prospekt bei Aktienemissionen bestimmte (eingeschränkte) Angaben zu Beteiligungsunternehmen enthalten, denen bei der Bewertung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten voraussichtlich eine erhebliche Bedeutung zukommt (Anhang I Ziffer 25 ProspektVO). Nach den Empfehlungen von CESR sind dies Beteiligungsunternehmen mit einem Buchwert von mindestens 10 % des Eigenkapitals des Emittenten oder einem Beitrag zu dessen Jahresergebnis in gleicher Höhe (Anhang I Ziffer 25 ProspektVO, CESR recommendations S. 39 f.). Aber auch andere Gesellschaften sind einzubeziehen, wenn sie aus sonstigen Gründen wesentlich für den Geschäftsbetrieb des Emittenten sind (z.B. wenn eine Gesellschaft, ohne die 10 %-Grenze zu erreichen, erheblichen Schadensersatzklagen ausgesetzt ist). Das ergibt sich aus dem Grundsatz, dass der Prospekt alle Angaben enthalten muss, die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind (s. Rz. 12, 43).
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In einem ersten Schritt sind die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaft zu prüfen. Bei Umstrukturierungen sind gegebenenfalls auch die Rechtsvorgänger zu untersuchen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der wirksamen Gründung der Gesellschaft, insbesondere bei Sachgründungen. Sodann werden in chronologischer Reihenfolge sämtliche gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen auf ihre Rechtswirksamkeit hin überprüft. In diesem Zusammenhang sind auch Übertragungen von Beteiligungen am Emittenten von Interesse, da sich Wirksamkeitsmängel auf nachfolgend gefasste Beschlüsse auswirken können. Eine lückenlos nachweisbare Kette von Veräußerungen und Erwerben ist auch für Altaktionäre entscheidend, die beim Börsengang ihre Aktien abgeben wollen. Insbesondere unter Aspekten der Kapitalerhaltung (vgl. §§ 71a, 57 AktG) sind die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern von Interesse.
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Im nächsten Schritt werden die Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und Dritten überprüft. Sämtliche Verträge, die das Unternehmen langfristig binden und/oder wesentliche Auswirkungen auf dessen Ertragskraft haben, sind auf rechtliche Risiken sowie Abweichungen vom Üblichen zu untersuchen. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei insbesondere auf der rechtlichen Bestandsfestigkeit, rechtlichen Abhängigkeiten, wettbewerbsbeschränkenden Abreden, unüblich weit reichenden Gewährleistungen bzw. Garantien, Vertragsstrafeversprechen, Ausgleichsansprü-
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8 Anders als bei der wirtschaftlichen und finanziellen Due Diligence, die mehr auf das Unternehmen insgesamt bzw. einzelne Geschäftsbereiche abstellt, stellt die rechtliche Due Diligence auf die einzelnen Rechtssubjekte, d.h. die einzelnen Gesellschaften ab.
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chen bei Beendigung von Vertragsverhältnissen sowie gewinn- oder umsatzabhängigen Vergütungen. Wegen der mit einem Börsengang verbundenen Änderungen im Gesellschafterbestand muss besonderes Augenmerk auf hierdurch ausgelöste vertragliche Kündigungsrechte („change-of-control“-Klauseln) gelegt werden. 23
Im Bereich des Personalwesens sind die Dienstverträge der Geschäftsführung und der leitenden Angestellten sowie die Standardverträge der übrigen Arbeitnehmer zu analysieren. Zu achten ist dabei auf eingeräumte Sonderkonditionen (Umsatzund Gewinnbeteiligungszusagen), Geheimhaltungs- und Erfindungsübertragungsvereinbarungen sowie Wettbewerbsverbote. Besondere Aufmerksamkeit ist freien Mitarbeitern zu widmen. Bei Bewertung dieser Arbeitsverhältnisse als „Scheinselbständigkeit“ kann die Nachzahlung erheblicher Sozialbeiträge erforderlich werden. Die betriebliche Altersversorgung und etwaige Aktienoptionsprogramme sind wegen ihrer rechtlichen Komplexität und wirtschaftlichen Bedeutung besonders zu prüfen.
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Insbesondere bei Technologieunternehmen können gewerbliche Schutzrechte wesentlichen Einfluss auf den Firmenwert haben. Es muss daher überprüft werden, ob und in welchem sachlichen, geografischen und zeitlichen Umfang Patente, Gebrauchsmuster, Urheberrechte, Warenzeichen/Marken und Geschmacksmusterrechte bestehen. Zu den aufgeführten eigenen Schutzrechten des Emittenten kommen die vertraglich erworbenen Nutzungsrechte (Lizenzen) hinzu, weshalb auch die Lizenzverträge zu überprüfen sind.
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Klassische Fragestellungen der rechtlichen Due Diligence sind weiterhin Versicherungsfragen, insbesondere im Hinblick auf ausreichende Deckung bei Betriebsunterbrechungen und Produkthaftung. Darüber hinaus sind alle Aktiv- und Passivprozesse, in denen der Emittent Partei ist oder zu werden droht, zu erfassen und auf ihre Erfolgsaussichten zu bewerten. Dasselbe gilt für Verwaltungs- und Schiedsgerichtsverfahren. Auch gewährte Subventionen (insbesondere im Hinblick auf mögliche Rückzahlungsverpflichtungen) und öffentlich-rechtliche Erlaubnisse und Genehmigungen sind zu überprüfen. d) Steuerliche Due Diligence
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Gegenstand der steuerlichen Due Diligence (tax due diligence) ist zunächst die Identifizierung und Quantifizierung von Steuerrisiken aus der Vergangenheit. Veranlagungszeiträume, die der Verjährung unterliegen oder durch die steuerliche Betriebsprüfung abschließend geprüft sind, können in der Regel außer Acht gelassen werden. Ausgangspunkte der Untersuchung sind deshalb der Bericht über die letzte steuerliche Betriebsprüfung und die daraufhin ergangenen Bescheide. Für die noch offenen Veranlagungszeiträume übernimmt die steuerliche Due Diligence quasi die Aufgabe einer vorgezogenen Betriebsprüfung. Die Analyse wird daher aus dem Blickwinkel einer Betriebsprüfung vorgenommen. Darüber hinaus werden steuerliche Auswirkungen etwaiger Restrukturierungsmaßnahmen untersucht, die im Rahmen vorangegangener Kapitalmaßnahmen bzw. des Börsenganges stattgefunden haben oder stattfinden werden. Die steuerliche Due Diligence wird teilweise von Rechtsanwälten im Rahmen der rechtlichen Due Diligence, teilweise von Wirtschaftsprüfern zusätzlich zur wirtschaftlichen Due Diligence übernommen.
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e) Weitere Arten von Due Diligence Abhängig vom Gegenstand des Unternehmens kann es weitere Untersuchungsgebiete geben: Bei der technischen Due Diligence werden zum einen die Produkte und Dienstleistungen des Emittenten auf ihre Konkurrenzfähigkeit sowie auf Produkthaftungsund Gewährleistungsrisiken untersucht. Zum anderen werden Investitionsbedarf und Risiken hinsichtlich der Produktionsanlagen und Forschungseinrichtungen des Emittenten ermittelt. Zielrichtung der Umwelt-Due-Diligence ist die Identifizierung von Umweltschäden und -risiken sowie die Ermittlung der damit verbundenen wirtschaftlichen Belastung. Bei der organisatorischen Due Diligence wird die Organisationsstruktur des Emittenten einer Prüfung auf ihre Angemessenheit und Effizienz unterzogen. Entscheidende Bedeutung kommt dabei einem leistungsfähigen Rechnungswesen, bestehend aus einem Buchhaltungs- und Controllingsystem, sowie einem den Anforderungen des § 91 Abs. 2 AktG entsprechenden Management-Informationssystem zu. Mit der Durchführung der dargestellten Untersuchungen werden im jeweiligen Spezialbereich tätige Sachverständige beauftragt.
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III. Organisation 1. Vorbereitung a) Steuerung und Zeitplan Die Due Diligence kann das Unternehmen außerordentlich belasten, wenn sich eine größere Menge von unternehmensfremden Personen (Vertreter der Banken, Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer u.a.) in Räumlichkeiten des Unternehmens aufhält und über einen längeren Zeitraum aus nahezu allen Bereichen des Unternehmens Informationen und Unterlagen anfordert. Dies kann zu Beeinträchtigungen des eigentlichen Geschäftsbetriebs und zu Unruhe im Unternehmen führen. Eine professionelle Vorbereitung und Steuerung des Projekts Due Diligence seitens des Unternehmens und der federführenden Emissionsbanken ist deshalb unerlässlich, nicht zuletzt, um die Kosten der Due Diligence im Griff zu behalten.
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In der Vorbereitungsphase, die bereits mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann, legen die Emissionsbanken unter Mitwirkung des Unternehmens die inhaltlichen Schwerpunkte der Due Diligence fest und stimmen deren Einpassung in den Gesamtzeitplan ab. Dem Unternehmen obliegt die organisatorische bzw. logistische Vorbereitung. Diese wird häufig der Rechtsabteilung oder anderen Stabstellen übertragen, ggf. unterstützt durch ein professionelles Projektmanagement. Aufgabe dieses Due-Diligence-Teams ist die Beschaffung der Unterlagen im Unternehmen, das geordnete Zurverfügungstellen der Unterlagen und die Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der Due Diligence. Ist ein einheitliches Unternehmensarchiv bisher nicht vorhanden, ist damit zu rechnen, dass sachlich zusammenhängende Vorgänge an verschiedenen Orten des Unternehmens verstreut dokumentiert sind. Dieser Umstand kann die Vorbereitung des Datenraums erschweren und ist bei der Zeitplanung zu berücksichtigen.
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Die Kernphase der Due Diligence – gekennzeichnet durch eine Einsichtnahme in die Dokumente und Fragerunden mit Schlüsselpersonen im Unternehmen – kann bei größeren Transaktionen mit einer Dauer von mehreren Wochen bis zwei Monaten
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veranschlagt werden. Nach dem Ende der Kernphase muss bis zum Ende der gesamten Transaktion dafür gesorgt werden, dass Änderungen in den Verhältnissen des Emittenten erfasst werden und Eingang in den Prospekt finden. b) Due-Diligence-Listen 31
In der Vorbereitungsphase entwerfen die Emissionsbanken (ggf. mit Unterstützung von eingeschalteten Sachverständigen) zunächst eine Dokumenten-Anforderungsliste und eine Fragenliste9. Die Dokumenten-Anforderungsliste enthält eine Aufstellung aller Arten von Verhältnissen und Vorgängen, die aus Sicht der Banken für eine Prüfung des Unternehmens erforderlich sind. Alle maßgeblichen Unterlagen, die diese Vorgänge abbilden, sind vom Unternehmen im Rahmen der so genannten dokumentären Due Diligence (documentary due diligence) bereitzustellen. Die Fragenliste dient als Grundlage zur Befragung des (Konzern-)Vorstands (management due diligence). Eine solche ist insbesondere für die wirtschaftliche Due Diligence unerlässlich, da die hierfür notwendigen Informationen üblicherweise nicht ausreichend aktenmäßig erfasst sind. Die Entwürfe der Listen werden anschließend mit Vertretern des Emittenten abgestimmt. Führen mehrere Teams (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc.) eine Due Diligence durch, ist zur Vermeidung von Doppelarbeit auf eine gegenseitige Anpassung der Listen zu achten.
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Da nicht alle Unterlagen wesentlich im Sinne der Prospekthaftung sind, werden insbesondere bei der rechtlichen Due Diligence Wesentlichkeitsgrenzen vereinbart. Nach ihnen beurteilt sich, ob ein Dokument bzw. Vorgang in die Prüfung einzubeziehen ist. Als vorläufige Richtzahl für die Wesentlichkeitsgrenze kann ein Prozentsatz vom Jahresumsatz des Emittenten (z.B. 2 %) dienen. Vorgänge, deren wirtschaftliche Bedeutung unter diesem Schwellenwert liegt, werden in der Regel nicht in die Due Diligence einbezogen. Auch der Umfang der zur Verfügung stehenden Dokumente bzw. die Zahl der einschlägigen Vorgänge kann zur Ermittlung der relevanten Kenngrößen herangezogen werden. Eine Ausnahme gilt für Vorgänge mit strategischer Bedeutung oder nicht absehbare Risiken, die immer relevant sind. Ebenfalls immer relevant sind die Protokolle der Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen. Sie enthalten hoch konzentrierte Informationen zur Geschäftstätigkeit und zu den betrieblichen Abläufen des Emittenten. Typischerweise wird geprüft, ob die in den Gremienprotokollen angesprochenen Probleme einer Lösung zugeführt wurden.
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Zu diesem Zeitpunkt ist auch festzulegen, welche Beteiligungsunternehmen in die Prüfung einzubeziehen sind (zu den Kriterien s. oben Rz. 20). Ergeben sich aus der Art des betriebenen Unternehmens spezifische Risiken, muss dies in den Due-Diligence-Listen ebenfalls berücksichtigt werden, um entsprechende Prüfungen zu ermöglichen. Schließlich ist der relevante Prüfungszeitraum für Sachverhalte in der Vergangenheit zu bestimmen. Üblicherweise umfasst er drei Jahre (vgl. Anhang I Ziffer 20.1 ProspektVO). c) Vorbereitung des Datenraums
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Das Unternehmen stellt die angeforderten Dokumente in einem Datenraum (data room) zur Verfügung, der entweder real bzw. physisch oder virtuell ausgestaltet 9 Die Begrifflichkeiten variieren; oft wird auch pauschal von einer Due-Diligence-Liste gesprochen.
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sein kann. Bei einem physischen Datenraum werden die Unterlagen in Kopie in besonderen Räumlichkeiten, typischerweise auf dem eigenen Gelände, zur Verfügung gestellt. Bei einem virtuellen Datenraum werden die vorhandenen Unterlagen eingescannt und den Beteiligten über die Internetseite eines entsprechenden Dienstleisters zugänglich gemacht. Die zugelassenen Nutzer haben dann abhängig von etwaigen Vertraulichkeitsstufen (s. unten Rz. 36) über einen Benutzernamen und ein persönliches Passwort Zugang zum Inhalt der Datenbank (so genanntes workspace). Auch wenn der Nutzer bei umfangreichen Dokumenten gelegentlich mit Verzögerungen bei deren Download rechnen muss, sind die Vorteile der virtuellen Variante offensichtlich: Zugang rund um die Uhr, keine Notwendigkeit der Anreise und geringe Personalintensität. Trotz des hohen Sicherheitsstandards der Anbieter kann allerdings nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sensible Daten kopiert, gespeichert oder ausgedruckt werden. Besonders vertrauliche Dokumente werden deshalb häufig in einem physischen Datenraum hinterlegt, der den virtuellen Raum ergänzt. Unabhängig von der Ausgestaltung des Datenraums ist für eine – regelmäßige oder zu bestimmten Zeitpunkten erfolgende – Anpassung des Bestandes an die Anforderungen und Fragen der Nutzer bzw. eine Aktualisierung im Hinblick auf neue Vorfälle zu sorgen. Virtuelle Datenräume können so eingerichtet werden, dass Zugangsberechtigte über Neuzugänge automatisch per E-Mail informiert werden. Bei komplexen Börsengängen, oder wenn parallel auch der Verkauf an einzelne Investoren geprüft wird (dual track), kann es sinnvoll sein, den Datenraum im Rahmen des allgemeinen Zeitplans nur für eine bestimmte Periode („Zeitfenster“) zu öffnen. Ein erneuter Zugang wird dann erst wieder nach erfolgter Aktualisierung ermöglicht. Die Termine können sich an den jeweiligen Phasen der Prospekterstellung orientieren. Die Verwaltung des Datenraums obliegt dem Due-Diligence-Team des Unternehmens (s. oben Rz. 29), das als Schnittstelle zwischen dem Emittenten und den anderen Beteiligten an der Due Diligence fungiert. Seine Aufgabe ist es, den Nutzern Zugang zu den vorhandenen Dokumenten zu verschaffen und über den Bestand mittels eines Gesamtverzeichnisses (data room index) Buch zu führen. Weiterhin stellt das Team sicher, dass alle ursprünglich und im Verlauf der Due Diligence angeforderten Dokumente in den Datenraum gelangen. Seine Mitglieder sollten daher über genügend Fachkompetenz und Unternehmenskenntnis verfügen, um die Dokumente und die Dokumenten-Anforderungen einem bestimmten Geschäftsbereich zuordnen zu können. Um das Team bei seiner Arbeit zu unterstützen, ist es ratsam, für jeden Geschäftsbereich einen Ansprechpartner zu benennen. Diese Personen sollten über ausreichend Erfahrung und Autorität verfügen, um möglichst schnell und effektiv diejenigen Personen innerhalb des betreffenden Geschäftsbereichs ausfindig zu machen, die über die erforderlichen Dokumente und Informationen verfügen (s. auch Rz. 41).
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Die Due Diligence führt naturgemäß zur Offenlegung von unternehmensinternen, vertraulichen und auch geheimen Informationen gegenüber den Beteiligten. Doch nicht jedes Schriftstück muss im Rahmen der dokumentären Due Diligence jedem Beteiligten zugänglich gemacht werden. Es ist vielmehr üblich, alle Dokumente nach Vertraulichkeitsstufen zu klassifizieren und den Umgang damit zu regeln. Es bieten sich drei Kategorien an:
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– Streng vertraulich: Diese Dokumente dürfen nur von besonders berechtigten und vorher benannten Personen im Datenraum eingesehen werden. Als besonders berechtigte Personen kommen zum Beispiel der Berufsverschwiegenheit unterlieNägele
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gende Berater (z.B. Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer) oder von Emittent und Bank(en) gemeinsam beauftragte neutrale Sachverständige in Betracht. – Vertraulich: Diese Dokumente dürfen von sämtlichen berechtigten Personen im Datenraum eingesehen, nicht aber kopiert werden. – Allgemeiner Zugang: Diese Dokumente dürfen von berechtigten Personen im Datenraum eingesehen, auf Anfrage aber auch kopiert und mitgenommen werden. 37
Schließlich sind die Emissionsbanken aufzufordern, diejenigen Mitarbeiter und Berater zu benennen, die zur Nutzung des Datenraums unter Berücksichtigung der Vertraulichkeitsstufen berechtigt sein sollen. Darüber hinaus sollte eine Vertraulichkeitsvereinbarung vorbereitet werden, die von allen Nutzern des Datenraums zu unterzeichnen ist (s. unten Rz. 51). Bei physischen Datenräumen ist zusätzlich eine Datenraumordnung aufzustellen, in der der Zugang zum Datenraum (z.B. Öffnungszeiten, Voranmeldungen, Ansprechpartner) und der Umgang mit den bereitgestellten Dokumenten (insbesondere Kopiermöglichkeiten) geregelt wird. Bei virtuellen Datenräumen ist dies an die Zugangsberechtigung zur Datenbank geknüpft.
2. Durchführung 38
Am Anfang des Verfahrens steht üblicherweise die Management Due Diligence mit einer Reihe von Präsentationen und Befragungen des Unternehmens- bzw. Konzernvorstands. Dessen Mitglieder geben dabei zunächst einen Überblick über die Konzernstrategie sowie über Finanzdaten in Bezug auf die Vergangenheit und Gegenwart. Es folgt eine Darstellung der einzelnen Geschäftsbereiche mit den zugehörigen Finanzdaten. Dabei sind auch Themen wie Marktbedingungen, Dienstleistungsangebot, Wettbewerb, Strategie, Kundenstruktur und Technologie zu behandeln.
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Bei der anschließenden dokumentären Due Diligence werden die im Datenraum zur Verfügung gestellten Unterlagen gesichtet. Die dokumentäre Prüfung wird ergänzt durch Gespräche mit Verantwortlichen in der Gesellschaft. Hierzu gehören typischerweise Mitarbeiter, die nähere Auskünfte geben können über einzelne Sparten der Geschäftstätigkeit, die Organisation des Vertriebs, Produktion und Beschaffung, Mitarbeiterstruktur und -vergütung, Umweltfragen, Patente und Lizenzen sowie über eventuelle Rechtsstreitigkeiten etc. Hinzu kommen ggf. Gespräche mit den Wirtschaftsprüfern, Rechts- oder Patentanwälten und anderen externen Spezialisten, die mit den Verhältnissen des Unternehmens vertraut sind.
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Zu einer vollständigen Due Diligence zählt auch die Besichtigung von Produktionsstätten und anderen für den Geschäftsbetrieb wesentlichen Lokalitäten des Unternehmens. Sie findet im Anschluss an die Management Due Diligence oder parallel zur dokumentären Due Diligence statt.
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Um unmittelbar vor Veröffentlichung der Angebotsunterlagen möglicherweise in der Zwischenzeit eingetretene Sachverhalte zu erfassen, findet als letzter Schritt eine Schlussbesprechung (bring down due diligence) statt. Hier werden noch letzte offene Fragen geklärt und kritische Sachverhalte erörtert. Alle Beteiligten erhalten so die Möglichkeit zur Stellungnahme. In der Schlussbesprechung bestätigen zudem sämtliche Vorstandsmitglieder mündlich, dass ihnen keine Tatsachen bzw. Vorgänge bekannt sind, die in den – mittlerweile als fertiger Entwurf vorliegenden – Angebotsunterlagen nicht erwähnt sind, deren Fehlen diese aber in einem wesentlichen 748
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Punkt unrichtig oder unvollständig machen würden. Zur Absicherung dieser Aussagen lassen sich die Vorstandsmitglieder üblicherweise ihrerseits entsprechende Bestätigungen von den jeweils zuständigen Geschäftsführern, Bereichsverantwortlichen und sonst verantwortlichen Mitarbeitern des Unternehmens geben.
3. Auswertung und Dokumentation Bei Kapitalmarkttransaktionen finden die Ergebnisse der Due Diligence direkten Eingang in die zu erstellenden Angebotsunterlagen (Prospekt oder Information Memorandum). Anders als bei M&A-Transaktionen ist es in der Regel nicht üblich, einen gesonderten Due-Diligence-Bericht (due diligence report) zu verfassen10. Es empfiehlt sich aber, neben dem Prospekt, der die Ergebnisse der Due Diligence inhaltlich widerspiegelt, auch die Durchführung der Due Diligence selbst zu dokumentieren. Dazu gehören etwa die genannten Fragenlisten, das Verzeichnis der im Datenraum zur Verfügung gestellten Dokumente (ggf. als DVD-ROM), eine Protokollierung von wesentlichen Meetings einschließlich Feststellung der Teilnehmer sowie die gesonderte Dokumentation von Antworten auf risikorelevante Fragen. So wird der Nachweis einer sorgfältig durchgeführten Due Diligence bei möglichen Prospekthaftungsklagen erleichtert. Darüber hinaus schafft die Dokumentation die Grundlage für die Einrichtung eines Unternehmensarchivs.
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IV. Rechtsverhältnisse 1. Verhältnis der Due Diligence zur Prospekthaftung Die gesetzliche Prospekthaftung richtet sich nach den Vorschriften der §§ 44 ff. BörsG (ggf. i.V.m. § 13 VerkProspG; zu den Einzelheiten s. § 33). Sie setzt im objektiven Tatbestand insbesondere voraus, dass im Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthalten sind, die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind (§ 44 Abs. 1 BörsG). Aus § 45 Abs. 1 BörsG ergibt sich, dass bei Vorliegen unrichtiger oder unvollständiger Angaben das Verschulden der Prospektverantwortlichen vermutet wird. Der Betreffende muss nachweisen, dass er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Es stellt sich die Frage, ob sich die Vermutung der groben Fahrlässigkeit nur bei Durchführung einer Due Diligence widerlegen lässt11. 10 Dies entspricht der Kapitalmarktpraxis in den USA, die sich auch in Deutschland durchgesetzt hat. Grund hierfür ist die Möglichkeit potenzieller Prospekthaftungskläger in den USA, im Rahmen der Pre-Trial Discovery einen entsprechenden Bericht herauszuverlangen und gegen die Emissionsbeteiligten zu verwenden. Das deutsche Prozessrecht hingegen kennt keinen Ausforschungsbeweis und sieht nur sehr eingeschränkt die Möglichkeit vor, im Besitz des Prozessgegners befindliche Dokumente als Urkundenbeweis zu verwerten. Zur deutschen Praxis anders Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 203. 11 In den USA ist die Durchführung einer Due Diligence zwingende Voraussetzung der Geltendmachung der Due Diligence Defense nach Sec. 11 (b) Securities Act. Dabei handelt es sich um die unter bestimmten Umständen bestehende Möglichkeit der Emissionsbanken, sich in einem Prospekthaftungsprozess damit zu verteidigen, dass aufgrund sorgfältiger Tätigkeit kein Verschulden und damit keine Haftung vorliegt. Vgl. hierzu § 37.
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Die herrschende Meinung im Schrifttum lehnt dies zu Recht ab. Weder dem Emittenten, den Emissionsbanken noch den Hauptaktionären obliege eine generelle Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence. Nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte sollen Nachforschungen erforderlich sein12. Im Hinblick auf die in diesem Bereich bestehende Rechtsunsicherheit ist eine Due Diligence durch Emittent und Emissionsbanken jedoch dringend anzuraten. Es darf nicht verkannt werden, dass deren Durchführung im Vorfeld einer Emission – auch zurückgehend auf die US-amerikanischen Kapitalmarktusancen – ganz gängige Praxis ist. Solche „Marktbräuche“ könnten als geeignet angesehen werden, den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab mitzubestimmen13.
2. Auswirkungen der Due Diligence auf das Verhältnis zwischen Emissionsbanken und Emittent 45
Das Verhältnis zwischen Emissionsbanken, Emittent und etwaigen abgebenden Aktionären bestimmt sich wesentlich nach der Mandatsvereinbarung (letter of engagement) und dem Übernahmevertrag (underwriting agreement)14. Die Emissionsbanken verlangen hier umfangreiche Zusicherungen und Gewährleistungen hinsichtlich der Verhältnisse des Unternehmens. Erweisen sich diese nachträglich als falsch, sind der Emittent und ggf. die abgebenden Aktionäre verpflichtet, die Emissionsbanken von Ansprüchen Dritter, insbesondere von Prospekthaftungsansprüchen, freizustellen. Das Prospekthaftungsrisiko der Emissionsbanken im Außenverhältnis wird auf diese Weise im Innenverhältnis auf den Emittenten bzw. die abgebenden Aktionäre abgewälzt. Haben die Emissionsbanken eine Due Diligence durchgeführt, stellt sich die Frage, ob der Emittent bzw. der in Anspruch genommene Altaktionär Haftungsfreistellungsansprüchen der Emissionsbanken den Einwand entgegenhalten kann, diese hätten Kenntnis gehabt oder haben müssen (§ 442 BGB analog)15.
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Dem Emittenten ist der Einwand der Kenntnis bzw. des Kennenmüssens jedenfalls dann verwehrt, wenn in der Mandatsvereinbarung oder im Übernahmevertrag die Anwendbarkeit des § 442 BGB ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen wird. Dies entspricht der gängigen Praxis. Findet sich keine vertragliche Regelung, bestimmt sich die Zulässigkeit des Einwandes nach einer Auslegung der Verträge, insbesondere der in ihnen enthaltenen Zusicherungen hinsichtlich der Verhältnisse der Gesellschaft. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls dürfte die Auslegung häufig dazu führen, dass der Einwand erhoben werden kann. Denn haben die Emissionsbanken aufgrund der Due Diligence oder sonstiger Umstände von einer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes Kenntnis, müssen sie auf eine Änderung der Prospektangaben hinwirken oder – wenn der Emittent sich dem verweigert – eine ausdrückliche Freistellung verlangen. Geschieht dies nicht, darf der Emittent 12 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 45 ff., 77; Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 138 ff.; a.A. Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 226. 13 Vgl. BGH v. 1.12.1975 – II ZR 68/74, BGHZ 65, 304, 308; Heinrichs in Palandt, BGB, § 276 Rz. 16. 14 Ausführlich zum Börsengang § 3. 15 Diese Frage wird insbesondere bei Unternehmensakquisitionen diskutiert, vgl. Angersbach, Due Diligence beim Unternehmenskauf, S. 136 ff. m.w.N.
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in der Regel darauf vertrauen, dass die im Prospekt gefundene Lösung von allen Beteiligten getragen wird16. Auch bei Fehlen einer vertraglichen Regelung kann den Emissionsbanken nicht entgegengehalten werden, sie hätten aufgrund einer durchgeführten Due Diligence von einem bestimmten Umstand Kenntnis haben müssen. Wie sich der Regelung des § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB entnehmen lässt, gilt der Einwand des Kennenmüssens gerade nicht bei Beschaffenheitsgarantien. Es ist daher auch nicht möglich, ihn auf Zusicherungen im Übernahmevertrag (meist in Form eines selbstständigen Garantieversprechens) auszudehnen.
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V. Grenzen 1. Gesellschaftsrechtliche Grenzen a) Verschwiegenheitspflicht Für den Vorstand einer AG besteht grundsätzlich die Pflicht, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG)17. Bei einer Due Diligence verlangen die Emissionsbanken jedoch, dass ihnen vom Vorstand solche unternehmensinternen Informationen zugänglich gemacht werden. In aller Regel wird der Vorstand diesem Verlangen ohne Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht nachkommen können. Die Verschwiegenheitspflicht wird nämlich durch das Gesellschaftsinteresse bestimmt. Dabei hat der Vorstand zu entscheiden, welche Maßnahmen dem Gesellschaftsinteresse am besten entsprechen und ist deshalb zur Offenlegung berechtigt, wenn und soweit die damit verbundenen Vorteile die Risiken der Informationsweitergabe überwiegen18. Maßgebliche Kriterien bei dieser Ermessensentscheidung sind das Ausmaß und die Wahrscheinlichkeit der Vorteile für die Gesellschaft und die Gefahr der zweckwidrigen Informationsverwertung.
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Bei einer Kapitalmarkttransaktion ist zu berücksichtigen, dass die Offenlegung wegen der Prospektpflicht rechtlich und faktisch unabdingbare Voraussetzung für einen Börsengang bzw. ein öffentliches Angebot von Wertpapieren ist. Durch das öffentliche Angebot wiederum fließen der Gesellschaft in der Regel erhebliche Finanzmittel zu, die ihr die Verfolgung ihrer unternehmerischen Ziele, wie z.B. ein weiteres Wachstum ermöglichen. Aber auch wenn der Gesellschaft keine Finanzmittel zufließen, weil lediglich Altaktien platziert werden, wird man von der Zulässigkeit einer Due Diligence ausgehen müssen. Zum einen reduziert der Emittent durch Gestattung der Due Diligence seine Prospekthaftungsrisiken erheblich. Zum anderen kann hier oft damit argumentiert werden, dass durch die mit der Due Diligence ermöglichte öffentliche Platzierung eine breitere Streuung des Anteilsbesitzes erreicht und damit die Unabhängigkeit des Unternehmens gestärkt werden kann. Ein hoher Streubesitz ist wiederum Voraussetzung für die Aufnahme in einen Börsenindex, was dem Emittenten weitere Vorteile verschaffen kann. Die dargestellten Vorteile einer Due Diligence müssen aber hinreichend sicher sein. Deren Durchführung liegt
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16 So auch Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 152. 17 Dieses Gebot ist nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG strafbewehrt. 18 Dietzel in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, § 9 Rz. 75 m.w.N.
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nicht im Unternehmensinteresse, wenn die Umsetzung (Fassung der erforderlichen Kapitalerhöhungsbeschlüsse etc.) einer geplanten öffentlichen Platzierung unwahrscheinlich ist19. Insbesondere wenn sich eine fehlende Unterstützung der Transaktion durch die Mehrheit der Aktionäre abzeichnet, wird man nur schwer einen hinreichend konkreten Vorteil annehmen können. 50
Bei der Frage nach den Risiken muss berücksichtigt werden, dass die Gefahr eines Missbrauchs der offen gelegten Informationen bei einer Kapitalmarkttransaktion überschaubar ist. Bei einer M&A-Due-Diligence treten oftmals direkte Wettbewerber als interessierte Käufer auf und erhalten Einblick in Unternehmensinterna. Bei einem Scheitern der Transaktion verbleibt in der Regel ein Risiko, dass sie die erlangten Informationen für eigene Zwecke verwenden. Bei Kapitalmarkttransaktionen wird die Due Diligence hingegen durch die vom Emittenten beauftragten Emissionsbanken durchgeführt. Diese stehen in aller Regel in keinem Wettbewerbsverhältnis zum Emittenten und können vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet werden (vgl. nachfolgend Rz. 51). Die von den Emissionsbanken beauftragten branchenfremden Sachverständigen wie Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sind regelmäßig bereits aus berufs- und standesrechtlichen Gründen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine missbräuchliche Verwendung oder Weitergabe der Informationen ist somit unwahrscheinlich. Nur in Ausnahmefällen wird der Vorstand daher bei Abwägung der dargestellten Vor- und Nachteile im Rahmen seines Ermessens zur Unzulässigkeit einer Due Diligence gelangen20. Bei der Entscheidung über die Durchführung der Due Diligence handelt es sich auch um eine in seine alleinige Zuständigkeit fallende Geschäftsführungsmaßnahme, die keinen Hauptversammlungsbeschluss erfordert21. b) Geheimhaltungsmaßnahmen
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Bei M&A-Transaktionen ist anerkannt, dass der Vorstand, auch wenn die Due Diligence grundsätzlich zulässig ist, in Erfüllung seiner Verschwiegenheits- und Sorgfaltspflichten bestimmte Vorkehrungen zum Schutz von Unternehmensinterna treffen muss22. Dies gilt in eingeschränktem Umfang auch für Kapitalmarkttransaktionen. Mit den Emissionsbanken muss daher zunächst eine Vertraulichkeitsvereinbarung (confidentiality agreement bzw. non-disclosure agreement) abgeschlossen werden23. Dies gilt auch im Hinblick auf alle Personen, die Zugang zu vertraulichen Dokumenten des Emittenten erhalten, d.h. Angestellte der Emissionsbanken und von ihnen beauftragte Sachverständige. Kern der Vertraulichkeitsvereinbarung ist die Verpflichtung, keine im Rahmen der Due Diligence vom Emittenten erlangten vertraulichen Informationen zu offenbaren. Konkret heißt dies, dass die zur Ver19 So auch Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 160. 20 Empfehlenswert ist ein Beschluss durch den Gesamtvorstand, da die Ressort-Kompetenz eines einzelnen Vorstandsmitglieds (nach einem etwaigen Geschäftsverteilungsplan) regelmäßig überschritten ist; vgl. auch Dietzel in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, § 9 Rz. 76 m.w.N. 21 So auch Eggenberger, Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen und Folgen einer Due-Diligence-Prüfung, S. 85 ff.; ihm folgend Göckeler in Beck’sches Hdb. AG, § 22 Rz. 161; s. auch Schanz, Börseneinführung, § 8 Rz. 35. 22 Zu den Einzelheiten vgl. Dietzel in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, § 9 Rz. 76 m.w.N. 23 Zur Ausgestaltung vgl. Schlitt in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, § 6 Rz. 3 ff.
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fügung gestellten Informationen nur zu Zwecken der Due Diligence und nicht für andere eigene oder fremde Zwecke (außer zur Verteidigung gegen mögliche Prospekthaftungsklagen) verwendet werden dürfen, insbesondere Dritten ohne vorherige schriftliche Zustimmung kein Zugang zu den Informationen gewährt werden darf. Die Vertraulichkeitsvereinbarung kann mit einer Vertragsstrafe bewehrt sein, damit der Emittent bei Verletzung der Vereinbarung nicht in Beweisnot über einen dadurch verursachten Schaden gerät. Der Konkretisierung einer Vertraulichkeitsvereinbarung kann auch die Datenraumordnung (s. oben Rz. 37) dienen, die von den Nutzern des Datenraums durch Gegenzeichnen anzuerkennen ist. Weitergehende Maßnahmen sind bei der Due Diligence im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion in der Regel nicht erforderlich. Wesentlicher Unterschied zur Due Diligence im Vorfeld von Unternehmenskäufen ist, dass keine direkten Wettbewerber an ihr teilnehmen und damit die Gefahr eines Missbrauchs vertraulicher Informationen von vornherein wesentlich geringer ist. Allerdings sind Konstellationen vorstellbar, in denen parallel zur Kapitalmarkttransaktion eine M&A-Transaktion geplant wird (dual-track-Verfahren), z.B. wenn ein Hauptaktionär sich neben einer öffentlichen Platzierung seines Aktienpakets die Möglichkeit eines Verkaufs außerhalb der Börse offen halten möchte. Hier ist darauf zu achten, dass zwei voneinander unabhängige Due-Diligence-Verfahren durchgeführt werden. Es müssen daher u.a. separate Datenräume geschaffen und voneinander unabhängige PrüferTeams aufgestellt werden. Nur so kann verhindert werden, dass im Rahmen der Kapitalmarkttransaktion offen gelegte Informationen ungewollt der M&A-Due-Diligence zugrunde gelegt werden.
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2. Kapitalmarktrechtliche Grenzen Bei Emittenten, deren Wertpapiere bereits an einer deutschen oder einer anderen europäischen Börse zum Handel zugelassen sind24, müssen ferner insiderrechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Das gilt auch, wenn der Antrag auf Zulassung (oder Einbeziehung in den regulierten Markt oder Freiverkehr) gestellt oder öffentlich angekündigt ist. Den Vorstandsmitgliedern solcher Emittenten ist es untersagt, einem anderen eine Insiderinformation unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG). Die Insiderinformation definiert § 13 Abs. 1 WpHG als konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis erheblich zu beeinflussen. Bei der Weitergabe einer solchen Information anlässlich der Due Diligence ist theoretisch auch eine insiderrechtliche Strafbarkeit denkbar. Im Ergebnis wird dies aber fast immer zu verneinen sein, wenn das Unternehmensinteresse eine Weitergabe gebietet und diese daher ohne Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 AktG erfolgt (s. hierzu Rz. 48 ff.). Das Ziel des Insiderrechts, die Erzielung von ungerechtfertigten Sondervorteilen durch status-, funktions- oder zufallsbedingte Erlangung von Insiderinformationen zu unterbinden, findet seine Grenze dort, wo Informationsflüsse erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit von Unternehmen zu erhalten25. Eine 24 Zu anderen Umständen der Qualifizierung als Insiderpapier s. § 12 WpHG. 25 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 73.
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Weitergabe von Informationen im wohlverstandenen Unternehmensinteresse ist daher auch „befugt“ im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Da die Emissionsbanken und die anderen Due-Diligence-Beteiligten vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, entsteht durch die Weitergabe an sie auch keine Verpflichtung zur Adhoc-Mitteilung (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 4 WpHG). 54
Ist eine befugte Weitergabe von Insiderinformationen im Rahmen der Due Diligence an die Emissionsbanken erfolgt, dürfen diese die erlangten Informationen regelmäßig nur in der Emissionsabteilung nutzen und nicht auch anderen Abteilungen innerhalb der Bank zugänglich machen. Eine befugte Weitergabe durch sie innerhalb des eigenen Unternehmens kommt nur in Betracht, wenn dies für den ordentlichen Unternehmensablauf erforderlich ist.
3. Datenschutzrechtliche und weitere Grenzen 55
Bei der Weitergabe von Informationen sind grundsätzlich die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu berücksichtigen26. Die Herausgabe oder das Zugänglichmachen von personenbezogenen Daten im Sinne des BDSG ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des BDSG (insbesondere ein berechtigtes Interesse nach § 28 Abs. 1) oder einer anderen Rechtsvorschrift27 erfüllt sind oder der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 BDSG). Dies gilt auch bei der Weitergabe an berufsrechtlich oder vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtete Dritte wie z.B. die die Due Diligence durchführenden Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Emissionsbanken. Das BDSG differenziert nicht danach, ob der Empfänger selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Das Datenschutzrecht steht einer Informationsweitergabe allerdings nur dann entgegen, wenn es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person handelt (§ 3 Abs. 1 BDSG).
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Um einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen auszuschließen, muss eine Anonymisierung der Daten vorgenommen werden. Die Daten sind also in einer Art und Weise darzustellen, die eine Zuordnung zu einer bestimmten Person nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit und Arbeitskraft ermöglicht. Auch durch eine Zusammenfassung von Daten (Strukturdarstellung) kann dem Datenschutz genüge getan werden. Die Zusammenfassung muss dabei eine Personengruppe von jeweils mindestens drei Personen umfassen, damit keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich sind. Beispielsweise dürfte mitgeteilt werden, dass der Emittent eine bestimmte Anzahl von Dienstverträgen abgeschlossen hat, die jeweils eine jährliche Vergütung gewähren, die über einer bestimmten Grenze liegt.
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Eine weitere Schranke für das Offenlegen von Informationen im Rahmen der Due Diligence ergibt sich aus Geheimhaltungsvereinbarungen des Emittenten mit Dritten. Macht er bei der Due Diligence solchen Vereinbarungen unterfallende Informationen zugänglich, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Kann im Zuge der Due Diligence nicht auf die Überprüfung dieser Informationen verzichtet werden, 26 Ausführlich Dietzel in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, § 9. 27 Z.B. § 50a GmbHG; nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören hierzu auch Betriebsvereinbarungen.
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bleibt dem Emittenten nur die Möglichkeit, bei dem berechtigten Dritten auf eine Entbindung von der Geheimhaltungspflicht zumindest gegenüber den Emissionsbanken bzw. deren Sachverständigen hinzuwirken.
VI. Besonderheiten bei regelmäßiger Inanspruchnahme des Kapitalmarktes Vom dargestellten Due-Diligence-Verfahren ergeben sich erhebliche Abweichungen, wenn der Emittent regelmäßig Wertpapiere emittiert. Insbesondere größere börsennotierte Unternehmen finanzieren sich standardmäßig durch die Begebung von Anleihen und anderen Wertpapieren. Hier wäre es nicht zweckmäßig, z.B. bei jeder neuen Anleiheemission eine vollumfängliche Due Diligence durchzuführen. Vielmehr wird bei der Prospekterstellung in aller Regel auf den Erkenntnissen früherer Due-Diligence-Verfahren aufgebaut. Diese Erkenntnisse lassen sich zum einen bereits vorhandenen Angebotsdokumenten bzw. Prospekten entnehmen. Aber auch Regelpublikationen bauen teilweise – zu denken ist insbesondere an SEC-Filings wie 6-K und 20-F – auf einer umfassenden Due Diligence auf und können daher herangezogen werden. Die Emissionsbanken überprüfen deshalb im Wesentlichen nur, ob sich seit der letzten umfassenden Due Diligence Änderungen ergeben haben. Eine dokumentäre Due Diligence in der dargestellten Weise findet grundsätzlich nicht statt, insbesondere wird kein Datenraum eingerichtet. Im Hinblick auf die aktuellen im Prospekt zu veröffentlichenden, noch nicht testierten Finanzdaten holen die Emissionsbanken vom Wirtschaftsprüfer des Emittenten einen Comfort Letter ein. Zum Abschluss der Due Diligence, kurz vor Begebung der Anleihe, findet schließlich eine Telefonkonferenz statt (due diligence call), bei der der Vorstand des Emittenten versichert, dass die Prospektangaben richtig und vollständig sind.
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§ 28 Comfort Letter Uta Kunold I. Die Bedeutung und Funktion des Comfort Letter . . . . . . . . . . . . 1. US-amerikanischer Standard SAS 72 vor dem Hintergrund der Rechtslage in den USA . . . . . . . 2. Funktion des Comfort Letter in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . II. IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910) . . . 1. Rechtliche Einordnung . . . . . . 2. Anwendungsbereich und Aufbau des Prüfungsstandards . . . . . . . 3. Form und Aufbau des Comfort Letter . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsnatur eines Comfort Letter und Haftung . . . . . . . . . . . . . 5. Vollständigkeitserklärung . . . . . 6. Behandlung von Konzernsachverhalten . . . . . . . . . . . . . . .
a) Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks . . . . . . . . . . b) Kritisches Lesen der Anhänge . . c) Praktische Fragen . . . . . . . . . 3. Aussage zur Folgeperiode . . . . . . a) Aussage zu ungeprüften Abschlüssen . . . . . . . . . . . . b) Aussage zu dem Zeitraum zwischen dem letzten Abschluss und dem Datum der Prospekterstellung aa) Untersuchungshandlungen zur Aktualisierung der Erkenntnisse . . . . . . . . . bb) 135-Tage-Regel . . . . . . . . c) Praktische Fragen . . . . . . . . . 4. Pro-Forma-Finanzinformationen und Complex Financial Histories . 5. Formeller Zahlenabgleich . . . . . . 6. Verwendungszweck und Grundlage des Comfort Letter . . . . . . . 7. Rechtswahlklausel und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Bring Down Comfort Letter . . . .
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V. Praxis bei internationalen Wertpapieremissionen . . . . . . . . . . .
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III. Inhaltliche Anforderungen an den Comfort Letter nach IDW PS 910 1. Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aussage zu geprüften Abschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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34 35 38 39 41 42
Schrifttum: Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Teilbd. 7, 6. Aufl. 2000; American Institute of Certified Public Accountants, AICPA Professional Standards Volume 1, U.S. Auditing Standards, Attestation Standards, 2007; Bosch, Expertenhaftung gegenüber Dritten – Überlegungen aus der Sicht der Bankpraxis, ZHR 163 (1999), 274; Canaris, Die Reichweite der Expertenhaftung gegenüber Dritten, ZHR 163 (1999), 206; Castan/Böcking/ Heymann/Pfitzer/Scheffler (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, Loseblatt; Ebke/Siegel, Comfort Letters, Börsengänge und Haftung: Überlegungen aus Sicht des deutschen und US-amerikanischen Rechts, WM 2001, Sonderbeil. 2; Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch mit UN-Kaufrecht, 7. Aufl. 2007; Greene/Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, U.S. Regulation of the International Securities and Derivatives Markets, 8th ed. 2006; Hazen, Treatise on the Law of Securities Regulation, 5th ed. 2006; Heppe, Nach dem Vertrauensverlust – Ist es an der Zeit, die Dritthaftung deutscher Abschlussprüfer zu verschärfen?, WM 2003, 714, 753; Herzog/Amstutz, Rechtliche Überlegungen zur Haftung des Wirtschaftsprüfers für Comfort Letters – Ungeklärte Rechtslage in der Schweiz, Der Schweizer Treuhänder 2000, 757; Hirsch, Voraussetzungen für den Widerruf eines Bestätigungsvermerks – Anmerkungen zur Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 19.9.2000, WPg 2001, 606; Hutter, Obligations of German Issuers in connection with Public Securities Offerings and Stock Exchange Listings in the United States, in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Zugang zum US-Kapitalmarkt für deutsche Aktiengesellschaften, 1998, 115; Institut der Wirt-
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schaftsprüfer (Hrsg.), IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910), IDW Auditing Standard: Standards for Issuance of a Comfort Letter (IDW AuS 910), 2004, in deutscher Sprache ohne Anhang auch abgedruckt in WPg 2004, 342 ff.; Institut der Wirtschaftsprüfer (Hrsg.), IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S), IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblatt; Institut der Wirtschaftsprüfer (Hrsg.), WP Handbuch 2008, Bd. II, 13. Aufl. 2007; Köhler/Weiser, Die Bedeutung des Comfort Letters im Zusammenhang mit Emissionen – Darstellung der Rechtsgrundlagen, DB 2003, 565; KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft (Hrsg.), US-GAAP Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, 4. Aufl. 2007; Krämer, § 9 Due Diligence und Prospekthaftung, in MarschBarner/Schäfer (Hrsg.), Handbuch börsennotierte AG, 2005; Kunold, Entwicklung eines Muster Comfort Letter – Ein Beitrag für zuverlässigere Finanzdaten in Prospekten, NZG 2003, 320; Kopp, Finanz- und Ertragslage des Emittenten in Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekten – Darstellung und Analyse (MD&A), RIW 2002, 661; Landmann, Die Haftung für Comfort Letters bei der Neuemission von Aktien, 2007; Langendorf, Haftungsfragen bei Anleiheemissionen – Insbesondere vor dem Hintergrund des Comfort Letter, 2006; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 5th ed. 2004, 2007 Supplement; Meyer, Der IDW Prüfungsstandard für Comfort Letters – Ein wesentlicher Beitrag zur Weiterentwicklung des Emissionsgeschäfts in Deutschland, WM 2003, 1745; Ostrowski/Sommerhäuser, Wirtschaftsprüfer und Going Public – Eine explorative Studie über die Dienstleistungen von Wirtschaftsprüfern bei Börseneinführungen, WPg 2000, 961; Schindler, Prüferische Durchsicht von Jahres-, Konzern- und Zwischenabschlüssen, WPg 2002, 1121; Schindler/Böttcher/Roß, Erstellung von Pro-Forma-Abschlüssen – Systematisierung, Bestandsaufnahmen und Vergleich mit US-amerikanischen Regelungen, WPg 2001, 22; Schindler/Böttcher/Roß, Bestätigungsvermerke und Bescheinigungen zu Konzernabschlüssen bei Börsengängen an den Neuen Markt – Anmerkungen zu dem Prüfungshinweis IDW PH 9.400.4, WPg 2001, 477; Hannes Schneider, Reichweite der Expertenhaftung gegenüber Dritten, ZHR 163 (1999), 246; Schruff, Aus der Facharbeit des IDW, WPg 2004, 449; Semler/Volhard (Hrsg.), Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Bd. 1, 2001; Staub, Großkommentar HGB, hrsg. v. Canaris/Schilling/Ulmer, Dritter Bd., 2. Teilbd. §§ 290–342a, 4. Aufl. 2002.
Bei Kapitalmarkttransaktionen sind verlässliche Informationen über das emittierende Unternehmen für die Bewertung der angebotenen Wertpapiere von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Angaben zur Finanz-, Vermögens- und Ertragslage des Emittenten. Sie sind Grundlage für die Beurteilung des Emittenten durch emissionsbegleitende Banken und Investoren und stellen einen wesentlichen Teil der bei öffentlichen Angeboten und/oder einer Börsenzulassung von Wertpapieren regelmäßig erstellten Wertpapierprospekte dar (eingehend dazu s. § 30). Die für die Erstellung von Wertpapierprospekten Verantwortlichen müssen daher hinreichende Gewissheit haben, dass die im Prospekt enthaltenen Finanzangaben richtig und vollständig sind. Vor diesem Hintergrund ist international, aber auch in Deutschland, die Abgabe eines Comfort Letter hinsichtlich der in Prospekten enthaltenen Finanzangaben üblich1. 1 Hierzu auch Schindler/Böttcher/Roß, WPg 2001, 477, 478; Ebke/Siegel, WM 2001, SBeil. 2, S. 3; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.105a; Hutter/Leppert, NJW 2002, 2008, 2211 f.; Kunold, NZG 2003, 320, 321; Meyer, WM 2003, 1745, 1746; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 150; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 211; nach der von Ostrowski/Sommerhäuser für den Zeitraum von November 1998 bis einschließlich Juli 1999 durchgeführten Untersuchung von IPOs in den Börsensegmenten amtlicher Handel, geregelter Markt und Neuer Markt wurde bei knapp 47 % der Börsengänge ein Comfort Letter erteilt, vgl. WPg 2000, 961, 968. Dieser prozentuale Anteil dürfte in der Folgezeit deutlich zugenommen haben, insbesondere im Eigenkapitalbereich.
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I. Die Bedeutung und Funktion des Comfort Letter 2
Bei einem Comfort Letter handelt es sich um die schriftliche Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers über Abschlüsse und Finanzzahlen, die in einem Wertpapierprospekt abgedruckt sind. Zugleich dient er der Dokumentation der diesbezüglich durchgeführten Untersuchungshandlungen. Der Grund für die Einholung dieser Bestätigung und der Durchführung von Untersuchungshandlungen liegt in der besonderen Sachkunde und Erfahrung eines Wirtschaftsprüfers, insbesondere des mit den Verhältnissen des Emittenten vertrauten Abschlussprüfers. Die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers als Experten erfolgt dabei auch aus dem im Hinblick auf eine etwaige Prospekthaftung bestehenden Interesse der Prospektverantwortlichen, insbesondere der Emissionsbanken, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der in einem Prospekt enthaltenen Finanzangaben (zur Prospekthaftung s. näher § 30 Rz. 9 ff.). Um die Richtigkeit und Vollständigkeit der in dem Prospekt enthaltenen Angaben überprüfen und sich ggf. im Falle der Inanspruchnahme eines Anlegers entlasten zu können, führen die Emissionsbanken regelmäßig eine Untersuchung des Emittenten durch (so genannte „Due Diligence“, s. hierzu ausführlich § 27). Hinsichtlich der Finanzangaben ziehen sie dabei häufig einen Wirtschaftsprüfer – in der Regel den Abschlussprüfer der Gesellschaft2 – hinzu. Die Emissionsbanken können sich zwar nach ganz herrschender Meinung im Grundsatz auf die von einem Wirtschaftsprüfer geprüften und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehenen Finanzangaben verlassen3. In der Regel ist jedoch seit dem Stichtag des letzten geprüften Abschlusses und dem Datum des Bestätigungsvermerks eine gewisse Zeit verstrichen. In diesem Zeitraum können Ereignisse eingetreten sein, die wegen ihrer Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Emittenten für die Prospekterstellung von Bedeutung sind. Um derartige Ereignisse zu ermitteln, bedarf es daher in Bezug auf diesen Zeitraum ggf. weiterer Untersuchungshandlungen eines sachkundigen und idealerweise mit den Verhältnissen des Emittenten bereits vertrauten Wirtschaftsprüfers, um die Prospektverantwortlichen, insbesondere die Emissionsbanken, bei der Prospektvorbereitung zu unterstützen.
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Den Untersuchungshandlungen des Wirtschaftsprüfers und dem auf deren Grundlage abzugebenden Comfort Letter können dabei im Einzelnen drei Funktionen zukommen: (1) Die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen des Wirtschaftsprüfers sind – neben anderen Erkenntnisquellen – Grundlage der Beurteilung des Emittenten durch die Emissionsbanken und helfen so, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts sicherzustellen. (2) Ein Comfort Letter kann dem Nachweis dienen, dass die Emissionsbank die im Prospekt enthaltenen Finanzangaben durch Einschaltung von Experten mit der gebo2 S. hierzu auch die Angaben bei Ostrowski/Sommerhäuser, WPg 2000, 961, 968. 3 Eine eigene Nachforschungspflicht der Emissionsbanken besteht nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der betreffenden Finanzangaben bestehen. S. hierzu BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – „Beton- und Monierbau“, WM 1982, 862, 864 = AG 1982, 278; LG Frankfurt a.M. v. 17.1.2003 – 3-07 O 48/01 – „EM.TV“, ZIP 2003, 400, 405 f.; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 229, 234; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 80; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 44, 45 BörsG Rz. 47; Meyer, WM 2003, 1745, 1747.
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tenen Sorgfalt überprüft hat und daher für eine etwaige Fehlerhaftigkeit nicht im Rahmen der Prospekthaftung gegenüber Anlegern einstehen muss (due diligence defense). (3) Darüber hinaus kann der Comfort Letter ggf. Haftungsgrundlage für einen etwaigen Rückgriff gegen den Wirtschaftsprüfer sein. Für das Verständnis der Funktion von Comfort Letters sind jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen der Rechtsordnungen, in denen sie verwendet werden, zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die jeweiligen Regelungen zur Prospekthaftung.
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1. US-amerikanischer Standard SAS 72 vor dem Hintergrund der Rechtslage in den USA In den USA ist die Abgabe eines Comfort Letter durch Wirtschaftsprüfer bei Wertpapieremissionen seit langem üblich. Hintergrund dieser Praxis ist das US-amerikanische Prospekthaftungsrecht. Gemäß Section 11 des U.S. Securities Act von 1933 (nachfolgend als SA bezeichnet) können bei öffentlich4 angebotenen Wertpapieremissionen ähnlich wie in Deutschland insbesondere der Emittent und die Emissionsbanken aus Prospekthaftung in Anspruch genommen werden5. Darüber hinaus besteht in den USA eine Expertenhaftung, d.h. ein Experte, z.B. ein Wirtschaftsprüfer, dessen Bestätigungsvermerk unter Namensnennung in dem bei der SEC einzureichenden Registration Statement abgedruckt wird, haftet für von ihm zu verantwortende Teile eines Prospekts6.
5
Während der Emittent für den Prospektinhalt in jedem Fall vollumfänglich einstehen muss7, können andere Prospektverantwortliche wie vor allem die Emissionsbanken (underwriter) gem. Section 11(b)(3)(A) SA unter Hinweis auf die Vornahme von entsprechenden Untersuchungshandlungen einen Entlastungsbeweis führen (so genannte due diligence defense)8. Voraussetzung hierfür ist, dass sie nach einer angemessenen Untersuchung (reasonable investigation) im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Registration Statements nachweislich davon ausgehen durften (und tatsächlich geglaubt haben), dass das Registration Statement keine falschen Angaben bezüglich wesentlicher Umstände enthielt bzw. solche Angaben nicht in irreführen-
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4 Bei Privatplatzierungen besteht u.U. ein Prospekthaftungsrisiko aus Section 12(a)(3) SA. Vor allem aus diesem Grund wird daher auch bei reinen Privatplatzierungen gem. Section 4(2) SA i.V.m. Rule 144A ein Prospekt erstellt, der sich nur unwesentlich von einem Prospekt für Angebote mit SEC-Registrierung unterscheidet (Hutter in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, Rz. 176, Fn. 433). 5 Ähnliches gilt für die Prospekthaftung für fehlerhafte Registration Statements bei in den USA börsennotierten Wertpapieren, die aus Section 10(b) des U.S. Securities Exchange Act (SEA) und Rule 10b–5 zum SEA abgeleitet wird; vgl. Ebke/Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 11 ff.; Hutter in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, Rz. 216; Meyer, WM 2003, 1745, 1747 m.w.N.; Heppe, WM 2003, 753, 756. 6 Vgl. Section 11(a)(4) SA; Hutter in von Rosen/Seifert (Hrsg.), Zugang zum US-Kapitalmarkt für deutsche Aktiengesellschaften, S. 115, 148 f. 7 Section 11(b)(3)(A) SA; Loss/Seligman, Ch. 11 C d, S. 1230; Hazen, Vol. 1, § 7.4, erster Absatz. 8 Hierzu näher Loss/Seligman, Ch. 11 Cd, S. 1230 ff.; Hazen, Vol. 1, § 7.4; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 159.
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der Weise ausgelassen wurden. In Bezug auf den Finanzteil des Prospekts können die Emissionsbanken den Entlastungsbeweis vor allem durch die Vorlage eines Comfort Letter des Wirtschaftsprüfers führen9. Nach zuvor uneinheitlicher Handhabung hat das American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) im Jahr 1965 erstmals einen Berufsstandard zur Abgabe von Comfort Letters veröffentlicht, der später, insbesondere in der Nachfolge des BarChris-Urteils10, mehrfach abgeändert und angepasst wurde. Die heute maßgebliche Fassung ist das Statement on Auditing Standards No. 72 (SAS 72) „Letters for Underwriters and Certain Other Requesting Parties“11, welches ein für den US-amerikanischen Rechtskreis verpflichtender Berufsstandard ist12. Entsprechend seiner Funktion im Rahmen der Due Diligence Defense gibt der SAS 72-Comfort Letter Auskunft über Untersuchungshandlungen, die der Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf die betreffende Wertpapieremission durchgeführt hat, insbesondere hinsichtlich des Zeitraums seit dem Stichtag des letzten geprüften Abschlusses und dem Emissionsdatum13. 7
Neben dem Nachweis der Durchführung angemessener Untersuchungshandlungen können sich die Emissionsbanken in Bezug auf die von Experten beigetragenen Teile des Prospekts auch gem. Section 11(b)(3)(C) SA entlasten. Dies betrifft im Finanzteil des Prospekts vor allem die von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüften Abschlüsse und die diesbezüglichen Bestätigungsvermerke. Solange die Bank keine gegenteiligen Anhaltspunkte hat, kann sie sich daher grundsätzlich bereits mit Hinweis auf die im Prospekt abgedruckten Bestätigungsvermerke des Abschlussprüfers entlasten14. Umgekehrt ist der Experte für die Richtigkeit seiner mit seiner Zustimmung in einen Prospekt aufgenommenen Aussagen nach Section 11(a)(4) SA selbst 9 Herzog/Amstutz, Der Schweizer Treuhänder 2000, 757, 759; Meyer, WM 2003, 1745, 1746. 10 Escott v. BarChris Construction Corporation S.D.N.Y. – 283 F. Supp. 643 (1968). Das BarChris-Urteil aus dem Jahr 1968 ist die Leitentscheidung der US-Rechtsprechung zur Prospekthaftung, Umfang der Due Diligence und Due Diligence Defense bei Wertpapieremissionen. Im BarChris-Fall gelang es den Prospektverantwortlichen (einschließlich der Underwriter) nicht, den Entlastungsbeweis nach Section 11(b) des Securities Act zu führen (eine Zusammenfassung des Falls findet sich in Harvard Law Review Vol. 82, 1969, 908 ff.; zur Bedeutung des BarChris-Urteils für die Haftung und die gebotene Due Diligence der Underwriter vgl. Hazen, Vol. 1, § 7.4[2][C]. Dies führte dazu, dass die Emissionsbanken von den Wirtschaftsprüfern verlangten, im Hinblick auf die Abgabe des Comfort Letter über die im Prospekt enthaltenen Abschlüsse hinaus weitere Untersuchungshandlungen in Bezug auf andere, im Prospekt enthaltene Angaben, die sich auf die Rechnungslegung beziehen, durchzuführen. Dazu sowie zur Historie des SAS 72 näher Ebke/Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 4; Köhler/Weiser, DB 2003, 565, 566. 11 American Institute of Certified Public Accountants, AICPA Professional Standards Vol. 1, AU Section 634 Letters for Underwriters and Certain Other Requesting Parties. SAS 72 wurde in 1995 durch SAS 76 und in 1998 durch SAS 86 ergänzt (hierzu auch Ebke/Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 7). Diese drei Statements on Auditing Standards sind in Auditing (AU) Section 634 zugesammengefasst. Üblicherweise wird hierfür aber weiterhin der Begriff SAS 72-Comfort Letter benutzt. 12 Über Art. 2 Rule 2–02 der SEC Regulation S–X (17 CFR Part 210) wird erreicht, dass die der Interpretation der Generally Accepted Auditing Standards (GAAS) dienenden SAS wie Rechtsnormen zu behandeln sind und daher nicht nur von den Mitgliedern des AICPA, sondern von allen Abschlussprüfern bei der Prüfung von Unternehmen, die den SEC-Vorschriften unterliegen, zwingend zu beachten sind. Vgl. Siefke in Beck’sches Hdb. Rechnungslegung, B 601 Rz. 17. 13 Kunold, NZG 2003, 320. 14 Ebke/Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 11.
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gegenüber den Erwerbern der angebotenen Wertpapiere verantwortlich. Anspruchsberechtigt sind dabei auch die Emissionsbanken, die den Wirtschaftsprüfer ggf. für den von ihm zu verantwortenden Teil des Prospekts unmittelbar aus Prospekthaftung gem. Section 11(a)(4) SA in Anspruch nehmen können15. Ausgehend von diesen rechtlichen Rahmenbedingungen benötigen die Emissionsbanken keine ausdrückliche Bestätigung des im Prospekt abgedruckten Testats, sondern lediglich die Zustimmung des Wirtschaftsprüfers zum Abdruck. Dementsprechend enthält der Comfort Letter nach SAS 72 keine ausdrückliche inhaltliche Aussage zu den im Prospekt abgedruckten Abschlüssen. Diese werden lediglich nachrichtlich in der Einleitung erwähnt16.
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2. Funktion des Comfort Letter in Deutschland In Deutschland unterscheidet sich die Rechtslage von der US-amerikanischen Prospekthaftung insbesondere darin, dass das Konzept der unmittelbaren Expertenhaftung gegenüber den Investoren gesetzlich nicht vorgesehen ist. Nach ganz überwiegender Ansicht steht einer spezialgesetzlichen Expertenhaftung das Prinzip der prospektrechtlichen Gesamtverantwortung entgegen17. Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 BörsG (ggf. i.V.m. § 13 VerkProspG) sind in erster Linie der Emittent und die emissionsbegleitenden Banken18. Wirtschaftsprüfer, deren Bestätigungsvermerk in den Prospekt aufgenommen wurde, werden demgegenüber nicht als Prospektverantwortliche angesehen19. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt abgedruckten Finanzangaben haften mithin in der Regel nur der Emittent und die emissionsbegleitenden Banken20. Die emissionsbegleitenden Banken kön15 16 17 18
Meyer, WM 2003, 1745, 1747. Ebke/Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 9; Meyer, WM 2003, 1745, 1748. Zur Prospekthaftung in Deutschland näher § 33 Rz. 9 ff. Bei Wertpapierprospekten, auf deren Grundlage Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, folgt die Prospektverantwortlichkeit der Emissionsbanken bereits daraus, dass sie durch Unterzeichnung des Prospekts ausdrücklich die Verantwortung übernehmen, § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 WpPG. Aber auch bei Wertpapierprospekten für öffentliche Angebote sind die emissionsbegleitenden Banken als Prospektveranlasser regelmäßig für den Prospektinhalt verantwortlich. Vgl. BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97 – „Elsflether Werft“, AG 1998, 520 ff.; Krämer/Baudisch, WM 1998, 1161, 1171 f.; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 13 Rz. 49; Schanz, Börseneinführung, § 13 Rz. 104 ff. 19 Darüber hinaus führt allein die Aufnahme eines Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers in einen Prospekt nicht zu einer Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Prüfvertrages, so dass auch eine Haftung des Abschlussprüfers aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Regelfall nicht in Betracht kommt (vgl. BGH v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, AG 2006, 453 ff.). 20 Der auf unbestimmte Zeit zurückgestellte Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG), Stand: 7.10.2004, abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff., sah eine Ergänzung des Börsengesetzes durch einen neuen § 44a dahingehend vor, dass auch Dritte, die bei der Erstellung der Prospektangaben mitgewirkt und hierfür im Prospekt ausdrücklich die Verantwortung übernommen haben, unmittelbar gegenüber Anlegern haften können. Zu diesen Dritten sollten nach der Gesetzesbegründung Wirtschafts- und Abschlussprüfer, Rechtsanwälte und andere Sachverständige gehören. Anders als bei der Prospekthaftung des Emittenten und den Emissionsbanken sah
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nen sich bei fehlerhaften Angaben jedoch entlasten, wenn sie gem. § 45 Abs. 1 BörsG nachweisen können, dass sie die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts nicht kannten und diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Dies kann – ähnlich der Due Diligence Defense nach US-Recht – durch Nachweis der durchgeführten Untersuchungen erfolgen. Anders als in den USA sehen die deutschen Prospekthaftungsregelungen allerdings eine Entlastung der Prospektverantwortlichen durch Verweis auf eine im Prospekt abgedruckte Expertenerklärung nicht ausdrücklich vor. 10
Vor diesem Hintergrund hatten Banken in der Vergangenheit verlangt, dass der Abschlussprüfer des Emittenten – über den Inhalt von SAS 72 hinausgehend – seine in Bezug auf die im Prospekt abgedruckten Abschlüsse abgegebenen Bestätigungsvermerke im Comfort Letter wiederholt. Dem sind die Wirtschaftsprüfer mit dem Hinweis entgegengetreten, dass der Bestätigungsvermerk streng stichtagsbezogen ist, da seiner Erteilung eine aktuell durchgeführte Abschlussprüfung zugrunde liegt21. Dabei wären seit dem Abschlussstichtag eingetretene so gennante wertaufhellende Ereignisse22, also Ereignisse, die nachträglich bessere Erkenntnisse über die Verhältnisse zum Abschlussstichtag liefern, bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks zu berücksichtigen. Eine „Neuerteilung“ des Bestätigungsvermerks im Comfort Letter würde daher eine erneute Abschlussprüfung erfordern23. Die Neuerteilung eines dann ggf. geänderten Bestätigungsvermerks könnte jedoch den Eindruck der Unrichtigkeit des ursprünglichen Bestätigungsvermerks erwecken, was zu erheblichen negativen Folgen für den Emittenten und den Abschlussprüfer führen kann24.
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Des Weiteren ist das Bestehen eines unmittelbaren Rückgriffsanspruchs gegen den Wirtschaftsprüfer im Falle einer Inanspruchnahme der Emissionsbanken aus Pro-
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der Diskussionsentwurf hinsichtlich Dritter eine im internationalen Vergleich unübliche Begrenzung der Haftung auf vier Millionen Euro vor. Vgl. hierzu die Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts v. 26.10.2004, S. 10 f., abrufbar unter http://www.dai.de unter der Rubrik „Publikationen/Stellungnahmen“. Zu dem Gesetzentwurf insgesamt Kollmann, AG-Report 2004, R 391 f.; Sünner, DB 2004, 2460 ff.; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV v. November 2004, ZIP 2004, 2348 ff.; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081 ff.; Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff. IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die ordnungsgemäße Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfern (IDW PS 400), WPg 2005, 1382, 1391, Tz. 81; Adler/ Düring/Schmaltz, § 322 HGB Rz. 69–72; vgl. auch Landmann, S. 209. IDW Prüfungsstandard: Ereignisse nach Abschlussstichtag (IDW PS 203), WPg 2001, 891, 892, Tz. 8. Meyer, WM 2003, 1745, 1748. Vgl. auch Meyer, WM 2003, 1745, 1747. Daher ist ein bereits erteiltes Testat selbst im Falle einer nachträglich festgestellten ursprünglichen Fehlerhaftigkeit nur in begrenzten Ausnahmefällen zu widerrufen. Ein Abschlussprüfer muss den Widerruf seines Bestätigungsvermerks nur dann in Betracht ziehen, wenn er bei voller Kenntnis des für die Prüfung relevanten Sachverhalts den Bestätigungsvermerk nicht oder nicht in der abgegebenen Form erteilt hätte. Der Widerruf muss zudem im Hinblick auf die Beseitigung einer Irreführung der Öffentlichkeit verhältnismäßig sein und darf die Gesellschaft nicht übermäßig belasten. Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 322 HGB Rz. 362, 364; IDW PS 400, WPg 2005, 1382, 1394, Tz. 111 f.; Marsch-Barner in Ensthaler, Gemeinschaftskomm. zum HGB, § 322 HGB Rz. 15; eingehend Hirsch, WPg 2001, 606 ff., insbes. 608. Aus Sicht der Wirtschaftsprüfer wird insbesondere auch die Gefahr gesehen, dass bei Wiederholung des Testats die in § 323 HGB vorgesehene Haftungsbegrenzung ausgehebelt würde, vgl. Schruff, WPg 2004, 449, 459.
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spekthaftung ohne eine ausdrücklich an sie gerichtete inhaltliche Aussage des Wirtschaftsprüfers zumindest fraglich25. Zwar können sich die Emissionsbanken grundsätzlich auf den mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehenen Abschluss verlassen26. Ein Abschlussprüfer haftet gem. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB bei schuldhaften Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung jedoch grundsätzlich nur der Gesellschaft und den mit ihr verbundenen Unternehmen27. Ein Regressanspruch der emissionsbegleitenden Banken wird i.d.R. auch nicht auf deliktische Tatbestände gestützt werden können.
II. IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910) Angesichts dieser Besonderheiten des deutschen Rechts und der Tatsache, dass Kapitalmarkttransaktionen zunehmend mit langwierigen Verhandlungen und Diskussionen um den Inhalt des Comfort Letter verbunden waren, hat das IDW einen Prüfungsstandard entwickelt28, der speziell auf die Besonderheiten des deutschen Rechts zugeschnittene Leitlinien schaffen soll.
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1. Rechtliche Einordnung Bei dem IDW PS 910 handelt es sich um einen für die Wirtschaftsprüfer verbindlichen Berufsstandard. Die IDW Prüfungsstandards sind zwar mangels Rechtsnormcharakters für einen deutschen Wirtschaftsprüfer nicht unmittelbar rechtlich ver-
25 Meyer, WM 2003, 1745, 1748. 26 Nachweise s. oben Rz. 2 Fn. 3. Ein Bestätigungsvermerk ist im Vergleich zu dem Prüfungsbericht gerade dazu bestimmt, die Öffentlichkeit über die Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung der Gesellschaft zu informieren. Er trifft eine Aussage darüber, ob die Rechnungslegung geeignet war, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln. Dagegen enthält er keine eigene Beurteilung über die wirtschaftliche Lage und Geschäftsführung der Gesellschaft. Vgl. hierzu IDW PS 400, WPg 2005, 1382, 1384, Tz. 8; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 322 HGB Rz. 16 ff.; Förschle/Küster in Beck’scher Bilanz-Komm., § 322 HGB Rz. 6 ff.; Zimmer in Staub, Großkomm. HGB, § 322 Rz. 1. 27 Mit einem uneingeschränkt erteilten Bestätigungsvermerk übernimmt der Abschlussprüfer keine Garantiefunktion gegenüber der Öffentlichkeit (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 322 HGB Rz. 23; Ebke in MünchKomm. HGB, § 322 Rz. 2). Zur Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten vgl. Adler/ Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 323 HGB Rz. 176 ff. m.w.N., insbesondere auch zur uneinheitlichen Rechtsprechung zur Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (§ 323 HGB Rz. 199 ff.); Ebke in MünchKomm. HGB, § 323 Rz. 60 ff.; Zimmer in Staub, Großkomm. HGB, § 323 Rz. 43 ff.; zur unmittelbaren oder analogen Anwendung von § 323 HGB auf die Durchführung von Untersuchungshandlungen im Zusammenhang mit einem Comfort Letter vgl. Langendorf, S. 204 ff. 28 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910) vom 4.3.2004, WPg 2004, 342 ff. (im Folgenden zitiert als IDW PS 910). Zur Entstehung des IDW PS 910 und den Gesprächen zwischen dem IDW und dem aus Vertretern von Banken und Anwaltskanzleien bestehenden Arbeitskreis beim Deutschen Aktieninstitut e.V. (DAI) vgl. Kunold, NZG 2003, 320 f. und Meyer, WM 2003, 1745, 1749.
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bindlich, aber sie entfalten eine faktische Bindungswirkung29. Mit den IDW Prüfungsstandards soll die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer zu fachlichen Fragen der Prüfung dargelegt werden. Nach der Satzung des IDW30, das Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf freiwilliger Basis vereint31, sind die IDW Prüfungsstandards von den Mitgliedern im Rahmen ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit zu beachten. Abweichungen von den in einem IDW Prüfungsstandard aufgestellten Grundsätzen können daher nur in begründeten Einzelfällen erfolgen. Sie sind schriftlich an geeigneter Stelle hervorzuheben und ausführlich zu begründen32. Wird ein IDW Prüfungsstandard ohne gewichtige Gründe nicht beachtet, so muss der Wirtschaftsprüfer im Zweifelsfall damit rechnen, dass die durch die Prüfungsstandards dokumentierte Berufsauffassung als Maßstab für die bei der Prüfung erforderliche Sorgfalt herangezogen wird33. Anders als die Abschlussprüfung ist die Erteilung eines Comfort Letter allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben. Der Umfang der Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers ergibt sich vielmehr aus dem jeweiligen Auftragsverhältnis34. Dessen Ausgestaltung hängt insbesondere vom Emissionszeitpunkt und dem Inhalt des zu erstellenden Prospekts ab. Daher liegt keine Abweichung von dem Prüfungsstandard vor, wenn ein Comfort Letter lediglich einen Teil der in IDW PS 910 vorgesehenen Aussagen enthält und nur ein Teil der darin beschriebenen Untersuchungshandlungen durchgeführt wird35.
2. Anwendungsbereich und Aufbau des Prüfungsstandards 14
IDW PS 910 sieht Regelungen für die Erteilung eines Comfort Letter im Zusammenhang mit prospektpflichtigen Kapitalmarkttransaktionen von Wertpapieren vor. Neben der Platzierung und Börsenzulassung von Aktien sind damit auch die Platzierung und Börsenzulassung von Anleihen oder die Erstauflegung und jährlichen Ak29 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 323 HGB Rz. 23; Winkeljohann/Hellwege in Beck’scher Bilanz-Komm., § 323 HGB Rz. 16; Siefke in Beck’sches Hdb. Rechnungslegung, B 601 Rz. 2. 30 § 4 Abs. 9 der Satzung v. 19.9.2005, abrufbar auf der Website des IDW (www.idw.de) unter der Rubrik „Wir über uns“. 31 Dem IDW gehörten am 9.11.2007 11 695 Wirtschaftsprüfer (dies entspricht 87,37 % der deutschen Wirtschaftsprüfer) und 1004 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften an. 32 Der IDW Prüfungsstandard: Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201), WPg 2006, 850, 853 sieht in Tz. 29 vor, Abweichungen hiervon im Prüfungsbericht hervorzuheben und ausführlich zu begründen sowie im beschreibenden Abschnitt des Bestätigungsvermerks zu benennen. 33 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 323 HGB Rz. 23. 34 IDW PS 910, Tz. 10. Üblicherweise enthalten die IDW Prüfungsstandards die vom IDW festgestellten Grundsätze ordnungsgemäßer Abschlussprüfung, also die Grundsätze zur Durchführung von Abschlussprüfungen sowie Feststellungen zu den dabei vorzunehmenden Prüfungshandlungen. Im Fall von IDW PS 910 geht es allerdings nicht um die gesetzliche Abschlussprüfung. Soweit die Beauftragung zu Untersuchungshandlungen nach IDW PS 910 und der Abgabe eines entsprechenden Comfort Letter grundsätzlich entsprechend IDW Prüfungsstandard: Beauftragung des Abschlussprüfers (IDW PS 220) erfolgen (s. IDW PS 910, Tz. 10), gelten insoweit die Grundsätze für die Beauftragung bei freiwilligen Abschlussprüfungen. 35 So ausdrücklich der Hinweis im Anhang zu IDW PS 910 vor den einzelnen Formulierungsbeispielen.
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tualisierungen von Schuldverschreibungsprogrammen (insbesondere so genannte MTN- und Debt Issuance-Programme) vom Anwendungsbereich des IDW PS 910 umfasst36. Im Fall einer Privatplatzierung in den USA nach Rule 144A37 kann u.U. sowohl ein Comfort Letter nach IDW PS 910 als auch nach SAS 72 erteilt werden. In diesem Fall ist der räumliche Anwendungsbereich der Comfort Letter abzugrenzen38. Vergleichbar dem US-amerikanischen Prüfungsstandard SAS 72 enthält IDW PS 910 Aussagen zu Funktion, Inhalt und Bestandteilen eines Comfort Letter sowie zu Inhalt und Durchführung des einem Comfort Letter zugrunde liegenden Auftrags mit entsprechenden Formulierungsempfehlungen. Der Prüfungsstandard wird durch einen Anhang mit Formulierungsbeispielen für Comfort Letter, die auf exemplarischen Sachverhalten beruhen, ergänzt. Die hinsichtlich des Umfangs der Untersuchungshandlungen und Aussagen unterschiedlichen Formulierungsbeispiele können nach dem Baukastenprinzip kombiniert werden. Darüber hinaus enthält der Anhang zum Prüfungsstandard Muster für vom Emittenten abzugebende Vollständigkeitserklärungen.
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3. Form und Aufbau des Comfort Letter Ein nach IDW PS 910 abzugebender und als Brief ausgestalteter Comfort Letter lehnt sich in Form und Inhalt an den Comfort Letter nach dem US-amerikanischen Prüfungsstandard SAS 72 an. Es war das erklärte Ziel bei der Entwicklung des deutschen Standards, von den Vorgaben des international gebräuchlichen SAS 72 nur insoweit abzuweichen bzw. diese zu ergänzen, wie es aufgrund der deutschen Besonderheiten erforderlich erscheint39. Dementsprechend orientieren sich die im Anhang zu IDW PS 910 enthaltenen Formulierungsbeispiele in Aufbau und Wortlaut grundsätzlich an SAS 72. Nach beiden Standards werden zunächst die geprüften und in den Prospekt aufgenommenen Abschlüsse genannt. Im Anschluss folgen die jeweils durchgeführten Untersuchungshandlungen und entsprechende Aussagen hierzu. Den Schluss bildet ein Abschnitt, der den Verwendungszweck konkretisiert. In Comfort Letters nach IDW PS 910 kommt ein Verweis auf den zugrunde liegenden Prüfungsstandard sowie eine Aussage zum anwendbaren Recht und zum Gerichtsstand hinzu40.
36 IDW PS 910, Tz. 2; auch wenn in Tz. 2 ausdrücklich nur auf die Verwendung eines Börsenprospekts bei der Zulassung und Platzierung von Wertpapieren zur Nutzung des Kapitalmarkts abgestellt wird, so kann ein Wirtschaftsprüfer selbstverständlich auch im Falle der Verwendung eines Wertpapierprospekts bei einem öffentlichem Angebot von Wertpapieren mit der Erteilung eines Comfort Letter beauftragt werden, vgl. auch Tz. 5 zur Funktion des Comfort Letter, wo ausdrücklich – noch nach der alten Terminologie vor Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes – Börsenzulassungs- und Verkaufsprospekte genannt werden. 37 Vgl. zu den Anforderungen einer Rule 144A-Platzierung Strauch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 10 Rz. 88 ff. 38 IDW PS 910, Tz. 3; s. näher dazu unten Rz. 47. 39 Kunold, NZG 2003, 320, 321; Meyer, WM 2003, 1745, 1749. 40 IDW PS 910, Tz. 20, 21.
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4. Rechtsnatur eines Comfort Letter und Haftung 17
Der Wirtschaftsprüfer führt die Untersuchungshandlungen nach IDW PS 910 auf der Grundlage des Auftragsverhältnisses zwischen Wirtschaftsprüfer und Emittent durch41. Dementsprechend richten sich Inhalt und Umfang des Comfort Letter sowie auch die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber dem Emittenten nach den im Rahmen des Auftragsverhältnisses getroffenen Vereinbarungen42. Ein Comfort Letter wird allerdings nicht nur an den Emittenten, sondern auch an die Emissionsbanken adressiert. Hierdurch sollen die Emissionsbanken in den Schutzbereich des Auftragsverhältnisses einbezogen werden43. Dem liegt ersichtlich die Rechtsauffassung des IDW zugrunde, dass die Rechtsbeziehung zwischen Wirtschaftsprüfer und Emissionsbanken als ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte einzuordnen ist. Dieser Begründungsansatz entspricht der Rechtsprechung zur ähnlichen, aber nicht ohne weiteres gleich gelagerten Haftung von Experten und Sachverständigen gegenüber Dritten, bei der andere Begründungsformen wie der stillweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags oder Verschulden bei Vertragsschluss44 nur in besonderen Fällen herangezogen wurden45. Ungeachtet der dogmatischen Einordnung bleibt jedenfalls unklar, ob die im Auftragsverhältnis zwischen Emittent und Wirtschaftsprüfer vereinbarte Haftungsbegrenzung den Emissionsbanken entgegengehalten werden
41 IDW PS 910, Tz. 12. 42 IDW PS 910, Tz. 12 f. Die Haftungsvorschriften des § 323 HGB gelten hier nicht, da die durchgeführten Untersuchungshandlungen keine Abschlussprüfung darstellen (vgl. auch KPMG (Hrsg.), US-GAAP Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, 18.5.2, S. 357). Die Beauftragung erfolgt jedoch gem. IDW PS 910, Tz. 10 nach dem IDW Prüfungsstandard: Beauftragung des Abschlussprüfers (IDW PS 220), WPg 2001, 895 ff., wonach auch für Untersuchungshandlungen außerhalb der gesetzlichen Abschlussprüfer regelmäßig eine Haftungsbegrenzung vorzusehen ist. Eine § 323 Abs. 2 HGB ähnliche Haftungssummenbegrenzung auf 4 bzw. 5 Mio. Euro sieht Ziffer 9 Abs. 2 der Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften v. 1.1.2002 vor. 43 Vgl. IDW PS 910, Tz. 13. 44 BGH v. 17.9.1985 – VI ZR 73/84, NJW 1985, 1531, 1532 (m.w.N. zur älteren Rechtsprechung), wo in Bezug auf einen Steuerbevollmächtigten, der an Vertragsverhandlungen teilgenommen und schriftlich Auskunft erteilt hatte, allerdings die Voraussetzungen für einen Auskunftsvertrag und eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss im Ergebnis verneint wurden. 45 Ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wurde z.B. angenommen in BGH v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 380 ff.; BGH v. 19.12.1996 – IX ZR 327/95, NJW 1997, 1235; BGH v. 13.11.1997 – X ZR 144/94, WM 1998, 440, 442; BGH v. 2.4.1998 – III ZR 245/96, JZ 1998, 1013 ff. = BGHZ 138, 257, 259 ff.; BGH v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, DB 2004, 2153; s. auch Grüneberg in Palandt, BGB, § 328 Rz. 34 m.w.N. In der Literatur wird die Thematik kontrovers diskutiert, vgl. nur Canaris, ZHR 163 (1999), 206 ff.; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246 ff.; Bosch, ZHR 163 (1999), 274 ff. Zum strittigen Verhältnis zwischen der jetzt in § 311 Abs. 3 BGB kodifizierten Vertrauenshaftung gegenüber Dritten und dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte s. Grüneberg in Palandt, BGB, § 311 Rz. 60 m.w.N. Zur rechtlichen Einordnung eines Comfort Letter vgl. Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 282 f.; Ebke/ Siegel, WM 2001, Sonderbeil. 2, S. 16 f.; Meyer, WM 2003, 1745, 1749; Schruff, WPg 2004, 449, 459; Landmann, S. 201 ff. Für die Annahme eines Auskunftsvertrags im Fall eines Comfort Letter Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 232 ff., 237; Langendorf, S. 164 ff., 171. Es gibt – soweit ersichtlich – bislang keine Rechtsprechung spezifisch zu Comfort Letters bei Kapitalmarkttransaktionen.
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kann46. IDW PS 910 erklärt zumindest eine gesonderte, für die jeweiligen Beteiligten unterschiedliche Haftungsregelung für zulässig47. Damit kann – ggf. unter Beteiligung einer Versicherung – eine den Interessen der Beteiligten Rechnung tragende Haftungsregelung vereinbart werden48.
5. Vollständigkeitserklärung Voraussetzung für die Erteilung eines Comfort Letter ist die Abgabe einer Vollständigkeitserklärung durch den Vorstand des Emittenten. Diese Erklärung dient dem Wirtschaftsprüfer als Nachweis, dass der Vorstand seine Verantwortung für die wahrheitsgetreue und vollständige Vorlage der im Comfort Letter angesprochenen Unterlagen und der erteilten Informationen anerkennt49. Die Abgabe derartiger Vollständigkeitserklärungen ist im Rahmen der Abschlussprüfung gängige Praxis und in einem besonderen IDW Prüfungsstandard: Erklärungen der gesetzlichen Vertreter gegenüber dem Abschlussprüfer (IDW PS 303) ausdrücklich geregelt. Vorstandsmitglieder sahen sich ohne Aufstellung eines Abschlusses zum Datum der Abgabe der Vollständigkeitserklärung allerdings verschiedentlich nicht in der Lage, positiv zu erklären, dass sich im Vergleich zum letzten Zwischenabschluss bzw. zur entsprechenden Periode des Vorjahres keine Veränderungen bestimmter Positionen der Bilanz bzw. der Gewinn- und Verlustrechnung (z.B. des Eigenkapitals) ergeben haben. Dies liegt an der im Formulierungsbeispiel für die Vollständigkeitserklärung enthaltenen positiven Bestätigung bestimmter Sachverhalte (insbesondere Punkt C. 4.), bei der eine Subjektivierung der Erklärung („nach bestem Wissen und Gewissen“) fehlt. Eine solche Einschränkung ist nur in dem Abschnitt A. „Aufklärungen und Nachweise“ enthalten. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass IDW PS 303 die gesamte Vollständigkeitserklärung unter den Generalvorbehalt einer nach bestem Wissen ab46 Meyer, WM 2003, 1745, 1749, Fn. 37 m.w.N. Bei Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte spricht der Rechtsgedanke des § 334 BGB und der Grundsatz, dass einem geschützten Dritten keine weitergehenden Rechte zustehen können als dem unmittelbaren Vertragspartner zunächst dafür, dass Einwendungen aus dem Grundverhältnis auch einem in den Schutzbereich einbezogenen Dritten entgegengehalten werden können (vgl. BGH v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f.; BGH v. 13.11.1997 – X ZR 144/94, WM 1998, 440, 442, jeweils m.w.N.; Grüneberg in Palandt, BGB, § 328 Rz. 20). Die Rechtsprechung hat jedoch anerkannt, dass Einwendungen aus dem Grundverhältnis stillschweigend abbedungen werden können (BGH v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f.; BGH v. 13.11.1997 – X ZR 144/94, WM 1998, 440, 442); aus dogmatischer Sicht kritisch hierzu Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 216; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246 ff., die allerdings im Ergebnis eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss befürworten, bei der ebensowenig wie bei der jetzt in § 311 Abs. 3 BGB kodifizierten Haftung ohnehin keine Einwendungen aus einem Grundverhältnis erhoben werden können. 47 IDW PS 910, Tz. 13: „…kann die Höhe der Haftung den Beteiligten gegenüber unterschiedlich geregelt werden“. 48 Im Zusammenhang mit Verhandlungen über eine die Haftungsbegrenzung in Höhe von 4 bzw. 5 Mio. Euro (s. Rz. 17 Fn. 42) überschreitende Haftung der Wirtschaftsprüfer wird sich in der Regel die Frage der Versicherung etwaiger Risiken aus der Abgabe eines Comfort Letter stellen. Die Schaffung eines Prüfungsstandards erleichtert die Versicherbarkeit derartiger Risiken. Ein Versicherer sollte rechtzeitig (d.h. nicht erst unmittelbar vor Abgabe des Comfort Letter) unter Beibringung der für eine Risikobeurteilung erforderlichen Informationen eingeschaltet werden, vgl. hierzu auch Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 225 ff. 49 IDW PS 910, Tz. 136.
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gegebenen Erklärung stellt50. Dies gilt auch für Vollständigkeitserklärungen für die Zwecke von IDW PS 910, der ausdrücklich auf IDW PS 303 verweist51. Auch nach SAS 72 werden derartige Erklärungen nur nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben52. Ein Wirtschaftsprüfer darf eine Aussage im Comfort Letter mithin nicht deshalb verweigern, weil ein Vorstand auf einer Klarstellung dahingehend besteht, dass seine Erklärungen insgesamt mit der Einschränkung „nach bestem Wissen und Gewissen“ abgegeben werden.
6. Behandlung von Konzernsachverhalten 19
IDW PS 910 unterscheidet hinsichtlich der Behandlung von Konzernsachverhalten danach, inwieweit Abschlüsse von Tochterunternehmen in den Prospekt aufgenommen werden53. In der Regel wird ein Prospekt (ggf. neben Einzelabschlüssen des Emittenten) nur Konzernabschlüsse enthalten. In diesem Fall wird regelmäßig der Konzernabschlussprüfer beauftragt, den Comfort Letter zu erteilen54. Dabei hat sich der Abschlussprüfer die erforderlichen Kenntnisse über den Konzern zu verschaffen55. Soweit die Abschlüsse von Tochterunternehmen von einem anderen Abschlussprüfer geprüft werden, empfiehlt IDW PS 910 die Beauftragung des anderen Abschlussprüfers mit den für die Erteilung eines Comfort Letter erforderlichen Untersuchungshandlungen und die Ausstellung eines nach den Grundsätzen von IDW PS 910 zu erteilenden Reporting Letter56. Die Ergebnisse der Prüfung und prüferischen Durchsicht des anderen Abschlussprüfers kann der Konzernabschlussprüfer nach den Grundsätzen des IDW Prüfungsstandards: Verwendung der Arbeit eines anderen externen Prüfers (IDW PS 320)57 für die Zwecke seiner Aussagen im Comfort Letter heranziehen.
III. Inhaltliche Anforderungen an den Comfort Letter nach IDW PS 910 1. Adressaten 20
Adressat eines Comfort Letter ist nach IDW PS 910 neben den Emissionsbanken der Emittent. Hintergrund hierfür ist, dass der Wirtschaftsprüfer im Auftrag des Emit-
50 IDW Prüfungsstandard: Erklärungen der gesetzlichen Vertreter gegenüber dem Abschlussprüfer (IDW PS 303), WPg 2002, 680, 681 f., Tz. 27. Dies gilt auch bei Vollständigkeitserklärungen nach ISA 580 „Management Representations“ (s. ISA 580, Tz. 14), dem IDW PS 303 entspricht (s. IDW PS 303, Tz. 5). 51 IDW PS 910, Tz. 136. 52 AICPA Professional Standards Vol. 1, AU § 634.45 mit Fn. 31. Zum Inhalt der Vollständigkeitserklärung s. AICPA Professional Standards Vol. 1, AU Section 333 Management Representations, AU § 333.16, Appendix A, wo folgende Formulierung „vor die Klammer gezogen wird“: „We confirm, to the best of our knowledge and belief, …“ 53 IDW PS 910, Tz. 118. 54 IDW PS 910, Tz. 119. 55 IDW PS 910, Tz. 120. 56 IDW PS 910, Tz. 122. 57 WPg 2004, 593 ff.; s. insbes. Tz. 7 und 18.
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tenten tätig wird58. Darüber hinaus wird der Comfort Letter an die Emissionsbanken adressiert59.
2. Aussage zu geprüften Abschlüssen Wird ein geprüfter Abschluss in einem Prospekt abgedruckt, der zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung richtig und vollständig sein muss60, kann dieser ohne weitere Erläuterung aufgrund der Stichtagsbezogenheit des Testats irreführend sein. Insbesondere wenn seit Aufstellung des Abschlusses und Testatserteilung bereits ein längerer Zeitraum verstrichen ist, können wertaufhellende Ereignisse zu neuen Erkenntnissen über die Verhältnisse des Unternehmens zum Abschlussstichtag geführt haben. Diese machen zwar den Abschluss zum Zeitpunkt seiner Erstellung nicht nachträglich unrichtig und führen auch nicht dazu, dass ein ursprünglich richtiges Testat vom Wirtschaftsprüfer zu widerrufen wäre (s. oben Rz. 10 Fn. 24). Jedoch ist für eine zutreffende Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Emittenten zum Abschlussstichtag die unkommentierte Wiedergabe eines geprüften Abschlusses im Prospekt möglicherweise nicht mehr ausreichend61.
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a) Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks Im Gegensatz zu Comfort Letters nach SAS 72 sieht IDW PS 910 daher die Möglichkeit vor, dass der Abschlussprüfer bestimmte zusätzliche Untersuchungshandlungen im Hinblick auf den letzten geprüften Abschluss vornimmt und auf dieser Grundlage eine aktuelle Aussage zu dem letzten geprüften Abschluss trifft62. Die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen sollen die Prospektverantwortlichen in die Lage versetzen, etwaige neue Erkenntnisse nach Testatserteilung im Prospekt adäquat darzustellen. Bei den vorgesehenen Prozeduren handelt es sich nicht um eine erneute Abschlussprüfung63. Eine solche erfolgt nicht, da sie einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde. Da der letzte geprüfte Abschluss bereits einer Abschlussprüfung unterworfen wurde, ist eine erneute Prüfung grundsätzlich auch nicht erforderlich.
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Das Ziel der Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks („post audit review procedures“) besteht also darin, mit vertretbarem Zeitaufwand wertaufhellende Ereignisse, die nach Erteilung des Bestätigungsvermerks dem Emit-
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58 IDW PS 910, Rz. 12, 22. Auch ein Comfort Letter nach SAS 72 ist an den Emittenten als Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers gerichtet (AICPA Professional Standards Vol. 1, AU § 634.25). Die in SAS 72 gewählte Bezeichnung „Letter for Underwriters“ zeigt jedoch deutlicher als IDW PS 910, dass die Abgabe des Comfort Letter in erster Linie zugunsten der Underwriter im Hinblick auf deren Due Diligence Defense erfolgt. 59 Zu den rechtlichen Auswirkungen näher oben Abschnitt „Rechtsnatur des Comfort Letter und Haftung“, Rz. 17. 60 Zu den Nachtragspflichten § 30 Rz. 71 ff. 61 Zur Vermeidung von Missverständnissen kann ein ergänzender Hinweis zu den im Prospekt abgedruckten Abschlüssen erforderlich sein, vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 17.3. 1999 – 21 U 260/97– „MHM Mode“, ZIP 1999, 1005 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 49. 62 IDW PS 910, Tz. 40 ff. 63 IDW PS 910, Tz. 44.
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tenten64 bekannt geworden sind und die bei rechtzeitiger Kenntniserlangung zu einem inhaltlich anderen Testat geführt hätten (so genannte bestätigungsvermerksrelevante Ereignisse), festzustellen65. 24
IDW PS 910 enthält hierzu einen Katalog der von dem Abschlussprüfer der Gesellschaft durchzuführenden Untersuchungshandlungen, die vor allem Befragungen der Unternehmensleitung und geeigneter Mitarbeiter des Emittenten sowie das Lesen von Protokollen über Sitzungen der Gesellschaftsorgane oder von Berichten des Vorstands an den Aufsichtsrat und aktuellen Zwischenabschlüssen und Berichten (Quartals- und Monatsberichte) beinhalten. Darüber hinaus sind aktuelle Zwischenabschlüsse und Berichte mit dem letzten Jahres-/Konzernabschluss sowie den entsprechenden Vorjahreszwischenabschlüssen zur Feststellung von ungewöhnlichen Posten und Abweichungen zu vergleichen66. Ausdrücklich ausgenommen ist die Einbeziehung des Lageberichts in die Untersuchungshandlungen zur Feststellung bestätigungsvermerksrelevanter Ereignisse, da er in seinem Prognoseteil ständigen Veränderungen unterworfen ist und damit zum Zeitpunkt der Abgabe eines Comfort Letter ganz anders ausfallen kann67.
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Diese der Plausibilitätsbeurteilung im Rahmen der prüferischen Durchsicht von Zwischenberichten68 ähnlichen Untersuchungshandlungen69 stellen eine Art Aktualisierung der Abschlussprüfung dar. Sie sind im Regelfall zur Feststellung bestätigungsvermerksrelevanter Ereignisse erforderlich, aber auch ausreichend70. Nur wenn der Abschlussprüfer im Einzelfall im Comfort Letter darauf hinweist, dass die vorgenommenen Untersuchungshandlungen noch nicht ein ausreichendes Maß an Beurteilungssicherheit gewährleisten, sind ggf. weitere Untersuchungshandlungen vorzunehmen71. Aufgrund der so durchgeführten Untersuchungshandlungen gibt der Abschlussprüfer dann eine aktuelle inhaltliche Aussage zum letzten geprüften Abschluss ab, dass ihm nichts bekannt geworden ist, was ihn – hätte er bereits damals davon Kenntnis gehabt – an der Erteilung des Bestätigungsvermerks in der abge-
64 In IDW PS 910, Tz. 40 wird allein auf die Kenntnis der Gesellschaft abgestellt. Daraus folgt, dass der Abschlussprüfer keine spezifischen Untersuchungen im Hinblick auf etwaige anderweitig bekannte Ereignisse durchführen muss. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass er auf Ereignisse, von denen er im Rahmen der ohnehin durchgeführten Untersuchungshandlungen Kenntnis erlangt hat, hinweisen muss (vgl. § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB). Eine entsprechende Klarstellung in IDW PS 910 wäre hier wünschenswert. 65 IDW PS 910, Tz. 40, 42, 43. Vgl. auch Kunold, NZG 2003, 320, 321; Meyer, WM 2003, 1745, 1750; Schruff, WPg 2004, 449, 459. 66 IDW PS 910, Tz. 45, 46. 67 IDW PS 910, Tz. 44. Eine laufende Konkretisierung des Lageberichts wird von den Wirtschaftsprüfern nicht für möglich gehalten. 68 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen (IDW PS 900), WPg 2001, 1078, 1079 f., Tz. 21 sowie Tz. 10, wo u.a. auf analytische Beurteilungen nach IDW Prüfungsstandard: Analytische Prüfungshandlungen (IDW PS 312), WPg 2001, 903 ff. verwiesen wird. 69 IDW PS 910, Tz. 44 stellt ausdrücklich klar, dass es sich bei den Untersuchungshandlungen zur Feststellung bestätigungsvermerksrelevanter Ereignisse nicht um eine prüferische Durchsicht im Sinne der anzuwendenden Standards handelt. 70 So ausdrücklich IDW PS 910, Tz. 48. 71 Zur Hinweispflicht im Comfort Letter vgl. IDW PS 910, Tz. 48; Meyer, WM 2003, 1745, 1751.
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gebenen Form gehindert hätte (so genannte negative assurance)72. Maßgeblich ist insoweit der letzte geprüfte Jahresabschluss, da etwaige Fehler vorheriger Abschlüsse73 in dem jeweiligen Folgeabschluss zu berichtigen und Angaben zu einer in laufender Rechnung erfolgten Fehlerkorrektur in den Anhängen der im Prospekt veröffentlichten Abschlüsse aufzunehmen sind (s. unten Rz. 27). Die zusätzlichen Untersuchungshandlungen und die diesbezügliche aktuelle Aussage betreffen nur wertaufhellende Ereignisse im Zeitraum zwischen der Erteilung eines Bestätigungsvermerks für den letzten geprüften Abschluss74 und einem bestimmten Stichtag, dem in der Regel ein bis drei Arbeitstage vor dem Datum der Erteilung des Comfort Letter liegenden Cutoff Date75. Hiervon zu unterscheiden sind die so genannten wertbegründenden Ereignisse, die nicht das abgelaufene Geschäftsjahr betreffen, sondern sich auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft im laufenden Geschäftsjahr auswirken76. Wertbegründende Ereignisse sind für die Erteilung des Testats für das abgelaufene Geschäftsjahr nicht relevant. Sie sind daher nicht Gegenstand der Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks, sondern werden bei den Aussagen der Wirtschaftsprüfer zur unter 3. (Rz. 30) erörterten Folgeperiode berücksichtigt.
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b) Kritisches Lesen der Anhänge Hinsichtlich einer etwaigen Korrektur von Fehlern vorheriger geprüfter Abschlüsse bedarf es keiner zusätzlichen Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks. Derartige Fehler können, soweit nicht ausnahmsweise ein Widerruf des Testats erfolgt, in laufender Rechnung korrigiert werden77. In diesem Fall hat der Abschlussprüfer gem. § 265 Abs. 2 Satz 2 HGB im Anhang des darauffolgenden Ab-
72 IDW PS 910, Tz. 51 ff. Hierbei handelt es sich um eine negative Gesamtaussage. Stattdessen kann auch vereinbart werden, dass der Abschlussprüfer über die Ergebnisse der Untersuchungshandlungen im Einzelnen berichtet, IDW PS 910, Tz. 55. 73 Ein Wertpapierprospekt enthält regelmäßig die Abschlüsse für die letzten drei bzw. (bei Schuldverschreibungen) zwei Geschäftsjahre, Anhang I, Ziff. 20.1 und Anhang IV, Ziff. 13.1 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission (ABl. EU Nr. L 149 v. 30.4. 2004, S. 1 ff.; Berichtigung infolge eines geänderten Layouts in ABl. EU Nr. L 215 v. 16.6. 2004, S. 3 ff.) zur Durchführung der Prospektrichtlinie 2003/37/EG (ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64 ff.), im Folgenden ProspV. 74 Die Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks beziehen sich nicht auf Ereignisse, die schon bei Erteilung des Testats hätten berücksichtigt werden müssen. Solche bereits zu einer anfänglichen Unrichtigkeit des Testats führenden Ereignisse sind daher von diesen Untersuchungshandlungen nicht erfasst, d.h. von dem Abschlussprüfer wird nicht verlangt, dass er die Richtigkeit seines Testats noch einmal überprüft. Es entspricht allerdings dem Gebot der Redlichkeit und damit dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass der Abschlussprüfer auf Umstände hinweist, aufgrund derer das Testat von Anfang an unrichtig war. 75 IDW PS 910, Tz. 24, 108 ff. 76 IDW Prüfungsstandard: Ereignisse nach Abschlussstichtag (IDW PS 203), WPg 2001, 891, 892, Tz. 8. 77 Vgl. IDW PS 400, WPg 2005, 1382, 1394, Tz. 112 mit Hinweis auf die IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung: Änderung von Jahresabschlüssen und Anpassung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz (IDW RS HFA 6), WPg Supplement 2/2007, 77, 79 f., Tz. 15 ff.; s. auch Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 322 HGB Rz. 367.
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schlusses über die in laufender Rechnung vorgenommenen Änderungen zu berichten. Um derartige Informationen ggf. bei der Prospekterstellung berücksichtigen zu können, sieht IDW PS 910 vor, dass der Abschlussprüfer beauftragt werden kann, die Anhänge von Jahres- und Konzernabschlüssen kritisch zu lesen und über entsprechende Veränderungen ausdrücklich zu berichten78. c) Praktische Fragen 28
Bei den Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks und der diesbezüglichen Negative Assurance handelt es sich nicht um einen Pflichtbestandteil eines Comfort Letter nach IDW PS 91079. Letztlich hängt es von den Umständen der konkreten Transaktion und insbesondere der Entscheidung der Emissionsbanken ab, ob Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks durchgeführt werden. Bei dieser Entscheidung wird auch der zeitliche Abstand der Emission zur Testatserteilung zu berücksichtigen sein80. Dies bedeutet aber nicht, dass die Durchführung von derartigen Untersuchungshandlungen im Fall eines kurzen Zeitraums zwischen Testatserteilung und Prospekterteilung nach dem Prüfungsstandard ausgeschlossen ist. Im Einzelfall können derartige Prozeduren auch bei einem kurzen Zeitraum zur Feststellung bestätigungsvermerksrelevanter Ereignisse angebracht sein. Der Umfang der durchzuführenden Untersuchungshandlungen sollte in einer möglichst frühen Phase der Transaktion festgelegt werden, damit die Beteiligten, insbesondere der Emittent und dessen Abschlussprüfer, sich auf die Anforderungen an den Inhalt des Comfort Letter einstellen können.
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Bei Konzernunternehmen kann eine konzernweite Durchführung entsprechender Untersuchungshandlungen unter Umständen in keinem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung einzelner Tochterunternehmen im Konzern stehen und schon aus Zeitgründen nicht in Bezug auf sämtliche Tochterunternehmen erfolgen können. Eine derart unpraktikable Handhabung des IDW PS 910 lässt sich auch nicht aus Tz. 50 ableiten, in der (lediglich) das Verhältnis des Konzernabschlussprüfers zu den Abschlussprüfern der Tochtergesellschaften geregelt ist. Vielmehr wird es bei Konzernunternehmen i.d.R. sinnvoll sein, die zusätzlichen Untersuchungshandlungen und die entsprechende aktuelle inhaltliche Aussage auf die wesentlichen Tochterunternehmen zu beschränken81. Auch hier sollte frühzeitig Klarheit über die in die zusätzlichen Untersuchungshandlungen einzubeziehenden Tochterunternehmen geschaffen werden.
3. Aussage zur Folgeperiode 30
Der Wirtschaftsprüfer wird regelmäßig beauftragt, im Comfort Letter Aussagen zum Zeitraum zwischen dem Stichtag des letzten geprüften Jahres-/Konzernabschlusses
78 IDW PS 910, Tz. 34. 79 Die Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks und die diesbezügliche Negative Assurance sind ausschließlich im zweiten Formulierungsbeispiel des Anhangs zu IDW PS 910 enthalten. 80 So auch Meyer, WM 2003, 1745, 1751. 81 Auch in diesem Fall bestehen aus Emittentensicht häufig noch Vorbehalte unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit der Transaktion.
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und dem Cutoff Date für die Erteilung des Comfort Letter (Folgeperiode) zu treffen. Neben dem kritischen Lesen von Sitzungsprotokollen der Organe des Emittenten seit Beginn des Geschäftsjahres82 kommen dabei sowohl Aussagen hinsichtlich eines in der Folgeperiode bereits erstellten ungeprüften Zwischenabschlusses als auch Aussagen in Bezug auf den Zeitraum zwischen dem letzten (geprüften oder ungeprüften) Abschluss und dem Cutoff Date in Betracht. a) Aussage zu ungeprüften Abschlüssen Neben dem Jahres- bzw. Konzernabschluss enthält ein Prospekt regelmäßig auch ungeprüfte Zwischenfinanzinformationen (Halbjahresfinanz- und Quartalsfinanzberichte)83. Dies erfolgt entweder aufgrund gesetzlicher Vorgaben84 oder, soweit keine Pflicht zur Aufnahme von Zwischenfinanzinformationen in den Prospekt besteht, im Hinblick auf die Erwartung des Marktes, dass der Prospekt möglichst aktuelle Zahlenwerke enthält.
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IDW PS 910 sieht vor, dass Zwischenabschlüsse für die Zwecke des Comfort Letter einer prüferischen Durchsicht unterzogen werden. Ebensowenig wie die Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks stellt auch die prüferische Durchsicht von Zwischenabschlüssen eine der Abschlussprüfung vergleichbare Prüfung dar. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine Plausibilitätskontrolle, die mit einer gewissen Sicherheit ausschließen soll, dass der betreffende Abschluss mit den angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen in wesentlichen Belangen nicht in Übereinstimmung steht85.
32
Die Anforderungen an die prüferische Durchsicht ergeben sich im Einzelnen aus den betreffenden Prüfungsstandards, d.h. dem IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen (IDW PS 900)86 oder gleichwertigen Standards wie insbesondere ISRE 2400 (Engagements to Review Financial Statements;
33
82 IDW PS 910, Tz. 62 f. Soweit noch keine Protokolle vorliegen, ist hierauf im Comfort Letter hinzuweisen und die Geschäftsleitung des Emittenten nach den Inhalten der Sitzungen zu befragen (IDW PS 910, Tz. 63). 83 § 37w WpHG (Halbjahresfinanzbericht), § 48 BörsO FWB (Quartalsfinanzbericht). Aufgrund der Umsetzung der Transparenzrichtlinie durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BGBl. I 2007, 10 ff.) sieht § 37x WpHG vor, dass Aktienemittenten einmal pro Halbjahr eine so genannte Zwischenmitteilung der Geschäftsführung veröffentlichen müssen, wenn sie nicht bereits einen Quartalsfinanzbericht nach § 37w Abs. 2 Nr. 1, 2, Abs. 3 und 4 WpHG erstellen und veröffentlichen. Bei den Zwischenmitteilungen handelt es sich nicht um Zwischenfinanzinformationen im Sinne von Anhang I, Ziff. 20.6 ProspV. Sie sind jedoch regelmäßig gem. Anhang I, Ziff. 20.9 ProspV in den Prospekt aufzunehmen. (s. hierzu auch § 30 Rz. 32). Eine Zwischenmitteilung bedarf keiner prüferischen Durchsicht. In der Praxis wird bei prospektpflichtigen Aktienemissionen in den entsprechenden Fällen regelmäßig ein Quartalsfinanzbericht erstellt werden. 84 Gem. Anhang I, Ziff. 20.6.1 ProspV muss der Prospekt vierteljährliche oder halbjährliche Finanzinformationen enthalten, soweit der Emittent solche Informationen veröffentlicht hat. Zudem gilt, dass der Prospekt Zwischenfinanzinformationen enthalten muss, wenn er mehr als neun Monate nach Ablauf des letzten Finanzjahres erstellt wird (Anhang I, Ziff. 20.6.2 ProspV). 85 IDW PS 900, WPg 2001, 1078, 1079, Tz. 6; IDW PS 910, Tz. 66; näher dazu Schindler, WPg 2002, 1121, 1124. 86 Vgl. WPg 2001, 1078 ff.
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vormals ISA 910)87, ISRE 2410 (Review of Interim Financial Information Performed by the Independent Auditor of the Entity)88 und SAS 10089. Aufgrund des im Vergleich zu einer Abschlussprüfung eingeschränkten Prüfungsumfangs zielt die prüferische Durchsicht nicht auf eine positive Gesamtaussage ab. IDW PS 910 sieht daher ähnlich wie auch SAS 72 eine negativ formulierte inhaltliche Aussage des Wirtschaftsprüfers dahingehend vor, dass ihm bei der prüferischen Durchsicht des Zwischenabschlusses nichts zur Kenntnis gelangt ist, das ihn zu der Annahme veranlasst, der Zwischenabschluss sei in wesentlichen Belangen nicht in Übereinstimmung mit den anwendbaren Rechnungslegungsgrundsätzen aufgestellt worden90. Diese Formulierung steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu ISRE 2400 und IDW PS 900, die eine weitergehende Aussage in Bezug auf ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vorsehen. Bei diesen Prüfungsstandards wird jedoch der Abschluss eines Unternehmens zugrundegelegt, der unter Beachtung ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat91, also z.B. gem. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB unter Zugrundelegung der Regeln für den Jahresabschluss erstellt wurde. Da die inhaltlichen Anforderungen an Zwischenabschlüsse im Vergleich zu Jahresabschlüssen geringer sind und diese letztlich eine Aktualisierung des Jahresabschlusses darstellen92, wird in der negativ formulierten Aussage bei der prüferischen Durchsicht von Zwischenabschlüssen daher nur auf die Übereinstimmung mit den angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen abgestellt93. Eine vergleichbare Aussage sieht auch ISRE 2410 vor, soweit es sich bei den durchgesehenen Finanzinformationen lediglich um einen verkürzten Zwischenabschluss handelt. Die Aufnahme einer Negative Assurance wird davon abhängig gemacht, dass über das Ergebnis der prüferischen Durchsicht 87 International Standard on Review Engagements ISRE 2400 „Engagements to Review Financial Statements“, der auf der Seite der International Federation of Accountants (IFAC) (http://www.ifac.org) unter der Rubrik „Standard-Setting Boards/International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB)/Pronouncements/Standards/ISREs“ kostenlos verfügbar ist. 88 ISRE 2410 wurde für Berichtsperioden, die am oder nach dem 15.12.2006 beginnen als internationaler Standard für die Durchsicht von Zwischenfinanzinformationen eingeführt. Aufgrund einer vom IAASB beschlossenen Änderung findet ISRE 2410 ab dem 1.2.2008 auf die prüferische Durchsicht sämtlicher historischer Finanzinformationen, die vom Abschlussprüfer der Gesellschaft durchgeführt wird, Anwendung. Der Anwendungsbereich von ISRE 2400 wurde hingegen auf die prüferische Durchsicht historischer Finanzinformationen durch Wirtschaftsprüfer beschränkt, die nicht Abschlussprüfer der Gesellschaft sind. Zu ISRE 2410 vgl. auch Klein in WP Handbuch 2008, Bd. II, Abschnitt P Rz. 18. 89 Statement on Auditing Standards SAS 100 „Interim Financial Information“, Journal of Accountancy 2003, 86 ff. und AICPA Professional Standards Vol. 1, AU Section 722 Interim Financial Information; IDW PS 910, Tz. 58 und 64. 90 IDW PS 910, Tz. 68; IDW PS 900, WPg 2001, 1078, 1081, Tz. 26 a.E. (bei prüferischer Durchsicht nach IDW PS 900) und IDW PS 910, Tz. 71 (im Falle einer prüferischen Durchsicht nach SAS 100). Ein Unterschied zu SAS 72 besteht insoweit, als nach diesem auch zu bestätigen ist, dass nichts aufgefallen ist, dass der Abschluss im Wesentlichen nicht den formalen Anforderungen der SEC entspräche, AICPA Professional Standards Vol. 1, AU § 634.64 Example A Ziff. 5. 91 IDW PS 900, WPg 2001, 1078, 1081, Tz. 27; ISRE 2400, Tz. 27; vgl. auch KPMG (Hrsg.), USGAAP Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, 18.4, S. 352 f. 92 IAS 34.6, ABl. EU Nr. L 261 v. 13.10.2003, S. 279, 282. 93 Vgl. zum Ganzen ausführlich Meyer, WM 2003, 1745, 1751 ff.
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eines Zwischenabschlusses nicht anderweitig eine eigenständige Bescheinigung erteilt wird94. b) Aussage zu dem Zeitraum zwischen dem letzten Abschluss und dem Datum der Prospekterstellung aa) Untersuchungshandlungen zur Aktualisierung der Erkenntnisse Ein Prospekt muss auch im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich des Emittenten im Zeitraum zwischen dem Stichtag des letzten geprüften oder prüferisch durchgesehenen Abschlusses und dem Cutoff Date (so genannte change period) richtig und vollständig sein (vgl. Anhang I, Ziff. 20.9 ProspV). Daher sieht IDW PS 910 die Durchführung von Untersuchungshandlungen zur Aktualisierung der Erkenntnisse über die Finanzsituation des Emittenten vor. Neben dem für die gesamte Folgeperiode durchzuführenden kritischen Lesen von Sitzungsprotokollen gehört hierzu insbesondere das Befragen der für das Rechnungswesen des Emittenten verantwortlichen Personen zu Veränderungen bei im Einzelfall zu bestimmenden Abschlussposten. Darüber hinaus ist das kritische Lesen etwaiger vorhandener Monatsberichte sowie eine diesbezügliche Befragung der für das Finanz- und Rechnungswesen des Emittenten verantwortlichen Personen vorgesehen. Auf der Grundlage dieser Untersuchungshandlungen gibt der Wirtschaftsprüfer die negativ formulierte Aussage ab, dass er keine Kenntnis von Veränderungen bestimmter wesentlicher Kennzahlen hat, es sei denn, diese sind im Prospekt offengelegt.
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bb) 135-Tage-Regel Eine solche negativ formulierte Aussage gibt der Wirtschaftsprüfer nach IDW PS 910 allerdings dann regelmäßig nicht mehr ab, wenn seit dem Stichtag des letzten geprüften oder prüferisch durchgesehenen Abschlusses 135 Tage oder mehr vergangen sind95. In diesem Fall trifft er keine eigene Aussage, sondern berichtet lediglich aufgrund vereinbarter Untersuchungshandlungen zu einzelnen Sachverhalten (agreed upon procedures) über Feststellungen zum Sachverhalt (factual findings), indem er die von den für das Finanz- und Rechnungswesen verantwortlichen Mitarbeitern des Emittenten erteilten Auskünfte im Comfort Letter wiedergibt96. Der Wirtschaftsprüfer ist dabei nicht zu einer Untersuchung der ihm mitgeteilten Informationen verpflichtet. Hat er jedoch Kenntnis von der Unrichtigkeit der mitgeteilten Informationen, so muss er darüber im Comfort Letter berichten97.
94 IDW PS 910, Tz. 67. Die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission sieht vor, dass von einem Wirtschaftsprüfer erteilte Bescheinigungen im Prospekt aufzunehmen sind, vgl. z.B. Anhang I, Ziff. 20.6.1 ProspV. 95 IDW PS 910, Tz. 73 f. 96 IDW PS 910, Tz. 74 und 88 sowie Anhang, Formulierungsbeispiel 4 „Comfort Letter ohne negative assurance in der change period (135-Tage-Regel)“. 97 IDW PS 910, Tz. 88. Unklar ist, wie in dem von Tz. 88 nicht erwähnten Fall zu verfahren ist, dass der Wirtschaftsprüfer lediglich Zweifel an der Richtigkeit der Auskünfte hat. Im Hinblick auf seine Schutzpflichten gem. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB liegt es nahe, dass der Wirtschaftsprüfer auch die ihm bekannten Tatsachen, die lediglich zu Zweifeln an der Richtigkeit der ihm übermittelten Informationen Anlass geben, mitteilen wird; so auch bereits Meyer, WM 2003, 1745, 1754.
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Die 135-Tage-Regel entspricht der Regelung in SAS 72. Anders als in den USA98 besteht in Deutschland allerdings keine gesetzliche Pflicht, innerhalb von 45 Tagen nach Ende eines Quartals einen Quartalsfinanzbericht vorzulegen99. Die Change Period kann daher im Einzelfall wesentlich länger als 135 Tage sein, ohne dass hieraus zugleich Zweifel am Rechnungswesen des Emittenten abgeleitet werden können. Die Begründung für die 135-Tage-Regel in IDW PS 910, dass der Wirtschaftsprüfer sich nach Ablauf dieses Zeitraums nicht mehr eine gewisse Sicherheit in Bezug auf die betreffenden Abschlussposten verschaffen kann, um eine negativ formulierte Aussage abgeben zu können100, überzeugt daher nicht. So wäre bei Emittenten, die nicht regelmäßig Quartalsfinanzberichte veröffentlichen, durchaus eine negativ formulierte Aussage möglich, die ggf. auf die aufgrund des zeitlichen Abstandes seit dem Stichtag des letzten Abschlusses eingeschränkte Aussagekraft hinweist.
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Wird aufgrund der 135-Tage-Regel keine Aussage zur Change Period in den Comfort Letter aufgenommen, so schließt dies nicht aus, dass Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks gem. Tz. 40 ff. des IDW PS 910 durchgeführt werden und eine entsprechende Negative Assurance in den Comfort Letter aufgenommen wird101. c) Praktische Fragen
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Um die Durchführung der Untersuchungshandlungen und die Einhaltung des Zeitplans gewährleisten zu können, sollte die Thematik einer Aussage zur Change Period und die Beschaffenheit des internen Berichtswesens des Emittenten rechtzeitig angesprochen werden. Insbesondere ist auch der Wirtschaftsprüfer selbst verpflichtet, die durchzuführenden Untersuchungshandlungen sorgfältig zu planen und über deren Umfang mit dem Emittenten rechtzeitig Einvernehmen herzustellen102. Dies gilt auch im Hinblick auf die Frage, ob der Emittent über eine hinreichende Monatsberichterstattung, also grundsätzlich zumindest bestehend aus verkürzter Bilanz und verkürzter Gewinn- und Verlustrechnung103, verfügt. Ist dies nicht der Fall, sollte geklärt werden, inwieweit die vorhandenen Zahlen für eine negativ formulierte Aussage genügen. In jedem Fall ist die Berücksichtigung des vorhandenen Zahlenmaterials auf Monatsbasis bei der Befragung der für das Finanz- und Rechnungswesen verantwortlichen Mitarbeiter in Betracht zu ziehen.
98 Section 13(a)(1) SEA i.V.m. Rule 13a–13(a) der General Regulation zum SEA. Zudem ist ein Quartalsfinanzbericht von einem Wirtschaftsprüfer prüferisch durchzusehen, Article 10 Rule 10–01(d) der SEC Regulation S–X (17 CFR Part 210). 99 Vgl. hierzu § 30 Rz. 32. 100 IDW PS 910, Tz. 73. 101 Dies gilt ungeachtet dessen, dass Formulierungsbeispiel 4 des Anhangs eine solche negativ formulierte Aussage zu dem geprüften Abschluss nicht vorsieht. Das Baukastenprinzip erlaubt es, Formulierungsbeispiel 4 mit den Abschnitten des Formulierungsbeispiels 2 „Comfort Letter bei Durchführung von Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks“ zur bereits abgelaufenen Rechnungslegungsperiode zu kombinieren. 102 Vgl. IDW PS 910, Tz. 90. 103 IDW PS 910, Tz. 75.
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4. Pro-Forma-Finanzinformationen und Complex Financial Histories Im Hinblick auf Pro-Forma-Angaben sieht IDW PS 910104 eine prüferische Durchsicht vor, die auf der Grundlage von IDW PS 900 und bis zum Inkrafttreten des neuen Prospektrechts zum 1.7.2005 ergänzend nach dem Prüfungshinweis IDW PH 9.900.1105 durchgeführt wurde. Dies schloss das kritische Lesen der nach IDW RH HFA 1.004 (alte Fassung)106 zu erstellenden Pro-Forma-Angaben, die Befragung der zuständigen Personen zu den zugrunde liegenden Annahmen und die Überprüfung der rechnerisch richtigen Ableitung aus den historischen Abschlüssen ein. Aufgrund seiner prüferischen Durchsicht hatte der Wirtschaftsprüfer im Comfort Letter eine negativ formulierte Aussage dahingehend abgegeben, dass ihm keine Sachverhalte bekannt geworden sind, die ihn zu der Annahme veranlassen, dass (i) die den Pro-Forma-Angaben zugrunde liegenden Annahmen den wesentlichen Konsequenzen der Unternehmenstransaktionen für die Abschlüsse nicht angemessen Rechnung tragen, (ii) die vorgenommenen Pro-Forma-Anpassungen nicht sachgerecht unter Berücksichtigung der Annahmen abgeleitet wurden, (iii) die Pro-Forma-Anpassungen nicht zutreffend in der betreffenden Pro-Forma-Bilanz und Pro-Forma-Gewinnund Verlustrechnung abgebildet wurden und (iv) die Pro-Forma-Anpassungen nicht umfassend und verständlich in den Pro-Forma-Erläuterungen dargestellt wurden107. Dies entsprach weitgehend dem US-Standard nach SAS 76108 und ging in Bezug auf die unter (iv) wiedergegebene Aussage sogar über SAS 76 hinaus.
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Ein Bericht über die vorgenommene prüferische Durchsicht und die entsprechende negativ formulierte Aussage erfolgte im Comfort Letter auch vor Inkrafttreten des neuen Prospektrechts allerdings nur dann, wenn keine Bescheinigung über die prüferische Durchsicht ausgestellt wurde109.
40
Nach neuem Prospektrecht muss ein Wertpapierprospekt bei einer Aktienemission in bestimmten Fällen Pro-Forma-Finanzinformationen gemäß Anhang I, Ziff. 20.2 und Anhang II ProspV enthalten (s. dazu näher § 30 Rz. 33 ff.). Dabei ist aufgrund von Anhang I, Ziff. 20.2 ProspV und Anhang II, Ziff. 7 ProspV nunmehr eine positiv formulierte Aussage des Wirtschaftsprüfers zu Pro-Forma-Finanzinformationen in den Prospekt aufzunehmen, wobei sich der Inhalt im Vergleich zu der in der Vergangenheit in den Comfort Letter aufgenommenen negativ formulierten Aussage (s. Rz. 39) geändert hat. Der Wirtschaftsprüfer muss bestätigen, dass die Pro-FormaFinanzinformationen ordnungsgemäß auf den in den Pro-Forma-Erläuterungen dargestellten Grundlagen erstellt wurden und dass diese Grundlagen mit den Rechnungslegungsgrundsätzen sowie den Ausweis-, Bilanzierungs- und Bewertungs104 IDW PS 910, Tz. 91 f. 105 IDW Prüfungshinweis: Prüferische Durchsicht von Pro-Forma-Angaben (IDW PH 9.900.1), WPg 2002, 1337 ff. 106 IDW Rechnungslegungshinweis: Erstellung von Pro-Forma-Angaben (IDW RH HFA 1.004), WPg 2002, 980 ff. 107 IDW PS 910, Tz. 92. 108 AICPA Professional Standards, AT Section 300 Reporting on Pro Forma Financial Information, § 300.17 Appendix B. 109 IDW PS 910, Tz. 92. Eine solche Bescheinigung war z.B. bis zum 1.8.2004 nach den Going Public-Grundsätzen der Deutsche Börse AG auszustellen und in den Prospekt aufzunehmen. Aufgrund der zum 1.8.2004 geänderten Ziff. 4.4 der bis zum Inkrafttreten des neuen Prospektrechts geltenden Going Public-Grundsätze war die Wiedergabe der Bescheinigung im Prospekt jedoch entfallen.
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methoden des Emittenten konsistent sind. Im Hinblick auf eine derartige positiv formulierte Aussage ist gem. IDW PH 9.960.1110 eine Prüfung111 durchzuführen (und nicht etwa – wie zuvor im Fall der negativ formulierten Aussage – nur eine prüferische Durchsicht). Indem nunmehr eine Bescheinigung über die diesbezügliche Prüfung der Pro-Forma-Finanzinformationen in den Prospekt aufgenommen wird, besteht entsprechend IDW PS 910, Tz. 92 aus Sicht der Wirtschaftsprüfer keine Notwendigkeit, eine Aussage zu den Pro-Forma-Finanzinformationen zusätzlich auch in den Comfort Letter aufzunehmen. In der Praxis enthält daher ein nach IDW PS 910 erstellter Comfort Letter – anders als weiterhin im Comfort Letter nach SAS 72 – in der Regel keine Aussage mehr zu den Pro-Forma-Finanzinformationen. Vielmehr wird im Comfort Letter lediglich erwähnt, dass die in den Prospekt aufgenommenen und nach IDW RH HFA 1.004 (neue Fassung)112 erstellten Pro-Forma-Informationen gem. IDW PH 9.960.1 geprüft worden sind. 40a
Soweit ein Emittent eine so genannte Complex Financial History, d.h. eine komplexe finanztechnische Vorgeschichte oder bedeutende finanzielle Verpflichtungen, aufweist, stellt Art. 4a ProspV aufgrund der ergänzenden Verordnung Nr. 211/2007 vom 27.2.2007113 spezifische Anforderungen an die diesbezüglich in den Prospekt aufzunehmenden Angaben (s. dazu näher § 30 Rz. 36 ff.). Welche Aussagen ein Comfort Letter zu diesen Angaben enthält, hängt von den in den Prospekt aufgenommenen Finanzinformationen ab. Hierauf sind dann die Grundsätze des IDW PS 910 anzuwenden. So können etwa im Fall der Aufnahme von Finanzinformationen anderer Gesellschaften in den Prospekt entsprechende Untersuchungshandlungen in Bezug auf diese Finanzinformationen durchgeführt werden (i.d.R. vom Abschlussprüfer dieser Gesellschaft). Soweit der betreffende Prospekt Pro-Forma-Finanzinformationen enthält, gelten die Ausführungen in Rz. 40.
5. Formeller Zahlenabgleich 41
Der Wirtschaftsprüfer wird regelmäßig beauftragt, im Einzelfall zu bestimmende, im Prospekt enthaltene Zahlen mit den zugrunde liegenden Unterlagen abzugleichen und jeweils die Übereinstimmung zu bestätigen. Ein solcher Abgleich (so genanntes 110 IDW Prüfungshinweis: Prüfung von Pro-Forma-Finanzinformationen (IDW PH 9.960.1), WPg 2006, 133 ff., der den IDW Prüfungshinweis: Prüferische Durchsicht von Pro-FormaAngaben (IDW PH 9.900.1), WPg 2002, 1337 ff. ersetzt hat. 111 Eine solche Prüfung beinhaltet u.a. das kritische Lesen der den Pro-Forma-Finanzinformationen zugrunde liegenden historischen Abschlüsse und der Pro-Forma-Erläuterungen sowie der Verträge über die Unternehmenstransaktion(en), das Befragen zuständiger Personen zu den angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen und Ausweis-, Bilanzierungsund Bewertungsmethoden sowie den zugrunde liegenden Unternehmenstransaktionen und zu sonstigen Geschäftsbeziehungen und Transaktionen und die Feststellung, ob die Pro-Forma-Anpassungen folgerichtig aus den Pro-Forma-Annahmen abgeleitet wurden und widerspruchsfrei sind. 112 IDW Rechnungslegungshinweis: Erstellung von Pro-Forma-Finanzinformationen (IDW RH HFA 1.004), WPg 2006, 141 ff. 113 Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission v. 27.2.2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen im Prospekt enthalten sein müssen, ABl. EU Nr. L 61 v. 28.2.2007, S. 24 ff.
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circle up) ist auf die zutreffende Übertragung von Zahlen aus den Abschlüssen (einschließlich Pro-Forma-Abschlüsse) und anderen Daten aus der Finanzbuchhaltung des Emittenten beschränkt114. Dieser formelle, d.h. nicht mit inhaltlichen Untersuchungshandlungen verbundene, Abgleich und die diesbezüglichen Bestätigungen im Comfort Letter entsprechen weitgehend SAS 72115.
6. Verwendungszweck und Grundlage des Comfort Letter Wie bei Comfort Letters nach SAS 72 und Legal Opinions von Rechtsanwälten üblich enthält auch ein Comfort Letter nach IDW PS 910 abschließend Bestimmungen über den Verwendungszweck und eine Beschränkung der Weitergabe. Ein Comfort Letter dient ausschließlich der Information des Emittenten und der Emissionsbanken und zur Dokumentation der im Rahmen der Prospektvorbereitung durchgeführten Untersuchungen und darf nicht zu anderen Zwecken verwendet oder weitergegeben werden116. Im Comfort Letter wird darüber hinaus klargestellt, dass er auf der Grundlage von IDW PS 910 erstellt wird und damit unter Heranziehung der in IDW PS 910 enthaltenen Erläuterungen auszulegen ist.
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7. Rechtswahlklausel und Gerichtsstand Anders als SAS 72 enthält ein Comfort Letter nach IDW PS 910 eine ausdrückliche Rechtswahlklausel. Dies trägt offenbar insbesondere dem Umstand Rechnung, dass der Comfort Letter nach IDW PS 910 den Prospektverantwortlichen auch als Haftungsgrundlage für etwaige Regressansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer dienen kann und seine Funktion nicht auf die Unterstützung der Prospektverantwortlichen bei der Verteidigung gegen eine Inanspruchnahme aus Prospekthaftung beschränkt ist117. Wie in den Formulierungsbeispielen des Anhangs vorgesehen wird der Comfort Letter regelmäßig (ausschließlich) deutschem Recht unterstellt werden118.
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Zweifelhafter ist – jedenfalls aus Sicht der Emissionsbanken – die in IDW PS 910 empfohlene Wahl des ausschließlich deutschen Gerichtsstands. Dies kann – abhängig von dem anwendbaren Zivilprozessrecht – dazu führen, dass bei Prospekthaftungsklagen im Ausland eine Streitverkündung gem. §§ 72 ff. ZPO (oder die Verwendung vergleichbarer ausländischer Rechtsinstitute) gegenüber dem Wirtschaftsprüfer nicht möglich ist.
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114 IDW PS 910, Tz. 99 f. 115 Meyer, WM 2003, 1745, 1755. 116 IDW PS 910, Tz. 106 f. Die erst kurz vor Veröffentlichung des Prüfungsstandards in Tz. 107 eingefügte Einschränkung „soweit sie [d.h. die Adressaten] für den Inhalt des Prospekts verantwortlich sind“ ist in ihrer Zielsetzung unklar und überflüssig. 117 Meyer, WM 2003, 1745, 1756. 118 IDW PS 910, Tz. 113. Die Regelung, dass ausschließlich deutsches Recht Anwendung finden soll, ist überflüssig, da nach deutschem Kollisionsrecht eine Spaltung des Vertragsstatuts eine ausdrücklich zu vereinbarende Ausnahme darstellt (vgl. Art. 27 Abs. 1 Satz 3 EGBGB), ausführlich dazu Meyer, WM 2003, 1745, 1756 m.w.N. zum internationalen Privatrecht. Soweit der Ausschluss des internationalen Privatrechts vorgesehen ist, soll dieses die Anwendung ausländischen Rechts durch Rückverweisung (Renvoi) der deutschen Kollisionsnormen verhindern.
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IV. Bring Down Comfort Letter 45
In bestimmten Fällen wird der Wirtschaftsprüfer damit beauftragt, zu einem Zeitpunkt nach dem Cutoff Date, z.B. dem Tag des Nachtrags in Bezug auf die festgelegte Preisspanne oder dem Tag des Closing, ein aktualisierendes Schreiben (so genannter bring down comfort letter) auszustellen und in Bezug auf diesen verlängerten Untersuchungszeitraum entsprechende Untersuchungen durchzuführen119. Da es sich hierbei um die Neuerteilung des Comfort Letter handelt, gelten die Grundsätze von IDW PS 910 auch für dieses Schreiben. Dies gilt insbesondere auch für 135-Tage-Regel und die Einholung einer Vollständigkeitserklärung120. Soweit der erste Comfort Letter eine Aussage zum letzten geprüften Abschluss enthält, bezieht sich die Aktualisierung auch auf die Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks.
V. Praxis bei internationalen Wertpapieremissionen 46
Ein Comfort Letter nach IDW PS 910 folgt inhaltlich sowie in Aufbau und Terminologie weitgehend dem Comfort Letter nach SAS 72. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Standards besteht in Bezug auf die Untersuchungshandlungen nach Erteilung des Bestätigungsvermerks. In diesem Punkt geht der Comfort Letter nach IDW PS 910 aufgrund seiner besonderen Funktionen hinsichtlich des letzten geprüften Abschlusses über SAS 72 hinaus. Ein weiterer Unterschied besteht in der ausdrücklichen Wahl deutschen Rechts sowie der ausschließlichen Zuständigkeit deutscher Gerichte.
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Bei Transaktionen deutscher Emittenten, die auch eine Platzierung in den USA (z.B. nach Rule 144A) umfassen, sind neben IDW PS 910 auch die US-amerikanischen Standards von Bedeutung121. Hieraus folgt jedoch nicht, dass in diesen Fällen ausschließlich ein Comfort Letter nach SAS 72 zu erteilen ist. Die Besonderheiten des deutschen Rechts, die Anlass zur Entwicklung des Prüfungsstandards waren, bleiben von einer US-Platzierung unberührt. Wird aufgrund der US-amerikanischen Markterwartungen ein Comfort Letter nach US-Standards verlangt, so wird daher – wie bereits in der überwiegenden Praxis seit Einführung von IDW PS 910 der Fall – häufig sowohl ein Comfort Letter nach SAS 72 (in Bezug auf den internationalen Prospekt mit US-Mantel) als auch ein Comfort Letter nach IDW PS 910 (in Bezug auf den internationalen122 und den deutschen Prospekt) ausgestellt werden. Eine derartige „Zwei-Brief-Lösung“ legt auch IDW PS 910 nahe, der in einem solchen Fall eine Abgrenzung der räumlichen Anwendungsbereiche beider Comfort Letter vorschreibt123. Dies kann z.B. durch ausdrückliche Bezugnahme auf das jeweilige Angebotsdokument bzw. die jeweilige Tranche in dem betreffenden Comfort Letter erfolgen124. 119 IDW PS 910, Tz. 133 ff. Vgl. dazu auch Schüppen in WP Handbuch 2008, Bd. II Abschnitt S Rz. 50. 120 IDW PS 910, Tz. 134. 121 IDW PS 910, Tz. 3. 122 Dies heißt nicht, dass nicht auch im Einzelfall weitere Comfort Letter im Hinblick auf andere Jurisdiktionen, in denen das Angebot oder ein Listing erfolgt, ausgestellt werden können. 123 IDW PS 910, Tz. 3. 124 In der Praxis erfolgt die Abgrenzung häufig ausschließlich im IDW PS 910-Comfort Letter. Einen Formulierungsvorschlag sieht IDW PS 910 indes nicht vor.
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Soweit bei einer Rule 144A-Platzierung ein Abschnitt zur Zusammenfassung der wesentlichen Unterschiede zwischen den Rechnungslegungsgrundsätzen in den Prospekt aufgenommen wird125, sieht IDW PS 910 vor, dass der Wirtschaftsprüfer mit dem kritischen Lesen dieses Abschnitts und einer entsprechenden Stellungnahme beauftragt werden kann126. Hinsichtlich des Wortlauts einer solchen Stellungnahme verweist IDW PS 910 auf die Regelungen des jeweiligen Berufsstandes, insbesondere des US-Berufsstandes127.
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Die bei internationalen Platzierungen übliche Darstellung und Analyse der Finanzund Ertragslage des Emittenten (so genannte management’s discussion and analysis – MD&A) und die der MD&A funktional vergleichbaren, nach Anhang I, Ziff. 9 ProspV in den Prospekt aufzunehmenden Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage (Operating and Financial Review – OFR) (hierzu § 30 Rz. 10, 41 ff., § 37 Rz. 50 f.)128 sind als solche ebenso wie in SAS 72129 nicht Gegenstand des IDW PS 910. Grundsätzlich wird die ordnungsgemäße Darstellung der MD&A bzw. des OFR im Prospekt von den Anwälten im Disclosure Letter (10b–5 opinion) erfasst. Ein Disclosure Letter gibt eine negativ formulierte Aussage zu dem gesamten Prospekt und nimmt typischerweise nur die Finanzzahlen als solche aus (s. näher dazu § 29 Rz. 50 ff.). Die Finanzzahlen werden vom Circle up erfasst und sind daher Gegenstand der von den Wirtschaftsprüfern ausgestellten Comfort Letters.
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125 Dass ein solcher Abschnitt bei Platzierungen an so genannte Qualified Institutional Buyers im Hinblick auf Rule 10b–5 noch erforderlich ist, wird zunehmend in Zweifel gezogen und ist mittlerweile daher eher unüblich. Darüber hinaus ist die SEC von dem bei öffentlichen Angeboten oder Börsennotierungen bislang geltenden Erfordernis einer Überleitungsrechnung (reconciliation) zu US GAAP abgerückt, sofern der Emittent nach vom IASB veröffentlichten IAS/IFRS bilanziert (Acceptance From Foreign Private Issuers of Financial Statements Prepared in Accordance With International Financial Reporting Standards Without Reconciliation to U.S. GAAP, Final Rule, Release Nos. 33–8879; 34–57026 v. 21.12.2007, Federal Register v. 4.1.2008, S. 986 ff.). Auch wenn die SEC nur auf die vom IASB verabschiedeten IFRS abstellt und für bereits registrierte Emittenten, die nach den in geltendes EU-Recht übernommenen IFRS (insbesondere einschließlich des so genannten „EU carve-out“ in Bezug auf IAS 39) bilanzieren, lediglich eine zweijährige Übergangsregelung geschaffen wurde, sollte die grundsätzliche Anerkennung der IFRS durch die SEC die Darstellung der wesentlichen Unterschiede zwischen IFRS und US GAAP bei Rule 144A-Platzierungen hinfällig machen. Vor dem Hintergrund, dass die SEC von EUEmittenten, die von der Übergangsregelung Gebrauch machen können, bei öffentlichen Angeboten oder Börsennotierungen zumindest eine „audited reconcilitation to IFRS as issued by the IASB“ verlangt, stellt sich allenfalls die Frage, inwieweit die wesentlichen Unterschiede darzustellen sind zwischen den vom IASB verabschiedeten IFRS und den in der EU verbindlichen IFRS in Bezug auf IAS 39; s. auch § 30 Rz. 80. 126 IDW PS 910, Tz. 114. 127 IDW PS 910, Tz. 114; eine derartige Regelung des US-Berufstandes existiert aber wohl lediglich in den internen SEC-Manuals der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. 128 Zur MD&A SEC Regulation S–K, Item 303 Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations; vgl. auch Kopp, RIW 2002, 661 ff.; Greene/ Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, § 2.06[2][a]; KPMG (Hrsg.), US-GAAP Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen, Kap. 8, S. 191 ff. 129 In AICPA Professional Standards Vol. 1, AU § 634.64 ist zwar mit Example R „Comfort Letter That Includes Reference to Examination of Annual MD&A and Review of Interim MD&A“ ein Formulierungsbeispiel mit einer Referenz zur Untersuchung von jährlicher und unterjähriger MD&A vorgesehen. Jedoch findet dieses Formulierungsbeispiel, das im Übrigen keine ausdrückliche inhaltliche Aussage zur MD&A enthält, in SAS 72-Comfort Letters in der Praxis keine Anwendung.
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§ 29 Legal Opinion und Disclosure Opinion Oliver Seiler I. Funktion und Bedeutung von Legal Opinion und Disclosure Opinion . 1. Informations- und Risikoaufdeckungsfunktion . . . . . . . . . . 2. Verteidigungsfunktion . . . . . . . . II. Legal Opinion 1. Abgabezeitpunkt(e) . . . . . . . . . . 2. Aussteller der Legal Opinion a) Berater des Emittenten . . . . . . b) Berater der Konsortialbanken . . c) Syndikus des Emittenten . . . . d) Weitere Aussteller . . . . . . . . 3. Adressat(en) der Legal Opinion . . . 4. Einleitende Aussagen a) Beschreibung der Transaktion . b) Beurteilungsgrundlagen . . . . . c) Annahmen bei der Abgabe . . . d) Zur Behandlung von Tatsachen e) Aussagen zum untersuchten Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Materielle Aussagen . . . . . . . . . a) Existenz und Status der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kapitalverhältnisse der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abschlussbefugnis und wirksame Vertretung . . . . . . . . . . d) Vereinbarkeit mit der Satzung und geltendem Recht . . . . . . . e) Vorliegen behördlicher Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . f) Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Verpflichtungen . . . . . g) Prospekterfordernisse . . . . . . . h) Steuerliche Fragen . . . . . . . . i) Rechtswahl und Gerichtsstand .
1 7 10 11 13 14 15 16 18 20 22 23 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
j) Besonderheiten bei Aktienemissionen . . . . . . . . . . . . . k) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . 6. Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs der Legal Opinion a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Insolvenzrecht etc. . . . . . . . c) Treu und Glauben . . . . . . . d) Besonderheiten bei Aktienemissionen . . . . . . . . . . . . e) Sonstige Einschränkungen . . . f) Anwendbares Recht . . . . . .
37 38
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40 41 42
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43 45 47
7. Kostenfragen . . . . . . . . . . . . . .
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III. Disclosure Opinion . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Disclosure Opinion 2. Abgabezeitpunkt(e) . . . . . . . . . . 3. Aussteller der Disclosure Opinion . 4. Voraussetzungen für die Abgabe der Disclosure Opinion . . . . . . . 5. Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs der Disclosure Opinion .
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IV. Haftung 1. Rechtliche Grundlage für die Haftung . . . . . . . . . . . . . a) Vertrag . . . . . . . . . . . b) Haftungsgrundlage(n) bei einer Third Party Opinion c) Besonderheiten bei einer Erklärung des Syndikus .
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2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . .
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3. Haftungsumfang und Haftungsbegrenzung a) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsbegrenzung . . . . . . .
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Schrifttum: Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, 1997; Biegel, Unrichtige „Legal Opinion“ des Unternehmensjuristen – Ein Fall persönlicher Haftung?, BB 2004, 1457; Bosch, Expertenhaftung gegenüber Dritten – Überlegungen aus der Sicht der Bankpraxis, ZHR 163 (1999), 274; Bravermann, U.S. legal considerations affecting global offering of shares in foreign companies, 17 Northwestern Journal of International Law and Business, 1996, 30; Döser, Gutachten für den Gegner: Third Party Legal Opinions im deutschen Recht, FS Nirk, 1992, S. 151; Felton, Legal opinions in merger and acquisition transactions, New Jersey Lawyer, 2002, 52; Griffiths, Legal opinions in finance transactions, International Business Lawyer 2001, 181; Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, 4. Aufl. 2003; Gruson, Prospekterfordernisse und Pro-
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spekthaftung bei unterschiedlichen Anlageformen nach amerikanischem und deutschem Recht, WM 1995, 89; Gruson, Persönliche Haftung deutscher Unternehmensjuristen für die Richtigkeit einer legal opinion nach US-amerikanischem Recht, RIW 2002, 596, Jander/du Mesnil de Rochemont, Die Legal Opinion im Rechtsverkehr mit den USA, RIW 1976, 332; Louven, Die Haftung des deutschen Rechtsanwalts im internationalen Mandat, VersR 1997, 1050; Pan, Harmonization of US-EU securities regulation: The case for a single European securities regulator, 34 Law and Policy in International Business, 2003, 499; Reid/Underhill, Drafting workshop: equity underwriting agreements, International Financial Law Review 2004, 35; Rowe, Due Diligence with respect to the „10–B 5 opinion“, in Practising Law Institute (Hrsg.), Corporate Law and Practice Course Handbook Series, 1995, 171; Hannes Schneider, Reichweite der Expertenhaftung gegenüber Dritten, ZHR 163 (1999), 246; von Bernstorff, Die Bedeutung der Legal Opinion in der Außenhandelsfinanzierung, RIW 1988, 680.
I. Funktion und Bedeutung von Legal Opinion und Disclosure Opinion Im Rahmen der Emission von Wertpapieren am Kapitalmarkt werden üblicherweise Legal Opinions und häufig – insbesondere bei Aktienplatzierungen – auch so genannte Disclosure Opinions abgegeben1. Die entsprechende Verpflichtung der Beteiligten, solche Opinions beizubringen, beruht auf dem Übernahmevertrag, der zwischen dem Emittenten bzw. den Veräußerer der Wertpapiere und dem in die Platzierung am Kapitalmarkt eingeschalteten Kreditinstitut bzw. den Kreditinstituten abgeschlossen wird2. Abgabe und Erhalt von den inhaltlichen Vorgaben des Übernahmevertrags entsprechenden Legal bzw. Disclosure Opinions3 wird dort in der Regel als aufschiebende Bedingung für die Bindungswirkung des Übernahmevertrags (condition precedent) bzw. die Entstehung der jeweiligen Leistungspflichten der Parteien aufgenommen4. Legal und ggf. auch Disclosure Opinions werden so zu einem der zentralen Bestandteile für das Gelingen der Kapitalmarktransaktion.
1
Die Legal Opinion ist eine formalisierte schriftliche Erklärung der anwaltlichen Vertreter einer Vertragspartei über die rechtliche Bewertung bestimmter, insbesondere gesellschaftsrechtlicher Voraussetzungen der Transaktion sowie der Klauseln der
2
1 Vgl. nur Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 247, mit dem zutreffenden Befund, die Auslegung von Legal Opinions sei inzwischen bei Anleihen und Aktienplatzierungen „Standard“ geworden. Zur Entwicklung vgl. allgemein Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 10 f. 2 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.194; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Vergabe von Third Party Legal Opinions, S. 26. – Im Folgenden werden die Kreditinstitute häufig auch als Banken oder als Konsortialbanken bezeichnet. Soweit im Folgenden allgemein von der Legal Opinion die Rede ist, ist davon auch die Disclosure Opinion mit umfasst, es sei denn, aus dem Kontext ergibt sich etwas anderes. 3 Der Übernahmevertrag enthält in aller Regel in der Anlage entsprechende Entwürfe; § 23 Rz. 90; von Bernstorff, RIW 1988, 680. 4 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 9; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 2; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 248; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 21, Gruson, RIW 2002, 596. Vgl. auch das Muster eines Übernahmevertrags bei Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02.
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der Transaktion zugrundeliegenden Vertragswerke5. In Kapitalmarkttransaktionen betrifft dies im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des (öffentlichen) Wertpapierangebots und des Übernahmevertrags6 (s. im Einzelnen Rz. 27 ff.). 3
Für die Legal Opinion ist typisch, dass sie die Fragen nur kurz und formelhaft beantwortet und nicht auf die angestellten rechtlichen Überlegungen eingeht, die zu dem dargestellten Ergebnis geführt haben7. Einschränkungen und Erläuterungen werden üblicherweise nur angefügt, wenn das Ergebnis zweifelhaft erscheint, die Legal Opinion also nicht als uneingeschränkte (clean) Legal Opinion, sondern nur qualifiziert (qualified) abgegeben werden kann8. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich bei bestimmten Einschränkungen, wie z.B. dem Insolvenzvorbehalt und dem Vorbehalt hinsichtlich der Vereinbarkeit von Haftungsfreistellungsregelungen mit § 57 AktG, um typische Einschränkungen handelt, die die Legal Opinion nicht insgesamt als qualifizierte Opinion erscheinen lassen (s. auch unten Rz. 40 ff.)9. Gestaltung und Formulierung der in der Legal Opinion getroffenen Aussagen sind inzwischen – vor allem getrieben von dem Einfluss US-amerikanischer Kautelarjurisprudenz und den Anliegen der Investmentbanken – weitgehend vereinheitlicht10. Gleichwohl kann es vorkommen, dass zwischen den Beteiligten über die einzelnen Formulierungen und Nuancen in der Legal Opinion gestritten wird. Dabei entspricht es allerdings der Übung, dass keiner der Rechtsberater der jeweils anderen Seite Aussagen in der Legal Opinion verlangen oder den Wunsch seines Mandanten nach deren Abgabe unterstützen sollte, die er nicht selbst abzugeben bereit ist11. Diskussionen entstehen zumeist über das Ob und Wie etwaiger Einschränkungen (qualifications) (s. oben) oder Annahmen (assumptions) (dazu s. unten Rz. 23 ff.).
4
Legal Opinions werden in der Regel entsprechend internationaler Usancen und zur besseren Vermarktbarkeit der Transaktion innerhalb eines Bankenkonsortiums in englischer Sprache abgegeben, selbst wenn Emittent und die Mehrzahl der Konsortialbanken deutsche Häuser sind. Gelegentlich kommt aber auch (noch) die deutsche Sprache vor.
5
Die gleichen Grundsätze gelten für die Disclosure Opinion (oder Disclosure Letter), die – wenn sie verlangt wird – neben die Legal Opinion tritt und i.d.R. in einem gesonderten Dokument abgegeben wird. In der Disclosure Opinion wird – zunächst 5 Vgl. allgemein zur Definition der Legal Opinion von Bernstorff, RIW 1988, 680; Biegel, BB 2004, 1457; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 98 ff.; Louven, VersR 1997, 1050, 1057. 6 Döser in FS Nirk, 1992, S. 151; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 247. 7 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 9; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 3. 8 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 10.; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 117. 9 Dazu s. Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 131 ff. 10 Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 248; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 102 zum weiteren Rahmen auch Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 3. 11 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 20; Felton, New Jersey Lawyer 2002, 52, 54.
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verkürzt gesagt – zusätzlich bestätigt, dass dem abgebenden Anwalt bei seiner Mitwirkung in der Vorbereitung der Emission der Wertpapiere, insbesondere bei der Erstellung des die Emission begleitenden Prospekts, kein Umstand bekannt geworden ist, der ihn zu der Annahme veranlasst, dass der Prospekt in für die Bewertung der Wertpapiere wesentlichen Umständen unrichtig oder unvollständig bzw. irreführend ist (ausführlicher unten Rz. 50 ff.)12. Legal und Disclosure Opinions erfüllen im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion verschiedene Funktionen, die wie folgt zusammengefasst werden können:
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1. Informations- und Risikoaufdeckungsfunktion Im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion stellen Legal und Disclosure Opinions zunächst ein Glied in einer Kette von Vorkehrungen dar, durch die die an der Emission beteiligten Banken sicherstellen, dass die Annahmen, die sie ihrer Beteiligung an der Transaktion zugrunde gelegt haben, zutreffen13. Sie ergänzen bzw. wiederholen entsprechende Zusicherungen des Emittenten, die dieser im Übernahmevertrag hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen der Emission, der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts sowie des Nichtvorliegens irreführender Umstände abgibt14 und treten neben den Comfort Letter der beteiligten Wirtschaftsprüfer15 sowie ggf. das Officers’ Certificate, welches eine Erklärung des Vorstands enthält, dass alle Gewährleistungen zum betreffenden Datum zutreffen und der Emittent alle bis dahin zu erfüllenden Verpflichtungen erfüllt hat (vgl. § 23 Rz. 72).
7
Der formalisierte Prüfungsumfang und die Schriftform der Opinions sollen sicherstellen, dass sich die beteiligten Anwälte mit der gebotenen Sorgfalt und Gründlichkeit mit den juristischen Problemen der Transaktion auseinandersetzen und etwaige Risiken, die der Abgabe der Opinions entgegenstehen, aufdecken16. Damit verbunden ist auch die Erwartung der Konsortialbanken, beim Fehlschlagen der Emission unter Umständen auf die Anwälte als weiteren Schuldner zugreifen zu können (näher zur Haftung unten Rz. 61 ff.)17.
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12 Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 248 Fn. 2; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 136. Hutter in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, Bd. 1, 2001, § 23 Rz. 185; Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02 Rz. 23; mit Formulierungsvorschlag Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 167 ff. 13 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 9. Vgl. allgemein Jander/du Mesnil, RIW 1976, 332, 333; Biegel, BB 2004, 1457. 14 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 21, 28 ff.; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 277 Fn. 10; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 159. 15 Vgl. zum Comfort Letter § 28. 16 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 9; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 30, der insoweit auch von der Aufdeckungsfunktion der Opinion spricht. 17 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, 1997, S. 31, der dies als gesonderte Sicherungsfunktion der Opinion begreift; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 1; Biegel, BB 2004, 1457; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 160; Louven, VersR 1997, 1050, 1057. Besonders betont diese Funktion Gruson, RIW 2002, 596, 606, der nur bei der Inhouse-Opinion die Verteidigungsfunktion dominieren sieht.
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Es ist allerdings nicht die Aufgabe von Legal und Disclosure Opinion, den Konsortialbanken die ökonomischen Risiken abzunehmen, die sich aus der Beteiligung an der Emission der Wertpapiere ergeben, oder gegen diese zu versichern18. Genauso wenig gewährleisten die Opinions, dass der Übernahmevertrag und die sonstige Transaktionsdokumentation für jede erdenkliche Situation angemessene Regelungen enthält, oder beseitigen etwaige Mängel in der Transaktionsstruktur19.
2. Verteidigungsfunktion 10
Legal und Disclosure Opinions erfüllen außerdem eine wichtige Verteidigungsfunktion. Ihre Ausstellung hilft den Konsortialbanken im Falle eines Prospekthaftungsvorwurfs bei ihrer Verteidigung gegen den Vorwurf, sie hätten die gebotene Sorgfalt bei der Platzierung der Wertpapiere nicht beachtet (vgl. § 27 Rz. 11)20. Insbesondere die Disclosure Opinion stellt ein wesentliches Element der Verteidigung der Konsortialbanken dar, wenn diese vom Erwerber eines Wertpapiers nach §§ 44, 45 BörsG ggf. i.V.m. § 5 WpPG auf Schadensersatz mit der Behauptung in Anspruch genommen werden, für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Aussagen in dem Prospekt seien unrichtig oder unvollständig gewesen (due diligence defense). Insbesondere nach US-Recht können die Banken mit Hilfe einer (unqualifizierten) Disclosure Opinion versuchen, den Nachweis zu erbringen, dass sie, bzw. die von ihr beauftragten Experten, keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von fehlerhaften Prospektangaben oder Auslassungen hatten (dazu unten Rz. 51). Zwar dürfte nach deutschem Recht die bloße Abgabe einer Legal Opinion oder Disclosure Opinion ohne eigene Befassung der Konsortialbanken mit dem Prospektinhalt den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht per se ausschließen, da die Konsortialbanken je nach Einzelfall unterschiedlich gelagerte selbständige Nachforschungs- und Kontrollpflichten haben können (im Einzelnen streitig, vgl. § 27 Rz. 43 f. m.w.N.) und Disclosure Opinions beispielsweise keine Aussagen zu bestimmten Prospektangaben, wie z.B. Zahlenangaben o.Ä., treffen 21. Dennoch bleibt eine (unqualifizierte) Disclosure Opinion (s. dazu oben Rz. 3) auch nach deutschem Recht ein ganz wesentliches Verteidigungselement, so dass deren Einholung und die Durchführung einer vorgelagerten Due Diligence (dazu § 27) geboten erscheint22.
18 Von Bernstorff, RIW 1988, 680. 19 Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 20; von Bernstorff, RIW 1988, 680. 20 Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02 Rz. 23; Sudmeyer in Münchener AnwaltsHdb. Aktienrecht, § 47 Rz. 64. 21 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 142; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 170. 22 Die Rechtslage in Deutschland ist insoweit weitgehend mit der Situation in den Vereinigten Staaten von Amerika vergleichbar. Auch dort dient die Abgabe der Disclosure Opinion (des 10b-5 negative assurance letter) als wesentliches Element zur Verteidigung der Konsortialbanken im Rahmen der Due Diligence Defense gegenüber einer möglichen Prospekthaftung insbesondere aus Sections 11 und 12 (a) (2) Securities Act sowie Section 10 (b) Exchange Act. Vgl. unten § 37 Rz. 155 ff.; Gruson, WM 1995, 89, 94 f.; Hutter in ArbHdb. für Unternehmensübernahmen, Bd. 1, 2001, § 23 Rz. 185; Reid/Underhill, IFLR 2004, 35; zur Rechtslage in Großbritannien vgl. etwa Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 144.
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II. Legal Opinion 1. Abgabezeitpunkt(e) Die Frage, zu welchen Zeitpunkten eine Legal Opinion abzugeben ist, beantwortet sich je nach Kapitalmarkttransaktion unterschiedlich und wird auch international unterschiedlich gehandhabt. Bei einer Börseneinführung etwa kann der Übernahmevertrag die Ausstellung von Legal Opinions zu verschiedenen Zeitpunkten als aufschiebende Bedingung für die Durchführung der Transaktion vorsehen. Legal Opinions können somit unter anderem abzugeben sein (a) am Tag der Unterzeichnung des Übernahmevertrags23, (b) am Tag der Veröffentlichung des Prospekts, (c) am Tag der Veröffentlichung des Prospektnachtrags hinsichtlich der Preisspanne im Falle eines Decoupled Bookbuilding, (d) am Tag der Preisfestlegung im Falle eines Decoupled Bookbuilding, (e) am Tag der Zeichnung der neuen Aktien durch die Banken, (f) am Tag des Settlement, und (g) im Falle einer Mehrzuteilungsoption, die aus genehmigtem Kapital zur Verfügung gestellt wird, teilweise auch zum Zeitpunkt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital24. Die jeweilige Legal Opinion wird dabei an den einzelnen Abgabezeitpunkten i.d.R. erst nach beanstandungsfreier Durchführung eines Bring Down Due Diligence Call abgegeben, in dem die Ergebnisse der Due Diligence durch das Management der Emittentin anhand eines Fragenkatalogs bestätigt und ggf. neue Umstände offengelegt werden. Handelt es sich dagegen etwa um eine Umplatzierung bereits bestehender undbörsennotierter Aktien durch einen (Groß-)Aktionär (block trade), wird es regelmäßig ausreichend sein, wenn die Legal Opinion (nur) einmal, nämlich zum Tag des Leistungsaustauschs (closing) abgegeben wird25.
11
Die Legal Opinion stellt zumeist ausdrücklich klar, dass sie nur auf den Tag der Abgabe bzw. den Tag, an dem sie wirksam werden soll (as of)26 datiert und keine Verpflichtung besteht, sie zu aktualisieren (vgl. dazu unten Rz. 66).
12
2. Aussteller der Legal Opinion a) Berater des Emittenten Die Legal Opinion wird in aller Regel zumindest durch den Rechtsanwalt des Emittenten (issuer’s counsel) abgegeben27, weil dieser der Gesellschaft typischerweise „am nächsten steht“ und häufig aus seiner Beratungstätigkeit bereits über gute Kenntnisse über die Verhältnisse des Emittenten verfügt. Gerade an seiner Expertise 23 Der Tag der Unterzeichnung des Übernahmevertrags kann mit anderen der genannten Zeitpunkte, insbesondere dem der Veröffentlichung des Prospekts oder dem Tag der Zeichnung der neuen Aktien, zusammenfallen. 24 Vgl. Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 171. Vgl. auch das Muster eines Übernahmevertrags bei Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02. 25 Zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit Block Trades vgl. oben § 6 sowie Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346. 26 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 7; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 104. 27 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129.
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haben die Konsortialbanken in solchen Fällen ein besonderes Interesse28. Insbesondere bei Initial Public Offerings kann es jedoch vorkommen, dass der „Hausanwalt“ des Emittenten nicht über die notwendige Kapitalmarktexpertise verfügt. In diesem Fall mandatiert der Emittent regelmäßig einen weiteren Rechtsanwalt, der als eigentlicher issuer’s counsel die Transaktion begleitet und die Legal Opinion abgibt. Die Rolle des „Hausanwalts“ beschränkt sich in diesen Fällen zumeist darauf, eine vom Inhalt eingeschränkte Legal Opinion (insbesondere zu den in Rz. 28 bis 31 und 37 angesprochenen Themen) abzugeben. b) Berater der Konsortialbanken 14
In der Regel gibt daneben aber auch der Rechtsanwalt der Konsortialbanken selbst, der von diesen für die Due Diligence (und zur Unterstützung bei der Prospekterstellung) beauftragt wird (underwriters’ counsel), über das Ergebnis seiner Prüfungen eine Legal Opinion ab. Diese bleibt gelegentlich im Hinblick auf die nur punktuelle Beschäftigung mit dem Emittenten hinter der Legal Opinion des Rechtsberaters des Emittenten zurück29. In manchen Fällen, insbesondere bei kleineren Transaktionen, wird auf sie – vor allem aus Kostengründen – auch ganz verzichtet. Dies ist allerdings im Hinblick auf die Verteidigungsfunktion der Due Diligence (s. oben Rz. 10) nicht unproblematisch, weil die Konsortialbanken sich dann insoweit nur auf die Legal Opinion des Issuer’s Counsel verlassen, mit dem sie in keinem Mandatsverhältnis stehen (das möglicherweise auch abweichende Verhaltensstandards statuiert) und von deren Prüfungshandlungen sie unter Umständen nur eingeschränkte Kenntnis haben. c) Syndikus des Emittenten
15
Häufig wird neben der Abgabe einer Legal Opinion durch den Rechtsberater des Emittenten und der Banken auch der Leiter der Rechtsabteilung (Syndikus, general counsel) des Emittenten bzw. ein Senior Member aus der Rechtsabteilung zur Abgabe einer Legal Opinion aufgefordert30. Daran besteht ein erhebliches Interesse, wenn und weil der Syndikus wegen seiner besonderen Sachnähe und seiner Kenntnisse der Unternehmensinterna in der Lage ist, über bestimmte Sachverhalte eine Legal Opinion abzugeben, zu denen weder Issuer’s noch Underwriters’ Counsel ohne weiteres Aussagen treffen können oder wollen. Häufig wird der Syndikus z.B. eine Legal Opinion über anhängige Gerichts- oder behördliche Verfahren abgeben müssen (vgl. näher dazu unten Rz. 27, 39)31. d) Weitere Aussteller
16
Handelt es sich (auch) um eine Umplatzierung bereits bestehender Aktien durch einen (Groß-)Aktionär, wird i.d.R. statt bzw. neben dem Berater des Emittenten der 28 Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 277. Fragen der Interessenkollision, die sich möglicherweise stellen, wenn der Anwalt für einen Nicht-Klienten eine Legal Opinion abgibt, können hier aus Platzgründen nicht behandelt werden. Vgl. dazu nur Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 7. 29 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 144. 30 Vgl. Gruson, RIW 2002, 596. 31 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 4; Biegel, BB 2004, 1457, 1458.
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Anwalt des veräußernden Aktionärs eine Legal Opinion abgeben. Ferner kann die Abgabe von Legal Opinions durch einen so genannten Special Counsel zu rechtlichen Sonderfragen erforderlich werden32. Solche rechtlichen Sonderfragen können u.a. steuerrechtliche, insolvenzrechtliche und grundstücksrechtliche Fragestellungen sowie Fragen der gewerblichen Schutzrechte betreffen. Sofern der Emittent von Wertpapieren beispielsweise über umfangreiche gewerbliche Schutzrechte, insbesondere Patente, verfügt, werden die Banken häufig auch die Abgabe einer Legal Opinion durch einen Patentanwalt als Special Counsel verlangen. In dieser Opinion trifft der Patentanwalt Aussagen etwa sowohl zur rechtlichen als auch zur tatsächlichen Durchsetzbarkeit bzw. Angreifbarkeit von gewerblichen Schutzrechten. Derartige Opinions kommen vor allem bei Emittenten aus der Biopharma-Branche in Betracht. Grunsätzlich empfiehlt sich eine möglichst frühzeitige Klärung, ob die Einschaltung eines Special Counsel erforderlich sein wird, da die Prüfung rechtlicher Sonderfragen durch den Special Counsel erfahrungsgemäß mit einigem Aufwand verbunden ist und weitere Maßnahmen nach sich ziehen kann. Soweit sich die Legal Opinion eines Special Counsel mit rechtlichen Sonderfragen befasst, werden die übrigen Rechtsberater bestrebt sein, diesen Fragenkreis aus ihrer Legal Opinion bzw. Disclosure Opinion (sofern tatsächliche Fragen in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte betroffen sind) auszuklammern. Auch weitere Legal Opinions von ausländischen Rechtsanwälten, z.B. zur rechtlichen Existenz von ausländischen Tochtergesellschaften oder zur Einhaltung wertpapierrechtlicher Bestimmungen im Rahmen des Platzierungsprozesses, werden je nach Lage des Falles abgegeben. Dabei ist zwischen den verschiedenen Ausstellern abzustimmen, wer für welche Fragen die Verantwortung übernimmt und inwieweit die jeweilige Legal Opinion auf die Aussage in der anderen verweisen bzw. sich auf diese verlassen darf33. Im Übrigen stehen die Legal Opinions der verschiedenen Aussteller nebeneinander, treffen also parallele Aussagen, ohne sich aufeinander zu beziehen.
17
3. Adressat(en) der Legal Opinion Die Legal Opinion im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion wird (nur) an die Konsortialbanken adressiert34. Dies wird durch deren Nennung im Adressatenfeld und durch einen entsprechenden Abschnitt im Text der Legal Opinion dokumentiert. Handeln Konsortialführer (auch) für die anderen Konsortialbanken, wird die Legal Opinion ggf. an die Konsortialführer adressiert und im Übernahmevertrag festgehalten, dass diese auch für die anderen Konsortialbanken empfangsberechtigt sind35.
18
Regelmäßig wird am Ende der Legal Opinion nochmals klargestellt, dass die Legal Opinion nur im Zusammenhang mit der Transaktion abgegeben und nicht für andere Personen als die Adressaten erstellt wurde und Dritten ohne vorherige schriftliche Zustimmung des abgebenden Rechtsanwalts auch nicht zur Verfügung gestellt
19
32 S. dazu auch Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 152 ff. 33 Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 149. 34 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 129; Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 277; vgl. allgemein Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 5. 35 Vgl. das Muster eines Übernahmevertrags bei Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02.
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werden darf36. Der ausstellende Anwalt will so den Kreis der möglichen Anspruchsteller eingrenzen. Allerdings gestattet der Aussteller den Konsortialbanken i.d.R. die Verwendung der Legal Opinion zum Zwecke der Verteidigung gegen etwaige gegen diese gerichtete Ansprüche im Zusammenhang mit der Transaktion, z.B. Prospekthaftungsansprüche.
4. Einleitende Aussagen a) Beschreibung der Transaktion 20
Der einleitende Teil der Legal Opinion enthält in der Regel eine kurze Darstellung der Transaktion, die zu beurteilen ist, und der Rolle des die Legal Opinion abgebenden Rechtsanwalts in der Transaktion37. Vor allem bei der Legal Opinion von US-Anwälten findet sich häufig der Hinweis, der Anwalt habe als Special Counsel für die Transaktion agiert. Dieser Hinweis soll den Aussteller von dem ständigen rechtlichen Berater des Emittenten abgrenzen, der unter Umständen wegen seiner andauernden Befassung mit der Gesellschaft besonders intensive Kenntnisse von der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft hat, und hat insofern haftungsbeschränkende Funktion (vgl. zu Haftungsfragen unten Rz. 61 ff.)38. Beschränkt sich die Rolle des Ausstellers im Rahmen der Transaktion auf die Abgabe der Legal Opinion, ist er also in die Erstellung von Übernahmevertrag und Prospekt nicht einbezogen, sollte dies – auch im eigenen Interesse – klargestellt werden.
21
Daneben findet sich in der Einleitung ein Hinweis auf die entsprechende Bestimmung im Übernahmevertrag, auf der die Abgabe der Legal Opinion beruht39. b) Beurteilungsgrundlagen
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Der Aussteller der Legal Opinion stellt sodann zumeist – etwa unter der Überschrift „Umfang der Untersuchung“ oder „Documents Reviewed“ – klar, dass er zur Anfertigung der Legal Opinion ausschließlich die in der Legal Opinion selbst genannten Dokumente bzw. Registerunterlagen untersucht und keine weiteren Nachforschun36 Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 157; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 267; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 135; Biegel, BB 2004, 1457, 1461; Louven, VersR 1997, 1050, 1058. Eine Ausnahme aufgrund gesetzlicher Anordnung besteht bei einem öffentlichen Angebot (public offering) in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort ist als Anlage zum Prospekt (registration statement) u.a. eine Kopie der Legal Opinion der Rechtsanwälte beizufügen, die die Rechtmäßigkeit der Ausgabe der registrierten Wertpapiere bestätigt; vgl. dazu auch unten § 37 Rz. 27. 37 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 681; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 130; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 3.; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 8; vgl. auch Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 43; Felton, New Jersey Lawyer 2002, 52, 54; mit Formulierungsvorschlag Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 106. 38 Skeptisch insoweit Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 43 f. 39 Vgl. auch Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 43; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 3, Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 8.
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gen durchgeführt hat40. Für die Zwecke der Ausstellung der Legal Opinion im Rahmen einer Aktienemission umfassen die Unterlagen typischerweise etwa Registerauszüge der Gesellschaft, Satzung und Geschäftsordnungen der Organe einschließlich der Ausschüsse, Niederschriften der Entscheidungen der Organe, Kopien des Übernahmevertrags und des Prospekts sowie des Zeichnungsscheins. Häufig findet sich auch ein Hinweis, dass der Aussteller im Übrigen weitere Dokumente durchgesehen hat, soweit er dies für die Zwecke der Ausstellung der Legal Opinion für erforderlich gehalten hat, ohne dass diese im einzelnen genannt sind41. Dies kann allerdings im Zweifelsfall zu Unklarheiten darüber führen, auf welche Dokumente er seine Opinion wirklich bezogen hat und sollte deshalb unter Haftungsgesichtspunkten überdacht werden42. Soweit den Untersuchungen nur Entwürfe (drafts) zugrunde lagen, ist dies – auch im eigenen Interesse des Ausstellers – kenntlich zu machen43. Jeweils sollte das Erstelldatum genannt werden. c) Annahmen bei der Abgabe Im Teil „Annahmen“ oder „Assumptions“ ist klargestellt, dass der Anwalt ohne weitere Untersuchung von der Authentizität der ihm vorgelegten Dokumente, der Richtigkeit von etwaigen Übersetzungen und der Übereinstimmung von Kopien mit den Originalen ausgegangen ist44, und er ferner vorausgesetzthat, dass der Übernahmevertrag frei von Willensmängeln unterzeichnet wurde, ggf. dass die entsprechenden Vollmachten (einschließlich gesetzlicher Vertretungsbefugnisse) wirksam erteilt waren und fortbestehen, sowie schließlich, dass der Übernahmevertrag in der ihm vorliegenden Form unverändert fortgilt (kein Widerruf oder Kündigung)45. Liegen Dokumente nur als Entwürfe vor, sollte der Anwalt darauf hinweisen, dass er davon ausgeht, dass die Entwürfe in der vorliegenden Fassung wirksam unterzeichnet und übergeben worden sind und daher den endgültigen Dokumenten entsprechen. Weitere Annahmen sind vom Einzelfall und vom Aussteller abhängig46 und können je nach Transaktion variieren. 40 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 130; vgl. auch Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 272; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 3. Immerhin gibt aber auch eine nicht abschließende Aufzählung ein Bild von der Art der Dokumente, die untersucht worden sind; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 182; Krämer in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 110. 41 Vgl. auch Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 44 f. und Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 110 zur internationalen Praxis. 42 Vgl. Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 9. Vgl. auch Biegel, BB 2004, 1457, 1460, der aus Haftungsgesichtspunkten ebenfalls empfiehlt, die der Legal Opinion zugrundeliegenden Tatsachen und Quellen möglichst genau zu beschreiben; ebenso Louven, VersR 1997, 1050, 1057. 43 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 681; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 8; Louven, VersR 1997, 1050, 1057. 44 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Louven, VersR 1997, 1050, 1057; Adolff, Die zivilrechtliche Verantworklichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 182; Felton, New Jersey Lawyer 2002, 52, 54. 45 Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 113. 46 So wird etwa die Legal Opinion des Syndikus in der Regel wegen seiner besonderen Sachnähe weniger Annahmen enthalten als die des Underwriters’ Counsel; vgl. etwa Gruson, RIW 2002, 596, 608.
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Die Aufnahme der Annahmen beruht darauf, dass der Aussteller die entsprechenden Annahmen nur schwer oder gar nicht überprüfen kann (etwa die Frage der Geschäftsfähigkeit der handelnden Personen)47. Sie haben für den Aussteller risikobegrenzende Funktion (vgl. dazu näher unten Rz. 67). d) Zur Behandlung von Tatsachen
25
Die Legal Opinion enthält häufig die weitere Annahme, dass alle Aussagen zu Tatsachen, die in den untersuchten Dokumenten enthalten sind, richtig wiedergegeben sind (z.B. Beschlussfassungen)48. Gelegentlich erfolgt auch eine ausdrückliche Klarstellung, dass keine unabhängigen Untersuchungen in tatsächlichen Angelegenheiten angestellt wurden49 und/oder ein genereller Vorbehalt, dass davon ausgegangen wird, dass im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Legal Opinion keine weiteren Tatsachen oder Dokumente existieren, die dem Aussteller nicht offengelegt wurden50. e) Aussagen zum untersuchten Recht
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Der deutsche Rechtsanwalt als Aussteller der Legal Opinion verdeutlicht – ggf. unter einer gesonderten Überschrift „Laws Considered“ –, dass sich seine Legal Opinion (nur) auf die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sowie deren Auslegung nach geltender Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Abgabe der Legal Opinion bezieht und er keine Aussage über die Auswirkungen anderer Gesetze auf die Aussagen in der Legal Opinion trifft (vgl. auch unten Rz. 47)51. Einen entsprechenden Vorbehalt wird auch ein ausländischer Rechtsanwalt aufnehmen, wenn von ihm ebenfalls die Abgabe einer Legal Opinion zu Fragen des ausländischen Rechts gefordert wird52.
5. Materielle Aussagen 27
An die Einleitung schließt sich der materielle Teil der Legal Opinion an, der die konkreten Stellungnahmen (opinion statements) zu den einzelnen Rechtsfragen enthält. In der Regel umfasst die Stellungnahme die folgenden Aspekte: a) Existenz und Status der Gesellschaft
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Eine wesentliche Aussage der Legal Opinion geht dahin, dass der Emittent der Wertpapiere eine Aktiengesellschaft ist, die ordnungsgemäß gegründet und im Handels47 48 49 50
Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 131; allgemein Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 155. Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682. Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 132. Bei der Legal Opinion des Syndikus werden diese Annahmen aufgrund seiner besonderen Kenntnisse häufig eingeschränkt sein. Vgl. allgemein Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 115. 51 Louven, VersR 1997, 1050, 1057 f.; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 132; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 149. 52 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 132; von Bernstorff, RIW 1988, 680; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 6; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 156.
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register bei dem zuständigen Amtsgericht unter einer bestimmten Handelsregisternummer eingetragen ist und nach deutschem Recht rechtswirksam als Aktiengesellschaft (fort-) besteht53. Vor allem bei der Legal Opinion des Syndikus des Emittenten erstreckt sich diese Aussage unter Umständen auch auf die (wesentlichen) Tochtergesellschaften. Ebenfalls in erster Linie bei der Legal Opinion des Syndikus des Emittenten kommt der weitere Zusatz in Betracht, dass der Emittent berechtigt ist, seine Geschäftstätigkeit in dem im Prospekt beschriebenen Umfang auszuüben und seine Vermögensgegenstände zu besitzen bzw. deren Eigentümer zu sein54. b) Kapitalverhältnisse der Gesellschaft Es folgen Aussagen zu den Kapitalverhältnissen der Gesellschaft, wie sie sich aus dem Handelsregister und der Satzung ergeben. Der Aussteller bestätigt in diesem Zusammenhang regelmäßig, dass das Aktienkapital der Gesellschaft im Prospekt richtig und vollständig wiedergegeben ist55. Gelegentlich wird auch festgehalten, dass die Aktien der Gesellschaft über den im Prospekt offen gelegten Umfang hinaus keinen sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergebenden Übertragungsbeschränkungen unterliegen56 (vgl. unten Rz. 37).
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c) Abschlussbefugnis und wirksame Vertretung Der Aussteller bestätigt insoweit, dass der Emittent berechtigt ist bzw. war, den Übernahmevertrag abzuschließen und die Wertpapiere zu emittieren und beim Abschluss des Übernahmevertrags wirksam vertreten wurde57. In diesem Rahmen sollte die Einhaltung gesellschaftsrechtlicher Zustimmungserfordernisse nach Gesetz, Satzung oder Geschäftsordnung überprüft werden, auch wenn deren Einhaltung im Außenverhältnis grundsätzlich irrelevant ist. Denn häufig entsteht (Rest-)Unsicherheit über die Frage, ob die Missachtung interner Regeln nicht doch über die Lehre vom Missbrauch der Vertretungsmacht auf das Außenverhältnis durchschlagen könnte58. Die möglicherweise schwierigen Abgrenzungsfragen sollte man im Interesse der Transaktionssicherheit erst gar nicht aufkommen lassen.
53 Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02, Rz. 23; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 133; von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9b; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 153; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 11 ff.; Biegel, BB 2004, 1457; Louven, VersR 1997, 1050, 1057; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 119. 54 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9c. 55 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 133, vgl. allgemein Jander/du Mesnil, RIW 1976, 332, 334. 56 Vgl. allgemein Jander/du Mesnil, RIW 1976, 332, 334. 57 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9c; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 15 ff.; Biegel, BB 2004, 1457; Louven, VersR 1997, 1050, 1057. 58 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9c; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 154; etwas knapp Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 132 f., mit Hinweis auf die US-amerikanische Rechtspraxis Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 121.
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d) Vereinbarkeit mit der Satzung und geltendem Recht 31
Dieser Abschnitt der Legal Opinion enthält die Feststellung, dass die Emission der Wertpapiere durch die Gesellschaft sowie die Unterzeichnung und Erfüllung der Verpflichtungen der Gesellschaft aus dem Übernahmevertrag oder anderen Verträgen zwischen den Parteien deutsches Recht und die Satzung der Gesellschaft nicht verletzt59. e) Vorliegen behördlicher Genehmigungen
32
Der Aussteller der Legal Opinion bestätigt weiter, dass – unter Umständen (noch) unter dem Vorbehalt der Zulassung und Notierungseinbeziehung der Wertpapiere zum jeweiligen Markt der entsprechenden Wertpapierbörse und der Billigung des Prospekts und etwaiger Prospektnachträge durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – keine (weiteren) behördlichen Genehmigungen erforderlich sind, um die Kapitalmarkttransaktion durchzuführen60. f) Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Verpflichtungen
33
Es folgen wesentliche Aussagen zur Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträge, insbesondere des Übernahmevertrags61. g) Prospekterfordernisse
34
Je nach Ausgestaltung der Transaktion enthält die Legal Opinion auch eine Bestätigung darüber, dass für deren Durchführung (in Ermangelung eines öffentlichen Angebots keine oder) keine weiteren als die erstellten Prospekte erforderlich sind. Dies kommt etwa in Betracht, wenn die Zulassung der Wertpapiere an der oder den Wertpapierbörsen unter Befreiung von dem Erfordernis, einen Prospekt zu veröffentlichen, erfolgen soll, weil die Wertpapiere anlässlich einer Übernahme im Wege eines Tauschangebots angeboten werden sollen, sofern ein Dokument verfügbar ist, dessen Angaben denen des Prospekts gleichwertig sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 WpPG)62.
59 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9c; Sudmeyer in Münchener AnwaltsHdb. Aktienrecht, § 47 Rz. 62. 60 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682. Zu möglichen Problemen bei allgemeinen Aussagen zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen vgl. Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 154. 61 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 133; von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9c; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 153; Biegel, BB 2004, 1457; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 123 ff. und Rz. 139. 62 Insbesondere im Zusammenhang mit Verschmelzungen stellt sich jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein „gleichwertiges“ Dokument zum Prospekt vorliegt (s. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4 WpPG). Die Gesetzesbegründung verweist insofern ohne weitere Erläuterungen auf den Verschmelzungsbericht (vgl. BT-Drucks. 15/4999, S. 30). Einschränkend verlangt die Verwaltungspraxis der BaFin aber, dass dieser Verschmelzungsbericht nicht älter als zwölf Monate ist (vgl. § 9 Abs. 1 WpPG) und nicht allein der Umgehung der Prospektpflicht dient.
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h) Steuerliche Fragen Aussagen zu den steuerlichen Folgen der Kapitalmarkttransaktion für die Konsortialbanken beschränken sich in der Legal Opinion in der Regel auf eine Bestätigung, dass diese im Zusammenhang mit der Transaktion keine Stempel- oder ähnliche Steuern zu entrichten haben. Daneben bestätigt die Legal Opinion häufig, dass der Abschnitt im Prospekt, der sich mit der Besteuerung der Gesellschaft und der Erwerber der Wertpapiere in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, eine zutreffende Beschreibung der Rechtslage enthält63. Unter Umständen finden sich noch Aussagen zur (quellen-)steuerlichen Behandlung von Ausschüttungen auf die Wertpapiere, die Gegenstand der Transaktion sind.
35
i) Rechtswahl und Gerichtsstand Gelegentlich findet sich ein Hinweis darauf, dass eine getroffene Rechtswahl- und/ oder Gerichtsstandsvereinbarung vom zuständigen Gericht anerkannt würde64.
36
j) Besonderheiten bei Aktienemissionen Bei Aktienemissionen bestätigt die Legal Opinion zusätzlich, dass die zu platzierenden Aktien wirksam ausgegeben und die erforderlichen Beschlüsse über die Ausgabe der Aktien wirksam gefasst worden sind65. Bei Neuemissionen steht diese Bestätigung je nach Zeitpunkt der Abgabe der Legal Opinion (s. oben Rz. 11) noch unter dem Vorbehalt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung bzw. der Einzahlung der Einlage zur freien Verfügung der Gesellschaft66. In erster Linie bei der Legal Opinion des Syndikus des Emittenten findet sich gelegentlich die weitere Aussage, dass die zugrundeliegenden Beschlüsse nicht angefochten bzw. gegen diese keine Widersprüche erklärt worden sind. Weiter finden sich unter Umständen Hinweise auf die Übertragbarkeit der Aktien, das Fehlen von Nachschusspflichten sowie die mit den Aktien verbundene Dividendenberechtigung.
37
k) Sonstiges Neben der Bezugnahme auf die Beschreibung der Kapitalausstattung der Gesellschaft (Rz. 29) sowie der Besteuerung in Deutschland (Rz. 35) im Prospekt enthält die Legal Opinion häufig noch weitere Aussagen zu Prospektteilen. In der Regel sind dies die Abschnitte, die das Angebot der Wertpapiere, die Organe der Gesellschaft sowie die Regulierung der Industrie, in der die Gesellschaft operiert, zusammenfassen.
38
Daneben finden sich – insbesondere in der Legal Opinion des Syndikus – zum Teil noch weitergehende inhaltliche Aussagen zum Emittenten, so z.B., dass derzeit keine Gerichts- oder behördlichen Verfahren anhängig bzw. nach bestem Wissen angedroht sind67, dass der Emittent Eigentümer bestimmter Vermögensgegenstände
39
63 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 133. 64 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9g; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 155. 65 Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 139. 66 Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02, Rz. 23. 67 Von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682.
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ist, die nicht mit Rechten Dritter belastet sind68 sowie, dass der Emittent über alle (wesentlichen) behördlichen Genehmigungen verfügt, die für seine Geschäftstätigkeit erforderlich sind.
6. Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs der Legal Opinion a) Allgemeines 40
Die Legal Opinion erhebt keinen uneingeschränkten Richtigkeitsanspruch. Sie unterliegt weiteren Einschränkungen, so genannte Qualifications, die im Text der Legal Opinion ausdrücklich festgehalten werden, und die neben die ungeprüften Annahmen treten, die der Legal Opinion ohnehin bereits zugrunde liegen (oben Rz. 23 ff.). Art und Umfang der Qualifications hängen vom jeweiligen Einzelfall ab. Die Einschränkungen können sich auf ganze Rechtsgebiete – etwa das Steuerrecht – und/oder auf konkrete Fragestellungen beziehen69. b) Insolvenzrecht etc.
41
Regelmäßig stellt die Legal Opinion etwa klar, dass die in ihr getroffenen materiellen Aussagen nur vorbehaltlich anwendbarer Bestimmungen zu Fragen derInsolvenz, Liquidation, Reorgansisation und der Gläubigerbenachteiligung oder anderer Regelungen erfolgen, die sich auf das wirtschaftliche Ungleichgewicht von Leistung oder Gegenleistung beziehen oder sonst allgemein Einfluss auf Gläubigerrechte und ihre Durchsetzung haben oder haben können70. Dazu gehören etwa die Rechtsinstitute der Unmöglichkeit, der Aufrechnung, der Einwendung sowie der Verjährung. c) Treu und Glauben
42
Ein weiterer Vorbehalt betrifft die allgemeine Geltung des Prinzips von Treu und Glauben (§ 242 BGB), das die Auslegung insbesondere des Übernahmevertrags, die Wahrnehmung von Rechten sowie die Erfüllung von Verpflichtungen beeinflussen kann71. d) Besonderheiten bei Aktienemissionen
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Regelmäßig enthält der Übernahmevertrag die Pflicht der Gesellschaft, die Konsortialbanken von Schäden und etwaigen Ansprüchen freizustellen, die im Zusammenhang mit einer Verletzung der Pflichten der Gesellschaft aus dem Übernahmevertrag oder der Unrichtigkeit der im Übernahmevertrag enthaltenen Gewährleistungen gegen diese geltend gemacht werden können. Da die Vereinbarung einer solchen Freistellung nicht völlig unumstritten ist (vgl. dazu § 23 Rz. 60 ff.), enthalten Legal Opinions, die im Rahmen der Emission von Aktien abgegeben werden, regelmäßig einen 68 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9 f. 69 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 134; von Bernstorff, RIW 1988, 680, 682; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 129. 70 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 134; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9d; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 155; Krämer in MarschBarner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 131 ff. 71 Griffiths, International Business Lawyer 2001, 181, 182.
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Hinweis auf den rechtlichen Meinungsstand, der neben der Aufklärung des Mandanten letztlich auch das Ziel der Entlastung des Ausstellers von den verbleibenden Unsicherheiten bei der Bewertung hat (vgl. dazu unten Rz. 66)72. Der Aussteller bringt dann zum Ausdruck, dass er die Freistellung trotz der möglichen Zweifel, die von Teilen des Schrifttums geäußert werden, und den sich daraus ergebenden (Rest-)Unsicherheiten für wirksam hält73. Die Legal Opinion wird unter Umständen auch auf die besonderen Fragen eingehen, die mit der Rückabwicklung der Transaktion verbunden sein können, wenn die Kapitalerhöhung bereits in das Handelsregister eingetragen ist74.
44
e) Sonstige Einschränkungen Sonstige Einschränkungen betreffen etwa die Frage der (zivil-)prozessualen Durchsetzbarkeit von Verpflichtungen im Übernahmevertrag und der mit der Einschaltung eines deutschen Gerichts verbundenen Schritte75.
45
Wird die Legal Opinion – wie regelmäßig, s. oben Rz. 4 – in englischer Sprache abgegeben, weist die Legal Opinion regelmäßig darauf hin, dass die deutschen Termini in der englischen Übersetzung möglicherweise nicht absolut deckungsgleich wiedergegeben werden können76.
46
f) Anwendbares Recht Schließlich wird der Aussteller häufig klarstellen, dass er seiner Beurteilung die Annahme zugrundegelegt hat, dass Regelungen und Verpflichtungen, die nicht dem deutschen Recht unterstehen, in vollem Umfang wirksam und durchsetzbar sind und andere Rechtsordnungen keinen Einfluss auf die Aussagen haben, die unter dem Blickwinkel des deutschen Rechts getroffen worden sind77.
47
7. Kostenfragen Die Kosten für die Legal Opinion(s) sind in der Regel von dem Emittenten zu tragen. Den Aufwand für die Legal Opinion des Underwriters’ Counsel wird dieser zwar zunächst seinem Mandanten belasten; doch wird dann häufig eine Weiterbelastung an den Emittenten erfolgen, der für die Kosten der Rechtsberatung der Konsortialbanken üblicherweise aufkommt78. Die Kosten für die Legal Opinion sind darin im Zweifel mit umfasst. 72 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9a. 73 Vgl. zu einer möglichen Formulierung, wenn sich der Aussteller trotz der Zweifel zu seiner Auffassung bekennt, Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 272 („In our view, a court should uphold the opinion expressed above.“). 74 Vgl. dazu § 23 Rz. 82 ff. sowie etwa Technau, AG 1998, 445, 452 f. 75 Vgl. allgemein Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 9h. 76 Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 133. 77 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 10; Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 156. 78 Allgemein zu Kostenfragen Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 12.
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Legal Opinion und Disclosure Opinion
Gibt ein Anwalt im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion (nur) eine Legal Opinion ab, so wird diese wegen der Bedeutung und des Haftungsrisikos häufig mit einem angemessenen Pauschalhonorar und nicht nach dem tatsächlich angefallenen Stundenaufwand abgerechnet79.
III. Disclosure Opinion 50
Insbesondere bei der Emission von Aktien wird die Legal Opinion regelmäßig durch die Disclosure Opinion ergänzt.
1. Gegenstand der Disclosure Opinion 51
Die Disclosure Opinion hat ihren Ursprung ebenfalls im US-amerikanischen Rechtskreis und ist insbesondere bei Privatplatzierungen nach Rule 144A oder Börsennotierungen in den Vereinigten Staaten von Amerika von Bedeutung (vgl. dazu unten § 37 Rz. 157 f.)80. Sie bildet dort für die Banken – wie bereits oben bei Rz. 10 angedeutet – ein formalisiertes Element der so genannten Due Diligence Defense, die diese gegen die Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen von Anlegern vorbringen können. Anders als der Emittent haften die an der Emission beteiligten Banken nach US-Recht nämlich nur dann für Falschangaben über wesentliche Aussagen im Prospekt, wenn ihnen insoweit ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann. Die Disclosure Opinion dient den Banken dann zum Nachweis, dass es an einem Verschulden fehlt, weil ihnen die Anwälte auf Grundlage der von ihnen durchgeführten Due Diligence (vgl. dazu unten § 27) bestätigt haben, dass ihnen keine Umstände bekannt sind, dass der Prospekt wesentliche Falschangaben oder Auslassungen enthält81.
52
Diese Verteidigung können die Banken im Grundsatz auch gegen eine Prospekthaftungsklage nach deutschem Recht führen (vgl. § 45 Abs. 1 BörsG), weshalb die Disclosure Opinion inzwischen auch bei rein deutschen Transaktionen ohne US-Element regelmäßig vorkommt. Zu der Frage, ob die Disclosure Opinion auch nach deutschem Recht als Due Diligence Defense ausreicht, s. oben Rz. 10.
53
In der deutschen Disclosure Opinion bestätigt der Anwalt, dass ihm nach seinem Verständnis der Propektverordnung, des Wertpapierprospektgesetzes und des Börsengesetzes und nach seiner Erfahrung mit der Anwendung dieser Gesetze keine Informationen bekannt sind, die Anlass zur Annahme geben würden, dass der Prospekt für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben enthält, die im Sinne von § 44 BörsG i.V.m. § 5 WpPG unrichtig oder unvollständig sind82. Eine Aussage, der Prospekt sei in jeder Hinsicht richtig und vollständig, ist damit aber nicht verbunden (vgl. unten Rz. 59 f.).
79 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 12. 80 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 136. 81 Bravermann, 17 Northwestern Journal of International Law and Business, 30, 46; Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 136. 82 Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 167 ff.
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Legal Opinion und Disclosure Opinion
Wegen ihres faktischen Hintergrunds und ihrer negativen Aussage ist die Disclosure Opinion der Sache nach eher mit dem Comfort Letter der Wirtschaftsprüfer vergleichbar als mit einer Legal Opinion83. Im US-amerikanischen Rechtskreis wird die Disclosure Opinion deshalb generell als Negative Assurance Letter (und nicht als Opinion) bezeichnet84.
54
Die Disclosure Opinion wird ebenso wie die Legal Opinion in der Regel nur zugunsten der Konsortialbanken und auf der Grundlage der zum Zeitpunkt ihrer Abgabe bestehenden Rechtslage abgegeben. Auch sie darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung nicht an andere Personen als die Adressaten weitergegeben werden. Häufig dürfen jedoch an der Transaktion beteiligte Rechtsanwälte anderer Länder im Rahmen der Abgabe ihrer Disclosure Opinion auf die jeweilige Disclosure Opinion des anderen Anwalts vertrauen85.
55
2. Abgabezeitpunkt(e) Die Disclosure Opinion wird in der Regel auf den Prospekt in der gebilligten, also zumeist deutschsprachigen, Fassung abgegeben. Existiert neben dieser eine weitere, für ein internationales Angebot erstellte Fassung (zumeist in englischer Sprache, so genanntes international offering circular), wird die Disclosure Opinion regelmäßig auch auf das international offering circular abgegeben86. Die Abgabezeitpunkte für die Disclosure Opinion gleichen im Wesentlichen denjenigen der Legal Opinion (s. dazu oben Rz. 11), wobei zu einzelnen dieser Zeitpunkte auch die Abgabe nur einer Legal Opinion bzw. nur einer Disclosure Opinion in Betracht kommt. Ebenso wie die Legal Opinion wird die Disclosure Opinion an den einzelnen Abgabezeitpunkten i.d.R. erst nach beanstandungsfreier Durchführung eines Bring Down Due Diligence Call abgegeben (s. auch oben Rz. 11). Im Zuge der Securities Offering Reform bezieht sich die Disclosure Opinion auch auf den Zeitpunkt der Kaufbestätigung, dem so genannten Time of Sale, an dem nach US-Recht die Haftung der Banken beginnt.
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3. Aussteller der Disclosure Opinion Ist die Emission der Wertpapiere mit einer Privatplatzierung nach Rule 144A verbunden, werden die Banken in den meisten Fällen sowohl von den beratenden deutschen als auch von den US-amerikanischen Rechtsanwälten eine Disclosure Opinion verlangen. Im Einzelfall kann diese jedoch auch nur durch einen der beteiligten Rechtsberater abgegeben werden, wenn nur dieser in dem für die Abgabe erforderlichen Umfang in die Due Diligence Prüfung und die Prospekterstellung einbezogen war87. Dem Marktstandard in den USA entsprechend verlangen die Konsortialbanken jedenfalls bei größeren Transaktionen generell, dass auch die Disclosure Opinion sowohl von dem eigenen Rechtsberater als auch von dem bzw. den Rechtsberater(n) des 83 Rowe, Due diligence with respect to the „10B–5 opinion“, Practising Law Institute, 173, 174; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 167. 84 Rowe, Due diligence with respect to the „10B–5 opinion“, Practising Law Institute, 173, 175. 85 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 140. 86 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 137. 87 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 136.
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Legal Opinion und Disclosure Opinion
Emittenten (s. oben Rz. 13) abgegeben wird88. Im Einzelfall können die Banken ihrer Sorgfaltspflicht aber auch dadurch genügen, dass sie sich (nur) auf die Aussagen des Rechtsberaters des Emittenten verlassen (s. oben Rz. 14).
4. Voraussetzungen für die Abgabe der Disclosure Opinion 58
Die Abgabe einer Disclosure Opinion geht mit einer intensiven Teilnahme der ausstellenden Rechtsanwälte an Besprechungen mit Vertretern der Gesellschaft und der Konsortialbanken sowie unter Umständen auch den Wirtschaftsprüfern der Gesellschaft im Rahmen der Erstellung des Prospekts und der Prüfung von Due Diligence Unterlagen über die Gesellschaft einher (vgl. zur Due Diligence im Einzelnen § 27)89. Auch werden die Anwälte – soweit dies nicht ohnehin für die Mitwirkung am Prospekt erforderlich ist – an den so genannten Management Presentations oder Business Due Diligence Meetings teilnehmen, in denen die Geschäftsleitung des Emittenten über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft und die Geschäftsplanung Auskünfte erteilt90. Der Umfang der durchgeführten Untersuchungen wird – wie bei der Legal Opinion auch – üblicherweise in der Einleitung zur Disclosure Opinion kurz zusammengefasst91.
5. Einschränkungen des Richtigkeitsanspruchs der Disclosure Opinion 59
Die im Prospekt abgedruckten Jahresabschlüsse sowie sonstige Finanzdaten und andere Rechnungslegungsinformationen oder statistische Daten sowie Stellungnahmen und Erklärungen, die sich darauf beziehen, werden von der Aussage in der Disclosure Opinion in aller Regel ausdrücklich ausgenommen92.
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Es folgt üblicherweise eine weitere einschränkende Formulierung dahingehend, dass der Aussteller keine Verantwortung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Angemessenheit der im Prospekt enthaltenen Aussagen übernimmt. Der Aussteller erläutert dies – ggf. in einem gesonderten Absatz – mit dem wesentlichen Inhalt seiner Beratungstätigkeit, die nicht auf die Überprüfung oder die Bestätigung von Tatsachen oder Finanzdaten gerichtet ist, sowie mit den nur begrenzten Möglichkeiten zur unabhängigen Nachprüfung von Tatsachen. Er weist in dem Zusammenhang ferner auf den Umstand hin, dass zahlreiche bei der Erstellung des Prospektes zu treffende Entscheidungen nicht rechtlicher Natur sind oder sich auf rechtliche Angelegenheiten beziehen, die nicht Gegenstand seiner Beratungstätigkeit waren93.
88 Pan, 34 Law and Policy in International Business, 499, 525; Bravermann, 17 Northwestern Journal of International Law and Business, 30, 46; Sudmeyer in Münchener AnwaltsHdb. Aktienrecht, § 47 Rz. 65. 89 Rowe, Due diligence with respect to the „10B–5 opinion“, Practising Law Institute, 173, 182 f.; Bravermann, 17 Northwestern Journal of International Law and Business, 30, 46; Groß in Happ, Aktienrecht, Abschn. 16.02 Rz. 23. 90 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 138. 91 Hat der Aussteller nur eine eingeschränkte Due Diligence durchgeführt, kann dies an dieser Stelle deutlich gemacht werden. 92 Rowe, Due diligence with respect to the „10B–5 opinion“, Practising Law Institute, 173, 194; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 167. 93 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 139.
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IV. Haftung 1. Rechtliche Grundlage für die Haftung Der Aussteller einer Legal Opinion bzw. einer Disclosure Opinion kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sich die Aussagen, die in der Opinion getroffen worden sind, als unrichtig erweisen.
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a) Vertrag Eine Haftung für die Abgabe einer unrichtigen Legal Opinion oder Disclosure Opinion kann sich gegenüber dem Mandanten aus dem Gesichtspunkt der Verletzung des im Rahmen der Transaktion bestehenden Beratungsvertrages ergeben, hier also in erster Linie als Haftung des Underwriters’ Counsel gegenüber den Konsortialbanken94.
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b) Haftungsgrundlage(n) bei einer Third Party Opinion Es besteht im Grundsatz Einigkeit darüber, dass der Aussteller einer Legal bzw. Disclosure Opinion auch einem Dritten gegenüber haftbar sein kann, wenn die Legal bzw. Disclosure Opinion unrichtig ist, auch wenn bestätigende deutsche Rechtsprechung dazu noch nicht vorliegt95. Dies bedeutet, dass sich auch der Rechtsberater des Emittenten sowie der Syndikus bzw. der Emittent (vgl. dazu sogleich Rz. 64) im Rahmen einer Kapitalmarkttransaktion gegenüber den Konsortialbanken für die Richtigkeit der Opinion verantworten muss. Ungeklärt ist zwar die dogmatische Grundlage für die Haftung. Insoweit werden als Anspruchsgrundlagen die Verletzung eines konkludenten selbständigen Auskunftsvertrages96, eines Vertrages zugunsten Dritter oder eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter97, Expertenhaftung, culpa in contrahendo (§ 311 BGB)98 oder Delikt im Falle einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung oder Schutzgesetzverletzung diskutiert99. Die praktische Bedeutung der Auseinandersetzung um die richtige dogmatische Einordnung der Haftung dürfte indes begrenzt sein, denn allen Ansichten ist gemeinsam, dass die Haftung dann in Betracht kommen soll, wenn der Adressat auf die Richtigkeit der Erklärungen in der Opinion vertraut hat, was typischerweise der Fall sein wird (vgl. oben Rz. 13 und 15)100.
94 Harrer in Beck’sches Hdb. AG, § 23 Rz. 145. 95 Vgl. nur Biegel, BB 2004, 1457, 1458; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11b. 96 So Döser in FS Nirk, 1992, S. 151, 160. 97 Vgl. hierzu – im Ergebnis ablehnend – Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinion, S. 96 ff. 98 Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 249 ff.; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinion, S. 118 ff.; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 190. 99 Gruson, RIW 2002, 596 ff. Zur Frage der Anwendbarkeit deutschen Rechts und zur Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen Biegel, BB 2004, 1457, 1458 ff.; zur Frage der Haftung nach US-Recht vgl. ausführlich Gruson, RIW 2002, 596 ff. 100 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11b.
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c) Besonderheiten bei einer Erklärung des Syndikus 64
Eine besondere Frage nach dem Anspruchsgegner stellt sich bei der Legal Opinion des Syndikus des Emittenten. Richtigerweise gilt folgendes: Handelt es sich bei der Legal Opinion um eine eigene Erklärung des Syndikus, so kann er den Konsortialbanken gegenüber persönlich haften, wenn die Legal Opinion unrichtig ist101. Ist die Legal Opinion dagegen eine Erklärung der Gesellschaft, besteht regelmäßig keine Haftung des Syndikus, sondern allenfalls eine Haftung der Gesellschaft für die Richtigkeit der Legal Opinion. Ob das eine oder das andere der Fall ist, bestimmt sich nach dem Erklärungsinhalt und der Sicht des Empfängers (§§ 133, 157 BGB). Von einer Erklärung des Syndikus im Namen der Gesellschaft ist im Zweifel auszugehen, wenn der Syndikus dies durch die Verwendung des Briefkopfs der Gesellschaft, durch eine Klarstellung im Einleitungsteil und durch eine entsprechende Unterschriftszeile bekräftigt102.
2. Tatbestandsvoraussetzungen 65
Eine Haftung kommt in allen diesen Fällen von vornherein nur in Betracht, wenn sich eine Aussage in der Opinion als unrichtig erweist. Ist das der Fall, ist die Einstandspflicht des Weiteren davon abhängig, dass die Fehleinschätzung in der Opinion als pflichtwidrig und schuldhaft einzustufen ist. Einigkeit besteht insoweit zunächst dahingehend, dass die Legal Opinion die Richtigkeit der getroffenen Aussage nicht garantiert103, und auch nicht gewährleistet, dass ein Gericht in gleichem Sinne entscheiden würde104. Dies kommt bereits in der Bezeichnung als Opinion zum Ausdruck. Andererseits ist jedoch anzunehmen, dass der Anwalt verpflichtet ist, die von ihm getätigten Aussagen einer Richtigkeitskontrolle zu unterwerfen, weil die Opinion anderenfalls praktisch wertlos wäre105.
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Welche Intensität diese Richtigkeitskontrolle im Einzelfall haben muss, ist freilich noch weitgehend ungeklärt. Man wird aber jedenfalls davon ausgehen müssen, dass der Anwalt den ihm zur Beurteilung vorgelegten Sachverhalt richtig zu analysieren, die ihm zur Erteilung der Legal Opinion vorgelegten Dokumente zu prüfen und eine rechtlich sorgfältige Auskunft über ihre Wirksamkeit zu geben hat106. In diesem Rahmen hat er in eigener Verantwortung die dafür notwendigen Untersuchungen durchzuführen. Gewinnt er dabei Erkenntnisse, die die Richtigkeit der geforderten Aussagen in Frage stellen, hat er dies offenzulegen107. Auf rechtliche Unsicherheiten hat er hinzuweisen, jedenfalls bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass 101 Zu Fragen des Rückgriffs gegenüber dem Unternehmen in diesem Fall vgl. Biegel, BB 2004, 1457, 1460; Gruson, RIW 2002, 596, 608. 102 Biegel, BB 2004, 1457, 1461 sowie Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 292 und Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 174 jeweils mit entsprechenden Vorschlägen zur Formulierung. In der Regel verlangen auch die Interessen der Konsortialbanken nicht nach einer zusätzlichen persönliche Haftung des Syndikus; vgl. Gruson, RIW 2002, 596, 606; Gruson/Hutter/Kutschera, S. 291 f. 103 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinion, S. 10; Felton, New Jersey Lawyer 2002, 52, 54. 104 Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 285. 105 Gruson, RIW 2002, 596, 600. 106 Gruson, RIW 2002, 596, 600. 107 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 10.
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die Rechtsprechung anderer Auffassung sein und anders entscheiden würde108. Darüber hinaus hat er aber – jedenfalls allein auf der Grundlage der Legal bzw. Disclosure Opinion – keine weitere Untersuchungs- und Aktualisierungspflicht (vgl. bereits oben Rz. 12) und auch keine Pflicht, einen über die vereinbarte Legal bzw. Disclosure Opinion hinausgehenden Rechtsrat zu erteilen (vgl. oben Rz. 20)109. Dies führt im Ergebnis zu einer nicht unerheblichen Reduzierung des Haftungsrisikos. Eine bedeutende Einschränkung des Pflichtenumfangs erreicht der Aussteller überdies durch die Aufnahme von Annahmen und Einschränkungen (vgl. dazu oben Rz. 22–24 sowie Rz. 40–47), die jedenfalls in den USA von der Judikatur als wirksam haftungsbeschränkend anerkannt worden sind110. Durch diese stellt der Aussteller von vornherein klar, dass er nur zu bestimmten Fragen und nur in einer bestimmten Weise Aussagen treffen will, und dass er dabei von bestimmten Voraussetzungen ausgegangen ist, für deren Vorliegen er nicht einstehen will. Der Anwalt wird zwar Tatsachen, von denen er positiv weiß oder annimmt111, dass sie falsch sind, nicht zugrundelegen dürfen; ansonsten wird man ihn aber – wiederum entsprechend US-amerikanischer Standards – nicht für verpflichtet halten müssen, die Richtigkeit seiner Annahmen zu überprüfen112. Im Übrigen ist es eine Frage des Einzelfalls, welche Unterstellung er ungeprüft treffen darf, ohne dass ihm bei deren Unrichtigkeit Haftungsfolgen drohen113. Soweit es etwa um eine Legal Opinion des Syndikus des Emittenten geht, die dieser im Namen der Gesellschaft abgegeben hat, dürfte es problematisch sein, Tatsachen ohne weitere Prüfung zugrundezulegen, die aus der Sphäre des Emittenten stammen, und die für ihn leicht verifizierbar sind114.
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3. Haftungsumfang und Haftungsbegrenzung a) Schaden Wenn die Legal bzw. Disclosure Opinion – wie häufig, vgl. oben Rz. 1 – Closing Condition ist, kann der Schaden im Abschluss der Transaktion zu den vereinbarten Konditionen liegen, sofern die Unrichtigkeit der Opinion den Schaden verursacht hat, also kausal geworden ist115. Als Rechtsfolge kann sich aus § 249 BGB entweder die 108 Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 285. 109 Gruson, RIW 2002, 596, 600; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 271. 110 Gruson, RIW 2002, 596, 601; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 11, spricht insoweit von der „inneren“ Reichweite der Legal Opinion; vgl. ferner S. 51, sowie Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 268, 271. 111 Vgl. auch Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 10; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 115. 112 Gruson, RIW 2002, 596, 601; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 272; offenbar auch Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 10. 113 Vgl. dazu etwa Jander/du Mesnil, RIW 1976, 332, 336. 114 Gruson, RIW 2002, 596, 608; Gruson/Hutter/Kutschera, Legal Opinions in International Transactions, S. 293. Etwas anderes sollte gelten, wenn der Syndikus für seine Legal Opinion persönlich einsteht. – Zu weiteren Tatbestandsvoraussetzungen vgl. Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinion, S. 185 f. 115 Biegel, BB 2004, 1457, 1458; Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 197.
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Pflicht ergeben, den Adressaten von den nachteiligen Auswirkungen der Transaktion zu befreien oder ihn zumindest im Wege der Schadenskompensation so zu stellen, als wenn die Kapitalmarkttransaktion unter Berücksichtigung einer zutreffenden – also etwa mit Qualifications versehenen – Opinion abgeschlossen worden wäre116. b) Haftungsbegrenzung 69
Vor dem Hintergrund der drohenden Haftung und ihrer Konsequenzen liegt es nahe, dass der Aussteller sich um eine Beschränkung des Haftungsumfangs – etwa summenmäßig oder durch eine am Verschuldensgrad orientierte Begrenzung – bemüht117. Solche Haftungsbegrenzungsklauseln in der Opinion sind jedoch nicht unproblematisch, weil sie zu ihrer Wirksamkeit eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Aussteller und dem Adressaten voraussetzen118. Unabhängig davon stellt sich das Problem der Akzeptanz beim Adressaten. International tätige Konsortialbanken weisen derartige Klauseln häufig als unüblich zurück119. In der Praxis kommen sie bislang eher selten vor120.
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Im Rahmen von Initial Public Offerings erscheint indes eine summenmäßige Haftungsbeschränkung der Opinion dahingehend diskutabel, dass auf sie nur im Zusammenhang mit den Aktien, die Gegenstand des Angebots sind, und bezüglich der Aktien, die zwar nicht Gegenstand des Angebots sind, für die jedoch keine Marktschutzvereinbarung vereinbart worden ist, vertraut werden darf. Danach würde sich die Haftungsbeschränkung auf die einer Marktschutzvereinbarung unterliegenden Aktien beziehen. Soweit es sich bei der betreffenden Opinion um eine Third Party Opinion handelt, dürfte die bezweckte Haftungsbeschränkung zudem Wirkung entfalten, da der nach allen Ansichten erforderliche Vertrauenstatbestand (s. oben Rz. 63 a.E.) insoweit eingeschränkt ist. Diese Haftungsbegrenzung erscheint für die Banken als vertretbar, da die einer Marktschutzvereinbarung unterliegenden Aktien regelmäßig frühestens nach sechs Monaten nach dem Angebot übertragen werden dürfen und daher für diese Aktien börsenrechtliche Prospekthaftungsansprüche nicht in Betracht kommen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 a.E. BörsG).
116 Biegel, BB 2004, 1457, 1458; Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11c. 117 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11c. 118 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11 c; vgl. auch Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinion, S. 181 f.; Hannes Schneider, ZHR 163 (1999), 246, 269 f; für eine Einschränkbarkeit der Haftung auch gegenüber dem Adressaten durch separate Vereinbarung und Erklärung in der Opinion Krämer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 9 Rz. 202. 119 Thümmel in Münchener VertragsHdb., Bd. 3, 2. Halbband, Muster I 3, Anm. 11 c; Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 183. 120 Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 59 mit empirischen Nachweisen. – Zu Fragen des Mitverschuldens und der Verjährung vgl. Adolff, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit deutscher Anwälte bei der Abgabe von Third Party Legal Opinions, S. 187 ff.
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7. Teil Prospekt, Börsenzulassung § 30 Wertpapierprospekt Andreas Meyer I. Prospektpflicht und Praxis der Prospekterstellung 1. Prospektpflicht und Ausnahmen . . a) Öffentliches Angebot . . . . . . . b) Börsenzulassung . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung des Prospekts II. Anforderungen an Prospekte 1. Allgemeine Anforderungen . . . . . 2. Prospekt als ein einziges Dokument oder mehrere Einzeldokumente; Basisprospekt . . . . . . . . . . . . . 3. Mindestangaben a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prospektinhalt a) Finanzinformationen . . . . . . . aa) Historische Finanzinformationen . . . . . . . . . . . . . bb) Zwischenfinanzinformationen . . . . . . . . . . . . . cc) Pro-Forma-Finanzinformationen . . . . . . . . . . . . . dd) Komplexe finanztechnische Vorgeschichte und bedeutende finanzielle Verpflichtungen . . . . . . .
3 4 8 10 11
13 15 17 19 21 29 33
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ee) Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage . . . . . . . . . . . b) Risikofaktoren . . . . . . . . . . . c) Angaben zu Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . d) Angaben zur Zuteilung . . . . . . e) Zukunftsgerichtete Aussagen . . f) Anforderungen an besondere Emittenten . . . . . . . . . . . . . 5. Nichtaufnahme von Angaben . . . 6. Angaben in Form eines Verweises . 7. Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . .
41 47 48 49 51 54 56 58 59
III. Billigung 1. Billigungsverfahren . . . . . . . . . . 2. Europäischer Pass . . . . . . . . . . . 3. Gültigkeit des Prospekts . . . . . .
61 64 67
IV. Veröffentlichung des Prospekts . .
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V. Nachtrag zum Prospekt . . . . . . .
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VI. Werbung . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Prospekte bei internationalen Wertpapieremissionen 1. So genannter Internationaler Prospekt und US-Prospekt . . . . . . . 2. So genannter Red Herring . . . . . .
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Schrifttum: Apfelbacher/Metzner, Das Wertpapierprospektgesetz in der Praxis – Eine erste Bestandsaufnahme, BKR 2006, 81; Boos/Preuße, Die Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie in Deutschland – Folgen für daueremittierende Banken, ZfgK 2005, 523; Crüwell, Die europäische Prospektrichtlinie, AG 2003, 243; Giedinghagen, Arbeitnehmerbeteiligungen im Lichte des Wertpapierprospektgesetzes, BKR 2007, 233; Götze, Das jährliche Dokument nach § 10 WpPG – eine Bestandsaufnahme, NZG 2007, 570, Greene/Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, U.S. Regulation of the International Securities and Derivatives Markets, 8th edition 2006; Heidelbach/Preuße, Einzelfragen in der praktischen Arbeit mit dem neuen Wertpapierprospektregime, BKR 2006, 316; Heidelbach/Preuße, Zweieinhalb Jahre neues Prospektregime und noch viele Fragen offen, BKR 2008, 10; Holzborn/Israel, Das neue Wertpapierprospektrecht, ZIP 2005, 1668; Holzborn/Schwarz-Gondek, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BKR 2003, 927; Johnson/McLaughlin, Corporate Finance and the Securities Laws, 3rd edition 2004; Kaum/ Zimmermann, Das „jährliche Dokument“ nach § 10 WpPG, BB 2005, 1466; Kopp, Finanz- und Ertragslage des Emittenten in Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekten – Darstellung und Analyse (MD&A), RIW 2002, 661; Kollmorgen/Feldhaus, Zur Prospektpflicht bei aktienbasier-
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§ 30
Wertpapierprospekt
ten Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, BB 2007, 225; Kullmann/Sester, Inhalt und Format von Emissionsprospekten nach dem WpPG, ZBB 2005, 209; Kullmann/Sester, Das Wertpapierprospektgesetz, WM 2005, 1068, 1070; Kunold/Schlitt, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BB 2004, 501; Langenkamp, Wertpapierprospekte für REIT-Aktiengesellschaften, BaFin-Journal 09/07, 7; Leppert/Stürwald, Die Safe-Harbour-Regeln der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 und die KuMaKV, ZBB 2004, 302; Leuering, Prospektpflichtige Anlässe im WpPG, Der Konzern 2006, 4; Mattil/Möslein, Die Sprache des Emissionsprospekts, WM 2007, 819; Meyer, Anforderungen an Finanzinformationen in Wertpapierprospekten, Accounting 2006, Heft 2 S. 11; Pfeiffer/Buchinger, Prospektpflicht bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen US-amerikanischer Arbeitgeber, NZG 2006, 449; Pöch, Adoption of the Prospectus Directive in Austria, J.I.B.L. R. 2005, 644; Schindler/Böttcher/Roß, Erstellung von Pro-Forma-Abschlüssen, WPg 2001, 22; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes auf Aktien- und Equity-linked Emissionen, AG 2005, 498; Schlitt/Singhof/Schäfer, Aktuelle Rechtsfragen und neue Entwicklungen im Zusammenhang mit Börsengängen, BKR 2005, 251; Seitz, Die Integration der europäischen Wertpapiermärkte und die Finanzmarktgesetzgebung in Deutschland, BKR 2002, 340; Seitz, Das neue Wertpapierprospektrecht – Auswirkungen auf die Emission von Schuldverschreibungen, AG 2005, 678; Siebel/Gebauer, Prognosen im Aktien- und Kapitalmarktrecht, WM 2001, 118 (Teil I), 173 (Teil II); Veil, Prognosen im Kapitalmarktrecht, AG 2006, 690; von Kopp-Colomb/Lenz, Der europäische Pass für Emittenten, AG 2002, 24; Wagner, Der Europäische Pass für Emittenten – die neue Prospektrichtlinie, Die Bank 2003, 680; Weber, Unterwegs zu einer europäischen Prospektkultur, NZG 2004, 360.
1
Bei der Vorbereitung von Wertpapieremissionen verursacht die Prospekterstellung meist den größten Zeit- und Kostenaufwand. Dies hängt mit der zentralen Bedeutung des Prospekts für die Durchführung der Emission und die Risiken der Beteiligten zusammen. Regelmäßig erfolgt die Vermarktung von Wertpapieren, insbesondere gegenüber Privatanlegern, auf der Grundlage eines Prospekts, dessen Veröffentlichung im Falle eines öffentliches Angebotes oder der Börsenzulassung der angebotenen Wertpapiere rechtlich in der Regel erforderlich ist (dazu Rz. 3 ff.). Aus der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Prospekts können erhebliche Haftungsrisiken für den Emittenten und die emissionsbegleitenden Banken entstehen (dazu § 33 Rz. 13 ff.), von den damit verbundenen Folgen für die Reputation der Beteiligten ganz zu schweigen.
2
Die rechtlichen Vorgaben für Wertpapierprospekte wurden im Zuge der Umsetzung der so genannten EU-Prospektrichtlinie („ProspRL“)1 grundlegend neu geregelt. In Deutschland erfolgte dies mit Wirkung zum 1.7.2005 durch das ProspektrichtlinieUmsetzungsgesetz2, dessen wesentliche Regelungen im Wertpapierprospektgesetz („WpPG“)3 zu finden sind. Den nachstehenden Ausführungen ist die Umsetzung der ProspRL in Deutschland durch das WpPG zu Grunde gelegt. 1 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. Einen Überblick zur Entstehungsgeschichte gibt Wagner, Die Bank, 2003, 680; w.N. s. Voraufl. § 24 vor Rz. 1. 2 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 22.6.2005, BGBl. I 2005, 1698. 3 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospektes, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist (Wertpapierprospektgesetz – WpPG), Art. I des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (Fn. 2).
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Meyer
§ 30
Wertpapierprospekt
I. Prospektpflicht und Praxis der Prospekterstellung 1. Prospektpflicht und Ausnahmen Nach § 3 Abs. 1, 3 WpPG setzt sowohl ein öffentliches Angebot als auch die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt im Inland grundsätzlich die vorherige Veröffentlichung eines Prospekts nach den Vorgaben des WpPG voraus.
3
a) Öffentliches Angebot Unter einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren ist nach § 2 Nr. 4 WpPG eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise zu verstehen, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden; dies gilt auch für die Platzierung von Wertpapieren durch Finanzintermediäre. Dabei ist jede Weiterveräußerung bereits zuvor öffentlich angebotener Wertpapiere als gesondertes Angebot anzusehen, § 3 Abs. 2 Satz 2 WpPG4. Mit einem Angebot i.S.v. § 2 Nr. 4 WpPG ist folglich kein Angebot im zivilrechtlichen Sinne (d.h. „Antrag“ i.S.v. § 145 BGB)5 gemeint; vielmehr reicht dafür eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) aus6. Mitteilungen aufgrund des Handels von Wertpapieren an einem organisierten Markt oder im Freiverkehr stellen für sich genommen kein öffentliches Angebot dar, ebenso wenig die bloße Einbeziehung in den Freiverkehr oder in den regulierten Markt.7 In Fortführung ihrer Verwaltungspraxis zum alten Recht vor Umsetzung der Prospektrichtlinie setzt die BaFin für das Vorliegen eines öffentlichen Angebotes zudem voraus, dass eine konkrete Zeichnungs- bzw. Erwerbsmöglichkeit für den Anleger besteht. Daneben sprechen für das Vorliegen eines öffentlichen Angebotes konkrete Werbemaßnahmen, die zielgerichtete Ansprache von Investoren und deren Informationsbedürfnis8.
4
Diese Abgrenzung ist insbesondere für Angebote im Rahmen von Börseneinführungen in Marktsegmente des Freiverkehrs, wie z.B. den so genannten Entry Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse oder M:Access an der Börse München von Bedeutung. Diese Marktsegmente weisen zwar gegenüber dem ungeregelten Freiverkehr gewisse, in den jeweiligen Börsenordnungen geregelte Notierungsfolgepflichten auf, die auf mittelständische Unternehmen zugeschnitten sind. Sie bleiben aber in ihren Anforderungen hinter jenen für das gesetzlich geregelte Marktsegment des regulierten Marktes zurück und stellen auch keine organisierten Märkte i.S.v. § 3 Abs. 3, § 2 Nr. 16 WpPG dar. Daher erfordert die Einbeziehung von Wertpapieren
5
4 Dazu CESR „Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members“, Ref. CESR/07-852 vom 20.12.2007 unter 51., im Internet abrufbar unter www.cesr.eu; Heidelbach/Preuße, BKR 2008, 10 ff. 5 Zur Begrifflichkeit vgl. nur Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 145 Rz. 1 f. 6 Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 10. 7 BR-Drucks. 85/05, S. 62. 8 Glomb-Schmidt/Gockel, 4. Workshop „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Ausgewählte Rechtsfragen in der Aufsichtspraxis“ vom 4.9.2007, S. 4; so auch Begründung zum RegE WpPG, BT-Drucks. 15/4999, S. 25, 28.
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in diese Segmente als solche keine Veröffentlichung eines Prospekts9. Emittenten, die eine Notierung in diesen Marktsegmenten anstreben, und Anbieter von deren Wertpapieren sind deshalb mitunter versucht, einen Börsengang ohne Prospekterstellung durchzuführen. Die damit i.d.R. einhergehende Platzierung von Wertpapieren (s. § 3 Rz. 28 ff.), mit der die für einen geordneten Börsenhandel erforderliche Streuung der Wertpapiere erreicht werden soll10, ist dann ohne ein öffentliches Angebot durchzuführen. Werden allerdings im Rahmen eines solchen Börsenganges Erwerbsmodalitäten oder Details der Wertpapiere einem unbegrenzten Personenkreis mitgeteilt, die über die rein technischen Emissionsdaten hinaus gehen, so kann nach Auffassung der BaFin bereits ein öffentliches Angebot vorliegen mit der Folge, dass grds. ein Prospekt nach dem WpPG zu erstellen ist11. 6
Kein öffentliches Angebot liegt dagegen vor, wenn sich das Angebot nur an einen begrenzten Personenkreis richtet. Dies ist der Fall, wenn die Adressaten dem Anbieter im Einzelnen bekannt sind, sie gezielt ausgewählt und individuell angesprochen werden sowie eine Aufklärung durch einen Prospekt im Hinblick auf das Informationsbedürfnis der Anleger nicht erforderlich ist12. Ein Beispiel hierfür ist ein ausschließlich an Altaktionäre gerichtetes Bezugsrechtsangebot, d.h. ein Angebot neuer Aktien aus einer Kapitalerhöhung zum Bezug durch die bisherigen Aktionäre gem. § 186 AktG, sofern kein (börslicher) Handel von Bezugsrechten stattfindet13.
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Ausnahmen von der Pflicht zur Prospektveröffentlichung bestehen nach § 3 Abs. 2 WpPG und § 4 Abs. 1 WpPG für bestimmte Arten von Angeboten. Von besonderer praktischer Bedeutung sind dabei die Ausnahmen, die eine prospektfreie Privatplatzierung bei institutionellen Anlegern ermöglichen. So sieht § 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG eine Ausnahme für ausschließlich an so genannte qualifizierte Anleger (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 WpPG) gerichtete Angebote vor, ebenso § 3 Abs. 2 Nr. 2 WpPG für Angebote an weniger als 100 nicht qualifizierte Anleger pro EU-Mitgliedstaat. Weiterhin sind in § 3 Abs. 2 Nr. 3–5 WpPG betragsmäßige Ausnahmen für Angebote von Wertpapieren mit hohem Mindestzeichnungsvolumen pro Anleger, hoher Stückelung von Wertpapieren oder geringfügige Emissionen geregelt. Daneben nimmt § 4 Abs. 1 WpPG Angebote bestimmter Wertpapiere von der Prospektpflicht aus, bei denen die Information der Anleger durch ein anderes gleichwertiges Dokument sichergestellt ist (z.B. eine Angebotsunterlage nach § 11 WpÜG bei einem Tauschangebot anlässlich einer Übernahme oder einen Verschmelzungsbericht) bzw. nicht erforderlich erscheint, z.B. bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln oder Angeboten
9 Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 15, 35; Leuering, Der Konzern 2006, 4, 7 f. 10 Dazu Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 6 ff. 11 Glomb-Schmidt/Gockel, 4. Workshop „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Ausgewählte Rechtsfragen in der Aufsichtspraxis“ vom 4.9.2007, S. 6; dazu auch Leuering, Der Konzern 2006, 4, 8; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 151. 12 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Rechtsfragen aus der Anwendungspraxis“ vom 3.11.2005, S. 3, im Internet abrufbar unter www.bafin.de; zur Ausnahme für Angebote an einen begrenzten Personenkreis nach § 2 Nr. 2 VerkProspG a.F. s. Voraufl. § 24 Rz. 3; zu Einzelfällen ferner Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 18. 13 Glomb-Schmidt/Gockel, 4. Workshop „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Ausgewählte Rechtsfragen in der Aufsichtspraxis“ vom 4.9.2007, S. 5; zum Bezugsrechtshandel Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 39 Rz. 64 ff.
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an Mitarbeiter14. In Bezug auf letztere privilegiert § 4 Abs. 1 Nr. 5 WpPG (öffentliche) Angebote von Wertpapieren15 an derzeitige oder ehemalige Mitglieder von Geschäftsführungsorganen oder Arbeitnehmer („Mitarbeiter“) durch ihren Arbeitgeber (oder ein mit ihm i.S.v. § 15 AktG verbundenes Unternehmen) jedoch nur, sofern dessen Wertpapiere bereits zum Handel an einem organisierten Markt innerhalb des EWR zugelassen sind, und ein Dokument zur Verfügung gestellt wird, das Informationen über Anzahl und Art der Wertpapiere sowie die Gründe und die Einzelheiten des Angebots enthält. Dabei müssen die zugelassenen Wertpapiere nicht notwendigerweise derselben Gattung angehören wie jene, die den Mitabeitern (etc.) angeboten werden; es können also Aktien an Mitarbeiter nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Nr. 5 WpPG prospektfrei angeboten werden, wenn nur Schuldtitel des Emittenten, nicht jedoch Aktien börsenzugelassen sind16. Jedoch sind Angebote von Aktien eines Emittenten, dessen Wertpapiere nur außerhalb des EWR börsennotiert sind, nicht von der Ausnahmeregelung erfasst, beispielsweise ein Angebot von Aktien einer in New York börsennotierten US-amerikanischen Muttergesellschaft an die Arbeitnehmer ihrer deutschen Tochter17. Jedoch wird angesichts der engen Auslegung des Begriffes „öffentliches Angebot“ durch die BaFin bei Angeboten an einen begrenzten Personenkreis (s. oben Rz. 6) nicht in jedem Falle des Angebotes an Mitarbeiter ein öffentliches Angebot vorliegen; maßgeblich dürfte insbesondere das Kriterium „Informationsbedürfnis“ sein, das im Einzelfall zu prüfen ist18. Zudem sollen Beteiligungsprogramme dann nicht in den Anwendungsbereich des WpPG fallen, wenn die Mitarbeiter Aktien kostenlos erhalten19. Die generelle Ausnahme von öffentlichen Angeboten bereits börsenzugelassener Wertpapiere von der Prospektpflicht, die sich im alten Recht aus § 1 VerkProspG a.F. ergab, besteht nach dem WpPG nicht mehr20. Verschiedene Ausnahmen von der Prospektpflicht können grds. auch miteinander kombiniert werden, so z.B. bei einem (prospektfreien) Angebot von Wertpapieren an qualifizierte Anleger sowie an weniger als 100 nicht qualifizierte Anleger21. b) Börsenzulassung Die Prospektpflicht für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt im Inland nach § 3 Abs. 3 WpPG betrifft die Zulassung als Voraus14 S. Pfeiffer/Buchinger, NZG 2006, 449; Leuering, Der Konzern 2006, 4, 9; Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 225; Giedinghagen, BKR 2007, 233. 15 Zur Frage der Anwendbarkeit auf Aktienoptionen s. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 82 (Fn. 16); Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 225 f. 16 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 83; Pfeiffer/Buchinger, NZG 2006, 449, 451. 17 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 83 Fn. 18; Pfeiffer/Buchinger, NZG 2006, 449, 450 f.; Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 225, 227. 18 Dazu Giedinghagen, BKR 2007, 233, 234; Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 225, 226 f. 19 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Mitarbeiterbeteiligung und bürokratischen Hindernissen, BT-Drucks. 16/2424, S. 5; CESR, „Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members“, (Fn. 4), unter 6.; Kollmorgen/Feldhaus, BB 2007, 225, 227; Giedinghagen, BKR 2007, 233, 234. 20 Vgl. Leuering, Der Konzern 2006, 4, 6 f. 21 CESR, „Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members“, (Fn. 4), unter 28.; ebenso Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rz. 6; die von Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316, 319 insoweit vorgeschlagene Aufteilung in mehrere (nacheinander durchzuführende) Angebote, die jeweils verschiedene Ausnahmetatbestände nutzen, erscheint weder rechtlich geboten noch praktikabel.
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setzung für Handel von Wertpapieren im regulierten Markt i.S.v. §§ 32 ff. BörsG, der mit Inkrafttreten des FRUG22 die früheren Marktsegmente des amtlichen und geregelten Marktes23 ersetzt24. Nicht prospektpflichtig ist die Einbeziehung in den regulierten Markt oder den Freiverkehr25. 9
Nach § 4 Abs. 2 WpPG können in einer Reihe von Fallkonstellationen Wertpapiere jedoch prospektfrei zugelassen werden. Diese Ausnahmen gelten – wie die bei einem öffentlichen Angebot geltenden Ausnahmen – kraft Gesetzes und erfordern (anders als früher nach §§ 45, 45a BörsZulV) keine im Ermessen der Börse stehende Befreiung26. Besondere Erwähnung verdient dabei die Möglichkeit, Aktien prospektfrei zuzulassen, die über einen Zeitraum von zwölf Monaten weniger als 10 % der Zahl der bereits zum Handel an demselben organisierten Markt börsenzugelassenen Aktien derselben Gattung ausmachen (Unter 10 %-Ausnahme). Dies ermöglicht im Zusammenspiel mit den Ausnahmen für Angebote an institutionelle Anleger (s. Rz. 7) die schnelle Durchführung kleiner Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG. Zu beachten ist jedoch, dass die jeweiligen 10 %-Schwellenwerte im AktG und im WpPG leider nicht aufeinander abgestimmt sind, so dass die Prospektausnahme – anders als die aktienrechtliche Zulässigkeit des vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses – bei einer Kapitalerhöhung um genau 10 % des bisherigen Grundkapitals gerade nicht mehr eingreift. Weiterhin von Bedeutung ist die Ausnahme in § 4 Abs. 2 Nr. 6 WpPG für die Börsenzulassung von Wertpapieren an derzeitige oder ehemalige Mitglieder von Geschäftsführungsorganen oder Arbeitnehmer, die im Wesentlichen jener für das öffentliche Angebot nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 WpPG entspricht (dazu oben Rz. 7). Jedoch kann diese Ausnahme von der Prospektpflicht nur für die Zulassung von Wertpapieren derselben Gattung in Anspruch genommen werden, die bereits zum Handel an demselben organisierten Markt zugelassen ist.
2. Praktische Bedeutung des Prospekts 10
Der im Rahmen von öffentlichen Angeboten zu erstellende Prospekt erfüllt zumeist eine Doppelfunktion. Er schafft nicht nur die rechtliche Voraussetzung für die Durchführung des Angebots und die Börsennotierung. Er fungiert auch als Vertriebsdokument, mit dem interessierte Anleger geworben werden sollen. Dies gilt insbesondere bei Emittenten, die noch keine Wertpapiere am Kapitalmarkt platziert haben27 oder deren letzte Emission länger zurückliegt. Die Prospekterstellung ist daher eine Gratwanderung zwischen rechtlich gebotener deutlicher Darstellung der mit 22 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz – FRUG) vom 16.7.2007, BGBl. I 2007, 1330. 23 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des FRUG Ponick in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 11 II 3; Groß, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rz. 35; Begründung zum RegE des WpPG BT-Drucks. 15/4999 unter Verweis § 2 Abs. 5 WpHG; dazu Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 2 Rz. 176. 24 Vgl. Begründung zum RegE des FRUG, BR-Drucks. 833/06, S. 202. 25 Groß, Kapitalmarktrecht, § 57 BörsG Rz. 6. 26 Darauf weisen auch Holzborn/Israel, ZIP 2005, 1668, 1670 hin. 27 So bei so genannten Börsengängen bzw. erstmaligen öffentlichen Angeboten (Initial Public Offerings – IPOs), aber auch bei Anleiheemissionen nicht börsennotierter Emittenten.
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der Anlage verbundenen Risiken und für den Vertrieb gewünschter Herausstellung von Chancen. Wird der Prospekt zu Vertriebszwecken genutzt, sind neben den Anforderungen des deutschen Rechts auch internationale Kapitalmarktstandards zu berücksichtigen, deren Einhaltung gerade von institutionellen Investoren erwartet wird. Aus der US-Praxis bekannte Prospektabschnitte wie Risikofaktoren oder die so genannte Management’s Discussion & Analysis (so genannte „MD&A“) haben so Einzug in die deutsche Prospektpraxis gehalten (dazu Vorauflage § 24 Rz. 16 ff.) und sind seit Umsetzung der ProspRL in weitem Umfang Pflichtbestandteil von Prospekten nach dem WpPG geworden28. Der für die Prospekterstellung erforderliche Zeitaufwand hängt u.a. davon ab, inwieweit bereits bestehende Dokumente als Grundlage genutzt werden können, z.B. Prospekte von Vorläufertransaktionen oder Jahresberichte, die bei der US-amerikanischen Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde SEC eingereicht wurden. Geschäftsberichte sind dagegen weniger geeignet, da sie oft den Charakter einer rein zu Werbezwecken verfassten Imagebroschüre haben und daher – anders als ein Prospekt – vor allem die Chancen eines Unternehmens und weniger die Risiken betonen. Die Prospekterstellung kann von ca. vier Wochen für einen einfachen Börsenzulassungsprospekt bis zu vier Monaten für einen in deutscher und englischer Sprache abgefassten Wertpapierprospekt bei einem Börsengang dauern. Bei der Vorbereitung eines Angebotes und/oder einer Börsenzulassung von Wertpapieren zu berücksichtigen ist ferner der für das Propektbilligungsverfahren zu veranschlagende Zeitraum (s. Rz. 61 ff.).
II. Anforderungen an Prospekte 1. Allgemeine Anforderungen Nach § 5 Abs. 1 WpPG muss der Prospekt sämtliche Angaben enthalten, die notwendig sind, damit sich die Anleger ein zutreffendes Urteil über die wirtschaftliche Situation und die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit den angebotenen bzw. zuzulassenden Wertpapieren verbundenen Rechte bilden können. Diese sind in leicht zu analysierender und verständlicher Form darzulegen. Die Form des Prospekts muss dabei nach § 5 Abs. 1 Satz 3 WpPG dessen Verständnis und Auswertung erleichtern.
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Der Prospekt ist nach § 5 Abs. 3 WpPG mit dem Datum seiner Erstellung zu versehen sowie vom Anbieter der Wertpapiere und, wenn er Grundlage der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt ist, vom Zulassungsantragsteller zu unterzeichnen. Namen und Funktionen der Personen oder Gesellschaften, die für seinen Inhalt die Verantwortung übernehmen, sind anzugeben, bei juristischen Personen oder Gesellschaften deren Firma und Sitz. Zudem ist gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG eine Erklärung dieser Personen oder Gesellschaften aufzunehmen, dass ihres Wissens die in dem Prospekt enthaltenen Angaben richtig sind und keine wesentlichen Umstände ausgelassen wurden. Sollen Wertpapiere zum Handel im regulierten Markt zugelassen werden, so muss dies nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG vom Emittenten zusammen mit einem Kreditinstitut oder Finanz-
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28 Der Abschnitt MD&A bzw OFR freilich nur bei Prospekten für das Angebot und/oder die Zulassung von Aktien, vgl. Anh. I Ziff. 9 ProspV.
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dienstleistungsinstitut beantragt werden. In diesem Falle hat auch dieses Institut den Prospekt zu unterzeichnen, die Verantwortung für den Prospekt zu übernehmen und in dem Prospekt die Erklärung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG über die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts abzugeben (§ 5 Abs. 4 Satz 2 WpPG). Die Personen, die die Richtigkeits- und Vollständigkeitserklärung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG abgeben, gelten damit auch als Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG und unterliegen folglich der dort geregelten Prospekthaftung (s. § 33 Rz. 59)29.
2. Prospekt als ein einziges Dokument oder mehrere Einzeldokumente; Basisprospekt 13
Der Prospekt hat Angaben zum Emittenten und zu den angebotenen oder zuzulassenden Wertpapieren sowie eine Zusammenfassung30 zu enthalten, § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 WpPG. Nach § 12 Abs. 1 WpPG kann er als einziges Dokument, aber auch in mehreren Einzeldokumenten erstellt werden. In letzterem Falle enthält das Registrierungsformular die Informationen über den Emittenten, die Wertpapierbeschreibung diejenigen über die betreffenden Wertpapiere. Die Zusammenfassung nennt gem. § 5 Abs. 2 WpPG kurz und allgemein verständlich die wesentlichen Merkmale und Risiken, die auf den Emittenten, jeden Garantiegeber und die Wertpapiere zutreffen. Sie hat nach § 5 Abs. 2 Satz 3 WpPG darauf hinzuweisen, dass sie als Einführung zum Prospekt zu verstehen ist, eine Anlageentscheidung auf den gesamten Prospekt gestützt werden sollte und dass Prospekthaftungsansprüche nur in dem Fall auf die Zusammenfassung gestützt werden können, dass diese irreführend, unrichtig oder widersprüchlich ist, wenn sie zusammen mit den anderen Teilen des Prospekts gelesen wird (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 WpPG; § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG). Durch die Aufteilung in Einzeldokumente sind bei einem bereits gebilligten Registrierungsformular nach § 12 Abs. 2 WpPG nur noch Wertpapierbeschreibung und Zusammenfassung zu erstellen und zu billigen. Allerdings müssen diese dann ggf. um solche Angaben ergänzt werden, die zur Aktualisierung des Registrierungsformulars erforderlich sind, § 12 Abs. 3 Satz 1 WpPG. Da die in Vorentwürfen der ProspRL vorgesehene Pflicht, jährlich ein aktualisiertes Registrierungsformular einzureichen31, im Zuge des Konsultationsprozesses fallen gelassen wurde, bringt die Aufteilung des Prospekts in drei Bestandteile nur selten Vorteile32. Der Prospekt als einheitliches Dokument ist in der Praxis daher die Regel geblieben.
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Daneben sieht § 6 WpPG für die Emission von Nichtdividendenwertpapieren oder Derivaten im Rahmen eines Angebotsprogramms sowie für Daueremissionen durch Kreditinstitute den so genannten Basisprospekt vor. Darin können einzelne Angebotsbedingungen offen gelassen werden, die erst kurz vor Durchführung des Angebotes (ggf. sogar später) festgelegt und gem. § 6 Abs. 3 WpPG ohne gesondertes Bil29 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 30 ff. 30 Es sei denn, der Prospekt betrifft (nur) die Zulassung von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro zum Handel an einem organisierten Markt, § 5 Abs. 2 Satz 4 WpPG, dazu Kullmann/Sester, ZBB 2005, 209, 211; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1071. 31 Vgl. Crüwell, AG 2003, 243, 252; zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission: von Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24, 28, v. Ilberg/Neises, WM 2002, 635, 640. 32 Eingehend dazu Crüwell, AG 2003, 243, 247; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 505.
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ligungsverfahren veröffentlicht werden, ähnlich wie das früher bei dem so genannten unvollständigen Verkaufsprospekt nach § 10 VerkProspG a.F. der Fall war33.
3. Mindestangaben a) Allgemeines Aufgrund der Ermächtigung in Art. 7 Abs. 1 ProspRL hat die EU-Kommission im Wege des so genannten Lamfalussy-Verfahrens34 nach Art. 24 ProspRL detaillierte Durchführungsmaßnahmen in Form einer Verordnung („ProspV“) erlassen, in der u.a. die in einen Prospekt aufzunehmenden Mindestangaben geregelt sind35 und die gem. Art. 36 ProspV seit dem Ende der Umsetzungsfrist für die ProspRL am 1.7.2005 in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Prospekte nach dem WpPG haben gem. § 7 WpPG die in der ProspV beschriebenen Mindestangaben zu enthalten. Die ProspV differenziert bei den Anforderungen an Form und Inhalt der in Registrierungsformular und Wertpapierbeschreibung vorzunehmenden Angaben nach den unterschiedlichen Arten von Wertpapieren und Emittenten. Die jeweils maßgeblichen Mindestangaben werden in Anhängen zur ProspV im Einzelnen aufgeführt, die aus so genannten Schemata und Modulen mit Listen für Mindestangaben bestehen. Nach Art. 21 Abs. 2 ProspV kann jedoch ein den umfangreichsten und strengsten Anforderungen entsprechendes Registrierungsformular auch für Emissionen verwendet werden, für die eigentlich weniger strenge Vorgaben gelten; das anspruchsvollste Registrierungsformular ist dabei für Aktien vorgesehen, vgl. Art. 21 Abs. 2 Nr. 1 ProspV. Zudem sind nach Erwägungsgrund 6 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 ProspV im Hinblick auf die Vielfalt der Arten von Wertpapieren und Emittenten auch Kombinationen verschiedener Schemata und Module möglich; eine nicht-abschließende (vgl. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 ProspV) Aufzählung dieser Kombinationsmöglichkeiten findet sich in Anhang XVIII der ProspV36. Bei Wertpapiertypen, die keinem Schema oder Modul der ProspV zugeordnet werden können, ist nach Erwägungsgrund 23 ProspV der Prospektinhalt in Abstimmung mit der zuständigen Behörde auf der Grundlage der vorhandenen Vorgaben zu entwickeln. Die Vorgaben der ProspV wurden vom Committee of European Securities Regulators (CESR), dem die nationalen Wertpapieraufsichtsbehören der EU-Mitgliedstaaten angehören, präzisiert (so genannte Stufe 3 des Lamfalussy-Verfahrens). Dieses hat Empfehlungen zur einheitlichen Anwendung der Prospektvorschriften herausgegeben („CESR-Empfehlungen“)37.
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Hinsichtlich der Zusammenfassung i.S.v. § 5 Abs. 2 WpPG enthält die ProspV keinen Katalog für Mindestangaben. Einen Anhaltspunkt bietet jedoch Anhang IV zur ProspRL, der freilich nach Art. 7 Abs. 3 ProspRL jedenfalls für die Durchführungs-
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33 Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 506; ausführlich Kullmann/Sester, ZBB 2005, 209, 211 f.; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1072; Seitz, AG 2005, 678, 684 ff.; Heidelbach/Preuße, BKR 2008, 10, 13 ff. 34 Dazu von Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24, 25; Seitz, BKR 2002, 340, 341. 35 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1; Berichtigung in ABl. EU Nr. L 215 v. 16.6.2004, S. 3. 36 Ausführlich zur Systematik der ProspV Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 507 ff.; Kullmann/ Sester, ZBB 2005, 209, 213 f. 37 CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses n’ 809/2004, Ref: CESR/05–054b vom Januar 2005, im Internet abrufbar unter www.cesr-eu.org.
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maßnahmen nur „indikativ“ sein soll38. Das Ausmaß der darin aufzunehmenden Informationen steht in einem gewissen Missverhältnis zur Umfangsvorgabe in Erwägungsgrund 21 der ProspRL von maximal 2 500 Wörtern, insbesondere da auch „wesentliche Angaben zu Risikofaktoren“ erwartet werden39. Gerade diese im Hinblick auf Haftungsrisiken – ungeachtet der diesbezüglichen Privilegierung der Zusammenfassung nach § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG (dazu auch oben Rz. 13) – nicht unproblematische Anforderung wird in der Praxis häufig dadurch gelöst, dass jeder Risikofaktor eine beschreibende Überschrift erhält und diese Überschriften als „Angaben zu Risikofaktoren“ in die Zusammenfassung aufgenommen werden. Zudem toleriert die BaFin eine gewisse Überschreitung der Umfangsvorgabe, solange der Umfang der Zusammenfassung nicht mehr als 5 000 Wörter beträgt40. b) Aufbau 17
Der Aufbau des Prospekts hat den Vorgaben der Artt. 25, 26 ProspV zu folgen, wobei sich die nachfolgende Darstellung auf den im Regelfall gewählten Prospekt als ein einziges Dokument beschränkt, dessen Aufbau die in Art. 25 Abs. 1 ProspV geregelte Reihenfolge einzuhalten hat.41 So ist ein Inhaltsverzeichnis voranzustellen, gefolgt von der Zusammenfassung i.S.v. § 5 Abs. 2 WpPG. Daran schließen sich die Risikofaktoren an, gefolgt von den sonstigen Informationsbestandteilen nach Maßgabe der in den Anhängen zur ProspV enthaltenen Schemata und Module.
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Die Reihenfolge dieser sonstigen Informationsbestandteile kann gem. Art. 25 Abs. 3 ProspV frei gewählt werden. Weicht sie allerdings, wie es in der Praxis regelmäßig der Fall ist42, von jener in den Schemata und Modulen zur ProspV ab, muss der BaFin als Billigungsbehörde gem. Art. 25 Abs. 4 ProspV mit dem Prospekt eine so genannte Überkreuz-Checkliste vorgelegt werden. Darin sind in der Reihenfolge der einschlägigen Schemata und Module „synopsenartig“ für jede einzelne Mindestangabe die Seiten zu nennen, auf denen im Prospekt die diesbezüglichen Informationen zu finden sind. Dies soll die Prüfung des Prospekts durch die BaFin im Rahmen des Billigungsverfahrens erleichtern43.
4. Prospektinhalt 19
Eine umfassende und detaillierte Beschreibung sämtlicher inhaltlicher Anforderungen, die insbesondere aus den nach der ProspV geforderten Mindestangaben resultieren, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Beispielhaft ist jedoch auf einige in der Praxis bedeutsame Anforderungen einzugehen. 38 Crüwell, AG 2003, 243, 246 versteht „indikativ“ im Sinne von „hinweisend“, „empfehlend“, so dass die Anhänge nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen sein dürften. 39 Kritisch Crüwell, AG 2003, 243, 247; Weber, NZG 2004, 360, 363; Holzborn/Schwarz-Gondek, BKR 2003, 927, 932; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 505; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 85. 40 Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 502. 41 Dies bestätigend CESR: „Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members“, (Fn. 4), unter 9., im Internet abrufbar unter www.cesreu.org. 42 Ebenso Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 503; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 85 43 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Das Hinterlegungsverfahren“ vom 3.11.2005, S. 4.
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a) Finanzinformationen Einen wesentlichen Bestandteil von Wertpapierprospekten stellen die Finanzinformationen dar; der sich üblicherweise an die textlichen Darstellungen des Prospekts anschließende so genannter Finanzteil macht oft bis zu 50 % des Prospektumfangs aus. Die Anhänge zur ProspV sehen detaillierte Vorgaben für die aufzunehmenden Finanzinformationen vor. Die bei Aktienemissionen geltenden strengsten Anforderungen (vgl. Art. 21 Abs. 2 ProspV, s. oben Rz. 15) werden nachfolgend zu Grunde gelegt.
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aa) Historische Finanzinformationen Für die letzten drei Geschäftsjahre des Emittenten sind geprüfte Finanzinformationen für jedes Geschäftsjahr in den Prospekt aufzunehmen, s. Ziff. 20.1 Abs. 1 Satz 1 des Anh. I der ProspV. Diese sind grds. nach IFRS zu erstellen. Dabei knüpft die ProspV an die Verordnung (EG) 1606/2002 („IAS-VO“)44 an. Nach Art. 4 IAS-VO haben dem Recht eines EU-Mitgliedstaates unterliegende kapitalmarktorientierte Unternehmen ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre, die am 1.1.2005 oder später beginnen, nach IFRS zu erstellen45. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind nach Art. 4 IAS-VO Gesellschaften, die Wertpapiere ausgegeben haben, die zum jeweiligen Bilanzstichtag in einem EU-Mitgliedstaat zum Handel in einem geregelten Markt i.S.v. Art. 1 Abs. 13 der Richtlinie 93/22/EWG zugelassen sind (wie dem regulierten Markt in Deutschland)46. Soweit die IAS-VO auf den Emittenten nicht anwendbar ist (d.h. in Bezug auf Rechnungsperioden, in denen der Emittent – noch – kein kapitalmarktorientiertes Unternehmen war), genügt nach Ziff. 20.1 Abs. 1 Satz 2 des Anh. I der ProspV die Aufnahme von Finanzangaben nach den nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen seines Herkunftsmitgliedstaates (dazu Rz. 64). Jedoch müssen gem. Ziff. 20.1 Abs. 2 des Anh. I der ProspV die im Prospekt enthaltenen historischen Finanzinformationen zumindest für die letzten zwei Jahre in einer Form erstellt sein, die mit den für den nächsten gleichartigen Jahresabschluss anzuwendenden Rechnungslegungsgrundsätzen, Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden konsistent ist. Damit soll die Vergleichbarkeit der Finanzangaben im Prospekt mit der künftigen Regelberichterstattung ermöglicht werden. Diese Regelung hat für Emittenten, die aufgrund einer erstmaligen Emission von Wertpapiere zur Notierung an einem geregelten Markt künftig wegen der Vorgaben der IAS-VO zwingend Konzernabschlüsse nach IFRS erstellen müssen, besondere praktische Relevanz, führt sie doch dazu, dass für die letzten beiden Geschäftsjahre geprüfte Finanzangaben nach IFRS beizubringen sind47.
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Bei der Anwendung dieser Regelung ist auch der von CESR entwickelte so genannte bridge approach zu beachten, der die Vorgaben der ProspV ergänzt. Müssen nach
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44 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. EG Nr. L 243 v. 11.9.2002, S. 1. 45 Genauer: IFRS nach Maßgabe des Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 (so genannte IAS-Verordnung); die von der EU-Kommission übernommenen IAS sind auf der Internetseite der EU-Kommission – Generaldirektion Binnenmarkt – wie folgt abrufbar: http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/ias_de.htm#adopted-commission 46 Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen ABl. EG Nr. L 141 v. 11.6.1993, S. 27. 47 Zu – mittlerweile nur noch in Einzelfällen bedeutsamen – Übergangsregelungen s. Art. 35 ProspV sowie Meyer, Accounting 2/2006, 11, 12
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Maßgabe der ProspV die historischen Finanzinformationen für die beiden letzten Geschäftsjahre nach IFRS erstellt werden, reichen dagegen für das erste dargestellte Geschäftsjahr Angaben nach den zuvor angewandten nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (z.B. HGB) aus, dann sind für das mittlere Geschäftsjahr Finanzinformationen sowohl nach „alten“ (nationalen) Rechnungslegungsgrundsätzen als auch nach IFRS aufzunehmen (so genanntes Brückenjahr). Dadurch wird vermieden, dass die Vergleichbarkeit der im Prospekt dargestellten Perioden durch die während dieses Zeitraumes erfolgende Umstellung der Berichterstattung auf IFRS beeinträchtigt wird. Vielmehr kann so die Entwicklung des Emittenten während des ganzen darzustellenden Dreijahreszeitraumes Jahr für Jahr beurteilt werden. Ferner werden anhand der Darstellung des Brückenjahres nach „alten“ und „neuen“ Rechnungslegungsgrundsätzen die Auswirkungen der Umstellung auf IFRS veranschaulicht48. 23
Emittenten aus Staaten außerhalb der EU (so genannte Drittstaaten) können gem. Ziff. 20.1 Abs. 1 Satz 3 des Anh. I der ProspV Finanzinformationen nach ihren nationalen Rechnungslegungsstandards nur dann in den Prospekt aufnehmen, wenn diese Rechnungslegungsstandards den IFRS gleichwertig sind49. Art. 35 ProspV, Ende 2006 geändert durch die Verordnung 1787/2006, sieht insoweit detaillierte Übergangsregelungen vor. Insbesondere werden gem. Art. 35 Abs. 5A ProspV bis zum 31.12.2008 die Rechnungslegungsgrundsätze der USA (US-GAAP), Kanadas (Candian-GAAP) sowie Japans (Japanese-GAAP) als gleichwertig anerkannt50.
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Nach nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen erstellte geprüfte Finanzinformationen müssen alle Bestandteile enthalten, die für Abschlüsse nach IFRS vorgeschrieben sind51, im Einzelnen: Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung sowie erläuternde Anhangangaben zu den angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Bei Abschlüssen nach deutschen Rechnungslegungsgrundsätzen (so genannten HGB-Abschlüsse) müssen daher die i.d.R. fehlenden Bestandteile Eigenkapitalveränderungsrechnung und Kapitalflussrechnung neu erstellt, geprüft und mit einer gesonderten Bescheinigung versehen werden52. 48 S. dazu Meyer, Accounting 2/2006, S. 11 f. 49 Zur Feststellung der Gleichwertigkeit nationaler Rechnungslegungsstandards: CESR’s technical advice on a mechanism for determining the equivalence of generally accepted accounting principles of third countries, Ref: CESR/07–289 vom 30.5.2007, im Internet abrufbar unter www.cesr-eu.org; sowie Verordnung (EG) Nr. 1569/2007 der Kommission vom 21.12.2007 über die Einrichtung eines Mechanismus zur Festlegung der Gleichwertigkeit der von Drittstaatenemittenten angewandten Rechnungslegungsgrundsätze gemäß den Richtlinien 2003/71/EG und 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 340 v. 22.12.2007, S. 66. 50 Verordnung Nr. 1787/2006 der Kommission vom 4.12.2006 [zur Änderung der] Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EU Nr. L 337 v. 5.12.2006, S. 17; in der Neufassung des Art. 35 ProspV finden sich ergänzende Anforderungen zur Anerkennung weiterer nationaler Rechnungslegungsgrundsätze von Drittstaaten. 51 Vgl. IAS 1.8 52 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Entwicklung der Verwaltungspraxis zu Finanzinformationen im Prospekt nach WpPG“ vom 3.11.2005, S. 6; dazu IDW Prüfungshinweis: Prüfung von zusätzlichen Abschlusselementen (IDW PH 9.960.2), abgedruckt in WPg 2006, 333.
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Erstellt ein Emittent sowohl Einzel- als auch Konzernabschlüsse, so sind nach Ziff. 20.3 der ProspV zumindest die Konzernabschlüsse aufzunehmen. Bei deutschen Emittenten verlangt die BaFin jedoch zusätzlich die Aufnahme eines HGB-Einzelabschlusses für das letzte Geschäftsjahr53. Dies hängt mit der eigenständigen Bedeutung des HGB-Einzelabschlusses neben einem (IFRS-) Konzernabschluss zusammen. Dieser dient als Grundlage für die Bemessung der Gewinnausschüttung und die steuerliche Gewinnermittlung. Daher befreit nach dem BilReRefG weder die Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses nach Maßgabe der IAS-VO noch ein freiwilliger IASEinzelabschluss von dem Erfordernis der Erstellung eines HGB-Einzelabschlusses54. Freilich enthält ein solcher HGB-Einzelabschluss i.d.R. weder eine Eigenkapitalveränderungsrechnung noch eine Kapitalflussrechnung, da § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB dies nicht vorsieht. Ein IFRS-Konzernabschluss muss diese Bestandteile jedoch gem. IAS 1.8 aufweisen, so dass nach Ziff. 20.1 Abs. 4 Anh. I der ProspV der betreffende HGB-Einzelabschluss um diese Bestandteile eigentlich ergänzt werden müsste. Allerdings besteht die BaFin nicht darauf, zu dem HGB-Einzelabschluss eine Eigenkapitalveränderungsrechnung und eine Kapitalflussrechnung nachträglich erstellen und gesondert prüfen zu lassen (dazu Rz. 24), sofern diese als Teil eines für dieselbe Periode aufgenommenen (IFRS-)Konzernabschluss im Prospekt enthalten sind.
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Ein Lagebericht, dessen Erstellung zwar nicht nach IFRS, wohl aber i.S.v. § 37v Abs. 2 Nr. 2 WpHG, der Art. 4 Abs. 2 lit. b der EU-Transparenzrichtlinie („TranspRL“)55 in deutsches Recht umsetzt, als Teil des Jahresfinanzberichts vorgeschrieben ist, muss nach der ProspV nicht in den Prospekt aufgenommen werden. Jedoch empfiehlt es sich, soweit möglich, auf die Konsistenz der die abgedruckten Abschlüsse erläuternden Ausführungen im Prospekt (insbesondere im Abschnitt „Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage“, dazu s. unten Rz. 41 ff.) mit den existierenden Lageberichten, insbesondere dem letzten, zu achten.
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Für jedes Geschäftsjahr, das in historischen Finanzinformationen dargestellt wird, muss ein Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers i.S.v. § 322 HGB56 über die diesbezüglichen Finanzinformationen in den Prospekt aufgenommen werden. Nicht erforderlich ist die Aufnahme des gesamten Prüfungsberichts i.S.v. § 321 HGB57, auch wenn dies die (verunglückte) Formulierung der deutschen Sprachfassung von Ziff. 20.1 Anh. I ProspV suggeriert58. Der Bestätigungsvermerk fasst nicht nur für die geprüfte Gesellschaft als Auftraggeber, sondern auch für deren Gesellschafter,
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53 Dazu Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 503; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 88. 54 Begründung zum RegE des Gesetzes zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG), BT-Drucks 15/3419, S. 23, 46; dazu Gabriel/Ernst, Der Konzern 2004, 102, 106. 55 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 390 v. 31.12.2004, S. 38. 56 Dazu IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die ordnungsmäßiger Ersteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400), WPg 2005, 1382. 57 Dazu IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450), WPg 2003, 1127. 58 Klarstellend BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Entwicklung der Verwaltungspraxis zu Finanzinformationen im Prospekt nach WpPG“ vom 3.11.2005, S. 14; zur Unterscheidung siehe auch IDW Prüfungsstandard.
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Gläubiger und Geschäftspartner sowie die interessierte Öffentlichkeit das Ergebnis der Prüfung in einem Gesamturteil zusammen59. Dagegen dokumentiert der Prüfungsbericht, der auch den Bestätigungsvermerk enthält, darüber hinaus die wesentlichen Prüfungsfeststellungen und -ergebnisse und dient der Unterrichtung der Kontrollorgane der Gesellschaft sowie als Sorgfaltsnachweis für deren gesetzliche Vertreter60. Anders als der Bestätigungsvermerk (dazu § 325 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 HGB) ist der Prüfungsbericht nicht offenzulegen und steht Gläubigern und Gesellschaftern auch nur im Fall der Insolvenz nach näherer Maßgabe des § 321a HGB zur Einsichtnahme zur Verfügung. Zu beachten ist ferner, dass sich ein nach deutschen Prüfungsgrundsätzen erteilter Bestätigungsvermerk ungeachtet der impliziten Prüfung der in einem Jahres- bzw. Konzernabschluss enthaltenen Vergleichsangaben über Vorjahre nur auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft für das betreffende zu prüfende Geschäftsjahr bezieht. Der Umfang jener impliziten Prüfung ist daher wesentlich geringer als die Prüfung der Angaben für das zu prüfende Geschäftsjahr selbst61. Folglich verlangt die BaFin, für jedes darzustellende Geschäftsjahr einen gesonderten Bestätigungsvermerk aufzunehmen. Die aufgenommenen historischen Finanzinformationen haben im Übrigen gem. Ziff. 20.1 Abs. 5 Satz 2 des Anh. I der ProspV ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (true and fair view) zu vermitteln. 28
Die Abschlussprüfung muss nach Ziff. 20.1 Abs. 5 Satz 1 des Anh. I der ProspV unabhängig und in Übereinstimmung mit den in dem jeweiligen Mitgliedstaat anwendbaren Prüfungsstandards oder einem gleichwertigen Standard erfolgen. Eine Prüfung nach den Grundsätzen der International Federation of Accountants (IFAC), insbesondere ISA 700, die bei den nicht der Pflichtprüfung nach § 316 HGB unterliegenden Abschlüssen in Betracht kommt, dürfte dafür (mittlerweile auch nach Auffassung der BaFin) in der Regel ausreichen, zumal der betreffenden (deutschen) IDW-Standard PS 400 grds. ISA 700 entspricht62. Nach Ziff. 20.5 des Anh. I der ProspV dürfen seit dem Bilanzstichtag des letzten durch geprüfte Finanzinformationen dargestellten Geschäftsjahres nicht mehr als 15 Monate verstrichen sein, unabhängig davon, dass in diesem Fall aktuellere Zwischenfinanzinformationen in den Prospekt aufzunehmen sind (s. unten Rz. 29). Diese Frist verlängert sich allerdings auf 18 Monate, wenn ein im Prospekt enthaltener aktueller Zwischenabschluss geprüft wurde (was aber in der Praxis kaum vorkommt).
59 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die ordnungsmäßiger Ersteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400), WPg 2005, 1382, 1384 (Tz. 8); Wiedmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 322 Rz. 5; Nonnenmacher in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 55 Rz. 95. 60 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450), WPg 2003, 1127 (Tz. 1); Wiedmann in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 321 Rz. 1; Nonnenmacher in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 55 Rz. 143. 61 IDW Prüfungsstandard: Prüfung von Vergleichsangaben über Vorjahre (IDW PS 318) vom 2.7.2001, WPg 2001, 909 (Tz. 13). 62 Vgl. IDW-Prüfungsstandard: Grundsätze für die ordnungsgemäße Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400), WPg 2005, 1382, 1394 (Tz. 116); dort auch zu den Unterschieden zwischen IDW PS 400 und ISA 700.
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bb) Zwischenfinanzinformationen Hat der Emittent seit dem Stichtag seines letzten geprüften Jahresabschlusses Quartals- oder Halbjahres-Finanzinformationen veröffentlicht, sind diese gem. Ziff. 20.6.1 Satz 1 des Anh. I der ProspV in den Prospekt aufzunehmen. Wurden sie geprüft oder prüferisch durchgesehen, so ist eine entsprechende Bescheinigung abzudrucken; anderenfalls müssen die betreffenden Zwischenfinanzinformationen ausdrücklich als ungeprüft bezeichnet werden, Ziff. 20.6.1 Satz 2, 3 des Anh. I ProspV. Wurde der Prospekt mehr als neun Monate nach Ablauf des letzten Geschäftsjahres erstellt (für das nach Ziff. 20.1. Anh. I ProspV geprüfte Finanzangaben beizubringen sind), ist nach Ziff. 20.6.2 Anh. I ProspV auf jeden Fall die Aufnahme von Zwischenfinanzinformationen erforderlich, die zumindest die ersten sechs Monate des (laufenden) Geschäftsjahres darstellen. Diese Zwischenfinanzinformationen müssen nicht geprüft sein; wurde daher auf eine Prüfung verzichtet, sind sie ausdrücklich als „ungeprüft“ zu bezeichnen. Allerdings verlangt die ProspV im Fall der Ziff. 20.6.2 Anh. I ProspV inkonsequenterweise nach ihrem Wortlaut keinen Hinweis auf eine prüferische Durchsicht oder gar den Abdruck einer Bescheinigung.
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Die Praxis hat bislang für die Zwecke dieser Anforderungen solche Zwischenfinanzinformationen, die nur zu rein internen Zwecken (z.B. für die Erstellung des Comfort Letters, dazu § 28) einer Prüfung oder prüferischen Durchsicht unterzogen wurden, als ungeprüft behandelt63. Bei börsennotierten Emittenten ist in diesem Zusammenhang aber auf § 37w Abs. 5 Satz 4 WpHG hinzuweisen. Danach ist eine aufgrund einer (gesetzlich nicht vorgeschriebenen) prüferischen Durchsicht eines Halbjahresfinanzberichts erstellte Bescheinigung des Abschlussprüfers zusammen mit dem Halbjahresfinanzbericht zu veröffentlichen. Da aber § 37x Abs. 3 WpHG für den freiwillig erstellten Quartalsbericht auf diese Bestimmung gerade nicht verweist, scheint eine solche Veröffentlichungspflicht für eine insoweit erteilte Bescheinigung nicht zu gelten. In den Prospekt aufgenommene Zwischenfinanzinformationen müssen Vergleichsinformationen zum entsprechenden Zeitraum des letzten Geschäftsjahres enthalten; in Bezug auf die Bilanz reicht jedoch die Bilanz zum Ende des vorigen Geschäftsjahres. Letzteres entspricht den Vorgaben der IFRS für einen Zwischenabschluss64.
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Bei kapitalmarktorientierten Emittenten, die bereits den Zwischenberichtspflichten nach Art. 5 und 6 der TranspRL unterliegen65, haben die in den Prospekt aufzunehmenden Zwischenfinanzinformationen nach Ziff. 10.1 der CESR-Empfehlungen den insoweit geltenden Anforderungen der Transparenzrichtlinie zu genügen. Das sind bei Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland jene, die für den Halbjahresfinanzbericht nach § 37w WpHG gelten. Dieser muss gem. § 37w Abs. 2 Nr. 1 WpHG einen verkürzten Abschluss enthalten, der nach § 37w Abs. 3 Satz 1 WpHG mindes-
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63 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 252 64 IAS 34.20, von der Kommission gem. Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29.9.2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 261 v. 13.10.2003, S. 1 in das Gemeinschaftsrecht übernommen. 65 Diese wurde durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG vom 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10, in deutsches Recht umgesetzt; die Zwischenberichtspflicht ist dort in §§ 37w, 37x WpHG geregelt.
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tens eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung und einen Anhang aufzuweisen hat; jedoch gelten die für den Jahresabschluss geltenden Rechnungslegungsgrundsätze entsprechend. Das bedeutet bei konzernabschlusspflichtigen Emittenten gem. § 37y Nr. 2 WpHG, dass der als Teil des Halbjahresfinanzberichtes zu erstellende Abschluss nach den Vorgaben der IFRS zu erstellen ist66. Daher muss der Halbjahresabschluss zusätzlich zu Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang auch eine Kapitalflussrechnung und eine Eigenkapitalveränderungsrechnung enthalten (jeweils in verkürzter Form)67. Bei bisher nicht kapitalmarktorientierten Emittenten muss der Halbjahresbericht gem. Ziff. 103 CESR-Empfehlungen konsistent mit den historischen Finanzinformationen mindestens aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie ausgewählten erläuternden Anhangangaben bestehen. Strebt ein Emittent jedoch die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt an (und muss er deshalb im Hinblick auf seine künftige Pflicht, nach IFRS zu berichten, bereits historische Finanzinformationen nach IFRS in den Prospekt aufnehmen, s. oben Rz. 21) oder berichtet der Emittent ohnehin bereits nach IFRS, ist zudem eine verkürzte Kapitalflussrechnung und eine Eigenkapitalveränderungsrechnung in den Prospekt aufzunehmen, Ziff. 105 der CESR-Empfehlungen. 32
In der Emissionspraxis werden diese Vorgaben zudem dadurch überlagert, dass zur Vermarktung der Emission möglichst aktuelle und aussagekräftige Zahlenwerke benötigt werden. Diese werden vor allem von ausländischen institutionellen Investoren verlangt, wobei die international bei börsennotierten Unternehmen weit verbreitete Erstellung von Quartalsberichten68 die Erwartungen prägt. Emittenten von Aktien oder aktienvertretenden Zertifikaten, die zum Teilbereich des regulierten Marktes mit weiteren Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind, müssen ohnehin nach § 48 BörsO FWB Quartalsberichte erstellen69. Von Bedeutung ist ferner, dass Wirtschaftsprüfer regelmäßig nicht bereit sind, in einem Comfort Letter eine eigene Aussage zu ihren Erkenntnissen über die Entwicklung des Emittenten seit dem Stichtag des letzten geprüften oder prüferisch durchgesehenen Abschlusses zu treffen (sog. negative assurance), wenn dieser Zeitraum 135 Tage oder länger ist (so genannte 135-Tage-Regel, dazu § 28 Rz. 35 ff.)70. Daher werden in Prospekten, die sonst 135 oder mehr Tage nach dem Stichtag des letzten geprüften oder prüferisch durchgesehenen Abschlusses ver66 Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 550, 551. 67 IAS 34.5, s. Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29.9.2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 261 v. 13.10.2003, S. 1. 68 Vgl. das Quartalsberichtserfordernis in den USA nach Section 13(a)(1) des U.S. Securities Exchange Act von 1934 i.V.m. Rule 13a-13(a) der General Regulations zum Securities Exchange Act und General Instruction A. Ziff. 1 Satz 2 von Form 10-Q; sowie die Übersicht in Ziff. 4.3.2 der Begründung des Vorschlages der Kommission vom 26.3.2003 (2003/0045 (COD)) für eine Änderung der. Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2001/34/EG), wonach acht Mitgliedstaaten die Quartalsberichterstattung für Emittenten an geregelten Märkten zumindest teilweise vorschreiben, und zwei weitere dies aufgrund von Börsenvorschriften vorsehen; dazu auch Merkt/Göthel, RIW 2003, 23. 69 Zur Vorgängerregelung in § 63 BörsO FWB Schlitt, AG 2003, 57, 65, 68. 70 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze für die Erteilung eines Comfort Letter (IDW PS 910) vom 4.3.2004, WPg 2004, 342, 351 (Tz. 73); AICPA Professional Standards, 2003, Section AU § 634.45 ff. für Comfort Letters nach US-amerikanischem Standard SAS 72; dazu Meyer, WM 2003, 1745, 1753.
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öffentlicht würden, in aller Regel Quartals- bzw. Sechs- oder Neunmonatsberichte aufgenommen, auch wenn dies nach der ProspV eigentlich (noch) nicht erforderlich wäre. Inhaltlich orientieren sich diese Zwischenberichte typischerweise an den Anforderungen anerkannter Rechnungslegungsgrundsätze, insbesondere IAS 3471. Dieser gilt ohnehin für die Halbjahresfinanzberichte börsennotierter konzernabschlusspflichtigter Emittenten (s. oben Rz. 31) sowie für die nach § 48 BörsO FWB von den im Prime Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse notierten Emittenten zu erstellenden Quartalsberichte72. Die nach § 37x WpHG vorgesehene Zwischenmitteilung der Geschäftsführung, die hinsichtlich ihres Inhaltes wesentlich hinter einem Quartalsbericht nach IAS 34 zurückbleibt, genügt dem dagegen nicht (s. hierzu § 28 Rz. 31).73 cc) Pro-Forma-Finanzinformationen Nach Ziff. 20.2 Anh. I ProspV müssen in Prospekte für das Angebot oder die Zulassung von Aktien (grds.) Pro-Forma-Finanzinformationen aufgenommen werden, wenn eine konkrete Unternehmenstransaktion zu erheblichen Veränderungen (sog. bedeutende Brutto-Veränderung) bei für den Umfang des Geschäftsbetriebs des Emittenten maßgeblichen Kennzahlen geführt hat. Eine bedeutende Brutto-Veränderung liegt gem. Erwägungsgrund 9 bzw. Art. 4a Abs. 6 ProspV74 vor, wenn sich ein oder mehrere Abschlussposten, die den Umfang der Geschäftstätigkeit des Emittenten bestimmen, infolge der Transaktion um mehr als 25 % verändern. Als Beispiele nennt Ziff. 92 der CESR-Empfehlungen Bilanzsumme (total assets), Umsatzerlöse (revenue), Jahresergebnis (profit or loss).
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Pro-forma-Finanzinformationen müssen nach Ziff. 20.2 Abs. 3 Anh. I ProspV gemäß den Anforderungen des Anh. II ProspV erstellt werden75. Sie beschreiben, wie sich eine Transaktion auf Aktiva, Passiva und Erträge des Emittenten ausgewirkt hätte, wäre diese bereits zum Beginn des jeweiligen Berichtszeitraumes durchgeführt worden. Das kann gem. Ziff. 2 Anh. II ProspV vor allem in Form einer Bilanz, Gewinnund Verlustrechnung sowie ggf. erläuternder Anhangangaben erfolgen. Ziff. 5 Anh. II ProspV gestattet die Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen nur für bestimmte Perioden, nämlich für den laufenden Berichtszeitraum, den letzten
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71 Dazu Stürwald, BKR 2002, 1021; d’Arcy/Meyer, Der Konzern 2005, 151, 156; IAS 34 ist abgedruckt als Teil der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29.9.2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG Nr. L 261 v. 13.10.2003, S. 279 ff. 72 Dazu d’Arcy/Meyer, Der Konzern 2005, 151, 153; Nonnenmacher in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 54; insbesondere Rz. 58 ff. 73 Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 550, 552, diese soll nicht einmal zahlenmäßige Finanzangaben enthalten müssen, so Fischer-Appelt, CMLJ 2007, 133, 142 unter Verweis auf entsprechende Vorgaben der britischen Finanzmarktaufsicht FSA. 74 Art. 4a wurde im Zuge der Änderung der ProspV durch die Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission vom 27.2.2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen im Prospekt enthalten sein müssen, ABl. EU Nr. L 61 v. 28.2.2007, S. 24 in die ProspV eingefügt. 75 Zu den Einzelheiten vgl. IDW-Rechnungslegungshinweis: Erstellung von Pro-forma-Finanzinformationen (IDW RH HFA 1.004), WPg 2006, 141.
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abgeschlossenen Berichtszeitraum und/oder den letzten Zwischenberichtszeitraum, für den jeweils Finanzinformationen im Prospekt enthalten sind. Die BaFin verlangt freilich stets Pro-forma-Finanzinformationen für den letzten Zwischenberichtszeitraum, für den Zwischenfinanzinformationen im Prospekt abgedruckt sind. 35
Nach Ziff. 20.2 Anh. I ProspV ist den Pro-forma-Finanzinformationen ein in den Prospekt aufzunehmender Bericht eines Wirtschaftsprüfers76 beizufügen. Darin ist gem. Ziff. 7 Anh. II ProspV zu bestätigen, dass diese ordnungsgemäß auf der angegebenen Basis erstellt wurden und diese Basis mit den Rechnungslegungsgrundsätzen sowie den „Rechnungslegungsstrategien“ (d.h. Ausweis-, Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden) des Emittenten konsistent ist77. dd) Komplexe finanztechnische Vorgeschichte und bedeutende finanzielle Verpflichtungen
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Bereits bei den ersten Aktienemissionen nach neuem Prospektrecht im Jahre 2005 erwiesen sich die Vorgaben der ProspV für die in einen Prospekt aufzunehmenden Finanzinformationen als schwer handhabbar, wenn der Emittent unmittelbar vor Durchführung der Emission Gegenstand einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung war. So werden bei Börsengängen bisweilen existierende operative Gesellschaften in eine neu gegründete Holdinggesellschaft eingebracht, die dann Emittent der angebotenen bzw. zum Börsenhandel zuzulassenden Wertpapiere ist. Ein solcher Emittent verfügt u.U. außer seiner Eröffnungsbilanz über keine weiteren historischen Finanzinformationen; jene ist aber nicht wirklich aussagekräftig. Dem Erfordernis des § 5 Abs. 1 WpPG, wonach der Prospekt sämtliche Angaben enthalten muss, die notwendig sind, um dem Anleger ein zutreffendes Urteil über die wirtschaftliche Lage und die Zukunftsaussichten des Emittenten zu ermöglichen, kann so nicht Rechnung getragen werden. Jedoch durften die Prospektbilligungsbehörden nach der ursprünglichen Fassung des Art. 3 Abs. 2 Satz 3 ProspV nur die in den Anhängen I bis XVII genannten Informationsbestandteile für den Prospekt verlangen. Zwar konnte eine Billigungsbehörde schon nach Art. 3 Abs. 3 ProspV in seiner Ursprungsfassung zur Einhaltung der Pflichten nach Art. 5 Abs. 1 ProspRL (= § 5 Abs. 1 WpPG) auf eine Ergänzung der in den Anhängen zur ProspV enthaltenen Angaben bestehen. Jedoch sahen sich die zuständigen Behörden jedenfalls in einigen Mitgliedstaaten dennoch daran gehindert, über den Katalog der einschlägigen Anhänge der ProspV hinausgehende Informationen zu fordern, sofern eine Ermächtigungsgrundlage hierzu nicht ausdrücklich in der ProspV enthalten war, z.B. bei Finanzinformationen operativer Tochtergesellschaften des Emittenten78.
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Um den zuständigen Behörden in diesen Fällen größere Flexibilität einzuräumen, hat die EU-Kommission im Jahre 2007 eine Änderungsverordnung zur ProspV („ÄndV-
76 Zu den Inkonsistenzen des Wortlauts der ProspV s. Voraufl. § 24 Rz. 51 Fn. 1. 77 Dazu IDW-Prüfungshinweis: Prüfung von Pro-Forma-Finanzinformationen (IDW PH 9.960.1), WPg 2006, 133. 78 Vgl. Erwägungsgrund 4 der Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission vom 27. Februar 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen im Prospekt enthalten sein müssen (Fn. 74).
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ProspV“) erlassen79. Diese fügt in die ProspV einen neuen Art. 4a ein, der es den zuständigen Behörden ermöglicht, in bestimmten Fällen die Aufnahme zusätzlicher Informationen in den Prospekt zu verlangen. Zum einen betrifft dies Emittenten mit einer so genannten komplexen finanztechnischen Vorgeschichte (complex financial history). Diese liegt gem. Art. 4a Abs. 4 ProspV vor, wenn (i) die operative Geschäftstätigkeit des Emittenten zum Datum des Prospekts nicht vollständig in den historischen Finanzinformationen gem. Ziff. 20.1 Anh. I ProspV abgebildet ist, (ii) diese Ungenauigkeit die Fähigkeit des Anlegers beeinträchtigt, sich ein fundiertes Urteil über den Emittenten i.S.v. Art. 5 Abs. 1 ProspRL (entspricht § 5 Abs. 1 WpPG) zu bilden (insbesondere über seine Vermögens- Finanz- und Ertragslage) und (iii) die dazu benötigten Informationen Gegenstand von Finanzinformationen einer anderen Gesellschaft sind80. Beispiele für Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte sind eine neu gegründete Holdinggesellschaft als Emittent oder ein Emittent, der aus einer Spaltung eines anderen Unternehmens hervorgegangen ist. In diesen Fällen werden die Finanzinformationen jener anderen Gesellschaft (bzw. deren den heutigen Geschäftsbetrieb des Emittenten betreffenden Teile) als Finanzinformationen des Emittenten angesehen, so dass die zuständige Behörde gem. Art. 4a Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 ProspV n.F. die Aufnahme solcher Informationsbestandteile in den Prospekt zu verlangen hat. Zum anderen betrifft die Neuregelung Emittenten, die bedeutende finanzielle Verpflichtungen eingegangen sind, so dass bestimmte Teile der Finanzinformationen einer anderen Gesellschaft in den Prospekt aufgenommen werden müssen, um den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 ProspRL (entspricht § 5 Abs. 1 WpPG) zu genügen. Darunter sind gem. Art. 4a Abs. 5 ProspV Gesellschaften zu verstehen, die eine verbindliche Vereinbarung über eine Transaktion eingegangen sind, die nach ihrem Abschluss voraussichtlich eine bedeutende Bruttoveränderung bewirken wird (die dann gem. Ziff. 20.2 Anh. I ProspV die Aufnahme von Pro-forma-Finanzinformationen erforderlich machen würde, s. oben Rz. 33). Ebenso sind Transaktionen zu behandeln, deren Vollzug (noch) an Bedingungen geknüpft ist (wie z.B. behördliche Genehmigungen), sofern der Eintritt dieser Bedingungen als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden kann. Weitere Fälle der „bedeutenden finanziellen Verpflichtungen“ nach Art. 4a Abs. 5 ProspV sind Transaktionen, bei denen der Vollzug vom Ergebnis des Angebots von Wertpapieren abhängig ist, die Gegenstand des Prospekts sind, oder wenn bei einer geplanten Übernahme das Angebot der Wertpapiere, die Gegenstand des Prospekts sind, der Finanzierung dieser Übernahme dienen soll.
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Welche Finanzinformationen im konkreten Einzelfall zusätzlich zu den eigenen historischen Finanzinformationen des Emittenten in den Prospekt aufgenommen werden müssen, steht im Ermessen der zuständigen Behörde. In Bezug auf den Inhalt der Finanzinformationen und die anwendbaren Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze sind dabei die Anforderungen der Ziff. 20.1 Anh. I ProspV zu Grunde zu legen.
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79 Verordnung (EG) Nr. 211/2007 der Kommission vom 27.2.2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Finanzinformationen, die bei Emittenten mit komplexer finanztechnischer Vorgeschichte oder bedeutenden finanziellen Verpflichtungen im Prospekt enthalten sein müssen (Fn. 74). 80 Arnold/Lehmann, 4. Workshop der BaFin „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „‚Complex Financial History‘ und weitere Neuerungen bei den Finanzinformationen“ vom 4.9.2007, S. 8.
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Die zusätzlich aufzunehmenden Finanzinformationen können auch in Pro-forma-Finanzinformationen gemäß Anh. II ProspV bestehen. In solchen Pro-forma-Finanzinformationen werden dann die Auswirkungen einer Unternehmenstransaktion, zu der der Emittent sich verpflichtet hat, vorweggenommen und Anh. II ProspV so angewandt, als ob die Transaktion bereits vollzogen wäre. Abweichungen von diesen Vorgaben sind gem. Art. 4a Abs. 2 ProspV jedoch zulässig, wenn sie durch die Art der Wertpapiere, im Hinblick auf die sonst im Prospekt enthaltenen Informationen (insbesondere Finanzinformationen einer anderen Gesellschaft als dem Emittenten, die unverändert aufgenommen werden könnten) oder sonstige Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sind. Als Beispiele hierfür nennt Art. 4a Abs. 2 lit. c ProspV die wirtschaftliche Substanz der Transaktionen, mit denen der Emittent sein Unternehmen oder einen Teil desselben erworben oder veräußert hat, oder die Art des Unternehmens. Ferner ist die Fähigkeit des Emittenten zu berücksichtigen, sich unter zumutbarem Aufwand Finanzinformationen über eine andere Gesellschaft zu beschaffen. Können die inhaltlichen Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 ProspRL (bzw. § 5 Abs. 1 WpPG) auf unterschiedliche Weise erfüllt werden, so ist die kostengünstigste bzw. die mit dem geringsten Aufwand verbundene Alternative vorzuziehen. 40
In der Praxis wurde darüber hinaus eine weitere Fallgruppe für Situationen entwickelt, in denen die komplexe finanztechnische Vorgeschichte des Emittenten aus einer Umstrukturierung von Unternehmensbereichen bestand, die für den nach Ziff. 20.1 Anh. I ProspV in historischen Finanzinformationen dazustellenden Drei-Jahres-Zeitraumes unter derselben Beherrschung (control) standen81. In diesem Fall erschienen die zeitlichen Restriktionen bei der Verwendung von Pro-forma-Finanzinformationen als übertrieben. Anders als bei einer Unternehmenstransaktion, die zum Erwerb eines fremden Unternehmens führt, ist im Falle der Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns keine nachträgliche Anpassung der Finanzinformationen des hinzu erworbenen Unternehmensteils an die Rechnungslegungsgrundsätze und -strategien (wie z.B. Ausübung von Bilanzierungswahlrechten) des Emittenten erforderlich. Diese mussten vielmehr, gehörten die nun unter dem Dach des Emittenten verbundenen Einheiten bereits zuvor demselben Konsolidierungskreis an, schon vor der Umstrukturierung für die Zwecke der Konzernrechnungslegung einheitlich angewandt werden82. In einem solchen Fall kann die neu geschaffene Einheit durch so genannte kombinierte Finanzinformationen (combined financial statements) dargestellt werden. Ein Wirtschaftsprüfer ist dann regelmäßig auch in der Lage, aufgrund einer Prüfung zu bestätigen, dass diese Finanzangaben ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (true and fair view) der abgebildeten wirtschaftlichen Einheit darstellen. Jedenfalls wenn eine Bescheinigung dieses Inhaltes erteilt und in den Prospekt aufgenommen werden kann, gelten nach Auffassung der BaFin die zeitlichen Beschränkungen nicht, die bei Pro-forma-Finanzangaben zu beachten wären. In diesem Fall lassen sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsbetriebes des Emittenten in seiner Gestalt zum Datum des Prospekts durch kombinierte Finanzinformationen darstellen, die die letzten drei Geschäftsjahre umfassen83. 81 Zum Begriff der Beherrschung nach IAS 27.4 und deren Bedeutung für die Bestimmung des Konsolidierungskreises Nonnenmacher in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 53 Rz. 41 f. 82 Nonnenmacher in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 53 Rz. 46. 83 Dazu Meyer, Accounting 2/2006, 11, 13 anhand des Beispiels des Börsengangs der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte Holding AG.
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ee) Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage Zusätzlich zu den reinen Finanzangaben muss der Prospekt auch eine Erläuterung der Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten und ihrer Ursachen enthalten. Dabei ist auf alle im Finanzteil abgedruckten Finanzinformationen einzugehen. Dieser in der deutschen Fassung der ProspV (Ziff. 9 Anh. I ProspV) als „Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage“ bezeichnete Abschnitt wird in Anlehnung an die englische Sprachfassung auch OFR (Operating and Financial Review) genannt. Er entspricht der aus US-Prospekten bekannten MD&A (Management’s Discussion and Analysis)84. Vor Umsetzung der Prospektrichtlinie bestand nach deutschem Recht zwar grds. keine Pflicht zur Erläuterung der abzudruckenden Finanzangaben85. Das Regelwerk Neuer Markt sah jedoch ausdrücklich eine Übersicht und Erläuterung wesentlicher Kennzahlen der in den Prospekt aufgenommenen Finanzangaben vor86. Die zunehmende Platzierung von Aktien in den USA führte auch außerhalb des Neuen Marktes ab Mitte der 1990er Jahre dazu, dass bei internationalen Platzierungen deutscher Emittenten eine MD&A üblich wurde87, die bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren in den USA ohnehin erforderlich ist (dazu § 37 Rz. 50 ff.)88
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Die Darstellungen im Abschnitt OFR stellen einen wesentlichen Prospektbestandteil dar und sind daher ein Schwerpunkt der Prospekterstellung, bei dem auch der Beitrag des Abschlussprüfers des Emittenten besonders gefragt ist. Im Einzelnen enthält dieser eine detaillierte Beschreibung der Geschäfts- und Finanzlage des Emittenten sowie der insoweit eingetretenen Veränderungen und deren Ursachen in den Perioden, für die Finanzinformationen im Prospekt enthalten sind, sofern dies für das Verständnis der Geschäftstätigkeit des Emittenten insgesamt erforderlich ist, Ziff. 9.1 Anh. I ProspV. Gleiches gilt für die Entwicklung der Ertragslage, vgl. Ziff. 9.2 Anh. I der ProspV.
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Mit dem OFR verbunden sind häufig auch die in den Prospekt aufzunehmenden und zu erläuternden Angaben zur Kapitalausstattung des Emittenten. Diese werden zum einen in Ziff. 10 Anh. I ProspV gefordert, der Angaben zu Eigenkapitalausstattung, Fremdkapitalbedarf und Finanzierungsstruktur verlangt. Zum anderen sieht Ziff. 3.2 Anh. III der ProspV eine Übersicht über die Kapitalausstattung vor, die gem. Ziff. 127 der CESR-Empfehlungen aus letzten veröffentlichten Finanzinformationen abgeleitet werden soll, aber nicht älter als 90 Tage sein darf. Allerdings können bei
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84 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 252. 85 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 45, 46 BörsG Rz. 29; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 19, angedeutet in LG Frankfurt a.M. v. 17.1.2003 – 3–07 O 26/01 – „EM. TV“, ZIP 2003, 400, 406; bestätigend OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03 – „EM.TV“, AG 2004, 510, 512 = WM 2004, 1831, 1835 = ZIP 2004, 1411, 1414 f.; a.A. schon zur Rechtslage vor Umsetzung der ProspektRL wohl Assmann in Assmann/Schütze (Hrsg.), Hdb. des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. 1997, § 7 Rz. 70. 86 Regelwerk NM, Ziff. 4.1.8 Abs. 2, angelehnt an US-Regeln; vgl. d’Arcy/Leuz, DB 2000, 385, 386. 87 So auch Kopp, RIW 2002, 661; dieser auch (S. 667) zur Abgrenzung gegenüber dem Lagebericht. 88 Regulation S-K Standard Instructions for Filing Forms under the Securities Act of 1933, Securities Exchange Act of 1934, and Energy Policy and Conservation Act of 1975, Subpart 229, Item 303 – Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations.
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Überschreiten dieser Frist wesentliche Veränderungen in Form einer beschreibenden Aktualisierung dargestellt bzw. bestätigt werden, dass keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind. 44
Ferner muss der Emittent im Prospekt erklären, dass sein Geschäftskapital für die nächsten 12 Monate ausreicht bzw. wie er dies gewährleisten will. Dabei bedeutet „Geschäftskapital“ den Zugang des Emittenten zu Liquidität, um laufende Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, sei es durch ausreichende Kapitalflüsse (cash flows), sei es durch im Prospekt darzustellende Maßnahmen. Kann hierzu keine eindeutig positive Aussage getroffen werden, ist auszuführen, für welchen Zeitraum noch ausreichend Liquidität vorhanden ist, welche Mittel für die weitere Aufrechterhaltung der Liquidität noch benötigt werden, mit welchen Maßnahmen diese erlangt werden sollen, wie der Emittent deren Erfolgsaussichten einschätzt und welche Auswirkungen ein Scheitern der Maßnahmen hätte89. Dieses Working Capital Statement ist i.d.R. Teil des Abschnitts „Kapitalausstattung“ oder – ggf. mit diesem – Teil des Abschnitts OFR.
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Nach US-Vorbild sollte in dem Abschnitt OFR ferner auf Sachverhalte eingegangen werden, die sich, auch wenn sie nicht in den Abschlüssen des Emittenten darzustellen sind, auf die Finanz- und Ertragslage oder die Kapitalausstattung des Emittenten auswirken können (insbesondere so genannte off-balance sheet arrangements)90.
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Zudem sind wesentliche Ereignisse und Unsicherheiten darzustellen, aufgrund derer die abgedruckten Finanzangaben u.U. nur eingeschränkt Schlüsse auf die künftige Entwicklung zulassen91. Ansatzpunkte für solche zukunftsgerichteten Aussagen finden sich in der ProspV in Ziff. 12 des Anh. I. Danach ist neben den wichtigsten Trends der jüngeren Vergangenheit in Bezug auf Produktion, Umsatz und Bestände, Kosten und Abgabepreise seit dem Ende des letzten Geschäftsjahres (Ziff. 12.1), auch über bekannte Trends, Unsicherheiten, Nachfrage, Verpflichtungen oder Vorfälle (Ziff. 12.2) zu berichten, die voraussichtlich Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Emittenten im laufenden Geschäftsjahr haben könnten. In Anlehnung an den früheren § 29 BörsZulV ist dieser Unterabschnitt der OFR (der aber auch einen eigenen Prospektabschnitt bilden kann) oft mit „Geschäftsgang und Aussichten“ überschrieben (zur Problematik zukunftsgerichteter Aussagen s. unten Rz. 51 ff.). b) Risikofaktoren
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Sowohl im Registrierungsformular als auch in der Wertpapierbeschreibung für Aktien (wie für andere Wertpapierarten) sind Risikofaktoren in einem gesonderten Abschnitt aufzuführen, d.h. eine Liste von Risiken, die für die jeweilige Situation des Emittenten und/oder der Wertpapiere spezifisch sind und die Anlageentscheidungen erheblich beeinflussen, vgl. Art. 2 Nr. 3 sowie Anh. I Nr. 4, Anh. III Nr. 2 ProspV. Zu Gestaltung und Aufbau dieses Abschnittes lassen sich weiterhin die Vorgaben der mit Umsetzung der ProspRL außer Kraft gesetzten Going Public-Grundsätze der Deutsche Börse AG92 heranziehen (dazu Voraufl. § 24 Rz. 14). Nach deren 89 90 91 92
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Dazu im Einzelnen CESR-Empfehlungen Ziff. 107 ff. Dazu Regulation S-K (Fn. 88), Item 303 (a)(4). Regulation S-K (wie vor), Instructions to paragraph 303(a), Ziff. 3. Going Public-Grundsätze der Deutsche Börse AG i.d.F. vom 1.8.2004, dazu Schlitt/Smith/ Werlen, AG 2002, 478; Meyer, WM 2002, 1864.
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Ziff. 4.1.1 sollten nur solche Risikofaktoren genannt werden, die einen spezifischen Bezug zum Emittenten haben, um ein die Lesbarkeit beeinträchtigendes Übermaß an allgemeinen Risikohinweisen zu vermeiden93. Indes verlangt Anh. III Nr. 4 ProspV auch die Aufnahme von Risikofaktoren betreffend die Bewertung der Marktrisiken, mit denen die aufgrund des Prospekts angebotenen oder zuzulassenden Wertpapiere behaftet sind. Festzuhalten bleibt aber, dass bei der Formulierung der Risikofaktoren auf den Bezug zum Prospektgegenstand zu achten ist; Allgemeinplätze wie „Aktienkurse können steigen oder fallen“ sollten vermieden werden. Zudem empfiehlt es sich auch weiterhin, wie nach Ziff. 4.1.2 GPG vorgesehen, die Reihenfolge der Aufzählung von Risikofaktoren an dem Ausmaß ihrer möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Emittenten im Fall ihrer Realisierung zu orientieren. Dabei ist eine Kategorisierung der Risikofaktoren nach Sachbereichen (z.B. rechtliche Risiken, Geschäftsrisiken) im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit ratsam94. Da die Zusammenfassung wesentliche Angaben zu den Risikofaktoren enthalten muss, wird in der Praxis jeder Risikofaktor mit einer prägnanten Überschrift in Form eines kurzen Satzes versehen; die Zusammenfassung enthält dann in Bezug auf die Risikofaktoren eine Auflistung dieser Überschriften. c) Angaben zu Stabilisierungsmaßnahmen In Prospekten ist auf mögliche Kursstabilisierung und diese unterstützende Maßnahmen einzugehen (zur Kursstabilisierung s. § 34). Dies ergibt sich für die Kursstabilisierung selbst aus Ziff. 6.5 Anh. III der ProspV, für die unterstützenden Maßnahmen Mehrzuteilung und Greenshoe aus Ziff. 5.2.5 Anh. III der ProspV. Dazu gehört der Hinweis, dass Stabilisierung zwar möglich ist, es aber keine Gewissheit dafür gibt und sie jederzeit eingestellt werden kann. Beginn und Ende des Stabilisierungszeitraums sind anzugeben sowie die Identität des/der für die Stabilisierungsmaßnahmen Verantwortlichen (so genannte Stabilisierungsmanager), soweit bei Prospektveröffentlichung bekannt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Stabilisierung zu einem Marktpreis führen kann, der über dem sonst bestehenden Preisniveau liegt. Die Möglichkeit der Mehrzuteilung und das Bestehen einer so genannten „Greenshoe“-Option ist unter Angabe von deren Umfang und Ausübungszeitraum sowie etwaiger Bedingungen für deren Inanspruchnahme bzw. Ausübung ebenfalls darzustellen. Diese Angaben sind nicht nur prospektrechtlich erforderlich. Stabilisierungsmaßnahmen könnten potentiell als Marktmanipulation i.S.v. § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG angesehen werden; jedoch stellen sie gem. § 20a Abs. 3 Satz 1 WpHG, § 6 MaKonV95 jedenfalls dann keinen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG dar, wenn sie nach Maßgabe der EU-Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 („VO 2273/2003“)96 erfolgen97. Nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 ist zur Erlangung dieser Privilegierung 93 Bemerkungen zu Ziff. 4.1.1 der GPG; dazu Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 482; Meyer, WM 2002, 1864, 1869. 94 Dazu Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 483; Meyer, WM 2002, 1864, 1869f. 95 Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung – MaKonV) vom 1.3.2005, BGBl. I 2005, 515. 96 Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen, ABl. EG Nr. L 336 v. 23.12.2002, S. 33. 97 Meyer, AG 2004, 289, 295, Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 314.
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von dem Verbot der Marktmanipulation (so genannter safe harbour) u.a. erforderlich, bestimmte Angaben vorab angemessen bekannt zu geben. Diese Angaben entsprechen den vorgenannten, nach ProspV erforderlichen Hinweisen. Daher wird die Pflicht der vorherigen Bekanntgabe von Informationen zu möglichen Stabilisierungsmaßnahmen nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 VO 2273/2003 für solche Angebote ausgesetzt, für die die ProspV und die darin vorgesehenen Offenlegungspflichten gelten. Die Angaben zu Stabilisierungsmaßnahmen, Mehrzuteilung und Greenshoe in einem Wertpapierprospekt dienen damit auch dazu, die Anwendbarkeit des Safe Harbour der VO 2273/2003 sicherzustellen. Über die Pflichtangaben nach ProspV hinaus werden üblicherweise auch die Medien angegeben, in denen die nach Art. 9 Abs. 3, Art. 11 lit. f VO 2273/2003 bekannt zu machenden Informationen über die konkrete Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen und die Ausübung einer GreenshoeOption veröffentlicht werden. d) Angaben zur Zuteilung 49
Ziff. 5.2 Anh. III ProspV sieht detaillierte Angaben zur geplanten Verteilung der angebotenen Wertpapiere an Investoren und deren Zuteilung vor. Insbesondere sind die verschiedenen Kategorien potenzieller Investoren, denen die Wertpapiere angeboten werden, zu nennen sowie etwa für bestimmte Märkte oder Länder oder für Mitarbeiter oder Organmitglieder des Emittenten vorgesehene Tranchen der Platzierung. Gibt es Tranchen für Privatanleger oder Mitarbeiter des Emittenten, ist die bei deren Überzeichnung98 zu verwendende Zuteilungsmethode anzugeben, ebenso der für eine etwaige Privatkundentranche angestrebte Mindestbetrag einer einzelnen Zuteilung. Bei Aktienemissionen ist freilich die vorherige Aufteilung in feste Tranchen unüblich. Häufiger ist in der Praxis eine bevorrechtigte Zuteilung bestimmter Anlegergruppen, insbesondere Mitarbeiter und Organmitglieder des Emittenten sowie deren Verwandte oder Geschäftspartner (so genanntes friends and family-Programm). Eine solche vorher festgelegte Vorzugsbehandlung bei der Zuteilung muss im Prospekt dargestellt werden, insbesondere ein dafür vorgesehener Prozentsatz des Angebotsvolumens sowie die Kriterien für die Aufnahme in die bevorzugt behandelte(n) Anlegergruppe(n). Nach Art. 3 der von der Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger99 sind ohnehin vom Emittenten vor Beginn der Zeichnungsfrist für Privatanleger bereits vereinbarte Einzelheiten des Zuteilungsverfahrens zu veröffentlichen, auch wenn für diese keine feste Tranche gebildet wurde. Dies gilt insbesondere für das Zuteilungsverfahren im Fall der Über98 Im englischen Verordnungstext von Ziff. 5.2.3 c) des Anhangs III ProspV „over-subscription“, im deutschen fälschlich mit „Mehrzuteilung“ übersetzt. 99 Börsensachverständigenkommission beim Bundesministerium der Finanzen, Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger, 2000, abgedruckt bei Kümpel/ Hammen/Ekkenga, Kapitalmarktrecht, Tz. 240; sowie in ZBB 2000, 287. Diese sind eine Verhaltensempfehlung, deren Einhaltung aber die Zulassungsstellen der deutschen Wertpapierbörsen und die BaFin überwachen, vgl. Art. 16, 17 der Grundsätze. Letztere versteht sie als Konkretisierung der Pflichten nach § 31 WpHG und will ihre Einhaltung bei der Prüfung der Pflichten nach § 31 WpHG untersuchen. Vgl. Schreiben des BAWe an emissionsbegleitende Banken vom 22.1.2001, abgedruckt bei in Kümpel/Hammen/Ekkenga, Rz. 631/3, dazu Birnbaum in Kümpel/Hammen/Ekkenga, Rz. 631/1, Lieferung 2/01, unter III.f); ebenso Schuster/Rudolf in Kümpel/Hammen/Ekkenga, Tz. 240 unter „IV“.
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zeichnung der Emission. Wurde bei Prospektveröffentlichung noch kein Zuteilungsverfahren vereinbart, muss darauf hingewiesen werden. Die Angaben sind im Verkaufsangebot sowie auf der Internetseite des Emittenten zu veröffentlichen, finden sich in der Regel aber auch im Prospekt. Soweit dem Emittenten bekannt, ist zudem anzugeben, ob einige seiner Hauptaktionäre oder Organmitglieder angebotene Wertpapiere zeichnen oder ob einzelne Investoren mehr als 5 % des Angebots erwerben wollen (Ziff. 5.2.2 Anh. III ProspV). Können zugeteilte Wertpapiere zurückgefordert werden (z.B. um im Rahmen einer Bezugsrechtsemission Bezugsrechte von Aktionären zu befriedigen, so genannter claw back)100, sind nach Ziff. 5.2.3 Anh. III ProspV die Bedingungen hierfür, insbesondere der maximale Umfang einer solchen Rückforderung darzustellen. Wird bei der Zuteilung danach differenziert, über welches Finanzdienstleistungsunternehmen (z.B. eine Konsortialbank) die betreffende Order vorgelegt wurde, muss dies erwähnt werden; ebenso, wie die Zeichner über ihre Zuteilung erfahren können und ob sie vor Erhalt der Information über ihre Zuteilung bereits in den Wertpapieren handeln können. Der Prospekt muss sich außerdem zur Zulässigkeit von Mehrfachzeichnungen äußern und erläutern, wie diese behandelt werden. Die Bedingungen für das Ende des Angebotszeitraumes, insbesondere – sofern noch kein festes Ende angegeben wurde – dessen frühester möglicher Termin, sind ebenfalls anzugeben.
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e) Zukunftsgerichtete Aussagen Einen sensibler Bereich der Prospekterstellung bilden zukunftsgerichtete Aussagen, wie sie z.B. in Ausführungen zur Geschäftsentwicklung des Emittenten nach dem Stichtag des letzten Jahresabschlusses sowie Angaben über die Geschäftsaussichten des Emittenten für das laufende Geschäftsjahr zu finden sind (vgl. Ziff. 12 des Anh. I ProspV, dazu auch s. oben Rz. 46)101. Wiewohl der Gesetzgeber auch nach neuem Prospektrecht mit der Verpflichtung, zukunftsgerichtete Aussagen in einem Prospekt zu treffen, nach wie vor restriktiv umgeht102, besteht an ihnen erhebliches Interesse der Anleger, insbesondere an Prognosen über die weitere geschäftliche Entwicklung, da gerade die Zukunftsaussichten des Emittenten bei der Anlageentscheidung von zentraler Bedeutung sind103. Allerdings unterliegen auch zukunftsgerichtete Aussagen der Prospekthaftung. Sie müssen ausreichend durch Tatsachen gestützt und kaufmännisch vertretbar sein. Allgemein ist bei solchen Äußerungen Zurückhaltung geboten; auf Risiken, die ihren Eintritt in Frage stellen können, muss deutlich hingewiesen werden104. Vorschläge, durch eine Haftungsprivilegierung die Bereitschaft zu zukunftsgerichteten Aussagen zu erhöhen, wurden vom Ge100 Dazu Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 36; Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2181; im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen: Schlitt/ Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 262. 101 Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 42; Schlitt/Smith/Werlen, AG 2002, 478, 483; zu deren Form und Inhalt Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 174, 177. 102 Vgl. z.B. Veil, AG 2006, 690. 103 Vgl. Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 174 und 192 f.; Fleischer, Kapitalmarktrechtliches Teilgutachten F für den 64. Deutschen Juristentag 2002, S. F 48; Baums/Hutter in FS Ulmer, 2003, S. 779, 786; Veil, AG 2006, 690. 104 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81 – „Beton- und Monierbau“, WM 1982, 862, 865; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 45, 46 BörsG Rz. 27, 31; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 39.
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setzgeber bislang nicht aufgegriffen105. Jedoch enthalten die früheren Going Public Grundsätze der Deutsche Börse AG (dazu Voraufl. § 24 Rz. 14) in Ziff. 4.2 Vorgaben für deren Darstellung, die auch für die heutige Prospekterstellungspraxis Hilfestellung geben können. In Anlehnung an US-amerikanische Vorbilder sollten zukunftsgerichtete Aussagen klar als solche erkennbar sein. Die ihnen zu Grunde liegenden Annahmen sind anzugeben, wobei zukunftsgerichtete Aussagen nur im guten Glauben an Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Annahmen getroffen werden sollten. Soweit möglich sollten die spezifischen Faktoren angegeben werden, die zum Nichteintreffen einer zukunftsgerichteten Aussage führen könnten. Zudem wird in Prospekten üblicherweise auf die mit solchen Aussagen generell einhergehenden Prognoseunsicherheiten hingewiesen. Dabei entspricht es internationaler Praxis, dies mit einem Hinweis auf typische Formulierungen zu verbinden, die auf zukunftsgerichtete Aussagen hindeuten (so z.B. Worte „sollen“, „dürfen“, „werden“, „erwartet“, „geht davon aus“, „nimmt an“, „schätzt“, „plant“, „beabsichtigt“, „ist der Ansicht“, „nach Kenntnis“, „nach Einschätzung“). Bedauerlicherweise hat die BaFin jedoch in einigen Fällen der jüngeren Zeit – entgegen ihrer früheren Praxis und anders als viele andere Prospektbilligungsbehörden in der EU – diese Aufzählungen von Beispielen beanstandet106. 52
Für Gewinnprognosen und Gewinnschätzungen sieht das neue Prospektrecht spezifische Anforderungen vor. Als Gewinnprognose gilt nach Art. 2 Ziff. 10 ProspV die (auch implizite) Angabe einer Zahl oder Mindest- bzw. Höchstzahl für die wahrscheinliche Höhe der Gewinne bzw. Verluste im laufenden und/oder in folgenden Geschäftsjahren, oder Daten, mit denen eine solche Zahl errechnet werden kann. Unter Gewinnschätzung versteht Art. 2 Ziff. 1 ProspV eine Gewinnprognose, die sich auf ein abgelaufenes Geschäftsjahr bezieht, für das aber noch keine Ergebnisse veröffentlicht wurden. Wird in den Prospekt eine Gewinnprognose aufgenommen, sind die wichtigsten Annahmen, die der Gewinnprognose zu Grunde liegen, gem. Ziff. 13.1 Anh. I ProspV zu erläutern. Sie muss nach Ziff. 13.3 Anh. I ProspV auf einer Grundlage erstellt werden, die mit den historischen Finanzinformationen vergleichbar ist. Vor allem aber sieht Ziff. 13.2 Anh. I ProspV die Aufnahme des Berichts eines Wirtschaftsprüfers vor, in dem bescheinigt wird, dass die Prognose auf der angegebenen Grundlage ordnungsgemäß und auf einer mit den vom Emittenten angewandten Rechnungslegungsmethoden konsistenten Grundlage erstellt wurde107.
105 Fleischer, Kapitalmarktrechtliches Teilgutachten F für den 64. Deutschen Juristentag 2002, S. F 48, F 58 ff. In den USA gelten Haftungsprivilegierungen für zukunftsgerichteter Aussagen, die als solche kenntlich gemacht und mit einem Warnhinweis zu wesentlichen Faktoren für deren möglichen Nichteintritt genannt sind, Section 27A (c) und (i) des U.S. Securities Act von 1933 und Section 21E des U.S. Securities Exchange Act von 1934; dazu Siebel/Gebauer, WM 2001, 118, 119 sowie Baums/Hutter in FS Ulmer, 2003, S. 779, 787. Offenbar wurde dadurch die insoweit herrschende Zurückhaltung aber nicht aufgelöst, vgl. Kopp, RIW 2002, 661, 664; Greene/Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, § 15.03[5]. 106 Dazu Meyer, WuB I G 8.–1.06 Prospekthaftung. 107 Da die Aufnahme von Ergebnisprognosen freiwillig ist (so ausdrücklich Erwägungsgrund 8 ProspV), erscheint es unter dem Gesichtspunkt der Haftung fraglich, in welchem Umfang künftig derart konkrete Prognosen in Prospekte aufgenommen werden. Zudem ist noch unklar, ob und unter welchen Voraussetzungen Wirtschaftsprüfer bereit sind, die geforderte Bescheinigung abzugeben.
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Grds. besteht keine Verpflichtung zur Aufnahme von Gewinnprognosen; anderes kann aber gelten, wenn der Emittent in den letzten 12 Monaten vor Prospektveröffentlichung eine Gewinnprognose veröffentlicht hat. Enthält ein noch gültiger Prospekt eine Gewinnprognose, so muss sich auch ein während dessen Gültigkeit veröffentlichter neuer Prospekt dazu äußern, ob diese noch zutrifft (Ziff. 13.4 Anh. I ProspV). Erfolgte die Gewinnprognose in einer anderen Veröffentlichung als einem Prospekt, liegt es nach Ziff. 43 der CESR-Empfehlungen grds. im Ermessen des Emittenten, zu beurteilen, ob diese Aussage wesentlich für die Beurteilung der von dem Prospekt erfassten Wertpapiere und daher aufzunehmen ist. Freilich vermutet CESR108 diese Wesentlichkeit bei Prospekten für Aktienemissionen, insbesondere bei Börsengängen, so dass im Prospekt zumindest eine Aussage darüber getroffen werden muss, ob der Emittent an der Prognose festhält oder nicht. Etwas anderes soll in eindeutigen Fällen gelten, in denen weder Ereignisse eingetreten sind, die die Prognose in Frage stellen, noch solche, die ihre Richtigkeit bestätigen109. Ferner gelten allgemeine Aussagen über die Zukunftsperspektiven des Unternehmens im Zusammenhang mit Angaben über die jüngste Entwicklung der Gesellschaft (Trends) i.S.v. Ziff. 12 Anh. I ProspV (dazu Rz. 46) noch nicht als Gewinnprognosen110. Wird aber eine Gewinnprognose in den Prospekt aufgenommen, so sind nach Ziff. 13.1 Anh. I ProspV die wichtigsten Annahmen zu erläutern, auf die sich die Prognose stützt. Dabei ist klar zwischen vom Management beeinflussbaren und von ihm nicht beeinflussbaren Faktoren zu unterscheiden.
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f) Anforderungen an besondere Emittenten Nach Art. 23 Abs. 1 ProspV kann die Billigungsbehörde bei Prospekten von Emittenten, deren Tätigkeit in eine der in Anh. XIX zur ProspV genannten Kategorien fällt, über die Mindestangaben in den Modulen und Schemata der Anhänge der ProspV hinaus weitere Informationen verlangen, sowie ggf. eine Bewertung des Vermögens des Emittenten oder einen diesbezüglichen Bericht eines Sachverständigen vorschreiben. In Anh. XIX sind als solche „besondere“ Emittenten genannt: Immobiliengesellschaften, Bergbaugesellschaften, Investmentgesellschaften, in der wissenschaftlichen Forschung tätige Gesellschaften, seit weniger als drei Jahren bestehende Gesellschaften (start-up companies) sowie Schifffahrtsgesellschaften. Für diese so genannten Specialist Issuers enthalten die CESR-Empfehlungen zum einen nähere Begriffsbestimmungen der einzelnen Fallgruppen, zum anderen Hinweise auf die insoweit von den Billigungsbehörden ggf. ergänzend zu verlangenden Prospektangaben.
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Dabei haben die zusätzlichen Angaben für Immobiliengesellschaften (property companies) in der Praxis besondere Bedeutung erlangt. Dies sind Gesellschaften, deren Hauptgeschäftszweck darin besteht, Immobilien direkt oder indirekt zur Vermietung oder zur Selbstnutzung zu erschließen oder zu halten (zu REIT-Aktiengesellschaften insbesondere § 21 Rz. 89 ff.).111 Immobiliengesellschaften sollen in den Pro-
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CESR Empfehlungen, Ziff. 44. Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 504; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 89. CESR Empfehlungen, Ziff. 49. CESR Empfehlungen, Ziff. 129; Knobloch/Langenkamp, 4. Workshop der BaFin „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Der Prospekt für Immobiliengesellschaften/Property Companies“ vom 4.9.2007, S. 3 f. mit weiteren Erläuterungen; zu den Besonderheiten bei REIT-Aktiengesellschaften Langenkamp, BaFinJournal 09/07, 7 ff.
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spekt – zumindest in zusammengefasster Form – ein Bewertungsgutachten über ihr Immobilienportfolio (valuation report) eines unabhängigen Experten aufnehmen. Dabei ist das Datum der Bewertung jedes einzelnen Grundstückes anzugeben, das nicht mehr als ein Jahr vor dem Datum des Prospekts liegen darf, vorausgesetzt der Emittent versichert, dass sich seither keine wesentlichen Veränderungen ergeben haben. Das Gutachten muss alle bewertungsrelevanten Details angeben sowie eine Zusammenfassung enthalten, die den Gesamtwert auf einheitlicher Bewertungsbasis und getrennt nach im Eigentum stehenden Immobilien und jenen, an denen ein Erbbaurecht besteht, aufführt. Ferner sind etwaige Bewertungsunterschiede im Vergleich zu dem letzten Jahres- oder Konzernabschluss des Emittenten zu erläutern112.
5. Nichtaufnahme von Angaben 56
Nach § 8 Abs. 1 WpPG kann von der Angabe des Ausgabe- bzw. Emissionspreises der Wertpapiere und der Gesamtzahl der angebotenen Wertpapiere (Emissionsvolumen) abgesehen werden. Diese Angaben sind aber unverzüglich nach ihrer Festlegung in einer nach § 14 Abs. 2 WpPG für die Prospektveröffentlichung zulässigen Art und Weise zu veröffentlichen sowie am selben Tage bei der BaFin zu hinterlegen. Der Anleger kann allerdings binnen zwei Tagen nach dieser Hinterlegung vom Erwerb der angebotenen Wertpapiere zurücktreten, es sei denn der Prospekt hatte die Kriterien für die Ermittlung dieser Werte bzw. – im Falle des Angebotspreises – einen Höchstpreis genannt. Damit besteht weiterhin die in einem unsicheren Marktumfeld wie auch für moderne Preisfindungsverfahren wie dem Bookbuilding nötige Flexibilität113. Bei diesem für Börsengänge regelmäßig angewandten Verfahren enthält der Prospekt grds. eine Preisspanne, also (auch) einen Höchstpreis. Etwas anderes gilt bei dem so genannten entkoppelten Bookbuildingverfahren (decoupled bookbuilding). Dieses wurde insbesondere für Börsengänge von Gesellschaften entwickelt, bei denen die Festlegung einer Preisspanne bereits im Prospekt aufgrund von Bewertungsunsicherheiten, z.B. in Ermangelung von Vergleichsunternehmen oder bei einem volatilen Marktumfeld besonderen Unwägbarkeiten unterliegt114. Die Preisspanne wird in diesem Fall erst festgelegt, wenn erste Preisindikationen von Investoren vorliegen, die den veröffentlichten Prospekt bereits auswerten konnten. Das eigentliche Angebot, d.h. die konkrete Möglichkeit der Zeichnung der Wertpapiere erfolgt dann auf der Grundlage dieser einige Tage nach Prospektveröffentlichung bekannt gegebenen Preisspanne. Diese Bekanntgabe hat nach der Verwaltungspraxis der BaFin in Form eines Nachtrages i.S.v. § 16 WpPG zu erfolgen (dazu Rz. 71 ff.)115.
112 CESR Empfehlungen, Ziff. 130; Knobloch/Langenkamp, 4. Workshop der BaFin „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Der Prospekt für Immobiliengesellschaften/Property Companies“ vom 4.9.2007, S. 10. 113 Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 508 (Fn. 95); ausdrücklich klargestellt in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum RegE WpPG, BT-Drucks. 15/5373, S. 50. 114 Dieses Verfahren wurde erstmals beim Börsengang der Conergy AG im März 2005 angewandt, vgl. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 86; instruktiv dazu Ries in Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 2 III 2b). 115 Es fragt sich jedoch, ob nicht nach Sinn und Zweck des Gesetzes a maiore ad minus für die Angabe der Preisspanne in entsprechender Anwendung der Regelung für den nicht in den Prospekt aufgenommenen (endgültigen) Emissionspreis eine bloße Veröffentlichung nach
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Unverständlich erscheint in diesem Zusammenhang jedoch, dass die BaFin, anders als in einer Reihe von früheren Prospektbilligungsverfahren116, in jüngerer Vergangenheit bereits im Prospekt selbst die Angabe einer Indikation117 für den erwarteten Emissionserlös sowie einer maximalen Gesamtzahl(!) der angebotenen Wertpapiere verlangt118. Der Emissionserlös ergibt sich indes aus dem Produkt des Preises pro angebotenem Wertpapier und der Zahl der platzierten Aktien, kann also nur anhand von Faktoren errechnet werden, die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 WpPG gerade nicht zwingend in den Prospekt aufgenommen werden müssen. Die BaFin begründet diese Praxis damit, dass sich die Sonderregelung des § 8 Abs. 1 WpPG nicht ausdrücklich auf die von Emissionspreis und -volumen abgeleiteten Angaben wie z.B. die geschätzten Gesamtnettoerträge der Emission nach Ziff. 8.1. Anh. III ProspV erstreckt und als Ausnahmeregelung restriktiv ausgelegt werden müsse119. Diese formale Argumentation überzeugt nicht, führt sie doch dazu, dass die vom Gesetzgeber bewusst eingeräumte Flexibilität dadurch wieder eingeschränkt und damit der Sinn und Zweck der Regelung konterkariert wird. Das Verlangen nach der Angabe einer maximalen Gesamtzahl angebotener Wertpapiere dürfte sogar dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 WpPG widersprechen, der die Nichtaufnahme der Gesamtzahl der öffentlich angebotenen Wertpapiere ausdrücklich erlaubt. Allerdings kann die BaFin nach § 8 Abs. 2 WpPG gestatten, dass bestimmte Angaben, die der Prospekt eigentlich nach der ProspV zu enthalten hat, nicht aufgenommen werden müssen. Dies ist zum einen möglich, wenn die Verbreitung dieser Angaben dem öffentlichen Interesse zuwiderläuft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 WpPG). Zum anderen kann erlaubt werden, von der Veröffentlichung von Angaben abzusehen, wenn sie dem Emittenten erheblichen Schaden zufügen würde (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 WpPG), jedoch nur, wenn dadurch nicht über für die Beurteilung des Emittenten oder der Wertpapiere wesentliche Umstände getäuscht wird. Die BaFin kann weiterhin von der Aufnahme bestimmter Angaben absehen, wenn diese im konkreten Fall von untergeordneter Bedeutung und nicht geeignet sind, die Beurteilung der Finanzlage und der Entwicklungsaussichten des Emittenten zu beeinflussen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 WpPG). Sind bestimmte Pflichtangaben nach der ProspV für den Tätigkeitsbereich oder die Rechtsform des Emittenten oder die betreffenden Wertpapiere nicht angemessen, so können diese nach § 8 Abs. 3 WpPG120 ebenfalls unterbleiben, sofern der Prospekt stattdessen Angaben enthält, die als den eigentlich geforderten im Hinblick auf eine angemessene Information des Publikums gleichwertig sind.
116 117 118 119 120
maßgabe des § 8 Abs. 1 Satz 6 WpPG genügen sollte; kritisch zur Praxis der BaFin auch Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 261. Beispielhaft sei auf die Prospekte für die Börsengänge der Wacker Chemie AG vom 24.3.2006 und der Klöckner & Co. AG vom 12.6.2006 verwiesen. Diese kann aus einem grob geschätzten Maximalbetrag („bis zu“) aber auch einer weiten Spanne bestehen, die bis zu 50 % ihres oberen Endes betragen kann, so auch Zanner, Börsen-Zeitung v. 13.12.2006. Börsen-Zeitung vom 11.11.2006; s. z.B. den Prospekt zum Börsengang der Versatel AG vom 11.4.2007. Angedeutet in BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Rechtsfragen aus der Anwendungspraxis“ vom 3.11.2005, S. 8. Zur restriktiveren Haltung der neuen Richtlinie zu Ausnahmebestimmungen im Vergleich zur Vorläuferrichtlinie vgl. Crüwell, AG 2003, 243, 247.
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6. Angaben in Form eines Verweises 58
§ 11 Abs. 1 WpPG sieht vor, dass statt des Abdrucks bestimmter Angaben der bloße Verweis auf deren anderweitige Veröffentlichung genügen kann (so genannte Einbeziehung durch Verweis, incorporation by reference).121 Dies wirkt ausufernden Prospektumfängen entgegen. Voraussetzung für diese Aufnahme durch Verweisung ist, dass das betreffende Dokument bereits nach dem WpPG, nach dem BörsG oder den zur Umsetzung der ProspRL oder der EU-Transparenzrichtlinie122 in anderen EUMitgliedstaaten erlassenen Gesetzen von der zuständigen Behörde gebilligt oder bei ihr hinterlegt wurde. Art. 28 ProspV enthält eine nicht abschließende Liste solcher Informationen (Abs. 1) sowie weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verweisung. Dabei ist zu beachten, dass die BaFin eine so genannte „Kettenverweisung“ nicht zulässt, also eine Verweisung auf ein bei ihr hinterlegtes Dokument, dass seinerseits auf weitere Informationen verweist123. Dies betrifft insbesondere das jährliche Dokument nach § 10 WpPG124. Danach hat ein Emittent, dessen Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind125, mindestens einmal jährlich dem Publikum ein Dokument zur Verfügung zu stellen, das alle Informationen enthält oder auf sie verweist, die er in den vergangenen zwölf Monaten im Rahmen von Pflichtveröffentlichungen (d.h. insbesondere Ad-hoc-Mitteilungen und Finanzberichte) veröffentlicht oder dem Publikum zur Verfügung gestellt hat. Da dieses meist in einer bloßen Verweisungsliste besteht126, reicht es für die Zwecke des § 11 WpPG i.d.R. nicht aus.
7. Sprache 59
Für die Sprache, in der der Prospekt abzufassen ist, trifft Art. 19 ProspRL eine nach diversen Fallgestaltungen differenzierende Regelung. Diese ist vor allem abhängig davon, in welchen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) die Wertpapiere öffentlich angeboten werden bzw. deren Börsenzulassung beantragt wird. Seit Umsetzung der ProspRL muss der Prospekt bei grenzüberschreitenden Angeboten oder Börsenzulassungen nur noch in einer von der billigenden Behörde des Herkunftsstaates (s. unten Rz. 64) anerkannten sowie in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache (also Englisch) abgefasst werden127. Bei einem öffentlichen Angebot in anderen EWR-Staaten als dem Herkunftsstaat können nach Art. 19 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 ProspRL die dortigen Behörden nur die Übersetzung der Zusammenfassung in ihre Amtssprache(n) verlangen128. § 19 WpPG sieht 121 Ausführlich Heidelbach/Preuße, BKR 2008, 10, 11 f. 122 Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.5.2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.7.2001, S. 1. 123 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Rechtsfragen aus der Anwendungspraxis“ vom 3.11.2005, S. 10; Groß, Kapitalmarktrecht, § 11 WpPG Rz. 3. 124 Dazu Kaum/Zimmermann, BB 2005, 1466; Götze, NZG 2007, 570. 125 Ausgenommen sind nach § 10 Abs. 3 WpPG Emittenten von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro. 126 Vgl. Kaum/Zimmermann, BB 2005, 1466, 1468; Götze, NZG 2007, 570, 572. 127 Dazu Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1071. 128 Ausführlich hierzu Crüwell, AG 2003, 243, 248; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 508.
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entsprechende Regelungen für Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland bzw. solche mit anderem Herkunftsstaat vor, die in Deutschland Wertpapiere öffentlich anbieten oder zum Handel an einem organisierten Markt zulassen wollen. Dabei werden jedoch die Vorgaben der Richtlinie sehr restriktiv umgesetzt und weitgehend die deutsche Sprache vorgeschrieben. Insbesondere wird bei Aktienemissionen in Anlehnung an die Begründung des RegE des WpPG grds. unterstellt, dass der Anlegerschutz eine Abfassung des Prospekts in deutscher Sprache gebietet129. Dies erscheint zweifelhaft, da die BaFin nach § 19 Abs. 4 WpPG bei Emittenten, deren Herkunftsstaat ein anderer EWR-Staat ist130, bei einem öffentlichen Angebot in Deutschland lediglich eine deutschsprachige Zusammenfassung aber keinen vollständigen Prospekt in deutscher Sprache verlangen kann. Gleiches gilt nach § 19 Abs. 3 WpPG für Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland, wenn neben Angebot und Börsenzulassung in Deutschland auch ein öffentliches Angebot oder eine Zweitnotierung in einem anderen EWR-Staat erfolgt (auch wenn Angebot oder Zweitnotierung im Ausland für den Schutz der Anleger in Deutschland eigentlich ohne Belang sind). Grds. unzulässig ist es, in demselben Prospekt unterschiedliche Sprachen zu verwenden (so genanntes „gebrochenes Sprachenregime“). Ausnahmen lässt die BaFin für klar abgrenzbare Teile wie den Finanzteil (d.h. die in den Prospekt aufzunehmenden Finanzinformationen) oder die Anleihebedingungen zu, sofern deren verbindliche Version in einer anderen Sprache als der Rest des Prospekts abgefasst ist131.
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III. Billigung 1. Billigungsverfahren Nach § 13 Abs. 1 WpPG setzt die Veröffentlichung eines (Wertpapier-)Prospekts dessen vorherige Billigung durch die BaFin voraus. Die BaFin entscheidet über die Billigung nach einer Vollständigkeitsprüfung des Prospekts einschließlich einer Prüfung der Kohärenz und Verständlichkeit der vorgelegten Informationen. Kohärenz bedeutet dabei, dass der Prospekt keine inneren Widersprüche enthält132. Die Entscheidung über die Billigung hat nach § 13 Abs. 2 WpPG binnen zehn (bzw. bei Erstemissionen noch nicht börsennotierter Emittenten binnen 20) Werktagen zu erfolgen. 129 Vgl. auch die Begründung des RegE WpPG BR-Drucks. 85/05, S. 80 f.; dies gilt auch für ausländische Emittenten, für die Deutschland Herkunftstaat i.S.v. § 2 Nr. 13 WpPG ist, vgl. Kullmann/Sester, ZBB 2005, 209, 210. 130 Wie z.B. in Österreich (deutsch oder englisch, § 7b öKMG, öBGBl. I Nr. 78/2005 v. 28.7.2005) oder Luxembourg (luxemburgisch, französisch, deutsch oder englisch, Art. 20 Abs. 1 Satz 2 der Loi du 10 juillet 2005 relative aux prospectus pour valeurs mobilières, Mémorial – ABl. des Großherzogtum Luxemburg, Recueil de Legislation A – N° 98 vom 12.7.2005), nach deren Recht die Abfassung des Prospektes auf Englisch ausreicht, wiewohl dies keine Amtssprache in dem betreffenden Land ist, vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 19 WpPG Rz. 4. 131 Glomb-Schmidt/Gockel, 4. Workshop der BaFin „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Ausgewählte Rechtsfragen in der Aufsichtspraxis“ vom 4.9.2007, S. 16 ff.; weiterführend zur Prospektsprache Mattil/Möslein, WM 2007, 819. 132 Ponick in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 11 V 2; Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 WpPG Rz. 8.
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Bei der Fristberechnung wird gem. § 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB der Tag der Einreichung nicht mitgezählt133. Der Samstag zählt nach der Verwaltungspraxis der BaFin als Werktag134; dies gilt jedoch gem. § 31 Abs. 3 VwVfG nicht für das Ende der Frist; fiele dieses auf einen Samstag oder Sonntag, so endet die Frist stattdessen erst am nächsten Werktag. Allerdings wird die Billigung – anders als früher nach § 8a Abs. 1 Halbsatz 2 VerkProspG a.F. – durch bloßen Fristablauf nicht fingiert135. 62
Verlangt die BaFin weitere, in der ersten zur Billigung vorgelegte Prospektfassung nicht enthaltene Informationen, läuft die Billigungsfrist ab Einreichung dieser Unterlagen von neuem, § 13 Abs. 3 WpPG. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, ein in der Praxis mit der BaFin mittlerweile eingespieltes Verfahren anzuwenden. Danach sollte eine geplante Wertpapierplatzierung bzw. Zulassung, die die Billigung eines Prospekts erforderlich macht, frühestmöglich, d.h. zu Beginn der Vorbereitungen bereits bei der BaFin vorgestellt werden. Dabei sind nicht nur der Zeitplan, sondern auch der Aufbau des Prospekts, insbesondere die darin aufzunehmenden Finanzinformationen zu erläutern. Somit kann vermieden werden, dass sich die Erforderlichkeit weiterer Finanzinformationen erst im Billigungsverfahren herausstellt, was sonst ggf. den Zeitplan der geplanten Transaktion gefährden könnte. Der Zeitplan sollte für das gesamte Billigungsverfahren mehr als die gesetzliche Billigungsfrist vorsehen (i.d.R. mindestens sieben Werktage mehr)136. Unter diesen Voraussetzungen ist die BaFin regelmäßig bereit, bei dem Nachreichen von Informationen nicht zwingend die Billigungsfrist von neuem laufen zu lassen. Voraussetzung ist aber, dass sich der Prospekt bei der ersten Einreichung in einem Zustand befindet, der aus der Sicht der Prospektverantwortlichen als realistischerweise billigungsfähig angesehen werden kann und dass die von der BaFin verlangten Änderungen nicht von grundlegender Natur sind. Bei der Wiedereinreichung des Prospekts nach Erhalt von Kommentaren der BaFin aufgrund deren erster Durchsicht sind die gegenüber der ersten eingereichten Fassung des Prospekts vorgenommenen Streichungen, Ergänzungen und sonstige Änderungen in einer so genannten Vergleichsversion kenntlich zu machen137. Diese von der BaFin entwickelte Vorgehensweise ermöglicht eine bessere Planbarkeit des Billigungsverfahrens und trägt so zur Erhöhung der Transaktionssicherheit bei. Unter den vorgenannten Voraussetzungen kann ein Zeitplan für die Billigung eines Wertpapierprospekts für einen Börsengang wie folgt aussehen:138 – 13 Arbeitstage zwischen Ersteinreichung und erster Kommentierung durch die BaFin; – 9–10 Arbeitstage zwischen Wiedereinreichung eines nach Maßgabe der Kommentare überarbeiteten Prospekts und zweiter Kommentierung durch die BaFin; 133 Ebenso Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 83. 134 So schon die Praxis des BAWe, s. Bekanntmachung des BAWe zum VerkProspG v. 6.9.1999, BAnz. Nr. 177 v. 21.9.1999; S. 16180, unter VII zu § 8a VerkProspG; Ritz in Assmann/Lenz/ Ritz, VerkProspG, 2001, § 9 Rz. 4, Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 WpPG Rz. 9. 135 Begründung des RegE WpPG BR-Drucks. 85/05, S. 75. 136 Ries in Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2007, § 2 III 1d) veranschlagt insgesamt 34 Werktage. 137 Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 83. 138 S. den beispielhaften Zeitplan für die Billigung eines (Aktien-)Wertpapierprospektes für ein IPO bei Knobloch/Langenkamp, 4. Workshop der BaFin „Praxiserfahrungen mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG)“, Präsentation „Der Prospekt für Immobiliengesellschaften/Property Companies“ vom 4.9.2007, S. 14.
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– 2–5 Arbeitstage zwischen Einreichung einer letzten überarbeiteten Entwurfsfassung des Prospekts bis zum geplanten Billigungstermin. Anders als nach altem Recht, wonach gem. § 6 Abs. 1, 4 VerkProspG a.F., § 30 Abs. 4 Satz 1 BörsG a.F. die Billigung von Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekten über zum Börsenhandel zuzulassenden Wertpapieren in der Zuständigkeit der Zulassungsstelle der jeweiligen Börse lag und daher mit dem Börsenzulassungsverfahren eng verbunden war, ist nunmehr die Entscheidung über die Börsenzulassung von der Billigung völlig getrennt. Für sie ist seit 1.11.2007 die Geschäftsführung der jeweiligen Börse zuständig, § 32 Abs. 1 BörsG, dazu § 31 Rz. 40 ff.
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2. Europäischer Pass Eine, wenn nicht sogar die wesentliche Neuerung seit Umsetzung der ProspRL ist die gemeinschaftsweite Geltung gebilligter Prospekte (so genannter europäischer Pass für Emittenten). Das frühere Konzept der gegenseitigen Anerkennung der Billigung eines Prospekts wurde durch eine gem. Art. 17 Abs. 1 ProspRL (= § 17 Abs. 1 WpPG) gemeinschaftsweit gültige Billigung durch die zuständige Behörde des so genannten Herkunftsstaates des Emittenten ersetzt139. Herkunftsstaat ist nach § 2 Nr. 13 WpPG für Emittenten von Dividendenwertpapieren (d.h. vor allem Aktien, vgl. § 2 Nr. 2 WpPG) mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) derjenige EWR-Staat, in dem der Emittent seinen Sitz hat. Emittenten von Nichtdividendenwertpapieren sowie solchen mit Sitz außerhalb des EWR (so genannten Drittstaatenemittenten) stehen in Bezug auf die Bestimmung des Herkunftsstaates weitgehende Wahlrechte zu140.
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Ein öffentliches Angebot oder die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt (Art. 3 Abs. 3 ProspRL) in einem anderen EWR-Staat als dem Herkunftsstaat (Aufnahmestaat) erfordert nur noch die förmliche Unterrichtung der im Aufnahmestaat zuständigen Behörde durch die Behörde des Herkunftsstaates über die von ihr vorgenommene Billigung des Prospekts nach Art. 13 Abs. 1 ProspRL, so genannte Notifizierung nach Art. 18 ProspRL bzw. Bescheinigung der Billigung gem. § 18 WpPG. Ein eigenes Billigungsverfahren wird dann durch die für die Billigung von Prospekten zuständige Behörde des Aufnahmestaates gem. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 ProspRL nicht durchgeführt.
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Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 ProspRL, § 18 Abs. 1 Satz 1 WpPG übermittelt die Billigungsbehörde den zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten die Billigungsbescheinigung auf Antrag binnen drei Werktagen nach erfolgter Billigung; wurde die Notifizierung bereits bei Einreichung des Prospektentwurfs beantragt, innerhalb eines Werktages. Soll daher ein Angebot in mehreren Mitgliedstaaten zeitgleich beginnen, ist auch der Ablauf des Notifizierungsverfahrens tunlichst im Vorfeld mit den beteiligten Behörden abzustimmen.
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139 Herkunfts[mitglied]staat ist nach Art. 2 Abs. 1m ProspRL grds. der Sitzstaat; Wahlmöglichkeiten bestehen bei so genannten Nichtdividendenwertpapieren mit einer Mindeststückelung von 1 000 Euro und bei derivativen Wertpapieren; vgl. Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 509. 140 Dazu Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1070.
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3. Gültigkeit des Prospekts 67
Ein gebilligter Prospekt ist gem. § 9 Abs. 1 WpPG nach seiner Veröffentlichung zwölf Monate lang gültig; muss aber ggf. nach Maßgabe von § 16 WpPG durch Nachträge aktualisiert (s. unten Rz. 71) werden. Der Basisprospekt für ein Angebotsprogramm ist ebenfalls für zwölf Monate nach seiner Veröffentlichung gültig, § 9 Abs. 2 WpPG. Bei Nichtdividendenwerten i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WpPG (insbesondere Hypothekenpfandbriefe, Öffentliche Pfandbriefe oder Schiffspfandbriefe nach dem PfandbriefG) ist der Prospekt dagegen gültig, bis keines der betroffenen Wertpapiere mehr dauernd oder wiederholt ausgegeben wird141.
IV. Veröffentlichung des Prospekts 68
Nach erfolgter Billigung ist der Prospekt gem. § 14 Abs. 1 WpPG bei der BaFin zu hinterlegen und unverzüglich zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung muss spätestens einen Werktag vor Beginn des öffentlichen Angebotes erfolgen. Dies bedeutet eine Verschärfung der Vorgaben der ProspRL, da der Prospekt gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ProspRL lediglich so bald wie praktisch möglich nach der Billigung, jedenfalls rechtzeitig vor und spätestens mit Beginn des öffentlichen Angebots bzw. der Zulassung der betreffenden Wertpapiere zum Handel zu veröffentlichen ist.
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Bei der Berechnung der Tagesfrist führt die BaFin die frühere Verwaltungspraxis der Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse fort142. Danach ist unter „ein Werktag vor“ zu verstehen „am Werktag vor“ Beginn des öffentlichen Angebotes143. Letzteres wiederum liegt erst vor, wenn eine konkrete Zeichnungsmöglichkeit besteht (s. oben Rz. 4). Erfolgt die Einführung von Wertpapieren in den Börsenhandel ohne vorheriges öffentliches Angebot, ist der Prospekt – sofern dieser für die Zulassung erforderlich ist – spätestens einen Tag vor der Einführung in den Börsenhandel zu veröffentlichen. Findet vor der Einführung der Wertpapiere ein börslicher Bezugsrechtshandel statt, muss der Prospekt mindestens einen Werktag vor dessen Beginn veröffentlicht werden. Werden Aktien einer bislang noch nicht zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Gattung erstmals öffentlich angeboten (so im Fall des Börsenganges – dazu eingehend § 3), müssen nach § 14 Abs. 1 Satz 4 WpPG zwischen der Prospektveröffentlichung und dem Abschluss des Angebots mindestens sechs Werktage liegen.
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Nach § 14 Abs. 2 WpPG sind verschiedene Arten der Veröffentlichung alternativ wählbar. Dabei wird insbesondere die Veröffentlichung durch Einstellen auf der Internetseite des Emittenten in der Praxis häufig genutzt. Die Veröffentlichung ist der BaFin nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WpPG unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Ferner muss in einer Wirtschafts- oder Tageszeitung, die in dem EWR-Staat, in dem das öffentliche Angebot oder die Börsenzulassung erfolgt, weit verbreitet ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WpPG), eine so genannte Hinweisbekanntmachung gem. § 14 Abs. 3 Satz 2 WpPG veröffentlicht werden, aus der hervorgeht, wie der Prospekt veröffentlicht 141 Seitz, AG 2005, 678, 685, 688. 142 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Rechtsfragen aus der Anwendungspraxis“ vom 3.11.2005, S. 12; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 256. 143 Eingehend dazu Groß, Kapitalmarktrecht, § 14 WpPG Rz. 4; Meyer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 6 Rz. 96, jeweils m.w.N.
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wurde und wo er erhältlich ist144. Für die Hinweisbekanntmachung gelten ergänzend die Anforderungen des Art. 31 ProspV. Nach dessen Abs. 2 ist diese spätestens an dem Werktag zu veröffentlichen, der dem Tag der Prospektveröffentlichung folgt. Nähere Angaben zum Mindestinhalt der Hinweisbekanntmachung enthält Art. 31 Abs. 3 ProspV. Die Veröffentlichung der Hinweisbekanntmachung ist jedoch für den Beginn der Tagesfrist nach § 14 Abs. 1 Satz 1, 2 WpPG irrelevant; hierfür kommt es auf die Veröffentlichung des Prospekts selbst an. Somit kann der Prospekt am Tag der Billigung auf der Internetseite des Emittenten veröffentlicht werden und das Angebot bereits am Folgetag beginnen. Wird der Prospekt im Internet veröffentlicht, muss Anlegern auf Verlangen eine Papierversion kostenlos zur Verfügung gestellt werden, § 14 Abs. 5 WpPG. Erwähnt werden sollte, dass die BaFin auch für Prospekte, die von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates gebilligt und ihr lediglich „notifiziert“ wurden (s. oben Rz. 65), die Veröffentlichung einer Hinweisbekanntmachung nach § 14 Abs. 3 WpPG verlangt. Dies erscheint fragwürdig, ist doch das Erfordernis einer Hinweisbekanntmachung nach Art. 14 Abs. 3 ProspRL lediglich fakultativ145.
V. Nachtrag zum Prospekt Nach § 16 Abs. 1 WpPG ist der Prospekt bei Auftreten neuer wichtiger Umstände oder bei Feststellung wesentlicher Unrichtigkeiten durch einen Nachtrag zu aktualisieren. Keine Nachtragspflicht besteht jedoch im Falle der nachträglichen Festlegung des Ausgabe- bzw. Emissionspreises der Wertpapiere und der Gesamtzahl der angebotenen Wertpapiere, da die insoweit geltende Veröffentlichungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 5 WpPG (dazu Rz. 56) als speziellere Regelung vorgeht146. In Bezug auf die von Preis und Zahl der angebotenen Wertpapiere abhängigen Angaben wie z.B. Emissionserlös und die Angaben zu Kapitalisierung und Verschuldung mag dies bei enger Auslegung des Gesetzeswortlauts des § 8 Abs. 1 WpPG zwar nicht unmittelbar gelten, nach deren Sinn und Zweck sollte sich die erleichterte Nachveröffentlichung aber auch auf diese Informationen erstrecken, sonst würde die vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung der nachgereichten Festlegung von Preis und Zahl der angebotenen Wertpapiere weitgehend leer laufen. Kein Nachtrag ist ferner erforderlich, wenn – wie regelmäßig – die endgültige Festlegung des Preises und der Zahl der platzierten Aktien erst nach Ende des Angebotes und damit nach Ablauf der Nachtragspflicht erfolgt (s. Rz. 72). Zudem werden diese Angaben üblicherweise bei Veröffentlichung der Preisspanne (sei es in dem Prospekt selbst, sei es in einem Nachtrag) auf der Grundlage der Zahl der maximal angebotenen Aktien (die nach – allerdings nicht unumstrittener – Verwaltungspraxis der BaFin ohnehin schon im Prospekt anzugeben ist, s. oben Rz. 56) und des Mittelwertes der Preisspanne für das Angebot geschätzt. Solange sich der endgültige Platzierungspreis und die endgültige Gesamtzahl der platzierten Wertpapiere im Rahmen der zuvor 144 Ein Muster für eine Hinweisbekanntmachung ist auf der Website der BaFin www.bafin.de zu finden. 145 Ablehnend Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316, 321; ebenso zweifelnd Seitz, AG 2005, 678, 688; ebenso offenbar die EU-Kommission, vgl. CESR: Frequently asked questions regarding Prospectuses: Common positions agreed by CESR Members, (Fn. 4), unter 2. 146 Dazu Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 87.
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veröffentlichten Angaben halten, liegt daher kein „wichtiger“ neuer Umstand vor, der eine Nachtragspflicht begründen könnte. Ferner dürfte eine darüber hinausgehende geringfügige Verringerung von Preis und/oder Zahl der platzierten Wertpapiere jedenfalls dann keine Nachtragspflicht auslösen, wenn im Prospekt auf deren Möglichkeit hingewiesen wurde und die Veränderung einen bestimmten Umfang nicht überschreitet147. 72
Die Aktualisierungsverpflichtung beginnt gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 WpPG mit Billigung des Prospekts und endet mit dem Schluss des öffentlichen Angebots bzw. der Einführung oder Einbeziehung der betreffenden Wertpapiere in den Handel. Dabei ist der Zeitpunkt der Einführung nur im Falle einer Prospektpflicht rein für die Zwecke der Börsenzulassung (reiner Börsenzulassungsprospekt) relevant; im Falle der Prospektveröffentlichung (auch) wegen eines öffentlichen Angebotes ist allein dessen Schluss für das Ende der Nachtragspflicht maßgebend148. Damit erübrigt sich auch die zum alten Recht entstandene Diskussion über eine angebliche über den Schluss des Angebotes hinausgehende Aktualisierungspflicht149.
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Bevor der Nachtrag veröffentlicht werden kann, ist gem. § 16 Abs. 1 Satz 3 WpPG dessen Billigung durch die BaFin erforderlich. Diese hat binnen höchstens sieben Werktagen nach Eingang des Nachtrages bei der BaFin zu erfolgen. Dadurch kann die Durchführung eines Angebotes erheblich beeinträchtigt werden150. In der Praxis hat sich jedoch die BaFin in diesen Fällen als äußerst kooperativ erwiesen, so dass – bei gut vorbereiteten Nachträgen – eine Billigung mitunter sogar gleichtägig erfolgen kann. Es empfiehlt sich aber, die vorherige Abstimmung mit der BaFin zu suchen, sobald absehbar wird, dass ein Nachtrag erforderlich wird. Nach erfolgter Billigung ist der Nachtrag gem. § 16 Abs. 1 Satz 4 WpPG in derselben Weise wie zuvor der Prospekt zu veröffentlichen. Auch wenn sich dies nicht zwingend aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, soll auch eine – für den Lauf der Widerrufsfrist nach § 16 Abs. 3 Satz 1 WpPG (dazu s. unten Rz. 77) allerdings unbedeutende – Hinweisbekanntmachung nach § 14 Abs. 3 WpPG zu veröffentlichen sein151.
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Unterliegt der Emittent der Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, steht das Billigungserfordernis und die diesbezügliche Prüfungsfrist in gewissem Widerspruch zur Pflicht des Emittenten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG, Insiderinformationen, 147 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 261 nennen unter Verweis auf die Praxis der SEC 20 % als Obergrenze einer Über- oder Unterschreitung der Bookbuilding-Spanne (s. dort Fn. 150); Groß, Kapitalmarktrecht, § 16 WpPG Rz. 8 hält die Veränderung der Preisspanne und/oder des Emissionsvolumens nur dann für nachtragsrelevant, wenn sich daraus weitere inhaltliche Auswirkungen wie z.B. eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft ergeben; differenzierend zum alten Recht Ritz in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 11 Rz. 11 ff., die aber jedenfalls eine Erhöhung des Angebotsvolumens bei einer Aktienemission um 10 % für unbedenklich halten. 148 Dies ergibt sich aus der Begründung zum RegE WpPG (BR-Drucks. 85/05, S. 78 f.); der Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 15/5219, S. 3 f.) sowie der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks 15/5373, S. 50); ebenso Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 256, Fn. 73; Apfelbacher/ Metzner, BKR 2006, 81, 87; Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316, 320. 149 Ebenso Groß, Kapitalmarktrecht, § 16 WpPG Rz. 5; zum alten Recht s. Voraufl. § 24 Rz. 39. 150 Zu Recht kritisch Crüwell, AG 2003, 243, 251; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 510. 151 Begründung zum RegE WpPG (BR-Drucks. 85/05, S. 78; ebenso Groß, Kapitalmarktrecht, § 16 WpPG Rz. 11; kritisch Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316, 321.
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die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich zu veröffentlichen. Wiewohl die inhaltlichen Voraussetzungen für die Ad-hoc-Pflicht einerseits und der Nachtragspflicht andererseits nicht identisch geregelt sind, dürften sie sich in der Praxis nicht wesentlich unterscheiden152. Von dieser Problematik sind nicht nur alle Inlandsemittenten i.S.v. § 2 Abs. 7 WpHG betroffen, d.h. vereinfacht gesprochen alle Emittenten von in der EU (bereits) börsennotierten Wertpapieren, für die Deutschland der Herkunftsstaat ist153. Als Inlandsemittenten gelten für die Zwecke des § 15 WpHG auch solche, für deren Finanzinstrumente erst ein Antrag auf Zulassung zum Börsenhandel gestellt ist (wie z.B. im Falle eines Börsengangs), § 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG. Allerdings entschärft sich diese Problematik dadurch, dass der Zulassungsantrag nicht mehr so früh wie vor Umsetzung der Prospektrichtlinie gestellt werden muss. Damals musste dieser gleichzeitig mit der Einreichung des Prospekts im Rahmen des Billigungsverfahrens erfolgen, um die Zuständigkeit der Zulassungsstelle für die Prospektbilligung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 VerkProspG a.F. zu begründen. Jedoch war bis zur Umsetzung der MiFiD durch Inkrafttreten des FRUG zum 1.11.2007 der Zulassungsantrag spätestens am sechsten Werktag vor dem gewünschten Zulassungsdatum zu stellen, da die Zulassung nach § 50 BörsZulV a.F. erst drei Werktage nach dessen Veröffentlichung gem. § 49 BörsZulV a.F. erfolgen durfte. Seit dem 1.11.2007 muss jedoch der Zulassungsantrag nicht mehr veröffentlicht werden; die Zulassung darf nach § 50 BörsZulV frühestens an dem Handelstag nach Einreichung des Zulassungsantrags erfolgen. Für IPO-Kandidaten besteht damit nur noch eine minimale Überschneidung von Nachtrags- und Ad-hoc-Pflicht. Die Einführung der Wertpapiere in den Börsenhandel kann wiederum nach § 52 BörsZulV frühestens an dem Werktag nach Prospektveröffentlichung folgen; diese liegt bei Börsengängen schon wegen der Pflicht, den Prospekt nach § 14 Abs. 1 Satz 4 WpPG mindestens sechs Werktage vor dem Abschluss des Angebots zu veröffentlichen (s. oben Rz. 69) deutlich vor dem Zeitpunkt des Zulassungsantrages.
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Zum Verhältnis von Ad-hoc-Publizität und Nachtragspflicht stellt die Gesetzesbegründung zum WpPG klar, dass § 15 WpHG der Nachtragspflicht nach § 16 WpPG grds. vorgeht154. Das bedeutet, dass das noch laufende Billigungsverfahren keinen Grund für den Aufschub der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung darstellt155, jedenfalls sofern nicht die Voraussetzungen für eine so genannte Selbstbefreiung nach § 15 Abs. 3 WpHG vorliegen. Hinsichtlich der Nachtragspflicht nach erfolgter Ad-hoc-Mitteilung scheint die Begründung zum Regierungsentwurf des WpPG darauf hinzudeuten, dass in diesem Falle anstelle eines billigungsbedürftigen Nachtrages lediglich ein – nicht zu billigender – Hinweis auf die Ad-hoc-Mitteilung in den Prospekt aufzunehmen sei. Allerdings soll dies gerade für solche öffentliche Angebote nicht gelten, die Wertpapiere zum Gegenstand haben, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen. In diesem Fall soll ein Umstand, der nach § 15 WpHG ad hoc zu veröffentlichen ist, zugleich zur
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152 Vgl. Emittentenleitfaden der BaFin: Stand 15. Juli 2005, im Internet abrufbar unter www.bafin.de, Tz. IV.2.2.3.; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 85 f. 153 Dazu Göres, Der Konzern 2007, 15, 17; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471f. 154 BT-Drucks. 15/4999, S. 25, 36. 155 Boos/Preuße, ZfgK 2005, 523, 525; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 256; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 86; Parmentier, NZG 2007, 407, 413.
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Nachtragspflicht führen156. Daher bestehen Ad-hoc-Publizität und Nachtragspflicht nebeneinander. 77
§ 16 Abs. 3 WpPG räumt Anlegern, die vor Nachtragsveröffentlichung eine auf den Erwerb der angebotenen Wertpapiere gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, für zwei Werktage nach Veröffentlichung des Nachtrags ein Widerrufsrecht ein. Der Nachtrag muss eine hervorgehobene Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten. Fällt das Ende dieser Widerrufsfrist auf einen Zeitpunkt nach dem Ende der ursprünglichen Angebotsfrist, kann dies gerade in einem volatilen Marktumfeld den Erfolg des Angebotes mitunter erheblich in Frage stellen.
VI. Werbung 78
Das WpPG macht über die Vorschriften zum Prospekt hinaus auch konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung von Werbung für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren. Wiewohl der Stellenwert einer unmittelbaren Platzierung von Wertpapieren an Privatanleger, an die sich öffentliche Werbekampagnen richten, seit dem Einbruch der globalen Aktienmärkte infolge des Platzens der so genannten New Economy-Blase gesunken ist, sind im Vorfeld von Börsengängen weiterhin breit angelegte Werbekampagnen, insbesondere in den Printmedien zu beobachten. Nach § 15 Abs. 3 WpPG müssen Werbeanzeigen als solche klar erkennbar sein. Die darin enthaltenen Angaben dürfen weder unrichtig noch irreführend sein und dürfen zudem nicht im Widerspruch zu den Prospektangaben stehen. Alle über das öffentliche Angebot oder die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt verbreiteten Informationen müssen mit den im Prospekt enthaltenen Angaben übereinstimmen, unabhängig davon, ob sie zu Werbezwecken dienen oder nicht, § 15 Abs. 4 WpPG. In allen Werbeanzeigen ist zudem gem. § 15 Abs. 2 WpPG deutlich157 darauf hinzuweisen, dass ein Prospekt veröffentlicht wurde oder zur Veröffentlichung ansteht und wo die Anleger ihn erhalten können. Zur Vermeidung erhöhter Haftungsrisiken empfiehlt sich dies jedoch darüber hinaus für jegliche Art der Werbung im Zusammenhang mit einem Angebot von Wertpapieren158.
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Für den Fall, dass keine Prospektpflicht besteht, sieht § 15 Abs. 5 WpPG vor, dass ein Anbieter von Wertpapieren wesentliche Informationen über den Emittenten oder über ihn selbst, die sich an qualifizierte Anleger oder besondere Anlegergruppen richten, allen Anlegern mitzuteilen hat, für die das Angebot bestimmt ist. Dies betrifft insbesondere auch Informationen, die im Verlauf von Veranstaltungen betreffend das Angebot mitgeteilt werden, z.B. bei Investorengesprächen während der sog. Roadshow. Muss hingegen ein Prospekt veröffentlicht werden, sind solche Informationen darin aufzunehmen oder ist ggf. ein diesbezüglicher Nachtrag gem. § 16 Abs. 1 WpPG zu veröffentlichen. Bei Verstößen gegen diese Regelungen kann die BaFin nach näherer Maßgabe des § 15 Abs. 6 WpPG die Veröffentlichung von Werbung aussetzen oder untersagen. 156 BT-Drucks. 15/4999, S. 25, 36; kritisch hierzu Groß, Kapitalmarktrecht, § 16 WpPG Rz. 19 Fn. 24. 157 BaFin, Workshop: 100 Tage WpPG, Präsentation „Rechtsfragen aus der Anwendungspraxis“ vom 3.11.2005, S. 16, im Internet abrufbar unter www.bafin.de. 158 Meyer, WM 2003, 1301, 1304 ff.
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VII. Prospekte bei internationalen Wertpapieremissionen 1. So genannter Internationaler Prospekt und US-Prospekt Bei internationalen Wertpapieremissionen wird neben dem Prospekt in deutscher Sprache ein englischsprachiges Angebotsdokument erstellt, auch wenn außerhalb Deutschlands regelmäßig kein öffentliches Angebot und keine Börsennotierung erfolgt und daher insoweit i.d.R. keine Prospektpflicht besteht. Dieses Dokument, das so genannte Offering Circular, dient der Information ausländischer Investoren. Da außerhalb Deutschlands meist nur institutionelle Investoren angesprochen werden, ist die Abfassung in englischer Sprache erforderlich, aber auch ausreichend. Erfolgt auch ein Angebot in den USA, wird das Offering Circular um spezifische, für US-Investoren bedeutsame bzw. von diesen erwartete Angaben ergänzt159. Dies geschieht oft durch zusätzliche Umschlagseiten, den so genannten US-Wrap(around). Deutschsprachiger Prospekt und englischsprachiges Offering Circular sollten – mit Ausnahme der US-spezifischen Angaben – inhaltlich identisch sein. Anderenfalls könnte der Verdacht der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines der beiden Dokumente entstehen160. Deshalb prägen US-amerikanische Standards mittlerweile auch den Aufbau der deutschsprachigen Prospekte.
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2. So genannter Red Herring Zu Beginn eines Angebots an US-Investoren wird diesen ein Preliminary Offering Circular übermittelt, dessen vorläufiger Charakter durch einen roten Aufdruck auf dem Deckblatt hervorgehoben wird (so genannter red herring, vgl. § 37 Rz. 35)161. Dies hat traditionell seinen Grund darin, dass bei öffentlichen Angeboten in den USA die Verteilung des Red Herring üblicherweise schon vor Abschluss der Kommentierung durch die SEC erfolgt, die noch ausstehenden Kommentare aber noch Änderungen des Red Herring erforderlich machen können. Die Anlageentscheidung des Investors galt aber als aufgrund des endgültigen Prospekts getroffen, der dann Grundlage von Prospekthaftungsansprüchen nach Section 11 des U.S. Securities Act von 1933 sein kann162. Im Zuge der Securities Offering Reform im Jahre 2005 hat sich dieses Verständnis freilich leicht gewandelt. Nunmehr können Informationen, die ein Investor nach dem Zeitpunkt des Erwerbs von Wertpapieren (time of sale) erhält, nicht mehr zur Vermeidung von Prospekthaftung berücksichtigt werden. Deshalb wird jetzt auch in der US-amerikanischen Praxis anerkannt, dass der Red Herring zum Zeitpunkt des Erwerbs, d.h. spätestens bei Zuteilung, seinen vorläufigen Charakter verliert und zum Haftungsdokument wird163. Allerdings wird of-
159 So: Hinweis auf Übertragungsbeschränkungen nach dem US-Wertpapierrecht, Informationen über Wechselkursentwicklungen, Hinweise zur Besteuerung und zur Durchsetzbarkeit von Ansprüchen der Investoren in den USA, Verfügbarkeit von Informationen über die Gesellschaft, Angebotsstruktur. Der früher übliche Abschnitt zu wesentlichen Unterschieden zwischen US-GAAP und IFRS wird jedenfalls bei Privatplatzierungen in den USA nach Rule 144A kaum noch für erforderlich erachtet (dazu § 28 Rz. 48). 160 Vgl. Kopp, RIW 2002, 661. 161 Greene/Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, § 2.04[1](a). 162 Vgl. dazu die Nachweise zu § 24 Rz. 41 der Voraufl. 163 Greene/Rosen/Silverman/Braverman/Sperber, § 2A. 05[2].
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fenbar an dem Verständnis, dass er vor diesem Zeitpunkt nur vorläufiger Natur ist, noch festgehalten164. 82
Dagegen ist ein Prospekt nach dem WpPG, auch wenn er unter Inanspruchnahme der Erleichterungen nach § 8 Abs. 1 WpPG auf Angaben zum (endgültigen) Platzierungspreis und die Gesamtzahl der öffentlich angebotenen Wertpapiere verzichtet, vor seiner Veröffentlichung nach § 13 Abs. 1 WpPG zu billigen. Die Investoren treffen ihre Anlageentscheidung auf der Grundlage dieses Prospekts, so dass er für die im Rahmen einer Emission erwerbenden Investoren das maßgebliche Haftungsdokument darstellt und daher auch Grundlage für die Haftung nach §§ 13 VerkProspG, 44 BörsG sein kann165.
164 Kritisch dazu Bauman, IFLR 2/2005, 23. 165 Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rz. 5; so schon zum alten Recht Groß, AG 1999, 199, 205; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 45, 46 BörsG n.F. Rz. 20; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.359.
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§ 31 Börsenzulassungsverfahren Christoph Trapp I. Einleitung 1. Bedeutung des Zulassungsverfahrens für die effiziente Kapitalallokation . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Anlegerschutz . . . . . . 3. Begriffsbestimmung . . . . . . . . 4. Jüngere Rechtsentwicklung . . . . 5. Regulierter Markt als einziges gesetzliches Marktsegment . . . .
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II. Zulassung 1. Zulassungspflicht . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Produktspezifische Zulassungsvoraussetzungen a) Aktien . . . . . . . . . . . . . . . aa) Emittentenbezogene Voraussetzungen . . . . . . . bb) Wertpapierbezogene Voraussetzungen . . . . . . . . . . . b) Schuldverschreibungen . . . . . c) Zulassung sonstiger Wertpapiere – insbesondere mit Umtausch- oder Bezugsrecht . . . . 4. Börsenspezifische Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . a) General und Prime Standard – Die Teilsegmente der FWB . . . b) Regionalbörsen – insbesondere das Segment M:access der Börse München . . . . . . . . . . . . . .
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5. Zulassung, Handelssegmente und Indizes a) Handelssegmente . . . . . . . . . b) Indizes . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulassungsverfahren 1. Zuständige Behörde und Antragsverfahren a) Geschäftsführung der Börse . . . b) Zulassungsantrag . . . . . . . . . c) Prüfungsverfahren . . . . . . . . 2. Rechtsstellung der Beteiligten im Zulassungsverfahren . . . . . . . . . 3. Mehrfachzulassung und grenzüberschreitende Zulassung a) Mehrfachzulassung im Inland . b) Grenzüberschreitende Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zulassungsgebühren . . . . . . . . . a) Gebührenstruktur der FWB . . . b) Preispolitik als Wettbewerbsparameter . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufnahme der Notierung – Einbeziehung 1. Aufnahme der Notierung (Einführung) . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung in den regulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Freiverkehr 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung in den Freiverkehr . . 3. Der Entry Standard der FWB . . . .
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40 41 46 49
51 53 54 55 56
57 60 62 63 67
Schrifttum: Apfelbacher/Metzner, Das Wertpapierprospektgesetz in der Praxis – Eine erste Bestandsaufnahme, BKR 2006, 81; Beck, Die Reform des Börsenrechts im 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BKR 2002, 699; Burger/Ulbrich, Die neue Architektur der Frankfurter Wertpapierbörse, Sparkasse 2003, 152; Fleischer, Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln?, Gutachten F zum 64. Deutschen Juristentag 2002, F 39; Franke in Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl. 2004, S. 292; Gebhardt, Prime und General Standard: Die Neusegmentierung des Aktienmarktes an der Frankfurter Wertpapierbörse, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2; Harrer/Müller, Die Renaissance des Freiverkehrs – Eine aktuelle Analyse mit internationalem Vergleich, WM 2006, 653; Hammen, Börsenreform und Verfassungsrecht – Rechtsnatur der Börsenbedingungen und Zuständigkeit für die Einführung von Aktien zum Börsenhandel in den Teilbereichen, WM 2007, 1297; Schlitt, Die neuen Marktsegmente der Frankfurter Wertpapierbörse, AG 2003, 57; Schlitt/Schäfer, Der neue Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse, AG 2006, 147; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen der Umsetzung
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der Transparenzrichtlinie und der Finanzmarktrichtlinie auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227; Schlitt/Singhof/Schäfer, Aktuelle Rechtsfragen und neue Entwicklungen im Zusammenhang mit Börsengängen, BKR 2005, 251; Schmidt, Wertpapierbörsen, 1988; Schwichtenberg, Downgrading oder Delisting? Der Wechsel vom regulierten Markt in das Segment M:access der Börse München, AG 2005, 911; Steuer in Ekkenga/Hadding/Hammen (Hrsg.), Förderung des Finanzplatzes Deutschland durch den Gesetzgeber, Bankrecht und Kapitalmarktrecht in der Entwicklung, FS Kümpel, 2003, S. 519; Zietsch/Holzborn, Zulassungsfolgepflichten börsennotierter Unternehmen, WM 2002, 2356.
I. Einleitung 1. Bedeutung des Zulassungsverfahrens für die effiziente Kapitalallokation 1
Effiziente Börsenzulassungsverfahren sind eine wichtige und unverzichtbare Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit hochentwickelter Kapitalmärkte. Insbesondere ihre Wirkung als informationserzwingende Markteintrittsschranke für Emittenten und ihre daraus erwachsende Bedeutung für Marktintegrität, Markttransparenz und für den Anlegerschutz machen sie zu einem wesentlichen Baustein eines Finanzplatzes. Die diesbezügliche Gesetzgebung auf EU-Ebene, die detaillierten Vorgaben des inländischen Gesetzgebers im BörsG, WpPG und der BörsZulV sowie die darüber hinaus bestehenden börsenindividuellen Zulassungsbestimmungen belegen die hohe kapitalmarktpolitische und volkswirtschaftliche Relevanz dieser Verfahren.
2
Die Allokationsfunktion eines vollkommenen Kapitalmarktes lenkt das Geld zu jenen Verwendern, welche den Kapitalgebern die attraktivste Rendite bieten. Dies sind – wird der Staat als Kapitalnachfrager außer Acht gelassen – die Unternehmen, welche das am Kapitalmarkt beschaffte Geld am produktivsten einsetzen. Dieser Marktmechanismus fördert das gesamtwirtschaftliche Wachstum und damit den volkswirtschaftlichen Wohlstand einer Nation; er funktioniert umso besser, je höher die Markttransparenz und damit die Markteffizienz ist1. Das Börsenzulassungsverfahren leistet im Zusammenwirken mit den Regelungen über die Billigung und Veröffentlichung von Wertpapierprospekten im WpPG einen wichtigen Beitrag zu dieser Transparenz. Diese Regelungen gewährleisten, dass nur solche Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen werden, über die sich der Anleger vorab in einem förmlich gebilligten und veröffentlichten Prospekt informieren konnte, mindern so die Informationsasymmetrie zwischen Kapitalnachfrager und -anbieter und reduzieren die Gefahr von Fehlinvestitionen. Die Informations- und Publikationspflichten des Kapitalanbieters sollen sicherstellen, dass sich der interessierte Anleger vor seiner Investitionsentscheidung ein möglichst umfassendes und zutreffendes Bild von dem angebotenen Wertpapier und seinem Emittenten machen kann. Dabei soll ihm auch Einblick in Bonität, Leistungsfähigkeit sowie Ertragschancen und -risiken des anbietenden Unternehmens gewährt werden2.
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Der Transparenzeffekt der verschiedenen Regelungen, die durch das TUG3 insbesondere in das WpHG eingefügt worden sind, und der Bestimmungen des WpPG und zur 1 Vgl. Franke in Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 292 ff. 2 Vgl. Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 2. 3 BGBl. I 2007, 10 (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG).
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§ 31
Börsenzulassungsverfahren
Börsenzulassung senkt die Informations- und Entscheidungskosten des Anlegers. Dieser Transparenzeffekt ist damit eine der zentralen Leistungen des börslichen Wertpapiermarktes4. Dem längerfristigen Trend folgend wird die volkswirtschaftliche Bedeutung der Börse und damit die Wichtigkeit ihrer effizienten Funktionsfähigkeit in den nächsten Jahren weiter wachsen. Mittel- und langfristig muss – ungeachtet temporärer Markt- und Kursentwicklungen – tendenziell mit einer Zunahme des anlagesuchenden Kapitals gerechnet werden. Vor dem Hintergrund fundamentaler Veränderungen wie z.B. der stärkeren Orientierung hin zur kapitalmarktfinanzierten Altersvorsorge oder dem kumulierten Anlagevermögen künftiger Erbengenerationen zeichnet sich ein steigender Bedarf an Investitionsmöglichkeiten für private und institutionelle Anleger ab5.
2. Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Anlegerschutz Die Ausgestaltung und Durchführung des Börsenzulassungsverfahrens ist durch die Gratwanderung zwischen einem bestmöglichen Anlegerschutz für die Investoren einerseits und einem Höchstmaß an Flexibilität für die kapitalsuchenden Emittenten andererseits gekennzeichnet. Die Verfahren sind umso effizienter, je besser es gelingt, unter Beachtung dieser Prämissen, die Kapitalbedürfnisse der Angebots- und Nachfrageseite in Einklang zu bringen. Die Anzahl der an einer Börse generierten Transaktionen kann daher auch als ein Maß für ihre Effizienz gewertet werden.
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Ungeachtet des gemeinsamen Wunsches nach einer Kapitaltransaktion bestehen mithin im Verfahren von Prospektbilligung und Börsenzulassung gegenläufige Interessen der Marktteilnehmer. Während der Anleger möglichst umfassend, zutreffend und zeitnah über das angebotene Wertpapier und das emittierende Unternehmen informiert werden möchte, verursacht der hierfür erforderliche Aufwand beim Emittenten Kosten, die den finanziellen Nutzen seiner Emission reduzieren. Darüber hinaus führen die Billigungs- und Zulassungsverfahren zu einer zeitlichen Verzögerung zwischen dem Emissionswunsch und seiner tatsächlichen Umsetzung, ein Aspekt, der angesichts steigender Marktdynamik zunehmend an Bedeutung gewinnt. Je liberaler die Billigungs- und Zulassungskriterien ausgestaltet und angewandt werden, desto einfacher, kostengünstiger und marktnäher ist die Kapitalbeschaffung für den Emittenten. Je restriktiver diese Modalitäten sind, d.h. je höher die Anforderungen an kapitalsuchende Emittenten und je umfassender die Kontrollund Prüfungsmechanismen, desto mehr steht der Anlegerschutz im Vordergrund. Derjenige Finanzplatz, der insoweit die beste Balance findet, verfügt über einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die für die Prospektbilligung und Börsenzulassung verantwortlichen Stellen müssen daher durch ein sorgfältiges Austarieren der Regularien und deren Anwendung ein Umfeld erzeugen, das den Bedürfnissen beider Seiten Rechnung trägt. Das unbestrittene Schutzbedürfnis insbesondere der privaten Investoren darf nicht dazu führen, durch zu strikte Regularien den Kapitalmarktzugang für Emittenten derart zu erschweren, dass die Funktionsfähigkeit des Finanzplatzes darunter leidet und seine Attraktivität gegenüber anderen Plätzen schwindet6. Umgekehrt muss dem Emittenten mit Blick auf seine langfristigen Fi-
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4 Vgl. Schmidt, Wertpapierbörsen, S. 5 ff. 5 Fleischer, Gutachten F zum 64. Deutschen Juristentag 2002, F 39. 6 Vgl. Steuer in Ekkenga/Hadding/Hammen (Hrsg.), Bankrecht und Kapitalmarktrecht in der Entwicklung, FS Kümpel, 2003, S. 519, 541.
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nanzierungsmöglichkeiten bewusst sein, dass er nur durch umfassende und ehrliche Information das Vertrauen der Anleger gewinnen und dauerhaft bewahren kann.
3. Begriffsbestimmung 6
Der Begriff Börsenzulassung wird hier im rechtstechnischen Sinn als die öffentlichrechtliche Erlaubnis verstanden, die Börseneinrichtungen für den Handel in den betreffenden Wertpapieren zu nutzen7. Davon sind andere, in diesem Zusammenhang verwendete Begriffe zu unterscheiden. Der Begriff Börseneinführung ist legal definiert und bedeutet die Aufnahme der Notierung eines zugelassenen Wertpapiers im regulierten Markt (§ 38 BörsG). Voraussetzung für den Handel von Wertpapieren im Freiverkehr ist deren Einbeziehung (§ 48 BörsG, § 11 Abs. 1 AGB Fv FWB8), der kein öffentlich-rechtliches Zulassungsverfahren voraus geht. Eine Emission von Wertpapieren ist die Ausgabe oder die Begebung von Wertpapieren, z.B. die Schaffung von Aktien durch eine Aktiengesellschaft nach den Vorschriften des AktG oder die Ausgabe von Schuldverschreibungen. Emission kann auch die Platzierung von Wertpapieren bei Anlegern bedeuten. Mit einer Platzierung von Wertpapieren bei Investoren kann eine Börsenzulassung verbunden sein, sie muss es aber nicht, wenn die Papiere privat platziert werden9. Ein Segmentwechsel ist der Wechsel zwischen den beiden Marktsegmenten, also entweder vom Freiverkehr in den regulierten Markt oder umgekehrt. Der Wechsel vom Freiverkehr in den regulierten Markt ist nur nach einem Börsenzulassungsverfahren nach den §§ 32 ff. BörsG möglich, der Wechsel aus dem regulierten Markt in den Freiverkehr bringt Fragen des Delisting mit sich10. Als Segmentwechsel wird auch der Wechsel vom General in den Prime Standard oder umgekehrt bezeichnet.
4. Jüngere Rechtsentwicklung 7
Das Zulassungsverfahren ist durch zahlreiche, insbesondere europarechtlich vorgegebene Gesetzgebungsverfahren in den vergangenen Jahren wiederholt umgestaltet worden. Die Regelungen über die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel in §§ 32 ff. BörsG in der seit dem 1.11.2007 geltenden Fassung beruhen auf dem Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG)11. Die bemerkenswerteste Änderung im Recht der Börsenzulassung durch das FRUG ist die Zusammenfassung der beiden bisherigen gesetzlich geregelten Marktsegmente, des amtlichen und des geregelten Marktes, zum regulierten Markt. Der regulierte Markt ist in den §§ 32 ff. BörsG geregelt, die im Wesentlichen den §§ 30 ff. BörsG a.F. in der Fassung des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes12 entsprechen. Der Sache nach unverändert hat 7 Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 5; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 30 BörsG Rz. 1. 8 Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse vom 15. November 2007. 9 Zu den Begriffen s. auch Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 5; Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 3. 10 Groß, Kapitalmarktrecht, § 38 BörsG Rz. 22; Schanz, Börseneinführung, § 18 Rz. 6; zum Delisting s. unten § 35 Rz. 5 ff. 11 BGBl. I 2007, 1330 ff. (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission). 12 BGBl. I 2005, 1698.
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das FRUG die Regelung in § 42 BörsG in der Fassung des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (4. FMFG)13 belassen. Darin war für Börsen die Möglichkeit geschaffen worden, in Teilbereichen ihrer Märkte zusätzliche Zulassungs- und Zulassungsfolgepflichten einzuführen. Diese gesetzliche Regelung ist bspw. die Grundlage für die von der FWB geschaffenen Teilsegmente General Standard und Prime Standard. § 42 Abs. 1 BörsG fasst nun die bisherigen Regeln für den amtlichen und den geregelten Markt zusammen und sieht vor, dass die Börsen für den regulierten Markt zusätzliche Anforderungen an die Einführung von Aktien oder von Aktien vertretenden Zertifikaten stellen und zusätzliche Folgepflichten aufgrund der Einführung von Aktien vorsehen können. Möglich bleibt weiterhin der Betrieb eines Freiverkehrs (§ 48 BörsG). Eine wesentliche Änderung des Zulassungsverfahrens hatte bereits das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit sich gebracht. War bis zu diesem Zeitpunkt der noch zu prüfende und zu veröffentlichende Börsenzulassungsprospekt notwendige Unterlage des Zulassungsantrags14 und seine Prüfung ein Kernstück des Zulassungsverfahrens, sind seitdem die Prüfung und Billigung des Prospekts Aufgabe der BaFin im Rahmen eines eigenen Verfahrens, das im WpPG geregelt ist (s. dazu oben § 30 Rz. 11 ff.). Der erste Entwurf des FRUG hatte vorgesehen, die Zweiteilung zwischen Börsenzulassungs- und Prospektbilligungsverfahren aufzugeben, und die Zuständigkeit insgesamt bei der BaFin zu konzentrieren. Dieser Teil des Entwurfs ist jedoch nicht Gesetz geworden, und die Zuständigkeit für die Zulassung und Einführung von Wertpapieren bei den Börsen belassen worden15.
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5. Regulierter Markt als einziges gesetzliches Marktsegment Der Gesetzgeber hat durch das FRUG die seit 1986 bestehende Zweiteilung der gesetzlichen Marktsegmente in den amtlichen und den geregelten Markt aufgegeben. Somit gibt es nur noch ein gesetzliches Börsenzulassungsverfahren. Nicht zuletzt die EU-Transparenzrichtlinie hatte zu einer Nivellierung zwischen den Segmenten geführt. Außerdem hatte die FWB durch die Einführung der Teilsegmente General und Prime Standard auf Grundlage des § 42 BörsG im amtlichen und geregelten Markt Zulassungs- und Zulassungsfolgepflichten geschaffen. Dabei war sowohl im amtlichen als auch im geregelten Markt eine Zugehörigkeit zum General oder zum Prime Standard möglich. Für das regulatorische Umfeld, also für die Voraussetzungen der Börsenzulassung und die mit ihr verbundenen Folgepflichten war die Zugehörigkeit zu einem der Teilsegmente wesentlicher als die Zulassung zum geregelten oder amtlichen Markt. Zudem war auch der geregelte Markt so stark reguliert, dass er seine eigentliche Funktion, für kleinere Unternehmen einen unkomplizierten Marktzugang zu schaffen, nicht mehr erfüllen konnte16. Hieraus hat die Neufassung des Börsengesetzes mit der Zusammenfassung von amtlichem und geregeltem Markt zu einem einzigen Marktsegment die Konsequenz gezogen. Die ursprüngliche Auf13 BGBl. I 2002, 2010. 14 § 30 Abs. 3 Nr. 2 BörsG i.d.F. des 4. FMFG, s. auch die Vorauflage Beck/Schäfer, § 23 Rz. 9 und 11. 15 Zu den verfassungsrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang s. Hammen, WM 2007, 1297, 1299 f. 16 S. dazu Groß, Kapitalmarktrecht, § 51 BörsG Rz. 2; Schlitt, AG 2003, 57, 59 f.
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gabe des geregelten Marktes kann nun allerdings der Freiverkehr der verschiedenen Börsen in seinen unterschiedlichen Ausprägungen erfüllen (s. dazu unten Rz. 62 ff.). Für die Praxis wichtig sind die Übergangsvorschriften für Wertpapiere, die bisher im geregelten Markt zugelassen waren. Vor dem 1.11.2007 in einem der Segmente zugelassene Wertpapiere gelten seit dem 1.11.2007 als zum regulierten Markt zugelassen (§ 52 Abs. 7 BörsG). Emittenten, die – wie im geregelten Markt bisher möglich – nicht alle Aktien einer Gattung zugelassen hatten, müssen bis zum 31.10.2009 die Zulassung der noch nicht zugelassenen Aktien beantragen (§ 72a Abs. 3 BörsZulV)17.
II. Zulassung 1. Zulassungspflicht 10
Alle Wertpapiere, die im regulierten Markt gehandelt werden sollen, unterliegen grundsätzlich einer Zulassungspflicht nach § 32 BörsG (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) oder müssen gem. § 33 BörsG in den regulierten Markt einbezogen werden (§ 32 Abs. 1 Alt. 2 BörsG). Die Zulassungspflicht gilt auch, wenn Wertpapiere, die bislang schon in den Freiverkehr einbezogen sind, im regulierten Markt zugelassen werden sollen (so genannter Segmentwechsel); ausgenommen von der Zulassungspflicht sind derzeit nur staatliche Schuldverschreibungen nach § 37 BörsG sowie Aktien aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (so genannte Berichtigungsaktien) in- und ausländischer Emittenten18. Mit der antragsbedürftigen Zulassung wird die Erlaubnis erteilt, die Börseneinrichtungen für Geschäfte in den zugelassenen Wertpapieren zu benutzen. Die Entscheidung hierüber trifft – nach Abschaffung der Zulassungsstellen durch das FRUG – gem. § 32 Abs. 1 BörsG die Geschäftsführung der Wertpapierbörse als Verwaltungsakt19. Mit Erteilung der Zulassung können die Wertpapiere auf allen Handelsplattformen der jeweiligen Börse gehandelt werden.
2. Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen 11
Die §§ 32 Abs. 3, 34 BörsG i.V.m. mit der BörsZulV normieren die Zulassungsvoraussetzungen. Zugelassen werden können nur Wertpapiere, wobei zur Konkretisierung des börsenrechtlichen Wertpapierbegriffs mit der Wertpapierdefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG gearbeitet werden kann, d.h. es können Aktien, aktienvertretende Zertifikate, Schuldverschreibungen, Genuss- und Optionsscheine, mit Aktien und Schuldverschreibungen vergleichbare Wertpapiere sowie Anteilscheine von Investmentgesellschaften zum regulierten Markt zugelassen werden20. Wertpapiere 17 Wobei dann für diese Aktien auch die Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV gilt, dazu s. Rz. 20. 18 Für deutsche Aktiengesellschaften ergibt sich das unmittelbar aus § 33 Abs. 4 EGAktG, s. dazu im Übrigen Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 5 m.w.N. 19 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 6 m.w.N.; Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 38. 20 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 30 BörsG Rz. 11; Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 12; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 8 f. m.w.N.
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müssen zugelassen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 32 Abs. 3 BörsG). § 32 Abs. 3 Nr. 1 BörsG verweist auf die Anforderungen nach Art. 35 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 und auf § 34 BörsG. Art 35 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 normiert Kriterien für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel. Diese sind durch die auf Grundlage von § 34 BörsG erlassene BörsZulV konkretisiert. Innerhalb des Zulassungsverfahrens findet keine Prospektprüfung statt (s. Rz. 8). Allerdings ist der Prospekt unverändert ein ganz wesentliches Dokument des Anlegerschutzes. Deshalb muss bei jedem öffentlichen Angebot von Wertpapieren ein gebilligter Prospekt veröffentlicht werden (§§ 3 Abs. 1 Satz 1, 13 WpPG). Für die Börsenzulassung ist Voraussetzung, dass ein den Vorschriften des WpPG entsprechender und gebilligter oder bescheinigter Prospekt veröffentlicht worden ist (§ 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG) (Einzelheiten hierzu oben § 30 Rz. 61 ff.). Um auszuschließen, dass der Prospekt im Rahmen des Zulassungsverfahrens nochmals geprüft wird, ist durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz § 30 Abs. 3 BörsG a.F. gestrichen worden21, wonach die Zulassung zu versagen war, wenn Umstände bekannt sind, die bei der Zulassung der Wertpapiere zu einer Übervorteilung des Publikums oder einer Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen führen würden.
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3. Produktspezifische Zulassungsvoraussetzungen a) Aktien Nachfolgend werden die für die Zulassung von Aktien zum regulierten Markt geltenden Voraussetzungen dargestellt.
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aa) Emittentenbezogene Voraussetzungen Gründung und Satzung (Gesellschaftsvertrag) des Emittenten müssen dem Recht des Staates entsprechen, in dem der Emittent seinen formalen Sitz hat (§ 1 BörsZulV), d.h. der in der Satzung genannte Sitz ist maßgeblich22. Fallen satzungsgemäßer Sitz und tatsächlicher Verwaltungssitz auseinander, müssen Gründung und Satzung des Emittenten dem Recht seines Gründungsstaates entsprechen23.
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Der Emittent zuzulassender Aktien muss mindestens drei Jahre als Unternehmen bestanden haben und seine Jahresabschlüsse für die drei dem Antrag vorangegangenen Geschäftsjahre entsprechend den hierfür geltenden Vorschriften vorlegen. Die Geschäftsführung der Börse kann Ausnahmen von der Drei-Jahres-Frist zulassen, sofern dies im Interesse der Gesellschaft liegt und der Publikumsschutz hierdurch nicht nachteilig berührt wird. Aktien von Emittenten mit Sitz in Drittstaaten außerhalb der EU/EWR, die weder in ihrem Sitzstaat noch in dem Staat der hauptsächlichen Verbreitung der Aktien zugelassen sind, dürfen nur zugelassen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dort eine Zulassung nicht aus Anlegerschutzgründen
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21 Die Gesetzesänderung beruhte auf einer Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates, s. BR-Drucks. 85/1/05, S. 12; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 84, Fn. 30; Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 2; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 255. 22 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 2; s. auch Begr. RegE zur BörsZulV BRDrucks. 72/87, S. 71. 23 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 1 BörsZulV Rz. 3.
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unterblieben ist (§ 10 BörsZulV). Diese Glaubhaftmachung kann durch eine plausible Equity-Story oder durch eine Erklärung der für die Zulassung des Sitzstaates zuständigen Stelle erbracht werden24. bb) Wertpapierbezogene Voraussetzungen 16
Der voraussichtliche Kurswert der Aktien bzw., wenn dieser nicht abschätzbar ist, das Eigenkapital der Gesellschaft muss mindestens 1,25 Mio. Euro betragen (§ 2 Abs. 1 BörsZulV). Die Mindeststückzahl der Wertpapiere muss bei nennwertlosen Aktien mindestens 10 000 betragen (§ 2 Abs. 3 BörsZulV). Die Geschäftsführung der Börse kann geringere Beträge zulassen, wenn sie überzeugt ist, dass sich ein ausreichender Markt bilden wird. Dies beurteilt sich letztlich nach der zu erwartenden Streuung der Wertpapiere, die wiederum von der Platzierungskraft der Konsorten abhängt.
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Weiterhin müssen die Wertpapiere in Übereinstimmung mit dem für den Emittenten geltenden Recht ausgegeben worden sein und den für das jeweilige Wertpapier geltenden Vorschriften entsprechen. Es geht also im Wesentlichen um die Einhaltung des für den Antragsteller maßgeblichen Emissions- und Wertpapierrechts, um im Publikumsinteresse sicherzustellen, dass die zu emittierenden Wertpapiere rechtswirksam entstanden sind. Sonstige rechtliche Gesichtspunkte, die die wirksame Begebung der Wertpapiere nicht beeinflussen können, sind nicht zu prüfen. Besonders wichtig für Aktien ist die freie Handelbarkeit der Wertpapiere, um deren Fungibilität und damit die Funktionsfähigkeit des Sekundärmarktes zu sichern. Aus diesem Grunde sollen Wertpapiere grundsätzlich voll eingezahlt sein (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BörsZulV). Ebenfalls im Kontext der Funktionsfähigkeit des Sekundärmarktes ist das Erfordernis einer geeigneten Stückelung der Wertpapiere gem. § 6 BörsZulV zu sehen. Es ist also auf eine ausreichende Zahl kleinster Stücke zu achten; dies ist in der Praxis seit der Herabsetzung des Mindestnennbetrages für Aktien auf 1 Euro und der Einführung der nennwertlosen Stückaktie (§ 8 AktG) unproblematisch, weil hierdurch viele Aktien optisch „leichter“ gemacht werden konnten.
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Im Zusammenhang hiermit steht auch das Erfordernis der ausreichenden Streuung zuzulassender Aktien nach § 9 BörsZulV. Danach müssen grundsätzlich mindestens 25 % des Gesamtnennbetrages vom Publikum erworben werden, oder es muss aufgrund der großen Zahl von Aktien derselben Gattung und ihrer breiten Streuung im Publikum ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auch unterhalb dieses Schwellenwertes gewährleistet sein. Streubesitz, auch „Freefloat“ genannt, wird als gesetzlicher Begriff nun erstmals in § 11 Abs. 1 Satz 3 REITG25 verwendet. Nach dieser Bestimmung handelt es sich beim Streubesitz um die Aktien derjenigen Aktionäre, denen jeweils weniger als 3 % der Stimmrechte an einer REIT-Aktiengesellschaft zustehen. Damit lehnt sich die Regelung des REITG an die Meldegrenze des § 21 WpHG an. Für die Berechnung des Aktienbesitzes verweist das REITG auf die §§ 22 und 23 WpHG. Die Regelung ist über ihren eigentlichen Anwendungsbereich für REIT-Aktiengesellschaften hinaus eine sinnvolle Bestimmung dessen, was unter Streubesitz zu verstehen ist. Strittig ist, ob Aktien aus Friends- and Family-Program24 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 10 BörsZulV Rz. 2; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 10 BörsZulV Rz. 1. 25 BGBl. I 2007, 914 (Gesetz zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen – REITG).
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men zum Freefloat gehören. Gemäß den Zuteilungsgrundsätzen der Börsensachverständigenkommission vom 16.5.200026 ist dies nicht der Fall. Andererseits stellt die Partizipation von Teilnehmern an solchen Programmen materiell eine Streuung im Publikum dar. Dies spricht dafür, jedenfalls für die Zwecke des § 9 BörsZulV auch Aktien aus Friends- and Family-Programmen beim Streubesitz zu berücksichtigen27. § 9 Abs. 2 BörsZulV enthält drei Ausnahmetatbestände vom Erfordernis eines ausreichenden Streubesitzes bei Zulassung: zunächst den Fall des Ersterwerbs der gesamten Emission durch das Emissionskonsortium. Hierbei erklärt das Konsortium gegenüber der Geschäftsführung der Börse sein Platzierungskonzept, so dass die Geschäftsführung der Börse beurteilen kann, wann und wie eine ausreichende Streuung erreicht wird. Weitere Ausnahmen sind zugelassen, wenn die Aktien innerhalb oder außerhalb der EU oder des EWR an einem organisierten Markt, bzw. an einem Markt, der mit einem organisierten Markt vergleichbar ist, zugelassen sind und eine ausreichende Streuung im Verhältnis zur Gesamtheit aller ausgegebenen Aktien erreicht wird (in EU/EWR), oder wenn eine ausreichende Streuung im Publikum des betreffenden Staates vorliegt (bei Drittstaaten).
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Der Zulassungsantrag muss sich bei Aktien grundsätzlich auf alle Aktien derselben Gattung beziehen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BörsZulV). Hierbei handelt es sich um das Gebot der so genannten Vollzulassung aller Wertpapiere einer Emission. Dem Publikum soll kein größeres Angebot an Wertpapieren suggeriert werden, als tatsächlich auf den Markt kommt. § 7 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV lässt indes zwei Ausnahmen von diesem Gebot zu: Eine Ausnahme ist dann möglich, wenn die nicht zuzulassenden Aktien zu einer der Aufrechterhaltung eines beherrschenden Einflusses auf den Emittenten dienenden Beteiligung gehören. Dieser Tatbestand hat vor allem für Familiengesellschaften zur Sicherung des Einflusses der Familie Relevanz28. Die zweite Ausnahme setzt voraus, dass die nicht zuzulassenden Aktien für eine bestimmte Zeit nicht gehandelt werden dürfen. Hierzu gehören mit Haltefristen belegte Aktien oder Belegschaftsaktien sowie Aktien, die aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht in den Börsenhandel einbezogen werden können29. Beide Ausnahmeregelungen können nur dann angewandt werden, wenn aus der Teilzulassung keine Nachteile für die Investoren der zuzulassenden Aktien zu befürchten sind; dies wäre beispielsweise der Fall, wenn sich für die zuzulassenden Wertpapiere kein ausreichender Markt bilden kann30. Wird von der Vollzulassung abgesehen, ist das Publikum hierüber im Prospekt zu informieren. Das Gebot der Vollzulassung galt bis zum Inkrafttreten des FRUG nur für den amtlichen, nicht den geregelten Markt. Insoweit gilt nun eine Übergangsvorschrift für bislang zum geregelten Markt zugelassene Emittenten. Für Aktien eines Emittenten, die vor dem 1.11.2007 zum geregelten Markt zugelas-
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26 Abrufbar unter http://deutsche-boerse.com; abgedruckt in ZBB 2000, 287 ff. 27 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 9 BörsZulV Rz. 1; a.A. Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 9 BörsZulV Rz. 6; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 18. 28 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 7 BörsZulV Rz. 6; Zietsch/Holzborn, WM 2002, 2356, 2361. 29 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 7 BörsZulV Rz. 6; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 13; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 7 BörsZulV Rz. 2. 30 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 7 BörsZulV Rz. 9 und in WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 3, 17.
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sen waren, muss für vor diesem Tag ausgegebene und noch nicht zugelassene Aktien spätestens bis zum 31.10.2009 ein Antrag auf Zulassung zum regulierten Markt gestellt werden (§ 72a Abs. 3 BörsZulV). Für diese gelten aber ebenfalls die hier genannten Ausnahmemöglichkeiten (§§ 72a Abs. 3 Satz 2, 69 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV). 21
§ 8 BörsZulV normiert bestimmte Anforderungen an die Druckausstattung der Wertpapiere, um einen ausreichenden Fälschungsschutz sicherzustellen und eine ordnungsgemäße Abwicklung des Wertpapierverkehrs zu ermöglichen. Für Aktien hat die Vorschrift keine große praktische Bedeutung mehr, da auf der Grundlage von § 10 Abs. 5 AktG das Recht des Aktionärs auf Einzelverbriefungen mittlerweile in den Gesellschaftssatzungen regelmäßig ausgeschlossen wird und die Unternehmen die emittierten Papiere in einer Globalurkunde gem. § 9a DepotG verbriefen31. b) Schuldverschreibungen
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Für die Zulassung von Schuldverschreibungen gelten grundsätzlich die gleichen gesetzlichen und untergesetzlichen Voraussetzungen wie für die Zulassung von Aktien, weshalb zunächst auf die vorstehend unter Rz. 14 ff. genannten Ausführungen verwiesen werden kann; insbesondere sind bei der Zulassung zum regulierten Markt die §§ 1 bis 8, 10 BörsZulV anwendbar. Im Unterschied zu den für Aktien geltenden Regelungen muss der Mindestnennbetrag der Wertpapiere 250 000 Euro betragen (§ 2 Abs. 2 BörsZulV). Eine wesentliche Sonderregelung enthält zudem § 37 BörsG für die darin genannten öffentlich-rechtlichen Emittenten. Danach sind Schuldverschreibungen dieser Emittenten von Gesetzes wegen an jeder inländischen Börse im regulierten Markt zugelassen, d.h. es ist kein Zulassungsantrag zu stellen, und die Prospekterstellung sowie -veröffentlichung entfallen. Es ist lediglich die Einführung nach § 38 BörsG vorzunehmen, wozu der öffentlich-rechtliche Emittent der Börsengeschäftsführung die Wertpapiermerkmale mitteilt; dies umfasst regelmäßig Gesamtnennbetrag und Stückwert, Stückelungen und Rückzahlungsbedingungen sowie Zinsfuß und Zinstermin32.
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Die Begünstigung öffentlich-rechtlicher Emittenten erklärt sich daraus, dass es sich um erfahrene Daueremittenten erster Bonität handelt. Begünstigt von der Regelung sind vom Bund, von Bundessondervermögen oder den Bundesländern emittierte Schuldverschreibungen sowie Emissionen anderer EU- oder EWR-Staaten und deren mit den vorgenannten inländischen Institutionen vergleichbare Körperschaften oder Einrichtungen. Materielle Voraussetzung für die Anwendung des § 37 BörsG ist die unmittelbare Haftung eines der genannten Emittenten für Zins und Tilgung; eine akzessorische Haftung oder Garantie genügt nicht33. In den persönlichen Anwendungsbereich des § 37 BörsG fallen auch die nicht selbstständigen Teile der Staatsverwaltung, die Schuldverschreibungen ausgeben, da für sie direkt der Staat haftet; insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass für Emissionen von Gebietskörperschaften ohne mit den deutschen Bundesländern vergleichbare Staatlichkeit § 37 BörsG nicht anwendbar ist34. 31 Dazu Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 8 BörsZulV Rz. 1 f. 32 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 36 BörsG Rz. 9. 33 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 36 BörsG Rz. 1; vgl. Art. 34 KoordinierungsRiLi 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.7.2001, S. 1. 34 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 36 BörsG Rz. 6.
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In materieller Hinsicht gilt § 37 BörsG für verbriefte und nicht verbriefte Emissionen. Mithin werden auch Schuldbuchemissionen, die in das Bundesschuldbuch oder in die Schuldbücher der Bundesländer eingetragen sind, erfasst35.
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c) Zulassung sonstiger Wertpapiere – insbesondere mit Umtausch- oder Bezugsrecht Anzusprechen sind in diesem Kontext Wandel- und Optionsanleihen, Schuldscheine und Zertifikate, soweit sie zum regulierten Markt zugelassen werden sollen. § 11 BörsZulV regelt die Zulassungsvoraussetzungen für Wertpapiere, die ein Umtauschoder Bezugsrecht verbriefen. Voraussetzung für deren Zulassung ist nach § 11 Abs. 1 BörsZulV grundsätzlich, dass das Bezugspapier gleichfalls im Inland zugelassen oder in den Handel an einem anderen organisierten Markt einbezogen ist. Ebenfalls anwendbar ist die Vorschrift, wenn das Bezugspapier gleichzeitig mit dem Wertpapier, das das Umtausch- oder Bezugsrecht verbrieft, zugelassen oder einbezogen wird. Bei Wandel- und Optionsanleihen, für die bei Ausübung der Wandlungs- bzw. Optionsrechte durch den Anleihegläubiger ein bedingtes Kapital des Emittenten zur Verfügung steht, muss gleichzeitig mit Zulassung der Anleihe auch das bedingte Kapital zugelassen werden, obwohl die Aktien aus dem bedingten Kapital erst entstehen, wenn der Anleihegläubiger sein Wandlungs- oder Optionsrecht ausübt und die Gesellschaft die Bezugsaktien ausgibt (§ 200 AktG)36. Auf die Zulassung von getrennten und selbstständigen Optionsscheinen ist § 11 BörsZulV entsprechend anzuwenden37. § 11 Abs. 2 BörsZulV ermöglicht eine Zulassung auch dann, wenn die Bezugspapiere lediglich im Ausland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind und sich das inländische Publikum regelmäßig über die im Ausland gebildeten Preise informieren kann.
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Für die Zulassung aktienvertretender Zertifikate ist § 12 BörsZulV zu beachten. Dabei handelt es sich um Schuldverschreibungen, die zur Ausübung der mit den vertretenen Aktien verbundenen Rechte berechtigen. Hierzu zählen ADRs und andere zur Erhöhung der Fungibilität von Namensaktien ausgegebene Zertifikate. Keine aktienvertretenden Zertifikate sind Indexzertifikate, die einen Geldanspruch abhängig von einem Indexwert verbriefen, und Discountzertifikate, die einen Anspruch abhängig vom Wert eines Referenzgegenstandes am Fälligkeitstag verbriefen38. Bei einzelwertbezogenen Zertifikaten (z.B. Zertifikat auf Einzelaktie) hängt die Beurteilung von der Ausgestaltung des Zertifikates im Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt, dass derartige Zertifikate, wenn sie die Tilgung durch Lieferung des Referenzgegenstandes von Aktien zumindest als Option vorsehen, als Optionsscheine zu behandeln sind; dann gilt insbesondere § 11 BörsZulV.
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Liegen aktienvertretende Zertifikate i.S.d. § 12 BörsZulV vor, so sind für deren Zulassung drei Voraussetzungen zu erfüllen:
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35 Einzelheiten bei Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 36 BörsG Rz. 5; Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 36 BörsG Rz. 7. 36 Ebenso Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 11 BörsZulV Rz. 3; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 1–12 BörsZulV Rz. 21; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 11 BörsZulV Rz. 1. 37 Zum Begriff Beck in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 WpHG Rz. 16 m.w.N.; in der Sache ebenso Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 11 BörsZulV Rz. 1. 38 S. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 40 BörsG Rz. 4.
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– der Emittent muss die Voraussetzungen nach den §§ 1 bis 3 BörsZulV erfüllen und sich gegenüber der Geschäftsführung der Börse zur Einhaltung der börsengesetzlichen Zulassungsfolgepflichten verpflichten; – die Zertifikate müssen ihrerseits die Voraussetzungen der §§ 4 bis 10 BörsZulV erfüllen und – der Emittent muss die Gewähr für die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber den Zertifikatsinhabern bieten. 28
Mit diesen besonderen Zulassungsvoraussetzungen soll verhindert werden, dass die Zertifikatsinhaber schlechter gestellt werden als Aktionäre39; § 12 Abs. 2 BörsZulV enthält eine § 10 BörsZulV (s. dazu Rz. 15) entsprechende Regelung für Emittenten aus Drittstaaten.
4. Börsenspezifische Zulassungsvoraussetzungen 29
Innerhalb der gesetzlichen Vorgaben verbleibt den Börsen ein hohes Maß an Flexibilität bei der Ausgestaltung ihrer Marktsegmente, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an Zulassung und Einführung und der damit verbundenen Folgepflichten. Dabei zeigt sich, dass diese Möglichkeit vor allem genutzt wird, Segmente mit zusätzlichen Transparenzanforderungen zu schaffen. Im Folgenden wird am Beispiel der FWB und der Börse München dargestellt, wie dieser Gestaltungsspielraum genutzt werden kann. a) General und Prime Standard – Die Teilsegmente der FWB
30
Seit dem 1.1.2003 hat die FWB ihren Aktienmarkt neu strukturiert und in die Teilsegmente General Standard und Prime Standard unterteilt. Die rechtlichen Grundlagen hierfür schuf der durch das 4. FMFG eingefügte § 42 BörsG a.F.40. Den Börsen wurde durch diese Regelung die Möglichkeit eröffnet, in ihren Börsenordnungen für Teilbereiche des amtlichen und des geregelten Marktes den Emittenten von Aktien und Aktien vertretenden Zertifikaten erweiterte Transparenzpflichten aufzuerlegen (vgl. §§ 42, 50 Abs. 3 BörsG a.F.)41. § 42 Abs. 1 BörsG in der Fassung des FRUG hat diese Möglichkeit für den regulierten Markt der Sache nach unverändert gelassen. Die Börsen sollen so ihr Leistungsangebot durch zusätzliche Segmentierung erweitern und die Regeln für diese Teilmärkte den wechselnden Markterfordernissen flexibel anpassen können42. Da der Börsenrat Änderungen der Börsenordnung beschließen muss, ist gewährleistet, dass die Interessen der betroffenen Marktteilnehmergruppen nicht unberücksichtigt bleiben43; hinzu kommt der Genehmigungsvorbehalt der Börsenaufsichtsbehörde (§ 16 Abs. 3 BörsG)44.
31
Ein wesentlicher Vorteil dieses Rechtsrahmens besteht in der erleichterten Durchsetzbarkeit der erweiterten Pflichten durch deren Verankerung in der öffentlich39 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 12 BörsZulV Rz. 1. 40 Dazu Beck, BKR 2002, 699, 706 f.; Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 42 BörsG Rz. 1 und in WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 3 ff. 41 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 20, 80 f. 42 Vgl. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 3 ff.; Schlitt, AG 2003, 57, 58. 43 Dazu Beck, BKR 2002, 699, 706 f.; Schlitt, AG 2003, 57, 58. 44 Vgl. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 18.
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rechtlichen Börsenordnung. Bis zur Neuregelung in § 42 BörsG durch das 4. FMFG waren zusätzliche Transparenz- und Publizitätspflichten nur in privatrechtlichen Regelwerken wie dem des Neuen Marktes oder in Indexleitfäden definiert. Verstöße hiergegen hatten sich in der Praxis als schwer sanktionierbar erwiesen45. § 42 Abs. 2 BörsG regelt nun ausdrücklich das Recht der Geschäftsführung der Börse, einen Emittenten aus dem entsprechenden Teilsegment eines Marktes auszuschließen, wenn er die dafür bestehenden zusätzlichen Zulassungs- oder Zulassungsfolgepflichten nicht erfüllt. Bei einer Notierung von Aktien und Aktien vertretenden Zertifikaten können Emittenten, die eine Zulassung an der FWB anstreben, im Hinblick auf die Transparenzund Publizitätsanforderungen zwischen General Standard und Prime Standard wählen. Während im General Standard ausschließlich die gesetzlichen Anforderungen für den regulierten Markt gelten, müssen die Emittenten im Prime Standard darüber hinausgehende Anforderungen erfüllen. Rechtliche Grundlage für die börseneigenen Zulassungsvoraussetzungen der FWB ist deren Börsenordnung46.
32
Der General Standard fordert von den Emittenten nur die gesetzlichen Transparenzund Publizitätspflichten und eignet sich daher insbesondere für Unternehmen, die vor allem nationale Investoren suchen und sich für eine möglichst kostengünstige Form der Börsenzulassung und -notierung entscheiden47. Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum General Standard ist die Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt (s. Rz. 10 ff.). Die vom Emittenten zu erfüllenden Folgepflichten richten sich dann allein nach den Vorschriften des regulierten Marktes.
33
Um eine Zulassung zum Prime Standard zu erhalten, ist nicht nur ein Zulassungsantrag für den regulierten Markt zu stellen, sondern zusätzlich ein Antrag auf Zulassung zum Prime Standard; zuständiges Entscheidungsgremium ist die Geschäftsführung der Börse (§ 45 Abs. 2 BörsO FWB). Im Prime Standard können nur Aktien oder Aktien vertretende Zertifikate zugelassen werden (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BörsO FWB). Für eine Zulassung zum Prime Standard der FWB muss die Geschäftsführung der Börse prüfen, ob Umstände bekannt sind, wonach der Emittent die erweiterten Zulassungsfolgepflichten voraussichtlich nicht erfüllen wird. Die zulassungsverhindernden Umstände werden regelmäßig vermutet, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt ist, oder wenn der Emittent die ihm von der Börse auferlegten Pflichten in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß erfüllt hat (§ 45 Abs. 3 BörsO FWB). Im Übrigen gibt es bei den Zulassungsvoraussetzungen keine Unterschiede zu einer Zulassung im General Standard. Der materielle Unterschied zwischen diesen beiden Teilsegmenten besteht in den Zulassungsfolgepflichten (dazu § 32 Rz. 63 ff.).
34
Der Prime Standard ist für jene Unternehmen geeignet, die sich auch gegenüber internationalen Investoren und dabei insbesondere gegenüber „Institutionals“ positionieren wollen. Die verglichen mit dem General Standard deutlich strengeren Regeln im Bereich der Zulassungsfolgepflichten sollen zu Transparenzanforderungen führen, die internationalen Standards entsprechen48.
35
45 46 47 48
Ebenso Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 4, 14 f. Vgl. §§ 42 ff., 45 ff. BörsO FWB. Schlitt, AG 2003, 57, 59. Schlitt, AG 2003, 57, 59.
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b) Regionalbörsen – insbesondere das Segment M:access der Börse München 36
In Deutschland hat sich die FWB in den letzten Jahren zur dominierenden Wertpapierbörse entwickelt, mit den entsprechenden Folgen für die Regionalbörsen. Diese gehen angesichts des steigenden Wettbewerbsdruckes verstärkt dazu über, sich durch differenzierte Leistungsangebote gegenüber der FWB abzuheben. Dazu gehören spezielle Börsensegmente mit besonderen Zulassungsmodalitäten. Ein Beispiel dafür ist das Segment M:access der Börse München49.
37
Die Börse München hat ihr Marktsegment M:access am 1.7.2005 gestartet. Zielgruppe sind kleinere Unternehmen. Diese übernehmen zusätzliche Anforderungen an Publizität und Transparenz. Rechtliche Grundlage für das Marktsegment M:access ist das Regelwerk M:access, das die Börse München erlassen hat50. Zu dem Marktsegment M:access haben Emittenten des Freiverkehrs und im regulierten Markt zugelassene Emittenten Zugang (§ 1 Regelwerk M:access). Wegen dieses segmentübergreifenden Charakters ist eine Aufnahme der Notiz in M:access eines bislang schon im regulierten Markt zugelassenen Wertpapiers nicht notwendigerweise mit einem Segmentwechsel verbunden51. Das Regelwerk für das Marktsegment M:access gilt ergänzend zu den Freiverkehrsrichtlinien der Börse München und lässt die gesetzlichen Regelungen unberührt (§ 2 Regelwerk M:access). Die Notiz in M:access muss von einem Emissionsexperten im Einvernehmen mit dem Emittenten beantragt werden (§ 5 Abs. 1 Regelwerk M:access). Emissionsexperten werden auf Antrag von der Geschäftsführung der Börse München bestellt. Sie müssen in der IPObzw. Emittentenberatung erfahrene Unternehmen sein, die zum Börsenhandel an einer inländischen Börse zugelassen sind (§ 4 Regelwerk M:access). Voraussetzung für eine Notiz im Marktsegment M:access ist, dass der Emittent eine Website unterhält, in der ein unterjähriger Emittentenbericht veröffentlicht wird. In diesem Bericht müssen die für die Bewertung des emittierten Wertpapiers relevanten Informationen enthalten sein. Außerdem enthält das Regelwerk M:access Folgepflichten, die der Emittent erfüllen muss, soll die Notiz in M:access beibehalten werden (s. § 6 Abs. 2 Regelwerk M:access). Diese Pflichten sollen wie die besonderen Pflichten im Prime Standard der FWB und im Entry Standard des Freiverkehrs der FWB (dazu Rz. 67 ff.) für zusätzliche Transparenz gegenüber den Investoren sorgen.
5. Zulassung, Handelssegmente und Indizes a) Handelssegmente 38
Handelssegmente basieren auf Regelwerken zur Durchführung des Sekundärhandels. Die Handelssegmente setzen eine Zulassung der darin zusammengefassten Wertpapiere voraus, enthalten selbst aber keine Regeln zur Börsenzulassung. Ein Beispiel ist das Handelssegment EUWAX der Börse Baden-Württemberg. 49 Ein Beispiel für ein Handelssegment ist das Segment EUWAX der Börse Baden-Württemberg, s. unten Rz. 38. 50 Das Regelwerk ist abrufbar unter www.boerse-muenchen.de; zu der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage das Regelwerk erlassen wurde, s. Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 67. 51 So aber offensichtlich Schwichtenberg, AG, 2005, 911 ff.; s. hierzu auch die Entscheidung des LG München I v. 30.8.2007 – 5 HK O 7195/06, WM 2007, 2154 ff., der ein Wechsel vom amtlichen Markt in den Freiverkehr mit Notiz im Marktsegment M:access zu Grunde liegt. Das LG München I sieht darin kein Delisting.
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b) Indizes Indizes, insbesondere Aktienindizes dienen dazu, die Entwicklung nationaler und internationaler Märkte transparent und vergleichbar zu machen. Anhand von Indizes kann man die Entwicklung bestimmter Bereiche oder Sektoren des Kapitalmarktes nachvollziehen. Zudem werden Indizes als Grundlage für Finanzprodukte wie z.B. Futures, Optionen, Optionsscheine, Fonds und Zertifikate genutzt. Die Aufnahme in einen Index beruht auf einer internen Entscheidung des Indexanbieters. Die Deutsche Börse AG hat sich als Grundlage für die Entscheidungen zu den von ihr angebotenen Indizes in einem Leitfaden Regeln gegeben52. Eine Zulassung zu einem Index kann nicht beantragt werden und die Zugehörigkeit hängt nicht von der Initiative eines Emittenten ab; für den Emittenten entstehen aus der Aufnahme in den Index keine Folgepflichten und keine zusätzlichen Kosten. Die rechtliche Qualität der Aufnahme oder Herausnahme aus einem Index ist noch wenig geklärt. Die Vorauflage vertritt die Auffassung, es handele sich dabei um keine justiziable Handlung53. Zu bedenken ist aber, dass die Zugehörigkeit zu einem Index für einen Emittenten mit Reputationsgewinn oder -verlust und wirtschaftlichen Folgen verbunden sein kann. Investoren messen der Zugehörigkeit zu einem Index bei ihrer Investitionsentscheidung Bedeutung zu. Wegen der monopolartigen Stellung des Indexanbieters bei der Ausgestaltung und Zusammensetzung des Index ist es durchaus erwägenswert, der Position eines Emittenten, der die Zugehörigkeitsvoraussetzungen für einen Index erfüllt, Rechtsqualität beizumessen und ihm einen Anspruch auf Schutz vor willkürlichem Verhalten zuzubilligen54.
39
III. Zulassungsverfahren 1. Zuständige Behörde und Antragsverfahren a) Geschäftsführung der Börse Für die Entscheidung über eine Börsenzulassung und Einbeziehung bzw. über ihren Widerruf, bei der es sich jeweils um einen Verwaltungsakt handelt, ist die Geschäftsführung der jeweiligen Börse zuständig (§§ 32 Abs. 1 Satz 1, 39 Abs. 1, 2 BörsG, § 42 Abs. 2 BörsO FWB). Durch das FRUG sind die bislang zuständigen Zulassungsstellen abgeschafft worden, da ihr Aufgabenbereich seit dem Inkrafttreten des WpPG und dem damit verbundenen Übergang der Prospektprüfung auf die BaFin erheblich reduziert worden war55.
40
b) Zulassungsantrag Für die Zulassung zum regulierten Markt muss der Emittent gemeinsam mit einem Emissionsbegleiter einen Antrag stellen. Bei dem Emissionsbegleiter muss es sich um ein Kreditinstitut, einen Finanzdienstleister, eine inländische Zweigstelle im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG, um ein Einlagenkreditinstitut oder ein Wert52 Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse, Version 6.3 vom November 2007, abrufbar unter http://deutsche-boerse.com. 53 Beck/Schäfer in der Vorauflage, § 23 Rz. 62. 54 S. auch Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 71. 55 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4028, S. 87.
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papierhandelsunternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums im Sinne von § 53b KWG, das an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen ist, handeln, das über ein haftendes Eigenkapital von mindestens 730 000 Euro verfügt (§ 32 Abs. 2 BörsG, § 42 Abs. 1 BörsO FWB). Der Emissionsbegleiter berät und unterstützt den Emittenten beim Zulassungsverfahren, bei der Sicherstellung der börsenmäßigen Lieferbarkeit der Wertpapiere, bei der Erfüllung von Zulassungsfolgepflichten und bei Marktpflegemaßnahmen. Emittenten, die selbst die Befähigung zum Emissionsbegleiter besitzen, können die Zulassung allein beantragen. Wird die Emission durch ein Konsortium begleitet, so muss nur das mitbeantragende Konsortialmitglied über die erforderliche Befähigung verfügen56. Der Antrag ist schriftlich zu stellen und muss Angaben über die Firma und den Sitz des Antragstellers sowie über die Art und den Betrag der zuzulassenden Wertpapiere enthalten. Darüber hinaus muss er angeben, ob ein gleichartiger Antrag an einer anderen in- oder ausländischen Börse (EU/EWR) gestellt wurde oder alsbald gestellt wird (§ 48 Abs. 1 Satz 3 BörsZulV). 42
Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen (§ 48 Abs. 2 Satz 2 BörsZulV): – ein beglaubigter Handelsregisterauszug, – eine aktuelle und beglaubigte Fassung der Satzung, – ggf. erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigungen der Unternehmensgründung, der Geschäftstätigkeit oder der Emission, – die letzten drei Jahresabschlüsse nebst Lagebericht und Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer, – bei Emissionen der Nachweis der Rechtsgrundlage (bei Aktien alle maßgeblichen Gremienbeschlüsse und der Nachweis über ihre Entstehung, bei Schuldverschreibungen der maßgebliche Vorstandsbeschluss), – ein Verbriefungsnachweis, – bei Emittenten, die jünger als drei Jahre sind, die Dokumentation der Gründung und ihrer Prüfung, – der Entwurf eines Prospektes oder ein gebilligter Prospekt.
43
Die Geschäftsführung der Börse muss im Rahmen des Zulassungsverfahrens prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Prospektpflicht vorliegen. Für die Zulassung in den Fällen, in denen nach § 4 Abs. 2 WpPG keine Prospektpflicht besteht, ist die Geschäftsführung der Börse zuständig, Zuständigkeiten der BaFin bestehen nicht. Andererseits ist nach dem WpPG für alle Prospektfragen die BaFin zuständig57. In der Praxis empfiehlt sich daher, sich durch die BaFin die Voraussetzungen für die Befreiung von der Prospektpflicht durch ein Negativattest bescheinigen zu lassen58.
44
Der Zulassungsantrag muss nicht veröffentlicht werden. Dies galt vor dem FRUG schon für Zulassungsanträge zum geregelten Markt. § 49 BörsZulV a.F., der eine Ver56 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 16; Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 32 Fn. 81. 57 Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 30 BörsG Rz. 54; Groß, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rz. 8. 58 So Rundschreiben Listing 01/2005 der FWB vom 2.6.2005, abrufbar unter http://deutscheboerse.com; allerdings ist in der Praxis davon auszugehen, dass die BaFin mit der Ausstellung solcher Negativatteste eher zurückhaltend verfährt.
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öffentlichungspflicht für Anträge zum amtlichen Markt vorsah, wurde durch das FRUG aufgehoben, um das Zulassungsverfahren zu straffen59. Alle Aktien oder aktienvertretenden Zertifikate, die an der FWB zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind und für die kein Antrag auf Aufnahme in den Prime Standard gestellt wurde, sind automatisch dem General Standard zugeordnet60. Wird darüber hinaus ein Einbezug in den Prime Standard gewünscht, so ist hierfür ein formloser Antrag zu stellen, über den ebenfalls die Geschäftsführung der Börse entscheidet. Der Antrag muss sich auf alle zum regulierten Markt (General Standard) zugelassenen Aktien beziehen; eine zeitlich parallele Zulassung gattungsgleicher Papiere eines Emittenten in beiden Segmenten ist somit unzulässig (§ 45 Abs. 1 Satz 2 BörsO FWB). Handelt es sich um eine Neuzulassung mit dem Ziel Prime Standard, so werden üblicherweise beide Anträge zusammen gestellt. Im Gegensatz zum General Standard ist für die bloße Einbeziehung in den Prime Standard die Mitwirkung eines Emissionsbegleiters nicht erforderlich.
45
c) Prüfungsverfahren Der Umfang des Prüfungsverfahrens ergibt sich aus dem BörsG i.V.m. der BörsZulV. Der Geschäftsführung der Börse obliegt es, die Zulassungsvoraussetzungen, insbesondere die Vollständigkeit des Zulassungsantrags und der beizufügenden Unterlagen zu prüfen (§ 32 Abs. 3 BörsG). Für das Zulassungsverfahren ist keine bestimmte Frist vorgegeben. Maßgeblich ist daher die im Verwaltungsverfahren allgemein geltende Frist von drei Monaten, weil sich die Geschäftsführung der Börse bei längerer Dauer der Gefahr einer Untätigkeitsklage aussetzen würde61. Da die Schnelligkeit des Verfahrens von den Börsen als wichtiger Wettbewerbsfaktor erkannt wurde, ist das Verfahren in der Praxis regelmäßig recht zügig. Die FWB hat dazu einen Musterzeitplan für den Ablauf eines Zulassungsverfahrens herausgegeben62. In der Praxis kommt es vor allem darauf an, das Börsenzulassungsverfahren und das Verfahren zur Billigung des Prospekts bei der BaFin zu integrieren und aufeinander abzustimmen63.
46
Wenn die Geschäftsführung der Börse dem Antrag entsprochen hat, wird dem Antragsteller ein entsprechender Bescheid zugestellt, der auch die Festsetzung der erhobenen Zulassungsgebühren enthält. Die Zulassung bewirkt die Erlaubnis, die Börseneinrichtungen für Geschäfte in den zugelassenen Wertpapieren zu benutzen. Die Zulassung wird von der Geschäftsführung der Börse im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht (§ 51 BörsZulV).
47
Die Zulassung ist frühestens an dem auf das Datum der Einreichung des Zulassungsantrags folgenden Handelstag möglich, § 50 BörsZulV64. Diese Frist betrug nach § 50 BörsZulV a.F. drei Werktage seit der nach § 49 BörsZulV a.F. erforderlichen
48
59 Begr. RegE BT-Drucks. 16/4028, S. 101. 60 Vgl. Burger/Ulbrich, Sparkasse 2003, 152, 153. 61 Vgl. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 3, 6; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 45. 62 Anlage zum Rundschreiben Listing 01/2007 der FWB vom 21.9.2007, abrufbar unter http://deutsche-boerse.com. 63 Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 255. 64 Eine Veröffentlichung des Zulassungsantrags ist nicht mehr erforderlich, § 49 BörsZulV ist durch das FRUG aufgehoben worden, s. oben Rz. 44.
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Veröffentlichung des Zulassungsantrags. Sie ist somit nunmehr auf einen Tag verkürzt, zudem entfällt die Pflicht zur Veröffentlichung des Zulassungsantrags. Diese Vereinfachung erleichtert insbesondere Kapitalmarkttransaktionen, bei denen die endgültige Entscheidung über ihre Durchführung sehr kurzfristig fällt, vor allem Kapitalerhöhungen mit Platzierung von Aktien im Wege des Block Deals und des Accelerated Bookbuilding. Wegen der bislang bestehenden Pflicht zur Veröffentlichung des Zulassungsantrags und der sich anschließenden dreitägigen Frist nach § 50 BörsZulV a.F. konnten bei diesen Transaktionen zugelassene Aktien nur über den Umweg einer Wertpapierleihe zu einem Zeitpunkt geliefert werden, zu dem die Investoren üblicherweise mit einer Lieferung rechnen. Mit der nunmehrigen Straffung des Zulassungsverfahrens besteht dieses Hindernis – eine zügige Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister vorausgesetzt – nicht mehr65.
2. Rechtsstellung der Beteiligten im Zulassungsverfahren 49
Sind bei einem Antrag auf Zulassung zum regulierten Markt die vom Gesetzgeber vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt, hat der Antragsteller grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung (vgl. § 32 Abs. 3 BörsG)66. Auch beim Prime Standard hat der Emittent einen Anspruch auf Zulassung, wenn er die in der BörsO definierten Voraussetzungen erfüllt hat67. Die Zulassung darf trotz erfüllter Voraussetzungen nur dann versagt werden, wenn der Emittent seine Pflichten aus der Zulassung zum regulierten Markt oder einem anderen organisierten Markt nicht erfüllt (§ 32 Abs. 4 BörsG). Insoweit handelt es sich nicht um eine gebundene, sondern um eine Ermessensentscheidung, bei der der Emittent einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens hat (§ 40 VwVfG)68. Kommt die Geschäftsführung der Börse zu der Auffassung, dass die erforderlichen Voraussetzungen für eine Zulassung nicht erfüllt sind, so muss die Ablehnung des Antrags begründet werden (§ 39 VwVfG). Der Emittent kann dann, nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens, die Versagungsentscheidung auf dem Verwaltungsrechtsweg gerichtlich überprüfen lassen (§ 40 Abs. 1 VwGO)69.
50
Umstritten ist, ob neben dem Emittenten auch ein Emissionsbegleiter widerspruchs- und klagebefugt ist. Hierzu müsste eine entsprechende subjektive Rechtsposition des Emissionsbegleiters gegeben sein; Indiz hierfür könnte seine Stellung als Beteiligter im Zulassungsverfahren sein. Dagegen spricht indes, dass der materiell Begünstigte einer Zulassungsentscheidung allein der Emittent und nicht der Emissionsbegleiter ist. Die Funktion des Letzteren liegt primär in der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Zulassungsverfahrens70. In der Praxis spielen Rechtsstreitigkeiten um die Zulassung allerdings nur eine geringe Rolle, da sich Emittenten 65 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 228. 66 Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 39; Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 38; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 45. 67 S. Gebhardt, WM 2003, Sonderbeil. Nr. 2, 3, 7 ff. 68 Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 39; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 30 BörsG Rz. 45. 69 Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 44; Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 39. 70 So auch Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 42; a.A. Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 44; v. Rosen in Assmann/Schütze (Hrsg.), Kapitalanlagerecht, § 2 Rz. 205.
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Börsenzulassungsverfahren
und Emissionsbegleiter üblicherweise im eigenen Interesse bereits im Vorfeld mit der Geschäftsführung abstimmen und im Verfahren auftauchende Fragen noch vor der Zulassungsentscheidung klären71.
3. Mehrfachzulassung und grenzüberschreitende Zulassung a) Mehrfachzulassung im Inland Die Behandlung von zeitlich nacheinander eingereichten Zulassungsanträgen sowie gleichzeitig an mehreren inländischen Börsen gestellten Zulassungsanträgen regelt § 35 BörsG. Um die Anwendung des § 35 BörsG für die Börsen zu vereinfachen, ist im Rahmen eines Zulassungsverfahrens gem. § 48 Abs. 1 Satz 3 BörsZulV anzugeben, ob ein gleichartiger Antrag zuvor oder gleichzeitig an einer anderen Börse gestellt worden ist oder demnächst gestellt wird72. § 35 BörsG normiert das so genannte Einheitsgebot, d.h. Wertpapiere, deren Zulassung bereits von einer Börse abgelehnt worden ist, dürfen nur mit Zustimmung dieser Börse zugelassen werden, bzw. im Falle gleichzeitig gestellter Zulassungsanträge dürfen die Wertpapiere nur mit Zustimmung aller Börsen, bei denen ein Antrag gestellt worden ist, zugelassen werden. Ziel der Regelung ist die Sicherstellung des Anlegerschutzes, der nur durch eine einheitliche Handhabung der Zulassungsregeln erreicht werden kann. Eine Ausnahme vom Einheitsgebot ist durch die Berücksichtigung so genannter örtlicher Verhältnisse möglich (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BörsG). Unter die örtlichen Verhältnisse können zum einen spezielle Zulassungsvoraussetzungen, die lediglich an einer Börse gelten, aber auch die örtliche Bedeutung eines Wertpapiers subsumiert werden73.
51
Die Zustimmung der nacheinander oder zeitgleich befassten Börsen ist Voraussetzung für eine positive Zulassungsentscheidung. Rechtlich stellt die Zustimmung der einen Börse gegenüber der anderen Börse keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Antragsteller dar, sondern es handelt sich um zwischenbehördliches internes Verwaltungshandeln, das die Zulassungsentscheidung damit zum mehrstufigen Verwaltungsakt macht74. Wird ein Antrag auf Zulassung abgelehnt, so hat die entscheidende Börsengeschäftsführung dies den übrigen inländischen Börsen, an denen die Wertpapiere des Emittenten gehandelt werden sollen, unter Angabe ihrer Gründe mitzuteilen (§ 35 Abs. 1 BörsG).
52
71 Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 39. 72 In diesem Zusammenhang ist die Verständigung der Trägergesellschaften der deutschen Börsen im Rahmen der Wertpapierzulassung zu erwähnen, die bis zum Inkrafttreten des FRUG galt. Danach war die Geschäftsführung der FWB für die Prüfung der Anträge zuständig, die Emittenten, die in einen der Hauptindizes aufgenommen sind, auf Zulassung von Aktien bzw. aktienvertretenden Zertifikaten stellen, deren Gattung bereits börsenzugelassen ist. Die Trägergesellschaften der Börsen haben sich darauf verständigt, diese Zusammenarbeit bis zum 30.6.2008 übergangsweise fortzuführen, s. urspr. Rundschreiben 01/2004 der Deutsche Börse AG vom 7.1.2004, zur Übergangsregelung Rundschreiben Listing 02/2007 vom 23.10.2007, jeweils abrufbar unter http://deutsche-boerse.com; s. auch Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 30 BörsG Rz. 28. 73 Vgl. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 33 BörsG Rz. 3 m.w.N. 74 S. Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 37; Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 33 BörsG Rz. 9; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 33 BörsG Rz. 5.
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b) Grenzüberschreitende Zulassung 53
Nach § 36 Abs. 1 BörsG muss die Geschäftsführung der Börse vor ihrer Entscheidung über die Zulassung von Wertpapieren, mit denen ein Bezugsrecht auf Aktien verbunden ist, die im Heimatland des Emittenten zugelassen sind, eine Stellungnahme der zuständigen Stelle des Heimatlandes einholen. Im Übrigen betrafen die Regelungen zu grenzüberschreitenden Zulassungen die Anerkennung von Prospekten innerhalb der Europäischen Union. Dieses Verfahren wurde durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz durch das Billigungs- und Bescheinigungsverfahren nach §§ 17 ff. WpPG ersetzt75. Für das Zulassungsverfahren bedeutet das, dass der Prospekt, dessen Veröffentlichung Voraussetzung für die Zulassung der Wertpapiere ist (§ 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG), entweder von der BAFin gebilligt worden sein muss oder eine zuständige Behörde in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union diesen Prospekt gebilligt und der BaFin hierüber eine Bescheinigung ausgestellt haben muss (s. hierzu § 30 Rz. 66).
4. Zulassungsgebühren 54
Die Wertpapierzulassung stellt eine öffentlich-rechtliche Leistung der Börse dar, für die entsprechend Gebühren erhoben werden; deren Zusammensetzung wird am Beispiel der FWB erläutert. a) Gebührenstruktur der FWB
55
Im Zusammenhang mit der Wertpapierzulassung werden gem. § 1 GebO FWB Gebühren für folgende Tätigkeiten erhoben: – die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel, die Einbeziehung von Wertpapieren in den regulierten Markt sowie den Widerruf der Zulassung und der Einbeziehung; – die Einführung (Notierungsaufnahme) von Wertpapieren an der Börse und – die Notierung von Wertpapieren an der Börse, deren Laufzeit nicht bestimmt ist (Aktien). Darüber hinaus kann die Erstattung von Auslagen verlangt werden76. b) Preispolitik als Wettbewerbsparameter
56
Es ist unbestritten, dass der Aspekt der Kostenoptimierung auch bei der Zulassungsentscheidung eines Emittenten eine wichtige Rolle spielt. Darüber hinaus erleichtert die zunehmende Harmonisierung und Integration der europäischen Kapitalmärkte vor allem international tätigen Unternehmen das Ausweichen an einen kostengünstigeren Börsenplatz. Werden jedoch die Gebührensätze der Börsen in Relation zu den praxisüblichen Emissionsvolumina und den sonstigen Kosten einer 75 S. hierzu § 30 Rz. 64 ff.; die Regelung in § 34 Abs. 3 BörsG a.F. über die Befreiung von einem Prospekterfordernis, wenn weniger als 6 Monate vor Stellung des Zulassungsantrags in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Zulassungsantrag gestellt worden war, war bereits mit dem Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz entfallen. Gleiches gilt für § 35 BörsG a.F. über die Anerkennung von Prospekten innerhalb der Europäischen Union. 76 Zu Einzelheiten s. die Gebührenordnung der FWB (Stand 1.11.2007), abrufbar unter http:// deutsche-boerse.com.
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Börsenzulassungsverfahren
Wertpapieremission gesetzt, so wird deutlich, dass die Gebührenpolitik der Börsen ein eher marginaler Faktor unter vielen ist.
IV. Aufnahme der Notierung – Einbeziehung 1. Aufnahme der Notierung (Einführung) Im Anschluss an die Zulassung wird auf Antrag des Emittenten nach § 38 Abs. 1 BörsG die Notierung zugelassener Wertpapiere im regulierten Markt aufgenommen (Einführung). Damit ist der Beginn des börslichen Sekundärhandels nach Platzierung der Wertpapiere gemeint. Hierzu hat der Emittent der Börsengeschäftsführung den vorgesehenen Zeitpunkt der Einführung und die Merkmale der Wertpapiere mitzuteilen (für die FWB § 53 Abs. 1 Satz 2 BörsO), wobei in der Praxis ein Verweis auf den Prospekt ausreichend ist. Frühester Zeitpunkt der Einführung ist der Werktag nach Veröffentlichung der Zulassung oder des Prospekts (bei prospektpflichtiger Zulassung)77. Weiterhin ist bei der mittlerweile gängigen Verbriefung in Globalurkunden die Hinterlegung der Globalurkunde bei der Clearstream Banking AG nachzuweisen78. Die Wertpapiere werden sodann durch die Ermittlung des ersten Börsenpreises eingeführt, sei es im elektronischen Handel oder durch einen Skontroführer gemäß den jeweils geltenden allgemeinen Preisermittlungsvorschriften79.
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Nach § 38 Abs. 2 BörsG dürfen Wertpapiere, die zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt werden, erst eingeführt werden, wenn die Zuteilung dieser Papiere beendet ist. Untersagt ist damit der so genannte „Handel per Erscheinen“; darunter wird der Abschluss von Kaufverträgen über Wertpapiere vor deren Einführung an der Börse gem. § 38 BörsG und das Aufschieben des Liefertermins verstanden80. Die Vorschrift erfasst allerdings nicht den Handel per Erscheinen außerhalb der Börse, insbesondere im Telefonhandel81. Eine Rolle spielt die Vorschrift bei den Verfahren, bei denen die Anleger aufgefordert werden, gegenüber den die Wertpapiere anbietenden Banken Angebote abzugeben82. Ein solches Verfahren ist etwa das Bookbuilding83. Hier ist für die Praxis davon auszugehen, dass die Zuteilung beendet und damit die Einführung der zugeteilten Wertpapiere möglich ist, wenn die Konsortialführer die Konsortialbanken über ihre jeweilige Zuteilungsquote unterrichtet haben. Mit dieser Unterrichtung ist die Platzierung beendet und die Zuteilung angebotener Papiere praktisch abgeschlossen, die Unterrichtung der Anleger und die Verbuchung der Wertpapiere ist lediglich deren Vollzug. Eine Information der Anleger oder eine Depotbuchung ist daher vor der Einführung nicht erforderlich84.
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77 S. § 52 BörsZulV und § 53 Abs. 3 BörsO FWB. 78 Zu alledem ausführlich Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rz. 4 ff. 79 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rz. 6. 80 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rz. 28. 81 Groß, Kapitalmarktrecht, § 37 BörsG Rz. 5; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 37 BörsG Rz. 28. 82 Groß, Kapitalmarktrecht, § 37 BörsG Rz. 5; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 37 BörsG Rz. 23. 83 S. hierzu Meyer in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, § 7 Rz. 30 ff. und Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 BörsG Rz. 7 ff. 84 Groß, Kapitalmarktrecht, § 37 BörsG Rz 5; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 37 BörsG Rz. 27.
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§ 31 59
Börsenzulassungsverfahren
Die Zulassung erlischt binnen drei Monaten nach Veröffentlichung der Zulassungsentscheidung, wenn die Wertpapiere bis dahin nicht eingeführt sind; eine Fristverlängerung ist auf Antrag durch die Geschäftsführung der Börse möglich, wobei der Antrag innerhalb der Drei-Monats-Frist gestellt werden muss (§ 38 Abs. 4 Satz 1 BörsG). Grund für die Regelung ist, dass nach Ablauf der Drei-Monats-Frist die Zulassungsentscheidung nicht mehr hinreichend aktuell ist. Was den möglichen Verlängerungszeitraum betrifft, dürfte nur eine angemessene Verlängerung in Betracht kommen, die maximal weitere drei Monate beträgt85.
2. Einbeziehung in den regulierten Markt 60
Nach § 33 BörsG können auf Antrag eines Handelsteilnehmers oder von Amts wegen durch die Geschäftsführung der Börse Wertpapiere, die bereits an einer anderen inländischen Börse zum regulierten Markt oder zu einem organisierten Markt innerhalb der EU bzw. des EWR oder einem diesem vergleichbaren Markt in Drittstaaten zugelassen sind, in den regulierten Markt einbezogen werden. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BörsG enthält eine Prüfungspflicht der Geschäftsführung im Hinblick auf eine mögliche Übervorteilung des Publikums oder eine Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen durch die Einbeziehung. Die Geschäftsführung der Börse muss den Emittenten, dessen Wertpapiere in den Handel einbezogen werden, unterrichten (§ 33 Abs. 3 BörsG). Zusätzliche Pflichten entstehen dem Emittenten aus der Einbeziehung nicht (Art. 40 Abs. 5 Satz 3 der Finanzmarktrichtlinie)86. Die Möglichkeit der Einbeziehung ist insbesondere bei Wertpapieren relevant, die bislang nur an ausländischen Märkten gehandelt werden. Hierdurch kann einerseits für deutsche Anleger (Private wie Institutionelle) eine kostengünstige Möglichkeit zum Handel solcher Wertpapiere in einem „Regulated Market“ im Sinne des EU-Rechts eröffnet werden, da sie die regelmäßig höheren Kosten einer Orderausführung an ausländischen Börsen vermeiden können. Zum anderen kann die Börse ihren so genannten Remote Members mit Sitz im Ausland den Handel dieser Wertpapiere ohne weitere Erlaubnis in deren Sitzstaat anbieten87. Ein niedrigeres Anlegerschutzniveau ist hierdurch nicht zu befürchten, weil es sich um Wertpapiere handeln muss, die zum Handel an einem organisierten Markt in der EU oder dem EWR zugelassen sind und damit Zulassungsvoraussetzungen und Folgepflichten genügen müssen, die den inländischen im Wesentlichen entsprechen88. Sobald es sich um Wertpapiere aus Drittstaaten handelt, müssen diese dort an einem organisierten Markt gehandelt werden, dessen Zulassungsvoraussetzungen und Melde- sowie Transparenzpflichten mit denen des regulierten Marktes zumindest vergleichbar sind, und der Informationsaustausch der zuständigen Aufsichtsbehörden muss gewährleistet sein.
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Nach alledem unterscheiden sich die Zulassungsvoraussetzungen für den regulierten Markt von den Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 33 BörsG hinsichtlich des Adressatenkreises und der inhaltlichen Anforderungen. Im Fall der Zulassung zum regulierten Markt hat der Emittent als Antragsteller ein Zulassungsverfahren zu durchlaufen. Demgegenüber ist bei der Einbeziehung des § 33 BörsG ein börsen85 86 87 88
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Ebenso Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, BörsG, § 37 Rz. 30. Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 228. Vgl. dazu Beck in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 WpHG Rz. 45. S. Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 56 BörsG Rz. 3.
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Börsenzulassungsverfahren
zugelassener Handelsteilnehmer der Antragsteller, der lediglich darlegen muss, dass die in § 33 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BörsG sowie in der BörsO geregelten Voraussetzungen eingehalten werden89.
V. Freiverkehr 1. Allgemeines Der Freiverkehr ist das zweite Marktsegment an der Börse, in dem vor allem Regionalwerte, Aktien junger Unternehmen sowie an anderen in- oder ausländischen Börsen zugelassene Wertpapiere, aber auch Schuldscheine und Zertifikate gehandelt werden90. Bislang musste der Betrieb eines Freiverkehrs durch die jeweilige Börse zugelassen werden (§ 57 Abs. 1 BörsG a.F.). Nunmehr bedarf der Betrieb des Freiverkehrs der schriftlichen Erlaubnis der Börsenaufsichtsbehörde (§ 48 Abs. 3 Satz 1 BörsG). Börsenträger, die den Betrieb eines Freiverkehrs bereits vor dem 1.11.2007 begonnen haben, müssen den Antrag auf Erlaubnis bis zum 30.4.2009 nachreichen (§ 52 Abs. 6 BörsG). Der Freiverkehr ist nicht in die öffentlich-rechtliche Organisation der Börse einbezogen. Sobald die Erlaubnis zu seinem Betrieb erteilt ist, ist er nicht durch staatliche Stellen geregelt und überwacht und deshalb kein organisierter Markt i.S. des § 2 Abs. 5 WpHG91. Die Richtlinien, nach denen der Freiverkehr betrieben wird, werden, so im Falle der FWB, vom privatrechtlichen Träger der Börse, der Deutsche Börse AG, erlassen und haben den privatrechtlichen Charakter allgemeiner Geschäftsbedingungen92. Daran ändert auch die Neufassung der gesetzlichen Regelung für den Freiverkehr in § 48 BörsG nichts. Danach setzt der Betrieb eines Freiverkehrs Geschäftsbedingungen voraus, die von der Geschäftsführung der Börse gebilligt wurden (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Zwar ordnet die Regierungsbegründung zum FRUG die Richtlinien für den Freiverkehr nun dem öffentlichen Recht zu, da die Richtlinien von der Geschäftsführung der Börse zu erlassen seien93. Diese Begründung steht jedoch im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut. Das Gesetz verwendet den Begriff der Geschäftsbedingungen, die ein Instrument des Privatrechts sind, verlangt deren Billigung und sieht gerade nicht ihren – hoheitlichen – Erlass durch die Börse vor. Die nach dem Gesetz notwendige Billigung verleiht den Geschäftsbedingungen keinen öffentlich-rechtlichen Charakter. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, dass nach dem Ende der Zweiteilung der organisierten Märkte in den amtlichen und den geregelten Markt das bislang privatrechtlich betriebene Segment zum neuen öffentlich-rechtlichen Teil des organisierten Marktes werden sollte94. 89 Vgl. etwa §§ 55 ff. BörsO FWB. 90 Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 1. 91 Harrer/Müller, WM 2006, 653, 654; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 2. 92 Groß, Kapitalmarktrecht, § 57 BörsG Rz. 2; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 148; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 2. 93 Begr. RegE zu § 48 BörsG BT-Drucks. 16/4028, S. 89; so auch Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 50 Fn. 96. 94 Dass die Praxis diese Einschätzung teilt, zeigt sich daran, dass etwa die Regeln für den Freiverkehr an der FWB in der Fassung vom 15.11.2007, mit der die Änderungen umgesetzt wurden, die sich aus dem FRUG ergeben haben, unverändert privatrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen sind.
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Börsenzulassungsverfahren
2. Einbeziehung in den Freiverkehr 63
Die Einbeziehung und damit die Aufnahme des Handels von Wertpapieren beruht regelmäßig auf einer Entscheidung des jeweiligen Freiverkehrsveranstalters (zumeist des Börsenträgers) auf Grundlage der jeweiligen Freiverkehrsrichtlinien. Die Regelungen an den einzelnen Börsen weichen erheblich voneinander ab; nachfolgend wird am Beispiel der von der FWB erlassenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB Fv FWB vom 15.11.2007) für den Freiverkehr, der zeitgemäß in Open Market umbenannt wurde, vorgegangen. Zu den wesentlichen Einbeziehungsvoraussetzungen gehört, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Börsenhandel gewährleisten kann, was insbesondere voraussetzt, dass – der Freiverkehrsträger über Umstände, die für die Bewertung des Wertpapiers oder des Emittenten von wesentlicher Bedeutung sein können, unverzüglich unterrichtet wird (§ 14 ABG Fv FWB)95; – eine ordnungsgemäße Abwicklung der Wertpapiergeschäfte sichergestellt ist (§ 13 Abs. 1c) AGB Fv FWB);
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Der Antrag auf Einbeziehung muss von einem Teilnehmer am Freiverkehr (Open Market) der FWB, d.h. einem Unternehmen, das zur Teilnahme am Börsenhandel der FWB zugelassen ist (antragstellender Handelsteilnehmer), gestellt werden (§§ 11 Abs. 2, 2 Abs. 3 AGB Fv FWB). Eine Mitwirkung des Emittenten ist dafür nicht erforderlich. Der Antrag muss die genaue Bezeichnung der einzubeziehenden Wertpapiere und Angaben darüber enthalten, an welchem in- oder ausländischen organisierten Markt das entsprechende Wertpapier bereits gehandelt wird. Wird das Wertpapier noch an keinem anderen organisierten Markt gehandelt oder liegt kein dafür erstellter Prospekt vor, der von einer von der Deutsche Börse AG anerkannten inoder ausländischen Behörde gebilligt worden ist, muss der Antragsteller (jedenfalls an der FWB) nähere Angaben über den Emittenten in Form eines Exposés vorlegen, das eine zutreffende Beurteilung des Emittenten ermöglicht (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 AGB Fv FWB).
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Ein Antrag auf Einbeziehung kann abgelehnt werden, wenn nach Auffassung der Deutsche Börse AG die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Handel oder eine ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung nicht gegeben sind oder die Einbeziehung zu einer Übervorteilung des Publikums oder einer Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen führt (§ 11 Abs. 3 AGB Fv FWB). Als praxisrelevante Variante, die unter das Tatbestandsmerkmal einer Übervorteilung des Publikums subsumiert werden könnte, kommt z.B. eine offensichtliche Überbewertung von Wertpapieren, die einen Kursverfall befürchten lässt, in Betracht. Ebenfalls relevant ist der Fall der so genannten Marktschädigung, wenn eine existenzbedrohende Ausschlachtung des Unternehmens durch den die Einbeziehung betreibenden Großaktionär zu befürchten ist, oder ein Großaktionär nach der Einbeziehung seine Stammaktien ohne jede Rücksichtnahme auf die Markterwartung verkaufen würde. Diesbezüglich muss aber eine konkrete Gefahr vorliegen96. 95 S. Schwark, in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 4. 96 S. zu § 30 Abs. 3 Nr. 3 BörsG a.F. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 BörsG Rz. 21 ff.
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Börsenzulassungsverfahren
Die Einbeziehung von Wertpapieren in den Freiverkehr stellt für sich kein erstmaliges öffentliches Angebot von Wertpapieren dar, das eine Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG auslöst97. Anders kann es sich indes verhalten, wenn zusätzlich zur Antragstellung die Wertpapiere öffentlich beworben werden98. Ein Wechsel aus dem Freiverkehr in den regulierten Markt setzt ein Zulassungsverfahren nach §§ 32 ff. BörsG und damit auch die Veröffentlichung eines nach den Vorschriften des WpPG gebilligten oder bescheinigten Prospekts voraus.
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3. Der Entry Standard der FWB Als so genanntes Premiumsegment für den Freiverkehr hat die FWB Ende Oktober 2005 den Entry Standard geschaffen99. Der Entry Standard soll kleineren und mittleren Unternehmen einerseits einen Zugang zur Börse verschaffen, der mit weniger Aufwand und regulatorischen Belastungen verbunden ist als eine Zulassung zum regulierten Markt, andererseits sollen die im Vergleich zum Freiverkehr (Open Market) höheren Transparenzanforderungen eine gewisse Qualität sicherstellen100.
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Im Unterschied zu einer Einbeziehung in den Freiverkehr (Open Market) muss bei einer Einbeziehung in den Entry Standard der Emittent sein Einverständnis zu einer Einbeziehung erklären, und zwar gegenüber dem antragstellenden Handelsteilnehmer (§ 16 Abs. 3d) AGB Fv FWB). Außerdem ist ein Konzernabschluss für das der Antragstellung vorausgehende Geschäftsjahr des Emittenten nach den für ihn geltenden nationalen Rechnungslegungsvorschriften oder nach IFRS und ein Unternehmenskurzporträt, das auf der Internetseite des Emittenten zu veröffentlichen ist, vorzulegen. Die Angaben, die das Unternehmenskurzporträt enthalten muss, ergeben sich aus Anlage 2 zu § 16 Abs. 3f) AGB Fv FWB. Es handelt sich dabei um Angaben zu den Handelsdaten wie etwa die Gesamtzahl der Aktien und die Aktionärsstruktur, um Unternehmensinformationen wie Gründungsdatum und die Nennung der Organmitglieder und eine kurze Geschäftsbeschreibung. Die bloße Veröffentlichung des Unternehmenskurzporträts macht die Einbeziehung in den Entry Standard des Freiverkehrs noch nicht zu einem prospektpflichtigen öffentlichen Angebot nach §§ 2 Nr. 4, 3 WpPG101. Allerdings kann eine Verknüpfung von Unternehmensinformationen und Informationen über die Einbeziehung in den Entry Standard als öffentliches Angebot qualifiziert werden und eine Prospektpflicht auslösen102. Der antragstellende Handelsteilnehmer muss Überwachungspflichten gegenüber dem Emittenten und Unterrichtungspflichten gegenüber der Deutsche Börse AG über-
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97 Ebenso Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 7; Groß, Kapitalmarktrecht, § 57 BörsG Rz. 10; Ritz in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, 2001, § 1 Rz. 52; sowie Bekanntmachung des BAWe zum Wertpapierverkaufsprospektgesetz vom 6.9.1999, abrufbar unter www.bafin.de/bekanntmachungen (Aufsichtspraxis/sonstige Aufsichtspraxis/Bekanntmachungen Wertpapieraufsicht). 98 Ritz in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, 2001, § 1 Rz. 52. 99 Zum Entry Standard s. insbesondere Harrer/Müller, WM 2006, 653 ff.; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147 ff. 100 Schanz, Börseneinführung, § 11 Rz. 61; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 148. 101 Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 153. 102 Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 153, s. zur Abgrenzung auch die Kriterien in der Bekanntmachung des BAWe zum Wertpapierverkaufsprospektgesetz vom 6.9.1999 unter I.2.d) und e). abrufbar unter www.bafin.de/bekanntmachungen (Aufsichtspraxis/sonstige Aufsichtspraxis/Bekanntmachungen Wertpapieraufsicht).
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Börsenzulassungsverfahren
nehmen, die insbesondere einem erhöhten Transparenzniveau dienen. Dadurch soll eine Quasi-ad-hoc-Pflicht geschaffen und eine regelmäßige Veröffentlichung von Jahres- und Zwischenabschlüssen sichergestellt werden103. Der antragstellende Handelsteilnehmer muss eine Erklärung unterzeichnen, in der er der Deutsche Börse AG gegenüber versichert, die Antragstellung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorbereitet und durchgeführt zu haben, und in der er sich ausdrücklich verpflichtet, die der Transparenz dienenden Verpflichtungen einzuhalten (§ 16 Abs. 3a) AGB Fv FWB und Anlage 1, für den Open Market s. § 14 AGB Fv FWB). In der Erklärung übernimmt der antragstellende Handelsteilnehmer zudem eine Freistellungspflicht, sollte der Deutsche Börse AG aus der Verletzung seiner Pflichten ein Schaden entstehen. 69
Für den Freiverkehr, auch den Entry Standard ist charakteristisch, dass keine Rechtsbeziehungen zwischen Emittenten und Börse bestehen. Die AGB Fv FWB nehmen deshalb den antragstellenden Handelsteilnehmer in die Pflicht, der die Transparenzanforderungen seinerseits auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zum Emittenten des Freiverkehrs durchsetzen muss. Während im regulierten Markt für das antragstellende Institut die Pflichten mit der Zulassungsentscheidung der Geschäftsführung der Börse enden und der Emittent selbst dafür verantwortlich ist, die Zulassungsfolgepflichten einzuhalten, muss im Freiverkehr der antragstellende Handelsteilnehmer den Emittenten permanent überwachen104. Dabei ist noch ungeklärt, welche Anstrengungen von dem antragstellenden Handelsteilnehmer zu erwarten sind. Zu berücksichtigen ist, dass er, selbst wenn er den Emittenten vertraglich zur Einhaltung der genannten Pflichten gebunden hat, wenig Handhabe hat, diese Verpflichtungen auch durchzusetzen. Mehr als ein ernsthaftes Bemühen wird man ihm kaum abverlangen können105. Abzuwarten bleibt auch die praktische Tragweite der in der Verpflichtungserklärung für den Entry Standard enthaltenen Versicherung des antragstellenden Handelsteilnehmers, die Antragstellung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorbereitet und durchgeführt zu haben. Die Pflicht, diese Erklärung abzugeben, könnte die Akzeptanz des Entry Standard bei den Handelsteilnehmern negativ beeinflussen. Insbesondere die Bedeutung der Regressmöglichkeit der Deutsche Börse AG für Schäden, die von dem antragstellenden Handelsteilnehmer zu verantworten sind, muss sich in der Praxis noch zeigen. Allerdings ist schwer vorstellbar, wie der Deutsche Börse AG Schäden entstehen sollen. Anspruchsgrundlagen für Anleger sind nicht erkennbar, zumal in § 9 Abs. 4 AGB Fv FWB ausdrücklich die Haftung gegenüber Dritten ausgeschlossen ist106.
103 104 105 106
Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 149. Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 153. Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 153. S. hierzu Schanz, Börseneinführung, § 12 Rz. 27, Fn. 56; Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 153.
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§ 32 Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens Uta Klawitter I. Insiderrechtliche Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insiderhandelsverbote . . . . . . . a) Insiderpapiere . . . . . . . . . . b) Insiderinformation . . . . . . . aa) Informationen über Umstände und Ereignisse . bb) „Konkrete“ Information . cc) Nicht öffentlich bekannt . dd) Den Emittenten oder die Insiderpapiere selbst betreffend . . . . . . . . . . ee) Eignung zur erheblichen Preisbeeinflussung . . . . . c) Erwerbs- und Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erwerb und Veräußerung . bb) Unter Verwendung von Insiderinformationen . . .
. . . .
1 3 6 7
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8 13 14
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15
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18
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21 23
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2. Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen und der Empfehlung von Insiderpapieren . . . . . . . . . a) Weitergabeverbot . . . . . . . . . b) Verbot der Empfehlung von Insiderpapieren/des Verleitens zum Handel . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht des Emittenten zur Führung eines Insiderverzeichnisses und zur Aufklärung der Insider über ihre Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtete . . . . . . . . . . . . b) Inhalt des Insiderverzeichnisses aa) In das Verzeichnis aufzunehmende Personen . . . bb) Weitere Angaben . . . . . . . cc) Aktualisierungspflicht . . . dd) Form und Aufbewahrungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufklärungspflichten . . . . . . . II. Publizitäts- und Berichtspflichten 1. Regelpublizität a) Aufstellung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses/ Jahrensfinanzbericht . . . . . . aa) Aufstellung . . . . . . . . . bb) Veröffentlichung . . . . . .
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35 36 39
43 44 47 52 54 56 59 63
67 68 72
b) Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten . . . . . . . . c) Veröffentlichung von Quartalsfinanzberichten/Zwischenmitteilungen . . . . . . . . . . . . . . 2. Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . a) Ad-hoc-mitteilungspflichtige Informationen . . . . . . . . . . . b) Veröffentlichungspflicht und Befreiungsmöglichkeit . . . . . . c) Inhalt und Form der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Inhalt und Art der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . e) Berichtigungspflicht . . . . . . . 3. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Beteiligungsveränderungen an börsennotierten Gesellschaften gem. §§ 21 ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitteilungspflichtige Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Form und Inhalt der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form, Frist und Inhalt der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . 4. Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten betreffend „Directors’ Dealings“ gem. § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . a) Mitteilungspflichtige Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mitteilungspflichtige Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmetatbestände . . . . . . d) Inhalt und Form der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Inhalt, Art und Frist der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . 6. Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex gem. § 161 AktG a) Jährliche Erklärung
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75 79 81 82 87 96 101 105
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Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens
aa) Inhalt der Erklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . bb) Umsetzung der Erklärungspflicht . . . . . . . . . . . . . cc) Zugänglichmachung . . . . . b) Unterjährige Änderungen . . . .
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7. Informationspflichten für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren gem. §§ 30a ff. WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 8. Jährliches Dokument gem. § 10 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Schrifttum: Cahn, Das neue Insiderrecht, Der Konzern 2005, 5; Fleischer, Der deutsche „Bilanzeid“ nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB, ZIP 2007, 97; Grimme/von Buttlar, Neue Entwicklungen in der Ad-hoc-Publizität, WM 2003, 901; Holzborn/Israel, Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, WM 2004, 1948; Ihrig/Wagner, Corporate Governance: Kodex-Erklärung und ihre unterjährige Korrektur, BB 2002, 2509; Kirschhöfer, Führung von Insiderverzeichnissen, Der Konzern 2005, 22, Kuthe, Änderungen des Kapitalmarktrechts durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, ZIP 2004, 883; Möllers, Insiderinformation und Befreiung von der Ad-hoc-Publizität nach § 15 Abs. 3 WpHG, WM 2005, 1393; Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003; Mülbert/Steup, Das zweispurige Regime der Regelpublizität nach Inkrafttreten des TUG, NZG 2007, 761; Schlitt/Schäfer, Die Auswirkungen von TUG und FRUG auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227; Sven H. Schneider, Selbstbefreiung von der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, BB 2005, 897; Uwe H. Schneider, Der pflichtenauslösende Sachverhalt bei Directors’ Dealings, BB 2002, 1817; Uwe H. Schneider, Die kapitalmarktrechtlichen Offenlegungspflichten von Konzernunternehmen nach §§ 21 ff. WpHG, FS Brandner, 1996, S. 565; Uwe H. Schneider/von Buttlar, Die Führung von Insiderverzeichnissen: Neue Compliance-Pflichten für Emittenten, ZIP 2004, 1621; Simon, Die neue Ad-hoc-Publizität, Der Konzern 2005, 13; Tollkühn, Die Adhoc-Publizität nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, ZIP 2004, 2215; Ziemons, Neuerungen im Insiderrecht und bei der Ad-hoc-Publizität durch die Marktmissbrauchsrichtlinie und das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, NZG 2004, 537. Publikationen der Aufsichtsbehörde: Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 15.7.2005 (Pfad: www.bafin.de > Aufsichtspraxis > Leitfäden); Merkblatt – Hinweise zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gem. §§ 21 ff. WpHG vom. 5.2.2007 (Pfad: www.bafin.de > Aufsichtspraxis > Merkblätter).
I. Insiderrechtliche Verhaltenspflichten 1
Bereits mit der Beantragung der Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel an einem organisierten europäischen Marktplatz verliert ein Emittent die Möglichkeit, uneingeschränkt über Informationen, die das Unternehmen oder die begebenen Wertpapiere betreffen, zu verfügen und sie zu nutzen. Im Gegenzug für den mit Nutzung der Kapitalmärkte erleichterten Zugang zu Finanzquellen wird das börsennotierte Unternehmen Regeln unterworfen, die den Schutz der Geldgeber bezwecken und damit Anreize für ihre kontinuierliche Bereitschaft zur Bereitstellung von Liquidität und damit die Funktionsfähigkeit der Märkte schaffen. Die zwischen dem Emittenten und seinen Angehörigen einerseits und den Marktteilnehmern andererseits bestehende Informationsasymmetrie soll nicht von Einzelnen mit Wissensvorsprüngen zum Schaden anderer genutzt werden können. Durch Schaffung umfassender Transparenz soll diese Asymmetrie entweder so schnell wie möglich aufgehoben werden oder ihre Ausnutzung untersagt sein. Die kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten einer Börsennotierung verpflichten Unternehmen daher, bestimmte Informationen zu definierten Zeitpunkten offen zu legen und für die verbleibenden Fälle von Informationsvorsprüngen dafür Sorge zu tragen, dass diese nicht zum Nachteil anderer Marktteilnehmer genutzt werden. 872
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Klawitter
Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens
§ 32
Insbesondere die insiderrechtlichen Verhaltenspflichten sollen gewährleisten, dass bestimmte Informationen aus dem Umfeld einer börsennotierten Emittentin nicht von Einzelnen zu Lasten anderer Marktteilnehmer verwendet werden können.
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Bezweckt ist nicht der Schutz der anderen Marktteilnehmer vor individuellen Vermögensschäden, sondern das Vertrauen der Anleger in einen funktionsfähigen Markt1. Dementsprechend sind nicht nur solche Verhaltensweisen verboten, die die Nutzung des Wissensvorsprungs zum eigenen Vorteil zum Ziel haben, sondern auch solche, die den Kreis derjenigen, die über einen Wissensvorsprung verfügen, erweitern und damit auch den Kreis derjenigen, die die Möglichkeit zur Nutzung des Vorteils erhalten. Konsequenz des auf Marktschutz ausgerichteten Gesetzeszwecks ist es auch, dass Verstöße keine Schadensersatzansprüche zugunsten einzelner geschädigter Anleger auslösen, sondern Rechtsfolgen über Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände2. Für börsennotierte Emittenten hat dies Organisations- und Informationspflichten, für ihre Organe, Mitarbeiter und Beauftragten bestimmte Verhaltenspflichten zur Folge.
1. Insiderhandelsverbote Es ist verboten, unter Verwendung einer Insiderinformation Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern, § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG3.
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Adressat des Verbots ist nicht ein bestimmter, als „Insider“ bezeichneter Personenkreis, sondern jeder, der über so genannte „Insiderinformationen“4 im Hinblick auf „Insiderpapiere“ (dazu sogleich unter Rz. 6) oder die Emittenten solcher Papiere verfügt.
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Als Inhaber von Insiderinformationen kommen nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen und Personenvereinigungen in Betracht, da ihnen das Wissen ihrer Organe und bestimmter Mitarbeiter5 zugerechnet wird. Daher kann auch die Emittentin selbst einem Insiderhandelsverbot unterliegen, wenn sie über Insiderinformationen verfügt und z.B. einen Aktienrückerwerb beabsichtigt6. Dem Vorstand der Emittentin obliegt es, im Rahmen seiner Organisationspflichten dafür Sorge zu tragen, dass die Unternehmensangehörigen über die insiderrechtlichen Verhaltenspflichten aufgeklärt werden und dass die Einhaltung dieser Pflicht überwacht wird7. Hinzu treten spezielle im Wertpapierhandelsgesetz normierte Pflichten, wie die Gewährleistung der Vertraulichkeit bei aufgeschobenen Ad-hocMeldungen (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG) oder die Führung von Insiderverzeichnissen (§ 15b WpHG). 1 2 3 4 5
Letzel, WM 2003, 1757. Zu den Rechtsfolgen s. Rz. 41 f. In der Fassung des AnSVG vom 28.10.2004. Dazu unten Rz. 7. BGH v. 2.2.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30 = AG 1996, 220; BGH v. 15.4.1997 – XI ZR 105/96, BGHZ 135, 202. 6 Zu den privilegierten Rückerwerben s. unten Rz. 28 ff. 7 Kümpel, WM 1996, 653, 658; Fleischer, Handbuch des Vorstandsrechts, 2006, § 8 Rz. 41.
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a) Insiderpapiere 6
Insiderpapiere sind Finanzinstrumente (§ 2 Abs. 2b WpHG)8, die – an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind oder in den regulierten Markt oder Freiverkehr einbezogen sind (§ 12 Nr. 1 WpHG) oder – in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder bestimmten anderen Staaten9 zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 12 Nr. 2 WpHG). Mit Aufnahme nur angekündigter Zulassung oder nur angekündigter Einbeziehung in ein Marktsegment in den Tatbestand soll der Anlegerschutz insoweit in das Vorfeld der Börsennotierung verlagert werden. Dies betrifft z.B. die Fälle des so genannten Handels per Erscheinen während der Bookbuilding-Phase, wenn die Aktien, die im Markt platziert werden sollen, noch gar nicht gezeichnet sind. Insiderpapiere sind auch solche Finanzinstrumente, deren Preis unmittelbar von Finanzinstrumenten im vorgenannten Sinne abhängt, z.B. Put- und Call Optionen auf Aktien des Emittenten. Damit sind auch solche Derivate erfasst, für die selbst nicht auf einem der genannten Märkte eine Zulassung erfolgt oder angekündigt ist10, namentlich auch Warenderivate und Optionsrechte aus Vergütungsprogrammen für Führungskräfte11. b) Insiderinformation
7
Eine Insiderinformation (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG) ist eine – – – –
konkrete Information über Umstände und Ereignisse, die nicht öffentlich bekannt sind und die sich auf Emittenten von Insiderpapieren oder die Insiderpapiere selbst beziehen und – die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. aa) Informationen über Umstände und Ereignisse
8
Grundlage einer Insiderinformation können bereits existierende Umstände oder eingetretene Ereignisse sein, soweit die weiteren Tatbestandsmerkmale hinzutreten, insbesondere eine Eignung zur Preisbeeinflussung festgestellt werden kann. Hierzu gehören dem Beweis zugängliche Geschehnisse oder Zustände12, Bewertungen von 8 Legaldefinition; neben Wertpapieren, Derivaten und Rechten zur Zeichnung von Wertpapieren auch sonstige Instrumente, die zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt ist. 9 Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. 10 In Umsetzung von Art. 9 Satz 2 der Richtlinie 2003/6/EG – „Marktmissbrauchsrichtlinie“. 11 Emittentenleitfaden III 1.3. – nicht als Insiderpapiere qualifizieren hingegen Stock Appreciation Rights u.a. Wertsteigerungsrechte. 12 Erläuterungen und Empfehlungen zur Behandlung kursbeeinflussender Tatsachen – Arbeitskreis Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2043.
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§ 32
Unternehmen durch Wirtschaftsprüfer oder Ratingagenturen13, Absichten, Pläne und Vorhaben14. Ausreichend ist auch, dass es sich um zukünftige Umstände und Ereignisse handelt, vorausgesetzt, man kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von ihrer zukünftigen Existenz ausgehen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Dazu kann z.B. die Nachricht über eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit gehören, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit durch zusätzliche Informationen unterstützt wird, wie etwa gekündigte Kreditlinien oder Rückholung von Waren durch Lieferanten. Auch wenn die Information nicht wahr zu sein braucht, um dem Verbotstatbestand zu unterfallen, so ist dies im Hinblick auf bloße Gerüchte nach Maßgabe der Gesetzesbegründung nicht ausreichend15. Die BaFin betrachtet allerdings Gerüchte, die einen Tatsachenkern enthalten, in Abhängigkeit von der Quelle des Gerüchts und den zugrunde liegenden, nachprüfbaren Fakten, als mögliche Insiderinformation16. Mit dem Tatbestandsmerkmal „Umstände“ fallen – überprüfbare17 – Werturteile und wegen seiner Zukunftsbezogenheit auch Prognosen in den Bereich der durch § 13 WpHG geschützten Informationen.
9
Die Aufnahme von Prognosen in den Bereich der insiderrelevanten Informationen kann insbesondere bei der Beurteilung von Sachverhalten Bedeutung erlangen, bei denen sich eine Vielzahl von Informationen – die, jede für sich genommen nicht als Insiderinformation qualifizieren würde, z.B. weil es an der Eignung zur Kursrelevanz fehlt – in einer Gesamtschau zur Prognose eines Gewinn- oder Ertragseinbruchs verdichtet. Dann darf nicht mehr bis zur Verbuchung der Ertragsveränderung im nächsten Jahres- oder Quartalsabschluss zugewartet werden18, um die Qualität der Information als insiderrechtlich relevant zu beurteilen, wenn eine Eintrittswahrscheinlichkeit bejaht wird. Ob die Beurteilung abweichend ausfallen kann, wenn die Emittentin durch andere Maßnahmen den Einbruch kompensieren kann, wird davon abhängen, ob auch die Gegenmaßnahmen hinreichend konkrete Möglichkeiten oder ob sie Hoffnungswerte sind. Zu den erfassten Prognosen gehört aber grundsätzlich auch die beschlossene (Kurzfrist-19)Planung des Unternehmens, mit der Folge, dass diese – im Falle einer Eignung zur Kursrelevanz – grundsätzlich auch ad hoc zu publizieren ist (dazu unten Rz. 82 ff.).
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Ausdrücklich ausgenommen aus dem Kreis der Insiderinformationen sind Prognosen, die ausschließlich aufgrund öffentlich bekannter Informationen erstellt worden sind, selbst wenn sie Kursbeeinflussungspotential aufweisen (§ 13 Abs. 2 WpHG), d.h. z.B. Wertpapieranalysen oder redaktionelle Beiträge von Wirtschaftsjournalisten.
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13 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 16. 14 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 20. 15 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 34; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 17. 16 Emittentenleitfaden III 2.1.1.2. 17 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 33 f. 18 Kümpel, AG 1997, 66, 69; Braun in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 8 Rz. 96 f.; Emittentenleitfaden IV 2.2.9.1. Zur Frage, ob unter Inanspruchnahme einer Selbstbefreiung für kürzere Zeiträume bis zur Regelberichterstattung zugewartet werden kann, s. Cahn/Götz, Ad-hoc-Publizität und Regelberichterstattung, AG 2007, 221 f. 19 Nicht hingegen Planungen mit einem Zeithorizont von drei oder mehr Jahren, Emittentenleitfaden IV 2 2.9.2.
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Kapitalmarktrechtliche Folgepflichten eines börsennotierten Unternehmens
Um das so genannte Front Running20 ahnden zu können, erklärt § 13 Abs. 1 Satz 4 WpHG insbesondere solche Umstände und Ereignisse zu Insiderinformationen, die sich auf Kauf- und Verkauforders von Finanzinstrumenten beziehen21. Wenngleich es sich hierbei um Tatbestände handelt, die aufgrund des spezifischen Informationsgehalts üblicherweise nur für Mitarbeiter von Finanzdienstleistungsunternehmen in Betracht kommen, ist zu beachten, dass auch Mitarbeiter anderer Emittenten mit entsprechenden Informationen über Erwerbs- und Veräußerungsgeschäfte in Berührung kommen können, namentlich in Bereichen, in denen Aktienoptionsprogramme administriert werden. Besteht hingegen Kenntnis über eine (kursrelevante) Änderung im Aktionärskreis des Emittenten durch Kauf oder Verkauf, so ist dies eine mittelbar den Emittenten betreffende Information (auch wenn dies keine Ad-hoc-Mitteilungspflicht auslöst, es sei denn, die Machtverhältnisse ändern sich signifikant, z.B. bei Beherrschungsverhältnissen22), die bereits nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG für jedermann eine Insiderinformation begründet. bb) „Konkrete“ Information
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Eine Eingrenzung des weiten Begriffs der Information erfolgt durch das Erfordernis, dass die Information betreffend Umstände und Ereignisse „konkret“ sein muss, was der von der Marktmissbrauchsrichtlinie verwendeten Formulierung einer „präzisen“ Information23 entspricht und in der entsprechenden Durchführungsrichtlinie weiter konkretisiert ist. Danach muss die Information spezifisch genug sein, um Rückschlüsse auf die mögliche Auswirkung der Umstände auf den Marktpreis der Insiderpapiere zuzulassen24. Dementsprechend verlangt auch die Begründung zum Regierungsentwurf, dass Werturteile überprüfbar zu sein haben und in der Zukunft liegende Ereignisse oder Umstände nur dann die erforderliche hinreichende Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Eintritt als voraussehbar erscheinen lassen25. Wegen der mit dem Vorliegen einer hinreichend konkreten Insiderinformation verbundenen grundsätzlichen Pflicht zur Ad-hoc-Veröffentlichung kommt dem Kriterium der hinreichenden Eintrittswahrscheinlichkeit in der Praxis große Bedeutung zu, und zwar insbesondere bei kursrelevanten Vorgängen, die sich in mehreren Stadien über Zeiträume entwickeln, wie z.B. M&A-Transaktionen oder Veränderungen in Schlüsselpositionen des Unternehmens. Die bloße Absicht eines Vorstandsvorsitzenden, das Amt niederzulegen26, ist als rein interne Information
20 Vorab-Platzierung von eigenen Orders in Kenntnis von in Kürze zur Ausführung kommenden Orders Dritter im Hinblick auf dieselben Insiderpapiere. 21 Bei Derivaten auf üblicherweise veröffentlichte Informationen, § 13 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 WpHG. 22 Emittentenleitfaden IV 2.2.2.; Parmentier, Ad-hoc-Publizität bei Börsengang und Aktienplatzierung, NZG 2007, 407, 413. 23 Art. 1 Abs. 1 RL 2003/6/EG. 24 Art. 1 Abs. 1 RL 2003/124/EG-Richtlinie betreffend best. Begriffsbestimmungen und Veröffentlichung von Insiderinformationen und Marktmanipulation. 25 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 34. 26 Überraschende Veränderungen in Schlüsselpositionen des Unternehmens wie z.B. des Vorstandsvorsitzenden, kommt grundsätzlich erhebliches Preisbeeinflussungspotential zu, Emittentenleitfaden IV 2.2.4.
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nicht dem Beweise zugänglich und daher nicht hinreichend wahrscheinlich27. Legt das Vorstandsmitglied durch einseitigen Rücktritt das Amt nieder, so ist damit eine veröffentlichungspflichtige Insiderinformation entstanden, ohne dass es auf die Berufung auf wichtige Gründe ankommt28. Kommt es – wie im Regelfall – zu Verhandlungen über die Bedingungen des Ausscheidens, weil ein wichtiger Grund zur Kündigung nicht vorliegt, so wird sich die Insiderinformation i.d.R. erst gegen Ende der Verhandlungen hinreichend konkretisieren29. Handelt es sich um eine „gesamthafte Regelung der Nachfolge“ dergestalt, dass mit dem Ausscheiden eines Vorstandsvorsitzenden zugleich ein neuer ernannt werden soll, soll nach Ansicht der Rechtsprechung erst der entsprechende Aufsichtsratsbeschluss nach § 84 Abs. 2 AktG die Insiderinformation begründen30. Höchst vorsorglich kommt in Betracht, bereits die Auflösungsverhandlungen als Insiderinformation zu betrachten und eine Selbstbefreiung31 in Anspruch zu nehmen, bis eine Übereinkunft erzielt werden kann32. cc) Nicht öffentlich bekannt Eine Information bedarf nur so lange des insiderrechtlichen Schutzes, wie sie nicht öffentlich bekannt ist. Sie verliert den Charakter einer Insiderinformation, wenn es einer unbestimmten Anzahl von Personen möglich ist, von ihr Kenntnis zu nehmen33. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Informationen über ein bei institutionellen Marktteilnehmern verbreitetes elektronisches Informationssystem veröffentlicht wurde34. Damit ist die so genannte Bereichsöffentlichkeit hergestellt, für die es nicht darauf ankommt, ob Privatanleger von den maßgeblichen Medien Kenntnis genommen haben. Die Öffentlichkeit einer Information kann zweifelhaft sein, wenn eine Information dem Anlegerpublikum zwar als allgemeine Marktinformation bekannt ist, im Hinblick auf ihre konkreten Auswirkungen auf die Emittentin jedoch zweifelhaft (z.B. die Bedeutung von Ölpreisschwankungen für den einzelnen Emittenten)35. Hier wird die Lösung über die Auswirkungen auf den Emittenten zu suchen sein. Führt die Preisschwankung zu steigenden oder stark fallenden Kosten mit Auswirkungen auf die Gewinnsituation, so ist die neue Gewinnprognose des Emittenten36 die maßgebliche Insiderinformation, wenn sie Kursrelevanz hat. 27 Möllers, WM 2005, 1393, 1394. 28 Möllers, WM 2005, 1393, 1394; OLG Stuttgart v. 15.2.2007 – 901 Kap 1/06, AG 2007, 250, 252 (nicht rkr.). 29 Möllers, WM 2005, 1393, 1397. 30 OLG Stuttgart v. 15.2.2007 – 901 Kap 1/06, AG 2007, 250, 252 f. (nicht rkr.); die BaFin hingegen hat im konkreten Fall wegen zu später Ad-hoc-Mitteilung ein Bußgeldverfahren verhängt. 31 Siehe unten Rz. 87 f.. 32 Möllers, WM 2005, 1393, 1398. 33 Begründung zum RegE der Vorläufernorm § 13 a.F., BT-Drucks. 12/6679, S. 46, zu der insoweit keine Änderung eingetreten ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veröffentlichung ordnungsgemäß oder unter Verstoß gegen § 15 Abs. 1 WpHG erfolgte, Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 13. 34 Erläuterungen und Empfehlungen zur Behandlung kursbeeinflussender Tatsachen – Arbeitskreis Deutsche Börse AG, WM 1994, 2038, 2044. 35 Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1952. 36 Nicht hingegen etwaige von Dritten in den Markt gegebenen Prognosen, die der Emittent nicht teilt und auf die er daher auch nicht reagieren muss, Emittentenleitfaden IV 2.2.9.2.
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dd) Den Emittenten oder die Insiderpapiere selbst betreffend 15
Die vorgenannten Informationen müssen sich auf den Emittenten oder die Insiderpapiere beziehen. Dies ist der Fall, wenn ein Umstand seinen Ursprung im Unternehmen hat oder externe Ereignisse einen unternehmensspezifischen Bezug haben (z.B. für den Emittenten maßgebliche Entscheidungen der zuständigen Regulierungsbehörde).
16
Dabei ist ein bloß mittelbarer Bezug ausreichend37, z.B. weil der Umstand an dem Markt, auf dem das Finanzinstrument gehandelt wird, den Prozess der Preisbildung beeinflussen kann.
17
Zu den Umständen, die mittelbar den Emittenten betreffen, gehören damit auch Marktinformationen, wie z.B. Naturereignisse, politische Umstände oder Preise bestimmter Güter. Als Korrektiv gegen eine zu starke Ausweitung der als Insiderinformation zu qualifizierenden Ereignisse wirken die Erfordernisse der Eignung zur Preisbeeinflussung und der Konkretisierung (s. oben Rz. 13), wonach Rückschlüsse auf die mögliche Preisauswirkung erforderlich sind. Damit ist z.B. eine unmittelbar bevorstehende Rohstoffpreiserhöhung nur für solche Emittenten eine denkbare Insiderinformation, die maßgeblich auf diesen Rohstoff angewiesen sind, etwa weil er ein erhebliches Kostenvolumen für ein Kerngeschäftsfeld begründet. Für alle anderen Emittenten bleibt es dagegen ein allgemeines Marktrisiko, das keine Insiderinformation darstellt. ee) Eignung zur erheblichen Preisbeeinflussung
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Insiderrelevanz können nur solche Informationen erlangen, die geeignet sind, bei ihrem Bekanntwerden den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Für die Frage, ob ein erheblicher Kursausschlag denkbar ist, kommt es darauf an, ob ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte (§ 13 Abs. 2 Satz 2 WpHG)38, was weiter dahin gehend konkretisiert wird, dass es sich wegen des zu erwartenden Kursausschlages für ihn „lohnen“ muss, die nicht öffentliche Information zu verwenden39.
19
Die Figur des verständigen Anlegers stellt nicht auf den durchschnittlichen Privatanleger ab, sondern auf einen rational handelnden, d.h. die besonderen Verhältnisse des Marktes und des fraglichen Insiderpapiers kennenden Dritten40. Die ehemals herangezogenen Schwellenwerte von 3–5 % Kursausschlag sind mit dem Abstellen auf den verständigen Anleger keine tauglichen Kriterien mehr.
20
Die Preisbeeinflussungseignung ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, d.h. des jeweils in Frage stehenden Insiderpapiers oder seines Emittenten41. So kann die Information, dass für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende nicht gezahlt werden wird, für ein Unternehmen, das über längere Zeit eine Politik großzügiger Ausschüttungen verfolgt hat, erhebliche Kursabschläge zur Folge haben, während bei jungen Technologieunternehmen regelmäßig über die ersten Jahre eine 37 38 39 40 41
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Art. 1 Abs. 1 RL 2003/6/EG u. Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 33 f. § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 66. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 71. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 67.
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Dividende nicht gezahlt und vom Anlegerpublikum auch nicht erwartet wird, so dass die Nichtzahlung in der Folge keine kursbelastenden Verkäufe auslösen wird. c) Erwerbs- und Veräußerungsverbot Erwerb und Veräußerung von Insiderpapieren unter Verwendung einer Insiderinformation sind verboten (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG), und zwar für Primär- und Sekundärinsider gleichermaßen unter Androhung strafrechtlicher Folgen (§ 38 Abs. 1 WpHG).
21
Da die Vorschriften des Insiderrechts extraterritoriale Anwendung finden, sind auch Handlungen und Unterlassungen, die im Ausland in Bezug auf Finanzinstrumente erfolgen, die an einer inländischen Börse gehandelt werden, erfasst (§ 1 Abs. 2 WpHG)42. Der Emittent wird daher auch seine ausländischen Mitarbeiter in die Aufklärung über die Pflichten und Folgen von Insiderwissen einbeziehen.
22
aa) Erwerb und Veräußerung Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einer dinglichen Verfügung über die Insiderpapiere gekommen ist, sondern es ist bereits die Eingehung schuldrechtlicher Abreden wie Kauf und Verkauf verboten. Maßgeblich ist, ob die gewählte vertragliche Gestaltung es dem Insider ermöglichen würde, seinen Wissensvorsprung zu verwenden.
23
bb) Unter Verwendung von Insiderinformationen Ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot liegt vor, soweit das Rechtsgeschäft unter Verwendung der dem Insider bekannten Insiderinformation getätigt wurde. Nicht erforderlich ist demnach, dass er die Insiderkenntnisse „ausgenutzt“, d.h. das Geschäft getätigt hat, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen43.
24
Die Information muss jedoch in sein Handeln mit eingeflossen sein, weshalb Geschäfte, die in gleicher Weise auch ohne die Kenntnis der Insiderinformation erfolgt wären, keinen Insiderverstoß begründen. Dazu gehören reine Erfüllungsgeschäfte, z.B. bei Bedingungseintritten oder die Erfüllungspflichten der Vertragsgegenseite (Stillhalter) der Inhaber von Put- oder Call-Optionen. Nicht eingeflossen sein kann die Insiderinformation auch dann, wenn der Entschluss betreffend Erwerb oder Veräußerung bereits zeitlich vor der Erlangung der Insiderinformation erfolgte. Das Erwerbsverbot bei Vorliegen von Insiderinformationen trifft auch den Emittenten selbst und schränkt z.B. seine Möglichkeit ein, Rückerwerbe in eigenen Aktien vorzunehmen, während sie über Insiderinformationen betreffend das eigene Unternehmen verfügt44.
25
Zu den Fällen, in denen die Kenntnis von der Insiderinformation nicht kausal für den Handel in den Insiderpapieren ist, sie also nicht verwendet wurde, gehört die Umsetzung bereits vor Kenntnis von der Insiderinformation getroffener unternehmerischer Entscheidungen. Hat der Vorstand eines Emittenten z.B. beschlossen, einen Rück-
26
42 Kritisch zur Extraterritorialität: Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1949. 43 Dies findet erst bei der Strafzumessung Berücksichtigung, § 38 WpHG. 44 Wobei ihr die Kenntnis ihrer Organe und best. Mitarbeiter zugerechnet werden, s. oben Rz. 4 Fn. 5.
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erwerb eigener Aktien durchzuführen45, um sie für einen beabsichtigten Unternehmenszusammenschluss zu verwenden, ist die Umsetzung dieses Vorhabens nicht dadurch gehindert, dass zwischen Beschlussfassung und Durchführung Insiderinformationen, wie z.B ein sich abzeichnender Gewinnsprung, entstanden sind. Die genaue Dokumentation der entsprechenden Vorhaben und Beschlüsse, namentlich in Form von Vorstandsprotokollen, ist für etwaige spätere Sachverhaltsermittlungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht46 unentbehrlich. Die Verfolgung eines einmal beschlossenen Vorhabens wirkt nur zugunsten von Handelsgeschäften des Emittenten. 27
Soweit Organmitglieder und sonstige Insider nicht im Namen des Emittenten tätig werden, unterliegen sie dem Handelsverbot. Der Rückerwerbsbeschluss selbst ist im genannten Fall für diese Personengruppe ebenfalls eine Insiderinformation; für den Emittenten hingegen bedeutet die Durchführung dieses Beschlusses nicht „unter Verwendung“ einer (selbstgeschaffenen) Insiderinformation zu handeln, sondern Ausführung des eigenen Entschlusses47.
28
Dem Emittenten sind auch Aktienrückerwerbe verboten, soweit bereits bei Beschlussfassung über dieses Vorhaben Insiderinformationen vorliegen, die den Emittenten oder die von ihm emittierten Finanzinstrumente betreffen. Tatbestandlich ausgenommen vom Handelsverbot sind aber solche Aktienrückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen, die den Anforderungen der entsprechenden EU-Verordnung48 genügen und damit in einen „safe harbour“ fallen (§ 14 Abs. 2 WpHG). Privilegiert sind diejenigen Aktienrückerwerbe, die zum Zwecke der Kapitalherabsetzung, der Bedienung von Wandelschuldverschreibungen oder Zuteilung von Belegschaftsaktien erfolgen49. Genannt sind dort nur Aktienzuteilungen an Mitarbeiter50, so dass Rückkaufprogramme zur Bedienung von Aktienoptionsplänen jedenfalls insoweit verboten sind, als Organmitglieder Aktien beziehen könnten. Auch für die Bedienung von Aktienoptionen der Mitarbeiter bleibt zweifelhaft, ob der Wortlaut der Verordnung für diesen Zweck Aktienrückerwerbe privilegiert, da die Aktien ihnen nicht „zugeteilt“ werden, sondern sie durch Ausübung ihres Optionsrechts einen Anspruch auf Lieferung der Aktien erwerben.
29
Bei der Bedienung von Wandelschuldverschreibungen kann fraglich sein, ob der Rückerwerb tatsächlich dazu dient, aus den Schuldtiteln „resultierende Verpflichtungen zu erfüllen“51, wenn es sich um eine Anleihe mit Wandelpflicht oder Tilgungswahlrecht handelt, die dem Emittenten das Recht gibt, seinerseits die Verpflichtung zur Durchführung des Erfüllungsgeschäfts auszulösen. Der Emittent hat es damit – ähnlich wie bei § 162 Abs. 2 BGB – selbst in der Hand, den Bedingungseintritt auszulösen. Die Begründung zu § 14 WpHG verweist auf Art. 2 Abs. 3 der Marktmissbrauchsrichtlinie, die eine „fällig gewordene Verpflichtung“ verlangt 45 Zu den bes. Privilegierungen bei Aktienrückerwerben s. unten Rz. 28 f. 46 Nachfolgend stets BaFin. 47 Dies entspricht schon der bislang h.A., vgl. Caspari, ZGR 1994, 530, 542, und ist in Erwägungsgrund (30) der Marktmissbrauchsrichtlinie (RL 2003/6/EG) ausdrücklich genannt. 48 VO (EG) Nr. 2273/2003 zur Durchführung der RL 2003/6/EG betr. Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen – s. dazu auch unten § 34 Rz. 67 ff.; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 20a Rz. 199 ff. 49 Art. 3 der VO (EG) Nr. 2273/2003. 50 Art. 3 Abs. b) der VO (EG) Nr. 2273/2003. 51 Art. 3 der VO (EG) Nr. 2273/2003.
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und mit dieser passivischen Formulierung die Beurteilung der Herbeiführung der Verpflichtung als einen noch von der Durchführungsverordnung privilegierten Fall sehr zweifelhaft erscheinen lässt. Soweit ein privilegierter Erwerbszweck gegeben ist, stellt die Durchführungsverordnung weitere Bedingungen im Hinblick auf Rückkaufspreis und -volumina auf, ohne deren Vorliegen das Handelsverbot fortgilt52.
30
Die in der Praxis häufig verfolgten Rückerwerbe zwecks Erlangung von Aktien auf Vorrat oder als sofortige Akquisitionswährung hingegen müssen für den Zeitraum des Vorliegens von Insiderinformationen unterbleiben53.
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Der Umstand, dass dem Emittenten gem. § 14 Abs. 2 WpHG nur noch im Ausnahmefall die Möglichkeit eines kurzfristigen Aktienrückerwerbs für Unternehmenszusammenschlüsse zur Verfügung steht, muss als vom europäischen Gesetzgeber gewollt betrachtet werden. Es ist erklärtes Ziel, die Möglichkeiten zur Nutzung von Insiderinformationen so gering wie möglich zu halten, was sich auch an der Erweiterung des Kreises der Ad-hoc-pflichtigen Informationen (dazu unten Rz. 81 ff.) auf nahezu sämtliche Insiderinformationen zeigt.
32
Der Erwerber eines größeren Aktienpakets verwendet Insiderinformationen, die ihm im Rahmen einer Due Diligence-Prüfung zur Kenntnis gelangt sind, dann nicht, wenn der Veräußerer den gleichen Kenntnisstand hat54, denn es besteht nicht die vom Gesetz zu verhindern gesuchte Informationsasymmetrie. Etwas anderes gilt daher, wenn der Erwerber neben dem Paketerwerb noch zusätzlich Finanzinstrumente am Markt erwirbt (so genannte Alongside purchases)55. Außerhalb von Paketerwerben ist die Due Diligence unschädlich, wenn der Interessent zuvor einen festen Erwerbsentschluss mit Vorbehalt der Abstandnahme bei ungünstigen Erkenntnissen gefasst hatte56.
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Handelt ein Insider unter Verwendung von Insiderinformationen in Insiderpapieren, so kommt es nicht darauf an, ob er im eigenen oder fremden Namen auftritt und wem das Geschäft wirtschaftlich zuzurechnen ist (der eigenen oder fremder Rechnung). Das Vorstandsmitglied, das in offener Stellvertretung (d.h. in fremdem Namen und auf fremde Rechnung) für sein Unternehmen einen Aktienrückerwerb vornimmt, verstößt damit gegen das Handelsverbot, wenn es dabei eine Insiderinformation verwendet und kein „safe harbour“ in Anspruch genommen werden kann (s. oben Rz. 28).
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2. Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen und der Empfehlung von Insiderpapieren Dem Insider ist nicht nur die Verwendung von Insiderinformationen für Handelszwecke verboten. Er soll sein Wissen ferner nicht nutzen dürfen, um andere in die Lage zu versetzen, ihrerseits Geschäfte in Insiderpapieren vorzunehmen. Ihm ist da52 53 54 55 56
Art. 4 ff. der VO (EG) Nr. 2273/2003; dazu im Einzelnen unten § 34 Rz. 69. Ziemons, NZG 2004, 537, 540. Emittentenleitfaden III 2.2.1.4.2. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 45. Cahn, Das neue Insiderrecht, Der Konzern 2005, 5, 10.
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her sowohl die Weitergabe der Insiderinformationen verboten als auch durch Empfehlung oder sonstiges Verleiten Handel in Insiderpapieren durch einen Dritten herbeizuführen, ohne dass diesem notwendig die Insiderinformationen als solche bekannt sein müsste. Die Vorschrift bezweckt nicht die weitere Vertraulichkeit der Insiderinformation, sondern die Limitierung der Möglichkeiten, aufgrund der Informationsasymmetrie Vorteile zu Lasten der anderen Marktteilnehmer zu generieren. a) Weitergabeverbot 36
Eine Insiderinformation darf Dritten weder unbefugt mitgeteilt noch zugänglich gemacht werden. Als Mitteilung gilt die willentliche Weitergabe der Insiderinformation, ohne dass es auf das Medium der Übermittlung, des Hinweises auf die Qualifikation als Insidertatsache oder das Erkennen als Insidertatsache durch den Informationsempfänger ankommt. Ein Zugänglichmachen hingegen liegt vor, wenn ein Insider die Information nicht aktiv weitergibt, jedoch vorsätzlich die Voraussetzung schafft, damit Dritte die Insidertatsache zur Kenntnis nehmen können. Das versehentlich auf dem Schreibtisch zurückgelassene Dokument mit Insiderinformationen, z.B. über einen bevorstehenden Unternehmenszusammenschluss, das von einer Reinigungskraft gefunden wird, begründet mangels Vorsatzes daher keinen Verstoß gegen das Weitergabeverbot.
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Nur unbefugte Weitergaben sind verboten, d.h. die im Rahmen einer normalen Arbeits- und Aufgabenteilung erforderliche Weitergabe von Insiderinformationen z.B. an Mitarbeiter anderer Fachabteilungen des Emittenten oder an externe Berater, die an einer Transaktion mitwirken, unterfällt nicht dem Verbotstatbestand. Zwar ist insoweit nicht zu verlangen, dass die Weitergabe nur an solche Personen erfolgen darf, die von Berufs wegen oder aufgrund vertraglicher Abreden zur Verschwiegenheit verpflichtet sind57. Da nach der Konzeption des WpHG in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) vom 28.10.200458 grundsätzlich jede Insiderinformation, die den Emittenten unmittelbar betrifft, ad hoc zu veröffentlichen ist und daher nur dann als Insiderinformation fortbestehen darf, wenn der Emittent berechtigte Interessen geltend machen kann und Vertraulichkeit gewährleistet ist (§ 15 Abs 1 Satz 3 WpHG)59, ist von Seiten des Emittenten die Weitergabe von Insiderinformationen auf einen zur Verschwiegenheit rechtlich verpflichteten Personenkreis beschränkt. Eine Weitergabe ist nur dann befugt, wenn die Abwägung zwischen den Zielen des Insiderrechts und dem Bedürfnis eines funktionsgerechten Arbeitsablaufs innerhalb des Emittenten für eine Weitergabe spricht, also nicht mehr Insider als nötig von der Information in Kenntnis gesetzt werden. Diese Abwägung wird mit Hilfe des Insiderverzeichnisses (s. unten Rz. 43 ff.), in denen Personen, Grund und Zeitpunkt der Inkenntnissetzung dokumentiert werden müssen, ex post überprüfbar sein.
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Befugt sind auch Insiderinformationstransfers aufgrund gesetzlicher Gebote und Obliegenheiten, namentlich Informationspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat (§§ 90, 101, 170 f. AktG) oder Informationen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft im Rahmen eines Frühwarnsystems des Risikomanagements, 57 Assmann, AG 1997, 55; a.A. Götz, DB 1995, 1950. 58 BGBl. I 2004, 2630 ff. 59 Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Marktmissbrauchsrichtlinie (2003/6/EG).
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§ 32
wenn erhebliche Schäden auch für die Muttergesellschaft drohen60. Ein häufig in diesem Zusammenhang auftretender Abwägungskonflikt ist der Anspruch des Aktionärs auf Auskunftserteilung (§ 131 Abs. 1 AktG) in der Hauptversammlung. Wenn Aktionäre den Vorstand konkret nach Informationen fragen, die aktuell die Qualität einer Insiderinformation haben, z.B. die Frage nach einer Absicht des Emittenten, den Wettbewerber XY zu erwerben, während tatsächlich mit diesem gerade vertrauliche Übernahmeverhandlungen geführt werden, entsteht für den Vorstand ein Konflikt zwischen dem aktienrechtlichen Auskunftsrecht des Akionärs gem. § 131 AktG und § 15 Abs. 3 WpHG. Für die Auflösung dieses Konflikts im konkreten Einzelfall kommt es insbesondere darauf an, ob die Interessen des Emittenten die Vertraulichkeit der Information tatsächlich erfordert haben, also ein Befreiungstatbestand gem. § 15 Abs. 3 WpHG vorliegt (dazu unten Rz. 87 ff.), da nur dann ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 131 Abs. 3 Nr. 5 AktG und eine Befreiung von der Pflicht zur Ad-hoc-Meldung geltend gemacht werden können61. b) Verbot der Empfehlung von Insiderpapieren/des Verleitens zum Handel Zu Erwerb oder Veräußerung verleitet, wer den Willen eines anderen durch beliebige Mittel, z.B. durch eine Empfehlung, beeinflusst62. Dazu zählt z.B. die Empfehlung eines Organmitglieds an einen Dritten, jetzt in Aktien seines Unternehmens zu investieren, wenn er selbst über Insiderinformationen verfügt, auch wenn er diese dem Dritten gegenüber nicht offen legt und keine Gegenleistung erhält63. Der Dritte begeht in diesem Fall keinen Verstoß gegen ein Insiderverbot, denn er verwendet (mangels Kenntnis) keine Insiderinformationen.
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Auch die in Nr. 2 und 3 des § 14 Abs. 1 WpHG normierten Verbote der Weitergabe von Insiderinformationen oder des Verleitens Dritter zu Rechtsgeschäften in Insiderpapieren betreffen jeden, der über die entsprechende Insiderinformation verfügt, ohne dass es auf seine Eigenschaft als Primär- oder Sekundärinsider ankäme. Diese Unterscheidung findet erst auf der Rechtsfolgenseite Berücksichtigung (§ 38 Abs. 1 Nr. 2; § 39 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpHG).
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Primärinsider ist danach, wer Insiderinformationen erhalten hat in seiner Eigenschaft als Organmitglied des Emittenten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 38 Abs. 1 Nr. 2a WpHG), als ein am Emittenten oder an einem mit dem Emittenten verbundenen Unternehmen Beteiligter (§ 38 Abs. 1 Nr. 2b WpHG) oder bestimmungsgemäß aufgrund seines Berufes, seiner Tätigkeit oder Aufgabe (§ 38 Abs. 1 Nr. 2c WpHG) oder aufgrund der Vorbereitung oder Begehung einer Straftat. Soweit diese Personen unter Verwendung der Insiderinformation vorsätzlich gegen eines der in § 14 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WpHG normierten Verbote der Weitergabe von Informationen oder des Verleitens zum Erwerb oder zur Veräußerung verstoßen, machen sie sich strafbar (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG).
41
60 Ermöglicht wird der Muttergesellschaft auf diesem Weg eine schnelle Reaktion zur etwaigen Schadensabwehr. Die Verwendung des erworbenen Insiderwissens zur Veräußerung von Aktien an der Tochtergesellschaft verstieße hingegen gegen das Handelsverbot aus § 15 Abs. 1 WpHG. 61 Zum Streitstand ausführlich: Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 85 ff. 62 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 34. 63 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 14 Rz. 120.
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Sekundärinsider sind alle Dritten, die, ohne Primärinsider zu sein, Insiderinformationen erhalten haben. Sie trifft bei Verstößen gegen die Weitergabe- und Empfehlungsverbote die Rechtsfolge der Ordnungswidrigkeit (§ 39 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpHG).
3. Pflicht des Emittenten zur Führung eines Insiderverzeichnisses und zur Aufklärung der Insider über ihre Pflichten 43
Mit der in § 15b WpHG begründeten Verpflichtung zur Führung von Insiderverzeichnissen und zur Aufklärung der Insider über ihre Pflichten werden Emittenten64 besondere Organisationspflichten im Hinblick auf die Compliance mit insiderrechtlichen Vorschriften auferlegt, um die Überwachung und Vermeidung von Insidergeschäften zu erleichtern. Das Verzeichnis ist als Ermittlungswerkzeug zu betrachten, denn es muss der BaFin auf Anfrage zugeleitet werden. Das Bundesministerium für Finanzen hat in Ausübung der in § 15b Abs. 2 WpHG eröffneten Möglichkeit zum Erlass näherer Bestimmungen zu Inhalt und Form der Verzeichnisse eine Verordnung vorgelegt65, die dem Emittenten konkrete Vorgaben zur Gestaltung des Insiderverzeichnisses macht. a) Verpflichtete
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Zur Führung von Insiderverzeichnissen sind Emittenten von Finanzinstrumenten i.S.v. § 2 Abs. 2b WpHG verpflichtet, die an einem inländischen organisierten Markt zum Handel zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt ist. Damit gehören Emittenten, deren Wertpapiere lediglich in ein Handelssegment an einer Börse einbezogen sind (z.B. Freiverkehr), nicht zum Kreis der Verpflichteten66, obgleich auch diese Wertpapiere Insiderpapiere sind (s. dazu oben Rz. 6).
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Auch Emittenten mit Sitz im europäischen Ausland haben ein Insiderverzeichnis zu führen, wenn die von ihnen begebenen Finanzinstrumente ausschließlich zum Handel an einem organisierten Markt in Deutschland zugelassen sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 u. § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG).
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Neben dem Emittenten sind auch die in seinem Auftrag oder für seine Rechnung handelnden Personen zur Führung von Insiderverzeichnissen verpflichtet, namentlich Rechtsanwälte und Steuerberater. Wirtschaftsprüfer hingegen sind ausdrücklich von der Führung von Insiderverzeichnissen befreit (§ 15b Abs. 1 Satz 4 WpHG)67. Dies gilt allerdings nur in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsprüfer. Soweit sie andere Funktionen wahrnehmen, z.B. in der Beratung, gelten für sie die Verpflichtungen wie für andere Dritte68. 64 Zum persönlichen Anwendungsbereich s. unten Rz. 44. 65 Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung – nachfolgend: WpAIV) v. 13.12.2004, BGBl. I 2004, 3376. 66 Uwe H. Schneider/von Buttlar, ZIP 2004, 1621, 1623. 67 Insoweit soll es bei den innerstaatlichen Rechtsvorschriften über das Berufsgeheimnis bleiben. 68 Emittentenleitfaden VII 2.4.
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§ 32
b) Inhalt des Insiderverzeichnisses aa) In das Verzeichnis aufzunehmende Personen In das Insiderverzeichnis sind die Personen aufzunehmen, die für den Verzeichnisführer tätig sind und bestimmungsgemäß regelmäßig oder anlassbezogen69 Zugang zu Insiderinformationen haben. Über das Kriterium des bestimmungsgemäßen Zugangs zu Insiderinformationen soll sichergestellt werden, dass nicht nur diejenigen aufgeführt werden, die aktuell über Insiderinformationen verfügen, sondern auch diejenigen, die typischerweise Insiderinformationen haben.
47
Zu den in das Verzeichnis aufzunehmenden Personen zählen insbesondere die als Primärinsider (i.S.v. § 38 Abs. 1 WpHG) definierten Personen, also insbesondere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, vor allem auch solche Personen, die entsprechend ihrer zugewiesenen professionellen Aufgabe bestimmungsgemäß Zugang zu Insiderinformationen haben (i.S.v. § 38 Abs. 1 Nr. 3 WpHG)70. Damit haben namentlich Mitarbeiter der Bereiche M&A, Controlling, Bilanzierung (soweit sie mit Jahresund Quartalsabschluss Berührung haben) und Strategie sowie Stabsmitarbeiter der Vorstandsmitglieder regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen. Assistenten und Sekretariate der Aufsichtsratsmitglieder sind jedenfalls dann nicht für den Verzeichnisführer tätig, wenn sie Mitarbeiter eines anderen Unternehmens sind, in dem das jeweilige Aufsichtsratsmitglied eine Funktion wahrnimmt71.
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Andere Bereiche, z.B. Recht und übrige Finanzbereiche sind dagegen daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie im Einzelfall, d.h. anlassbezogen, Zugang zu Insiderinformationen haben. Bei konzernierten Emittenten können auch Organmitglieder des herrschenden Unternehmens oder Mitarbeiter des dortigen Beteiligungsmanagements im Rahmen der Konzernleitung als der ihnen zugewiesenen Aufgabe über Insiderinformationen verfügen.
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Außerhalb des Emittenten kommen Berater, Banken und andere Dienstleister in Betracht, soweit sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Verzeichnisführer Zugang zu Insiderinformationen haben. Insoweit reicht im Insiderverzeichnis des Emittenten die Nennung des Namens des (Dienstleistungs-)Unternehmens und eines dortigen Ansprechpartners aus, anstelle der Aufnahme aller Individuen, denn die gen. Dienstleister sind selbst zur Führung von Insiderverzeichnissen verpflichtet, um den Aufsichtsbehörden einen schnellen Zugang zu ermöglichen72.
50
Bei der Beurteilung, ob jemand in die Insiderliste aufzunehmen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Zweck einer vereinfachten Insiderüberwachung es erforderlich macht zu wissen, welche Personen zu welchem Zeitpunkt welchen Wissensstand hatten. Die aufzunehmenden Personen sind mit ihrem vollständigen Namen, ihrem Geburtsdatum und -ort sowie ihrer geschäftlichen und privaten Adresse aufzuführen, wobei für Teile dieser Informationen (mit Ausnahme des Namens) auf Referenzdatenbanken (z.B. die Personaldatenbank) verwiesen werden darf, solange sichergestellt ist, dass diese innerhalb der für das Insiderverzeichnis maßgeblichen Fristen
51
69 Art. 5 Abs. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie (2003/6/EG). 70 Kirschhöfer, Der Konzern 2005, 22, 25. 71 Art. 6 Abs. 3 RL 2003/6/EG v. 28.1.2003; Erwägungsgrund (6) der RL 2004/72/EG der Kommission vom 29.4.2004: „…Verzeichnisse der mit einem Arbeitsvertrag oder anderweitig für sie arbeitenden Personen…“. 72 Emittentenleitfaden VII 2.2.
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jederzeit unverzüglich in das Insiderverzeichnis übertragen werden können (§ 14 Nr. 3 WpAIV)73. bb) Weitere Angaben 52
Für jede aufgenommene Person ist der Grund (§ 14 Nr. 4 WpAIV) für ihre Aufnahme in das Verzeichnis zu nennen, also bei Zugehörigkeit zu einem anlassbezogenen Personenkreis die Angabe des Projekts (z.B. Kapitalerhöhung XY) und bei funktionsbezogenem Personenkreis z.B. die Angabe „Mitarbeiter des Bereichs M&A“.
53
Es ist das Datum des Zeitpunkts anzugeben, seit dem die Person auf die Insiderinformation Zugriff hatte und wann dieser Zugriff beendet wurde (§ 14 Nr. 5 WpAIV), was z.B. der Zeitpunkt einer Ad-hoc-Meldung sein kann. cc) Aktualisierungspflicht
54
Der Verzeichnisführer ist verpflichtet, das Verzeichnis stets auf dem aktuellsten Stand zu halten und der BaFin auf Verlangen zu übermitteln (§ 15b Abs. 1 Satz 2 WpHG). Die Aktualisierungspflicht konkretisiert sich, wenn sich der Grund für die Erfassung bereits genannter Personen ändert, neue Personen zum Verzeichnis hinzuzufügen sind oder im Verzeichnis erfasste Personen keinen Zugang zu Insiderinformationen mehr haben (§ 15 Nr. 1–3 WpAIV). Ein Wechsel auf der Position der Vorstandssekretärin hat damit zur Folge, dass für die bisherige Amtsinhaberin der Grund ihrer Aufnahme in das Verzeichnis entfällt und dies zu vermerken ist74 und die Nachfolgerin neu in das Verzeichnis aufgenommen wird.
55
Ansprechpartner der BaFin ist die im Verzeichnis ebenfalls zu benennende Person, die von dem Emittenten intern mit der Führung des Insiderverzeichnisses beauftragt ist und deren vollständiger Name, geschäftliche Anschrift und Telefonnummer in das Verzeichnis mit aufzunehmen ist. dd) Form und Aufbewahrungsfrist
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Den Emittenten ist überlassen, ob sie die Verzeichnisse in Papier oder auf Datenträger aufbewahren, soweit sichergestellt ist, dass die Daten jederzeit verfügbar gemacht werden können (§ 16 WpAIV). Weitere Vorgaben im Hinblick auf Form und Aufbau des Verzeichnisses macht die WpAIV75 nicht, um den Emittenten Flexibilität für den inhaltlichen Aufbau zu lassen76. In der Praxis zeigt sich regelmäßig die Verwendung (z.T. in Kombination) von projektbezogenen Insiderverzeichnissen, die die Beteiligten an einem (potentiell) insiderrelevanten Projekt (z.B. M&A-Tansaktion o. Kapitalmaßnahme) erfassen und funktionsbezogenen Insiderverzeichnissen, in die Personenengruppen aus Funktionsbereichen aufgenommen werden, in denen Mitarbeiter typischerweise mit Insiderinformationen in Berührung kommen (z.B. Inves-
73 Emittentenleitfaden VII 4.2.2. 74 Da ihre Eintragung für sechs Jahre aufzubewahren ist, würden zeitlich nach ihrem Ausscheiden getätigte Geschäfte in Finanzinstrumenten des Emittenten unter Verwendung zuvor erlangter Insiderinformationen ihr weiterhin zugewiesen werden können. 75 Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung. 76 S. Erläuterungen zu § 14 der WpAIV.
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tor-Relations-Abteilung oder M&A-Abteilung)77. Die Aufnahme in letzteren Verzeichnistyp bedeutet nicht, dass die aufgenommenen Personen als dauerhaft im Besitz von Insiderinformationen zu betrachten sind und damit vom Handel in Wertpapieren des Emittenten weitgehend ausgeschlossen wären78. Jeder Datensatz ist nach seiner Erstellung sechs Jahre aufzubewahren und danach zu vernichten (§ 16 WpAIV). Die Frist beginnt für jeden aktualisierten Datensatz neu, so dass nur solche Datensätze endgültig aus dem Insiderverzeichnis gelöscht werden können und müssen, die seit sechs Jahren unverändert geblieben sind. Die von Emittenten eingesetzte Software wird sicherstellen müssen, dass die einzelnen Datensätze zeitlich markiert sind und ihre jeweiligen Änderungen dokumentieren. Bei einer Dokumentation in Papierform ist ähnlich wie bei Handelsregistereintragungen eine Spalte einzufügen, die jeweils nachweist, von wann die letzte Eintragung bzw. Änderung eines Datensatzes datiert.
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Dass die Verzeichnisse streng vertraulich zu behandeln sind und Zugang nur den mit ihrer Führung betrauten Personen und Mitgliedern des Vorstands vorbehalten ist, ergibt sich neben den datenschutzrechtlichen Erwägungen auch daraus, dass das Verzeichnis Insiderinformationen enthält, ist aber in der WpAIV nochmals ausdrücklich bestimmt (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WpAIV).
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c) Aufklärungspflichten Dem Emittenten79 obliegt es neben der Führung der Verzeichnisse auch, die darin aufgeführten Personen über die rechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit Insiderinformationen (insbes. Handels- und Weitergabeverbote s. oben Rz. 3 ff. und Rz. 35 ff.) sowie die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen diese Pflichten aufzuklären. Die Art der Aufklärung bleibt dem Emittenten überlassen, die z.B. schriftliche Leitfäden, interne Insiderrichtlinien oder Inhouse-Seminare als Mittel wählen können. Zum Nachweis der Erfüllung dieser Pflichten in Emittentenorganisationen mit einem großen Kreis von potentiellen Insidern wird es sich anbieten, den betroffenen Personen die unternehmensinternen Guidelines nur gegen Empfangsbestätigung auszuhändigen, um den Nachweis der Aufklärung und Information führen zu können. Wegen der extraterritorialen Wirkung der Insiderverbote80 sollten auch die entsprechenden Mitarbeiter im Ausland in die Aufklärungsmaßnahmen einbezogen werden.
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Es empfiehlt sich, in Fällen der Einschaltung Dritter, diesen Vorgang sogleich mit einer strengen Vertraulichkeitserklärung zu verbinden, um eine Ad-hoc-Publizitätspflicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG zu vermeiden. Dabei ist dieser auch zur Weitergabe der Vertraulichkeitsverpflichtung an seine etwaigen Unterauftragnehmer zu verpflichten, da der Dritte i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG, der eine Insiderinformation wissentlich oder unwissentlich ohne Vereinbarung rechtlich verbindlicher Verschwiegenheit weitergibt, selbst zur Ad-hoc-Mitteilung verpflichtet ist, ohne dass der Emittent dagegen etwas unternehmen könnte.
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77 Emittentenleitfaden VII 4.1.1. 78 Emittentenleitfaden VII 4.1.2.; Kirschhöfer, Der Konzern 2005, 22, 25. 79 Nach dem Wortlaut von § 15b Abs. 1 Satz 3 WpHG hingegen aber nicht den für ihn tätigen Personen. 80 S. oben Rz. 22; Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1949.
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Eine Besonderheit besteht insoweit, als nach dem Wortlaut des § 15b WpHG die Aufklärungspflicht nicht – wie die Verpflichtung zur Führung des Insiderverzeichnisses – auch für den im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnden Dritten gilt81. Da dem Emittenten im Zweifel die Identität der z.B. bei Banken und Beratern mit seinen insiderrelevanten Vorgängen befassten Individuen nicht bekannt sein dürfte, wird in der Literatur die Auffassung vertreten, nach richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift seien die im Auftrag des Emittenten tätigen Dienstleister selbst zur Aufklärung ihrer Mitarbeiter verpflichtet82. Nach Ansicht der im Emittentenleitfaden niedergelegten Ansicht der BaFin hingegen soll der Emittent in diesen Fällen die Aufklärungspflicht auf den Dienstleister delegieren dürfen, der sie sodann im Auftrag des Emittenten vornehmen soll83. Nachdem danach der Emittent verantwortlich bleibt, empfiehlt sich für ihn die Aufnahme einer Delegationsklausel in Engagement letter und Beauftragungsschreiben, um notfalls gegenüber der BaFin die Delegation dokumentieren zu können.
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Die Aufklärung muss nicht für jede neue Insiderinformation erfolgen, sondern genügt einmalig bei der Einstellung neuer Mitarbeiter sowie der Einschaltung von Beratern u.a. Dritten. Hierzu hat die BaFin ein entsprechendes Merkblatt zur Aufklärung erstellt, das auf ihrer Internetseite abrufbar ist84.
II. Publizitäts- und Berichtspflichten 63
Mit der Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie85 sowie der geänderten Publizitätsrichtlinie86 in das deutsche Recht durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG87) und das Gesetz über elektronische Handelsregister, Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG88) seit Anfang 2007 haben sich für Emittenten erhebliche Änderungen ergeben, und zwar sowohl materieller Art in Gestalt neuer Offenlegungspflichten als auch betreffend die Art und Weise der Publikation. Zielsetzung war die europaweite Harmonisierung der Unternehmensinformationen und deren Allokation in einer zentralen, elektronisch abrufbaren Datenplattform, die in Deutschland mit dem Unternehmensregister eingerichtet worden ist.
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Grundmuster des Veröffentlichungs-, Mitteilungs- und Übermittlungsregimes im geänderten Publikationsmodus für kapitalmarktrelevante Informationen ist jeweils die Abfolge:
81 Uwe H. Schneider/von Buttlar, ZIP 2004, 1623, 1626: durch Auslegung Verpflichtung auch auf diesen Personenkreis erstreckend. 82 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15b Rz. 63. 83 Emittentenleitfaden VII 6. 84 Pfad: www.bafin.de > Für Anbieter > Börsennotierte Unternehmen > Insiderüberwachung. 85 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34 EG, ABl. EU Nr. L 390 v. 31.12.2004, S. 38 ff. 86 Erste Richtlinie 68/151/EGW des Rates vom 9.3.1968 geändert durch Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.7.2003, auch sogen. SLIMIV-Richtlinie. 87 TUG v. 5.1.2007, BGBl. I 2007, 10 ff. 88 EHUG v. 10.11.2006, BGBl. I 2006, 2553 ff.
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– Europaweite Verbreitung der Information über ein „Medienbündel“ – zeitgleich: Mitteilung an die BaFin – unverzüglich danach: Übermittlung an das Unternehmensregister. Die Art und Weise der europaweiten Veröffentlichung über ein Bündel unterschiedlicher Medien ist für die unterschiedlichen veröffentlichungspflichtigen Informationen jeweils in der WpAIV (§§ 3a ff. WpAIV) näher geregelt, zur Zahl und Art der eingesetzten Medien stellt die Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf die Anforderung, dass sich dies nach den Besonderheiten des Einzelfalles, namentlich der Aktionärsstruktur des Emittenten sowie Zahl und Orten seiner Börsenzulassungen bestimmt89. Die BaFin konkretisiert die Mindeststandards betreffend das Medienbündel weitergehend dahin, dass sämtliche fünf in der Gesetzesbegründung genannten Medienarten – – – – –
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Elektronisch betriebene Informationsverbreitungssysteme Nachrichtenagenturen News Provider Printmedien Internetseiten für den Finanzmarkt
mit mindestens einem Medium pro Medienart verwendet sein müssen und davon mindestens ein Medium eine aktive europaweite Verbreitung ermöglichen können muss90. Bei Zulassung der Aktien auch in einem anderen EU-Mitgliedsstaat (bzw. EWR-Vertragsstaat) sind solche Medien je Medienart vorzusehen, die die Information auch in diesem Land der weiteren Börsenzulassung verbreiten können. In technischer Hinsicht hat der Emittent für den Schutz der Daten vor Verlust, unbefugten Zugriffen, Veränderung oder Übertragungsfehlern und -verzögerungen Sorge zu tragen (§ 3a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpAIV). Diese Anforderungen sind nach Auffassung der BaFin bei einem unverschlüsselten e-mail-Versand nicht erfüllt, eine FaxÜbermittlung hingegen ist grundsätzlich geeignet (§§ 21 ff. WpHG)91. Verschiedene Service Provider, derer sich der Emittent bei der Erfüllung seiner Veröffentlichungspflichten bedienen darf (§ 3a Abs. 4 WpAIV), bieten die Abwicklung von kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflichten als modulare oder komplette Dienstleistung an und bilden über ihre Verbreitungsnetzwerke die formalen und technischen Anforderungen der BaFin ab. Auch wenn der Emittent verantwortlich bleibt (§ 3a Abs. 4 WpAIV), ist die Entlastungswirkung nicht zu unterschätzen, da der Dienstleister i.d.R. auch die für sechs Jahre vorzuhaltende Dokumentation (§ 3a Abs. 3 WpAIV) betreffend die Übermittlung der Information an die Medien übernimmt.
89 Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 74. 90 Merkblatt der BaFin – Hinweise zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gem. §§ 21 ff. WpHG vom 5.2.2007, dort II 1.c; Schlitt/Schäfer, Auswirkungen von TUG und FRUG auf Aktien- und Equity-Linked-Emissionen, AG 2007, 227, 231; Pirner/Lebherz, Wie nach dem TUG publiziert werden muss, AG 2007, 19, 21. 91 Merkblatt der BaFin – Hinweise zu den Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gem. §§ 21 ff. WpHG vom 5.2.2007, dort II 1.c
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1. Regelpublizität a) Aufstellung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses/Jahresfinanzbericht 67
Mit der Börsennotierung gelten für den Emittenten in Bezug auf Aufstellung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses Besonderheiten. Für Kapitalgesellschaften deutscher Rechtsform, deren Herkunftsstaat Deutschland ist (HGB-publizitätspflichtige Inlandsemittenten, §§ 264 ff., §§ 325 ff. HGB92), und die daher nach den einschlägigen Vorschriften des HGB zur Aufstellung des Jahresabschlusses verpflichtet sind, entfällt gem. § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG die Erstellung eines Jahresfinanzberichts. Sie veröffentlichen anstelle des Jahresfinanzberichts den Jahresabschluss. Für (Sonstige Inlands-)Emittenten93, für die die Bundesrepublik nicht der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur in Deutschland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, begründet § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG die Verpflichtung, einen Jahresfinanzbericht zu erstellen und zu veröffentlichen, bestehend aus: – Dem nach dem Recht des jeweiligen Sitzstaates aufgestellten und geprüften Jahresabschluss, – dem Lagebericht und – den sich auf diese beiden Dokumente beziehenden Bilanzeiden (§ 37v Abs. 2 WpHG). aa) Aufstellung
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Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses haben die gesetzlichen Vertreter94 einer Kapitalgesellschaft, die Inlandsemittent ist, den sogen. „Bilanzeid“ abzugeben, d.h. bei Unterzeichnung des Jahresabschlusses schriftlich zu versichern, dass nach ihrem besten Wissen der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt oder – wenn dies nicht der Fall sein sollte – der Anhang zusätzliche Angaben enthält (§ 264 Abs. 2 Satz 3 HGB). Inlandsemittenten sind grundsätzlich Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist (d.h. Emittenten i.S.v. § 2 Abs. 6 WpHG95) sowie Emittenten, deren Herkunftsstaat zwar nicht Deutschland ist, sondern ein anderer Mitgliedstaat der EU oder ein anderer Vertretungsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, deren Wertpapiere aber ausschließlich in Deutschland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, § 2 Abs. 7 WpHG96. 92 Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 763 f. 93 Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 763 f. 94 Das sind sämtliche Mitglieder des Vorstands, nicht etwa lediglich Finanzvorstand und Vorstandsvorsitzender wie in den USA für den Bilanzeid nach Maßgabe von Section 302 des Sarbanes-Oxley-Act. Eine Vertretung durch Bevollmächtigte ist nicht zulässig, denn es handelt sich – wie die Unterzeichnung des Jahresabschlusses – um eine höchstpersönliche Rechtshandlung. 95 Emittenen mit Herkunftsstaat Deutschland sind insbesondere Emittenten mit Sitz in Deutschland, deren Finanzinstrumente im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind. Daneben ist Deutschland jedoch Herkunftsstaat auch für solche Emittenten, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, jedoch über die Hinterlegung des jährlichen Dokuments gem. § 10 WpHG bei der BaFin oder Zulassung ihrer Finanzinstrumente im Inland eine Anknüpfung zur Bundesrepublik Deutschland aufweisen, § 2 Abs. 6 WpHG. 96 Dazu eingehend Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 763 f.
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Im Rahmen des Lageberichts hat der Vorstand in entsprechender Weise zu versichern, dass nach bestem Wissen der Lagebericht den Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Gesellschaft so darstellt, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird und dass die wesentlichen Chancen und Risiken beschrieben sind (§ 289 Abs. 1 Satz 5 HGB). Soweit der Inlandsemittent zugleich Konzernobergesellschaft ist und einen Konzernabschluss aufstellt (§ 280 HGB), haben sich die Bilanzeide auch auf Konzernabschluss (§ 297 Abs. 2 Satz 3 HGB) und Konzernlagebericht (§ 315 Abs. 1 Satz 6 HGB) zu erstrecken.
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Der Wissensvorbehalt bedeutet, dass die Vorstandsmitglieder sich grundsätzlich nicht auf vorhandenes Wissen zurückziehen können, sondern sich darum bemühen müssen, ein möglichst vollständiges Wissen zu erhalten97. Soweit auf Wissen von Mitarbeitern zurückgegriffen wird, empfiehlt es sich, von diesen eigene „Sub-Certifications“ einzuholen, um durch entsprechende „Eides-Kaskaden“ zu gewährleisten, dass auf jeder Ebene verantwortlich die Richtigkeit der Angaben geprüft wird98. Eine vorsätzlich unrichtige Abgabe des Bilanzeides ist strafbar (§ 331 Nr. 3a HGB)99. Ob ein falscher Bilanzeid darüber hinaus Schadensersatzansprüche zu begründen vermag, ist noch nicht abschließend geklärt100. Darüber hinaus sind bei einer börsennotierten AG erweiterte Angaben zur Vorstandsvergütung zu machen. Die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds sind im Anhang (bzw. im Konzernanhang, § 314 Abs. 1 Nr. 6a Satz 5 HGB) unter Namensnennung anzugeben, und zwar aufgeteilt nach erfolgsunabhängigen und erfolgsabhängigen Komponenten sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung (wie z.B. Aktienoptionen oder vergleichbare Rechte, § 285 Nr. 9a Satz 5 HGB). Soweit einem Vorstandsmitglied Zusagen für den Fall der Beendigung seiner Tätigkeit gemacht worden sind, ist der wesentliche Inhalt der Zusagen darzustellen, wenn sie in ihrer rechtlichen (also nicht wegen ihrer umfänglichen) Ausgestaltung von den den Arbeitnehmern erteilten Zusagen nicht unerheblich abweichen (§ 285 Nr. 9a Satz 6 HGB). Anzugeben sind auch Leistungen Dritter, die einem Vorstandsmitglied im Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied zugesagt oder gewährt worden sind (§ 285 Nr. 9a Satz 7 HGB). Damit werden Anreize, die z.B. ein aktueller oder zukünftiger Aktionär dem Verhalten eines Vorstandsmitglieds setzt, offengelegt. Vergütungen aus Nebentätigkeiten des Vorstandsmitglieds (z.B. aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied in anderen Unternehmen oder als Berater Dritter) unterfallen hingegen nicht der Vorschrift, denn sie werden nicht im Hinblick auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied gewährt, sondern im Hinblick auf die erbrachte Nebentätigkeit. Alle vorgenannten Angaben können jedoch unterbleiben, wenn die Hauptversammlung dies mit einer 3/4-Mehrheit beschlossen hat, also die Aktionäre als Adressaten der besonderen Offenlegung ganz überwiegend keinen Wert auf die Information legen (§ 286 Abs. 5 Satz 1 und 2 HGB)101. Dieser Nichtoffenlegungsbeschluss ist allerdings in seiner zeitlichen Wirkung auf fünf Jahre beschränkt (§ 286 Abs. 2 Satz 2 HGB), eine vor dem Börsengang getroffene Beschlussfassung daher nicht 97 98 99 100 101
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/3644, S. 80. Fleischer, ZIP 2007, 97, 101. § 331 Nr. 3a HGB. Fleischer, ZIP 2007, 97, 103. Für den Konzernanhang i.V.m. § 314 Abs. 2 HGB.
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von dauerhafter Wirkung. Die Grundzüge des Vergütungssystems für die Gesamtbezüge sind jedoch infolge der Börsennotierung auch bei einem „opt-out“ aus der Offenlegung betreffend die Individualvergütung im Lagebericht darzustellen (§ 289 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 HGB), während dies bei Offenlegung der Einzelbezüge unterbleiben kann (§ 289 Abs. 2 Nr. 5 Satz 2 HGB)102. 71
Börsennotierte Aktiengesellschaften i.S.v. § 2 Abs. 7 WpÜG haben ferner im Lagebericht bzw. Zwischenlagebericht diverse Angaben betreffend die Zusammensetzung ihres gezeichneten Kapitals, der vorhandenen Aktiengattungen, Stimmrechtsbeschränkungen und Sonderrechte, „Golden Parachutes“ (Entschädigungsvereinbarungen für Vorstandsmitglieder und Arbeitnehmer für den Fall eines Übernahmeangebots) und andere Übernahmehindernisse zu machen (§ 289 Abs. 4 Nr. 1–9 HGB)103, damit Aktionäre erkennen können, welche Rahmenbedingungen gegeben sind, falls ein Übernahmeangebot auf Aktien der Gesellschaft abgegeben wird oder in welchem Umfang Übernahmehindernisse vorgesehen sind, die die Wahrscheinlichkeit, mit der Aktie je eine Übernahmeangeboten i.d.R. immanente Prämie erzielen zu können, mindern. Darüber hinaus gelten weitere Börsenzulassungsfolgepflichten nach Maßgabe der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse, wenn Emittenten dort die Zulassung ihrer Wertpapiere zum Teilbereich des amtlichen Markts mit weiteren Zulassungsfolgepflichten (Prime Standard) beantragt haben, namentlich die Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses in Übereinstimmung mit den Internationalen Financial Accounting Standards (IFRS; § 47 BörsenO FWB) sowie die Veröffentlichung eines Finanzkalenders (§ 49 BörsenO FWB). bb) Veröffentlichung
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Die Veröffentlichung des Jahresabschlusses und seiner Anlagen (einschließlich des Berichts des Aufsichtsrats, der Compliance-Erklärung gem. § 161 AktG104, des Gewinnverwendungsvorschlags und des Beschlusses der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung) erfolgt bei börsennotierten Gesellschaften wie bei anderen Kapitalgesellschaften durch elektronische Einreichung beim elektronischen Bundesanzeiger (§ 325 Abs. 1 Satz 1 und 3 HGB), mit der Maßgabe, dass dieser sie im elektronischen Bundesanzeiger bekannt macht (§ 325 Abs. 2 HGB). Für börsennotierte Unternehmen ist jedoch die Frist, innerhalb der die Einreichung des Jahresabschlusses mit Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers (bzw. Versagungsvermerk) zu erfolgen hat, erheblich verkürzt, und zwar auf vier Monate nach dem Abschlusstichtag (§ 325 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 HGB)105. Der elektronische Bundesanzeiger übermittelt die Jahresabschlussunterlagen und deren Bekanntmachung unmittelbar an das Unternehmensregister106, so dass die Emittentin insoweit nichts mehr zu ver102 103 104 105
Für den Konzernlagebericht § 315 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Für den Konzernlagebericht § 315 Abs. 4 Nr. 1–9 HGB. S. unten Rz. 129. Soweit der Gewinnverwendungsbeschluss zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt ist, etwa weil die Hauptversammlung erst zeitlich nach dem 4-Monats-Zeitraum angesetzt ist, kann dieser nachgereicht werden, Bedkowski/Kocher, Termin der ordentlichen Hauptversammlung nach EHUG und TUG, AG 2007, 341, 342. 106 Das Unternehmensregister wird vom Bundesjustizministerium geführt, hat die Aufgabe jedoch auf Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung in § 9a Abs. 1 HGB auf die Bundesanzeigerverlagsgesellschaft übertragen, die zugleich auch Betreiberin des elektronischen Bundesanzeigers ist.
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anlassen hat, insbesondere ist der Jahresabschluss nicht mehr zum Handelsregister einzureichen. Bereits vor Einreichung des Jahresabschlusses und seiner Anlagen trifft die Emittentin die Verpflichtung, eine Bekanntmachung zu schalten, aus der sich ergibt, ab wann und unter welcher Internetadresse die Rechnungslegungsunterlagen – zusätzlich zu ihrer Verfügbarkeit im Unternehmensregister – öffentlich zugänglich sind (§ 37v Abs. 1 Satz 2 WpHG). Als Internetadresse genügt nicht der Hinweis auf eine Seite, von der aus noch eine weitere Suche des Dokuments erforderlich ist, sondern es muss der genaue Pfad angegeben werden107. Für HGB-publizitätspflichtige Inlandsemittenten, die ihre Abschlussunterlagen über den elektronischen Bundesanzeiger einreichen, stellt sich damit die Frage, ob sie die Pfadangabe auf die Seite des elektronischen Bundesanzeigers, auf der die Abschlussunterlagen eingestellt sind, zu beziehen haben oder ob sie zusätzlich zur handelsrechtlichen Veröffentlichung noch eine Einstellung über eine gesonderte Internetadresse, in der Regel der eigenen Web-Seite, vorzunehmen haben. Im letzten Fall käme der handelsrechtlichen Offenlegung allein keine Befreiungswirkung zu. Nachdem der genaue Pfad zu den eigenen Abschlussunterlagen im elektronischen Bundesanzeiger dem Emittenten im Vorfeld in der Regel gar nicht bekannt sein wird und der Wortlaut von § 37v Abs. 1 Satz 2 WpHG ausdrücklich jeden Inlandsemittenten erfasst, geht der deutsche Gesetzgeber offenbar davon aus, dass durch HGB-publizitätspflichtige Inlandsemittenten die eigene Web-Site als dritte Informationsquelle (neben Unternehmensregister und elektronischem Bundesanzeiger) vorzuhalten ist.
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Für diese Bekanntmachung108 gilt das dreistufige Publikationsregime (§ 22 i.V.m. §§ 33a, b WpAIV): – Verbreitung der Bekanntmachung über das europaweite Medienbündel109 – Zeitgleich: Mitteilung der Bekanntmachung an die BaFin, unverzüglich danach: – Übermittlung der Bekanntmachung an das Unternehmensregister (§ 37v Abs. 1 Satz 2 und 3 WpHG). Sodann sind unverzüglich die Rechnungslegungsunterlagen zur Speicherung an das Unternehmensregister zu übermitteln (§ 37v Abs. 1 Satz 4 WpHG), es sei denn, es handelt sich um einen Inlandsemittenten gem. § 2 Abs. 7 WpHG (z.B. um eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Deutschland), der bereits nach dem HGB zur Einreichung über den elektronischen Bundesanzeiger verpflichtet ist, denn dieser hat die Rechnungslegungsunterlagen beim elektronischen Bundesanzeiger einzureichen und bekannt machen zu lassen, wobei der elektronische Bundesanzeiger dann an das Unternehmensregister weiterleitet (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB). Der Emittent hat nach Offenlegung noch das jährliche Dokument110 gem. § 10 WpPG zu veröffentlichen und bei der BaFin zu hinterlegen.
107 108 109 110
Begründung des Entwurfs der BReg. zum TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 43. Und nicht etwa für die gesamten Rechnungslegungsunterlagen. S. zu den Anforderungen an dieses im Einzelnen oben Rz. 65. S. unten Rz. 143; und zwar spät. 20 Arbeitstage nach Offenlegung, Art. 27 II Prospekt-Verordnung.
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b) Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten 75
Inlandsemittenten (i.S.v. § 2 Abs. 7 WpHG)111 haben spätestens zwei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraums für die ersten sechs Monate112 des Geschäftsjahres einen Halbjahresfinanzbericht zu erstellen und zu veröffentlichen (§ 37w Abs. 1 Satz 1 WpHG). Mindestinhalt des Halbjahresfinanzberichts sind (§ 37w Abs. 2 WpHG): – ein verkürzter Abschluss – ein Zwischenlagebericht – für beide Dokumente der jeweilige Bilanzeid113
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Der verkürzte Abschluss wiederum hat mindestens eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung sowie einen Anhang zu enthalten soweit der Emittent nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist (§ 37w Abs. 3 WpHG). Andernfalls hat er die internationalen Rechnungslegungsstandards zugrunde zu legen, deren IAS 34 die genannten Bestandteile ohnehin erfordert und darüber hinaus eine verkürzte Kapitalflussrechnung sowie eine verkürzte Aufstellung Aufstellung über die Veränderung des Eigenkapitals114. Der zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtete Emittent hat den Halbjahresfinanzbericht auf die Konzernmuttergesellschaft und die Gesamtheit der einzubeziehenden Tochtergesellschaften zu erstrecken (§ 37y Nr. 2 WpHG)115. Auf den verkürzten Abschluss sind die Rechnungslegungsvorschriften anzuwenden, die auch für den Jahresabschluss des Emittenten gelten (§ 37w Abs. 3 Satz 2 WpHG). Im Zwischenlagebericht sind mindestens die wichtigsten Ereignisse des Berichtszeitraums und ihrer Auswirkungen auf den verkürzten Abschluss anzugeben, sowie die wesentlichen Chancen und Risiken für den verbleibenden Teil des Geschäftsjahrs zu beschreiben (§ 37w Abs. 4 Satz 1 WpHG). Daneben sind Geschäfte des Emittenten mit nahestehenden Personen anzugeben (§ 37w Abs. 4 Satz 2 WpHG)116, wozu natürliche und juristische Personen zählen können117.
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Der Halbjahresfinanzbericht kann einer prüferischen Durchsicht unterzogen werden, die nicht in einem Bestätigungsvermerk endet, sondern lediglich mit einer Bescheinigung, die bestätigt, dass dem Abschlussprüfer keine Sachverhalte bekannt geworden sind, die ihn zu der Annahme veranlassen, dass der verkürzte Abschluss und der Zwischenlagebericht in wesentlichen Belangen den anzuwendenden Rechungslegungsgrundsätzen widersprechen (§ 37w Abs. 5 Satz 1 WpHG). 111 Eine Ausnahme besteht für Emittenten i.S.v. § 37z WpHG. 112 Wird für die ersten drei Monate des Geschäftsjahres ein Quartalsfinanzbericht gem. § 37x Abs. 3 WpHG erstellt, verkürzt sich der Berichtszeitraum für den Halbjahresfinanzbericht auf den Zeitraum nach dem Berichtszeitraum des Quartalsfinanzberichts, Begr. RegE § 37x WpHG, BT-Drucks. 16/2498, S. 44. 113 Entspr. § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB bwz. § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB im Falle des Konzernzwischenlageberichts. Wegen des näheren Inhalts s. den Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 6 (DRS 6) zur Zwischenberichterstattung. 114 § 315a HGB i.V.m. EG-Verordnung 1606/2002; IAS 34.8. 115 § 37y Nr. 2 WpHG; eines gesonderten Halbjahresfinanzberichts für die Muttergesellschaft bedarf es jedoch nicht. 116 Wobei dies auch im Anhang erfolgen kann. 117 Begr. RegE § 37w WpHG, BT-Drucks. 16/2498, S. 45.
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Neben dieser Option kann der Emittent sich auch für eine vollständige (Zwischen-) Abschlussprüfung entscheiden (§ 37w Abs. 5 Satz 4 WpHG). Wählt der Emittent keine dieser beiden Alternativen, so ist dies im Halbjahresfinanzbericht anzugeben (§ 37w Abs. 5 Satz 6 WpHG). Die prüferische Durchsicht muss nicht zwingend durch den Abschlussprüfer für den Jahresabschluss erfolgen, sondern es können auch Dritte beauftragt werden, soweit sie die entsprechende Qualifikation als Abschlussprüfer vorweisen können, wozu auch die Bestellung durch die Hauptversammlung gehört (§ 37w Abs. 5 Satz 2 WpHG i.V.m. § 318 ff. HGB; § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Da die Vorschriften über die Abschlussprüferbestellung entsprechende Anwendung finden, bedarf es eines ausdrücklichen, für die prüferische Durchsicht formulierten Bestellungsbeschlusses durch die Hauptversammlung, selbst wenn der Abschlussprüfer zugleich die prüferische Durchsicht vornehmen soll118. Die Bescheinigung über das Ergebnis der prüferischen Durchsicht bzw. der Bestätigungsoder Bestätigungsversagungsvermerk (im Falle der regulären Zwischenabschlussprüfung), ist zusammen (§ 37w Abs. 5 Satz 4 bzw. 5 WpHG) mit dem Halbjahresfinanzbericht wie folgt zu veröffentlichen, mitzuteilen und zu übermitteln: – im Vorfeld der Veröffentlichung Schaltung einer Bekanntmachung über das Medienbündel, wann und unter welcher Internetadresse der Halbjahresfinanzbericht der Öffentlichkeit zugänglich sein wird119, – zeitgleich Zuleitung der Bekanntmachung an die BaFin und unverzüglich nachfolgend – Übermittlung der Bekanntmachung an das Unternehmensregister (§ 37w Abs. 1 Satz 2 und 3 WpHG und – Übermittlung des Halbjahresfinanzberichts an das Unternehmensregister zur Speicherung120. Auch der Halbjahresfinanzbericht kann – wie der Jahresabschluss – grundsätzlich Gegenstand einer Prüfung durch die BaFin bzw. die Deutsche Prüfstelle für Rechnungswesen werden (§ 37n WpHG); allerdings sind im Gegensatz zum Jahresabschluss stichprobenartige Prüfungen (§ 342b Abs. 2 Satz 3 HGB) ausgeschlossen und können anlassbezogene Prüfungen unterbleiben, wenn kein öffentliches Interesse an der Prüfung besteht (§ 342b Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 HGB).
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c) Veröffentlichung von Quartalsfinanzberichten/Zwischenmitteilungen Inlandsemittenten (i.S.v. § 2 Abs. 7 WpHG)121 sind verpflichtet, für das 1. und 3. Quartal eines Geschäftsjahres eine so genannte „Zwischenmitteilung der Geschäftsführung“ zu veröffentlichen, und zwar innerhalb eines Zeitraums von zehn Wochen nach Beginn und sechs Wochen vor Ende der ersten und zweiten Geschäftsjahreshälfte (§ 37x Abs. 1 Satz 1 WpHG). Die Zwischenmitteilung soll die Beurteilung ermöglichen, wie die Geschäftsentwicklung des Emittenten in den ersten drei Mona118 Zu den Details s. eingehend Wagner, Die Bestellung des Abschlussprüfers für die prüferische Durchsicht – Fragen bei der aktuellen Vorbereitung der HV, BB 2007, 454, 455 f. 119 Zu den Details s. oben Rz. 63 ff. 120 Dies muss – anders als beim Jahresabschluss auch durch den Emittenten mit Sitz im Inland selbst erfolgen, da der Halbjahresfinanzbericht nicht über den elektronischen Bundesanzeiger eingereicht und von dort an das Unternehmensregister weitergeleitet wird. 121 S. oben Rz. 68.
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ten vor Ablauf des Berichtszeitraums verlaufen ist und erfordert daher insbesondere die Darstellung der Finanzlage und des Geschäftsergebnisses (§ 37x Abs. 1 Satz 2 WpHG). Alternativ kann der Emittent auch einen Quartalsfinanzbericht erstellen, der einen verkürzten Abschluss und einen Zwischenlagebericht zu enthalten hat und einer freiwilligen prüferischen Durchsicht unterzogen werden kann. Für die prüferische Durchsicht gelten die Ausführungen zum Halbjahresfinanzbericht122 in entsprechender Weise mit der Ausnahme, dass eine Bestellung des Prüfers für die prüferische Durchsicht nicht durch die Hauptversammlung erfolgen muss123 und es keines Hinweises bedarf, wenn die prüferische Durchsicht unterbleibt. 80
Bei Konzernsachverhalten genügt die Zwischenmitteilung/der Quartalsfinanzbericht auf Gesamtkonzernbasis; einer gesonderten Version für das Mutterunternehmen bedarf es (anders als beim Jahresabschluss) nicht (§ 37y Nr. 3 WpHG). Ein Bilanzeid ist für Zwischenmitteilungen oder Quartalsfinanzberichte nicht vorgesehen. Für den Veröffentlichungs-, Mitteilungs- und Übermittlungsmodus gelten die Ausführungen zum Halbjahresfinanzbericht (s. oben Rz. 77) entsprechend (§ 37x WpHG; §§ 3a ff. WpAIV). Soweit wegen der Zulassung der Wertpapiere des Emittenten im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse nach Maßgabe von § 48 BörsenO FWB weitere Besonderheiten gelten, können diese die Pflichten aus §§ 37w und 37x WpHG nur ergänzen, nicht aber ersetzen, denn die gesetzlichen Regelungen gehen insoweit vor.
2. Ad-hoc-Publizität 81
Eine der bedeutsamsten Pflichten, die für den Emittenten mit der Inanspruchnahme der organisierten Kapitalmärkte verbunden ist, besteht in der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität. Sie soll gewährleisten, dass bestimmte Informationen, die für die Anlageentscheidung des Marktpublikums von Bedeutung sind, dergestalt in den Markt gelangen, dass alle Teilnehmer in gleichem Maße Gelegenheit haben, auf diese Informationen zu reagieren. Durch Vorgaben in zeitlicher, inhaltlicher und verfahrenstechnischer Hinsicht soll vermieden werden, dass einzelne Marktteilnehmer Informationsvorsprünge zu ihrem Vorteil verwenden können, sondern Insiderinformationen so schnell wie möglich zu allgemein bekannten Informationen werden. Um die Zeitspanne, in der Insiderinformationen existieren (und damit das Risiko von Insidergeschäften begründen), möglichst kurz zu halten, besteht eine grundsätzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung aller Insiderinformationen mit Ausnahme bestimmter Befreiungstatbestände oder nur mittelbarer Betroffenheit der Emittentin durch die Information. a) Ad-hoc-mitteilungspflichtige Informationen
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Ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten, die an einem inländischen organisierten Markt124 zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt ist, muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen 122 S. oben Rz. 77. 123 Wagner, Die Bestellung des Abschlussprüfers für die prüferische Durchsicht – Fragen bei der aktuellen Vorbereitung der HV, BB 2007, 454, 457. 124 Legaldefinition des „organisierten Marktes“ in § 2 Abs. 5 WpHG.
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(§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 WpHG). Der Emittentenleitfaden der BaFin enthält zu den möglichen veröffentlichungspflichtigen Informationen ausführliche Positiv- und Negativkataloge125. Ob eine Insiderinformation vorliegt, bestimmt sich wie bei den Insiderhandelsverboten nach § 13 WpHG (s. dazu oben Rz. 3 ff.). Sie betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf eine Tatsache bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten ist. Daraus ergibt sich, dass sie grundsätzlich auch dann, wenn sie außerhalb seines Tätigkeitsbereichs eingetreten ist (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG), ihn gleichwohl unmittelbar betreffen kann. Zu derartigen fremdveranlassten Umständen sollen nach der Gesetzesbegründung z.B. die Übermittlung eines Übernahmeangebots, die beabsichtige Herauf- oder Herabsetzung durch eine Ratingagentur, Ereignisse in anderen Konzerngesellschaften mit Kursrelevanz für den Emittenten126 oder die Veräußerung größerer Aktienpakete durch Aktionäre bzw. beabsichtige Kauforders mit großem Volumen gehören127. Allgemeine Marktentwicklungen, wie z.B. gestiegene Rohstoffpreise, gehören nicht zu den unmittelbar den Emittenten betreffenden Informationen, auch wenn sie sich auf ihn erheblich auswirken128. Eine Ad-hoc-Pflicht kann sich jedoch dann ergeben, wenn diese Marktveränderung dazu führt, dass der Emittent seine Gewinnerwartung nicht aufrecht erhalten kann. Dann ist Letzteres bei kursrelevantem Ausmaß ad-hoc-meldepflichtig.
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Zu den innerhalb des Tätigkeitsbereichs des Emittenten eingetretenen Umständen gehören von ihm selbst veranlasste Kapitalmaßnahmen einschließlich der Begebung von Anleihen, Umwandlungen, Beherrschungsverträge, Kündigung wesentlicher Kredit-, Liefer- oder Abnahmeverträge, soweit sie von erheblicher Bedeutung für die weitere Entwicklung des Unternehmens sind129, die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen, Erwerb und Verlust wichtiger Lizenzen, Patente oder behördliche Erlaubnisse, z.B. Frequenznutzungen, der Ausgang maßgeblicher Rechtsstreitigkeiten oder Kartellverfahren, Veränderungen in personellen Schlüsselpositionen, strategische Unternehmensentscheidungen in Kerngeschäftsfeldern sowie maßgebliche Änderungen der Ausschüttungspolitik.
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Eine ad-hoc-veröffentlichungspflichtige Information kann auch dann entstehen, wenn sich eine wahre (im Falle einer unwahren Ad-hoc-Mitteilung: Ad-hoc-Berichtigung: § 3 Abs. 3 Nr. 1 WpAIV)130 bereits ad-hoc-mitgeteilte Information nochmals maßgeblich ändert und auch die Preisrelevanz zu bejahen ist, z.B. weil im Rahmen einer Verschmelzung zunächst eine Spanne für das Umtauschverhältnis veröffentlicht wurde und später die endgültige Relation bekannt gegeben wird. Sie ist dann als Ad-hoc-Aktualisierung in gleicher Weise wie die ursprüngliche Information meldepflichtig (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WpAIV).
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Bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen, die der Zustimmung durch andere Organe bedürfen, kann nicht generell argumentiert werden, vor deren jeweiligem Be-
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125 Emittentenleitfaden, IV 2.2.2. ff. 126 Spindler/Speier, Die neue Ad-hoc-Publizität im Konzern, BB 2005, 2031, 2032. 127 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 35; Emittentenleitfaden IV 2.2.4; Simon, Der Konzern 2005, 13, 15. 128 Tollkühn, ZIP 2004, 2215, 2216. 129 Wittich, AG 1997, 1, 3; Emittentenleitfaden IV 2.2.4. 130 Im Falle einer unwahren Ad-hoc-Mitteilung: Ad-hoc-Berichtigung: § 4 Abs. 3 Nr. 1 WpAIV.
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schluss läge keine Information vor und mit einer Ad-hoc-Mitteilung könne bis nach der Entscheidung des Organs zugewartet werden131. Vielmehr können Entscheidungen des Emittenten bereits nach Beschluss der ersten Entscheidungsstufe meldepflichtig sein, wenn nicht von der Möglichkeit zur zeitlich befristeten Befreiung von der Veröffentlichungspflicht Gebrauch gemacht werden kann132. Für diesen Aufschub der Ad-hoc-Mitteilung ist zwar die austehende Zustimmung eines Organs ein Regelbeispiel für ein berechtigtes Interesse des Emittenten, das dasjenige der Anleger überwiegt (§ 6 Satz 2 Nr. 2 WpAIV)133, jedoch muss hinzutreten, dass eine Ad-hocMitteilung unter Hinweis auf die noch ausstehende Organzustimmung eine sachgerechte Bewertung der Information durch das Publikum gefährden würde134. b) Veröffentlichtungspflicht und Befreiungsmöglichkeit 87
Kann festgestellt werden, dass eine Insiderinformation die Emittentin unmittelbar betrifft, so ist sie grundsätzlich unverzüglich zu veröffentlichen135. Veröffentlichungspflichtig kann auch eine für den Emittenten tätige Person werden, wenn sie an einen Dritten Insiderinformationen weitergegeben hat, ohne diesen zur Vertraulichkeit zu verpflichten (§ 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Das Erfordernis der Unverzüglichkeit der Veröffentlichung belässt dem Emittenten die Möglichkeit, zunächst das Vorliegen eines Befreiungssachverhalts zu prüfen und hierzu auch externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Allerdings hat der Emittent seine internen Prozesse so zu organisieren, dass die Insiderinformation raschestmöglich den maßgeblichen Entscheidungsträgern zugleitet wird und die für die Veröffentlichung die nötigen Vorbereitungen getroffen werden136. Die Anfertigung einer Übersetzung rechtfertigt eine Verzögerung der Veröffentlichung auch dann nicht, wenn die für den Emittenten maßgeblichen Börsenordnungen eine zeitgleiche Veröffentlichung in englischer Sprache verlangen137.
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Der Emittent kann aber eine (vorläufige) Befreiung von der Veröffentlichungspflicht (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG) in Anspruch nehmen, wenn: – der Schutz seiner berechtigten Interessen dies erfordert, – keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und – der Emittent die Vertraulichkeit gewährleisten kann. Dabei handelt es sich nicht um eine dauerhafte Befreiung, sondern nur um eine Aufschiebung der Veröffentlichungspflicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die berechtigten Interessen entfallen. Sodann ist die Ad-hoc-Mitteilung nachzuholen (§ 15 Abs. 3 Satz 2 WpHG). Weder der Wortlaut von § 15 Abs. 3 WpHG noch die Gesetzesbegründung treffen eine Aussage darüber, ob die Selbstbefreiung durch den Vorstand zu er131 132 133 134
Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 13 Rz. 28 ff. und § 15 Rz. 142. Dazu unten Rz. 87 ff. Emittentenleitfaden IV 2.2.7. Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15 Rz. 142; Staake, Die Vorverlagerung der Ad-hoc-Publizität bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen, BB 2007, 1573, 1577. 135 Zu den Veröffentlichungsmodalitäten unten Rz. 96 ff. 136 Emittentenleitfaden IV 3. und IV 6.3; Sven H. Schneider, BB 2005, 897, 901. 137 Emittentenleitfaden IV 6.3.
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folgen hat. In der Literatur hat sich dazu die Auffassung gebildet, für die Entscheidung über den Aufschub der Ad-hoc-Veröffentlichung bedürfe es weder eines Vorstandsbeschlusses noch eines Ermächtigungsbeschlusses des Vorstands, der diese Aufgaben auf nachgeordnete Ebenen delegiert138, wenn die Wahrnehmung kapitalmarktrechtlicher Pflichten zuständigkeitshalber delegiert wurde und in die Überwachung durch den Vorstand einbezogen ist. Zweifelt die BaFin die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Befreiung an, obliegt es dem Emittenten, den Nachweis zu führen, dass die berechtigten Interessen vorlagen. Andernfalls drohen Schadensersatzansprüche von Anlegern wegen unterlassener unverzüglicher Ad-hoc-Veröffentlichung (§§ 15 Abs. 6, 37b WpHG – s. dazu unten § 33 Rz. 159 ff.). Auch aus diesem Grund empfiehlt sich die sorgfältige Dokumentation der Entscheidung über die (sog.) Selbstbefreiung, ebenso wie die regelmäßige Überprüfung, ob das Aufschubinteresse noch andauert. Die Niederschriften bilden ferner die Grundlage für die gegenüber der BaFin abzugebende Begründung für die Inanspruchnahme der Befreiung bei der späteren Nachholung der Veröffentlichung (s. unten Rz. 99).
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Berechtigte Interessen liegen vor, wenn das Interesse des Emittenten an einer Geheimhaltung das Interesse des Kapitalmarktes an einer vollständigen und zeitnahen Veröffentlichung überwiegt139. Dazu gehören insbesondere Fälle, in denen der normale Gang laufender Verhandlungen durch die Veröffentlichung wahrscheinlich beeinträchtigt würde, insbesondere die finanzielle Überlebensfähigkeit des Emittenten bedroht ist oder in denen die Bekanntgabe z.B. einer Vorstandsentscheidung, die unter dem Vorbehalt einer Aufsichtsratszustimmung getroffen wurde, die korrekte Bewertung des Vorgangs durch die Öffentlichkeit gefährden würde (§ 6 Nr. 1 und 2 WpAIV). Bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen wird damit eine Befreiung regelmäßig zulässig, soweit nicht der Zeitraum bis zur Herbeiführung der Entscheidung des Aufsichtsrats (oder seines respektiven Ausschusses) unangemessen lang ist140. In der Literatur wird über die genannten Regelbeispiele hinaus die Auffassung vertreten, im Interesse des Emittenten an effektiver und verlässlicher Öffentlichkeitsarbeit durch ausführliche Erläuterung der Geschäftszahlen außerhalb knapper Adhoc-Mitteilungen sei ein kurzfristiger Aufschub der Veröffentlichung von Geschäftszahlen, die in kursrelevanter Weise von den Erwartungen abweichen, berechtigt, wenn die Regelberichterstattung mit eingehender Darstellung der Geschäftszahlen unmittelbar bevorstehe141. Die BaFin rekurriert insoweit allerdings weiterhin auf das Interesse der Anleger, zu angemessenen, die Information einpreisenden Kursen Wertpapiere zu erwerben.
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Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal, dass keine Irreführung der Öffentlichkeit eintreten darf, stellt allein das Verschweigen einer Insiderinformation als eine solche und die damit einhergehende Informationsasymmetrie noch keine Irreführung dar.
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138 Sven H. Schneider, BB 2005, 897, 900; Uwe H. Schneider/Gilfrich, Die Entscheidung des Emittenten über die Befreiung von der Ad-hoc-Publizität, BB 2007, 53, 55. 139 § 6 WpAIV; Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 35; nach richtlinienkonformer Auslegung reicht es aus, wenn diese verletzt sein können, Sven H. Schneider, BB 2005, 897, 898. 140 Emittentenleitfaden IV 3.1. 141 Cahn/Götz, Ad-hoc-Publizität und Regelberichterstattung, AG 2007, 221, 223 ff.; Emittentenleitfaden IV 2.2.9.1.
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Eine solche träte aber ein, wenn der Emittent aktiv Signale setzt, die im Widerspruch zur Insiderinformation stehen142. Er hat sich daher auf eine No-Comment-Policy zu beschränken und darf Gerüchte über die Insiderinformation nicht dementieren. 92
Hinzu tritt, dass der Emittent die Vertraulichkeit der eigentlich veröffentlichungspflichtigen Information sicherstellen muss und von ihm insoweit wirksame Vorkehrungen erwartet werden143, z.B. Einbeziehung nur wirklich erforderlicher Personen und deren besondere Verpflichtung zur Verschwiegenheit durch Vereinbarungen144. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG löst nämlich auch die befugte Weitergabe an einen Dritten für den Emittenten und die für ihn tätigen Personen die Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht aus, es sei denn, der andere ist oder wird rechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verpflichtung kann sich aus Gesetz, Satzung oder Vertrag ergeben145, mit der Folge, dass der Emittent und seine Beauftragten vor der Weitergabe von Insiderinformationen diese rechtliche Verpflichtung zu prüfen und gegebenenfalls durch Vereinbarung herzustellen haben, um eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht zu vermeiden.
93
Für den Emittenten kann sich die Frage stellen, ob ihn – ungeachtet der Verschwiegenheitsvereinbarung entstandene – Gerüchte im Markt zur Ad-hoc-Veröffentlichung seiner Pläne und Absichten verpflichten, selbst wenn er im Zeitpunkt der Entscheidung nicht feststellen kann, ob die Gerüchte nicht u.U. als bloße Vermutungen von nicht informierten Dritten gestreut wurden146. Dies wird aufsichtsrechtlich bejaht, soweit der Emittent weiß, oder Grund zu der Annahme hat, dass die Gerüchte auf Vertraulichkeitslücken in seinem Herrschaftsbereich zurückzuführen sind. Umgekehrt haben Gerüchte, für die der Emittent die Herkunft aus seiner Sphäre ausschließen kann oder die auf einer ihm nicht zurechenbaren Vertraulichkeitslücke beruhen, nicht zur Folge, dass das Tatbestandsmerkmal „Gewährleistung der Vertraulichkeit“ entfällt; der Emittent kann den Aufschub der Veröffentlichung gleichwohl fortsetzen147. Dabei hat er sich jedoch auf eine NoComment-Policy zu beschränken und darf die Gerüchte nicht wahrheitswidrig dementieren.
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Zu den besonderen Vorkehrungen gehören auch solche, die gewährleisten, dass der Emittent unverzüglich Kenntnis davon erhält, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die Vertraulichkeit zu gewährleisten und sodann unmittelbar die Ad-hoc-Mitteilung abgeben kann (§ 7 Nr. 1 WpAIV). Dazu gehört, entsprechende Informationsflüsse zu beobachten und den abgestimmten Wortlaut der Mitteilung vorrätig und aktuell zu halten.
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Nach Wegfall der berechtigten Interessen (z.B. weil bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats erteilt wurde) oder wenn die Vertraulichkeit nicht gewährleistet werden konnte und Informationen an die Öf-
142 Veith, Die Befreiung von der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 3 WpHG, NZG 2005, 254, 257; Emittentenleitfaden IV 3.2. 143 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 35. 144 So auch Kuthe, ZIP 2004, 883, 885; Simon, Der Konzern 2005, 13, 20. 145 Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Marktmissbrauchsrichtlinie (2003/6/EG). 146 Kuthe, ZIP 2004, 883, 885; a.A. Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1952; Möllers, WM 2005, 1393, 1394. 147 Emittentenleitfaden IV 3.3.
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fentlichkeit gelangen, muss der Emittent unverzüglich die Veröffentlichung nachholen, seine Entscheidung über den vorangegangenen Aufschub begründen und dies der BaFin unter Angabe des Zeitpunktes der Entscheidung mitteilen (§ 15 Abs. 3 Satz 4 WpHG). Etwas anderes gilt, wenn z.B. ein Akquisitionsvorhaben, aufgegeben wurde und damit eine „erledigte“ Insiderinformation mitgeteilt werden müsste: es ist weder eine Mitteilung an die BaFin zu machen, noch zu veröffentlichen148. c) Inhalt und Form der Mitteilung Vor der Veröffentlichung ist die ad-hoc-mitteilungspflichtige Information den betroffenen Geschäftsführungen der Börsen und organisierten Märkte und der BaFin mitzuteilen (§ 15 Abs. 4 WpHG), damit u.a. über die Notwendigkeit einer Kursaussetzung entschieden werden kann.
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In zeitlicher Hinsicht soll nach der Vorabmitteilung 30 Minuten mit der Veröffentlichung zugewartet werden149. Inhaltlich muss die Mitteilung den Wortlaut der vorgesehenen Veröffentlichung, deren Zeitpunkt und Ansprechpartner des Emittenten hierzu benennen (§ 8 Abs. 1 WpAIV).
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Die für die Veröffentlichung vorgesehenen Kennzahlen müssen im Geschäftsverkehr üblich sein und einen Vergleich zu den zuletzt genannten Kennzahlen ermöglichen, um eine Verschleierung der eingetretenen Unterschiede durch Verwendung anderer Kennzahlen zu vermeiden (§ 15 Abs. 1 Satz 5 WpHG)150. Welche Kennzahlen nach Auffassung der BaFin diesen Anforderungen genügen, ergibt sich aus dem im Emittentenleitfaden enthaltenen Katalog der „üblichen Kennzahlen“151.
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Handelt es sich um eine gem. § 15 Abs. 3 WpHG aufgeschobene Veröffentlichung, sind in den Inhalt152 auch Angaben zu den Gründen für die in Anspruch genommene Befreiung aufzunehmen. Darüber hinaus sind anzugeben die Zeitpunkte der Entscheidungen über (i) die Aufschiebung, über (ii) den Fortbestand der Gründe und (iii) schließlich der Veröffentlichung unter Angabe der Namen153 aller an der Entscheidung über die Befreiung beteiligten Personen (§ 8 Abs. 5 WpAIV). Es empfiehlt sich, entsprechende Protokolle zu erstellen, um diesen Dokumentationspflichten nachkommen zu können, denn alle zur Begründung der Befreiung erforderlichen Informationen müssen so vorgehalten werden, dass die Veröffentlichung der Insiderinformation und die Mitteilung der Befreiung unverzüglich erfolgen können, wenn z.B. während eines Befreiungszeitraums die Vertraulichkeit nicht mehr gewährleistet werden kann, etwa weil ein Insider die Information hat bekannt werden lassen154.
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In förmlicher Hinsicht wird eine Telefax-Übermittlung verlangt, soweit die BaFin nicht eigenhändige Unterschriften anfordert (§ 9 Abs. 1 WpAIV).
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148 149 150 151
Emittentenleitfaden IV 3. Emittentenleitfaden, IV 5.1. Letzel, WM 2003, 1757, 1758. Emittentenleitfaden, IV 2.2.10; zur teilweise eingeschränkten Aussagefähigkeit verschiedener Begriffe s. Letzel, WM 2003, 1757, 1759 ff. 152 Nur der Mitteilung an die BaFin. 153 Und Geschäftsadressen sowie Rufnummern. 154 Emittentenleitfaden, IV 5.2.3; Simon, Der Konzern 2005, 13, 21.
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d) Inhalt und Art der Veröffentlichung 101
Frühestens 30 Minuten nach der (Vorab-) Mitteilung (§ 15 Abs. 4 WpHG)155, sieht § 15 Abs. 1 WpHG folgenden Veröffentlichungsmodus vor: – Europaweite Verbreitung über das „Medienbündel“156 – Verbreitung über ein elektronisches Informationsverbreitungssystem i.S.v. § 5 Nr. 1 WpAIV157 (Zeitgleiche Veröffentlichungen in englischer Sprache sind zulässig). – Veröffentlichung auf der Website des Emittenten für mindestens einen Monat (unter einer leicht auffindbaren, inhaltlich einschlägigen Rubrik, § 5 Nr. 2 WpAIV)158 – Zeitgleich: Mitteilung über die Veröffentlichung an die BaFin und und die betroffenen Marktplätze (§ 15 Abs. 5 Satz 2 WpHG). – Unverzüglich danach: Übermittlung an das Unternehmensregister (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 WpHG).
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Die Veröffentlichung muss Angaben zum Emittenten, seiner Anschrift und internationalen Wertpapierkennnummern enthalten. Einzuleiten ist die Veröffentlichung mit der Überschrift „Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG“ und mit Angabe eines Schlagwortes159 als Betreff, das den Inhalt der Veröffentlichung angemessen zusammenfasst. Neben der zu veröffentlichenden Information sollen Datum und Uhrzeit des Eintritts der der Information zugrunde liegenden Umstände, der unmittelbaren Betroffenheit des Emittenten und sonstige Tatsachen aufgenommen werden, die zum Verständnis der Preisrelevanz von Bedeutung sind. Hierzu zählt nach Auffassung der BaFin bei Unternehmenskäufen auch die Größenordnung des Kaufpreises, deren Veröffentlichung durch Parteivereinbarung nicht abbedungen werden kann160. Gleichwohl soll die Veröffentlichung kurz gefasst sein (§ 4 Abs. 1 WpAIV).
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Bei Aktualisierungsmitteilungen oder Berichtigungen ist die Überschrift entsprechend zu ändern und die genutzten Medien betreffend die ursprüngliche Ad-hoc-Mitteilung zu nennen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 WpAIV).
104
Bei der Mitteilung über die Veröffentlichung an die BaFin sind ergänzend zur Veröffentlichung Angaben zu den Medien, an die versendet wurde und den Zeitpunkten, zu denen dies erfolgte, zu übermitteln (§§ 3c und 5a WpAIV). Anders als bei den Veröffentlichungen im Rahmen der Regelpublizität, hat der Emittent für Ad-hoc-Veröffentlichungen nicht nur die Absendung der Veröffentlichung an die Medien sicher zu stellen, sondern auch zu gewährleisten, dass die Veröffentlichung durch die Medien auch tatsächlich erfolgt (§ 5 WpAIV). Dazu ist ein Beleg der Veröffentlichung an die BaFin und die Börsen zu versenden161. e) Berichtigungspflicht
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Sind unwahre Informationen als Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht worden, so sind sie durch eine erneute Ad-hoc-Mitteilung zu berichtigen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG) 155 156 157 158 159 160 161
Emittentenleitfaden, IV 5.1. Zu den Details s. oben Rz. 65. Wobei dies i.d.R. bereits im Medienbündel enthalten sein wird. Unter einer leicht auffindbaren, inhaltlich einschlägigen Rubrik, § 5 Nr. 2 WpAIV. Beispiele im Emittentenleitfaden IV 4.1. Emittentenleitfaden, IV 4.2. Emittentenleitfaden, IV 6.4.
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und zwar auch dann, wenn die unwahre gemeldete Information gar nicht ad-hoc-mitteilungspflichtig gewesen wäre162. In förmlicher Hinsicht ist dann darauf zu achten, dass die Überschrift als Berichtigungsmeldung angepasst wird (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 WpAIV).
3. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Beteiligungsveränderungen an börsennotierten Gesellschaften gem. §§ 21 ff. WpHG Die Entstehung maßgeblicher Beteiligungen, insbesondere von Sperrminoritäten, und Kontrollerwerbe bestimmter Größenordnungen bilden für Anleger ein Kriterium für die Investition oder der Desinvestition in Finanzinstrumente und sollen daher, soweit sie börsennotierte Unternehmen betreffen, durch entsprechende Meldepflichten gegenüber dem Markt transparent gemacht werden.
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a) Mitteilungspflichtige Sachverhalte Mitteilungspflichtig ist zunächst der Anleger, der durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % der Stimmrechte an einem Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland (i.S.v. § 2 Abs. 6 WpHG) erreicht, über- oder unterschreitet, und zwar sowohl gegenüber dem Emittenten als auch gegenüber der BaFin (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WpHG)163.
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Emittenten, für die der Herkunftsstaat Deutschland ist, sind insbes. Emittenten mit Sitz in Deutschland, deren Finanzinstrumente im Inland oder einem anderen Staat der EU oder des europäischen Wirtschaftsraums zum Börsenhandel zugelassen sind (§ 2 Abs. 6 Nr. 1 WpHG). Deutschland kann aber auch für Emittenten Herkunftsstaat sein, die ihren Sitz weder in der EU noch im europäischen Wirtschaftsraum haben, deren Wertpapiere aber in Deutschland, der EU oder dem europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, wenn der Emittent das jährliche Dokument i.S.v. § 10 WpPG164 bei der BaFin zu hinterlegen hat (§ 2 Abs. 6 Nr. 2 WpHG). Die Mitteilungspflichten sind unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Handelstagen nach Erreichen, Über- oder Unterschreiten der genannten Schwellenwerte zu erfüllen. Handelstage sind alle Kalendertage, die nicht Sonnabende oder Sonntage sind oder als bestimmte Feiertage qualifiziert sind (§ 30 WpHG)165.
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Selbst der Aktionär, der keine Geschäfte in Wertpapieren der Gesellschaft tätigt, kann zur Mitteilung einer Veränderung seines Stimmrechtsanteils verpflichtet sein, wenn sich das Grundkapital z.B. durch eine Kapitalerhöhung im Rahmen einer Verschmelzung erhöht und seinen Stimmrechtsanteil verändert. Die Mitteilungspflicht
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162 Grimme/von Buttlar, WM 2003, 901, 904. 163 Ausnahmetatbestände für Wertpapierdienstleistungsunternehmen betreffend deren Handelsbestände u.a. Sonderfälle sind in § 23 WpHG geregelt 164 S. unten Rz. 143. 165 Die BaFin hat im Internet einen Kalender der Handelstage zur Verfügung zu stellen (§ 30 Abs. 2 WpHG), der unter dem Pfad www.bafin.de > Aufsichtspraxis > Merkblätter > Merkblatt – Hinweise zu den Mitteilungspflichten gem. §§ 21 ff. WpHG vom 5.2.2007 aufgerufen werden kann, so dass es einer Recherche betr. die Qualifizierung best. Feiertage als einheitlich i.S.v. § 30 Abs. 1 WpHG nicht bedarf.
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betrifft auch die Muttergesellschaft im Hinblick auf börsennotierte Tochtergesellschaften, an denen sich ihr Stimmrechtsanteil verändert. Inhaber von Zertifikaten, die Aktien vertreten (z.B. die Inhaber von American Depositary Receipts) sind selbst zur Mitteilung verpflichtet, und nicht etwa der Treuhänder der die den Zertifikaten unterliegenden Aktien hält (§ 21 Abs. 1 Satz 2 WpHG). 110
Da der Gesetzeszweck, Transparenz bezüglich der Stimmrechtsmacht der Mitaktionäre zu erhalten, nur dann erreicht werden kann, wenn nicht lediglich auf die formale Rechtsposition abgestellt wird, wird über Zurechnungstatbestände (§ 22 Abs. 1 und 2 WpHG) sichergestellt, dass alle Stimmrechte, über die ein Aktionär aufgrund seiner wirtschaftlichen Position verfügen kann, zu berücksichtigen sind. Dazu zählen neben dem Anteilsbesitz eines von ihm mehrheitlich kontrollierten Tochterunternehmen auch Stimmrechte aus Aktien, die ihm zwar noch nicht dinglich gehören, deren Übereignung er aber aufgrund schuldrechtlicher Berechtigung jederzeit herbeiführen kann oder die – gemeinsam mit seinen Aktien – Gegenstand einer Stimmrechtsbindungsabrede sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 1, 5 und Abs. 2 WpHG). Auch Stimmrechte, die ein Bevollmächtigter weisungsfrei ausüben kann, sind ihm zuzurechnen (§ 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG)166.
111
Darüber hinaus besteht eine Meldepflicht für Finanzinstrumente, die einseitig rechtlich bindend zum Erwerb von bereits ausgegebenen, zugelassenen Aktien berechtigen, wenn diese Aktien Stimmrechte gewähren, durch die die Schwellen von 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % erreicht, über- oder unterschritten würden (§ 25 Abs. 1 Satz 1 WpHG), und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder mittelbar über Tochtergesellschaften bzw. Treuhänder gehalten werden. Ein einseitig bindendes Recht zum Erwerb setzt voraus, dass der Erwerb der Aktien und damit die Ausübung der Stimmrechte auschließlich vom Ermessen des Rechtsinhabers – und nicht etwa von äußeren Ereignissen, wie dem Erreichen bestimmter Preisschwellen oder dem Eintritt von Bedingungen – abhängt167. Zu derartigen Finanzinstrumenten gehören namentlich Optionen auf Aktien und Termingeschäfte, jedoch nicht Finanzinstrumente, für die ausschließlich ein cash-settlement vorgesehen ist. Bei Wandel- und Optionsanleihen kommt es darauf an, ob die zugrunde liegenden Aktien aus einem Bestand bereits vorhandener und zugelassener Aktien (etwa aus einem Aktienrückerwerb) stammen oder als junge Aktien z.B. aus bedingtem Kapital erst geschaffen werden sollen. Im ersten Fall besteht eine Meldepflicht, in letzterem nicht168. Zwar sind verschiedene Finanzinstrumente, die sich auf Aktien desselben Emittenten beziehen, zusammenzurechnen (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WpHG), jedoch nicht Positionen in Finanzinstrumenten auf bestimmte Aktien mit Positionen in diesen bestimmten Aktien (§ 25 Abs. 1 Satz 3 WpHG)169. Da die 3 %-Schwelle für diese Finanzinstrumente nicht gilt, können Aktienpositionen bis unterhalb von 3 % und zugleich Positionen in Finanzinstrumenten auf die Aktien des gleichen Emittenten 166 Insoweit erlangen die Befreiungsregelungen für Kreditinstitute bes. Bedeutung. 167 Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 233. 168 Ebenso, wenn dem Emittenten die Wahl überlassen ist; Schlitt/Schäfer, AG 2007, 227, 233 f. 169 In der Fassung des TUG vom 5.1.2007; der RegE des Risikobegrenzungsgesetzes sieht insoweit in § 25 Abs. 1 Satz 3 WpHG-E bereits eine Zusammenrechnung von Beteiligungen nach den §§ 21 und 22 WpHG vor.
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bis unterhalb von 5 % gleichzeitig gehalten werden, ohne dass eine Meldepflicht entsteht. In Konzernlagen ist grundsätzlich jedes einzelne Konzernunternehmen für ihm selbst zustehende oder ihm zuzurechnende Stimmrechte meldepflichtig170. Meldepflichten von Gesellschaften, die in einen Konzernabschluss einbezogen sind, können auch durch eine höherstehende Obergesellschaft, insbesondere durch die Konzernholding, für alle im Konzernabschluss konsolidierten Gesellschaften abgegeben werden, jedoch sind stets die Beteiligungswerte der jeweiligen Untergesellschaft anzugeben, eine Meldung, die nur die konzernweit gehaltene Gesamtsumme angibt, genügt nicht (§ 24 WpHG).
112
Eine der Meldepflicht ähnliche Pflicht wird für den Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland mittelbar auch bei Rückerwerb und Veräußerung eigener Aktien unter Berührung der Schwellen von 3 %, 5 % und 10 % ausgelöst171, wenngleich er nicht an sich selbst melden muss, sondern nur ein Dokument das den Anforderungen an eine Mitteilung gem. § 21 WpHG genügt, zu erstellen und sodann innerhalb der Veröffentlichungsfrist zu veröffentlichen hat. Für Inlandsemittenten i.S.v. § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG, für die Deutschland nicht der Herkunftsstaat ist, gilt Entsprechendes bei Berührung der Schwellen von 5 % und 10 % (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WpHG).
113
b) Form und Inhalt der Mitteilung Die vom Mitteilungspflichtigen dem Emittenten und der BaFin spätestens innerhalb von vier Handelstagen zuzuleitende Mitteilung muss neben der Überschrift „Stimmrechtsmitteilung“ Namen und Anschrift des Meldepflichtigen, die Angabe des Schwellenwertes und ob dieser erreicht, über- oder unterschrittenen wurde, enthalten sowie die genaue Höhe des nunmehr gehaltenen Stimmrechtsanteils und den Tag des Erreichens oder Über- bzw. Unterschreitens des Schwellenwertes angeben (§ 17 Abs. 1 WpAIV). Die genaue Angabe des aktuell gehaltenen Stimmrechtsanteils erfordert die Angabe von mindestens zwei Nachkommastellen und der absoluten Anzahl der Stimmrechte172. Die korrekte Ermittlung seines Stimmrechtsanteils wird dem Mitteilungspflichtigen dadurch ermöglicht, dass der Emittent verpflichtet ist, am Ende eines jeden Monats, in dem es zu Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gekommen ist, eine entsprechende Veröffentlichung vorzunehmen, auf die sich der Mitteilungspflichtige verlassen darf und die er seiner Berechnung zugrunde zu legen hat173. Zuzurechnende Stimmrechte sind gesondert für jeden Zurechnungstatbestand anzugeben, und zwar unter Angabe des Namens des Dritten, aus dessen Aktien dem Meldepflichtigen Stimmrechte zugerechnet werden sowie sämtlicher berührter Schwellen und des zum Zeitpunkt der Schwellenberührung gehaltenen Stimmrechtsanteils (§ 17 WpAIV)174. 170 Zu den Offenlegungspflichten im Konzern eingehend: Uwe H. Schneider in FS Brandner, 1996, S. 565 ff. 171 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 32 ff.; a.A. Widder/ Kocher, Die Behandlung eigener Aktien im Rahmen der Mitteilungspflichten nach §§ 21 ff. WpHG, AG 2007, 13 ff. 172 Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 77 f. 173 Begr. RegE § 26a, BT-Drucks. 16/2498, S. 38; zur Verpflichtung des Emittenten zur Veröffentlichung der Gesamtzahl der Aktien s. unten Rz. 119; § 17 Abs. 4 WpAIV. 174 Begr. RegE § 22 Abs. 2, BT-Drucks. 12/6679.
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Die Mitteilung hat schriftlich zu erfolgen und muss als Mitteilung gem. § 21 WpHG gekennzeichnet sein175. Kommt er seinen Mitteilungspflichten nicht nach, so verliert er Stimm- und Dividendenrecht soweit er die Mitteilung nicht nachholt (§ 28 WpHG). Nach Maßgabe des Regierungsentwurfs des Risikobegrenzungsgesetzes soll eine Neufassung des § 28 WpHG dahingehend erfolgen, dass die Stimmrechtsausübungssperre auf einen Zeitraum von 6 Monaten nach Nachholung ausgedehnt wird, wenn die Mitteilung vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen wurde. c) Form, Frist und Inhalt der Veröffentlichung
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Der Emittent hat die eingegangenen Änderungsmitteilungen unverzüglich, spätestens aber drei Handelstage176 nach Zugang in folgendem Publikationsmodus zu veröffentlichen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WpHG i.V.m. §§ 3a und b WpAIV): – Europaweite Verbreitung über das „Medienbündel“177 – gleichzeitig: Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin (§ 26 Abs. 2 WpHG i.V.m. 3c WpAIV)178 – Unverzüglich danach: Übermittlung an das Unternehmensregister zur Speicherung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 WpHG). Dabei hat er zuvor zu prüfen, ob die Mitteilung unter Umständen geeignet ist, den Preis der Finanzinstrumente des Emittenten erheblich zu beeinflussen und daher bereits ad hoc gem. § 15 WpHG zu veröffentlichen ist (s. dazu oben Rz. 81 ff.), denn dann gilt die Drei-Tages-Frist nicht und es ist zudem ein abgewandelter Veröffentlichungsmodus einschlägig179.
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Inhaltlich ist die dem Emittenten zugegangene Mitteilung exakt wiederzugeben. Eine Stimmrechtsmitteilung, die der Emittent in englischer Sprache erhalten hat, kann er daher auch in englischer Sprache veröffentlichen (§ 20 WpAIV), ohne dass eine Übersetzung anzufertigen wäre. Allenfalls redaktionelle Änderungen sind zulässig, so dass der Emittent keine Änderungen anfügen darf, sondern in Zweifelsfällen den Mitteilungspflichtigen zur Änderung aufzufordern hat. Kommt dieser dem nicht nach, so ist der ursprünglich mitgeteilte Text zu veröffentlichen oder – in Fällen einer befürchteten Unrichtigkeit – ein Befreiungsantrag an die BaFin zu richten180. Der Emittent hat insoweit aber Informationsbeschaffungspflichten, die nicht nur auf der Erfüllung seiner Pflichten aus § 26 Abs. 1 WpHG, sondern auch auf den mit unterbliebenen Meldungen verbundenen Rechtsverlusten des Meldepflichtigen (§ 28 WpHG) im Hinblick auf Stimmrecht und Dividende beruhen. Der Emittent hat das Recht, sich mitgeteilte Beteiligungen nachweisen zu lassen (§ 27 WpHG)181.
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Als Beleg über die Veröffentlichung ist der BaFin der Veröffentlichungstext unter Angabe der zur Veröffentlichung verwendeten Medien und des Zeitpunktes der Versen-
175 176 177 178 179 180 181
Muster bei Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 82. Zu den Details betreffend „Handelstage“ s. oben Rz. 108. Zu den Details s. oben Rz. 65. Gleichzeitig i.S.v. unmittelbar hintereinander, Begr. RegE BT-Drucks. 16/2498, S. 34. S. oben Rz. 101 ff. Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 25 WpHG Rz. 11. Was vor dem Hintergrund der kurzen Veröffentlichungsfristen jedoch nicht immer vor Veröffentlichung gelingen wird.
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dung an diese zu übersenden (§ 26 Abs. 2 WpHG; § 21 i.V.m. § 3c WpAIV)182. Die Kosten für die Veröffentlichung sind von der Gesellschaft zu tragen. Da sie Adressat der Veröffentlichungspflicht ist, steht ihr ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Mitteilungspflichtigen nicht zu. Die BaFin hingegen ist bei unterlassenen Veröffentlichungen zur Ersatzvornahme gegen Erstattung der Kosten durch den Emittenten berechtigt (§ 29 Abs. 3 WpHG). Sind dem Emittenten gegenüber Änderungsmitteilungen nicht erfolgt, so hat er bis zu deren Nachmeldung dafür Sorge zu tragen, dass für die betroffenen Wertpapiere weder auf der Hauptversammlung Stimmen abgegeben noch Dividenden ausgezahlt werden (§ 28 WpHG).
4. Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen der Gesamtzahl der Stimmrechte gem. § 26a WpHG Ein Inlandsemittent (i.S.v. § 2 Abs. 7 WpHG)183 ist verpflichtet, am Ende eines jeden Kalendermonats in dem es zu einer Zu- oder Abnahme von Stimmrechten gekommen ist, diesen Umstand unter Angabe der neuen Gesamtzahl zu veröffentlichen (§ 26a Satz 1 WpHG). Damit soll es Mitteilungspflichtigen i.S.v. § 21 WpHG erleichtert werden, eine zuverlässige Basis für die Berechnung ihres Stimmrechtsanteils zu erhalten. Da es gem. § 21 WpHG auf die abstrakt mit den Aktien verknüpften Stimmrechte ankommt und nicht auf deren Ausübbarkeit, sind in die Gesamtzahl der Aktien auch eigene Aktien des Emittenten einzubeziehen, obgleich das Stimmrecht, das grundsätzlich mit ihnen verbunden ist, ruht solange sie als eigene Aktien gehalten werden (§ 17 Abs. 1 Nr. 5 WpAIV)184. Zu Zunahmen kann es im Zuge von Aktiensplits, der Durchführung von Kapitalerhöhungen185 oder bei der Ausgabe von Aktien aus bedingtem Kapital infolge der Ausübung von Aktienoptionen oder Wandelschuldverschreibungen kommen. Bedient sich der Emittent bei der Ausgabe der Aktien externer Umtauschstellen und kann er deshalb keine „taggleiche“ Veröffentlichung vornehmen, kann der Emittent am Folgetag unter Hinweis auf den Stichtag veröffentlichen186. Abnahmen sind zu veröffentlichen, wenn z.B. im Nachgang zu einem Aktienrückerwerb Aktien eingezogen werden. Es gilt der Veröffentlichungsmodus: – Europaweite Verbreitung über das „Medienbündel“187 – gleichzeitig: Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin – Unverzüglich danach: Übermittlung an das Unternehmensregister zur Speicherung.
182 183 184 185
Emittentenleitfaden, IV 6.4. S. oben Rz. 68. Uwe H. Schneider in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 21 Rz. 34 f. Dann ergibt sich die Änderung der Gesamtzahl der Stimmrechte zwar bereits aus dem Handelsregister, § 26a WpHG stellt jedoch nicht darauf ab, dass die Änderungen nur zu veröffentlichen wären, wenn sie nicht bereits andernorts bekannt gemacht sind. 186 Schlitt/Schäfer, Auswirkungen von TUG und FRUG auf Aktien- und Equity-LinkedEmissionen, AG 2007, 227, 229. 187 Zu den Details s. oben Rz. 65.
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5. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten betreffend „Directors’ Dealings“ gem. § 15a WpHG 120
Den Anlageentscheidungen von Organmitgliedern kommt aufgrund ihres regelmäßig vorhandenen Wissensvorsprungs eine Signalwirkung zu, die für andere Marktteilnehmer eine maßgebliche Information für ihre eigenen Transaktionsentscheidungen darstellt188. Mit der in § 15a WpHG vorgesehenen Veröffentlichungspflicht soll daher eine entsprechende Markttransparenz geschaffen werden und zugleich das bei dieser Gruppe vorhandene Risiko von Insiderhandel limitiert werden. Auch wenn die eigentliche Mitteilung an den Emittenten durch die mitteilungspflichtige Person zu erfolgen hat, sind die Vorstandsmitglieder bzw. im Rahmen einer Aufgabenverteilung auf einzelne Ressorts das jeweils zuständige Vorstandsmitglied des Emittenten aufgrund allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Organpflichten dazu verpflichtet, organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die mitteilungspflichtigen Personen um die Meldepflicht wissen und dieser nachkommen. a) Mitteilungspflichtige Personen
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Offen zu legen sind die Geschäfte von Personen, die bei einem Emittenten Führungsaufgaben wahrnehmen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 WpHG). Dies sind nach der Definition in § 15a Abs. 2 WpHG Mitglieder der Leitungs-, Verwaltungs- und Aufsichtsorgane, persönlich haftende Gesellschafter des Emittenten sowie sonstige Personen, die regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben und zu solchen wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen ermächtigt sind, die auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung und Geschäftsperspektiven des Unternehmens Einfluss haben können189. Das letztgenannte Merkmal schränkt den Personenkreis auf solche Führungskräfte ein, die einem Vorstandsmitglied vergleichbare Entscheidungsbefugnisse haben, d.h., ohne Zustimmungsvorbehalte des Vorstands agieren können, z.B. Bereichsvorstände, also keineswegs alle leitenden Angestellten, Prokuristen oder Mitglieder der zweiten Führungsebene. Auch Organmitglieder von Mutteroder Tochterunternehmen des Emittenten sind nicht als meldepflichtig genannt.
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Daneben sind auch die Geschäfte Dritter meldepflichtig, die in enger Beziehung zu einer Person des vorgenannten Personenkreises stehen (§ 15b Abs. 1 Satz 2 WpHG). Dazu zählen Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, unterhaltsberechtigte Kinder und andere Verwandte, die mit einem Meldepflichtigen i.S.v. § 15a Abs. 2 WpHG zum Zeitpunkt des maßgeblichen Geschäfts seit mindestens einem Jahr im selben Haushalt leben (§ 15a Abs. 3 WpHG)190. Entsprechendes gilt für juristische Personen und sonstige Einrichtungen191, die von einem Meldepflichtigen geführt oder kontrolliert werden oder deren wirtschaftliche Interessen weitgehend mit denen des Meldepflichtigen identisch sind. Ob ein Vorstandsmitglied, das mehrere Aufsichtsratsmandate inne hat, für die Gesellschaft, bei der es Vorstandsmitglied ist, die Pflicht zur Meldung aller Geschäfte des von ihm geführten Unternehmens 188 Uwe H. Schneider, BB 2002, 1817, 1818. 189 Begr. RegE, BT-Drucks. 15/3174, S. 36; Emittentenleitfaden V. 1.2.1.; für restriktive Auslegung auch Holzborn/Israel, WM 2004, 1948, 1952. 190 Emittentenleitfaden V 1.2.2. 191 Emittentenleitfaden V 1.2.3 f.
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in Aktien192 der Gesellschaften, bei denen das Vorstandsmitglied Aufsichtsratsfunktionen wahrnimmt begründet, grenzt die BaFin im Leitfaden in Abhängigkeit vom Vorliegen wirtschaftlicher Vorteile in der Person des Organmitglieds durch Beispielsfälle ab193. b) Mitteilungspflichtige Transaktionen Mitzuteilen und zu veröffentlichen sind alle Geschäfte in Aktien des Emittenten oder sich darauf beziehende Finanzinstrumente, insbesondere auch Derivate sowie Zertifikate, in deren Baskets die Aktien eines Emittenten mit mehr als 50 % gewichtet sind194. Eine Ausnahme gilt für den Erwerb und die Ausübung von Optionsrechten, die auf arbeitsvertraglicher Grundlage oder als Vergütungsbestandteil erworben wurden, weil ein marktmissbräuchliches Verhalten, das mit den Meldepflichten aufgedeckt werden soll, in diesen Fällen nicht in Betracht kommt. Erst mit der Veräußerung der durch Ausübung des Optionsrechts erworbenen Aktien erfolgt ein Kontakt zum Markt und werden die Meldepflichten ausgelöst195.
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c) Ausnahmetatbestände Die Offenlegungspflichten bestehen nicht, wenn die Gesamtsumme der Geschäfte einer Führungskraft und der zu ihr in enger Beziehung stehenden Personen einen Betrag von 5 000 Euro bis zum Ende des Kalenderjahres nicht überschreitet (§ 15a Abs. 1 Satz 5 WpHG). Dabei sind die Werte aller Geschäfte zu addieren, ohne dass Veräußerungserlöse und Erwerbspreise miteinander saldiert werden dürfen196. Auch steht die Gesamtsumme nur einmal für sämtliche Finanzinstrumente des Emittenten zur Verfügung und nicht jeweils für jede Gattung von Finanzinstrumenten.
124
d) Inhalt und Form der Mitteilung Die mitteilungspflichtigen Personen haben getätigte Geschäfte innerhalb von fünf Werktagen sowohl dem Emittenten als auch der BaFin mitzuteilen, wobei die Frist ab Vornahme des schuldrechtlichen Geschäfts zu laufen beginnt197.
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Wird der meldefreie Gesamtbetrag von 5 000 Euro erst durch das letzte mehrerer zeitlich auseinander liegender Wertpapiergeschäfte und unter Einbeziehung der vorangegangenen Summen überschritten, so sind mit der fristgerechten Meldung dieses letzten Geschäfts die zeitlich vorangegangenen Geschäfte mit anzugeben. Bei jeder Mitteilung hat der Mitteilungspflichtige neben seinen Personalien und seiner Funktionsbezeichnung innerhalb des Unternehmens oder seiner Beziehung zu einer Führungskraft auch das Finanzinstitutinstrument mit ISIN-Nummer sowie Art (An- oder Verkauf), Zeit, Ort, Preis, Währung, Stückzahl, Volumen und andere Parameter des Geschäfts anzugeben (§ 10 WpAIV). 192 193 194 195 196 197
Und sich darauf beziehender Finanzinstrumente, § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Emittentenleitfaden V 1.2.6 f. Emittentenleitfaden V 2.1. Emittentenleitfaden V 2.2. Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15a Rz. 76. Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 15a Rz. 44.
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Um sicherzustellen, dass Führungskräfte diese Meldung korrekt abgeben können, werden ihnen in der Regel durch den Emittenten entsprechende Formulare mit Hinweisen zur Verfügung gestellt, es hält aber auch die BaFin über ihren Internetauftritt ein Mitteilungsformular bereit198. Die Mitteilung ist der BaFin per Post oder per Fax zu übermitteln, wobei die Fax-Nr. auf dem von der BaFin angebotenen Formular bereits angedruckt ist. e) Inhalt, Art und Frist der Veröffentlichung 127
Nach Eingang hat der (Inlands-) Emittent die Mitteilung unverzüglich zu veröffentlichen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG; § 13 i.V.m. §§ 3a ff. WpAIV), d.h.: – Europaweite Verbreitung über das „Medienbündel“ (§ 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG; § 13 i.V.m. §§ 3a ff. WpAIV)199 – gleichzeitig: Mitteilung der Veröffentlichung an die BaFin (§ 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG) – unverzüglich danach: Übermittlung an das Unternehmensregister zur Speicherung (§ 8b Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB; § 15a Abs. 4 Satz 1 a.E. WpHG).
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Die Veröffentlichung hat neben dem Namen des Emittenten und der mitteilungspflichtigen Person anzugeben, ob diese als Führungskraft oder als eine einer Führungskraft nahe stehende Person die Mitteilung macht, sowie die Angaben zum Geschäft in den Finanzinstrumenten (§ 12 WpAIV). Die Veröffentlichung kann der Emittent der BaFin schriftlich oder in elektronischer Form, also per E-Mail übersenden (§ 3c WpAIV)200.
6. Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Kodex gem. § 161 AktG a) Jährliche Erklärung aa) Inhalt der Erklärungspflicht 129
Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellchaft haben jährlich mindestens ein Mal zu erklären, ob und inwieweit den im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemachten201 Empfehlungen der „Regierungskommission Deutsche Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird (§ 161 Satz 1 AktG). Diese so genannte „Entsprechenserklärung“ ist den Aktionären sodann dauerhaft zugänglich zu machen, was regelmäßig durch Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft erfolgt (§ 161 Satz 2 AktG).
198 Unter dem Pfad: www.bafin.de > Für Anbieter > Börsennotierte Unternehmen >Directors’ Dealings > Mitteilungsformular für Geschäfte von Führungspersonen nach § 15a WpHG; s. dort auch Dokument: „Erläuterungen zum Mitteilungsformular“. 199 Zu den Details s. oben Rz. 65. 200 Zu den Details der Belegübermittlung s. Emittentenleitfaden, V 3.4. 201 www.ebundesanzeiger.de; nicht amtliche Versionen des Kodex in englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache sowie mit markierten Änderungen zur jeweiligen Vorversion sind abrufbar unter der Internetseite der Regierungskommission: www.corporate-governance-code.de.
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§ 32
Der Deutsche Corporate Governance Kodex enthält neben der Darstellung geltenden Rechts und unverbindlichen Anregungen, Empfehlungen dessen, was von der Kodexkommission als Best Practice in den Bereichen Aktionärsrechte, Vorstands- und Aufsichtsratsbelange, insbesondere der Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat, sowie Transparenz und Rechnungslegung erachtet wird. Empfehlungen sind als solche durch die verwendeten Formulierungen „soll/sollen“ erkennbar, Anregungen hingegen sind durch die Begriffe „sollte/sollten“ gekennzeichnet.
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Die Entsprechenserklärung der Organe hat sich zwingend nur auf die Empfehlungen zu beziehen202. Das Gesetz verlangt nur eine Erklärung im Hinblick auf die Befolgung der Empfehlungen; hingegen wird keine Verpflichtung zur Befolgung aller oder einzelner Empfehlungen begründet203. Ein Emittent könnte (theoretisch) auch die Erklärung abgeben, er befolge keine der im Kodex genannten Empfehlungen. In der Regel lauten die Entsprechenserklärungen204 der Emittenten dahingehend, dass die Befolgung des Kodex erklärt wird und sodann nur noch die einzelnen nicht befolgten Empfehlungen genannt werden. Die Bezeichnung der nicht befolgten Empfehlungen ist gem. § 161 Satz 1 AktG verpflichtend. Nach dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts soll § 161 AktG dahingehend geändert werden, dass Abweichungen von Empfehlungen zu begründen sind. Die Vorschrift soll dem Ziel des Kodex entsprechend nicht für alle Emittenten einheitliche Standards diktieren, sondern soll den Aktionären verdeutlichen, welche Qualität die Corporate Governance eines Emittenten hat.
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Inhaltlich hat sich die Erklärung auf die Vergangenheit seit Abgabe der vorangegangenen Entsprechenserklärung zu beziehen und ist im Hinblick auf die Zukunft eine Absichtserklärung205.
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bb) Umsetzung der Erklärungspflicht Die Abgabe der Erklärung erfordert zunächst eine Meinungsbildung innerhalb der Organe206, die sich mit dem Inhalt des Kodex und der Umsetzbarkeit der einzelnen Empfehlungen zu beschäftigen haben207 und sodann entsprechende Beschlüsse beider Organe. In der Regel wird es sich anbieten, dass beide Organe jeweils zum gesamten Kodex, und nicht etwa seitens des Aufsichtsrats nur bezüglich der Teile, in denen er besonders angesprochen ist, entscheiden, denn es dokumentiert ein übereinstimmendes Verständnis von der Corporate Governance der Gesellschaft208. Lässt sich dieser Konsens nicht erzielen, so kann alternativ jedes Organ über die jeweils in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgaben Beschluss fassen209. 202 Vereinzelte Emittenten machen freiwillig auch Angaben zu Anregungen. 203 Die Verpflichtung zur Beachtung der im Kodex wiederholten gesetzlichen Regelungen bleibt selbstredend unberührt. 204 Teilw. auch als „Compliance-Erklärungen“ bezeichnet. 205 Semler/Wagner, NZG 2003, 553, 558. 206 Streitig ist, ob es sich um eine Erklärung der einzelnen Mitglieder oder der Organe handelt, s. Semler in MünchKomm. AktG, § 161 Rz. 67 ff. 207 Z.B. ob die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Konzernabschlusses innerhalb von 90 Tagen tatsächlich erfüllt werden kann. 208 So ist es vorteilhaft, wenn die in Kodex-Ziff. 3.4 erweiterte Berichtspflicht des Vorstandes an den Aufsichtsrat nicht nur durch den Aufsichtsrat beschlossen, sondern auch vom Vorstand mitgetragen wird. 209 Semler in MünchKomm. AktG, § 161 Rz. 83.
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§ 32 134
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Sofern der endgültige Erklärungstext nicht sogleich mit der entsprechenden Vorlage beschlossen werden kann, etwa weil die Befolgung verschiedener Empfehlungen zunächst im Gremium diskutiert werden soll und daher bei Versendung der Gremiumsvorlage der Wortlaut noch nicht feststeht, kann die Ermächtigung der Vorsitzenden von Vorstand und Aufsichtsrat zur Abgabe der Erklärung im Wortlaut auf der Grundlage der gefassten Beschlüsse beschlossen werden. cc) Zugänglichmachung
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Die Erklärung ist den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen, d.h. auf der Internetseite des Emittenten einzustellen. Verfügt die Gesellschaft über eine solche nicht, so wird sich die Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern und dauerhafte Bereithaltung am Sitz der Gesellschaft anbieten.
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Die Erklärung ist ferner mit den sonstigen Abschlussunterlagen zum elektronischen Bundesanzeiger einzureichen210. Die Tatsache, dass die Entsprechenserklärung abgegeben und zugänglich gemacht wurde, ist im Anhang des Jahresabschlusses anzugeben und im Konzernanhang zu publizieren (§§ 285, 314 HGB). Nur Letzteres, also das Vorhandensein der Erklärung, nicht ihre inhaltliche Richtigkeit, ist auch vom Abschlussprüfer zu prüfen. b) Unterjährige Änderungen
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Entspricht die in der Entsprechenserklärung in Bezug auf eine Empfehlung abgegebene Erklärung nicht mehr der Wahrheit, z.B. weil die Gesellschaft tatsächlich der in der Empfehlung genannten Verhaltensweise nicht mehr nachkommt, so ist die Entsprechenserklärung – nach der entsprechenden Vorstands- und Aufsichtsratsbefassung211 – zu berichtigen.
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Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Änderung der für die Zukunft angekündigten Absicht mit der Folge einer sofortigen Änderungspflicht handelt oder lediglich um einen unterjährigen Verstoß, bei ansonsten fortbestehender Absicht zur Entsprechung. Im zweiten Fall, d.h. bei lediglich unterjähriger Nichtbefolgung, ist nur im Rahmen der nächsten Jahreserklärung für die Vergangenheit eine Berichtigung vorzunehmen212.
139
Handelt es sich um eine Empfehlung von besonderer Bedeutung und ist die Aktualisierungserklärung geeignet, Auswirkungen auf den Börsenpreis zu haben, so ist zugleich eine entsprechende Ad-hoc-Mitteilung zu machen.
7. Informationspflichten für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren gem. §§ 30a ff. WpHG 140
Emittenten, für die Deutschland der Herkunftsstaat ist (i.S.v. § 2 Abs. 6 WpHG), sind verpflichtet, Wertpapierinhaber unter gleichen Voraussetzungen gleich zu be210 S. oben Rz. 72. 211 Zur Frage der Gestaltung einer unverzüglichen Korrektur in Fällen, in denen eine Aufsichtsratssitzung zeitnah nicht vorgesehen ist, s. Ihrig/Wagner, BB 2002, 2509, 2512. 212 Semler/Wagner, NZG 2003, 553, 556; Ihrig/Wagner, BB 2002, 2509, 2511.
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handeln (§ 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG), und zwar nicht nur innerhalb einer Wertpapiergattung (z.B. Stammaktieninhaber untereinander), sondern auch zwischen Aktieninhabern und Inhabern anderer Wertpapiere213. Die Emittenten müssen ferner Einrichtungen und Informationen, die zur Rechtsausübung erforderlich sind, im Inland öffentlich zur Verfügung stellen und neben dem Schutz der Anleger-Daten auch gewährleisten, dass mindestens ein Finanzinstitut im Inland als kostenlose Zahlstelle fungiert (§ 30a Abs. 1 Nr. 2, 3 und 6 WpHG). Im Zusammenhang mit der Hauptversammlung muss im Falle zugelassener Aktien jeder stimmberechtigten Person auf deren Verlangen ein Vollmachtserteilungsformular übermittelt werden (§ 30a Abs. 1 Nr. 5 WpHG)214 und die Einberufung der Hauptversammlung mit Tagesordnung unverzüglich im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht werden, und zwar unter Angabe der Gesamtzahl der Aktien und Stimmrechte im Zeitpunkt der Einberufung, der Rechte der Aktionäre bezüglich der Teilnahme an der Hauptversammlung und der Mitteilungen über etwaige Dividenden, Ausgabe von Aktien, Vereinbarung oder Ausübung von Umtausch-, BezugsEinziehungs- oder Zuteilungsrechten (§ 30b Abs. 2 WpHG). Änderungen der Satzung oder sonstiger Rechtsgrundlagen, die die Rechte der Wertpapierinhaber berühren, sind gem. § 30c WpHG unverzüglich nach der Entscheidung, den Änderungsentwurf dem Beschlussorgan vorzulegen (i.d.R. die der Vorstandssitzung folgende AR-Beschlussfassung über die Tagesordnung215) spätestens zum Zeitpunkt der Einberufung des Beschlussorgans (i.d.R. die Hauptversammlung) der BaFin und den Börsen, an denen die Wertpapiere zugelassen sind, mitzuteilen (§ 30c WpHG).
141
Jede Änderung der mit den zugelassenen Wertpapieren verbundenen Rechte sowie Wandelschuldverschreibungs- und Anleihebegebungen und diesbezügliche Gewährleistungen sind zu veröffentlichen (§ 30e Abs. 1 Nr. 1 WpHG), und zwar nach dem dreistufigen Publikationsmodus (s. oben Rz. 63) (§ 30e Abs. 1 Nr. 1 WpHG; § 26 WpAIV i.V.m. §§ 3a ff. WpAIV). Dies gilt auch für Informationen, die der Emittent in einem Drittstaat veröffentlicht und die für die Öffentlichkeit in der EU und dem europäischen Wirtschaftsraum Bedeutung haben können (§ 30e Abs. 1 Nr. 3 WpHG). Zu solchen Informationen gehören z.B. ein etwaiger Geschäftsbericht nach Form 20-F, wie er gegenüber US-amerikanischen Anlegern erstattet wird, soweit dieser Informationen enthält, die über den Inhalt des im Inland veröffentlichten Pendants hinausgehen216. Zur Frage, ob insoweit eine Volltext-Veröffentlichung erforderlich ist oder eine Hinweisbekanntmachung (auf den Fundort der im Drittstaat veröffentlichten Information) ausreichend ist, ist eine abschließende Auslegungsentscheidung der BaFin noch nicht veröffentlicht.
142
213 Begr. RegE § 30a, BT-Drucks. 16/2498, S. 40. 214 Das bloße Bereithalten auf der Internetseite des Emittenten genügt dem nicht, Tielmann/ Schulenburg, Aktuelle Gestaltungsempfehlungen zur Vorbereitung der Hauptversammlung nach EHUG und TUG, BB 2007, 840, 842. 215 Mutter, AG 2007, R34. 216 Entsprechendes kann auch für Berichte nach Form 6-K o. z.B. den Japanese Annual Report in Betracht kommen.
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8. Jährliches Dokument gem. § 10 WpPG 143
Nach Offenlegung des Jahresabschlusses hat ein Emittent, dessen Wertpapiere an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 10 Abs. 4 WpPG)217, jährlich dem Publikum das sogen. „jährliche Dokument“ zur Verfügung zu stellen, in dem die wesentlichen wertpapierhandelsrechtlichen und börsenrechtlichen Informationen der vorausgegangenen 12 Monate enthalten sind oder in dem auf sie verwiesen wird (§ 10 Abs. 1 und 2 WpPG)218. Das jährliche Dokument selbst ist in einer der in § 14 Abs. 2 WpPG genannten Weisen zu veröffentlichen, d.h. insbesondere auf der Internetseite des Emittenten, was den Einsatz von Hyperlinks ermöglicht, die unmittelbar die Verbindung zu den im jährlichen Dokument in Bezug genommenen Dokumenten herstellen219.
217 Mit Ausnahme von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro. Zur weiteren Einschränkung des Adressatenkreises auf Emittenten, deren Herkunftsstaat Deutschland ist: Götze, Das jährliche Dokument nach § 10 WpPG – eine Bestandsaufnahme, NZG 2007, 570. 218 Inbes. Ad-hoc-Mitteilungen, Veröff. zu Directors’ dealings u. Zwischenberichte. 219 Zu den technischen Anforderungen an die Verlinkung s. BaFin-Merkblatt „Häufig gestellte Fragen zum jährlichen Dokument vom 28.6.2006, dort IV 1. – Pfad: www.bafin.de > Für Anbieter > Börsennotierte Unternehmen > jährliches Dokument.
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§ 33 Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation Peter O. Mülbert/Steffen Steup I. Einführung 1. Grundlagen der Kapitalmarktinformationshaftung . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalmarktinformationshaftung und Kapitalerhaltung . . . . . . . . II. Prospekthaftung 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezialgesetzliche Prospekthaftung a) Prospektbegriff . . . . . . . . . . . aa) Börsenzulassungspropekt (§ 44 BörsG) . . . . . . . . . . bb) Prospekt bei öffentlichem Angebot (§§ 13, 13a VerkProspG) . . . . . . . . . cc) Prospektpflichtbefreiende Dokumente . . . . . . . . . . dd) Prospektnachtrag . . . . . . . b) Fehlerhaftigkeit des Prospekts . aa) Maßgebliche Beurteilungsperspektive . . . . . . . . . . bb) Begriff der „Angaben“ . . . . cc) Unrichtigkeit/Unvollständigkeit . . . . . . . . . . . . . dd) Wesentlichkeit . . . . . . . . ee) Aktualisierung . . . . . . . . c) Fehlende Veröffentlichung des Prospekts . . . . . . . . . . . . . . aa) Nichtvorliegen eines Prospekts . . . . . . . . . . . bb) Nichtveröffentlichung . . . . d) Adressaten der Prospekthaftung aa) Prospektverantwortliche . . bb) Prospektveranlasser . . . . . cc) Haftungsadressaten bei fehlendem Prospekt . . . . . dd) Sonderkostellationen (1) Haftung von Experten . . (2) Organmitglieder als Prospektverantwortliche (3) Börse/BaFin keine Prospektverantwortlichen . . e) Anspruchsberechtigte . . . . . . f) Kausalität aa) Haftungsbegründende Kausalität (1) Bei fehlerhaftem Prospekt . . . . . . . . . . (2) Bei fehlendem Prospekt .
1
g)
5 9
13 14 h) 18 23 26 27 28 30 32 42 46
i)
51 52 53 54 58 67 70 73 79 80 82
88 92
j) k) l)
bb) Haftungsausfüllende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . Verschulden . . . . . . . . . . . . aa) Sorgfaltspflichten des Emittenten/Prospektveranlassers bb) Sorgfaltspflichten des Emissionsbegleiters . . . . . . . . (1) Angaben des Emittenten (2) Angaben sachkundiger Dritter . . . . . . . . . . . cc) Emissionskonsortien . . . . dd) Verschuldenserfordernis bei fehlendem Prospekt (§ 13a VerkProspG) . . . . . Schadensersatz als Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Haftungsumfang gegenüber Inhabern der Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . bb) Haftungsumfang gegenüber früheren Inhabern der Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . cc) Mit dem Erwerb verbundene Kosten . . . . . . . . . . . . . dd) Mitverschulden des Anspruchstellers/Schadensminderungsobliegenheit . . Haftungsausschlüsse aa) Nachweis mangelnden Verschuldens . . . . . . . . . . . bb) Nachweis mangelnder haftungsbegründender Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . cc) Nachweis mangelnder haftungsausfüllender Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kenntnis der Fehlerhaftigkeit des Prospekts/des Bestehens einer Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . ee) Prospektberichtigung . . . . ff) Prospektzusammenfassung . Verjährung . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Zuständigkeit . . . Konkurrenzen . . . . . . . . . . .
94 96 98 99 100 106 110 111 113 114 120 122 123 125 126 127
128 129 134 135 139 141
3. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prospektbegriff . . . . . . . . . . . b) Haftungsvoraussetzungen . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . .
143 144 152 155
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§ 33
Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
4. Deliktische Haftung . . . . . . . . . 157 5. Organaußenhaftung . . . . . . . . . 158 III. Haftung für fehlerhafte Ad-hocPublizität 1. Emittentenhaftung nach den §§ 37b, 37c WpHG a) Konzeption . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsbegründende Fehlinformation des Kapitalmarkts aa) Gegenstand der Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . bb) Pflichtwidriges Unterlassen der Veröffentlichung . . . . . cc) Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen . . . . dd) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . c) Anspruchsberechtigte . . . . . . aa) Desinformationsphase . . . . bb) Anspruchsberechtigte bei unterlassener Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . cc) Anspruchsberechtigte bei fehlerhafter Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . d) Haftungsadressat . . . . . . . . . e) Verschulden . . . . . . . . . . . . aa) Schuldhaft unterlassene Veröffentlichung . . . . . . . bb) Schuldhafte fehlerhafte Veröffentlichung . . . . . . . . . f) Schadensersatz als Rechtsfolge . aa) Nicht ersatzfähige Schadenskonstellationen . . . . . bb) Ersatz der Kursdifferenz . . . cc) Keine „Rückabwicklung“ des Wertpapiergeschäfts . . . dd) Haftungsbegründende Kausalität . . . . . . . . . . . . . ee) Haftungsausfüllende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . ff) Berechnung des Ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . gg) Darlegungs- und Beweislast g) Haftungsausschluss . . . . . . . . h) Schadensminderungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Verjährung . . . . . . . . . . . . .
159
162 163 170 175 177 178 180 182 184 186 187 190 192 193 195 197 200 202 204 207 209 210 211
2. Emittentenhaftung nach sonstigen Vorschriften a) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Verletzung eines Schutzgesetzes . . . . b) § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . c) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organaußenhaftung . . . . . . . . . IV. Haftung für fehlerhafte Regelpublizität 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . a) Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG . . . . . . . . . b) Das zweispurige System der Regelpublizität in WpHG und HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbestände im WpHG/ HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deliktische Haftung für fehlerhafte/fehlende Regelpublizität a) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . aa) Straf-/Ordnungswidrigkeitenvorschriften . . . . . . bb) Materielle Rechnungslegungs-/Finanzberichterstattungsvorschriften . . . . cc) Vorschriften zu den Veröffentlichungsmodalitäten . b) § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . 3. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung analog §§ 37b, 37c WpHG 5. Organaußenhaftung . . . . . . . . . V. Haftung für fehlerhafte sonstige Kapitalmarktinformation 1. Haftung für fehlerhafte Angaben nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG . . . . . . . . 2. Haftung für Kurs- und Marktpreismanipulation (§ 20a WpHG) . . . . 3. Haftung der Organmitglieder für Mitteilungen nach § 15a WpHG . . 4. Haftung für fehlerhafte freiwillige Kapitalmarktinformation . . . . . .
212 217 223 224
226 227 228 234
237 238 242 246 247 248 249 253
255 257 259 261
Schrifttum: A. Prospekthaftung: Assmann, Die Prospekthaftung beruflicher Sachkenner de lege lata und de lege ferenda, AG 2004, 435; Assmann, Prospektaktualisierungspflichten, FS Ulmer, 2003, S. 757; Barta, Der Prospektbegriff in der neuen Verkaufsprospekthaftung, NZG 2005, 305; Benecke, Haftung für Inanspruchnahme von Vertrauen – Aktuelle Fragen zum neuen Verkaufsprospektgesetz, BB 2006, 2597; Bischoff, Internationale Börsenprospekthaftung, AG 2002, 489; Bohlken/Lange, Die Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 3,
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
13a VerkProspG n.F., DB 2005, 1259; Christ, Der Einfluss der EU-Prospektrichtlinie auf das Wertpapierprospekthaftungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 2007; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2002; Ellenberger, Die Börsenprospekthaftung nach dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, FS Schimansky, 1999, S. 591; Fleischer, Zur Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt im deutschen und US-amerikanischen Kapitalmarktrecht, WM 2004, 1897; Fleischer, Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 339; Fleischer, Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln?, Gutachten F zum 64. Deutschen Juristentag, 2002; Fleischer/Kalss, Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzhaftung und Kurseinbrüche an der Börse, AG 2002, 329, 330; Floer, Internationale Reichweiter der Prospekthaftung, 2001; Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz in der Aktiengesellschaft, 1999; Gehrlein, Die Prospektverantwortlichkeit von Beirats- oder Aufsichtsratsmitgliedern als maßgeblichen Hintermännern, BB 1995, 1965; Gundlach/Frenzel/Schmidt, Die insolvenzrechtliche Einordnung des Anspruchs eines Aktionärs gegen seine Aktiengesellschaft als Insolvenzforderung – dargestellt am Beispiel der Prospekthaftung, ZInsO 2006, 1316; Heisterhagen, Prospekthaftung für geschlossene Fonds nach dem Börsengesetz – wirklich ein Beitrag zum Anlegerschutz?, DStR 2006, 759; Henze, Vermögensbindungsprinzip und Anlegerschutz, NZG 2005, 115; Hoppe/Riedel, Der Begriff weiche Kosten in der Prospekthaftung, DB 2007, 1125; Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, 1991; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, WM 2004, 1801; Jäger, Das Prospekthaftungsstatut, 2007; Janert/Schuster, Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers am Beispiel der Haftung für Prospektgutachten, BB 2005, 987; Keul/Erttmann, Inhalt und Reichweite zivilrechtlicher Prospekthaftung, DB 2006, 1664; Kiethe, Anlageprospekte – Die Haftung des Emittenten für Richtigkeit und Vollständigkeit, MDR 2006, 843; Köndgen, Zur Theorie der Prospekthaftung, AG 1983, 85 (Teil 1), 120 (Teil 2); Kort, Börsenprospekthaftung und Unternehmensberichtshaftung, AG 1999, 9; Krämer/Baudisch, Neues zur Börsenprospekthaftung und zu den Sorgfaltsanforderungen beim Unternehmenskauf, WM 1998, 1161; Kunold/Schlitt, Die neue EU-Prospektrichtlinie, BB 2004, 501; Kuntz, Internationale Prospekthaftung nach Inkrafttreten des Wertpapierprospektgesetzes, WM 2007, 432; Kunz, Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinie in innerstaatliches Recht, 1991; Madaus, Die Prospekthaftung, Jura 2006, 881; Manzei, Einzelne Aspekte der Prospektpflicht am Grauen Kapitalmarkt, WM 2006, 845; Meyer, Aspekte einer Reform der Prospekthaftung – Eine Würdigung der Verhandlungen des 64. 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deliktische Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, DStR 2005, 1648; Groß, Haftung für fehlerhafte oder fehlende Regel- oder ad-hoc-Publizität, WM 2002, 477; Hennrichs, Haftung für falsche Ad-hoc-Mitteilungen und Bilanzen, FS Kollhosser, 2004, S. 201; Horn, Zur Haftung der AG und ihrer Organmitglieder für unrichtige oder unterlassene Ad-hoc-Informationen, FS Ulmer, 2003, S. 817; Hutter/Stürwald, EM. TV und die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, NJW 2005, 2438; Kiethe, Strafrechtlicher Anlegerschutz durch § 400 I Nr. 1 AktG, NStZ 2004, 73; Köndgen, Die Ad hoc-Publizität als Prüfstein informationsrechtlicher Prinzipien, FS Druey, 2002, S. 791; Körner, Infomatec und die Haftung von Vorstandsmitgliedern für falsche Ad-hoc-Mitteilungen, NJW 2004, 3386; Kort, Die Haftung der AG nach §§ 826, 31 BGB bei fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen, NZG 2005, 496; Kort, Die Haftung von Vorstandsmitgliedern für falsche Ad-hoc-Mitteilungen, AG 2005, 21; Kowalewski/Hellgardt, Der Stand der Rechtssprechung zur deliktsrechtlichen Haftung für vorsätzlich falsche Ad-hoc-Mitteilungen, DB 2005, 1839; Krause, Ad-hoc-Publizität und haftungsrechtlicher Anlegerschutz, ZGR 2002, 799; Maier-Reimer/Webering, Ad hoc-Publizität und Schadensersatzhaftung – Die neuen Haftungsvorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes, WM 2002, 1857; Möllers, Die unterlassene Ad-hoc-Mitteilung als sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB, WM 2003, 2393; Möllers/Leisch, Offene Fragen zum Anwendungsbereich der §§ 37b und 37c WpHG, NZG 2003, 112; Möllers/Leisch, Schaden und Kausalität im Rahmen der neu geschaffenen §§ 37b und 37c WpHG, BKR 2002, 1071; Möllers/Leisch, Haftung von Vorständen gegenüber Anlegern wegen fehlerhafter Ad-hoc-Meldungen nach § 826 BGB, WM 2001, 1648; Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, 2003; Renzenbrink/Holzner, Das Verhältnis von Kapitalerhaltung und Ad-Hoc-Haftung, BKR 2002, 434; Rieckers, Haftung des Vorstands für fehlerhafte Ad-hoc-Meldungen de lege lata und de lege ferenda, BB 2002, 1213; Rössner/Bolkart, Schadensersatz bei Verstoß gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten nach dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz, ZIP 2002, 1471; Rützel, Der aktuelle Stand der Rechtsprechung zur Haftung bei Ad-hoc-Mitteilungen, AG 2003, 69; Veil, Die Ad-hoc-Publizität im System kapitalmarktrechtlicher Informationshaftung, ZHR 167 (2003), 365. C. Sonstiges: Basak, Phoenix Kapitaldienst GmbH: Die Folgen des Strafurteils für die zivilrechtlichen Haftungsklagen der geprellten Anleger, BB 2007, 897; Baums, Haftung wegen Falschinformation des Sekundärmarktes, ZHR 167 (2003), 139; Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften im System des Europäischen Kapitalmarktrechts, 2005; Casper, Persönliche Außenhaftung der Organe bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts?, BKR 2005, 83; Casper, Haftung für fehlerhafte Informationen des Kapitalmarktes, Der Konzern 2006, 32; Cuypers, Gerichtliche Zuständigkeit bei fehlgeschlagener Kapitalanlage, WM 2007, 1446; Dühn, Schadensersatzhaftung börsennotierter Aktiengesellschaften für fehlerhafte Kapitalmarktinformation, 2003; Ekkenga, Fragen der deliktischen Haftungsbegründung bei Kursmanipulationen und Insidergeschäften, ZIP 2004, 781; Engelhardt, Vertragsabschlussschaden oder Differenzschaden bei der Haftung des Emittenten für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen, BKR 2006, 443; Fleischer, Umplatzierung von Aktien durch öffentliches Angebot (Secondary Public Offering) und verdeckte Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 AktG, ZIP 2007, 1969; Fleischer, Der deutsche „Bilanzeid“ nach § 264 Abs. 2 S. 3 HGB, ZIP 2007, 97; Fleischer, Buchführungsverantwortung des Vorstandes und Haftung der Vorstandsmitglieder für fehlerhafte Buchführung, WM 2006, 2021; Fleischer, Prognoseberichterstattung im Kapitalmarktrecht und Haftung für fehlerhafte Prognosen, AG 2006, 2; Fleischer, Konturen der kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung, ZIP 2005, 1805; Fleischer, Die persönliche Haftung der Organmitglieder für kapitalmarktbezogene Falschinformationen, BKR 2003, 608; Gerber, Die Haftung für unrichtige Kapitalmarktinformationen, DStR 2004, 1793; Gottschalk, Die persönliche Haftung der Organmitglieder für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen de lege lata und de lege ferenda, Der Konzern 2005, 274; Grotheer, Außenhaftung von Aufsichtsratsmitgliedern: Ein Anreiz zur Verbesserung der Überwachungstätigkeit?, WM 2005, 2070; Heukamp, Brauchen wir eine kapitalmarktrechtliche Dritthaftung von Wirtschaftsprüfern?, ZHR 169 (2005), 471; Keusch/Wankerl, Die Haftung der Aktiengesellschaft für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen im Spannungsfeld zum Gebot der Kapitalerhaltung, BKR 2003, 744; Kiethe, Gesellschaftsstrafrecht – Zivilrechtliche Haftungsgefahren für Gesellschaften und ihre Organmitglieder, WM 2007, 722; Kort, Anlegerschutz und Kapitalerhaltungsgrundsatz, NZG 2005, 708; Langenbucher, Kapitalerhaltung und Kapitalmarkthaftung, ZIP 2005, 239; Möllers, Das Verhältnis der Haftung wegen sittenwidriger Schädigung zum gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz – EM. TV und Comroad, BB 2005, 1637; Möllers, Der Weg zu einer Haftung
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für Kapitalmarktinformationen, JZ 2005, 75; Mülbert/Steup, Das zweispurige Regime der Regelpublizität nach Inkrafttreten des TUG, NZG 2007, 761; Mülbert/Steup, Emittentenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation am Beispiel der fehlerhaften Regelpublizität, WM 2005, 1633; Nietsch, Schadenersatzhaftung wegen Verstoßes gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BB 2005, 785; Reichert/Weller, Haftung von Kontrollorganen – Die Reform der aktienrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Haftung, ZRP 2002, 49; Sauer, Kausalität und Schaden bei der Haftung für falsche Kapitalmarktinformation, ZBB 2005, 24; Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004; Schäfer, Effektivere Vorstandshaftung für Fehlinformation des Kapitalmarkts?, NZG 2005, 985; Schnorr, Geschäftsleiteraußenhaftung für fehlerhafte Buchführung, ZHR 170 (2006), 9; Schwark, Kapitalmarktbezogene Informationshaftung, FS Hadding, 2004, S. 1117; Semler/Gittermann, Persönliche Haftung der Organmitglieder für Fehlinformationen des Kapitalmarktes – zeigt das KapInHaG den richtigen Weg?, NZG 2004, 1081; Spindler, Persönliche Haftung der Organmitglieder für Falschinformationen des Kapitalmarktes, WM 2004, 2089; Unzicker, Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen, WM 2007, 1596; Veil, Der Schutz des verständigen Anlegers durch Publizität und Haftung im europäischen und nationalen Kapitalmarktrecht, ZBB 2006, 162; Veil, Die Haftung des Emittenten für fehlerhafte Information des Kapitalmarkts nach dem geplanten KapInHaG, BKR 2005, 91; Verse, Organwalterhaftung und Gesetzesverstoß – Überlegungen zur Außenhaftung der Organwalter bei Verletzung von Schutzgesetzen, ZHR 170 (2006), 398; Wimmer, Die zivil- und strafrechtlichen Folgen mangelhafter Jahresabschlüsse bei GmbH und KG, DStR 1997, 1931; Zimmer, Verschärfung der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation – ein Alternativkonzept, WM 2004, 9; Zimmer/Cloppenburg, Haftung für falsche Information des Sekundärmarktes auch bei Kapitalanlagen des nicht geregelten Kapitalmarktes?, ZHR 171 (2007), 519.
I. Einführung 1. Grundlagen einer Kapitalmarktinformationshaftung Nur richtige Informationen fördern die effiziente Preisbildung und, darauf aufbauend, die allokative Effizienz des Kapitalmarkts. Um die Versorgung des Kapitalmarkts mit korrekten Informationen sicherzustellen, setzt der Gesetzgeber heute schwerpunktmäßig auf das Instrument der Schadensersatzhaftung für fehlerhafte, weil unrichtige, unvollständige oder pflichtwidrig unterbliebene Informationserteilung. Das gilt sowohl für die gesetzlich vorgeschriebene Informationsversorgung des Primärmarktes durch das Medium des Prospekts als auch die Informationsversorgung des Sekundärmarktes, die mehrere Gesetze – AktG, HGB, WpPG und WpHG – durch eine steigende Zahl im Einzelnen sehr unterschiedlich ausgeformter Informationspflichten zu gewährleisten suchen. Diese Vielfalt der primär- und sekundärmarktbezogenen Informationspflichten findet ihre haftungsrechtliche Entsprechung in einer Vielzahl von Haftungstatbeständen. Den meisten Informationspflichten ist dabei ein gesonderter Haftungstatbestand zugeordnet; eine Art generalklauselförmiger Haftungstatbestand für fehlerhafte Informationsversorgung ist bislang nur unter den engen Voraussetzungen des § 826 BGB (s. unten Rz. 217 ff.) gegeben.
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Im sekundären Gemeinschaftsrecht der EU finden sich, da es der Gemeinschaft an einer allgemeinen Kompetenz zur Zivilrechtsharmonisierung fehlt, bislang nur ganz wenige Vorgaben dazu, ob und in welcher Ausgestaltung die Mitgliedstaaten die in verschiedenen Richtlinien statuierten Informationspflichten (auch) mit einer zivilrechtlichen Haftung zu bewehren haben. Bezüglich der Fehlerhaftigkeit von Prospekten ist Art. 6 Abs. 1, 2 der neuen Börsenzulassungsprospektrichtlinie 2003/71/ EG lediglich die Aussage zu entnehmen, dass das nationale Recht überhaupt eine zi-
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vilrechtliche Haftung für unrichtige Prospekte vorsehen muss; die Bestimmung des jeweiligen Haftungsverpflichteten und die nähere Ausgestaltung dieser zivilrechtlichen Haftung bleibt den Mitgliedstaaten weitestgehend überlassen. Ebenso liegt es bei Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG, der fehlerhafte oder nicht rechtzeitig veröffentlichte Jahres-/Halbjahresfinanzberichte und Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung betrifft (näher Rz. 227). Von diesen Ausnahmen abgesehen, geben weder sekundäres noch primäres Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten vor, dass sie für den Fall der Verletzung von sekundärmarktbezogenen Informationspflichten eine zivilrechtliche Haftung gegenüber geschädigten Anlegern überhaupt vorsehen müssen. Damit besteht praktisch durchweg keine Notwendigkeit für eine richtlinienkonforme Auslegung der jeweiligen Haftungsvorschriften. Für die spezialgesetzliche Prospekthaftung im Besonderen ergeben sich auch keine Auswirkungen aus der vom EuGH aus Art. 10 EGV abgeleiteten Pflicht der Mitgliedstaaten, harmonisiertes Recht nicht weniger effizient als nicht harmonisiertes Recht zu sanktionieren (s. noch Rz. 141 Fn. 324 a.E.). 3
Die zivilrechtliche Schadensersatzhaftung des Emittenten und/oder seiner Organmitglieder ist lediglich eine von mehreren Sanktionstechniken zur Durchsetzung der pflichtgemäßen Informationserteilung. Ob das Haftungskonzept, ökonomisch gesehen, eine effiziente Regelungsalternative bildet, ist zumindest im Falle fehlerhafter Sekundärmarktinformationen nicht zweifelsfrei. Schon gegenüber einer Haftung des Emittenten ist nämlich u.a. zu bedenken, dass diesbezügliche Informationsfehler lediglich zu einer Umverteilung innerhalb der am Sekundärmarkt agierenden Anleger führen1. Hinsichtlich der Organaußenhaftung kommt noch hinzu, dass der Emittent den Anlegern wegen fehlerhafter Information ohnehin haftet und dass die Organmitglieder ihrerseits dem Emittenten aus § 93 AktG haften. Angesichts dieser Innenhaftung ist eine zusätzliche Außenhaftung der Organmitglieder weder veranlasst, um die Organmitglieder verstärkt zum sorgfältigen Umgang mit Informationen anzuhalten2, noch besteht Anlass, die Gläubiger von Kapitalmarktinformationshaftungsansprüchen für den Fall der Insolvenz des Emittenten gegenüber sonstigen Gläubigern entscheidend zu privilegieren.
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Mit der Emittentenhaftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität nach den §§ 37b, 37c WpHG hat der Gesetzgeber alle ökonomischen Bedenken gegen eine Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation hintan gestellt. Gleichwohl finden sich in der rechtspolitischen Diskussion verbreitet noch sehr viel weitergehende Forderungen dahingehend, die punktuellen Haftungstatbestände zu einer generellen Haftung des Emittenten für fehlerhafte Sekundärmarktinformation auszubauen und durch eine Außenhaftung seiner Organmitglieder gegenüber den Anlegern zu flankieren3. Der vom Bundesministerium für Finanzen im Jahre 2004 vorgelegte, jedoch vorläufig (?) wieder zurückgezogene Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG)4 entsprach in seinen Grundlinien ganz diesen Vorstellun1 2 3 4
S. etwa Mülbert, JZ 2002, 826, 834 in Auseinandersetzung mit Fleischer, F 98. S. etwa Mülbert, JZ 2002, 826, 832 in Auseinandersetzung mit Fleischer, F 101 ff. S. nur Fleischer, BKR 2003, 608, 613; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 152. Stand: 7.10.2004, abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff. Dazu Kollmann, AG 2004, 391 f.; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081 ff.; Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts v. 26.10.2004 (abrufbar unter www.dai.de unter der Rubrik „Publikationen/Stellungnahmen“); Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des DAV, ZIP 2004, 2348 ff.; Sünner, DB
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gen. Auf der Ebene der Emittenten sollte die Informationshaftung zu einer Haftung wegen Verstößen gegen jedwede sekundärmarktbezogene Informations- oder Publizitätspflicht ausgebaut und um eine Haftung auch bei fehlerhafter freiwilliger Informationsversorgung ergänzt werden. Für die Organmitglieder des Emittenten, die einer Organaußenhaftung bislang nur in sehr begrenztem Rahmen unterliegen (s. Rz. 79, 158, 224 f., 253 f., 254 f., 258, 260), war in tatbestandlicher Parallele zur Emittentenhaftung eine umfassende gesamtschuldnerische Außenhaftung vorgesehen; abgemildert durch eine Haftungshöchstgrenze bei lediglich grob fahrlässigem Verhalten und die begrenzte, an einer Art Halbteilungsgrundsatz orientierte Zulässigkeit einer D&O-Versicherung für grobe Fahrlässigkeit.
2. Kapitalmarktinformationshaftung und Kapitalerhaltung Für Ansprüche von Aktionären aufgrund fehlerhaften Informationsverhaltens der (Organmitglieder) einer Aktiengesellschaft ist seit jeher umstritten, ob und inwieweit die Kapitalerhaltungsregeln (§§ 57 ff. AktG) und, als eine besondere Ausprägung hiervon, die Regeln über den begrenzten Erwerb eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG), die Entstehung oder zumindest die Durchsetzung solcher Ansprüche beeinflussen. Beruhen diese Ansprüche, wie vor allem diejenigen bei einem deliktischen Verhalten von Organmitgliedern, auf der Zurechnung an die Gesellschaft nach § 31 BGB analog, steht an sich schon die ausnahmsweise Nichtanwendung dieser Zurechnungsvorschrift im Raum. Nachdem aber in allen spezialgesetzlichen Kapitalmarktinformationshaftungstatbeständen (auch) die Gesellschaft selbst der Haftungsadressat ist (Rz. 59 f., 184)5, kann die Anwendbarkeit des § 31 BGB analog auch in Fällen fehlerhafter Kapitalmarktinformation von Organen heute als gesichert gelten (s. auch Rz. 212, 217, 237 ff., 258, 261). Diskutiert werden allein noch etwaige Schranken aufgrund der §§ 57 ff. AktG und der §§ 71 ff. AktG. Während die Kapitalerhaltungsvorschriften alle Kapitalmarktinformationshaftungsansprüche gleichermaßen betreffen bzw., je nach Standpunkt, nicht berühren, können die Vorschriften über den Rückerwerb eigener Aktien überhaupt nur eine Rolle spielen, soweit der Ersatzanspruch zu einer „Rückabwicklung“ einer Transaktion an die Gesellschaft führt. Ausdrücklich ist diese Rechtsfolge nur in § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a VerkProspG vorgesehen. Sie greift ferner bei der Haftung nach § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz wegen fehlerhafter Adhoc-Mitteilungen (Rz. 198) oder wegen sonstiger fehlerhafter Sekundärmarktinformation ein, nicht aber bei der Haftung nach den §§ 37b, 37c WpHG (Rz. 199). Diese kann daher per se mit § 71 AktG nicht im Widerspruch stehen6.
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Der Meinungsstand zur Vereinbarkeit einer Kapitalmarktinformationshaftung des Emittenten mit den §§ 57 ff. AktG und, soweit die Rechtsfolge in der „Rückgängigmachung“ besteht, mit den §§ 71 ff. AktG geht zunehmend in Richtung eines uneingeschränkten Vorrangs der Haftungstatbestände. Der BGH hat den deliktischen Ansprüchen aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG wegen fehlerhafter Sekun-
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2004, 2460 ff.; Casper, BKR 2005, 83 ff.; Veil, BKR 2005, 91, 92 ff.; Möllers, JZ 2005, 75, 79 ff.; Schäfer, NZG 2005, 985, 991 f.; Duve/Baslak, BB 2005, 2645, 2646 ff.; zum inoffiziellen Vorentwurf vom August 2004 s. Mülbert, Börsen-Zeitung v. 1.9.2004, Nr. 168, S. 2; Spindler, WM 2004, 2089, 2093 ff. 5 S. ferner § 127 InvG. 6 Langenbucher, ZIP 2005, 239, 241.
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därmarktinformation, in concreto wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen, einen umfassenden, d.h. nicht lediglich auf das so genannte freie Vermögen der Gesellschaft beschränkten Vorrang vor den Regeln der Kapitalerhaltung (§§ 57, 71 AktG) eingeräumt7. Für die spezialgesetzliche Prospekthaftung (§ 44 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG) befürwortet das ganz überwiegende Schrifttum einen Vorrang jedenfalls, wenn der Erwerb im Rahmen eines Umsatzgeschäfts stattgefunden hat8, wobei auch der mittelbare Aktienerwerb unter Zwischenschaltung eines Instituts oder Konsortiums (§ 186 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 AktG) als in der Praxis dominierende Emissionsgestaltung zu den Erwerbsvorgängen durch Umsatzgeschäft gezählt wird9. Für den Fall des originären Zeichnungserwerbs ist das Meinungsbild hingegen weniger eindeutig10. Was Ansprüche wegen fehlerhafter Ad-hoc-Publizität angeht, spielt die letztere Fallgrupppe des originären Zeichnungserwerbs praktisch keine Rolle11 und so befürwortet die ganz herrschende Meinung denn auch einen generellen Vorrang der §§ 37b, 37c WpHG12. Losgelöst von diesen Kategorien will eine vermittelnde Ansicht schließlich die Haftung der Aktiengesellschaft umfangsmäßig auf Leistungen aus ihrem freiem Vermögen beschränken, mithin weder das Grundkapital noch die gesetzlichen Rücklagen durch einen Schadensersatzanspruch angetastet wissen13. 7
Ein uneingeschränkter Vorrang jeweder Haftung wegen Fehlinformation des Kapitalmarkts erscheint sowohl aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben als auch aus Gründen des autonomen nationalen Rechts unabweisbar. Was zunächst das Gemeinschaftsrecht anbelangt, verlangt Art. 6 Abs. 1, 2 der Prospektrichtlinie 7 BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358 = AG 2005, 609; BGH v. 26.6.2006 - II ZR 153/05, WM 2007, 486, 487 = AG 2007, 169; BGH v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 = AG 2007, 620; BGH v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396; BGH v. 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 399. 8 RG v. 28.4.1909 – I. 254/08, RGZ 71, 97, 99; RG v. 2.6.1916 – III. 61/16, RGZ 88, 271, 272; OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 327; Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 20 f.; Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 Rz. 24; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 13; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 14 ff.; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, 2. Aufl. 1997, § 7 Rz. 202. Für einen generellen Vorrang der §§ 57, 71 ff. AktG Lutter in KölnKomm. AktG, § 71 Rz. 69 a.E. 9 Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 24; Assmann, Prospekthaftung, S. 332; Krämer/Baudisch, WM 1998, 1161, 1168 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 14 ff. a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 13. 10 Einen Vorrang befürwortend Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 14 ff.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rz. 5; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 116; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1803; Habersack in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 8; nun auch Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 81, 84; a.A. OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 327; Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 20 f.; Henze, NZG 2005, 115, 117 ff. 11 S. nur Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434, 436 f. 12 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 6 ff.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 37 ff.; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 11 ff.; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 23 ff.; Kort, BKR 2005, 496, 498; Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434, 439. 13 Bayer in MünchKomm. AktG, § 57 Rz. 24; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 13; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 395 f.; Henze, NZG 2005, 115, 118 ff. für den derivativen Erwerb.
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2003/71/EG, dass die im Prospekt als Verantwortliche für dessen Inhalt benannten Personen gegenüber den Anlegern unmittelbar (zivilrechtlich) haften14. Art. 6 sowie auch Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG zeigen zudem, dass die Emittentenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen schon tatbestandlich keine von Art. 15 der 2. gesellschaftsrechtlichen (Kapital-)Richtlinie erfasste Einlagenrückgewähr bildet15. Für die Prospekthaftung wäre es mit den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der Prospektrichtlinie sogar unvereinbar, wenn der nationale Gesetzgeber einem der Prospektverantwortlichen, nämlich der Gesellschaft, die Möglichkeit eröffnen würde, sich unter Berufung auf die §§ 57 ff., 71 ff. AktG der Haftung gegenüber den Aktionären zumindest in bestimmten Konstellationen zu entziehen. Was sodann das autonome nationale Recht angeht, hat sich der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung zum 3. Finanzmarktförderungsgesetz eindeutig für den – gemeinschaftsrechtskonformen – Vorrang der Prospekthaftungsbestimmungen gegenüber den Kapitalschutzregeln ausgesprochen16. Demgegenüber ist den §§ 71 ff. AktG schon deswegen kein Gewicht beizumessen, weil die Rückübertragung an die Gesellschaft, wie der BGH zu den deliktsrechtlichen Kapitalmarkthaftungstatbeständen ausgeführt hat, nur Ausfluss des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots ist, nicht aber primärer Inhalt des Ersatzanspruchs der Anleger17. In dieselbe Richtung weist zudem § 71 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 AktG, der für die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge den Erwerb eigener Aktien auch jenseits der 10 %-Grenze gestattet, um den der Gesamtrechtnachfolge zugrunde liegenden Vorgang – und dies wäre im vorliegenden Zusammenhang sogar die Schadensersatzanordnung kraft Gesetzes – nicht zu beeinträchtigen. Das nach alledem einzig verbleibende Bedenken eines Verstoßes gegen die §§ 57 ff. AktG relativiert sich schon dadurch, dass der Gesetzgeber mit den verschuldensunabhängigen Ersatzansprüchen in Gestalt der §§ 246a Abs. 6 Satz 5, 319 Abs. 6 Satz 6 AktG, § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG auch jenseits der Prospekthaftung erkennen lässt, dass gesetzliche Ersatzansprüche der Aktionäre mit dem Kapitalschutzsystem der §§ 57 ff. AktG nicht konfligieren18. Dies kann im Übrigen auch gar nicht anders sein, weil andernfalls sogar Aktionäre, die bei ihrer Teilnahme an der Hauptversammlung in ihrer Gesundheit oder ihrer körperlichen Integrität verletzt wurden, sich dem auf die §§ 57 ff. AktG gestützten Einwand der Kapitalerhaltung gegenüber sähen. Dass Schadensersatzleistungen wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation den §§ 57 ff., 71 ff. AktG per se entzogen sein müssen sind, bestätigt sich schließlich auch beim Blick auf die Namensaktie. Anspruchsberechtigte der jeweiligen Haftungstatbestände ist der Erwerber bzw. Veräußerer von Namensaktien, und zwar unabhängig davon, ob seine Eintragung ins Aktienregister erfolgt (war) oder nicht (Rz. 82, 177). Hingegen finden die Kapitalerhaltungsvorschriften wegen der unwiderleglichen Vermutung des § 67 Abs. 2 AktG lediglich im Verhältnis zu dem im Aktienregister eingetragenen Aktionär Anwendung19 und können daher Ersatzleistun14 Vgl. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653 l. Sp. zur insoweit gleich liegenden Frage bei Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG. 15 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653 Fn. 227. 16 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 17 BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1360 = AG 2005, 609. 18 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653 Fn. 228. 19 Lutter in KölnKomm. AktG, 2. Aufl., § 67 Rz. 37 (mit im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägigen Überlegungen dazu, dieses Ergebnis beim Abschluss unausgewogener
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gen der Gesellschaft an den nicht im Aktienregister eingetragenen Erwerber von vornherein nicht entgegenstehen. Schon aufgrund des Verbots der willkürlichen Ungleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG müssen daher auch Ersatzleistungen an eingetragene Namensaktionäre sowie an (Ex-)Inhaber von Inhaberaktien dem Anwendungsbereich der §§ 57 ff., 71 ff. AktG entzogen sein.
II. Prospekthaftung 1. Überblick 9
Die spezialgesetzlich geregelten Fälle einer Prospekthaftung bauen auf die jeweilige gesetzliche Verpflichtung auf, einen vollständigen und richtigen Prospekt zu erstellen und zu veröffentlichen (§ 30 Rz. 3 ff., 68). Im Falle der Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel am regulierten Markt (§ 32 Abs. 1 BörsG) ist nach § 3 Abs. 3 WpPG ein Prospekt zu veröffentlichen (Börsenzulassungsprospekt), für dessen Fehlerhaftigkeit nach Maßgabe der §§ 44–47 BörsG gehaftet wird. Beim öffentlichen Angebot (§ 30 Rz. 4) von nicht an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapieren sieht § 13 VerkProspG eine Haftung bei Fehlerhaftigkeit des nach § 3 Abs. 1 WpPG zu veröffentlichenden Prospekts (Wertpapier-Verkaufsprospekt) nach Maßgabe der börsengesetzlichen Prospekthaftung vor, § 13a VerkProspG eine Haftung für die Nichtveröffentlichung des Prospekts. § 13 VerkProspG verweist weitestgehend auf die §§ 44 ff. BörsG, so dass ein nahezu vollständiger Gleichlauf der beiden Haftungsregimes besteht; der Haftungstatbestand des § 13a VerkProspG hat hingegen eine autonome, wenn auch an den Voraussetzungen der §§ 44 ff. BörsG orientierte20 tatbestandliche Ausgestaltung erfahren.
10
Die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung aufgrund typisierten Vertrauens wurde von der Rechtsprechung für die freiwilligen Prospekte entwickelt, die als Grundlage des Vertriebs von Vermögensanlagen am Grauen Kapitalmarkt dienten. Eine Ausdehnung auf solche Prospekte, die in Erfüllung einer durch kraft Gesetzes haftungsbewehrten Prospektpflicht veröffentlicht werden, ist aufgrund des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung als sachnäherer Regelung nie erfolgt. Nachdem der Gesetzgeber auch für Graumarktprodukte eine haftungsbewehrte Prospektpflicht eingeführt hat (§§ 8 f, 13, 13a VerkProspG) und zudem an den Prospektbegriff erhöhte Anforderungen zu stellen sind, verbleiben für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung daher allenfalls Randbereiche. Dazu ausführlich Rz. 143 ff.
11
Schließlich kommt auch eine Haftung aus Delikt wegen fehlerhafter Prospekte in Betracht, insbesondere nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB, § 826 BGB. Dies gilt sowohl bei Veröffentlichung eines Prospekts in Erfüllung einer dahingehenden Publikationspflicht (Rz. 157) als auch bei freiwilliger Veröffentlichung.
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Die haftungsrechtliche Flankierung der Prospektpflicht aus § 8f VerkProspG für nicht in Wertpapieren verbriefte Vermögensanlagen (Vermögensanlagen-VerkaufsGeschäfte mit dem „wahren“ Aktionär über § 53a AktG zu korrigieren); a.A. Bayer in MünchKomm. AktG, 2. Aufl., § 67 Rz. 42 (zutreffend an seinem Hinweis auf Umgehungsgefahren ist freilich nur, dass außerhalb des Bereichs von Ersatzleistungen gegebenenfalls die Zurechnung einer Leistung an den eingetragenen Aktionär in Betracht kommen kann). 20 Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 64.
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prospekt) erfolgt ebenfalls durch die §§ 13, 13a VerkProspG. Was investmentrechtliche Prospekte angeht, enthält § 127 InvG einen speziellen Haftungstatbestand. Die jeweilige Prospekthaftung wird für beide Prospektkategorien im Folgenden nicht eigens behandelt21. Jedoch gelten die §§ 13, 13a VerkProspG gleichermaßen sowohl für Wertpapier-Verkaufsprospekte als auch für Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte. Daher können die Ausführungen zu den §§ 13, 13a VerkProspG auch für Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte Geltung beanspruchen, soweit die Besonderheiten der §§ 8f ff. VerkProspG keine Abweichungen bedingen.
2. Spezialgesetzliche Prospekthaftung a) Prospektbegriff Der sachliche Anwendungsbereich der einzelnen spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbestände wird vom jeweiligen Prospektbegriff bestimmt.
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aa) Börsenzulassungsprospekt (§ 44 BörsG) Gegenstand der börsengesetzlichen Prospekthaftung ist gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG ein nach den Vorschriften des Wertpapierprospektgesetzes gebilligter oder bescheinigter Prospekt, auf Grund dessen ein Wertpapier zum Börsenhandel zugelassen wird, also der Börsenzulassungsprospekt i.S. der § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG, § 48 Abs. 2 BörsZulV. Ihr sachlicher Anwendungsbereich umfasst damit den Vollprospekt nach § 5 i.V.m. § 7 WpPG, den verkürzten Prospekt nach § 5 i.V.m. § 8 Abs. 2 WpPG (§ 30 Rz. 57) sowie den Basisprospekt nach § 6 WpPG, § 48a BörsZulV (§ 30 Rz. 14).
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Veröffentlicht der Emittent für die Börsenzulassung einen freiwilligen Prospekt gem. § 1 Abs. 3 BörsG, also ungeachtet der in § 1 Abs. 2 WpPG statuierten Ausnahme von der Prospektpflicht, haftet er für diesen Prospekt entsprechend § 44 Abs. 1 BörsG. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Wortlaut des § 44 Abs. 1 BörsG allein auf die Zulassung „auf Grund eines Prospekts“ abhebt22. Denn nach § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG erfolgt die Zulassung prospektfrei, so dass ein Prospekt hierfür überhaupt keine Rolle spielt. Ausschlaggebend muss vielmehr die Gleichstellungsanordnung des § 1 Abs. 3 WpPG sein23, wonach der nach § 1 Abs. 2 WpPG von der Prospektpflicht befreite Emittent gleichwohl einen freiwilligen Prospekt i.S. des WpPG erstellen kann. Für einen freiwilligen Prospekt, den der Emittent trotz seiner Befreiung von der Prospektpflicht nach § 4 Abs. 2 WpPG vorlegt, hat der Gesetzgeber nämlich von einer vergleichbaren Gleichstellung abgesehen. § 1 Abs. 3 WpPG verschließt danach lediglich die Möglichkeit, für diesen freiwilligen Prospekt mit der Prospektbilligung durch die BaFin den europäischen Pass (s. § 17 WpPG; § 30 Rz. 64 ff.) zu erlangen, hindert aber nicht die entsprechende Anwendung der §§ 44 ff. BörsG. Zur davon zu unterscheidenden Frage einer Haftung für die prospektpflichtbefreienden Dokumente des § 4 Abs. 2 WpPG s. Rz. 23 ff.
15
21 Für einen knappen Überblick s. etwa Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 61 ff., Rz. 67 ff. 22 So Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 26; Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 10. 23 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648.
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Nicht als Prospekt einzuordnen sind obligatorische Veröffentlichungen wie Ad-hocMitteilungen (§ 15 WpHG), Finanzberichte (§§ 37v ff. WpHG), Mitteilungen nach § 15 Abs. 2 WpPG und Veröffentlichungen gem. den §§ 30b ff. WpHG24, einer Emission vorangehende Zeichnungsaufforderungen bzw. Bezugsangebote mit den in § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG genannten Angaben25, Presseveröffentlichungen26 und Werbemaßnahmen, etwa veröffentlichte Research-Analysen27. Diese Publikationen sind nämlich keine Voraussetzung für die Zulassung der Wertpapiere zum regulierten Markt. Zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung in diesen Fällen s. Rz. 146 ff.
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Gleiches gilt für Informationsmemoranden, die im Rahmen einer Umplatzierung (s. auch § 6 Rz. 3, 51) von bereits im Inland zugelassenen Aktien mit prospektgleichem Zuschnitt trotz Nichtbestehens einer Prospektpflicht aus § 3 Abs. 1 WpPG freiwillig erstellt und veröffentlicht werden28/29. Diese sind auch nicht als prospektvertretende Darstellungen i.S. des § 44 Abs. 4 BörsG einzuordnen30, da sie nicht zum Zwecke der Befreiung von der Prospektpflicht des § 3 Abs. 3 WpPG erstellt werden. Zur Frage einer Haftung nach § 13 VerkProspG analog statt einer bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung s. Rz. 20. bb) Prospekt bei öffentlichem Angebot (§§ 13, 13a VerkProspG)
18
Für Prospekte, die nach § 3 Abs. 1 WpPG beim öffentlichen Angebot eines nicht zum Handel am regulierten Markt einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiers zu veröffentlichen sind (Wertpapier-Verkaufsprospekte), besteht eine Prospekthaftung nach Maßgabe der § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG, § 13a VerkProspG. § 13a VerkProspG umfasst dabei auch den Fall, dass Wertpapiere vor der geplanten Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospekts erworben werden, sofern ein öffentliches Angebot i.S. des § 3 Abs. 1 WpPG schon vorliegt.
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Für die im Zuge einer Umplatzierung von bereits an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapieren veröffentlichte Informationsmemoranden mit prospektgleichem Zuschnitt besteht im Unterschied zur früheren Rechtslage31 eine Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG, soweit die Veröffentlichung in Erfüllung einer Prospekt24 So für die inhaltlich weithin gleichsinnigen Vorgängernormen (§ 39 Abs. 1 Nr. 3 BörsG i.V.m. §§ 63–68 BörsZulV a.F.) Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.82; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 16; Assmann in Assmann/ Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 48. 25 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, WM 1982, 867 f.; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 48; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 25; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 16. 26 OLG Frankfurt a.M. v. 14.5.1997 – 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105 f. 27 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 46; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 25. 28 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 27; Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 13; Schlitt/Schäfer, WM 2004, 346, 350; a.A. Meyer, WM 2003, 1301, 1303. 29 S. zur Frage einer Haftung nach § 44 BörsG für Informationsmemoranden, die vom Antragsteller zur erneuten Zulassung zum Börsenhandel eingereicht werden und von der Zulassungsstelle zur Grundlage ihrer Zulassungsentscheidung gemacht werden Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 28. 30 Schlitt/Schäfer, WM 2004, 346, 350; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 27; Bosch/Groß, Emissionsgeschäft, Rz. 10/137; a.A. Krämer/Baudisch, WM 1998, 1161, 1170. 31 S. Vorauflage § 26 Rz. 15.
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pflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG erfolgt (prospektpflichtige Zweitplatzierung). Das in § 13 VerkProspG enthaltene Merkmal einer fehlenden Börsenzulassung der Wertpapiere ist teleologisch zu reduzieren und steht dieser Haftung nicht entgegen32. Denn diese vom Gesetzgeber offenbar übersehene33 Einschränkung bildete nach früherem Recht lediglich das Gegenstück zur vormals in § 1 VerkProspG a.F. enthaltenen gleichlautenden Einschränkung. Letztere Vorschrift wurde jedoch durch die allgemeine Prospektpflicht des § 3 Abs. 1 WpPG ersetzt, die auch für ein öffentliches Angebot eines bereits zugelassenen Wertpapiers gilt34, und damit ist eine dahin gehende Einschränkung nunmehr auch bei § 13 VerkProspG nicht mehr veranlasst. Erfolgt die Veröffentlichung eines Informationsmemorandums mit prospektgleichem Zuschnitt freiwillig, obwohl bei der Börsenzulassung der umzuplatzierenden Aktien ein Börsenzulassungsprospekt nach § 3 Abs. 3 WpPG veröffentlicht wurde und daher die Veröffentlichung eines Prospekts nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 WpPG sogar jenseits des in § 9 WpPG statuierten 12-Monats-Gültigkeitszeitraums eines Prospekts35 entbehrlich ist36, kommt eine direkte Anwendung des § 13 VerkProspG nicht in Betracht. Dieser Haftungstatbestand gilt nämlich nur für „Prospekte im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes“ und dies sind lediglich die Pflichtprospekte nach § 3 Abs. 1, 2 WpPG sowie der in § 1 Abs. 3 WpPG gleichgestellte freiwillige Prospekt37. Zur Schließung der hiernach verbleibenden planwidrigen Lücke verdient die analoge Anwendung des § 13 VerkProspG den Vorzug gegenüber der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung38, schon weil dies etwaige Wertungswidersprüche dahingehend vermeidet, dass bei der Umplatzierung für freiwillige Informationsmemoranden nach strengeren Maßstäben (§ 276 BGB) als für Pflichtmemoranden gehaftet würde39. Ebenso muss § 13 VerkProspG analoge Anwendung bei der freiwilligen Prospektveröffentlichung in den Fällen finden, dass die Börsenzulassung nach § 3 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 WpPG prospektfrei erfolgen konnte und für die Umplatzierung einer der in § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WpPG in Bezug genommenen Befreiungstatbestände der § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 1 BörsG eingreift40.
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Für im Freiverkehr (§ 30 Rz. 5) gehandelte Werte besteht eine Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG und, als Konsequenz hieraus, die Möglichkeit einer Prospekthaf-
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32 In der Sache ebenso Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rz. 3 f.; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 59; a.A. – §§ 44 BörsG analog – Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 510; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 59; noch anders – vom Gesetzgeber zu schließende Regelungslücke – Schüppen in WP Handbuch 2008, Bd. II, Abschnitt S Rz. 95, 99. 33 Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rz. 4. 34 § 3 Abs. 1 Alt. 1 WpPG macht das Entfallen der Prospektpflicht von der erfolgten Vorveröffentlichung eines Prospekts abhängig, nicht wie nach früherer Rechtslage vom Bestehen einer Börsenzulassung. 35 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 Fn. 181; a.A. insoweit Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 500. 36 S. hierzu Groß, Kapitalmarktrecht, § 3 WpPG Rz. 2. 37 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648; a.A. Benecke, BB 2006, 2597, 2598 (allerdings ohne Begründung). Vgl. auch § 6 Rz. 51. 38 Ähnlich – Analogie zu den §§ 44 ff. BörsG – Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 59; Schlitt/Schäfer, AG 2005, 498, 510; schon Meyer, WM 2003, 1301, 1303. 39 S. freilich Rz. 154 dazu, dass auch bei der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung nunmehr mindestens grobe Fahrlässigkeit statt einfacher Fahrlässigkeit (§ 276 BGB) erforderlich ist. 40 Insoweit zu eng noch Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 Fn. 181.
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tung nur beim Vorliegen eines öffentlichen Angebots i.S. des § 2 Nr. 4 WpPG. Die Einbeziehung in den Freiverkehr selbst und die öffentliche Information hiervon stellen kein solches öffentliches Angebot dar41. Soweit die Freiverkehrsrichtlinien der jeweiligen Börse die Vorlage eines Exposé für die Zulassung bzw. Einbeziehung eines Wertes verlangen42, ist dieses als reines Börseninternum kein Prospekt i.S. des WpPG43. Besonders liegt es beim Premiumsegment M:Access der Börse München (§ 31 Rz. 37). § 11 FreiverkehrsRiLi i.V.m. § 5 Abs. 3 Regelwerk M:Access fordert für die Zulassung, dass der Emittent einen von der BaFin gebilligten Prospekt einreicht und auf seiner Website veröffentlicht; ist kein Prospekt erforderlich, genügt die Einreichung einer Unternehmensdarstellung. Ein von der BaFin gebilligter Prospekt ist jedoch nur erforderlich, wenn bereits aus anderen Gründen als der Einbeziehung ein nach § 3 Abs. 1 WpPG prospektpflichtiges öffentliches Angebot gegeben ist, und dann liegt ohne weiteres auch ein Prospekt i.S. des § 13 VerkProspG vor; die andernfalls lediglich beim Freiverkehrsträger einzureichende Unternehmensdarstellung ist dagegen auch hier als bloßes Börseninternum prospekthaftungsrechtlich irrelevant. Bei der Einbeziehung in den Freiverkehr an anderen Börsen liegt ein Prospekt i.S. des § 13 VerkProspG ebenfalls nur dann vor, wenn die Einbeziehung im Zusammenhang mit einem nach § 3 Abs. 1 WpPG prospektpflichtigen öffentlichen Angebot erfolgt und ein Prospekt veröffentlicht wird44. In Betracht kommt ferner, dass der Emittent ein Kurzexposé zu Werbezwecken veröffentlicht oder (sonstige) konkrete Werbemaßnahmen (§ 30 Rz. 5) im Nachfeld der Einbeziehung45 vornimmt und hierdurch die Voraussetzungen eines nach § 3 Abs. 1 WpPG prospektpflichtigen öffentlichen Angebots erfüllt werden. Unterbleibt in einem solchen Fall eine Prospektveröffentlichung oder ist der – von den Werbemaßnahmen zu unterscheidende – veröffentlichte Prospekt fehlerhaft, führt dies zu einer Haftung nach den § 13 bzw. § 13a VerkProspG46. Zur Abgrenzung hierbei s. Rz. 52. 22
Nicht als Prospekt einzuordnen sind einer Emission vorangehende Zeichnungsaufforderungen bzw. Bezugsangebote mit den in § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG genannten Angaben47. cc) Prospektpflichtbefreiende Dokumente
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Schriftliche Darstellungen, die nach § 4 Abs. 2 WpPG (§ 30 Rz. 9) von der Prospektpflicht bei der Börsenzulassung befreien, treten i.S. des § 44 Abs. 4 BörsG an die 41 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 28. S. auch Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 57 BörsG Rz. 7 m.w.N.; Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB, § 48 BörsG Rz. 5. 42 S. etwa § 13 Abs. 1 Satz 2 der AGB für den Freiverkehr an der FWB. 43 Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 152; Harrer/Müller, WM 2006, 653, 657. 44 Vgl. hierzu auch § 7 Abs. 2 Satz 2 Freiverkehrsordnung der Wertpapierbörse Hamburg (Stand: 15.6.2006) und der Börse zu Hannover (Stand: 1.6.2007), freilich mit der mehr denn je bedenklichen Wendung „Erfolgt im Zusammenhang mit der Einführung der Aktien ein ‚erstes öffentliches Angebot‘ . . . im Sinne des Verkaufsprospektes, ist der Verkaufsprospekt vorzulegen“. 45 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 28. 46 A.A. Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 152: bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung für ein veröffentlichtes Exposé. Jedoch trägt dies dem neuen § 13a VerkProspG nicht hinreichend Rechnung. Dazu noch Rz. 51 ff. 47 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 39. Vgl. auch Bekanntmachung des BAWe zum Wertpapierverkaufsprospektgesetz v. 6.9.1999, § 1 Nr. 2 f.
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Stelle des Börsenzulassungsprospekts. Der für alle diese prospektpflichtbefreienden Dokumente vorgesehene Verweis auf die Prospekthaftung nach § 44 Abs. 1 BörsG kann jedoch allein für Darstellungen gem. § 4 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 WpPG Geltung beanspruchen48. Die sonstigen prospektpflichtbefreienden Dokumente unterliegen aus im Einzelnen unterschiedlichen Gründen nicht der Prospekthaftung aus § 44 Abs. 1 BörsG49. Das Dokument nach § 4 Abs. 2 Nr. 5 WpPG unterfällt im Falle von Gratisaktien schon tatbestandlich nicht § 44 Abs. 4 BörsG, da die Befreiungswirkung nicht „auf Grund dessen Veröffentlichung“ ausgelöst wird. Bei der Zulassung von Aktien, die aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff. AktG) stammen, gilt nämlich für inländische Emittenten von vornherein keine Prospektpflicht aus § 3 Abs. 3 WpPG, von der erst das in Nr. 5 vorgesehene Dokument befreien könnte50, da deren Aktien nach § 33 Abs. 4 EGAktG schon ipso iure börsenzugelassen sind; und was ausländische Emittenten mit Sitz in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat betrifft, wären das aus § 4 Abs. 2 Nr. 5 WpPG i.V.m. § 33 Abs. 4 EGAktG resultierende Dokumentenerfordernis und die sich daran knüpfende Haftung nach § 44 Abs. 1, 4 BörsG eine gegen Art. 12 EGV verstoßende offene Diskriminierung. Zudem besteht in den beiden Sachverhaltskonstellationen des § 4 Abs. 2 Nr. 5 WpPG auch gar kein Bedürfnis für eine Prospekthaftung, weil es jeweils an einer auf das Dokument zu stützenden Anlageentscheidung fehlt. Im Falle der Kapitalerhöhung entstehen die Aktien nämlich kraft Gesetzes bereits in der Person des Aktionärs51 und im Falle der Sachdividende gilt dies jedenfalls für den Anspruch auf die Aktien. Als Konsequenz hieraus ist für die Dokumente des § 4 Abs. 2 Nr. 5 WpPG der Anwendungsbereich des § 44 Abs. 4 BörsG jedenfalls teleologisch zu reduzieren52. Für das Dokument nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 WpPG ist § 44 Abs. 4 BörsG ebenfalls teleologisch zu reduzieren, bedarf doch der dortige Adressatenkreis von Geschäftsführungsmitgliedern und Arbeitnehmern aufgrund des bereits bestehenden Rechtsverhältnisses zur Gesellschaft und der daraus resultierenden haftungsrelevanten (nach)vertraglichen Fürsorgepflicht53 keines besonderen prospekthaftungsrechtlichen Schutzes. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, wie es sich bei den spezifischen Angaben des Dokuments um „wesentliche Angaben“ i.S. des § 44 Abs. 1 BörsG handeln könnte. Hinsichtlich des zusammenfassenden Dokuments nach § 4 Abs. 2 Nr. 8 lit. d WpPG muss eine Haftung aufgrund des systematischen Abgleichs mit dem Haftungsausschlusstatbestand des § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG (Rz. 134) ausscheiden. Danach besteht nämlich keine spezi48 Näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1642 f. 49 Näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1641 ff. Für die Sachdividendenkonstellation des § 4 Abs. 2 Nr. 5 WpPG im Besonderen sind die dortigen Überlegungen nur insofern überholt, als die frühere 10 %-Grenze für den Erwerb eigener Aktien aus Art. 19 Abs. 1 lit. b der 2. gesellschaftsrechtlichen (Kapital-)Richtlinie durch die Änderungsrichtlinie 2006/68/EG entfallen ist. 50 Die an der Vorläuferbestimmung (§ 45 Nr. 2 lit. a BörsZulV) geübte Kritik (s. nur Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 42 Rz. 48; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2002, §§ 45–47 BörsZulV Rz. 4; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsZulV Rz. 4.) war nur mit Blick auf inländische Emittenten berechtigt. 51 Unstr.; s. nur Hüffer, AktG, § 212 Rz. 2. 52 Für eine teleologische Reduktion jetzt tendenziell auch Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 29; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 11. 53 Vgl. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 2 VerkProspG Rz. 12.
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algesetzliche Prospekthaftung für die Prospektzusammenfassung (§ 5 Abs. 2 WpPG), deren inhaltliche Anforderungen ihrerseits aber gerade den Maßstab für das Dokument nach § 4 Abs. 2 Nr. 8 lit. d WpPG bilden. 25
Für Dokumente, die nach § 4 Abs. 1 WpPG (§ 30 Rz. 7) bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren von der Prospektpflicht befreien, wird nicht nach § 13 VerkProspG gehaftet. Diese Vorschrift unterwirft allein fehlerhafte Wertpapier-Verkaufsprospekte einer Haftung nach Maßgabe der §§ 44 ff. BörsG, nicht die lediglich in § 44 Abs. 4 BörsG ausdrücklich gleichgestellten prospektpflichtbefreienden Dokumente54. Eine Haftung ergibt sich jedoch aus § 13a VerkProspG, soweit die Dokumente fehlerhaft oder, in den Fällen des § 4 Abs. 1 Nr. 2, 3 WpPG, die darin enthaltenen Angaben denen in einem Prospekt nicht gleichwertig sind und daher die Befreiungswirkung des § 4 Abs. 1 WpPG für den Prospekt ausbleibt. Eine Ausnahme hiervon ist für die Dokumente nach § 4 Abs. 1 Nr. 4, 5 WpPG zu machen55. § 13a VerkProspG bildet nämlich funktional das Substitut für die in § 13 VerkProspG nicht vorgesehene Haftung für fehlerhafte prospektpflichtbefreiende Dokumente. Eine solche Haftung müsste für die Dokumente des § 4 Abs. 1 Nr. 4, 5 WpPG aber aus denselben Gründen ausscheiden, die bei den insoweit inhaltsgleichen Fällen des § 4 Abs. 2 Nr. 5, 6 WpPG eine teleologische Reduktion des § 44 Abs. 4 BörsG veranlassen (s. Rz. 24), und folgerichtig ist für diese Dokumente daher auch eine teleologische Reduktion des § 13a VerkProspG veranlasst. dd) Prospektnachtrag
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Nachträge zu einem Prospekt i.S. des § 3 Abs. 1, 3 WpPG (§ 30 Rz. 71 ff.) sind wie der Prospekt selbst zu behandeln und unterliegen daher im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit gleichermaßen den spezialgesetzlichen Prospekthaftungsvorschriften. Dies ergibt sich im Unterschied zu den Vorgängernormen der § 52 Abs. 2 BörsZulV a.F., § 11 VerkProspG a.F. zwar nicht mehr unmittelbar aus dem Wortlaut des § 16 WpPG. Jedoch ist § 16 WpPG zum einen diesen Vorgängernormen nachgebildet56 und zum anderen gelten für Billigung (§ 13 WpPG; s. dazu § 30 Rz. 73) und Veröffentlichung (§ 14 WpPG) des Nachtrags inhaltlich die gleichen Regeln wie für den Prospekt, so dass sich in der Sache an einer Gleichstellung nichts geändert hat57. b) Fehlerhaftigkeit des Prospekts
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Gehaftet wird nach § 44 Abs. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) lediglich für inhaltliche Fehler des Prospekts, nicht für die mangelhafte Einhaltung der Anforderungen aus § 14 Abs. 2 WpPG i.V.m. den Art. 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004 an die Veröffentlichungsform.
54 Neben dem Wortlaut streitet hierfür auch die Entstehungsgeschichte der Norm, s. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1644. 55 Zu den Einzelheiten Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1644. 56 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 36. 57 I.E. ebenso Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 64; Habersack in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 12; zur Frage einer etwaigen Haftung nach alter Rechtslage s. etwa Stephan, AG 2002, 3, 10.
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aa) Maßgebliche Beurteilungsperspektive Richtigkeit und Vollständigkeit eines Prospekts sind aus der Perspektive des spezifischen Prospektadressaten zu beurteilen. Abzustellen ist dabei auf eine generelle typisierende Betrachtungsweise des „Publikums“, nicht die Sicht des einzelnen anspruchstellenden Anlegers. Das maßgebliche Publikum bestimmt sich von der Art der jeweiligen Anlage her, ist also nicht stets die gleiche homogene Masse. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 WpPG58, wonach bei einem allein an qualifizierte Anleger adressierten Angebot die Prospektpflicht entfällt. Denn eine Segmentierung des Anlegerpublikums anhand dieser Kategorie ist schon deswegen nicht möglich, weil manche Anleger wählen können, ob sie als einfache oder qualifizierte Anleger zu behandeln sind (s. lit. d und e). Richtet sich eine Emission gezielt an Groß- und institutionelle Anleger, bestehen für die Vollständigkeit gegebenenfalls andere Anforderungen als bei einer Emission für das „breite Publikum“59.
28
Die Bestimmung der maßgeblichen Perspektive bei einer Emission an ein breites Anlegerpublikum ist in Rechtsprechung und Literatur indes uneinheitlich. Der BGH60 und die ihm folgenden Instanzgerichte61 stellen auf einen durchschnittlichen Anleger ab, der nicht unbedingt mit der in eingeweihten Kreisen („beteiligte Wirtschaftskreise“) gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht, jedoch eine Bilanz zu lesen versteht. Letzteres Erfordernis ist nicht ohne Kritik geblieben62, wobei insbesondere bezweifelt wird, dass ein mit der Wirtschaftssprache nicht bewanderter durchschnittlicher Anleger über die Befähigung zum Lesen einer Bilanz verfügen könne63. Rechtstatsächlich wird der Prospekt selten vom privaten Anleger gelesen werden, sondern vielmehr von Fachpresse und professionellen Anlageberatern, also einem bilanzkundigen Adressatenkreis, und auf deren Einschätzung und Empfehlung hin trifft der Anleger seine Anlageentscheidung64. Rechtlich ist dies für die Bestimmung des Adressatenkreises jedoch nicht von Belang. In der Sache geht es bei der Befähigung zum Lesen einer Bilanz darum, die Erforderlichkeit von Erläuterungen im Prospekt zu begrenzen (s. Rz. 35 ff.); ein auch in Literatur und Rechtsprechung überwiegend befürwortetes Anliegen65.
29
58 Zutreffend Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 14. 59 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 185 nennt das Beispiel der Europaanleihen. 60 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, WM 1982, 862, 863 = AG 1982, 282. 61 OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 326; OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1994, 184 und 1995, 134; OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 592 = AG 1984, 188. Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 19.7.2005 - 5 U 182/03, AG 2005, 851, 852: aufmerksamer Prospektleser und durchschnittlicher Anleger. 62 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 41; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 191 f.; Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2279; Ehricke, DB 1980, 2492, 2432; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 341 Fn. 28. 63 S. nur Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 41; Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 45 BörsG Rz. 19; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 83; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 184. 64 So zutreffend Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 62; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.84. 65 S. nur Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 42; OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, WM 2004, 1831, 1835 = AG 2004, 510; a.A. Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 83.
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bb) Begriff der „Angaben“ 30
Prospektangaben i.S. des § 44 Abs. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) können neben Tatsachen auch Werturteile oder Prognosen (s. auch § 30 Rz. 51 ff.) sein66, soweit letztere sich auf eine ausreichende Tatsachenbasis stützen67. Selbst Werturteile mit ersichtlich reklamehafter Anpreisung dürfen daher in ihrem Tatsachenkern nicht unrichtig sein68. Diese Einbeziehung auch von Werturteilen und Prognosen steht schon nicht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut; dieser gebietet keine Beschränkung auf reine Tatsachen69. Vielmehr muss der Prospekt ein Urteil über die Zukunftsaussichten des Emittenten ermöglichen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG) und dazu Angaben über die Geschäftsentwicklung des Emittenten (§ 7 WpPG i.V.m. mit den Anhängen zur Prospektverordnung (EG) Nr. 809/200470) enthalten, die notwendig prognostischer und wertender Natur sind71. Letztlich streiten für diese Erweiterung auch Sinn und Zweck der Vorschriften, nämlich der Schutz des Vertrauens des Publikums, welches sich aufgrund der vom Prospekt und seiner Veröffentlichung ausgelösten Anlagestimmung zum Wertpapiererwerb entschließt. Gerade wertende Aussagen zur gegenwärtigen und künftigen Lage des Unternehmens sind für den Anleger von besonderer Bedeutung72.
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Der Gesamteindruck als solcher kann auch bei Korrektheit aller Einzelangaben unrichtig sein und unterfällt daher ebenfalls dem Begriff der Angaben73. S. hierzu Rz. 37. cc) Unrichtigkeit/Unvollständigkeit
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Eine Unrichtigkeit von Angaben ist auch im Falle des im Gesetzestext gesondert erwähnten Unterfalls der Unvollständigkeit der Angaben gegeben. Da für beide Fehlerkategorien zudem ein einheitlicher Verschuldensmaßstab gilt, hat die tradierte Unterscheidung heute an praktischer Bedeutung verloren74.
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Unrichtig sind nicht der Wahrheit entsprechende Angaben. Sie liegen vor, wenn der Prospektverantwortliche Tatsachen behauptet, die nicht vorliegen oder seine Werturteile und Prognosen durch die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen nicht gerechtfertigt75 bzw. kaufmännisch nicht vertretbar sind76.
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Unvollständig ist ein Prospekt, der nicht alle wesentlichen (Rz. 42 ff.) Angaben enthält, die für die Anlageentscheidung eines durchschnittlichen (Rz. 29) Anlegers ent66 S. nur BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 865; ausführlich zu Prognosen in einem Prospekt Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 120 ff. 67 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. 68 BGH v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 904 = MDR 1992, 767. 69 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 865; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.87; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 65. 70 Ziff. 5, 5.1. der Anhänge I, IV, IX – XI. 71 Zur vergleichbaren früheren Rechtslage ebenso Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 21. 72 S. hierzu BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 865; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 140; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 65. 73 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862; OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1994, 184 und 1995, 134. 74 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. 75 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 25. 76 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 865.
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scheidend sind77. Um vollständig zu sein, müssen der Börsenzulassungsprospekt und der Wertpapier-Verkaufsprospekt für ein öffentliches Angebot jedenfalls die in § 7 WpPG i.V.m. der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004 vorgegebenen Mindestangaben enthalten (§ 30 Rz. 15 ff.). Zusätzliche Angaben, um dem Vollständigkeitserfordernis zu genügen, sind dann erforderlich, wenn die gesetzlich vorgesehenen Pflichtangaben nicht hinreichen, um über alle für die Beurteilung des Emittenten oder der Wertpapiers wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG Auskunft zu geben. Das betrifft insbesondere solche Finanzinnovationen, die in den Anhängen zur Prospektverordnung (EG) Nr. 809/ 2004 im Unterschied zu asset-backed securities (ABS; s. Anhänge VII, VVIII) keine besondere Regelung erfahren haben. Enthält ein Prospekt alle wesentlichen Angaben i.S. des § 7 WpPG sowie gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Angaben (Rz. 30), aber keine für den durchschnittlichen Leser verständlichen und nachvollziehbaren Erläuterungen dieser Angaben, kann der Prospekt gleichwohl aufgrund des Fehlens von zusätzlichen Erläuterungen unrichtig bzw. unvollständig sein. Auch wenn man annimmt, dass insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen Erläuterungen über Finanzinformationen gem. § 7 WpPG i.V.m. den Anhängen zur Prospekverordnung (EG) Nr. 809/200478 in der Regel ausreichen, um den Prospekt auch aus der Perspektive des durchschnittlichen Anlegers (Rz. 29) als vollständig und richtig erscheinen zu lassen79, sind ergänzende Erläuterungen dennoch aufzunehmen, soweit dies im Einzelfall zum Prospektverständnis unabdingbar ist80. Insbesondere darf wegen des Abstellens auf den durchschnittlichen Leser das für die Beurteilung des Wertpapiers wesentliche Datenmaterial nicht lediglich in irgend einer Weise offenbart werden. Vielmehr hat dies in leicht analysierbarer und verständlicher Form (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG) derart zu geschehen, dass der Anleger in die Lage versetzt wird, die wesentlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Bewertung des Wertpapiers zu treffen81. Andererseits darf der Prospekt nicht zu einem „Informationsfriedhof“ geraten, der mehr verschleiert als er offenbart82. Insbesondere kann die Duplizität der Information die Lesbarkeit eher erschweren als erleichtern. Im Einzelnen:
77 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 86; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 45. 78 Anhang I Ziff. 20.1, Anhang IV Ziff. 13.1, Anhang VII Ziff. 8.2, 8.2a, Anhang IX Ziff. 11.1, Anhang X Ziff. 20.1, Anhang XI Nr. 11.1. 79 So zur früheren sachlich übereinstimmenden Rechtslage Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 45 BörsG Rz. 34; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 68; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.88. Weniger eindeutig Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 104. 80 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 34; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 68; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 185. 81 OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1994, 184 und 1995, 134; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 49; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 192. Gegen eine Erläuterungspflicht Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 62; Lenenbach, Kapitalmarktund Börsenrecht, Rz. 8.84; einschränkend auch Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 19, 20. 82 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 185; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 62.
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Bei extensiver, aber noch zulässiger Ausnutzung bilanzrechtlicher Spielräume ist hierauf hinzuweisen und dies gegebenenfalls sogar hinsichtlich der Auswirkungen zu erläutern83. Bei einer Berichtigung korrekturbedürftiger Angaben, die an anderer Stelle im Prospekt erfolgt, sind die beiden Darstellungen – etwa durch einen Verweis – zueinander in Beziehung zu setzen84. Im Rahmen so genannter Als-Ob-Abschlüsse bedarf es Erläuterungen, die dem Anleger den Zusammenhang der fiktiven Rechnungslegung mit den realen Verhältnissen verdeutlichen85, wobei hierfür teilweise Hinweise an allen relevanten Stellen des Prospekts gefordert werden86. Handelt es sich bei dem erworbenen Wertpapier um ein risikobehaftetes Papier mit spekulativem Charakter, muss dies unmissverständlich zum Ausdruck kommen87. Dies erfordert einen expliziten dahingehende Hinweis im Prospekt88; dass der Umstand aus dem Zahlenwerk deutlich hervorgeht, genügt nicht89. Gleiches gilt, wenn Risikodarstellungen im Prospektabschnitt „Risikofaktoren“ (§ 30 Rz. 47) in Widerspruch zu Darstellungen an anderer Stelle des Prospekts zu treten drohen90. Die Kenntlichmachung von Prognosen (§ 30 Rz. 51) hat im Prospekttext selbst zu erfolgen, etwa in Überschriften oder sonst hervorgehobenen Stellen. Nicht ausreichend sind Hinweise in einer Fußnote, da ein durchschnittlicher Leser des Prospekts diese leicht übersehen kann. Die Übersetzung (§ 30 Rz. 59) eines englischsprachigen Prospekts ist, wie aus § 19 Abs. 4 Satz 1 WpPG folgt, keine zur Herstellung der Prospektverständlichkeit i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG erforderliche Erläuterung91.
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Die Fehlerhaftigkeit eines Prospekts beurteilt sich nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern auch des Gesamteindrucks, den der Prospekt von den Verhältnissen und der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens des Emittenten zeichnet92. Ein unrichtiger Gesamteindruck kann etwa entstehen, wenn bilanzrechtliche Gestaltungsspielräume systematisch umfassend ausgeschöpft werden und hieraus, trotz Richtigkeit der Einzelbewertungen, zu positive 83 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863; OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/89, ZIP 1984, 549, 553; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 50; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 192. 84 OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 326. Enger Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 50 Fn. 123; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 70. 85 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 54; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 193. 86 LG Frankfurt v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96, WM 1998, 1181, 1183 = AG 1998, 488; a.A. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 54 m.w.N. 87 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 192; Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2279 a.E.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 20; enger wohl Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 185: soweit nur kein zu optimistisches Gesamtbild entsteht. 88 Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2279 a.E. 89 A.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 20. 90 Meyer in WuB I G 8. – 1.06 allerdings gegen ein Erfordernis, in jedem Abschnitt auf Risiken hinzuweisen. 91 Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 15. 92 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863; OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1994, 184 und 1995, 134; OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, WM 2004, 1831, 1832 = AG 2004, 510; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 106; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 40, 44; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 66; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.88.
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Geschäftsaussichten resultieren93. Das gleiche gilt für eine falsche Gewichtung von für sich genommen nicht unrichtigen Angaben94 oder die Herausstellung positiver und das Herunterspielen negativer Tatsachen95. Eine den Leser irreführende unübersichtliche Gestaltung kann ebenfalls zur Unrichtigkeit des Gesamteindruckes führen96, doch müssen solche Gestaltungsmängel eine gewisse Massivität und Häufigkeit annehmen; einzelne Mängel in der Prospektgestaltung, etwa eine unübersichtliche Gliederung, werden nicht genügen97. Keine Unvollständigkeit liegt vor, wenn im Prospekt als unwesentlich einzustufende Angaben fehlen98. Die nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 WpPG bestehende Obliegenheit, eine Befreiung durch die BaFin einzuholen, ist haftungsrechtlich irrelevant. Das Fehlen von für die Beurteilung der Anlageentscheidung unwesentlichen Angaben kann nämlich nicht allein deswegen die Unvollständigkeit des Prospekts begründen, weil hierfür keine aufsichtsrechtliche Gestattung vorliegt. Keine Unvollständigkeit resultiert ferner aus dem Fehlen solcher Pflichtangaben, für die der Emittent nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 WpPG von der Angabepflicht befreit wurde99. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regierungsbegründung, wonach eine Gestattung Prospekthaftungsansprüche nicht ausschließt100. Dem Prospektpflichtigen wären Steine statt Brot gegeben, würde man die Wohltat einer Befreiung von bestimmten Pflichtangaben zivilrechtlich als per se haftungsauslösende Unvollständigkeit des Prospekts ansehen. Zudem sollte mit dieser Passage – ebenso wie auch für die Billigung (Rz. 41) – wohl nur klargestellt werden, dass in der Gestattung durch die BaFin keine den Prospektpflichtigen per se von der Prospekthaftung befreiende „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ liegt. Das Fehlen von Angaben, die beim Emittenten gar nicht vorliegen101, begründet schließlich ebenfalls keine Unvollständigkeit des Prospekts102.
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Negative Mitteilungen Dritter, etwa Einstufungen durch Rating–Agenturen oder Pressemitteilungen, sind nicht in den Prospekt aufzunehmen103. Es handelt sich
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93 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 863; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 26; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 195. 94 OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 295 = AG 1994, 184 und 1995, 134; vgl. auch KG v. 21.3.2005 – 8 U 185/04, WM 2005 1748 m. Anm. Meyer in WuB 1 G 8.–1.06. 95 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 195 f. mit weiteren Einzelbeispielen. 96 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 153; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 68. 97 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 91; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 67. 98 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 32. 99 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 46. 100 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 33. 101 Kein Fall des § 8 Abs. 3 WpPG; s. Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BTDrucks. 15/4999, S. 33. 102 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 46. S. auch Erwägungsgrund 24 der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004. 103 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 97 ff.; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 75; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 51; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 33; i.E. ebenso OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 297, indem es das Herabstufen eines Emittentenrating allein im Hinblick auf ein Verschulden der Emissionsbank erörterte.
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hierbei um Werturteile auf Basis von Tatsachen, die ihrerseits freilich im Prospekt enthalten sein müssen, um den Anleger in die Lage zu versetzen, sich ein eigenes Urteil über Chancen und Risiken der Anlage zu machen104. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn eine selektive Berichterstattung von Werturteilen Dritter im Prospekt erfolgt und hierdurch ein verzerrtes Bild des Emittenten/Wertpapier dargestellt wird105; diese Angaben verhindern eine leichte Analyse i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 WpPG, so dass der Prospekt unvollständig ist. 40
Dazu, wann im Falle eines Wertpapier-Verkaufsprospekts bei öffentlichen Angebot (§ 3 Abs. 1 WpPG) das Dokument derart unvollständig ist, dass von einem Prospekt i.S. des WpPG nicht mehr gesprochen werden kann, und also ein Unterlassen der Prospektveröffentlichung mit der Haftungsfolge des § 13a VerkProspG vorliegt, s. Rz. 51.
41
Die Prüfung und Billigung durch die BaFin (§ 13 Abs. 1 WpPG; § 30 Rz. 61 ff.) ändert nichts an einer etwaigen Fehlerhaftigkeit des Prospekts und lässt eine Prospekthaftung nicht entfallen106. S. auch Rz. 38 zur Befreiung von Pflichtangaben. dd) Wesentlichkeit
42
Allein die Unrichtigkeit solcher Angaben kann zu einer Haftung führen, die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind. Die Wesentlichkeit erschließt sich dabei aus der Zielsetzung der Prospektveröffentlichungspflicht, dem Anleger durch die Mitteilung aller für seine Anlageentscheidung möglicherweise bedeutsamen Umstände die konkreten Anlagerisiken und -chancen transparent zu machen107. Entscheidend ist, ob sich aus Sicht des Prospektadressaten, also des verständigen durchschnittlichen Anlegers (Rz. 29), bei ordnungsgemäßer Angabe die für die Beurteilung der Wertpapiere relevanten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ändern würden108. Es handelt sich somit um die wertbildenden Faktoren eines Wertpapiers109, wobei berücksichtigt werden sollte, dass für einen Anleger die künftige Ertragsentwicklung, genauer: das erwartete Risiko-/Ertragsprofil einer Gesellschaft, für seine Anlageentscheidung von zentraler Bedeutung ist; im Falle von Aktien oder sonstiger Eigenkapitaltitel also der durch die künftige Ertragskraft der Gesellschaft bestimmte risikoadjustierte Wert des Eigenkapitals110.
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Wesentlich sind etwa die Darstellung der Geschäftsaussichten111 und Angaben über den Stand der Entwicklung eines neuen Produkts112. Allgemeiner gewendet handelt 104 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 99. 105 Zutreffend Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 51 für die selektive Auswahl von lediglich positiven Ratings. 106 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 34. 107 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 87. 108 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76; OLG Frankfurt a.M. v 19.7.2005 – 5 U 182/03, AG 2005, 851, 852: für Anlageentscheidung eines verständigen Prospektlesers erheblich. 109 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 87, 93; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 68. 110 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1652. 111 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76; vgl. jetzt auch Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004, Anhänge I, IV, IX – XI Ziff. 5.1. 112 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.89.
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es sich bei Eigenkapitaltiteln um alle Angaben zu solchen Faktoren, die für die künftige Ertragskraft und das Risiko von Schwankungen der erwarteten Erträge relevant sind113. Unwesentlich sind etwa die Angaben über Zahl- und Hinterlegungsstellen114, die Bilanzierung von in der Relation zur Bilanzsumme unbedeutender Bilanzpositionen115 oder Angaben, die lediglich rein technischer und formaler Natur sind116. Ins Allgemeine gewendet liegt es nahe, solche Bilanzpositionen als unwesentlich einzustufen, die keinen Einfluss auf die künftige Ertragsentwicklung des Unternehmens haben, etwa auch die Substanz- oder Liquidationswerte bei nicht insolvenzgefährdeten Unternehmen117.
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Fehlerhafte oder unterlassene Bilanzangaben im Besonderen sind nur wesentlich, wenn die betreffende Bilanzposition für den Unternehmenswert des Emittenten auch unter Berücksichtigung des von ihm betriebenen Geschäfts von nicht unerheblicher Bedeutung ist. Das kann dazu führen, dass bestimmte Bilanzangaben und -posten von vornherein unwesentlich sind. Im Übrigen ist die Bilanz ein Gesamtgefüge, weshalb der Fehler in seiner Bedeutung ins Verhältnis zur Bilanzsumme und des Eigenkapitals des Emittenten zu setzen ist118.
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ee) Aktualisierung Der Prospekt muss eine zeitnahe Darstellung der für die Beurteilung der Wertpapiere wichtigen Angaben enthalten119. Fehlende Zeitnähe kann zur Fehlerhaftigkeit des Prospekts führen: die Verwendung alter Daten zur Unrichtigkeit, die Nichterwähnung neu eingetretener Umstände zur Unvollständigkeit120. Hinzu kommt, dass von der Erstellung des Prospekts über seine Billigung bis zum Abschluss seiner Verwendung eine mehr oder minder große Zeitspanne liegt und damit der für das Erfordernis der zeitnahmen Darstellung relevante Beurteilungszeitpunkt zu fixieren ist.
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Keinesfalls ist ausreichend, dass die Daten lediglich im Zeitpunkt der Prospekterstellung aktuell sind. Vielmehr muss der Prospekt noch zum Zeitpunkt seiner Billigung durch die BaFin (§ 13 WpPG) nach dem Maßstab des § 44 Abs. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) fehlerfrei sein. Daraus folgt für die Antragsfassung des Prospekts eine aufsichtsrechtliche Aktualisierungsobliegenheit hinsichtlich der Entwicklungen im Zeitraum zwischen Erstellung und Billigung. Unterbleibt eine gebotene Aktualisierung und billigt die BaFin den Prospekt gleichwohl, ist der Prospekt fehlerhaft, ohne dass die Billigung der BaFin deswegen bestehende Prospekthaftungsansprüche entfallen ließe (Rz. 41).
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Nach Billigung (§ 30 Rz. 61) des Prospekts eintretende neue Umstände können eine Aktualisierung in Form eines Nachtrags erforderlich machen (§ 16 Abs. 1 Satz 1
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113 114 115 116 117 118 119
Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1652. Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 68. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 32. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1652. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1652. BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 864; OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 297. 120 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 76.
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WpPG). Im Zeitraum zwischen Billigung und Prospektveröffentlichung121 führt in diesem Fall die Nichterstellung eines Nachtrags dazu, das der Prospekt bereits im Zeitpunkt seiner Veröffentlichung unrichtig/unvollständig ist. Die Nachtragspflicht besteht aber auch über den Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung hinaus fort und zwar gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 WpPG bis zum endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots. Für den Prospekt für börslich gehandelte Wertpapieren ist dies, wie § 16 Abs. 1 Satz 1 WpPG klar stellt122, der Zeitpunkt der Börseneinführung, also die Notierungsaufnahme (§ 38 Abs. 1 BörsG) bzw. die Einbeziehung in den regulierten Markt (§ 33 BörsG; § 30 Rz. 72). Bei Prospekten, die im Zusammenhang mit einem öffentlichen Angebot im Zuge einer Platzierung im Freiverkehr veröffentlicht werden (Rz. 21), bildet die Einbeziehung den Schluss des öffentlichen Angebots, wenn danach lediglich Mitteilungen aufgrund des Handel erfolgen123. 49
Treten nach dem endgültigen Schluss des öffentliche Angebots neue Umstände ein, die den Prospekt unrichtig/unvollständig werden lassen, kann dies nicht zu einer Haftung nach § 44 BörsG, § 13 VerkProspG führen (§ 30 Rz. 72). Mit § 16 Abs. 1 Satz 1 WpPG hat der Gesetzgeber die bereits in Art. 16 der Prospektrichtlinie 2003/71/EG angelegte124 Regelung des Endzeitpunkt der Prospektnachtragspflicht konkretisiert und damit im Sinne der bisherigen h.M.125/126 entschieden127. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der zwölfmonatigen Gültigkeit des Prospekts gem. § 9 WpPG, da diese Regelung allein die Verwendbarkeit des Prospekts für prospektpflichtige öffentliche Angebote von weiteren Wertpapier-Tranchen oder/und die Börsenzulassung im Blick hat (§ 9 Abs. 1 WpPG)128. Schließlich lässt sich auch aus § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG keine über den Zeitpunkt des § 16 Abs. 1 WpPG hinausreichende Aktualisierungspflicht entnehmen. Schon nach ihrer systematischen Verortung bei 121 Ein in der Praxis wohl seltener Fall, s. näher Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 57 Fn. 196. 122 S. Beschl. Empf. Finanzausschuss zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/5873, S. 50. 123 Beschl. Empf. Finanzausschuss zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/5873, S. 50. 124 S. hierzu bereits die Vorauflage § 26 Rz. 36 sowie Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 29; Stephan, AG 2002, 3, 7 (zu Art. 100 der RiLi 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 184 v. 6.7.2001, S. 1 ff. als der Vorläufernorm). 125 Für den Börsenzulassungsprospekt Hamann in Schäfer, Kapitalmarktgesetze, 1. Aufl., 1999, §§ 45, 46 BörsG a.F. Rz. 90; Groß, Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2002, §§ 45, 46 BörsG Rz. 34b; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 213; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 78. Ausdrücklich für Börsenzulassungsprospekt und Unternehmensbericht Stephan, AG 2002, 3, 7; Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 45 BörsG Rz. 29; OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, WM 2004, 1831, 1834 = AG 2004, 510. 126 Der BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520 hielt eine Aktualisierung (jedenfalls) bezüglich der bis zum Ablauf der Zeichnungsfrist eingetretenen Umstände für erforderlich. Gegenüber der jetzigen gesetzlichen Regelung bedeutete dies in der Sache keinen Unterschied für solche Wertpapiere, die zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt sind; diese dürfen nämlich erst nach der – den Ablauf der Zeichnungsfrist gerade voraussetzenden – Beendigung der Zuteilung eingeführt werden (§ 38 Abs. 2 BörsG). 127 Wohl nach wie vor für einen längeren Nachtragszeitraum (bis 6 Monate nach erstmaliger Einführung) Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 112 f. 128 Zutreffend Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 62; i.E. ebenso Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 24
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den Haftungsauschlusstatbeständen handelt es sich hierbei lediglich um eine Berichtigungsobliegenheit (Rz. 129), nicht um die Statuierung einer Berichtigungspflicht129. Neue Umstände, die nach der Börseneinführung bzw. dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots eintreten, sind allenfalls nach § 15 WpHG publizitätspflichtig, so dass eine Haftung allein nach den §§ 37b, 37c WpHG (Rz. 159 ff.) in Betracht kommt130.
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c) Fehlende Veröffentlichung des Prospekts Fehlt es im Falle eines prospektpflichtigen öffentliches Angebots (§ 3 Abs. 1 WpPG) an der Veröffentlichung eines Prospekts, besteht eine Haftung nach § 13a VerkProspG. Ein solcher Fall liegt jedenfalls dann vor, wenn die Veröffentlichung eines Dokuments mit Prospektzuschnitt ganz unterbleibt. Abgrenzungsfragen stellen sich zum einen, wenn der Anbieter ein Dokument mit mehr oder minder umfangreichen informatorischen Gehalt veröffentlicht (Rz. 52) und/oder die Veröffentlichungsform als solche fehlerbehaftet ist (Rz. 53).
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aa) Nichtvorliegen eines Prospekts Für die Abgrenzung des lediglich fehlerhaften vom gänzlich fehlenden Prospekt131 wird man wie folgt abzustufen haben: Die Untergrenze, ab der ein – wenn auch fehlerhafter – Prospekt i.S. von WpPG und VerkProspG vorliegt, bestimmt sich im vergleichenden Seitenblick zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung. Ein Prospekt i.S. von WpPG und VerkProspG kann nämlich nicht vorliegen, wenn ein Dokument nach Informationsanspruch und –gehalt nicht einmal den Anforderungen des bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriffs (Rz. 144) genügen würde. Ins Positive gewendet liegt ein Prospekt i.S. von WpPG und VerkProspG daher erst vor, wenn ein Dokument ausdrücklich oder nach seinem sachlichen Zuschnitt den Anspruch erhebt, umfassend über alle für die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers (Rz. 29) wesentlichen Faktoren zu informieren132. Auf die innere Willensrichtung des Emittenten, ob dieser also eine Veröffentlichung zwecks Erfüllung seiner Pflicht aus § 5 WpPG vornehmen will, kommt es dabei nicht an133. Insoweit liegt bei der Billigung (§ 13 WpPG) eines Dokuments als Prospekt durch die BaFin aber stets ein solcher 129 Stephan, AG 2002, 3, 12; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze §§ 44, 45 BörsG Rz. 267; vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, WM 2004, 1831, 1834 = AG 2004, 510. 130 OLG Frankfurt a.M. v. 6.7.2004 – 5 U 122/03, WM 2004, 1831, 1834 = AG 2004, 510; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 199, 280. 131 Die Abgrenzung verliert an Brisanz, wenn man mit hier vertretener Ansicht von einem weitgehenden Gleichlauf der Anspruchsvoraussetzungen des § 13 VerkProspG einerseits und § 13a VerkProspG andererseits ausgeht, s. hierzu näher Rz. 92, 111 auch mit Nachweisen zur jeweiligen Gegenansicht. 132 Ähnlich Fleischer, WM 2004, 1897, 1903: Mindestanforderungen an einen (Verkaufs-)Prospekt. 133 A.A. Fleischer, WM 2004, 1897, 1902 f. der die Prospekteigenschaft eines Dokuments anhand dessen (objektiv) erkennbarer Zielrichtung zur Erfüllung der gesetzlichen Prospektveröffentlichungspflichten bestimmen will und hierfür der inneren Willensrichtung des Emittenten zumindest Indizwirkung zukommen lässt.
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vor134. Zwar ist die Billigung selbst nicht konstitutiver Akt für das Vorliegen eines Prospekt i.S. des WpPG und – als Konsequenz – der Haftung nach § 13 statt nach § 13a VerkProspG135. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Bußgeldvorschrift des § 30 Abs. 1 Nr. 5 WpPG, die auch ohne Erfüllung des Billigungserfordenisses von der Veröffentlichung eines „Prospekt“ spricht136. Gleichwohl ist mit der Prospektbilligung vom Vorliegen eines Prospekts auszugehen, da die vorgängige Prüfung durch die BaFin (§ 13 Abs. 1 Satz 2 WpPG)137 jedenfalls auf die (formelle) Vollständigkeit im Hinblick auf die in der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004 enthaltenen Aufforderungen zielt, und also ein solch gebilligtes Dokument nach seinem sachlichen Zuschnitt stets einen Anspruch auf umfassende Anlegerinformation nach eben genannten Grundsätzen erhebt138. Folgerichtig liegt ein § 13 VerkProspG unterfallender fehlerhafter Prospekt erst recht dann vor, wenn allein die Veröffentlichung eines nach § 16 Abs. 1 WpPG gebotenen Nachtrags unterbleibt. bb) Nichtveröffentlichung 53
Mangelhafte Befolgung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 WpPG (§ 30 Rz. 70) vorgeschriebenen Veröffentlichungsform wirft ebenfalls die Frage auf, ob es im Sinne des § 13a VerkProspG an der Prospektveröffentlichung fehlt. Diese Fehlerquelle wird zwar kaum je praktisch werden, weil die in § 14 Abs. 2 WpPG aufgeführten Veröffentlichungsformen, wie der sehr viel klarer formulierte Art. 14 Abs. 2 der Prospektrichtlinie 2003/71/EG erhellt, dem Emittenten alternativ zu Gebote stehen, er sich also auf eine der aufgeführten Publikationsformen beschränken kann, auch wenn er bei einer reinen Internetveröffentlichung zusätzlich das Papierverfügbarkeitsgebot des Abs. 5 zu beachten hat. Liegt im Einzelfall allerdings ein Verstoß des Emittenten gegen die Veröffentlichungsform vor, etwa weil bei einer Internetveröffentlichung die Anforderungen des Art. 29 Abs. 1 oder bei einer Veröffentlichung in Tageszeitungen die Anforderungen des Art. 30 Abs. 1 der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004 missachtet wurden, ist jedenfalls kein Fall des Fehlens der Prospektveröffentlichung i.S. des § 13a VerkProspG gegeben. Die möglichen Verstöße gegen die Anforderungen an die Veröffentlichungsform geben nach ihrem Gewicht keinen Anlass, eine Nichtveröffentlichung anzunehmen, auch wenn als Konsequenz hieraus derartige Verstöße keine zivilrechtliche Haftung auszulösen vermögen. d) Adressaten der Prospekthaftung
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Adressaten der Prospekthaftung für fehlerhafte Prospekte und damit Haftungsverpflichtete sind nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) alle Per134 Ebenso Barta, NZG 2005, 305, 308; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 58. 135 Insoweit a.A. Barta, NZG 2005, 305, 308; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 58. 136 Läge es anders, liefe § 30 Abs. 1 Nr. 5 WpPG auch praktisch leer, da das öffentliche Angebot unter Veröffentlichung eines nicht von der BaFin gebilligten Dokumentes bereits von § 30 Abs. 1 Nr. 1 WpPG erfasst würde. 137 S. hierzu etwa Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 WpPG Rz. 8. 138 Eine hiervon zu unterscheidende Frage ist freilich, ob das Dokument im Einzelnen vollständig und richtig ist. Dies unterliegt nämlich nicht der Prüfung durch die BaFin, s. nur Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 WpPG Rz. 8.
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sonen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben (Nr. 1) oder von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (Nr. 2). Für einen fehlerhaften Nachtrag haften die Prospekverantwortlichen ebenfalls. Zwar besteht für den Nachtrag keine mit § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG korrespondierende Vorschrift des Inhalts, die für den Nachtrag verantwortlich zeichnenden Personen darin aufzuführen. Jedoch sind Nachträge zum Prospekt, die als Ergänzungen dessen anfängliche bzw. nachträglich eingetretene Unrichtigkeit/Unvollständigkeit beseitigen (Rz. 48), in der Sache nichts anderes als ein Teil desselben. Freilich kann eine Abschichtung der Verantwortlichkeit für fehlerhafte/unterlassene Erfüllung der Nachtragspflicht im Rahmen des Verschuldens erfolgen139.
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Für einen fehlenden Prospekt haften nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG lediglich Emittent und Anbieter (Rz. 70 ff.).
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Bei einer Verantwortlichkeit mehrerer Prospekthaftungsadressaten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a VerkProspG haften diese als Gesamtschuldner (§§ 421 ff. BGB, § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG)140, sofern sie ein eigenes Verschulden trifft (§ 425 Abs. 2 BGB).
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aa) Prospektverantwortliche Eine Person übernimmt die Verantwortung für den Prospekt i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) nur dann, wenn diese Übernahme nach außen erkennbar wird141; nur dies schafft einen Vertrauenstatbestand gegenüber den Anlegern. Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzeswortlaut nach der Änderung durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz nicht mehr vom „Erlassen“ eines Prospekts spricht. Der Gesetzgeber beabsichtigte insoweit lediglich eine Klarstellung, nicht eine inhaltliche Änderung des früheren Rechtslage142.
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Bei der Zulassung zum regulierten Markt erfolgt eine erkennbare Übernahme der Verantwortung für den Börsenzulassungsprospekt dadurch, dass die den Zulassungsantrag stellenden Personen – Emittent und antragstellender143 Emissionsbegleiter (§ 32 Abs. 1 Satz 1 BörsG) – auch den Prospekt entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 5 Abs. 3 Satz 2 WpPG (Emittent) bzw. § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 WpPG (antragstellender Emissionsbegleiter) unterzeichnen144. Für die nach außen erkennbare Verantwortungsübernahme ist die Unterzeichung, wie aus § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG folgt, zwar keine notwendige145, wohl aber hinreichende Haftungs-
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139 Vgl. auch Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 64. 140 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 307; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 69; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 225; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rz. 3 a.E.; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 227. 141 S. nur Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 8. 142 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 143 § 30 Abs. 2 Satz 1 BörsG erfordert keine Antragstellung durch alle Emissionsbegleiter; s. Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 33. 144 S. Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78 für die insoweit vergleichbare frühere Rechtslage beim Antrag auf Zulassung zum geregelten Markt. 145 Vgl. auch BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 229 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520; OLG Frankfurt a.M. v. 19.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 327.
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voraussetzung. Daher haften ferner diejenigen, die den Börsenzulassungsprospekt freiwillig unterzeichnen, ohne Antragsteller zu sein. Schließlich haften auch diejenigen, die im Prospekt als Prospektverantwortliche gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG aufgeführt sind, ohne diesen unterzeichnet zu haben. 60
Für Prospekte bei öffentlichem Angebot von Wertpapieren nach § 3 Abs. 1 WpPG wird die Verantwortung ebenfalls zumindest mit der Unterzeichnung übernommen. Da der Anbieter (§ 2 Nr. 10 WpPG) – dies kann der Emittent, aber auch eine andere Person sein, wie schon aus § 13a VerkProspG folgt – den Prospekt nach § 5 Abs. 3 Satz 1 WpPG zu unterzeichnen hat, ist dieser notwendig stets auch Prospektverantwortlicher. Sonstige Unterzeichner oder im Prospekt als Verantwortliche benannte (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG) treten hierdurch ebenfalls in den Kreis der Haftenden nach § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG ein.
61
Was den Emittenten im Besonderen angeht, steht aufgrund des systematischen Zusammenhangs von § 13 und § 13a VerkProspG nunmehr in Frage, dass er über die vorgenannten Kriterien für die Verantwortungsübernahme – Unterzeichnung oder (freiwillige) Nennung im Prospekt – stets schon kraft Gesetzes für den Prospekt haftet. Nach dem Wortlaut des § 13a VerkProspG haften Emittent und Anbieter stets gesamtschuldnerisch bei Fehlen eines Prospekts und dies scheint auf den ersten Blick nahezulegen, dass der Emittent auch für einen fehlerhaften Prospekt stets unabhängig von einer gewillkürten Verantwortungsübernahme haftet. Jedoch könnte dies zu einer Haftung des Emittenten auch für ein bloßes grob fahrlässiges Unterlassen – sei es, dass er es unterlässt, auf Berichtigungen des Prospekts noch vor dessen Veröffentlichung hinzuwirken, sei es, dass er Bemühungen unterlässt, die Veröffentlichung eines fehlerhaften Prospekts zu verhindern – führen. Vorzugswürdig erscheint es daher, es für die Haftung des Emittenten aus § 13 VerkProspG bei den Fällen einer privatautonomen Übernahme der Prospektverantwortung (Rz. 58, 60) zu belassen und § 13a VerkProspG entsprechend teleologisch zu reduzieren (Rz. 71).
62
Bei Einschaltung eines Emissionskonsortiums ist für die Haftung wegen Prospektverantwortlichkeit zwischen dem Konsortium und den einzelnen Konsortialmitgliedern zu unterscheiden.
63
Das Konsortium selbst haftet auch dann nicht als Prospektverantwortlicher, wenn man es als rechtsfähige BGB-Außengesellschaft i.S. der neueren Rechtsprechung des BGH146 ansieht (dazu § 26 Rz. 31 ff., 34). Ein den Prospekt unterzeichnendes Konsortialmitglied übt hierbei nämlich keine Tätigkeit im Geschäftskreis des Konsortiums aus, so dass eine Zurechnung dieses Akts nach § 31 BGB an das Konsortium nicht in Betracht kommt. Der vom Gesetz der Unterzeichnung gleichgestellte Fall der Benennung eines Verantwortlichen im Prospekt bekräftigt dies noch; auch bei Benennung eines Konsortialmitglieds ist eine Zurechnung gem. § 31 BGB dieses „Akts“ an das Konsortium ausgeschlossen147. Dagegen ist eine fakultative Übernahme der Verantwortung durch das Konsortium selbst nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG und dessen daraus folgende Eigenhaftung möglich148. 146 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341= WM 2001, 408 = AG 2001, 307. 147 Nunmehr auch Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 33; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 28. 148 Zutreffend Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 28.
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Das einzelne Konsortialmitglied haftet nur, wenn es selbst die tatbestandlichen Voraussetzungen der Prospekthaftung erfüllt149. Für eine akzessorische Haftung gem. den §§ 128 ff. HGB analog i.S. der neueren Judikatur des BGH150 fehlt es nämlich mangels einer eigenen Prospektverantwortlichkeit des Konsortiums von vornherein an einer Hauptverbindlichkeit, es sei denn, dass das Konsortium selbst ganz ausnahmsweise die Verantwortung gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG übernimmt (Rz. 59).
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Ein Konsortialmitglied haftet kraft eigener Prospektverantwortlichkeit, wenn es selbst zulassungsantragstellender Emissionsbegleiter i.S. des § 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG ist und den Prospekt nach § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 WpPG unterzeichnet oder wenn es als Verantwortlicher gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz WpPG im Prospekt aufgeführt ist. Die Begebung der Emission durch ein Konsortium allein schafft keine haftungsbegründende Verantwortlichkeit; dies gilt nicht nur im Falle eines Innenkonsortiums151, sondern auch eines Außenkonsortiums. Hat ein Mitglied formal die Prospektverantwortung nach außen übernommen, aber an der Prospekterstellung nicht mitgewirkt, etwa weil die Erstellung allein dem Konsortialführer überlassen war, liegt gleichwohl eine hinreichende Verantwortungsübernahme vor152; für die Entstehung des haftungsbegründenden Vertrauenstatbestands gegenüber den Anlegern kommt es allein auf die Verantwortungsübernahme nach außen an. Aus diesem Grunde bleiben auch Vereinbarungen aus dem Innenverhältnis des Konsortiums (§ 26 Rz. 51 f.) bzw. mit dem Emittenten (§ 23 Rz. 58; § 25 Rz. 70 ff.), wonach allein der Konsortialführer bzw. nur bestimmte Konsortialmitglieder sowie der Emittent die Haftung für Prospektmängel zu tragen haben, ohne Wirkung auf die Haftungsverantwortung der übrigen Konsortialmitglieder nach außen153 (§ 25 Rz. 71; § 23 Rz. 63). Lediglich beim Verschulden der einzelnen Konsortialmitglieder kann die unterschiedliche Rollenverteilung innerhalb des Konsortiums eine Rolle spielen (s. Rz. 110).
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Kreditinstitute, die sich in einem so genannten Underwriting Agreement vertraglich zur Übernahme der zu emittierenden Aktien verpflichtet haben, gehören nicht zu den Emissionsbegleitern und sind – vorbehaltlich einer fakultativen Unterzeichnung oder sonstigen Übernahme der Verantwortung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG (Rz. 59) – daher keine Prospektverantwortlichen, soweit sie im Prospekt lediglich als SubUnderwriter aufgeführt sind154.
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149 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 56. 150 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = WM 2001, 408 = AG 2001, 307; BGH v. 24.2.2003 – II ZR 385/99, WM 2003, 830 = MDR 2003, 639 (Haftung auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten). 151 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 90; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.94. 152 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 34; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 10; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 90; vgl. auch Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 118. 153 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.94; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 90; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 50; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 27; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 11 zur Vereinbarung einer pro rata-Haftung im Innenverhältnis; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 227; vgl. auch Begr. RegE 3. FFG, BT- Drucks. 13/8933, S. 78. 154 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 34; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 227 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 10.
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bb) Prospektveranlasser 67
Haftungsverpflichtete sind nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) ferner diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht. Diese Alternative erfasst in Abgrenzung zu Nr. 1 solche Einzelpersonen oder Gesellschaften, die nicht nach außen erkennbar für den Prospekt einstehen, sondern als dessen tatsächliche Urheber in der Sache hinter dem Prospekt stehen155. Diese Alternative soll Haftungslücken schließen, die dadurch entstehen könnten, dass jemand im Hintergrund der Emission auf die Prospekterstellung einwirkt, ohne durch seine Unterschrift oder seine Benennung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG als Verantwortlicher für den Prospekt hervorzutreten.
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Zum Kreis der Prospekt-Veranlasser zählen Personen oder Gesellschaften, die ein eigenes wirtschaftliche Interesse an der Emission haben156 und kraft eigener Steuerungsmacht auf die vordergründig Beteiligten und die Erstellung des (unrichtigen) Prospekts einwirken.
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Diese Voraussetzung erfüllt ein Unternehmen, dem Konzernleitungsmacht zukommt und auf dessen Veranlassung hin die Tochtergesellschaft Wertpapiere emittiert; ebenso ein seine Beteiligung veräußernden Großaktionär, soweit er auf die Prospekterstellung steuerenden Einfluss genommen hat. Letztlich ist auch eine Haftung von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten denkbar, die ein anderes, möglicherweise weniger solventes Institut als formellen Emissionsbegleiter und Prospektverantwortlichen einschalten157, aber faktisch die Emissionsbegleitung selbst vornehmen. Zur Organaußenhaftung s. Rz. 79. cc) Haftungsadressaten bei fehlendem Prospekt
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§ 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG benennt für den Fall eines fehlenden Prospekts namentlich „Emittent und … Anbieter“ als Haftungsverpflichtete. Die gesetzliche Regelung bedarf einerseits einer Einschränkung (Rz. 71) und andererseits einer Extension (Rz. 72):
71
Der Emittent und ein von ihm personenverschiedener Drittanbieter haften nur dann als Gesamtschuldner nach § 13a VerkProspG, wenn beide der Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG unterliegen158. Geht das öffentliche Angebot hingegen allein vom Drittanbieter aus, etwa im Falle einer von ihm vorgenommenen Zweitplatzierung159, und ist der Emittent also nicht selbst prospektpflichtig i.S. des § 3 Abs. 1 WpPG, muss es bei der Haftung allein des (Dritt-)Anbieters aus § 13a VerkProspG bewenden. Gegen eine Haftung auch des Emittenten streitet schon die Gesetzesbegründung160 und sodann der systematische Zusammenhang mit § 13 VerkProspG, in des155 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 156 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar § 45 BörsG Rz. 9. 157 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 136; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 9; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 91. 158 Schäfer, ZGR 2006, 40, 59; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 274. 159 Schäfer, ZGR 2006, 40, 50. 160 Begr. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44: „pflichtwidrig nicht erstellt“.
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sen Rahmen ein Emittent nur bei privatautonomer Übernahme der Prospektverantwortung für einen fehlerhaften Prospekt haftet (Rz. 61). Überdies wäre eine solche Garantiehaftung – der Emittent hat keinen Einfluss darauf, ob der Drittanbieter die Prospektpflicht missachtet – im System der Kapitalmarkthaftungstatbestände ein verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich bedenklicher Fremdkörper161. Zu eng ist der Kreis der Haftenden insofern gezogen, als solche Personen nicht erfasst werden, die hinter dem öffentlichen Angebot stehen, aber (formell) nicht als Anbieter fungieren, und damit formal der Veröffentlichungspflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG und der Prospekthaftung nach § 13a VerkProspG entgehen. In Parallele zu den § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. BörsG motivierenden Überlegungen (Rz. 67 ff.) ist es vorliegend denkbar, dass die Steuerungsmacht gerade dazu ausgenutzt wird, eine Prospektveröffentlichung zu unterbinden. Einer solchen Schutzlücke ist mit einer extensiven Auslegung des Begriffs „Anbieter“ in § 13a VerkProspG zu begegenen.
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dd) Sonderkonstellationen (1) Haftung von Experten An die ganz übliche Einschaltung Dritter in die Prospekterstellung knüpft sich die Frage, ob diese Adressaten einer Prospekthaftung gem. §§ 44 ff. BörsG sein können162. In concreto geht es um Rechtsanwälte, Sachverständige, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die auf Teile des Prospekts Einfluss nehmen können.
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Soweit diese Personen nicht im Prospekt nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 WpPG genannt werden, fehlt es an einer nach außen erkennbaren Übernahme der Verantwortung i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG (Rz. 58 ff.)163. Auch geht der Erlass des Prospekts (s. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG) im Regelfall (s. aber Rz. 68 f.) nicht von ihnen aus. Eine haftungsrelevante (Mit-)Urheberschaft wird nämlich nicht schon dadurch begründet, dass für den Prospekt Material geliefert164 oder an dessen Erstellung mitgearbeitet wurde. Das Interesse an den Gebühren für die erbrachte Leistung – Abschlussprüfung, Rechtsberatung, Sachverständigengutachten – begründet kein wirtschaftliches Interesse (Rz. 68) an der Emission selbst165. Zudem knüpfen die § 44 BörsG, § 13 VerkProspG die Haftung an die Gesamtverantwortlichkeit für den Prospekt, nicht an eine Verantwortlichkeit lediglich für Prospektteile, so dass in die Prospekterstellung eingeschaltete sachverständige Dritte nicht der Prospekthaftung unterliegen166.
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161 I.E. ebenso Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 274; Schäfer, ZGR 2006, 40, 60. S. zur vergleichbaren Problematik auf der Verschuldensebene noch sogleich Rz. 111. 162 Zur Prospekthaftung beruflicher Sachkenner insgesamt s. Assmann, AG 2004, 435 ff. 163 So auch für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung BGH v. 14.4.1986 – II ZR 123/85, WM 1986, 904, 906. 164 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 165 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.95; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 12 a.E.; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 36; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 30; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 229. 166 Ganz h.M.; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 511; Fleischer, F 67; Assmann, AG 2004, 435, 436 f.; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 54; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 28; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.95; Ha-
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Für Wirtschaftsprüfer im Besonderen könnte eine abweichende Beurteilung daraus resultieren, dass deren Testat (§ 322 HGB) gem. § 7 WpPG i.V.m. den Anhängen zur Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004 als Teil der dem Prospekt beizugebenden historischen Finanzinformationen167 in diesen einfließt (§ 30 Rz. 27)168. Für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung bei Publikumsgesellschaften bzw. Bauherrenmodellen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, die im Prospekt als Sachverständige aufgeführt sind und in dieser Eigenschaft Vertrauen schaffende Erklärungen hinsichtlich des Anlageobjekts abgegeben haben, einer Prospekthaftung unterfallen (Garantenhaftung)169. Zur börsengesetzlichen Prospekthaftung liegt keine höchstrichterliche Judikatur vor. Im Schrifttum ist die Frage umstritten:
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Teilweise wird eine Haftung des Wirtschaftsprüfers aufgrund seiner Nennung im Prospekt (vgl. Rz. 58), insbesondere im Hinblick auf die Wiedergabe der Bestätigungsvermerke, bejaht170. Ein Haftung besteht nach dieser Ansicht aber nur für den vom Wirtschaftsprüfer selbst stammenden Teil171. Jedoch ist die Haftung mehrerer Prospektverantwortlicher gem. § 44 BörsG, § 13 VerkProspG als gesamtschuldnerische Haftung (Rz. 57) für den gesamten Prospekt konzipiert (Rz. 74). Zudem zwingen weder der Umstand, dass die geprüften Jahresabschlüsse regelmäßig ca. 50 % des Prospektumfangs ausmachen noch die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe der Prospektverordnung (EG) Nr. 809/2004, wonach die für den Prospekt oder bestimmte Abschnitte verantwortlichen Personen anzugeben sind172, zu einer Haftung der Wirtschaftsprüfer173. Hiernach muss der Prospekt zwar Angaben über die Personen enthalten, soweit sie für den Prospekt bzw. Teile desselben verantwortlich sind. Nicht hingegen bestimmen diese Vorgaben auch, wer jeweils haftungsrechtlich verantwortlich ist. Vielmehr bleibt es dem nationalen Gesetzgeber überlassen, ob er das System der Verantwortung einer oder mehrerer Personen für den gesamten Prospekt oder aber das System einer Verantwortung mehrerer Personen für jeweils ein-
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bersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 30; Meyer, WM 2003, 1301, 1306; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 229; vgl. auch Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 101. A.A. (insbesondere im Hinblick auf die Wirtschaftsprüferhaftung) Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 37. S. Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 88. S. etwa Anhang I Ziff. 20.1 (Aktien), Anhang IV Ziff. 13.1 (Schuldtitel/Derivative Wertpapiere). BGH v. 22.5.1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172, 176 f. = WM 1980, 794; BGH v. 31.5.1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314, 319 f. = WM 1990, 1276; BGH v. 1.12.1995 – III ZR 93/93, WM 1995, 344, 345; s. auch Siol in Bankrechts-Handbuch, § 45 Rz. 36. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 37; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rz. 3 a.E.; Hopt in FS 50 Jahre BGH, 2000, S. 496, 529; Schwark in FS Hadding, 2004, S. 1117, 1126 f.; ebenso Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 für eine Haftung von Experten aufgrund deren Aussagen im Prospekt, allerdings mit Einschränkung gerade für den Wirtschaftsprüfer wegen der ausdrücklichen Regelung des § 323 HGB. Bosch, ZHR 163 (1999), 274, 281 (allgemein für Expertenäußerungen); Hopt in Baumbach/ Hopt, HGB, § 44 BörsG Rz. 4. S. Ziff. 1, 1.1, 1.2 der Anhänge I, III – VII, IX – XIII, XV – XVII. Wie hier Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 30; a.A. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 36 f., der zusätzlich auf die internationale Üblichkeit der Haftung des Wirtschaftsprüfers abstellt. Zu Letzterem Fleischer, F 66 f.; Meyer, WM 2003, 1301, 1308.
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zelne Prospektteile wählt. In § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG hat der Gesetzgeber insoweit für Prospekte i.S. des WpPG (erneut) die Möglichkeit vorgesehen, dritte Personen durch Benennung im Prospekt und deren Abgabe einer entsprechenden Erklärung zur Prospektverantwortlichen zu machen, und hierbei wollte er ganz bewusst eine Verantwortung für den gesamten Prospekt konstituieren174. Er hat also entgegen Forderungen des Schrifftums175 von der Einführung einer dritten Kategorie der Verantwortlichkeit bislang abgesehen; die in § 44a BörsG-E i.d.F. des DiskE KapInHaG vorgesehene Prospekthaftung von Prüfern und Sachverständigen176 ist gerade nicht Gesetz geworden (Rz. 4). Eine Haftung aus anderem Rechtsgrund – aus Vertrag, §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (c.i.c.) und Delikt – bleibt grundsätzlich möglich177. Eine Ausnahme bildet die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung, da diese im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung keine Anwendung findet (Rz. 141).
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Soweit Experten ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission haben und daher bewusst auf die unrichtigen oder unvollständigen Angaben hinwirken, sind sie nach allgemeinen Grundsätzen (Rz. 68) als Verantwortliche i.S. des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG einzustufen178.
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(2) Organmitglieder als Prospektverantwortliche Eine Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten kommt in Betracht, wenn diese gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 WpPG für den Prospekt verantwortlich zeichnen. Auch der Erlass des Prospekts i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG kann von einem Organmitglied ausgehen, wenn dieses nach oben genannten Kriterien (Rz. 67 ff.) bei der Prospektherstellung maßgeblich steuernd tätig wurde und ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission hatte. Dies kann – wie bei der Haftung von Experten (Rz. 78) – dann anzunehmen sein, wenn das Organmitglied bewusst auf einen fehlerhaften Prospekt hinwirkt179.
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(3) Börse/BaFin keine Prospektverantwortlichen Die Tätigkeit der Börsengeschäftsführung als Zulassungsstelle (§§ 19 Abs. 1, 32 Abs. 1 BörsG) begründet für die Börse per se keine Haftung nach den §§ 44 ff. BörsG. Weder zeichnet sie für den Börsenzulassungsprospekt verantwortlich noch steht sie als Urheberin hinter diesem. Ebenso liegt es hinsichtlich einer Prospekthaftung der BaFin wegen der Billigung des Börsenzulassungsprospekts und des Prospekt bei öffentlichem Angebot (§ 13 WpPG). 174 Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 31 175 S. nur Fleischer, F 67 f.; Meyer, WM 2003, 1301, 1311; krit. dazu etwa Mülbert, JZ 2002, 826, 833. 176 Dazu Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff. 177 Hierzu Assmann, AG 2004, 435, 437 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 28 ff. 178 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 54. 179 Eine Haftung andeutend BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92 BGHZ 123, 106, 110 = WM 1993, 1787 = AG 1994, 32; s. ferner Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 29; Henze in Großkomm. AktG, § 57 Rz. 23 Fn. 70 und Rz. 24 a.E., (allerdings ohne Benennung des Haftungsgrundes); vgl. auch Fleischer, F 63 f.; Ettinger/ Grützediek, AG 2003, 353, 357.
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Eine Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG für diese Tätigkeit käme nur bei Drittbezogenheit der jeweiligen verletzten Amtspflicht in Betracht180. Hieran fehlt es bei der Zulassungsprüfung durch die Geschäftsführung der Börse, die allein dem Schutz des (Gesamt-)Publikums, nicht jedoch einzelner Anleger dient181 (vgl. § 15 Abs. 6 BörsG), ebenso wie bei der Prospektprüfung der BaFin im Rahmen des Billigungsverfahrens, die ebenfalls nur im öffentlichen Interesse erfolgt (vgl. § 4 Abs. 4 FinDAG)182. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese vom Gesetzgeber intendierte Erfüllung der Plichten lediglich im öffentlichen Interesse183 greifen im Ergebnis nicht durch184. e) Anspruchsberechtigte
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Anspruchsberechtigte der börsengesetzlichen Prospekthaftung sind Erwerber solcher Wertpapiere, die Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen sind, § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG. Es kommt nicht darauf an, ob der Erwerb vom Emittenten oder einem Dritten erfolgte. Anspruchsinhaber bei der Haftung aus §§ 13, 13a VerkProspG ist, wer Wertpapiere, die Gegenstand eines öffentlichen Angebots sind, vom Anbieter oder einem Drittem erworben hat185. Ohne Relevanz ist im Falle von Namensaktien die unwiderlegliche Vermutung des § 67 Abs. 2 AktG (s. Rz. 8). Anspruchsberechtigt ist also auch der nicht im Aktienregister eingetragene Erwerber von Namensaktien.
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In zeitlicher Hinsicht ist zwischen der Haftung für die verschiedenen Prospekttypen zu unterscheiden: eine Haftung für den Börsenzulassungsprospekt (§ 3 Abs. 3 WpPG) setzt den Erwerb der Wertpapiere nach Prospektveröffentlichung186 und innerhalb einer Frist von sechs Monaten (zur Kausalität Rz. 88) seit erstmaliger Einführung der Wertpapiere (§ 38 BörsG) voraus (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Eine Haftung für den Prospekt bei einem öffentlichen Angebot (§ 3 Abs. 1 WpPG) besteht nur beim Erwerb innerhalb von sechs Monaten seit dem ersten öffentlichen Angebot der Wertpapiere. War der Prospekt im Erwerbszeitpunkt bereits veröffentlicht, folgt diese Frist aus § 13 Nr. 1 VerkProspG, andernfalls aus § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG.
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Gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 BörsG steht ein Anspruch auch Erwerbern solcher Wertpapiere zu, die nicht auf Grund des (neuen) Prospekts zugelassen wurden, sofern 180 Hinsichtlich der Zulassungsstelle Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 47; Ellenberger in FS Schimansky, 1999, S. 591, 596. 181 OLG Frankfurt v. 15.12.2005 – 1 U 129/05, AG 2005, 377, 378; LG Frankfurt a.M. v. 3.9.2003 – 2/4 O 435/02, WM 2004, 2155, 2157; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 29. 182 Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 29; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 108a. 183 Zur börsengesetzlichen Zulassungsprüfung s. Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 79; zur Billigung durch die BaFin s. Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/4999, S. 34. 184 S. hierzu Groß, Kapitalmarktrecht, § 30 BörsG Rz. 47 ff. zur Börsenzulassung. In der Sache dürften die Überlegungen auch für die Billigung durch die BaFin gelten. 185 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.96; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 13 VerkProspG Rz. 6. 186 So schon BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, WM 1982, 867 = AG 1982, 282; OLG Frankfurt a.M. v. 14.5.1997 – 12 U 117–96, NJW-RR 1998, 122 vor der dahingehenden Klarstellung durch das 3. FFG, vgl. hierzu etwa Kort, AG 1999, 9, 11.
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diese von den auf Grund des Prospekts zugelassenen Wertpapieren nicht mittels Ausstattungsmerkmalen oder in sonstiger Weise unterschieden werden können. Der Erwerber muss also nicht nachweisen, dass die von ihm erworbenen Wertpapiere aus der aktuellen börsenzugelassenen Emission herrühren. Überwiegend wird es sich hierbei um bereits im Umlauf befindliche Wertpapiere handeln187, jedoch sind auch später ausgegebene Wertpapiere von der Regelung erfasst, deren Emission gegebenenfalls prospektfrei (§ 4 Abs. 2 BörsG) erfolgte188. Der Erwerb darf jedoch auch hier nicht vor Prospektveröffentlichung und später als sechs Monate nach Einführung (§ 38 BörsG) der aufgrund des Prospekts zugelassenen Wertpapiere erfolgt sein; beim Erwerb vor Prospektveröffentlichung ist allenfalls § 13a VerkProspG einschlägig (Rz. 51 f.). Als Unterscheidungsmerkmale in Betracht kommen insbesondere eine unterschiedliche Wertpapier-Kennnummer oder unterschiedliche Gattungen, wie z.B. Aktien mit unterschiedlich ausgestalteten Gewinnberechtigungen189. Entsprechendes gilt gem. § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 3 BörsG, § 13a Abs. 1 Satz 2 VerkProspG beim Erwerb gattungs- und ausstattungsgleicher Wertpapiere, die nicht Gegenstand des öffentlichen Angebots sind. Besonders liegt es im Falle des öffentlichen Angebots einer neuen Tranche von Wertpapieren, die – gattungs- und ausstattungsgleich – bereits Gegenstand eines früheren öffentlichen Angebots waren. Diese ist ungeachtet der Befreiungsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. WpPG prospektpflichtig, weil hinsichtlich der betroffenen Wertpapiere nicht „bereits … ein Prospekt … veröffentlicht“ i.S. dieser Bestimmung worden ist190. Erfolgte die Veröffentlichung eines neuen Prospekts, ist allein dieser für etwaige Prospekthaftungsansprüche maßgeblich. Unterbliebt die Veröffentlichung eines Prospekts, sind beim Erwerb innerhalb des 6-Monats-Zeitraums an sich sowohl § 13 VerkProspG i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 3 BörsG als auch § 13a VerkProspG einschlägig. Aufzulösen ist diese Konkurrenz im Sinne eines Vorrangs der ersteren Vorschrift. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 13a VerkProspG den Anwendungsbereich des § 13 VerkProspG einschränken wollte. Das Risiko, im Erwerbsfalle einer Haftung für alle bereits emittierten Wertpapiere zu unterliegen, kann durch die Kenntlichmachung der Neuemission, etwa durch die nicht ausstattungsgleiche Gestaltung der jungen Wertpapiere oder die Ausstattung mit einer anderen Wertpapier-Kennnummer, vermieden werden191. Die Prospektverantwortlichen haben eine hierbei drohende Minderung der Liquidität der Emission bzw. der zeitweiligen Zersplitterung des Handels der Wertpapiere gegen das Haftungsrisiko abzuwägen.
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Die Inhaberschaft des Wertpapiers ist keine Voraussetzung für die Aktivlegitimation betreffend einen Anspruch aus Prospekthaftung (§ 44 Abs. 2 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a Abs. 2 VerkProspG); ein einmal begründeter Anspruch geht so-
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187 Diese hat wohl die Begr. RegE 3. FFG, BT- Drucks. 13/8933, S. 77 im Blick. 188 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 69; Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 33. 189 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 42. 190 Vgl. insoweit auch Hamann in Schäfer, Kapitalmarktgesetze, 1. Aufl. 1999, § 1 VerkProspG Rz. 26; Ritz in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 1 Rz. 88, zu § 1 VerkProspG a.F. wonach in diesem Fall (erneut) ein „erstmaliges“ Angebot vorlag. 191 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 77; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 69.
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mit nicht durch Veräußerung des Wertpapiers unter (zum Haftungsumfang in diesem Fall s. Rz. 120 f.). Zudem kann in der Person des (Zweit-)Erwerbers durch die Veräußerung ein neuer Anspruch entstehen, soweit diese innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (Rz. 88) erfolgt192. Dies kann zu einer Vervielfältigung der Ansprüche gegen die Prospektverantwortlichen hinsichtlich eines einzigen emittierten Wertpapiers führen. 87
Ein Anspruch steht nur demjenigen zu, der die Wertpapiere entgeltlich erworben hat. Dies folgt schon aus § 44 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VerkProspG) da der Erwerbspreis notwendige Größe zur Berechnung des Schadensersatzumfanges ist193, und wird durch die Gesetzesbegründung noch untermauert194. f) Kausalität aa) Haftungsbegründende Kausalität (1) Bei fehlerhaftem Prospekt
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Ein Prospekthaftungsanspruch erfordert den Erwerb der Wertpapiere aufgrund des fehlerhaften Prospekts und also haftungsbegründende Kausalität zwischen fehlerhaftem Prospekt und Erwerbsentscheidung, § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG). Die Darstellungs- und Beweislast hierfür trägt indes nicht der Anleger als Anspruchssteller. Die Negativformulierung der Vorschrift195 begründet vielmehr die widerlegliche Vermutung haftungsbegründender Kausalität196 für den Erwerb innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG). Der Anleger hat daher lediglich darzulegen und zu beweisen, dass der Erwerb, genauer: der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts197, innerhalb der Sechs-Monats-Frist stattgefunden hat Die Frist beginnt mit der erstmaligen Einführung der Wertpapiere an einer Börse zu laufen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG), also mit der Aufnahme der Notierung (§ 38 BörsG) in Gestalt der ersten Preisfeststellung198. Für den außerbörslichen Handel ist gem. §§ 13 Nr. 1, 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG für den Beginn der Sechs-Monats-Frist auf den Zeitpunkt des ersten öffentlichen Angebots abzustellen. Soweit Wertpapiere im Freiverkehr gehandelt werden, bezüglich derer eine Haftung gem. § 13 VerkProspG i.V.m. den §§ 44 ff. BörsG in Betracht kommt (dazu Rz. 21), ist nicht auf 192 Ausführlich Kort, AG 1999, 9, 12; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 227 a.E.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.97; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 70. 193 Kritisch zu diesem Ergebnis mit Korrekturvorschlägen Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 45 BörsG Rz. 37; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 122; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 92 ff. 194 Für § 44 BörsG s. Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 77; zu § 13 VerkProspG Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 13 Rz. 54. 195 Hierdurch sollte die frühere Rechtsprechung zur so genannten Anlagestimmung kodifiziert werden, s. Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. Für diese Judikatur s. nur BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, WM 1982, 867 = AG 1982, 282; BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 233 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520. 196 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. 197 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 77. 198 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.371.
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die „Einbeziehung“ in den Freiverkehrshandel199 abzustellen, sondern vielmehr auf ein hiermit etwa verbundenes öffentliches Angebot200. Eine Berichtigung des Prospekts gem. § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG führt nicht zu eine Verlängerung der Sechs-Monats-Frist des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG201. Ebenso liegt es bei Wertpapieren, die bereits zum regulierten Markt an einer inländischen Börse zugelassen sind, und unter Verwendung des ursprünglichen Prospekts nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 WpPG innerhalb von sechs Monaten zum Handel am regulierten Markt einer anderen inländischen Börse zugelassen werden (§ 31 Nr. 1 BörsG). Das sich an dieser schon bislang geltenden Rechtslage202 etwas geändert hat, ist nicht ersichtlich203.
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Problematisch sind Anforderungen an den Beweis fehlender Kausalität. Knüpft man an die Regelung des § 292 ZPO an, wäre der volle Gegenbeweis des Nichtvorliegens der Kausalität erforderlich, also der Beweis, dass der Anleger das Wertpapier ohne tatsächliche Kenntnis des Prospekts erworben hat204. Dieser Beweis wird schon deswegen schwer bis gar nicht zu führen sein205, weil für die Kausalität eine bloße Mitursächlichkeit der Prospektveröffentlichung ausreicht206. Denkbar wäre eine solcher Gegenbeweis allein in Ausnahmefällen, etwa wenn der Anspruchsteller im Einzelfall Kenntnis von negativer Presseberichterstattung hatte und in diese nachgewiesenermaßen ein größeres Vertrauen als in den Prospekt setzte207 oder die Kauforder bereits vor Vorliegen des Prospektes getätigt wurde208. Jedoch nimmt die Regelung des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG über die Beweislastumkehr bei der Kausalität nach der gesetzgeberischen Intention die Rechtsprechung zur beweiserleichternden Zulassung eines Anscheinsbeweises wegen Vorliegen einer so genannten Anlagestimmung auf209 und berücksichtigt, dass der Prospekt eine Anlagestimmung unter den Anlegern erzeugt210. Daher
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199 § 11 AGB Freiverkehr FWB. 200 A.A. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.371; Pötzsch, WM 1998, 949, 951 Fn. 24, die aber in der Sache von der Einordnung des „Einbeziehens“ als einem öffentlichen Angebot i.S. des § 3 Abs. 1 WpPG ausgehen. 201 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 96; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 13 Rz. 45. 202 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 77 zum insoweit § 9 Abs. 1 WpPG vergleichbaren § 33 Abs. 4 Satz 1 BörsG a.F. 203 Zumal § 9 Abs. 1 WpPG insoweit eine dem § 33 Abs. 4 Satz 1 BörsG a.F. sachlich vergleichbare Regelung enthält, vgl. Begr. RegE Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BTDrucks. 15/4999, S. 42. Zum neuen Recht ebenso Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 36. 204 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 123. So wohl Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 45 BörsG Rz. 2. 205 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 123; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.100; wohl auch (wenn auch missverständlich) Koller, EWiR 1998, 835, 836: praktisch unwiderlegliche Vermutung. 206 Vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 43: nicht ausreichend, dass der Kaufentschluss auch auf andere Beweggründe zurückgeht. S. auch OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 298 = AG 1994, 184 und 1995, 134. 207 Denn dann wäre das Geschäft nach OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 596 = AG 1984, 188 rein spekulativ. Ein solcher Nachweis wird sich jedoch nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen führen lassen. 208 OLG Frankfurt v. 14.5.1997 - 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 45 BörsG Rz. 2. 209 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. Zu weiteren N. s. Rz. 88 Fn. 195. 210 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80. Insoweit eine Beweiserleichterung hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität aufgrund einer durch den Prospekt verursachten
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muss es für die Widerlegung der Vermutung genügen, dass der Haftungsadressat das Fehlen bzw. den Wegfall ebendieser Anlagestimmung darlegt211. Im Einzelnen gilt: 91
Eine allgemein negative Presseberichterstattung im Nachfeld der Prospektveröffentlichung allein genügt nicht, einen Wegfall der Anlagestimmung anzunehmen212. Anders liegt es aber dann, wenn die Berichterstattung an Umfang und Intensität der Prospektveröffentlichung in ihren Auswirkungen gleichkommt213. Erst recht können eine wesentliche negative Änderung des Börsenindex214, der Konjunktureinschätzung215 oder neue Unternehmensdaten, wie insbesondere ein neuer Jahres-216 oder Halbjahresfinanzbericht, ein Quartalsbericht217 bzw. eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung sowie die Veröffentlichung eines aktualisierenden/berichtigenden Nachtrags zum Prospekt (§ 16 Abs. 1 WpPG) oder eine Berichtigung nach § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG218 eine positive Anlagestimmung zerstören. Gleiches gilt auch bei erheblichen219 Kurseinbrüchen, ohne dass allerdings eindeutige Klarheit über das Ausmaß des hierfür erforderlichen Kursrückganges bestünde. Ein erheblicher Kursverlust wurde verneint bei einem Rückgang auf 90,5 %220, 80 %221 oder 76,5 %222 des Ausgabekurses, dagegen bejaht bei einem Kursrückgang auf weniger als 60 % des Ausgabekurses223.
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Anlagestimmung auch im Bereich der deliktischen Prospekthaftung nach § 826 BGB (Rz. 157) dem Anleger zugutekommen kann, ist nach den Entscheidungen BGH v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 398 und BGH v. 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 400 zweifelhaft. Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 123 a.E.; Kort, AG 1999, 9, 12; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 43; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 253; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 70; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 40; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 37; a.A. wohl Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 45 BörsG Rz. 2. OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 596 = AG 1984, 188; OLG Bremen v. 21.5.1997 – 1 U 132/96, AG 1997, 420, 421; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 70 m.w.N. OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 596 = AG 1984, 188: Veröffentlichung der Bilanz, Geschäftsbericht, Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Vgl. auch Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 122; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 70; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 234. BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 234 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520; OLG Frankfurt a.M. v. 27.3.1996 – 21 U 92/95, WM 1996, 1216, 1219. BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 234 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520. BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 234 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520; OLG Frankfurt a.M. v. 27.3.1996 – 21 U 92/95, WM 1996, 1216, 1219. Vgl. BGH v. 14.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 145 f. = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543 zu Ad-hoc-Mitteilungen, aber unter Bezugnahme auf die Rechtslage bei Börsenprospekten. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 70; Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 37. OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 596 = AG 1984, 188. OLG Düsseldorf v. 5.4.1984 – 6 U 239/82, WM 1984, 586, 596 = AG 1984, 188. LG Frankfurt a.M. v. 6.10.1992 – 2/11 O 173/92, WM 1992, 1768, 1773. OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1996, 291, 294, 298 = AG 1994, 184 und 1995, 134. OLG Frankfurt a.M. v. 27.3.1996 – 21 U 92/95, WM 1996, 1216, 1219.
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(2) Bei fehlendem Prospekt Auch die Haftung für einen fehlenden Prospekt (§ 13a VerkProspG) setzt eine Kausalbeziehung zwischen der Pflichtverletzung und der Anlageentscheidung des Anspruchsstellers voraus224. Kausalität ist gegeben, wenn der Anleger das Wertpapier bei Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts nicht erworben hätte. Zwar enthält § 13a VerkProspG keinen § 13 VerkProspG i.V.m. § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG (Rz. 88) entsprechenden Haftungsausschluss beim Nachweis, dass der Anleger die Anlageentscheidung nicht aufgrund eines fehlenden Verkaufsprospekts getätigt hat. Dies ändert jedoch nichts am Kausalitätserfordernis, da der Haftungsadressat den Nachweis erbringen kann, der Anleger habe die Anlageentscheidung in Kenntnis der Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen, getätigt (§ 13a Abs. 4 VerkProspG). Dies ist nämlich ein Fall des Nachweises mangelnder Kausalität der Pflichtverletzung (Unterlassen der Prospektveröffentlichung) für die Anlageentscheidung (s. auch Rz. 128). Im Übrigen besteht auch kein Bedürfnis, dem Anleger unter Berufung auf eine für seine Anlageentscheidung gänzlich irrelevante Pflichtverletzung die Möglichkeit einzuräumen, sich seiner Anlage zu entledigen.
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Allerdings gilt auch insoweit eine Beweislastumkehr entsprechend § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG zu Gunsten des Anlegers225. Der Prospekthaftungspflichtige muss also nachweisen, dass der Anleger das Wertpapier auch bei Prospektveröffentlichung erworben hätte. Dagegen spricht auch nicht, dass § 45 Abs. 2 Satz 1 BörsG die Rechtsprechung zur Erzeugung einer Anlagestimmung durch eine Prospektveröffentlichung kodifizieren soll226 und bei Nichtveröffentlichung eines Prospekts eine solche gerade nicht erzeugt wird. Vielmehr ist spiegelbildlich auf die Verhinderung einer „negativen“ Anlagestimmung abzustellen, also darauf, dass die Nichtveröffentlichung des Prospekts Umstände verschleiert, die die Anleger von einem Wertpapiererwerb abhalten würden. Für die Widerlegung dieser Vermutung muss es dann in Parallele zu den Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG (Rz. 90) genügen, dass der Prospekthaftungspflichtige nachweist, dass die Veröffentlichung des Prospekts eine positive Anlagestimmung hätte erzeugen können.
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bb) Haftungsausfüllende Kausalität Voraussetzung eines Prospekthaftungsanspruches ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Fehlerhaftigkeit des Prospekts und dem beim Anleger eingetretenen Schaden, wobei Mitursächlichkeit genügt227. Ein solcher Zusammenhang besteht gem. § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG dann nicht, wenn der Sachverhalt, über den im Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthalten sind, nicht zu einer Minderung des Börsenpreises bzw. des Erwerbspreises (§ 13 VerkProspG)228 der er224 A.A. Fleischer, WM 2004, 1897, 1902; Bolken/Lange, DB 2005, 1259, 1261; Benecke, BB 2006, 2597, 2599; wie hier Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 66; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 278; Schäfer, ZGR 2006, 40, 53. 225 Ebenso Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 279 a.E.; Schäfer, ZGR 2006, 40, 53: Kausalität wird vermutet. 226 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76. 227 S. nur Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 124. 228 § 13 Nr. 3 lit. b VerkProspG ersetzt zwar den Begriff des Börsenpreises nur für die Vermögensanlagen i.S. des § 8f VerkProspG, jedoch kann auch bei lediglich außerbörslich gehandelten Wertpapieren nicht von Börsenpreis gesprochen werden.
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worbenen Wertpapiere geführt haben. Diese Formulierung des Gesetzestexts ist dahingehend zu präzisieren, dass nicht das Bekanntwerden des im Prospekt unrichtig oder unvollständig wiedergegebenen Sachverhalts zu einer Börsenpreisminderung geführt haben darf, sondern vielmehr andere Umstände für den Wertverlust ursächlich waren. Als solche kommen allgemeine Entwicklungen am Kapitalmarkt, aber auch emittentenbezogene Umstände, etwa eine Herabstufung des Rating oder eine Insolvenz des Emittenten, in Frage229. 95
§ 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG weist die Beweislast dem Anspruchsgegner zu. Der Beweis, das das Bekanntwerden des im Prospekt fehlerhaft dargestellten Sachverhalts für die negative Kursentwicklung nicht einmal mitursächlich war, wird in der Regel schwer zu führen sein230. g) Verschulden
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Die Haftung für einen fehlerhaften Prospekt setzt nach § 45 Abs. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit des Prospekts voraus (zur Beweislast s. Rz. 125). Zum Verschuldenserfordernis bei fehlendem Wertpapier-Verkaufsprospekt s. Rz. 111 f.
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Grob fahrlässige Unkenntnis erfordert, dass die Prospekthaftungsadressaten die bei Erstellung bzw. Veröffentlichung des Prospekts erforderliche Sorgfalt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB) in besonders schwerem Maße verletzt haben. Die dabei für die einzelnen Haftungsadressaten geltenden Sorgfaltsanforderungen können divergieren. Im Grundsatz steigen die Anforderungen proportional mit der Nähe des Haftungsadressaten zur jeweiligen Information231. Im Einzelnen: aa) Sorgfaltspflichten des Emittenten/Prospektveranlassers
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Für den Emittenten bestehen hohe Sorgfaltsanforderungen232, da er im Grundsatz über die besten Kenntnisse hinsichtlich der Geschäftstätigkeit und Risiken seines Unternehmens sowie der Branche, in der er tätig ist, verfügt, und die in seiner Bilanz vorhandenen Risiken am besten kennt233. Er hat daher grundsätzlich alle Informationen beizubringen, die für einen vollständigen und richtigen Prospekt i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) erforderlich sind. Entweder muss er diese Informationen selbst bei Erstellung des Prospekts einarbeiten, oder einen dritten Prospektersteller mit diesen versorgen234. Soweit der Emittent den Kauf von Unternehmen plant, bedarf es der Durchführung einer Due Diligence und deren Wiedergabe im Prospekt235. Die Sorgfaltsanforderungen für den Prospektveranlasser (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG) wird man im Grundsatz ebensowie für den Emitten229 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 55. 230 S. dazu etwa OLG Frankfurt v. 19.7.2005 – 5 U 182/03, AG 2005, 851 ff. zu § 13 VerkProspG. 231 Sittmann, NZG 1998, 490, 494; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 78; vgl. auch Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 86. 232 Ellenberger, Prospekthaftung, S. 44; Fleischer, F 62; s. auch Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8033, S. 80. 233 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 187. 234 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.103. 235 LG Frankfurt a.M. v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96, WM 1998, 1181, 1185 = AG 1998, 488; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 45.
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ten zu bestimmen haben. Prospektveranlasser ist derjenige, der aufgrund seine Steuerungsmacht gegenüber dem Emittenten auf die Prospekterstellung maßgeblichen Einfluss ausübt (Rz. 68 f.), und eben aufgrund dieser Steuerungsmacht ist es ihm regelmäßg möglich, sich beim Emittenten mit den wesentlichen Informationen zu versorgen236. bb) Sorgfaltspflichten des Emissionsbegleiters Für die Sorgfaltsanforderungen an den Emissionsbegleiter ist zu berücksichtigen, dass die Informationen, die in den Prospekt einfließen, in aller Regel nicht aus eigenen Erkenntnissen der Bank resultieren, sondern von Dritten stammen: vom Emittenten, Wirtschaftsprüfern oder sonstigen Sachverständigen. Es bestehen somit allenfalls Prüfungs- und Kontroll- sowie gegebenenfalls Korrektur- bzw. Ergänzungspflichten hinsichtlich der vom Emittenten bzw. Dritten (sogleich Rz. 106 ff.) vorgelegten Prospektangaben bzw. des Prospektentwurfs237.
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(1) Angaben des Emittenten Bei Angaben aus der Sphäre des Emittenten darf die Bank sich nicht auf die „Beglaubigung“ beschränken, dass die Angaben vom Emittenten selbst stammen238. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 WpPG ist nämlich gerade auch der antragstellende Emissionsbegleiter (Rz. 59) als für den Prospektinhalt Verantwortlicher der Haftung aus § 44 BörsG unterworfen239. Daraus resultiert im Einzelnen:
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Eine Prüfungs- und Nachforschungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der dem Emissionsbegleiter vorliegenden Unterlagen bestehen240. Er hat in diesem Fall Auskünfte beim Emittenten einzuholen und muss, sollten sich die Zweifel nicht ausräumen lassen, einen Dritten zur Prüfung des Unternehmens einschalten241.
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Auch ohne derartige konkrete Anhaltspunkte hat der Emissionsbegleiter generell die Angaben des Emittenten zu prüfen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist242. Insoweit ist von ihm zu verlangen, dass er den Prospekt mit seinem Fachpersonal prüft243. Verfügt er nicht über diese personellen oder technischen Möglichkeiten,
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236 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 78; Habersack in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 39. 237 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 45; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.364; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.103; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 46; vgl. auch Fleischer, F 64. 238 OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 327; i.E. schon RG v. 11.10.1912 – 106/12, RGZ 80, 196, 198 ff.; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 190. 239 So bereits zur früheren Rechtslage Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 240 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 45; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 239; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 80. 241 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.103; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 224. 242 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 192; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 45; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 224; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.103. 243 OLG Frankfurt a.M. v. 17.3.1999 – 21 U 260/97, AG 1999, 325, 327 für den früheren Unternehmensbericht.
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führt dies nicht zu einer Abmilderung der an ihn zu stellenden Sorgfaltsanforderungen244. Jedenfalls sind die Angaben im Prospekt, insbesondere im Hinblick auf den Gesamteindruck (Rz. 37), auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen245. 103
Grundsätzlich müssen die Angabe des Emittenten anhand sämtlicher dem emissionsbegleitenden Institut vorliegenden Informationen überprüft werden, auch wenn diese institutsintern an verschiedenen Stellen vorhanden sind246. Im Einzelfall kann dem allerdings das Gebot der Vermeidung von Interessenkonflikten (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG)247 oder der Umstand entgegenstehen, dass die institutsinterne Informationsweitergabe gegen Insiderrecht (§ 14 WpHG)248 verstößt. Verfügt die für die Prospekterstellung zuständige Abteilung des Emissionsbegleiters über die relevanten Informationen, kann dieser sich nicht allein schon unter Berufung auf das Bankgeheimnis exkulpieren249. Zwar darf er ohne Einwilligung des Emittenten keine dem Bankgeheimnis unterfallenden Informationen in den Prospekt einbringen. Jedoch muss er dann gem. Rz. 105 reagieren.
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Informationen, die ein Geschäftsleitungsmitglied des Emissionsbegleiters als Mitglied im Aufsichtsrat des Emittenten erhält, dürfen dem Emissionsbegleiter aufgrund der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht aus §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht zugerechnet werden250.
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Verweigert der Emittent die Aufklärung oder betreibt er diese ersichtlich verschleiernd, kann dies die Bank nicht entlasten. Sie muss dann zur Vermeidung eines Haftungsrisikos die Mitwirkung an der Emission ablehnen. (2) Angaben sachkundiger Dritter
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Soweit bei der Erstellung des Prospekts sachkundige Dritte – Rechtsanwälte, Steuerberater, Abschlussprüfer, Sachverständige – eingeschaltet sind, deren geliefertes Material unrichtig ist, kann deren sorgfaltswidriges Verhalten bei Erstellung des Materials dem Emissionsbegleiter prinzipiell nicht nach § 278 BGB zugerechnet werden251. 244 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 197; vgl. Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 228; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 45. 245 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 107; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 8.103. 246 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 50; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 238; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 107; a.A. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 79. 247 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 50; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 238. 248 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 238. 249 So aber wohl Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 40. Wie hier Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 238, 161. 250 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 50; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 79; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 205; Assmann, WM 1996, 1337, 1349 auch aus insiderrechtlicher Sicht. 251 Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2280a; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 46.
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Ein eigenes Verschulden kommt jedoch aufgrund der ungeprüften Übernahme des gelieferten Materials in den Prospekt in Betracht:
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In Bezug auf den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers kann sich der Emissionsbegleiter im Ausgangspunkt darauf verlassen, dass das Prüfungsergebnis korrekt ist252; einer erneuten Prüfung in allen Einzelheiten bedarf es nicht253, ebenso wenig einer Korrektur desselben254. Immerhin besteht auch hier jedenfalls eine Pflicht zur Plausibilitätskontrolle255 (s. schon Rz. 102). Ob es dagegen einer weitergehenden Überprüfung i.S. einer Due Diligence bedarf, ist umstritten256. Hat die Bank allerdings Kenntnisse von Bemühungen um die Verbesserung des Bilanzbildes oder sind die Bilanz und deren Wertansätze wegen des zeitlichen Abstands zur Prospekterstellung oder aufgrund besonderer neuer Umstände nicht mehr aktuell, bedarf es einer Überprüfung dieser Wertansätze257.
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Soweit der Dritte selbst vom Emissionsbegleiter beauftragt wurde, kommt zudem ein (eigenes) Auswahlverschulden in Betracht, wenn die in den Prospekt einfließenden Materialien fehlerhaft sind258.
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cc) Emissionskonsortien Jedes Konsortialmitglied haftet für die Erfüllung der ihm obliegenden Prüfungspflichten. Eine wechselseitige Zurechnung der Sorgfaltspflichtverletzungen zwischen den Konsortialmitgliedern – insbesondere an den Konsortialführer – über § 278 BGB findet nicht statt259, da jedes Mitglied des Emissionskonsortiums ausschließlich im eigenen Pflichtenkreis tätig wird (s. bereits Rz. 63 f.). Auch wenn praktisch die Prospekterstellung bzw. -redaktion dem Konsortialführer zufällt, entbindet 252 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 195; Canaris in Großkomm. HGB, Rz. 2280a; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 234; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 49; Kort, AG 1999, 9, 17; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 105; ebenso schon RG v. 11.10. 1912 – II 106/12, RGZ 80, 196, 199 vor Einführung der Pflichtprüfung der Bilanz; vgl. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 47. 253 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 81; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 93; vgl. auch Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 79. 254 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 864 = AG 1982, 278. 255 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 81; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 240; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 42 m.w.N. 256 Dagegen Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 81; Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 45 BörsG Rz. 48. Dafür Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 105; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 226 f.: jedenfalls, soweit der Emissionsbegleiter über die Verhältnisse des Emittenten nicht genügend (?) unterrichtet ist; Köndgen, AG 1983, 120, 127. Vermittelnd Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 240. 257 Vgl. Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 239 unter Bezugnahme auf BGH v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, WM 1982, 862, 864 = AG 1982, 278; ebenso Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 194. 258 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 233; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG, § 13 Rz. 93; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 194. 259 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 11; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 116; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 240; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 83.
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dies die übrigen Konsortialmitglieder nicht gänzlich von einer Verantwortung260. Jedoch ist von einer im Verhältnis zum Konsortialführer gestuften Verantwortlichkeit auszugehen261, wobei die Prüfungspflichten der einfachen Konsortialmitglieder im Einzelnen unterschiedlich streng beurteilt werden. Nach einer Ansicht soll bereits eine bloße Plausibilitätskontrolle des Prospekts genügen262, nach anderer Ansicht eine ernsthafte Kontrolle der Konsortialführerin erforderlich sein263. Jedenfalls wird man nicht so weit gehen können, von jedem Konsortialmitglied eine Nachprüfung beim Emittenten selbst zu verlangen264. dd) Verschuldenserfordernis bei fehlendem Prospekt (§ 13a VerkProspG) 111
Die Haftung gem. § 13a VerkProspG für einen fehlenden Prospekt erfordert ein Verschulden265, auch wenn der Normtext insoweit keinen dem § 45 Abs. 1 BörsG entsprechenden Haftungsauschluss kennt. Dass der in § 13a Abs. 4 Satz 1VerkProspG-E i.d.F. des RefE eines AnSVG explizit vorgesehene Haftungsausschluss später entfallen ist, hat mangels jeglicher Stellungnahme in den Materialien hierzu keine Aussagekraft, zumal der Tatbestand des § 13a VerkProspG ausweislich der Regierungsbegründung dem des § 13 VerkProspG nachgebildet werden sollte266. Für das Verschuldenselement spricht positiv, dass bei einem Verzicht hierauf eine Garantiehaftung vorläge, die sich im deutschen Recht der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation als ein Fremdkörper erweisen müsste267. Zudem wird die Veröffentlichung eines fehlerhaften Prospekts, für den bei zumindest grober Fahrlässigkeit gehaftet wird, regelmäßig einen viel stärkerer Anreiz zum Erwerb des Papiers setzen als das gänzliche Fehlen eines Prospekts268. Dass ein Anbieter von Kapitalanlagen die Veröffentlichungspflicht kennen muss269, ist schließlich keine Frage des Verschuldensmaßstabes, sondern eine solche des Vorliegens eines Verschuldens.
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Ein Verschulden liegt vor bei vorsätzlicher Nichtbeachtung der Prospektpflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 WpPG oder bei deren grob fahrlässiger Verkennung. Emittent und sonstige Anbieter sind in gleichem Umfang zur Prüfung verpflichtet, soweit sie Ur260 Köndgen, AG 1983, 120, 127; Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 118. 261 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 83; für eine stärkere Differenzierung Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 120. 262 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 108; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 43. 263 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 119; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 11; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 83 f. 264 Hopt, Verantwortlichkeit der Banken, Rz. 118. 265 Sehr umstritten; wie hier Bolken/Lange, DB 2005, 1259, 1261; Assmann in Assmann/ Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 280; Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; a.A. Fleischer, WM 2004, 1897, 1901 f.; Benecke, BB 2006, 2597, 2600; Barta, NZG 2005, 305, 306 f.; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 66; Ziegler, DStR 2005, 32. 266 Begr. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, 44. Hierzu auch Schäfer, ZGR 2006, 40, 52. 267 So nun auch Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 280. 268 Vgl. auch – in allgemeinerem Kontext – Merkt, Unternehmenspublizität, S. 488. Bei der Sanktionierung von Verstößen gegen die Regelpublizitätspflichten des HGB hat der Gesetzgeber dieses Stufenverhältnis auch durch die Strafbarkeit allein für fehlerhafter Publizität (§ 331 HGB, § 400 AktG) deutlich gemacht. 269 Fleischer, WM 2004, 1897, 1902.
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heber des öffentlichen Angebots sind (vgl. Rz. 61). Indes muss auch hier einen Beweislastumkehr zugunsten des Anlegers (§ 45 Abs. 1 BörsG analog) eingreifen270. h) Schadensersatz als Rechtsfolge Bei Prospekthaftungsansprüchen nach den § 44 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG ist für die Schadensersatzfolgen zwischen Ansprüchen des derzeitigen Inhabers der Wertpapiere (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG) und der Personen, die zum Zeitpunkt der Anspruchstellung nicht mehr Inhaber sind (§ 44 Abs. 2 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG) zu differenzieren. Stets ist jedoch lediglich das negative Interesse zu ersetzen. Der Geschädigte ist also nicht so zu stellen, als wäre die fehlerhafte Angabe wahr271.
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aa) Haftungsumfang gegenüber Inhabern der Wertpapiere Ist der Anspruchsteller noch Inhaber der Wertpapiere, kann er von dem bzw. den Haftenden verlangen, dass diese die Wertpapiere Zug um Zug272 gegen Erstattung des Erwerbspreises übernehmen. Inhaber ist der Eigentümer der Wertpapiere bzw., bei deklaratorischen Wertpapieren (Aktien), der Inhaber des darin zu verbriefenden Rechts.
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Der Höhe nach ist der Anspruch auf den ersten Ausgabebetrag (§ 44 BörsG, auch i.V.m. § 13 VerkProspG) bzw. den ersten Erwerbspreis (§§ 13, 13a VerkProspG) der Wertpapiere beschränkt. Er kann allerdings auch niedriger sein, da nur der tatsächlich entrichtete Erwerbspreis maßgeblich ist273. Bei börsenzugelassenen Wertpapieren spielt es dabei keine Rolle, ob sie im Rahmen eines Börsengeschäfts oder außerbörslich erworben wurden274.
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Ausgabepreis ist bei Emission neuer Wertpapiere regelmäßig der im Prospekt anzugebende Kurs, zu dem die Wertpapiere angeboten werden (§ 7 WpPG i.V.m. der Prospektverordnung (EG) 809/2004275). Ist dieser bei der Emission noch nicht bekannt (vgl. § 8 Abs. 1 WpPG) und daher im Prospekt nicht angegeben, ist auf den Preis abzustellen, zu dem der Emittent veräußert hat276. Entsprechendes gilt bei Sekundärplatzierungen bzw. Reemissionen277. Findet eine Festlegung des Ausgabepreises – etwa bei Einführung ausländischer Aktien an einer deutschen Börse ohne gleichzeitige Platzierung278 – nicht statt, gilt gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 BörsG als Ausgabepreis der erste nach Einführung der Wertpapiere festgestellte oder gebildete Börsenpreis. Bei Einführung an mehreren Inlandsbörsen mit abweichenden Einführungspreisen
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270 Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 281. 271 Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, § 13 VerkProspG Rz. 100 m.w.N. auch zur Gegenansicht. 272 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 273 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 274 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 275 Etwa Anhang III Ziff. 5. 3. 1 (Aktien), Anhang V Ziff. 5. 3. 1 (Schuldtitel). 276 Vgl. zur insoweit übereinstimmenden früheren Rechtslage Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 277 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 249: bei zunächst nicht prospektpflichtigen Wertpapieren. 278 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78
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gilt der höchste festgestellte Preis. Im Falle des für Daueremissionen (etwa Pfandbrief- oder Optionsscheinemissionen) typischen variablen Ausgabepreises ist der am ersten Tag des Angebots verlangte anfängliche Ausgabepreis maßgeblich279. 117
Erster Erwerbspreis i.S. des § 13a Abs. 1 VerkProspG ist – entsprechend der Situation bei fehlender Festlegung des Preises im Prospekt (Rz. 116) – der Preis, zu dem die Papiere am (ersten) Tag des öffentlichen Angebots durch den Anbieter ausgegeben wurden. Gleiches gilt für den fehlerhaften Prospekt gem. § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 BörsG, soweit ein Preis im Prospekt nicht angegeben war. Ansonsten gilt auch dort regelmäßig der im Prospekt anzugebende (Rz. 116) Ausgabepreis.
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Ein Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem (hypothetischen) Preis, den das Wertpapier bei fehlerfreiem Prospekt erzielt hätte, und dem tatsächlichen Preis bei gleichzeitigem Behalten der Wertpapiere besteht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG nicht280.
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Bei Geltendmachung des Prospekthaftungsanspruchs entsteht für den Anleger die Verpflichtung, das erworbene Wertpapier Zug um Zug zurück zu übertragen (s. bereits Rz. 114). Diese Verpflichtung entfällt, wenn dem Wertpapier kein wirtschaftlicher Wert mehr innewohnt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Wertpapier das Recht zum Erwerb eines anderen Wertpapiers einräumt (z.B. Optionsscheine), dieses Recht aber mittlerweile erloschen ist281. Nicht hierzu zählt die Insolvenz des Emittenten282. Bei Wertpapieren, die mehrere gesondert verbriefte und trennbare Rechte enthalten, ist bei Erlöschen eines der Rechte nur das Wertpapier herauszugeben, welches das fortbestehende Recht verbrieft283. Ist also etwa bei einer aus Optionsanleihen stammenden Schuldverschreibung mit Optionsschein284 Letzterer erloschen, sind allein die Anleihepapiere zurückzugewähren285. Deren Herausgabe kann aber nicht unter Berufung auf das Erlöschen des anderen Rechts verweigert werden. Entsprechendes gilt, wenn das trennbare Recht nicht erloschen ist, sondern (weiter) veräußert wurde. In diesem Fall ist der Ersatzanspruch um den Veräußerungspreis für das getrennte Recht gemindert286, wie auch aus der entsprechenden Regelung der § 44 Abs. 2 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a VerkProspG für die Veräußerung des gesamten Wertpapiers abzuleiten ist (dazu Rz. 120). bb) Haftungsumfang gegenüber früheren Inhabern der Wertpapiere
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Der Erwerber, der nicht mehr Inhaber der Wertpapiere ist, kann als Schadensersatz die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem von ihm entrichteten Erwerbs279 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 280 Kort, AG 1999, 9, 11; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 112. 281 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 282 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 61; Habersack in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 45. 283 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 251; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 63; a.A. Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 115: beide zurückzugewähren. 284 Beispiel nach Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8922, S. 78. 285 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 61. 286 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79.
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preis und dem von ihm erzielten Veräußerungspreis verlangen. War der Erwerbspreis höher als der erste Ausgabepreis (Rz. 116), ist Letzterer maßgeblich. Soweit ein Ausgabepreis nicht festgelegt wurde, gilt § 44 Abs. 1 Satz 2 entsprechend (Rz. 116), § 44 Abs. 2 Satz 2 BörsG. Erzielt der Anleger einen im Vergleich zum eigenen Erwerbspreis höheren Preis bei der Veräußerung, entfällt ein Anspruch mangels Vorliegens eines Schadens287. Liegt der effektive Veräußerungspreis unter dem Markt- oder Börsenpreis, ist ersterer für die Schadensbemessung maßgeblich288. Verletzt der Anleger mit der marktpreisunterschreitenden Veräußerung seine Schadensminderungsobliegenheit aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB (s. Rz. 124), ist im Ergebnis die Differenz zwischen erzielbarem Markt- bzw. Börsenpreis zum Zeitpunkt der Veräußerung und tatsächlichem Veräußerungspreis nicht zu ersetzen289. Soweit das vom Anleger erworbene Wertpapier ein Recht zum Erwerb eines anderen Wertpapiers oder Gegenstands einräumt (z.B. Optionsscheine oder Wandelschuldverschreibungen), steht die Ausübung diese Rechts einer Veräußerung gleich290. Als Veräußerungspreis ist dann das durch Ausübung des Rechts erlangte wirtschaftliche Äquivalent anzusetzen291. Bei Wandelschuldverschreibungen ist dies etwa der Markt- oder Börsenpreis der durch die Ausübung des Wandelungsrechts erworbenen Aktien. Bei Optionsscheinen handelt es sich um die Differenz zwischen dem Marktoder Börsenpreis des durch die Ausübung des Optionsrechts erlangten Gegenstands zum Ausübungszeitpunkt und dem Basispreis292.
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cc) Mit dem Erwerb verbundene Kosten Erstattungsfähig sind sowohl nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG), § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG (Rz. 114 ff.) als auch nach dessen jeweiligen Abs. 2 (Rz. 120 ff.) die mit dem Erwerb verbundenen Kosten, etwa eine Maklercourtage, Provisionen für die mit dem Wertpapiererwerb beauftragten Finanzdienstleister bzw. die Emissionsbank und Aufwendungen für Bezugsrechte, mittels deren Ausübung der Wertpapiererwerb stattgefunden hat293. Nicht erfasst werden die bei Kauf von Schuldverschreibungen anfallenden Stückzinsen294.
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dd) Mitverschulden des Anspruchstellers/Schadensminderungsobliegenheit Ein Mitverschulden des Anspruchstellers kommt nach allgemeinen Grundsätzen des § 254 BGB in Betracht. Beim Ausschlusstatbestand des § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG handelt es sich freilich nicht um eine Regelung zum Mitverschulden, sondern zum 287 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79. 288 Missverständlich Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79, vgl. hierzu Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 66. 289 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 253; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 68; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 120; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 306; i.E. auch Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79. 290 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79 mit Begründung. 291 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79. 292 Klarstellend Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 65 zur etwas unklaren Aussage der Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 79. 293 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78. 294 Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 114.
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Fehlen haftungsbegründender Kausalität295, hierzu näher Rz. 128 (zur Parallelproblematik bei der Ad-hoc-Publizität s. Rz. 209). Ein Mitverschulden ist jedoch nicht bereits dann anzunehmen, wenn es sich bei der Anlage um ein risikoreiches und spekulatives Geschäft handelt296. 124
Eine Schadensminderungsobliegenheit des Anlegers, deren Verletzung einen etwaigen Schadensersatzanspruch mindert (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB), besteht im Rahmen des § 44 Abs. 2 BörsG; veräußert der Anspruchsberechtigte die Wertpapiere unter dem erzielbaren Börsen- bzw. Marktpreis, liegt hierin ein Mitverschulden (s. hierzu Rz. 120). Eine darüber hinausgehende Obliegenheit zur Veräußerung der Wertpapiere im Falle sinkender Kurse besteht nicht297. Jedoch hat der Anleger die Ansprüche beim Anspruchsgegner anzumelden, sobald er von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt298. i) Haftungsausschlüsse aa) Nachweis mangelnden Verschuldens
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Die Beweislast für fehlendes Verschulden obliegt gem. § 45 Abs. 1 BörsG (auch i.V.m. § 13 VerkProspG) den Prospektverantwortlichen. Gleiches gilt bei § 13a VerkProspG, wobei hier § 45 Abs. 1 BörsG entsprechend anzuwenden ist (Rz. 112). Insoweit kann die Dokumentation des Prozesses der Prospekterstellung und –prüfung bzw. die Prüfung des Bestehens einer Prospekpflicht (§ 30 Rz. 3 ff.) eine wichtige Rolle spielen299. bb) Nachweis mangelnder haftungsbegründender Kausalität
126
Zu § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG s. Rz. 88 ff., insbesondere Rz. 90, 93. cc) Nachweis mangelnder haftungsausfüllender Kausalität
127
Zu § 45 Abs. 2 Nr. 2 s. Rz. 94 f.
295 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 56; Habersack in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 50; a.A. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 93. 296 OLG Frankfurt v. 19.7.2005 – 5 U 182/03, AG 2005, 851, 853 zu § 13 VerkProspG. 297 Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 334 f.; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 253; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 68; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 47; Mülbert, JZ 2002, 826, 833; a.A. Sittmann, NZG 1998, 490, 495; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 305; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 119. 298 Wie hier Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 119; a.A. Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 335 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 67; überholt Mülbert, JZ 2002, 826, 833. 299 Sittman, NZG 1998, 490, 494; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 103; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 53; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 242 ff. S. auch Köhler/Weiser, DB 2003, 565 zu den so genannten comfort letters, die den Emissionsbegleitern den Beweis der Einhaltung erforderlicher Sorgfalt sichern sollen.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
dd) Kenntnis der Fehlerhaftigkeit des Prospekts/des Bestehens einer Prospekpflicht Eine Haftung der Prospektverantwortlichen entfällt, wenn der Erwerber der Wertpapiere die Fehlerhaftigkeit des Prospekts positiv kannte (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG). Es handelt sich hierbei um eine weitere Regelung zum Nachweis mangelnder haftungsbegründender Kausalität neben § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG (Rz. 88)300, nicht aber des Mitverschuldens (s. Rz. 123). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt beim Anspruchsgegner. Dies gelingt nicht schon mit dem Nachweis, dass der Anleger die Wertpapiere zu einem gegenüber dem Ausgabekurs erheblich gesunkenen Kurs erworben hatte und wegen des Kursrückganges die Unrichtigkeit hätte erkennen können301. In der Sache ebenso liegt es beim Haftungsauschluss bei Kenntnis des Erwerbers vom Bestehen einer Prospektveröffentlichungspflicht (§ 13a Abs. 4 VerkProspG), der § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG nachgebildet ist302.
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ee) Prospektberichtigung Auch noch nach Veröffentlichung eines unrichtigen Prospekts können die Prospektverantwortlichen einer Haftung durch Berichtigung des Prospekts entgehen, § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG. Diese Berichtigungsmöglichkeit besteht sowohl für Fehler, die im Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung bereits bestanden, als auch solche, die bis zur Einführung (§ 38 BörsG) der Wertpapiere bzw. bis zum Ende des öffentlichen Angebots (§ 2 Nr. 4 WpPG; § 30 Rz. 72) daraus resultieren, dass sich die Umstände nach der Prospektveröffentlichung geändert haben und eine gebotene Aktualisierung (Rz. 46 ff.) gleichwohl unterblieb303. Die Möglichkeit der Berichtigung besteht auch schon vor Einführung304 und ganz unabhängig von der Nachtragspflicht aus § 16 Abs. 1 WpPG305. Dies muss schon deswegen gelten, weil der Nachtrag der innerhalb von sieben Tagen auszusprechenden Billigung der BaFin bedarf (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WpPG) und damit für eine rasche haftungsvermeidende Fehlerkorrektur, wie dies insbesondere die Berichtigung in Form einer Ad-hoc-Mitteilung (Rz. 132) erlaubt, denkbar ungeeignet ist.
129
Eine Berichtigung gem. § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG entfaltet keine Rückwirkung306. Sie lässt daher bereits entstandene Prospekthaftungsansprüche nicht wieder entfallen307. Gegenläufig erwächst aus einem Wertpapiererwerb nach Berichtigung selbst dann kein Prospekthaftungsanspruch, wenn der Erwerber von dieser Berichtigung keine positive Kenntnis hatte308.
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300 Der Regelung dürfte kaum eigenständige Bedeutung zukommen. Wer in Kenntnis der Fehlerhaftigkeit des Prospektes erwirbt, wird regelmäßig gar nicht erst auf Grund des Prospekts i.S. der Nr. 1 erwerben. 301 OLG Frankfurt a.M. v. 1.2.1994 – 5 U 213/92, WM 1994, 291, 298 = AG 1994, 184 und 1995, 134: Kurs von 76,5 %. Vgl. auch Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 56. 302 Begr. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. 303 Insoweit zu eng Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 65. 304 Wie hier Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 52 für bereits bei der Veröffentlichung vorhandene Fehler. 305 A.A. für die frühere Rechtslage Stephan, AG 2002, 3, 11. 306 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 220. 307 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80. 308 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80.
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Zeitlich setzt der Haftungsausschluss die Berichtigung vor Zustandekommen des Erwerbsgeschäfts, also des schuldrechtlichen Vertrags, voraus. Eine Ausnahme gilt für den Sonderfall des Widerufsrechts aus § 16 Abs. 3 WpPG bei Veröffentlichung eines Nachtrags. Hier muss eine Haftung auch dann ausgeschlossen sein, wenn zwar der schuldrechtliche Vertrag auf Basis eines fehlerhaften Prospekts zustande kam, der Prospektpflichtige jedoch noch vor Erfüllung (= Zuteilung der Anteile) einen Nachtrag veröffentlicht und der Geschädigte nicht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht309. Materiell ist das widerrufbare Geschäft wie ein noch nicht wirksamer Vertrag zu betrachten310.
132
Die Berichtigung hat in einer der in § 44 Abs. 2 Satz 4 BörsG vorgeschriebenen Formen – Finanzberichterstattung nach den §§ 37v ff. WpHG/§ 325 HGB311, Ad-hocMitteilung gem. § 15 WpHG – oder einer sonstigen Form zu erfolgen, die in ihrer Veröffentlichungswirkung dem Niveau der anderen Formen entspricht312. Die Erfüllung der Veröffentlichungsmodalität des Prospekts (§ 14 WpPG) ist hierfür zwar nicht zwingend, aber jedenfalls hinreichend313.
133
Die Berichtigung ist selbst kein Prospekt und unterfällt damit auch nicht den Regeln zur Prospekthaftung314. Soweit indes die Berichtigung in einer Mitteilungsform erfolgt, die ihrerseits im Falle der Fehlerhaftigkeit einer Haftung unterliegt315, kommt – bei Vorliegen der jeweiligen weiteren Tatbestandsvoraussetzungen – insoweit eine Haftung für die Berichtigung in Frage316. ff) Prospektzusammenfassung
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Für Fehler in der Zusammenfassung als einem notwendigen Prospektbestandteil (§ 5 Abs. 2 WpPG) ist nach § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG die Haftung ausgeschlossen. Unberührt bleibt die Möglichkeit der Haftung, wenn die Zusammenfassung im Zusammenhang mit anderen Teilen des Prospekts dazu führt, dass dieser irreführend, unrichtig oder widersprüchlich wird. Im Ergebnis hat § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG wohl nur klarstellende Funktion317. Die Zusammenfassung kann nicht die Vollständigkeit nach den Kriterien eines Gesamtprospekts aufweisen, wie sich bereits aus ihrer Natur als „Prospektteil“ (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 WpPG) ergibt, sondern ist vollständig und damit richtig, wenn sie den Vorgaben des § 5 Abs. 2 Satz 2 WpPG entspricht. 309 S. hierzu näher Groß, Kapitalmarktrecht, § 16 WpPG Rz. 17 f. 310 S. auch Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 97 zum vergleichbaren Fall der Widerrufsmöglichkeit beim Bookbuilding-Verfahren. 311 Soweit das Gesetz noch von Jahresabschluss und Zwischenberichten spricht, handelt es sich um die versehentliche Unterlassung an das vom TUG etablierte neue Regelpublizitätssystem. 312 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80: dem Prospekt beigefügtes Einlageblatt. 313 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 96 mit Hinweis auf die Regierungsbegründung. 314 Zutreffend Stephan, AG 2002, 3, 12; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 53 m.w.N. 315 Bei der Ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG) nach § 37b WpHG, für den Jahresabschluss ggf. nach § 331 HGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB. S. hierzu allgemein noch sogleich Rz. 159 ff., 238. 316 A.A. wohl Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 96 a.E.: keine isolierte Haftung, sondern Haftung aus dem Prospekt. 317 I.E. wohl auch Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rz. 98; Habersack in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 36.
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Enthält die Zusammenfassung inhaltliche Abweichungen gegenüber den übrigen Prospektteilen (etwa zu Risiken, s. § 5 Abs. 2 Satz 2 WpPG), wird dies stets irreführend und der Prospekt also widersprüchlich sein. j) Verjährung Der Prospekthaftungsanspruch verjährt gem. § 46 BörsG in einem Jahr ab Kenntniserlangung durch den Anspruchsinhaber. Erforderlich ist positive Kenntnis, fahrlässige Unkenntnis genügt nicht318. Unabhängig vom Kenntnisstand tritt Verjährung jedenfalls drei Jahre seit Veröffentlichung des Prospekts (vgl. § 14 WpPG; § 9 VerkProspG) ein. Die maximale Verjährungsfrist bestimmt sich also für alle Erwerber der emittierten Wertpapiere einheitlich319.
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Die Verjährungsfrist ist auf den Anspruch aus § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG entsprechend anwendbar320. Für § 13a VerkProspG ergibt sich dies aus Abs. 5, wobei hier für die Drei-Jahres-Frist auf den Abschluss des Erwerbsgeschäfts abzustellen ist.
136
Die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 194 ff. BGB, insbesondere hinsichtlich Hemmung und Unterbrechung der Verjährung, finden im Übrigen Anwendung.
137
Der Beweis von Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist obliegt dem Schuldner321; für die kurze Verjährungsfrist ist die Kenntnis des Anspruchstellers und der Zeitpunkt der Kenntniserlangung zu beweisen322.
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k) Gerichtliche Zuständigkeit Die sachliche Zuständigkeit für Prospekthaftungsansprüche aus den § 44 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG liegt unabhängig vom Streitwert beim Landgericht (§ 71 Abs. 2 Nr. 3 GVG).
139
Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit für eine Prospekthaftungsklage gegen Emittenten mit Sitz im Inland liegt – wie bei sämtlichen anderen Schadensersatzansprüchen aufgrund fehlerhafter oder unterlassener Kapitalmarktinformation – bei dem Landgericht, in dessen Bezirk der Emittent seinen Sitz hat (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Bundesländer haben jedoch insoweit bereits teilweise von Ihrer Bündelungsbefugis (§ 32b Abs. 2 Satz 1 ZPO) Gebrauch gemacht323.
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318 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 46 BörsG Rz. 2; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 46 BörsG Rz. 4. 319 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 81 zur insoweit übereinstimmenden alten Rechtslage. 320 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 46 BörsG Rz. 1. 321 BGH v. 30.1.1980 – VIII ZR 237/78, WM 1980, 532, 534 = MDR 1980, 573; Heinrichs in Palandt, BGB, Überbl. vor § 194 Rz. 23. 322 Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 46 BörsG Rz. 2; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 46 BörsG Rz. 4. 323 § 1 KapMZustV Hessen – LG Frankfurt a.M.; § 1 KonzentrationsVO § 32b ZPO, § 1 Konzentrations-VO – § 32b ZPO, § 4 KapMuG NRW– LG Düsseldorf, LG Dortmund, LG Köln; § 24a GZVJu Bayern – LG Augsburg, LG Fürth, LG München I, LG Nürnberg Fürth; § 5 Abs. 3 OrdGerbZustV Thüringen – LG Gera; § 11 Abs. 2 SächsJOrgVO Sachsen – LG Leipzig. Zu beachten sind die teilweise unterschiedlichen Regelungen im Hinblick auf bereits anhängige Streitsachen.
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l) Konkurrenzen 141
Im sachlichen Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (Rz. 13 ff.) sind Ansprüche aus der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne ausgeschlossen324. Diese Konkurrenzregel gilt auch für den Fall, dass es bei einem gem. § 3 Abs. 1 WpPG prospektpflichtigen öffentlichen Angebot an der Veröffentlichung eines Prospekts fehlt, sondern lediglich ein nach Informationsanspruch und –gehalt nicht als Prospekt zu qualifizierendes Dokument veröffentlicht wird (Rz. 52). Gehaftet wird in diesem Fall nach § 13a VerkProspG für die fehlende Prospektveröffentlichung, nicht aus der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung für etwaige Mängel des veröffentlichten Dokuments325.
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Was sonstige Anspruchsgrundlagen angeht, bleiben vertragliche Ansprüche gem. § 47 Abs. 2 BörsG von einer prospektrechtlichen Haftung unberührt326, und ebenso die Haftung aus einer schuldrechtlichen Sonderverbindung327, etwa den §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo), so dass zusätzlich auch Ansprüche aus der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens (so genannte bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne) in Betracht kommen328. Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung aufgrund der in Rz. 157 genannten deliktischen Anspruchsgrundlagen bleiben neben prospektrechtlichen Ansprüchen bestehen, § 47 Abs. 2 BörsG. Eine davon zu unterscheidende, im Ergebnis zu verneinende Frage ist, ob den Ordnungswidrigkeitstatbeständen des § 30 Nr. 6, 8, 9 WpPG betreffend unter anderem die nicht ordnungsgemäße Veröffentlichung eines Prospekts/Nachtrags, die Veröffentlichung eines nicht ordnungsmäßigen Prospekts/ Nachtrags und die Nichtveröffentlichung eines Prospekts/Nachtrags drittschützende Wirkung i.S. des § 823 Abs. 2 WpPG zukommt. Andernfalls würde das von den § 44 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG etablierte spezialgesetzliche Haftungsregime ausgehebelt, weil dann nicht zuletzt auch für die bloße Nichteinhaltung der Ver-
324 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 81; OLG Frankfurt a.M. v. 17.12.1996 – 5 U 178/95, WM 1997, 361, 363; OLG Bremen v. 21.5.1997 – 1 U 132/96, AG 1997, 420, 421; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.405; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 136; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 47 BörsG Rz. 8; Groß, Kapitalmarktrecht, § 47 BörsG Rz. 3; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 73; Kort, AG 1999, 9, 19; Habersack in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 28 Rz. 73; jetzt wohl auch Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, Anh § 177a Rz. 59, 62; § 47 BörsG. A.A. – volle Parallelität – vor allem Grundmann in Bankrechts-Handbuch, § 112 Rz. 49 mit auf Art. 10 EGV gestützter gemeinschaftsrechtlicher Argumentation, die mit der hier (Rz. 154) propagierten Anhebung der Verschuldensanforderungen bei der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf mindestens grobe Fahrlässigkeit freilich ins Leere geht. Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, dass die spezialgesetzliche Prospekthaftung ein Fall der ansonsten lediglich leichte Fahrlässigkeit erfordernden Berufshaftung sei (so aber Grundmann in BankrechtsHandbuch, § 112 Rz. 55). 325 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648. 326 In Frage kommen hierfür etwa Ansprüche aus Kaufverträgen über die Wertpapiere mit dem Emittenten, vor allem bei Eigenemissionen von Inhaberschuldverschreibung, oder dem Emissionsinstitut sowie aus im Einzelfall bestehenden Beratungsverträgen. S. hierzu ausführlich Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 47 BörsG Rz. 2 ff. 327 Begr. RegE 3. FFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 81. 328 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 259; Hauptmann in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rz. 142.
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öffentlichungsform (Rz. 53) und die Nichtveröffentlichung eines Nachtrags als solche (Rz. 52 a.E.) gehaftet würde.
3. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne aufgrund typisierten Vertrauens ist neben den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen kein Raum (s. Rz. 141). Sie kommt daher nur bei Publikationen in Betracht, die nicht als Prospekte i.S. der spezialgesetzlichen Prospekthaftung anzusehen sind.
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a) Prospektbegriff Der bürgerlich-rechtliche Prospektbegriff hat weder eine höchstrichterliche Definition erfahren noch ist sich die Literatur hierüber abschließend einig329. Jedoch ist mittlerweile eine Konturierung zu konstatieren330, die die Gefahr einer konturenlosen Ausweitung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung zu einem Auffangtatbestand für jedwede Erklärung im Zusammenhang mit Kapitalmarktinformationen gebannt haben dürfte331. Zunächst hatte auch der BGH die im Lichte des § 264a StGB und der dortigen Regierungsbegündung332 verbreitet befürwortete gleichsinnige Einschränkung des bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriffs333 aufgegriffen und präzisiert: Nur solche Darstellungen können als Prospekt eingeordnet werden, die den Anspruch erheben, dem Anlegerpublikum eine umfassend informierende Beschreibung der anlageerheblichen Umstände zu liefern, welche verlässliche Rückschlüsse über die Entwicklung des Wertpapiers zulassen334. In Fällen des Aktienkaufs etwa müsse ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die damit etwa verbundenen Risiken vermittelt werden335. Diese Linie eines inhaltlich anspruchsvollen Prospektbegriffs hat mit der Kodifikation der richterrechtlichen Grundsätze der bürgerlich-rechtlichen Prospekt329 Meinungsstand bei Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 45 f.; Dühn, S. 107. 330 Dazu Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 f. 331 Insoweit treffend Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 67. 332 Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drucks. 10/318, S. 23. 333 Für eine Übertragung des Prospektbegriffs des § 264a StGB auf die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung s. nur Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 67; auch Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 (Minimalgehalt des bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriffs). 334 S. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1722 = AG 2004, 546 (in BGHZ 160, 149 nicht abgedruckt); ihm folgend OLG Frankfurt v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753. Der Prospektbegriff des BGH entspricht damit dem des § 264a StGB, s. Siol in Bankrechts-Handbuch, § 45 Rz. 49. Keinen Widerspruch hierzu bildet die Entscheidung des BGH v. 12.5.2005 – 5 StR 283/04, ZIP 2005, 1066, 1067 zu § 264a StGB, wonach Prospektangaben ihrer Funktion nach nicht auf Vollständigkeit angelegt sein könnten. Bei dieser Einschränkung geht es nämlich allein um die Ausgrenzung nicht anlageerheblicher Informationen. 335 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1722. S. schon Siol in Bankrechts-Handbuch, § 45 Rz. 48: bei offenkundigen Teilinformationen keine Prospekthaftung im engeren Sinne; a.A. Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 46; unklar Keul/Erttmann, DB 2006, 1664, 1665. Vgl. auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519, 536: umfassende Darstellung der Vermögenslage einer Fondgesellschaft.
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haftung i.e.S. in den § 3 Abs. 1 WpPG, §§ 8 f, 13, 13a VerkProspG sodann eine abschließende Verfestigung erfahren336. Darin kommt zum Ausdruck, dass dem Prospektbegriff allein die typischerweise nur beim (erstmaligen) Vertrieb in Form insbesondere des öffentlichen Angebots verwendeten, umfassend informierenden Informationsschriften unterfallen, nicht etwa laufende Sekundärmarktinformation. Zugleich wird hierdurch das bereits früher für den Prospektbegriff als konstitutiv erachtete Merkmal des „Marktbezugs“ dahin gehend konkretisiert, als nur solche Publikationen in Betracht kommen, die dem Absatz der Anlagen dienen337, nicht dagegen die lediglich in Befolgung einer gesetzlichen Publikationspflicht getätigten, keinen Angebotsbezug aufweisenden (wiederkehrenden) Veröffentlichungen338. 145
Nachdem aufgrund des AnsVG und des WpPG in den allermeisten Fällen nun gesetzliche Prospektpflichten und diese absichernde Haftungsnormen (§ 44 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG) existieren, verbleibt im Zusammenspiel mit den erhöhten Anforderungen an den Prospektbegriff für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung kaum noch ein Anwendungsbereicht339. Im Einzelnen:
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Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige gesetzlich vorgeschriebene Sekundärmarktinformationen wie etwa die §§ 15a, 26, 26a, 30b ff. WpHG unterrichten nach ihrem jeweiligen gesetzlich vorgegebenen Zuschnitt durchweg nicht umfassend über den Emittenten, sondern allenfalls ausschnittsweise340, und sind daher keine Prospekte i.S. der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung341. 336 Die in § 4 Abs. 1 Nr. 2–5, Abs. 2 Nr. 3–6, 8 WpPG genannten Dokumente, die zur Befreiung von der Prospektpflicht führen, erlauben keine Rückschlüssen auf den Prospektbegriff des § 3 Abs. 1 WpPG. Hierfür sind diese Darstellungen nach ihrem Inhalt viel zu heterogen. Das zeigt sich schon darin, dass das Gesetz lediglich in den Fällen des § 4 Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 Nr. 3, 4 WpPG von einem „Dokument …, dessen Angaben denen des Prospekts gleichwertig sind“, spricht. 337 Ob sich dies nach dem objektiven Empfängerhorizont (Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 68) oder der (inneren) Intention des Emittenten (Groß, WM 2002, 477, 479 f.) bestimmt, ist umstritten. Richtigerweise dürfte auf die objektive Marktsicht abzustellen sein. 338 Zutreffend Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 68. 339 S. hierzu bereits Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648 ff. Zustimmend Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 284 Fn. 584; tendenziell auch Habersack, ebenda, § 28 Rz. 73. 340 Kort, BKR 2005, 91, 93. Vgl. auch die Begr. DiskE KapInHaG zu § 37a Abs. 8 WpHG-E (oben Rz. 4). Der Informationsgrad steigt freilich von der bloßen Ad-hoc-Mitteilung bis hin zum Jahresabschluss samt Lagebericht an. 341 Für Ad-hoc-Mitteilungen BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1722 = AG 2004, 546 (nicht in BGHZ 160, 149 abgedruckt); OLG München v. 1.10.2002 – 30 U 855/01, WM 2003, 70, 76 = AG 2003, 106; OLG Frankfurt v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 68; Möllers in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 13 Rz. 35; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rz. 9.27 a.E.; Groß, WM 2002, 477, 479 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 832 ff.; Dühn, S. 110; Rützel, AG 2003, 69, 70 f.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 a.A. Hamann in Schäfer/ Hamann, Kapitalmarktgesetze §§ 44, 45 BörsG Rz. 46 a.E.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 47 BörsG Rz. 4; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 346; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 16; auch Braun/Rotter, BKR 2003, 919 f. für den Fall, dass eine Ad-hoc-Mitteilung sich nicht auf die Mitteilung von Einzeltatsachen beschränkt, sondern – unter Verstoß gegen § 15 Abs. 2 Satz 1 WpHG – mit umfassenden Unternehmensdaten als Marketinginstrument genutzt wird; a.A. Leisch, ZIP 2004, 1537 Fn. 6.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
Unvollständige bzw. unrichtige Rechnungslegungsunterlagen der Regelpublizität (Rz. 228 ff.; § 32 Rz. 67 ff.) werden vom Prospektbegriff in seiner heutigen Kontuierung nicht erfasst. Zwischenmitteilungen der Geschäftführung (§ 37x WpHG) enthalten zwar anlageerhebliche Umstände, leisten aber keine umfassende Beschreibung. In Börsenordungen vorgesehenen Quartalsberichten342, Halbjahresfinanzberichten343 (§ 37w WpHG) und, erst recht, Jahresfinanzberichten (§ 37v WpHG) ist der umfassend informierende Zuschnitt zwar eher zu eigen, doch fehlt es bei diesen am für Prospekte erforderlichen Zusammenhang mit dem Angebot/Vertrieb von Wertpapieren344.
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Bezugsangebote gem. § 186 Abs. 2 AktG mit den nach § 186 Abs. 5 Satz 2 AktG erforderlichen Angaben sind kein Prospekt i.S. der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung345.
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Werbemaßnahmen im Rahmen von verbrieften Anlageformen (s. auch § 30 Rz. 78 f.) sind ausschließlich dann als Prospekte i.S. der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung anzusehen, wenn sie an einen größeren Kreis von Anlegern gerichtet sind und zumindest den Eindruck erwecken, für die Beurteilung der Anlage wesentliche Angaben mitzuteilen346. Zudem ist Schriftlichkeit der Meldung erforderlich347. Für mündliche Äußerungen im Rahmen von Kommunikationsanlässen wie Bilanzpressekonferenzen, Analystenkonferenzen, Roadshows, Interviews oder Hauptversammlungen kommt eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung nicht in Betracht348.
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342 S. etwa § 48 BörsO FWB (Stand: 1.11.2007). 343 Für deren Vorläufer in Gestalt der Zwischenberichte nach §§ 40, 53 ff. BörsG a.F. wurde eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung wohl überwiegend bejaht s. Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 50 (zu § 44b BörsG); Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 47 BörsG Rz. 4; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 16; Schäfer, ZIP 1987, 953, 958; Brondics/Mark, AG 1989, 339, 344; a.A. Groß, WM 2002, 477, 480; Groß, Kapitalmarktrecht, § 47 BörsG Rz. 6. 344 Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 203; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 68; Sauer, S. 58; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1650 (teilweise a.A. noch Vorauflage § 26 Rz. 118); Dühn, S. 108 ff. (allgemein gegen die Anwendung auf Sekundärmarktpublizität; dagegen jüngst Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519, 537); Groß, Kapitalmarktrecht, § 47 BörsG Rz. 6. Vgl. ferner die Begr. RegE 2. WiKG, BT-Drucks. 10/318, S. 23, die Bilanzen nicht als Prospekt auffasst, sondern diese bei § 264a StGB unter das alternative Tatbestandsmerkmal „Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand“ subsumiert. 345 Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 49; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 16; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 68; Groß, Kapitalmarktrecht, § 47 BörsG Rz. 5. 346 Siol in Bankrechts-Handbuch, § 45 Rz. 49; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 72; Hamann in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rz. 6. 347 Worunter allerdings auch die Fixierung in computerisierten Daten fallen dürfte, s. Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 59; Assmann in Assmann/ Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 73 m.w.N. Zurückhaltender wohl Siol in Bankrechts-Handbuch, § 45 Rz. 48: nicht genügend sei flüchtige elektronische Übermittlung, sondern erforderlich sei zur jederzeitigen Wiedergabe geeignete dauerhafte Fixierung (vgl. § 126 BGB); also wohl Darstellung etwa als PDF-Datei. 348 Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 74; Ehricke in Hopt/ Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 200. In Frage steht aber eine Haftung aus § 826 BGB, s. Rz. 261.
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Für Informationsschriften anlässlich einer Umplatzierung von Aktien, die bereits an einer inländischen Börse notiert sind, ist eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 13, 13a VerkProspG (dazu Rz. 19) ausgeschlossen und sollte auch im Übrigen zugunsten einer analogen Anwendung dieser Vorschrifen zurücktreten (oben Rz. 20).
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Kurzexposés, die im Rahmen der Einbeziehung in den Freiverkehr veröffentlicht werden, können keine Ansprüche aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung auslösen349, wenn und soweit sie nicht den Anspruch einer vollständige Zusammenstellung der Informationen über Emittent und Wertpapiere erkennen lassen350. b) Haftungsvoraussetzungen
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Eine Haftung nach Grundsätzen bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung (im engeren Sinne) setzt die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts voraus, wobei auch hier auf den durchschnittlichen Anleger (s. bereits Rz. 29) abzustellen ist, zumindest soweit sich die Emission an ein breites Anlegerpublikum richtet351. Da im Unterschied zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung kein gesetzlicher Katalog von Mindestanforderungen an den bürgerlich-rechtlichen Prospekt existiert, kann die Bestimmung insbesondere der Vollständigkeit des Prospekts schwierig sein352. Generell ist dabei im Auge zu behalten, dass der Prospekt als allgemeine Grundlage der Anlageentscheidung ein zutreffendes Bild über die Anlage vermitteln muss und über alle potentiell entscheidungserheblichen Umstände sachlich richtig und vollständig zu unterrichten hat353.
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Haftungsadressaten354 sind jedenfalls die Veranlasser einer Emission, Experten (s. bereits Rz. 73 ff.) sowie Emissionsbegleiter. Die Einbeziehung des Emittenten in den Kreis der Haftungsverpflichteten erscheint dagegen zweifelhaft355.
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Für ein Verschulden hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Prospekts bewendet es nach der höchstrichterlicher Judikatur beim allgemeinen Maßstab des § 276 BGB356, genügt also schon leichte Fahrlässigkeit. Eine Einschränkung auf mindestens grobe Fahrlässigkeit ist aber schon deswegen geboten, weil der Gesetzgeber mit der Einführung einer Prospektpflicht und einer daran anknüpfenden Haftung auch für nicht in Wertpapieren verbriefte Vermögensanlagen durch das AnSVG (§§ 8 f, 13, 13a VerkProspG) den Haftungsmaßstab selbst im früheren Kernanwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung i.e.S. auf grobe Fahrlässigkeit angehoben und 349 350 351 352 353 354 355
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A.A. Schlitt/Schäfer, AG 2006, 147, 151. I.E. wohl ebenso Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 72. Vgl. Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 66. Zu den Einzelheiten Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 65 ff. S. nur BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1722 = AG 2004, 546. Einzelheiten bei Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 34 ff.; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 136 ff. Näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1548 f. Nicht einschlägig sind allerdings die für Publikums- und Anlagegesellschaften von der h.M. vorgetragenen Bedenken (zu diesen etwa Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 38 m.w.N.) gegen eine Haftung der Gesellschaft selbst; vgl. Schwark in FS Raisch, 1995, S. 269, 279 f.; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 139 S. nur BGH v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 230 = WM 1998, 1772 = AG 1998, 520; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1650 m.w.N. in Fn. 196.
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damit zugleich allen übrigen spezialgesetzlichen primär- und sekundärmarktbezogenen Haftungsnormen angeglichen hat357. c) Rechtsfolgen Die Rechtsfolge besteht im Ersatz des negativen Interesses, also der Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten in Form der Erstattung des angelegten Betrags Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere, und Ersatz aller Aufwendungen, soweit haftungsbegründende sowie haftungsausfüllende Kausalität vorliegen358.
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Auch im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung gilt im Grundsatz die Verjährungsfrist der gesetzlichen Prospekthaftungsansprüche (Rz. 135)359. Die kurze, kenntnisabhänige Verjährungsfrist berägt demnach seit dem 4. FMFG ein Jahr seit Kenntniserlangung der Fehlerhaftigkeit des Prospektes durch den Anleger360. Spätestens verjähren die Ansprüche in drei Jahren, wobei die Rechtsprechung bisher für den Verjährungsbeginn auf den Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs abgestellt hat361. Letztere – an § 20 Abs. 5 KAGG a.F./§ 12 Abs. 5 AuslInvestmG a.F. bzw. § 127 Abs. 5 InvG orientierte – Auslegung, bedarf im Hinblick auf die nunmehr durch die im VerkProspG umgesetzen Grundsätze zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (dazu Rz. 144, 154) der Revision. Bei § 13 VerkProspG (i.V.m. § 46 BörsG) ist für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist für Anspüche wegen Veröffentlichung eines fehlerhaften Prospektes allein auf den Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung abzustellen (§ 13 VerkProspG i.V.m. § 46 BörsG)362. Gleiches muss dann bei einer an diesen Vorgaben orientierten Verjährung von Ansprüchen auch für die verbleibenden Konstellationen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung gelten.
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4. Deliktische Haftung Als deliktische Haftungstatbestände für Veröffentlichung eines fehlerhaften freiwillig oder in Erfüllung einer Prospektpflicht veröffentlichen Prospekts stehen § 826 BGB363 sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz ganz im Vordergrund. 357 § 44 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 BörsG, §§ 13, 13a VerkProspG, §§ 37b Abs. 2, 37c Abs. 2 WpHG, § 12 Abs. 2 WpÜG, § 127 Abs. 3 InvG. I.E. ebenso Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519, 536. 358 Einzelheiten zu diesen Punkten bei Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 175 ff.; 179 ff; 192 ff.; ferner Eyles in Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 2 Rz. 83 f., 88 ff., 91 ff. 359 S. OLG München v. 18.7.2007 – 20 U 2052/07; vgl. auch BGH v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, WM 2004, 1869 f.; BGH v. 18.12.2000 – II ZR 84/99, WM 2001, 464 jeweils bei gesellschaftsrechtlicher Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. 360 So jetzt auch OLG München v. 18.7.2007 – 20 U 2052/07; hierzu näher Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 210; vgl. auch BGH v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, WM 2004, 1869 f. 361 S. die Nachweise in Rz. 156 Fn. 359. 362 Lediglich beim fehlenden Prospekt kommt es auf den Erwerbszeitpunkt an (§ 13a Abs. 5 VerkProspG), s. Rz. 136. 363 Vgl. BGH v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1560; BGH v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 397; BGH v. 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 399.
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Als Schutzgesetze kommen insbesondere die §§ 263, 264a364 StGB, §§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG365, § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG366 in Betracht367. Zu § 400 AktG s. Rz. 255, zu § 82 Abs. 2 GmbHG s. Rz. 256. Dagegen ist eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Ordnungswidrigkeitstatbeständen des § 30 Nr. 6, 8, 9 WpPG nicht anzuerkennen (Rz. 142).
5. Organaußenhaftung 158
Eine Organaußenhaftung der Verwaltungsmitglieder des Emittenten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 oder 3 WpPG scheidet aus, da die Prospektpflicht aus § 3 WpPG allein den Emittenten, nicht aber auch die Verwaltungsmitglieder trifft. In Betracht kommt dagegen eine sonstige deliktische Haftung von Organmitgliedern, soweit ein solches in seiner Person den Tatbestand des § 826 BGB oder die in Rz. 157 genannten Strafnormen verwirklicht.
III. Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität 1. Emittentenhaftung nach den §§ 37b, 37c WpHG a) Konzeption 159
Die §§ 37b, 37c WpHG sind spezialgesetzliche Haftungsnormen für unterlassene, verspätete oder unrichtige Ad-hoc-Veröffentlichungen betreffend Insiderinformationen. Beide Haftungstatbestände hatte der Gesetzgeber bis zur Änderung des Emittentenbegriffs in § 15 WpHG durch das TUG jeweils ganz unter Rückgriff auf die Tatbestandsmerkmale des die Pflichten im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Ad-hoc-Informationen festlegenden § 15 WpHG (§ 32 Rz. 82 ff.) ausgeformt368. Diese Parallelisierung auf der Tatbestandsebene war und ist freilich nur im Falle des § 37b WpHG problemfrei, der die entgegen § 15 WpHG pflichtwidrig unterlassene Veröffentlichung von Insiderinformationen sanktioniert. Demgegenüber stellt die in § 37c WpHG sanktionierte Ad-hoc-Veröffentlichung falscher Informationen nicht notwendig zugleich einen Verstoß gegen § 15 WpHG dar, so dass es in diesen Fällen punktuell einer korrigierenden Auslegung des § 37c Abs. 1 WpHG bedarf (Rz. 161). Zu tatbestandlichen Überschneidungen zwischen § 37b und § 37c WpHG kommt es schließlich, soweit eine nach § 15 WpHG gebotene Veröffentlichung unvollständig und damit auch unwahr ist (Rz. 172), sowie in dem allerdings eher theoretischen Sonderfall, dass der Emittent eine vorangegangene fehlerhafte 364 Etwa OLG München v. 18.7.2007 – 20 U 2052/07. 365 Zum Prospekt als Tatmittel des § 400 AktG s. Kropff in MünchKomm. AktG, § 400 Rz. 20; Kiethe, MDR 2006, 843, 847. 366 Zum Prospekt als Tatmittel des § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG s. Tiedemann in Scholz, GmbHG, § 82 Rz. 139. 367 S. hierzu ausführlich Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 45 BörsG Rz. 74 ff. mit Hinweis auf eine weitere Haftungsmöglichkeit nach § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB bei Rz. 76. S. ferner Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 6 Rz. 44 zu § 399 Abs. 1 Nr. 3 AktG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB. 368 Vgl. Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 18.
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Ad-hoc-Mitteilung nicht korrigiert (§§ 15 Abs. 2 Satz 2, 37b Abs. 1 WpHG), sondern wiederholt (Rz. 174). Die Übernahme der Tatbestandsmerkmale des § 15 WpHG in den §§ 37b, 37c WpHG hat im Rahmen des TUG nunmehr eine Einschränkung erfahren. Der Gesetzgeber hat den vom TUG eingeführten Begriff des Inlandsemittenten (§ 2 Abs. 7 WpHG) über den von der Transparenzrichtlinie betroffenen Gegenstandsbereich hinaus nämlich auch auf § 15 WpHG übertragen369, so dass nunmehr ein „Inlandsemittent von Finanzinstrumenten“ statt vormals ein „Emittent von Wertpapieren, die zum Handeln an einer inländischen Börse zugelassen sind“ den Pflichten des § 15 WpHG unterliegt. Für den Kreis der Haftungsadressaten der §§ 37b, 37c WpHG vollzog er diese Änderungen hingegen nicht nach, sondern beließ es bei der Formulierung „Emittent von Finanzinstrumenten, die [auch] zum Handel an einer inländishen Börse zugelassen sind“. Würde es beim jeweiligen Wortlaut bewenden, wäre der Kreis der nach §§ 37b, 37c WpHG haftenden Emittenten nunmehr teilweise weiter gezogen als derjenige der Adressaten des § 15 WpHG. Insbesondere sind Inlandsemittenten ausländischer Rechtsform nach § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG nur solche, deren Finanzinstrumente ausschließlich an einer inländischen Börse zugelassen sind, wogegen für die §§ 37b, 37c WpHG die Zulassung auch (!) an einer inländischen Börse genügt. Damit stünde die Möglichkeit im Raum, dass Emittenten ausländischer Rechtsform, die mangels Exklusivität der inländischen Zulassung des Finanzinstruments nicht zum Kreis der Inlandsemittenten i.S. des § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG gehören und also nicht der Pflicht aus § 15 WpHG unterliegen, gem. den §§ 37b, 37c WpHG wegen der Verletzung der für sie maßgebenden ausländischen Ad-hoc-Publizitätspflichten haften, obwohl andererseits § 37c WpHG ausdrücklich von einer „Mitteilung nach § 15“ spricht.
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Für die Bewältigung dieser Ungereimtheiten kommen konzeptionell zwei gegenläufige Ansätze in Betracht: eine teleologische Reduktion des Emittentenbegriffs der §§ 37b, 37c WpHG in Parallele zum Inlandsemittentenbegriff des § 15 WpHG oder aber eine Ausdehnung der Emittentenhaftung aus §§ 37b, 37c WpHG auch auf den Fall, dass der nur nach dem Recht eines anderen EU-/EWR-Mitgliedstaats ad-hocveröffentlichungspflichtige Emittent eines (auch) im Inland zugelassenen Finanzinstruments gegen dieses ausländische Funktionsäquivalent zu § 15 WpHG verstößt370. Den Vorzug verdient dabei der erste Ansatz, weil nur hierdurch Kernelemente des bisherigen Systems der spezialgesetzlichen Kapitalmarkthaftung gewahrt bleiben. Nur mit diesem bleibt es auch für den Bereich der Ad-hoc-Publizitätspflicht dabei, dass die spezialgesetzlichen Kapitalmarkthaftungstatbestände jeweils allein die Verletzung von Kapitalmarktinformationspflichten des deutschen materiellen Kapitalmarktverhaltensrechts sanktionieren. Dass der Gesetzgeber bei der Haftung wegen Verletzung von Ad-hoc-Mitteilungspflichten dieses in sich geschlossene System aufbrechen wollte, ist in den Materialien zum TUG nicht einmal ansatzweise ersichtlich. Nach alledem ist der Emittentenbegriff der §§ 37b, 37c WpHG (ebenfalls) als Inlandsemittent i.S. des § 2 Abs. 7 WpHG zu lesen.
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369 Dazu krit. im Hinblick auf die Umsetzungsvorgaben der Art. 6, 10 der Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 765 Fn. 25. 370 So Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 64.
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b) Haftungsbegründende Fehlinformation des Kapitalmarkts aa) Gegenstand der Publizitätspflicht 162
Haftungstatbestand ist die Nichtveröffentlichung zutreffender oder die Veröffentlichung fehlerhafter Insiderinformationen i.S. des § 13 WpHG, welche den Emittenten unmittelbar betreffen. Zu den insoweit identischen Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 WpHG s. § 32 Rz. 6 ff., 83 ff. bb) Pflichtwidriges Unterlassen der Veröffentlichung
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Der Emittenten haftet nach § 37b WpHG für die unterlassene Veröffentlichung einer publizitätspflichtigen Insiderinformation. Es macht keinen Unterschied, ob es sich um für den Börsenpreis des Unternehmens negative oder positive Informationen handelt371. Die Haftungsnorm soll sowohl Schäden aufgrund eines „zu teuren“ Kaufs (Abs. 1 Nr. 1) als auch des „zu billigen“ Verkaufs (Abs. 1 Nr. 2) kompensieren372.
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Ein haftungsbegründendes Unterlassen i.S. des § 37b WpHG liegt vor, wenn eine der Veröffentlichungspflichten nach § 15 Abs. 1 Satz 1, 4 und 5 WpHG verletzt wird. Nicht ausreichend ist die Verletzung funktionsäquivalenter Veröffentlichungspflichten eines anderen EU-/EWR-Mitgliedstaats373. Ebensowenig genügt beim nicht als organisierter Markt i.S. des § 2 Abs. 5 WpHG einzustufenden und damit von § 15 WpHG nicht erfassten Freiverkehr, dass die für die Einbeziehung von Finanzinstrumenten geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein an der Ad-hoc-Publizitätspflicht orientiertes Veröffentlichungserfordernis enthalten374. Angesichts der klaren gesetzgeberischen Entscheidung dagegen, die aufsichtsrechtliche und in § 39 Abs. 2 WpHG zudem mit einem Bußgeld bewehrte Ad-hoc-Mitteilungspflicht als die Grundlage der §§ 37b, 37c WHG auch auf den Freiverkehr zu erstrecken, verbietet sich sogar eine analoge Anwendung des § 37c WpHG375.
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Ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG liegt bei Nichtveröffentlichung einer Insiderinformation in toto, aber auch bei Nichtveröffentlichung von (Einzel-)Informationen im Rahmen eines publizitätspflichtigen Gesamtzusammenhangs vor, sofern der einzelne Teil für sich betrachtet bereits publizitätspflichtig ist. In letzterem Fall kommt kumulativ eine Haftung aus § 37c WpHG in Betracht, soweit die unvollständige Darstellung als Veröffentlichung einer unwahren Tatsache einzustufen ist (hierzu Rz. 172)376.
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Die Haftung des § 37b WpHG greift im Grundsatz zudem bei Verstößen gegen die Plicht zur Berichtigung einer fehlerhaften früheren Ad-hoc-Mitteilung ein (s. auch Rz. 174). Dabei ist jedoch zu differenzieren: Ist die Berichtigungsbedürftigkeit selbst eine Insiderinformation i.S. des § 13 WpHG, ergibt sich die Berichtigungspflicht schon unmittelbar aus § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG; insoweit kommt § 15 Abs. 2 Satz 1 WpHG 371 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 372 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 28. 373 A.A. Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 64. Krit. zu deren Konzeption oben Rz. 161. 374 Etwa § 17 Abs. 2 lit. a AGB Freiverkehr FWB. 375 Ebenso zu § 37c WpHG Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 38; a.A. Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 92. Vgl. auch Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1638 ff. 376 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 31.
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lediglich klarstellender Charakter zu377. Dieser Fall wird regelmäßig dann vorliegen, wenn die vorgängige korrekturbedürftige Mitteilung selbst eine Insiderinformation i.S. des § 13 WpHG darstellen würde, wäre sie wahr378, und die Berichtigung insoweit ein spiegelbildliches Kursbeeinflussungspotential aufweist. Eine Haftung kommt aber auch dann in Betracht, wenn die Tatsache der Berichtigungsbedürtigkeit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 WpHG nicht erfülllt und daher die Pflicht zur Ad-hoc-Berechtigung erst aus § 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG folgt, sofern die Berichtigung nur Kursbeeinflussungspotential besitzt379. Ist Letzteres nicht der Fall, muss eine Anwendung mangels feststellbarem Schaden (zu diesem näher Rz. 193) ausscheiden. Die verspätete Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung oder der Berichtigung einer solchen bildet ein tatbestandliches Unterlassen, da § 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 WpHG eine unverzügliche Veröffentlichung verlangen380.
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Kann der Emittent eine Veröffentlichung gem. § 15 Abs. 3 WpHG berechtigterweise aufschieben (§ 32 Rz. 88 ff.), ist das Unterlassen während des Befreiungszeitraums nicht pflichtwidrig und damit nicht tatbestandsmäßig. Ein Irrum über das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen kann immerhin das Verschulden entfallen lassen (Rz. 188).
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Ein Unterlassen nach § 37b WpHG kann auch dann vorliegen, wenn die Veröffentlichung der Insiderinformation oder die Berichtigung einer fehlerhaften früheren Adhoc-Mitteilung den Anforderungen des § 15 Abs. 5, 7 Nr. 1 WpHG i.V.m. §§ 3a, 3b, 4, 5 WpAIV an die Veröffentlichungsform nicht genügt. Wann dies der Fall ist, hängt ebenso wie für bei § 13a VerpProspG bezüglich des Fehlens eines Prospekts davon ab, ob der Mangel in der Veröffentlichungsform sich auf das Informationsniveau des Kapitalmarkts substantiell auswirkt oder nicht. Nahe liegt es dann, bei einem Verstoß gegen die in § 5 Satz 1 Nr. 1 WpAIV – unbeschadet der Anforderungen der §§ 3a, 3b WpAIV (sogleich) – geforderte Veröffentlichung über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem mit weiter Verbreitung im Finanzsektor das gänzliche Fehlen einer Veröffentlichung anzunehmen381. Daran sollte auch nichts ändern, dass § 5 Satz 2 WpAIV die Inlandsemittenten i.S. des § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG, also Emittenten ausländischer Rechtsform mit ausschließlicher Zulassung des Finanzinstruments im Inland, von diesem Veröffentlichungserfordernis ausnimmt382. Gleiches wird man im Grundsatz auch bei einem schweren Verstoß gegen das Sprachenregime des § 3b Abs. 2 Satz 1 WpAIV annehmen müssen, d.h. bei der Veröffentlichung in einer anderen als der deutschen oder englischen Sprache. Nicht hingegen
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377 Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 70; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 43. 378 Zur Unschärfe des Begriffs der „unwahren Insiderinformation“ s. Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 Rz. 233; zu Parallelproblematik bei § 37c WpHG s. noch Rz. 171. 379 Vgl. Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 71, im Ergebnis aber zu eng. Für eine analoge Anwendung des § 37b WpHG auf die Verletzung der Berichtigungspflicht Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 111 380 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 381 So zu den Publikationsmodalitäten des § 15 Abs. 3 WpHG a.F. schon Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 30. 382 Wegen Art. 21 Abs. 3 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG wäre dies nicht erforderlich, weil danach der Aufnahmemitgliedstaat bei ausschließlicher Zulassung im Inland regelungsbefugt ist.
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liegt ein haftungsrelevantes Unterlassen der Veröffentlichung bei Verstößen gegen die §§ 3a, 4 WpAIV sowie das Verbot einer anderweitigen Vorabinformation (§ 15 Abs. 4 WpHG)383 vor. cc) Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen 170
Die Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen unterfällt § 37c WpHG, sofern dies in einer „Mitteilung nach § 15“ WpHG erfolgt. Vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst ist damit nur die Veröffentlichung unwahrer Informationen in solchen Mitteilungen, die in Erfüllung einer tatsächlich oder vorgeblich bestehenden Veröffentlichungspflicht nach § 15 WpHG publiziert werden. Nicht genügt hingegen, dass lediglich eine funktionsäquivalente Veröffentlichungspflicht eines anderen EU-/EWR-Mitgliedstaats verletzt wird384.
171
Um den Begriff der Insiderinformation inhaltlich zu konturieren, lässt sich die Definition des § 13 Abs. 1 WpHG nur in modifizierter Form verwenden, da eine unwahre Information mangels Entsprechung in der Wirklichkeit den Emittenten nicht „unmittelbar betrifft“385 und sich auch nicht auf „nicht öffentlich bekannte [existente] Umstände“ beziehen kann386. Insiderinformation i.S. des § 37c WpHG ist daher eine Information, die im hypothetischen Falle ihrer Wahrheit eine Insiderinformation i.S. des § 13 Abs. 1 WpHG wäre387.
172
Für das Merkmal der Unwahrheit lassen sich die entsprechenden Grundsätze zur Prospekthaftung (Rz. 32 ff.) fruchtbar machen388. Die Unwahrheit kann sich daher zum einen daraus ergeben, dass Angaben im Rahmen der Ad-hoc-Mitteilung inhaltlich unrichtig sind, etwa weil die Tatsachen frei erfunden sind oder Übertreibungen darstellen389. Angaben in Form von Werturteilen oder Prognosen sind unrichtig, wenn sie durch die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen nicht gerechtfertig bzw. kaufmännisch nicht vertretbar sind (Rz. 33)390. Eine Tatsache kann ferner unwahr sein, wenn sie unvollständig wiedergegeben ist391. Ob der für die Begründung einer Prospekthaftung relevante Gesamteindruck (s. hierzu Rz. 37) im Rahmen der Fehler383 Ausführlich hierzu, wenn auch im Ergebnis unentschieden, Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 109. 384 A.A. Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 79. Krit. zu deren Konzeption oben Rz. 161. 385 Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 116. 386 Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 10; wohl auch Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 34; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1858. 387 Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 10; Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 75; Fischer zu Cramburg/Royé in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007, §§ 37b, c WpHG Rz. 4. 388 In diesem Sinne auch Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 36. 389 S. die Beispiele bei Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 127. 390 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 172/81, WM 1982, 862, 865 zu § 45 BörsG a.F.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 132. Tendenziell enger Nietsch, BB 2005, 785, 788. 391 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 34; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 36; Schäfer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 10.
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haftigkeit von regelmäßig kurzen Ad-hoc-Mitteilungen eine Rolle spielen kann392, muss bezweifelt werden. Die Unrichtigkeit einer Ad-hoc-Mitteilung beurteilt sich nach dem Horizont eines durchschnittlichen Anlegers393. Der Adressatenkreis ist insoweit mit dem des § 15 WpHG identisch.
173
Nach dem Wortlaut des § 37c Abs. 1 WpHG i.V.m. § 13 WpHG setzt die Haftung die Veröffentlichung einer nicht öffentlich bekannten Information (§ 32 Rz. 14) voraus. Der Emittent scheint demnach eine in der Öffentlichkeit kursierende Fehlinformation in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen zu können, ohne einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt zu sein. Jedoch ist für Informationen, die der Emittent zuvor selbst in Form einer unwahren Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht hatte, eine Haftung wegen unterlassener Berichtigung gegeben (§ 15 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 i.V.m. § 37b WpHG). Aber auch bei Insiderinformationen, deren öffentliche Bekanntheit nicht vom Emittenten herrührt, muss eine Haftung gem. § 37c WpHG bestehen394. Das Merkmal der „nicht öffentlich bekannten Information“ dient der Eingrenzung der Publizitätspflicht gem. § 15 WpHG und passt insoweit zu § 37b WpHG, der die Verletzung des § 15 WpHG mit einer Haftungssanktion belegt. Im Rahmen des § 37c WpHG ist es hingegen ohne Funktion395 und resultiert allein aus der vom Gesetzgeber allzu eng gestalteten Verknüpfung des Tatbestandes mit § 13 WpHG396 (s. bereits Rz. 171). Eine Haftung ist daher selbst bei der Veröffentlichung einer bereits öffentlich bekannt gewordenen Insiderinformation anzunehmen, da der Anspruch des einzelnen Anlegers allein bei Kenntnis ausgeschlossen sein soll (§ 37c Abs. 3 WpHG)397. Eine andere Frage ist allerdings, ob die Lancierung einer bereits bekannten Insiderinformation noch geeignet ist, den Börsenpreis zu beeinflussen.
174
dd) Darlegungs- und Beweislast Die Darlegungs- und Beweislast für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der §§ 37b, 37c WpHG liegt grundsätzlich beim Anleger398.
175
Eine Ausnahme zu Lasten des Emittenten besteht für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes gem. § 15 Abs. 3 WpHG. Ihm obliegt die Darlegungs- und Beweislast
176
392 So Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 34; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 36. Ebenso Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 128, wobei das dort gebildete Beispiel (Mitteilung über Ertragssteigerung ohne Hinweis aus Veräußerung von Unternehmensbestandteilen als Quelle) wohl eher § 37b WpHG zuzuordnen ist. 393 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87. Ausführlich hierzu Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 18 f. m.w.N. 394 Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c WpHG Rz. 119: analoge Anwendung; i.E. ebenso Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1473; ähnlich Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 37, jeweils noch zu insoweit vergleichbaren Rechtslage vor dem AnSVG. 395 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 31. 396 Vgl. Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 34; Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 31 mit weiteren Argumenten zum insoweit vergleichbaren § 37c WpHG a.F. 397 Anders Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 38. 398 S. etwa OLG Stuttgart v. 15.2.2007 – 901 Kap 1/06, BB 2007, 565, 568.
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dafür, dass ein Unterlassen der Veröffentlichung nicht pflichtwidrig war, da ihn die Befreiungsmöglichkeit begünstigt399. Ebenso ist das Merkmal der Unverzüglichkeit vom Emittenten darzulegen und zu beweisen400. Dies gebietet schon die Kongruenz mit § 37b Abs. 2 WpHG (Rz. 186, 188) und der hiermit vom Gesetzgeber intendierten Beweislastumkehr hinsichtlich der Umstände aus der Sphäre des Anspruchsgegners401. Hierbei sollte es auch dann bewenden, wenn man sich beim Merkmal „unverzüglich“ nicht an der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB („ohne schuldhaftes Zögern“) orientiert402, sondern die in Art. 6 Abs. 1 der Marktmissbrauchsrichtline 2003/6/EG enthaltenen Vorgabe einer Veröffentlichung „sobald wie möglich“ im Sinne einer rein objektiven Anknüpfung interpretiert403. c) Anspruchsberechtige 177
Die §§ 37b, 37c WpHG grenzen den Kreis der Anspruchsberechtigten zeitraumbezogen ein, indem sie die anspruchsrelevante Wertpapiertransaktion jeweils in Bezug zur Phase der Desinformation des Kapitalmarkts setzen. Von vornherein ausgeschlossen sind dabei Anleger, die die Wertpapiere entweder vor dem Beginn der Desinformationsinformationsphase erworben und erst nach deren Ende veräußert oder sowohl den Erwerb als auch die Veräußerung während dieser Phase getätigt haben; sie gehören nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach §§ 37b, 37c WpHG404 (Rz. 180 ff.). Andererseits ist im Falle von Namensaktien für die Anspruchsberechtigung unerheblich, ob eine Eintragung des Aktieninhabers in das Aktienregister (§ 67 AktG) je erfolgt ist oder nicht (s. Rz. 8). aa) Desinformationsphase
178
Die Desinformationsphase wird bei § 37b WpHG durch das pflichtwidrige Unterlassen der Veröffentlichung einer Tatsache ausgelöst. Es kommt also auf den Zeitpunkt an, zu dem eine ordnungsgemäße Veröffentlichung hätte erfolgen müssen405; Letzteres bestimmt sich nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 WpHG406. Sie endet über den Wortlaut des § 37b Abs. 1 Nr. 2 WpHG hinaus mit dem Bekanntwerden der Insiderinfor399 Nietsch, BB 2005, 785, 786 f.; Schneider, BB 2005, 897, 902; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 140 f. 400 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 63; a.A. nur Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1474 (ohne Begründung). 401 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 402 So weiterhin Sethe in Assmann/Uwe. H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 65; Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 248; Versteegen in KölnKomm. WpHG, § 15 Rz. 116 ff.; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 81; s. auch Emittentenleitfaden BaFin (Stand 15.7.2005), S. 65 f. 403 So Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 103; ausführlich hierzu Möllers in FS Horn, 2006, S. 474 ff. 404 S. auch Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 86, 97; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 110 f.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 229. 405 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks 14/8017, S. 93; vgl. OLG Schleswig v. 16.12.2004 – 5 U 50/04, WM 2005, 696, 697 = AG 2005, 212. 406 S. auch Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 66; i.E. ebenso Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 46.
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mation407, wobei die Festlegung des genauen Zeitpunkts wie auch in den vergleichbaren Fällen einer aktiven Täuschung (§ 37c Abs. 1 Nr. 2 WpHG, Rz. 179) gewisse Schwierigkeiten bereitet408. Jedenfalls ist die Desinformationsphase beendet, wenn der Emittent die Insiderinformation in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht409. Entsprechend beginnt die Phase der Kapitalmarktdesinformation bei § 37c WpHG im Zeitpunkt der Veröffentlichung der unwahren Information. Für ihr Ende ist auf das Bekanntwerden der Unrichtigkeit abzustellen410, wobei sich die gleichen Probleme der Bestimmung des Merkmals „bekannt“ wie bei § 37b WpHG stellen können (hierzu Rz. 178). Insoweit ist die Unrichtigkeit jedenfalls nach einer Berichtigung des Emittenten bekannt (§ 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG), wobei allerdings bereits die Offenbarung der Unrichtigkeit genügt411.
179
bb) Anspruchsberechtigte bei unterlassener Veröffentlichung Anspruchsberechtigte eines Ersatzanspruches aus § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG sind Personen, die während der Phase des pflichtwidrigen Unterlassens der Informationsversorgung des Kapitalmarkts (Rz. 178) ein Wertpapier erworben haben und zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Desinformation noch Inhaber der Papiere gewesen sind, also Neuwerber von Wertpapieren. Ihnen entsteht ein Schaden durch den „zu teuren“ Erwerb des Wertpapiers. Dies betrifft allein die Fälle der Veröffentlichung negativer Tatsachen, da der Erwerber bei deren Kenntnis das Wertpapier zu einem günstigeren Preis gekauft hätte.
180
Fälle des Unterlassens der Veröffentlichung positiver Tatsachen werden von § 37b Abs. 1 Nr. 2 WpHG erfasst. Anspruchsberechtigt ist danach nur, wer das Wertpapier vor der Phase der Desinformation des Kapitalmarkts (Rz. 178) erworben und innerhalb dieses Zeitraums wieder verkauft hat, also Altanleger. Der Schaden liegt hier im „zu billigen“ Verkauf der Wertpapiere, da bei Veröffentlichung positiver Tatsachen der Veräußerer zu einem höheren Preis verkauft hätte.
181
cc) Anspruchsberechtigte bei fehlerhafter Veröffentlichung Der Kreis der Anspruchsberechtigten in Fällen der Lancierung unwahrer Tatsachen gem. § 37c Abs. 1 Satz 1 WpHG entspricht dem des § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG (Rz. 180). Allerdings gilt dies nur für die Veröffentlichung unwahrer positiver Tatsachen, denn nur in diesen Fällen ist der Anleger durch einen „zu teuren“ Wertpapiererwerb geschädigt.
182
Im Fall des § 37b Abs. 2 Nr. 2 WpHG entspricht der Kreis der Anspruchsberechtigten dem des § 37c Abs. 2 Nr. 2 WpHG (Rz. 181). Geschädigt sind die Anleger hier allerdings nur bei „zu billigem“ Verkauf durch unwahre negative Tatsachen.
183
407 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 55; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1904. 408 Dazu ausführlich Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 210 ff. 409 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 47; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 67; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 92. 410 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 47. 411 Vgl. Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 52; Möllers/Leisch, in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 211.
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d) Haftungsadressat 184
Haftungsadressat ist nach dem Wortlaut der §§ 37b, 37c WpHG ein „Emittent von Finanzinstrumenten die zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind“. Der Emittentenbegriff ist nunmehr als „Inlandsemittent“ i.S. des § 2 Abs. 7 WpHG zu lesen412, weil nur hierdurch die Übereinstimmung zwischen den Adressaten der materiellen Ad-hoc-Veröffentlichungspflichten aus § 15 WpHG und den Haftungsadressaten der hierauf aufbauenden §§ 37b, 37c WpHG gewahrt bleibt (näher Rz. 160 f.). Finanzinstrument ist im Sinne der Definitionsnorm des § 2 Abs. 2b WpHG zu verstehen. Die weitere Voraussetzung einer Zulassung des Finanzinstruments „zum Handel an einer inländischen Börse“ ist ein Relikt aus der Zeit vor Zusammenführung von amtlichem und geregeltem Markt im regulierten Markt, den das FRUG anlässlich dieser Zusammenführung nicht angepasst hat. Gemeint ist nunmehr die Zulassung zum regulierten Markt i.S. des § 32 Abs. 1 BörsG sowie zum Handel an einer Warenterminbörse. Das ergibt sich um übrigen auch schon aus der Definition des Inlandsemittenten i.S. des § 2 Abs. 7 WpHG. Der hiermit in Bezug genommene Begriff des Emittenten in § 2 Abs. 6 WpHG stellt nämlich seinerseits darauf ab, dass das emittierte Finanzinstrument an einem organisierten Markt i.S. des § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen ist. Ein organisierter Markt wiederum liegt nach der Regierungsbegründung zum FRUG in Abgrenzung zu den multilateralen Handelssystemen des § 2 Abs. 3 Nr. 8 WpHG vor, wenn „er staatlich als solcher zugelassen ist“413. Dies lässt sich nach dem BörsG stinnstiftend nur i.S. der Erlaubnis zur Genehmigung einer Börse verstehen, wobei Wertpapierbörsen (§ 2 Abs. 2 BörsG) kraft Gesetzes über einen regulierten Markt des § 32 Abs. 1 BörsG verfügen.
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Nicht nach §§ 37b, 37c WpHG haften die Organmitglieder eines ad-hoc-publizitätspflichtigen Emittenten414. Für diese kommt jedoch eine Haftung aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen in Betracht (Rz. 224 f.). e) Verschulden
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Der Emittent haftet nur bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln. Die §§ 37b Abs. 2, 37c Abs. 2 WpHG enthalten insoweit eine Beweislastumkehr zugunsten des Anlegers. Damit soll dem Grundsatz der Beweislastverteilung anhand der von den Beteiligten jeweils beherrschten Verantwortungsbereiche Rechnung getragen werden415. aa) Schuldhaft unterlassene Veröffentlichung
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Für die unterlassene Veröffentlichung einer Insiderinformation haftet der Emittent nur, wenn er zumindest grob fahrlässig verkennt, dass ein Sachverhalt alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 WpHG erfüllt, er also zur Veröffentlichung der
412 A.A. Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 64. 413 Begr. RegE Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/4028, S. 57. 414 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 20; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 21. 415 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93.
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Insiderinformation verpflichtet ist416. Verkennt der Emittent seine prinzipielle Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität, handelt er jedenfalls grob fahrlässig417; von Emittenten börsenzugelassener Finanzinstrumente ist zu verlangen, dass sie mit der Zulassung verbundene Folgepflichten kennen418. Im Einzelnen gilt: Ein Verschulden scheidet aus, wenn dem Emittenten eine Tatsache nicht bekannt gewesen bzw. aufgrund leichter Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Diesbezügliche Unkenntnis wird jedoch bei solchen Insiderinformationen, die dem Tätigkeitsbereich des Emittenten entstammen (§ 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG), kaum anzunehmen sein; insbesondere sind hier Fragen der Wissenszurechung zu beachten419. Näher liegend ist eine Exkulpationsmöglichkeit dagegen bei Informationen, die nicht aus dem Tätigkeitsbereich des Emittenten stammen (§ 32 Rz. 83). Beim Einwand fehlenden Verschuldens aufgrund der Verkennung des Kursbeeinflussungspotentiales einer Insiderinformation bzw. der Erheblichkeit des Potenziales ist zu berücksichtigen, dass vom Emittenten eine hinreichende Kenntnis der Volatilität seiner Wertpapiere, der Sensitivität des Börsenkurses gegenüber neuen Informationen und eine stete Beobachtung der Bewegungen des Kapitalmarkts erwartet werden kann420. Grobe Fahrlässigkeit liegt dabei dann vor, wenn der Emittent sich den üblichen Börsenreaktionen verschließt421, etwa weil er in Zweifelsfällen nicht den Rat des Emissionsbegleiters bzw. einer mit den Kapitalmarktsverhältnissen vertrauen Person einholt422. Ein Anspruch ist auch ausgeschlossen, wenn der Emittent lediglich leicht fahrlässig verkennt, dass ihn eine Insiderinformation unmittelbar (§ 32 Rz. 83) betrifft oder er leicht fahrlässig vom Bestehen eines Befreiungstatbestandes (§ 15 Abs. 3 Satz 1 WpHG, s. hierzu § 32 Rz. 88 ff.) ausgeht. Was den Entlastungsbeweis für ein wegen eines Irrtums über die Voraussetung einer Befreiung allenfalls leicht fahrlässiges Verschulden (§ 37b Abs. 2 WpHG) angeht, kann das Vorliegen einer auch nachvollziehbar dokumentierten Befreiungsentscheidung des Emittenten nach § 15 Abs. 3 Satz 4 WpHG (§ 32 Rz. 89) eine Rolle spielen423. Das bloße Vorliegen eine solchen Entscheidung allein führt freilich noch nicht eo ipso zum Nachweis fehlenden oder jedenfalls nur leicht fahrlässigen Verschuldens424.
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Der Zeitraum für die Beurteilung des Verschuldens im Rahmen des § 37b WpHG bestimmt sich nach dem Bestehen der Veröffentlichungspflicht des § 15 WpHG. So kann
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416 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 63; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 291 417 Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1859; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 43; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 57. 418 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 43. 419 Zu Einzelheiten s. Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 54; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 162 ff. 420 Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1859; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 54; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 43. 421 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 43; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1859. 422 Vgl. hierzu Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 155; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 291; Vorbehalte gegen die Entlastungswirkung eines Expertenrats allerdings bei Nietsch, BB 2005, 785, 788 unter Verweis auf BGH v. 26.10.2004 – XI ZR 211/03, WM 2005, 27 f. (zu § 826 BGB). 423 Schneider, BB 2005, 897, 902. 424 S. zu den Einzelheiten Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 174 ff.
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auch ein anfänglich schuldloses Unterlassen nachträglich (nicht jedoch rückwirkend) schuldhaft werden, sobald dem Emittenten grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt425. bb) Schuldhafte fehlerhafte Veröffentlichung 190
Das Verschulden bei Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen bezieht sich auf deren Unrichtigkeit. Der Emittent muss dabei nachweisen, dass er die Unrichtigkeit nicht gekannt und auch nicht grob fahrlässig verkannt hat426. Soweit es sich bei Insiderinformationen um Umstände oder Ereignisse handelt, die aus dem Tätigkeitsbereich des Emittenten stammen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG; § 32 Rz. 84), wird insoweit regelmäßig grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sein427; solche kann der Emittent selbst am besten überprüfen. Weniger strenge Anforderungen sind dagegen bei nicht dem Tätigkeitsbereich des Emittenten entstammenden, ihn dennoch betreffende Insiderinformationen zu stellen (zu diesen s. § 32 Rz. 83).
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Für die Bestimmung des Verschuldens kommt es auf den Veröffentlichungszeitpunkt unwahrer Ad-hoc-Mitteilungen an. Nachträglich erlangte Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Unrichtigkeit ist im Rahmen des § 37b i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 2 WpHG zu berücksichtigen428. f) Schadensersatz als Rechtsfolge
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Als Rechtsfolge ist dem Anleger der Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Unterlassung einer Ad-hoc-Mitteilung (§ 37b WpHG) bzw. das Vertrauen in die Richtigkeit der (unwahren) Tatsache (§ 37c WpHG) entstanden ist. Ersatzfähig ist allein das negative Interesse429. Im Übrigen enthalten die §§ 37b, 37c WpHG keine expliziten Regelungen zum Anspruchsinhalt, so dass dessen Einzelausformungen stark umstritten sind (Rz. 197 ff.). aa) Nicht ersatzfähige Schadenskonstellationen
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Anleger, die während der Desinformationsphase (Rz. 178) Transaktionen in solchen Finanzinstrumen des Emittenten tätigen, für die die veröffentlichte bzw. zu veröffentlichende Tatsache nicht kursrelevant war, haben keinen Anspruch nach den §§ 37b, 37c WpHG430. Zwar kann auch der Kurs ihrer Finanzinstrumente aufgrund des Vertrauensverlusts der Anleger in die Redlichkeit der Informationspolitik des Emittenten zurückgehen. Dies ist jedoch ein Risiko, dass sie mit den sonstigen Anlegern/Inhabern von Finanzinstrumenten des Emittente teilen und damit letztlich ein allgemeines Marktrisiko431.
425 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 73. 426 Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 291; MaierReimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 85. 427 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 70. 428 Hierzu ausführlich Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 74. 429 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 71. 430 Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 89. 431 Vgl. zu den Schäden durch Marktüberreaktionen als Anlegerrisiko Hopt/Voigt, Prospektund Kapitalmarktinformationshaftung, S. 112 f.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
Ansprüche gegen den Emittenten nach §§ 37b, 37c WpHG bestehen ferner nicht, soweit der Anleger während der Desinformationsphase (Rz. 178) Transaktionen in Aktien eines konzernzugehörigen Emittenten432 oder in von Dritten emittierten Derivaten, Umtausch- und Aktienanleihen vornimmt, die sich auf ein Finanzinstrument beziehen, das der gegen § 15 WpHG verstoßende Emittent begeben hat433.
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bb) Ersatz der Kursdifferenz Dem Anleger ist jedenfalls der Kursdifferenzschaden zu ersetzen, der ihm durch einen „zu teuren“ Erwerb der Papiere (Rz. 180, 182) bzw. die Erzielung eines „zu billigen“ Verkaufspreises (Rz. 181, 183) entstanden ist434, also die Kursdifferenz zwischen dem auf dem pflichtwidrigen Publizitätsverhalten fußenden tatsächlichen Transaktionspreis und dem (hypothetischen) Kurs, der sich bei pflichtgemäßem Verhalten gebildet hätte435. Zur Berechnung der Kursdifferenz s. Rz. 204.
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Der Anspruchsteller hat insoweit darzulegen und zu beweisen, dass die Pflichtverletzung i.S. der §§ 37b, 37c WpHG zur Beeinflussung des Kurses geführt hat436.
196
cc) Keine „Rückabwicklung“ des Wertpapiergeschäfts Ob der Anleger in den Fällen der §§ 37b Abs. 1 Nr. 1, 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG vom Emittenten die Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übernahme der Papiere bzw. in den Fällen der §§ 37b Abs. 1 Nr. 2, 37c Abs. 1 Nr. 2 WpHG die Lieferung der Papiere gegen Zahlung des (zu niedrigen) erzielten Verkaufspreises437 verlangen kann, ist umstritten. Eine Stellungnahme der höchstrichterlicher Judikatur hierzu liegt bislang nicht vor (s. insb. Rz. 196). Im Übrigen dominiert die Ablehnung438,
432 Vgl. OLG Frankfurt v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753. 433 Näher hierzu Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 231. 434 Allg. Meinung; s. Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 m.w.N. in Fn. 27; ferner etwa Kümpel/Veil, WpHG, 9. Teil Rz. 406; Möllers/ Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 341; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 129 ff. 435 S. hierzu bereits Mülbert, JZ 2002, 826, 835. Einem solchen Anspruch steht der Grundsatz der Kapitalerhaltung (§§ 57, 71 AktG) nicht entgegen, s. Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 134 ff.; Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434 ff. Zu diesem Konkurrenzproblem insgesamt Rz. 5 ff. 436 Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 90; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578. 437 Zu dieser Folge der Naturalrestitution zutreffend Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 86 Fn. 165; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 388. 438 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 f. m.w.N.; Mülbert, JZ 2002, 826, 835; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 87 ff.; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 130 f.; Langenbucher, ZIP 2005, 239, 240 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Fleischer in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 52; Rützel, WM 2003, 69, 76; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sauer, ZBB 2005, 24, 30; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 129; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 26; Fischer zu Cramburg/Royé in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2007, §§ 37b, c WpHG Rz. 7; nun auch Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 70 ff., 76.
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doch finden sich auch einige Befürworter439 einer solchen Restitutionshaftung und wenige im Einzelnen differenzierende Stellungnahmen440. 198
Die Rspr. des BGH, der eine Rückabwicklung des Werpapiergeschäftes bei fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen für die deliktsrechtliche Haftung nach § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG bejaht441, bildet kein Präjudiz für die §§ 37b, 37c WpHG442. Ihre Rechtfertigung findet diese Rspr. vielmehr in den hohen tatbestandlichen Hürden der §§ 823 ff. BGB – insbesondere des Vorsatzerfordernisses443 und (bei § 826 BGB) des Verdikts der Sittenwidrigkeit –, wodurch die Schutzwürdigkeit des Emittenten im Hinblick auf die Überwälzung allgemeiner Kapitalmarktrisiken (Rz. 199) zurückzutreten hat444.
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Richtigerweise kann der Anleger nach überwiegender Ansicht445 nicht einwenden, er hätte bei rechtzeitiger Veröffentlichung der Insiderinformation (§ 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG) bzw. der Kenntnis deren Unwahrheit (§ 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG) das Wertpapier nicht erworben, und damit Rückgängigmachung des Geschäfts verlangen446. Das folgt freilich nicht schon aus dem Wortlaut der §§ 37b, 37c WpHG oder dem systematischen Vergleich mit der entsprechenden prospekthaftungsrechtlichen Rechtsfolgenanordnung. Insbesondere statuiert die Wendung „im Vertrauen“ in § 37c Abs. 1 WpHG lediglich ein Kausalitätserfordernis (Rz. 200). Doch spricht schon der Wortlaut der Regierungsbegründung, die als Schaden nicht den Erwerb des Papiers selbst nennt, sondern nur dessen „zu teuren“ Erwerb447 bzw., in der spiegelbildlichen Konstellation, dessen zu „zu billige“ Veräußerung, für diese Deutung448. Zudem leistet nur eine Begrenzung auf das Differenzinteresse eine angemessene Verteilung des Marktrisikos zwischen Emittent und Anleger: Letzterer soll das allgemeine Marktrisiko einer negativen Kursentwicklung aufgrund externer, nicht mit der Informationspflichtverletzung des Emittenten zusammenhängender Um439 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 83 ff.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 240 ff., 295 ff.; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 295; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1475. 440 Fleischer, BB 2002, 1869, 1872 f.: Rückgängigmachung des Geschäftes in Ausnahmefällen; ähnlich i.E. Veil, ZHR 167 (2003), 365, 391: Rückgängigmachung nur bei durch den Emittenten ausgelösten Fundamentalanalyse des Wertpapiers durch den Anleger, die zu Kauf-/ Verkaufentscheidung veranlasst. 441 Zu § 826 BGB s. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 134, 143 f. = WM 2004, 1721; BGH v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685; BGH v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558; zu § 823 Abs. 2 BGB s. BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359. 442 Wie hier Fleischer, DB 2004, 2031, 2035; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/ Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 118; Sauer, ZBB 2005, 24, 31; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 76 Fn. 1; vgl. auch Langenbucher, ZIP 2005, 239, 241 Fn. 16; a.A. offenbar Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578. 443 Vgl. zu dessen Bedeutung im Rahmen einer Restitutionshaftung insb. Sauer, ZBB 2005, 24, 31. I. E für § 823 Abs. 2 BGB wohl a.A. Schnorr, ZHR 170 (2006), 9, 31 f.: Haftung bereits bei leichter Fahrlässigkeit; s. dazu noch Rz. 244. 444 Fleischer, DB 2004, 2031, 2035 (zu § 826 BGB); Fleischer in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 35 a.E.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637 sowie ebenda 1645 jeweils m.w.N. 445 S. die in Rz. 197 Fn. 437 Genannten. 446 Zum Folgenden näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff. 447 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 448 Schon Mülbert, JZ 2002, 826, 835; Fleischer, BB 2002, 1869, 1872.
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stände nicht auf diesen überwälzen können449. Schließlich würde die Rechtsfolge in Gestalt der Rückabwicklung des Geschäfts im Widerspruch dazu stehen, dass die §§ 37b, 37c WpHG denjenigen Anlegern keinen Anspruch zubilligen, die aufgrund der Desinformation ein Geschäft getätigt und noch vor Offenbarung der fehlerhaften Informationslage durch eine gegenläufige Transaktion sozusagen rückabgewickelt haben450. dd) Haftungsbegründende Kausalität Die Haftung für eine fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung setzt Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Anlageentscheidung voraus und zwar gerade auch dann, wenn man die Rechtsfolge der §§ 37b, 37c WpHG im bloßen Ersatz eines Kursdifferenzschadens (dazu Rz. 195, 199) sieht451. Für die pflichtwidrige Veröffentlichung fehlerhafter Insiderinformationen ergibt sich dies bereits aus dem Normtext des § 37c Abs. 1 WpHG, wonach der Schaden durch das Vertrauen des Anlegers in die Richtigkeit der Information entstanden sein muss452. Gleiches gilt indes wie beim Parallelproblem eines fehlenden Verkaufsprospekts (Rz. 92) auch für die pflichtwidrige Nichtveröffentlichung einer publizitätspflichtigen Insiderinformation nach § 37b Abs. 1 WpHG. Eine Kausalbeziehung ist hierbei anzunehmen, wenn der Anleger bei hypothetisch unterstellter Veröffentlichung der Information die Wertpapiertransaktion nicht vorgenommen hätte. Hierdurch werden insbesondere auch solche Anleger aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausgeschieden, die in ein Finanzinstrument gerade aufgrund der Erwartung investieren, dass der Emittent eine Insiderinformation zu spät oder überhaupt nicht veröffentlicht453. Haftungsbegründende Kausalität fehlt im Fall des § 37b Abs. 3 bzw. § 37c Abs. 3 WpHG (s. Rz. 209).
200
Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität s. Rz. 207.
201
449 Auch Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 132. Anders hierzu Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 78, doch ist der Rückgriff auf die Figur der Vorteilsausgleichung auch dogmatisch wenig überzeugend, bleibt doch im Unklaren, worin der „Vorteil“ des Anlegers bei einer negativen Marktschwankung zu sehen ist. 450 Zutreffend Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 131 in Auseinandersetzung mit der Kritik von Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 84 Fn. 278. 451 Wie hier Veil, ZHR 167 (2003), 365, 370; Kümpel/Veil, WpHG, Teil 9 Rz. 405; Hutter/ Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; a.A. Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 90; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 133 ff.; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 29; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 119 f.; Sauer, ZBB 2005, 24, 29 f.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 357 ff.; nunmehr auch Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 84. 452 In Bezug auf den Wortlaut a.A. Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 84. 453 Näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637; i.E. mit der Figur der Vorteilsausgleichung auch Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 151; vgl. auch Sauer, ZBB 2005, 24, 30 Fn. 42. Dezidiert a.A. Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 357 Fn. 656.
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ee) Haftungsausfüllende Kausalität 202
Ansprüche nach den §§ 37b, 37c WpHG setzen eine Kausalbeziehung zwischen der Pflichtverletzung des Emittenten und der (für den Anleger negativen) Börsenkursreaktion voraus. Kausalität besteht, wenn die pflichtgemäße Veröffentlichung einer Tatsache zu einer für den Anleger günstigen Kursreaktion geführt hätte (zur Schadensberechnung s. Rz. 204 ff.).
203
Zur Darlegungs- und Beweislast der haftungsausfüllenden Kausalität s. Rz. 208. ff) Berechnung des Ersatzanspruchs
204
Der Vermögensschaden des Anlegers liegt in der Differenz des tatsächlichen Erwerbs- bzw. Verkaufspreises und dem hypothetischen Preis des Wertpapiers bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten des Emittenten zum Zeitpunkt der Transaktion454. Die Ermittlung des hypothetischen Kurswerts nach Bereinigung hat das Gericht im Rahmen der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) vorzunehmen455, wobei in der Regel die Hinzuziehung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein wird456. Anhaltspunkt für die Bestimmung dieses hypothetischen Kurses ist die Reaktion des Börsenkurses auf das Bekanntwerden der Insiderinformation (§ 37b WpHG) bzw. das Bekanntwerden der Unrichtigkeit einer ad-hoc verbreiteten Insiderinformation (§ 37c WpHG)457. Diese Reaktion lässt sich nämlich als Transformation der bewertungsrelevanten Information in den Börsenpreis ansehen458, und daher im Grundsatz auf den Transaktionszeitpunkt rückübertragen. Freilich ist die Kursbewegung von sonstigen (allgemeinen) Markteinflüssen zu bereinigen, die mit dem Bekanntwerden in keinem inneren Zusammenhang stehen, da allein die durch die Desinformation hervorgerufenen Schäden zu ersetzen sind459.
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Ungeklärt ist, ob für die Kursbewegung auf die Veränderung des absoluten Kurswerts abzustellen460 oder diese Veränderung ihrerseits in einen relativen Wert umzurechnen ist461. Fällt der Kurs nach der erfolgten Informationspflichtverletzung, führt die 454 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 16 f.; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 387; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 79; Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 31 Rz. 136 m.w.N.; a.A. Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55. 455 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 81; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 387; Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1856; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 135. 456 Sauer, ZBB 2005, 24, 34; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 80; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 138; weitergehend Casper, Der Konzern 2007, 32, 35: Sachverständigengutachten stets erforderlich. 457 Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1850; Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 135. 458 Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1850. 459 Einzelheiten bei Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1850 ff.; Fleischer, BB 2002, 1869, 1873 f. Die Beweislast für nachteilige Marktentwicklungen liegt beim Emittenten, so zutreffend Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 80. 460 So wohl Fleischer, BB 2002, 1869, 1872 f. 461 So Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 124; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 92; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 142.
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Übertragung der relativen Kursveränderung zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Informationspflichtverletzung auf den Transaktionszeitpunkt stets zu einer größeren Schadenshöhe als beim Abstellen auf den absoluten Wert; bei einem steigenden Kurs liegt es genau umgekehrt. Richtiger erscheint der erste Ansatz. Die Kursveränderung ist in zeitlicher Hinsicht durch den Vergleich der Wertpapierkurse vor und nach dem Bekanntwerden der Informationspflichtverletzung seitens des Emittenten zu ermitteln. Da effiziente Kapitalmärkte mit hoher Anpassungsgeschwindigkeit neue Informationen alsbald absorbieren und in den Wertpapierkursen abbilden, ist für das Beobachtungsende auf den Tag nach dem Bekanntwerden abzustellen462. Dieser Kurs ist in Bezug zum unmittelbar vor Bekanntwerden der Insiderinformation gehandelten Kurs zu setzen. Wird die Insiderinformation bzw. deren Fehlerhaftigkeit nicht punktgenau publik, sondern sickert sukzessive in den Markt ein – etwa durch Gerüchte, Pressemitteilungen, Teilinformationen etc. –, ist ein früherer, hiervon noch ganz unbeeinflusster Vergleichskurs heranzuziehen463, auch wenn sich damit die Gefahr erhöht, dass mit der Information nicht im Zusammenhang stehende Umstände (s. bereits Rz. 199) Eingang in die Kursänderung finden464.
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gg) Darlegungs- und Beweislast Den Anleger trifft die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsbegründende Kausalität (Rz. 200). Eine Beweislasterleichterung zu Gunsten des Anlegers sieht das Gesetz nicht vor. Auch die Judikatur zur beweiserleichternden Zulassung eines Anscheinsbeweises wegen Vorliegen einer so genannten Anlagestimmung (s. Rz. 90) lässt sich auf die Haftung nach §§ 37b, 37c WpHG im Grundsatz nicht übertragen465. Für Fälle des reinen Unterlassens nach § 37b WpHG (Rz. 163) ergibt sich dies schon daraus, dass ein solches keine Anlagestimmung hervorrufen kann466, für die Fälle pflichtwidriger Veröffentlichung fehlerhafter Information nach § 37c WpHG daraus, dass kein allgemeiner Erfahrungssatz besteht, wonach Ad-hoc-Mitteilungen eine Anlagestimmung erzeugen467. Eine Ausnahme gilt dann, wenn im Einzelfall eine Adhoc-Mitteilung eine Anlagestimmung tatsächlich ausgelöst hat468. Soweit der Anleger dies nachweisen kann, gilt zumindest eine Vermutung dafür, dass die Mitteilung
462 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 79. 463 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 93: Zeitpunkt der ersten (gerüchteweisen) Wahrnehmung; ähnlich Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 79: plausible Darlegung des Beobachtungsbeginns. 464 Fleischer, BB 2002, 1869, 1873; Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 122; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 79 mit dem zutreffenden Hinweis, dass diese prozessualen Risiken vom Emittenten zu tragen seien. Dieser perpetuiert nämlich durch sein fortgesetzt pflichtwidriges Handeln die Irritation des Marktes. 465 A.A. etwa Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1476; Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Adhoc-Publizität, § 14 Rz. 113; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 105 f. 466 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 112. 467 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543 (zu § 826 BGB); Rützel, AG 2003, 69, 74; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 383. 468 BGH v. 19.7.2004 – III ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543 (zu § 826 BGB).
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für die Anlageentscheidung kausal war; allerdings kann der Anspruchsverpflichtete diese Vermutung zerstören469. 208
Den Anleger trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für die haftungsausfüllende Kausalität (Rz. 202), also dafür, dass bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten des Emittenten der Kurs zum Transaktionszeitpunkt niedriger (§§ 37b Abs. 1 Satz 1, 37c Abs. 1 Satz 1 WpHG) bzw. höher (§§ 37b Abs. 1 Satz 2, 37c Abs. 1 Satz 2 WpHG) gewesen wäre, er also das Wertpapier zu einem für ihn vorteilhafteren Kurs hätte erwerben bzw. verkaufen können. Für die Bestimmung der Schadenshöhe gilt indes § 287 ZPO (Rz. 204)470. g) Haftungsausschluss
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Eine Haftung des Emittenten ist ausgeschlossen, wenn der Anspruchsteller zum Zeitpunkt der Wertpapiertransaktion Kenntnis von der Insiderinformation (§ 37b Abs. 3 WpHG) bzw. von deren Unrichtigkeit (§ 37c Abs. 3 WpHG) hatte471. Es handelt sich hierbei, wie beim Parallelproblem der Prospekthaftung (Rz. 123, 128), um einen Fall fehlender haftungsbegründender Kausalität (Rz. 200), nicht um eine gesetzliche Sonderregelung zum Mitverschulden472. Näher konkretisieren lassen sich die gesetzlichen Vorgaben dahingehend, dass der Anspruchsteller auch Kenntnis von der aus der Pflichtverletzung des Emittenten resultierenden Fehlinformation des Marktes haben muss. Dies erfordert bei § 37c WpHG, dass er auch Kenntnis von der Veröffentlichung der unwahren Information hatte, bei § 37b WpHG Kenntnis von der fehlenden Veröffentlichung473. h) Schadensminderungsobliegenheit
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Den Anspruchsteller trifft keine Obliegenheit zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB durch Verkauf der Wertpapiere bei fallenden Kursen (zur Prospekthaftung s. Rz. 124)474. Im Hinblick auf den vom Emittenten allein zu ersetzenden Kursdifferenzschaden folgt dies schon daraus, dass das Behalten oder die Veräußerung der Wertpapiere für die Schadenshöhe keine Rolle spielt475. Jedoch hat der Anleger die Ansprüche beim Emittenten anzumelden, sobald er von der Fehlerhaftigkeit der Meldung bzw. dem Unterlassen Kenntnis erlangt (zur Prospekthaftung s. Rz. 124 a.E.)476. 469 Leisch, ZIP 2004, 1573, 1577. 470 Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 362. 471 Grobe Fahrlässigkeit genügt dagegen nicht, so dass eine Nachprüfungspflicht des Anlegers entfällt; s. Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 127. 472 A.A. Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 94; Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Adhoc-Publizität, § 14 Rz. 128 (abschließende Sonderregelung); Schäfer in Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 23 a.E. 473 Zutreffend Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 150. 474 Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rz. 130; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 366 m.w.N. auch zur Gegenansicht. 475 Zutreffend Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 82, 125; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 366. 476 Der BGH (v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 159 = WM 2004, 1721 = AG 2004, 546) ist hinsichtlich einer solchen Schadensminderungsobliegenheit zurückhaltend und sieht diese bei einem Anspruch aus § 826 BGB – für den keine den §§ 37b, 37c Abs. 3 WpHG entsprechende spezialgesetzliche Mitverschuldensregelung besteht – jedenfalls bei Anmeldung des Ersatzanspruches erfüllt.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
i) Verjährung Die Verjährungsregelungen der §§ 37b Abs. 4, 37c Abs. 4 WpHG entsprechen denen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung (s. hierzu Rz. 135 ff.). Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist von einem Jahr beginnt ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Unrichtigkeit der Insiderinformation (§ 37c Abs. 4 WpHG) bzw. vom Verstoß gegen die Veröffentlichungspflicht nach § 15 WpHG (§ 37b Abs. 4 WpHG). Kenntnis von der pflichtwidrigen Unterlassung erfordert dabei, dass der Anspruchsberechtigte sowohl die Insiderinformation als auch deren Nicht-Bekanntgabe durch den Emittenten kennt. Die Ansprüche verjähren spätestens drei Jahre seit Veröffentlichung der unwahren Insiderinformation bzw. der pflichtwidrig unterlassenen Veröffentlichung. Abzustellen ist im Fall des Unterlassens der Ad-hoc-Mitteilung (§ 37b Abs. 4 WpHG) auf den Beginn des Unterlassens, nicht auf das Bekanntwerden bzw. die Nachholung der Veröffentlichung477. Den Beginn der Verhährungsfrist hat der Emittent als für ihn günstigen Umstand zu beweisen478.
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2. Emittentenhaftung nach sonstigen Vorschriften a) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Verletzung eines Schutzgesetzes Neben den §§ 37b, 37c WpHG kommt eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz in Betracht. Dabei erfolgt eine Zurechnung des deliktischen Verhaltens von Organmitgliedern der Gesellschaft nach § 31 BGB analog. Für dem Kreis der möglichen Schutzgesetze gilt Folgendes:
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§ 15 WpHG ist kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB479. Dies stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG klar, wonach eine fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung über die §§ 37b, 37c WpHG hinaus nicht zu einer deliktischen Haftung über § 823 Abs. 2 BGB führt480. Andernfalls würden Sonderregeln der §§ 37b, 37c WpHG – begrenzter Kreis der Anspruchsberechtigten (Abs. 1), Verschuldensmaßstab (Abs. 2), Anspruchsausschluss (Abs. 3), Verjährung (Abs. 4) – unterlaufen481. Aus denselben Gründen verbietet es sich auch, die Verstöße gegen die Anforderungen an Inhalt, Zeitpunkt sowie Veröffentlichungsmodalitäten sanktionieren Ordnungswidrigkeitstatbestände des § 39 WpHG als Schutzgesetz anzusehen (für Prospekte s. schon Rz. 142).
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Darstellungen i.S. des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sind nur solche Mitteilungen über den Vermögensstand des Unternehmens, die ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken (Rz. 255). Ad-hoc-Mitteilungen, die sich wie typischerweise der Fall auf Einzelfallereignisse beschränken, erfüllen diese Anforderung nicht482, wohl aber solche, die
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477 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 92; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 377; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1863. 478 Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 93. 479 S. nur Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 138 f. = WM 2002, 1731 = AG 2004, 543 zur Gesetzeslage vor dem 4. FFG. 480 Näher hierzu Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635; Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 107 ff.; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 104 m.w.N. 481 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 107. 482 Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 110; Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 16 Rz. 51. Beispielhaft hierfür BGH v. 19.7.2004 –
Mülbert/Steup
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
Rückschlüsse auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Ganzen zulassen483. Bei § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG werden verbreitet sehr viel geringere Anforderungen gestellt; schon fehlerhafte Mitteilungen betreffend Einzelelemente der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft sollen genügen (Rz. 256). Danach würden fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen von Inlandsemittenten mit der Rechtsform einer GmbH unter sehr viel niedrigeren Anforderungen zu einer Deliktshaftung wegen kapitalmarktlicher Falschinformation führen können. 215
Die §§ 263, 264a StGB sind als Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen484. Der tatbestandlichen Verwirklichung des § 264a StGB in Fällen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen steht jedoch entgegen, dass diese keine Prospektqualität aufweisen (Rz. 146) und dass für eine Einordnung als „Darstellung“ i.S. des § 264a StGB die gleichen strengen Anforderungen wie im Rahmen des § 400 Abs. 1 Satz 1 AktG (Rz. 214) gelten485. Zudem bildet das Erfordernis des Zusammenhangs der Tathandlung mit dem „Vertrieb von Anteilen“ (§ 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB) bzw. einem Erhöhungsangebot (§ 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB) eine zusätzliche Hürde486.
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Einer Haftung nach § 263 StGB wird in der Regel schon das Merkmal der Stoffgleichheit entgegen stehen487/488. Die Vermögensverfügung des getäuschten Anlegers führt nämlich nicht zur einem unmittelbaren Vermögensvorteil des Täuschenden, wenn Ersterer seine Transaktion auf dem Kapitalmarkt mit Dritten vornimmt; die Erhöhung des Aktienkurses auf Grund der fehlerhaften Mitteilung ist hierfür nicht ausreichend489. Eine Drittbereichungsabsicht hinsichtlich der (dem Inlandsemittenten in aller Regel unbekannten) Transaktionspartner des Anlegers ist nicht anzunehmen490. Allein im Rahmen eines so genannten Share Deal oder bei Geschäften mit Organmitgliedern des Emittenten ist eine Haftung denkbar491.
483
484 485 486 487 488 489 490 491
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II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 141 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543: Bekanntgabe einzelner Geschäftsabschlüsse. Weitergehend insoweit Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Covernance, Rz. 184; Groß, WM 2002, 477, 483 f. BGH v. 16.12.2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381, 389 f. = WM 2005, 227 = AG 2005, 162: Veröffentlichung von Halbjahreszahlen in Gestalt einer Gewinn- und Verlustrechnung; BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359 = AG 2005, 609; zustimmend Kiethe, WM 2007, 722, 727; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 113 a.E.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 448; kritisch Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 161. Vgl. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 141 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 142 = WM 2005, 1731 = AG 2004, 543; mit Hinweis auf ein umfassenderes Verständnis des Begriffs „Darstellung“ in § 264a StGB, jedoch i.E. wie hier Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 460. Vgl. Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 111 a.E. m.w.N. sowie BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 142 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 142 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. Zu weiteren Schwierigkeiten bei Anwendung des § 263 StGB für den Fall fehlerhafter Adhoc-Mitteilungen s. Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 112 f. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 142 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543; Möllers/Leisch in KölnKomm, WpHG, §§ 37b, c Rz. 462. BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 142 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. Wilga in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rz. 105; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 462.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
b) § 826 BGB Eine Haftung des Emittenten für Handlungen seiner Organmitglieder kommt auch unter den Voraussetzungen des § 826 BGB in Betracht (vgl. §§ 15 Abs. 4 Satz 2, 37b Abs. 5, 37c Abs. 5 WpHG), wobei ebenfalls eine Zurechnung gem. § 31 BGB analog stattfindet492. Soweit auch die Organmitglieder eine Außenhaftung nach § 826 BGB trifft (dazu Rz. 225), haften Emittent und Organmitglieder als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB)493.
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Der erforderliche Schädigungsvorsatz ist bereits in der Veröffentlichung einer bewusst falschen Insiderinformation zu sehen. Eine Insiderinformation liegt nämlich nur dann vor, wenn sie geeignet ist, den Börsen- oder Marktpreis des Wertpapiers erheblich zu beeinflussen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG), was nur durch Kauf- und Verkaufsentscheidungen individueller Marktteilnehmer möglich ist. Kennen die Verwaltungsmitglieder die Unrichtigkeit einer Tatsache, wissen sie also zugleich, dass Wertpapierverkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden494. Zumindest wird dies in einem solchen Fall billigend in Kauf genommen (dolus eventualis), was im Rahmen des § 826 BGB ausreichend ist495. Der Schaden besteht schon im Zustandekommen des Vertrags, auch wenn hiermit deswegen keine nachteiligen Auswirkungen auf die Vermögenslage des Anlegers verbunden sind, weil die von ihm zu erbringende Leistung dem Wert der Anlage entspricht. Vom Schadensbegriff des § 826 BGB ist nämlich jede Beeinträchtigung eines rechtlichen Interesses erfasst, auch die Verletzung der Integrität der Willensentscheidung unter Belastung mit einer nur ungewollten Verpflichtung496. Zur Rechtsfolge in diesen Fällen Rz. 221.
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Sittenwidrig ist die Veröffentlichung einer unrichtigen Insiderinformation, wenn die Verwaltungsmitglieder bewusst durch fehlerhafte Mitteilungen das Sekundärmarktpublikum unlauter beeinflussen497. Das die Organmitglieder dabei aus eigennützungen Motiven handeln, ist nach dem BGH zwar hinreichende, nicht aber notwendige Bedingung der Sittenwidrigkeit498. Was das Unterlassen einer Veröffentlichung (§ 37b WpHG) angeht, muss dem Organmitglied jedenfalls die Pflicht zur Offenbarung bekannt gewesen sein499. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit erfordert darüber
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492 S. jüngst etwa BGH v 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396; vertiefend Möllers/ Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rz. 16 ff. 493 BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359 = AG 2005, 609; BGH v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 = AG 2007, 620; BGH v 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396; BGH v 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 399. 494 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 155 = WM 2004, 1721 = AG 2004, 546. 495 Wagner in MünchKomm. BGB, § 826 Rz. 19. S. hierzu auch BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1725 = AG 2004, 546. 496 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 140, 149, 153 = WM 2004, 1721 = AG 2004, 546; BGH v 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396 f. und BGH v 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 399 (jeweils für Primär- und Sekundärmarkt); Kort, AG 2005, 21, 24; MaierReimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 178. 497 BGH v. 4.6.2007 - II ZR 147/05, WM 2007, 1557 f. = AG 2007, 620; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1725 = AG 2004, 546; zustimmend Leisch, BKR 2004, 1573, 1576. Zur Frage der Sittenwidrigkeit bei lediglich leichtfertigem Handeln s. Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 416 f. 498 Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 169; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 118; kritisch hierzu etwa Spindler, WM 2004, 2089, 2092. 499 S. hierzu Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 420 f., 422.
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hinaus weitere Umstände, weil sich dieser richtigerweise nicht in der schlichten Nichterfüllung einer gesetzlichen Pflicht erschöpft500. Besondere Verwerflichkeit wird man aber jedenfalls dann annehmen müssen, wenn die bewusste Unterlassung auf eigennützigen Motiven des Organmitglieds beruht501. 220
Ein Anspruch nach § 826 BGB setzt Kausalität der Mitteilung einer Insiderinformation für die Anlageentscheidung des Anspruchstellers voraus502/503. Dies gilt jedenfalls, soweit der Anleger als Rechtsfolge die Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts wählt (hierzu Rz. 221)504. Insbesondere jüngere Entscheidungen des BGH lassen indes erkennen, dass auch bei Geltendmachung des Differenzinteresses auf den Nachweis der Ursächlichkeit der Ad-hoc-Mitteilung auf die Anlageentscheidung nicht zu verzichten ist505. Der BGH sieht im Nachweis der Abschlusskausalität ein geeignetes Erfordernis, um einer „uferlosen Ausweitung“ des offenen Sittenwidrigkeitstatbestands angemessen gegenzusteuern506 Diese Erwägung gilt offenkundig unabhängig davon, ob der Anleger als Rechtsfolge die Rückgängigmachung oder lediglich den Ersatz des Differenzinteresses507 begehrt.
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Als Rechtsfolge hat der Anleger die Wahl zwischen dem Ersatz des Differenzschadens, also dem Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem bei pflichtgemäßen Publizitätsverhalten gebildeten Preis, und Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere an den Emittenten bzw. – bei zwischenzeitlicher Veräußerung der Wertpapiere – auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Veräußerungserlös und dem ursprünglich gezahlten Erwerbspreis (Naturalrestitution,
500 BGH v. 10.7.2001 – VI ZR 160/00, WM 2001, 2068, 2069; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646. 501 Krause, ZGR 2002, 799, 824 f.; Fleischer, BB 2004, 2031, 2035; Fleischer in Assmann/ Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 22; Sauer, S. 54; i.E. ebenso Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 419; weitergehend Sethe in Assmann/Uwe. H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 118: im Grundsatz auch uneigennütziges Handeln; a.A. Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 175: Sittenwidrigkeit lediglich unter dem Aspekt der Ingerenz bei Unterlassen der Berichtigung einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung. 502 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 143 f. = AG 2004, 543; in der Sache auch BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1361 = AG 2005, 609; BGH v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1559 = AG 2007, 620; BGH v 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396 f.; BGH v 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 399. 503 Zum Kausalitätserfordernis in Fällen, in denen die „Anlageentscheidung“ im Halten bzw. dem Nichterwerb von Anteilen besteht s. näher Fleischer in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 31 m.w.N. 504 Insoweit zustimmend Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 171; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 119, 122 a.E.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 430, 319. 505 Dies allerdings ablehnend etwa Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 121 f.; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 435; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 173, Letztere mit alternativer Deutung der Aussagen des BGH. 506 BGH v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684 = AG 2007, 324; BGH v. 26.6.2006 – II ZR 153/05, WM 2007, 486 = AG 2007, 169; BGH v. 4.6.2007 - II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 f. = AG 2007, 620. 507 Vgl. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1636 f. mit parallelen Überlegung §§ 37b, 37c WpHG; ferner oben Rz. 197 ff.
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§ 249 Abs. 1 BGB)508. Letzterem steht nicht entgegen, dass er das Wertpapier nicht von diesem erworben hat, denn der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne schädigendes Ereignis gestanden hätte509. Im Falle der Wahl des Differenzschadensersatzs stellen sich die gleichen Fragen wie im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG, so dass die dortigen Überlegungen (Rz. 199) vorliegend ebenfalls Geltung beanspruchen. Eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches nach § 826 BGB auf das Differenzinteresse ist im Gegensatz zu den §§ 37b 37c WpHG jedoch nicht angezeigt (s. näher Rz. 198). Die Darlegungs- und Beweislast für den haftungsbegründenden Kausalzusammenhang trägt der Anspruchsteller (§ 286 ZPO). Eine Beweislastumkehr in Form der analogen Anwendung des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG kommt nicht in Betracht. Ebenso verbietet es sich im Grundsatz, die von der Rechtsprechung als Vorläufer dieser Vorschrift (Rz. 90) dem Anleger zugesprochene Beweiserleichterung in Form der Gewährung eines Anscheinsbeweises wegen Bestehen einer Anlagestimmung auf Ad-hoc-Mitteilungen zu übertragen510. Zu Einzelheiten, insbesondere auch den Voraussetzungen für die Zulassung eines Anscheinsbeweises im Einzelfall, s. die vorliegend ebenfalls Geltung beanspruchenden Darlegungen in Rz. 207.
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c) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung S. Rz. 146.
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3. Organaußenhaftung Eine Organaußenhaftung der Verwaltungsmitglieder des Emittenten gem. den §§ 37b, 37c WpHG kommt schon nach dem eindeutigen Normtext nicht in Betracht (Rz. 184 f.). Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG scheidet aus, da die Pflicht aus § 15 WpHG allein den Emittenten, nicht aber auch die Verwaltungsmitglieder trifft511. Sonstige deliktische Ansprüche wegen Verletzung eines Schutzgesetzes – § 400 AktG, §§ 223, 264a StGB – kommen ebenso wie beim Emittenten zwar grundsätzlich in Betracht, doch gelten insoweit dieselben Einschränkungen (s. Rz. 214 ff.). Unter engen Voraussetzungen ist eine Eigenhaftung nach den §§ 280 Abs. 1, 313 Abs. 3 BGB denkbar512.
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Die deliktische Generalklausel des § 826 BGB bildet nach wie vor die praktisch bedeutsamste Grundlage einer Organaußenhaftung513. Zu den Voraussetzungen einer solchen Haftung s. Rz. 217 ff.
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508 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 = WM 2004, 1721 = AG 2004, 546; Möllers/Leisch, ZIP 2002, 1995, 1997 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067. 509 Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 179; wohl auch Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 130. A.A. Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068; Kort, NZG 2005, 708. 510 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 145 f. = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543; BGH v. 4.6.2007 - II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 = AG 2007, 620; Möllers/Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rz. 68. Kritisch hierzu jüngst Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 105 f. 511 Hierzu Zimmer in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, §§ 37b, 37c WpHG Rz. 128. 512 Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, S. 271 f.; MaierReimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 196. 513 Zu einer in der Entwurfsfassung verbliebenen Haftungskonzeption nach einem KapInHaG (Rz. 4), s. nur Gottschalk, Der Konzern 2005, 274.
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IV. Haftung für fehlerhafte Regelpublizität 1. Überblick 226
Die Regelpublizitätspflichten von Emittenten wurden vom TUG deutlich ausgeweitet, ohne dass es auch zur Einführung eines spezialgesetzlichen Haftungstatbestands für fehlerhafte Regelpublizität gekommen wäre. Grundlage einer Haftung können daher nur deliktsrechtliche Vorschriften, insbesondere die §§ 823 Abs. 2, 826 BGB, die Grundsätze zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung und, als Substitut einer regelpublizitätsspezifischen Haftungsvorschrift, eine analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG sein. Zu beachten ist bei der Anwendung dieser Haftungsgrundlagen vor allem auch Art. 7 der Transparenzrichtlinie, dem gewisse Mindestvorgaben und Eckpunkte für das vom nationalen Recht vorzusehende Haftungsregime zu entnehmen sind (Rz. 227). Zusätzliche Komplikationen ergeben sich daraus, dass der Gesetzgeber das erweiterte Regelpublizitätsregime im Grundsatz zwar mit der Einführung der neuen §§ 37v–37z WpHG umgesetzt, für einen Teil der Emittenten die Vorschriften für die Jahresfinanzberichterstattung jedoch auf das HGB und das WpHG verteilt (Rz. 228 ff.) und das resultierende zweispurige Regime im HGB und im WpHG zudem mit jeweils unterschiedlichen Sanktionen belegt hat (Rz. 234 ff.). Eine sowohl richtlinienkonforme als auch in sich wertungsstimmigkonsistente Umsetzung der Vorgaben des Art. 7 lässt sich nach alledem, soviel sei vorweggenommen, nur mit einer analogen Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG (Rz. 249) realisieren. a) Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG
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Die Mindestvorgaben des Art. 7 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG an das vom nationalen Recht zu etablierende Haftungsregime umfassen fünf Punkte514: Erstens ist eine unmittelbare Haftung gegenüber den Anlegern für fehlerhafte Regelpublizität vorzusehen; zweitens ist eine Haftung auch für verzögerte oder ganz ausbleibende Publizität vorzusehen, weil die Art. 4 bis 6 jeweils fristgebundene Veröffentlichungspflichten statuieren; drittens ist eine Emittentenhaftung für fehlerhafte freiwillige Quartalsberichte einzuführen; viertens kann sich das nationale Recht damit begnügen, den Ersatz des Kursdifferenzschadens vorzusehen, eine weitergehende Restitutionshaftung ist nicht gefordert. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Einführung einer (spezialgesetzlichen) Haftung des Emittenten, statt ausschließlich eine Direkthaftung der Organmitglieder vorzusehen, dürfen fünftens für die Emittentenhaftung keine weitergehenden Einschränkungen aus den Kapitalerhaltungsregeln (§§ 57 ff. AktG) und den Vorschriften über den Rückerwerb eigener Aktien (§§ 71 ff. AktG) gelten. Nicht erforderlich ist hingegen, dass schon grobe Fahrlässigkeit als Verschuldensform genügt515. b) Das zweispurige System der Regelpublizität in WpHG und HGB
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Der Ausbau der Regelpublizitätspflichten für Emittenten durch das TUG zu einem umfassenderen System der Finanzberichterstattung betrifft Anlass, Umfang und 514 Hierzu Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653. 515 A.A. Veil, ZBB 2006, 162, 168 f.
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Veröffentlichungsmodalitäten der Regelpublizität. In seinen haftungsrelevanten Grundzügen geht dieses in Umsetzung der Art. 4 ff., 21 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG eingeführte System dahin, dass Inlandsemittenten i.S. des § 2 Abs. 7 WpHG516 – wozu auch solche ausländischer Rechtsform gehören, wenn ihr Herkunftsstaat nach Maßgabe des § 2 Abs. 6 WpHG die Bundesrepublik ist (Nr. 1) oder ihre Wertpapiere ausschließlich im Inland zugelassen sind (Nr. 2) – periodisch bestimmte Finanzberichterstattungsunterlagen zu erstellen517 und unverzüglich zu veröffentlichen haben. Für Emittenten von Wertpapieren i.S. des § 2 Abs. 1 WpHG ist dies der Jahresfinanzbericht bestehend aus Jahresabschluss/Konzernabschluss und Lagebericht/Konzernlagebericht mit jeweils hierauf bezogenen Entsprechenserklärungen (so genannter Bilanzeid), für Emittenten von Aktien und/oder Schuldtiteln (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG) der Halbjahresfinanzbericht bestehend aus verkürztem Abschluss/Konzernabschluss und der Zwischenlagebericht mit jeweils hierauf bezogenen Entsprechenserklärungen, für Emittenten von Aktien schließlich sind dies zwei unterjährige Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung. Die gesetzestechnische Umsetzung ist, was die unterjährige Finanzberichterstattung in Gestalt von Halbjahresfinanzberichten (§ 32 Rz. 75 ff.) und Zwischenmitteilungen (§ 32 Rz. 79 f.) anbelangt, für alle Emittenten einheitlich in § 37w (auch i.V.m. § 37y Nr. 2) WpHG und in § 37x (auch i.V.m. § 37y Nr. 3) WpHG erfolgt. Die Vorschriften legen die jeweiligen inhaltlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße Erstellung der Finanzberichterstattungsunterlagen fest – für den Halbjahresfinanzbericht durch Verweis auf die internationalen Rechnungslegungsstandards sowie, was die Entsprechenserklärung betrifft, auf die entsprechenden Vorschriften des HGB – und bestimmen die jeweilige Höchstfrist, innerhalb derer die Unterlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen sind. Ihre Publikation – das Gesetz spricht davon, dass die Unterlage der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen ist – hat jeweils dergestalt zu erfolgen, dass der Emittent die Unterlagen im Internet zum Abruf zur Verfügung stellt518 und diesen Umstand nebst genauem Pfad519 der abzurufenden Datei mittels einer so genannten Hinweisbekanntmachung nach näherer Maßgabe der § 22 i.V.m. §§ 3a, 3b WpAIV aktiv gemeinschaftsweit bekannt macht520. Für die von einzelnen Börsen vorgesehenen Quartalsberichte (§ 32 Rz. 79 f.) beschränkt sich § 37x Abs. 3 WpHG darauf festzulegen, dass diese von der Verpflichtung zur Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen befreien, wenn sie den Vorgaben des § 37w Abs. 2 Nr. 1, 2 WpHG an den verkürzten Abschluss und Zwischenlagebericht genügen; hierauf bezogene Entsprechenserklärungen im Quartalsbericht sind also entbehrlich.
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Was den Jahresfinanzbericht (§ 32 Rz. 67 ff.) anbelangt, hat das TUG mittels des Befreiungstatbestands des § 37v Abs. 1 Satz 1 (und 4) WpHG für HGB-publizitätspflichtige Inlandsemittenten und sonstige Inlandsemittenten ein jeweils unter-
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516 Zur Richtlinienwidrigkeit der Anknüpfung auch der Erstellungspflichten an den Begriff des Inlandsemittenten s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 765 f. 517 Das gilt über den Wortlaut des § 37x Abs. 1 Satz 1 WpHG hinaus auch für Zwischenmitteilungen; s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 762, 766. 518 S. §§ 37v Abs. 1 Satz 1, 37w Abs. 1 Satz 1, 37x Abs. 1 Satz 1 (jeweils auch i.V.m. § 37y) WpHG. 519 Begr. RegE TUG, BT-Drucks. 16/2498, S. 43. 520 S. §§ 37v Abs. 1 Satz 2, 37w Abs. 1 Satz 2, 37x Abs. 1 Satz 2 (jeweils auch i.V.m. § 37y) WpHG.
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schiedliches Publizitätsregime eingeführt. Erste Gruppe umfasst den größten Teil der Inlandsemittenten i.S. des § 2 Abs. 7 Nr. 1 WpHG: Kapitalgesellschaften mit Satzungssitz in Deutschland und Personengesellschaften i.S. der §§ 264a, 264b HGB. Sonstige Inlandsemittenten sind sonstige inländische Emittenten, insbesondere die dem Publizitätsgesetz unterfallenden Emittenten521, Emittenten ausländischer Rechtsform mit der Bundesrepublik als Herkunftsstaat und die Emittenten des § 2 Abs. 7 Nr. 2 WpHG, also Emittenten ausländischer Rechtsform mit einem ausländischen Herkunftsstaat522. 231
Für die Erstellung und Veröffentlichung des Jahresfinanzberichts durch die sonstigen Inlandsemittenten (Rz. 230), gilt ebenfalls das bereits zur unterjährigen Finanzberichterstattung skizzierte Regelungssystem. Als eine gewisse Besonderheit ist allein zu vermerken, dass § 37v Abs. 2 Nr. 1 WpHG einen „gemäß dem nationalen Recht des Sitzungsstaates des Unternehmens“ aufgestellten Jahresabschluss verlangt und damit, was die inhaltlich ordnungsgemäße Erstellung des Jahresabschlusses als Teil des inhaltlich ordnungsgemäßen Jahresfinanzberichts anbelangt, ausdrücklich auch die Normen eines ausländischen Sachrechts für maßgeblich erklärt.
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HGB-publizitätspflichtige Inlandsemittenten (Rz. 230) sind nach § 37v Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 HGB als bereits nach den Vorschriften des HGB, konkret: nach § 325 HGB523, offenlegungspflichtige Unternehmen von den Erstellungs- und Offenlegungspflichten des Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift befreit. Sie unterliegen den Erstellungsvorschriften des HGB betreffend die jeweiligen Rechnungslegungsunterlagen (§§ 264 Abs. 1 Satz 1, 242, 289, 290 Abs. 1, 297, 315 HGB) nebst der jeweils ergänzenden Verpflichtung zur – von der Unterzeichnung des Jahresabschlusses gem. § 245 HGB zu unterscheidenden – Abgabe einer Entsprechenserklärung (§§ 264 Abs. 2 Satz 3, 289 Abs. 1 Satz 5, 297 Abs. 2 Satz 4, 315 Abs. 1 Satz 6 HGB) sowie den handelsrechtlichen Einreichungs- und Offenlegungsregeln des § 325 HGB. Nach letzterer Vorschrift haben die gesetzlichen Vertreter der publizitätspflichtigen Gesellschaften die Rechnungslegungsunterlagen – dies umfasst auch die jeweiligen Entsprechenserklärungen als eine andere Unterlage der Rechnungslegung (s. § 335 521 S. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 763 f. 522 Zur Richtlinienwidrigkeit der Unterstellung der Inlandsemittenten des § 2 Abs. 7 WpHG unter die Erstellungs- und Veröffentlichungspflicht aus § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG und dazu, dass die Bundesrepublik lediglich die Modalitäten der Offenlegung regeln kann, s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 765 ff. 523 Die nach § 325a HGB veröffentlichungspflichtigen Emittenten in der Rechtsform einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit inländischer Zweigniederlassung sind keine HGBpublizitätspflichtigen Inlandsemittenten in diesem Sinne. Zwar ist § 37v Abs. 1 Satz 1WpHG nach der Begr. RegE TUG (BT-Drucks. 16/2498, S. 43) „konstitutiv für Emittenten, soweit diese nicht bereits nach den handelsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 325 HGB, zur Offenlegung der im Jahresfinanzbericht enthaltenen Rechnungslegungsunterlagen verpflichtet“ sind. Für Inlandsemittenten in der Form einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit der Bundesrepublik kann diese Befreiungsregelung nach Sinn und Zweck gleichwohl nicht zum Tragen kommen. Da sie den materiellen Rechnungslegungsvorschriften des HGB einschließlich derjenigen zur Entsprechenserklärung nicht unterliegen, wären sie andernfalls der Pflicht zur Jahresfinanzberichterstattung ganz entzogen. Für ausländische Kapitalgesellschaften mit inländischer Zweigniederlassung, die als Emittenten i.S. des § 2 Nr. 7 WpHG einen ausländischem Herkunftsstaat haben, folgt dies schon daraus, dass der deutsche Gesetzgeber bei richtlinienkonformer Auslegung für die Emittenten der Nr. 2 lediglich die Art und Weise, nicht aber das grundsätzlich Ob einer Offenlegungspflicht regeln darf. S. schon Rz. 230 Fn. 521.
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Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB)524 – zuerst beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers einzureichen (§ 325 Abs. 1 Satz 1, 2 bzw. Abs. 3 HGB) und ebenda sodann bekannt zu machen (§ 325 Abs. 2 bzw. 3 HGB). Im Übrigen gilt aber auch für diese Emittenten die Pflicht aus § 37v Abs. 1 Satz 2 WpHG zur Veröffentlichung einer Hinweisbekanntmachung nach näherer Maßgabe des § 22 i.V.m. §§ 3a, 3b WpAIV, die auf die Publikation im elektronischen Bundesanzeiger hinweist525. Eine genaue Angabe des künftigen Pfades hierzu ist dem Emittenten allerdings nicht möglich. Dies ist jedoch hinzunehmen, weil als Alternative nur verbliebe, dass er die in § 37v Abs. 2 WpHG genannten Unterlagen selbst im Internet, etwa auf der eigenen Homepage, zum Herunterladen bereit stellt, womit im Ergebnis die in § 37Abs. 1 Satz 1 WpHG vorgesehene Befreiung der Inlandsemittenten leer liefe. Kein Bestandteil des in Art. 4 ff. i.V.m. 21 Abs. 1 Transparenzrichtlinie vorgesehenen Publizitätsregimes für den Jahresfinanzbericht sind die lediglich für sonstige Inlandsemittenten (Rz. 230) geltende Pflicht zur Übermittlung der Jahresfinanzberichterstattungsunterlagen an das Unternehmensregister aus § 37v Abs. 1 Satz 4 WpHG sowie die Mitteilungspflicht gegenüber der BaFin aus § 37v Abs. 1 Satz 3 WpHG.
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c) Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbestände im WpHG/HGB Das Sanktionenregime des WpHG und das des HGB bei fehlerhafter Jahresfinanzberichterstattung divergieren ganz erheblich526.
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Der umfangreiche Ordnungswidrigkeitskatalog des § 39 Abs. 2 WpHG erfasst die verspätete oder gar unterbleibende Veröffentlichung der Finanzberichterstattungsunterlagen einschließlich der Zwischenmitteilungen in Nr. 24 und die fehlende oder verspätete Veröffentlichung der hierauf bezogenen Hinweisbekanntmachung in Nr. 5. Dagegen sieht das WpHG keine ordnungs- oder gar strafrechtliche Sanktion für die Veröffentlichung einer inhaltlich fehlerhaften Finanzberichterstattungsunterlage vor527. Bußgeldbewehrt ist nach Nr. 5 lit. f-h allerdings die inhaltlich fehlerhafte oder nicht in der gehörigen Form erfolgende Publikation einer Finanzberichterstattungsunterlage.
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Das HGB hat die vorsätzliche Veröffentlichung eines (erheblich528) unrichtigen oder unvollständigen Jahres-/Konzernabschlusses oder/und (Konzern-)Lageberichts für die Organmitglieder in § 331 Nr. 1529, Nr. 2 HGB zum Straftatbestand erhoben. Strafbar ist bei Vorsatz ferner eine fehlerhafte, weil auf eine inhaltlich unrichtige Rechnungslegungsunterlage bezogene Entsprechenserklärung, § 331 Nr. 3a HGB. Hinzu
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524 S. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 764. 525 Das muss schon wegen der zwingenden Umsetzungsvorgabe des Art. 21 Abs. 1 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG gelten; s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 764 f. 526 Zu weiteren, wenn auch für eine zivilrechtliche Haftung irrelevanten Unterschieden bei den Sanktionen s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 767 ff. mit gemeinschafts- und verfassungsrechtlicher Bewertung. 527 Näher dazu und zum hierin liegenden Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 der Transparenzrichtlinie 2004/109/EG s. Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 769 sowie ebenda 770. 528 S. Fleischer, ZIP 2007, 97, 102 m.w.N. in Fn. 81; ebenso Wiedmann in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, § 331 Rz. 6. 529 Zu dessen Verfassungsmäßigkeit jüngst BVerfG v. 15.8.2006 – 2 BvR 822/06, m. Anm. Kutzner, WuB IX § 331 HGB 1.07; BGH v. 25.4.2006 – 5 StR 430/05, wistra 2006, 465.
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kommen die Vorsatz erfordernden (§ 10 OWiG) Ordnungswidrigkeitstatbestände des § 334 Abs. 1 Nr. 1 – 4 HGB, die inhaltliche Verstöße gegen einzelne, die Aufstellung betreffende Vorschriften adressieren. Für die entgegen § 325 Abs. 2, 3 HGB verspätete oder ganz unterbleibende Offenlegung von Abschluss oder/und (Konzern-)Lagebericht und/oder die Nichtoffenlegung einer hierauf bezogenen Entsprechenserklärung ist dagegen lediglich ein nunmehr allerdings von Amts wegen durchzuführendes Ordnungsgeldverfahren (§ 335 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) vorgesehen.
2. Deliktische Haftung für fehlerhafte/fehlende Regelpublizität a) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz 237
Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB setzt die Verletzung eines Schutzgesetzes voraus. In Betracht kommen hierfür zunächst solche Strafnormen und Ordnungwidrigkeitstatbestände, die eine ordnungsgemäße Finanzberichterstattung absichern; im Falle der an die Organmitglieder gerichteten Strafnormen wird der von einem Organmitglied gem. § 823 Abs. 2 BGB verwirklichte Haftungstatbestand dem Emittenten nach § 31 BGB analog zugerechnet (s. Rz. 212 ff.). Zweitens ist ein drittschützender Charakte hinsichtlich der materiellen Rechnungslegungs- und Finanzberichterstattungsvorschriften (Rz. 242 ff.) und drittens hinsichtlich der Vorschriften über Art und Weise der Veröffentlichung (Rz. 246) in Betracht zu ziehen. aa) Straf-/Ordnungswidrigkeitenvorschriften
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§ 331 HGB ist in toto als Schutzgesetz zugunsten aktueller und potentieller Anleger einzuordnen530. Damit haften die Organmitglieder von HGB-publizitätspflichtigen Inlandsemittenten (Rz. 230) sowie kraft Zurechnung analog § 31 BGB auch diese Inlandsemittenten selbst bei vorsätzlicher Veröffentlichung eines (erheblich) unrichtigen oder unvollständigen Jahresabschlusses/Konzernabschlusses oder/und (Konzern-)Lageberichts (§ 331 Nr. 1, 2 HGB) oder/und auf diese Rechnungslegungsunterlagen bezogene inhaltlich unrichtige Entsprechenserklärungen (§ 331 Nr. 3a HGB).
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Ob dagegen die Strafvorschriften der §§ 283 Abs. 5, 283b StGB wegen unterlassener/ verspäteter bzw. fehlerhafter Bilanzaufstellung Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB sind, ist höchstrichterlich noch nicht entscheiden531, wird aber von einem Teil der Literatur bejaht532. Denkbar ist dies überhaupt nur dann, wenn jemand aufgrund der namentlichen Pflichtverletzung in einem Zeitraum, in dem eine objektive Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs. 6 StGB (auch i.V.m. § 283b Abs. 3 StGB) vorliegt (Eröffnung des Insolvenzverfahrens/Ablehung der Eröffnung mangels Masse/ Einstellung von Zahlungen), eine konkrete Vermögensdisposition aufgrund der unterlassenen/fehlerhaften Bilanzierung tätigt533. 530 S. Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1645 m.w.N. in Fn. 124. Zu § 331 Nr. 3a HGB s. ferner Fleischer, ZIP 2007, 97, 103; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 254. 531 Vgl. BGH v. 13.4.1994 – II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 378 f. = WM 1994, 377. 532 Canaris in FS Larenz, 1983, S. 27, 73; Haas, Geschäftsführerhaftung und Gläubigerschutz, 1997, S. 138; Fleischer, WM 2006, 2021, 2026; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 41 Rz. 3 m.w.N.; a.A. Schnorr, ZHR 170 (2006), 9, 16 f. 533 Zu Letzterem vgl. BGH v. 13.4.1994 – II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 378 = WM 1994, 377.
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§ 823 Abs. 2 i.V.m. mit den ebenfalls Schutzgesetzeigenschaft aufweisenden § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (Rz. 255) bzw. § 334 HGB534 leistet keine Erweiterung der Haftung für eine inhaltlich fehlerhafte Jahresfinanzberichterstattung. Was Emittenten in der Rechtsform einer AG oder KGaA angeht, ist diese Strafnorm gegenüber § 331 Nr. 1 HGB ohnehin subsidiär; für Inlandsemittenten einer sonstigen in- oder ausländischen Rechtsform folgt dies daraus, dass § 400 AktG eben nur für Organmitglieder einer inländischen AG oder KGaA gilt. Dagegen führt die Veröffentlichung inhaltlich unrichtiger Halbjahresfinanzberichte durch die Organmitglieder von Inlandsemittenten in der Rechtsform einer AG oder KGaA bei Vorsatz zur Haftung nach § 400 Abs. 1 Nr. 1, 2 AktG, weil es sich hierbei um Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft mit dem bei § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erforderlichen Anspruch auf umfassende Information über den Vermögensstand (Rz. 255) handelt535. Ebenso ist wegen § 37x Abs. 3 WpHG jedenfalls für Quartalsberichte mit Befreiungswirkung zu entscheiden536. Ob dies auch für Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung zu gelten hat, erscheint angesichts ihres sehr viel niedrigeren Informationsanspruch jedenfalls nicht zweifelsfrei537. Inhaltlich fehlerhafte Halbjahresfinanzberichte von Inlandsemittenten in der Rechtsform einer GmbH unterfallen bei Vorsatz ohne weiteres § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG538. Keine weitergehende Haftungsgrundlage folgt im Übrigen aus § 264a StGB, weil für dessen Merkmal „Darstellung“ die gleichen strengen Anforderungen wie bei § 400 Abs. 1 Satz 1 gelten und die Tathandlung zudem im Zusammenhang mit dem „Vertrieb von Anteilen“ (§ 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB) bzw. einem Erhöhungsangebot (§ 264a Abs. 1 Nr. 2 StGB) stehen muss (Rz. 215).
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Jeweils keine drittschützende Wirkung kommt den Ordnungswidrigkeitstatbeständen des § 39 Abs. 2 Nr. 24 WpHG betreffend die verspätete oder gar ausbleibenden Veröffentlichung einer Finanzberichterstattungsunterlage und erst recht denen des § 39 Abs. 2 Nr. 5 WpHG betreffend sämtliche bei einer Hinweisbekanntmachung denkbaren Fehler zu. Dafür spricht aus Konsistenzerwägungen schon, dass im Falle der HGB-publizitätspflichtigen Emittenten die verspätete oder unterlassene Veröffentlichung des Jahresabschlusses nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit bildet, sondern die Veröffentlichung nur mittels eines amtswegigen Ordnungsgeldes durchgesetzt werden kann (s. § 335 Nr. 1, 2 HGB), und zudem die Wertungsparallele zur Prospekthaftung (dazu Rz. 142) und zur Ad-hoc-Mitteilungspflicht (dazu Rz. 213).
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bb) Materielle Rechnungslegungs-/Finanzberichterstattungsvorschriften Für einen fehlerhaften Jahresabschluss/Konzernabschluss/(Konzern-)Lagebericht besteht keine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB. Nach richtiger, wenn auch im Schrifttum zunehmend bestrittener539 Ansicht ist nicht einmal den Kernvorschriften des 534 Zu dessen Schutzgesetzeigenschaft Fleischer in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 60 m.w.N. 535 S. auch BGH v. 16.12.2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381, 388 = WM 2005, 227 = AG 2005, 162: Veröffentlichung von Halbjahreszahlen in Gestalt einer Gewinn- und Verlustrechnung als Ad-hoc-Veröffentlichung unterfällt § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG. 536 Vgl. BGH v. 16.12.2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381, 388 = WM 2005, 227 = AG 2005, 162. 537 Insoweit zu großzügig noch Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 770. 538 Tiedemann in Scholz, GmbHG, § 82 Rz. 145. 539 S. nur Fleischer in Assmann/Schütze, Hdb. Kapitalanlagerecht, § 7 Rz. 60 m. z. weiteren N.; ferner Fleischer, WM 2006, 2021, 2028 (i.E. freilich wie hier, 2029); Schnorr, ZHR 170 (2006), 9, 26 ff.; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 788; Dühn, S. 197; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/
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HGB betreffend die materiellen Anforderungen an eine inhaltlich ordnungsgemäße Rechnungslegung – §§ 242 i.V.m. 243, 264 Abs. 2 Satz 1, 297 Abs. 2 HGB, §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 2 Satz 1 PublG (Abschlüsse), §§ 289, 315 HGB, §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 2 Satz 2 PublG (Lagebericht) – eine Drittschutzwirkung zuzubilligen540. 243
Die gegenteilige Position müsste letztlich zu dem überzogenen Ergebnis führen, dass alle nach HGB oder PublG zur Rechnungslegung Verpflichteten auch gegenüber allen Gläubigern haften, die von der fehlerhaften Erstellungsunterlage Kenntnis genommen haben. Setzt man bei den materiellen Erstellungsvorschriften selbst an, ist nämlich kein Ansatzpunkt dafür ersichtlich, diese Schutzwirkung auf in Eigenoder Fremdkapitaltitel eines Emittenten investierende Anleger zu beschränken und nicht auch die sonstigen Gläubiger einzubeziehen. Das zur Rechtfertigung dieses Ergebnisses zunehmend angeführte Argument, dass eine Haftung für fehlerhafte Buchführung/Rechnungslegung eben das notwendig Gegenstück zum Privileg der beschränkten Haftung sei541, geht offenkundig daran vorbei, dass auch Handelsgesellschaften mit unbeschränkt haftenden natürlichen Personen – OHG, KG, KGaA – buchführungspflichtig sind. Diesem Einwand wäre im Übrigen auch nicht zu entgehen, indem man den haftungsfreundlichen Ausgangspunkt (in sich inkonsistent) dahingehend einschränkt, dass man den Buchführungs-/Rechnungslegungspflichten lediglich für die zur Offenlegung der Rechnungslegung verpflichteten Gesellschaften drittschützende Wirkung zuerkennt. Denn zum verbleibenden Kreis betroffener Emittenten würden immer noch alle KGaA und, bei Erfüllung bestimmter Größenmerkmale, auch alle nicht schon § 264a HGB unterfallenden Personengesellschaften sowie sogar Einzelkaufleute gehören (s. § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG).
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Was den Anlegerschutz im Besonderen angeht, kommt als Einwand hinzu, dass für eine solche Deliktshaftung der Massstab des § 276 BGB gälte und der Emittent also schon bei leichter Fahrlässigkeit haften würde542. Das stünde im Widerspruch zu den Anforderungen der § 45 BörsG, §§ 37b, 37c WpHG und müsste zu unauflösbaren Wertungsbrüchen im System der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation führen543. Bei der Veröffentlichung eines fehlerhaften Halbjahresfinanzberichts oder
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Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 206 ff. (speziell zur Finanzberichterstattung nach §§ 37v ff. WpHG). Zum Lagebericht Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 185 f. BGH v. 13.4.1994 – II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 377 f. = WM 1994, 896 (allerdings mit gewisser Zurückhaltung); BGH v. 10.7.1964 – Ib ZR 208/62, BB 1964, 1273; Kort, EWiR 2001, 767 f.; Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, § 238 Rz. 19; Ebke in MünchKomm. HGB, § 238 Rz. 85; w.N. bei Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1645. Schnorr, ZHR 170 (2006), 10, 30. Dies gilt jedenfalls für die nach §§ 37v ff. WpHG zu publizierenden Rechnungslegungsunterlagen, die im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit nicht von den Strafvorschriften des § 331 HGB, § 400 AktG erfasst sind (hierzu näher Mülbert/Steup, NZG 2007, 761, 769 f.). Soweit hingegen die Publikationspflichten von § 331 HGB, § 400 AktG flankiert werden, greift eine Haftung allenfalls bei Vorsatz, s. hierzu näher Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646; Ekkenga, ZIP 2004 780, 789. A.A. freilich Schnorr, ZHR 170 (2006), 10, 31 f.; Zimmer/ Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519, 533. Dieser Gesichtspunkt ist auch für Fleischer, WM 2006, 2021, 2028 ausschlaggebend; a.A. Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519, 533: allgemeine gesetzgeberische Entscheidung der Fahrlässigkeitshaftung bei fehlender Sondervorschrift; anders Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 227 die den subj. Maßstab der §§ 37b, 37c WpHG auf eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB übertragen wollen. Bei Schnorr, ZHR 170 (2006), 10, 31 f. finden diese Bestimmungen nicht einmal Erwähnung.
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einer Zwischenmitteilung in Form einer Ad-hoc-Mitteilung544 würde der Emittent einem auf die Mitteilung vertrauenden Anleger nach § 37c WpHG nur bei zumindest grober Fahrlässigkeit haften; hätte der Anleger die Finanzberichterstattungsunterlage auf anderem Wege zur Kenntnis und als Anlass für eine Vermögensdisposition genommen, würde der Emittent schon für leichte Fahrlässigkeit bei der Erstellung haften. Für die Vorschriften des WpHG betreffend die materiellen Anforderungen an eine inhaltlich ordnungsgemäße Finanzberichterstattung545 ist schon durch die für HGBpublizitätspflichtige Inlandsemittenten geltenden Befreiungsregel des § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG zwingend vorgegeben, dass auch ihnen kein drittschützender Charakter zu eigen ist. Zugleich wahrt dies die Wertungsparallele zu der vom Gesetzgeber ungeachtet aller Kritik im 4. FMFG und im AnSVG aufrecht erhaltenen Grundentscheidung in § 15 Abs. 6 WpHG, den Vorschriften über die Erstellung und Veröffentlichungen von Ad-hoc-Mitteilungen einen drittschützenden Charakter zu verwehren546/547. Denn funktional gesehen bildet die Ad-hoc-Publizität die anlassbezogenen Fortschreibung der Regelpublizität für dem Fall, dass das Oberziel einer informationseffizieten Marktpreisbildung keinen Aufschub der Bekanntgabe bis zur nächsten periodischen Veröffentlichung duldet.
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cc) Vorschriften zu den Veröffentlichungsmodalitäten Den Vorschriften zu Zeitpunkt sowie Art und Weise der Veröffentlichung der Rechnungslegungsunterlagen selbst548 und den entsprechenden Hinweisbekanntmachungen549 kommt kein drittschützender Charakter zu. Hiergegen spricht schon, dass die verspätete oder unterlassene Veröffentlichung bei HGB-publizitätspflichtigen Inlandsemittenten lediglich ein amtswegig zu verhängendes Ordnungsgeld nach sich zieht. Zudem bleibt nur so die Wertungsparallele zu den Fällen einer fehlerhaften Veröffentlichung von Prospekten (Rz. 142) und von Ad-hoc-Meldungen (Rz. 213) gewahrt. Zum fehlenden gemeinschaftsrechtlichen Erfordernis einer Haftung s. Rz. 233.
246
b) § 826 BGB Für sämtliche Rechnungslegungunterlagen kommt eine Haftung des Emittenten und der an der Erstellung der fehlerhaften Rechnungslegungsunterlage beteiligten Organmitglieder nach § 826 BGB in entsprechender Anwendung der für fehlerhafte Ad-hoc-Veröffentlichungen dargestellten Grundsätze in Betracht (s. Rz. 217 ff.). 544 S. den Fall BGH v. 16.12.2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381, 389 f. = WM 2005, 227 = AG 2005, 162. 545 §§ 37v Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2, 37w Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2, 37x Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 (jeweils auch i.V.m. § 37y) WpHG. 546 Zu den Einzelheiten Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1644. Gegen eine präjudizielle Wirkung jedenfalls des § 15 Abs. 6 WpHG auch für die Finanzberichterstattungspflichten der §§ 37v ff. WpHG Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 210. 547 S. auch Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646 für die Rechtslage vor Einführung der §§ 37v ff. WpHG durch das TUG. 548 § 325 Abs. 2, 3 HGB, §§ 37v Abs. 1 Satz 1, 37w Abs. 1 Satz 1, 37x Abs. 1 Satz 1 (jeweils auch i.V.m. § 37y) WpHG 549 §§ 37v Abs. 1 Satz 2, 37w Abs. 1 Satz 2, 37x Abs. 1 Satz 2 (jeweils auch i.V.m. § 37y) WpHG.
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3. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 248
Eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung kommt für Instrumente der Regelpublizität mangels Vertriebsbezogenheit der darin enthaltenen Informationen nicht in Betracht. Dazu Rz. 144, 147.
4. Haftung analog §§ 37b, 37c WpHG 249
Eine Emittentenhaftung für fehlerhafte Regelpublizität nach §§ 37b, 37c WpHG analog550 verdient aus Gründen der Wertungsstimmigkeit und Kohärenz den Vorzug gegenüber allen auf § 823 Abs. 2 BGB gestützten deliktsrechtlichen Begründungsansätzen, die zweifelhafte Annahmen zum Drittschutzcharakter der herangezogenen Normen teilweise mit umfangreichen Modifikationen der deliktischen Haftung nach dem Vorbild der §§ 37b, 37c WpHG kombinieren551. Der neuerdings vorgebrachte nicht näher substantiierte Einwand einer entgegenstehenden Gesetzgebungsgeschichte552 greift auch angesichts dessen manifest zu kurz. Das Nichtinkrafttreten des KapInHaG (Rz. 4) lässt sich schon aufgrund der Umstände der Rücknahme des Entwurfs nicht als Beleg dafür anführen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers (nunmehr) eine bewusste und also nicht im Wege der Analogie zu schließende Lücke besteht. Gleiches gilt im Hinblick auf die Einführung der Haftung für die Angebotsunterlage in § 12 WpÜG553, die für die konkrete Situation einer Übernahme konzipiert ist und sich demgemäß in der Sache an den Prospekthaftungstatbeständen statt an den §§ 37b, 37c WpHG orientiert.
250
Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertrauenshaftung für fehlerhafte Regelpublizität sind ebenso wie deren Rechtsfolge in Gestalt einer Kursdifferenzhaftung bei analoger Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG weitgehend konturenscharf vorgegeben: Ein Inlandsemittent haftet, wenn er die ihm obliegende Finanzberichterstattung (Rz. 228) entweder verspätet bzw. überhaupt nicht (§ 37b WpHG analog) oder aber mit inhaltlichen Mängeln (§ 37c WpHG analog) veröffentlicht und der Anleger „im Vertrauen“ hierauf eine Transaktion tätigt. Im Übrigen sind zwei Punkte besonders hervorzuheben:
251
Ob die Veröffentlichung der Finanzberichterstattungsunterlage ganz unterblieben ist (§ 37b WpHG) oder lediglich die Anforderungen an die Veröffentlichungsform nicht eingehalten werden, beurteilt sich für die Finanzberichterstattung gem. den §§ 37v ff. WpHG nach der von § 39 Abs. 2 Nr. 5, 24 WpHG vorgezeichneten Unterscheidung. Ist nur die EU-weit zu verbreitende Hinweisbekanntmachung unterblieben oder genügt diese nicht den Anforderungen des § 22 i.V.m. §§ 3a, 3b WpAIV, liegt lediglich eine nicht ordnungsgemäße Veröffentlichung der Finanzberichterstattungsunterlage vor. Unterbleibt dagegen deren Bereitstellung im Internet in einem 550 Dazu schon Mülbert/Steup, 2005, 1633, 1651 f. 551 S. insbesondere Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 224 ff., 234. 552 Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 11; Möllers/Leisch in KölnKomm. WpHG, §§ 37b, c Rz. 71; Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 30; ablehnend ferner etwa Schnorr, ZHR 170 (2006), 9, 24. 553 A.A. freilich Sethe in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rz. 30.
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Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
abrufbaren Format (Rz. 229), fehlt es i.S. des § 37b WpHG in toto an der Veröffentlichung. S. gleichsinnig für die Ad-hoc-Publizität oben Rz. 169. Was die Eignung zur erheblichen Börsenpreisbeeinflussung anbelangt, ist im Rahmen des § 37b WpHG analog den Finanzberichterstattungsunterlagen nicht per se ein relevantes Preisbeeinflussungspotential zuzumessen. Vielmehr ist diese Frage anhand der konkreten, inhaltlich ordnungsmäßigen Regelveröffentlichung, die der Emittent schließlich jeweils vorlegt, zu beantworten. Bei der Haftung analog § 37c WpHG für fehlerhafte Angaben in Abschluss und (Konzern-)Lagebericht ist ein relevantes Preisbeeinflussungspotential nur „wesentlichen Angaben“ i.S. des § 44 Abs. 1 BörsG (Rz. 42 ff.) zuzuerkennen554. Werden gemessen an diesem Maßstab unwesentliche Einzeltatsachen vom Markt als Indiz für grundsätzliche Probleme des Unternehmens mit der Rechnungslegung gewertet und löst dies entsprechende Kursreaktionen aus, liegt dieses Reaktionsmuster jenseits des Schutzbereichs einer Emittentenhaftung analog § 37c WpHG, der es lediglich um die Auswirkung der Einzelangabe als solcher auf die Marktbewertung zu tun ist.
252
5. Organaußenhaftung Eine Organaußenhaftung der Verwaltungsmitglieder des Emittenten gem. den §§ 37b, 37c WpHG analog scheidet von vornherein aus (Rz. 250). Ebenso wenig kommt eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den materiellen Rechnungslegung-/Finanzberichterstattungsvorschriften (Rz. 242) in Betracht, da diese Erstellungspflichten allein den Emittenten, nicht aber auch das einzelne Verwaltungsmitglied ad personam treffen. Schliesslich besteht auch keine Grundlage für eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 91 Abs. 1 AktG/§ 41 GmbHG. Das folgt zunächst schon daraus, dass die materiellen Buchführungs- bzw. Rechnungslegungsvorschriften keinen Drittschutzcharakter aufweisen (Rz. 242 ff.). Hinzu kommt, dass den § 91 Abs. 1 AktG, § 41 GmbHG als Normen zur innergesellschaftlichen Zuständigkeitsverteilung selbst dann keine drittschützende Wirkung zukäme, sähe man die materiellen Rechnungslegungsvorschriften als drittschützend an555. Zuvörderst gebieten die § 91 Abs. 1 AktG, § 41 GmbHG nämlich, dass Vorstand bzw. Geschäftsführung für das Vorliegen einer Buchführung und Rechnungslegung zu sorgen haben. Damit wäre eine Haftung für die verspätete oder unterlassene Aufstellung der Rechnungslegungsunterlagen schon bei leichter Fahrlässigkeit unabweisbar, eine mit der Wertung des § 335 HGB – gerade auch im Gegensatz zu § 331 HGB – nicht zu vereinbarende Folge.
253
Dagegen ist Raum für eine sonstige deliktische Haftung von Organmitgliedern, soweit ein solches in seiner Person den Tatbestand des § 826 BGB oder die in Rz. 214 ff., 238 genannten Strafnormen verwirklicht.
254
554 I.E. ebenso Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 229, freilich auf Basis einer anderen dogmatischen Konzeption. 555 A.A. insoweit etwa Fleischer, WM 2006, 2021, 2028 f.
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V. Haftung für fehlerhafte sonstige Kapitalmarktinformation 1. Haftung für fehlerhafte Angaben nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG/ § 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG 255
§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB556, wobei sowohl das Vertrauen gegenwärtiger Aktionäre als auch das potentieller Anleger geschützt ist557. Sanktioniert wird die zumindest bedingt vorsätzlich unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Gesellschaft in Darstellungen oder Übersichten, in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung durch Organmitglieder und Abwickler, soweit diese nicht bereits von § 331 Nr. 1, 1a HGB558 erfasst werden. Darstellungen i.S. des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sind allerdings nur solche Mitteilungen über den Vermögensstand des Unternehmens, die ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken559. Hierzu gehören insbesondere auch die im Laufe eines Geschäftsjahrs aufgestellten Abschlüsse wie etwa Liquiditäts-, Zwischen- und Übersichtsbilanzen sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung560, die zumindest für den jeweiligen Berichtszeitraum einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen561. Zur Behandlung von Prospekten s. Rz. 157, zu Ad-hoc-Mitteilungen s. Rz. 214.
256
§ 82 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG ist als funktionale Parallele zu § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG ebenfalls Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB auch zugunsten der gegenwärtigen und künftigen Gläubiger der Gesellschaft562. Sanktioniert wird die zumindest bedingt vorsätzliche unrichtige Darstellung der Geschäftslage, also der Finanz-, Vemögens- und Ertragslage, in einer öffentlichen Mitteilung durch Mitglieder von Organen einer GmbH. Das Merkmal der Mitteilung wird dabei im GmbH-rechtlichen Schrifttum vielfach derart großzügig interpretiert, dass sogar unzutreffende Aussagen zu einzelnen Elementen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bei Vorsatz eine Straftat bilden sollen563. Jedoch erscheint diese durch Sachgründe nicht zu motivierende, ganz unterschiedlich strenge strafrechtliche Würdigung von unzutreffenden Äußerungen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bei AG und GmbH schon 556 BGH v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359 = AG 2005, 609; BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 140 f. = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543; BGH v. 17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10, 20 = WM 2001, 2062 = AG 2002, 43; Otto in Großkomm. AktG, § 400 Rz. 4. 557 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 140 f. = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. Zur Differenzierung zwischen Neu- und Altanlegern im Rahmen des anspruchsberechtigten Personenkreises s. Rz. 180 ff. 558 Keine Subsidiarität ist freilich gegenüber § 331 Nr. 2 HGB vorgesehen, der den fehlerhaften Konzernabschluss oder/und Konzernlagebericht betrifft. 559 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 140 f. = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. 560 BGH v. 16.12.2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381, 388 = WM 2005, 227 = AG 2005, 162 m.w.N. 561 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 141 = WM 2004, 1731 = AG 2004, 543. 562 S. nur Schulze-Osterloh/Servatius in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 82 Rz. 81; Lutter/ Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 84 Rz. 27. 563 S. z.B. Schulze-Osterloh/Servatius in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 82 Rz. 83; Tiedemann in Scholz, GmbHG, § 82 Rz. 139; tendenziell restriktiver etwa Hoyos/Huber in Beck Bil-Komm., § 331 HGB Rz. 55: Hauptanwendungsfall sind andere Zwischenabschlüsse.
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§ 33
Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG dringend überprüfungsbedürftig. Zur Behandlung von Prospekten s. Rz. 157, zu Ad-hoc-Mitteilungen s. Rz. 214.
2. Haftung für Kurs- und Marktpreismanipulation (§ 20a WpHG) Eine Haftung wegen Verstoßes gegen das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation (§ 20a WpHG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB) kommt schon mangels eines drittschützenden Charakters dieser Vorschrift nicht in Betracht. Der Vorgängernorm des § 88 BörsG a.F. war nach überwiegender Ansicht kein drittschützender Charakter beizumessen564, und für § 20a WpHG ist nunmehr ebenso zu entscheiden565. Die Regierungsbegründung misst der Norm (i.E. ähnlich wie § 15a WpHG, Rz. 259) allein die im öffentlichen Interesse liegende Funktion zu, die Zuverlässigkeit und Wahrheit an Börsen und Märkten zu wahren566; ein Schutz individueller Anlegerinteressen geht aus ihr nicht hervor. Der Finanzausschuss spricht zwar von der Stärkung des Anlegerschutzes567, doch lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang seiner Äußerungen, insbesondere im Hinblick auf die Miterwähnung der lediglich Funktionenschutz bewirkenden „Erhöhung der Transparenz auf den Wertpapiermärkten“, nicht gesichert folgern, dass auch Individualschutz bezweckt wird568.
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Unberührt bleibt eine Haftung des Emittenten, seiner Organmitglieder und sonstiger Personen unter den Voraussetzungen des § 826 BGB, gegebenenfalls mit § 31 BGB (analog). Zu § 826 BGB s. schon Rz. 217 ff.
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3. Haftung für fehlerhafte Mitteilungen nach § 15a WpHG Ein Schadensersatzanspruch gegen Organmitglieder des Emittenten und sonstigen nach § 15a WpHG zur Offenlegung von Transaktionen mit Aktien des Emittenten verpflichteten Dritten scheidet bei diesbezüglichen Verstößen aus, da diese Vorschrift kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Mit der Veröffentlichungspflicht soll die Transparenz des Kapitalmarkts gefördert werden (s. § 32 Rz. 120), sie dient somit dem Funktionenschutz; Individualinteressen sind lediglich mittelbar als Reflex dieser Wirkung geschützt569. 564 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 = WM 2004, 1721 = AG 2004, 546; BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 742/02, WM 2002, 2207; Schwark, BörsG, 2. Aufl. 1994, § 88 Rz. 1; Spindler, WM 2004, 2089, 2090; Groß, WM 2002, 477, 484; Ekkenga, WM 2002, 317, 323; a.A. Assmann, Prospekthaftung, S. 313; Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 16 Rz. 29. 565 S. nur OLG Frankfurt v. 18.4.2007 – 21 U 72/06, AG 2007, 749, 753; LG Berlin v. 8.3.2005 – 3 Wi Js 82/04–505–11/04, wistra 2005, 277, 278 f.; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/ Mülbert/Schlitt, Kapitalmarktinformation, § 29 Rz. 160 m.w.N. 566 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 249. 567 Bericht des Finanzausschusses zum 4. FFG, BT-Drucks. 14/8601, S. 1. 568 I.E. ebenso Fleischer, DB 2004, 2031, 2033 (allerdings mit unzutreffendem Hinweis auf die Gesetzessystematik); Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 20a WpHG Rz. 5; Horn in FS Ulmer, 2003, S. 817, 823; a.A. Leisch in Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 16 Rz. 37 ff., 44; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Dühn, S. 186 ff. Differenzierend Ekkenga, ZIP 2004, 781, 788 ff., 792. 569 Ebenso Zimmer in Schwark, Kapialmarktrechts-Kommentar, § 15a WpHG Rz. 47; Schäfer in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb. börsennotierte AG, § 16 Rz. 22; Sethe in Assmann/ Uwe H. Schneider, WpHG, § 15a Rz. 114.
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§ 33 260
Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation
Unbenommen bleibt eine Haftung nach § 826 BGB unter dessen engen Voraussetzungen (s. Rz. 217 ff.).
4. Haftung für fehlerhafte freiwillige Kapitalmarktinformation 261
Für fehlerhafte freiwilllige Kapitalmarktinformationen in schriftlicher Form ist unter engen Voraussetzungen eine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung denkbar (näher Rz. 144, 149). Im Übrigen gilt ebenso wie auch für mündliche Erkärungen, dass eine Haftung von Organmitgliedern und sonstigen Vertretern des Emittenten nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB (dazu Rz. 217 ff.) in Betracht kommt; gegebenenfalls haftet hierfür zudem der Emittent kraft Zurechnung nach § 31 BGB analog. Dies betrifft insbesondere mündliche Äußerungen von Vertretern des Emittenten auf Werbeveranstaltungen, Roadshows und in Interviews.
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§ 34 Stabilisierung Wolfgang Feuring/Carsten Berrar I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation und der Ausnahmen im Hinblick auf Stabilisierungsmaßnahmen 1. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation nach § 20a WpHG . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen vom Verbot der Marktmanipulation im Hinblick auf Kursstabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässige Maßnahmen nach § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. Art. 7 ff. VO 2273/2003 . . . . . . . . . . . . . 1. Kursstabilisierung im Sinne des Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 . . . . . a) Signifikantes Zeichnungsangebot (Art. 2 Nr. 9 VO 2273/2003) b) Ziel der Tätigkeit – Abgrenzung zu anderen Maßnahmen . . . . . c) Kursstabilisierungsmaßnahmen (Art. 2 Nr. 7 f. VO 2273/2003) . . 2. Für die Stabilisierung Verantwortlicher (Stabilisierungsmanager) . . . 3. Stabilisierungszeitraum nach Art. 8 VO 2273/2003 . . . . . . . . . . . . . a) Beginn des Stabilisierungszeitraums aa) Abgrenzung zwischen öffentlich angekündigter Erstund Zweitplatzierung . . . . bb) Stabilisierung vor bzw. während der Angebotsfrist?
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b) Ende des Stabilisierungszeitraums . . . . . . . . . . . . . . c) Stabilisierungszeitraum bei „kombinierten Angeboten“ . . . 4. Bekanntgabe von Stabilisierungsmaßnahmen a) Bekanntgabe nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 (pre-stabilisation disclosure) . . . . . . . . . . . . . b) Bekanntgabe nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 (post-stabilisation disclosure) . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Bekanntmachungs- und Meldepflichten . . . . . . . . . . 5. Mehrzuteilung und GreenshoeOption a) Grundregelung und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitraum für Ausübung der Greenshoe-Option . . . . . . . . c) „Naked Short“ und „Stabilisierung ohne Greenshoe-Option“ . d) Ausübung der GreenshoeOption trotz Stabilisierungskäufen („refreshing the shoe“) . e) Pressemitteilungen zu Mehrzuteilung/GreenshoeOption . . . . . . . . . . . . . . . 6. Im Ausland getätigte Stabilisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . .
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IV. Zulässige und anerkannte Marktpraxis nach AnSVG . . . . . . . . .
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V. Rückkauf eigener Aktien nach Art. 3–6 VO 2273/2003 . . . . . . .
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Schrifttum: Bingel, Rechtliche Grenzen der Kursstabilisierung nach Aktienplatzierungen, 2007; Bisson/Kunz, Die Kurs- und Marktpreismanipulation nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes vom 28.10.2004 und der Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation vom 1.3.2005, BKR 2005, 186; Duhnkrack/Hasche, Das neue Anlegerschutzverbesserungsgesetz und seine Auswirkungen auf Emissionshäuser und geschlossene Fonds, DB 2004, 1351; Eichelberger, Zur Verfassungsmäßigkeit von § 20a WpHG, ZBB 2004, 296; Ekkenga, Kurspflege und Kursmanipulation nach geltendem und künftigem Recht, WM 2002, 317; Fleischer, Statthaftigkeit und Grenzen der Kursstabilisierung, ZIP 2003, 2045; Groß, Kursstabilisierung – Zur Reichweite der Safe Harbour-Regeln der §§ 14 Abs. 2 und 20a Abs. 3 WpHG, Gedächtnisschrift Ulrich Bosch, 2006, S. 49, Großmann/Nikoleyczik, Praxisrelevante Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes – Die Auswirkungen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes, DB 2002, 2031; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im
Feuring/Berrar
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Stabilisierung
Recht der Banken, 1975; Knauth/Käsler, § 20a WpHG und die Verordnung zur Konkretisierung des Marktmanipulationsverbotes (MaKonV), WM 2006, 1041; Krämer/Hess, Zulässigkeit und Grenzen der Kursstabilisierung bei Aktienplatzierungen, The International Lawyer, Freundesgabe Döser, 1999, S. 171; Kuthe, Änderungen des Kapitalmarktrechts durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, ZIP 2004, 883; Lenzen, Das neue Recht der Kursmanipulation, ZBB 2002, 279; Leppert/Stürwald, Aktienrückkauf und Kursstabilisierung – Die Safe-Harbour-Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 und der KuMaKV, ZBB 2004, 302; De Meo, Bankenkonsortien, 1994; Meißner, Die Stabilisierung und Pflege von Aktienkursen im Kapitalmarkt- und Aktienrecht, 2005; Meyer, Neue Entwicklungen bei der Kursstabilisierung, AG 2004, 289; Mock/ Stoll/Eufinger, Kommentierung zu § 20a WpHG/MaKonV/EU-Verordnung 2273/2003, in Hirte/Möllers (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpHG, 2007; Möller, Die Neuregelung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation im Vierten Finanzmarktförderungsgesetz, WM 2002, 309; Pfüller/Anders, Die Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kursund Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG, WM 2003, 2445; Rössner/Bolkart, Entwurf einer Verordnung zum Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation, AG 2003, R394; Rückert/ Kuthe, Entwurf einer Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation, BKR 2003, 647; Schlitt/Schäfer, Quick to Market – Aktuelle Rechtsfragen im Zusammenhang mit Block-Trade-Transaktionen, AG 2004, 246; Schlitt/Singhof/Schäfer, Aktuelle Rechtsfragen und neue Entwicklungen im Zusammenhang mit Börsengängen, BKR 2005, 251; Schwark, Kurs- und Marktpreismanipulation, Bank- und Kapitalmarktrecht in der Entwicklung, FS Kümpel, 2002, S. 485; Streinz/Ohler, § 20a WpHG in rechtsstaatlicher Perspektive – europa- und verfassungsrechtliche Anforderungen an das Verbot von Kurs- und Marktpreismanipulation, WM 2004, 1309; Vogel, Kurspflege: Zulässige Kurs- und Marktstabilisierung oder straf- bzw. ahndbare Kurs- und Marktpreismanipulation?, WM 2003, 2437; Weber, Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation, NZG 2004, 23; Ziemons, Neuerungen im Insiderrecht und bei der Ad-hoc-Publizität durch die Marktmissbrauchsrichtlinie und das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes, NZG 2004, 537.
I. Einleitung 1
Starke Kursschwankungen können die Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt erschweren und den Erfolg von Wertpapieremissionen gefährden. Typischerweise zeigt sich bei Wertpapieremissionen, dass durch die Platzierung eine Befriedigung der Nachfrageseite eingetreten ist, die zu einem (kurzfristigen) Überhang auf der Angebotsseite führen kann. Zur allgemeinen Verkaufsbereitschaft tritt auf Angebotsseite meist noch ein unmittelbarer Rückfluss aus dem Angebot hinzu (so genanntes flipping)1. Damit droht eine negative Kursentwicklung, die nicht durch mit dem Emittenten und seiner Geschäftstätigkeit im Zusammenhang stehende Gründe gerechtfertigt ist, bei Anlegern zu Verärgerung führen und in der Öffentlichkeit den Eindruck einer negativ verlaufenen Transaktion entstehen lassen kann. Zur Vermeidung bzw. Abfederung einer derartigen Marktverzerrung hat sich eine Praxis der so genannten Kursstabilisierung im Zusammenhang mit Wertpapierplatzierungen herausgebildet2. 1 Der Umfang des Überhangs auf Angebotsseite hängt von der jeweiligen Transaktion ab. Ist z.B. ein Angebot stark überzeichnet, kann erstens nach Abschluss der Transaktion weiterhin Nachfrage im Markt vorhanden sein, da Interessenten zum Teil keine Wertpapiere zugeteilt werden konnten, und zweitens erlaubt die Überzeichnung bei Zuteilung besonderes Gewicht auf die Qualität, d.h. unter anderem auch Beständigkeit, der Investoren zu legen. 2 Die Terminologie ist uneinheitlich, teilweise wird „Kurs- bzw. Marktpflege“ verwendet, vgl. Schwark in FS Kümpel, 2002, S. 485, 493; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 20a WpHG Rz. 36; Fleischer, ZIP 2003, 2045; Vogel, WM 2003, 2437. Abgrenzung auch zum Begriff „Kursstützung“ bei Groß in GS Bosch, S. 49, 51.
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Stabilisierung
Unabhängig von einer konkreten Wertpapieremission sind börsennotierte Unternehmen darüber hinaus aktienrechtlich berechtigt, unter bestimmten Voraussetzungen eigene Aktien des Unternehmens am Markt zurückzukaufen3. Überschüssige liquide Mittel können auf diese Weise an Aktionäre zurückgegeben werden4. Die zurückgekauften Aktien werden dann z.B. für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme verwendet oder eingezogen. Im Falle der Einziehung (vgl. auch § 237 Abs. 3 Nr. 3 AktG) erhöht dies unmittelbar die für Analysten und Anleger wichtige Kennziffer des Gewinns pro Aktie, so dass oftmals bereits die Ankündigung von Aktienrückkäufen zu Kurssteigerungen führt5. Damit hat auch die Entscheidung des Vorstands über Zeitpunkt und Umfang eines eventuellen Aktienrückkaufs bzw. dessen Durchführung grundsätzlich kursbeeinflussende bzw. kursstabilisierende Wirkung.
2
Beide Ausprägungen der Kursstabilisierung greifen bewusst in die natürliche Preisbildung am Markt ein und könnten damit dem Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) widersprechen. Für einen funktionierenden Kapitalmarkt und das Vertrauen der Anleger ist es entscheidend, dass Marktmanipulation unterbunden und jeder Eindruck unzulässiger Einflussnahme vermieden wird. Andererseits wird durch Kursstabilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Wertpapieremissionen das Anlegervertrauen in eine stabile Kursentwicklung gestärkt und der Absatz von Wertpapieren erleichtert6. Diese widerstreitenden öffentlichen Interessen müssen regulatorisch in Einklang gebracht werden.
3
Dennoch gab es in Deutschland bis zum Jahr 2003 keine rechtliche Regelung der Kursstabilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Wertpapieremissionen. Das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation – obwohl bereits im Jahre 1884 kodifiziert7 – führte ein Schattendasein8. Die Praxis orientierte sich an internationalen Standards. Auch Aktienrückkäufe durch Unternehmen wurden in erster Linie gesellschaftsrechtlich betrachtet; lediglich das Verbot des Handelns in eigenen Aktien fand mehr aus gesellschaftsrechtlichen als aus kapitalmarktrechtlichen Gründen seinen Niederschlag im (Aktien-)Gesetz. Dieser Befund des Kapitalmarktrechts hat sich durch nationale und europarechtliche Entwicklungen in den letzten Jahren stark verändert. Der gegenwärtige, durch ein Zusammenspiel nationaler und europarechtlicher Vorschriften geprägte Rechtsrahmen für Kursstabilisierung – insbesondere die Abgrenzung zwischen zulässiger Kurspflege und unzulässiger Kursmanipulation – wird im Folgenden näher dargestellt. Dabei ist das Verbot der Marktmanipulation gesetzlich verankert und mit unbestimmten Rechtsbegriffen sehr weitgehend
4
3 Von dieser Ermächtigung haben zahlreiche Unternehmen, z.T. mehrfach, in den letzten Jahren Gebrauch gemacht, vgl. z.B. im Mai 2007 E.ON AG (Ad-hoc Mitteilung vom 30.5.2007), Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG (Ad-hoc Mitteilung vom 4.5.2007) und Deutsche Bank AG (Ad-hoc-Mitteilung vom 30.5.2007). 4 Diese Art der Auskehrung kann im Vergleich zur Dividendenausschüttung für Aktionäre, die die Aktien (außerhalb der Spekulationsfrist) im Privatvermögen halten, steuerlich vorteilhaft sein. 5 Vgl. z.B. ARD-Börse vom 20.9.2005: „BMW kauft erstmals in seiner Unternehmensgeschichte eigene Aktien zurück und sorgt damit für einen Kurssprung …“. 6 Laut Begr. RegE zum 4. Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 14/8017, S. 90, rechtfertigt sich eine Sonderregelung „im Hinblick auf die Funktion der Börse, einen ordnungsgemäßen Handel aufrechtzuerhalten und die Preiskontinuität sicherzustellen“. 7 Art. 249d ADHGB, vgl. Lenzen, ZBB 2002, 279, 280; Pfüller/Anders, WM 2003, 2445. 8 So schon Hopt, S. 495. Ebenso Fleischer, ZIP 2003, 2045; Krämer/Hess in Freundesgabe Döser, 1999, S. 171, 196 („terra incognita“).
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§ 34
Stabilisierung
formuliert worden, während die Zulässigkeit von Kurspflegemaßnahmen über Ausnahmen dieses Verbots geregelt wird. Dadurch wird Unternehmen, beteiligten Banken und Beratern in der Praxis unter Umständen ein erhebliches Risiko, insbesondere im Hinblick auf eine ihnen eventuell obliegende Darlegungs- und Beweislast, aufgebürdet9.
II. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation und der Ausnahmen im Hinblick auf Stabilisierungsmaßnahmen 1. Rechtsgrundlagen des Verbots der Marktmanipulation nach § 20a WpHG 5
Rechtsgrundlage für das Verbot der Marktmanipulation ist auf nationaler Ebene der im Jahre 2002 durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz10 neu ausgestaltete und aus dem Börsengesetz in das Wertpapierhandelsgesetz transferierte § 20a WpHG. Der Tatbestand wurde im Jahre 2004 durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)11, das unter anderem die europäische Marktmissbrauchsrichtlinie12 in nationales Recht umsetzt, nochmals signifikant erweitert13.
6
Nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG ist es verboten, unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Wertpapiers erheblich sind, oder solche Umstände entgegen bestehenden Rechtsvorschriften zu verschweigen, wenn die Angaben oder das Verschweigen geeignet sind, auf den Börsenoder Marktpreis eines Wertpapiers einzuwirken. Soweit also Informationen – oder das Fehlen ausreichender Informationen – über eine mögliche Kursstabilisierung, z.B. in einem Wertpapierprospekt, als kursbeeinflussend angesehen werden können, dürfen sie – jedenfalls nach der Einfügung des Begriffes „irreführend“ durch das AnSVG – nicht missverständlich sein und den Markt in eine falsche Richtung leiten. Gleiches gilt für das Verschweigen bewertungserheblicher Umstände, soweit eine Rechtspflicht zur Offenbarung besteht14. Für die Praxis der Kursstabilisierung sind allerdings die anderen Tatbestandsalternativen, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 WpHG, relevanter.
7
Der durch das AnSVG eingeführte § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen9 Die Rechtsunsicherheit wird auch dadurch ausgelöst, dass die Abgrenzung zwischen erlaubter Kurspflege/-stabilisierung und unzulässiger Kursstützung streitig war und ist und kaum durch abstrakte gesetzliche Regelungen fassbar ist, vgl. Möller, WM 2002, 309. 10 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), BGBl. I 2002, 2010 = NZG 2002, Beil. zu Heft 14. 11 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz), BGBl. I 2004, 2630. 12 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über Insidergeschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. EG Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 16 ff. 13 Vgl. im Überblick Bisson/Kunz, BKR 2005, 186. 14 Vgl. Möller, WM 2002, 309, 312 sowie allg. zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG n.F. Bisson/ Kunz, BKR 2005, 186.
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§ 34
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oder Marktpreis von Wertpapieren zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Anders als § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG wird hierbei – auf der Basis der europäischen Vorgaben – kein Täuschungselement vorausgesetzt. Auch ist – insofern über die europäischen Vorgaben hinausgehend15 – die bloße Eignung ausreichend, so dass es auf die Zielgerichtetheit des Handels nicht ankommt. Schließlich lässt sich der Wortlaut nur so interpretieren, dass die Geeignetheit zur Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus eine eigene Tatbestandsalternative ist. Dies bestätigt auch der zugrunde liegende Art. 1 Nr. 2 Marktmissbrauchsrichtlinie. Im Rahmen einer vom Finanzausschuss des Bundestages kurz vor Ende der parlamentarischen Beratungen eingefügten Änderung16 besitzt das Bundesfinanzministerium nach § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG die Befugnis, per Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu erlassen, wann ein künstliches Preisniveau vorliegt bzw. ein Geschäft geeignet ist, ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Da es allgemeiner Ansicht entspricht (und auch regelmäßig Gegenstand der entsprechenden Offenlegung im Prospekt ist), dass Stabilisierung zu einem Kursniveau führen kann, das sich sonst nicht am offenen Markt ergeben würde, erfasst § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG dem Grunde nach zunächst vielfältige Gestaltungen der Kursstabilisierung. Ergänzt wird dies durch § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, der sonstige Täuschungshandlungen verbietet, die geeignet sind, auf den Börsen- oder Marktpreis eines Wertpapiers einzuwirken. Auch hier wurde durch das AnSVG das bisher vorgesehene Absichtsmerkmal („um einzuwirken“) zugunsten einer rein objektiven Preiseinwirkungseignung aufgegeben.
8
Diese Vorschriften finden seit dem Inkrafttreten des AnSVG nicht nur Anwendung auf Wertpapiere, die an einem organisierten Markt in Deutschland oder einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind, sondern nach § 20a Abs. 1 Satz 3 WpHG auch, wenn der Antrag auf Zulassung gestellt oder öffentlich angekündigt ist. „Öffentlich angekündigt“ ist der Antrag wohl – entsprechend der bisherigen Interpretation des § 12 Abs. 1 Satz 2 WpHG – dann, wenn der Emittent oder ein anderweitiger Anbieter der Wertpapiere in einer an einen unbestimmten Personenkreis gerichteten und entsprechend publizierten Erklärung darauf hinweist, dass die Börseneinführung der fraglichen Papiere beabsichtigt ist17. Wegen der Gleichstellung mit dem Fall der Antragsstellung auf Zulassung muss die öffentliche Ankündigung aber einen bestimmten Grad an Konkretisierung überschritten haben (z.B. Auswahl der Konsortialführer, Bekanntgabe eines Zeitplans); eine unspezifische Absichtserklärung oder gar das bloße Inbetrachtziehen können nicht ausreichen. Andernfalls würde der dem Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen zugrunde liegende Gedanke des Schutzes des Kapitalmarktes zu weit nach vorne verlagert. In Bezug auf einen Börsengang sollte daher frühestens auf den Zeitpunkt der Presseerklärung abgestellt werden, die im IPO-Falle der Verteilung der so genannten Research Reports unmittelbar vorgeschaltet ist (sog. „Intention to Launch Release“).
9
15 Diese Tatbestandserweiterung, die der deutsche Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung in deutsches Recht vorgenommen hat, ist zu Recht kritisiert worden (vgl. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 703, 705) und kann gerade angesichts der dadurch ausgelösten Rechtsunsicherheit in der Tat nur als „überraschend“ bezeichnet werden (so Bingel, Rechtliche Grenzen der Kursstabilisierung nach Aktienplatzierungen, S. 151). 16 Vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 1.7.2004, BT-Drucks. 15/3493. 17 Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 12 Rz. 3 m.w.N.
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Stabilisierung
Unabhängig von den nachfolgend dargestellten Ausnahmen zulässiger Kurspflegemaßnahmen hat der Gesetzgeber – wenn auch größtenteils europäischen Vorgaben folgend – damit ein sehr weitreichendes Verbot der Marktmanipulation eingeführt, das aufgrund seiner Unbestimmtheit18 – gerade in Anbetracht eventueller strafrechtlicher Konsequenzen nach §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 11 WpHG – in der Praxis zu Rechtsunsicherheit führen kann. Auch der „Emittentenleitfaden“ zu den durch das AnSVG geänderten Regelungskomplexen, den die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in endgültiger Fassung im Juli 2005 veröffentlichte19, gibt im Bereich der Vorschriften zur Marktmanipulation (vgl. Kapitel VI. des Leitfadens ab S. 86) keine weitergehende Hilfestellung, da der Leitfaden sich mit dem Thema „Stabilisierung“ nicht explizit beschäftigt und auch die Ausführungen zu § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG keine Rückschlüsse zur Position der BaFin bezüglich Stabilisierung geben.
2. Ausnahmen vom Verbot der Marktmanipulation im Hinblick auf Kursstabilisierungsmaßnahmen 11
Um die Ausnahmen vom Verbot der Marktmanipulation zu konkretisieren, erließ die Europäische Kommission im Dezember 2003 auf der Basis von Art. 8 i.V.m. Art. 17 Abs. 2 der Marktmissbrauchsrichtlinie eine Durchführungsverordnung20 zur Marktmissbrauchsrichtlinie (im Folgenden „VO 2273/2003“), die spätestens mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Marktmissbrauchsrichtlinie am 12.10.2004 (vgl. deren Art. 18 Abs. 1) auch in Deutschland unmittelbar geltendes Recht wurde. In Ergänzung dazu hat das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates auf Basis von § 20a Abs. 5 Satz 1 WpHG im März 2005 eine Rechtsverordnung erlassen, die ebenfalls der Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation dienen soll (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung, MaKonV21).
12
Damit besteht ein zweistufiges Modell bezüglich der Ausnahmen von den Tatbestandsalternativen des § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG. Erstens stellen nach § 20a Abs. 3 WpHG Maßnahmen zur Kursstabilisierung und der Handel mit eigenen Aktien in keinem Fall einen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG dar, wenn solche Maßnahmen im Einklang mit der VO 2273/2003 ausgeführt werden. Zur Klarstellung ist ein identischer Verweis in § 5 MaKonV enthalten. Das Bundesfinanzministerium geht ausweislich der mit der MaKonV vorgelegten Begründung zu § 5 Ma18 Vogel spricht einer Verfassungsbeschwerde gegen die Strafvorschrift nicht jede Aussicht auf Erfolg ab (Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.12.2003, S. 23). Weitergehend Streinz/ Ohler, WM 2004, 1309, 1315 („erfüllt nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen“). Für Verfassungsmäßigkeit dagegen Eichelberger, ZBB 2004, 296–302 sowie Möller, WM 2002, 309, 312. 19 Der Leitfaden ist abrufbar unter www.bafin.de (z.B. Rubrik „für Anbieter/Börsennotierte Unternehmen/Anlegerschutzverbesserungsgesetz“). 20 Verordnung (EG) Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates – Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen, ABl. EG Nr. L 336 v. 23.12.2003, S. 33 ff. 21 Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung – MaKonV) vom 1.3.2005 (BGBl. I 2005, 515).
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§ 34
Stabilisierung
KonV davon aus, dass für den nationalen Gesetzgeber insoweit kein Handlungsspielraum mehr bestehe. Damit läuft die in § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WpHG n.F. enthaltene Ermächtigung des Bundesfinanzministerium, nähere Bestimmungen bezüglich „Handlungen oder Unterlassungen, die in keinem Fall einen Verstoß gegen § 20a Abs. 1 Satz 1 WpHG darstellen“, zu erlassen, aus Sicht des Bundesfinanzministeriums leer22. Zweitens stellt § 20a Abs. 2 WpHG Handlungen vom Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG frei, wenn diese mit einer zulässigen Marktpraxis vereinbar sind und der Handelnde hierfür legitime Gründe hat (s. unten Rz. 63–66).
III. Zulässige Maßnahmen nach § 20a Abs. 3 WpHG i.V.m. Art. 7 ff. VO 2273/2003 Nach Art. 7 der VO 2273/2003 müssen Maßnahmen zur Kursstabilisierung den Art. 8 bis 10 der VO 2273/2003 entsprechen, um unter die Freistellung vom Verbot nach Art. 8 der Marktmissbrauchsrichtlinie zu fallen. § 20a Abs. 3 WpHG erweitert diese Freistellung darauf, dass Maßnahmen im Einklang mit den genannten Vorschriften auch keinen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation in § 20a Abs. 1 WpHG darstellen. Parallel dazu stellt § 14 Abs. 2 WpHG klar, dass Maßnahmen, die den Voraussetzungen der VO 2273/2003 entsprechen, auch keinen Verstoß gegen das Verbot von Insidergeschäften nach § 14 Abs. 1 WpHG bedeuten können. Die Regelungen der Art. 7–10 VO 2273/2003 folgen der Grundstruktur einer so genannten Safe Harbor-Regelung, d.h. dass Maßnahmen, die den Bestimmungen der VO 2273/2003 entsprechen, keinen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen, dass aber umgekehrt nicht alle Handlungen, die der VO 2273/2003 nicht entsprechen, zwingend als Verstoß gegen § 20a WpHG zu werten sind, sondern vielmehr im Einzelfall am Gesetzeswortlaut des § 20a WpHG zu prüfen sind23. Diese Regelungstechnik entspricht internationalen, insbesondere im US-Kapitalmarktrecht geläufigen Kategorien.
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Inhaltlich setzen die Art. 8–10 VO 2273/2003 zulässigen Stabilisierungsmaßnahmen quantitative und qualitative Schranken: Art. 8 VO 2273/2003 enthält zeitliche Beschränkungen, Art. 9 setzt Vorgaben für die Transparenz24 von Stabilisierungsmaßnahmen und Art. 10 verbietet Kursstabilisierung oberhalb des Emissionspreises. Die VO 2273/2003 orientiert sich bei der Ausgestaltung der zulässigen Maßnahmen der Kursstabilisierung weitgehend an den Empfehlungen des Committee of European
14
22 Dem Verordnungsgeber hätte es durchaus zugestanden, inhaltlich gleich lautende Vorgaben im nationalen Recht zu verankern (bzw. diese zu konkretisieren); vgl. auch Bingel, S. 160; a.A. Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1313 f. (Anwendungsvorrang der VO 2273/2003 schließe eine Normwiederholung durch den nationalen Verordnungsgeber aus). 23 Klarstellend Erwägungsgrund 2 der VO 2273/2003: Maßnahmen zur Stabilisierung sollten, auch wenn sie nicht in Einklang mit der (VO 2273/2003) erfolgen, nicht per se als Marktmissbrauch gewertet werden. Vgl. dazu auch Meyer, AG 2004, 289, 292; Vogel, WM 2003, 2437, 2442; Pfüller/Anders, WM 2003, 2445, 2448; Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 20a Rz. 126; Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 20a WpHG Rz. 38; Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 356; Groß in GS Bosch, S. 49, 53; Bingel, S. 161. 24 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass nur auf transparenten Märkten eine marktgerechte Preisbildung möglich ist und damit eine effiziente Faktorallokation eintritt (vgl. Erwägungsgrund 15 der Marktmissbrauchsrichtlinie), s. auch Streinz/Ohler, WM 2004, 1309, 1310.
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§ 34
Stabilisierung
Securities Regulators (CESR), so dass deren Empfehlungen25 vom April 2002 und Dezember 2002 für die Auslegung hilfreich sind.
1. Kursstabilisierung im Sinne des Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 15
„Kursstabilisierung“ ist nach Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 „jeder Kauf bzw. jedes Angebot zum Kauf relevanter Wertpapiere und jede Transaktion mit vergleichbaren verbundenen Instrumenten26, die Wertpapierhäuser oder Kreditinstitute im Rahmen eines signifikanten Zeichnungsangebots für diese Wertpapiere mit dem alleinigen Ziel tätigen, den Marktkurs dieser relevanten Wertpapiere für einen im Voraus bestimmten Zeitraum zu stützen, wenn auf diese Wertpapiere Verkaufsdruck besteht.“ Entsprechend der Definition von „relevante Wertpapiere“ in Art. 2 Nr. 6 VO 2273/2003 werden dabei Wertpapiere erfasst, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind oder für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel auf einem solchen Markt gestellt wurde. Bezüglich der weiteren Tatbestandsmerkmale des Begriffs „Kursstabilisierung“ stellen sich verschiedene Auslegungsfragen: a) Signifikantes Zeichnungsangebot (Art. 2 Nr. 9 VO 2273/2003)
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Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 setzt für Kursstabilisierungen auf der Basis der VO 2273/2003 voraus, dass sie im Rahmen eines „signifikanten Zeichnungsangebots“, in Art. 2 Nr. 9 VO 2273/2003 definiert als „öffentlich angekündigte Erst- oder Zweitplatzierung relevanter Wertpapiere“, erfolgen27. Der Terminus „öffentlich angekündigt“ (publicly announced) geht über den Begriff „öffentliches Angebot“ hinaus, d.h., grundsätzlich lässt die VO 2273/2003 Stabilisierungsmaßnahmen bei öffentlich angekündigten Privatplatzierungen, insbesondere beim so genannten Pakethandel, so genannten Blocktrades oder bei Platzierungen im Wege eines Accelerated Bookbuild Offering (ABO), etwa auf Grundlage des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, zu28. Dies ent25 CESR/02-020b vom 3.4.2002 („Stabilisation and Allotment – A European Supervisory Approach“) und CESR/02.089d vom Dezember 2002 („CESR’s Advice on Level 2 Implementing Measures for the proposed Market Abuse Directive“), s. www.europefesco.org bzw. www.cesr-eu.org. 26 Durch die Einbeziehung von „verbundenen Instrumenten“ beabsichtigte der Verordnungsgeber – aus Erwägungsgrund 12 ersichtlich – auch die Einbeziehung von Stabilisierungsmaßnahmen außerhalb der geregelten Märkte in die Safe Harbour-Regelungen der VO 2273/2003, vgl. Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 22. 27 Zur Abgrenzung zwischen Erst- und Sekundärplatzierung s. unten Rz. 30–32. Teilweise ist in der Literatur zu Unrecht eine sehr restriktive Haltung eingenommen worden. So wollte z.B. Möller, WM 2002, 309, 315, Sekundärplatzierungen insgesamt aus dem Anwendungsbereich zulässiger Stabilisierung herausnehmen, da aufgrund bereits bestehender Marktorientierung kein Bedürfnis für Kurspflege bestehe. Ebenso für Sekundärplatzierungen an einem Bedarf zweifelnd Bingel, S. 166. Dies verkennt den in diesen Fällen ebenfalls bestehenden kurzfristigen Angebotsüberhang und den Umfang, den Umplatzierungen haben können, vgl. z.B. Platzierung bei Grammer AG im Juli 2005 (83 % der ausstehenden Aktien). Interessanter Vergleich zum Begriff der „Distribution“ in der US-amerikanischen Regulation M bei Bingel, S. 163, Fn. 299. 28 So auch Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 189; ähnlich Bingel, S. 164. Groß in GS Bosch, scheint in Fn. 47 für Blocktrades anderer Ansicht zu sein, was aber auch terminologisch an einem anderen Verständnis des Begriffs „Blocktrades“ liegen mag.
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Stabilisierung
spricht auch der US-amerikanischen Regulation M, die Stabilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Privatplatzierungen zulässt29. Diese Auslegung folgt unter anderem auch aus der Entstehungsgeschichte von Art. 2 Nr. 9 VO 2273/2003: In ihrem ursprünglichen Vorschlag (Working Dokument ESC 14/2003) hatte die EU Kommission folgende Definition für „Significant distribution“ vorgeschlagen, nach der ein „öffentliches Angebot“ erforderlich gewesen wäre:
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„Significant distribution“ shall mean an initial or secondary public offer of relevant securities, in the latter case distinct from ordinary trading both in terms of the amount of the securities offered and the selling methods employed. Gegen diesen Vorschlag gab es erheblichen Widerstand von verschiedenen Seiten, da er die bisherige Praxis von Stabilisierung nicht nur im Bereich von equity securities, sondern vor allem auch im debt securities-Bereich erheblich eingeschränkt hätte. Aus diesem Grund wurde in der endgültigen Fassung der Begriff „public offer“ durch „offer publicly announced“ ersetzt. Gerade vor diesem Hintergrund der Entwicklung des jetzigen Wortlauts scheint aus unserer Sicht der Wille des europäischen Normgebers unzweifelhaft dahin zu gehen, dass ein „signifikantes Zeichnungsangebot“ kein öffentliches Angebot voraussetzt, sondern dass eine öffentliche Ankündigung der Transaktion in der nach der WpAIV vorgesehenen Form (Pressemitteilung, Website und Information der BaFin) zusammen mit den sonstigen Voraussetzungen des § 2 Nr. 9 VO 2273/2003 den Raum für Stabilisierungsmaßnahmen grundsätzlich eröffnet. Davon macht Erwägungsgrund 14 der VO 2273/2003 aber wiederum eine Ausnahme bei dem „Handel mit Wertpapierblöcken“, da es sich dabei ausschließlich um Privattransaktionen handele30. Für die Praxis bedeutet dies wohl, dass reine Umplatzierungen mit bereits im Vorhinein feststehender Verkäufer- und Käuferseite nicht unter die VO 2273/2003 fallen31. Sobald ein Orderbuch gebildet wird, die Transaktion öffentlich angekündigt wird (die VO 2273/2003 setzt hier gerade keine zeitlichen Beschränkungen) bzw. die Wertpapiere breit bei verschiedenen institutionellen Investoren platziert werden, ist Kursstabilisierung auf der Basis der Safe Harbor-Regelung der VO 2273/2003 möglich. Letztlich bewirkt also die durch die öffentliche Ankündigung ausgelöste Marktberührung das Kriterium, das ein „signifikantes Zeichnungsangebot“ von dem „Handel mit Wertpapierblöcken“ unterscheidet32.
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Entsprechend der Grundkonzeption der Safe Harbor-Regelung sind aber auch darüber hinaus Stabilisierungsmaßnahmen beim Handel mit Wertpapierblöcken als zulässig anzusehen, soweit sie „der vorübergehenden Stützung des (Kurses im Zusammenhang einer Wertpapieremission) unter Verkaufsdruck geratener Wertpapiere“33 die-
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29 Vgl. Bingel, S. 165 m.w.N. unter Abschnitt D.III.1. Näher zur Regulation M unten § 37 Rz. 166. 30 Die Erwägungsgründe sind zwar für die historische und teleologische Auslegung relevant, sind aber nicht Teil des Normaktes selbst, vgl. Schnorbus, AcP 201 (2001), 860, 866 m.w.N. in Fn. 18. 31 Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 356 (in Fn. 99) halten die Frage für offen. 32 So im Ergebnis auch Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 48–50, wenn die Aktien im Rahmen des Block-Trades bei einer größeren Anzahl institutioneller Investoren platziert und die Transaktion öffentlich angekündigt wird. 33 Vgl. Erwägungsgrund 11 der VO 2273/2003 als materieller Grundgedanke zulässiger Stabilisierung.
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nen. Sie sind am Wortlaut des § 20a WpHG zu messen34. Wegen des unbestimmten und weit formulierten Wortlauts des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG sollte die BaFin erwägen, auf der Basis der §§ 7–10 MaKonV eine entsprechende zulässige Marktpraxis im Sinne des § 20a Abs. 2 Satz 1 WpHG zu formulieren. b) Ziel der Tätigkeit – Abgrenzung zu anderen Maßnahmen 20
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die von Wertpapierdienstleistungsunternehmen regelmäßig durchgeführt werden und bei denen diese im zeitlichen Zusammenhang mit einer Wertpapieremission am Markt auftreten, die aber von Stabilisierungsmaßnahmen abzugrenzen sind. Weder Maßnahmen des Koordinators eines Bezugsangebots, um einen geordneten Bezugsrechtshandel zu unterstützen (z.B. durch Bereitstellung von Liquidität in den Bezugsrechten)35, noch das Handeln als Designated Sponsor fallen in die Kategorie der Stabilisierungsmaßnahmen, da diese Maßnahmen eben nicht zur Stützung eines Börsenkurses erfolgen, um kurzfristig sinkende Kursbewegungen im Zusammenhang mit einer Wertpapieremission auszugleichen36. Die VO 2273/2003 bringt dies in der Definition der Kursstabilisierung in Art. 2 Nr. 7 zum Ausdruck, die auf Maßnahmen abstellt, die „mit dem alleinigen Ziel (getätigt werden), den Marktkurs für einen im Voraus bestimmten Zeitraum zu stützen“.
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Soweit diese Handlungen im Prospekt oder anderweitig offen gelegt sind, handelt es sich auch nicht um Täuschungshandlungen im Sinne von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG. Da zudem keine falschen oder irreführenden Signale gegeben oder ein künstliches Preisniveau herbeigeführt wird, greift auch § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG nicht ein, so dass diese Maßnahmen im Hinblick auf das Verbot der Marktmanipulation grundsätzlich ohne Weiteres zulässig sind. Gleiches gilt für die bloße Ausführung von Kundenaufträgen (sei es als Vertreter im fremden Namen oder als Geschäftsherr im eigenen Namen für fremde Rechnung) mit bloß zeitlichem Zusammenhang zu der betreffenden Wertpapieremission37. c) Kursstabilisierungsmaßnahmen (Art. 2 Nr. 7 f. VO 2273/2003)
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Die VO 2273/2003 umfasst nicht nur den Kauf von Wertpapieren, die Gegenstand der Emission sind, sondern auch „jede Transaktion mit vergleichbaren verbundenen Instrumenten“ (Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003), die wiederum in Art. 2 Nr. 8 VO 2273/2003 sehr weitgehend definiert sind. Durch diese weite Definition werden insbesondere Geschäfte mit darauf bezogenen Wertpapieren (so genanntes underlying) oder diesbezüglichen Derivaten in den Bereich des Safe Harbor einbezogen. Damit soll den vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten im Derivatebereich Rechnung getragen werden. Dabei sind nach Art. 2 Nr. 8 lit. a VO 2273/2003 auch Verträge über den Verkauf relevanter Wertpapiere eingeschlossen, so dass ein Ausweichen auf 34 Dabei erscheint es ratsam, die Regelungen der VO 2273/2003 als Leitlinie ordnungsgemäßen Handelns so weit zu beachten, wie nach den Umständen der Transaktion möglich, vgl. auch Meyer, AG 2004, 289, 298 sowie Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 357. 35 Zum Bezugsrechtshandel s. oben § 4 Rz. 93. 36 So auch im Einzelnen nunmehr Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 24–30. 37 Ebenso für Maßnahmen des Bezugsrechtskoordinators Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 311 sowie Groß in GS Bosch, S. 49, 61. Ebenso für Eigenhandel und Designated Sponsor Pfüller/Anders, WM 2003, 2445, 2448, 2451.
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die allgemeinen Regeln nach § 20a WpHG – anders als bei der Rechtslage vor Inkrafttreten der VO 2273/2003 – entbehrlich wird. Zu beachten ist im Zusammenhang mit Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003, dass das „Angebot zum Kauf relevanter Wertpapiere“ als vollendete Stabilisierungsmaßnahme gilt, d.h., auch wenn zu dem Kaufangebot kein Geschäft zustande kommt, ist dies eine Stabilisierungsmaßnahme, die unter anderem bei den Berichtspflichten nach Art. 9 VO 2273/2003 (s. unten Rz. 39–47) zu berücksichtigen ist38.
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2. Für die Stabilisierung Verantwortlicher (Stabilisierungsmanager) In der VO 2273/2003 ist nur sehr lückenhaft bzw. widersprüchlich geregelt, wer die Stabilisierungsmaßnahme tätigt bzw. zu tätigen hat. Obwohl bereits die CESR-Empfehlungen, die britischen FSA-Rules und die frühere deutsche „Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Kurs- und Marktpreismanipulation“ (KuMaKV) vom 18.11.200339 den Terminus des Stabilisierungsmanagers verwendeten, nutzt die VO 2273/2003 diesen Begriff nicht. Stattdessen findet sich in der Definition des Begriffs „Kursstabilisierung“ der Hinweis auf „Wertpapierhäuser oder Kreditinstitute“ (vgl. Art. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VO 2273/2003), die diese Maßnahmen tätigen. Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 spricht dann aber von „Emittenten, Bieter40 oder Unternehmen, die die Stabilisierungsmaßnahmen durchführen (gleich ob sie im Namen Ersterer handeln oder nicht)“. Dies könnte auf eine Unterscheidung zwischen „tätigen“ und „durchführen“ deuten. Allerdings wird wiederum in Art. 9 Abs. 5 VO 2273/2003 geregelt, was passiert, wenn „mehrere Wertpapierhäuser oder Kreditinstitute die Stabilisierungsmaßnahme durchführen“. Aufgrund dieser unklaren Regelung in der VO 2273/2003 kann nur auf folgende allgemeine Regeln zurückgegriffen werden:
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Zur Stabilisierung sind jedenfalls Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 WpHG und Wertpapierdienstleistungen erbringende Unternehmen mit Sitz in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums befugt, die an der Übernahme oder Platzierung der Wertpapiere beteiligt sind41. „Beteiligung“ an der Übernahme oder Platzierung ist im Hinblick auf die CESR-Empfehlungen vom April 2002 (investment services firm within the consortium) als Mitglied des Übernahme- oder/und Platzierungskonsortiums zu verstehen. Zudem muss das betreffende Unternehmen öffentlich als Stabilisierungsmanager benannt werden; für prospektpflichtige Angebote schreibt Ziffer 6.5.3 von Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/ 71/EG (so genannte Prospektverordnung) dies auch grundsätzlich als Pflichtangabe vor. Im Übrigen sind bankaufsichtsrechtliche Vorschriften zu beachten, soweit die Maßnahmen diesen unterliegen.
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38 Vgl. auch Bingel, S. 163 sowie vor Inkrafttreten der VO 2273/2003 Pfüller/Anders, WM 2004, 2445, 2449. 39 BGBl. I 2003, 2300. 40 Unter „Bieter“ ist gem. Art. 2 Nr. 10 VO 2273/2003 der Emittent oder der Vorbesitzer der relevanten Wertpapiere zu verstehen. 41 Mehrere Stabilisierungsmanager sind zwar möglich; allerdings ist dann ein führender Stabilisierungsmanager zu benennen (jedenfalls das folgt aus Art. 9 Abs. 5 VO 2273/2003). Im Einklang mit den CESR-Empfehlungen vom April 2002 muss es in verschiedenen Ländern nicht derselbe führende Stabilisierungsmanager sein.
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Allerdings lässt sich Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 so verstehen, dass die Stabilisierungsmaßnahmen nicht notwendig auch von dem benannten Stabilisierungsmanager ausgeführt werden müssen. Schon die CESR-Empfehlungen vom April 2002 machen klar, dass jedenfalls alle anderen Konsortialmitglieder, soweit sie vom Stabilisierungsmanager dazu beauftragt worden sind, zur Ausführung von Stabilisierungsmaßnahmen berechtigt sind (coordination between all investment services firms undertaking stabilisation). Dies entspricht auch den üblichen Regelungen im Konsortialvertrag zwischen den Konsortialbanken (agreement among underwriters)42. Zudem dient die Benennung eines Stabilisierungsmanagers auch regulatorischen Gesichtspunkten, um einen verantwortlichen Ansprechpartner für die jeweilige Kapitalmarktbehörde zu schaffen43.
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Der Stabilisierungsmanager kann neben Konsortialmitgliedern auch sonstige, dann in seinem Namen handelnde Personen, insbesondere verbundene Unternehmen, beauftragen bzw. einschalten, um derartige Maßnahmen durchzuführen44. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Prospekt oder anderweitig offen gelegt wurde, dass sonstige Personen bzw. verbundene Unternehmen für den Stabilisierungsmanager handeln können und somit dem Transparenzgedanken Genüge getan wird45. Dafür spricht – neben den Präzedenzfällen – erstens, dass durch den Auftrag bzw. die Geschäftsbesorgung für den Stabilisierungsmanager dessen Verantwortlichkeit nach außen und insbesondere auch gegenüber Aufsichtsbehörden unberührt bleibt. Zudem entsprach dies auch Regelungen in anderen Rechtsordnungen, die schon vor Inkrafttreten der VO 2273/2003 ausdrücklich solche Auftragsverhältnisse zuließen (vgl. Section 2.6.4 R des FSA Handbook Price Stabilising Rules vom Dezember 2003)46.
42 Darüber hinaus enthält der Konsortialvertrag üblicher Weise Regelungen über die Bevollmächtigung des Stabilisierungsmanagers durch die anderen Konsortialbanken zur Ausführung von Stabilisierungsmaßnahmen für ihre Rechnung, Regelungen über die Verteilung von Gewinnen/Verlusten aus Stabilisierungsgeschäften und Gewährleistungen der Konsortialbanken, nicht gegen einschlägige Vorschriften bezüglich Marktmanipulation verstoßen zu haben. Vgl. auch Groß in GS Bosch, S. 49, 58 sowie oben § 26 Rz. 43. 43 Vgl. Erwägungsgrund 17 der VO 2273/2003: „sollte in jedem betreffenden Mitgliedstaat ein Wertpapierhaus bzw. ein Kreditinstitut als zentrale Auskunftsstelle für etwaige regulierende Eingriffe der zuständigen Behörde zur Verfügung stehen.“ 44 Nach Pfüller/Anders, WM 2003, 2445, 2451, wäre es „zweckmäßiger“ gewesen, auch verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 AktG Stabilisierungsmaßnahmen zu erlauben. Es bleibt unklar, ob Pfüller/Anders die Ausführung durch verbundene Unternehmen bei der jetzigen Rechtslage daher für unzulässig halten. 45 Vgl. z.B. S. 42 des Wertpapierprospekts der Tognum AG vom 18.6.2007 („oder in ihrem Namen handelnde Personen“), ebenso S. 33 des Wertpapierprospekts der Symrise AG vom 24.11.2006, S. 42 des Wertpapierprospekts der Demag Cranes AG vom 6.6.2006 („und kann, auch durch verbundene Unternehmen, …“), ebenso S. 38 des Wertpapierprospekts der Wacker Chemie AG vom 24.3.2006. 46 Die gegenteilige Auffassung von Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 36 ist abzulehnen. Der Hinweis auf einen ansonsten bestehenden Widerspruch zu Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 greift nicht, da die Beauftragung bzw. Einschaltung zur Durchführung nichts an der grundsätzlichen, primären Verantwortlichkeit des Stabilisierungsmanagers für die Stabilisierungsmaßnahme ändert, so dass der Regelungszweck des Art. 2 Nr. 7 weiterhin gewahrt bleibt. Im Übrigen muss natürlich auch die eingeschaltete Person zur Durchführung der Maßnahme insbesondere im Sinne der bankrechtlichen Vorschriften befugt sein.
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Ob nach deutschem Recht auch der in Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 explizit genannte Emittent Stabilisierungsmaßnahmen durchführen kann, ist zweifelhaft47, da dies mit den aktienrechtlichen Vorgaben nach § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AktG bzw. – soweit es sich um ein entsprechendes Institut handelt – § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AktG in Einklang gebracht werden müsste. Andererseits könnte eine „Stabilisierung über den Emittenten“ in den Fällen, in denen kein Greenshoe zur Verfügung steht, Vorteile bringen, da dadurch wirtschaftlich die aus der Stabilisierung entstehende Long Position der Konsortialbanken aufgelöst würde und die aus der Stabilisierung stammenden Aktien einem der typischen Zwecke eines Emittenten bei einem Aktienrückkauf zugeführt werden könnten (insbesondere Einziehung oder Verwendung für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme).
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3. Stabilisierungszeitraum nach Art. 8 VO 2273/2003 Da die VO 2273/2003 Stabilisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit einem „signifikanten Zeichnungsangebot“ erfassen will, setzt Art. 8 VO 2273/2003 im Wege einer typisierenden Betrachtung und der internationalen Praxis folgend zeitliche Grenzen für die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen bei unterschiedlichen Formen von Transaktionen.
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a) Beginn des Stabilisierungszeitraums aa) Abgrenzung öffentlich angekündigter Erst- und Zweitplatzierung Nach Art. 8 VO 2273/2003 divergiert der Beginn des Stabilisierungszeitraums je nachdem, ob es sich um eine „öffentlich angekündigte Erstplatzierung“ (dann ab Handelsaufnahme) oder um eine „öffentlich angekündigte Zweitplatzierung“ (dann ab Veröffentlichung48 des „Schlusskurses“). Daher bedarf es für Art. 8 VO 2273/2003 der Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitplatzierung, während diese Unterscheidung für die Definition des Begriffs „Kursstabilisierung“ in Art. 2 Nr. 7 und Nr. 9 VO 2273/2003 offen bleiben kann.
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In der Begründung zur KuMaKV wurde Sekundärplatzierung definiert als „erneute Unterbringung z.B. aus Großaktionärs- oder Gruppenbesitz“49, und „erstmaliges öffentliches Angebot“ verstand der Verordnungsgeber insofern als „Neuemission“. Diese Begriffsbildung würde die Kapitalerhöhung bereits börsennotierter Unternehmen nicht unter die Sekundärplatzierung, sondern unter „erstmaliges öffentliches
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47 Ablehnend Pfüller/Anders, WM 2004, 2445, 2451 wegen ansonsten drohender Interessenskonflikte sowie Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 35, insbesondere da andernfalls die Beschränkung auf Wertpapierhäuser und Kreditinstitute in Art. 2 Nr. 7 überflüssig werde. Befürwortend dagegen Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 20a Rz. 208. 48 Allerdings hätte der deutsche Text richtiger Weise statt von „Veröffentlichung“ von „Bekanntgabe in angemessener Weise“ sprechen müssen, d.h. erforderlich ist eine einer bestimmten Form genügenden Veröffentlichung (vgl. englische und französische Fassungen, die in Art. 8 Abs. 3 VO 2273/2003 jeweils den in Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 definierten Begriff verwenden). So zu Recht Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 311. Näher zu der Form der Bekanntgabe unten Rz. 39. 49 Begründung zu § 4 Abs. 3 KuMaKV, BR-Drucks. 639/03, S. 13 f. So auch Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046.
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Angebot“ fassen. Die CESR-Empfehlungen vom April 2002, auf denen der entsprechende § 7 KuMaKV und nunmehr auch Art. 8 VO 2273/2003 beruhen, sprechen diesbezüglich aber von „Initial Public Offering“, was nach allgemeinem Verständnis gerade nicht Kapitalerhöhungen bereits börsennotierter Gesellschaften umfasst50. Entscheidend für die Einordnung als Sekundärplatzierung spricht aber, dass wie bei der öffentlichen Platzierung aus Großaktionärsbesitz Stabilisierung auch bei Kapitalerhöhungen bereits börsennotierter Unternehmen ab Veröffentlichung des endgültigen Emissionspreises in den bereits gehandelten Wertpapieren möglich sein sollte. Es ist – vorbehaltlich der unter Rz. 33–36 zu erörternden Frage – kein Grund ersichtlich, warum hier bis zur Notierungsaufnahme der neuen Aktien keine Stabilisierung zulässig sein soll51. Dies entspricht auch der Marktpraxis der in den letzten Jahren durchgeführten Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht52. 32
Das Gleiche muss für die Auslegung der VO 2273/2003 gelten, deren englischsprachige Fassung allerdings auch zweideutig von „Initial Offer“ und „Secondary Offer“ spricht. Die VO 2273/2003 ist zudem in Art. 8 Abs. 3 unklar formuliert: Stabilisierung soll bei Zweitplatzierungen zulässig sein ab Veröffentlichung des „Schlusskurses“ (final price). Dieser Begriff kommt nur an dieser Stelle vor, in allen anderen Vorschriften (vgl. z.B. Art. 10 Abs. 1, Art. 11 lit. a VO 2273/2003) wird von „Emissionskurs“ (offering price) gesprochen. Letztlich kann aber damit wohl nichts Anderes als der Platzierungspreis gemeint sein53. bb) Stabilisierung vor bzw. während der Angebotsfrist?
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Aus den in Art. 8 Abs. 2 und Abs. 3 VO 2273/2003 genannten zeitlichen Grenzen zulässiger Stabilisierungsmaßnahmen (Notierungsaufnahme bzw. Festlegung des endgültigen Platzierungspreises) folgt, dass die VO 2273/2003 grundsätzlich keinen Safe Harbor für Stabilisierungsmaßnahmen vor bzw. während der Angebotsphase enthält. Die Begründung zur KuMaKV führte dazu aus, dass die Zulässigkeit von Stabilisierungsmaßnahmen vor oder während einer Bookbuildingphase rechtlich zumindestens bedenklich und daher nicht von der Safe Harbor-Regelung erfasst sei54.
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Daran ist zunächst richtig, dass die Bookbuildingphase gerade der zutreffenden Preisermittlung dient und daher nicht durch Beeinflussung von Graumarktkursen bei Anlegern eine nicht gerechtfertigte Preiserwartung geweckt werden darf55. Dass die „da50 Weil der Begriff „erstmaliges öffentliches Angebot“ dem Wortsinne nach einen (zu) begrenzten Anwendungsbereich hat, wurde mit dem 4. FMFG auch § 1 VerkProspG entsprechend abgeändert; Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 109, vgl. auch Ritz, AG 2002, 662, 662/663. 51 Im Ergebnis ebenso Meyer, AG 2004, 289, 293; Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 310; Bingel, S. 174; Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 8 VO 2273/2003 Rz. 4. 52 Vgl. z.B. S. 43/44 des Wertpapierprospekts der Merck KGaA vom 22.1.2007, S. 35/36 des Wertpapierprospekts der Linde AG vom 23.6.2006, S. 32 des Wertpapierprospekts der Fresenius AG vom 15.11.2005. Vgl. ausführlich zu Bezugsrechtsemissionen oben § 4. 53 So auch Meyer, AG 2004, 289, 296 (Fn. 61); Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 310; Groß in GS Bosch, S. 49, 53/54. 54 Begründung KuMaKV, BR-Drucks. 639/03, S. 15. 55 Begründung KuMaKV, BR-Drucks. 639/03, S. 15; so auch Krämer/Hess in Freundesgabe Döser, 1999, S. 171, 190, die dabei auf das geringe Volumen im Handel mit Graumarktprodukten hinweisen.
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durch vorgetäuschte, tatsächlich nicht vorhandene Nachfrage nach Aktien eine unzulässige Kursbeeinflussung [darstellt]“, wie es in der Begründung zur KuMaKV heißt, ergäbe sich aber auch bei grundsätzlicher Einbeziehung dieser Phase in die potentielle Stabilisierungsphase. Denn Erwägungsgrund 11 der VO 2273/2003 spricht von Maßnahmen zur vorübergehenden Stützung des Emissionskurses unter Verkaufsdruck geratener Wertpapiere, um den durch kurzfristige Anleger verursachten Verkaufsdruck zu mindern und geordnete Marktverhältnisse aufrecht zu halten. Und Art. 2 Nr. 7 VO 2273/2003 wiederholt als Tatbestandsmerkmal der Kursstabilisierung den Begriff „Verkaufsdruck“, was nach allgemeinem Verständnis eine gezielte Kurspflege zur Umkehrung eines Markttrends verbietet56. Im Übrigen gilt natürlich auch umgekehrt, dass Graumarktkurse – gerade wegen ihrer zumeist geringen Liquidität – durch außen stehende Dritte beeinflusst werden könnten, um die Transaktion gezielt zu erschweren, zu verhindern oder die (Ausgabe-)Preise nach oben oder unten zu treiben (z.B. um eine Preisfestsetzung am unteren oder oberen Ende der Bookbuildingspanne zu erreichen). Daher ist der oben genannten Formulierung der Begründung zur KuMaKV im Umkehrschluss zu entnehmen, dass nicht alle Stabilisierungsmaßnahmen vor oder während der Angebotsphase nach § 20a WpHG unzulässig sein müssen57. Sie kommen ausnahmsweise in Betracht, wenn die Liquidität in der Aktie (bei bereits börsennotierten Unternehmen) oder im Graumarkt (bei IPOs) sehr gering ist und/oder nachweislich Eingriffe von Seiten Dritter zu befürchten sind58. Derartige Maßnahmen müssen sich analog Art. 10 Abs. 1 VO 2273/2003 innerhalb des Preisrahmens, innerhalb dessen Kaufangebote abgegeben werden können, halten. Soweit derartige Stabilisierungsmaßnahmen zeitnah veröffentlicht werden und damit Transparenz geschaffen wird, würde auch der Befürchtung Rechnung getragen, dass beim Anleger ein unrichtiger Eindruck über die Entwicklung des Marktpreises entsteht59. Diese Vorgehensweise müsste natürlich vorab mit der BaFin abgestimmt werden. In diesem Zusammenhang wäre es hilfreich, wenn die BaFin auf das durch das AnSVG geschaffene Instrumentarium nach § 20a Abs. 2 Sätze 2 und 3 WpHG zurückgreifen könnte.
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Bei Bezugsrechtsemissionen scheint sich zudem aufgrund der zeitlichen Anknüpfung an den endgültigen Emissionspreis (s. oben Rz. 31), der bei fast allen bisherigen Bezugsangeboten vor Beginn der Bezugsfrist festgelegt wurde, die Praxis entwickelt
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56 Vgl. zur inhaltsgleichen Rechtslage vor Inkrafttreten der VO 2273/2003 Ekkenga, WM 2002, 317; Meyer, AG 2004, 289, 293; Schwark in FS Kümpel, 2002, S. 485, 493 f. Nähere Auseinandersetzung mit dem Begriff bei Bingel, S. 168 f. 57 A.A. offenbar Rössner/Bolkart, AG 2003, R395, R396 („nach dem Willen des BMF keine zulässigen Stabilisierungsmaßnahmen während der Bookbuildingphase“). Diese Ansicht ist mit dem Wortlaut der Regierungsbegründung nicht vereinbar. 58 Differenzierend zwischen Bookbuildingphase und Handel per Erscheinen Schwark in FS Kümpel, 2002, S. 485, 494. Fleischer spricht davon, dass das „kapitalmarktrechtliche Problembewusstsein“ diesbezüglich „wenig ausgeprägt“ sei (ZIP 2003, 2045, 2048; vgl. auch S. 2051 f.). Wie hier Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 263 m.w.N. in Fn. 173 und 174, sowie Bingel, S. 178. 59 Erwägungsgrund 6 der VO 2273/2003 bezeichnet Transparenz als eine Grundvoraussetzung für die Vermeidung von Marktmissbrauch. Dies wird ergänzt durch Erwägungsgrund 16, wonach Marktintegrität die angemessene Bekanntgabe von Stabilisierungsmaßnahmen durch Emittenten oder Unternehmen, die die Stabilisierungsmaßnahme durchführen, voraussetzt.
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zu haben, dass Stabilisierungsmaßnahmen vor und während der Bezugsfrist zulässig sein sollen60. Auch hier könnte auf den ersten Blick eingewandt werden, dass mit Stabilisierungsmaßnahmen während der Bezugsfrist die Attraktivität des Angebots erhöht und damit Einfluss auf die Annahmequote genommen werden könnte. Die VO 2273/2003 stellt aber auch in diesem Fall das notwendige Korrektiv bereit, indem Art. 10 Abs. 1 VO 2273/2003 keine Stabilisierungsmaßnahmen oberhalb des Emissionspreises erlaubt. Emissionspreis ist dabei der Bezugspreis, der bei vor Beginn der Bezugsfrist festgelegtem Bezugspreis regelmäßig einen Sicherheitsabschlag von 15–20 % vom aktuellen Börsenkurs vorsieht61, so dass Stabilisierungsmaßnahmen erst in Betracht kommen, wenn der Aktienkurs so stark gefallen ist, dass er den Bezugspreis erreicht hat62. b) Ende des Stabilisierungszeitraums 37
Der Stabilisierungszeitraum von bis zu 30 Kalendertagen nach Notierungsaufnahme (bei Erstplatzierung) bzw. nach dem Zuteilungsdatum63 (bei Zweitplatzierung) wird – wie unten näher dargelegt wird – nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 vor Beginn der Angebotsfrist veröffentlicht. Auch wenn ein Stabilisierungszeitraum von 30 Tagen angekündigt ist, kann dieser aber jederzeit vorzeitig beendet werden. Dies folgt bereits aus der Formulierung „endet spätestens nach 30 Kalendertagen“ in Art. 8 VO 2273/2003 und wird bestätigt durch die von Art. 9 Abs. 1 lit. a VO 2273/2003 vorgesehene, im Prospekt und den betreffenden Presseerklärungen offen zu legende Aussage, dass Stabilisierungsmaßnahmen nicht garantiert werden und jederzeit beendet werden können. Insbesondere die vollständige Ausübung der Greenshoe-Option ist regelmäßig Indiz für die Absicht des Stabilisierungsmanagers, keine weiteren Stabilisierungsmaßnahmen durchführen zu wollen. Dennoch sollte eine Beendigung des Stabilisierungszeitraums vor der eigentlich vorgesehenen 30-Tages-Frist in der entsprechenden Pressemitteilung nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 explizit genannt werden64. 60 Vgl. z.B. S. 43/44 des Wertpapierprospekts der Merck KGaA vom 22.1.2007, S. 35/36 des Wertpapierprospekts der Linde AG vom 23.6.2006, S. 32 des Wertpapierprospekts der Fresenius AG vom 15.11.2005. Anders noch – vor Inkrafttreten der KuMaKV – S. 19 des Verkaufsprospekts der Jenoptik AG vom 2.10.2003 („30 Tage ab Notierungsaufnahme der neuen Aktien“). So explizit auch Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 8 VO 2273/2003 Rz. 18–20 (ab Bekanntgabe des Bezugspreises). 61 Vgl. § 4 Rz. 2. Ebenso Schlitt/Seiler, WM 2003, 2175, 2177. 62 Allerdings kann dies bei sog. at market rights offerings, bei denen der Bezugspreis nahe am aktuellen Marktpreis festgelegt wird, relevant werden; dann kann es auch zu Stabilisierungsmaßnahmen noch während der Bezugsfrist kommen, vgl. z.B. Bezugsrechtsangebot der Drillisch AG (S. 42 des Wertpapierprospektes vom 9.11.2007 sowie Stabilisierungsbekanntmachung in der FAZ vom 31.12.2007). 63 Bei Bezugsrechtsemissionen ist mit „Zuteilung“ wohl zutreffender Weise nicht die Einbuchung der Bezugsrechte, sondern die Einbuchung der Aktien selbst gemeint (vgl. Leppert/Stürwald, ZBB 2004, 302, 311; Groß in GS Bosch, S. 49, 61). Insofern stellt die Praxis hier regelmäßig für das Ende der Stabilisierungsfrist auf den dreißigsten Kalendertag ab dem Ende der Bezugsfrist ab, vgl. z.B. Wertpapierprospekt der Merck KGaA vom 22.1.2007, S. 44; Wertpapierprospekt der Fresenius AG vom 15.5.2005, S. 32, Wertpapierprospekt der Linde AG vom 23.6.2007, S. 36. 64 Die Sieben-Tages-Frist zur Veröffentlichung der Informationen nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 ist dann natürlich ab tatsächlich erfolgter Beendigung der Stabilisierungsphase (und nicht der ursprünglich geplanten 30 Kalendertage) zu berechnen.
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c) Stabilisierungszeitraum bei „kombinierten Angeboten“ Die zeitliche Anknüpfung bei „kombinierten Angeboten“ stellt eine bislang noch wenig erörterte Frage dar. Kombinierte Angebote können z.B. aus einem Blocktrade bzw. Accelerated Bookbuild Offering (ABO) kombiniert mit einer Wandel- oder Umtauschanleihe (vgl. KfW-Angebot in Deutsche Post-Aktien vom Dezember 2003) oder einem Börsengang kombiniert mit einer Wandel- oder Umtauschanleihe (vgl. Postbank-IPO vom Juni 2004) bestehen. Da hier an unterschiedlichen Zeitpunkten die endgültige Preisfestsetzung für den jeweiligen Teil der Transaktion erfolgt, beginnt und endet der Stabilisierungszeitraum bei isolierter Betrachtungsweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Da Stabilisierung in der zugrunde liegenden Aktie auch eine zulässige Stabilisierungsmaßnahme im Zusammenhang mit Wandelund Umtauschanleihen ist (vgl. Art. 2 Nr. 8 lit. c VO 2273/2003), führt eine kombinierte Anwendung der Stabilisierungsregeln dazu, dass über eine Periode von 30 Tagen hinaus in der Aktie stabilisiert werden könnte. Darüber hinaus kommt in Betracht, dass für eine der Transaktionen Stabilisierungsmaßnahmen ausschließlich außerhalb Deutschlands stattfinden sollen, so dass ein schwieriges Zusammenspiel der Regeln der VO 2273/2003 und der Anerkennung ausländischer Regeln nach § 6 MaKonV entsteht65. Grundsätzlich muss es bei einer kumulierten Anwendung der Stabilisierungsregeln bleiben, denn primär wird im Bereich der jeweiligen Transaktion stabilisiert, soweit jede der Transaktionen isoliert betrachtet die Voraussetzungen der VO 2273/2003 erfüllt66. Eventuelle Auswirkungen oder Maßnahmen bei dem Wertpapier, das Gegenstand der anderen Transaktion war, stellen nur einen Reflex dar. Da der Geltungsgrund für die VO 2273/2003, d.h. das berechtigte Interesse an Stabilisierung, für jede Transaktion gesondert Anwendung findet, rechtfertigt sich daher auch ein über 30 Tage hinaus gehender Stabilisierungszeitraum.
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4. Bekanntgabe von Stabilisierungsmaßnahmen a) Bekanntgabe nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 (pre-stabilisation disclosure) Bezüglich der Form der Bekanntgabe verlangt Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 eine Bekanntgabe „in angemessener Weise“. Unter „angemessene Bekanntgabe“ ist durch Verweis in Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 auf Art. 102 f. der Richtlinie 2001/34/EG die Veröffentlichung „in einer oder mehreren Zeitungen oder andere von den zuständigen Stellen anerkannte gleichwertige Mittel“ zu verstehen67. Allerdings ist die Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie 2001/34/EG durch die Bestimmungen der Transparenzrichtlinie mit Wirkung zum 20.1.2007 aufgehoben worden, so dass der Ver65 Allerdings ist der Anwendungsbereich von § 6 MaKonV sehr gering, s. dazu unten Rz. 61 f. 66 Auf diese Einschränkung weist zutreffend Bingel, S. 175, hin. Ebenfalls eine isolierte Bestimmung des zulässigen Stabilisierungszeitraums befürwortend: Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 8 VO 2273/2003 Rz. 16/17. 67 Soweit dafür das Internet in Betracht kommt, stellt sich die Frage, ob bei Sekundärplatzierungen die Internetseite des Emittenten oder des Verkäufers genutzt werden sollte. Zudem erscheint es sachgerecht, in dem Übernahmevertrag (underwriting agreement) zwischen Emittent und Konsortialbanken neben der Gewährleistung des Emittenten, keine Vorschriften im Hinblick auf Marktmanipulation verletzt zu haben, nunmehr auch eine Verpflichtung des Emittenten aufzunehmen, bei der Erfüllung der Vorschriften der VO 2273/2003, z.B. durch Einstellung der Pressemitteilung auf seiner Website, mitzuwirken. Zu den üblichen Gewährleistungen und Verpflichtungen des Emittenten vgl. § 23 Rz. 33 und Rz. 47.
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weis in Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 nunmehr auf die entsprechenden Vorschriften der Transparenzrichtlinie zu verstehen ist68. Art. 21 der Transparenzrichtlinie setzt hier bestimmte Mindestanforderungen an die Form und Publizität der diesbezüglichen Bekanntmachung. 40
Seit dem Inkrafttreten der Prospektrichtlinie bzw. des nationalen Umsetzungsaktes (Wertpapierprospektgesetz) zum 1.7.2005 und deren Durchführungsmaßnahmen69 wird aufgrund des letzten Satzes von Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 die Anwendung des Art. 9 Abs. 1 jedoch für prospektpflichtige Angebote „ausgesetzt“, so dass eine Darlegung im Prospekt erforderlich, aber auch ausreichend ist70. Insbesondere ist also bei prospektpflichtigen Angeboten keine separate Pressemitteilung für den Hinweis auf mögliche Stabilisierungsmaßnahmen notwendig. Allerdings hält die Praxis, wohl zur Sicherstellung der bestmöglichen Information der Anleger, derzeit noch daran fest, die Informationen nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 vor Beginn der Angebotsfrist (z.B. in die Veröffentlichung des Verkaufsangebotes) im betreffenden Börsenpflichtblatt aufzunehmen.
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Bei ABOs (vgl. oben Rz. 16) und anderen kurzfristigen, nicht der Prospektpflicht unterliegenden Transaktionen ist eine Aufnahme in ein Börsenpflichtblatt vor Durchführung des Angebots nicht möglich. Daher muss es weiterhin zulässig sein, in diesen Fällen die relevanten Informationen (nur) mittels Pressemitteilung zu kommunizieren (launch press release). Insofern wäre Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 in jedem Fall teleologisch zu reduzieren. Die BaFin hat aber auch erkennen lassen, dass aus ihrer Sicht eine Veröffentlichungsform, die die Voraussetzungen einer Veröffentlichung von Mitteilungen nach §§ 3a ff. der Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) erfüllt, als „anderes von den zuständigen Stellen anerkanntes gleichwertiges Mittel“ anzusehen sei. Damit wird nicht nur das rechtstechnische Problem gelöst, sondern eine für alle Marktteilnehmer sehr gute Lösung aufgezeigt.
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Inhaltlich ist bei dem Katalog des Art. 9 Abs. 1 lit. a-e VO 2273/2003 die Pflicht zum Hinweis hervorzuheben, dass Stabilisierungsmaßnahmen nicht garantiert werden („no assurance“). Diese Aussage entspricht international üblicher Praxis im Zusammenhang mit Veröffentlichungen zu Stabilisierungsmaßnahmen. Fraglich ist, ob der Verordnungsgeber damit zum Ausdruck gebracht hat, dass er eine derartige Verpflichtung auch für rechtlich nicht zulässig hält71. In der Literatur ist darauf hinge68 Vgl. Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 13–15. 69 Insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. EG Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1 (so genannte Prospektverordnung). Die sich aus Ziffer 6.5 und Ziffer 5.2.5 des Anhangs III der Prospektverordnung ergebenden Offenlegungspflichten in Bezug auf Stabilisierung bzw. Mehrzuteilung/Greenshoe decken sich jedoch inhaltlich weitgehend mit den Veröffentlichungspflichten nach Art. 9 bzw. Art. 11 der VO 2273/2003. 70 Diese abweichende Bestimmung gilt aber nur für die Pre-Stabilisation Disclosure nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003, während es für die nachträgliche Veröffentlichung nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 bei der Bekanntgabeverpflichtung „in angemessener Weise“ bleibt. Vgl. auch oben § 30 Rz. 48. 71 Eine solche Verpflichtung folgt jedenfalls nicht aus einer ungeschriebenen gesellschaftsrechtlichen Nebenpflicht des Konsortialvertrages. So zu Recht Schlitt/Schäfer, AG 2004, 346, 357; Fleischer, ZIP 2003, 2045, 2046 m.w.N.; Krämer/Hess in Freundesgabe Döser, 1999, S. 171, 183; Groß in GS Bosch, S. 49, 59; a.A. De Meo, Bankenkonsortien, 1994, S. 59.
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wiesen worden, dass derartige Vereinbarungen „in der modernen Emissionspraxis [zwar] so gut wie nie anzutreffen“ seien, Emittenten dennoch zum Teil versuchten, eine solche Verpflichtung der Globalen Koordinatoren bzw. des Stabilisierungsmanagers in der Mandatsvereinbarung oder im Übernahmevertrag zu verankern72. Tatsächlich bestehen rechtliche Zweifel gegenüber einer Verpflichtung zur Stabilisierung im Hinblick auf §§ 71, 71a AktG, die jedenfalls einer gesonderten Kurspflegeprovision entgegenstehen, aber auch im Hinblick auf eine Gesamtprovision nicht unproblematisch erscheinen – insbesondere soweit Teile dieser Provision erst nach Ablauf der Stabilisierungsperiode zu zahlen sind73. Im Übrigen könnte eine solche Verpflichtung zur Stabilisierung grundsätzlich offenlegungspflichtig74 sein, was am Markt gegen den zur Stabilisierung verpflichteten Stabilisierungsmanager ausgenutzt werden und das Gegenteil der mit der Stabilisierung beabsichtigten Effekte bewirken könnte. b) Bekanntgabe nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 (post-stabilisation disclosure) Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 verlangt eine zusätzliche nachträgliche Transparenz in angemessener Weise. Diese nachträgliche Transparenzanforderung steht im Einklang mit den CESR-Empfehlungen vom April 2002, geht allerdings über die bisherige internationale Praxis, z.B. die britischen FSA-Rules, hinaus. Anzugeben ist, ob eine Stabilisierungsmaßnahme durchgeführt wurde oder nicht, zu welchem Termin mit der Kursstabilisierung begonnen wurde, zu welchem Termin die letzte Kursstabilisierungsmaßnahme erfolgte sowie die Preisspanne, innerhalb derer Stabilisierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Umgekehrt ist also das Gesamtvolumen (z.B. in Form der insgesamt im Markt gekauften Aktien) nicht aufzunehmen. Bereits unter der Geltung der KuMaKV hatte sich die Praxis herausgebildet, einen Hinweis auf diese so genannten Post-Stabilization Disclosure im Prospekt aufzunehmen.
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Inhaltlich geht Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 sehr weit mit der Post-Stabilisation Disclosure: nach Art. 9 Abs. 3 lit. d VO 2273/2003 ist nicht nur allgemein die Angabe der Preisspanne, innerhalb derer Stabilisierungsmaßnahmen vorgenommen wurden (wie § 9 Abs. 2 Nr. 3 KuMaKV), zu nennen, sondern für „jeden Termin, zu dem eine Kursstabilisierungsmaßnahme durchgeführt wurde“. Auch wenn die englische Fassung klarstellt, dass mit „Termin“ wohl jeweils ein Tag gemeint ist (date), lässt sich fragen, ob diese Anforderung tatsächlich aus Marktmanipulations- bzw. Transparenzgründen erforderlich ist.
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Regelmäßig wird die Veröffentlichung nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 mit der Bekanntgabe über die Ausübung einer Greenshoe-Option nach Art. 11 lit. f VO 2273/ 2003 verbunden. Da Art. 11 lit. f „unverzügliche“ Veröffentlichung verlangt, wird
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72 Krämer/Hess in Freundesgabe Döser, 1999, S. 171, 183; Ekkenga, WM 2002, 317, 318. Zu Recht weist Meyer, AG 2004, 289, 292 darauf hin, dass der KuMaKV – wie in anderen Rechtsordnungen – der Gedanke des unabhängigen Stabilisierungsmanagers zugrunde liegt. Zum typischen Inhalt eines Übernahmevertrages vgl. § 23 Rz. 12 ff. 73 Groß in GS Bosch, S. 49, 59, formuliert es so, dass „eine Verpflichtung zur Stabilisierung gegenüber dem Emittenten oder den abgebenden Aktionären oder deren mögliche Einflussnahme auf die Stabilisierung für den Safe Harbour schädlich“ sein könnte, weil dies nicht mit Art. 9 Abs. 1 lit. a VO 2273/2003 im Einklang stehen könnte. 74 Vogel, WM 2003, 2437, 2440 f. Jedenfalls wäre dann die von Art. 9 Abs. 1 lit. a VO 2273/2003 geforderte Aussage, dass die Durchführung nicht garantiert werde, nur möglich, wenn sie so gelesen wird, dass keine Verpflichtung gegenüber dem Markt bzw. Anleger besteht.
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insoweit auch die in Art. 9 Abs. 3 eingeräumte Frist von einer Woche in der Regel nicht ausgeschöpft. Als Veröffentlichungsmedium wurde bisher zumeist das Börsenpflichtblatt gewählt, in dem die anderen angebotsbezogenen Veröffentlichungen durchgeführt wurden75. Da für den Begriff der „angemessenen Bekanntgabe“ nunmehr grundsätzlich aufgrund des Verweises in Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 die Art. 20/21 der Transparenzrichtlinie sowie damit einhergehend §§ 3a ff. WpAIV einschlägig sind (vgl. Rz. 39 sowie Rz. 41 oben), spricht manches dafür, dass die dort genannten Formen der Bekanntmachung zu nutzen sind, d.h. Zuleitung an Medien, die eine Verbreitung im EWR-Raum sicherstellen (sog. Medienbündel76). Betrachtet man die Verweisung in Art. 2 Nr. 5 VO 2273/2003 dagegen nicht als dynamische Verweisung, sondern als Rechtsgrundverweisung, wird dagegen weiterhin die Veröffentlichung in einem Börsenpflichtblatt ausreichend sein. Dafür spräche zudem, dass der europäische Gesetzgeber im Zuge der Erstellung der Transparenzrichtlinie im Jahre 2004 die VO 2273/2003 hätte ändern können, dies aber nicht getan hat.77 46
Unklar ist allerdings, welche Sanktionen die Nichtbefolgung der Veröffentlichungspflichten nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 haben würden. Es erscheint strafrechtsdogmatisch nicht überzeugend, dass die Nichtbeachtung nachträglicher Veröffentlichungspflichten den Safe Harbor vollständig nehmen und damit strafbarkeitsbzw. ordnungswidrigkeitsbegründend sein soll78. c) Sonstige Bekanntmachungs- und Meldepflichten
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Neben den Aufbewahrungspflichten nach Art. 9 Abs. 4 VO 2273/200379 verlangt Art. 9 Abs. 2 VO 2273/2003 innerhalb von sieben Handelstagen nach der Ausführung einer (jeden) Stabilisierungsmaßnahme (also nicht einmalig am Ende des Stabilisierungszeitraumes) die Mitteilung über die Einzelheiten sämtlicher getätigter Stabilisierungsmaßnahmen an die BaFin durch Emittenten, Bieter oder Stabilisierungsmanager. Auch wenn diese Angaben nicht veröffentlicht werden, so erscheint diese kontinuierliche Berichtspflicht sehr weitgehend. Trotz Streben nach Transparenz und Kontrolle darf nicht vergessen werden, dass dem Stabilisierungsmanager mit Pre- und Post-Stabilisation Disclosure, Veröffentlichungen über Ausübung der Mehrzuteilung und der Greenshoe-Option, eventuell Veröffentlichung nach den Zuteilungsgrundsätzen der Börsensachverständigenkommission, Organisation der Aufbewahrungspflichten und jetzt auch noch (über die üblichen Meldepflichten für 75 Vgl. z.B. FAZ vom 15.12.2006 zur Ausübung der Greenshoe-Option im Rahmen des Börsenganges der Symrise AG (s. auch S. 33 des Wertpapierprospekts vom 24.11.2006). 76 So Mock/Soll/Eufinger in KolnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 2 VO 2273/2003 Rz. 13–15. 77 Vgl. zu dieser Frage auch oben § 30 Rz. 48. 78 Dies deutete auch der Wortlaut des § 9 KuMaKV an: während nach § 9 Abs. 1 „Stabilisierungsmaßnahmen nur zulässig sind“ bei Beachtung der dort gesetzten Voraussetzungen, fehlte eine parallele Formulierung in § 9 Abs. 2; vgl. genauer Vogel, WM 2003, 2437, 2441. Für die VO 2273/2003 gilt dieses Wortlautargument nicht, denn gem. Art. 7 kommen nur Maßnahmen, die im Einklang mit den Art. 8–10 durchgeführt werden, in den Genuss der Freistellung. Ausführlich dazu Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Rz. 337–340. 79 Allerdings verlangt Art. 9 Abs. 4 VO 2273/2003 nicht nur die Dokumentation aller vollendeten Stabilisierungsmaßnahmen, sondern auch aller „Kursstabilisierungsaufträge“, die typischerweise gerade nicht aufbewahrt werden. Dies geht deutlich über das vertretbare Maß an Aufwand hinaus.
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Wertpapiergeschäfte hinausgehende) kontinuierliche Berichtspflichten gegenüber der BaFin ein erheblicher Aufwand entsteht. Dieser erhöht die Kosten von Kapitalmarkttransaktionen, ohne zusätzlich wesentlich Transparenz und Kontrolle zu verbessern, zumal die BaFin bei Verdachtsmomenten ohnehin eingreifen und die Offenlegung bzw. Übermittlung verlangen kann.
5. Mehrzuteilung und Greenshoe-Option a) Grundregelung und Terminologie „Ergänzende Stabilisierungsmaßnahmen“80 verstoßen nicht gegen § 20a WpHG (und Art. 8 der Marktmissbrauchsrichtlinie), wenn bestimmte in Art. 11 VO 2273/2003 vorgesehene Voraussetzungen eingehalten werden. Dabei geht es in erster Linie um so genannte Mehrzuteilungen im Rahmen einer Wertpapieremission, die durch eine so genannte Greenshoe-Option, d.h. die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist zum Emissionspreis weitere ausstattungsgleiche Wertpapiere erwerben zu können, abgedeckt sind. Die Greenshoe-Option darf 15 % des ursprünglichen Angebots nicht überschreiten.
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Terminologisch wenig gelungen ist es, wenn die deutsche Fassung von „Überzeichnungen“ spricht (vgl. Definition in Art. 2 Nr. 13 VO 2273/2003 sowie Art. 11 lit. a und lit. b VO 2273/2003), obwohl nicht Überzeichnungen (durch die Anleger), sondern Mehrzuteilungen (durch die Konsortialbanken) gemeint sind. Zutreffend spricht die englische Version dagegen von „Overallotment Facility“. Die Terminologie der VO 2273/2003 legt auch richtig dar, dass es sich dabei nicht um eine „Option“, sondern um ein (bereits bestehendes) Recht der Banken handelt (das allenfalls durch eine Klausel im Übernahmevertrag abgesichert ist). Die Option im Rechtssinne, die dem Konsortium vom Emittenten (Greenshoe aus neuen Aktien) oder von Altaktionären (Greenshoe aus bestehenden Aktien) gewährt wird, ist eine Option zum Erwerb von Aktien, die zur Deckung vorgenommener Mehrzuteilungen (untechnisch eben auch als „Greenshoe-Option“81 bezeichnet) dient. Diese GreenshoeOption wird zwar in der internationalen Praxis (unzutreffender Weise) teilweise auch als „Over-Allotment Option“ bezeichnet. Damit meint man in der internationalen Praxis aber gerade nicht eine „Option zur Mehrzuteilung“, sondern die oben dargestellte „Greenshoe-Option“. Insoweit bedeutet die VO 2273/2003 einen Fortschritt in der Terminologie, und es ist zu begrüßen, dass sich die Wertpapierprospekte für IPOs und Bezugsrechtskapitalerhöhungen in den letzten fünf Jahren so gewandelt haben, dass nunmehr konsequent und zutreffend zwischen Mehrzuteilungen und Greenshoe-Option unterschieden wird.
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b) Zeitraum für Ausübung der Greenshoe-Option Im Zusammenhang mit Stabilisierung und Ausübung der Greenshoe-Option sind verschiedene Zeiträume zu unterschieden: der Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 1 Ku80 So bereits die Terminologie in den CESR-Empfehlungen vom April 2002 („ancillary stabilisation“). 81 Abgeleitet von der Greenshoe Manufacturing Co. Boston, bei deren Kapitalmarkttransaktion das Verfahren 1924 erstmals eingesetzt wurde. Eine Definition des Begriffs „Greenshoe“ ist auch in den „Grundsätzen der Börsensachverständigenkommission für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ vom Juni 2000 enthalten.
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MaKV sprach davon, dass die Greenshoe-Option „während oder nach dem Stabilisierungszeitraum“ ausgeübt werden kann. Daher konnte der Greenshoe – wie in der Praxis nicht unüblich – auch noch (kurz) nach Ende des Stabilisierungszeitraums ausgeübt werden. Oftmals wurde die Grenze fünf Tage länger gesetzt als die Stabilisierungsperiode, um ausreichend Zeit für eine Bestandsaufnahme nach Ende des Stabilisierungszeitraums zu haben. 51
Diese Möglichkeit besteht unter Geltung der VO 2273/2003 nicht mehr, denn Art. 11 lit. e VO 2273/2003 besagt, dass der für die Ausübung der Greenshoe-Option vorgesehene Zeitraum sich mit der in Art. 8 zum Zwecke der Kursstabilisierung festgelegten Zeitspanne decken muss. Je nach den Umständen kann dies de facto die Stabilisierungsperiode um mindestens einen Tag verkürzen82. c) „Naked Short“ und „Stabilisierung ohne Greenshoe-Option“
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Art. 11 lit. b VO 2273/2003 lässt die Möglichkeit einer aus einer Mehrzuteilung resultierenden und nicht durch die Greenshoe-Option abgedeckten Position (so genannte naked short) von bis zu maximal 5 % des ursprünglichen Angebots zu, d.h. die VO 2273/2003 sieht einen Safe Harbor für einen Naked Short in Höhe von 5 % vor83. Dagegen war nach § 12 Abs. 1 Satz 2 KuMaKV eine Greenshoe-Vereinbarung nur zur Absicherung einer Mehrzuteilung zulässig, die wiederum – aus Satz 1 folgend – nur vorgenommen werden durfte, sofern (und soweit) sie durch eine Greenshoe-Vereinbarung abgesichert ist. Damit sah die KuMaKV die Möglichkeit einer Mehrzuteilung ohne Deckung nicht vor.
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Fraglich ist, welche Auswirkungen die im Vergleich zur KuMaKV veränderte Rechtslage auf die zuvor vertretene These hat, dass der Naked Short zwar nicht unter die KuMaKV fällt, aber dennoch zulässig sein kann, wenn er – direkt an § 20a WpHG gemessen – keine Marktmanipulation darstellt84. Denkbar wäre zum einen, dass die VO 2273/2003 jetzt abschließende Indizwirkung hat, inwieweit Naked Shorts zulässig seien. Richtigerweise wird man aber auch weiterhin im Einzelfall zu prüfen haben, ob nicht im konkreten Fall ein umfangreicherer Naked Short zulässig sein könnte oder anderweitig zwar die Voraussetzungen der VO 2273/2003 nicht eingehalten werden, aber dennoch kein Verstoß gegen § 20a WpHG vorliegt.
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Zudem wird aus dem Begriff „ergänzende Stabilisierungsmaßnahmen“ klar, dass zulässige Stabilisierungsmaßnahmen keine Greenshoe-Option voraussetzen. Daher kann also im Rahmen einer Wertpapieremission Stabilisierung nach Art. 9 Abs. 1 VO 2273/2003 angekündigt und den Vorschriften der Art. 8 ff. VO 2273/2003 entsprechend durchgeführt werden, ohne dass eine Mehrzuteilung oder eine Greenshoe-Option bestehen85. Bestätigt wird dies durch Art. 2 Nr. 12 der VO 2273/2003, 82 So auch Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 189. 83 Erwägungsgrund 18 zur VO 2273/2003 sagt aber zugleich, dass „um eine Verunsicherung der Marktteilnehmer zu vermeiden, …, ebenfalls unter Berücksichtigung der vorherrschenden Marktbedingungen, im Zuge der Stabilisierungsmaßnahme geöffnete Positionen geschlossen werden [sollten], um die Auswirkungen auf den Markt zu begrenzen.“ 84 A.A. offenbar zur Rechtslage vor Inkrafttreten der VO 2273/2003 Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 190, die davon sprechen, dass sich der Kreis zulässiger Stabilisierungsmaßnahmen erheblich erweitert habe und dass die Zulässigkeit eines Naked Short neu sei. 85 Vgl. z.B. Ad-hoc-Mitteilung der Grammer AG vom 13.7.2005, wonach die als Stabilisierungsmanager fungierende Bank Mehrzuteilungen auf Basis einer Wertpapierleihe von
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wonach die Mehrzuteilung und die Ausübung des Greenshoe „ausschließlich der Vereinfachung der eigentlichen Kursstabilisierungsmaßnahme dienen“. Das wirtschaftliche Risiko derartiger, unabgesicherter Transaktionen kann allerdings höher sein als bei traditioneller Vorgehensweise86. d) Ausübung der Greenshoe-Option trotz Stabilisierungskäufen („refreshing the shoe“) Mehrzuteilungen im Rahmen einer Wertpapieremission werden in der Regel auf Basis von Aktien erfüllt, die dem Konsortium von Seiten eines Aktionärs im Wege eines Sachdarlehens zur Verfügung gestellt worden sind (so genannte „Aktienleihe“). Diese Aktienleihe wird dadurch zurückgeführt, dass entweder mittels Stabilisierungsmaßnahmen im Markt gekaufte Aktien geliefert werden oder die GreenshoeOption ausgeübt wird und die dadurch erworbenen Aktien an den Aktionär übertragen bzw. Rückgewähr- und Lieferungsanspruch miteinander verrechnet werden. Bisher nicht ausführlich von der Literatur behandelt scheint allerdings die Frage, ob der Stabilisierungsmanager (für Rechnung des Konsortiums) Aktien im Wege der Stabilisierung im Markt kaufen und dann dennoch den Greenshoe vollständig ausüben kann. Der Stabilisierungsmanager bzw. das Konsortium hält damit mehr Aktien, als zur Rückführung der Aktienleihe erforderlich ist, d.h. es entsteht eine Long Position, die dann (entweder sogleich durch weitere Zuteilungen oder nach und nach) wieder in den Markt abgegeben wird. Dieses Verfahren wird in den USA als „Refreshing the Shoe“ bezeichnet. Aus Sicht des Emittenten bzw. Aktionärs, der den Greenshoe zur Verfügung gestellt hat, hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass die Zahl der verkauften Aktien (und damit der Emissionserlös) höher ist, als wenn der Greenshoe nur in Höhe der Differenz zwischen Mehrzuteilung und im Markt zurückgekauften Aktien ausgeübt wird.
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Eine vollständige Ausübung der Greenshoe-Option sollte in dieser Konstellation zulässig sein87. Auch Art. 11 lit. c VO 2273/2003, wonach die Greenshoe-Option von den Begünstigten nur im Rahmen einer Überzeichnung relevanter Wertpapiere ausgeübt werden kann, steht bei genauer Betrachtung nicht entgegen. Denn diese Bestimmung knüpft an einen zeitlich früheren Zeitpunkt an, d.h., die Greenshoe-Option darf nicht von Anfang an größer sein als die Mehrzuteilung und so eine Long Position geschaffen werden. Dies beinhaltet aber nicht auch die Aussage, dass die
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bis zu 5 % vornehmen konnte. Allerdings musste sie diese Wertpapierleihe in jedem Fall zurückführen – es bestand also keine Greenshoe-Option (vgl. letzter Absatz der Ad-hocMittelung: „Die Deutsche Bank wird die zur Rückführung einer eventuellen Wertpapierleihe erforderliche Zahl an Aktien der Grammer AG im Markt erwerben, soweit sie nicht Aktien der Grammer AG im Rahmen von Stabilisierungsmaßnahmen erworben hat.“). 86 Denkbar ist hier vor allem Stabilisierung über Derivate (vgl. Art. 2 Nr. 8 VO 2273/2003). Soweit Stabilisierung durch Käufe von Aktien im Markt durchgeführt wird, sollte auch eine Vereinbarung zulässig sein, nach der ein Großaktionär oder Investoren, die im Laufe des Angebots bereits Aktien gezeichnet haben, eventuell im Rahmen von Stabilisierungsmaßnahmen vom Stabilisierungsmanager erworbene Aktien von diesem übernimmt. 87 So auch Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 11 VO 2273/2003 Rz. 5–7. Dies entspricht mittlerweile auch der Marktpraxis. Vgl. z.B. Stabilisierungsbekanntmachungen der Deutschen Bank AG im Zusammenhang mit dem IPO der Symrise AG in der FAZ vom 15.12.2006 oder der UBS Limited im Zusammenhang mit dem Börsengang der PAION AG in der FAZ vom 23.2.2005.
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in Art. 11 lit. c VO 2273/2003 geregelte Ausübung der Greenshoe-Option nur zulässig wäre, soweit die Aktien nicht im Markt zurückgekauft wurden. Im Übrigen ist auch angesichts der Tatsache, dass Refreshing the Shoe bisher nicht Gegenstand der Diskussionen im Zusammenhang mit der VO 2273/2003 oder der KuMaKV war, nicht davon auszugehen, dass der (europäische oder nationale) Verordnungsgeber mit dieser Bestimmung eine solche Ausübung verbieten wollte. Zudem haben die Ausführungen unter Rz. 52–54 gezeigt, dass Stabilisierung auch ohne Greenshoe möglich ist. Daher korrelieren – wie Art. 11 VO 2273/2003 zeigt – nur Mehrzuteilung und Greenshoe, nicht aber Stabilisierung und Greenshoe. Deshalb sollte trotz Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen auch die vollständige Ausübung der Greenshoe-Option zulässig sein88. 57
Da der Markt über die Möglichkeit einer vollständigen Ausübung der Greenshoe-Option informiert ist, ist auch kein ausdrücklicher Hinweis auf diese potentielle Long Position erforderlich. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Veröffentlichungen nach Art. 9 VO 2273/2003 eine solche Möglichkeit auch nicht direkt oder indirekt ausschließen. Zudem unterliegen Ausübung der Greenshoe-Option und Abbau der Long Position natürlich ihrerseits den Grenzen des § 20a WpHG, d.h. der Verkauf der Aktien aus der Long Position selbst darf keine Täuschungshandlung oder sonstige Marktmanipulation darstellen. e) Pressemitteilungen zu Mehrzuteilung/Greenshoe-Option
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Nach Art. 9 Abs. 1 lit. e VO 2273/2003 ist vor Beginn der Zeichnungsfrist in angemessener Weise bekannt zu machen, ob die Möglichkeit einer Überzeichnung oder Greenshoe-Option besteht und wenn ja, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum die Greenshoe-Option ausgeübt werden kann und welche Voraussetzungen gegebenenfalls für eine Überzeichnung oder die Ausübung der Greenshoe-Option erfüllt sein müssen. Nach Art. 11 lit. f VO 2273/2003 ist die Öffentlichkeit dann unverzüglich und in allen angemessenen Einzelheiten über die Ausübung der Greenshoe-Option zu unterrichten, insbesondere über den Zeitpunkt der Ausübung und die Zahl und Art der relevanten Wertpapiere89. Unklar ist, warum im Einleitungssatz von Art. 11 VO 2273/2003 allgemein auf Art. 9 VO 2273/2003 verwiesen wird (statt auf Art. 9 Abs. 1 lit. e VO 2273/2003), insbesondere ob damit auch die Mitteilungspflichten nach Art. 9 Abs. 2 VO 2273/2003 für die Greenshoe-Option gelten sollen90.
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Bezüglich der Anzahl der durch Ausübung der Greenshoe-Option erworbenen Aktien nach Art. 11 lit. f VO 2273/2003 ist aber wohl die Nennung der absoluten 88 Bingel, S. 191, erkennt zwar an, dass Refreshing the Shoe nach derzeitigem Recht unter den Safe Harbour der VO 2273/2003 fallen kann, hält es allerdings andererseits für wünschenswert, dass Refreshing the Shoe nicht zulässig sei, da die Banken ausschließlich gegen das aus dem Aufbau von Short-Positionen resultierende Risiko abgesichert werden sollen. Dies verkennt u.E. zwei Schritte: Der Verkauf der durch Stabilisierung erworbenen Aktien in den Markt durch den Stabilisierungsmanager kann regulatorisch nicht unzulässig sein. Die Ausübung der Greenshoe-Option ist dann nur eine vom Gesetzgeber nicht untersagte private Transaktion zwischen Bank und Emittent bzw. abgebendem Aktionär, die den Markt nicht belastet und keine Marktmanipulation darstellen kann. 89 Dagegen ist – anders als bei Art. 9 Abs. 3 lit. a VO 2273/2003 – keine Veröffentlichung erforderlich, soweit es nicht zu einer Ausübung gekommen ist. 90 Letzteres bejaht Bingel, S. 188, und erklärt sich daraus auch den umfassenden Verweis.
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Zahl an Aktien erforderlich. Art. 9 Abs. 1 lit. e VO 2273/2003 verlangt dagegen – anders als die KuMaKV – nicht die Angabe der absoluten Zahl der mehr zugeteilten Aktien, da nur auf die Möglichkeit der Mehrzuteilung hinzuweisen ist91. Diese Unterscheidung ist auch sachgerecht. Denn wäre die Anzahl der mehr zugeteilten Aktien offen zu legen, wäre durch die gleichzeitige Angabe des Umfangs der Greenshoe-Option für den Markt ein etwaiger Naked Short ablesbar. Dies könnte zu Spekulationen gegen den Stabilisierungsmanager genutzt werden, die im Ergebnis einen Naked Short unmöglich machen könnten. Auch bezüglich Mehrzuteilung/Greenshoe-Option ist es aus Praktikabilitätsgesichtspunkten und um dem Anleger möglichst viele Informationen gebündelt zur Verfügung zu stellen, sinnvoll, die nach Art. 9 Abs. 1 lit. e VO 2273/2003 erforderlichen Angaben über die Mehrzuteilung, die zusammen mit der Allokation der Haupttranche erfolgt, in der Pressemitteilung über die Allokierung (nach den Grundsätzen der Börsensachverständigenkommission vom Juni 2000) zu integrieren. Die Ausübung der Greenshoe-Option wird dann – wie oben bereits dargelegt – zusammen mit der Presseerklärung92 nach Art. 9 Abs. 3 VO 2273/2003 erfolgen.
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6. Im Ausland getätigte Stabilisierungsmaßnahmen Im Ausland getätigte Stabilisierungsmaßnahmen können Auswirkungen auf den Börsen- bzw. Marktpreis von im Inland notierten Wertpapieren haben, so dass ein strafrechtlich relevanter, inländischer Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Fall 3 StGB bestehen kann. § 6 MaKonV sieht dafür einen gesonderten Safe Harbor vor, soweit im Ausland getätigte Stabilisierungsmaßnahmen im Rahmen der an den betreffenden ausländischen Märkten bestehenden Regeln über zulässige Stabilisierungsmaßnahmen getätigt werden und diese Regeln denjenigen der MaKonV gleichwertig sind (oder die Vorschriften der VO 2273/2003 eingehalten werden). Als „gleichwertig“ sind jedenfalls die britischen und US-amerikanischen Regeln anzusehen93 sowie sonstige nationale Regelungen europäischer Staaten, die auf Basis (und im Einklang mit) der VO 2273/2003 erlassen wurden94; eine offizielle Stellungnahme des Verordnungsgebers oder der BaFin dazu steht allerdings noch aus.
61
Der Anwendungsbereich des § 6 MaKonV ist allerdings sehr begrenzt: aufgrund der vorrangigen VO 2273/2003 war eine gesonderte Bestimmung zur Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln nur noch für solche Maßnahmen möglich, die außerhalb des EWR-Raumes vorgenommen werden und den inländischen Preis eines Finanzinstruments beeinflussen, das nicht an einem organisierten Markt eines EWR-Staates zugelassen ist. Somit folgt ein Anwendungsbereich für § 6 MaKonV
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91 Bestätigt wird dies durch den Umkehrschluss aus Art. 11 lit. f VO 2273/2003, der – anders als Art. 9 Abs. 1 lit. e VO 2273/2003 – die Nennung der Zahl und Art der Wertpapiere gerade verlangt. So auch Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. II – Art. 11 VO 2273/2003 Rz. 4 a.E. 92 Aufgrund der oben (Rz. 39) beschriebenen Verpflichtung zur Bekanntmachung in „angemessener Weise“ im Sinne der Art. 102 f. der Richtlinie 2001/34/EG ist hier – anders als unter der KuMaKV – eine bloße Pressemitteilung nicht mehr ausreichend, sondern vielmehr eine (weitere) Veröffentlichung in dem für das Angebot bestimmten Börsenpflichtblatt notwendig. 93 Ebenso Meyer, AG 2004, 289, 294. 94 So auch Vogel, WM 2003, 2437.
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erst daraus, dass der Gesetzgeber nach § 20a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpHG – außerhalb des Regelungsbereichs der Marktmissbrauchsrichtlinie – auch die in den Freiverkehr einbezogenen Finanzinstrumente in den Schutzbereich des Marktmanipulationsverbots aufgenommen hat95. Damit fällt ein wesentlicher denkbarer Anwendungsbereich der Anerkennungsvorschrift, nämlich Transaktionen deutscher Emittenten z.B. in Form von Doppelnotierungen von Aktien oder bei in Luxemburg notierten Wandel- oder Umtauschanleihen, bei denen nicht auszuschließen war, dass die Stabilisierungsmaßnahmen Auswirkungen im o.g. Sinne auf die zugrunde liegende Aktie haben könnten, seit Inkrafttreten der VO 2273/2003 weg.
IV. Zulässige und anerkannte Marktpraxis nach AnSVG 63
Der durch das AnSVG eingeführte § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG erfasst dem Grunde nach vielfältige Gestaltungen der Kursstabilisierung, da er es untersagt, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, ein künstliches Preisniveau96 herbeizuführen, ohne dass es auf ein Täuschungselement oder die Zielgerichtetheit des Handelns ankäme. Der Handelsrechtsausschuss des DAV kritisiert völlig zu Recht, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung über die Marktmissbrauchsrichtlinie hinausgegangen ist, indem alle Geschäfte verboten sind, die abstrakt geeignet sind, ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Nach der Marktmissbrauchsrichtlinie dagegen stellen nur solche Geschäfte eine Marktmanipulation dar, die den Kurs eines Finanzinstruments tatsächlich so beeinflussen, dass ein anormales/künstliches Preisniveau erzielt wird97.
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Allerdings stellt § 20a Abs. 2 WpHG Handlungen vom Verbot des § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG frei, wenn diese mit einer zulässigen Marktpraxis vereinbar sind und der Handelnde hierfür legitime Gründe hat. „Zulässige Marktpraxis“ ist jedoch beschränkt auf Gepflogenheiten, die nach vernünftigem Ermessen erwartet werden können und von der BaFin als zulässige Marktpraxis anerkannt werden. Der Finanzausschuss des Bundestages hat die bereits in der Regierungsbegründung vorgesehene ex-post-Anerkennung durch die BaFin, d.h., dass eine Marktpraxis nicht bereits deshalb unzulässig ist, weil sie zuvor nicht ausdrücklich anerkannt wurde, klarstellend in den Gesetzestext eingefügt. Allerdings birgt das Verfahren auf nachträgliche Anerkennung ein erhebliches Risiko und trägt zur Verunsicherung der Marktteilnehmer bei98.
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Der Gesetzgeber hat zudem den Verordnungsgeber nach § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 WpHG ermächtigt, den Begriff der zulässigen Marktpraxis zu konkretisieren und das Verfahren zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis näher auszugestalten. Davon hat das Bundesfinanzministerium in §§ 7–10 MaKonV Gebrauch gemacht. Zentral ist dabei § 8 MaKonV, der – neben den Verfahrensvorschriften der §§ 7, 9 95 Vgl. auch Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. I – § 6 MaKonV Rz. 2/3. 96 Von der Befugnis nach § 20a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 WpHG, per Rechtsverordnung nähere Bestimmung über das Vorliegen eines künstlichen Preisniveaus zu erlassen, hat das Bundesfinanzministerium in § 3 Abs. 1 MaKonV Gebrauch gemacht. 97 Handelsrechtsausschuss des DAV: Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (AnSVG) (Nr. 26/04 vom Juni 2004), NZG 2004, 703, 705. Kritik an der daraus resultierenden Situation auch bei Meyer, AG 2004, 289, 299. 98 Vgl. Kritik auch bei Bisson/Kunz, BKR 2005, 186, 188 m.w.N. in Fn. 13.
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und 10 MaKonV – die Kriterien beschreibt, die bei der Anerkennung einer Gepflogenheit als zulässige Marktpraxis durch die BaFin zu berücksichtigen sind99. Allerdings hat die BaFin bisher keine Gepflogenheit als zulässige Marktpraxis anerkannt, und auch in anderen Mitgliedstaaten ist die Anerkennungspraxis bisher sehr restriktiv100. Hilfreich wäre es für die Rechtssicherheit der Marktteilnehmer, wenn die Kriterien des § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 MaKonV, die kumulativ die Voraussetzungen zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis enthalten, ergänzt würden um Regelbeispiele oder Fallgruppen, bei denen regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass es sich um eine zulässige Marktpraxis handelt. Im Laufe dieses Beitrags sind bereits Bereiche genannt worden, für die so ein Regelbeispiel denkbar wäre („Handlungen, die den in der VO 2273/2003 explizit anerkannten Maßnahmen entsprechen“, z.B. Blocktrades; „Handlungen, die der Bereitstellung von Liquidität dienen“, z.B. im Hinblick auf den Bezugsrechtskoordinator oder Designated Sponsor)101.
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V. Rückkauf eigener Aktien nach Art. 3–6 VO 2273/2003 Im Hinblick darauf, dass – wie einleitend (oben Rz. 2) erwähnt – auch Aktienrückkäufe eine Maßnahme zur Kursstabilisierung darstellen können, enthält die VO 2273/ 2003 mit den Erwägungsgründen 2–10 sowie den Art. 3–6 Regelungen zur Freistellung von Aktienrückkäufen vom Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation102.
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Einen Grundpfeiler dieser Regelungen stellt die Transparenz bei Ankündigung und Durchführung der Aktienrückkäufe dar (Erwägungsgründe 6 und 7; Art. 4 VO 2273/ 2003)103. Wie bei Stabilisierungsmaßnahmen sieht die VO 2273/2003 dazu Pre-
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99 Die BaFin hat insbesondere auf europäischem Wege für eine Anerkennung der Unterstützung der konsortialführenden Bank im Rahmen der Kursbildung beim ersten Börsenkurs gesorgt; vgl. Knauth/Käsler, WM 2006, 1041, 1049, bzw. einen Vorschlag für eine Anerkennung einer entsprechenden Gepflogenheit gemacht, vgl. Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Rz. 250 ff. 100 Vgl. Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. I – § 7 MaKonV Rz. 2 sowie § 20a Rz. 250 und Rz. 259 ff. Dies liegt auch an Unsicherheiten in Bezug auf die Rechtsnatur der Anerkennung und weiterer Unklarheiten, bis hin zu verfassungrechtlichen Bedenken, s. ausführlich Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Anh. I – § 7 MaKonV Rz. 6–14. 101 Die hier genannten Fälle werden auch von Mock/Stoll/Eufinger in KölnKomm. WpHG, § 20a Rz. 254/255, als Fälle genannt, bei denen es aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlenswert sein könnte, sie als zulässige Marktpraxis ausdrücklich anzuerkennen. Auch die von Groß in GS Bosch, S. 49, 53 genannten Fälle des § 10 Abs. 5 Satz 6 bzw. Abs. 7 Satz 5 KWG müssen als gesetzlich anerkannte, d.h. zulässige Bereiche der Marktpflege gelten, ohne dass alle Voraussetzungen der VO 2273/2003 vorliegen könnten oder müssten. 102 Der Erwerb von eigenen Aktien zur Abwehr einer Übernahme verstößt, wie bereits in der Begründung zur KuMaKV dargelegt, auch nicht gegen § 20a WpHG, wenn die Vorgaben des § 33 WpÜG, insbesondere bezüglich Hauptversammlungsermächtigung und Festlegung des Erwerbszwecks, eingehalten werden, da der Markt durch die Veröffentlichung des Beschlussantrages unterrichtet sei. 103 Zudem begrenzt Art. 3 VO 2273/2003 die Zwecksetzungen, die mit Aktienrückkaufprogrammen verbunden sein können und unter den Safe Harbor fallen. Deshalb ist von anwaltlicher Seite befürchtet worden, dass zahlreiche bisher zulässige Rückkaufprogramme nunmehr unerlaubte strafbare Kursmanipulation darstellen (vgl. FAZ vom 7.1.2005,
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Acquisition Disclosure (Art. 4 Abs. 2) und Post-Acquisition Disclosure (Art. 4 Abs. 4) vor. 69
Die VO 2273/2003 empfiehlt zudem, das tägliche Handelsvolumen im Rahmen von Rückkaufprogrammen zu begrenzen (Erwägungsgrund 9). Art. 5 Abs. 2 VO 2273/2003 konkretisiert dies dahingehend, dass der Emittent an einem Tag nicht mehr als 25 % des durchschnittlichen täglichen Aktienumsatzes auf dem geregelten Markt, auf dem der Kauf erfolgt, erwerben darf. Diese 25 %-Schwelle darf bei außerordentlich niedriger Liquidität überschritten werden, wenn (i) dies den zuständigen Behörden vorab mitgeteilt, (ii) 50 % des durchschnittlichen Tagesumsatzes nicht überschritten, und (iii) in angemessener Weise bekanntgegeben wird, dass eventuell die Schwelle von 25 % überschritten wird (Art. 5 Abs. 3 VO 2273/2003). Ferner untersagt die VO 2273/2003 dem Emittenten grundsätzlich, während der Laufzeit des Aktienrückkaufprogramms eigene Aktien zu verkaufen.
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Diese Volumengrenzen passen allerdings in keiner Weise zu einem Rückkauf im Wege des öffentlichen Rückkaufangebots, bei dem alle Aktien mit einheitlichem Closing an einem Tag gekauft bzw. geliefert werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass solchen Maßnahmen schon jede Eignung zur Kurssteigerung bzw. gar zur Kursmanipulation fehlt. Insoweit besteht gerade aufgrund der restriktiven Regelung in der VO 2273/2003 ein Bedürfnis, bestimmte Formen des Aktienrückkaufs zusätzlich als zulässige Marktpraxis anzuerkennen.
S. 21). Dies verkennt erstens, dass Art. 3 VO 2273/2003 ausdrücklich Aktienrückkäufe zur Kapitalherabsetzung (nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 8 AktG) als eigenständige Alternative zulässt. Zweitens sollte die Zweckbindung der Aktienrückkaufprogramme nach § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG, genügen, um zu dokumentieren, dass der Rückkauf nicht allein der Kurspflege diente. Andernfalls würde dies auch aktienrechtlich ein Problem darstellen.
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§ 35 Beendigung der Börsenzulassung Mathias Habersack I. Einführung 1. Begriff und Arten des Delisting . . 2. Börsen- und aktienrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Delisting von Aktien 1. Reguläres Delisting a) Aktienrechtliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . aa) Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . bb) Erwerbsangebot . . . . cc) Rechtsschutz . . . . . b) Börsenrechtliche Voraussetzungen aa) Überblick . . . . . . .
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bb) Ermessensleitende Gesichtspunkte . . . . . . . . cc) Rechtsschutz . . . . . . . . .
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2. Zwangsdelisting . . . . . . . . . . .
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3. Kaltes Delisting a) Erscheinungsformen und börsenrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausstrahlungswirkung der „Macrotron“-Grundsätze? . . . .
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III. Delisting von Anleihen 1. Anleihen im Allgemeinen . . . . .
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2. Bezugs- und Umtauschrechte im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Adolff/Tieves, Über den rechten Umgang mit einem entschlusslosen Gesetzgeber: Die aktienrechtliche Lösung des BGH für den Rückzug von der Börse, BB 2003, 797; Beck/Hedtmann, Ausgewählte Rechtsfragen des börsenrechtlichen Delistings, BKR 2003, 190; Benecke, Gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen des Delisting, WM 2004, 1122; Bürgers, Aktienrechtlicher Schutz beim Delisting?, NJW 2003, 1642; Ekkenga, „Macrotron“ und das Grundrecht auf Aktieneigentum: der BGH als der bessere Gesetzgeber?, ZGR 2003, 878; Groß, Rechtsprobleme des Delisting, ZHR 165 (2001), 141; Geyrhalter/Zirngibl, Alles unklar beim formalen Delisting – eine Zwischenbilanz 18 Monate nach „Macrotron“, DStR 2004, 1048; Grunewald, Die Auswirkungen der Macrotron-Entscheidung auf das kalte Delisting, ZIP 2004, 542; Gutte, Das reguläre Delisting von Aktien, 2006; Hellwig/Bormann, Die Abfindungsregelungen beim Going Private – Der Gesetzgeber ist gefordert, ZGR 2002, 465; H. Henze, Gesichtspunkte des Kapitalerhaltungsgebotes und seiner Ergänzung im Kapitalgesellschaftsrecht in der Rechtsprechung des BGH, NZG 2003, 649; M. Henze, Delisting, 2002; Holzborn, BGH verschärft Delisting-Voraussetzungen – § 58 BörsO Frankfurter Wertpapierbörse vor dem Hintergrund des MacrotronUrteils des BGH, WM 2003, 1105; Hopt, Das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz – börsen- und kapitalmarktrechtliche Überlegungen, FS Drobnig, 1998, S. 525; Kleindiek, „Going Private“ und Anlegerschutz, FS Bezzenberger, 2000, S. 663; Krämer/Theiß, Delisting nach der Macrotron-Entscheidung des BGH, AG 2003, 225; Krolop, Die Umsetzung von „Macrotron“ im Spruchverfahren durch das BayObLG, NZG 2005, 546; Kruse, „Fungibilitätsausgleichspflicht“ beim Börsenrückzug?, WM 2003, 1843; Land/Behnke, Die praktische Durchführung eines Delisting nach der Macrotron-Entscheidung des BGH, DB 2003, 2531; Lutter, Gesellschaftsrecht und Kapitalmarkt, FS Zöllner, 1998, Bd. I, S. 363; Martinius, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Delisting-Spruchverfahrens, DB 2005, 212; Mülbert, Rechtsprobleme des Delisting, ZHR 165 (2001), 104; Pfüller/Anders, Delisting-Motive vor dem Hintergrund neuerer Rechtsentwicklungen, NZG 2003, 459; Pluskat, „Das kalte Delisting“, BKR 2007, 54; Chr. Schlitt, Strafrechtliche Risiken beiu Squeeze-Out und Delisting, NZG 2006, 925; Schlitt, Die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen des regulären Delisting – Macrotron und die Folgen, ZIP 2004, 533; Schlitt/Seiler/Singhof, Aktuelle Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, 254; K. Schmidt, Macrotron oder: weitere Ausdifferenzierung des Aktionärsschutzes durch den BGH, NZG 2003, 601; Schwark/ Geiser, Delisting, ZHR 161 (1997), 739; Siebel, Delisting von Anleihen sowie Folgen eines Delisting bei verbrieften Bezugsrechten und Indexzertifikaten, ZGR 2002, 842; Streit, Delisting
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light – Die Problematik der Vereinfachung des freiwilligen Rückzugs von der Frankfurter Wertpapierbörse, ZIP 2002, 1279; Strunk/Behnke, Die Aufsichtstätigkeit der BaFin nach dem WpÜG im Jahr 2003, in VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2003, Band 8, 2004, S. 82; de Vries, Delisting, 2002; Wilsing/Kruse, Börsenrechtliches Delisting nach Macrotron, WM 2003, 1110; Wirth/Arnold, Anlegerschutz beim Delisting von Aktiengesellschaften, ZIP 2000, 111.
I. Einführung 1. Begriff und Arten des Delisting 1
Unter einem Delisting ist der Rückzug einer bislang börsennotierten Gesellschaft aus dem Regulierten Markt zu verstehen1. Das Gesellschafts- und Börsenrecht eröffnet hierfür mehrere Möglichkeiten. So ist zunächst zwischen dem regulären (oder echten) und dem kalten (oder unechten) Delisting zu unterscheiden. Das reguläre Delisting ist Gegenstand des § 39 Abs. 2 BörsG und bezeichnet den Widerruf von Zulassung oder Einbeziehung zum Regulierten Markt durch die Geschäftsführung der Börse (§ 15 Abs. 1 BörsG) auf Antrag des Emittenten (Rz. 5 ff.). Demgegenüber vollzieht sich das kalte Delisting auf der Grundlage gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen, die, wie insbesondere die Verschmelzung auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft oder auch ein Squeeze Out, den Wegfall der Voraussetzungen für die Zulassung zum Regulierten Markt und mit ihm entweder das Erlöschen der Börsenzulassung ipso iure oder deren Widerruf nach § 39 Abs. 1 BörsG zur Folge haben (Rz. 27 ff.).
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Weiter kann zwischen dem freiwilligen, d.h. auf Antrag oder Initiative des Emittenten zurückgehenden Delisting und dem Zwangsdelisting unterschieden werden. Letzteres erfolgt auf der Grundlage des § 39 Abs. 1 BörsG und damit entweder wegen des Fehlens eines ordnungsgemäßen Börsenhandels oder aufgrund der Nichterfüllung von Emittentenpflichten. Die Grenzen sind allerdings fließend; insbesondere beim Squeeze Out verhält es sich so, dass die Beendigung der Börsenzulassung zwar vom Emittenten oder dessen Hauptaktionär initiiert wird, de iure indes durch Widerruf der Geschäftsführung nach § 39 Abs. 1 BörsG erfolgt2. Unterscheiden lässt sich schließlich zwischen dem Delisting von Aktien (Rz. 5 ff.) und dem Delisting von sonstigen Wertpapieren, insbesondere Anleihen (Rz. 32 ff.).
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Eine weitere Unterscheidung betrifft das Ausmaß des Delisting: Während das – auch Going Private – genannte vollständige Delisting für den Rückzug aus allen organisierten Märkten im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG3 steht, bezeichnet das partielle Delisting den Rückzug aus einem oder mehreren Märkten unter Aufrechterhaltung der Zulassung zu mindestens einem (in- oder ausländischen) Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG4. Besondere Probleme wirft das partielle Delisting nicht auf: Die gesellschaftsrechtlichen Schutzinstrumentarien (Rz. 5 ff.) finden auf das partielle De1 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 = AG 2003, 273; Hüffer, AktG, § 119 Rz. 21. – Eingehend zu den Motiven für ein Delisting M. Henze, Delisting, S. 34 ff.; Pfüller/ Anders, NZG 2003, 459 ff.; zu Zahlenangaben s. Börsen-Zeitung vom 12.12.2003, S. 3; Ruhkamp, Börsen-Zeitung vom 6.12.2003, S. 3; Krämer/Theiß, AG 2003, 225; Schlitt, ZIP 2004, 533. 2 Umstr., vgl. dazu noch Rz. 27 m.w.N. 3 Der Freiverkehr erfüllt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 WpHG nicht, s. statt aller Assmann in Assmann/Uwe H. Schneider, WpHG, § 2 Rz. 96; unzutr. deshalb LG München I v. 30.8.2007 – 5 HK O 7195/06, ZIP 2007, 2143. 4 Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 107; Schlitt, ZIP 2004, 533, 541.
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listing keine Anwendung5; und börsenrechtlich ist davon auszugehen, dass der nach § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG zu beachtende Anlegerschutz schon dann gewahrt ist, wenn der Handel in dem Papier an einem in- oder ausländischen organisierten Markt gewährleistet ist6. Ein Downgrading vom Regulierten Markt in den Freiverkehr (§ 48 BörsG) ist dagegen ein Fall des – vollständigen oder partiellen – Delisting7.
2. Börsen- und aktienrechtlicher Schutz Das vollständige Delisting nimmt dem Anleger die Möglichkeit, seine Papiere über einen organisierten Markt zu einem den tatsächlichen Wert widerspiegelnden Marktpreis zu verkaufen. § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG sieht deshalb für das Delisting von Aktien und anderen Wertpapieren einen spezifisch börsenrechtlichen Anlegerschutz vor, wenn es dort heißt, dass der Widerruf der Zulassung nicht dem Schutz der Anleger widersprechen darf. Die inhaltliche Ausformung des Anlegerschutzes wird in § 39 Abs. 2 Satz 5 BörsG – ebenso wie zuvor in § 38 Abs. 4 Satz 5 BörsG a.F. – ausdrücklich den Börsenordnungen überlassen, die sich dieser Aufgabe bisweilen nur unzureichend angenommen haben8. Für das Delisting von Aktien deutscher Gesellschaften tritt deshalb ergänzend ein spezifisch gesellschaftsrechtlicher Aktionärsschutz hinzu; ihn hat der II. Zivilsenat des BGH in seiner „Macrotron“-Entscheidung konkretisiert9. Börsen- und aktienrechtliche Schutzinstrumentarien stehen nach wie vor weitgehend unverbunden nebeneinander; dies wirft zahlreiche Rechtsfragen auf.
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II. Delisting von Aktien 1. Reguläres Delisting a) Aktienrechtliche Voraussetzungen Das AktG enthält weder besondere Regelungen über den Börsengang noch solche über das Delisting. Gleichwohl dürfte heute feststehen, dass der börsenrechtliche 5 Schlitt, ZIP 2004, 533, 541. 6 So auch die Fiktion in § 43 Abs. 1 Nr. 1 BörsO FWB; zum Wirksamwerden des Widerrufs in Fällen, in denen das Papier ausschließlich an einem ausländischen organisierten Markt zugelassen ist, s. § 43 Abs. 2 Satz 2 BörsO FWB (drei Monate nach Veröffentlichung); für Vereinbarkeit dieser Regelungen mit § 38 Abs. 4 Satz 2 BörsG a.F. (jetzt § 39 Abs. 2 BörsG) auch Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechs-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 31. 7 Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 42, 43 BörsG Rz. 17; a.A. LG München I v. 30.8.2007 – 5 HK O 7195/06, ZIP 2007, 2143; zum Freiverkehr s. auch Rz. 3 mit Fn. 3. Der frühere Fall eines „Segmentwechsels“, der kein „Delisting“ darstellte, ist mit der Zusammenfassung von amtlichem und geregeltem Markt zum Regulierten Markt weggefallen. 8 Zu § 43 Abs. 1 Nr. 2 BörsO FWB vgl. BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 56 f. = AG 2003, 273, 275; Streit, ZIP 2002, 1279 ff.; Holzborn, WM 2003, 1105 ff.; allgemein Hellwig/Bormann, ZGR 2002, 465, 476 ff.; de Vries, Delisting, S. 149 ff., 169 ff. 9 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. = AG 2003, 273, 275 ff.; sodann namentlich KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352 ff.; aus dem Schrifttum etwa Adolff/ Tieves, BB 2003, 797 ff.; Benecke, WM 2004, 1122 ff.; Ekkenga, ZGR 2003, 878 ff.; Krämer/ Theiß, AG 2003, 225 ff.; Land/Behnke, DB 2003, 2531 ff.; Schlitt, ZIP 2004, 533 ff.; K. Schmidt, NZG 2003, 601 ff.; Wilsing/Kruse, WM 2003, 1110 ff.; vor „Macrotron“ vgl. namentlich Bungert, BB 2000, 53; Kleindiek in FS Bezzenberger, 2000, S. 653, 663 ff.; Groß, ZHR 165 (2001), 141 ff.; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104 ff.; Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739 ff.; Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111 ff.
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Anlegerschutz (Rz. 18 ff.) keinen abschließenden Charakter hat, spezifisch aktienrechtliche Schutzinstrumentarien also mitnichten ausschließt10. Fraglich ist indes, wie dieser aktienrechtliche Schutz auszugestalten ist. Der BGH hat sich in seiner „Macrotron“-Entscheidung (Rz. 4) für das Erfordernis sowohl eines Beschlusses der Hauptversammlung als auch eines „Pflichtangebots“ über den Kauf der Aktien durch die Gesellschaft oder durch den Großaktionär ausgesprochen und darüber hinaus betont, dass die Aktionäre die Möglichkeit haben müssen, die Angemessenheit des angebotenen Kaufpreises in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen11. Hiervon betroffen sind freilich ausschließlich dem AktG unterliegende Gesellschaften, mithin Gesellschaften in der Rechtsform der AG oder KGaA12; demgegenüber sind die börsenrechtlichen Voraussetzungen auch von in Deutschland gelisteten ausländischen Gesellschaften zu beachten. aa) Hauptversammlungsbeschluss 6
Das Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses gründet der BGH auf die Erwägung, dass der Verkehrswert und die jederzeitige Möglichkeit seiner Realisierung Eigenschaften des Aktieneigentums seien und wie dieses selbst13 verfassungsrechtlichen Schutz genössen14. Dieser verfassungsrechtliche Schutz wiederum bilde bei börsennotierten Gesellschaften einen unerlässlichen Bestandteil des Rechtsverhältnisses zwischen Gesellschaft und Aktionär und sei deshalb auch in diesem Verhältnis zu beachten. Da der Schutz des mitgliedschaftlichen Vermögenswertes nicht in den Händen der Geschäftsleitung, sondern der Hauptversammlung liege, sei für Entscheidungen hierüber auch die Hauptversammlung zuständig15.
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Diese Argumentation sieht sich berechtigten Einwänden ausgesetzt16. So ermangelt es dem Delisting für sich genommen schon an einer den konzernrechtlichen Strukturmaßnahmen eigenen und auf die Mitgliedschaft ausstrahlenden Umgestaltung der Gesellschaft. Auch wird die Verkehrsfähigkeit der Aktie durch den Wegfall der Börsennotierung keineswegs aufgehoben; hierdurch unterscheidet sich das Delisting 10 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. = AG 2003, 273, 275 ff.; OLG München v. 14.2.2001 – 7 U 6019/99, ZIP 2001, 700, 703; OLG Koblenz v. 21.6.2007 – 4 SmA 29/07, AG 2007, 822; KG v. 31.10.2007– 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2353 ff.; LG München I v. 27.11.2003 – 5 HK O 5774/03, NZG 2004, 193, 194; Hüffer, AktG, § 119 Rz. 23; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 33 ff.; Schlitt, ZIP 2004, 533, 535 ff.; Wilsing/Kruse, WM 2003, 1110 ff.; kritisch namentlich Adolff/Tieves, BB 2003, 797 ff.; Holzborn, WM 2003, 1105 ff.; Krämer/Theiß, AG 2003, 225 ff. 11 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. = AG 2003, 273, 275 ff. 12 So auch Schlitt, ZIP 2004, 533, 540. 13 Vgl. dazu BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 f. = ZIP 1999, 1436, 1439; Schön in FS Ulmer, 2003, S. 1359 ff. 14 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 55 = AG 2003, 273, 275. 15 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 55 = AG 2003, 273, 275 m.w.N. 16 Die verfassungsrechtliche Herleitung ablehnend auch Beck/Hedtmann, BKR 2003, 190, 191 f.; Benecke, WM 2004, 1122, 1123 f.; Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 229 f.; Lutter, JZ 2003, 684, 686; Schlitt, ZIP 2004, 533, 535; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603 („bloß Legitimationskosmetik“); zuvor bereits OLG München v. 14.2.2001 – 7 U 6019/99, ZIP 2001, 700, 705; LG München I v. 4.11.1999 – 5 HK O 10580/99, AG 2000, 140, 142; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 111 ff.; Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111, 114 f.; zustimmend allerdings KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2353; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 3; Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 Rz. 84 ff. m.w.N.
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etwa von der nachträglichen Anteilsvinkulierung (§ 180 Abs. 2 AktG). Berücksichtigt man weiter die geringen Anforderungen, die der BGH an den Beschluss stellt (Rz. 8), so zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass der Kern der Problematik darin liegt, den Aktionär für den Verlust effektiver Veräußerungschancen zu entschädigen. Die Herbeiführung eines Beschlusses erscheint dabei als ein vermeintlich erforderliches, tatsächlich indes entbehrliches (Rz. 17) Vehikel für die nachträgliche Überprüfung der angebotenen Abfindung17. Nachdem das Delisting auch die – in den BGH-Urteilen vom 26.4.200418 präzisierten – Anforderungen einer „Holzmüller“-Maßnahme19 nicht zu erfüllen vermag, ist de lege lata für eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung grundsätzlich20 kein Raum. Die Praxis wird auch weiterhin von der Nowendigkeit eines Beschlusses ausgehen müssen21. Die Anfoderungen an diesen Beschluss liegen indes nicht hoch. Was zunächst das Mehrheitserfordernis betrifft, so hat sich der BGH in der „Macrotron“-Entscheidung mit der einfachen Mehrheit der Stimmen begnügt22. Dies steht in auffälligem Kontrast zu dem vom Senat nunmehr für „Holzmüller“-Angelegenheiten befürworteten Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit23 und sollte (wenn man an dem Beschlusserfordernis festhält) korrigiert werden24. Zuzustimmen ist dem BGH dagegen insoweit, als er mit Blick auf den unternehmerischen Charakter der Entscheidung eine sachliche Rechtfertigung des Beschlusses für entbehrlich hält25. Dem Informationsbedürfnis der Aktionäre kann entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG dadurch Rechnung getragen werden, dass ihnen die Einzelheiten des Widerrufsantrags und das Abfindungsangebot bekannt gegeben werden; ein Vorstandsbericht entsprechend § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG ist entbehrlich26. Auch einer Befristung des Ermächtigungsbeschlusses bedarf es nicht27. Verfügt die Gesellschaft über verschiedene Aktiengattungen, so bedarf es für das Delisting einer jeden Gat17 Deutlich wird dies bei Hüffer, AktG, § 119 Rz. 23: „unverzichtbar, weil Aktionäre sonst hinsichtlich Abfindungshöhe mangels Spruchverfahren ohne Rechtsschutz blieben“. 18 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 = ZIP 2004, 993; BGH v. 26.4.2004 – II ZR 154/02, ZIP 2004, 1001; näher dazu Habersack, AG 2005, 137 ff. 19 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703. 20 Anders verhält es sich nur, wenn die Satzung die Börsennotierung vorsieht, vgl. Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111, 115. 21 Vgl. aber auch den Sachverhalt von LG München I v. 27.11.2003 – 5 HK O 5774/03, NZG 2004, 193: Delistingantrag v. 28.1.2003, dem weder ein Hauptversammlungsbeschluss noch ein Abfindungsangebot vorausging. 22 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 = AG 2003, 273, 274. 23 BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, ZIP 2004, 993, 998; Habersack in Emmerich/Habersack, Vor § 311 AktG Rz. 45 f. 24 Für qualifizierte Mehrheit auch Bürgers, NJW 2003, 1642, 1643; Lutter in FS Zöllner, 1998, Bd. 9, S. 363, 380; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 603. 25 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 58 f. = AG 2003, 273, 276; so auch Hüffer, AktG, § 119 Rz. 24; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 3; Hellwig, ZGR 1999, 781, 800; Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 Rz. 85; für Entbehrlichkeit der Inhaltskontrolle bei Abfindungsverpflichtung auch Lutter in FS Zöllner, 1998, Bd. I, S. 363, 381. 26 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 59 = AG 2003, 273, 276; a.A. – für Erfordernis einer Angemessenheitsprüfung durch gerichtlich bestellten Prüfer sowie eines Vorstandsberichts – LG Hannover v. 29.8.2007 – 23 O 139/06, NZG 2008, 152, 153 ff.; dagegen zu Recht Kocher/Bedowski, NZG 2008, 135 ff. Ein Bericht kann allerdings aus Sicht der Organwalter durchaus angebracht sein, um spätere strafrechtliche Risiken zu verringern, zu diesen vgl. Chr. Schlitt, NZG 2006, 925, 927. 27 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 59 f. = AG 2003, 273, 276.
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tung eines Hauptversammlungsbeschlusses sowie eines Sonderbeschlusses der Aktionäre der betroffenen Gattung28. bb) Erwerbsangebot 9
Ein hinreichender Schutz der Aktionäre wird nach zutreffender Ansicht des BGH nur dann sichergestellt, „wenn den Minderheitsaktionären der Wert ihrer Aktien ersetzt wird und ihnen die Möglichkeit offen steht, die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen“29. Insbesondere die in einzelnen Börsenordnungen anzutreffende „Fristenlösung“ (Rz. 19) vermöge einen wirksamen gesellschaftsrechtlichen Minderheitsschutz schon deshalb nicht zu bewirken, weil unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Delisting erfahrungsgemäß ein Kursverfall der Aktie eintrete, der es dem Anleger unmöglich mache, die von ihm investierten Vermögenswerte zu realisieren30. Zudem sei selbst dann, wenn die Börsenordnungen eine Abfindung vorsähen, nicht gewährleistet, dass diese eine nach der Rechtsprechung des BVerfG erforderliche volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre bewirke31. Deshalb erfordere es das Aktienrecht, dass den Minderheitsaktionären mit dem Beschlussantrag ein „Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien durch die Gesellschaft (in den nach §§ 71 f. AktG bestehenden Grenzen) oder durch den Großaktionär vorgelegt“ werde, wobei der Kaufpreis dem Anteilswert zu entsprechen habe.“32 Dies dürfte dahin gehend zu verstehen sein, dass der Börsenkurs nur die Untergrenze des anzubietenden Kaufpreises darstellt33.
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Rechtliche Grundlage des „Pflichtangebots“ wie auch dessen Ausgestaltung im Einzelnen werden vom BGH allerdings nicht näher entfaltet. Insbesondere bleibt unklar, ob die Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots von Gesetzes wegen entsteht oder ob das Erwerbsangebot Vorausetzung für das das ordnungsgemäße Zustandekommen des Beschlusses sein soll34. Angesichts der (partiellen) Vergleichbarkeit des Delisting mit dem Formwechsel der AG in eine GmbH bietet es sich an, die Grundlage des Erwerbsangebots in der analogen Anwendung des § 207 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 UmwG zu erblicken35, was zur Folge hat, dass die Aktionäre einen gesetz28 Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 768; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 38 BörsG Rz. 42; s. ferner LG Hannover v. 29.8.2007 – 23 O 139/06, NZG 2008, 152, 153. 29 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 56 = AG 2003, 273, 275 unter Hinweis auf BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 303 = ZIP 1999, 1436, 1440; sodann KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2353 f. 30 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 56 f. = AG 2003, 273, 275 unter Hinweis auf Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 762. 31 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 = AG 2003, 273, 275. 32 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 = AG 2003, 273, 275. 33 Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 805; Benecke, WM 2004, 1122, 1126; allgemein zum Börsenkurs als Untergrenze einer nach §§ 305, 320b AktG geschuldeten Abfindung s. BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 302 ff. = ZIP 1999, 1436, 1440 f.; BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 114 ff. = AG 2001, 417, 418 ff.; Emmerich in Emmerich/Habersack, § 305 AktG Rz. 42 ff., 51 ff.; Hüffer, AktG, § 305 Rz. 19 ff. 34 Näher zu diesen beiden – Anspruchs- und Bedingungslösung genannten – Modellen Adolff/ Tieves, BB 2003, 797, 802 f.; K. Schmidt, NZG 2003, 601, 604. 35 So oder ähnlich KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2354 (Gesamtanalogie zu §§ 305, 320b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG); Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 801 ff.; Benecke, WM 2004, 1122, 1125; Kleindiek in FS Bezzenberger, 2000, S. 653, 666; Land/Behnke, DB
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lichen Anspruch auf Abgabe eines Erwerbsangebots haben und diesen (nur) im Spruchverfahren verfolgen können (Rz. 17)36. Hierfür spricht auch, dass §§ 29 Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 UmwG in der Fassung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.200737 nunmehr ausdrücklich eine Abfindungspflicht für das kalte Delisting in Form der Verschmelzung oder Aufspaltung einer börsennotierten auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft statuieren (Rz. 30 f.). Die Frage der Passivlegitimation hängt eng mit der dogmatischen Grundlage der Angebotspflicht zusammen. Auf der Grundlage der hier befürworteten Analogie zu § 207 UmwG (Rz. 10), aber auch mit Blick auf allfällige Abgrenzungsschwierigkeiten38 bietet es sich an, allein die Gesellschaft als passivlegitimiert anzusehen, dem Großaktionär (oder einem Dritten)39 indes das Recht zu geben, seinerseits – mit die Gesellschaft befreiender Wirkung – das Erwerbsangebot abzugeben40. Die analoge Anwendung des § 207 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 UmwG ist durch eine solche der § 207 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 UmwG, § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG zu ergänzen41. Aktivlegitimiert sind grundsätzlich sämtliche Aktionäre, und zwar unabhängig davon, ob sie Widerspruch gegen den Delisting-Beschluss der Hauptversammlung eingelegt haben42; anderes gilt allerdings für diejenigen Aktionäre, die für das Delisting gestimmt haben, insbesondere für den das Delisting betreibenden Großaktionär.
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Was den Inhalt des Angebots betrifft, so fragt sich zunächst, ob das Angebot zwingend auf eine Barabfindung gerichtet sein muss oder ob auch ein reines43 Umtauschangebot in Betracht kommt. Der BGH scheint von der Notwendigkeit einer Barabfindung auszugehen44. Dem ist mit Blick auf die entsprechende Rechtslage beim Formwechsel (§ 207 Abs. 1 Satz 1 UmwG) und beim Squeeze Out (§ 327b Abs. 1 Satz 1 AktG) zuzustimmen45.
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2003, 2531, 2533; Kruse, WM 2003, 1843, 1845; Schlitt, ZIP 2004, 533, 536; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 4; a.A. – gegen eine gesellschaftsrechtlich begründete Angebotspflicht – Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 137 ff.; Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 240. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 802; Geyrhalter/Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052; Schlitt, ZIP 2004, 533, 539; weitergehend – Spruchverfahren auch bei Fehlen eines Hauptversammlungsbeschlusses – LG München I v. 27.11.2003 – 5 HK O 5774/03, NZG 2004, 193, 194; s. dazu noch Rz. 17. BGBl. I 2007, 542. Vgl. etwa die differenzierende Beurteilung bei Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 803; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537. Kleindiek in FS Bezzenberger, 2000, S. 653, 667; Heidel, DB 2003, 548, 549. In diesem Sinne wohl auch BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 = AG 2003, 273, 275; KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2353; vgl. H. Henze, NZG 2003, 649, 651 f.; a.A. – gesamtschuldnerische Haftung von Gesellschaft und Großaktionär – Adoff/Tieves, BB 2003, 797, 803; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537. Näher zu den damit verbundenen Konsequenzen Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 803 f.; a.A. – gegen analoge Anwendung des § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AktG – H. Henze, NZG 2003, 649, 650 f. Zutr. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 803 Fn. 105. Jedenfalls zulässig ist es, den Minderheitsaktionären die Wahl zwischen einem Bar- und einem Umtauschangebot zu lassen. Vgl. BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 = AG 2003, 273, 275: „dass ihnen mit dem Beschlussantrag ein Pflichtangebot über den Kauf ihrer Aktien … vorgelegt wird. Da den Minderheitsaktionären eine volle Entschädigung zusteht, muss der Kaufpreis dem Anteilswert entsprechen.“ (Hervorhebung hinzugefügt). So auch Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 804; Schlitt, ZIP 2004, 533, 537.
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Nicht zu überzeugen vermag hingegen die vom BGH46 postulierte Notwendigkeit einer „vollen Entschädigung“ im Sinne eines dem „wahren“ Anteilswert47 entsprechenden Kaufpreises48. Vor dem Hintergrund, dass das Delisting die Struktur der Gesellschaft und die mitgliedschaftliche Position des Aktionärs – von der faktischen Beeinträchtigung der Übertragbarkeit der Aktie abgesehen – nicht berührt, die Rechtslage sich insoweit also von derjenigen bei vertraglicher Konzernierung oder gar Eingliederung der Gesellschaft unterscheidet, bietet es sich an, die Abfindung ausschließlich an dem Börsenkurs auszurichten; denn ihre Funktion besteht einzig und allein in der Kompensation der beeinträchtigten Fungibilität der Aktie. Auch verfassungsrechtlich erscheint eine Ausrichtung der Abfindung an dem inneren Wert der Aktie nicht veranlasst, nachdem das BVerfG die Notwendigkeit einer solchen aus der Konzernleitungsmacht des herrschenden Unternehmens und der damit einher gehenden Gefährdung der Minderheitsaktionäre hergeleitet hat49. Allerdings sollte mit Blick auf die negative Beeinflussung des Börsenkurses, wie sie mit der Ankündigung des Delisting häufig einher geht und in der „Macrotron“-Entscheidung auch vom BGH betont wird50, die für die Ermittlung des durchschnittlichen Börsenkurses maßgebende Referenzperiode von drei Monaten nicht mit dem Tag der Hauptversammlung51, sondern mit der Bekanntgabe der Delisting-Absicht enden52.
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Das Erwerbsangebot kann (und sollte) unter die Bedingung des erfolgreichen Abschlusses des Delisting gestellt werden53. Es kann entsprechend § 209 Satz 1 UmwG auf zwei Monate nach Veröffentlichung des Widerrufs der Börsennotierung befristet werden54. Auch § 209 Satz 2 UmwG findet entsprechende Anwendung, so dass die Einleitung des Spruchverfahrens zur Verlängerung der Angebotsfrist führt55.
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Das von der Gesellschaft zu unterbreitende Erwerbsangebot ist kein Pflichtangebot im Sinne der §§ 35 ff. WpÜG56. Insoweit fehlt es schon an dem für das Eingreifen der §§ 35 ff. WpÜG erforderlichen Kontrollerwerb als Grundlage der Angebotspflicht; 46 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 = AG 2003, 273, 275. 47 Im Sinne der DAT/Altana-Rechtsprechung, vgl. BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 114 ff. = AG 2001, 417, 418 m.w.N. 48 Zutr. Bürgers, NJW 2003, 1642, 1644; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 36; Schlitt, ZIP 2004, 533, 536; Streit, ZIP 2003, 392, 394; zumindest tendenziell auch Süßmann, BKR 2003, 257, 258; a.A. – dem BGH folgend – Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 4; Benecke, WM 2004, 1122, 1126; Lutter, JZ 2003, 684, 686; Wilsing/Kruse, WM 2003, 1110, 1112; wohl auch Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 804. 49 Vgl. BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 302 ff. = ZIP 1999, 1436, 1440; vgl. dazu auch Habersack, ZIP 2003, 1123, 1127. 50 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 56 f. = AG 2003, 273, 275. 51 So aber für § 305 AktG BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118 = AG 2001, 417, 419 f.; a.A. – für Maßgeblichkeit des Bekanntwerdens der Maßnahme – OLG Stuttgart v. 16.2.2007 – 20 W 6/06, ZIP 2007, 530; ferner das überwiegende Schrifttum, vgl. Hüffer, AktG, § 305 Rz. 24e, Emmerich in Emmerich/Habersack, § 305 AktG Rz. 47 ff., jeweils m.w.N. 52 Zutr. Schlitt, ZIP 2004, 533, 536. 53 Näher Land/Behnke, DB 2003, 2531, 2533. 54 Ähnlich – für analoge Anwendung des § 305 Abs. 4 AktG – Heidel, DB 2003, 548, 550. 55 Land/Behnke, DB 2003, 2531, 2535. 56 Ganz h.M., s. etwa Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 804 f.; Pluskat, BKR 2007, 54, 56; Schlitt, ZIP 2004, 533, 538; Strunk/Behnke, VGR 8 (2004), S. 82, 100; Wilsing/Kruse, WM 2003, 1110, 111 f.
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auf die Frage, ob das WpÜG auf den Rückerwerb eigener Aktien im Allgemeinen anwendbar ist57, kommt es deshalb nicht an. Unanwendbar sind auch die Vorschriften der §§ 10 ff. WpÜG über freiwillige Erwerbsangebote58. Denn zwar ist das Delisting eine freiwillige Maßnahme; zu dem hieran sich anschließenden Erwerbsangebot ist die Gesellschaft dagegen entsprechend § 207 Satz 1 UmwG verpflichtet, so dass es insoweit an dem freiwilligen Charakter des Angebots fehlt (Rz. 10). Es kommt hinzu, dass die als solche unabdingbare Regulierung des Angebotspreises (Rz. 13) und die gleichfalls unabdingbare Möglichkeit seiner gerichtlichen Überprüfung (Rz. 17) der Systematik der §§ 10 ff. WpÜG zuwiderliefen. Aus diesem Grund ist auch dann von der Unanwendbarkeit der §§ 10 ff. WpÜG auszugehen, wenn das Erwerbsangebot nicht von der Gesellschaft, sondern von dem Großaktionär ausgeht59. Unabhängig davon, wer als Bieter auftritt, bedarf es daher weder einer Finanzierungsbestätigung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 WpÜG60 noch gar einer Gewährleistung im Sinne des § 327b Abs. 3 AktG61. Ein dem Delisting vorangegangenes Übernahme- oder Pflichtangebot befreit zwar nicht von der Notwendigkeit eines Erwerbsangebots im Sinne von „Macrotron“62. Umgekehrt begründet ein nunmehr erhöhtes Abfindungsangebot keine Nachbesserungspflicht nach § 31 Abs. 5 Satz 1 WpÜG; die Angebotspflicht folgt vielmehr aus einer Analogie zu § 207 Satz 1 UmwG und ist deshalb eine gesetzliche im Sinne von § 31 Abs. 5 Satz 2 WpÜG63.
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cc) Rechtsschutz Der Delisting-Beschluss der Hauptversammlung ist zwar grundsätzlich nach allgemeinen Regeln anfechtbar64. Angesichts der Entbehrlichkeit einer sachlichen Rechtfertigung und eines Vorstandsberichts (Rz. 8) dürfte sich der Streit indes in aller Regel um die Höhe der Abfindung und um etwaige abfindungsbezogene Informationsmängel drehen. Beide Streitpunkte aber sind entsprechend § 1 SpruchG im Spruchverfahren auszutragen65. Das Spruchverfahren ist auch dann eröffnet, wenn 57 Bejahend namentlich Fleischer/Körber, BB 2001, 2589, 2592 f.; verneinend Versteegen in Hirte/v. Bülow, KölnKomm. WpÜG, 2002, § 1 Rz. 22; eingehend zur Problematik Baums/ Stöcker in FS Wiedemann, 2002, S. 703 ff. 58 Zutr. Schlitt, ZIP 2004, 533, 538; Land/Behnke, DB 2003, 2531, 2533; Strunk/Behnke in VGR 8 (2004), S. 100 ff.; Pluskat, BKR 2007, 54, 56 f.; a.A. Süßmann, BKR 2003, 257, 258. 59 Insoweit a.A. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 803 Fn. 107. 60 Schlitt, ZIP 2004, 533, 538. 61 A.A. Heidel, DB 2003, 548, 550; für das Angebot des Großaktionärs auch Wilsing/Kruse, WM 2003, 1110, 1114; Benecke, WM 2004, 1122, 1126. 62 Schlitt, ZIP 2004, 533, 538 f. unter zutr. Hinweis auf die vergleichbare Problematik beim Squeeze Out (dazu Habersack in Emmerich/Habersack, Vor § 311 AktG Rz. 26). 63 Schlitt, ZIP 2004, 533, 539; a.A. Holzborn, WM 2003, 1105, 1108. 64 Hüffer, AktG, § 119 Rz. 24. 65 Vgl. für den Streit über die Abfindungshöhe BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 57 f. = AG 2003, 273, 275 f.; KG v. 31.10.2007 – 2 W 14/06, ZIP 2007, 2352, 2354 ff.; OLG Koblenz v. 21.6.2007 – 4 SmA 29/07, AG 2007, 822; OLG Zweibrücken v. 23.8.2007 – 3 W 147/07, BB 2007, 2199; LG München I v. 15.1.2004 – 5 HK O 22304/02, DB 2004, 476, 477; Hüffer, AktG, Anh. § 305, § 1 SpruchG Rz. 7; für abfindungsbezogene Informationsmängel s. den durch das UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22.9.2005, BGBl. I 2005, 2802) geschaffenen § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG und dazu Noack/Zetzsche ZHR 170 (2006), 218, 231 ff.; vor Inkrafttreten des UMAG BGH v. 18.12.2000 – II ZR 1/99, BGHZ 146, 179 = AG 2001, 301; BGH v. 29.1.2001 – II ZR 368/98,
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es an einem Erwerbsangebot und an einem Hauptversammlungsbeschluss fehlt66. Eine Anfechtungsklage kommt in diesem Fall schon in Ermangelung eines anfechtbaren Beschlusses nicht in Betracht; den Aktionär umgekehrt auf die Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen zu verweisen67, wäre, wie nicht zuletzt § 305 Abs. 5 Satz 2 AktG zeigt, weder interessen- noch praxisgerecht. Entsprechendes gilt, wenn zwar ein Hauptversammlungsbeschluss vorliegt, nicht aber ein Erwerbsangebot; in diesem Fall ist in entsprechender Anwendung des § 210 UmwG ausschließlich das Spruchverfahren eröffnet68. Die Rechtsfolgen der rechtskräftigen Entscheidung im Spruchverfahren ergeben sich aus § 13 Satz 2 SpruchG. Danach haben diejenigen Aktionäre, die das Angebot bereits angenommen haben, einen Abfindungsergänzungsanspruch69. b) Börsenrechtliche Voraussetzungen aa) Überblick 18
Das BörsG bestimmt in seinem § 39 Abs. 2 Satz 1 zunächst, dass die Geschäftsführung (§ 15 Abs. 1 BörsG) die Zulassung zum Regulierten Markt auf Antrag des (in- oder ausländischen, s. Rz. 5) Emittenten widerrufen kann70. Was die weiteren Voraussetzungen betrifft, so bestimmt Satz 2 des § 39 Abs. 2 BörsG lediglich, dass der Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten „nicht dem Schutz der Anleger widersprechen“ darf. Die nähere Bestimmung der börsenrechtlichen Voraussetzungen überlässt § 39 Abs. 2 Satz 5 BörsG – ebenso wie vor Inkrafttreten des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes § 38 Abs. 4 Satz 5 BörsG a.F. – der jeweiligen Börsenordnung.
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Die Frankfurter Wertpapierbörse und die Regionalbörsen haben diesen Regelungsauftrag zwar umgesetzt, allerdings auf durchaus unterschiedliche Weise. So sieht § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BörsO FWB eine so genannte Fristenlösung vor, der zufolge der Schutz der Anleger dem Widerruf dann nicht entgegensteht, wenn das betreffende Wertpapier nach dem Wirksamwerden des Widerrufs zwar weder an einer an-
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AG 2001, 263; zum Beginn der Antragsfrist vgl. OLG Zweibrücken v. 3.8.2004 – 3 W 60/04, ZIP 2004, 1667 (Veröffentlichung des Widerrufs der Zulassung in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt), ebenso OLG Zweibrücken v. 23.8.2007 – 3 W 147/07, BB 2007, 2199, 2200; BayObLG v. 1.12.2004 – 3 Z BR 106/04 – NZG 2005, 312; näher zur Ausweitung des Spruchverfahrens de lege lata und de lege ferenda J. Vetter, ZHR 168 (2004), 8 ff., 39 f.; verfassungsrechtliche Zweifel bei Krolop, NZG 2005, 546, 547 ff. und Martinius, DB 2005, 212. LG München I v. 27.11.2003 – 5 HK O 5774/03, NZG 2004, 193, 194 f.; offen gelassen von BayObLG v. 28.7.2004 – 3 Z BR 87/04, NZG 2004, 1111, 1112 mit zutr. Ausführungen zur Erledigung des Spruchverfahrens durch erneute Zulassung; dazu auch OLG Zweibrücken v. 23.8.2007 – 3 W 147/07, BB 2007, 2199, 2200. Allg. zu solchen Ansprüchen s. Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, 1996, S. 305 ff.; Habersack in Emmerich/Habersack, vor § 311 AktG Rz. 49; Hoffmann-Becking, ZHR 167 (2003), 357. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 804; Geyrhalter/Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1052; Schlitt, ZIP 2004, 533, 539; a.A. – für Anfechtbarkeit – Heidel, DB 2003, 548, 549; offen gelassen von OLG Zweibrücken v. 3.8.2004 – 3 W 60/04, ZIP 2004, 1666. Näher Hüffer, AktG, Anh. § 305, § 13 SpruchG Rz. 4. Ein Rückzug durch Verzicht des Emittenten ist – schon mit Blick auf den gebotenen Anlegerschutz – nicht möglich, s. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 54, Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 5, jew. m.w.N.
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deren inländischen Börse noch an einem ausländischen organisierten Markt zugelassen ist und gehandelt wird, aber nach der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung den Anlegern ausreichend Zeit verbleibt71, die vom Widerruf betroffenen Wertpapiere über die Börse zu veräußern. Entsprechendes gilt nach § 51 Abs. 2 Nr. 3 BörsO München, § 97 Abs. 1 Nr. 2 BörsO Stuttgart. Die übrigen Börsenordnungen verlangen zwar – mit zahlreichen Unterschieden im Detail – die Abgabe eines Erwerbsangebots, knüpfen aber hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises entweder unmittelbar oder durch Verweis auf das WpÜG ausschließlich an den Börsenpreis an72. Sämtliche Börsenordnungen bleiben damit nach wie vor hinter den Anforderungen der „Macrotron“-Entscheidung zurück, was in der Praxis ein weitgehend unverbundenes Nebeneinander der gesellschafts- und börsenrechtlichen Voraussetzungen des Delisting zur Folge hat. Insoweit steht zwar außer Frage, dass die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen nicht in der Lage sind, die börsenrechtlichen Vorgaben außer Kraft zu setzen, so dass die Geschäftsführung auf Abgabe eines börsenordnungskonformen Erwerbsangebots bestehen muss73. Der Abgabe von zwei parallelen Angeboten mit jeweils unterschiedlichen Angebotspreisen bedarf es aber wohl nicht. Vielmehr sollte es genügen, dass sich die in Bezug auf den Angebotspreis strengere Regelung durchsetzt und damit ein einheitliches Erwerbsangebot zu dem im konkreten Fall höchsten Angebotspreis abgegeben wird74.
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bb) Ermessensleitende Gesichtspunkte Die Geschäftsführung hat die Entscheidung über den beantragten Widerruf der Zulassung nach plichtgemäßem, insbesondere die Interessen der Anleger einbeziehendem Ermessen zu treffen75. Dabei geht allerdings auch das Börsenrecht nicht davon aus, dass die Anleger – insbesondere die Minderheitsaktionäre – einen Anspruch auf Fortbestand der Zulassung und die damit insbesondere verbundene gesteigerte Transparenz haben76. Zu schützen und bei der Entscheidung über den Antrag vor allem zu berücksichtigen ist vielmehr das Interesse der Aktionäre an der Möglichkeit, sich zu angemessenen Konditionen von der Beteiligung zu trennen. Dementsprechend konkretisieren die Börsenordnungen die Vorgabe des § 39 Abs. 2 BörsG entweder durch ein Fristenmodell oder durch Statuierung einer Pflicht zur Abgabe eines Erwerbsangebots (Rz. 18). Im Übrigen hat die Geschäftsführung insbesondere die 71 Konkretisiert wird dies durch § 43 Abs. 2 BörsO FWB (Wirksamwerden des Widerrufs sechs Monate nach dessen Veröffentlichung). Zum vollständigem Rückzug von allen inländischen Märkten unter Beibehaltung eines ausländischen organisierten Marktes im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 BörsO FWB und dazu bereits Rz. 3 mit Fn. 6. 72 Vgl. § 56 Abs. 4 BörsO Düsseldorf, § 50 Abs. 2 BörsO Hamburg, § 50 Abs. 2 BörsO Hannover; für „angemessenes Angebot“ § 82 Abs. 2 BörsO Berlin-Bremen; näher dazu die – zum Teil freilich überholte – Synopse bei de Vries, Delisting, S. 169 ff.; Hellwig/Bormann, ZGR 2002, 465, 469. 73 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 39. 74 Zutr. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 39; Schlitt, ZIP 2004, 533, 539 m.w.N. 75 Vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 5; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 25. 76 Vgl. dazu sowie zum Folgenden namentlich Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 38 BörsG Rz. 27.
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Höhe des Streubesitzes und der Umsätze zu berücksichtigen77. Sind gar die Voraussetzungen für ein Zwangsdelisting gegeben (Rz. 24 ff.) und ein anlegerschützendes Marktentlassungsverfahren gewährleistet, so ist das Ermessen der Geschäftsführung auf Null reduziert78. 22
Die Frage, ob die Fristenlösung des § 58 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BörsO FWB (Rz. 18) mit § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG vereinbar ist, stellt sich zwar im Hinblick auf das – konzeptionell freilich wenig befriedigende – Nebeneinander von gesellschafts- und börsenrechtlichen Schutzregeln nicht in voller Schärfe; sie dürfte indes mit Blick auf die Wertung des § 39 Abs. 2 Satz 3 und 4 BörsG, die nachgerade auf eine Fristenlösung hindeutet, zu bejahen sein79. De lege ferenda wäre freilich eine rein börsenrechtliche, sich an den aktienrechtlichen Vorgaben der „Macrotron“-Entscheidung orientierende Lösung vorzugswürdig. Solange es hieran fehlt, lässt sich im Widerrufsverfahren den weitergehenden aktienrechtlichen Voraussetzungen des Delisting (Rz. 5 ff.) allenfalls dadurch Rechnung tragen, dass die Geschäftsführung das Vorliegen auch dieser Voraussetzungen überprüft und deren Nichtvorliegen bei Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt. Zu einer entsprechenden Prüfung wären die Geschäftsführungen zwar berechtigt80. Sie machen von diesem Recht indes keinen Gebrauch und halten statt dessen an der strikten Trennung von aktien- und börsenrechtlichen Voraussetzungen fest81. Anhaltspunkte dafür, dass sich hieran unter Geltung des Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetzes etwas ändert, sind nicht ersichtlich. cc) Rechtsschutz
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Die Entscheidung der Geschäftsführung über den Antrag auf Widerruf der Zulassung ist Verwaltungsakt und kann nach Maßgabe der §§ 68, 42 VwGO angegriffen werden. Die Frage, ob die Aktionäre der Gesellschaft nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt sind, war zwar unter Geltung des § 43 Abs. 4 BörsG a.F. zu bejahen82. Unter Geltung des § 38 Abs. 4 BörsG a.F., § 39 Abs. 2 BörsG n.F. stellt sich die Problematik indes neu, nachdem § 31 Abs. 5 BörsG a.F., § 15 Abs. 6 BörsG n.F. klarstellten, dass die Zulassungsstelle bzw. die Geschäftsführung die ihr nach dem BörsG zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. In sachli-
77 VG Frankfurt a.M. v. 17.6.2002 – 9 E 2285/01 (V), ZIP 2002, 1446, 1451; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 28; Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 232 ff. 78 VG Frankfurt a.M. v. 17.6.2002 – 9 E 2285/01 (V), ZIP 2002, 1446, 1451; näher Krämer/ Theiß, AG 2003, 225, 234. 79 So wohl auch Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 28, 39; Holzborn/Schlösser, BKR 2002, 486 ff.; a.A. Streit, ZIP 2002, 1279, 1287; Pfüller/Anders, NZG 2003, 459, 464; skeptisch auch Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 39 BörsG Rz. 10. 80 Schwark/Geiser, ZHR 161 (1997), 739, 759; Heidel, DB 2003, 548, 549; Kleindiek in FS Bezzenberger, 2000, S. 653, 671; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 117 ff.; eingehend Geyrhalter/ Zirngibl, DStR 2004, 1048, 1049 ff. (Pflicht, das Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses zu prüfen); a.A. Groß, ZHR 165 (2001), 141, 157; de Vries, Delisting, S. 66. 81 Vgl. den Sachverhalt von LG München I v. 27.11.2003 – 5 HK O 5774/03, NZG 2004, 193: Delistingantrag v. 28.1.2003, dem weder ein Hauptversammlungsbeschluss noch ein Abfindungsangebot vorausging; ferner Geyrhalter/Zirngibl, DStR 2004, 1048. 82 Zutr. VG Frankfurt a.M. v. 17.6.2002 – 9 E 2285/01 (V), ZIP 2002, 1446, 1447; Wirth/Arnold, ZIP 2000, 111, 117.
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cher Übereinstimmung mit der Rechtslage nach § 4 Abs. 2 WpÜG83 ist damit zum Ausdruck gebracht, dass die Tätigkeit der Geschäftsführung „den Belangen der Anleger in ihrer Gesamtheit und nicht dem Schutz einzelner Anleger dient“84. Dies muss auch für das reguläre Delisting gelten; aus § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG folgt schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil auch insoweit nur der Anlegerschutz im Allgemeinen angesprochen ist85.
2. Zwangsdelisting Der Widerruf der Zulassung zum Regulierten Markt ist Gegenstand des § 39 Abs. 1 BörsG. Hinsichtlich des Widerrufs der Einbeziehung nach § 33 Abs. 1 BörsG verweist § 39 Abs. 4 Satz 2 BörsG auf § 39 Abs. 1 BörsG. Neben die börsenrechtlichen Widerrufstatbestände tritt, wie § 39 Abs. 1 BörsG ausdrücklich betont, die Möglichkeit, die Zulassung nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht zu widerrufen oder zurückzunehmen.
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Was zunächst den in § 39 Abs. 1 BörsG geregelten Widerrufsgrund der Nichterfüllung der Pflichten aus der Zulassung betrifft, so bezieht er sich auf die in §§ 40–43 BörsG, §§ 30a–30g, 37v ff. WpHG geregelten Zulassungsfolgepflichten86.
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Nach § 39 Abs. 1 BörsG kann die Geschäftsführung die Zulassung zum Regulierten Markt zudem widerrufen, wenn ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist und die Geschäftsführung die Notierung im Regulierten Markt eingestellt hat87. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es an einem ordnungsgemäßen Börsenhandel fehlt, lässt sich nur von Fall zu Fall beurteilen; insbesondere genügt es nicht, dass der nach § 9 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV für die Zulassung erforderliche Streubesitz von 25 % nicht mehr gewährleistet ist88.
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3. Kaltes Delisting a) Erscheinungsformen und börsenrechtliche Folgen Die hohen gesellschaftsrechtlichen Anforderungen, die der BGH in seiner „Macrotron“-Entscheidung für das reguläre Delisting aufgestellt hat (Rz. 5 ff.), haben dem kalten Delisting (Rz. 1) größere Aufmerksamkeit beschert.89 Die größte praktische 83 Dazu OLG Frankfurt a.M. v. 4.7.2003 – WpÜG 4/03, AG 2003, 513 ff.; allg. Habersack, ZHR 166 (2002), 619, 620 f. 84 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 70. 85 Überzeugend Beck/Hedtmann, BKR 2003, 190, 191 ff., Land/Behnke, DB 2003, 2531, 2534, jew. auch dazu, dass gemeinschaftsrechtliche Vorgaben insoweit nicht bestehen; a.A. Hüffer, AktG, § 119 Rz. 22; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 31 BörsG Rz. 16; Streit, ZIP 2003, 392, 395; Wilsing/Kruse, EWiR 2003, 953 f. 86 Zum „provozierten“ Zwangsdelisting s. Schlitt, ZIP 2004, 533, 540 mit zutr. Erwägung, den Minderheitsaktionären in einem solchen Fall einen Anspruch auf Abfindung (Rz. 9 ff.) zu gewähren. 87 § 43 Abs. 5 BörsO FWB bestimmt ergänzend, dass der Widerruf unverzüglich durch die Geschäftsführung im Internet veröffentlicht wird. 88 Näher Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 233 f.; Heidelbach in Schwark, KapitalmarktrechtsKommentar, § 38 BörsG Rz. 5. 89 Dazu Funke, Minderheitenschutz im Aktienrecht beim kalten Delisting, 2005; vgl. auch Pluskat, BKR 2007, 54 ff.
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Bedeutung kommt hierbei dem in §§ 327a ff. AktG geregelten Squeeze Out zu90; seine Einführung durch Gesetz vom 20.12.200191 hat dazu geführt, dass das reguläre Delisting nur noch für diejenigen Gesellschaften von Interesse sein dürfte, die über einen Streubesitz von über 5 % verfügen und denen deshalb der Weg über §§ 327a ff. AktG versperrt ist92. Zusätzlich zum Squeeze Out bietet das AktG in seinen §§ 320 ff. zwar die Möglichkeit der Mehrheitseingliederung an. Sofern es den Beteiligten nicht um die Begründung einer besonders intensiven Konzernbeziehung, sondern allein um das Ausscheiden der Minderheitsaktionäre geht, kommt ihr allerdings schon deshalb keine praktische Bedeutung mehr zu, weil auch sie eine Beteiligung von mindestens 95 % voraussetzt93. Mehrheitseingliederung und Squeeze Out haben zwar das Ausscheiden der Minderheitsaktionäre und den Übergang der Mitgliedschaften auf die Hauptgesellschaft bzw. den Hauptaktionär zur Folge. Hauptgesellschaft und Hauptaktionär können indes die Aktien ohne jede Einschränkung veräußern. Schon deshalb ist für die Annahme, die Zulassung erlösche ipso iure94, kein Raum95. Sobald die Aktien der Hauptgesellschaft oder dem Hauptaktionär ausgehändigt worden sind – bis dahin verbriefen sie nach §§ 320a Satz 2, 327e Abs. 3 Satz 2 AktG den Abfindungsanspruch, was ihrer Handelbarkeit indes nicht entgegen steht –, dürften allerdings regelmäßig die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung nach § 39 Abs. 1 BörsG erfüllt sein (Rz. 26). 28
Bei der übertragenden Auflösung96 verlieren die Aktionäre ihre Mitgliedschaft erst mit Vollbeendigung der aufgelösten und um ihr Unternehmen gebrachten Gesellschaft97. Bis dahin kommt allenfalls ein Widerruf der Zulassung nach § 39 Abs. 1 BörsG in Betracht. Mit Vollbeendigung tritt dagegen Erlöschen der Zulassung ein; denn von nun an ist ein Handel in Aktien der Gesellschaft aus Rechtsgründen nicht mehr möglich98. Mit Blick auf die zum Delisting ergangene „Macrotron“-Entscheidung des BGH (Rz. 17) bietet es sich an, für die verfassungsrechtlich gebotene99 Kontrolle des gezahlten Kaufpreises, nach dem sich letztlich der Liquidationserlös bemisst, gleichfalls das Spruchverfahren zu eröffnen100.
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Insbesondere bei einem 5 % übersteigenden Streubesitz kommen schließlich die Verschmelzung auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft (gleich welcher Rechtsform) nach §§ 2?ff. UmwG, der Formwechsel in eine GmbH oder Personengesell90 Vgl. auch hierzu die Nachw. in Rz. 1 Fn. 1. 91 Art. 7 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, BGBl. I 2001, 3822, 3838. 92 Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 226. 93 Vgl. Habersack in Emmerich/Habersack, § 319 AktG Rz. 3, § 327a AktG Rz. 9. 94 So Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 805; Groß, ZHR 165 (2001), 141, 150; de Vries, Delisting, S. 135. 95 Zutr. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 Rz. 51. 96 Zu ihr Henze in FS Peltzer, 2001, S. 181 ff.; Henze in FS Wiedemann, 2002, S. 935, 939 ff.; Lutter/Drygala, ZIP 1999, 261 ff.; Wiedemann, ZGR 1998, 857 ff.; Habersack in Emmerich/Habersack, § 327a AktG Rz. 10 m.w.N. insbesondere zur Frage der Zulässigkeit in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 327a AktG nicht vorliegen. 97 Vgl. Habersack in Emmerich/Habersack, § 327a AktG Rz. 10; allgemein zu den Voraussetzungen der Vollbeendigung der AG Hüffer, AktG, § 262 Rz. 23, § 273 Rz. 7 ff. 98 Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 805; wohl auch Schlitt, ZIP 2004, 533, 540, der allerdings von „Auflösung“ spricht. 99 BVerfG v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97, AG 2001, 42. 100 Zutr. Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 805; Schlitt, ZIP 2004, 533, 540.
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schaft nach §§ 190 ff. UmwG und die Aufspaltung auf mehrere nicht börsennotierte Gesellschaften (§§ 123 ff. UmwG) in Betracht101. In allen genannten Fällen erlischt die Zulassung mit Erlöschen des Rechtsträgers, dem sie erteilt wurde, ipso iure102. b) Ausstrahlungswirkung der „Macrotron“-Grundsätze? Während die Mitwirkung der Aktionäre in §§ 179a, 262, 319 ff., 327a ff. AktG, §§ 2 ff., 123 ff., 190 ff. UmwG für sämtliche Tatbestände des kalten Delisting vorgeschrieben ist, fehlt es an einheitlichen Regeln über die den Minderheitsaktionären geschuldete Abfindung. So schreiben § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG für den Squeeze Out, §§ 29 Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 UmwG für die Verschmelzung und Aufspaltung auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform sowie für die Verschmelzung oder Aufspaltung einer börsennotierten Gesellschaft auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft (Rz. 10)103, §§ 29 Abs. 1 Satz 2, 125 Satz 1 UmwG für die Verschmelzung oder Aufspaltung auf einen Rechtsträger, dessen Anteile vinkuliert sind, und § 207 UmwG für den Formwechsel ein Angebot auf Barabfindung vor.
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Für die Mehrheitseingliederung begnügt sich § 320b Abs. 1 Satz 2 AktG dagegen grundsätzlich104 mit einer Abfindung in Aktien der Hauptgesellschaft. Nach dem Wortlaut der Vorschrift gilt dies auch dann, wenn die Hauptgesellschaft nicht börsennotiert ist. Im Lichte der Grundsätze der „Macrotron“-Entscheidung des BGH (Rz. 5 ff.) erscheint dies nur noch schwer vertretbar. Denn aus Sicht der betroffenen Minderheitsaktionäre macht es keinen Unterschied, ob ihnen der Markt für Aktien ihrer Gesellschaft durch ein reguläres Delisting oder durch Umstrukturierung der Gesellschaft genommen wird. Verlangt man also für das reguläre Delisting die Abgabe eines Barangebots (Rz. 9 ff.), dann scheint es veranlasst, diese Verpflichtung auch auf die Mehrheitseingliederung auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft zu erstrecken; methodisch bietet sich insoweit die analoge Anwendung der § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG n.F., § 320b Abs. 1 Satz 3 AktG an105. Die abfindungsberechtigten Aktionäre können dann also zwischen der Abfindung in Aktien der Hauptgesellschaft und der Barabfindung wählen.
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101 Näher Schwichtenberg, DStR 2001, 2075, 2076; de Vries, Delisting, S. 125 ff. 102 Groß, ZHR 165 (2001), 141, 149; Kleindiek in FS Bezzenberger, 2000, S. 663, 654; Schlitt, ZIP 2004, 533, 540. 103 Vor Inkrafttreten des § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG n.F. (Rz. 10) für analoge Anwendung des § 29 Abs. 1 Satz 2 UmwG Voraufl. Rz. 31; LG Köln v. 19.12.2003 – 82 O 95/03, ZIP 2004, 220, 221 f.; OLG Düsseldorf v. 30.12.2004 – 19 W 3/04 – ZIP 2005, 300, 301 f. mit Anm. Pluskat, EWiR 2005, 275; Grunewald, ZIP 2004, 542, 543 f.; Hüffer, AktG, § 119 Rz. 26; Kruse, WM 2003, 1843 ff.; Kubis in MünchKomm. AktG, § 119 Rz. 89; Martinus/Oppen, DB 2005, 212; Pluskat, WM 2002, 833, 835; vgl. ferner Adolff/Tieves, BB 2003, 797, 805; Schlitt, ZIP 2004, 533, 540; Süßmann, BKR 2003, 257, 259; a.A. Groß, ZHR 165 (2001), 141, 160 f.; Krämer/Theiß, AG 2003, 225, 240; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 138; Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 53. 104 Anders gilt nach § 320b Abs. 1 Satz 3 AktG für den Fall, dass die Hauptgesellschaft ihrerseits abhängig ist. 105 Habersack in Emmerich/Habersack, § 320b AktG Rz. 5 m.w.N.
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§ 35
Beendigung der Börsenzulassung
III. Delisting von Anleihen 1. Anleihen im Allgemeinen 32
Die Frage eines Delisting kann sich auch für andere Wertpapiere stellen. Auch insoweit ist zwischen dem Zwangsdelisting nach § 39 Abs. 1 BörsG und dem regulären Delistinig nach § 39 Abs. 2 BörsG zu unterscheiden. Was zunächst das Zwangsdelisting betrifft, so kommt es namentlich in Fällen in Betracht, in denen der Emittent in Zahlungsschwierigkeiten gerät oder gar insolvent ist; das Delisting zielt dann auf den Schutz der Neuanleger106. Die Inhaber der Papiere sehen sich in der Folge zwar sowohl mit der Realisierung des Insolvenzrisikos als auch mit der faktischen Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit konfrontiert. Sie haben dies indes auch dann hinzunehmen, wenn die Börsenzulassung in den Anleihebedingungen vorgesehen und damit Vertragsbestandteil ist; denn jede Zusicherung der Börsenzulassung steht unter dem selbstverständlichen Vorbehalt eines Zwangsdelisting.
33
Das reguläre, also auf Antrag des Emittenten erfolgende Delisting beurteilt sich nach § 39 Abs. 2 BörsG. Ein entsprechender Antrag des Emittenten dürfte praktisch allenfalls insoweit in Betracht kommen, als die Anleihebedingungen einen Rückzug von der Börse erlauben oder aber sämtliche Stücke in der Hand eines oder meherer Investoren vereinigt sind und diese sich mit dem Widerruf einverstanden erklärt haben107. Stellt der Emittent, ohne dass die genannten Voraussetzungen vorliegen, Antrag auf Widerruf, so dürfte diesem Antrag nicht stattgegeben werden; denn ein vertragswidriges Verhalten läuft in jedem Fall dem Schutz der Anleger zuwider. Gestatten dagegen die Anleihebedingungen den Widerruf, so sind die in Erfüllung des Regelungsauftrags des § 39 Abs. 2 Satz 5 BörsG ergangenen Vorschriften der jeweiligen Börsenordnung (Rz. 19 f.) zu beachten108. Ob in Fällen, in denen die BörsO nur eine Fristenlösung vorsieht (Rz. 19), zusätzlich ein Rückkaufangebot des Emittenten zu verlangen ist, beurteilt sich danach, ob der Widerruf der Zulassung grundrechtsrelevant ist. Bejaht man dies mit dem BGH im Falle des Delisting von Aktien, so ist kein Grund für eine abweichende Beurteilung des Delisting von Anleihen ersichtlich109. Da in diesem Fall gesellschaftsrechtliche Schutzinstrumentarien nicht zur Verfügung stehen, müsste Geschäftsführung aufgrund verfassungskonformer Auslegung des § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG auf der Abgabe eines Rückkaufangebots bestehen.
2. Bezugs- und Umtauschrechte im Besonderen 34
Das Delisting von Papieren, die Bezugsrechte auf andere Wertpapiere, insbesondere Aktien, oder entsprechende Umtauschrechte verbriefen, beurteilt sich im Ausgangspunkt nach allgemeinen Grundsätzen (Rz. 32 f.). Hiervon zu unterscheiden ist das Delisting der Aktien, hinsichtlich derer die genannten Papiere ein Bezugs- oder Umtauschrecht gewähren. In diesem Fall ist die Wertung des § 11 Abs. 1 BörsZulV zu
106 Näher dazu sowie zur Situation bei Insolvenz des Garanten Siebel, ZGR 2002, 842, 844 ff. 107 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 40. 108 Mit Ausnahme der BörsO Düsseldorf (§ 74 Abs. 4) unterscheiden die Börsenordnungen nicht zwischen dem Delisting von Aktien und dem Delisting von Anleihen. 109 So auch Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 40.
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§ 35
Beendigung der Börsenzulassung
beachten110, wonach Wertpapiere, die den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf andere Wertpapiere einräumen, nur zugelassen werden können, wenn die Wertpapiere, auf die sich das Umtausch- oder Bezugsrecht bezieht, ihrerseits zugelassen sind oder werden. Zwar bezieht sich diese Vorschrift nur auf die Zulassung, nicht dagegen auf deren Widerruf. Doch lässt sich ihr entnehmen, dass es dem Anlegerschutz regelmäßig zuwiderläuft, wenn sich ein Antrag auf Widerruf nicht auch auf die das Umtausch- oder Bezugsrecht verkörpernden Wertpapiere erstreckt und die Umtausch- oder Bezugsrechte damit nicht zumindest in den Genuss einer Fristenlösung (Rz. 19, 33) kommen111. Seine Ergänzung findet der spezifisch börsenrechtliche Schutz der Umtausch- und Bezugsberechtigten in vertragsrechtlichen Rechtsbehelfen. So kann die Unfähigkeit, den Umtausch- oder Bezugsberechtigten börsennotierte Papiere zu liefern, als Pflichtverletzung anzusehen sein112. Auch ist – entsprechend der Rechtslage bei Auflösung der Gesellschaft, auf deren Aktien sich das Bezugs- oder Umtauschrecht bezieht113 – ein Recht auf vorzeitige Ausübung des Bezugs- oder Umtauschrechts anzuerkennen114.
110 Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 41; Siebel, ZGR 2002, 842, 852; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 268. 111 Zutr. Heidelbach in Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 38 BörsG Rz. 41. 112 Vgl. § 10 Rz. 73; näher Siebel, ZGR 2002, 842, 852 f.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 268. 113 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 315 m.w.N. 114 Habersack in MünchKomm. AktG, § 221 Rz. 315 m.w.N.; Casper, Der Optionsvertrag, 2005, S. 356 ff.
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8. Teil Aspekte ausländischer Jurisdiktionen § 36 Börsenzulassung in Luxemburg Christian Kremer* I. Die Luxemburger Börse 1. Organisation und Handel . . . . . . a) Offizieller Markt . . . . . . . . . b) Euro-MTF-Markt . . . . . . . . . c) Neueste Entwicklungen/Erweiterung der Handelsplattform . . 2. Marktposition im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zulassungsbedingungen 1. Rechtliche Grundlage für die Zulassung und Notierung . . . . . . a) Die Interne Börsenregulierung . aa) Aktien (1) Geschäftsbereich, Streuung . . . . . . . . . . (2) Finanzberichte, Daten . . (3) Rechnungslegungsnormen . . . . . . . . . . (4) 10 Corporate Governance Regeln/Unternehmungsführungsregeln . . . . . . bb) Schuldverschreibungen . . . cc) Optionsscheine . . . . . . . . dd) Investmentfonds . . . . . . . (1) Luxemburgische Fonds . . . . . . . . . . . . (2) Nicht-luxemburgische Fonds . . . . . . . . . . . . ee) Andere Produkte . . . . . . . b) Steuerliche Aspekte und Gebühren . . . . . . . . . . . . . . 2. Finanztechnische Voraussetzungen für die Notierung a) Zulassung in einem anerkannten Clearingsystem . . . . . . . . . . b) Ernennung einer Luxemburger Zahlstelle und eines Notierungsagenten aa) Luxemburger Zahlstelle . . .
1 4 5 6 8
10 12 15 17 19 21 26 32 36 38 40 44 45
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bb) Börsennotierungsagent . . . . . . . . . . . . . . c) Freier Handel . . . . . . . . . . . III. Zulassungsverfahren 1. Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . 2. Prospekterstellung a) Verfügbarkeit des Prospekts . . . b) Verantwortung und Haftung . . c) Inhalt des Prospekts . . . . . . . d) Sprache . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Prospekt-Gesetz . . . . . bb) Das Transparenz-Gesetz . . e) Gültigkeit des Prospekts . . . . . f) Ausnahmen von der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts . . . . . . . . . . . . . . 3. Genehmigungsverfahren . . . . . . 4. Internationale Prospektanerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Prospekt für den Euro-MTFMarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verpflichtungen der Emittentin . 1. Das Gesetz über Märkte für Finanzinstrumente (MIFIDGesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen des Marktmissbrauch-Gesetzes . . . . . . . . 3. Auswirkungen des TransparenzGesetzes . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auswirkungen des ÜbernahmeGesetzes . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rückkauf- und Austauschtransaktionen . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . .
51 53 56 60 62 63 67 68 69 70 72 77 81 84
.
85
.
88
.
93
.
97
.
99
. 101 . 103
V. Zulassung auf dem Offiziellen Markt im Vergleich zur Zulassung auf dem Euro-MTF-Markt . . . . . . 107
* Ich danke Frau Ariane Mehrshahi für die hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrages.
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§ 36
Börsenzulassung in Luxemburg
I. Die Luxemburger Börse 1. Organisation und Handel 1
Die Luxemburger Börse wurde am 5.4.1928 als Luxemburger Aktiengesellschaft unter dem Namen „Société de la Bourse de Luxembourg S.A.“ gegründet. Der erste Handelstag der Luxemburger Börse fand vor 75 Jahren am 6.5.1929 statt.
2
Mit Umsetzung der Prospekt-Richtlinie gibt es seit dem 18.7.2005 an der Luxemburger Börse neben dem Offiziellen Markt den so genannten Euro-MTF-Markt.
3
Das Handeln von Wertpapieren auf dem Offiziellen Mark erfordert einen prospektrichtlinienkonformen Prospekt zum jeweiligen Wertpapier, wohingegen der EuroMTF Markt einen alternativen, jedoch von der Luxemburger Börse regulierten und von der Commission de Surveillance du Secteur Financier („CSSF“) überwachten Markt mit erleichterten Zugangsvoraussetzungen darstellt. a) Offizieller Markt
4
Die verschiedenen notierten Wertpapiere sind aufgeteilt in die Kategorien Aktien, Schuldverschreibungen, andere Produkte sowie Investmentfonds. Der Handel findet in völlig automatisierter Form statt. b) Euro-MTF-Markt
5
Mit der Eröffnung des Euro-MTF-Marktes ist für Emittenten eine Alternative zum Offiziellen Mark geschaffen worden, der nicht den strengen Zulassungsanforderungen des Offiziellen Marktes entspricht (beispielsweise sind das Prospekt-Gesetz, das Marktmissbrauch-Gesetz und das Transparenz-Gesetz für an dem Euro-MTF-Markt notierte Wertpapiere nicht anwendbar), jedoch der Aufsicht der Luxemburger Börse und den Zulassungsbedingungen, die in der so genannten internen Börsenregulierung der Luxemburger Börse vom 1.11.2007 (die „Interne Börsenregulierung“) vorgesehen sind, unterliegt. Ende 2007 waren auf dem Euro-MTF-Markt 4 2431 Wertpapiere notiert, was für ein starkes Interesse für diesen Markt spricht. c) Neueste Entwicklungen/Erweiterung der Handelsplattform
6
Mit der erfolgreichen Übertragung der sowohl auf dem Offiziellen Markt als auch auf dem Euro-MTF-Markt notierten Wertpapiere auf die elektronische Handelsplattform NSC von Euronext (seit dem 4.4.2007 Tochtergesellschaft der NYSE Gruppe und damit die erste Transatlantische Börse) am 2.5.2007 entsprechend einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Luxemburger Börse und Euronext von März 2007, wurde das alte System „SAM“ (Système automatisé de marché) ersetzt.
7
Mit dem Zugang zu Euronext haben Euronext-Mitglieder Zugang zu den in Luxemburg notierten Wertpapieren. Mit der Umstellung geht ebenso eine Erweiterung der Börsenhandelszeit einher, nunmehr von 9.00 Uhr bis 17.35 Uhr, sowie vor allem die Möglichkeit, ein größeres Handelsvolumen und eine größere Handelsaktivität besser zu erfassen. 1 Quelle: Internet-Seite der Luxemburger Börse: www.bourse.lu.
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§ 36
Börsenzulassung in Luxemburg
2. Marktposition im internationalen Vergleich Anzahl der notierten Wertpapiere2: Stand Dezember 20073 Schuldverschreibungen Optionsscheine (Covered Warrants) Anzahl der Unternehmen, deren Aktien an der jeweiligen Börse notiert sind
Luxemburg
Dublin
Deutsche Börse
London
31 469
24 385
26 031
14 699
250 720
631
866
3 307
6 440 261
73
Schuldverschreibungen bilden die Mehrheit der an der Luxemburger Börse gelisteten Wertpapiere und bilden damit den Schwerpunkt der Börsenaktivität. Luxemburg bleibt im Bereich der Anzahl von national und international notierten Schuldverschreibungen auf europäischer Ebene damit führend. Ein weiteres, wichtiges Segment bilden Investmentfonds. Ebenso hat Luxemburg auf internationaler Ebene im Bereich der Notierung von so genannten global depository receipts (Aktienzertifikate oder Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien) eine führende Marktstellung inne.
8
9
II. Zulassungsbedingungen 1. Rechtliche Grundlage für die Zulassung und Notierung Die Börsennotierungsbedingungen sind hauptsächlich in der Internen Börsenregulierung enthalten. Die Interne Börsenregulierung beinhaltet sowohl die entsprechenden Vorschriften für den Offiziellen sowie für den Euro-MTF-Markt.
10
Zusätzlich sind folgende Europäische Richtlinien in nationales Recht umgesetzt worden, die auch in der Internen Börsenregulierung berücksichtigt sind:
11
(1) Mit dem Gesetz vom 10.7.2005 über Prospekte für Wertpapiere (das „ProspektGesetz“) ist die Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist (die „Prospekt-Richtlinie“)4 umgesetzt worden. Anwendbar ist ebenfalls die Verordnung (EG) Nr. 809/20045 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung. (2) Mit dem Gesetz vom 9.5.2006 über Marktmissbrauch (das „MarktmissbrauchGesetz“) ist die Richtlinie 2003/6/EG6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmiss2 In der angeführten Tabelle sind Investmentfonds nicht einbegriffen. 3 Quelle: Internet-Seiten World Federation of Exchanges Statistics und European Securities Exchange Statistics: Statistiken für Dezember 2007. 4 ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. 5 ABl. EU Nr. L 149 v. 30.4.2004, S. 1. 6 ABl. EU Nr. L 96 v. 12.4.2003, S. 16.
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brauch) (die „Marktmissbrauch-Richtlinie“), die Richtlinie 2003/124/EG7 der Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, die Richtlinie 2003/125/EG8 der Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten und die Richtlinie 2004/72/EG9 der Kommission vom 29.4.2004 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in nationales Recht umgesetzt worden. Daneben sind bislang drei Rundschreiben der CSSF im Zusammenhang mit dem Marktmissbrach-Gesetz veröffentlicht worden10. (3) Mit dem Gesetz vom 19.5.2006 über Übernahmeangebote (das „Übernahme-Gesetz“) ist die Richtlinie 2004/25/EG11 des Europäischen Parlaments and des Rates vom 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote (die „Übernahme-Richtlinie“) umgesetzt worden; (4) Mit dem Gesetz vom 11.1.2008 über die Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind (das „Transparenz-Gesetz“), ist die Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind (die „Transparenz-Richtlinie“) umgesetzt worden. Nach Inkrafttreten am 19.1.2008 des Transparenz-Gesetzes ist ein Rundschreiben der CSSF veröffentlicht worden12. (5) Mit dem Gesetz vom 13. Juli 2007 über Märkte für Finanzinstrumente (das „MIFID-Gesetz“) ist die Richtlinie 2004/39/EG13 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente umgesetzt worden (die „Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente“). Das Gesetz ist seit dem 1.11.2007 in Kraft. Daneben ist bislang ein Rundschreiben der CSSF im Zusammenhang mit dem MIFID-Gesetz veröffentlicht worden14. Ferner sind folgende europäische Gesetzgebungen zu beachten: (6) Die Verordnung (EG) Nr. 1606/200215 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.7.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (die „Rechnungslegungsstandard-Verordnung“)16. 7 8 9 10 11 12 13 14 15
16
ABl. EU Nr. L 339 v. 24.12.2003, S. 70. ABl. EU Nr. L 339 v. 24.12.2003, S. 73. ABl. EU Nr. L 162 v. 30.4.2004, S. 70. CSSF Rundschreiben 06/257 v. 17.8.2006, CSSF Rundschreiben 07/280 v. 5.2.2007, CSSF Rundschreiben 07/323 v. 7.11.2007. ABl. EU Nr. L 142 v. 30.4.2004, S. 12. CSSF Rundschreiben 08/337 v. 6.2.2008. ABl. EU Nr. L 145 v. 30.4.2004, S. 1. CSSF Rundschreiben 07/307 v. 31.7.2007. Die Rechnungslegungsstandard-Verordnung bezieht sich auf Gesellschaften, die dem Recht eines EU-Mitgliedstaates unterliegen, und betrifft die Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2005 beginnen, vorausgesetzt die Wertpapiere dieser Gesellschaften sind am jeweiligen Bilanzstichtag in einem geregelten Markt (im Sinne der Richtlinie 93/22/EWG über Wertpapierdienstleistungen) zugelassen. ABl. EU Nr. L 243 v. 11.9.2002, S. 1.
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Börsenzulassung in Luxemburg
(7) Die Verordnung Nr. 2273/200317 der Europäischen Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der Richtlinie 2003/6/EG-Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen. (8) Neben den oben genannten Vorschriften müssen Emittenten sowie Anleger das Gesetz vom 3.9.1996, geändert durch das MIFID-Gesetz und betreffend den ungewollten Verlust von Inhaber-Wertpapieren beachten. a) Die Interne Börsenregulierung Die Interne Börsenregulierung beinhaltet die Voraussetzungen für eine Notierung am Offiziellen Markt wie auch am Euro-MTF-Markt, insbesondere auch welche Informationen im Börsenprospekt zu veröffentlichen sind.
12
Der Umfang sowie der Inhalt dieser Informationen hängt maßgeblich davon ab, auf welchem Markt welches Produkt zugelassen werden soll und ist in dem Anhang der Internen Börsenregulierung und in der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, detailliert beschrieben.
13
Ohne im Detail auf die verschiedenen Notierungsbedingungen einzugehen, sind die erforderlichen Informationen in Bezug auf die Zulassung von Aktien auf dem Offiziellen Markt am umfangreichsten.
14
aa) Aktien (1) Geschäftsbereich, Streuung Das Börsenkomittee prüft den Geschäftsbereich des Emittenten sowie dessen letzte Finanzberichte. Eine ausreichende Streuung der Aktien bei den Anlegern ist eine Voraussetzung für die Börsennotierung von Aktien. Die Streuung muss im Prinzip vor dem Börsennotierungsdatum vorhanden sein, es sei denn, die Streuung erfolgt über die Börse selber und die Börse gelangt zu der Überzeugung, dass in einem kurzen Zeitraum eine hinreichende Streuung über den Handel an der Börse erfolgen wird.
15
Die Interne Börsenregulierung geht von einer hinreichenden Streuung aus, wenn 25 % des gezeichneten Kapitals öffentlich zugänglich sind oder wenn aufgrund der hohen Anzahl der Aktien und der starken Streuung ein regelmäßiger Handel auch im Fall eines geringeren Prozentsatzes gewährleistet ist. Es liegt im Ermessen der Börse einzuschätzen, ob die Streuung ausreichend sein kann.
16
(2) Finanzberichte, Daten Die Finanzdaten der letzten drei Jahre sowie die seither veröffentlichten Zwischenberichte müssen in der Regel im Börsenprospekt enthalten sein. Details und Ausnahmen ergeben sich aus der Verordnung (EG) Nr. 809/2004. Halbjahreszwischenberichte sind ebenfalls für die Notierung von Aktien (seit dem Transparenz-Gesetz 17 ABl. EU Nr. L 336 v. 23.12.2003, S. 33.
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nunmehr auch für andere Wertpapiere) erforderlich. Unternehmen, die keine Geschäftszahlen für die drei Jahre, die dem Börsennotierungsantrag vorausgehen, vorlegen können, müssen zusätzlich Quartalabschlüsse erstellen und diese den Investoren zur Verfügung stellen. Die Veröffentlichung solcher Quartalzahlen ist bis zum Abschluss des dritten Geschäftsjahres erforderlich, in dem Jahresberichte veröffentlicht werden. Außerdem wird die Börse bei diesen so genannten „jungen“ Unternehmen den Lebenslauf der Geschäftsleitung einsehen. 18
Gemäß dem Transparenz-Gesetz muss ein Emittent von Aktien, dessen Herkunftsstaat Luxemburg ist, zusätzlich neben den Jahres- und Halbjahresfinanzberichten entweder Semesterzwischenberichte über Transaktionen und die finanzielle Situation des Emittenten veröffentlichen oder Finanzangaben pro Trimester veröffentlichen18. (3) Rechnungslegungsnormen
19
Das Transparenz-Gesetz sieht vor, dass konsolidierte Halbjahres- und Jahresabschlüsse der Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel am geregelten Markt zugelassen werden und die nicht Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs sind, in International Financial Reporting Standards (IFRS) bzw. in International Accounting Standard19 (IAS) zu veröffentlichen sind. Das Transparenz-Gesetz sieht weiterhin vor, dass nicht konsolidierte Jahresabschlüsse von EU-Emittenten oder Emittenten, die dem Europäischen Wirtschaftsraum (European Economic Area EEA) angehören, nach den Regeln des nationalen Rechts des Mitgliedsstaates in dem sich ihr Gesellschaftssitz befindet, zu erstellen sind20. Nicht konsolidierte Halbjahresabschlüsse müssen eine Bilanz, eine zusammengefasste Gewinn- und Verlustrechnung und Erklärungen zu dem Halbjahresabschluss enthalten, wobei die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung nach den gleichen Rechnungslegungsstandards wie die Jahresabschlüsse zu erstellen sind.
20
Für eine Zulassung zum Handel von Schuldverschreibungen am Euro-MTF-Markt sind regelmäßig Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte zu veröffentlichen, sofern deren Veröffentlichung nach nationalem Recht des Emittenten vorgeschrieben ist und für den Fall dass die Mindeststückelung unter 50 000 Euro liegt. Im Fall von Aktien, die auf dem Euro-MTF-Markt zum Handel zugelassen werden sollen, sind die geprüften Jahresabschlüsse und der letzte Geschäftsbericht, die nach den nationalen Rechungslegungsnormen jeweils zu erstellen sind, zu veröffentlichen. Zusätzlich sind innerhalb einer bestimmten Frist ebenso die Halbjahresabschlüsse zu veröffentlichen, es sei denn das nationale Recht des Emittenten sieht dies nicht vor. Die Börse kann in begründeten Ausnahmefällen die Veröffentlichungsfristen für Halbjahresberichte aufschieben.
18 Art. 5 des Transparenz-Gesetzes. 19 Im Sinne der Rechnungslegungsstandard-Verordnung. 20 Im Fall von luxemburgischen Gesellschaften wären damit die Luxemburgischen GAAP anwendbar.
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(4) 10 Corporate Governance Regeln/Unternehmensführungsregeln Die Luxemburger Börse hat ferner für die in Luxemburg notierten Gesellschaften 10 Corporate Governance Regeln aufgestellt, die am 1.1.2007 in Kraft getreten sind.
21
Die Corporate Governance Regeln sind so genannte Soft-Law-Leitlinien, die im Prinzip nicht rechtsverbindlich sind, bei Befolgung jedoch eine positive Signalwirkung haben.
22
Die 10 Regeln sollen insbesondere die Unternehmensführung für die Anleger transparenter machen. Die Unternehmensführungsregeln jeder Gesellschaft sollten mithin öffentlich zugänglich sein.
23
Die Unternehmensführungsregeln sehen z.B. vor, dass es eine formale Prozedur für die Erneuerung der Geschäftsführer gibt, dass die Struktur der Geschäftsleitung/der Direktionsbevollmächtigten klar und transparent sein soll; dass die Vergütung der Gesellschaftsführer oder Direktoren angemessen sein soll und mit dem langfristigen Interesse der Gesellschafter im Einklang sein soll.
24
Auch erwähnenswert ist, dass im Bereich der internen Kontrolle, der internen Finanzberichterstattung und des Risikomanagements strenge und klare Regelungen und Mechanismen aufgestellt werden sollen. Ferner soll eine aktive Kommunikation mit den Aktionären bestehen.
25
bb) Schuldverschreibungen Wie bereits in Rz. 9 hervorgehoben, ist die Notierung von Schuldverschreibungen der Bereich, in dem die Luxemburger Börse den höchsten Bekanntheitsgrad genießt. Oft sind die Schnelligkeit und der Pragmatismus der Luxemburger Börse für die Marktteilnehmer ausschlaggebend.
26
Diese Entwicklung der Notierungen an der Luxemburger Börse sowie die schnelle Expansion am Euro-MTF-Markt stehen auch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erfolg des Luxemburger Finanzplatzes, u.a. der Fondsindustrie.
27
Während die Börsenvorschriften für die so genannten „Standard-Anleihen“ (plain vanilla issues) relativ unkompliziert sind und in der Internen Börsenregulierung punktuell aufgelistet sind, lässt die Luxemburger Börse ebenfalls weitaus komplexere Produkte (zum Beispiel, Collateralized Debt Obligations (CDOs), Collateralized Loan Obligations (CLOs), Commercial Mortgage Backed Securities (CMBSs) und Collateralized Fund Obligations (CFOs)) zu und ist zu einem im Finanzbereich bekannten Börsenzentrum für die Notierung solcher strukturierten Produkte geworden. Für solche strukturieren Produkte bestehen, insbesondere hinsichtlich des Inhalts des erforderlichen Prospekts, spezifische Regeln.
28
Das Verbriefungsgesetz vom 22.3.2004 hat durch seine Flexibilität und günstigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu neuen an der Luxemburger Börse notierten Finanzstrukturen beitragen. Neben den üblichen Voraussetzungen für eine Zulassung von Wertpapieren beinhaltet die Interne Börsenregulierung und die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 eine Auflistung der Informationen, die in einem Prospekt für eine Zulassung von solchen Verbriefungsgesellschaften emittierten Wertpapieren auf dem Euro-MTF- bzw. dem Offiziellen Markt enthalten sein sollen. Die bisherige Mindestlaufzeit von einem Jahr für Wertpapiere als Zulassungsvoraussetzung am Offiziellen Markt einer Verbriefungsgesellschaft ist allerdings weggefallen.
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Hervorzuheben ist ebenfalls, dass die Notierung von Schuldverschreibungen und Vorzugsaktien (preference shares)21, die von so genannten Special Purpose Vehicles emittiert werden, möglich ist. Für die Notierung von Schuldverschreibungen waren bisher Jahresabschlüsse ausreichend. Das Transparenz-Gesetz sieht jedoch nunmehr vor, dass Emittenten von Schuldtiteln halbjährliche Finanzberichte erstellen müssen22. Der jeweilige Finanzbericht, der die ersten sechs Monate des Geschäftsjahres umfasst, soll so schnell wie möglich, spätestens jedoch zwei Monate nach Abschluss des Sechsmonatszeitraums, auf den er sich bezieht, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Jahres- und Halbjahresberichte sind jedoch nicht für Schuldtitel erforderlich, deren Mindeststückelung 50 000 Euro beträgt. Auch sind solche Berichte nicht erfordert für Schuldtitel die von öffentlichen Emittenten, internationalen Organisationen, der Europäischen Zentralbank sowie von nationalen Zentralbanken begeben werden.
31
Für die Notierung von Schuldverschreibungen und Vorzugsaktien (preference shares) so genannten Verbriefungsgesellschaften muss der Börsenprospekt bei der Notierung auf dem Offiziellen Markt den Anforderungen des Prospekt-Gesetzes entsprechen und die für eine Anlageentscheidung notwendigen Informationen enthalten, d.h. er muss u.a. eine genaue Beschreibung der von den Anlegern getragenen Risiken enthalten. Folglich müssen die von der Verbriefungsgesellschaft gekauften Werte, sowie die Risiken, die in der Finanzstruktur gegenüber verschiedenen juristischen Personen (wie zum Beispiel eine Swap Counterparty) eingegangen werden, im Börsenprospekt beschrieben werden. cc) Optionsscheine
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Wie für alle anderen börsennotierten Produkte müssen auch für Optionsscheine die notwendigen Informationen in einem Börsenprospekt enthalten sein. Diese Informationen sind im Anhang zur Internen Börsenregulierung beschrieben.
33
Interessant ist, dass die Werte oder Produkte, in Bezug auf welche die Optionsscheine ausgeübt werden können, nicht gesetzlich eingeschränkt sind. So können Optionsscheine, deren Ausübung sich auf Wertpapiere, Börsen- und andere Indizes oder Rohstoffe (commodities) bezieht, an der Luxemburger Börse zur Notierung zugelassen werden. Optionsscheine können sich jedoch auch auf andere Produkte oder Werte beziehen, die auf Anfrage hin von der Luxemburger Börse bereits im Vorfeld individuell zwecks Börsennotierung analysiert werden können.
34
Die Lieferung der zugrunde liegenden Produkte nach Ausübung der Optionsscheine kann durch direkte Lieferung des Produkts, oder durch Auszahlung des entsprechenden Wertes eines solchen Produktes erfolgen.
35
Zu berücksichtigen bleibt, dass im Prinzip, allerdings mit Ermessenspielraum der CSSF bzw. der Börse nur Optionsscheine, die von einem Kreditinstitut, einem ande21 Vorzugsaktien (preference shares) werden unter anderem in Verbriefungstransaktionen öfters eingesetzt. 22 Schuldtitel sind gemäß Transparenz-Gesetz Schuldverschreibungen oder andere übertragbare Forderungen in verbriefter Form, mit Ausnahme von Titeln, die Aktien darstellen, in Aktien umwandelbar sind und zum Erwerb von Aktien oder Aktien gleichzustellenden Wertpapieren berechtigen.
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ren Staat oder von einem Emittenten, dessen Verpflichtung unter den Optionsscheinen von den vorab genannten Personen hinreichend garantiert oder anders abgedeckt ist, zum Handel am Offiziellen Markt zugelassen werden. dd) Investmentfonds Die Luxemburger Börse ist eines der bedeutendsten Börsenzentren, was neben der Notierung von Schuldverschreibungen die Notierung von Investmentfonds anbelangt. Sowohl die Notierung von so genannten offenen (open-ended) wie auch von geschlossenen (closed-ended) Fonds23 ist möglich. Im November 2007 waren allein 2 761 luxemburgische Fonds mit einem Gesamtnettovermögen von 2 063,797 Milliarden Euro24 zugelassen.
36
Das Prospekt-Gesetz sieht für geschlossene (closed-ended) Fonds die gleichen Voraussetzungen und Prospektpflicht vor wie für andere Wertpapiere. Ebenso fallen Wertpapiere eines Verbriefungsfonds, der dem Luxemburgischen Gesetz vom 22.3.2004 über Verbriefungen unterliegt, unter das Prospekt-Gesetz. Offene Fonds unterliegen einem erleichterten Verfahren hinsichtlich der Prospektgenehmigung und Prospektanforderungen.
37
(1) Luxemburgische Fonds Die Notierung offener Luxemburger Fonds25 erfolgt im Prinzip auf Basis einer von der CSSF erteilter Genehmigung des Fondsprospekts, die im Gegensatz zu der Genehmigung von geschlossenen Fonds auf Grundlage des Luxemburger Gesetzes vom 20.12.2002 über Fonds („Fonds-Gesetz“) erfolgt.
38
Die Notierung geschlossener luxemburger Fonds erfolgt auf Basis einer Genehmigung des Fondsprospekts nach dem Prospekt-Gesetz26.
39
(2) Nicht-luxemburgische Fonds Die Notierung von nicht-luxemburgischen offenen Fonds, die Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapieren („OGAW“) i.S.d. EU-Richtlinie 85/611/EG (die „Fonds-Richtlinie“) sind, erfolgt nach ihrer Zulassung gemäß dem Kapitel 7 des Fonds-Gesetzes analog der Notierung von luxemburgischen offenen Fonds und profitiert mithin vom Passporting unter der Fonds-Richtlinie.
40
Ein nicht-luxemburgischer offener Fonds, der kein OGAW ist, muss, soweit es sich um ein öffentliches Angebot des nicht-luxemburgischen Fonds in oder von Luxemburg handelt, eine Zulassung durch die CSSF gemäß Fonds-Gesetz erhalten und kann nach erfolgter Genehmigung eine Notierung analog zu luxemburgischen offenen Fonds beantragen, wohingegen die Notierung eines nicht-luxemburgischen offenen
41
23 Geschlossene Fonds im Gegensatz zu offenen Fonds, sind solche bei denen ein Rückkauf der Anteile auf Antrag der Anteilsinhaber weder vorgesehen noch möglich ist. 24 Quelle: Internet Seite der CSSF (http://www.cssf.lu): Stand 30.11.2007. 25 Dies trifft auch auf die offenen Spezialfonds i.S.d. luxemburgischen Gesetzes vom 13.2.2007 zu. 26 Zusätzlich ist ein CSSF Rundschreiben 06/267 vom 22.11.2006 bezüglich technischer Einzelheiten der Anmeldung und Kommunikation mit der CSSF zu beachten.
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Fonds, der kein OGAW ist, und für den keine Zulassung zum öffentlichen Angebot in Luxemburg beantragt ist, grundsätzlich gemäß den Bestimmungen der Internen Börsenregulierung erfolgen kann. 42
Zu beachten ist ferner, soweit es sich um ein öffentliches Angebot eines nicht-luxemburgischen Fonds in oder von Luxemburg handelt, eine Zulassung durch die CSSF nur dann erfolgen kann, wenn der Fonds in seinem Herkunftsstaat einer regelmäßigen Aufsicht unterliegt (Art. 76 des Fonds-Gesetzes).
43
Die Notierung nicht-luxemburgischer, geschlossener Fonds erfolgt auf Basis einer Genehmigung des Fondprospekts nach dem Prospekt-Gesetz. ee) Andere Produkte
44
Andere Produkte, wie zum Beispiel Treuhandzertifikate, Pfandbriefe oder fondsähnliche Produkte (z.B. fonds commun de créances unter französischem Recht) können ebenfalls an der Luxemburger Börse zugelassen werden. b) Steuerliche Aspekte und Gebühren
45
Der Kauf bzw. der Verkauf von Wertpapieren über die Luxemburger Börse unterliegt keiner so genannten „Transfer-Steuer“.
46
Die Gebühren für die Genehmigung eines Prospekts zur Zulassung zum Handel oder für ein öffentliches Angebot liegen je nach Wertpapier und zu genehmigender Dokumentation zwischen ca. 1 500 Euro und 2 500 Euro, wobei für Fonds eine andere Gebührentabelle gilt.
2. Finanztechnische Voraussetzungen für die Notierung a) Zulassung in einem anerkannten Clearingsystem 47
Eine der Bedingungen für die Notierung von Wertpapieren an der Luxemburger Börse ist die Aufnahme der Wertpapiere in einem anerkannten Clearingsystem. Grundsätzlich anerkannt sind Clearstream und Euroclear. Dies heißt jedoch nicht, dass die Wertpapiere tatsächlich im betreffenden Wertpapiersystem gehalten werden müssen. Es reicht aus, dass die Wertpapiere durch ihre Aufnahme in Clearstream oder Euroclear über diese handelbar sind. Die Wertpapiere können sich aber trotzdem außerhalb eines Clearing Systems befinden (z.B. in den Händen der Investoren, falls es sich um Inhaber-Wertpapiere in Papierform handelt).
48
Ferner ist mit Einführung einer technischen Erleichterung der so genannten „New Global Note“ die Einführung und Übertragung von Inhaberpapieren in Clearingsystemen praktisch vereinfacht worden, z.B. müssen für das neue System nur pdf-Kopien eingereicht werden und für die Übertragung sind nicht mehr physische Anmerkungen/Indossamente auf den Inhaberpapieren notwendig.
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b) Ernennung einer Luxemburger Zahlstelle und eines Notierungsagenten aa) Luxemburger Zahlstelle Gemäß der Internen Börsenregulierung muss ein Emittent zwecks Börsennotierung eine luxemburger Zahlstelle benennen. Letztere kann Haupt- oder Nebenzahlstelle sein. Der ursprüngliche Grund für eine luxemburger Zahlstelle bestand darin, den Investoren die Möglichkeit zu geben, Zins- und Kapitalzahlungen auf in Luxemburg notierte Wertpapiere in Luxemburg einzufordern.
49
Mit der Verbreitung der papierlosen Wertpapiere beschränkt sich die Rolle der Hauptzahlstelle auf die Weiterleitung der Kapital- und Zinserträge an die betreffenden Wertpapier-Clearingsysteme. Bei den papierlosen Wertpapieren spielt letztlich die Nebenzahlstelle, von einem praktischen Standpunkt gesehen keine Rolle, sondern wird nur dann aktiv, falls die Wertpapiere in globaler Form gegen Wertpapiere in definitiver Form eingetauscht werden.
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bb) Börsennotierungsagent Obwohl der luxemburger Börsennotierungsagent kein eigentlicher „Sponsor“ der Börseneinführung ist, ist seine Ernennung zwecks Börsennotierung notwendig. Der Börsennotierungsagent hat, sowohl bei der Börseneinführung als auch während der Notierungslaufzeit, eine technisch-administrative Rolle, die darin besteht, die Börseneinführung offiziell für den Emittenten zu beantragen und die gemäß der Internen Börsenregulierung notwendigen Unterlagen der CSSF und Börse zu unterbreiten. Auch nimmt der Börsennotierungsagent die eventuellen Kommentare der CSSF zum Börsenprospekt entgegen und gibt der CSSF die notwendigen Erläuterungen betreffend der im Börsenprospekt gemachten Angaben. Die Kommunikation zwischen Börsennotierungsagent, der CSSF und der Luxemburger Börse ist insbesondere durch die Nutzungsmöglichkeit einer elektronischen Plattform verbessert worden.
51
Während der Notierungslaufzeit bleibt der Notierungsagent der Ansprechpartner der CSSF und leitet die notwendigen Informationen betreffend Emittenten oder Wertpapiere an die Börse weiter.
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c) Freier Handel Um an der Luxemburger Börse zum Handel aufgenommen zu werden, müssen die Wertpapiere frei übertragbar sein. Dies setzt voraus, dass die Wertpapiere keinen Handelsbeschränkungen unterliegen. Trotzdem wird verschiedenen nationalen Regulierungen (z.B. den US-Verkaufsbeschränkungen) Rechnung getragen, ohne dass dies jedoch ein Hindernis für die Börsennotierung darstellt.
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Verschiedene Handelsbeschränkungen können jedoch von der Börse als Hindernis für den freien Handel angesehen werden. Falls eine solche Beschränkung in den Wertpapierbedingungen vorgesehen ist, sollte diese Beschränkung im Vorfeld mit der Börse abgeklärt werden um sicherzustellen, dass aus Sicht der Börse keine Beeinträchtigung des freien Handels vorliegt.
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Wertpapiere, deren Ausgabepreis bei ihrer Ausgabe nicht vollständig eingezahlt wurde, können zum Handel zugelassen werden unter der Bedingung, dass der Handel nicht eingeschränkt ist und dass der Markt die notwendigen Informationen besitzt, die für eine korrekte Preiseinschätzung notwendig sind.
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III. Zulassungsverfahren 1. Prospektpflicht 56
Das Prospekt-Gesetz sieht eine Prospektpflicht sowohl im Fall eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren (d.h. auch ohne eine Zulassung zum Handel am Offiziellen Markt) als auch für die Zulassung zum Handel am Offiziellen Markt vor. Beide Verpflichtungen zur Veröffentlichung eines vorher von der CSSF genehmigten Prospekts gelten unabhängig voneinander.
57
Ebenso ist für die Zulassung am Euro-MTF-Markt ein Prospekt erforderlich, der allerdings geringere Voraussetzungen als die des Prospekt-Gesetzes erfüllen muss und von der Luxemburger Börse selbst genehmigt wird. Hinsichtlich des Prospektes zum Zweck der Notierung am Euro-MTF-Markt wird auf Rz. 84 verwiesen.
58
Im Fall der Zulassung zum Handel am Offiziellen Markt sind bestimmte Wertpapiere von der Prospektpflicht befreit. Dies gilt insbesondere, wenn Aktien gleicher Gattung auf dem Markt bereits zugelassen sind und die neue Emission nur einen geringen Teil ausmacht oder es sich um einen Austausch von Aktien gleicher Gattung handelt.
59
Bestimmte Wertpapiere unterliegen für den Fall eines öffentlichen Angebots auf dem Hoheitsgebiet Luxemburgs einer erleichterten Prospektpflicht, wie z.B. Nichtdividendenwerte, die von anderen Mitgliedsstaaten oder Zentralbanken ausgegeben werden oder Wertpapiere die von Mitgliedstaaten oder Gebietskörperschaften garantiert werden. Sollten bestimmte Wertpapiere oder eine bestimmte Angebotsform an bestimmte Anleger nicht der allgemeinen Prospektpflicht unterliegen, kann dennoch unter dem Prospekt-Gesetz ein vereinfachter Prospekt erforderlich sein. Der vereinfachte Prospekt ist vom Passporting ausgeschlossen.
2. Prospekterstellung a) Verfügbarkeit des Prospekts 60
Am Börsennotierungsdatum muss der genehmigte Prospekt der Börse in elektronischer Form übermittelt werden. Daraufhin stellt die Börse den Anlegern den Börsenprospekt in elektronischer Form auf ihrer Internet Seite zur Verfügung.
61
Ferner ist der Luxemburger Börse eine, durch die für den Prospekt verantwortliche Person (in der Regel Vertreter des Emittenten oder Garanten) unterschriebene Version des Prospekts zu übermitteln. b) Verantwortung und Haftung
62
Die Prospekthaftung ist im Prospekt-Gesetz geregelt. Es sieht vor, dass für die Richtigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben, je nach Fall, der Emittent, oder dessen Verwaltungs-, Aufsichtsstellen oder Geschäftsleitung, der Anbieter, die Person, die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragt hat oder der Garant haftet. Namen und Stellung der haftenden Personen, bzw. für juristische Personen deren Name und Sitz müssen im Prospekt angegeben werden. Außerdem müssen diese Personen bestätigen, dass die im Prospekt gemachten Angaben ihres Wissens nach richtig sind und darin keine Tatsachen verschwiegen werden, die nicht mit 1064
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dem Inhalt des Prospekts übereinstimmen. Die Zusammenfassung (wie im nachfolgenden Abschnitt beschrieben) selbst löst keine Haftung aus, es sei denn sie ist irreführend, unrichtig oder widersprüchlich, wenn sie zusammen mit anderen Teilen des Prospekts gelesen wird. c) Inhalt des Prospekts Der Prospekt besteht im Prinzip aus einem einzigen Dokument. Zusätzliche Dokumente (z.B. ein Jahres- oder Zwischenbericht) können aber Bestandteil des Prospekts sein und an diesen angeheftet werden. In der Internen Börsenregulierung selbst ist für einen Euro-MTF-Markt-Prospekt keine Aufteilung des Prospekts in verschiedene Teile vorgesehen. Der Prospekt für den Offiziellen Markt enthält normalerweise eine Zusammenfassung der Wertpapierbedingungen, eine Risikobeschreibung, eine Beschreibung des Emittenten sowie des Garanten (falls vorhanden) sowie ein Kapitel „Allgemeine Informationen“.
63
Das Prospekt-Gesetz sieht vor, dass der Prospekt sich sowohl aus einem als auch aus mehreren Einzeldokumenten zusammensetzen kann. In letzterem Fall besteht der Prospekt aus einem Registrierungsformular, einer Wertpapierbeschreibung sowie einer Zusammenfassung. Das Registrierungsformular enthält Informationen zum Emittenten, die Wertpapierbeschreibung und entsprechende Informationen über die zu notierenden Wertpapiere.
64
Sollte ein Emittent schon über ein genehmigtes Registrierungsformular verfügen, ist er lediglich verpflichtet, eine Wertpapierbeschreibung und die Zusammenfassung beizufügen. Im Fall einer Änderung oder einer neuen Tatsache, die die Analyse der Anleger beeinflussen könnte, und die nach Genehmigung des letzten, aktualisierten Registrierungsformulars erfolgt, muss die Wertpapierbeschreibung alle Informationen enthalten, die normalerweise im Registrierungsformular anzugeben sind. Sowohl die Wertpapierbeschreibung als auch die Zusammenfassungen unterliegen dann getrennt der Genehmigung durch die CSSF. Diese Aufteilung und Stückelung eines Prospekts kann allerdings zu mehr Flexibilität verhelfen, insbesondere wenn Änderungen eintreten.
65
Gemäß dem Prospekt-Gesetz ist im Prinzip eine Zusammenfassung im Prospekt unabhängig davon, ob es ein Einzeldokument ist oder sich aus mehreren Dokumenten zusammensetzt zwingend, es sei denn es handelt sich um einen Prospekt von Nichtdividendenwerten mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro. Die Zusammenfassung enthält die wesentlichen Merkmale des Emittenten, des Garanten und der Wertpapiere sowie die wesentlichen Risiken. Außerdem muss die Zusammenfassung Warnhinweise enthalten, dass sie als Einleitung zum Prospekt zu verstehen ist und dass der Anleger seine Entscheidung auf Basis der Prüfung des gesamten Prospekts stützen soll. In der Zusammenfassung wird auch auf Haftungsregeln hingewiesen, sowie auf – je nach anwendbarem Recht – etwaige Gerichts- und notwendige Übersetzungskosten, die von dem Anleger zu tragen sind, der Ansprüche aufgrund der im Prospekt enthaltenen Informationen geltend machen will. Ferner enthält die Zusammenfassung den Hinweis, dass diejenigen Personen, die die Zusammenfassung einschließlich einer Übersetzung vorgelegt haben oder deren Zulassung/Genehmigung beantragt haben, haftbar gemacht werden können, jedoch nur für den Fall, dass die Zusammenfassung irreführend, unrichtig oder widersprüchlich ist, wenn sie zusammen mit anderen Teilen des Prospekts gelesen wird.
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d) Sprache 67
Ein von der CSSF zu genehmigender Prospekt kann im Prinzip in englischer, deutscher und/oder französischer Sprache erstellt werden. aa) Das Prospekt-Gesetz
68
Das Prospekt-Gesetz enthält eine Sprachenregelung, die zwischen einem öffentlichen Angebot und einer Notierung im Herkunftsmitgliedstaat und einem öffentlichen Angebot, respektiv einer Notierung in einem anderen EU-Mitgliedstaat unterscheidet. Findet das öffentliche Angebot oder die Notierung im Herkunftsmitgliedsstaat statt, wird der Prospekt in einer von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedsstaates anerkannten Sprache erstellt. Werden die Wertpapiere jedoch in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten als dem Herkunftsmitgliedstaat öffentlich angeboten oder an einem geregelten Markt notiert, so ist der Prospekt je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters oder der die Zulassung beantragenden Person entweder in einer von den zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten anerkannten oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache zu erstellen. Findet das öffentliche Angebot oder die Notierung in mehreren EU-Mitgliedstaaten einschließlich des Herkunftsmitgliedstaats statt, wird der Prospekt in einer von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates anerkannten Sprache erstellt und darüber hinaus, je nach Wahl des Emittenten, des Anbieters oder der die Zulassung zum Handel beantragenden Person entweder in einer von den zuständigen Behörden der einzelnen Aufnahmestaaten anerkannten Sprache oder in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache. bb) Das Transparenz-Gesetz
69
Das Transparenz-Gesetz und die Interne Börsenregulierung enthalten eine detaillierte Sprachenregelung, was die zu veröffentlichen Informationen anbelangt. Diese Regelung stimmt mit der im Prospekt-Gesetz vorgesehenen und umgesetzten Regelung überein. Sie sieht jedoch zusätzlich vor, dass, falls die Stückelung der Wertpapiere mindestens 50 000 Euro beträgt, die vorgeschriebenen Informationen je nach Wahl des Emittenten lediglich in einer Sprache vorgelegt werden können, die in der internationalen Finanzwelt geläufig ist. e) Gültigkeit des Prospekts
70
Gem. Art. 11 des Prospekt-Gesetzes ist der Prospekt nach seiner Veröffentlichung zwölf Monate lang für öffentliche Angebote oder Zulassungen zum Handel an einem geregelten Markt gültig, sofern er um etwaige gem. Art. 13 des Prospekt-Gesetzes erforderliche Nachträge27 ergänzt wird.
27 Gem. Art. 13 des Prospekt-Gesetzes sollte dieser Nachtrag jeden wichtigen neuen Umstand oder jede wesentliche Unrichtigkeit in Bezug auf die im Prospekt gemachten Angaben enthalten, welche die Beurteilung der Wertpapiere beeinflussen können und die zwischen der Genehmigung des Prospekts und dem entgültigen Schluss des öffentlichen Angebots bzw. der Eröffnung des Handels an einem geregelten Markt auftreten, bzw. festgestellt werden.
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Im Falle eines Angebotsprogramms ist ein Basisprospekt, der alle notwendigen Angaben betreffend den Emittenten sowie die öffentlich angebotenen oder zum Handel zugelassenen Wertpapiere enthält zu erstellen. Hier gilt es hervorzuheben, dass ein so genanntes Angebotsprogramm gemäß Prospekt-Gesetz nur für Nichtdividendenwerte (wozu auch Optionsscheine gehören), sowie für dauerhaft oder wiederholt unter bestimmten Bedingungen von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere, erstellt werden kann (Art. 8 Abs. 4 des Prospekt-Gesetzes). Eine Zusammensetzung von mehreren Basisprospekten, auch verschiedener Emittenten ist ebenfalls zulässig, wobei dann eine Verbindung zwischen den verschiedenen Emittenten oder Angebotsprogrammen bestehen muss und letztlich die Genehmigung einer Zusammensetzung aus mehreren Basisprospekten im Ermessen der CSSF liegt.
71
f) Ausnahmen von der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts Das Prospekt-Gesetz enthält verschiedene Ausnahmen zur Prospektpflicht.
72
Im Fall eines öffentlichen Angebots sind folgende Wertpapierangebote gem. Art. 5 Abs. 2 des Prospekt-Gesetzes von der Prospektpflicht befreit: (1) die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richten, (2) die sich an weniger als 100 natürliche oder juristische Personen pro Mitgliedstaat richten, bei denen es sich nicht um qualifizierte Anleger handelt, (3) die sich an Anleger richten, die bei jedem gesonderten Angebot Wertpapiere ab einem Mindestbetrag von 50 000 Euro pro Anleger erwerben, (4) über Wertpapiere mit einer Mindeststückelung von 50 000 Euro und (5) über einen Gesamtgegenwert von weniger als 100 000 Euro, wobei diese Obergrenze über einen Zeitraum von zwölf Monaten zu berechnen ist.
73
Ferner gibt es noch Ausnahmen, die mit der Art der Wertpapiere zusammenhängen. Handelt es sich z.B. um Wertpapiere, die bereits an einem anderen geregelten Markt zugelassen sind oder die im Rahmen eines öffentlichen Austausches anderer Wertpapiere, eines Zusammenschlusses eines Unternehmens ausgegeben wurden, besteht unter bestimmten Voraussetzungen keine Prospektpflicht.
74
Außerdem sind verschiedene, neu ausgegebene Aktien von Unternehmen, deren Aktien schon an der Börse notiert sind, unter bestimmten Bedingungen von der Prospektpflicht entbunden. Hier handelt es sich z.B. um an existierende Aktionäre verteilte Aktien, die gegen Austausch bereits notierter Aktien gleicher Gattung ausgegeben wurden, Aktien, welche entweder durch ihre Anzahl oder ihren Börsenwert weniger als zehn Prozent der bereits notierten Aktien darstellen, oder Aktien, die unter bestimmten Bedingungen an Geschäftsführer oder Arbeitnehmer ausgegeben wurden.
75
Auch unterliegen Schuldverschreibungen, die von internationalen öffentlichen Organisationen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten angehören, ausgegeben werden, einer vereinfachten Prospektpflicht.
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3. Genehmigungsverfahren Nach Einreichung des Prospektentwurfs für eine Zulassung am Offiziellen Markt gibt die CSSF Kommentare zu dem Entwurf ab. Kann oder will der Emittent diese Kommentare nicht im Börsenprospekt berücksichtigen, so kann der Emittent der CSSF seine Argumente darlegen. Kremer
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Die Genehmigung des Prospekts für eine Zulassung am Offiziellen Markt erfolgt einzig durch die CSSF.
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Der von der CSSF genehmigte Prospekt wird vom Börsennotierungsagenten zusammen mit der Genehmigung selbst, mit dem Börsennotierungsantrag, der Zusicherungserklärung des Emittenten, der Satzung sowie den letzten drei Jahresabschlüssen und dem letzten Zwischenbericht des Emittenten (falls vorhanden) und auch den Dokumenten der Garantin (falls vorhanden) zur Notierung und Zulassung auf dem Offiziellen Markt eingereicht.
80
Die zusätzlichen Dokumente müssen in englischer, deutscher oder französischer Sprache bei der Börse hinterlegt werden. Wurden diese Dokumente in einer anderen Sprache erstellt, so müssen sie zwecks Börsennotierung in eine der drei zulässigen Sprachen übersetzt werden.
4. Internationale Prospektanerkennung 81
Das Passporting, das mit Umsetzung der Prospekt-Richtlinie im Prospekt-Gesetz eingeführt wurde, ermöglicht es einem Emittenten, einen einmal in einem EU-Mitgliedsstaat genehmigten Prospekt in einem anderen Mitgliedstaat zwecks Börsennotierung oder öffentlichem Angebot zu nutzen ohne einen neuen Prospekt erstellen oder erneut eine Genehmigung des EU-Aufnahmemitgliedstaates erhalten zu müssen. Der entsprechende EU-Aufnahmemitgliedsstaat wird die Genehmigung des EUHerkunftslandes anerkennen, nachdem die zuständige Behörde die Genehmigung bescheinigt hat. Ein vereinfachter Prospekt, insb. ein Prospekt für die Zulassung am Euro-MTF-Markt profitiert nicht vom Passporting.
82
Beträgt die Mindeststückelung von Nichtdividendenwerten mindestens 1 000 Euro, kann der Prospekt von der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates oder des Staates, in dem die Wertpapiere öffentlich angeboten oder an einem geregelten Markt zugelassen werden, genehmigt werden. Dies gilt für Emittenten, die in einem EU-Mitgliedsstaat ihren Sitz haben. Für Emittenten, die in einem EU-Drittstaat ihren Sitz haben, kann der Prospekt von der Behörde des Mitgliedsstaates genehmigt werden, in dem die Wertpapiere zum Handel zugelassen werden oder öffentlich angeboten werden.
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Für Dividendenwerte sowie für Wertpapiere mit einer Mindeststückelung von weniger als 1000 Euro und für Wertpapiere, die in Aktien einer zur Unternehmensgruppe des Emittenten gehörenden Gesellschaft umwandelbar sind oder daran gekoppelt sind, muss der Prospekt hingegen von der Behörde des EU-Mitgliedsstaates genehmigt werden, in dem der Emittent seinen Sitz hat. Handelt es sich um einen Emittenten aus einem EU-Drittstaat, so wird die zuständige Genehmigungsbehörde im Prinzip die Behörde des Mitgliedstaates sein, in dem solche Wertpapiere zum ersten Mal nach Inkrafttreten der Prospekt-Richtlinie (das heißt nach dem 31.12.2003) entweder öffentlich angeboten oder zum Handel zugelassen wurden.
5. Der Prospekt für den Euro-MTF-Markt 84
Für eine Zulassung zum Handel am Euro-MTF-Markt ist ein vereinfachter Prospekt erforderlich. Die Anleger müssen sich aufgrund der Informationen im Prospekt ein 1068
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fundiertes Urteil über die Vermögenswerte, die Finanzlage, die Gewinne und Verlust, über die Zukunftsaussichten des Emittenten sowie über die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte bilden können28. Die inhaltlichen Anforderungen sind im Vergleich zum Prospekt, der bei einer Notierung am offiziellen Markt erstellt werden muss, geringer. Dem Emittenten wird ferner die Wahl gelassen einen ProspektRichtlinienkonformen Prospekt zu erstellen, der dann gleichermaßen den Anforderungen eines Euro-MTF-Markt-Prospekts genügt29. Zu beachten ist außerdem, dass der Luxemburger Börse, die für die Genehmigung des Euro-MTF-Markt Prospektes zuständig ist, ein Ermessenspielraum im Bezug auf Befreiungen von einigen Informationsanforderungen bleibt30.
IV. Verpflichtungen der Emittentin Der Emittent muss bei der Börseneinführung, aber auch während der Notierungslaufzeit die Börsenvorschriften einhalten. Neben dem Zulassungsverfahren und dem Börsenprospekt muss der Emittent verschiedene in der Internen Börsenregulierung vorgesehene Verpflichtungen einhalten. Diese Verpflichtungen betreffen unter anderem die Informationen, die vom Emittenten an die Anleger weiterzuleiten sind. Darunter fallen eventuelle Änderungen in den Wertpapierbedingungen, der Rückkauf oder Rückzahlungen von Finanzinstrumenten, sowie entscheidende Entwicklungen in der Aktivität des Emittenten, die potentiell die Zahlungsverpflichtungen unter den Finanzinstrumenten negativ beeinflussen könnte, sowie jede andere Notierung der von ihm emittierten Finanzinstrumente auf einem anderen Markt. Gegenüber der Luxemburger Börse bestehen ferner Mitteilungspflichten, so z.B. ist die Börse über die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Änderung der Satzung, die die Rechte der Anleger beeinträchtigen könnten, zu informieren.
85
Die Informationen an Anleger sind in Zeitungen mit hoher Auflage in Luxemburg, dem Wort oder auf der Internetseite der Luxemburger Börse oder in gleichwertigen Medien zu veröffentlichen. Alle zu veröffentlichen Informationen sollen auch gleichzeitig an die Börse weitergeleitet werden. Die Informationen selber können grundsätzlich in französischer, deutscher oder englischer Sprache verfasst sein.
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Hervorzuheben ist ferner, dass bei der Notierung von Aktien ein so genannter Market Maker bestimmt werden muss, welcher Käufer, respektive Verkäufer für die zum Verkauf oder Kauf auf dem Markt angebotenen Wertpapiere sucht. Auch muss der Emittent dafür sorgen, dass falls kein Handel stattfindet, ein anerkannter Finanzdienstleister der Börse einen indikativen, dass heißt einen auf seine Markteinsschätzung basierenden, theoretischen Börsenpreis, mitteilt.
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1. Das Gesetz über Märkte für Finanzinstrumente (MIFID-Gesetz) Das MIFID-Gesetz hat sowohl auf die Notierung am Offiziellen Markt als auch auf Notierungen am Euro-MTF-Markt Auswirkungen und soll die Transparenz der Fi-
28 Teil 2 Art. 6 der Internen Börsenregulierung. 29 Teil 2 Art. 6 der Internen Börsenregulierung. 30 Teil 2 Art. 7 der Internen Börsenregulierung.
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nanzmärkte sichern, die Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden stärken und weiter den Schutz der Investoren verbessern. 89
Sowohl die oben erwähnten Market Makers als auch andere Finanzdienstleister und Wertpapierfirmen unterliegen nunmehr seit Inkrafttreten des MIFID-Gesetzes verstärkten Informationspflichten gegenüber ihren eigenen Kunden und mithin Endinvestoren.
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Generell sind die Kreditinstitute oder Wertpapier- und Investmentfirmen verpflichtet, die sie betreffenden Transaktionen von Wertpapieren, die am Offiziellen Markt oder am Euro-MTF-Markt gehandelt werden, der CSSF mitzuteilen und dies in der Regel nach spätestens einem Tag. Ferner gibt es verstärkte Informationspflichten hinsichtlich Kauf- und Verkaufsorders.
91
Das MIFID-Gesetz sieht außerdem eine Klassifizierung der verschiedenen Kunden nach Kleinanlegern, professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien vor. Je nach Kundenkategorie variieren die Pflichten hinsichtlich Anlegerschutz- und Verhaltensregeln, einschließlich der Informationspflichten.
92
Wertpapierfirmen, die Kunden hinsichtlich Investitionen beraten oder deren Portfolio verwalten, sind gehalten, Informationen über die finanzielle Situation des Kunden zu erhalten, über seine Investitionserfahrungen als auch über seine Anlageziele und dementsprechend zu prüfen, ob der jeweilige Kunde hinreichend Wissen und Erfahrung hat, um die Anlagerisiken bezüglich des jeweiligen Finanzproduktes einzuschätzen; davon unberührt bleiben Anlagen in weniger komplexe Finanzprodukte. Die Wertpapierfirmen müssen ferner in verständlicher Form angemessene Informationen zur Verfügung stellen müssen, insbesondere über die Wertpapierfirma und ihre Dienstleistung selbst, die Finanzinstrumente, Ausführungsplätze, Kosten und Nebenkosten. Zusätzlich besteht eine Verpflichtung, die Kundenaufträge bestmöglichst auszuführen, d.h. alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen um das bestmögliche Anlageergebnis zu erreichen, wobei damit keine direkte Haftung für das Anlageergebnis übernommen wird.
2. Auswirkungen des Marktmissbrauch-Gesetzes 93
Mit der Umsetzung der Marktmissbrauch-Richtlinie besteht außerdem für Emittenten auf dem Offiziellen Markt eine generelle, weiterführende Pflicht, Insider-Informationen31, die den Börsenkurs erheblich beeinflussen können, so bald als möglich zu veröffentlichen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann diese Veröffentlichung aufgeschoben werden.
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Sollte ein Emittent oder eine Person die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelt, eine Insider-Information wissentlich an einen Dritten weitergeben, dann muss diese Information gleichzeitig veröffentlicht werden; ist eine Insider-Information unbeabsichtigt weitergegeben worden, ist sie innerhalb kürzester Zeit zu veröffentlichen. 31 Insider-Informationen sind – kurz umschrieben – solche Informationen, die nicht öffentlich sind, die den Emittent oder das Finanzinstrument betreffen und die, wenn sie bekannt würden geeignet wären, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs der sich darauf beziehender, derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.
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Daneben sind die Emittenten oder Personen, die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handeln, verpflichtet, ein regelmäßig zu aktualisierendes Verzeichnis von Personen zu führen, die z.B. auf Grundlage eines Arbeitsvertrages oder anders Zugang zu Insider-Informationen haben.
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Anzumerken ist, dass die hier erwähnten Informationspflichten bei einer Zulassung auf dem Euro-MTF-Markt nicht zu befolgen sind. Jedoch ist jedes Insider-Trading im Sinne des Marktmissbrauch-Gesetzes, unabhängig davon auf welchem Markt die Wertpapiere notiert oder gehandelt werden (auf dem Offiziellen Markt oder dem Euro-MTF-Markt), untersagt; d.h. es ist grundsätzlich verboten, Insider-Informationen zu nutzen, diese weiterzugeben oder einer anderen Person aufgrund der Insider-Informationen zu einem Kauf/Verkauf von Wertpapieren zu raten.
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3. Auswirkungen des Transparenz-Gesetzes Der Erwerb, bzw. der Verkauf von in Luxemburg notierten Aktien bringt verschiedene Mitteilungspflichten mit sich, falls durch diesen Kauf oder Verkauf bestimmte Stimmrechtsanteile über- oder unterschritten werden. Sobald sich die Verteilung der Stimmrechte ändert und bestimmte Schwellen überschritten sind, hat der entsprechende Anleger Mitteilungspflichten hinsichtlich seiner neu erworbenen Stimmrechte gegenüber dem Emittenten, der wiederum verpflichtet ist diese Informationen zu veröffentlichen32.
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Der Emittent hat ferner dafür Sorge zu tragen, dass Anleger, die sich in der gleichen Lage befinden, die gleiche Behandlung erhalten. Das Gleichbehandlungsprinzip ist in der Börsenregulierung sowie auch in der Transparenz-Richtlinie und im Transparenz-Gesetz (im Bezug auf Emittenten, deren Herkunftsmitgliedsstaat Luxemburg ist)33 als Verpflichtung des Emittenten vorgesehen.
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4. Auswirkungen des Übernahme-Gesetzes Ebenso hat sich mit der Umsetzung der Übernahme-Richtlinie ins luxemburgische Recht die Rechtslage in einigen Punkten wesentlich geändert. Im Gegensatz zu vielen anderen Europäischen Ländern war vor dem Übernahme-Gesetz ein so genanntes „squeeze-out“-Verfahren weder in der Börsenregulierung, noch im luxemburger Gesellschaftsrecht vorgesehen. Mit Inkrafttreten des Übernahme-Gesetzes kann ein Anleger in den gesetzlich vorgesehenen Fällen nunmehr Ausschlussrechte gegenüber den Minderheitsaktionären geltend machen; dies ist der Fall, wenn der Anleger nach einem Übernahmeangebot einen Stimmanteil von 95 % (des stimmberechtigten Kapitals und der Stimmrechte) hält.
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Anleger, die alleine oder zusammen mit anderen Anlegern die Kontrolle begründende Anteile an Stimmrechten (mindestens 90 % der Stimmrechte) der Zielgesellschaft erwerben, sind in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zum Schutz der Minderheitsaktionäre dieser Gesellschaft verpflichtet, ein Angebot an alle Wertpapierinhaber für alle ihr Wertpapiere zu richten (so genanntes „sell-out“-Verfahren). Dieses
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32 Art. 8, 9 und 15 des Transparenz-Gesetzes. 33 Art. 17 des Transparenz-Gesetzes.
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Angebot ist öffentlich bekannt zu geben und die zuständige Aufsichtsbehörde ist vor Bekanntgabe des Angebots zu informieren.
5. Rückkauf- und Austauschstransaktionen 101
Die Notierung hat ebenfalls gewisse Konsequenzen im Falle einer Übernahme- oder Rückkauftransaktion. So muss bei einem von dem Emittenten getätigten Rückkauf von an der Luxemburger Börse notierten Wertpapieren das Gleichheitsprinzip der Anleger eingehalten werden. Zusätzlich müssen sowohl die Börse als auch die Anleger über die Anzahl der vom Emittenten zurückgekauften Wertpapiere informiert werden.
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Während es ausreicht, das Rückkaufangebot in einem von der Börse genehmigten Dokument kurz zu beschreiben, ist ein an die Anleger gerichtetes Austauschangebot von Wertpapieren aufwendiger. Der Grund hierfür ist, dass im Gegensatz zum Rückkaufangebot das Austauschangebot ein öffentliches Angebot von Wertpapieren darstellt und daher ein Prospekt, gemäß Prospekt-Gesetz erstellt werden muss.
6. Sanktionen 103
Sowohl die Börse als auch die CSSF können verschieden Sanktionen gegen den Emittenten aussprechen. Diese Sanktionen sind insbesondere in der Internen Börsenregulierung vorgesehen.
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So kann die Börse, falls ein Emittent den Börsenvorschriften nicht nachkommt, dessen Wertpapiere suspendieren, und sogar von der Notierung ausschließen. Die Börse kann ebenfalls den Markt mittels einer Veröffentlichung darauf hinweisen, dass der Emittent die Börsenvorschriften verletzt.
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Desweiteren sind bei bestimmten illegalen Handlungen, wie zum Beispiel InsiderHandel oder Kursmanipulierungen strafrechtliche Sanktionen vorgesehen.
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Das Prospekt-Gesetz sieht sowohl strafrechtliche, wie auch zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen vor. Die Behörden dürfen die erlassenen Sanktionen öffentlich bekannt machen, sofern eine solche Veröffentlichung die Stabilität der Finanzmärkte nicht ernsthaft gefährdet oder den Beteiligten keinen unverhältnismäßigen Schaden zufügt.
V. Zulassung auf dem Offiziellen Markt im Vergleich zur Zulassung auf dem Euro-MTF-Markt 107
Gleichzeitig mit der Umsetzung der Prospekt-Richtlinie wurde, wie eingangs erwähnt, der so genannte Euro-MTF-Markt gegründet.
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Ähnlich wie der alternative Markt der Londoner Börse (AIM) bietet der Euro-MTFMarkt eine Alternative zum Offiziellen Markt zur Kapitalbeschaffung, mit dem weniger strenge Zulassungsvoraussetzungen verbunden sind. Trotzdem bietet der EuroMTF-Markt den Vorteil eines regulierten Marktes (ohne in die von der EU-Kommission veröffentlichte Liste der geregelten Märkte zu fallen) mit gewissen Zulassungs1072
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standards und einer Aufsicht der Luxemburger Börse, so dass hinreichend Anreiz und Sicherheit für Investoren geschaffen wurde. Im Vergleich zu einer Zulassung auf dem Offiziellen Markt der Luxemburger Börse ist die Zulassung von Wertpapieren zum Handel auf dem Euro-MTF-Markt in verschiedenen Bereichen an weniger strenge Voraussetzungen geknüpft.
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So ist kein Prospekt im Sinne des Prospekt-Gesetzes (und damit der Prospekt-Richtlinie) beizubringen, sondern ein vereinfachtes Prospekt bei der Börse einzureichen, der nicht der Genehmigung durch die CSSF, sondern allein der Genehmigung durch die Luxemburger Börse unterliegt. Andererseits kann der Emittent im Gegenzug nicht vom Passport-Regime eines Prospekt-Richtlinienkonformen Prospekts profitieren, sollten die Wertpapiere auf einem anderen Markt als dem der Luxemburger Börse gehandelt werden.
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Ebenfalls sind die laufenden Informationspflichten, die sich insbesondere aus dem Marktmissbrauch-Gesetz und dem Transparenz-Gesetz ergeben, nicht auf Notierungen am Euro-MTF-Markt anwendbar. Weiterhin sind weniger strenge Rechnungslegungsnormen und Finanzberichtregelungen am Euro-MTF-Markt zu beachten.
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§ 37 Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws Thomas Werlen* I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . II. Konzeptionelle Grundlagen der Securities Laws 1. Historischer Hintergrund und Entwicklung der Securities Laws a) Der Erlass der Securities Laws in den 30er Jahren und die Entwicklung bis zum Erlass des Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . b) Der Sarbanes-Oxley Act . . . . . c) Die Securities Offering Reform von 2005 . . . . . . . . . . . . . . 2. Ziele der Securities Laws . . . . . . 3. Offenlegung (disclosure) als Leitprinzip der Securities Laws . . . . . III. Überblick über die wesentlichen Institutionen der Securities Laws 1. Securities Act . . . . . . . . . . . . . 2. Securities Exchange Act . . . . . . . 3. Die Securities and Exchange Commission (SEC) . . . . . . . . . .
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2 5 7 8 9
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IV. Geltungsbereich der Securities Laws 1. Sachlicher Anwendungsbereich . . 15 2. Territorialer Anwendungsbereich . 16 V. Die Primärkapitalmarktregelung im Securities Act 1. Wesentliche Charakteristika des Securities Act a) Registrierung bei der SEC . . . . b) Differenzierte Behandlung verschiedener Kategorien von Wertpapieren (exempted securities) . c) Differenzierte Behandlung verschiedener Kategorien von Wertpapiertransaktionen (exempted transactions) . . . . . d) Differenzierung nach der Angebotsnatur: Öffentliches Angebot vs. Privatplatzierung (public offering vs. private placement) . . e) Differenzierte Behandlung amerikanischer und nicht-amerikanischer Emittenten . . . . .
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f) Das integrierte Offenlegungssystem . . . . . . . . . . . . . . . 2. Öffentliches Angebot in den USA – Registrierung bei der SEC a) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung der Registrierung unter dem Securities Act von der Registrierung unter dem Exchange Act . . . . . . . . . . . c) Verfahren aa) Erstellen eines Registrierungsantrags (registration statement) . . . . . . . . . . . bb) Auf den Registrierungsantrag anwendbare Formulare . . . . . . . . . . . cc) Öffentlichkeit des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . dd) Prüfung des Registrierungsantrags durch die SEC . . . . d) Phasen des Registrierungsprozesses aa) Übersicht . . . . . . . . . . . bb) Pre-Filing Period . . . . . . . cc) Waiting Period . . . . . . . . dd) Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrages . ee) Post-Effective Period . . . . . ff) Ereignisse nach der Wirksamkeitserklärung . . . . . . e) Shelf Registration . . . . . . . . . f) Prospektinhalt . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regulation S-K (nonfinancial disclosure) . . . . . cc) Regulation S-X (financial disclosure) . . . . . . . . . . . 3. Privatplatzierung a) Übersicht und Arten . . . . b) Rule 144A . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . bb) Prospektpflicht . . . . . cc) Prospekthaftung . . . . dd) Exkurs: Exchange Offer c) Section 4(2) Securities Act .
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* Spezieller Dank gebührt Bernd Bohr, Daniel Bono und Stefan Sulzer, die bei der Erstellung dieses Abschnitts mitgewirkt haben.
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Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws d) Regulation D (Rules 501–508) . . 79 aa) Voraussetzungen . . . . . . . 80 bb) Prospektpflicht . . . . . . . . 84 cc) Prospekthaftung . . . . . . . 85 e) Section 4(1 1/ 2) Securities Act . . 86 f) Die Problematik der „Integration“ verschiedener Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . 87 g) Maßnahmen der Praxis bei Privatplatzierungen zur Sicherstellung ihrer Rechtsnatur . . . . 88 h) Handelbarkeit der im Rahmen einer Privatplatzierung ausgegebenen Wertpapiere aa) Weiterverkauf unterliegt Transferbeschränkungen . . 90 bb) Rule 144 . . . . . . . . . . . . 91 cc) Beschränkte Handelbarkeit in PORTAL . . . . . . . . . . 94 i) Rule 801 . . . . . . . . . . . . . . 95 4. Angebote und Verkäufe außerhalb der USA – Regulation S a) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Allgemeine Voraussetzungen . . 99 c) Kategorie 1, Kategorie 2 und Kategorie 3 Angebote . . . . . . . 102 VI. Die Sekundärmarktregelung im Exchange Act 1. Die Registrierung von Wertpapieren unter dem Exchange Act a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . b) Die Registrierungspflicht . . . . c) Registrierungsprozess und einschlägige Formulare . . . . . . . d) Deregistrierung . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen der Exchange ActRegistrierung . . . . . . . . . . . . . a) Jährliche Berichterstattung gem. Form 20-F . . . . . . . . . . . . . b) Laufende Publizitätspflichten: Außerordentliche Berichterstattung unter Verwendung von Form 6-K . . . . . . . . . . . . . . c) Mitteilungspflichten . . . . . . . d) Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) . . . . . . . . . . . . . . .
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e) Weitere sich aus dem SarbanesOxley Act ergebende Pflichten . 3. Notierung (listing) an einer amerikanischen Wertpapierbörse a) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . b) NYSE . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nasdaq . . . . . . . . . . . . . . . d) Delisting von US-amerikanischen Wertpapierbörsen . . . . . VII. Haftungsvorschriften im Securities Act und im Exchange Act 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Section 11 Securities Act . . . . . . 3. Section 12 Securities Act . . . . . . a) Section 12(a)(1) SA: Verletzung von Section 5 SA . . . . . . . . . b) Section 12(a)(2) SA: Falschangaben und Auslassungen im Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Section 17(a) Securities Act . . . . . 5. Section 10(b) und Rule 10b-5 SEA . 6. Möglichkeiten der Haftungsreduktion a) Due Diligence . . . . . . . . . . . b) Vertragliche Abwälzung der Haftung auf den Emittenten . . VIII. Spezialprobleme 1. Der Investment Company Act von 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Passive Foreign Investment Companies . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Trust Indenture Act von 1939 . 4. Einzelstaatliche Wertpapiergesetze (blue sky laws) . . . . . . . . . . . . 5. Stabilisierung: Regulation M . . . . 6. ADRs, New York Registry Shares und Global Registered Shares a) Übersicht . . . . . . . . . . . . . . b) American Depositary Receipts . c) New York Registry Shares . . . . d) Global Registered Shares . . . . . 7. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . 8. Research . . . . . . . . . . . . . . . .
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Schrifttum: Assmann, Prospekthaftung als Haftung für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationspflichten nach deutschem und US-amerikanischem Recht, 1985 (zit.: Prospekthaftung); Assmann, Konzeptionelle Grundlagen des Anlegerschutzes, ZBB 1989, 49 (zit.: Konzeptionelle Grundlagen); Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007 (zit.: Autor, Titel, in Assmann/Schütze); Bostelman, The Sarbanes-Oxley Deskbook, 2003; Buxbaum, Die private Klage als Mittel zur Durchsetzung wirtschaftspolitischer Rechtsnormen, 1972; Brumm, The DaimlerChrysler Revolution, IFLR 1999, 19; Cox/Hillman/Langevoort, Securities Regulation: Cases and Materials, 5. Aufl. 2006 (zit.: Cox, Securities Regulation); Greene/Rosen/ Silverman/Braverman/Sperber, U.S. Regulation of the International Securities and Derivatives
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Markets, 8. Aufl. 2006 (zit.: Greene); Harrer/Fisher/Evans, Der amtliche Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse im Vergleich zu Notierungen an der NYSE und an der LSE, RIW 2003, 81; Hazen, Treatise on the Law of Securities Regulations, 5. Aufl. 2005; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975 (zit.: Kapitalanlegerschutz); Hopt, Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen, Recht und Praxis in der EG, in Deutschland und in der Schweiz, 1991 (zit.: Verantwortlichkeit); Hopt, Vom Aktien- und Börsenrecht zum Kapitalmarktrecht, ZHR 140 (1976), 201; 141 (1977), 289 (zit.: Aktien- und Börsenrecht); Hopt/Horn, Kapitalmarktrecht und Unternehmensverhaltensrecht, AG 1977, 297; Jennings/Marsh/Coffee/Seligman, Securities Regulations, 1998 (zit.: Jennings/Marsh); Johnson/McLaughlin, Corporate Finance and the Securities Laws, 4. Aufl. 2006; JP Morgan, The ADR Reference Guide, 2006; Kopp, Finanzund Ertragslage des Emittenten in Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekten – Darstellung und Analyse (MD&A), RIW 2002, 661; Langhart, Rahmengesetz und Selbstregulierung, Zürich 1993; Loss, Der Schutz der Kapitalanleger, ZHR 131 (1967), 197; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, 5. Aufl. 2004 (zit.: Fundamentals); Loss/Seligman, Securities Regulation, Bde. 1–3, 2006, 1999, 2000 (zit.: Securities Regulation); Meier-Schatz, Disclosure Rules in the U.S., Germany and Switzerland, Am. J. Comp. Law 1986, 271; Palmiter, Securities Regulation, 3. Aufl. 2005; Practising Law Institute, Understanding the Securities Law, 2003 (zit.: Autor, Titel, in Understanding the Securities Law); Practising Law Institute, Annual Institute on Securities Regulation in Europe (zit.: Autor, Titel, Annual Institute); Rosen, US-Securities Litigation in a Time of Change, IFLR 1999, 19; Roth/Schoneweg, Einsicht in Aufsichtsratsprotokolle als due diligence defense, NZG 2004, 206; Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, 1979 (zit.: Anlegerschutz); Schwark, Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht, FS Stimpel, 1985, S. 1087; Schwark, Individualansprüche Privater aus wirtschaftsrechtlichen Gründen, JZ 1979, 670; Scott/ Wellons, International Finance, Transactions, Policy, and Regulation, 13. Aufl. 2006; Soderquist, Understanding the Securities Laws, 4. Aufl., Loseblatt 2005; Steinberg, Understanding Securities Laws, 2. Aufl. 1996; Walsh/Thesing, Die extraterritoriale Anwendung der US-Standards zu Corporate Governance in Europa, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 2/2003, 84; Werlen, Konzeptionelle Grundlagen des Schweizerischen Kapitalmarktrechts, 1994 (zit.: Konzeptionelle Grundlagen); Werlen, Schweizerisches Kapitalmarktrecht als Anlegerschutzrecht?, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 5/1995, 270 (zit.: Anlegerschutz); Werlen/de Filippo, Ongoing Disclosure Obligations in the US and Germany, Practising Law Institute, Annual Institute on Securities Regulation in Europe, 2002; Werlen/Taormina, Gelten US-Gesetze auch in der Schweiz, NZZ vom 22.3.2003, 28; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I: Grundlagen, 1980 (zit.: Gesellschaftsrecht); Wiedemann, Der Kapitalanlegerschutz im deutschen Gesellschaftsrecht, BB 1975, 1591; Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich 2004; Zufferey, La réglementation des systèmes sur les marchés financiers secondaires, 1994.
I. Einführung 1
Ziel dieses Abschnitts ist, dem Leser das Verständnis der grundlegenden Strukturen und Problemstellungen des US-Kapitalmarktrechts zu vermitteln und ihn dadurch einerseits bei der Identifizierung einer potentiellen US-Problematik zu unterstützen und ihm andererseits eine effektivere Zusammenarbeit mit den US-Beteiligten bei einer Transaktion zu ermöglichen. Obschon die amerikanische Wertpapiergesetzgebung auch übernahmerechtlich orientierte Bestimmungen enthält, beschränkt sich dieser Abschnitt auf Fragen des Kapitalmarktrechts1. Dabei ist die Darstellung auf diejenigen Bestimmungen fokussiert, die auf am US-Kapitalmarkt engagierte nicht-amerikanische Emittenten2 Anwendung finden. 1 Ausgeschlossen sind auch aufsichtsrechtliche Themen, wie die Aufsicht über die Effektenhändler (broker-dealer). 2 In diesem Abschnitt umfasst der Begriff nicht-amerikanische Emittenten nur nicht-amerikanische „Privatemittenten“ (foreign private issuers) (vgl. hierzu Rz. 21). Wertpapieremissionen von ausländischen Staaten oder Gebietskörperschaften sind hier nicht abgedeckt (vgl. dazu Section 7 und Schedule B des Securities Act).
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II. Konzeptionelle Grundlagen der Securities Laws 1. Historischer Hintergrund und Entwicklung der Securities Laws a) Der Erlass der Securities Laws in den 30er Jahren und die Entwicklung bis zum Erlass des Sarbanes-Oxley Act Kernbereich des US-Kapitalmarktrechts bilden zwei Bundesgesetze, der Securities Act von 1933 (nachfolgend „Securities Act“ oder „SA“) und der Securities Exchange Act von 1934 (nachfolgend „Exchange Act“ oder „SEA“). Daneben wurden in den 30er Jahren weitere bis heute geltende Bundesgesetze im Kapitalmarktbereich erlassen, so der Public Utility Holding Act von 1935, der Trust Indenture Act von 1939, der Investment Company Act von 1940 und der Investment Advisers Act von 1940.
2
Der Erlass der US-Securities Laws hat ein einheitliches Kapitalmarktrecht auf Bundesebene geschaffen. Bis dato lag die Überwachung und Regulierung des US-Kapitalmarkts ausschließlich in der Kompetenz der Einzelstaaten. Diese einzelstaatlichen Gesetze, so genannte Blue Sky Laws (vgl. hierzu Rz. 165), erwiesen sich als wenig wirksam, war doch ihr Anwendungsbereich auf innerstaatliche Wertpapiergeschäfte beschränkt.
3
Bis 2002 wurden an der US-amerikanischen Kapitalmarktgesetzgebung insgesamt wenige substantielle Änderungen vorgenommen3. Erwähnung verdient der 1996 erlassene National Securities Market Improvement Act (NSMIA), der u.a. die Anwendbarkeit der Blue Sky Laws weiter einschränkte und die Kompetenz der SEC, anstelle des Gesetzgebers durch Verordnungen die Securities Laws weiterzuentwickeln, bedeutend erweiterte. Dies führte zu zahlreichen Initiativen der SEC und gipfelte im so genannten Aircraft Carrier Release, der eine substantielle Überholung des Securities Act anregte, letztlich jedoch im Sande verlaufen ist4.
4
b) Der Sarbanes-Oxley Act Der Sarbanes-Oxley Act5 aus dem Jahre 20026, als wichtigster Erlass des amerikanischen Kapitalmarktrechts seit den 30er Jahren7, zeichnet sich durch eine Erweiterung der Offenlegungspflichten von Unternehmen sowie durch eine effektivere Corporate Governance aus, die durch eine Verschärfung von unternehmensinternen Verhaltensregeln und Kontrollmechanismen erreicht werden. Daneben institutionalisiert er eine neue, der SEC unterstellte Aufsichtsbehörde, das so genannte Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB)8.
3 4 5 6 7 8
Vgl. allerdings den Erlass von Rule 144A und Regulation S im Jahre 1990 durch die SEC. Greene, § 1–5 f. Werlen/Taormina, NZZ vom 22.3.2003, 28 (passim); Bostelman, passim. Pub. L. No. 107–204, 116 Stat. 745 (2002). Greene, § 1–5. Das PCAOB hat das Ziel, Wirtschaftsprüfer von SEC-registrierten Emittenten zu kontrollieren und zu überwachen. Die Pflicht, sich beim PCAOB registrieren zu lassen, kann auch Wirtschaftsprüfer erfassen, die nicht SEC-registrierte Tochtergesellschaften prüfen, sofern deren Muttergesellschaft eine SEC-Registrierung aufrechterhält (vgl. Werlen/Taormina, NZZ vom 22.3.2003, 28).
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Der Sarbanes-Oxley Act ist in weiten Teilen ein Rahmengesetz, das der Umsetzung durch entsprechende Erlasse der SEC bedarf9, die den von Sarbanes-Oxley geforderten Regelungsgehalt in die bestehende Struktur von Securities Act und Exchange Act einbauen. Dementsprechend ist er in Bezug auf nicht-amerikanische Emittenten nur anwendbar, wenn diese unter dem Securities Act oder Exchange Act registriert sind10. Gewisse Regelungen des Sarbanes-Oxley Act finden nicht nur auf die bereits bei der SEC registrierten nicht-amerikanischen Emittenten, sondern auch auf deren nicht-amerikanische Wirtschaftsprüfer und möglicherweise auf deren nicht-amerikanische Anwälte Anwendung. c) Die Securities Offering Reform von 2005
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Mit der so genannten Securities Offering Reform (SOR)11 traten am 1.12.2005 wesentliche Erleichterungen für öffentliche Angebote in den USA in Kraft. Ausdrückliches Ziel der Reformregeln war die Beseitigung überflüssiger oder veralteter Beschränkungen und insbesondere auch eine allgemeine Liberalisierung der Regeln zur Publizität im Zusammenhang mit bei der SEC registrierten, öffentlichen Angeboten12. Hintergrund der Neuregelung war die inzwischen weite Verbreitung neuer Kommunikationstechnologien13 sowie die erweiterten (laufenden) Berichterstattungspflichten unter dem Exchange Act14.
2. Ziele der Securities Laws 8
Der Anlegerschutz15 stand bei Erlass der Securities Laws im Vordergrund16, so sehr, dass die professionellen Investoren wohl zu stark reguliert wurden17. Die SEC hat daraufhin einen differenzierten, zwischen institutionellem Investor und Kleinanleger unterscheidenden Regelungsansatz vertreten und in zahlreichen Rules und Regulations umgesetzt. Die Absicht, die Regelungsdichte im amerikanischen Primärmarktrecht nunmehr umgekehrt proportional zum Erfahrungsgrad der Investoren auszugestalten, zeigt sich in der weiteren Differenzierung von verschiedenen Untergruppen von institutionellen Investoren (z.B. qualified institutional buyers in Rule 144A oder qualified purchasers18 unter dem Investment Company Act). Allgemein 9 Mit gewissen Ausnahmen sind die meisten relevanten Bestimmungen des Sarbanes-Oxley Act erst nach dem Erlass von Ausführungsbestimmungen durch die SEC anwendbar. 10 Eine US-Investoren einbeziehende Privatplatzierung begründet daher die Anwendbarkeit von Sarbanes-Oxley nicht. 11 Vgl. SEC Release Nos. 33-8591 und 34-52056 vom 19. Juli 2005. Ausführlich zu den Änderungen durch die Securities Offering Reform; Greene, § 2A. 12 SEC Release No. 33-8591 vom 19.7.2005. 13 Der technologische Fortschritt hat laut Einschätzung der SEC sowohl die Marktnachfrage nach zeitnahen Informationen, als auch die Fähigkeit von Emittenten diese Informationen zu erfassen, zu verarbeiten und zu verbreiten, erhöht. 14 Vgl. Rz. 113 ff. zu den insbesondere auch durch die Umsetzung des Sarbanes-Oxley Act erweiterten Berichterstattungspflichten unter dem Exchange Act. 15 Vgl. umfassend zu den konzeptionellen Grundlagen des Anlegerschutzes Werlen, Konzeptionelle Grundlagen, S. 39 ff.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, passim und S. 8 ff.; Assmann, ZBB 1989, 56; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 475 ff.; Wiedemann, BB 1975, 1591 ff. 16 Vgl. statt vieler Zufferey, N. 813 und Art. 2 SEA. 17 Greene, § 1–4. 18 Vgl. Section 2(a)(51)(A) ICA und nachfolgend Rz. 160 ff.
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anerkannt ist heute jedoch auch, dass die Securities Laws zusätzlich zum Anlegerschutz auch dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes19 selbst dienen.
3. Offenlegung (disclosure) als Leitprinzip der Securities Laws Leitprinzip der Securities Laws ist das Offenlegungsprinzip20. Danach sind alle für eine Investitionsentscheidung wesentlichen Informationen dem Anleger offenzulegen, damit er sich selbst ein Bild von den etwaigen mit einer Investition verbundenen Risiken verschaffen kann21, 22. Das Offenlegungsprinzip wirft die Frage auf, ob gewisse Anleger von den offengelegten Informationen, selbst wenn in „plain English“ formuliert, nicht überfordert werden (Adressatengerechtheit eines Prospekts). Die Disclosure-Doktrin löst diesen Konflikt über die institutionalisierte Rolle der professionellen Finanzintermediäre, deren Qualifikation und deren Verhalten staatlicher Kontrolle unterliegen. Diese sollen die offengelegten Informationen aufnehmen und für den Anleger und den Markt verarbeiten und damit die systemimmanente Informationsasymmetrie zwischen Emittenten und Anleger ausgleichen23.
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III. Überblick über die wesentlichen Institutionen der Securities Laws 1. Securities Act Der Securities Act kodifiziert das amerikanische Primärkapitalmarktrecht24. Er unterscheidet grundsätzlich zwischen dem öffentlichen Angebot, das eine Genehmigung der SEC voraussetzt, und anderen Wertpapierangeboten (insb. Privatplatzierungen) mit wesentlich niedrigeren Anforderungen.
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Der Securities Act besteht aus lediglich 31 Sections. Ergänzt werden diese oft sehr allgemein gehaltenen Bestimmungen durch eine Vielzahl von Rules und Regulations der SEC, die teilweise als so genannte Safe Harbor-Regeln ausgestaltet sind (z.B. Reg.
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19 So neuestens Greene, § 1–5, wonach NSMIA der SEC aufträgt, bei der Rechtsetzung „in addition to the protection of the investors … to also consider, whether the action will promote efficiency, competition and capital formation“. Aus der Literatur statt vieler Assmann, ZBB 1989, 49 ff. und Werlen, Konzeptionelle Grundlagen, passim. 20 In der Literatur wird das Offenlegungsprinzip auch als Publizitätsprinzip bezeichnet. 21 Adäquate „Disclosure“ wird auch von nicht-amerikanischen Unternehmen verlangt, sobald sie amerikanische Investoren, sei es durch ein öffentliches Angebot, sei es über eine Privatplatzierung, adressieren wollen. 22 Treffend der vom ehemaligen Chief Justice des US-Supreme Court Louis D. Brandeis geprägte Satz: „Publicity is justly commended as a remedy for social and industrial diseases. Sunlight is said to be the best of disinfectants; electric light the most efficient policeman“. Brandeis, S. 92; vgl. auch Johnson/McLaughlin, § 1.05[B] (Fn. 12). 23 Vgl. hierzu Hopt, ZHR 140 (1976), 205 und Werlen, Anlegerschutz, S. 273, und zum Ganzen Assmann, passim, in Assmann/Schütze; Hopt, Kapitalanlegerschutz, passim; Loss, ZHR 131 (1967), 197 ff.; Schwark, Anlegerschutz, passim; Schwark in FS Stimpel, S. 1087 (passim). 24 Als Primärmarkt bezeichnet man den Markt, in welchem Effekten erstmals begeben (emittiert) werden. Auf dem Sekundärmarkt werden demgegenüber bereits emittierte Effekten börslich oder außerbörslich gehandelt (dazu statt aller Zobl/Kramer, S. 7 f.).
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D). Dabei handelt es sich um rechtlich verbindliche Konkretisierungen einer im Securities Act enthaltenen, allgemeinen Regel (z.B. Section 4(2) SA), um der Praxis eine gewisse Interpretationssicherheit zu geben25.
2. Securities Exchange Act 12
Der Exchange Act kodifiziert das amerikanische Sekundärkapitalmarktrecht. Der Exchange Act erfasst verschiedenste Regelungskreise26, insbesondere die Festlegung von periodischen Berichterstattungspflichten für SEC-registrierte oder an US-Börsen notierte Emittenten. Daneben enthält er Bestimmungen zur SEC selbst sowie zur Aufsicht über US-Börsen und US-Effektenhändler. Zudem sieht der Exchange Act zunehmend auch „Verhaltensanordnungen an Publikumsgesellschaften“27 vor, d.h. auf die Bundesebene hochdelegierte gesellschaftsrechtliche Tatbestände, wie z.B. die Einholung von Vollmachtsstimmrechten in Aktionärsversammlungen (proxy rules).
3. Die Securities and Exchange Commission (SEC) 13
Mit dem Erlass des Exchange Act im Jahre 1934 rief der Kongress der USA auch die Securities and Exchange Commission (SEC) ins Leben28. Als unabhängige Verwaltungs- und Aufsichtsbehörde mit umfassenden Aufsichts- und Rechtssetzungskompetenzen für den gesamten Kapitalmarkt war die SEC seit ihrer Gründung stets zentraler Faktor und zumeist auch treibende Kraft bei der Fortentwicklung und der Durchsetzung des Kapitalmarktrechts in den USA29.
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Die SEC hat folgende Aufgaben30: (1) Schaffung von Vorschriften (rules; regulations) im Rahmen der durch den NSMIA noch erweiterten gesetzlichen Ermächtigung zur Ausführung und Durchsetzung des Securities Act und des Exchange Act, (2) Auslegung der Securities Laws durch allgemeingültige so genannte Releases oder einzelfallbezogene so genannte No Action Letters31 und (3) Einleitung von Untersuchungen oder formellen Verfahren bei Verstößen gegen die Securities Laws, die auf die Erwirkung zivilrechtlicher Verbotsverfügungen (injunctions)32, strafrechtlicher Verfol25 Während damit die Einhaltung zumindest einer so genannten Non-Exclusive Safe HarborRegel definitionsgemäß eine Verletzung der ihr zugrundeliegenden Section des Securities Act ausschließt, bedeutet umgekehrt ein Verstoß gegen eine Safe Harbor-Regel nicht notwendigerweise, dass auch die zugrundeliegende Section des Securities Act verletzt worden ist. 26 Der Exchange Act ist dementsprechend als „Mischmasch“ verschiedenster Regelungskomplexe tituliert worden, Jennings/Marsh, S. 441. 27 Begriff bei Assmann, Prospekthaftung, S. 112. 28 Section 4 SEA. 29 Vgl. zu Organisation und Befugnissen der SEC allg. Hopt, ZHR 140 (1976), 206 f. und Langhart, S. 163 ff. 30 Assmann, Prospekthaftung, S. 103. 31 Unter einem No Action Letter versteht man ein auf eine Anfrage an die SEC, ob sie gegen die Durchführung einer bestimmten Transaktion Bedenken habe, ergangenes Schreiben eines Sachbearbeiters der SEC, worin er kundtut, dass er der Kommission empfehlen werde, keine Maßnahmen zu ergreifen, falls die Transaktion gewisse im Schreiben festgelegte Bedingungen erfüllt. Oft schafft die SEC eine erste Praxis durch No Action Letters, die – wenn etabliert – durch einen Release ersetzt wird. 32 Greene, § 15.95 f.; Loss/Seligman, S. 1411 ff.
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gung33 oder Sanktionen im Verwaltungsverfahren gerichtet sein können34. Dabei nimmt die SEC die Hilfe verschiedener Selbstregulierungsorganisationen (self-regulatory organizations (SROs)) in Anspruch, z.B. die National Association of Securities Dealers (NASD), denen sie unter ihrer Kontrolle die Schaffung „selbstgesetzten Rechts“ ermöglicht35.
IV. Geltungsbereich der Securities Laws 1. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der Securities Laws richtet sich primär danach, ob es sich um eine Security36 handelt. Der Begriff Security erfasst alle traditionellen Kategorien von Wertpapieren, wie Aktien und Anleihen, schließt aber auch eine Vielzahl von Finanzinstrumenten ein, bei denen eine Einordnung als „Wertpapier“ nicht auf der Hand liegt37. So handelt es sich z.B. nach dem klaren Wortlaut der Legaldefinition bei einer im Rahmen einer Emission von Wertpapieren abgegebenen Garantie selbst wieder um eine (eigenständige) Security. Die offene Formulierung des Begriffs Security ist nicht zufällig; der US-Kongress verabschiedete eine Definition, die weit genug ist, um all jene Finanzinstrumente zu erfassen, die einen Anleger zu einer Investitionsentscheidung zwingen38.
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2. Territorialer Anwendungsbereich Der territoriale Anwendungsbereich des US-Kapitalmarktrechts reicht sehr weit; viele Vorschriften können deshalb auch auf Handlungen von nicht-amerikanischen Unternehmen oder Personen außerhalb der USA Anwendung finden. Wie sich im Umkehrschluss aus Vorschriften wie Reg. S39 ergibt, ist für die Anwendbarkeit der Securities Laws jedoch ein gewisser US-Bezug erforderlich. Vom Anwendungsbereich von Section 5 SA werden nach Reg. S nämlich nur solche „Angebote“ und „Verkäufe“ von Wertpapieren erfasst, die innerhalb der USA stattfinden, nicht jedoch solche, die „außerhalb der USA“ vollzogen werden40.
33 Die strafrechtliche Verfolgung wird nicht durch die SEC, sondern das Justizministerium durchgeführt. Greene, § 15 102 ff.; Loss/Seligman, S. 1418 und 1423. 34 Vgl. zu „Cease and Decist Orders“ und „Stop Orders“, Greene, § 15.96 ff.; Loss/Seligman, S. 143. 35 So haben z.B. die Emissionsbanken eines US-basierten Syndikats im Rahmen einer Primärkapitalmarkttransaktion ein so genanntes NASD-Filing vorzubereiten, das der NASD die Überwachung der Einhaltung der von der NASD aufgestellten Regeln erlaubt. 36 Section 2(a)(1) SA. Im Wesentlichen identische Definitionen finden sich in Section 3(a)(10) SEA und in Section 2(a)(36) ICA. 37 Eine immer wieder diskutierte Frage ist z.B., ob in der Bankpraxis benützte Instrumente, wie z.B. eine Loan Note oder eine Participation, oder Derivate, z.B. ein Credit Default Swap, nicht als Security qualifizieren. 38 So der Supreme Court in Reves v. Ernst & Young, 494 U.S. 556 (1990). 39 Rules 901–905 SA. 40 Vgl. zu Reg. S ausführlicher Rz. 98 ff.
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V. Die Primärkapitalmarktregelung im Securities Act 1. Wesentliche Charakteristika des Securities Act a) Registrierung bei der SEC 17
Der Securities Act verlangt bei jeder öffentlichen Emission von Wertpapieren in den USA eine formelle Prüfung des Prospektes durch die SEC, selbst wenn parallel eine Börsenzulassung an einer US-Börse angestrebt wird. Darüber hinaus besteht die Prospektpflicht und damit gleichzeitig die Notwendigkeit einer Prospektprüfung seitens der SEC nicht nur bei Primärmarkttransaktionen des Emittenten selbst, sondern auch für Sekundärmarktplatzierungen von (ursprünglich bereits einmal registrierten) Wertpapieren durch Großaktionäre41. b) Differenzierte Behandlung verschiedener Kategorien von Wertpapieren (exempted securities)
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Eine Reihe praktisch wichtiger Kategorien von Wertpapieren wird allerdings wiederum von den meisten Bestimmungen ausgenommen42. Die wichtigsten Ausnahmen43 sind: – Wertpapiere der US-Bundesregierung (insbesondere „US-Treasuries“), amerikanischer Bundesstaaten oder von „Municipalities“ sowie Wertpapiere, die von Banken emittiert oder garantiert werden44; – Commercial Paper mit einer Laufzeit von maximal neun Monaten45, 46; – der Umtausch von Wertpapieren bestehender Anteilseigner durch den Emittenten (was Bedeutung für Wandelanleihen hat)47 und – in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren genehmigten Ausgaben oder Umtausch von Wertpapieren48, 49. 41 In dieser Hinsicht behandelt der Securities Act damit auch Problemstellungen des Sekundärmarktes. 42 Section 3 SA enthält Ausnahmen für die aufgeführten Wertpapierkategorien selbst und nicht lediglich für bestimmte Transaktionen mit den ausgenommenen Wertpapieren. Deshalb ist nicht nur deren Erstemission von der Registrierungspflicht in Section 5 SA ausgenommen, sondern auch jede Folgetransaktion. 43 Für die verschiedenen Ausnahmen lassen sich unterschiedliche Rechtfertigungsgründe finden, so das reduzierte Schutzbedürfnis des Anlagepublikums bei Wertpapieremissionen von öffentlichrechtlichen Emittenten. Bei anderen Ausnahmen besteht aufgrund der Natur der Wertpapiere ein reduziertes Schutzbedürfnis der Anleger (z.B. Section 3(a)(2)(3) SA infolge der sehr kurzfristigen Natur des Commercial Paper). In andern Fällen macht eine erneute Registrierung indes keinen Sinn (z.B. Section 3(a)(9) SA; erneute Registrierung im Falle der Wandlung bei bereits registrierten Wandelanleihen). 44 Section 3(a)(2) SA; Loss/Seligman, 346. 45 Section 3(a)(3) SA. 46 Die Ausnahme ist lediglich auf Commercial Paper mit erstklassigem Rating anwendbar; außerdem muss der Erlös zum Kauf oder zur Finanzierung kurzfristiger Vermögenswerte verwendet werden (current transaction). Sollte dies ein Problem bilden, steht Emittenten die Ausnahme für Privatplatzierungen unter Section 4(2) SA zur Verfügung. 47 Section 3(a)(9) SA. 48 Section 3(a)(10) SA. 49 Hier wird der Anlegerschutz durch das genehmigende Gericht oder Verwaltungsorgan sichergestellt.
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c) Differenzierte Behandlung verschiedener Kategorien von Wertpapiertransaktionen (exempted transactions) Der Securities Act reguliert den Kapitalmarkt „transaktionsspezifisch“, nicht „wertpapierspezifisch“. Für jede einzelne Transaktion ist mithin zu prüfen, ob sie gem. Section 5 SA registrierungspflichtig ist. Von einer Registrierung ausgenommene Wertpapiertransaktionen sind insbesondere in Section 4 SA aufgeführt. So enthält beispielsweise Section 4(1) SA eine Ausnahme für alle Wertpapiertransaktionen von Personen, die weder Emittent noch Emissionsbank (underwriter) oder Wertpapierhändler (dealer) sind. Diese Ausnahmetatbestände sind einzelfallbezogen zu analysieren, d.h. jedes einzelne Angebot ist als solches unabhängig von der Qualifikation der vorhergehenden Transaktion in der Verkaufskette zu beurteilen50.
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d) Differenzierung nach der Angebotsnatur: Öffentliches Angebot vs. Privatplatzierung (public offering vs. private placement) Die Differenzierung zwischen öffentlichem Angebot und Privatplatzierung bildet in mancher Hinsicht das Kernstück des US-Primärkapitalmarktrechts. Das öffentliche Angebot erfährt die weitaus umfassendere Regelung. Im Unterschied zu einer Privatplatzierung können im Rahmen eines öffentlichen Angebots bei der SEC registrierte Wertpapiere sowohl an institutionelle als auch an nicht-institutionelle US-Investoren verkauft werden51. Allerdings zieht eine Registrierung neben der auch für Privatplatzierungen anwendbaren, aus Rule 10b-5 resultierenden Haftung auch die Anwendbarkeit der Prospekthaftung nach dem Securities Act nach sich52.
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e) Differenzierte Behandlung amerikanischer und nicht-amerikanischer Emittenten Der Securities Act sieht in vielen Fällen ausdrückliche Spezialregelungen für nichtamerikanische Emittenten (foreign private issuer)53 vor, die den Zugang zum amerikanischen Kapitalmarkt erleichtern sollen. So haben nicht-amerikanische Emittenten u.a. spezielle Formulare für den Registrierungsantrag bei der SEC zu benut50 Anders als bei Wertpapieren, die unter eine nach Section 3 SA ausgenommene Kategorie von Wertpapieren fallen und deshalb generell von der Registrierungspflicht ausgenommen sind, ist es so möglich, dass Weiterveräußerungen von Wertpapieren, die ursprünglich im Rahmen einer von der Registrierungspflicht ausgenommenen Transaktion ausgegeben wurden, wieder der Registrierungspflicht unterliegen. 51 Zudem unterliegen Weiterverkäufe solcher Wertpapiere in den USA keinen Transferbeschränkungen und die im Rahmen der SEC-Registrierung ausgearbeitete Dokumentation kann zugleich zur Notierung der entsprechenden Wertpapiere an einer US-Börse verwendet werden. 52 Zudem werden periodische Offenlegungspflichten des Exchange Act ausgelöst. Schließlich ist mit der SEC-Registrierung eines nicht-amerikanischen Unternehmens die Pflicht verbunden, bei der Erstellung seiner Abschlüsse entweder US GAAP anzuwenden oder zumindest eine Überleitungsrechnung (reconciliation) der Abschlüsse mit US GAAP vorzulegen. Vgl. hierzu und zu den Harmonisierungsbestrebungen Rz. 60. 53 SA Rule 405 definiert einen Foreign Private Issuer als „eine Gesellschaft oder sonstige Organisation, die unter einer ausländischen Rechtsordnung gegründet wurde oder organisiert ist, es sei denn: (1) mehr als 50 % der stimmberechtigten Wertpapiere stehen direkt oder indirekt im Eigentum von Personen in den USA (50 % US holders of record) und (2) (i) die Mehrheit der Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder sind US-Bürger oder in den USA ansässig; (ii) mehr als 50 % der Vermögenswerte des Emittenten sind in den USA gelegen, oder (iii) das Geschäft des Emittenten wird primär von den USA geleitet.“
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zen; oft geht die darin geforderte Offenlegung weniger weit, z.B. in Bezug auf individuelle Managementgehälter. Die Tendenz im internationalen Kapitalmarktrecht weist allerdings dahin, alle Emittenten ungeachtet ihrer Herkunft gleichzubehandeln54. Dies zeigt auch der Sarbanes-Oxley Act von 2002, der mit ganz wenigen Ausnahmen auch auf an US-Börsen notierte, nicht-amerikanische Emittenten anwendbar ist. f) Das integrierte Offenlegungssystem 22
Das integrierte Offenlegungssystem (integrated disclosure system) erlaubt es laufend am Kapitalmarkt engagierten Emittenten (seasoned issuers), transaktionsspezifische, im Securities Act vorgesehene Offenlegungspflichten unter Verweis auf bereits aufgrund von einmaligen oder periodischen Offenlegungspflichten des Exchange Act publizierte Informationen zu erfüllen (incorporation by reference)55. Die Securities Offering Reform hat dieses Grundprinzip konsequent weiterentwickelt und insbesondere für eine neue Kategorie von besonders bekannten, laufend am Kapitalmarkt engagierten Emittenten (well-known seasoned issuers/WKSI)56 wesentliche Erleichterungen im Registrierungsverfahren und bei der Kommunikation im Zusammenhang mit öffentlichen Angeboten geschaffen.
2. Öffentliches Angebot in den USA – Registrierung bei der SEC a) Übersicht 23
Der Begriff des öffentlichen Angebotes bezieht sich auf das Angebot oder den Verkauf von Wertpapieren an die allgemeine Öffentlichkeit entweder in den USA oder zumindest unter Einbezug von US-Personen. Ein öffentliches Angebot unterliegt der Pflicht zur Registrierung bei der SEC.
24
Die Registrierung erfolgt durch die Einreichung eines Registrierungsantrages bei der SEC. Das Registrierungsverfahren zerfällt in mehrere Phasen und kann einige Monate in Anspruch nehmen. Um das Verfahren für bestimmte Emittenten abzukürzen, steht die Form der Shelf Registration (vgl. unten Rz. 39 f.) zur Verfügung. Die SEC prüft im Rahmen des Registrierungsverfahrens, ob die Vorschriften des Securities Act zum Prospektinhalt eingehalten werden. b) Abgrenzung der Registrierung unter dem Securities Act von der Registrierung unter dem Exchange Act
25
Von der Registrierung unter dem Securities Act ist die Registrierung unter dem Exchange Act abzugrenzen. Während die Registrierung unter dem Securities Act trans54 Gl. Ansicht Greene, Intro 1–5. 55 Dogmatisch baut das integrierte Offenlegungssystem auf der Kapitalmarkteffizienzhypothese (dazu statt vieler Werlen, Konzeptionelle Grundlagen, S. 18 ff.) auf, wonach alle einmal veröffentlichten Informationen vom Kapitalmarkt umgehend verarbeitet werden. 56 Der Begriff des „well-known seasoned issuer“ ist definiert in Rule 405 SA und erfasst im Wesentlichen solche Emittenten, die (1) berechtigt sind Form S-3 oder F-3 zu verwenden (vgl. hierzu Rz. 29) und (2) entweder (i) eine Marktkapitalisierung von USD 700 Millionen oder mehr haben oder (ii) innerhalb der vergangenen 3 Jahre mindestens USD 1 Milliarde registrierungspflichtige, nicht-konvertierbare Wertpapiere (außer common equity) gegen Barzahlung ausgegeben haben. Außerdem darf der Emittent nicht in eine von mehreren Kategorien von so genannten „ineligible issuers“ fallen.
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aktionsabhängig und damit zugleich auf die in eine Transaktion involvierten Wertpapiere beschränkt ist, ist die Registrierung unter dem Exchange Act auf sämtliche Wertpapiere einer Wertpapierklasse (z.B. Namenaktien eines bestimmten Emittenten) bezogen. c) Verfahren aa) Erstellen eines Registrierungsantrags (registration statement) Der Registrierungsantrag besteht im Wesentlichen aus dem Prospekt, der in den beschreibenden Hauptteil und in den Finanzteil (F-Pages) zerfällt. Darüber hinaus muss der Registrierungsantrag gewisse technische Informationen enthalten, so z.B. die Kosten einer Transaktion sowie bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtungserklärungen des Emittenten gegenüber der SEC. Zudem muss auch eine Erklärung seitens des Wirtschaftsprüfers vorliegen, dass er mit der Nennung seines Namens als Experte im Zusammenhang mit den geprüften Abschlüssen einverstanden ist57.
26
Dem Registrierungsantrag sind eine Reihe von Dokumenten als Anhang (exhibits) beizufügen58. Erfasst werden zum einen transaktionsspezifische Dokumente wie etwa der Wertpapierübernahmevertrag. Zum andern sind alle wesentlichen Verträge des Emittenten einzureichen, sofern sie nicht schon aufgrund einer früheren Registrierung oder im Zuge periodischer Offenlegungspflichten bei der SEC hinterlegt sind59.
27
In den letzten zehn Jahren wurde die Übermittlung von Registrierungsanträgen an die SEC vom bis dahin geltenden Papierformat auf das EDGAR (Electronic Data Gathering, Analysis and Retrieval)-System übergeführt, zunächst (seit 1996) nur für amerikanische Emittenten und seit 2002 auch für nicht-amerikanische Emittenten60. Sämtliche über das EDGAR-System übermittelten Dokumente (d.h. neben dem Registrierungsantrag auch sämtliche Anhänge einschließlich aller wesentlichen Verträge) sind auf der Website der SEC61 öffentlich zugänglich62.
28
bb) Auf den Registrierungsantrag anwendbare Formulare Der Umfang der im Registrierungsantrag vorgelegten Information wird in Formularen (forms) festgelegt. Die Frage, welches Formular Anwendung findet, hängt zum einen davon ab, ob es sich um einen US-amerikanischen oder um einen nicht-amerikanischen Emittenten handelt, zum andern, ob es sich beim Emittenten um einen erstmaligen oder einen bereits wiederholt am US-Kapitalmarkt tätigen Emittenten 57 Diese Anforderung ergibt sich indirekt aus Section 11 SA. 58 Item 601, Reg. S-K i.V.m. dem jeweils anwendbaren Formular. 59 Einzureichen sind neben der Satzung des Emittenten alle operativ oder finanziell relevanten Verträge, z.B. alle relevanten Kredit- und Finanzierungsverträge mit Banken und alle Übernahmeverträge einschließlich der vereinbarten Kaufpreise. 60 Vgl. Release 33-8099, 77 SEC Dock. 1677 (2002) und generell Reg. S-T. 61 http://www.sec.gov/edgar.shtml. 62 Dokumente, die vor der Umstellung auf EDGAR im Papierformat bei der SEC eingereicht wurden, wurden hingegen nicht nachträglich in die EDGAR-Datenbank aufgenommen und sind daher gegebenenfalls nur mit erheblichem Aufwand (evtl. durch Hinzuziehung kommerzieller Informationsdienste) als Fotokopie über eines der Büros der SEC erhältlich.
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(seasoned issuer) handelt. Die wichtigsten, von amerikanischen Emittenten für die Securities Act Registrierung verwendeten Formulare sind Forms S-1, S-2 und S-3 für die Emission von Wertpapieren gegen Bareinlage sowie Form S-4 für die Emission von Wertpapieren im Austausch für andere Wertpapiere. Die korrespondierenden Formulare für nicht-amerikanische Emittenten sind Forms F-1, F-2 und F-3 sowie Form F-4. Die auf nicht-amerikanische Emittenten anwendbaren Formulare stellen z.T. geringere Anforderungen an die Offenlegung als die auf US-amerikanische Emittenten anwendbaren Formulare. Abgesehen von Form F-4 bestimmt sich die Anwendbarkeit der Formulare je nach „US-Kapitalmarkterfahrung“ des Emittenten. Form F-163 enthält den umfangreichsten Satz an Instruktionen und ist von solchen Emittenten zu verwenden, die nicht für Form F-2 oder F-3 qualifizieren. Typischerweise handelt es sich dabei um Unternehmen, die eine Erstemission planen oder aus sonstigen Gründen (bisher) nicht den periodischen Offenlegungspflichten des Exchange Act unterworfen sind. Form F-2 und Form F-3 stehen Emittenten zur Verfügung, die Wertpapiere nach den Bestimmungen des Exchange Act registriert haben und den daraus resultierenden Offenlegungspflichten fristgerecht64 nachgekommen sind. Der „reduzierte“65 Umfang der von regelmässigen Emittenten zu publizierenden Informationen ist eine Konsequenz des integrierten Offenlegungssystems. cc) Öffentlichkeit des Verfahrens 30
Alle eingereichten Registrierungsanträge sind in ihrem gesamten Umfang öffentlich und können von jedermann entweder in den Büros der SEC oder über deren Website abgerufen werden66. Das schließt auch die einem Registrierungsantrag angehängten wesentlichen Verträge ein, die damit der Wirtschaftspresse und der Konkurrenz zugänglich werden. Sollten dem Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen, ist evtl. ein Antrag auf vertrauliche Behandlung zu prüfen. 63 Form F-1 verweist teilweise auf Form 20-F, das 1999 aufgrund von der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) vorgelegten Empfehlungen substantiell überarbeitet wurde, vgl. hierzu Rz. 114 ff. 64 36 Monate für Form F-2 und mindestens 12 Monate für Form F-3, soweit mindestens ein Jahresbericht auf Form 20-F eingereicht wurde. Außerdem muss der weltweite Marktwert aller im Streubesitz befindlichen stimmberechtigten Wertpapiere des Emittenten mindestens USD 75 Mio. betragen. Unter bestimmten Voraussetzungen steht Form S-3 bzw. F-3 seit 28.1.2008 auch Gesellschaften zur Verfügung, deren stimmberechtigte Wertpapiere USD 75 Mio. nicht erreichen. Solche kleinere Gesellschaften können in jeder 12 MonatePeriode Wertpapiere bis zu einem Drittel des Marktwertes der sich bereits im Markt befindenden Wertpapiere emittieren. 65 Der Begriff „reduziert“ ist eigentlich nicht korrekt, erhält doch letztlich der Kapitalmarkt trotz Anwendung von Form F-2 oder Form F-3 nicht weniger Informationen als im Form F-1. 66 Für die erstmalige Einreichung von Registrierungsanträgen nicht-amerikanischer Emittenten kann aber eine vertrauliche Behandlung durch die SEC verlangt werden (so genannte confidential submission). Eine solche vertrauliche Durchsicht ist seit kurzem nur noch für die erstmalige Beanspruchung des amerikanischen Kapitalmarkts möglich (Verlautbarung der SEC vom 1.3.2001, in SEC, Division of Corporate Finance, International Financial Reporting and Disclosure Issues, 18). Bis dahin war die SEC grundsätzlich zu einer vertraulichen Durchsicht aller Registrierungsanträge von nicht-amerikanischen Emittenten bereit. Durch die Einreichung eines Registrierungsantrages wird also eine geplante Kapitalmarkttransaktion automatisch in einem relativ frühen Verfahrensstadium der Öffentlichkeit zugänglich. Das Verfahren der Shelf Registration erlaubt Emittenten allerdings, die Vertraulichkeit einer Transaktion bis zur Einreichung der Prospektergänzung zu wahren.
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dd) Prüfung des Registrierungsantrags durch die SEC Die SEC ist grundsätzlich frei, einen Registrierungsantrag einer vollen, einer eingeschränkten oder gar keiner Prüfung zu unterziehen67. Ein erstmaliger Registrierungsantrag wird jedoch in aller Regel vollständig geprüft68. Typischerweise kommentiert die SEC69 einen Registrierungsantrag mehrfach, so dass sich der Schriftwechsel zwischen Emittent und SEC über zwei bis drei Monate erstrecken kann, bis der Registrierungsantrag in einer für die SEC akzeptablen Form vorliegt70.
31
d) Phasen des Registrierungsprozesses aa) Übersicht Der Registrierungsprozess unter dem Securities Act ist in drei Phasen unterteilt. Die erste Phase dauert vom Entschluss, ein öffentliches Angebot von Wertpapieren durchzuführen, bis zur Einreichung des Registrierungsantrages (pre-filing period), die zweite Phase dauert von der Einreichung des Registrierungsantrages bis zur Wirksamerklärung des Registrierungsantrages (waiting period) und die dritte Phase umfasst die Zeit nach der Wirksamerklärung (post-effective period). Mit der im Vergleich zu europäischen Primärkapitalmarktregelungen einschneidenden Regelung des Registrierungsprozesses soll sichergestellt werden, dass Anlageentscheidungen allein aufgrund des von der SEC geprüften Prospektes getroffen werden und keine Konditionierung des Marktes mit Informationen außerhalb des Prospektes stattfindet.
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bb) Pre-Filing Period In der Pre-Filing Period dürfen in den USA grundsätzlich weder schriftliche noch mündliche Angebote71 in Bezug auf die zu emittierenden Wertpapiere gemacht werden. Nach Ansicht der SEC könnte die Information über eine bevorstehende Emission in dieser Phase Anlageentscheidungen beeinflussen. Um dem Bedürfnis der Emittenten nach Bekanntgabe einer geplanten Kapitalmarkttransaktion entgegenzukommen, hat die SEC im Safe Harbor von Rule 13572 klargestellt, welche Elemente eine Bekanntmachung des Emittenten vor Einreichen des Registrierungsantrages enthalten darf, ohne dass sie als Angebot im Sinne von Section 5 SA quali67 Loss/Seligman, S. 129. Nach Section 408 des Sarbanes-Oxley Act muss die SEC Registrierungsanträge von unter dem Exchange Act registrierungspflichtigen Emittenten mindestens alle drei Jahre einer Prüfung unterziehen. 68 Größere Akquisitionen oder Devestitionen erhöhen die Überprüfungswahrscheinlichkeit ebenso wie das Vorliegen von Transaktionen mit Staaten, die Sanktionen des Office of Foreign Asset Control (OFAC) unterliegen. 69 Dabei befassen sich bei der SEC nicht nur der zuständige Sachbearbeiter im Bereich Corporate Finance, sondern fast immer auch Mitarbeiter der SEC aus dem Bereich Accounting mit einem Registrierungsantrag. 70 Jede Neueinreichung eines Registrierungsantrags wird als „Amendment“ bezeichnet. 71 Das Angebot (offer to sell or buy) ist ein Schlüsselbegriff des Securities Act. Der Begriff wird in Section 2(a)(3) SA definiert als „every attempt or offer to dispose of, or solicitation of an offer to buy, a security or an interest in a security for value“. Diese Definition wird von der SEC sehr weit ausgelegt. 72 Gem. Rule 135 muss die Bekanntmachung zwingend eine Legende enthalten, dass es sich nicht um ein Angebot zum Verkauf von Wertpapieren handelt. Die Bekanntmachung darf keinen Hinweis auf die Identität der Konsortialbanken enthalten.
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fiziert wird73. Im Rahmen der Securities Offering Reform hat die SEC mit der neuen Rule 163A SA außerdem einen neuen Safe Harbor für Kommunikationen des Emittenten mehr als 30 Tage vor Einreichung des Registierungsantrages geschaffen74. Gleichzeitig wurde das grundsätzlich strikte Verbot von Angeboten in der Pre-Filing Period für Well-Know Seasoned Issuer/WKSI (vgl. hierzu Rz. 22) durch die neue Rule 163 SA aufgehoben. Jede schriftliche Kommunikation (written communication)75, die ein Angebot darstellt, gilt allerdings als so genannte Free Writing Prospectus, der die in Rule 163(b)(1) vorgeschriebene Legend76 enthalten und gem. Rule 163(b)(2) gleichzeitig mit dem Registrierungsantrag bei der SEC eingereicht werden muss. Auf die in diesem Absatz beschriebenen Safe Harbor-Regeln können sich lediglich Emittenten, nicht jedoch andere an einer Emission Beteiligte stützen. cc) Waiting Period 34
Während der Waiting Period prüft die SEC den vom Emittenten eingereichten Registrierungsantrag. Mündliche Kommunikation ist in dieser Zeit ohne Beschränkungen möglich77. Schriftliche Kommunikation hingegen ist nur erlaubt, wenn sie in Form eines Prospekts, der Section 10(a) SA entspricht, erfolgt oder unter eine der Ausnahmebestimmungen von Section 10(b) SA fällt. Jede Art von Schriftstück eines an einer Transaktion Beteiligten, das an die Öffentlichkeit gelangt sollte daher vorgängig auf das Vorliegen einer Ausnahmeregel überprüft werden.
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Die am häufigsten gebrauchte Ausnahme unter Section 10(b) SA ist die Verwendung eines vorläufigen Prospektes (preliminary prospectus oder red herring78), die es erlaubt, bereits vor der Effektiverklärung des Registrierungsantrags das Investoreninteresse abzufragen und Roadshows unter Verwendung des vorläufigen Prospektes durchzuführen79. In der Praxis wird allerdings eine Roadshow erst dann angesetzt, wenn alle SEC-Kommentare im Prospekt reflektiert wurden, so dass das Risiko einer so genannten Recirculation minimiert ist80. Nach neuer Rule 164 SA dürfen sowohl 73 Falls ein nicht-amerikanischer Emittent, der eine SEC-Registrierung anstrebt, in seinem Herkunftsland mehr Informationen verbreiten darf und will, hat er sicherzustellen, dass die Bekanntgabe im Herkunftsland unter keinen Umständen in die USA gelangt, dort vielmehr nur, aber immerhin eine mit Rule 135 konforme Bekanntgabe gemacht wird. 74 Rule 163A setzt voraus, dass (1) die Kommunikation durch den Emittenten erfolgt, (2) keinen Hinweis auf ein (künftiges) Angebot von Wertpapieren enthält und (3) der Emittent verhältnismässige Vorkehrungen trifft, um eine weitere Verbreitung im Zeitraum von 30 Tagen vor Einreichung des Registrierungsantrages zu verhindern. 75 Der Begriff der „written communication“ wurde in Rule 405 SA weit definiert und erfasst unter anderem auch Fernseh- oder Radiosendungen sowie „graphic communications“ einschließlich aller Arten von elektronischen Kommunikationen wie Video, Fax, CD-ROM, E-Mail oder Websites. 76 Die Legend enthält einen Hinweis auf den künftigen Registrierungsantrag und fordert potentielle Investoren dazu auf, sich den Prospekt entweder auf der SEC-Website oder vom Emittenten durch Anruf einer gebührenfreien Telefonnummer zu besorgen. 77 Auch diese Form der Kommunikation unterliegt der Haftung gem. Section 12(a)(2) SA. 78 Der vorläufige Prospekt enthält im Wesentlichen dieselben Angaben wie der endgültige Prospekt, mit Ausnahme derjenigen Informationen, die bei Drucklegung des vorläufigen Prospektes noch nicht erhältlich waren, wie z.B. Preisinformationen. 79 Dies erstaunt aus europäischer Sicht, ist doch der Prospekt zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der SEC gebilligt und damit im Sinne der US-amerikanischen Prospekthaftungsregeln auch noch nicht haftungsauslösend. 80 Johnson/McLaughlin, § 3.05[F].; Greene, § 2–70. Vgl. hierzu auch unten Rz. 147.
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Emittenten81 als auch andere an einer Emission Beteiligte bereits vor Effektiverklärung des Registrierungsantrags Free Writing Prospectuses verwenden, soweit die Voraussetzungen von Rule 433 SA erfüllt sind. Während der Waiting Period sind außerdem Bekanntmachungen zur Emission unter den Voraussetzungen von Rule 134 SA82, d.h. Informationen, die nicht als Prospekt qualifizieren, erlaubt. Schliesslich wird mit der Rule 168 SA ein weiterer Safe Harbor für Kommunikationen von bestimmten regelmässig verbreiteten, faktischen Geschäftsinformationen (regularly released factual business information) und zukunftsgerichteten Informationen (forward-looking information) geschaffen. Während der Waiting Period dürfen keine Wertpapiere des Emittenten verkauft und damit auch keine Angebote zum Kauf von Wertpapieren angenommen werden83. dd) Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrages Grundsätzlich wird gem. Section 8 SA ein Registrierungsantrag automatisch am zwanzigsten Tag nach der Einreichung des Registrierungsantrages wirksam, sofern die SEC nicht einen früheren Tag bestimmt84. Dabei beginnt diese Frist mit jeder Einreichung eines geänderten Registrierungsantrages von neuem zu laufen, also theoretisch auch mit der Einreichung des so genannten Pricing Amendment, was sehr ungünstig wäre, weil unmittelbar nach der Preisfestsetzung der Verkauf der Wertpapiere erfolgen sollte. Um dies zu verhindern, wird entweder der Registrierungsantrag gem. Rule 430A85 noch vor der Festsetzung des Angebotspreises wirksam erklärt86, oder aber unmittelbar nach der Einreichung des Pricing Amendments87.
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ee) Post-Effective Period Erst wenn die SEC den Registrierungsantrag wirksam (effective) erklärt hat, können die Emissionsbanken die entsprechenden Wertpapiere verkaufen und Angebote, die in der Waiting Period von Investoren gemacht wurden, annehmen, allerdings nur dann, wenn der von der SEC wirksam erklärte endgültige Prospekt (statutory pro81 Einschränkungen gelten gem. Rule 164(e) SA für „ineligible issuers“. 82 Im Rahmen der Securities Offering Reform wurde Rule 134 SA insoweit angepasst, als dass Bekanntmachungen nunmehr ein größeres Spektrum an (inbesondere faktischen) Informationen enthalten dürfen. 83 Um dies zu verhindern, aber die Bücher dennoch „füllen“ zu können, fordern Emissionsbanken interessierte Anleger häufig auf, ein Angebot zum Kauf von Wertpapieren zu machen, das vom Emittenten angenommen werden kann, anstatt den interessierten Investoren ein Angebot zum Kauf der Wertpapiere zu machen, das diese dann unter Umständen zu früh annehmen könnten. 84 Zur mit der Securities Offering Reform eingeführten Möglichkeit der Automatic Shelf Registration für WKSI vgl. unten Rz. 39 ff. 85 Vgl. dazu Loss/Seligman, S. 130 f. 86 Gem. Rule 430A(b) wird die nachträglich eingereichte Preisinformation automatisch rückwirkend Teil des Registrierungsantrages zum Zeitpunkt, als dieser wirksam erklärt wurde, als ob die Preisinformation zusammen mit dem Registrierungsantrag eingereicht worden wäre. Rule 424 verlangt aber, dass der Prospekt mit der zusätzlichen Preisinformation innerhalb von zwei Geschäftstagen nach der Preisfestlegung oder nach der ersten Verwendung, nachdem der ursprüngliche Registrierungsantrag wirksam erklärt wurde, bei der SEC eingereicht wird. 87 Gem. Rule 460 ist es für eine solche so genannte Acceleration erforderlich, dass eine Version des vorläufigen Prospekts an alle Emissionsbanken und Dealer verteilt wird.
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spectus) der Investitionsentscheidung des kaufenden Investors zugrunde lag. In der Vergangenheit musste der Emittent bzw. die Emissionsbanken88 daher sicherstellen, dass der Prospekt vor dem Closing beim Anleger physisch vorhanden war89. Mit der neuen Rule 172 SA hat die SEC jedoch anerkannt, dass diese physische Prospektverteilungspflicht das eigentliche Ziel einer zeitnahen Information von Investoren verfehlt, da der endgültige Prospekt gewöhnlich ohnehin erst nach Annahme des Kaufangebotes durch die Emissionsbanken zugestellt wird. Gem. Rule 172(b) SA ist die Prospektverteilungspflicht ohne physische Zustellung nun bereits dadurch erfüllt, dass der Emittent gem. Rule 424 SA den endgültigen Prospekt entweder bis am zweiten Arbeitstag nach Beginn des Wertpapierverkaufs oder – falls früher – bis am zweiten Arbeitstag nach erstmaligem Gebrauch des Prospekts bei der SEC einreicht bzw. sich angemessen darum bemüht hat (Stichwort: „Access Equals Delivery“). ff) Ereignisse nach der Wirksamkeitserklärung 38
Korrekturen eines Prospekts nach der Wirksamkeitserklärung werden durch das Einreichen eines speziellen Prospektnachtrages (post-effective amendment) gem. Rule 424(a) vorgenommen. Über die in Rule 424(a) vorgesehenen Fälle hinaus kann ein nicht-amerikanischer Emittent eine Korrektur auch über die Einreichung eines Form 6-K vornehmen (vgl. Rz. 121). e) Shelf Registration
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Rule 415 SA erlaubt eine Registrierung von Wertpapieren „auf Vorrat“ (shelf registration). Sie ermöglicht einem Emittenten, einen Basisprospekt (base prospectus) wirksam erklären zu lassen, der die Art und den betragsmässigen Maximalumfang der zu emittierenden Wertpapiere festlegt. Der Emittent kann dann während der folgenden drei Jahre vom Basisprospekt gedeckte Wertpapiere in einer oder mehreren Transaktionen emittieren (shelf takedown), die in einer bei der SEC einzureichenden Prospektergänzung (prospectus supplement) dokumentiert werden90.
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Die Shelf Registration erleichtert die Emission von Wertpapieren für regelmäßige Emittenten91; zudem erlaubt sie, die Transaktion wesentlich später der Öffentlichkeit preiszugeben als im normalen Registrierungsprozess. Die Möglichkeit, Inhalte aus Exchange Act-Berichten durch einfachen Verweis Teil des Registrierungsantrages werden zu lassen, bedeutet aber auch, dass die Emissionsbanken unter Umständen für Falschangaben oder Auslassungen in diesen haftbar gemacht werden können, selbst wenn die Emissionsbanken an deren Erstellung gar nicht beteiligt waren92. Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass einzelne Shelf Takedowns in der Regel
88 Sowie u.U. gewissen Dealern, die von den Emissionsbanken zum Weiterverkauf der Wertpapiere (gegen Entgelt) eingebunden werden. 89 Dies war der Grund dafür, weshalb in einem T+3 Umfeld die Preisbestimmung in den USA traditionell so angesetzt wird, dass das Wochenende für den Druck und die Verteilung der Prospekte mitgenutzt werden kann. 90 Die Einreichung der Prospektergänzung bei der SEC löst keinen SEC-Review aus, da ja der Registrierungsantrag bereits effektiv erklärt ist. 91 Sie steht nur solchen Emittenten offen, die berechtigt sind, Form F-3 für ihre Registrierungsanträge zu verwenden. 92 Greene, § 2A–42 ff.
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sehr rasch erfolgen und deshalb nur wenig Zeit für eine Due Diligence Prüfung bleibt93. Im Rahmen der Securities Offering Reform wurde die Shelf Registration weiter vereinfacht und flexibilisiert. Insbesondere können WKSI (vgl. hierzu Rz. 22) nun ein so genanntes Automatic Shelf Registration Statement bei der SEC einreichen, welches ohne SEC-Review automatisch mit der Einreichung wirksam wird. Außerdem müssen WKSI anfallende Registrierungsgebühren nun jeweils erst bei der Durchführung einzelner Transaktionen zahlen („pay-as-you-go“) und können auch freier entscheiden, ob sie einzelne Informationen entweder im Basisprospekt, in einer Prospektergänzung, durch Verweis auf einen Exchange Act-Bericht oder durch einen automatisch wirksamen Prospektnachtrag offenlegen wollen.
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f) Prospektinhalt94 Section 10(a) SA beschreibt den erforderlichen Prospektinhalt nur in aller Kürze. Die maßgeblichen Bestimmungen für den Prospektinhalt bei einem öffentlichen Angebot finden sich in Reg. S-K betreffend die Offenlegung von nicht-finanziellen Informationen sowie in Reg. S-X betreffend die Offenlegung von Finanzzahlen. Im Folgenden wird jeweils eine Auswahl von praktisch wichtigen Elementen von Reg. S-K und Reg. S-X wiedergegeben95.
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aa) Allgemeine Bestimmungen Plain English Initiative: Prospekte waren über die Jahre zunehmend durch eine komplizierte technische Sprachwahl geprägt. Im Jahre 1998 reagierte die SEC auf diesen Trend mit dem Erlass von Rule 421(d). Ziel war die Verwendung von leicht verständlichem Englisch (plain English), um dadurch den Prospektinhalt für finanziell unerfahrene Investoren leichter zugänglich zu machen96. 93 Rule 176 SA, die die für die Bestimmung des Umfanges der Due Diligence Prüfung im Rahmen einer Shelf Registration relevanten Kriterien auflistet, hat das Problem nicht beheben können. Besondere Aufmerksamkeit hat diese Problematik zuletzt wegen einer Entscheidung des United States District Court for the Southern District of New York vom 15.12.2004 erfahren. Im Entscheid lehnt Judge Denise Cote einen Antrag auf Abweisung einer Sammelklage gegen die an verschiedenen WorldCom-Anleiheemissionen beteiligten Underwriter unter anderem mit dem Hinweis ab, dass die Underwriter auch bei Shelf Takedowns keinesfalls von ihrer Pflicht zur Durchführung einer „Reasonable Investigation“ befreit sind und sich nicht blind auf die zuvor vom Emittenten bei der SEC eingereichten Exchange Act-Berichte oder auf die Comfort Letters der Rechnungsprüfer des Emittenten verlassen dürfen, insbesondere dann, wenn Zweifel an deren Korrektheit bestehen. Als Folge der Entscheidung schlossen die noch verbliebenen Underwriter einen Vergleich über USD 3,4 Milliarden ab, nachdem sich bereits vorher ein Underwriter zur Zahlung von USD 2,6 Milliarden verpflichtet hatte. Es ist daher abzuwarten, ob sich andere Gerichte oder eine höhere Instanz der Rechtsauffassung von Judge Cote anschließen werden. 94 Soweit nicht anders vermerkt, gelten die Anforderungen an den Prospektinhalt für amerikanische wie für nicht-amerikanische Emittenten. 95 Die Einhaltung der gem. Reg. S-K bzw. Reg. S-X offenzulegenden Informationen ist notwendig, aber nicht hinreichend. Darüber hinaus kann aufgrund der aus Rule 10b-5 abgeleiteten Generalklausel die Offenlegung weiterer, in Reg. S-K oder Reg. S-X nicht vorgesehener Informationen erforderlich sein. 96 Vgl. auch Plain English Disclosure, SA Release No. 33–7497 (Jan. 28, 1998). Obwohl Rule 421(d) die Verwendung von Plain English nur auf den Deckblättern, in der Zusammenfas-
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Vertrauliche Behandlung gewisser Angaben: Rule 406 bietet Emittenten die Möglichkeit, bei der SEC die vertrauliche Behandlung (confidential treatment) spezifischer Informationen im Registrierungsantrag zu beantragen und gewisse Dokumente nur der SEC im Volltext, der Öffentlichkeit dagegen nur „bereinigt“ zugänglich zu machen. Die SEC legt Rule 406 allerdings sehr restriktiv aus97.
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Zukunftsgerichtete Aussagen: Zukunftsgerichtete Aussagen (forward-looking statements) im Prospekt sind aufgrund des erhöhten Klagerisikos in den USA mit Vorsicht zu behandeln, obschon ein besonderes Interesse des Anlegers an der Geschäftsentwicklung des Emittenten besteht. Der 1995 verabschiedete Private Securities Litigation Reform Act (PSLRA) hat Haftungsprivilegierungen für zukunftsgerichtete Aussagen in den Securities Act98 und den Exchange Act99 eingefügt100. Danach ist die zivilrechtliche Haftung für von einem Emittenten im Prospekt gemachte zukunftsgerichtete Aussagen101 ausgeschlossen, sofern die Aussage als solche kenntlich gemacht wird und von aussagekräftigen Warnhinweisen (cautionary statements) auf die die Aussage möglicherweise materiell beeinflussenden Faktoren in der Zukunft begleitet wird. Dabei ist zu beachten, dass der PSLRA auf Erstemissionen nicht anwendbar ist; in diesen Fällen hilft nur die so genannte „Bespeaks Caution“-Doktrin102. Inzwischen ist die Identifikation von zukunftsgerichteten Aussagen in US-Prospekten zwar Standard; allerdings hat der PSLRA die Zurückhaltung der Emittenten, aussagekräftige Zukunftsprognosen abzugeben, nicht aufgehoben103. bb) Regulation S-K (non-financial disclosure)
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Reg. S-K legt im Zusammenhang mit dem jeweils anwendbaren Formular (vgl. hierzu Rz. 29) den eigentlichen Prospektinhalt fest. Aus Sicht des Praktikers verdienen insbesondere die folgenden Punkte Erwähnung:
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Prospektzusammenfassung (Item 503(a)): Emittenten wird empfohlen, eine Prospektzusammenfassung in den Prospekt aufzunehmen, besonders dort, wo dies aufgrund des Umfangs und der Komplexität des Prospektes angezeigt ist. Im Unterschied zur EU-Prospektdirektive104 legt Reg. S-K keinen Maximalumfang fest. Die
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sung des Prospektes sowie in den Risikofaktoren verlangt, werden Prospekte heute in der Regel vollständig in Plain English geschrieben. Vgl. SEC Division of Corporation Finance Staff Legal Bulletin No. 1 (with Addendum). Vgl. SA § 27A. Vgl. SEA § 21E. Die zuvor von der SEC mit Rule 175 unter dem SA und Rule 3b-6 unter dem SEA (dazu Release No. 6084 (Jun. 25, 1979)) erlassenen Safe Harbor-Regeln hatten in der Praxis keine Wirkungen gezeigt. Laut PSLRA gelten als zukunftsgerichtete Aussagen: 1) Schätzungen von Gewinn- und anderen Finanzzahlen, 2) Pläne und Ziele für künftige Geschäftstätigkeiten, 3) Aussagen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in der Zukunft, einschließlich MD&A-Aussagen zur finanziellen Lage oder dem Ergebnis der Geschäftstätigkeit, und 4) die diesen Aussagen zugrunde liegenden Annahmen. Die Doktrin basiert auf der Überlegung, dass, wenn ein Prospekt genügend warnende Hinweise enthält eine behauptete Falschdarstellung oder Auslassung kaum eingeklagt werden kann. Vgl. Kopp, RIW 2002, 664 m.w.H. Rosen, IFRL 1999, 19; Kopp, RIW 2002, 664. Prospektrichtlinie 2003/71/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003, S. 64. Im Erwägungsgrund 21 der Prospektrichtlinie (2003/71/EG) wird ein Maximalumfang von 2500 Wörtern festgelegt (in der Sprache, in der der ursprüngliche Prospekt abgefasst wurde).
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SEC legt Wert darauf, dass die Zusammenfassung den relevanten Prospektinhalt in eigenen Worten beschreibt. Risikofaktoren (Item 503(c)): Reg. S-K verlangt einen gesonderten Prospektteil mit Angaben über Umstände, die einen erheblichen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage oder den Geschäftserfolg des Emittenten haben könnten. Dabei sollen die Risikofaktoren nur dann in den Prospekt aufgenommen werden, wenn sie (i) für den Emittenten wesentlich sind und (ii) einen spezifischen Bezug zum Emittenten aufweisen. Die Auflistung allgemeiner oder nicht wesentlicher Risikofaktoren ist zu vermeiden, da sie Investoren erschwert, die naheliegenden Risiken von den nur sehr fern liegenden Risiken zu unterscheiden105. Reg. S-K äußert sich zur Reihenfolge der Risikofaktoren nicht; eine Auflistung der Risikofaktoren nach dem Ausmaß ihrer Bedeutung für den Emittenten ist nicht geboten, aber aus Rule 10b-5 Perspektive ratsam106.
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Verwendung des Emissionserlöses (Item 504): Der Emittent muss die Hauptzwecke nennen, für die der Nettoerlös einer Emission verwendet werden soll. Außerdem sollen die ungefähren Beträge, die für jeden Zweck verwendet werden sollen, individuell angezeigt werden.
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Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations (MD&A) (Item 303): Reg. S-K verlangt eine MD&A, in der das Management zur finanziellen Situation und zum operativen Ergebnis des Emittenten in Bezug auf volle Geschäftsjahre und gegebenenfalls Zwischenabschlüsse Stellung nehmen soll. Im Einzelnen soll die MD&A die Ertragslage, die Kapitalausstattung107 und die Liquidität108 sowie alle weiteren, für das Verständnis der finanziellen Situation des Emittenten erforderlichen Kennzahlen erläutern109.
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Ursprünglich im Jahre 1968 eingeführt110 ist die MD&A Gegenstand einer Vielzahl von Erlassen der SEC111. So hat die SEC mit Erlass vom 10.5.2002 erweiterte Offenlegungspflichten in Bezug auf kritische Annahmen bei der Buchführung (critical ac-
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105 In der Praxis war lange Zeit strittig, ob es mit Hinblick auf Rule 10b-5 ratsamer sei, möglichst alle denkbaren Risikofaktoren aufzulisten, um nicht Gefahr zu laufen, dass ein Investor auf eine mögliche „Lücke“ im Prospekt verweist oder ob es vielmehr durch Rule 10b-5 geradezu geboten sei, sich auf die wesentlichen Risiken zu beschränken. Die SEC hat in ihrer Praxis mittlerweile klar Stellung zugunsten der letzteren Position bezogen und wird überflüssige Risikofaktoren im Rahmen ihrer Prospektprüfung beanstanden. 106 Auch besteht keine Pflicht, die Risikofaktoren nach Sachbereichen zu kategorisieren; aus Gründen der Übersichtlichkeit ist eine solche Kategorisierung indes zu empfehlen. 107 Die Diskussion der Kapitalausstattung sollte alle wesentlichen Verpflichtungen zu Kapitalaufwendungen sowie die erwarteten Finanzierungsquellen für die Erfüllung dieser Verpflichtungen abdecken. 108 Die Diskussion zur Liquidität sollte alle bekannten Trends, Anforderungen, Verpflichtungen, Ereignisse oder Unsicherheiten abdecken, die mit einiger Wahrscheinlichkeit einen Einfluss auf die Liquidität des Emittenten haben werden. 109 Dabei sollte das Management besonders auf ihm bekannte wesentliche Ereignisse und Unsicherheiten eingehen, die bewirken könnten, dass die berichtete finanzielle Situation des Emittenten nicht unbedingt indikativ für das zukünftige operative Ergebnis oder die zukünftige finanzielle Situation ist (Instruction 3 to Item 303(a)). Dies reflektiert den Ansatz der SEC hin zu mehr „weichen“ zukunftsgerichteten Informationen (soft information), dazu Loss/Seligman, S. 175. 110 SA Release No. 4936 vom 9.12.1968. 111 SA Release No. 6231 vom 2.9.1980. Dieser Erlass wurde durch den Concept Release vom 24.4.1987 (SA Release No. 6711) und den Interpretive Release vom 18.5.1989 (Financial
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counting policies) aufgestellt112. In Umsetzung der Bestimmungen des Sarbanes-Oxley Act hat die SEC die Bestimmungen zur MD&A noch einmal substantiell ausgebaut. In einem Erlass vom 28.1.2003113 wird die Offenlegung von Außerbilanzgeschäften (offbalance sheet arrangements)114 sowie die tabellarische Auflistung von bestimmten vertraglichen Verpflichtungen (contractual obligations)115 verlangt. Mit Erlass vom 29.12.2003 hat die SEC sodann zu Sinn und Zweck sowie zu Form und Inhalt der MD&A Stellung genommen116. Obwohl lediglich als Auslegungshilfe gedacht, liefert er wichtige Anhaltspunkte dafür, auf welche Punkte sich die SEC bei der Prüfung von Registrierungsanträgen künftig besonders konzentrieren wird. Verbesserungsbedarf sieht die SEC speziell in vier gesonderten Bereichen: (i) Liquidität und Kapitalquellen117, (ii) kritische Annahmen bei der Buchführung118, (iii) allgemeine Präsentation119 sowie (iv) Inhalt120.
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Reporting Release (FR) 36, SA Release No. 33-6835, SEA Release No. 34-26831, 54 Fed. Reg. 22427) weiter verfeinert. In Folge der Grundsatzentscheidung „In the Matter of Caterpillar, Inc.“ vom 31.6.1992 hat die SEC schließlich SA Release No. 34-30532, A. AER No. 363 erlassen. „Disclosure in Management’s Discussion and Analysis about the Application of Critical Accounting Policies“ (File No. S7–16–02, Release No. 34-45907; International Series Release No. 1258). Vgl. auch das „Commission Statement about Management’s Discussion and Analysis of Financial Condition and Results of Operations“ (Release Nos. 33-8056 und 34-45321) vom 22.1.2002. „Disclosure in Management’s Discussion and Analysis about Off-Balance Sheet Arrangements and Aggregate Contractual Obligations“ (Release Nos. 33-8182 und 34-47264). Danach sind Emittenten verpflichtet, sämtliche Off-Balance Sheet Arrangements zu beschreiben, die mit einiger Wahrscheinlichkeit, aktuell oder in der Zukunft, einen für Investoren wesentlichen Einfluss auf die finanzielle Situation, Änderungen in der finanziellen Situation, Einnahmen oder Ausgaben, operatives Ergebnis, Kapitalaufwendungen oder Finanzierungsquellen haben oder haben werden (Item 303(a)(4)(i) Reg. S-K). Aufgeführt werden müssen langfristige Geldschulden (long-term debt obligations), Anlagenleasingverträge (capital lease obligations), Ausrüstungsleasingverträge (operating lease obligations), Kaufverpflichtungen (purchase obligations) sowie sonstige langfristige Verpflichtungen, jeweils aufgeschlüsselt nach Restlaufzeiten und gegebenenfalls in Fußnoten genauer beschrieben. SEC Release Nos. 33-8350 und 34-48960. Meist ist nicht ausreichend, lediglich darauf zu verweisen, dass der Emittent sowohl kurzals auch langfristig über ausreichende Geldmittel verfügt. Vielmehr sollte auf bekannte wesentliche Trends und Unsicherheiten sowie die wesentlichen zugrundeliegenden Faktoren für die Geldmittelströme beim Emittenten eingegangen werden. Gegebenenfalls sollten außerdem bestimmte vertragliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit Kreditaufnahmen (z.B. Bürgschaften oder Negative Covenants) beschrieben und deren potentielle Auswirkungen auf die Fähigkeit zu künftigen Kapitalaufnahmen diskutiert werden. Bei der Erstellung der Abschlüsse eines Emittenten getroffene Annahmen und Schätzungen sind insbesondere dann als „kritisch“ bzw. „wesentlich“ zu bewerten und in der MD&A zu erläutern, wenn diese entweder (i) ein hohes Maß an Subjektivität und Urteilsvermögen verlangen, weil sie sich auf sehr unsichere Entwicklungen beziehen bzw. stark von wechselnden Rahmenbedingungen abhängen, oder (ii) einen wesentlichen Einfluss auf die Finanzlage oder das operative Geschäft haben. Die SEC empfiehlt u.a. die Verwendung von tabellarischen Übersichten und Überschriften, wo dies dem leichteren Verständnis dient. Die MD&A sollte außerdem auch eine Einführung mit den wichtigsten Diskussionspunkten enthalten. Das Management soll sich auf Schlüsselindikatoren und auf die wesentlichen Fakten, Trends und Unsicherheiten konzentrieren. Die MD&A sollte außerdem tatsächlich „analysieren“ und nicht nur die Informationen aus den Abschlüssen in Textform wiederholen.
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Geschäftstätigkeit (Item 101): Emittenten müssen die allgemeine Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit über die vorangegangenen fünf (nicht-amerikanische Emittenten: drei121) Jahre beschreiben122. Besteht die Geschäftstätigkeit aus sachlich oder geografisch stark differenzierten Geschäftsfeldern, müssen amerikanische123 Emittenten außerdem geschäftsfeldspezifische Angaben (einschließlich gewisser finanzieller Informationen für die vorangegangenen drei Jahre) machen124. Soweit nicht im Heimatland verlangt, sind nicht-amerikanische Emittenten zu einer solchen Segmentberichterstattung nicht verpflichtet125.
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Rechtsstreitigkeiten (Item 103): Emittenten müssen eine kurze Beschreibung aller wesentlichen126 Rechtsstreitigkeiten liefern, in denen der Emittent entweder selbst als Partei beteiligt ist oder die sich auf Teile seines Vermögens beziehen.
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Beschreibung der Wertpapiere (Item 202): Reg. S-K verlangt eine Beschreibung der zu emittierenden Wertpapiere, nicht jedoch eine vollständige Beschreibung der Ausgabebedingungen eines Wertpapiers. Wesentliche Rechte (z.B. Stimmrechte) oder Pflichten (z.B. der Ausschluss des Bezugsrechts unter gewissen Umständen) von Investoren sollen klar dargelegt werden127.
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Vergütung des Managements (Item 402): Reg. S-K verlangt die Offenlegung der Gehälter sowie auch aller sonstigen Zuwendungen an den Vorstandsvorsitzenden (principal executive officer (PEO)), den Vorstand für Finanzen (principal financial officer (PFO)), sowie an die drei bestbezahlten leitenden Angestellten (executive officers) neben dem PEO und PFO für das vorangegangene Geschäftsjahr128. Zusätzlich müssen auch die Bezüge der Aufsichtsratsmitglieder (directors) offen gelegt werden. Am 29. August 2006 hat die SEC die Pflichten zur Offenlegung von Managementbezügen sowie zu Geschäften mit verbundenen Personen (s. Rz. 56) noch einmal grundlegend neu geregelt und dabei wesentlich verschärft129. Für nicht-amerikanische Emittenten
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121 Form F-1, Item 4. a, bezugnehmend auf Form 20-F, Part I, Item 4.B.1. 122 Dies schließt die geschäftliche Entwicklung ihrer wesentlichen Tochter- bzw. Vorgängerunternehmen, soweit anwendbar, ein. 123 Reg. S-K, Item 101(b). 124 Der erforderliche Umfang der Segmentberichterstattung wird seit 1997 durch Statement of Financial Accounting Standards (SFAS) 131 beschrieben (vormals SFAS 14). SFAS 131 enthält detaillierte Richtlinien zur Frage der Abgrenzung der berichtspflichtigen Segmente, folgt aber grundsätzlich den für die interne Berichterstattung und Entscheidungsfindung sowie für die operative Steuerung von der Unternehmensführung gebildeten Einheiten. 125 Form F-1, Item 4.a, mit Verweis auf Form 20-F, Part I, Item 4.B.; Palmiter, S. 418. Allerdings hat ein nicht-amerikanischer Emittent, der Abschlüsse nach Item 18 (statt Item 17) von Form 20-F einreicht, Segmentinformation in Übereinstimmung mit SFAS 131 vorzulegen. 126 Routineverfahren im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebes sind nicht zu erwähnen. 127 Reg. S-K sieht spezielle Anforderungen für Eigenkapital (Item 202(a)), Anleihensobligationen (Item 202(b)), Bezugsrechte (Item 202(c)), und American Depositary Receipts (Item 202(f)) vor; allerdings sind die spezifischen Offenlegungsvorschriften im Vergleich zur EUProspektrichtlinie gering. 128 Außerdem müssen die Zuwendungen an bis zu zwei weitere ehemalige leitende Angestellte offengelegt werden, soweit dies erforderlich gewesen wäre, wären sie nicht im vorangegangenen Geschäftsjahr aus der Gesellschaft ausgeschieden. 129 Vgl. SEC Release Nos. 33-8732A und 34-54302A. Die neuen Regeln verlangen die Offenlegung von deutlich mehr (quantitativen) Informationen (einschliesslich neuer und über-
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reicht jedoch weiterhin aus, wenn die im Herkunftsland diesbezüglich geltenden Offenlegungsregeln beachtet werden130. 56
Geschäfte mit verbundenen Personen (Item 404): Alle Transaktionen mit dem Emittenten „verbundenen Personen“ müssen offen gelegt werden131. cc) Regulation S-X (financial disclosure)
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Reg. S-X legt im Zusammenhang mit dem jeweils anwendbaren Formular die Anforderungen an die in einem bei der SEC registrierten Prospekt aufzuführenden Finanzabschlüsse fest. Für bestimmte Wirtschaftszweige (z.B. Versicherungen, Banken, Ölund Gasindustrie) können neben Reg. S-X noch weitere spezielle SEC-Richtlinien (industry guides)132 anwendbar sein.
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Jahresabschlüsse: Nach Reg. S-X müssen amerikanische Emittenten geprüfte Bilanzen für die letzten zwei Jahre sowie geprüfte Gewinn- und Verlustrechnungen, Kapitalflussrechnungen und Aussagen zum Eigenkapital für die drei letzten Bilanzjahre in den Prospekt aufnehmen133. Nicht-amerikanische Emittenten haben geprüfte Bilanzen für die letzten drei Geschäftsjahre134 sowie geprüfte Gewinn- und Verlustrechnungen und Kapitalflussrechnungen für die letzten drei Geschäftsjahre vorzulegen135. Falls es sich um eine öffentliche Erstemission der Aktien des Emittenten handelt, dürfen die letzten geprüften Abschlüsse nicht länger als zwölf Monate vor dem Datum der Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrages datieren136.
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Zwischenabschlüsse: Amerikanische Emittenten müssen ungeprüfte Bilanzen für jedes abgelaufene Quartal137 und ungeprüfte Gewinn- und Verlustrechnungen und Kapitalflussrechnungen für den jeweils abgelaufenen Drei,- Sechs- oder Neun-Monats-Zeitraum seit Ende des letzten Bilanzjahres (sowie dieselben Zahlen für die entsprechenden Zeiträume des Vorjahrs) in den Prospekt aufnehmen138. Nicht-amerikanische Emittenten haben einen ungeprüften Halbjahresabschluss für den Fall
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arbeiteter Tabellen) insbesondere zu Gewinnbeteiligungs- und Pensionsplänen sowie auch zu allen „perquisites and other personal benefits“. Zusätzlich legen die neuen Rules auch deutlich mehr Gewicht auf eine qualitative Beschreibung, einschliesslich des neuen Erfordernisses für eine „Compensation Discussion and Analysis (CD&A)“, ähnlich der MD&A (vgl. Rz. 50). Item 402(a)(1) Reg. S-K i.V.m. Items 6.B. und 6.E.2. Form 20-F. Als „verbundene Personen“ (related persons) gelten Aufsichtsratsmitglieder ebenso wie Vorstandmitglieder des Emittenten, Aufsichtsratskandidaten, Personen, die mehr als fünf Prozent der Aktien oder anderer Beteiligungspapiere mit Stimmrecht des Emittenten halten sowie die jeweiligen Familienmitglieder der vorgenannten Personen. So z.B. behandelt Guide 2 die Publizität von Öl- und Gasgesellschaften, Guide 3 Banken und Guide 6 behandelt Versicherungsgesellschaften. Reg. S-X Rule 3-01-3-04. Eine Bilanz per Ende des ersten der drei Geschäftsjahre ist jedoch nicht nötig, falls eine Bilanz auf diesen Zeitpunkt von der auf den nicht-amerikanischen Emittenten anwendbaren Rechtsordnung nicht verlangt wird (vgl. SEC Release No. 33-7053 (April 19, 1994)). Item 8 von Form 20-F. Diese Anforderung ist strenger als diejenige, die auf einen amerikanischen Emittenten Anwendung findet vgl. Greene, § 2–158 f. Reg. S-X Rule 10-01(c)(1). Diese Bestimmung findet Anwendung auf Dokumente, die nach mehr als 134 Tagen nach dem Ende des letzten Geschäftsjahres des Emittenten eingereicht werden. Vgl. Rule 3-01(e). Reg. S-X Rule 10-01(c)(2)-(3).
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vorzulegen, dass die Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrages mehr als neun Monate nach den letzten geprüften Abschlüssen erfolgt139. Zusätzlich sind im Herkunftsland publizierte oder zu publizierende Zwischenabschlüsse in den Prospekt aufzunehmen140. US GAAP Reconciliation: Nicht-amerikanische Emittenten können ihre Abschlüsse entweder unter US GAAP oder nach anderen Rechnungslegungsstandards, wie z.B. IFRS, erstellen141. Falls die Abschlüsse nicht nach US GAAP erstellt werden, muss zusätzlich noch eine Überleitungsrechnung (reconciliation) der Abschlüsse zu US GAAP vorgenommen werden. Die Unterschiede zwischen US GAAP und anderen Rechnungslegungsstandards sind zuweilen gross, sodass die Erstellung einer Überleitungsrechnung sehr zeitaufwändig und kostspielig werden kann. Zudem besteht die Gefahr, dass sich die resultierenden Zahlen substantiell von den bis anhin veröffentlichten unterscheiden, was in der Öffentlichkeit zu Missverständnissen führen kann142. Bereits im April 2005 hatte der damalige Chief Accountant der SEC, Don Nicolaisen, eine so genannte „Roadmap“143 für die Abschaffung des Erfordernisses einer Überleitungrechnung für IFRS-Abschlüsse vorgestellt. Im Juli 2007 hat die SEC ein Arbeitspapier zur Stellungnahme veröffentlicht, in dem es die Abschaffung des Erfordernisses einer Überleitungsrechnung vorschlägt144. Es scheint zunehmend wahrscheinlich, dass eine Überleitungsrechnung für IFRS-Abschlüsse in naher Zukunft nicht mehr erforderlich sein wird, bzw. dass sogar amerikanische Emittenten ihre Abschlüsse alternativ entweder unter US GAAP oder IFRS werden veröffentlichen können145.
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Währung für Abschlüsse nicht-amerikanischer Emittenten: Die Entscheidung über die bei der Erstellung der Abschlüsse verwendete Währung liegt gem. Rule 3–20 von Reg. S-X im Ermessen des Emittenten. Gegebenenfalls sind allerdings relevante Devisenbeschränkungen offen zu legen146.
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139 Item 8 von Form 20-F. Die Neun-Monats-Frist wird in gewissen Fällen (z.B. Bezugsrechtsemissionen) auf zwölf Monate verlängert. 140 Form 20-F, Item 8.A.5. 141 Form F-1, Item 4.c., das sich auf Form 20-F, Part III, Item 17(c) bezieht. 142 Um diese Konsequenzen zumindest etwas abzudämpfen, erlaubt die SEC nicht-amerikanischen Erstemittenten, eine Überleitungsrechnung lediglich für die letzten zwei Jahre sowie etwaige Zwischenabschlüsse vorzunehmen (Simplification of Registration and Reporting Requirements for Foreign Companies, SA Release No. 33-7053 (Apr. 19, 1994)) und akzeptiert Kapitalflussrechnungen ohne Überleitungsrechnung, soweit sie im Einklang mit IFRS erstellt wurden. 143 Diese „Roadmap“ setzte die Erreichung einer Reihe von Meilensteinen voraus wie beispielsweise die Angleichung von IFRS und US GAAP, die sorgfältige und einheitliche Anwendung von IFRS durch verschiedene Länder und Benutzer sowie die Entwicklung angemessener und hochwertiger Prüfungsstandards. Die Rede, ist zugänglich unter www.sec.gov/news/speech/spch040605dtn.htm. Mit der erstmaligen Einreichung von IFRS Jahresabschlüssen bei der SEC durch nicht-amerikanische Emittenten wurde 2006 bereits ein wichtiger Meilenstein auf dieser Roadmap erreicht. 144 Acceptance from Foreign Private Issuers of Financial Statements prepared in accordance with International Financial Reporting Standards without Reconciliation to U.S. GAAP vom 2. Juli 2007 (Release Nr. 33-8818). 145 Vgl. auch SEC Chairman Christopher Cox in einer Rede vom 6. März 2007: „… not only I as Chairman but all of us at the SEC are committed to the Roadmap“ (www.sec.gov/news/ speech/2007/spch030607cc.htm). 146 Sollten die Abschlüsse in einer anderen Währung als der des Herkunftslandes erstellt werden, so muss der Emittent den Wechselkurs der entsprechenden Währungen zum letzten
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Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer: Die Abschlüsse eines ein öffentliches Angebot in die USA anstrebenden Emittenten müssen von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Die Anforderungen an die Unabhängigkeit eines Wirtschaftsprüfers wurden durch die von der SEC im Januar 2003 erlassene Rule 2–01 stark erweitert. Rule 2–01 enthält u.a. eine Aufzählung von Leistungen, deren Erbringung durch Wirtschaftsprüfer an die geprüfte Gesellschaft mit der Unabhängigkeit unvereinbar wäre. Die SEC kann die Wirksamkeitserklärung eines Registrierungsantrags aufhalten, bis sie von der Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer überzeugt ist147.
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Historische Abschlüsse der übernommenen Gesellschaft bei Akquisitionen: Unter Umständen muss ein Emittent in seinem Registrierungsantrag gewisse geprüfte Abschlüsse der übernommenen Gesellschaft aufnehmen, sofern eine Akquisition nach den Kriterien von Reg. S-X als wesentlich (significant) zu qualifizieren ist148. Die Wesentlichkeit wird dabei unter einem auf drei unterschiedliche Werte (Bilanzsumme; Gewinn vor Steuern; totale Investitionssumme) abstellenden Test bestimmt. Je nach Relevanz der Akquisition bestimmt sich, welche Abschlüsse der übernommenen Gesellschaft in den Prospekt149 aufzunehmen sind150.
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Pro-Forma-Abschlüsse: Emittenten sind zur Erstellung von Pro-Forma-Abschlüssen151 verpflichtet, wenn im Berichtszeitraum gewisse Akquisitionen, Devestitionen oder sonstige Umstrukturierungen stattfanden, die die Vergleichbarkeit der vorgelegten Zahlen über die Berichtsperiode beeinträchtigen könnten. Notwendigkeit und Umfang der vorzulegenden Pro-Forma-Abschlüsse in Bezug auf Akquisitionen bestimmt sich nach den für die Aufnahme historischer Abschlüsse einer übernommenen Gesellschaft geltenden Kriterien152. Pro-Forma-Abschlüsse sind von unabhängigen
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praktikablen Datum, die Höchst- und Tiefstkurse für jeden der sechs vorangegangenen Monate sowie die Durchschnittskurse für die letzten fünf Geschäftsjahre und alle Zwischenberichtszeiträume offen legen (Reg. S-X Rule 3-20 i.V.m. Item 3 A.3. von Form 20-F). Greene, § 2–138. Rule 3-05 of Reg. S-X. Die entsprechenden Anforderungen gelten nicht für die periodische Berichterstattung auf Form 20-F unter dem Exchange Act. Geprüfte Abschlüsse für ein volles Jahr, wenn die übernommene Gesellschaft 20 %, geprüfte Abschlüsse für zwei Jahre, wenn die übernommene Gesellschaft 40 %, und geprüfte Abschlüsse für drei Jahre, wenn die übernommene Gesellschaft 50 % oder mehr des Emittenten ausmacht, jeweils berechnet im Hinblick auf den jüngsten geprüften Abschluss des Emittenten. Eine US GAAP Reconciliation dieser Abschlüsse ist nur, aber immerhin dann notwendig, wenn die übernommene Gesellschaft 30 % des Emittenten ausmacht (Form 20-F, Item 17 (c) (2) (v). Bei Akquisitionen innerhalb von 74 Tagen vor Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrags oder deren Vornahme im Zeitpunkt, in dem der definitive Prospekt fertiggestellt wird, sehr wahrscheinlich sind, sind Abschlüsse für die übernommene Gesellschaft nur dann nötig, wenn diese 50 % der Zahlen des Emittenten ausmacht (Rule 3-05(4)(b)(4)(i). Zudem werden die Anforderungen an die Aufnahme von Abschlüssen der übernommenen Gesellschaft gleichzeitig mit dem Registrierungsantrag vorgenommene Akquisition erleichtert. S. Rules 11-01 bis 11-03. Pro-Forma-Abschlüsse sollen Investoren ermöglichen, die Folgen einer Transaktion besser abschätzen zu können, indem sie die Verhältnisse des Emittenten so darstellen, als hätten sie während des gesamten Vergleichszeitraums in der Struktur und Form bestanden, wie sie sich nun zum Emissionszeitpunkt präsentiert. Für die Notwendigkeit und den Umfang von Pro-Forma-Abschlüssen für andere Transaktionen ist auf Rule 11-01(a) von Reg. S-X verwiesen.
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Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
Wirtschaftsprüfern nach anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen zu erstellen; die dabei vorgenommenen Annahmen sind im Prospekt im Einzelnen darzustellen.
3. Privatplatzierung a) Übersicht und Arten Die Privatplatzierung bildet im US-Kapitalmarktrecht das Gegenstück zur öffentlichen Emission153. Damit definiert sich die Privatplatzierung zunächst negativ als jede Transaktion, die als nichtöffentliches Angebot keiner SEC-Registrierung unterliegt154. Die Privatplatzierung positiv zu definieren ist deshalb nicht einfach, weil unter diesen Begriff eine ganze Reihe von unterschiedlich motivierten und differenziert geregelten Transaktionen subsumiert werden, die entweder aufgrund ihres sachkundigen Adressatenkreises (z.B. Rule 144A)155, ihres zahlenmäßig limitierten Angebotskreises (z.B. 35 non-accredited investors unter Reg. D) (vgl. hierzu Rz. 79 ff.) oder ihres betragsmäßig limitierten Umfangs (z.B. die entsprechenden Schwellen in Reg. D)156 nicht notwendigerweise die für eine an die Öffentlichkeit gerichtete Emission gestellten Anforderungen erfüllen müssen. Allgemein ist aber unstreitig, dass unter den Begriff der Privatplatzierung insbesondere Transaktionen unter Rule 144A, Section 4(2) SA, Reg. D und „Section 4(1 1/ 2)“ SA fallen.
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Der „transaktionsspezifische“ Ansatz der in Section 5 SA festgehaltenen Registrierungspflicht führt dazu, dass sich sowohl der Emittent als auch die Emissionsbank auf eine Transaktionsausnahme berufen können. Entsprechend lassen sich verschiedene Privatplatzierungen weiter danach unterscheiden, ob sie den Emittenten befreien (so die allgemeine Ausnahmebestimmung für Privatplatzierungen in Section 4(2) SA als auch Reg. D) oder ob sie Weiterverkäufe durch andere Personen als den Emittenten abdecken (so Rule 144A und „Section 4(1 1/ 2)“ SA).
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b) Rule 144A 1990 von der SEC verabschiedet, enthält Rule 144A eine transaktionsspezifische Ausnahme für Weiterverkäufe (resales) von Wertpapieren an bestimmte institutionelle Investoren. Rule 144A ist lediglich auf Weiterverkäufe von Wertpapieren direkt anwendbar und nicht auf die ursprüngliche Ausgabe durch den Emittenten. In der Praxis wird daher die Emission von Wertpapieren vom Emittenten an die Emissionsbanken als Privatplatzierung nach Section 4(2) SA strukturiert, während die Emissionsbanken dann ihrerseits die Wertpapiere unter Anwendung von Rule 144A weiterverkaufen. 153 Zur Klarstellung, dass eine Transaktion Privatplatzierung und nicht etwa öffentliches Angebot ist, wird der Prospekt bei nicht-registrierten Transaktionen üblicherweise als Offering Circular, Offering Memorandum oder Private Placement Memorandum bezeichnet. 154 Im Rahmen einer Privatplatzierung verkaufte Wertpapiere unterliegen aber immer der (weit ausgelegten) Haftung nach Rule 10b-5 (dazu Rz. 149). 155 Bestimmte besonders erfahrene Investoren (sophisticated investors) bedürfen in Einklang mit dem Anlegerschutzprinzip (dazu oben Rz. 8) der formellen Registrierung und der entsprechenden Haftung nicht, um eine informierte Investitionsentscheidung zu treffen. 156 Unternehmen sollten (relativ) kleine Beträge (z.B. bis zu USD 2 Millionen unter Reg. D) unkompliziert und kostengünstig aufnehmen können, ohne dabei die umfangreichen Anforderungen an eine Registrierung erfüllen zu müssen. Cox, Securities Regulation, S. 367.
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aa) Voraussetzungen 68
Angebot ausschließlich an QIBs: Nach Rule 144A (a) erfasst der Begriff Qualified Institutional Buyer (QIB) große institutionelle Investoren, i.e. Investoren mit Portfolios von mindestens USD 100 Mio.157. Als QIBs qualifizieren damit mehr als 2000 institutionelle Investoren158 in den USA.
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Keine Fungibilität mit registrierten Wertpapieren: Die emittierten Wertpapiere159 dürfen nicht einer Klasse von Wertpapieren angehören, die bei der Emission bereits an einer US-Börse notiert ist oder am Nasdaq gehandelt wird. Zugehörigkeit zur selben Klasse bedeutet, dass die Wertpapiere im Wesentlichen identisch sind (fungible)160.
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Keine allgemeine Werbung: Im Zusammenhang mit einer Rule 144A Transaktion darf keine allgemeine Werbung (no general solicitation) vorgenommen werden. Nur auf QIBs ausgerichtete Werbung ist zulässig; zudem gilt der Safe Harbor nach SA Rule 135(e), wonach Presseveröffentlichungen und Pressekonferenzen nicht-amerikanischer Emittenten im Ausland unter gewissen Bedingungen161 zulässig sind.
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Mitteilung des Verkaufs auf Basis von Rule 144A: Gem. Rule 144A(d)(2) muss der Verkäufer angemessene Maßnahmen ergreifen, damit sich der Käufer der Tatsache bewusst ist, dass sich der Verkäufer beim Verkauf der Wertpapiere auf die Ausnahme in Rule 144A stützt. Ein Hinweis auf diese Tatsache im Prospekt reicht aus162. bb) Prospektpflicht
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In einer Rule 144A Transaktion ist der Emittent grundsätzlich163 verpflichtet, künftigen Anlegern auf Anfrage bestimmte Informationen zukommen zu lassen164. Dazu 157 Rule 144A (a). Vgl. auch SEC Release No. 33-6963 (Oct. 22, 1992) und SEC Release No. 33-6862 (Apr. 23, 1990). 158 Damit öffnet Rule 144A nicht-amerikanischen Emittenten den Zugang zu einem praktisch wesentlichen Teil des amerikanischen Kapitalmarkts kostengünstiger und mit weit weniger Verwaltungsaufwand als eine SEC-registrierte Transaktion. 159 American Depositary Receipts werden wie die zugrundeliegenden Wertpapiere behandelt. Heikle Probleme stellen sich zudem bei Zwangsumtauschanleihen (mandatory convertible securities). Vgl. dazu Greene, § 4–27 ff. 160 Um zu bestimmen, ob Aktien oder andere Beteiligungspapiere der gleichen Klasse zuzuordnen sind, wird die gleiche Definition von „Klasse“ angewandt, wie in Section 12(g)(5) SEA (vgl. SEA Release No. 6862 (April 30, 1990)). Wandelanleihen oder Umtauschanleihen und Warrants mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren werden dann wie die zugrundeliegenden Wertpapiere behandelt, wenn die Umwandlungs-, Umtausch- bzw. Ausübungsprämie weniger als 10 % beträgt. Bei der Strukturierung von solchen Transaktionen wird daher typischerweise eine über 10 % liegende Prämie angesetzt. 161 Insbesondere sollte das Angebot nicht nur in die USA gerichtet sein, US und Nicht-US Journalisten die gleichen Informationen zugeleitet werden und alle schriftlich abgegebenen Informationen einen Disclaimer dazu enthalten, dass kein öffentliches Angebot in den USA stattfindet. 162 Greene, § 4–30 f. 163 Ausnahmen bestehen für Emittenten, die bereits periodischen Offenlegungspflichten unter dem Exchange Act unterworfen sind, oder davon nach Rule 12g3-2(b) ausgenommen sind. 164 Werden die Wertpapiere einer 100%igen Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft unbedingt garantiert, muss nur die Muttergesellschaft die Informationspflichten von Rule 144A(d)(4) erfüllen. No Action Letter British Aerospace Public Limited Company (avail. May 9,1990).
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Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
gehören: (1) eine kurze Beschreibung der Geschäftstätigkeit sowie der von ihm angebotenen Produkte und Dienstleistungen, die nicht älter als zwölf Monate sein darf und (2) die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für das vergangene Jahr (geprüft, wenn vorhanden)165, 166. Rule 144A verordnet damit nicht nur eine einmalige, primärmarktbezogene Informationspflicht, sondern sieht zugleich die periodische Zurverfügungstellung laufender Informationen an den Sekundärmarktinvestor vor. Dahinter steht die ratio legis, dass der US-Investor dieselbe laufende Information (in Englisch) über seine Investition erhalten können soll, wie sie dem lokalen Investor im Herkunftsland zur Verfügung steht. Von der periodischen Informationspflicht kann der Emittent allerdings durch Beantragung einer so genannten Rule 12g3–2(b) Exemption entbunden werden (nachfolgend Rz. 109). In der Praxis wird bei Rule 144A-Transaktionen in der Regel ein mit einem SEC-registrierten Prospekt in vieler Hinsicht vergleichbarer Prospekt erstellt, der insbesondere auch Risikofaktoren und eine MD&A enthält. Dabei sind die aus Rule 10b-5 abgeleiteten Offenlegungspflichten zu beachten.
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cc) Prospekthaftung Auf Informationen, die ein Verkäufer gem. Rule 144A zur Verfügung stellen muss, sind die zivilrechtlichen Prospekthaftungsregeln in Section 10 SEA (konkretisiert durch Rule 10b-5) anwendbar167. Entsprechend sollte auch bei Rule 144A Privatplatzierungen eine adäquate Due Diligence durchgeführt werden.
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dd) Exkurs: Exchange Offer Praktisch stellt sich oft das Problem, dass ein Emittent eine Registrierung seiner Wertpapiere an sich vornehmen würde, dass die zur Verfügung stehende Zeit hierfür jedoch nicht ausreicht168. Eine Lösung bietet ein zweistufiges Verfahren, bei dem der Emittent zunächst eine Transaktion unter Rule 144A durchführt und sich gleichzeitig den Investoren gegenüber verpflichtet, die zugeteilten „Restricted Securities“ mit registrierten Wertpapieren gleicher Art und Ausstattung zu ersetzen (exchange offer), sobald die Registrierung durchgeführt ist. Die SEC hat dieses Verfahren in einem No Action Letter169 in Sachen Exxon Capital Holdings Corporation unter gewissen Umständen als zulässig erklärt (daher der Begriff „Exxon Capital Exchange Offer“). 165 Liegt die letzte Bilanz mehr als sechs Monate zurück, muss zudem eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellt werden vom Bilanzstichtag bis zu einem nicht mehr als sechs Monate zurückliegenden Datum. 166 Diese Finanzdaten müssen im Hinblick auf den möglichen Weiterverkauf „reasonably current“ sein. Dafür, was „reasonably current“ bedeutet, enthält Rule 144A(d)(4)(ii) eine Vermutungsregel, wonach im Zeitpunkt des Wiederverkaufs die letzte Bilanz nicht länger als 16 Monate und die letzte Gewinn- und Verlustrechnung nicht länger als zwölf Monate zurückliegen darf. Bei Nicht-US-Emittenten sind dabei die im Heimatland des Emittenten geltenden Regeln relevant. 167 Greene, § 4–32 (außerdem hat der Supreme Court in Gustafson v. Alloyd, 513 U.S. 561 (1995) bestimmt, dass keine Haftung unter Section § 12(a)(2) SA besteht). Für eine Diskussion der Haftung nach Rule 10b-5, vgl. nachfolgend Rz. 149 ff. 168 Steht beispielsweise eine Kapitalaufnahme im Zusammenhang mit einer Akquisition, so muss die Kapitalaufnahme spätestens bei Abschluss der Akquisition durchgeführt sein. 169 No Action Letter Exxon Capital Holdings Corporation, Lexis 682 (May 13, 1988).
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Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
Für amerikanische Emittenten sind solche Umtauschangebote nur zulässig für nicht-konvertierbare Anleihensobligationen sowie gewisse Arten von Vorzugsaktien (preferred stock)170. Nicht-amerikanischen Emittenten erlaubt die SEC darüber hinaus die Erstemission (IPO) von Aktien, nicht aber weitere Aktienplatzierungen171. Viele nicht-amerikanische Emittenten haben sich entschieden, von dieser Option Gebrauch zu machen, sei es im Rahmen eines IPOs, sei es für Fremdkapitalaufnahmen, insbesondere für die Emission von hochverzinslichen Anleihen (high yield bonds)172. c) Section 4(2) Securities Act
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Section 4(2) SA befreit Emittenten vom Registrierungserfordernis in Section 5 SA, sofern es sich um eine Transaktion handelt, die als „not involving any public offering“ betrachtet wird. Diese Ausnahmeregel gilt für die ursprüngliche Ausgabe von Wertpapieren durch den Emittenten, nicht aber durch andere Transaktionsbeteiligte. Die Definition des „öffentlichen Angebots“, die e contrario den Anwendungsbereich von Section 4 (2) SA bestimmt, ist nicht eindeutig173. Bereits 1935 hat die SEC versucht, das Konzept des „öffentlichen Angebots“ durch die Auflistung von vier Faktoren zu konkretisieren: (i) die Zahl der Angebotsempfänger (offerees)174, (ii) die Beziehungen der Angebotsempfänger zum Emittenten und untereinander, (iii) die Zahl der angebotenen Anteile sowie (iv) die Art und den Umfang der Transaktion. In der Folge hat der US-Supreme Court175 präzisiert, dass ein Angebot dann nicht als „öffentlich“ zu qualifizieren sei, wenn für die Anwendung von Section 5 SA kein Bedarf besteht, d.h., wenn das Angebot sich an eine bestimmte Investorenklasse richtet, „die nachweislich für sich selbst sorgen kann“176. 170 No Action Letters Shearman & Sterling (July 2, 1993); Morgan Stanley & Co. Incorporated (June 5, 1991); Greene § 4–46. 171 No Action Letters Grupo Financiero InverMexico, S.A. (April 4, 1995); Corimon C.A.S.A.C.A. (March 22, 1993); Transportación Maritima Mexicana S.A. de C.V. (June 8, 1992); Vitro S.A. (November 9, 1991). Cox, Securities Regulation, 497; Greene, § 4–47. 172 Der Emittent bezahlt in der Regel einen pauschalisierten Schadensersatz (als erhöhte Zinsen auf die Wertpapiere oder in anderer Form), wenn der Emittent das Umtauschangebot nicht an einem bestimmten Datum vollzieht. Vgl. auch Cox, Securities Regulation, 497. 173 Cox, Securities Regulation, S. 383, mit Verweis auf Loss/Seligman, S. 307. 174 Der General Counsel der SEC hat die Meinung vertreten, dass weniger als 25 Angebotsempfänger „in der Regel erlaubt sind“ (SEC Release No. 33-285 [Jan. 24, 1935]). 175 SEC v. Ralston Purina Co., 346 U.S. 119 (1953). In SEC v. Ralston Purina Co., hat der Emittent eine große Anzahl nicht registrierter Aktien an nicht der Unternehmensleitung zugehörige Mitarbeiter ausgegeben. Das Gericht hat entschieden, dass die Ausnahmebestimmung von Section 4(2) SA darauf keine Anwendung findet, weil die Investoren keinen Zugang zu der Art von Information hatten, die durch einen Registrierungsantrag offengelegt worden wäre. Für eine detailliertere Beschreibung des Falles sowie der gestützt darauf erlassenen weiteren Gerichtsentscheidungen, vgl. statt vieler Loss/Seligman, S. 355 ff. 176 „Those who are shown to be able to fend for themselves“, SEC v. Ralston Purina Co., S. 125. Dafür, wie die „Fähigkeit eines Investors, für sich selber zu sorgen“ zu beurteilen ist, ist nicht lediglich dessen Vertrautheit mit dem Kapitalmarkt (market sophistication) wichtig, sondern auch seine Beziehung zum Emittenten und damit sein Zugang zu Informationen, wie sie bei einer Registrierung offen gelegt würden. Für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregel würde z.B. die Tatsache sprechen, dass Angebotsempfänger besonderen Zugang zu Informationen über den Emittenten haben. Cox, Securities Regulation, S. 385.
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§ 37
Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
Zur Verwendung eines Prospekts gibt es keine Vorschriften. In der Praxis ist es üblich, im Rahmen einer Section 4(2) SA Privatplatzierung einen Prospekt zu erstellen, der den Anforderungen der aus Rule 10b-5 abgeleiteten Offenlegungspflichten genügt. Auf die Informationen, die ein Verkäufer gem. Section 4(2) SA potentiellen Käufern zur Verfügung stellt, sind die zivilrechtlichen Prospekthaftungsregeln in Section 10 SEA (konkretisiert durch Rule 10b-5) anwendbar177. Entsprechend sollte auch bei Section 4(2) SA Privatplatzierungen eine adäquate Due Diligence durchgeführt werden.
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d) Regulation D (Rules 501–508) Zwar hatten sich auf der Grundlage von Ralston Purina und weiteren Entscheidungen bestimmte Dokumentationspraktiken zu Section 4(2) SA entwickelt. Die Rechtslage war jedoch zu wenig eindeutig, um Emittenten Rechtssicherheit zu bieten178. Die SEC reagierte mit dem Erlass der Rule 506 unter Reg. D179.
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aa) Voraussetzungen180 Angebot ausschließlich an bestimmte Investoren. Reg. D erlaubt Verkäufe an eine unbegrenzte Zahl von Accredited Investors (vgl. Rule 501(e)(iv))181. Da die Einhaltung der Einkommens- und Vermögenskriterien für von der Definition des Accredited Investor erfasste Privathaushalte einerseits problematisch sein kann und da deren Beteiligung andererseits für die Durchführung einer Platzierung meist nicht erforderlich ist, werden in der Praxis Reg. D Transaktionen auf institutionelle Accredited Investors (institutional accredited investors)182 beschränkt. Reg. D erlaubt zusätzlich 177 Greene, § 4–32 ff. Für eine Diskussion der Haftung nach Rule 10b-5 vgl. nachfolgend Rz. 149 ff. 178 Statt vieler Cox, Securities Regulation, S. 400. 179 Z.B. Greene, § 4–10 ff. Technisch enthält Regulation D drei Safe Harbor-Ausnahmen von der Registrierungspflicht gem. Securities Act. Lediglich Rule 506 stützt sich dabei auf Section 4(2) SA und steht neben der gesetzlichen Bestimmung zur Verfügung. Vgl. Soderquist, § 6–21. Rule 503 und 504 stützen sich auf Rechtsetzungskompetenzen der SEC unter Section 3(b) SA, wonach die SEC ermächtigt ist, Ausnahmen von der Registrierung für de minimis-Emissionen zu schaffen. Dieser Abschnitt konzentriert sich angesichts ihrer praktischen Bedeutung auf Rule 506. 180 Die Nichterfüllung einzelner Voraussetzungen von Regulation D bedeutet nicht, dass Section 4(2) SA selbst nicht dennoch Anwendung finden kann. Im Lichte dieses Umstands entscheiden sich viele Emittenten in der Praxis dafür, lediglich den allgemeinen Grundgedanken von Reg. D zu folgen, ohne zu versuchen, auch formell alle Voraussetzungen einzuhalten. So ziehen es gerade nicht-amerikanische Emittenten oft vor, generell den Kontakt mit der SEC zu vermeiden und entscheiden sich daher gegen die Einreichung von Form D. Viele Privatplatzierungen – obgleich streng nach dem Vorbild von Reg. D strukturiert – stützen sich deshalb dogmatisch auf Section 4(2) SA. 181 Der in Rule 501(a) definierte Begriff des Accredited Investor umfasst unter anderem Finanzinstitutionen, Pensionskassen (pension plans), Versicherungsgesellschaften, gewisse Versorgungspläne für Mitarbeiter (employee benefit plans), Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder oder Gesellschafter des Emittenten, Individuen oder Ehepaare mit einem Netto-Privatvermögen von über USD 1 Mio., sowie Individuen mit einem Jahreseinkommen von über USD 200 000 in den vorhergegangen zwei Jahren (bei Ehepaaren: USD 300 000), letztere jedoch nur, wenn auch im laufenden Jahr dieses Einkommen zu erwarten ist. 182 Dieser Begriff entstammt der Praxis und ist daher in Reg. D selbst nicht zu finden.
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§ 37
Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
den Einbezug von bis zu 35 Non-Accredited Investors (vgl. Rule 506(b)(2)(i)), wobei der Emittent ein begründetes Vertrauen nachweisen muss, dass diese erfahren genug sind, um die mit einer Investition verbundenen Risiken abwägen zu können183. 81
Keine allgemeine Werbung: Wie bei allen Arten von Privatplatzierungen darf auch im Zusammenhang mit einer Reg. D Transaktion keine allgemeine Werbung vorgenommen werden (vgl. Rule 502 (c)).
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Kein Verkauf an Underwriter: Der Emittent muss angemessene Sorgfalt walten lassen, um sicherzustellen, dass es sich bei den potentiellen Investoren nicht um Underwriter handelt, d.h. um Personen, die die in Frage stehenden Wertpapiere zum Weiterverkauf erwerben (vgl. Rule 502(d)).
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Einreichung von Form D: Reg. D verlangt die Anzeige einer unter Berufung auf sie durchgeführten Transaktion bei der SEC durch Einreichung von Form D innerhalb von 15 Tagen nach Verkauf der Wertpapiere (vgl. Rule 503). Ab dem 16.3.2009 ist Form D zwingend elektronisch einzureichen.184 bb) Prospektpflicht
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Die Prospektpflicht nach Reg. D richtet sich insbesondere danach, ob neben den Accredited Investors auch Non-Accredited Investors angesprochen werden. Sollte letzteres der Fall sein, unterliegt der Emittent im Wesentlichen denselben Informations- und Offenlegungspflichten wie bei einer registrierten Emission (vgl. Rule 502(b)(2)(i)(c)). Ansonsten gibt es jedoch in Reg. D keine Vorschriften zur Verwendung eines Prospekts. Es ist aber üblich, einen Prospekt zu erstellen, der den aus Rule 10b-5 abgeleiteten Offenlegungspflichten genügt. cc) Prospekthaftung
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Auf die Informationen die ein Verkäufer gem. Reg. D den potentiellen Käufern zur Verfügung stellt, sind die zivilrechtlichen Prospekthaftungsregeln in Section 10 SEA (konkretisiert durch Rule 10b-5) anwendbar185. Entsprechend sollte bei Reg. D Privatplatzierungen eine adäquate Due Diligence durchgeführt werden. e) Section 4(1 1/ 2) Securities Act
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Section 4(2) SA ist lediglich auf eine Privatplatzierung durch den Emittenten anwendbar. Nach dem Gesetzeswortlaut wäre damit eine von einer Emissionsbank durchgeführte Privatplatzierung nicht zulässig, auch wenn ansonsten die Voraussetzungen von Section 4(2) SA eingehalten würden186. Nach h.L. wird hier eine (echte) Lücke im Securities Act gesehen, die unter analoger Anwendung von Section 4(2) SA
183 Rule 506(b)(2)(ii). Praktisch wird dies durch so genannte Investor Letters bestätigt (vgl. hierzu Rz. 89). 184 Form D kann bereits ab dem 15.9.2008 auf freiwilliger Basis elektronisch eingereicht werden. 185 Greene, § 4–32 ff. Für eine Diskussion der Haftung nach Rule 10b-5 s. Rz. 149 ff. 186 Auch Section 4(1) SA hilft hier nicht, werden doch nur, aber immerhin, alle jene Transaktionen von der Registrierungspflicht ausgenommen, die von Personen ausgeführt werden, die weder Emittent noch Emissionsbank, Underwriter oder Dealer sind.
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Aspekte der US-amerikanischen Securities Laws
zu füllen ist187. Entsprechend gelten die zu Section 4(2) SA gemachten Ausführungen mutatis mutandis. Die Praxis bezeichnet solche Transaktionen als „Section 4(1 1/ 2)“ SA Transaktionen. f) Die Problematik der „Integration“ verschiedener Transaktionen Bei der Entscheidung, ob es sich bei einer bestimmten Transaktion um eine Privatplatzierung handelt, beschränkt sich die SEC nicht auf eine isolierte Analyse der konkret in Frage stehenden Transaktion. In die Analyse miteinbezogen werden vielmehr alle anderen (im zeitlichen Zusammenhang durchgeführten) Wertpapiertransaktionen (sowohl öffentliche Angebote als auch andere Privatplatzierungen) des Emittenten und von dem Emittenten nahestehenden Personen (affiliates). Sofern in einem gewissen Zeitraum mehrere Transaktionen desselben Emittenten oder seiner Affiliates stattgefunden haben, kann somit ein Risiko bestehen, dass die SEC eine Reihe von vermeintlich unabhängigen Transaktionen als eine einheitliche Transaktion behandelt („integriert“), woraus die Frage resultiert, ob die angerufene Ausnahmevorschrift weiter Anwendung findet. Diese Frage ist im Securities Act nicht eindeutig geregelt188. Die SEC verwendet jedoch eine Reihe von Kriterien, welche bei der Frage nach einer möglichen Integration von verschiedenen Transaktionen zu berücksichtigen sind. Als Faustregel gilt zunächst, dass Transaktionen, die mehr als sechs Monate auseinanderliegen, grundsätzlich nicht integriert werden. Bei innerhalb dieses Zeitraums abgeschlossenen Transaktionen beurteilt die SEC die Frage nach der Integration aufgrund folgender fünf Kriterien: (i) ob es sich bei den Transaktionen um Teile eines einheitlichen Finanzierungsplanes handelt; (ii) ob bei verschiedenen Transaktionen dieselbe Klasse von Wertpapieren ausgegeben wurde; (iii) ob die Transaktionen zumindest ungefähr zum gleichen Zeitpunkt stattfanden; (iv) ob der Emittent bei allen Transaktionen dieselbe Art von Gegenleistung (consideration) erhält; und (v) ob mit den fraglichen Transaktionen derselbe allgemeine Zweck verfolgt wird189.
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g) Maßnahmen der Praxis bei Privatplatzierungen zur Sicherstellung ihrer Rechtsnatur Wegen der sehr ungünstigen Rechtsfolgen einer Recharakterisierung einer Privatplatzierung als öffentliches Angebot haben sich in der Praxis bei Privatplatzierungen bestimmte Verfahrensschritte durchgesetzt, deren Einhaltung empfohlen wird, um die Rechtssicherheit in Bezug auf die Verfügbarkeit der Privatplatzierungsausnahme zu erhöhen190. Bei Rule 144A Transaktionen, die sich an eine Vielzahl von US-Investoren richten, wäre die Einhaltung aller nachfolgend dargelegten Schritte allerdings teilweise oft unpraktikabel (so z.B. die Abgabe von Investor Letters). 187 Bei „Section 4(1 1/ 2)“ SA handelt es sich weder um eine gesetzlich kodifizierte Regel noch wurde die entsprechende Praxis von der SEC jemals formell anerkannt. 188 Allerdings hat die SEC vor kurzem eine Safe Harbor-Regel erlassen, Rule 155, die zumindest für die Fälle Klarheit schafft, in denen eine Privatplatzierung auf ein abgebrochenes öffentliches Angebot folgt oder umgekehrt. 189 Diese ursprünglich in einem SA Release No. 4552 (November 6, 1962) begründete Praxis wurde von der SEC in jüngeren No Action Letters (Black Box Incorporated (June 26, 1990) Black Box Incorporated (February 28, 1992); Squadron, Ellenoff, Pleasant and Lehrer, (February 28, 1992) bestätigt. 190 Cox, Securities Regulation, S. 400; Greene, § 4–13 f.
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I.d.R. holt der Emittent, von den Anlegern einen so genannten Investor Letter ein. In diesem Schreiben, dessen Ausgestaltung sich je nach der in Frage stehenden Privatplatzierung unterscheidet, erklären Anleger u.a. dass sie sich bewusst sind, dass die in Frage stehenden Wertpapiere nicht registriert sind, dass sie selbst in eine entsprechende Anlegerkategorie fallen, und dass sie alle Informationen erhalten haben, die sie zur in Frage stehenden Investition verlangt haben. Investoren bestätigen außerdem, dass sie die Wertpapiere nicht mit Blick auf einen späteren allgemeinen Vertrieb erwerben. Zweitens sollten die durch Privatplatzierung ausgegebenen Wertpapiere ausdrückliche Transferbeschränkungen (transfer restrictions; auch legends genannt) enthalten191. Drittens ist es ratsam, die durch Privatplatzierung ausgegebenen Wertpapiere in so hohen (Mindest-)Stückelungen zu denominieren, dass sich i.d.R. nur institutionelle Investoren den Kauf leisten können. Viertens sollte der Emittent (und, sofern sinnvoll, andere Transaktionsbeteiligte) im Übernahmevertrag verpflichtet werden, die Einhaltung der von der verwendeten Ausnahmevorschrift geforderten Voraussetzungen zu garantieren (z.B. keine allgemeine Werbung). Schließlich wird meist eine so genannte No Registration Opinion verlangt, in der US-Anwälte bestätigen, dass die Transaktion nicht bei der SEC registriert werden muss192. h) Handelbarkeit der im Rahmen einer Privatplatzierung ausgegebenen Wertpapiere aa) Weiterverkauf unterliegt Transferbeschränkungen
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Bei Wertpapieren, die bei einer Privatplatzierung erworben wurden, handelt es sich – zumindest für eine gewisse Zeit nach Ausgabe der Wertpapiere – um beschränkt transferierbare Wertpapiere (restricted securities)193, 194. Das leuchtet ein, könnte doch andernfalls der durch die SEC-Registrierung bezweckte Anlegerschutz leicht umgangen werden. Dennoch gibt es Möglichkeiten, solche Wertpapiere zu transferieren: Zunächst ist es zulässig, beschränkt transferierbare Wertpapiere im Rahmen einer weiteren Privatplatzierung zu übertragen. Zudem können beschränkt transferierbare Wertpapiere an nicht-amerikanische Investoren weiterverkauft werden195. Schließlich können beschränkt transferierbare Wertpapiere unter Rule 144 übertragen werden. bb) Rule 144196
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Rule 144 bietet Investoren eine Möglichkeit, beschränkt transferierbare Wertpapiere über eine Sekundärmarkttransaktion an US-Investoren weiterzuverkaufen. Rule 144 191 Greene, § 4–14. 192 Um eine No Registration Opinion abgeben zu können, muss der US-Anwalt sicherstellen, dass z.B. keine allgemeine Werbung vorgenommen wurde. 193 Greene, § 4–12. 194 Beschränkt transferierbare Wertpapiere können darüber hinaus auch aus anderen von der Registrierung ausgenommenen Transaktionen herrühren, so z.B. aus nicht-registrierten Mitarbeiteraktien- und Optionsplänen unter Rule 701 SA (vgl. Rule 144 (a)(3)). 195 Aus amerikanischer Sicht ist dies durch die Safe Harbor-Regel von Reg. S ausdrücklich zugelassen; selbstverständlich sind die entsprechenden Regeln des auf die jeweiligen Investoren anwendbaren Kapitalmarktrechts zusätzlich zu beachten. 196 Rule 144 ist nicht zu verwechseln mit Rule 144A. Rule 144 wurde von der SEC am 15.11.2007 mit Wirkung seit 15.2.2008 revidiert, mit dem Ziel, die öffentliche und private Kapitalaufnahme zu vereinfachen und die Offenlegung zu erleichtern.
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findet auf Verkäufe des Emittenten keine Anwendung197. Die Verfügbarkeit von Rule 144 hängt von der Qualifikation des Investors ab. Dabei wird zwischen mit dem Emittenten in einem besonderen Verhältnis stehenden Investoren (affiliates)198 und sonstigen Investoren (non-affiliates) unterschieden. Non-Affiliates: Non-Affiliates können beschränkt transferierbare Wertpapiere unter Beachtung einer sechsmonatigen Haltefrist, vom Zeitpunkt des Wertpapiererwerbs an gerechnet199, verkaufen, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
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– Der Emittent unterliegt seit mindestens 90 Tagen vor dem Wertpapierverkauf der Offenlegungspflicht der Sec. 13 oder 15(d) des SEA und ist in den zwölf200 dem Wertpapierverkauf vorangegangenen Monaten sämtlichen unter diesen Bestimmungen auferlegten Pflichten nachgekommen201. Ist die 90-Tage-Frist nicht eingehalten, beträgt die minimale Haltefrist ein Jahr202. – Die Verkäufe der Wertpapiere müssen von einem Finanzintermediär203 abgewickelt werden und der Verkäufer darf keine besonderen Verkaufsanstrengungen unternehmen oder irgendwelche Zahlungen leisten, außer einer typischen Maklerkommission. – Übersteigen die Verkäufe im Verlauf eines Drei-Monats-Zeitraums entweder (i) 5 000 Anteile oder (ii) einen Verkaufserlös von USD 50 000, muss der Verkäufer ein Form 144 bei der SEC einreichen, das die wesentlichen Parameter der Transaktion enthält. Nach Ablauf einer einjährigen Haltefrist können Non-Affiliates ihre erworbenen Wertpapiere frei veräußern, d.h., sie sind nicht mehr an die vorstehend dargestellten Voraussetzungen gebunden. Affiliates: Affiliates können beschränkt transferierbare Wertpapiere unter denselben Voraussetzungen wie Non-Affiliates verkaufen, sofern folgende zusätzliche Voraussetzung erfüllt ist:
197 Underwriter können grundsätzlich die Rule 144-Ausnahme nicht verwenden, weil sie die Wertpapiere nicht aus einer Privatplatzierung erworben haben. Die SEC hat jedoch Underwritern erlaubt, die Ausnahmebestimmung von Rule 144 zu nutzen, wenn (i) sie die zu verkaufenden Wertpapiere ursprünglich im Rahmen einer registrierten Transaktion erworben haben und (ii) mindestens zwei Jahre seit dem letzten Verkauf aus dieser registrierten Transaktion vergangen sind. Loss/Seligman, S. 431 (mit Verweis auf: Sec. Act Rels. 6267, 21 SEC Dock. 1052, 1081n. 100 (1981); 6099, 17 SEC Dock. 1422, 1426n. 8 (1979)). 198 Gem. Rule 405 SA wird Affiliate definiert als: „a person that directly, or indirectly through one or more intermediaries, controls or is controlled by, or is under common control with, the person specified.“ 199 Die Berechtigung der Haltefrist ist in Rule 144 (d)(iii) beschrieben. Die Ein-Jahres-Frist beginnt zu laufen, sobald die Wertpapiere gekauft und vollständig bezahlt worden sind. 200 Bzw. falls der Emittent erst für einen kürzeren Zeitraum berichterstattungspflichtig ist, in diesem kürzeren Zeitraum. 201 Rule 144(d)(1)(i). 202 Rule 144(d)(1)(ii). 203 Es muss sich um Maklertransaktionen (brokers’ transactions) im Sinne von Sec. 4(4) SA, um Transaktionen mit einem Market Maker im Sinne von Sec. 3(a)(38) SEA, oder um Riskless Principal-Transaktionen, bei denen ein Händler gleichzeitig eine bestimmte Anzahl Wertpapiere zum gleichen Preis und Konditionen (mit Ausnahme der Kommission) kauft und verkauft, handeln.
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– Verkäufe dürfen innerhalb eines Drei-Monats-Zeitraums entweder (i) 1 % der relevanten Klasse von Wertpapieren oder (ii) das durchschnittliche wöchentliche Handelsvolumen für die jeweiligen Wertpapiere nicht überschreiten, je nachdem, welcher Betrag höher ist204. Anders als Non-Affiliates sind Affiliates zeitlich unbeschränkt an die Voraussetzungen für den Verkauf beschränkt transferierbarer Werpapiere gebunden. cc) Beschränkte Handelbarkeit in PORTAL 94
Um die Liquidität des Sekundärmarkts in beschränkt transferierbaren Wertpapieren unter QIBs zu erhöhen205, genehmigte die SEC im Zusammenhang mit dem Erlass von Rule 144A die Schaffung eines von der NASD betriebenen computergestützten Handelssystems unter dem Namen Private Offerings, Resales and Trading through Automated Linkages („PORTAL“)206. PORTAL steht lediglich Investoren zur Verfügung, denen von der NASD bestätigt wurde, dass sie QIB i.S. von Rule 144A sind. Praktisch ist die Bedeutung des Handels in PORTAL jedoch beschränkt. i) Rule 801
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Die SEC hat im Jahre 2000 Rule 801 erlassen207, die nicht-amerikanischen Emittenten eine zusätzliche Ausnahme von der Registrierungspflicht für den Fall von Bezugsrechtsemissionen, d.h. Kapitalerhöhungen unter Gewährung von Bezugsrechten an bestehende Aktionäre, gewährt. Ansonsten würde bereits das Angebot von Bezugsrechten bzw. von neu zu beziehenden Aktien an bestehende US-Aktionäre eines nicht-amerikanischen Unternehmens eine Registrierung der Bezugsrechte bzw. Aktien bedingen. Dies hatte oft die Konsequenz, dass US-Aktionäre bei Bezugsrechtsemissionen nicht angesprochen wurden208.
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Rule 801 erlaubt den Einbezug von US-Aktionären ins Bezugsangebot, sofern diese nicht mehr als 10 % der im Umlauf befindlichen Anteile der Wertpapierklasse besitzen, auf die sich die Bezugsrechtsemission bezieht209 und soweit die Ausübungsbedingungen für amerikanische und nicht-amerikanische Aktionäre gleichwertig sind210. In diesem Fall hat der Emittent eine englische Übersetzung der im Herkunftsland an die Aktionäre versandten Dokumente (in der Regel ein Bezugsangebot 204 Rule 144(e)(1). Im Falle eines Verkaufs von Schuldtiteln darf der Verkauf die in Rule 144(e)(1) aufgeführten Parameter und zusätzlich 10 % des Kapitalbetrags der ausgegebenen Tranche nicht überschreiten. 205 Cox, Securities Regulation, S. 497; Greene § 4–52 (bezugnehmend auf SEC Release 34–27956 (Apr. 23, 1990)). 206 Statt vieler Johnson/McLaughlin, § 7.08[f]. 207 SEC Release 33–7759. 208 Oft besteht allerdings für nicht-amerikanische Unternehmen bei Bezugsrechtsemissionen unter anwendbarem nationalen Recht eine Pflicht zur Gleichbehandlung aller Aktionäre. 209 Der Prozentsatz an Aktionären wird gem. Rule 800(h) berechnet. Wertpapiere, die American Depositary Shares unterlegen sowie Wertpapiere, die in Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind, wandelbar sind, werden einbezogen und das Eigentum wird gem. SEA Rule 12g3-2(a) berechnet. Sollte auch nach aufwändigen Abklärungen eine Berechnung nicht möglich sein, darf der Emittent annehmen, dass die Klienten eines Nominee ihren Wohnsitz am Hauptgeschäftssitz des Nominee haben. 210 Rule 801(a)(1)–(3).
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oder ein Prospekt) auf Form CB bei der SEC einzureichen211. Außerdem muss der Emittent einen Prozessvertreter (agent for service of process) in den USA ernennen und die entsprechende Information auf Form F-X bei der SEC einreichen. Praktisch hat Rule 801 nur eine geringe Bedeutung erlangt. Zunächst ist es oft schwierig, innerhalb angemessener Frist verlässliche Angaben über die Anzahl der US-Aktionäre zu erhalten. Auch ist der relevante Zeitpunkt für die Frage, ob weniger als 10 % US-Aktionäre vorliegen, der Beginn der Bezugsfrist212. Zudem unterliegen die auf Form CB bei der SEC eingereichten Dokumente der Haftung gem. Rule 10b-5.
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4. Angebote und Verkäufe außerhalb der USA – Regulation S a) Übersicht Obwohl der territoriale Anwendungsbereich des US-Kapitalmarktrechts sehr weit reicht, ergibt sich im Umkehrschluss aus den Vorschriften von Reg. S213, dass für die Anwendbarkeit der Securities Laws zumindest ein gewisser (wenngleich oft minimaler) US-Bezug erforderlich ist. Gem. Rule 901 SA werden nämlich nur solche „Angebote“ und „Verkäufe“ von Wertpapieren vom Anwendungsbereich von Section 5 SA (und damit der Registrierungspflicht) erfasst, die innerhalb der USA stattfinden, nicht jedoch solche, die „außerhalb der USA“ vollzogen werden.
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b) Allgemeine Voraussetzungen Damit ein Angebot oder ein Verkauf als „außerhalb der USA“ vollzogen gilt, ist gem. Rule 903(a) SA sicherzustellen, dass es sich um Transaktionen ohne jeden US-Bezug (offshore transactions) handelt und dass keine gezielten Verkaufsanstrengungen (no directed selling efforts) in den USA oder in Bezug auf US-Personen (U.S. persons) unternommen werden.
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Transaktionen ohne US-Bezug: Gem. Rule 902(h) SA hat ein Angebot oder Verkauf grundsätzlich dann keinen US-Bezug wenn (1) sich das Angebot nicht an eine Person in den USA richtet214 und (2) entweder (i) der Käufer sich zum Zeitpunkt der Annahme außerhalb der USA befindet bzw. der Verkäufer vernünftigerweise davon ausgegangen ist oder (ii) die Transaktion über einen physischen Trading Floor einer ausländischen Börse abgewickelt wird.
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Keine gezielten Verkaufsanstrengungen in den USA: Gem. Rule 902(c) SA gelten als gezielte Verkaufsanstrengungen in den USA alle Aktivitäten die darauf abzielen bzw. von denen vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie den amerikanischen Markt für die angebotenen Wertpapiere konditionieren. Ausdrücklich nicht erlaubt
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211 Soweit diese Dokumente in den USA an Aktionäre verteilt werden, müssen sie mit einer Legende versehen werden (vgl. Rule 801(a)(6)(b)). 212 Zu spät, um bei unerwarteter Überschreitung der 10 %-Schwelle noch reagieren zu können. 213 Rules 901-905 SA. 214 Nicht erfasst werden beispielsweise auch bestimmte treuhänderisch verwaltete Konten (discretionary accounts), die von in den USA ansässigen Wertpapierhändlern oder sonstige Vermögensverwaltern (professional fiduciaries) für Nicht-US-Personen geführt werden. Vgl. Rule 902(h)(3) i.V.m. Rule 902(k)(2)(i) SA.
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sind Anzeigen mit Hinweisen auf das Wertpapierangebot in Publikationen mit einer allgemeinen Verbreitung in den USA215. c) Kategorie 1, Kategorie 2 und Kategorie 3 Angebote 102
Abhängig von der Art der angebotenen Wertpapiere und davon, ob an den betroffenen Wertpapieren im US-Markt ein erhebliches Interesse (substantial U.S. market interest/SUSMI) besteht, unterscheidet Rule 903 SA zwischen drei verschiedenen Kategorien von Angeboten:
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Kategorie 1 (Rule 903(b)(1) SA) erfasst Angebote von Wertpapieren nicht-amerikanischer Emittenten, an denen im US-Markt kein erhebliches Interesse besteht216. Ob im US-Markt ein erhebliches Interesse an der relevanten Wertpapierklasse besteht, ist gem. Rule 902(j) SA für Beteiligungspapiere (equity securities)217 und Forderungspapiere (debt securities)218 unterschiedlich zu bestimmen.
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Unter Kategorie 2 (Rule 903(b)(2) SA) fallen Wertpapiere, an denen im US-Markt ein erhebliches Interesse besteht (SUSMI). Angebote unter Kategorie 2 beziehen sich auf Beteiligungspapiere nicht-amerikanischer Emittenten mit Berichterstattungspflichten unter dem Exchange Act, oder auf Forderungspapiere nicht-amerikanischer Emittenten ohne Berichterstattungspflichten. Sie unterliegen während einer 40-tägigen so genannten Distribution Compliance Period bestimmten Beschränkungen219.
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Unter Kategorie 3 (Rule 903(b)(3) SA) fallen schliesslich alle übrigen Wertpapiere, die nicht unter Kategorie 1 oder 2 fallen. Forderungspapiere müssen bis zum Ablauf ei215 Rule 902(c)(2) erhält hierzu detaillierte Regelungen. Für Presseveröffentlichungen und Pressekonferenzen im Ausland sind außerdem auch in diesem Zusammenhang die Safe Harbor-Regelungen in Rule 135(e) SA relevant. Vgl. hierzu Rz. 70 sowie allgemein zu den Publizitätsvorschriften Rz. 174 f. 216 Außerdem erfasst werden bestimmte Angebote, die lediglich an Investoren in einem einzigen fremden Land gerichtet sind (overseas directed offering), Angebote von Wertpapieren die von einer ausländischen Regierung (foreign government) garantiert werden sowie Angebote an nicht-amerikanische Mitarbeiter im Rahmen von Beteiligungsplänen. 217 Ein SUSMI besteht für Beteiligungspapiere wenn entweder (1) Börsen oder Handelplattformen in den USA den größten Einzelmarkt für die Wertpapierklasse im vergangenen Jahr darstellten oder (2) mehr als 20 % des Gesamthandels der Wertpapierklasse an US Börsen oder Handelsplattformen stattfanden und weniger als 55 % des Handels in einem einzigen fremden Land. 218 Ein SUSMI besteht für Forderungspapiere eines Emittenten, wenn sämtliche der folgenden Vorraussetzungen erfüllt sind: (1) insgesamt halten mehr als 300 US-Personen Forderungspapiere des Emittenten, (2) US-Personen halten Forderungspapiere des Emittenten im Wert von über USD 1 Milliarde, und (3) die von US-Personen gehaltenen Papiere stellen 20 % oder mehr des gesamten ausstehenden Betrages and Forderungspapieren dar. 219 Gem. Rule 902(g) SA müssen sich alle am Vertrieb der Wertpapiere Beteiligten (distributors) schriftlich verpflichten, Angebote und Verkäufe vor Ablauf der Distribution Compliance Period nur in Übereinstimmung mit Reg. S, auf Grundlage eines wirksamen Registrierungsantrages, oder einer gültigen Ausnahme vom Registrierungserfordernis vorzunehmen. Außerdem müssen alle Angebotsmaterialien (außer Pressemitteilungen) Warnhinweise (legends) enthalten, dass die Wertpapiere nicht unter dem Securities Act registriert sind und entsprechend nur dann in den USA oder US-Personen angeboten oder verkauft werden dürfen, wenn diese entweder registriert werden oder eine Ausnahmeregelung verfügbar ist. Diese Warnhinweise müssen auf dem Deckblatt oder der Titelseite sowie im Abschnitt über die Emissionsbanken im Prospekt enthalten sein und außerdem in allen Werbemitteilungen des Emittenten oder eines Distributors.
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ner 40-tägigen Distribution Compliance Period durch eine vorübergehende globale Urkunde (temporary global security) verkörpert sein. Für Beteiligungspapiere gilt eine einjährige Distribution Compliance Period während der weitere Beschränkungen zur Verhinderung eines Weiterverkaufs an US Personen beachtet werden müssen. Namentlich für amerikanische Emittenten gestaltet sich die Umsetzung und Einhaltung dieser zusätzlichen Beschränkungen als äusserst schwierig.
VI. Die Sekundärmarktregelung im Exchange Act 1. Die Registrierung von Wertpapieren unter dem Exchange Act a) Einleitung Unter dem Exchange Act werden sämtliche Wertpapiere einer Klasse registriert und zwar unabhängig davon, ob alle oder nur einzelne Wertpapiere dieser Klasse öffentlich angeboten werden. So müssen z.B. Wertpapiere eines nicht-amerikanischen Emittenten, die an einer US-Börse im Wege einer Zweitnotierung zugelassen werden sollen, ohne dass sie zuvor öffentlich in den USA angeboten wurden, nicht unter dem Securities Act, wohl aber unter dem Exchange Act registriert werden220. Diese Registrierungspflicht gilt grundsätzlich für amerikanische und nicht-amerikanische Emittenten gleichermaßen.
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b) Die Registrierungspflicht Notierte Wertpapiere: Section 12(b) SEA verlangt die Registrierung aller Wertpapiere, die entweder an einer US-Börse notiert sind oder für die Kurse an der Nasdaq notiert werden.
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Übersteigen gewisser Schwellenwerte: Section 12(g) SEA verlangt die Registrierung aller Aktien oder sonstiger Beteiligungsrechte (mit Stimmrechten) eines Emittenten, wenn dieser mehr als 500 Anteilsinhaber hat (wovon bei einem nicht-amerikanischen Emittenten mehr als 300 Anteilsinhaber mit Wohnsitz in den USA) und wenn die Bilanzsumme des Emittenten USD 10 Mio. überschreitet221, und zwar unabhängig davon, ob der nicht-amerikanische Emittent zur Verbreitung seiner Aktien in die USA aktiv beigetragen hat oder nicht222.
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Nicht-amerikanische Emittenten können allerdings die Registrierung gem. Section 12(g) SEA durch die Gewährung einer so genannten Rule 12g3–2(b) Exemption seitens der SEC vermeiden223. Sie wird gewährt, wenn sich der nicht-amerikanische
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220 Zur Unterscheidung zwischen der Registrierung von Wertpapieren nach dem Securities Act und nach dem Exchange Act vgl. oben Rz. 25. 221 Rule 12g-1. Diese Registrierung hat innerhalb von 120 Tagen nach demjenigen Geschäftsjahr, an dessen Ende der Emittent die Schwellenwerte von Section 12(g) SEA erreicht hat, zu erfolgen. Die SEC erklärt den Registrierungsantrag innerhalb von 60 Tagen für wirksam. 222 Gewisse nicht-amerikanische Emittenten registrieren ihre Aktien freiwillig gem. Section 12(g) SEA, z.B. damit für diese Wertpapiere ein Kurs am OTC Bulletin Board notiert werden kann oder als Vorbereitung für ein zukünftiges öffentliches Angebot in den USA. 223 Die Rule 12g3-2(b) Exemption wird nicht erteilt, wenn sie nicht innerhalb von 120 Tagen nach Ende des Jahres, in dem die Schwellenwerte überschritten werden, eingereicht wird (vgl. dazu auch Greene, § 3–9).
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Emittent gegenüber der SEC verpflichtet, bestimmte an die Behörden im Herkunftsland im Rahmen seiner dortigen periodischen Offenlegungspflichten eingereichten Berichte224 (in englischer Übersetzung) bei der SEC einzureichen225. Nach Erteilung einer Rule 12g3–2(b) Exemption226 wird der Emittent von der SEC in eine entsprechende Liste aufgenommen und alle Informationen, die gem. Rule 12g3–2(b) eingereicht werden, stehen interessierten Personen zur Inspektion oder für Kopien zur Verfügung. 110
Folge einer öffentlichen Emission in die USA: Jeder Emittent, der ein öffentliches Angebot für Wertpapiere in den USA macht, unterliegt für das folgende Jahr den Offenlegungspflichten des Exchange Act227, selbst dann, wenn die entsprechenden Wertpapiere von weniger als 300 Personen mit US-Wohnsitz gehalten werden228. c) Registrierungsprozess und einschlägige Formulare
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Die Registrierung einer Wertpapierklasse eines nicht-amerikanischen Emittenten unter dem Exchange Act setzt die Einreichung eines Registrierungsantrags auf Form 20-F bei der SEC voraus. Der Inhalt der im Registrierungsantrag aufzuführenden Informationen entspricht im Wesentlichen der in Registrierungsanträgen unter dem Securities Act. d) Deregistrierung
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Nach erfolgter Registrierung unter dem Exchange Act war es in der Vergangenheit sehr schwierig, sich den mit der Registrierung verbundenen Pflichten wieder zu entziehen (so genannte Deregistrierung). Gleichzeitig empfanden viele nicht-amerikanische Emittenten mit teilweise nur sehr geringem Anteil an US-Investoren ihre Notierung an einer US-Börse insbesondere aufgrund der mit der Umsetzung von § 404 Sarbanes Oxley Act229 verbundenen erheblichen Kosten zunehmend als Belastung bzw. zogen im Hinblick auf die strengen Regeln für eine potentielle Deregistrierung eine Notierung in den USA von vornherein nicht in Betracht. Mit Erlass der Rule 12h-6 SEA am 21.3.2007 reagierte die SEC auf diesen Trend und erleichterte die Deregistrierung für nicht-amerikanische Emittenten wesentlich230. Die Deregistrierung von Beteiligungspapieren (equity securities) ist danach etwa dann möglich, wenn unter anderem in einem Zeitraum von 12 Monaten231 das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen (average daily trading volume/ADTV) für die betroffene
224 Im Einzelnen handelt es sich um Informationen, die der nicht-amerikanische Emittent entweder (i) im Heimatland offen zu legen hat, (ii) die er bei der Heimatbörse einreichen muss, oder (iii) die er an Anteilsinhaber verteilt hat. 225 Zudem muss der Emittent gewisse Informationen zu Zahl und Erwerbsgrund der von USPersonen gehaltenen Anteile vorlegen. 226 Die SEC gewährt Rule 12g3-2(b) Exemptions meist 30–40 Tage nach Einreichung. 227 Section 15(d) SEA. 228 Als Folge einer öffentlichen Emission von Wertpapieren unter dem Securities Act muss also in jedem Fall zumindest ein Form 20-F unter dem SEA eingereicht werden. 229 Vgl. hierzu Rz. 117. 230 Vgl. Release No. 34-55540. 231 D. h. innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der innerhalb von 60 Tagen vor der Stellung des Antrages auf Deregistrierung endet.
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Wertpapierklasse 5 % des weltweiten ADTV nicht überschreitet232. Den Antrag zur Deregistrierung hat der Emittent auf Form 15-F bei der SEC einzureichen. Die Deregistrierung erfolgt, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, 90 Tage nach Antragstellung233.
2. Konsequenzen der Exchange Act-Registrierung Exchange Act-registrierte nicht-amerikanische Emittenten unterliegen den periodischen Offenlegungs- und Berichterstattungspflichten des Exchange Act234, d.h. der jährlichen Berichterstattung gem. Form 20-F und der laufenden Berichterstattung gem. Form 6-K. Darüber hinaus finden die Berichtspflichten unter Section 13(d) und 13(g) SEA oder die Bestimmungen des Foreign Corrupt Practices Act Anwendung. Der Sarbanes-Oxley Act hat außerdem zusätzliche Verpflichtungen eingeführt, die auch auf nicht-amerikanische Emittenten und ihre Berater anwendbar sind. Gewisse weitere Vorschriften des Exchange Act sind andererseits auf nichtamerikanische Emittenten nicht anwendbar235.
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a) Jährliche Berichterstattung gem. Form 20-F Übersicht: Der Jahresbericht auf Form 20-F ist innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres bei der SEC einzureichen. Er sollte wesentliche Entwicklungen bis zum Einreichungszeitpunkt reflektieren236. 232 Ähnlich wie bis anhin ist die Deregistrierung auch dann möglich, wenn die registrierte Wertpapierklasse von weniger als 300 Personen in den USA gehalten wird. Die SEC hat die entsprechenden Kriterien leicht modifiziert und (wichtig in der Praxis!) auch die Anforderungen an die Methode zur Bestimmung der Zahl der wirtschaftlich Berechtigten in den USA vereinfacht. Vgl. Rule 12h-6(e) SEA. Unter der neuen Zählmethode sind die Anforderungen an einen so genannten „look-through“ (d.h. die Nachforschung nach den wirtschaftlich Berechtigten „hinter“ den im Aktienregister geführten „record holders“) reduziert und der Emittent kann sich bei erfolglosen Nachforschungen auf bestimmte Vermutungen stützen. Dennoch wird es für viele Emittenten nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten sein, den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Überschreitet der ADTV in den USA den Schwellenwert von 5 %, schreibt Rule 12h-6(b) SEA eine einjährige Wartefrist vor, bevor der Antrag zur Registrierung eingereicht werden kann. 233 Nach erfolgter Deregistrierung gem Rule 12h-6 SEA kann sich der Emittent ungeachtet der Anzahl der US-Investoren und mit sofortiger Wirkung auf die entsprechend angepasste Ausnahme vom Exchange Act betreffend das Registrierungserfordernis gem. Rule 12g3–2(b) stützen. Voraussetzung hierzu ist allerdings, dass der Emittent US Investoren alle Informationen (in englischer Übersetzung) elektronisch (d.h. entweder auf seiner Website oder durch ein elektronisches Informationssystem am primären Handelsplatz) zugänglich macht, zu deren Offenlegung er im Heimatland verpflichtet ist. Vgl. Rule 12g3-2(e) SEA. 234 Die entsprechenden für US-amerikanischen Emittenten vorgesehenen Formulare sind Form 10-K für jährliche Berichte, 10-Q für Quartalsberichte und Form 8-K für außerordentliche Ereignisse. 235 Zum Beispiel sind nicht-amerikanische Emittenten von den in Section 14 SEA enthaltenen Proxy Rules sowie von Section 16 SEA, die eine Haftung für „Short-Swing-Profits“ von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern und 10 % Shareholdern vorsieht, ausgenommen. 236 In der Praxis wird oft versucht, die Erstellung des Jahresberichts auf Form 20-F mit dem vom nicht-amerikanischen Emittenten bei der Wertpapieraufsichtsbehörde oder der Börse seines Herkunftslandes einzureichenden Jahresbericht zu koordinieren.
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Seit der Revision von Form 20-F im Jahre 1999237 ist sein Inhalt im Wesentlichen mit dem im Securities Act vorgegebenen Form F-1 identisch und verlangt z.B. Risikofaktoren und MD&A238; allerdings sind die Anforderungen des Securities Act an die finanziellen Offenlegungspflichten239 in einem Prospekt (z.B. betreffend Offenlegung von gewissen Segmentfinanzzahlen) strenger als die entsprechenden Vorschriften für das Form 20-F240, was eine Aufnahme durch Verweis in gewissen Fällen erschweren kann.
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Neue Vorschriften im Sarbanes-Oxley Act: Durch den Sarbanes-Oxley Act sind die in Form 20-F aufzunehmenden „Items“ erweitert worden. Zu nennen sind insbesondere:
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Interne Kontrollen (§ 404 Sarbanes-Oxley Act)241: Der Emittent soll in Form 20-F offen legen, dass ein Bericht über die internen Kontrollmechanismen erstellt wurde. Dieser Bericht muss die Organisation der internen Kontrolle und die vom Vorstand vorgesehenen Kontrollprozeduren beschreiben; die Effektivität dieser Kontrollprozeduren soll durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft werden242.
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Prüfungsausschüsse und damit verbundene Pflichten243: Ein nicht-amerikanischer Emittent soll jede in Anspruch genommene Ausnahme von Regeln des Exchange 237 Damals hatte die SEC Form 20-F vollständig revidiert, um es an die Empfehlungen der IOSCO von 1998 anzupassen. Siehe Release Nr. 33-7745 und 34-41936 28 vom 28.9.1999. Allerdings weicht der Wortlaut des Form 20-F des öftern von dem in den IOSCO-Empfehlungen vorgesehenen ab; zudem dürfte die SEC die ins Form 20-F übernommenen IOSCOEmpfehlungen im Lichte ihrer bestehenden Praxis zu ähnlichen Vorschriften in der Reg. S-K auslegen (gl. A. Greene, § 2–22 ff.). 238 Darüber hinaus gilt auch hier die aus Rule 10b-5 abgeleitete Offenlegungsgeneralklausel, dass alle Informationen offenzulegen sind, die für einen Investor wesentlich sind. Ebenfalls sind als Anlage die im Berichtsjahr abgeschlossenen wesentlichen Verträge beizufügen. 239 Die Anforderungen an die finanziellen Offenlegungspflichten wurden in den IOSCO-Empfehlungen nicht harmonisiert. Dennoch wurden im Rahmen der Revision des Form 20-F gewisse in der Reg. S-X enthaltene, speziell auf nicht-amerikanische Emittenten anwendbare Vorschriften (z.B. Rule 3-19) gestrichen und ins Form 20-F transferiert. 240 Für Form 20-F genügt die so genannte Item 17 Disclosure zu Segmentzahlen, während unter dem Securities Act die so genannte Item 18 Offenlegung vorgeschrieben ist. Um die Vorzüge des integrierten Offenlegungssystems auzuschöpfen, kann sich für nicht-amerikanische Emittenten eine laufende Jahresberichterstattung nach den strengeren Vorschriften von Item 18 empfehlen, die u.a. eine Segmentberichterstattung nach SFAS 131 vorsieht. Vgl. Rz. 52. 241 Diese Bestimmung gilt für nicht-amerikanische Emittenten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 15.7.2005 enden. 242 Form 20-F, Items 15(b), (c) und (d). Als Reaktionen auf die weit verbreitete Kritik an den oft als unverhältnismässig hoch empfunden Kosten die mit der praktischen Anwendung von § 404 verbunden sind, hat die SEC am 5.1.2007 den Entwurf zu einer Interpretive Guidance veröffentlicht. Vgl. SEC Release Nos. 33-8762 und 34-54976. Parallel dazu hat das PCAOB überarbeitete Prüfungsstandards vorgeschlagen. Gemeinsames Ziel der Entwürfe ist eine effizientere und kostengünstigere Anwendung von § 404, insbesondere durch die Möglichkeit zu einer flexibleren Gestaltung der internen Kontrollen basierend auf einer vorangegangenen Risikoanalyse und mit Rücksicht auf Grösse und Komplexität des jeweiligen Emittenten. Außerdem soll eine „material weakness“ nicht mehr bereits dann vorliegen, wenn wesentliche Fehler im Finanzbericht „more than remote“ sind, sondern erst dann wenn ein solcher Fehler als „reasonably possible“ erscheint. 243 Diese Bestimmungen gelten für nicht-amerikanische Emittenten seit 31.7.2005.
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Act244 zur Unabhängigkeit von Mitgliedern des Prüfungsausschusses (audit committee) offen legen245, 246. Zertifizierung des Form 20-F durch den Vorstand: Neuerdings sind Jahresberichte vom Vorstandsvorsitzenden (principal executive officer) sowie vom Finanzvorstand (principal financial officer) sowohl aus strafrechtlicher als auch aus zivilrechtlicher Sicht zu zertifizieren247. Aus strafrechtlicher Sicht ist zu beglaubigen, dass die im Jahresbericht offengelegten Bilanzdaten und anderen Informationen korrekt sind und adäquate unternehmensinterne Mechanismen zur Kontrolle der offengelegten Informationen vorliegen248. Aus zivilrechtlicher Sicht ist zu bestätigen, dass der Jahresbericht den Anforderungen des Exchange Act genügt und dass er in allen wesentlichen Aspekten einen angemessenen Eindruck der Finanzlage des Emittenten vermittelt249. Außerdem muss die Zertifizierung Angaben über unternehmensinterne Kontrollen zur Offenlegung (disclosure controls)250 enthalten.
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Haftung für den Inhalt des Form 20-F: Für Angaben im Jahresbericht nach Form 20-F besteht eine Haftung unter dem Exchange Act251.
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b) Laufende Publizitätspflichten: Außerordentliche Berichterstattung unter Verwendung von Form 6-K Nicht-amerikanische Emittenten sind verpflichtet, auf Form 6-K laufend Bericht zu erstatten252, d.h. alle Informationen (in englischer Übersetzung) zugänglich zu machen, (i) zu deren Offenlegung sie im Heimatland verpflichtet sind, (ii) die sie bei der Heimatbörse einreichen müssen oder (iii) die sie an Anteilsinhaber verteilt haben253. Laut SEC findet die im Sarbanes-Oxley Act für Form 20-F vorgesehene Zertifizierungspflicht für auf Form 6-K eingereichte Informationen keine Anwendung. 244 Rule 10A-3(d) SEA. 245 Sarbanes-Oxley Act § 301; vgl. dazu Walsh/Thesing, S. 86 ff. 246 Außerdem müssen nicht-amerikanische Emittenten bestätigen, dass der Aufsichtsrat oder der Prüfungsausschuss zu dem Schluss gekommen ist, dass der im Prüfungsausschuss sitzende Finanzexperte die nötigen Qualifikationen besitzt, und dass sie einen Code of Ethics für Vorstand und Aufsichtsrat eingeführt haben (und wenn nicht, die Gründe dafür angeben) sowie die Honorare für Bilanzprüfung, Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Bilanzprüfung, Steuerberatung und andere Beratungsdienstleistungen offenlegen. 247 Vgl. dazu Walsh/Thesing, S. 85 f. 248 Sarbanes-Oxley Act § 906. Das Form 20-F nimmt (aufgrund eines Redaktionsversehen) auf die Zertifizierung nach § 906 keinen Bezug. Die wissentliche Falschzertifizierung ist für die betroffenen Führungskräfte strafbar. Die Bestimmungen sehen als Sanktionen Gefängnisstrafe bis zu zwanzig Jahren und Geldstrafen bis zu USD 5 Mio. vor. Der Vollzug erfolgt nicht durch die SEC, sondern durch das Justizministerium. 249 Rules 13a-14 und 15d-14 SEA, die § 302 Sarbanes-Oxley Act implementieren. 250 Nicht-amerikanischen Emittenten ist i.d.R. zu empfehlen, die Einführung eines Disclosure Committee zu erwägen, das sich speziell mit Offenlegungsfragen beschäftigt. 251 In der Praxis erfolgt bei der Erstellung eines Jahresberichts auf Form 20-F meist keine Due Diligence, da er nicht für Primärmarkttransaktionen verwendet wird. 252 Berichterstattungspflichten von nicht-amerikanischen Emittenten gem. Form 6-K gehen weniger weit als die von amerikanischen Emittenten in Form 8-K verlangten Pflichten. Werlen/deFilippo, S. 214. 253 Beispiele hierfür sind z.B. periodische Abschlüsse (z.B. Quartals- oder Halbjahresberichte) oder Ad-Hoc-Mitteilungen, aber auch sonstige Pressecommuniqués.
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Form 6-K Informationen gelten nicht als bei der SEC eingereicht (furnished, aber nicht filed). Daher besteht für sie keine Haftung. c) Mitteilungspflichten 122
Jede Person, deren wirtschaftlicher Besitz an Anteilen einer unter dem Exchange Act registrierten Wertpapierklasse die Grenze von 5 % überschreitet, ist verpflichtet, innerhalb von zehn Tagen nach Erwerb, auf Schedule 13D254 oder auf Schedule 13G255, gewisse Informationen an die SEC, an den Emittenten sowie an jede US-Börse weiterzuleiten, an der die Wertpapiere notiert sind, mit dem Zweck, diesen über mögliche Kontrollwechsel zu informieren. d) Foreign Corrupt Practices Act (FCPA)
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Nach Section 30A SEA macht sich in den USA strafbar, wer als leitender Angestellter, Aufsichtsrat, Mitarbeiter, Vertreter oder Anteilsinhaber eines Emittenten ausländische Amtspersonen, politische Parteien oder Kandidaten für öffentliche Ämter besticht, um Aufträge zu erhalten oder Geschäftsbeziehungen zu fördern. Der FCPA verlangt außerdem, dass Emittenten (i) korrekt Buch führen und (ii) ein adäquates System zur internen Überwachung und Buchführung schaffen und unterhalten256. e) Weitere sich aus dem Sarbanes-Oxley Act ergebende Pflichten
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Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Anforderungen an den Inhalt des Jahresberichts auf Form 20-F enthält der Sarbanes-Oxley Act gewisse weitere, auch auf nicht-amerikanische Emittenten oder ihre Berater anwendbare Bestimmungen. Im Einzelnen:
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Rechtsanwälte: Anwälte, die einen Emittenten vor der SEC vertreten257, sind verpflichtet, eine potentielle erhebliche Verletzung der Securities Laws durch Mitarbeiter des Emittenten (in der Ausübung ihrer Funktion) „die Unternehmensleiter hinauf“ (up-the-ladder) an den Vorgesetzten des betroffenen Mitarbeiters (bzw. an den Chef der Rechtsabteilung und eventuell sogar an den Prüfungsausschuss oder an den CEO) weiterzuleiten. Diese Pflicht gilt nicht für nicht-amerikanische Anwäl-
254 Die Pflicht zur Einreichung von Schedule D ergibt sich aus Section 13(d) SEA i.V.m. SEA Rule 13d-1(a) und betrifft lediglich die in SEA Rule 13d-1(i) beschriebenen „Equity Securities“. 255 Die Pflicht zur Offenlegung der von Schedule G verlangten Informationen ergibt sich aus Section 13(g) SEA. Bei Schedule 13G handelt es sich um ein Kurzformular. Die Berechtigung zur Verwendung des weniger umfangreichen Schedule 13G anstelle von Schedule 13D ergibt sich unmittelbar aus SEA Rule 13d-1(b), (c) oder (d). Voraussetzung ist u.a., dass der Erwerb der Wertpapiere ohne Übernahmeabsicht erfolgt, dass der Erwerber einer der beschriebenen Kategorien angehört (z.B. Banken, Broker/Dealer, etc.) und dass bestimmte Anzeigepflichten erfüllt werden. 256 Eine Verletzung des FCPA hat sowohl für den Emittenten als auch für die betroffenen Personen schwerwiegende Konsequenzen, wie Geldstrafen von bis zu USD 2,5 Mio. oder Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. 257 Zur Bedeutung von „Appearing and Practicing before the SEC“, Bostelman, S. 18–30.
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te, soweit sie lediglich am Rande in die Beratung zu den Securities Laws involviert sind oder falls diese Beratung in Konsultation mit US-Anwälten erfolgt258, oder falls sie dabei ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verletzen würden. Verbot von Privatdarlehen: Section 402 des Sarbanes-Oxley Act verbietet Emittenten, direkt oder indirekt Kredite an Aufsichtsratmitglieder oder leitende Angestellte zu vergeben. Strittig ist u.a., ob dies auch die bargeldlose Ausübung von Aktienoptionen erfasst259. Eine Ausnahme von dieser Bestimmung existiert für Banken, deren Einlagen unter dem Federal Deposit Insurance Act (FDIA) versichert sind260.
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Whistleblower-Schutz: Section 806 des Sarbanes-Oxley Act gibt Angestellten von Emittenten die Möglichkeit, ihre Arbeitgeber bei der SEC ohne nachteilige Konsequenzen anzuzeigen, wenn sie glaubwürdige Informationen über eine Verletzung von Securities Laws oder sonstiger Bestimmungen besitzen261.
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3. Notierung (listing) an einer amerikanischen Wertpapierbörse a) Übersicht Die Notierung von Wertpapieren an einer US-Börse bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. Sie bietet Emittenten einen besseren Zugang zum US-Kapitalmarkt, erhöht die Liquidität der zu notierenden Wertpapiere und liefert Emittenten außerdem ein Zahlungsmittel für Übernahmen in den USA262. Verbunden ist damit aber auch die Registrierung unter dem Exchange Act und damit die Anwendbarkeit der darin enthaltenen periodischen Offenlegungspflichten. Das Zulassungsverfahren für die Notierung an einer US-Börse ist verglichen mit der SEC-Registrierung relativ einfach. Neben dem Zulassungsantrag, der die Erfüllung der von der jeweiligen Börse aufgestellten Mindestanforderungen darlegt, wird der Abschluss einer Notierungsvereinbarung (listing agreement) mit der Börse verlangt. Zudem ist die Wirksamkeitserklärung des Registrierungsantrags auf Form 20-F durch die SEC vorzulegen. Die bedeutendsten US-Börsen sind die New York Stock Exchange (NYSE) und Nasdaq (NASD Automated Quoting System)263.
258 Bostelman, S. 18–31. Diese Ausnahmevorschriften für nicht-amerikanische Anwälte waren in der ursprünglich von der SEC vorgesehenen Fassung nicht vorgesehen und sind erst auf Ersuchen der internationalen Anwaltschaft von der SEC berücksichtigt worden. 259 Die SEC hat erklärt, dass sie zu diesem Thema keine No Action Letters abgeben wird. 260 Ein im Dezember 2003 publizierter SEC Erlass (Release No. 34-49616) dehnt diese Ausnahme auch auf nicht-amerikanische Banken aus. 261 Bostelman, S. 19–1; Walsh/Thesing, S. 88. 262 Scott/Wellons, S. 66. 263 Rechtstechnisch ist die Nasdaq keine von der SEC beaufsichtigte US-Börse, sondern ein von der (wiederum von der SEC beaufsichtigten) NASD beaufsichtigter Markt; allerdings hat Nasdaq 2001 bei der SEC einen Antrag auf Bewilligung als Börse gestellt, eine definitive Entscheidung in dieser Sache wurde aber noch nicht gefällt. Die „Aufnahme der Notierung am Nasdaq“ heißt, dass die am Nasdaq beteiligten Dealer beginnen, Kurse (quotes) für das jeweilige Wertpapier zu ermitteln. Die American Stock Exchange (Amex), ebenfalls mit Sitz in New York, ist die drittgrößte US-Börse.
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b) NYSE 129
Die NYSE ist weltweit die Wertpapierbörse mit der höchsten Marktkapitalisierung. Sie basiert weiterhin auf dem traditionellen Parketthandel, der nach einem modifizierten Auktionsprinzip durchgeführt wird264.
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Die NYSE kennt zwei verschiedene Kategorien von Notierungen265: eine Standardkategorie (so genannter Domestic Listing Standard266), die allen Emittenten zur Verfügung steht, und eine speziell für nicht-amerikanische Emittenten vorgesehene Kategorie (so genannter Alternate Listing Standard267). Der Alternate Listing Standard hat folgende Anforderungen: (1) weltweit mindestens 5000 Anteilsinhaber mit vollen Aktienpaketen (round-lot shareholders), d.h. Anteilsinhaber mit 100 oder mehr Aktien, (2) weltweit mindestens 2,5 Mio. Aktien in öffentlichem Streubesitz (publicly held)268 und (3) ein Marktwert der im öffentlichen Streubesitz befindlichen Aktien von mindestens USD 100 Mio.269.
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Sobald ein Unternehmen an der NYSE notiert ist, muss es laufend bestimmte quantitative Mindestkriterien erfüllen270. Zusätzlich muss es der NYSE alle für sie wichtigen Entwicklungen anzeigen und die Offenlegungsregeln der Börse einhalten271. Nicht-amerikanische Emittenten sind von den meisten Regeln der NYSE zu einer angemessenen Unternehmensorganisation (corporate governance) ausgenommen272, 273. c) Nasdaq
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Die erst seit 1971 existierende Nasdaq274 ist eine elektronische Handelsplattform zum Austausch von Geboten zwischen Händlern (automated inter-dealer quotation 264 In jüngerer Zeit ist die Kritik am „Floorbrokers“ und „Specialists“ einschließenden Auktionssystem der NYSE lauter geworden. 265 Vgl. das Handbuch der NYSE für notierte Unternehmen (NYSE Listed Company Manual) unter www.nyse.com. 266 NYSE Listed Company Manual, § 102.00. Auf die dort dargelegten Voraussetzungen des Domestic Listing Standard sei hier verwiesen. 267 NYSE Listed Company Manual, § 103.00. Da die Standardkriterien eine Mindeststreuung der fraglichen Wertpapiere in den USA voraussetzen, wird es nicht-amerikanischen Emittenten oft einfacher fallen, die speziell für sie entwickelten Notierungskriterien zu verwenden, obwohl deren Anforderungen bezüglich Unternehmensgröße strenger sind. 268 Aktien im Besitz von Aufsichtsratsmitgliedern, leitenden Angestellten oder Großaktionären mit einem Anteil am Unternehmen von mehr als 10 % sind hiervon ausgeschlossen. 269 Zusätzlich muss ein nicht-amerikanischer Emittent alternativ eine von drei verschiedenen Mindestanforderungen in Bezug auf Vorsteuergewinn (kumulativ USD 100 Mio. über die letzten drei Jahre), Cashflow (kumulativ USD 100 Mio. über die letzten drei Jahre) und Marktkapitalisierung (USD 1 Mio.) erfüllen, die sich jeweils nach US GAAP bestimmen. 270 NYSE Listed Company Manual, § 802.00. 271 NYSE Listed Company Manual, §§ 201.00–204.00. 272 NYSE Listed Company Manual, § 303A. 00. 273 Nach den von der NYSE kürzlich implementierten Vorschriften des Sarbanes-Oxley Act zur Corporate Governance muss ein nicht-amerikanischer Emittent die Corporate Governance Regeln, die in seinem Heimatstaat anwendbar sind, im Jahresbericht darstellen und die entsprechenden Abweichungen von den durch die NYSE aufgestellten Standards erläutern (NYSE Listed Company Manual, § 303A. 11). Vgl. dazu im Einzelnen Greene, § 2–28 ff. 274 Für eine detaillierte Beschreibung der Funktionsweise des Nasdaq-Handels, vgl. Loss/ Seligman, S. 754. Zu den anwendbaren Regeln vgl. Marktplace Rules unter http://www. nasdaq.com/about/MarketplaceRules.pdf.
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system), betrieben von der NASD275. Die Nasdaq zerfällt in zwei hauptsächliche Segmente, der Nasdaq/NMS für größere Gesellschaften mit hohen Handelsvolumen und der Nasdaq SmallCap Market für junge Wachstumsunternehmen. Die Voraussetzungen zur Notierung am Nasdaq richten sich zum einen nach Marktstreuung und zum andern nach der Größe des Emittenten. Die Bedingungen zur Notierung am Nasdaq/NMS sind im Vergleich zur NYSE weniger streng. So benötigt ein Emittent zur Nasdaq/NMS-Notierung von Aktien276 (1) mindestens drei registrierte und aktive Market Maker, (2) mindestens 400 Aktionäre mit 100 oder mehr Aktien, (3) weltweit mindestens 1,1 Mio. Aktien im öffentlichen Streubesitz; (4) Eigenkapital in Höhe von mindestens USD 6 Mio., (5) eine Marktkapitalisierung von mindestens USD 50 Mio. und (6) Nettoeinnahmen aus dem laufenden Geschäft von mindestens USD 1 Mio. für das vergangene Jahr, oder in zwei der drei letzten Jahre277.
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Wie die NYSE stellt auch Nasdaq Mindestkriterien für die Aufrechterhaltung einer Notierung auf. Dazu gehören bestimmte Offenlegungspflichten und Corporate Governance Standards278. Anders als bei der NYSE können nicht-amerikanische Emittenten jedoch lediglich dann eine Freistellung von den Corporate Governance Standards erlangen, wenn diese den Emittenten zur Verletzung der Heimatrechtsordnung oder von dort allgemein akzeptierten Geschäftspraktiken zwingen würden279.
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d) Delisting von US-amerikanischen Wertpapierbörsen Gem. Exchange Act kann die Notierung einer Klasse von Wertpapieren an einer USBörse mittels eines Gesuches entweder des Emittenten oder der betreffenden Börse an die SEC beendet werden280. In der Praxis wird die SEC einem solchen Gesuch stattgeben, wenn die von der entsprechenden Börse aufgestellten Regeln eingehalten werden281, 282.
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VII. Haftungsvorschriften im Securities Act und im Exchange Act 1. Einleitung Die Securities Laws enthalten eine ganze Reihe zivilrechtlicher und strafrechtlicher Haftungsnormen für wesentliche Falschangaben oder Auslassungen in Registrierungsantrag und Prospekt. Die entsprechenden Haftungsbestimmungen finden sich in Section 11, 12 sowie 17(a) SA und in Section 10(b) und Rule 10b-5 SEA. Zu275 Nasdaq entstand ursprünglich aus der Idee, den Freiverkehr in Wertpapieren kleiner, nicht börsennotierter Emittenten technologisch zu modernisieren. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass Nasdaq eine geeignete Plattform ist, jungen wachstumsstarken Emittenten den Zugang zu neuen Kapitalquellen zu eröffnen. 276 Für andere Kategorien von Aktien, Vorzugsaktien oder Wandelanleihen existieren gesonderte (leicht unterschiedliche) Kriterien. 277 Marketplace Rules, Rule 4320(e). 278 Marketplace Rules, Rules IM-4120-1 and 4350. 279 Marketplace Rules, Rule IM-4350-6. 280 Greene, § 3–19 ff. 281 Für die NYSE vgl. NYSE Rule 500. 282 Da Nasdaq keine Börse i.S.d. Exchange Act ist, finden die entsprechenden Normen des Exchange Act keine Anwendung. Ein Emittent kann aber die Notierung von Wertpapieren am Nasdaq beenden, indem er ein entsprechendes Gesuch an die NASD richtet.
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dem kann jede vorsätzliche Verletzung der Securities Laws strafrechtliche Konsequenzen haben283.
2. Section 11 Securities Act 137
Section 11 SA statuiert eine weitgreifende Haftung für falsche oder unvollständige Angaben im Registrierungsantrag und im Prospekt284, 285. Die falsche oder unvollständige Angabe muss sich auf eine wesentliche Tatsache (material fact) beziehen. Darunter werden allgemein alle Umstände verstanden, die ein vernünftiger Anleger bei der Investitionsentscheidung kennen sollte286.
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Ein Kläger ist aktivlegitimiert, wenn er nachweisen kann, dass die von ihm erworbenen Wertpapiere aufgrund eines falschen oder unvollständigen Registrierungsantrags oder Prospekts ausgegeben wurden, auch wenn er selbst die Wertpapiere erst auf dem Sekundärmarkt erworben hat (tracing)287. Passivlegitimiert sind der Emittent und weitere Personen, die entweder mit dem Emittenten verbunden oder an der Emission beteiligt sind288. Diese haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch mit der Möglichkeit zum internen Regress gem. Section 11(f) SA.
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Nicht erforderlich ist der Nachweis der Kausalität zwischen Kursverlust und der Falschangabe oder Auslassung im Registrierungsantrag oder Prospekt. Allerdings kann die Kausalität zwischen der behaupteten fehlerhaften Darstellung und dem Schaden bestritten werden (loss causation defense). Die Höhe des maximalen Scha283 Diese werden im Rahmen dieser Abhandlung nicht behandelt. 284 Gehaftet wird lediglich für den von der SEC wirksam erklärten Registrierungsantrag, der den endgültigen Prospekt enthält. Vorläufige Prospekte sind von dieser Norm nicht erfasst. Ein Free Writing Prospectus wird lediglich dann erfasst, wenn der Emittent diesen entweder als Teil des Registrierungsantrages oder als Anhang eines Exchange Act-Berichtes bei der SEC einreicht und diesen durch Verweis (incorporation by reference) in den Registrierungsantrag miteinbezieht. 285 Section 11 SA deckt bei öffentlichen Angeboten in den USA verwendete Prospekte ab; in einer Privatplatzierung verwendete Prospekte werden von dieser Norm nicht erfasst. 286 In Feit v. Leasco Data Processing Equipment Corp., 332 F. Supp. 544 (E.D.N.Y. 1971) wird „materiality“ dann angenommen, wenn „it is more probable than not that a significant number of traders would have wanted to know it“. Generell stellen US-Gerichte entweder auf quantitative Merkmale (wie die in Frage stehenden Volumen) oder auf qualitative Merkmale (wie die Bedeutung der Umstände für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten) ab. Wenn danach einzelne Umstände alleine genommen nicht erheblich sind, können sie indes in der Summe erheblich sein. 287 Im Zuge der Entscheidung des US-Supreme Court in Sachen Gustafson v. Alloyd zu Section 12 SA haben einige Gerichte den Anwendungsbereich von Section 11 SA eingeschränkt und eine Aktivlegitimation nur Underwritern und Käufern, die Wertpapiere direkt aus der ursprünglichen Emission (d.h. im Primärmarkt) erworben haben, zugesprochen, während andere Gerichte wie bisher ein Tracing zulassen. 288 Neben dem Emittenten können belangt werden: (i) jeder, der den Registrierungsantrag unterzeichnet; (ii) jeder „Director“ (Aufsichtsratsmitglied), unabhängig davon, ob er den Registrierungsantrag unterzeichnet hat oder nicht; (iii) jede Person, die im Registrierungsantrag mit ihrer Zustimmung als zukünftiger „Director“ genannt wird; (iv) Experten, die mit ihrem Einverständnis im Registrierungsantrag als diejenigen Personen genannt werden, die einen Teil des Registrierungsantrages geschrieben oder beglaubigt haben, für den von ihnen geschriebenen oder beglaubigten Teil; (v) jeder „Underwriter“ der zu registrierenden Wertpapiere, sowie (vi) jede Person, die eine der oben genannten Personen kontrolliert (control persons).
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densersatzes ist auf den öffentlichen Emissionspreis der Wertpapiere begrenzt (Section 11(g) SA). Für jeden einzelnen Underwriter ist zudem die Höhe des Schadensersatzes auf den Gesamtbetrag der von diesem Underwriter im Rahmen der Emission verkauften Wertpapiere beschränkt (Section 11(h) SA). Jeder Beklagte – mit Ausnahme des Emittenten – kann nachweisen, dass er bei Erstellung oder Überprüfung von Registrierungsantrag oder Prospekt die erforderliche Sorgfalt (due diligence)289 aufgewendet hat. Der anwendbare Sorgfaltsmaßstab hängt von der Rolle des Beklagten ab290.
3. Section 12 Securities Act 140
Section 12 SA enthält zwei weitere zivilrechtliche Haftungsnormen: a) Section 12(a)(1) SA: Verletzung von Section 5 SA Section 12(a)(1) SA begründet eine absolute Haftung desjenigen, der unter Verletzung von Section 5 SA Wertpapiere anbietet oder verkauft291. Anspruchsberechtigt ist jedoch nur, wer mit dem „Seller“ in direkter Vertragsbeziehung (privity of contract) steht292.
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Für die Haftung nach Section 12(a)(1) SA ist nicht erforderlich, einen Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung von Section 5 SA und dem Schaden des Klägers nachzuweisen. Aus diesem Grund kann der Beklagte keine Einwendungen oder Einreden geltend machen, sobald die Verletzung von Section 5 SA gezeigt worden ist293. Besteht ein Anspruch, so hat der Kläger das Recht, den Wertpapierkauf rückabzuwickeln (einschließlich Zinsen auf dem Kaufpreis) oder Schadensersatz zu verlangen, wenn er die Wertpapiere bereits mit Verlust weiterveräussert hat. Entdeckt ein Emittent, dass er Section 5 SA missachtet hat, kann er das durch ein öffentliches Rücknahmeangebot für die betreffenden Wertpapiere korrigieren294.
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b) Section 12(a)(2) SA: Falschangaben und Auslassungen im Prospekt Section 12(a)(2) SA ist eine zivilrechtliche Haftungsnorm für wesentliche Falschangaben oder Auslassungen in einem Prospekt, Free Writing Prospectus oder in jeder 289 Dazu eindrücklich Escott v. BarChris Construction Corp., 283 F. Supp. 643 (S.D.N.Y 1968). Für spätere Fälle betreffend den Begriff „Reasonable Investigation“ vgl. auch In re Software Toolworks, Inc., 50 F. 3d 615 (9th Cir. 1994) sowie Monroe v. Hughes, 31 F. 3d 77s (9th Cir. 1994), zit. nach Soderquist, 8–8. 290 Der Securities Act trennt zwischen Experten und Nicht-Experten. Während Experten für den von ihnen beglaubigten Teil des Registrierungsantrags professionelle Standards einhalten müssen, dürfen sich Nicht-Experten auf Aussagen von Experten verlassen, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte für potentielle Probleme vorhanden sind. 291 Die häufigsten Fälle einer Verletzung von Section 5 SA sind Verkäufe von unregistrierten Wertpapieren, ohne dass eine Ausnahme von der Registrierungspflicht gegeben ist. 292 Der US-Supreme Court hat in Pinter v. Dahl (486 U.S. 622 (1988)) hierzu ausgeführt, dass als „Seller“ im Sinne von Section 12(1) SA nicht nur die Person, die dem Käufer tatsächlich das Eigentum am betreffenden Wertpapier verschafft, sondern auch jemand, der erfolgreich Werbung für den Verkauf gemacht hat und dabei zumindest teilweise aus eigenem finanziellen Interessen handelt, passivlegitimiert ist. 293 Unter der Annahme, dass die Klage innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt ist, vgl. Section 13 SA. 294 Soderquist, §§ 8.3.2, 8–11.
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anderen Form von mündlicher Kommunikation. Haftungsvoraussetzung ist, dass der Beklagte ein Wertpapier mittels (by means of)295 eines Prospektes, eines Free Writing Prospectus oder einer mündlichen Kommunikation verkauft, die eine falsche Aussage über eine wesentliche Tatsache enthält oder eine wesentliche Tatsache auslässt, die notwendig wäre, um die gemachten Aussagen unter den gegebenen Umständen nicht irreführend werden zu lassen. 144
Section 12(a)(2) SA findet auf öffentliche Angebote unter dem Securities Act Anwendung. Der US-Supreme Court hat in Gustafson v. Alloyd Co. entschieden, dass Section 12(a)(2) SA auf Rule 144A und andere Sekundärmarkttransaktionen keine Anwendung findet296 und dass Angebotsunterlagen, die im Rahmen von Privatplatzierungen verwendet werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Haftungsnorm fallen297.
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Anspruchsberechtigt unter Section 12(a)(2) SA ist nur, wer mit dem „Seller“ in direkten vertraglichen Beziehungen (privity of contract) stand298. Kausalität muss der Kläger nicht nachweisen. Allerdings kann ein Beklagter seine Haftung vermindern oder sie eliminieren, wenn er zeigen kann, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden des Klägers und der Falschaussage oder Auslassung gibt oder ein anderer Faktor diesen Schaden zumindest mitbeeinflusst hat. Sobald ein Anspruch festgestellt worden ist, hat der Kläger das Recht, den Wertpapierkauf rückabzuwickeln (einschließlich Zinsen auf dem Kaufpreis) oder Schadensersatz zu verlangen, wenn er die Wertpapiere bereits mit Verlust weiterveräußert hat.
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Im Gegensatz zur absoluten Haftung unter Section 12(a)(1) SA ist unter Section 12(a)(2) SA eine Due Diligence Defense möglich. Der dabei anwendbare Sorgfaltsmaßstab ist umstritten; in der Praxis wird für die Due Diligence Prüfung derselbe Standard angewendet wie bei Section 11 SA299.
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Die neue Rule 159(a) SA stellt klar, dass für die Haftung gem. Section 12(a)(2) SA der Informationstand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (bzw. der Investitionsent295 Um eine uneingeschränkte Haftung aller Beteiligten an einem Angebot für den Inhalt von Free Writing Prospectuses anderer Beteiligter zu vermeiden, beschreibt Rule 159A(b) SA unter welchen Voraussetzungen Emissionsbanken und andere Beteiligte (neben dem Emittenten selbst) einen Verkauf mittels (by means of) eines bestimmten Free Writing Prospectus vorgenommen haben. 296 Mit Ausnahme von öffentlichen Emissionen von Aktionären, die Kontrolle über den Emittenten ausüben können (controlling shareholders). 297 513 U.S. 561 (1995). In der Frage, ob es sich beim Kaufvertrag um einen „Prospectus“ im Sinne von Section 12(a)(2) SA handelt, hat das Gericht entschieden, dass der Begriff „Prospectus“ nur Prospekte gem. Section 10 SA, die in einer öffentlichen Emission verwendet werden, umfasst. In einem obiter dictum stellt Gustafson klar, dass Angebotsunterlagen, die im Rahmen von Privatplatzierungen verwendet werden, nicht unter die Bestimmung von Section 12(a)(2) SA fallen. 298 Die überwiegende Zahl der Gerichte wendet die Definition von „Seller“ gem. Pinter v. Dahl (486 U.S. 622 (1988)) auch auf Section 12(a)(2) SA an. Die neue Rule 159A(a) SA stellt nun außerdem klar, dass der Emittent bei einer Primärmarkttransaktion unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen mit den Emissionsbanken (d.h. beispielsweise auch bei so genannten Firm Commitment Underwritings) ebenfalls stets als „Seller“ gilt und entsprechend gem. Section 12(a)(2) SA haftet. 299 Für eine Zusammenfassung der Rechtsprechung, vgl. Steinberg, 180 ff. Der von Rule 11 geforderte Standard der „Reasonable Investigation“ und der von Rule 12(a)(2) geforderte Standard der „Reasonable Care“ werden in der Praxis damit gleichgesetzt.
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scheidung des Investors) maßgeblich ist, d.h. spätestens der Zeitpunkt an dem die Emissionsbanken die Verkaufsbestätigung an den Investor senden und nicht erst das Closing. Falsche, irreführende oder unvollständige Informationen in einem (vorläufigen) Prospekt, Free Writing Prospectus oder in mündlichen Kommunikationen können daher nicht nach Vertragsabschluss durch die Zusendung eines endgültigen Prospektes geheilt werden. Obwohl diese Auffassung auch bereits vor Erlass von Rule 159 SA galt300, hat die Praxis auf die Klarstellung in Rule 159 dadurch reagiert, dass den Investoren nun vor der Zuteilung der Wertpapiere und dem Abschluss des Kaufvertrages ein Free Writing Prospectus mit den im vorläufigen Prospekt noch fehlenden Preisinformationen übermittelt wird301.
4. Section 17(a) Securities Act Die Haftungstatbestände von Section 11 und Section 12(a) SA richten sich ausschließlich an Käufer und Verkäufer von Wertpapieren. Die SEC ist keine Partei bei Wertpapiertransaktionen und kann sich deshalb nicht auf diese Haftungsnormen berufen. Basiert auf die Entscheidungen des US-Supreme Court302 kann sich die SEC dagegen bei der Verfolgung unlauterer Machenschaften auf den Wertpapiermärkten auf Section 17 SA berufen303. Im Einzelnen besteht Section 17(a) SA aus drei Teilen: Abschnitt (1) verbietet betrügerische Mittel anzuwenden, Abschnitt (2) Falschangaben oder die Auslassung von wesentlichen Tatsachen304, und Abschnitt (3) betrügerisches Geschäftsgebaren im Zusammenhang mit Angeboten oder Verkäufen von Wertpapieren. Gem. Rule 159(b) SA ist auf für die Haftung nach Section 17(a)(2) der Informationsstand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend (vgl. hierzu oben Rz. 147).
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5. Section 10(b) und Rule 10b-5 SEA Die Vorschriften von Section 10(b) SEA und der gestützt darauf erlassenen Rule 10b-5 sind die wichtigsten Haftungsnormen des Exchange Act305. Gem. Rule 10b-5 ist jede Form der Manipulation oder Täuschung im Zusammenhang mit dem Kauf 300 Auch in der Vergangenheit stellte sich bereits die Frage nach der Notwendigkeit einer so genannten Recirculation, soweit der endgültige Prospekt entweder aufgrund unerwarteter SEC-Kommentare bzw. aufgrund neuer Erkenntnisse oder Entwicklungen wesentliche Änderungen im Vergleich zum zuvor an potentielle Investoren verteilten vorläufigen Prospekt aufweist. Vgl. auch Rz. 35. 301 Das Gesamtpaket der an die Investoren übermittelten Informationen (d.h. der vorläufige Prospekt sowie sämtliche Free Writing Prospectuses) werden dabei als „Disclosure Package“ (o.Ä.) bezeichnet. Auf dieses Gesamtpaket beziehen sich dann auch die 10b-5 Letters der beteiligten Rechtsberater (vgl. unten Rz. 157). 302 United States v. Naftalin, 441 U.S. 768 (1979); Aaron v. SEC, 446 U.S. 680 (1980). 303 Die Frage, ob ein privates Klagerecht unter dieser Bestimmung impliziert werden kann – der Wortlaut von Section 17(a) SA ist mit dem von Rule 10b-5 weitgehend identisch (vgl. dazu auch Assmann, Prospekthaftung, S. 162) –, wird von den Gerichten fast einstimmig verneint. 304 Von Section 17(a)(2) erfasst sind unter anderem auch Falschangaben in einem Free Writing Prospectus. 305 Section 18(a) SEA hat angesichts ihrer milden Ausgestaltung in der Praxis eine limitierte Bedeutung. Sie sieht eine Haftung für Erklärungen in Eingaben unter dem Exchange Act
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oder Verkauf von Wertpapieren unzulässig306. Rule 10b-5 hat „in ihrer aktuellen Gestalt aber diesen eigentlichen Antifraud-Charakter längst hinter sich gelassen“307 und ist – generalklauselartig – zu einer maßgeblichen Quelle von Verhaltenspflichten und Verhaltensstandards im amerikanischen Kapitalmarktrecht geworden. Rule 10b-5 erfasst jede ein Wertpapier tangierende Transaktion im Geltungsbereich der Securities Laws. Sie bildet damit die bedeutendste Haftungsnorm für jede Form der Privatplatzierung, steht aber auch bei öffentlichen Angeboten subsidiär zu den Haftungsnormen des Securities Act zur Verfügung. Darüber hinaus ist Rule 10b-5 auch auf jede Sekundärmarkttransaktion anwendbar. Anders als verschiedene Haftungsbestimmungen des Securities Act ist Rule 10b-5 nicht lediglich auf bei der SEC eingereichte Dokumente anwendbar, sondern auf jegliche Informationen, die vom Emittenten öffentlich verbreitet werden308. 150
Obwohl weder Wortlaut noch historische Auslegung von Rule 10b-5 ein privates Klagerecht (private right of action) begründen, wird ein solches vom Supreme Court anerkannt, was die überragende Bedeutung der Rule 10b-5 im US-Kapitalmarktrecht zeigt309. Die Rechtsdurchsetzung durch Privatklagen, die durch das Institut der Sammelklage weiter erleichtert ist, ist ein wesentliches Regulativ der Kapitalmarktverhaltenssteuerung in den USA310.
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Die Voraussetzungen für eine Haftung gem. Rule 10b-5 sind (i) unrichtige oder unvollständige Angaben über eine wesentliche Tatsache im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, (ii) ein besonderes Maß an Vorsatz oder Rücksichtslosigkeit, (iii) Kausalität und (iv) Schaden.
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Rule 10b-5 verbietet es, im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren311, wesentliche Tatsachen unrichtig oder unvollständig darzustellen312 oder sonstige manipulative oder betrügerische Techniken zu verwenden313. In Ernst & Ernst v. Hochfelder314 hat der Supreme Court entschieden, dass reine Fahrlässig-
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für den Fall vor, dass eine Erklärung nach den Gesamtumständen zum Zeitpunkt der Abgabe wesentlich falsch oder irreführend (materially false or misleading) ist. Der Erklärende macht sich gegenüber all jenen Personen haftbar, die gutgläubig und im Vertrauen auf die Erklärung ein Wertpapier zu einem Preis gekauft haben, der durch die wesentliche Falschangabe beeinflusst war. Rule 10b-5 adressiert eine ganze Reihe von Marktmanipulationen, Täuschungsverhalten und insbesondere auch den Insiderhandel. An dieser Stelle kann ausschließlich auf die aus Rule 10b-5 abgeleitete Prospekthaftung im weiteren Sinne eingangen werden. Assmann, Prospekthaftung, S. 164 f. Erfasst werden neben den bei der SEC eingereichten Prospekten und Free Writing Prospectuses unter anderem auch Presseerklärungen, Interviews der Unternehmensführung sowie Jahres- und Quartalsberichte. Zur Diskussion um ein „Implied Private Right of Action“ statt vieler Assmann, Prospekthaftung, S. 165 f. Buxbaum, passim; Schwark, JZ 1979, 670 ff. Der Beklagte muss die Wertpapiere nicht selber gekauft oder verkauft haben; es reicht aus, dass sein Verhalten im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren steht. „To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading“. „To employ any device, scheme, or artifice to defraud, or to engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person“. 425 U.S. 185 (1967).
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keit (negligence) nicht ausreicht, um eine Haftung nach Rule 10b-5 zu begründen, sondern dass vielmehr der Nachweis von so genannten Scienter315 vorausgesetzt wird. „Scienter“ wird vom Supreme Court als eine Form des Vorsatzes definiert. Ob ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit (recklessness)316 für die Begründung der Haftung ausreicht, hat der Supreme Court offen gelassen317. Sind die vom Beklagten unrichtig oder unvollständig dargestellten Fakten wesentlich, so wird vermutet, dass der Kläger die Wertpapiertransaktion im Vertrauen darauf vorgenommen hat318. Der Beklagte kann diese Vermutung widerlegen, indem er nachweist, dass die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit dem Beklagten schon vor der Vornahme der Wertpapiertransaktion bekannt war. Der Kläger kann sowohl die Rückabwicklung des Wertpapierkaufs (einschließlich Zinsen auf den Kaufpreis) oder Schadensersatz verlangen.
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Rule 10b-5 enthält keine direkt statuierte Due Diligence Defense; allerdings ist es in der Gerichtspraxis anerkannt, dem klägerischen Vorwurf eines Scienter oder Reckless-Verhaltens des Beklagten mit dem Hinweis auf die durchgeführte Due Diligence von vornherein den Boden zu entziehen.
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6. Möglichkeiten der Haftungsreduktion a) Due Diligence Mit Ausnahme des Emittenten können an einer Kapitalmarkttransaktion beteiligte Parteien (speziell die Emissionsbank) unter Sections 11 und 12 SA und auch unter Rule 10b-5 als Einrede geltendmachen, dass sie bei der Erstellung oder Überprüfung des Prospekts die erforderliche Sorgfalt (due diligence)319 aufgewendet haben.
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Der Umfang der Due Diligence hängt vom Einzelfall ab. In der Regel führen die Emissionsbanken gemeinsam mit ihren Beratern eine auf rechtliche und wirtschaftliche Aspekte bezogene Prüfung des Emittenten und dessen wesentlicher Tochtergesellschaften320 durch, die zugleich der Bestätigung der vom Emittenten vorgelegten
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315 Hazen, Vol. 2, Ch. 12.8 [1] und [3], 426 ff. 316 „Recklessness“ ist ein Verhalten, das „an extreme departure from the standards of ordinary care“ darstellt. Vgl. Steinberg, S. 195. 317 Die überwiegende Mehrheit der unteren US-Bundesgerichte geht aber davon aus, dass Recklessness für eine Haftung nach Rule 10b-5 ausreicht. 318 Meist kommt es bei Transaktionen nicht zum persönlichen Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer, weshalb die Vermutung einer Transaction Causation auf die so genannte „Fraud on the Market Theory“ (vgl. dazu die Entscheidung des Supreme Court in Sachen Basic, Inc. Levinson, 485 U.S. 224 (1988)) gestützt werden muss, welche wiederum auf der Kapitalmarkteffizienzhypothese beruht. 319 Was eine solche Due Diligence im Einzelnen darstellt, wird in keiner Norm ausdrücklich festgehalten, wurde aber von der Rechtsprechung (In re The Richmond Corp., 41 SEC 398 (1963), Escott v. BarChris Construction Corp., 283 F. Supp. 643 (S.D.N.Y. 1968); Feit v. Leasco Data Processing Equipment Corp., 332 F. Supp. 544 (E. D. N. Y 1971). und der Marktpraxis (vgl. dazu im Einzelnen Johnson/McLaughlin, § 5.03 f. und Golden/Werlen, Due Diligence Procedures, S. 519, in Annual Institute 2001) entwickelt. 320 Wesentliche Tochtergesellschaften sind i.d.R. solche, die in Bezug auf Anteil (i) an der Bilanzsumme, (ii) am Umsatz oder (iii) am Profit mindestens 10 % des Gesamtunternehmens ausmachen, wobei aber immer auf die Umstände des Einzelfalles zu verweisen ist.
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Informationen im Prospekt dient. Darüber hinaus unterstützen auch die im Übernahmevertrag vom Emittenten verlangten Gewährleistungen die Due Diligence. 157
Die Due Diligence bildet die Basis für einen so genannten „10b-5 Letter“321, der i.d.R. vom Rechtsberater des Emittenten und vom Rechtsberater der federführenden Emissionsbank mit Bezug auf das so genannte Disclosure Package (vgl. oben Rz. 147) an die Emissionsbank ausgestellt wird322. Die Abgabe eines 10b-5 Letters setzt eine Reihe einzelner Maßnahmen voraus, so die Durchsicht der Vorstands- und Aufsichtsratsprotokolle323 des Emittenten, der wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Dokumente, sowie weiterer wichtiger Verträge (legal due diligence) 324. Weiter ist die Geschäftsleitung einzubeziehen (management due diligence). Schließlich ist mit den unabhängigen Wirtschaftsprüfern, ein detaillierter Fragenkatalog durchzugehen (accounting due diligence).
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Die praktische Bedeutung der Due Diligence als Mittel der Haftungsabwehr in den USA ist sehr groß; eine lege artis durchgeführte Due Diligence erlaubt dabei in aller Regel der Emissionsbank die erfolgreiche Beantragung einer so genannten Motion to Dismiss, d.h. einer Klageabweisung im summarischen Verfahren325. b) Vertragliche Abwälzung der Haftung auf den Emittenten
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Im Übernahmevertrag mit dem Emittenten werden sich Emissionsbank und weitere Transaktionsbeteiligte (z.B. ein Vorstand des Emittenten) regelmäßig zusichern lassen, dass sie für den Schaden aus einer Prospekthaftung im Außenverhältnis unter Section 11 SA, Section 12 SA oder Rule 10b-5 vom Emittenten schadlos gehalten werden (indemnification). Diese Freistellungserklärung wird im Einzelfall zwar 321 Dieser enthält in Anlehnung an Rule 10b-5 die Erklärung, dass die Anwälte bei der Durchsicht des Prospektes (und vor dem Hintergrund der durchgeführten Due Diligence) keine wesentlichen Falschangaben oder Auslassungen haben erkennen können (Golden/Werlen, Due Diligence Procedures, S. 817, in Annual Institute 2001). 10b-5 Letter decken damit auch den wesentlichen Klagegegenstand von Sections 11 und 12(a)(2) SA ab. 322 Die Wirtschaftsprüfer des Emittenten geben parallel so genannte Comfort Letters an die Emissionsbank ab, die sich u.a. auf im Prospekt enthaltene, ungeprüfte Zahlen beziehen und damit die Teile des Prospekts abdecken, die von 10b-5-Letters nicht erfasst werden. 323 Zuweilen werden gegen die Einsichtnahme in die Aufsichtsratsprotokolle Geheimhaltungsinteressen angeführt. Die für Anwälte geltenden beruflichen Schweigepflichten sollten jedoch ausreichend sein, um die vertrauliche Behandlung der in den Protokollen enthaltenen Daten zu gewährleisten (vgl. dazu Roth/Schoneweg, NZG 2004, 206 ff.). 324 Je nach der Geschäftstätigkeit des Emittenten kann es ratsam sein, Produktionsstätten vor Ort zu besuchen. In gewissen Fällen ist es außerdem sinnvoll, bei unabhängigen Dritten wie z.B. wichtigen Kunden oder Lieferanten des Emittenten Informationen nachzuprüfen. Bei IPOs oder anderen Emissionen, für die ein Registrierungsantrag auf Form F-1 oder S-1 erforderlich sind, ist es außerdem üblich, einen Fragebogen an alle Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder abzugeben (directors and officers (D&O) questionnaire). Vgl. dazu Johnson/McLaughlin, § 5.04[F] f. 325 Vgl. dazu auch William F. Alderman/John Kanberg, Due Diligence in the Securities Reform Era: Some Practical Tips from Litigators on the Effective Conduct, Documentation and Defense of Underwriter Investigation, in Understanding The Securities Laws, 1997 sowie neuerdings Maiden, Fear of Class Action drives Better Diligence, in IFLR 2004, 35 f.; vgl. jedoch auch zur Worldcom-Entscheidung oben in Zusammenhang mit der Shelf Registration (Rz. 40).
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stark verhandelt326, ist im Grundsatz für die Emissionsbanken jedoch conditio sine qua non327.
VIII. Spezialprobleme 1. Der Investment Company Act von 1940 Der Investment Company Act von 1940 („ICA“) ist das zentrale Regelwerk für USKapitalanlagegesellschaften (collective investment vehicles). Er verbietet das Angebot bzw. den Verkauf von Wertpapieren von nicht-registrierten Kapitalanlagegesellschaften (investment companies). Der Begriff Investment Company ist dabei weit definiert und erfasst all jene juristischen Personen, die sich entweder rechtlich oder tatsächlich dem Halten von, und dem Handel mit Wertpapieren328, widmen, falls der Wert dieser Wertpapiere mehr als 40 % der Bilanz dieser juristischen Person darstellt329.
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Manche nicht-amerikanische Emittenten, die sich selbst zwar nicht als Kapitalanlagegesellschaften verstehen, aber Wertpapiere in die USA emittieren wollen, können daher möglicherweise unter den Anwendungsbereich des Investment Company Act fallen (Section 7(d) ICA)330. Weil in solchen Fällen eine Registrierung als Kapitalanlagegesellschaft unter dem Investment Company Act nur unter Einhaltung einschneidender einmaliger und periodischer Pflichten erteilt wird, versucht ein nicht-ame-
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326 Konzessionen werden etwa dort gemacht, wo die Emissionsbank selbst den Text des Prospektes zu verantworten hat (z.B. im Bezug auf die von den Emissionsbanken zu übernehmenden Anteile). Hierbei handelt es sich jedoch um sehr beschränkte Ausnahmen und die entsprechenden Prospektabschnitte werden typischerweise in einem separaten Schreiben der Emissionsbanken an den Emittenten (teils als „blood letter“ bezeichnet) abschließend aufgelistet. 327 Es stellt sich aber die Frage, ob eine solche Freistellung nicht Sinn und Zweck der Prospekthaftung unterläuft. Für Freistellungserklärungen des Emittenten für die Haftung von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern sowie von Kontrollpersonen verlangt die SEC als Voraussetzung zur Effektiverklärung eines Registrierungsantrags, dass sich die vom Emittenten freigestellten Personen einem Gerichtsentscheid unterwerfen, der die Durchsetzbarkeit der Freistellungserklärung rechtsverbindlich feststellt (Reg. S-K, Item 512). Zwar ist die Freistellungserklärung von Emissionsbanken dieser Bedingung nicht unterworfen, aber in der Praxis sehen US-Underwriting Agreements für den Fall der Nichtdurchsetzbarkeit der Freistellungsklausel als subsidiäre Lösung so genannte Contribution Clauses vor. 328 Ausgenommen sind Wertpapiere der US-Regierung (nicht aber von anderen Staaten oder internationalen Organisationen emittierte Wertpapiere) sowie Bargeldpositionen. 329 Section 3(a)(1) ICA definiert Investment Company als „any issuer which (A) is or holds itself out as being engaged primarily, or proposes to engage primarily, in the business of investing, reinvesting or trading in securities; … or (C) is engaged or proposes to engage in the business of investing, reinvesting, owning, holding or trading in securities, and owns or proposes to acquire investment securities having a value exceeding 40 per centum of the value of such issuer’s total assets (exclusive of Government securities and cash items) on an unconsolidated basis.“ 330 Besonders betroffen sind Holdinggesellschaften mit Minderheitsbeteiligungen an mehreren Tochterunternehmen, Gesellschaften, die den Erlös aus dem Verkauf erheblicher Vermögensposten oder Geschäftsbereichen in Wertpapieren angelegt haben, sowie Zweckgesellschaften (special purpose vehicles (SPV’s)), wie beispielsweise die Emittenten in Structured Note-Programmen, deren Vermögen überwiegend aus Wertpapieren besteht.
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rikanischer Emittent in der Regel, nicht als Investment Company zu qualifizieren331 oder zumindest unter eine der im Investment Company Act vorgesehenen Ausnahmekategorien zu fallen. Dazu zählen (1) die so genannte 100-Holder Rule für private Kapitalanlagegesellschaften332, (2) Kapitalanlagegesellschaften, die ihre Wertpapiere ausschließlich an „Qualified Purchasers“333 vertreiben, (3) Finanzierungsgesellschaften (Rule 3a-5 ICA), (4) berechtigte kontrollierte Gesellschaften (Section 3(b) (2) ICA), (5) Emittenten von Asset-Backed Securities (Rule 3a-7 ICA) sowie (6) nicht-amerikanische Banken und Versicherungsgesellschaften (Rule 3a-6 ICA). 162
In der Praxis wird i.d.R. bei allen die USA miteinbeziehenden Kapitalmarkttransaktionen eines nicht-amerikanischen Emittenten auch geprüft, ob letzterer unbeabsichtigterweise (inadvertently) den Bestimmungen des Investment Company Act unterliegt334 und der (i.d.R.) negative Befund in einer No Registration Opinion bestätigt.
2. Passive Foreign Investment Companies 163
Ein nicht-amerikanischer Emittent, der in den USA Wertpapiere zu emittieren sucht, gleichzeitig aber steuerrechtlich als Passive Foreign Investment Company (PFIC)335 qualifiziert, muss aufgrund von unvorteilhaften Steuervorschriften mit einem deutlich gedämpften Interesse von US-Investoren rechnen336. In der Praxis empfiehlt es sich daher, die Bilanz- und Einkommensstruktur des Emittenten, wie sie sich nach Durchführung der Kapitalmarkttransaktion präsentiert, frühzeitig bewusst zu machen, und bei einem relativ hohen Anteil von liquiden Vermögenswerten einen US-Steueranwalt beizuziehen.
3. Der Trust Indenture Act von 1939 164
Der Trust Indenture Act von 1939 enthält Bestimmungen zu so genannten Trust Indentures, in den USA gesetzlich vorgeschriebene Verträge zwischen Emittenten von 331 Gerade bei Holdinggesellschaften ist dies dann möglich, wenn der Konzern auf konsolidierter Basis eine Bilanz aufweist, in der weniger als 40 % des Bilanzwerts in Wertpapieren investiert sind. 332 Sie setzt voraus, dass der nicht-amerikanische Emittent weniger als 100 Anteilseigner hat und ist deshalb hauptsächlich für Hedge Fonds und Private Equity Funds interessant. 333 Gem. Rule 2a51-1(g) fallen (mit wenigen Ausnahmen) alle von der Definition des „Qualified Institutional Buyers“ nach Rule 144A erfassten Investoren unter die Definition von „Qualified Purchasers“, Greene, § 12–37 ff. 334 Vom Emittenten wird üblicherweise eine Gewährleistung im Übernahmevertrag verlangt. 335 Ein Unternehmen wird generell dann als PFIC klassifiziert, wenn in einem Steuerjahr entweder (1) mindestens 75 % seines Bruttoeinkommens so genanntes „passives Einkommen“ (passive income) darstellt oder (2) mindestens 50 % seines Bruttovermögens Vermögenswerten zuzuordnen ist, die passives Einkommen generieren oder die zur Generierung von passivem Einkommen gehalten werden. Passives Einkommen schließt u.a. Zinserträge, Dividenden, Annuitäten, gewisse Mieterträge und Lizenzgebühren sowie Einkünfte aus bestimmten Transaktionen ein. 336 Für jedes Jahr, in dem ein US-Investor Wertpapiere eines als PFIC qualifizierenden nichtamerikanischen Emittenten hält, unterliegt dieser nämlich Zusatzsteuern auf jegliche an ihn geleisteten „übermäßigen Ausschüttungen“ (excess distributions) sowie auf jeglichen durch den Verkauf oder aufgrund von sonstigen Übertragungen von Anteilen erzielten Gewinn.
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Anleihensobligationen und einem Treuhänder (trustee), der den Schutz der Interessen der Anleihensobligationäre wahrnehmen soll. Der Trust Indenture Act ist i.d.R. auf alle in den USA öffentlich angebotenen und unter dem Securities Act registrierten Anleihensobligationen anwendbar, auch wenn sie von nicht-amerikanischen Emittenten emittiert werden337.
4. Einzelstaatliche Wertpapiergesetze (blue sky laws)338 Angebote und Verkäufe von Wertpapieren in den USA fallen stets in den Geltungsbereich der hier dargestellten Securities Laws. Darüber hinaus können sie zusätzlich den einzelstaatlichen Wertpapiergesetzen unterliegen. Die 1996 im Zuge des NSMIA eingeführte Section 18 SA stellt sicher, dass die Wertpapiergesetze auf Bundesebene die Blue Sky Laws derogieren, soweit es sich um „erfasste Wertpapiere“ (covered securities) handelt339. Unter den Begriff der Covered Securities fallen u.a. Wertpapiere, die an einer US-Börse notiert sind, oder die unter Anwendung einer Ausnahme vom allgemeinen Registrierungserfordernis von Section 5 SA verkauft werden, einschließlich Privatplatzierungen nach Rule 144A, Reg. D oder Rule 144. Damit sind die meisten praktisch relevanten Kapitalmarkttransaktionen nun von den einzelstaatlichen Registrierungserfordernissen ausgenommen340. Dennoch empfiehlt es sich, für jede Kapitalmarkttransaktion mit US-Bezug die etwaige Anwendbarkeit von Blue Sky Laws im Einzelfall abzuklären341.
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5. Stabilisierung: Regulation M Die 1997 in Kraft getretene Reg. M342 regelt die Aktivitäten von Emissionsbanken, Emittenten, verkaufenden Anteilsinhabern (selling shareholders) und anderen am Vertrieb von Wertpapieren im Rahmen einer Emission beteiligten Personen mit dem Ziel, Marktmanipulationen zu verhindern343. Reg. M ist grundsätzlich auf Ak337 Der Trust Indenture Act regelt Abschluss und Inhalt von Indentures, wer als Treuhänder fungieren darf, sowie die Pflichten von Treuhändern. 338 Dieser Begriff bringt den gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck zu verhindern, dass Investoren gewissermaßen „das Blaue vom Himmel“ verkauft wird (Cox, Securities Regulation, 15 (mit Verweis auf Hall v. Geiger-Jones Co., 242 U.S. 539, 550 (1917), wonach „stock market speculators and promoters … would often sell securities having no more substance than ’so many feet of blue sky“)). 339 Pub. L. No. 104–290, 110 Stat. 3416 (1996). Allerdings gelten die antifraud-Bestimmungen der blue sky laws weiterhin, vgl. Johnson/McLaughlin, § 4.02[H]. 340 Trotz NSMIA wird in Rule 144A-Prospekten i.d.R. weiterhin eine „Notice to New Hampshire Residents“ aufgenommen. Sie geht auf ein Gesetz des Staates New Hampshire (N.H. Rev. Stat. Ann. § 421–3:20) zurück, das eine Offenlegung des Umstands verlangt, dass eine Transaktion nicht von der Wertpapieraufsichtsbehörde von New Hampshire gebilligt wurde. 341 I.d.R. ist es Sache des Underwriters’ Counsel einen so genannten Blue Sky Survey zu erstellen, um abzuklären, ob evtl. eine Registrierung im Einzelstaat angezeigt bzw. auf ein Angebot in gewissen Einzelstaaten zu verzichten ist (vgl. Greene, § 2–81). 342 SEC Release No. 34-38067 (December 23, 1996). 343 Rule 101 regelt das Verhalten der Emissionsbanken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren und verbietet ihnen grundsätzlich vor Ablauf einer Sperrfrist (restricted period), Angebote auf die entsprechenden Wertpapiere abzugeben oder diese direkt oder indirekt zu kaufen. Rule 102 enthält entsprechende Regeln für den Emittenten und Selling
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tivitäten aller Transaktionsbeteiligter (auch nicht-amerikanischer) anwendbar, sofern die Kapitalmarkttransaktion auch den Vertrieb von Wertpapieren in die USA, sei es durch ein öffentliches Angebot oder über Privatplatzierungen, einschließt. Allerdings nehmen Rules 101, 102 und 104 144A-Privatplatzierungen von ihrem Geltungsbereich aus344.
6. ADRs, New York Registry Shares und Global Registered Shares a) Übersicht 167
Bei der Emission von Aktien eines nicht-amerikanischen Emittenten an US-Investoren stellt sich die (praktische) Frage nach der Form, in der die Aktien in den USA angeboten werden. Während Aktien nicht-amerikanischer Emittenten i.d.R. als Inhaber- oder Namensaktien emittiert werden dürfen, werden in den USA nur Namensaktien emittiert; sodann sind Aktien nicht-amerikanischer Emittenten sowie darauf geleistete Dividenden in Landeswährung denominiert, während bestimmte institutionelle US-Investoren teilweise nur in US-Dollar denominierte Wertpapiere investieren dürfen345. Die Praxis hat verschiedene Lösungsvorschläge entwickelt: Neben der üblichen Form des American Depositary Receipt sind als Spezialformen die New York Registry Shares und die Global Registered Shares zu nennen346. b) American Depositary Receipts
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Begriff und Funktion: American Depositary Receipts (ADRs) sind übertragbare Namenpapiere, die von einer Depotbank (depositary) ausgegeben werden, und (Bruchteile von)347 Aktien nicht-amerikanischer Emittenten repräsentieren, die diese zuvor bei einer Hinterlegungsbank (custodian) im Herkunftsland hinterlegt haben. ADRInhaber können die ADRs grundsätzlich jederzeit gegen die zugrundeliegenden Aktien eintauschen und umgekehrt. Die Depotbank informiert die ADR-Inhaber über alle im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung am nicht-amerikanischen Emittenten entstehenden Rechte (z.B. Stimmrechte, Bezugsrechte) und wickelt die Zahlung der Dividende in US-Dollar ab. Die Depotbank führt auch das „ADR“-Buch.
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Arten von ADR-Programmen: Je nachdem, ob ein ADR-Programm auf Betreiben des Emittenten eingerichtet wird, was den Regelfall bildet, oder auf Betreiben einer Depotbank unterscheidet man zwischen sponsored ADR-Programmen und unsponsored ADR-Programmen. Ein Sponsored ADR-Programm wird von der Depotbank aufgrund eines Depotvertrages mit dem Emittenten eingerichtet und der Emittent übernimmt üblicherweise zumindest einen Teil der Gebühren für die
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Shareholders. Rule 103 erlaubt bestimmten, am Vertrieb beteiligten Nasdaq Marktmachern, ihre „passiven“ Aktivitäten auch für den Vertriebszeitraum in beschränktem Umfang fortzusetzen. Rule 104 beschreibt Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Transaktionen von Emissionsbanken zur „Marktstabilisierung“ und enthält gewisse Offenlegungspflichten. Rule 105 verbietet schließlich allen Personen den Kauf von Wertpapieren zur Deckung von Leerverkäufen (short sales). Dazu auch Greene, § 4–56 f. Außerdem sind US-Aktien meist „leicht“, d.h. zu Marktpreisen unter USD 100 gehandelt, während im Ausland oft „schwere“ Aktien gängig sind. Vgl. hierzu auch Greene, § 2–13 ff. Zum Ganzen Brumm, passim. ADRs erlauben dadurch, „schwere“ Aktien in „leichte“ zu verwandeln.
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Schaffung und Unterhaltung des ADR-Programms. Ein Unsponsored ADR-Programm wird hingegen ohne Beteiligung348 (und möglicherweise sogar gegen den Willen349) des Emittenten von einer amerikanischen Finanzinstitution geschaffen, die Nachfrage seitens US-Investoren für die entsprechenden Aktien erwartet und diese Dienstleistung über von den ADR-Inhabern erhobene Gebühren finanziert 350. Registrierung: Die SEC vertritt die Auffassung, dass ADRs eigenständige, von den hinterlegten Aktien des nicht-amerikanischen Emittenten verschiedene Wertpapiere sind und dass die Ausgabe von ADRs in den USA deshalb ein öffentliches Angebot von Wertpapieren in den USA darstellt. Deshalb unterliegt die Emission von ADRs durch eine Depotbank der Registrierungspflicht unter dem Securities Act. Der Registrierungsantrag ist von der Depotbank auf Form F-6 bei der SEC einzureichen351. Die Registrierung von ADRs unterliegt allerdings drei Voraussetzungen: (i) ADRs müssen grundsätzlich jederzeit in die zugrundeliegenden Aktien umtauschbar sein und umgekehrt, (ii) die bei der Depotbank deponierten zugrundeliegenden Aktien müssen von ihr entweder in einer registrierten Transaktion oder in einer Privatplatzierung erworben worden sein, und (iii) der Emittent muss entweder unter dem Exchange Act registriert und dessen periodischen Berichterstattungs- und Offenlegungspflichten unterworfen sein oder eine 12g3-2(b) Exemption erlangt haben352.
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Für Emittenten, deren ADRs lediglich im Freiverkehr (over-the-counter market)353 gehandelt werden, genügt die Aufrechterhaltung der Rule 12g3-2(b) Exemption; man bezeichnet solche ADR-Programme auch als Level 1 ADR-Programme. Sollen die von der Depotbank emittierten ADRs zudem an einer US-Börse notiert werden, so ist der nicht-amerikanische Emittent zur Registrierung unter Section 12(b) SEA verpflichtet; man bezeichnet solche ADR-Programme auch als Level 2 ADR-Programme. Führt ein Emittent schließlich im Zusammenhang mit der Schaffung eines ADR-Programms eine Kapitalaufnahme im Wege einer öffentlichen Neuemission von Wertpapieren in den USA durch, sind nicht nur die von der Depotbank geschaffenen ADRs unter Verwendung von Form F-6 bei der SEC zu registrieren, sondern zugleich auch die neu
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348 Da die Depotbank das öffentliche Angebot der ADRs unter Verwendung von Form F-6 selbst registrieren muss, können ADR-Programme ganz ohne Mitwirkung des Emittenten nur für solche Aktien geschaffen werden, die bereits (vom Emittenten) unter dem Exchange Act registriert sind oder für die eine 12g3–2(b) Exemption (dazu Rz. 109) besteht. Selbst bei Vorliegen einer 12g3–2(b) Exemption ist die Depotbank zu einem gewissen Grad auf den Emittenten angewiesen, da dieser der SEC zur Aufrechterhaltung der Befreiung fortlaufend gewisse Unterlagen einreichen muss. 349 Depotbanken verlangen in aller Regel vom Emittenten so genannte „Letters of Nonobjection“. 350 Die Existenz eines unsponsored ADR-Programmes kann für den Emittenten dann problematisch werden, wenn er sich später dazu entscheiden sollte, selbst ein Sponsored ADRProgramm zu schaffen. Für diesen Fall verlangt die SEC nämlich die unverzügliche Auflösung aller existierenden Unsponsored ADR-Programme (siehe das SEC „Manual of Publicly Available Telephone Interpretations“ der Division of Corporation Finance vom März 1999, Item 9S zum Abschnitt „Securities Act Forms“) in Bezug auf Aktien des Emittenten, was natürlich die Kooperation der jeweiligen Depotbank erfordert. 351 Form F-6 verlangt (lediglich) Angaben zu den Depotvereinbarungen, ein Spezimen des ADR-Zertifikats sowie, bei Sponsored ADR-Programmen, eine Kopie der Vereinbarung zwischen Depotbank und Emittent. 352 Palmiter, S. 419 f.; Greene, § 2–18 f. Vgl. auch Rz. 113 a.E. 353 Auch als so genannter Pink-Sheet Handel bekannt.
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emittierten, den ADRs zugrundeliegenden Aktien unter Verwendung von Form F-1, F-2 oder F-3; man bezeichnet solche Programme auch als Level 3 ADR-Programme. c) New York Registry Shares 172
In dieser Struktur emittiert ein Vertreter des Emittenten (New York Transfer Agent)354 so genannte New York Registry Shares, die die zugrundeliegenden Aktien des Emittenten repräsentieren. Dadurch erhält der Emittent eine direktere Kontrolle über den Handel in seinen Wertpapieren. Zudem wird das Risiko des so genannten Pre-release355 von ADRs durch Depotbanken eliminiert und die Kosten für den Emittenten werden reduziert. Obwohl wesentlich emittentenfreundlicher, sind New York Registry Shares auf insb. niederländische356 Emittenten beschränkt geblieben357. d) Global Registered Shares
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Bei Global Registered Shares werden die eigentlichen vom nicht-amerikanischen Emittenten im Herkunftsland emittierten Aktien in der ursprünglichen Form auch an US-Investoren emittiert. Dies setzt u.a. voraus, dass es sich um Namenaktien handelt und dass die Aktienstückelung entsprechend der US-Praxis groß und der Nennwert der Aktien mithin tief ist. Die Währungsproblematik wird so gelöst, dass die Aktien in den USA in US-Dollars und im Heimatmarkt in Lokalwährung gehandelt werden. US-Aktionäre erhalten die Option, Dividenden entweder in Lokalwährung oder in US-Dollars entgegenzunehmen358, 359. Für den Emittenten hat diese Struktur den Vorteil geringerer Komplexität und niedrigerer Transaktionskosten; außerdem wird eine direkte Beziehung zwischen Emittent und US-Aktionär ermöglicht360.
7. Publizität 174
Der Securities Act enthält Beschränkungen hinsichtlich der von den an einer Kapitalmarkttransaktion beteiligten Parteien zu verwendenden Publizität361. Im Falle eines 354 Der New York Transfer Agent führt das Aktienregister und handelt außerdem als Vertreter des Emittenten bei der Auszahlung von Dividenden. 355 Vgl. dazu Brumm, IFLR 1999, 20; Greene, § 2–20 f. Es geht um das Risiko für den Emittenten, dass eine Depotbank ADRs ausgibt, bevor der Custodian entsprechende zugrundeliegende Aktien erhalten hat. 356 Z.B. Royal Dutch Shell und Unilever NV. 357 Aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ist es manchen nicht-amerikanischen Emittenten verwehrt, sich New York Registry Shares zu bedienen. 358 Entscheidet sich ein Aktionär für die Dividendenzahlung in USD, tauscht der Transfer Agent den entsprechenden Betrag in USD und zahlt diesen an den Aktionär aus. 359 Logistisch ist die Buchung der Transaktionen in Aktien in einem globalen Register sicherzustellen. Die Struktur setzt zudem Absprachen zwischen relevanten Börsen und Clearingstellen zum Settlement voraus. Im Moment bestehen Vereinbarungen zwischen der NYSE und DTC und der Deutschen Börse und Clearstream sowie der SWX Swiss Exchange und SIS-SEGA Intersettle. 360 Die Struktur wurde erstmals im Rahmen des DaimlerChrysler-Zusammenschlusses 1999 (SEC Release No. 34-40597 (Oct. 23, 1998)) angewandt und seither u.a. von Celanese und UBS verwendet. 361 Publizität (publicity) ist ein weiter Begriff, der alle möglichen Formen der Bekanntmachung und Publizierung von Informationen umfasst, wie z.B. Presseerklärungen, Anzeigen, Interviews, Roadshows und Teilnahme an Konferenzen.
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öffentlichen Angebots kann die unzulässige Veröffentlichung von Informationen dazu führen, dass ein verbotenes Verkaufsangebot oder ein verbotener Prospekt vorliegt, und dass die SEC das Angebot verschiebt, um die publizierte Information „abkühlen“ (cooling off period) zu lassen, oder anordnet, dass die publizierte Information in den Prospekt aufgenommen und dieser noch einmal verteilt wird. Im Falle einer Privatplatzierung kann unlimitierte Publizität die Berufung auf eine Ausnahme vom Registrierungserfordernis des Securities Act in Frage stellen. Diese Problematik wird dadurch verschärft, dass Publizität im Kontext von Kapitalmarkttransaktionen in Europa nicht entsprechenden Restriktionen unterliegt. So wird in Europa oft in Zeitungen und anderen Massenmedien für Investitionen in IPOs geworben. Angesichts der Normendiskrepanz hat die SEC gewisse Safe Harbor-Regeln betreffend Publizität erlassen. Währed Rules 134 (vgl. dazu Rz. 35), 135 (vgl. dazu hierzu Rz. 33) oder 168 (vgl. dazu Rz. 35) die Publizität im Rahmen eines öffentlichen Angebots in den USA betreffen, beziehen sich Rules 135c und 135e (vgl. hierzu Rz. 70) auf öffentliche Angebote im Ausland mit Privatplatzierungen in die USA. Um Probleme im Zusammenhang mit Publizität und Internet zu vermeiden, werden deshalb in der Praxis zu Beginn einer auch die USA einbeziehenden Kapitalmarkttransaktion Publizitätsregeln362 aufgestellt, die klar die erlaubte von der unerlaubten Publizität abgrenzen363.
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8. Research Dealspezifische Researchberichte stehen mit der Philosophie der Securities Laws im Widerstreit, wonach sich die Investitionsentscheidung des Investors im Rahmen eines öffentlichen Angebots allein auf den von der SEC gebilligten Prospekt stützen sollte. Zudem laufen Verfasser von Researchberichten Gefahr, dass Researchberichte (i) als unerlaubte Publizität betrachtet werden, (ii) als in Verletzung von Section 5 SA nicht von der SEC gebilligter „Prospekt“ interpretiert werden und (iii) Prospekthaftung unter den Securities Laws auslösen364. Dennoch erkennt die SEC auch die Bedeutung von Researchberichten für das Funktionieren eines effizienten Kapitalmarktes an. Die SEC stellt entsprechend – im Zuge der Securities Offering Reform leicht erweiterte – Safe Harbor-Regeln bereit, die die Veröffentlichung von Researchberichten im Zusammenhang mit einer Wertpapieremission in bestimmten Fällen zulassen. Rule 137 SA erlaubt die Veröffentlichung von Researchberichten durch 362 Publicity Guidelines (oft ergänzt durch so genanntes „Do’s and Don’ts“). 363 Auch Informationen auf der Internetseite des Emittenten werden aufgrund ihrer Abrufbarkeit in den USA von der SEC unter dem Blickwinkel der Publizitätsvorschriften betrachtet und sind deshalb mit den Safe Harbor-Regeln abzugleichen. Vgl. hierzu auch den so genannten Internet-Release (SEC Release Nos. 33-7516 und 34-39779). Die außerhalb der USA oft übliche Einstellung eines Prospekts auf die Website wirft besondere Probleme auf und muss nach der Praxis der SEC bei nicht in Englisch verfassten Prospekten über Zugangskontrollen abgefedert werden, während von der Einstellung englischer Prospektversionen grundsätzlich abzuraten ist. Dies wird in Zukunft zu Konflikten führen, da die EU-Prospektrichtlinie (2003/71/EG) vorsieht, dass Mitgliedstaaten eine Veröffentlichung im Internet verlangen können (Art. 14 Abs. 2 Satz 2); gleichzeitig erlaubt die Richtlinie für verschiedene Emissionen die Wahl der englischen Sprache. 364 Sollte ein Emittent oder ein anderer an einem Angebot Beteiligter einen fremden Researchbericht im Zusammenhang mit einem Angebot verwenden oder sich zu eigen machen (z.B. durch Verwendung eines Hyperlink), könnte dieser außerdem einen Free Writing Prospectus darstellen auf den Rule 433 SA anwendbar ist.
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Wertpapierhändler die nicht am Vertrieb der Wertpapiere beteiligt sind und auch von keinem Beteiligten für die Veröffentlichung bezahlt werden. Rule 139 SA erlaubt die Fortsetzung der Behandlung regelmäßig am Kapitalmarkt auftretender Emittenten durch regelmäße Researchberichte365. Dabei wird zwischen sich speziell mit dem Emittenten befassenden Researchberichten366 und sich auf eine bestimmte Industrie und die dazugehörigen Emittenten beziehenden Researchberichten367 unterschieden. Schliesslich erlaubt Rule 138 SA die Veröffentlichung von Researchberichten, sofern sie sich nicht auf die angebotene Klasse von Wertpapieren beziehen (z.B. im Falle eines Angebots von Aktien auf Anleihenobligationen des Emittenten)368. 177
Um Probleme im Zusammenhang mit Researchberichten zu vermeiden, werden in der Praxis zu Beginn einer auch die USA einbeziehenden Kapitalmarkttransaktion so genannte Research Guidelines aufgestellt, die die Verhaltensregeln für Researchberichte von im Emissionssyndikat vertretenen Emissionsbanken im Einzelnen festlegen369. Regelmäßig wird eine Blackout-Periode370 bestimmt, während der überhaupt keine Researchberichte veröffentlicht werden dürfen. Darüber hinaus wird regelmässig auch eine so genannte Restricted Period festgelegt, während der eine begrenzte Veröffentlichung von Research möglich ist und die mit Beginn der Blackout-Periode endet.
365 Rule 139 ist nur anwendbar auf Emittenten, die die Voraussetzungen zur Verwendung von Form F-3 erfüllen. Für erstmalig am Kapitalmarkt auftretende Emittenten werden per Definition keine regelmäßigen Research Reports publiziert. Aufgrund der sehr großen Zahl von ausgegebenen festverzinslichen Wertpapieren sind bei Wertpapieren in dieser Klasse die Anforderungen an die Regelmäßigkeit der Research Reports geringer (Johnson/ McLaughlin, § 3.06[F][3]). 366 Rule 139(a) setzt voraus, dass der Analyst regelmäßig vor der Emission Researchberichte zu diesem Emittenten verfasst hat. 367 Rule 139(b) erlaubt Empfehlungen in einem zum Zeitpunkt der Transaktion veröffentlichten Researchbericht, sofern ein vorhergehender Bericht ebenfalls Empfehlungen enthielt, die zumindest gleich gut oder besser waren als die jetzigen Empfehlungen. 368 Researchberichte können auch bei Privatplatzierungen in die USA schwierige Fragen aufwerfen, gerade im Bezug auf Publizität und Haftung. Im Rahmen der Securities Offering Reform hat die SEC nun die zuvor lediglich in nicht-offiziellen Äusserungen vertretene Position kodifiziert, dass Rules 138 und 139 auch bei Angeboten nach Rule 144A bzw. Reg. S Anwendung finden können, d.h. dass Researchberichte, welche die Voraussetzungen von Rule 138 bzw. Rule 139 erfüllen, weder eine allgemeine Werbung (general solicitation) i.S.v. Rule 144A bzw. keine gezielten Verkaufsanstrengungen (directed selling efforts) i.S.v. Reg. S darstellen. Vgl. Rule 138(b) und (c) sowie Rule 139(b) und (c). 369 Researchberichte, die während der Restricted Period veröffentlicht werden sollen, werden regelmäßig von den Rechtsberatern der Banken auf Übereinstimmung mit den Research Guidelines überprüft; eine Prüfung der in den Researchberichten enthaltenen Fakten erfolgt regelmäßig durch die federführende Emissionsbank. 370 In der Praxis ist die Beratung hinsichtlich des Beginns der Blackout-Periode nicht einheitlich; sie endet in aller Regel 40 Tage nach dem Closing. Nachdem Rule 139 SA nun ausdrücklich auch direkt auf Rule 144A Transaktionen bestimmter nicht-amerikanischer Emittenten anwendbar ist, könnten die dort beschriebenen regelmäßigen Researchberichte jetzt evtl. auch in der Blackout-Periode weiter veröffentlicht werden.
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