Universalien: Eine philosophische Einführung. Übersetzt von Sebastian Muders 9783110319514, 9783110319156

Die Welt besteht aus Einzeldingen und ihren Eigenschaften, die Universalien genannt werden. Aber welche Existenz kommt d

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German Pages 215 [221] Year 2009

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Table of contents :
Vorwort und Danksagungen
Kapitel 1 Das Universalienproblem
Kapitel 2 Radikaler Nominalismus und Eigenschaften
Kapitel 3 Gemäßigter Nominalismus und Eigenschaften
Kapitel 4 Minimalistischer Realismus: Wolterstorffs Arten, Armstrongs Eigenschaften
Kapitel 5 Traditioneller Realismus: Eigenschaften als abstrakte Gegenstände
Kapitel 6 Traditioneller Realismus: Probleme und Einwände
Kapitel 7 Zur Individuation von Einzeldingen
Bibliographie
Index
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Universalien: Eine philosophische Einführung. Übersetzt von Sebastian Muders
 9783110319514, 9783110319156

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J. P. Moreland Universalien Eine philosophische Einführung

J. P. Moreland

Universalien Eine philosophische Einführung Übersetzt von Sebastian Muders

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2009 ontos verlag P.O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm www.ontosverlag.com ISBN 978-3-86838-055-2 2009 No part of this book may be reproduced, stored in retrieval systems or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, microfilming, recording or otherwise without written permission from the Publisher, with the exception of any material supplied specifically for the purpose of being entered and executed on a computer system, for exclusive use of the purchaser of the work Printed on acid-free paper FSC-certified (Forest Stewardship Council) This hardcover binding meets the International Library standard Printed in Germany by buch bücher dd ag

Inhalt Vorwort und Danksagungen

1

KAPITEL 1 Das Universalienproblem

3

KAPITEL 2 Radikaler Nominalismus und Eigenschaften

31

KAPITEL 3 Gemäßigter Nominalismus und Eigenschaften

65

KAPITEL 4 Minimalistischer Realismus: Wolterstorffs Arten, Armstrongs Eigenschaften

95

KAPITEL 5 Traditioneller Realismus: Eigenschaften als abstrakte Gegenstände

125

KAPITEL 6 Traditioneller Realismus: Probleme und Einwände

145

KAPITEL 7 Zur Individuation von Einzeldingen

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Bibliographie Index

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Vorwort und Danksagungen

D

as Buch stellt eine Studie auf dem Gebiet der analytischen Ontologie dar, mit einem Schwerpunkt auf diejenigen Fragestellungen und Alternativen, die im Brennpunkt des Universalienproblems stehen. Tatsächlich umfasst dieses Problem eine ganze Reihe miteinander in Beziehung stehender Streitfragen über den ontologischen Status von Eigenschaften, die für die Debatten zwischen radikalen und gemäßigten Nominalisten sowie Verfechtern verschiedener Realismen von großer Bedeutung sind. Das Buch versteht sich als Einführung in dieses Thema, das mit seinem Darstellungsniveau ebenso auf fortgeschrittene Studenten im Grundstudium wie auf solche des Hauptstudiums sowie den ausgebildeten Philosophen abzielt; ich denke, dass das Buch für jede dieser Gruppen von Nutzen sein wird. Damit ist es weniger als Einführung für diejenigen Studenten gedacht, die noch ganz am Anfang ihres Studiums stehen. Dennoch versteht es sich als Einführung in dem Sinne, dass gerade diejenigen Fragestellungen abgebildet werden sollen, die für sein Thema am bedeutsamsten sind. Aufgrund dieses Schwerpunkts und der gegebenen Platzbeschränkung musste ich notwendigerweise einige Themen auslassen, die in der Universalienforschung gerade in den letzten zehn Jahren sehr prominent besetzt waren. Insbesondere betrifft dies die Beziehung zwischen höher- und niedrigstufigen Universalien; das Verhältnis zwischen Universalien einer- sowie dem Kausalprinzip, Naturgesetzen und wissenschaftlicher Erklärung andererseits; und die Entwicklung eines gemäßigten (insbesondere: Tropen-)Nominalismus für verschiedene philosophische Fragestellungen. So interessant mir diese Themen auch erscheinen, so bauen doch diejenigen, die in ihnen forschen, im hohen Maß auf Positionen zu grundlegendenderen Themen der Universalientheorie auf. Noch dazu scheinen einigen Autoren dabei häufig wichtige Argumente und Unterscheidungen aus eben dieser grundlegenderen Universaliendebatte gänzlich un- oder nur unzureichend bekannt zu sein. Aus diesem Grunde habe ich entschieden, mich hier ausschließlich auf jene Fragestellungen zu konzentrieren, die für die Erforschung von Universalien von beständiger Wichtigkeit sind. Gerade für diese Themen meine ich eine Lücke in der jüngsten Literatur auszumachen, die auszufüllen ich mit meinem Beitrag mich bemüht habe. Etliche Personen haben mir bei der Fertigstellung dieses Projekts geholfen. So möchte ich mich bei Dan Yim und Joshua Blander für ihre Er-

mutigung bedanken, dieses Buch zu schreiben. Desweiteren bin ich Paul Copan für seine Auskünfte zu der Reihe dankbar, in der dieses Buch erscheint. Bei der Vorbereitung des Manuskripts waren im hohen Maße Lisa Vasquez und Robert Garcia beteiligt. Auch die Zusammenarbeit mit den beiden Herausgebern John Shand und Steven Gerrard war mir ein großes Vergnügen. Schließlich möchte ich meinen philosophischen Mentor Dallas Willard sowie meine Kollegen an der Biola University nennen, die in meiner philosophischen Entwicklung eine wichtige Rolle einnehmen. Es ist mir eine Freude, ihnen auf diesem Wege zu danken.

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Kapitel 1 Das Universalienproblem

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emeinsam mit der Metaphysik der Substanz stellt das Universalienproblem den paradigmatischen Beispielfall einer sich durch die gesamte Philosophiegeschichte ziehenden Fragestellung dar. Tatsächlich besteht dieses Problem aus einer Menge miteinander in Beziehung stehender Fragestellungen über den ontologischen Status von Eigenschaften. Auf dem ersten Blick scheint es Eigenschaften schlicht zu geben; tatsächlich dürfte kaum etwas offensichtlicher als die Tatsache sein, dass die Welt aus Einzeldingen besteht, die bestimmte Eigenschaften aufweisen und in Beziehung zu anderen Dingen stehen.1 Ebenso scheinen unterschiedlichen Gegenständen dieselben Eigenschaften zuzukommen: So können etwa verschiedene Dinge über denselben Rotton verfügen. Dennoch ist sowohl die Existenz wie auch das Wesen von Eigenschaften Gegenstand einer lange zurückreichenden Debatte, deren zentrale Fragestellungen unter der Bezeichnung „Universalienproblem“ zusammengefasst werden. Die Befürworter einer Existenz von Universalien berufen sich auf eine Reihe von Phänomenen, um ihre Ansicht plausibel zu machen (darunter beispielsweise die Sinnhaftigkeit von Sprache, das gesetzeskonforme Zusammenspiel von Ursache und Wirkung, die Intersubjektivität unseres Denkens, unsere Fähigkeit, neue Entitäten zu erkennen und einzuordnen, die Abstufung von Eigenschaften und die daraus erfolgende Notwendigkeit vollkommener Standards oder idealer Muster). Historisch betrachtet wurde das Problem jedoch hauptsächlich unter dem Titel „Das Eine und das Vie1

Der Ausdruck „Eigenschaft“ wird in zweierlei Weise verwendet. So kann man sich damit sowohl auf monadische Eigenschaften als auch auf Relationen beziehen, oder man gebraucht es einzig für monadische Eigenschaften im Kontrast zu Beziehungen. Ich werde hier der zweiten Verwendungsweise folgen. Wenn das Universalienproblem auch sowohl Eigenschaften wie Beziehungen umfasst, beschäftigt sich die vorliegende Schrift primär mit Eigenschaften und bezieht Fragestellungen bezüglich Beziehungen nur insoweit in ihre Untersuchung ein, wie sie für das Grundproblem relevant erscheinen.

le“ (auch: „Das Eine über dem Vielen“, „Das Eine im Vielen“) diskutiert, was den Versuch umschreibt, einen Theorie über die Einheit natürlicher Klassen aufzustellen. Zur besseren Verdeutlichung betrachte man die folgenden Worte: ROT, ROT, BLAU. Wie viele Wörter finden sich in dieser Reihe? Zwei Antworten scheinen möglich: Entweder zwei oder drei. Denn entweder zählt man zwei Wortarten oder drei unterschiedliche Zeichenfolgen. Dabei kann ein und dieselbe Wortart an unterschiedlichen Orten auftreten, wohingegen die konkrete Wortfolge ein bestimmtes Auftreten einer Wortart markiert. Wenn wir eine Menge der beiden ersten Zeichenfolgen bilden, scheint ihre Einheit auf der Tatsache zu beruhen, dass beiden die gleiche Wortart zugrunde liegt. Nehmen wir stattdessen sieben rote und drei blaue Bälle, hätten wir analog dazu in einem bestimmten Sinne zwei unterschiedliche Farben und in einem anderen zehn. Es würden zwei Arten von Farben vorliegen – rot und blau – und zehn Einzelfälle – Bälle – an denen diese Farben auftreten. Eine alle sieben roten Bälle umfassende Menge scheint eine natürliche Einheit zu formen, insofern jeder einzelne Ball mit den übrigen etwas gemeinsam hat, was er mit keinem der blauen Bälle teilt: seine rote Farbe. Diesbezügliche Fragestellungen und alternative Auffassungen bilden seit Platons Zeiten den Kern des Universalienproblems. Was genau meint Gleichheit bezüglich der Art? Was unterscheidet eine Gruppe von Einzelfällen, die eine natürliche Klasse bilden von einer selbst erfundenen, künstlichen Klasse?2 Was begründet die Zugehörigkeit zu einer Klasse im Falle natürlicher Klassen? Da aber das Universalienproblem die Frage nach dem ontologischen Status von Eigenschaften stellt, gehen seine Probleme weit über die Frage nach dem Einen und dem Vielen hinaus. Als weitere Fragen werden u.a. behandelt: • Gibt es Eigenschaften? • Wenn es Eigenschaft gibt: Sind sie Universalien oder Einzeldinge? • Wenn Eigenschaften Universalien sind: Sind sie auch abstrakte Gegenstände? • Wie lässt sich das Verhältnis zwischen einer Eigenschaft und dem Ding beschreiben, dem sie angehört? Ist die Eigenschaft in diesem Ding, und wenn ja, in welchem Sinn (räumlich, nicht-räumlich)? 2

Aufgrund bestimmter Paradoxe (beispielsweise über die Menge aller Mengen, die nicht Mitglieder ihrer selbst sind) ist es für bestimmte Fragen bedeutsam, Mengen von Klassen zu unterscheiden. Dennoch möchte ich aus historischen Gründen beide Ausdrücke synonym verwenden.

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• Wenn es Eigenschaften gibt: Bestehen sie auch dann, wenn sie von keinem Einzelding exemplifiziert werden? • Wenn Eigenschaften Universalien sind: Welche Erklärung kann für die Individualität von zwei Entitäten gegeben werden, die alle ihre „echten“ Eigenschaften gemeinsam haben?3 In den folgenden Kapiteln wird jede dieser Frage zusammen mit weiteren Themen behandelt, die für die Debatten über Universalien von Bedeutung sind. Der Rest dieses Kapitels stellt Fragestellungen und Unterscheidungen vor, die für die Eigenschaftsdebatte von zentraler Bedeutung sind.

Fragestellungen und Alternativen bezüglich der ontologischen Stellung von Eigenschaften Merkmalsübereinstimmung und radikaler Nominalismus, moderater Nominalismus und Realismus Die Fragestellungen und Alternativen innerhalb der Exemplifikationsdebatte können mittels der sogenannten Merkmalsübereinstimmung illustriert werden:4 Nehmen wir an, vor uns befänden sich zwei rote Flecken. Nehmen wir weiterhin an, dass jeder dieser Flecken den „gleichen“ Rotton und die gleiche Rundung aufweist;5 wir wollen sie Sokrates und Platon nennen. Dabei verwenden wir die Bezeichnungen rot1 und rot2, um die jeweilige Röte von Sokrates bzw. Platon zu kennzeichnen. Diese Übereinstimmung von Merkmalen kann grundsätzlich in dreifacher Hinsicht gedeutet werden. So findet sich einmal der sogenannte radikale Nominalismus. Dieser gliedert sich in verschiedene Unterformen, denen 3

Die Beschreibung einer „unechten“ Eigenschaft (etwa: mit Sokrates identisch zu sein, sich links vom Schreibtisch zu befinden) macht den Bezug auf ein Einzelding erforderlich, wohingegen bei der Beschreibung „echter“ Eigenschaften (z.B. rot sein) darauf verzichtet werden kann. 4 Im Folgenden werde ich „Eigenschaft“, „Merkmal“ und „Qualität“ als miteinander austauschbar verwenden. 5 Es gibt natürlich verschiedene Abstufungen von rot. Der Einfachheit halber werde ich wo nicht anders angegeben „rot“ und ähnliche Ausdrücke als imfimae species von Röte (und entsprechend bei anderen Eigenschaftswörtern) behandeln. Die imfima species einer Eigenschaft ist die niedrigst-mögliche Ebene, darunter keine weitere Unterteilung dieser Eigenschaft mehr möglich ist. Im obigen Satz wäre dies also eine bestimmte Abstufung von Rot.

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allen gemeinsam ist, dass sie die von Realisten oder Nominalisten vorgeschlagene Merkmalstheorien ablehnen. Der radikale Nominalist schlägt dabei die folgende reduktive Analyse für Merkmale vor: a kommt ein Merkmal F genau dann zu, wenn Q. Verschiedene Formen des radikalen Nominalismus erläutern Q auf unterschiedliche Weise.6 Ein radikaler Prädikat-Nominalismus analysiert Q etwa als „das Prädikat ‚F‘ kann wahr von a ausgesagt werden“; ein radikaler Klassen-Nominalismus mit „a ist Mitglied der Menge an F-Dingen“; und ein radikaler Begriffs-Nominalismus durch „a fällt unter den Begriff F“. Die gemeinsame Eigenschaft all dieser Erklärungsansätze für das Phänomen der Übereinstimmung von Merkmalen besteht in der Ablehnung jeglicher Versuche, Merkmale als kategorial verschieden von denjenigen Dingen zu erklären, denen sie zukommen (außer natürlich, wenn diese Kategorie dazu dient, Eigenschaften auf etwas anderes reduzieren zu können, also etwa Prädikate, Klassen, Begriffe, etc.). Bedeutende Vertreter dieser Richtung sind Rudolf Carnap, Nelson Goodman, W.V.O. Quine, Wilfried Sellars und Anthony Quinton. Die zweite wichtige Interpretation der Merkmalsübereinstimmung wird als moderater Nominalismus bezeichnet. Ein moderater Nominalist gesteht die Existenz von eigenständigen Qualitäten zu, verneint aber die realistische Auffassung, nach der solche Qualitäten zu Universalien erklärt werden müssen. Der moderate Nominalist bestreitet demnach, dass die Röte des Sokrates mit der Röte des Platon numerisch identisch ist. Beiden mag ein bestimmter Farbton zukommen, der sogar „ganz genau gleich“ ausfällt. Dennoch teilen sie sich damit nicht dieselbe, numerisch identische Qualität. Sowohl Platon als auch Sokrates kommt jeweils eine bestimmte Entität zu, die aber nicht mehrfach auftritt; ein kleines Rot gewissermaßen. Nach der Vorstellung von moderaten Nominalisten lassen sich Vorkommnisse von Qualitäten mit verschiedenen Etiketten belegen: „Tropen“,7 „ab6

In seinem Buch Universals and Scientific Realism Vol. 1: Nominalism and Realism (Cambridge: Cambridge University Press, 1978) bietet D.M. Armstrong eine Übersicht über verschiedene Formen des radikalen Nominalismus (vgl. 1978: 10-57). Für die von mir als „radikaler Nominalismus“ bezeichnete Position verwendet er den Ausdruck „Nominalismus“. 7 D.C. Williams: „On the Elements of Being“. In: The Review of Metaphysics 7 (September 1953), 3-18. K. Campbell: Metaphysics: An Introduction. Encino, Carlif: Dickenson Publishing Company, 1976), 206-219.

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strakte Einzeldinge“,8 „vollkommene Einzeldinge“,9 „Fälle“,10 „Aspekte“,11 „Einheits-Eigenschaften“,12 „Eigenschaftsvorkommen“13 und „Momente“.14 G.F. Stout, D.C. Williams, C.B. Martin und Keith Campell sind vier bedeutende, zeitgenössische Nominalisten. Schließlich sind bei der Erörterung von Merkmalsübereinstimmung noch die Realisten zu nennen, von deren Deutung dieser Übereinstimmung es wiederum verschiedene Unterformen gibt. So streiten etwa aristotelische Realisten mit Platonischen Realisten über die Frage, ob es auch Universalien ohne jede Einzelvorkommen gibt. Traditionelle Realisten wie Reinhardt Grossmann sehen Universalien als nicht räumlich oder zeitlich verfasste, abstrakte Entitäten an, während Realisten wie D.M. Armstrong sie für mehrfach vorhandene, räumlich lokalisierbare Entitäten halten, die dort aufzufinden sind, wo die sie exemplifizierenden Dinge existieren. Alle Realisten sind sich hingegen darin einig, dass das Auftreten von übereinstimmenden Merkmalen durch den Verweis auf Universalien erklärt werden kann. Der Realist wird sagen, dass Sokrates und Platon beide an dem einzelnen Merkmal der Röte „teilhaben“ bzw. es „exemplifizieren“ oder „realisieren“. Daher lassen sich Eigenschaften als Universalien beschreiben, die mehrfach auftreten können, und bei einer Merkmalsübereinstimmung haben mehrere Einzeldingen buchstäblich dieselbe Eigenschaft. Bedeutende zeitgenössische Realisten sind Edmund Husserl, Gustav Bergmann, Reinhardt Grossmann, Nicholas Wolterstorff, Michael Loux und D.M. Armstrong.

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C. Landessmann: „Abstract Particulars“. In: Philosophy and Phenomenological Research 33 (März 1976), 323-337. 9 G. Bergmann: Realism. A Critique of Brentano and Meinong (Madison, Wis.: University of Wisconsin Press, 1964), 25. 10 N. Wolterstorff: On Universals (Chicago, Ill.: University of Chicago Press, 1970), 130-139. 11 Ebd., 133f. 12 G.B. Matthews, S.M. Cohen: „The One and the Many“. In: Review of Metaphysics 21 (Juni 1968), 630-655. 13 J.R. Jones: „What Do We Mean by an 'Instance'?“ In: Analysis 11 (Oktober 1950), 1-9. 14 E. Husserl: Logische Untersuchungen. 2 Bnd., hrsg. von Elmar Holenstein und Ursula Panzer. Den Haag: Martinus Nijhoff Publishers, 1975ff., 196-199, 219f. und weitere Stellen mehr.

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Drei für die Eigenschafts-Debatte wichtige Phänomene Wie oben bereits erwähnt, warten Realisten seit Platon mit einer Vielzahl von Argumenten auf, um ihre Ansicht zu stützen. Doch erweisen sich drei Phänomene als besonders entscheidend: das Phänomen der Prädikation, das Phänomen der genauen Ähnlichkeit und das der abstrakten Referenz.15 In jedem dieser Fälle kann sich der Realist auf scheinbar offenkundige Tatsachen berufen und geltend machen, dass er eine einfache und aussagekräftige Erklärung dafür bereithält. Den radikalen und moderaten Nominalisten sieht er demgegenüber in der Verantwortung, eine gleichermaßen plausible Analyse vorzubringen. Auf diese Weise glaubt der Realist die Beweislast auf eine der beiden anderen Denkschulen abwälzen zu können. Um in diese Dialektik noch etwas tiefer einzutauchen und die drei genannten Phänomene direkt auf das traditionelle Universalienproblem (also die Frage nach der Einheit der natürlichen Klassen) zu beziehen, wollen wir mit dem Phänomen der Prädikation beginnen, indem wir die folgenden beiden wahren Aussagen näher betrachten: (1) Sokrates ist rot. (2) Platon ist rot. Realisten haben eine sehr aussagekräftige, unmittelbare Erklärung für die Wahrheit von Sätzen wie (1) und (2) anzubieten: Sokrates und Platon verfügen über eine Eigenschaft – die der Röte – und der Ausdruck dieser Röte durch Sokrates und Platon begründet jeweils die Wahrheit von (1) und (2). Darüber hinaus und in Bezug zum Einen und Vielen erweist sich die Röte von Sokrates als mit der Röte von Platon identisch, und ganz allgemein gesprochen begründet sie die Einheit innerhalb der natürlichen Klasse aller roten Entitäten. Entitäten wie Sokrates und Platon sind Mitglieder dieser (nicht willkürlich gebildeten) Klasse, da jeder der beiden dieselbe Eigenschaft aufweist, welche ihre Mitgliedschaft in dieser Klasse begründet. Ein blauer Fleck kann demgegenüber nicht Mitglied dieser Klasse sein, da er 15

Nicholas Wolterstorff sieht die Prädikation als das Wichtigste dieser drei Phänomene an, vgl. On Universals. Panayot Butchvarov meint hingegen, dass die Ähnlichkeit Priorität genießt (vgl. Resemblance and Identity [Booomington, Ind. Indiana University Press, 1966]). Michael Loux schließlich hält die abstrakte Referenz für grundlegend, siehe Substance and Attribute (Dordrecht, Holland: D. Reidel Publishing Company, 1978). In meinen Augen gibt es für keinen dieser drei Phänomene einen guten Grund, eines als wichtiger als die übrigen beiden einzustufen.

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nicht die relevante Eigenschaft vorweisen kann. Im Lichte der vom Realisten vorgebrachten Analyse von Sätzen wie (1) und (2) liegt es nun an dem radikalen und moderaten Nominalisten, alternative Erklärungsansätze zu formulieren, mit denen die Wahrheit derartiger Aussagen erklärt werden kann. Das zweite Argument für den Realismus konzentriert sich auf einige augenscheinliche Tatsachen über Ähnlichkeit. In der Welt ähneln viele Einzeldinge anderen Einzeldingen in verschiedenster Weise, so dass eine Beziehung der Ähnlichkeit entsteht, die zwischen oder unter den Einzeldingen herrscht. So sind beispielsweise Sokrates und Platon genau gleich, was ihre Röte betrifft. Weiterhin kann die exakte Ähnlichkeit zwischen zwei Objekten Gegenstand eines intuitiven Wahrnehmungsaktes werden; die Ähnlichkeit selbst kann also zum Gegenstand der direkten Anschauung werden, kann von dieser konkret herausgegriffen, gewusst und zur Sprache gebracht werden. Der Realist wird diese Tatsachen über eine Eigenschaft erklären, welche von beiden Entitäten ausgedrückt wird und darüber ihr Verhältnis der Ähnlichkeit begründet. So liegt etwa die oben genannte Ähnlichkeit zwischen Sokrates und Platon in der Tatsache begründet, dass sie sich dieselbe Eigenschaft der Röte teilen, die gleichzeitig das Verhältnis ihrer Ähnlichkeit begründet. Bezogen auf das Eine und das Viele lässt sich sagen, dass sich die Einheit einer Klasse von in ihrem Rotton genau gleich erscheinenden Gegenständen über eine numerisch identische Eigenschaft erklären lässt – die der Röte – die von jedem Klassenmitglied ausgedrückt wird und von keinem Gegenstand, der nicht Teil dieser Klasse ist. Eben dies macht das Verhältnis der Ähnlichkeit aus, dass es alle Mitglieder einer Klasse untereinander aufweisen. Der Realist fordert vom radikalen wie moderaten Nominalisten nun eine bessere Erklärung für das Phänomen exakter Ähnlichkeiten. Das dritte Argument für den Realismus behandelt das Phänomen der abstrakten Referenz, oder, um es nicht-linguistisch auszudrücken, die Tatsache, dass Eigenschaften selbst über Eigenschaften verfügen oder in Beziehung zu anderen Eigenschaften stehen können. Noch dazu scheinen diese Tatsachen notwendig und unveränderlich in allen möglichen Welten vorzuliegen. Man betrachte etwa die folgenden beiden Sätze: (3) Rot ähnelt mehr orange als blau. (4) Rot ist eine Farbe. Der Realist verfügt über eine geradlinige, aussagekräftige Erklärung, die Wahrheit der Sätze (3) und (4) sowie der durch sie beschrieben Sachver9

halte zu begründen. Er kann sich darauf berufen, dass die Schlüsselbegriffe in (3) und (4), also beispielsweise das Subjekt von (4), abstrakte Einzelausdrücke sind, die sich auf Universalien beziehen. Dies kann durch die folgende Paraphrasen gezeigt werden: (3a) Die Röte ähnelt dem Orangesein eher als der Blauheit. (4a) Die Röte ist eine Farbe. Der Realist kann auch die de re-Notwendigkeit erklären, welche die Beziehungen zwischen Röte, Blauheit und Orangesein in (3a) sowie Röte und eine-Farbe-sein in (4a) auszuzeichnen scheint. In (3a) stellt sich die Beziehung als interne Beziehung (dazu unten mehr) zwischen Universalien derselben Stufe dar, während sie in (4a) eine Bestimmbares/BestimmtesPrädikationsbeziehung zwischen einer zweit- und erststufigen Universalie ist. Historisch betrachtet ist das Phänomen der abstrakten Referenz in den Debatten über das Eine und das Viele nicht in demselben Grad wirksam geworden wie die Phänomene der Prädikation und exakten Ähnlichkeit. Dennoch lässt sich zu dieser Debatte zumindest folgender Bezug herstellen: Röte, Blauheit, etc. sind alles eigenständige Entitäten, welche zusammen die natürliche Klasse der Farben bilden (und nicht etwa zur Klasse „Geschmäcker“ gehören), insofern ihre Eigenschaft, farbig zu sein, ihre Mitgliedschaft in dieser Klasse begründet. Anders ausgedrückt: Sie alle bestimmen die bestimmbare Eigenschaft der Farbigkeit in einer festgesetzten Weise. Der Realist bezweifelt nun, dass Nominalisten zur Klärung der Wahrheit von (3) und (4) einen besseren Ansatz vorzulegen imstande sind.

Drei wichtige Probleme bei der Exemplifizierung von Eigenschaften Radikale Nominalisten bestreiten die Existenz von Eigenschaften. In Kapitel 2 werden wir einzelne Formen des radikalen Nominalismus näher untersuchen und bewerten. Gemäßigte Nominalisten und Realisten stimmen darin überein, dass Eigenschaften existieren, haben aber unterschiedliche Ansätze bezüglich ihrer Natur und Exemplifikation. Weiterhin besteht auch innerhalb dieser beiden Gruppen noch Uneinigkeit in diesen Fragen. In Kapitel 3-5 werden wir diese Unterschiede noch im Detail herausarbeiten. Für die vorliegenden Zwecke ist es zunächst einmal hilfreich, eine Taxonomie für die wesentlichen Varianten des gemäßigten Nominalismus und Realismus bezüglich dreier bedeutsamer Fragestellungen in der Unter-

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suchung von Eigenschaften und ihrer Exemplifikation zu erstellen. Der Klarheit wegen konzentriere ich mich dabei auf einen Sachverhalt, nämlich dass Sokrates rot ist. Die drei Problemstellungen umfassen dabei: • Das Wesen der „Universalie“ Röte; • Die Beziehung zwischen Röte und ihrem Vorkommen rot1, das einen Bestandteil von Sokrates ausmacht; • Das Problem, dieses konkrete Vorkommen der Röte zu lokalisieren. Sie werden im Folgenden auch in dieser Reihenfolge behandelt. Das Wesen der „Universalie“ Es lassen sich zwei Hauptansichten über die „Universalie“ der Röte unterscheiden – die des Realisten und die des gemäßigten Nominalisten –, die sich wiederum in verschiedene Unterformen aufgliedern lassen. Zunächst zur Position des Realisten, die in vier wichtigen Variationen auftritt. Die beiden ersten sind der Auffassung, dass die Universalie nicht in das Sein ihrer Einzelvorkommen mit einfließt und daher bildlich gesprochen über ihnen steht. Ein Beispiel dieser Auffassung ist der Muster/KopieRealismus, nach dem Eigenschaften abstrakte Entitäten darstellen, die außerhalb von Zeit und Raum existieren und in die sie scheinbar exemplifizierenden Einzeldinge nicht eingehen. Stattdessen verfügt jedes Einzelding über eine Kopie dieser Eigenschaft. Der Muster/Kopie-Ansatz wird aufgrund der dagegen vorgebrachten Einwände nur von wenigen vertreten. Eine dieser Schwierigkeiten wird auch als das Argument vom dritten Mann bezeichnet. Das Argument versucht zu zeigen, dass der Muster/Kopie-Ansatz zwei Voraussetzungen trifft, die zusammengenommen zu einem unendlichen vitiösen Regress führen: • Die Annahme der Nichtidentität: F-Dinge sind F aufgrund eines anderen Dinges, der F-heit. • Die Annahme der Selbstprädikation: Die F-heit ist selbst ebenfalls F. Die Annahme der Nichtidentität behauptet, dass etwa alle roten Dinge (Sokrates, Platon, ein Ziegelstein) ihre Färbung aufgrund einer von ihnen verschiedenen Entität, der Röte, zugesprochen erhalten, die in jedes rote Ding einkopiert wird. Die Annahme der Selbstprädikation impliziert, dass es nicht allein rote Einzeldinge gibt, sondern auch die Röte selbst noch rot ist.

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Viele Realisten akzeptieren die zweite Annahme, lehnen die erste hingegen ab. Sie argumentieren, dass die Annahme der Nichtidentität nur auf Einzeldinge angewendet werden kann, nicht aber auf Universalien; so sei es beispielsweise wahr, dass alle roten Einzeldinge ihre Farbe einer von ihnen verschiedenen Entität verdanken (der Röte); dies gilt jedoch nicht für die Farbe der Röte selbst. Der springende Punkt des Arguments aber ist die Behauptung, dass der Muster/Kopie-Ansatz diese beiden Annahmen impliziert, die zusammengenommen zu einem vitiösen Regress führen. Das kann wie folgt gezeigt werden: Wenn wir ausgehend von einer Menge roter Dinge (Sokrates, Platon, ein Ziegelstein) die Frage stellen, was für ihre rote Farbe verantwortlich ist, wird uns die Annahme der Nichtidentität eine weitere Entität neben allen roten Dingen vorstellen, die Röte, die als Kopie in ihnen vorhanden ist. So ist diese Menge 1, die aus drei roten Dingen (Sokrates, Platon, ein Ziegelstein) besteht, allein aufgrund der Röte eine Menge mit roten Dingen. Nun behauptet aber die Annahme der Selbstprädikation, dass nicht nur Sokrates, Platon und der Ziegelstein rot sind, sondern auch die Röte an sich. Das lässt uns nun darüber nachdenken, was dann wohl für die Röte der Gegenstände einer Menge 2 verantwortlich ist, welche aus Sokrates, Platon, dem roten Ziegelstein und der Röte selbst zusammengesetzt ist. Die Annahme der Nichtidentität erfordert nun das Vorhandensein einer weiteren Entität, nennen wir sie Röte2, die wiederum allen Dingen der Menge 2 zukommt. Damit können wir nun aber eine neue Menge 3 bilden, die aus Sokrates, Platon, einem Ziegelstein, der Röte und Röte2 besteht, und wiederum fragen, was all diesen Dingen zu ihrer Röte verhilft. Die Antwort macht eine Röte3 notwendig, die als Kopie in allen Dingen der Menge 3 vorliegt. Auf diese Weise erschafft dieses Verfahren einen vitiösen Regress, weswegen die Muster/Kopie-Ansicht abgelehnt werden sollte. Ein weiterer Ansatz, der, wenigstens nach geläufiger Meinung seiner Vertreter, dem Realismus zugerechnet werden kann und ebenfalls unter das Eines-über-Vieles-Prinzip fällt, betrachtet die Universalie als eine „Art“. Vertreter dieser Position akzeptieren gewöhnlich sowohl die Existenz von Universalien als auch von Einzeldingen. Anhänger dieser Position waren J.R. Jones,16 Nicholas Wolterstorff in seinem Buch On Universals,17 Mi-

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Vgl. Jones, „What Do We Mean by an 'Instance'?“; J.R. Jones: „Characters and Resemblances“, Philosophical Review 60 (Oktober 1951), 551-562; J.R. Jones: „Are the Qualities of Particular Things Universal or Particular?“ Philosophical Review 58 (März 1949), 152-170.

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chael Loux, zumindest was die Universalien der Substanzkategorie betrifft,18 und viele weitere mehr.19 Einige werden sicherlich auch Husserl dieser Liste hinzufügen wollen.20 So schreibt Wolterstorff, dass eine Art gegenüber einer Menge zwei Ähnlichkeiten und zwei Unterschiede aufweist.21 Dabei wird „Menge“ hier im gewöhnlichen Sinn als Sammlung ihrer Bestandteile verstanden, so dass die Mengen A und B genau dann identisch sind, wenn sie alle ihre Bestandteile gemeinsam haben. Arten gleichen Mengen insofern, als dass einzelne Beispiele für Arten gleichzeitig Mitglieder einer derartigen Menge sind. Arten sind also Universalien mit 17

Wolterstorff, On Universals, 235-260. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich mich hier auf Wolterstorff Ansichten in On Universals beziehe, da sich seine Ansichten innerhalb eines Jahrzehnts zwischen der Veröffentlichung seines Artikels „Qualities“ (Philosophical Review 69 (1960), 183-200) und On Universals bedeutsam gewandelt haben. In seinem Artikel von 1960 nimmt er noch an, dass eine Qualität mit einer von ihm so bezeichneten Qualitätsklasse identisch sein kann. Im Unterschied zu einer Gattung kann eine Klasse nach Wolterstorff als Menge behandelt werden und sowohl konkrete als auch abstrakte Einzeldinge als ihre Bestandteile haben. Für eine Kritik dieser Ansicht vgl. D. Brownstein: Aspects of the Problem of Universals (Lawrence, Kans.: University of Kansas Press, 1973), 5-15; und D. Casper: „On Wolterstorff's Nominalistic Theory of Qualities“. In: Philosophical Studies 30 (1976), 115-119. Wolterstorff gibt in einer Erwiderung auf Caspers Artikel zu, dass seine früheren Ansichten falsch seien, bekräftigt aber gleichzeitig, dass sein Begriff der Universalie als einer Art der einzig angemessene ist. Vgl. N. Wolterstorff, „Response to Dennis Casper“. In: Philosophical Studies 30 (1976), 121-124. 18 Vgl. Loux, Substance and Attribute; M.J. Loux: „Kinds and the Dilemma of Individuation“. In: The Review of Metaphysics 27 (Juni 1974), 773-784; M.J. Loux: „The Concept of a Kind“. In: Philosophical Studies 29 (1976), 53-61. 19 Ich habe Aristoteles von dieser Liste ausgenommen, da ich mir unsicher bin, was seine Ansicht in dieser Frage ist. Es gibt eine große Diskussion darüber, ob für Aristoteles instantiierte Formen Einzeldinge oder Universalien sind. Die Diskussion wird sowohl für die Kategorie der Substanz als auch für die Kategorie der Qualität geführt. Weiterführende, für diese Fragestellung relevante Literatur: D.K. Modrak: „Forms, Types, and Tokens in Aristotle's Metaphyscis“. In: Journal of the History of Philosophy 17 (Oktober 1979), 371-381; G.E.L. Owen: „Inherence“. In: Phronesis 10 (1955), 97-105; R.E. Allen: „Individual Properties in Aristotle's Categories“. In: Phronesis 14 (1969), 31-39; J. Duerlinger: „Predcation and Inherence in Aristotle's Categories“. In: Phronesis 15 (1970) 179-203; M.J. Loux: „Form, Species and Predication in Metaphysics Ζ, Η and Θ“. In: Mind 88 (Januar 1979), 1-23. 20 Vgl. W. Künne: „Criteria of Abstractness: The Ontologies of Husserl, Frege, and Strawson Against the Background of Classical Metaphysics“. In: B. Smith (Hg.): Parts and Moments: Studies in Logic and Formal Ontology (München: Philosopia Verlag, 1982), 419-432. 21 Wolterstroff, On Universals, 239-241.

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dazugehörigen Einzelvorkommen. So ist etwa rot1 ein konkretes Vorkommnis der Röte. Zweitens gibt es Arten von Arten, ebenso wie es Klassen von Klassen geben kann. Unbeschadet dieser Ähnlichkeiten lassen sich auch zwei entscheidende Unterschiede zwischen Mengen und Arten angeben. Zum einen kann keine Menge andere Mitglieder haben als diejenigen, die sie tatsächlich hat; demgegenüber könnten viele Arten über ganz andere Exemplare verfügen als diejenigen, die sie faktisch besitzen. So könnten beispielsweise noch einige Exemplare des Dodo existieren, auch wenn dieser faktisch ausgestorben ist. In einigen möglichen Welten mag eine Art über weniger Mitglieder verfügen, in anderen über mehr.22 Zum zweiten können Mengen nur dann miteinander identisch sein, wenn sie die gleichen Mitglieder aufweisen; für Arten gilt dies nicht: So können zwei miteinander nichtidentische Arten zueinander koextensiv sein, was die Anzahl Mitglieder betrifft. Beispielsweise haben der Dodo und die Wandertaube gegenwärtig dieselbe Anzahl Mitglieder – nämlich null – und sind dennoch unterschiedliche Arten. Ich sagte vorhin, dass diese Position von ihren Verfechtern als „realistisch“ bezeichnet wird, doch werden wir in Kapitel 4 auf Gründe zu sprechen kommen, die eine Einordnung dieses Ansatzes als Variante des gemäßigten Nominalismus nahelegen. Diese Vermutung wird bei der weiteren Erörterung der Beziehung zwischen Röte und rot1 noch deutlicher werden. Die beiden anderen Varianten des Realismus beschreiben eine Universalie als „Eines im Vielen“. Wenn Sokrates rot ist, ist die dazugehörige Universalie der Röte in Sokrates. Die Universalie ist also keine Art von vollkommenem Einzelding neben oder über dem Rotsein des Sokrates, welche irgendwie als Kopie oder mittels einer anderen Beziehung in Sokrates steckt. Vielmehr ist die Röte ganz buchstäblich Bestandteil von Sokrates. Dabei kann die erste Variante des „Eines im Vielen“-Realismus mit gutem Gewissen als die traditionelle bezeichnet werden. Sie fasst Universalien als nicht in Raum oder Zeit befindliche, abstrakte Entitäten. Zwar stecken Universalien demnach buchstäblich in ihren sie zukommenden Einzeldingen, allerdings befinden sie sich nicht an deren raum-zeitlichen Ort, sondern sind über das primitive, nicht-raumzeitliche Bindeglied der Prädikation mit diesen verknüpft. Gustav Bergmann,23 Reinhardt Gross-

22 23

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Loux, „The Concept of a Kind“, 54. Vgl. Bergmann, Realism, 3-21.

mann24 und Michael Loux25 (soweit dies die Kategorien der Eigenschaft und Beziehung betrifft) sind Vertreter dieser Denkrichtung.26 Eine weitere Variante des Eines-in-Vielem-Realismus wird von D.M. Armstrong vertreten.27 Armstrong lehnt das Axiom des Ortes ab (keine Entität kann gleichzeitig an mehreren Orten oder zu voneinander getrennten Zeitintervallen existieren) und behauptet, dass Universalien dazu fähig sind, gleichzeitig an verschiedenen raumzeitlich determinierten Orten aufzutreten. Die Universalie der Röte ist an dem Ort zu jener Zeit, in der Sokrates existiert. Wenn mit „Naturalismus“ also diejenige Ansicht bezeichnet wird, nach der die raumzeitliche Welt alles Sein umfasst, können wir einen echten Naturalismus (alle Entitäten können nur an einem Ort existieren) von einem unechten Naturalismus (einige Entitäten können an mehreren Orten gleichzeitig existieren) unterscheiden. Die gemäßigten Nominalisten sind allesamt echte Naturalisten, Armstrong hingegen (gemäß dieser Einteilung) ein unechter Naturalist. So viel zu den unterschiedlichen Formen des Realismus. Die zweite wichtige Konzeption von Universalien liefert der gemäßigte Nominalismus, der wiederum in zwei Hauptformen auftritt, deren erste von G.F. Stout entwickelt wurde.28 Er lehnt zunächst die Ansicht ab, dass die „Uni24

R. Grossmann: The Existence of the World: An Introduction to Ontology (London: Routledge, 1992), 1-45.; The Categorical Structure of the World (Bloomington, Ind.: Indiana University Press, 1983), 102-154. 25 Loux, Substance and Attribute, Kap. 2-5; M.J. Loux: Metaphysics: A Contemporary Introduction (London: Routledge, 1998), Kap. 1-2. 26 Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob Platon in dem gerade definierten Sinn zu den Realisten gerechnet werden könnte: Zumindest zeitweise scheint er Formen als etwas transzendentes anzusehen, dessen Einzelvorkommen Kopien davon sind. Für weitere Informationen, siehe Brownstein, Aspects of the Problem of Universals, 49-61; R.E. Allen: „Participation and Predication in Plato's Middle Dialogues“. In: R.E. Allen (Hg.): Studies in Plato's Metaphysics (New York: The Humanities Press, 1965), 42-60; L. Spellmann: „Patterns and Copies: The Second Version of the Tird Man“. In: Pacific Philosophical Quarterly 64 (1983), 165-175. 27 Vgl. Armstrong, Nominalism and Realism; D.M. Armstrong: Universals and Scientific Realism, Bd. 2: A Theory of Universals (Cambridge: Cambridge University Press, 1978); D.M. Armstrong: Universals: An Opinionated Introduction (Boulder, Colo.: Westview Press, 1989); D.M. Armstrong: A World of States of Affairs (Cambridge: Cambridge University press, 1997). 28 G.F. Stout: „Are the Characteristics of Particular Things Universal or Particular?“ In: Proceedings of the Aristotelian Society, supp. Vol 3 (1923), 114-122; G.F. Stout: „The Nature of Universals and Propositions“. In: C. Landesman (Hg.): The Problem of Universals (New York: Basic Books, 1971), 153-166; G.F. Stout:

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versalie“ Röte eine einzelne unsichtbare Qualität darstellt, die in jedem roten Ding nummerisch identisch vorliegt. Vielmehr wird damit eine Klasse von abstrakten Einzeldingen oder qualitativen Einzelvorkommen bezeichnet. Diese werden wiederum als einfache Entitäten gedeutet, die zu einem gegebenen Zeitpunkt und nur an einem Ort auftreten können. Als „einfach“ bezeichnet Stout Elementares oder Nicht-Komplexes. Ein abstraktes Einzelding ist selbst keine Verbindung von noch grundlegenderen Entitäten; jedes abstrakte Einzelding der Klasse „Röte“ ist zu jedem anderen Einzelding derselben Klasse vollkommen ähnlich, wohingegen außerhalb davon nichts einem Mitglied der Klasse in derselben Weise ähnelt; so wird Röte als eine Klasse abstrakter Einzeldinge oder kleiner Rots verstanden, die zueinander in der Beziehung der vollkommenen Ähnlichkeit stehen. Nach Stout kann die Einheit der Rot-Klasse nicht über die vollkommene Ähnlichkeit zueinander erklärt werden. Stattdessen wird diese wiederum in einem fundamentum relationis begründet, der distributiven Einheit einer Klasse.29 Demnach setzt eine Beziehung zwischen zwei Entitäten eine komplexe Einheit voraus, in der beide Entitäten und die Beziehung zwischen ihnen zusammengefasst werden können. Man betrachte beispielsweise zwei Einzeldinge a und b, die zueinander in einer über-unterBeziehung stehen. Nach der gerade erörterten Ansicht setzt dieser Sachverhalt eine räumlichen Komplex voraus, in der a und b in ihrer konkreten Beziehung aufeinander existieren. Dieser räumliche Komplex bildet eine komplexe Einheit und stellt das fundamentum relationis der räumlichen über-unter-Beziehung dar. Ebenso generiert mit Blick auf sich ähnelnde abstrakte Einzeldinge die das fundamentum relationis dieser Ähnlichkeit bereitstellende komplexe Einheit die distributive Einheit der Klasse. Die distributive Einheit ist endgültig und kann nicht weiter analysiert werden. So sind für Stout abstrakte Nomen wie „Röte“ keine singulären Ausdrücke, sondern allgemeine Bezeichnungen. „Röte“ bezieht sich auf eine Klasse von Rots, die genau gleich sind und deren Ähnlichkeit in der distributiven Einheit ihrer Klasse begründet liegt.30

„Universals Again“. In: Proceedings of the Aristotelian Society, Erg.Bd. 15 (1936), 115. 29 Vgl. D.J. O' Connor: „Stout's Theory of Universals“. In: Australasian Journal of Philosophy 27 (1949), 46-69. 30 Stout gebraucht „Klasse“ und „Art“ austauschbar, während ich für beides „Klasse“/„Menge“ verwende, jedoch nicht „Art“.

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Die zweite Variante des gemäßigten Nominalismus wurde von D.C. Williams31 und Keith Campbell32 entwickelt: Die „Universalie“ Röte ist eine Menge von kleinen Rots, die als Tropen bezeichnet werden. Tropen sind Qualitäten, die zugleich Einzeldinge und keine Universalien sind. Diese Ansicht unterscheidet sich von Stouts Ansicht darin, dass nun die Einheit der Menge über die Beziehung der genauen Ähnlichkeit begründet wird.33 Gemäßigte Nominalisten unterscheiden sich voneinander in ihrer Analyse der genauen Ähnlichkeit. Sie gleicht der Identität darin, dass auch sie transitiv und symmetrisch ist. Es ist schwer zu sagen, ob dasselbe auch in puncto Reflexivität gilt. Ein Grund, die genaue Ähnlichkeit als irreflexiv aufzufassen, könnte im Wunsch des gemäßigten Nominalisten begründet liegen, die Verschiedenheit zweier genau ähnlicher Tropen sicherzustellen. Wenn die genaue Ähnlichkeit als reflexiv beschrieben würde, könnte eine gegebene Trope auch zwei statt einer sein. Dies stellt für die Identität kein Problem dar, denn obgleich sie reflexiv ist, kann Identität nur zwischen einem Ding und ihm selbst bestehen, nicht jedoch in Bezug auf ein anderes Ding. Ganz anders bei genauer Ähnlichkeit: Wenn diese reflexiv ist, kann diese zwischen Trope a und Trope b bestehen, aber auch zwischen a und a. Vielleicht findet ein gemäßigter Nominalist sogar noch einen weiteren Grund, warum a eins und nicht zwei ist, oder er gibt es schlicht als nicht weiter hintergehbare Tatsache aus. Aber er könnten eben auch sagen, dass sich die Verschiedenheit einander genau ähnlicher Tropen über die im Unterschied zur Identität nicht bestehenden Reflexivität dieser Beziehung erklärt. So spricht also durchaus etwas für die Irreflexivität dieser Beziehung, doch halte ich das letztlich nicht für überzeugend. Zusätzlich zu den formalen Eigenschaften der genauen Ähnlichkeit besteht noch die Frage, ob man sie als interne oder externe Beziehung auf31

Williams, „Elements of Being, I“; D.C. Williams: „On the Elements of Being: II“. In: The Review of Metaphysics 7 (Dezember 1953), 171-192; D.C. Williams: „Necessary Facts“. In: The Review of Metaphysics 16 (Juni 1963), 601-626. 32 Vgl. K. Campbell: „Abstract Particulars and the Philosophy of Mind“. In: Australasian Journal of Philosophy 61 (Juni 1983), 129-141; K. Campbell: „The Metaphysics of Abstract Particulars“. In: P.A. French, T.E. Uehling, H.K. Wettstein (Hg.): Midwest Studies in Philsophy Volume 6: The Foundations of Analytic Philosophy (Minneapolis, Minn.: University of Minnesota Press 1981), 477-488. Campbell, Metaphysics: An Introduction, 206-219; K. Campbell: Abstract Particulars (Oxford: Basil Blackwell, 1990). 33 Ich verwende „Beziehung“, wo einige Philosophen eher „Verknüpfung“ sagen würden. Hierzu später mehr.

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fassen sollte. D.C. Wiliams betrachtete sie als externe Beziehung. Gustav Bergmann ging demgegenüber so weit zu behaupten, dass sie nicht anders als eine interne Beziehung deutbar sei: „Provided one rejects the Platonic alternative (separable universals), one cannot make an articulate case for perfect particulars without introducing an alleged internal relation of equality, or, as it is also called, exact similarity“.34 Man nehme zwei Entitäten, a und b, die zueinander in der Beziehung R stehen. Über interne Beziehungen lassen sich zwei wahre Dinge sagen, wenigstens in der gewöhnlichen Bedeutung dieses Begriffs: Zum einen muss gelten, dass jedes Ding, dass in keiner R-Beziehung zu b steht, nicht mit a identisch sein kann, sofern R a gegenüber intern ist. Wenn also eine Beziehung gegenüber einem x „intern“ liegt, hört x mit dem Verlust dieser Beziehung auf zu bestehen. Anders gewendet sind zwei oder mehr Entitäten genau dann intern aufeinander bezogen, wenn sie Eigenschaften dieser Entitäten betreffen, welche die Bildung dieser Beziehung notwendig machen. Beispiele für derartige Beziehungen sind etwa „ist Hauptstadt von“ oder „ist größer als“. Zum zweiten sind interne Beziehungen nicht selbst primitiv, sondern liegen in der Natur derjenigen Entitäten begründet, die sie verbinden. Wie Gustav Bergmann schreibt: „The ontological ground of an internal connection lies wholly „in“ the two or more entities it connects. More precisely, it lies in their natures. The notion is so crucial that I reword it. The ontological ground of an internal connection is the natures of the entities it connects and nothing else. Still differently, an internal connection has no ontological ground of its own.“35

Kürzlich hat D.M. Armstrong eine interne Beziehung als durch das Wesen der miteinander verbundenen Ausdrücke determiniert definiert.36 Armstrong fährt fort, seine Definition zu erläutern und schreibt, dass zwei gegebene, durch eine interne Beziehung verbundene Entitäten a und b in keiner möglichen Welt unverändert bestehen können, ohne dass die Beziehung zwischen ihnen nicht ebenfalls auftritt – was auch kein Wunder ist, wenn solche Beziehungen sich aus dem Wesen der miteinander verbundenen Entitäten ableiten lassen bzw. darin begründet liegen:37 Wenn a größer als b ist, dann erklärt sich dieser Sachverhalt aus der Größe von a und b. Anders gewendet stellt eine interne Beziehung keine grundlegende Entität 34 35 36 37

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Bergmann, Realism, 89. Ebd., 54. Armstrong, A Theory of Universals, 172. Armstrong, Universals, 43-44, 55, 100.

dar (welche nicht mittels einer weiteren Entität begründet werden muss), sondern ist selbst abgeleitet. Im Gegensatz dazu kann die genaue Ähnlichkeit zwischen Dingen als nicht weiter abgeleitete, primitive und damit gegenüber den durch sie verbundenen Entitäten äußerlich oder extern beschrieben werden. Externe Beziehungen sind dabei all diejenigen Beziehungen, die nicht intern sind. Wenn zwei Entitäten a und b in einer solchen Beziehung stehen, können sie auch nach Auflösung derselben fortbestehen. Diese Ansicht könnte Keith Campbell zugeschrieben werden; wie wir jedoch in Kapitel 3 sehen werden, sind seine Schriften in diesem Punkt nicht einheitlich und mit einem in den letzten Jahren vollzogenen Wechsel verbunden. Die Beziehung zwischen Röte und der Einzelqualität rot1 Einige Philosophen lehnen die Existenz von konkreten Einzelvorkommen von Qualitäten ab und akzeptieren lediglich Eigenschaften und konkrete Einzeldinge in ihrer Analyse von Eigenschaften und ihrer Exemplifizierung. Nach dieser Ansicht ist man mit Annahme von derartigen Entitäten bereits zu den gemäßigten Nominalisten zu rechnen. So schreibt Reinhardt Grossmann: „A certain view about the nature of properties has had a grip on the minds of many philosophers. According to this view, the whiteness of billiard ball A is not the same thing as the whiteness of billiard ball B. Each ball has its own whiteness, so that we must distinguish between whiteness1 and whiteness2, whiteness1 being the colour of A and whiteness2 being the colour of B.“38

Grossmann scheint hier anzunehmen, dass ein Philosoph den gemäßigten Nominalisten zugerechnet werden kann, sobald er bestimmte Beschreibungen wie „das F des As“ oder „das F des B“ dazu verwendet, um sich auf zwei nicht-identische Entitäten zu beziehen. In späteren Kapiteln werden wir diese Behauptung prüfen. Denjenigen Philosophen, die Einzelqualitäten wie rot1 akzeptieren, stehen vier verschiedene Wege offen, ihren Ansatz zu erörtern: Da gibt es zunächst die Ansicht, die als „traditionellrealistischer Ansatz“ bezeichnet werden könnte. Sie beschreibt eine Einzelqualität als Zusammensetzung dreier Entitäten: Einer Universalie, einer nicht-raumzeitlichen Exemplifikationsverknüpfung und einem Individuatoren. Der Sachverhalt, dass Sokrates rot ist, kann dann wie folgt analysiert

38

Grossmann, The Existence of the World, 30. Vgl. auch 30-41.

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werden: Eine komplexe Entität – die Instantiierung einer Qualität, eines Moments, etc. –, die „prädikativ“ rot ist, ist Teil eines Ganzen, Sokrates. Nach dieser Ansicht wird die Röte von rot1 „prädiziert“. Diese Beziehung wird mit einer Vielzahl von Benennungen belegt: Form/Vorkommen, Gattung/Art, Teil/Ganzes oder auch als Beziehung der Instatiierung oder Exemplifikation. Drei wichtige Merkmale dieser Beziehung verdienen es erwähnt zu werden: Zum einen beschreibt sie als Prädikations-Beziehung eine Form der essentiellen Prädikation; deswegen verwenden einige Philosophen auch die Bezeichnung Gattung/Art-Beziehung. Die Universalie bedeckt gleichsam „das Wesen“ des einzelnen Qualitätsvorkommens. Die Röte ist ein wesentlicher Bestandteil von rot1; es gibt also keine mögliche Welt, in der rot1 existiert, jedoch keine Röte. Der zweite Bestandteil ist ein sehr entscheidender: Wie immer dies auch bewerkstelligt werden soll, so muss sowohl für die Universalität als auch für die Besonderheit des abstrakten Einzeldings eine ontologische Grundlage bereitgehalten werden, damit diese Position noch dem Realismus zugerechnet werden kann: Für den Realisten muss das einzelne Vorkommen einer Qualität eine komplexe Entität darstellen. So wurde eine Vielzahl möglicher Seinsgrundlagen zur Individualisierung von Einzelqualitäten angegeben, darunter bloße Einzeldinge, gleichrangige Qualitäten, raumzeitliche Beziehungen und Leibnitz'sche Qualitäten der Art „identisch mit rot1 sein“. Wir werden uns die Probleme der Individualisierung noch genauer in Kapitel 7 anschauen. Vertreter dieser Ansicht sind etwa Husserl (zumindest nach einer Interpretation), Bergmann und Armstrong. Schließlich ist weder die Universalie noch die Exemplifikationsbeziehung raumzeitlich verfasst. Wenn ein Einzelding eine Universalie exemplifiziert, ist der sich daraus ergebende Sachverhalt – einem Einzelding kommt eine Universalie zu – selbst etwas Einzelnes. Bisweilen wird dies auch als „Sieg der Besonderheit“ bezeichnet. Gleichermaßen würde nach diesem ersten Ansatz die Exemplifikation einer Universalie in einem Einzelding etwas Raumzeitliches ergeben, obwohl weder die Exemplifikation noch die Universalie raumzeitlich vefasst sind. Eine hierzu alternative, dem Realismus zugeordnete Sichtweise wurde von D.M. Armstrong eingebracht. Demnach ist die Universalie in demjenigen Ding, das sie exemplifiziert, so dass sowohl Universalie als auch die Exemplifikationsbeziehung raumzeitlich sind. Die Universalie ist räumlich und daher am selben Ort wie die sie exemplifizierende Entität. Von diesen Unterschied abgesehen bietet Armstrong dieselbe Analyse wie gerade beschrieben.

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Eine dritte Position innerhalb der Frage nach der Beziehung zwischen Rot und rot1 ist gemäßigt nominalistisch. Die Beziehung wird hier als Form/Vorkommen, Gattung/Art oder Form/Einzelfall charakterisiert. Sie begreift rot1 als einfache Entität, allerdings gelingt es ihr nicht, die Individualisierung jedes einzelnen Vorkommens der Qualität angemessen zu begründen. Sie wird von Loux für die Kategorie der Substanz vertreten und kann auch bei Wolterstorff gefunden werden. Wie ich vorhin geschrieben habe, kann es überraschen, diese Position als gemäßigt nominalistisch zu beschreiben, zumal sich sowohl Loux als auch Wolterstorff als Realisten sehen. Ich bin mir sicher, dass beide meine Klassifizierung ablehnen würden, und wir werden diesen Dissenz in Kapitel vier genauer prüfen. Um meinen wesentlichen Punkt kurz aufzuführen: Obwohl beide Einzelvorkommen von Qualitäten als einfache Entitäten betrachten, gelingt es ihnen nicht, deren Individualisierung ausreichend zu begründen, so dass ihre Positionen in einen gemäßigten Nominalismus übergehen. Da jedes Vorkommen einer Qualität einfach ist, scheint es zwei Möglichkeiten für Formen in der Form/Vorkommnis-Beziehung zu geben. Zunächst könnte die Form eine Art von Menge ihrer verschiedenen Einzelvorkommen sein (unberücksichtigt der extensionalen Aspekte von Mengen), die zu ihren einzelnen Vorkommen in einer ähnlichen Beziehung steht wie das „∈“ als Zeichen für Mengenzugehörigkeit. Oder sie bildet ein vollkommenes Einzelding, welches neben bzw. über seinen Einzeldingen besteht und selbst keinen Bestandteil von ihnen darstellt. Hierbei würde dann die Form/Vorkommen-Beziehung als eine Art der Muster/Kopie-Beziehung beschrieben werden können oder eine zwar eigene Beziehung darstellen, die aber analog zur Muster/Kopie-Beziehung gesetzt werden kann. Die Einfachheit der Einzelqualitäten macht daraus zusammen mit der Ablehnung jeglicher Bestandteil-Ontologie eine Form des gemäßigten Nominalismus. Eigenschaften können als Formen immer noch abstrakte Gegenstände wie Mengen sein, aber keine wirklichen Universalien, wenn letztere als vielfach exemplifizierbare Entitäten betrachtet werden, die als Bestandteile in ihre Einzelvorkommen mit eingehen. Die vierte Position wird unstrittig dem gemäßigten Nominalismus zugerechnet. Sie betrachtet die Beziehung zwischen der Röte und rot1 als diejenige des „∈“-Zeichens für Mengenzugehörigkeit. Davon zu sprechen, dass rot1 die Universalie Röte (um Williams' Ausdruck zu verwenden) „offenbart“ meint einfach, dass rot1 ein Bestandeil der Menge der genau glei-

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chen roten Tropen ist. Eine solche Ansicht wird von Williams und Campbell vertreten. Untersuchung des Einzelqualität rot1 Einzelqualitäten wurden jetzt schon in verschiedener Hinsicht beleuchtet. Wie aber bereits gesehen, werden in der Debatte zwischen Realisten und gemäßigten Nominalisten zwei völlig unterschiedliche Ansätze vertreten: Realisten betrachten sie als komplexe Entitäten, deren Wesen eines ihrer Bestandteile ausmacht, wohingegen sie gemäßigte Nominalisten als einfache Dinge ansehen. Zum einen also kann „das F von a“ als komplexe Entität beschrieben werden. Realisten wie Gustav Bergmann würden „die Röte des Sokrates“ als dreigliedrige Entität beschreiben, bestehend aus der Universalie der Röte, einer Exemplifikation als Verknüpfung, und einem Inidviduator, in diesem Fall ein einfaches Einzelding. „Die Röte des Sokrates“ ist eine Tatsache oder ein Sachverhalt. Realisten wollen daher sowohl das universale Wesen (Röte) als auch die Besonderheit (rot1 oder „diese Röte“) innerhalb einer Einzelqualität ergründen. Zum zweiten kann „das F vom a“ (also beispielsweise die Röte des Sokrates) auch als einfache Entität betrachtet werden. J.R. Jones bezeichnet es als eine spezifizierte Universalie;39 Wolterstorff als vereinzelte Form;40 und Stout, Williams und Campell als Teil der Menge oder Klasse von Fs. Gemäß dieser Ansicht ist eine Trope eine einfache Entität, die keinen weiteren Bestandteil außerhalb der infimae species enthält, welche die genaue Ähnlichkeit zu den anderen Tropen derselben Menge begründet. Obgleich also eine Trope etwas Einfaches ist, erhält sie doch zwei Funktionen: Die Begründung der genauen Ähnlichkeit zu anderen Tropen ihrer Menge und ihrer Verschiedenheit von ihnen. Diese Ansicht wird explizit von Campbell vertreten: „We must construct an ontology which does not accord the particularizing role to one sort of being while attributing sortedness (quality) to another. We require one item with both roles; the Williams system attempts this“.41 Beide Funktionen werden mit „rot“ und dessen Index „1“ wiedergegeben. Ebenso können sie mit einem „ein“ und einem „Rot“ im Ausdruck „ein Rot“ wiedergegeben werden. Das Wesen und die Besonderheit einer Trope werden nur von unserem Verstand unter39 40 41

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Jones, „Characters and Resemblance“. Wolterstorff, On Universals, 235-260. Campbell, „Abstract Particulars“, 219.

schieden, und wann immer A und B einzig im Verstand unterschieden werden, sind sie miteinander identisch. Unsere bisherige Eröterung von Eigenschaften und ihrer Exemplifikation ist in den folgenden Abbildungen 1.1–1.3 noch einmal zusammengefasst.

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Universalien und philosophischer Naturalismus Unsere Debatte über Eigenschaften lässt sich zu der Debatte über den philosophischen Naturalismus und abstrakten Identitäten in Beziehung setzen. Howard Robinson hat behauptet, dass materialistische Theorien zu realistischen Theorien über Universalien inkompatibel sind. „The tie between nominalism and materialism is an ancient one“;42 seine Bemerkung zielt auf bestimmte zeitgenössische Formen des philosophischen Naturalismus. In ähnlicher Weise erklärt Reinhardt Grossmann, dass Naturalisten mit den von ihm so bezeichneten Ontologisten auf Kriegsfuß stehen.43 Demgemäß stellt sich das Universum als die raumzeitliche Totalität physikalischer Dinge dar, wohingegen die Welt alles Existierende mit einschließt, inklusive der nicht-raumzeitlichen, abstrakten Dinge. Naturalisten bestreiten das Vorhandensein einer solchen Welt und nehmen nur ein Universum an; Ontologisten wie Grossmann hingegen akzeptieren auch eine derart breit verstandene Welt. Diese Thesen werden kontrovers diskutiert; nicht alle Philosophen stimmen ihnen zu. An geeigneter Stelle werden wir uns in den Kapiteln 2-7 eingehender mit der Beziehung zwischen dem philosophischen Naturalismus und der Existenz von Universalien beschäftigen. Hier soll zunächst einmal eine kurze Einführung in das Problem gegeben werden. In Anlehnung an Grossmann wollen wir das Universum als ein Gesamtsystem aus Materie und (unpersönlicher) Energie verstehen, als die Gesamtheit materieller Gegenstände, die in gewisser Hinsicht unseren Sinnen und wissenschaftlicher Forschung offen steht. Gleichfalls wollen wir „Welt“ als die Gesamtheit von allem Existierenden begreifen, einschließlich aller nicht-raumzeitlichen, abstrakten Entitäten. Eine vollständige Analyse des Begriffs eines „abstrakten Gegenstandes“ umfasst ganz unterschiedliche Fragestellungen; für unsere Zwecke begnügen wir uns mit zwei Verwendungsweisen. Die erste ist metaphysischer Natur: Ein abstrakter Gegenstand ist eine wirklich vorhandene Entität, die nicht in Raum oder Zeit besteht. Etwas ist raumzeitlich, wenn es (1) über eine räumliche (oder zeitliche) Ausdehnung verfügt (wir können also fragen, wie lange es besteht oder wie groß es ist); und wenn es eine be42

Howard Robinson: Matter and Sense (Cambridge: Cambridge University Press, 1982), 50. 43 Siehe Grossmann, The Existence of the World, 1-45; vgl. auch J.P. Moreland, „Review of The Existence of the World: An Introduction to Ontology by Reinhardt Grossmann“. In: Mind 102 (Juli 1993), 407-410.

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stimmte Position in Raum (oder Zeit) einnimmt und wir fragen können, wo oder wann es besteht. Abstrakte Entitäten haben demgegenüber weder räumliche noch zeitliche Dauer oder Lage. Für einen Naturalisten besteht nichts, was nicht über eine räumlich-zeitliche Dauer oder Lage verfügt. Eine weitere Bedeutung des Ausdrucks „abstrakter Gegenstand“ ist epistemologischer Natur: Eine abstrakte Entität kann vom Geist in einem Prozess der Abstraktion gebildet werden, indem man sich auf einen bestimmten Gegenstand konzentriert und andere Dinge im Wahrnehmungsbereich ausblendet. Als Daumenregel verwenden Realisten den Ausdruck „abstrakter Gegenstand“ in seinem metaphysischen Sinn, wohingegen Naturalisten den epistemischen Sinn annehmen. Sofern nicht anders angegeben, verwende ich den Ausdruck im Folgenden in seiner ontologischen Bedeutung. Wie bezieht sich die Debatte über Naturalismus und Welt jetzt aber auf diejenige über Eigenschaften? Zunächst einmal sind die Naturalisten entweder radikale oder gemäßigte Nominalisten. Vertreter dieser Ansichten nehmen einzig die Existenz von raumzeitlichen Einzeldingen an, seien sie konkret oder abstrakt. Sie lehnen Universalien als Eigenschaften ab. Zweitens stimmen alle Realisten darin überein, dass Eigenschaften von vielen Dingen gleichzeitig exemplifiziert werden können; so kann etwa die gleiche Röte gleichzeitig von vielen roten Dingen prädiziert werden. Heißt das, dass alle Realisten die Existenz von abstrakten Entitäten als Eigenschaften annehmen, also Entitäten, die außerhalb von Raum und Zeit bestehen? Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich drei ausgewiesen realistische Ansätze bezüglich Eigenschaften und ihrer Exemplifikation betrachten. Realisten haben diese Beziehung im Wesentlichen auf dreierlei Weise verstanden: Einmal als Muster/Kopie-Beziehung, demgemäß Eigenschaften abstrakte Entitäten darstellen, die außerhalb von Raum und Zeit bestehen und nicht in die sie „besitzenden“ Einzeldinge eingehen. Stattdessen verfügt jedes Einzelding über eine Kopie dieser Eigenschaft. Die anderen beiden dem Realismus zurechenbaren Ansichten werden sowohl von echten als auch unechten Realisten vertreten. Sie unterscheiden sich bezüglich eines Prinzips, dass als „Axiom des Ortes“ bezeichnet wird: (AO) Keine Entität kann an verschiedenen Orten gleichzeitig oder zu unterbrochenen Zeitintervallen existieren. Auf die räumliche Lage bezogen kann es konkrete Einzeldinge wie Sokrates zu einer gegebenen Zeit nur an einem Ort geben. Sie können nicht an

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mehreren Stellen gleichzeitig existieren. Gemäß des Ortaxioms kann nichts zur selben Zeit an mehr als einem Ort sein. Unechte Realisten wie D. M. Armstrong lehnen dieses Axiom ab. Nach ihnen sind die Eigenschaften der Einzeldinge auch räumlich in ihnen enthalten. Sokrates ist am selben Ort wie seine Röte, die aber gleichzeitig auch bei Platon auftritt, der woanders steht. Damit aber verletzt die Röte das Axiom des Ortes. Unechte Realisten sind im Grunde ihres Herzens Naturalisten. Warum ist das so? Sie betrachten Eigenschaften als Universalien, also Entitäten, die von mehr als nur einem Ding gleichzeitig exemplifiziert werden können. Gleichzeitig aber wollen sie den Naturalismus nicht aufgeben und die Existenz von abstrakten Entitäten außerhalb von Raum und Zeit akzeptieren; sie nehmen also an, dass alle Entitäten innerhalb von Raum und Zeit existieren. Stattdessen werden zwei verschiedene Arten räumlicher Entitäten eingeführt: Konkrete Einzeldinge (etwa Sokrates), die zu gegebener Zeit nur an einem Ort existieren können, und Universalien (Eigenschaften wie die Röte), die gleichzeitig an verschiedenen Orten sind. Die Exemplifikationsbeziehung beschreibt für den unechten Realisten eine räumliche Beziehung des Beinhaltet-Werdens. Sokrates exemplifiziert die Röte, indem sie in ihm bzw. am selben Ort wie er enthalten ist. Echte Realisten wie Grossmann vertreten demgegenüber einen nichträumlichen, unzeitlichen Begriff der Exemplifikation. Sokrates' Röte befindet sich nur insofern „in“ ihm, als sie ihm in seinem Sein zukommt oder er sie exempfliziert. Allerdings ist weder die Röte selbst noch besagte Exemplifikationsbeziehung irgendwie räumlich. Eigenschaften befinden sich nicht in derselben Weise in ihren Einzeldingen wie Sand in einem Eimer. Die Verknüpfung der Exemplifikation ist keine räumliche Beziehung des Beinhaltet-Werdens. Damit erkennt der unechte Realist zwar Eigenschaften als Universalien an, betrachtet sie allerdings nicht als abstrakte Gegenstände. Der echte Realist behauptet demgegenüber, dass Universalien als Eigenschaften am besten als abstrakte Gegenstände begriffen werden sollten. Gemäßigte Nominalisten sind reine Naturalisten, da sie das Ortaxiom anerkennen, während unechte Realisten aufgrund ihrer Ablehnung dieses Axioms bei gleichzeitiger Anerkennung einer nur raumzeitlich verfassten Welt unechte Naturalisten sind. Echte Realisten lehnen den Naturalismus im Ganzen ab und betrachten abstrakte Gegenstände als Bestandteil dieser Welt. Die bisherige Erörterung über radikalen und gemäßigten Nominalismus sowie verschiedene Formen des Realismus findet sich in Abbildung 1.4 noch einmal zusammengefasst.

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Weitere wichtige Unterscheidungen Für die folgenden Abschnitte wird es hilfreich sein, dieses Kapitel mit einer kurzen Beschreibung zweier metaphysischer Identitätsprinzipien und dreier weiterer Unterscheidungen zu schließen, die uns im Folgenden regelmäßig begegnen werden. Zwei Identitätsprinzipien Für das Universalienproblem sind zwei Identitätsprinzipien von Bedeutung. An erster Stelle ist Leibniz' Gesetz der Ununterscheidbarkeit des Identischen zu nennen: (x)(y)[(x = y) → (P)(Px ↔ Py)] Das Prinzip behauptet, dass für jedes x (also etwa diejenige Person, die J.P. Moreland ist) und jedes y (etwa diejenige Person, die sich als Eileen Spieks jüngster Sohn herausstellt) gilt, dass im Fall ihrer Identität (tatsächlich handelt es sich bei „ihnen“ um dieselbe Entität) jede Eigenschaft P (1,8m groß zu sein, ein Mensch zu sein) nur dann von x (Moreland) als wahr ausgesagt werden kann, wenn sie auch für y (Eileen Spieks jüngster Sohn) wahr ist. Allgemein gesprochen: Alles ist was es ist, sonst nichts. Alles ist mit sich selbst identisch und verfügt daher über alle Eigenschaften wie es selbst. Darin eingeschlossen findet sich ein Test für die Nichtidentität oder Verschiedenheit: Wenn wir etwas von x als wahr behaupten können, aber nicht von y oder umgekehrt, kann es nicht mit dem jeweils anderen identisch sein. Leibniz' Prinzip von der Ununterscheidbarkeit des Identischen gilt als vergleichsweise unkontrovers und wird in der Philosophie allgemein akzeptiert; wir werden es im Folgenden als „Gesetz der Identität“ bezeichnen. Demgegenüber gibt es noch ein weiteres, diesmal hoch umstrittenes Identitätsprinzip, dass einen bedeutenden Teil der Diskussion in Kapitel 7 einnehmen wird: Leibniz' Gesetz der Identität des Ununterscheidbaren: (x)(y)[(P)(Px ↔ Py) → (x = y)] Das Gesetz besagt, dass x und y miteinander identisch sind, wenn sie über genau dieselben Eigenschaften verfügen. Viele Philosophen halten dieses Prinzip für falsch, da sie – neben anderen Dingen – annehmen, dass zu einem Einzelding mehr als die Summe seiner Eigenschaften gehört. So kann

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es etwa zwei runde, rote Scheiben mit derselben Farbe, Form, Größe usw. geben; sie könnten alle Eigenschaften gemeinsam haben und dennoch zwei und nicht eine Scheibe sein, da sich ein Einzelding wie eine Scheibe nicht in seinen Eigenschaften erschöpft. Wie wir jedoch in Kapitel 7 noch sehen werden, stimmt dem nicht jedermann zu. Drei weitere Unterscheidungen Als eng mit der Natur der Identität verbunden erweist sich eine Reihe von Unterscheidungen, die sich als äußerst bedeutsam für die Bewertung der in den späteren Kapiteln behandelten Argumente erweisen werden. Eine hilfreiche, zusammenfassende Darstellung findet sich in einer Diskussion des großen mittelalterlichen Philosophen Francis Suárez in Dispuation VII seiner Disputationes Metaphysicae. Die erste von Suárez behandelte Unterscheidung findet in der Wirklichkeit statt. Sie behandelt die Tatsache, dass zwei Entitäten A und B (etwa mein Stuhl und mein Schreibtisch) nicht miteinander identisch sind und unabhängig und getrennt voneinander existieren können. Die zweite wichtige Unterscheidung betrifft den Verstand. Diese Unterscheidung ist allein geistiger Natur und berührt nicht die Verschiedenheit der Entitäten, wie sie für sich bestehen, sondern allein ihre Unterscheidung im Geist. Nach Suárez gibt es hier zwei verschiedene Arten. Da ist zunächst die Unterscheidung des nachdenkenden Verstandes (distinctio rationis ratiocinantis). Für sie findet sich keinerlei Grundlage in der Wirklichkeit, sie entsteht alleine aus dem zeitlich geformten Prozess des Denkens heraus, wenn wir etwa Peter von sich selbst unterscheiden, indem wir uns in dem Satz „Peter ist Peter“ zweifach auf ihn beziehen. Davon unterscheiden lässt sich weiterhin die Unterscheidung des durchdenkenden Verstandes (distinctio rationis ratiocinatae). Sie ergibt sich aus einem unzulänglichen Begriff, den der Verstand von seinem Gegenstand hat. Geht man etwa wie Suárez davon aus, dass Gott eine einfache Entität ist, wäre eine im Geiste stattfindende Unterscheidung zwischen Gottes Gnade und Gerechtigkeit ein Beispiel einer solchen Unterscheidung. Entscheidend für eine bloße Unterscheidungen des Verstandes ist, dass eine derart getroffen Differenz zwischen A und B in der Wirklichkeit nicht besteht. Suárez fährt fort und nennt noch eine dritte Unterscheidung, die ontologisch zwischen den beiden ersten liegt. Sie liegt wie die erste vor jeder formenden Aktivität des Verstandes, erweist sich aber als nicht so bedeutend wie eine wirkliche Unterscheidung zwischen zwei getrennten Entitäten. Suárez hat hier eine modale Unterscheidung im Auge, die zwischen

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eine Entiät und ihren Modus tritt. Er illustriert dies anhand der Unterscheidung der Eigenschaft der Quantität und ihrem Vorkommen innerhalb einer bestimmten Substanz. Ein Modus ist eine abhängige, untrennbare, genuin unterscheidbare Entität von demjenigen, dessen Modus sie darstellt. Wenn zwischen zwei Entitäten A und B eine modale Unterscheidung möglich ist (wobei B der Modus von A sei), dann sind sie nicht miteinander identisch und doch in folgender Weise untrennbar verbunden: A kann ohne B bestehen, aber nicht umgekehrt. Alle drei Unterscheidungen werden sich zusammen mit dem beiden Gesetzen der Identität als hilfreich bei der Behandlung der in den folgenden Kapiteln behandelten Fragestellungen erweisen.

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Kapitel 2 Radikaler Nominalismus und Eigenschaften

R

ealisten behaupten, über eine unkomplizierte Analyse der Phänomene der Prädikation bzw. Exemplifikation, der Ähnlichkeit und der abstrakten Referenz zu verfügen und wälzen die Beweislast auf die radikalen wie gemäßigten Nominalisten ab, verbunden mit der Aufforderung, einen gleichermaßen plausiblen Ansatz für diese Phänomene vorzulegen. Radikale Nominalisten bestreiten die Existenz von Eigenschaften rundheraus und legen folgenden reduktive Analyse vor: a ist F ↔ Q Verschiede Varianten des radikalen Nominalismus (RN) bestimmen Q dabei ganz unterschiedlich; darunter sind fünf Fassungen besonders häufig anzutreffen. Der radikale Prädikaten-Nominalismus analysiert Q als „a fällt unter 'F'“ oder „'F' lässt sich korrekterweise auf a anwenden“. Mereologische oder sogenannte exploded object-Vertreter des radikalen Nominalismus verstehen Q als „a ist Teil des Aggregates an F-Dingen“. Radikale Klassen-Nominalisten reduzieren Q auf „a ist ein Mitglied der Klasse der F-Dinge“. Schlussendlich behandeln radikale Ähnlichkeits-Nominalisten Q entweder als „a ähnelt auf angemessene Weise den Musterfall eines FDings“ oder als „a ist Mitglied in der Klasse derjenigen Dinge, die einem F-Ding auf angemessene Weise ähnlich sind“. Nachdem ich drei die eigentliche Diskussion vorbereitende Fragen erörtert habe, analysiert dieses Kapitel drei Varianten des RN im Kontext der Prädikation/Exemplifikation, Ähnlichkeit und abstrakten Referenz. Dabei sollte beachtet werden, dass das Phänomen der Ähnlichkeit entweder für sich oder im Rahmen der Prädikation/Exemplifikation analysiert werden kann. Dies im Hinterkopf werden die ersten vier Versionen des RN im Kontext der Prädikation/Exemplifikation vorgestellt. Der Ähnlichkeits-RN wird sowohl in Verbindung mit den Phänomenen der Prädikation/Exemplifikation als auch der Änlichkeit untersucht. Bei der abstrakten Referenz wird demgegenüber ganz allgemein ihre Beziehung zum RN erörtert.

Einige Vorfragen Bevor wir die Lösungen des RN zu den drei genannten Kernphänomenen genauer betrachten, sollen zunächst einige hierfür relevante Fragestellungen kurz beleuchtet werden. Infiniter Regress Argumente, die sich eines infiniten Regresses bedienen, treten besonders prominent in Debatten über Universalien auf. Mit ihnen soll gezeigt werden, dass eine bestimmte These, ein Vorhaben oder ein Sachverhalt fehlerhaft ist, weil er oder es einen problematischen „infiniten Regress“ beinhaltet. Mindestens drei Varianten werden vertreten: Die erste zieht die Fehlerhaftigkeit einer These aus dem Umstand, dass diese eine unendliche Serie generiert, die es gar nicht gibt. Die zweite Variante sieht den Fehler in einer dadurch entstandenen, unendlichen (ℵ0) Anzahl von Entitäten (oder Aufgaben) begründet, was als unökonomisch gilt. ℵ0 kann dabei als eine Menge definiert werden, die entweder in eine eins-zu-eins Korrespondenz mit einer Menge natürlicher Zahlen oder eine echte Teilmenge ihrer selbst überführt werden kann. Die dritte Form behauptet, dass die infrage stehende These einen „vitiösen“ unendlichen Regress generiert. Was aber meint hier „vitiös“? – Auch hierfür wurden wenigstens drei unterschiedliche Vorschläge vorlegt: Roderick Chisholm schreibt hierzu: „One is confronted with a vicious infinite regress when one attempts a task of the following sort: Every step needed to begin the task requires a preliminary step“.1 Wenn beispielsweise die einzige Möglichkeit, zwei Dinge miteinander zu verbinden darin besteht, ein Seil zu verwenden, so bräuchte jemand zwei weitere Seile, um die beiden Dinge an die ursprünglichen Seile zu binden, und weitere Seile, um sie zuvor an die nachgelagerten Seile zu binden etc. Nach Chisholm stellt dies ein Beispiel für einen vitiösen infiniten Regress dar, da sich ein solches Vorhaben als undurchführbar erweist. Nach D.M. Armstrong bildet eine reduktive Analyse dann einen vitiösen infiniten Regress, wenn sie einen heimlichen Verweis auf das durch sie analysierte Ding einschließt, da sie auf diese Weise nichts auflöst, sondern die erstrebte Auflösung lediglich immer weiter nach hinten verlagert wird,2 so dass sich keinerlei Fortschritt einstellt. Armstrong vergleicht dies 1

R. Chisholm: A Realistic Theory of the Categories (Campbridge: Campbridge University Press, 1996), 53. 2 Armstrong, Nominalism & Realism, 19-21.

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mit einem Mann ohne Vermögen, der beständig weiter Schuldscheine zur Tilgung der bereits gemachten Schulden ausstellt, ohne je damit aufhören zu können. Thomas von Aquin unterscheidet zwischen Regressen per se und per accidens und erklärt, dass nur erstere vitiös seien, nicht aber letztere.3 Nach ihm weist ein per se-Regress zwei entscheidende Eigenschaften auf: − Er besteht nicht einfach nur aus einer Liste seiner Mitglieder, sondern diese treten innerhalb einer geordneten Reihenfolge auf. − Zwischen den einzelnen Mitgliedern dieser Reihe besteht eine transitive Beziehung, mit anderen Worten: Wenn a zu b in der Beziehung R steht und b ebenso zu c, dann steht auch a in Beziehung R zu c usw. Per accidens-Regresse können demgegenüber die erste Bedingung erfüllen (...müssen dies aber nicht), jedoch nicht die zweite. Aqinas verwendet eine Reihe wirksamer Ursachen als Beispiel für per se-Regresse und eine durch die „Vater von“-Beziehung gebildete Reihe, um daran einen per accidensRegress zu illustrieren. Nach Aquinas kommt es dabei darauf an, ob das erste Glied der Reihe über die infrage stehende Eigenschaft verfügt; wenn nein, wird auch kein anderes, darauffolgendes Mitglied darüber verfügen, da sie von jenem „weitergereicht“ werden müsste. Von anderen Philosophen wurde zur Unmöglichkeit eines per seRegresses noch angemerkt, dass er die Traversierung eines real Unendlichen einschließt. So kann etwa niemand von 1 nach ℵ0 zählen, denn gleich wie lange man zählt, man hat immer noch eine unendliche Anzahl von Positionen vor sich: Ein solches Vorhaben lässt sich zwar anfangen, aber niemals abschießen. Weiterhin lässt sich auch eine Aufzählung von -ℵ0 nach 0 aus denselben Gründen nicht abschließen, kann aber zudem aus den bei Chisholm genannten Grund auch gar nicht erst begonnen werden: Jeder Versuch, die erste Nummer zu erreichen, erfordert eine infinite Traversierung als vorhergehenden Schritt. In einem per se-Regress bildet die Transitivitäts-Beziehung, in der die einzelnen Glieder der Reihe zueinander stehen, eine Abhängigkeit, die von den früheren zu den späteren Gliedern verläuft. Daher sind diese Regresse wie der der Versuch, von -ℵ0 nach 0 zu traversieren. Wenn wir weiter unten den Prädikaten-RN näher untersuchen, wer3

Thomas von Aquin: Summe der Theologie I, Q. 46, Art. 2, Antwort auf Erwiderung 7; vgl. Summe gegen die Heiden I, Kapitel xiii.

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den wir auch die Unterscheidung zwischen Gegenstands- und Beziehungsregress beleuchten. Primitive Einige Entitäten sind abgeleitet, d.h. sie lassen sich begrifflich über noch fundamentalere Bestandteile analysieren. Ein Primitives ist eine Entität (etwa ein Konzept, ein Ding) das nicht weiter analysiert werden kann. Nahezu alle metaphysische Theorien nehmen Primitive an; jedem Philosophen steht es offen, eine bestimmte Entität als nicht weiter analysierbar zu postulieren. Beispielsweise meinen einige, dass die durch die Zeit fortbestehende personale Identität in diesem Sinne primitiv sei; andere bestreiten dies und analysieren die personale Identität durch (dann) noch grundlegendere Begriffe (z.B. die Kontinuität der Erinnerung, den Charakter, der körperlichen Ähnlichkeit). Wenn ein Philosoph eine Entität als primitiv ausgibt und ein zweiter dies bestreitet, nach welcher Dialektik kann diese Frage dann entschieden werden? – Derjenige, der die Primitivität einer Entität behauptet, kann Dreierlei tun: Zum einen kann er sich dem Phänomen selbst zuwenden und andere auffordern, gleiches zu tun in der Hoffnung, dass ihre Wahrnehmung sie von der Primitivität der Entität überzeugen wird. Zum zweiten kann er die Beziehung der infrage stehenden Entität zu anderen Entitäten herausstellen und dabei die intellektuelle Fruchtbarkeit seiner Annahme herausarbeiten, diese Entität als primitiv zu behandeln. Drittens schließlich kann er die Probleme hervorheben, die eine Ablehnung seiner Annahme mit sich bringen würde, insbesondere, wenn sie durch andere, mit ihr konkurrierende Theorien ersetzt würde. Allgemein gesprochen schließt eine solche Dialektik eine Kosten-Nutzen-Analyse der unterschiedlichen Positionen mit ein, wobei eine entscheidende Widerlegung nur sehr schwer gelingt. Das Wahrmacher-Prinzip D.M. Armstrong hat ein von ihm so bezeichnetes Wahrmacher-Prinzip entwickelt: „[F]or every contingent truth at least (and perhaps for all truths contingent or necessary) there must be something in the world that makes it true. The „making“ is not causality, of course: Rather, it is that in the world in virtue of which the truth is true.“4 4

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Armstrong, Universals, 88-89.

Der Wahrmacher stellt in dem Sinne die ontologische Grundlage einer wahren Proposition dar, als sie den maßgeblichen Gegenstand abgibt (z.B. eine Substanz, eine Eigenschaft, einen Sachverhalt), von der die Proposition handelt und zu dem sie als wahr „korrespondiert“. Dabei ist zu beachten, dass in den Fällen, in denen eine Proposition von abhängigen Entitäten handelt, also beispielsweise supervenierenden Entitäten, die supervenierende Entität selbst den entscheidenden Wahrmacher stellen muss, und nicht etwa ihre ontologische Grundlage, über die sie superveniert. So ist etwa der Wahrmacher für „John hat Schmerzen“ unter einer epiphänomenalen Theorie mentaler Zustände der Sachverhalt, dass Jones Schmerzen hat, und nicht derjenige neuronale Zustand, von dem dieser Sachverhalt abhängt. Obgleich das Wahrmacher-Prinzip korrekt zu sein scheint, wird es nicht von allen Philosophen geteilt. Tatsächlich setzen bestimmte Varianten des RN geradezu seine Ablehnung voraus. Argumente für RN Den Rest des Kapitels werde ich auf die Behandlung der in den vorigen Kapiteln vorgestellten, für das Universalienproblem bedeutsamen Phänomene verwenden. Um die bisherigen Anmerkungen abzurunden, wird es hilfreich sein, kurz die drei wesentlichen Argumente für einen radikalen Nominalismus aufzuführen: − Die bei einem gemäßigten Nominalismus oder einem Realismus auftretenden Probleme sind schwerwiegend und können die Annahme von RN rechtfertigen. In Kapitel 3 und 5 werden wir uns damit näher auseinandersetzen. − Der philosophische Naturalismus ist wahr und wird entweder von RN impliziert oder aber zumindest am besten durch diesen erklärt. Zwei Erwiderungen wurden dagegen vorgebracht: Einige akzeptieren diese Aussage, lehnen aber den philosophischen Naturalismus ab; andere lehnen sie ab und versuchen, innerhalb eines naturalistischen Rahmens gemäßigt nominalistische oder realistische Eigenschaften plausibel zu machen. − RN kann mithilfe des Ockham'schen Rasiermessers begründet werden (auch bekannt unter den Bezeichnungen „Prinzip der Einfachheit“, „der Sparsamkeit“ oder „der Ökonomie“) und sollte daher bevorzugt werden. In Erwiderung darauf lassen sich zwei verschiedene

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Formen von Ockhams Rasiermesser unterscheiden. So gibt es zum einen die epistemologische/methodische Deutung, wonach man nicht ohne guten Grund die Existenz von etwas annehmen oder Erklärungen vervielfachen sollte. Vor die Wahl gestellt zwischen einer einfachen und einer komplexeren Erklärung für etwas (messbar an der relativen Anzahl von Entitäten oder Art von Entitäten, Axiomen, Prinzipien), sollte man der einfacheren Erklärung den Vorzug geben, sofern sie ebenso adäquat ausfällt, da die kompliziertere in diesem Fall überflüssige Größen aufweist. Nun ist dieses Prinzip kaum zu bezweifeln und sagt eigentlich nur, dass etwas gerechtfertigt ist, wenn es in einer Erklärung, Behauptung etc. Verwendung finden kann. So verstanden kann es für alle Theorien über Universalien verwendet werden. Insbesondere Realisten merken aber an, dass sie über adäquate Gründe für ihre Annahme von Universalien verfügen und auf diese Entitäten nicht ohne jede Notwendigkeit verzichtet werden sollte. Wenn also auch die erste Deutung dieses Prinzips dem Realisten eine kleine Beweislast auferlegen mag, erscheint sie doch vernachlässigbar. Nach einer zweiten, ontologischen Deutung dieses Prinzips ist hingegen die Wirklichkeit selbst einfach gehalten. Eine Erklärung kann demnach umso eher als angemessene Repräsentation der Wirklichkeit gelten, je weniger Entitäten in ihr Verwendung finden. Allerdings sprechen zumindest zwei Gründe gegen eine derartige Interpretation des Ockham'schen Rassiermessers: Zunächst scheint sie anders als die epistemologisch/methodische Deutung nicht augenscheinlich wahr und in einigen Fällen sogar falsch zu sein. So ist die berühmte ideale Gasgleichung PV = nRT viel einfacher als Van Der Waals Gleichung (P + a/V2)(V-b) = nRT, jedoch stellt letztere eine viel angemessenere Repräsentation der Wirklichkeit vor. Zweitens erweist es sich als schwierig, das Kriterium der Einfachheit anzugeben, welches hier angewendet werden soll. So könnte beispielsweise eine Ontologie bezüglich der Anzahl ihrer Arten von Entitäten einfacher sein als ein Mitbewerber, wohingegen dieser bei der Gesamtzahl der verwendeten Entitäten vorne liegt. Es ist schwer, hier eine einleuchtende, keine petitio principii begehende Weise anzugeben, mit deren Hilfe entschieden werden könnte, welche der beiden Ontologien einfacher ist. Insofern scheint Ockhams Rasiermesser unter der epistemologischen Deutung besser zu funktionieren. Derart verstanden ist es auf alle Ansichten anwendbar, stellt an den Realisten die Aufforderung, seine Annahme von

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Universalen zu rechtfertigen und leitet so zu der Frage über, welche der unterschiedlichen Thesen die Phänomene der Prädikation/Exemplifikation, der Ähnlichkeit und der abstrakten Referenz besser erklären kann. Damit kommen wir zur Behandlung der Prädikation/Exemplifikation durch RN. Prädikation/Exemplifikation Die Herausforderung des Realisten Rufen wir uns aus Kapitel 1 die beiden qualitativ ununterscheidbaren roten Flecken in Erinnerung, Sokrates und Platon. Realisten nehmen nun an, dass linguistisch betrachtet Sätze wie „Sokrates ist rot“ den prädikativen Ausdruck „rot“ dazu verwenden, auf bestimmte Weise eine Universalie herauszugreifen, die Röte, über die alle und nur die roten Dinge verfügen. Ontologisch gesprochen behaupten die Realisten, dass bei der Betrachtung von Sokrates und Platon festgestellt werden kann, dass Sokrates' Röte weder mit ihm noch eine seiner übrigen Eigenschaften identisch ist, dafür aber mit der Röte von Platon. Diese Behauptung kann am besten über eine in beiden befindliche Entität erklärt werden, der Röte, und die Art und Weise, in der sie „in beiden steckt“, kann als Verknüpfung der Exemplifikation bezeichnet werden. In Anbetracht dieser Erklärung fordert der Realist den Radikalen Nominalisten nun dazu auf, andere Möglichkeiten anzugeben, mit deren Hilfe die Prädikation/Exempflikation analysiert werden kann. Der radikale Begriffs-, Prädikaten-, und mereologische Nominalismus Der radikale Begriffs-, Prädikaten-, und mereologische Nominalismus weisen genügend gemeinsame Eigenschaften auf, die es uns erlauben, sie zusammen zu analysieren. Sie gelten als die schwächsten Varianten des RN und wenigstens zwei Mängel werden ihnen gemeinhin zugerechnet. Der übersichtlicheren Darstellung wegen werde ich mich auf den radikalen Prädikaten-Nominalismus konzentrieren, wonach „a ist F“ als „a fällt unter 'F'“ oder „'F' lässt sich korrekterweise auf a anwenden“ analysiert wird. Zunächst sind linguistische Prädikate weder notwendig noch hinreichend, um eine Eigenschaft zu bestimmen. Sie sind nicht hinreichend, da erfundene Prädikate erdacht werden können, die keine Eigenschaften ausdrücken. Nehmen wir etwa das Prädikat „Rzim“, das für das Empire State

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Building, die Quadratwurzel von -1 und den Super Bowl von 1995 steht. Offenkundig ist „Rhzim“ zwar ein Prädikat, jedoch ohne dabei irgendeine bestimmte Eigenschaft zu erfassen. Prädikate sind aber auch nicht notwendig zur Bestimmung von Eigenschaften: Selbst in einer Welt ohne Sprache würde Sokrates immer noch rot sein. Tatsächlich erscheinen Eigenschaften weithin zahlreicher als die zur Verfügung stehenden Prädikate unserer menschlichen Sprache. Darüber hinaus finden es die meisten Menschen nach kurzem Nachdenken einleuchtend, dass es die Eigenschaften sind, die dafür sorgen, dass sich unsere Prädikate korrekt auf die Wirklichkeit beziehen, und nicht umgekehrt. Anders gesagt, ist (1) „Rot“ bezieht sich richtigerweise auf Sokrates. nicht wie von NR behauptet primitiv, sondern lässt sich weiter analysieren als (1') Sokrates ist rot und „rot“ bezieht sich richtigerweise auf Sokrates' Röte. Ein Prädikaten-RN könnte in Erwiderung darauf auf mögliche Prädikate verweisen. In einer Welt ohne Sprache, aber mit dem roten Sokrates könnte er sagen, dass es immer noch eine mögliche Welt gibt, in der das Prädikat „rot“ sich auf Sokrates bezieht. Die Debatte über mögliche Welten liegt jedoch weitab unseres eigentlichen Themas, und so mag es genügen, noch einmal hervorzuheben, dass die Grundlage für den möglichen Bezug von „rot“ auf Sokrates seine Röte zu sein scheint, und nicht umgekehrt. D.M. Armstrong hat noch einen weiteren Einwand gegen einen Prädikaten-RN vorgebracht.5 So sei er in zwei vitiös-infinite Regresse verstrickt, einen Gegenstands- und einen Beziehungsregress. Gemäß eines Prädikaten-RN sind die roten Dinge dadurch rot, weil sie unter das Prädikat „rot“ fallen. Hierzu betrachte man folgende berühmte, von David Hu5

Armstrong, Universals and Scientific Realism, 18-21. Infolgedessen hat er die Wirkkraft einiger Argumente, die mit Regressen argumentieren, angezweifelt, insbesondere von solchen, die supervenierende Entitäten beinhalten, die in jeder möglichen Welt von supervenierten Entitäten bedingt werden, in denen sie existieren. Vgl. Universals, 36, 53-37, 108-109. Allerdings sind Armstrongs Ansichten über supervenierende Entitäten nicht ganz korrekt oder sogar falsch. Es wird nicht deutlich, weshalb eine Entität wie etwa farbig sein keine mit sich selbst-identische, wirkliche Entität sein könnte, selbst wenn sie von der Eigenschaft des Rot-Seins in jeder möglichen Welt, in der diese auftritt, abhängt.

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me getroffene Aussage (Hervorhebungen stammen vom Autoren): „When we have found a resemblance among several objects, that often occur to us, we apply the same name to all of them, […] After we have acquired a custom of this kind, the hearing of that name revises the idea of one of those objects and makes the imagination conceive it with all its particular circumstances.“6

Wie die hervorgehobenen Wörter deutlich machen, analysiert ein Prädikaten-RN eine bestimmte Grundform (das Prädikat) durch eine andere (eine Eigenschaft). Die Röte der roten Dinge wird über ihre Beziehung zu den Einzelvorkommen der Wortart „rot“ gebildet, wobei alle Vorkommen dieser Wortform wiederum durch die Subsumtion unter eine Wortform höherer Ordnung gebildet werden, und so weiter ins Unendliche. Dieser Regress ist sowohl unökonomisch als auch vitiös, da er seinen Lösungsansatz, Wortformen innerhalb des RN-Rahmens zu eliminieren, lediglich immer weiter aufschiebt, dabei jedoch nie zu einem Ende gelangt. Neben diesem Gegenstands- liegt außerdem noch ein Beziehungsregress vor. Man betrachte hierzu alle Paare von roten Dingen und PrädikatsVorkommen von „rot“. In jedem dieser Paare steht das rote Ding in der bestimmten „fällt unter“-Beziehung zu seinem Wortvorkommen, und auch diese Beziehung selbst ist eine Beziehungsart. Der Prädikaten-RN könnte diese Beziehung nun für nicht weiter analysierbar erklären; in diesem Fall bleibt er entweder bei einer nicht weiter aufgelösten Beziehungsform stehen, oder er macht geltend, dass jeder erstrangige „fällt unter“-BeziehungsEinzelfall unter dieselbe Beziehungsart fällt, da jedes höhrerrangige Beziehungsprädikat sich korrekt darauf bezieht. Allerdings erwächst aus diesem Lösungsvorschlag sowohl ein neuer Gegenstandsregress (das höherrangige Prädikat „fällt unter“ es selbst, und so fort) als auch eine neue Regressbeziehung innerhalb unseres Bereichs (denn jede erststufige „fällt unter“Beziehung steht in derselben Beziehungsart – eine erst- oder zweitrangige „fällt unter“-Beziehung – in Rücksicht auf das nachrangige Prädikat, und so fort). In jedem Fall macht so eine allgemeine Art einen Bestandteil des Analysierten aus und der Regress wird vitiös. Beide Einwände haben die meisten Philosophen dazu veranlasst, einen Prädikaten-RN abzulehnen, und entsprechendes gilt für dessen begriffliche oder mereologische Variante.7 6

D. Hume: A Treatise of Human Nature, 2. Auflge, hg. Von P.H. Nidditch (Oxford: Clarendon, 1976), 20. 7 Der einzige Kritikpunkt, der nicht auf den RN anwendbar erscheint, ist die

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Radikaler Klassen-Nominalismus Unter einer Klasse versteht man eine Ansammlung von Entitäten, die als Mitglieder dieser Klasse bezeichnet werden. Zwei Klassen sind genau dann miteinander identisch, wenn sie sich alle ihre Mitglieder teilen und sonst keine weiteren Mitglieder haben. Der Klassen-RN kann als die These beschrieben werden, dass einem Gegenstand a die Eigenschaft, F zu sein, genau dann zukommt, wenn a ein Mitglied der Klasse von F-Dingen ist. Weiterhin ist es gemäß dieser Ansicht eine unhintergehbare Tatsache, dass Klassen bestimmte Entitäten als Mitglieder haben und andere nicht; der Ein- oder Ausschluss zu einer Klasse wird nicht in etwas noch Grundlegenderem begründet, etwa der Ähnlichkeit der Mitglieder zueinander. Das Rot-Sein des Sokrates wird demnach einfach durch die Tatsache erklärt, dass er ein Mitglied in der Klasse roter Dinge ist. Wenigstens fünf Einwände wurden gegen den Klassen-RN vorgebracht: Zunächst ist das Vorliegen einer Klasse noch keine notwendige Bedingung für das Vorhandensein einer Eigenschaft. Dies wird insbesondere durch die sogenannte Gefährten-Schwierigkeit ersichtlich, bei der in einer möglichen Welt zwei jeweils ko-extensive Eigenschaften ausgebildet werden, die aber im Widerspruch zu einem Klassen-RN voneinander zu unterscheiden sind. So könnten in einer möglichen Welt nur drei grün-klebrige Gegenstände existieren. Wenn g für grün und k für klebrig steht, können wir die Klasse dieser drei Gegenstände wie folgt abbilden: {gk, gk, gk}. Folgt man einem Klassen-RN, so liegt bei Vorhandensein von nur einer Klasse auch nur eine Eigenschaft vor, doch ist die Eigenschaft, grün zu sein, klar zu unterscheiden von der Eigenschaft, klebrig zu sein, obwohl es keine zwei unterschiedlichen Klassen gibt. Ebenso ist die Eigenschaft, ein Greif zu sein, unterscheidbar von der Eigenschaft, ein Einhorn zu sein, obwohl beide Klassen in dieser Welt die Menge „null“ haben und insofern miteinander identisch sein müssten. Ein Klassen-RN könnte sich in Erwiderung darauf auf eine Theorie möglicher Welten zur Lösung dieses Problems festlegen. So könnte vorgebracht werden, dass bei einer Betrachtung der problematischen Eigenschaften über alle möglichen Welten hinweg sich sehr wohl Unterschiede auftun Behauptung, dass Eigenschaften ihre Begriffe zahlenmäßig übertreffen. Es scheint möglich anzunehmen, dass zwar Prädikate, nicht jedoch Begriffe Erfindungen des Menschen darstellen, so dass auch hier ein reichhaltiges Angebot im Umlauf ist. Dennoch muss ein Vertreter von RN achtsam sein, Begriffe nicht als Universalien zu charakterisieren, und tatsächlich sehen sie viele Realisten als spezifisch intentionale Eigenschaften an.

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(ein grüner Gegenstand ist nicht notwendigerweise klebrig), so dass die Eigenschaften des Greif-Seins und des Einhorn-Seins einer- sowie grün oder klebrig zu sein andererseits doch unterschiedlichen Klassen zugerechnet werden können. Allerdings scheint diese Antwort das Problem im Grundsatz nicht zu lösen: Zusätzlich zu den Problemen, die sich aus der Behandlung aller möglichen Welten als gleichermaßen wirklich zueinander und zu der faktisch vorhandenen Welt ergeben, gibt es auch Eigenschaften, die notwendigerweise koextensiv sind (etwa dreiseitig und dreiseitig sein) oder notwendigerweise unexemplifizierbar (etwa ein rechteckiger Kreis oder ein roter Geschmack sein). In diesen Fällen sind die Klassen miteinander identisch, so dass für einen Klassen-RN auch die entsprechenden Eigenschaften miteinander identisch sein müssen – was aber nicht der Fall ist. Und es hilft auch nicht weiter, ihre Identität trotz augenscheinlicher Unterscheidbarkeit einfach zu stipulieren; so kommt etwa dem DreieckigSein augenscheinlich die Eigenschaft zu, einen Winkel aufzuweisen, dem Dreiseitig-Sein hingegen nicht. Zweitens ist die Aufstellung einer bestimmten Klasse von Einzeldingen auch keine hinreichende Bedingung dafür, eine eigenständige Eigenschaft abzubilden, wie an dem bekannten Argument der unvollständigen Gemeinschaft gezeigt werden kann. Man betrachte eine Welt mit den folgenden drei Gegenständen: ein rotes, hölzernes Ding (rh), ein reckteckighölzernes Ding (eh) und ein rotes, rechteckiges Ding (re). Obwohl dies eine legitime Klasse darstellt – tatsächlich ähnelt jedes Mitglied der Klasse den jeweils anderen beiden genau – ist sie offenkundig konstruiert und gibt keine (bestimmte) Eigenschaft wieder. Allgemein gesprochen bilden also derartige künstlich geschaffene Klassen keine entsprechenden Eigenschaften – anders als dies der Klassen-RN einzuschließen scheint. Drittens bestimmt nicht die Zugehörigkeit zu einer Klasse die Eigenschaft, sondern umgekehrt. Sokrates' Rot-Sein stellt eine intrinsisches Merkmal von ihm dar; man kann seine Wahrheit alleine über eine empirische Betrachtung von Sokrates feststellen. Aber die Zugehörigkeit von Sokrates zu der Menge der roten Dinge ist eine Funktion von Sokrates' Beziehung zu anderen Dingen und kann nicht aus der bloßen Beobachtung von Sokrates erschlossen werden. Darüber hinaus bilden Eigenschaften zumindest regelmäßig sogenannte unbeschränkte Klassen, d.h. sie verfügen über eine Vielzahl, potentiell unendliche Menge an Exemplifikationen, die unterschiedliche Klassen ausmachen. Zwar verändert sich die Eigenschaft selbst nicht aufgrund der Anzahl ihrer Exemplifikationen; jedoch implizieren die Identitätsbedingungen für Klassen, dass sie bei einer Veränderung

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ihrer Mitglieder nicht mit sich selbst identisch bleiben. Die Klasse der roten Dinge könnte verschieden ausfallen, wohingegen Röte selbst nicht irgendwie anders sein könnte. Wiederum könnte man versuchen, dass Problem unter Zuhilfenahme möglicher Welten zu lösen; jedoch gilt auch hier, dass die Projektion einer Klasse von Entitäten in eine mögliche Welt davon abzuhängen scheint, welche Einzeldinge darin die fragliche Eigenschaft aufweisen, und nicht umgekehrt. Der letzte Satz führt uns zu einem vierten Kritikpunkt: Während einige Klassen natürlich gebildet werden können, wirken andere konstruiert, insbesondere wenn ihre Mitglieder untereinander keinerlei Gemeinsamkeit abseits ihrer Klassenmitgliedschaft aufweisen. Der Realist erklärt diesen Unterschied mit dem Hinweis, dass die Mitglieder der natürlichen Klasse auch tatsächlich eine Eigenschaft teilen, während sie bei konstruierten Klassen fehlt. Offenkundig steht dem Vertreter eines radikalen KlassenNominalismus diese Form der Erklärung nicht zur Verfügung: Eigenschaften sind nichts anderes als zu Klassen zusammengefasste Einzeldinge; somit können sie kein davorliegendes Kriterium angeben, um natürliche von künstlichen Klassen zu unterscheiden. Gegen dieses Argument wurden zwei Erwiderungen vorgebracht: Einige beharren darauf, dass alle Klassen für eine bestimmte Eigenschaft stehen, so dass tatsächlich keine Unterscheidung zwischen natürlichen und künstlichen Klassen möglich ist. Diese Erwiderung erscheint aber offenkundig falsch zu sein; die Klasse der roten Gegenstände scheint natürlicherweise vorhanden, wohingegen dies auf die andere, in Verbindung mit dem Argument der unvollständigen Gemeinschaft gerade gebildete Klasse nicht zutrifft. Andere argumentieren, dass die Natürlichkeit einiger Klassen eine unhintergehbare Tatsache darstellt, die nicht weiter metaphysisch begründet werden könne. Ohne weitere Bekräftigung bleibt dieses Argument allerdings eine bloße Behauptung, die im Licht der gerade vorgetragenen Argumente weitaus unplausibler als die gegenteilige Behauptung erscheint, dass es sehr wohl einen Grund für diesen Unterschied gebe. Vielleicht ist es nicht der von den Realisten vorgebrachte Grund (so könnte etwa auch die Erklärung der Ähnlichkeits-Nominalisten richtig sein, nach denen die Beziehung der genauen Ähnlichkeit unter den Mitgliedern einer Klasse ihre Natürlichkeit ausmacht), aber das irgendein Grund dafür ausschlaggebend ist, dürfte kaum bezweifelt werden können. Schließlich scheint ein Klassen-RN sowohl einen Gegenstands- als auch einen Beziehungsregress zu beinhalten. Bezüglich des ersteren kann auf die Behauptung des Klassen-RN verwiesen werden, demnach a die Ei-

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genschaft F genau dann zukommt, wenn es Mitglied in der Klasse der FDinge ist. Dies setzt voraus, dass die Klasse der F-Dinge auch existiert und die Eigenschaft hat, eine Klasse zu sein, oder genauer gesagt die Eigenschaft der Klassenheit. Ein Klassen-Nominalist könnte jetzt erwidern, dass die Eigenschaft der Klassenheit im Falle der Klasse der F-Dinge dahingehend analysiert werden könnte, dass sie selbst einziges Mitglied einer übergeordneten Klasse ist. Dennoch scheint die Frage sinnvoll, auf welche Weise diese neue Klasse als Klasse gebildet wird; immerhin liegt hier eine neue Art von Ding vor. Was immer der genaue Grund hierfür ist, so muss er intrinsischer Natur sein und darf nicht in irgendeiner äußeren Beziehung bestehen, welche die Klasse zu irgendetwas anderem unterhält (etwa eine Mitgliedschaft in einer höheren Klasse). Und scheinbar ist es doch die Eigenschaft der Klassenheit, die aus der zweitstufigen Klasse eine Klasse macht. Wenn dem so ist, wird ein vitiöser Gegenstandsregress eingeleitet, da das Analysierte auf jeder Stufe eine Eigenschaft erhält, die gerade als das Ziel der reduktiven Analyse fungiert, so dass sie zu keinem Ende gelangen kann. Selbst wenn der Klassen-RN bestreitet, dass es eine Eigenschaft der Klassenheit gibt, scheint er doch auf eine unendliche Anzahl höherstufiger Klassen festgelegt. Dies erscheint zumindest nicht sehr ökonomisch, einen Wert, den der radikale Nominalist doch eigentlich befürwortet. Darüber hinaus scheint dieser Regress aber auch vitiös zu sein. Um zu sehen warum, sei die Klasse der F-Dinge mit Stufe 0 bezeichnet, die darüber liegende Klasse der Klasse der F-Dinge als Stufe 1, usw. Nun kann eine Klasse auf einer beliebigen Stufe n keine Mitglieder haben, wenn sie nicht existiert; um aber zu existieren, muss sie ein geeignetes „Wesen“ besitzen, das es ihr ermöglicht, eine Klasse zu sein. Das Wesen der Klasse auf Stufe n besteht nun darin, Mitglied der Klasse der Stufe n + 1 zu sein. Wenn aber ein Ding in seiner Existenz ontologisch von diesem Wesen abhängig ist (wie immer sich das auch genau beschreiben lässt) in dem Sinne, dass sein Wesen ohne dieses Ding existieren könnte, aber nicht umgekehrt (wie es etwa auch das Menschsein ohne Quine geben könnte, aber nicht umgekehrt), scheint sich eine Art von ontologischer Abhängigkeit von höher- zu niedrigstufigen Entitäten in dieser Reihe zu ergeben, welches wiederum einen per se-Regress zur Folge hat. Mithin ergibt sich auch bei dieser Alternative ein vitiöser Gegenstandsregress. Zudem und weniger umstritten entwickelt der Klassen-RN auch einen Beziehungsregress. Gemäß des Klassen-RN ist a F genau dann, wenn a Mitglied in der Klasse der F-Dinge ist. Das aber bedeutet wiederum, dass a in

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einer Mitgliedschafts-Beziehung zur Klasse der F-Dinge steht (∈). Da es sich hierbei um eine bestimmte Beziehungsart handelt (mehrere Einzelfälle können unter sie fallen, sie unterscheidet sich von räumlichen Beziehungen etc.), ist das Analysierte also von bestimmter Art (etwa Universalität, Artgebundenheit), und genau dies wollte die Analyse eigentlich vermeiden. Es führt auch nicht weiter, alle erststufigen Fälle von ∈ als geordnete Paare zu behandeln; so würde etwa die Aussage, Sokrates sei Mitglied in der Klasse der roten Dinge so analysiert, dass das geordnete Paar ein Mitglied (∈) der Klasse aller geordneten Paare ist, die in einer Beziehung der Klassenmitgliedschaft zueinander stehen. Diese Analyse gebraucht ∈ explizit als eine Art von Beziehung, da die Aussage „ ist Mitglied (∈) von...“ nichts anderes meint, als dass in der ∈-Beziehung (also einer bestimmten Art von Beziehung) zur fraglichen Menge steht und es also nicht schafft, alle Verweise auf allgemeine Arten zu eliminieren. Mithin fällt es dem Beziehungsregress zum Opfer. Ähnlichkeit als Phänomen und Lösung zur Prädikation Ähnlichkeit kann entweder als eigenständiges Phänomen in der metaphysischen Analyse genommen werden, oder als Teil einer korrekten Analyse des Prädikationsphänomens. Wird die zweite Möglichkeit gewählt, können Fälle, in denen a b ähnelt, mittels der Prädikationsbeziehung analysiert werden, etwa dass „rot“ oder der Begriff rot sowohl von a als auch b wahr ausgesagt werden kann (Prädikats/Begriff-RN), oder dass a und b beide Bestandteil der jeweiligen Ansammlung (mereologischer RN) bzw. Mitglieder der gleichen „natürlichen“ Klasse sind (Klassen-RN). Keine der gerade genannten Varianten belässt Ähnlichkeit als eigenständiges Bestandteil einer Analyse der Prädikation. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Ähnlichkeits-RN von seinen Mitbewerbern und kann entweder als Analyse der Prädikation oder des Phänomens der Ähnlichkeit verstanden werden. Im ersten Fall läuft ein Ähnlichkeits-RN auf die These hinaus, dass a die Eigenschaft F genau dann zukommt, wenn a entweder einem oder mehreren Musterexemplaren von F-Dingen hinreichend ähnlich ist, oder a Mitglied der Klasse aller Dinge ist, die den F-Dingen hin-

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reichend ähneln. Jede dieser beiden Möglichkeiten führt zu einer weitergehenden Variation innerhalb des Ähnlichkeits-RN. Im letzteren Fall wird die Tatsache, dass a b ähnelt, darauf zurückgeführt, dass a und b entweder einem oder mehreren Musterexemplaren von F-Dingen hinreichend ähnlich sind oder a und b Mitglied der Klasse aller Dinge sind, die den F-Dingen hinreichend ähneln. Im Folgenden werden wir den Ähnlichkeits-RN als Problem zum Phänomen der Prädikation untersuchen, da viele unserer Beobachtungen für die Behandlung der Ähnlichkeit als Phänomen oder Lösung für die Prädikation bedeutsam sind. Und während Ähnlichkeit eine Sache gradueller Abstufung ist, werden wir unseren Fokus auf Fälle genauer Ähnlichkeit richten. In Kapitel 3 werden wir uns einige weitere Punkte anschauen, die das Phänomen der Ähnlichkeit in Verbindung mit dem Nominalismus erörtern. Einige der dort gemachten Beobachtungen sind auch für den radikalen Nominalismus relevant. Ein Ähnlichkeits-RN hat gegenüber dem Klassen-RN den Vorzug, besser mit der Unterscheidung zwischen natürlichen und nichtnatürlichen Klassen zurechtzukommen, da er erstere über die Beziehung der hinreichenden Ähnlichkeit unter allen Mitgliedern einer Klasse fassen kann. Für den Realisten sind Fälle genauer Ähnlichkeit zwischen a und b Fälle, in denen a und b beide in einer bestimmten Hinsicht die Eigenschaft der Ähnlichkeit F exemplifizieren. Daher behaupten Realisten die Reduzierbarkeit einer genauen Ähnlichkeit auf die Identität einer Universalie, welche die Ähnlichkeit der beiden in der jeweiligen Hinsicht konstituiert. Sokrates und Plato sind sich etwa hinsichtlich ihrer Röte genau gleich, da jeder genau dieselbe Eigenschaft exemplifiziert, die der Röte. Vertreter des Ähnlichkeits-RN bestreiten die Möglichkeit, genaue Ähnlichkeit durch eine Identität einer Eigenschaft zu analysieren und betrachten sie (ebenso wie generell jede Form von Ähnlichkeit) als primitive, zweiteilige und interne Beziehung, die sie als symmetrisch, transitiv und (zumindest einige unter ihnen) auch als reflexiv ansehen.8 Ähnlichkeits- und andere Formen des 8

Obwohl dies selten erkannt wird, scheint für den RN eine weitere Reduktion von genau gleichen Beziehungen zu einer anderen für ihn annehmbaren Entität vonnöten, um in sich konsistent zu sein; denn auf den ersten Blick scheint genaue Ähnlichkeit eine relationale Eigenschaft zu sein, die RN eigentlich vermeiden möchte. Diese Schwierigkeit wird hier jedoch nicht weiter verfolgt. In Kapitel 3 werden wir sehen, dass auch die gemäßigten Nominalisten die genaue Ähnlichkeit als interne Eigenschaft behandeln sollten und hierbei nicht konsistent bleiben. Für eine noch eigenartigere Theorie der Ähnlichkeit, siehe David Lewis, „New Work for a Theory of Universals?“ In: Australasian Journal of Philosophy 61 (Dezember 1983), 347-348. Vgl. auch Butchvarov, Resemblance and Identity, 101-134; P.K: Butchvarov: Being

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RN werden auch als Klecks-Theorie bezeichnet: Während konkrete alltägliche Einzeldinge aus unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt sein können, stellt jedes von ihnen gleichzeitig (wie auch übrigens ihre Teile) ein metaphysisch unstrukturiertes, in sich undifferenziertes Ganzes dar, das als eine unhintergehbare Tatsache anderen derartiger Objekte ähnelt. Gegen den Ähnlichkeits-RN wurden verschiedene Einwände vorgebracht. Zum einen leidet er an bestimmten Formen des Gefährten-Problems und der Schwierigkeit der unvollkommenen Gemeinschaft. Erstere tritt auf, wen man eine mögliche Welt mit koextensiven Eigenschaften erdenkt, die sich in Widerspruch zum Ähnlichkeits-RN jedoch voneinander unterschieden (oder auch Fälle von notwendig zusammen-exemplifizierten Eigenschaften, wie etwa Dreiseitig- und Dreieckig-Sein). g und k sollen wiederum für grün und klebrig stehen, und gegeben sei eine mögliche Welt, in der es die Menge der folgenden drei Gegenstände gibt: {gs, gs, gs}. Der Ähnlichkeits-RN impliziert, dass es in diesem Fall nur eine Eigenschaft geben kann, da es nur eine Klasse Gegenstände gibt, die sich untereinander genau ähnlich sind. Demgegenüber ist es unbeschadet der Tatsache, dass in der betrachteten Welt keine zwei unterschiedlichen Klassen auftreten, offenkundig, dass Grün-Sein eine vom Klebrig-Sein zu unterscheidende Eigenschaft ist. Weiterhin gibt es noch einen anderen, davon zu unterscheidenden Beitrag, den Grün-Sein und Klebrig-Sein zur Ähnlichkeit zwischen den einzelnen Paaren dieser drei Einzeldinge beitragen. Der Realist drückt dies dadurch aus, indem er davon spricht, dass sich die betrachteten Gegenstände in zweierlei Hinsichten ähneln, ihrer grünen Farbe und ihrer Klebrigkeit, beides Eigenschaften, die ihnen zukommen. Der ÄhnlichkeitsRN hingegen, mit nichts weiter bewehrt als seiner primitiven Fassung der Beziehung genauer Ähnlichkeit, kann diese unterschiedlichen Hinsichten einer Ähnlichkeit nicht wiedergeben. Dessen Vertreter könnten nun versuchen, sich auf unterschiedliche Muster zu berufen – ein grünes und ein klebriges – und dann behaupten, die drei Einzeldinge würden beiden ähnlich sein. Dieser Ausweg ist den Nominalisten aber versperrt, da sie dann noch angeben müssen, wo genau das grüne Muster in ihrer Analyse verwendet werden soll, wobei unklar bleibt, wie dies ohne Verweis auf ein grünes und ein davon zu unterscheidendes klebriges gelingen soll. Alternativ dazu könnte man zwei primitive Prädikate einführen: Grün-ähnlich-Sein und Klebrig-ähnlich-Sein. Eine solche Lösung wirkt allerdings sehr künstlich, da bei der Unzahl an Möglichkeiten, hinsichtlich dessen etwas genau ähnlich ausfallen kann, für jede einzelne ein neues, Qua Being (Bloomington, Ind.: Indiana University Press, 1979), 196-206.

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primitives Prädikat erdacht werden müsste. Wie sollen wir nun in einem neuen Einzelfall genauer Ähnlichkeit das dann hinzutretende, nie zuvor genutzte primitive Prädikat auf Basis der aus vergangenen Fällen gemachten Erfahrungen erkennen? Der Realist sieht hier kein Problem; für ihn unterliegt allen Fällen von Ähnlichkeit ein gemeinsames Muster: Jedes Paar sich genau ähnelnder Einzeldinge weist unter einem bestimmten Gesichtspunkt Ähnlichkeit auf, die als Eigenschaft in jedem Partner dieses Paares identisch ist. Auf diese Weise benötigt nicht jedes Paar die Einführung einer neuen, primitiven Eigenschaft; stattdessen wird hier einzig die Identitätsbeziehung und die jeweilige Eigenschaft benötigt. Demgegenüber wirkt der Erklärungsansatz des Ähnlichkeits-RN nicht allein konstruiert, sondern auch in mindestens zweierlei Hinsicht unökonomisch: Er vervielfacht als primitiv angesehene Entitäten; und er benötigt zwei als primitiv angenommene Beziehungen – die der Identität und die der genauen Ähnlichkeit – wohingegen der Realismus hier nur erstere beansprucht. Versuche seitens des RN, Identität auf genaue Ähnlichkeit zurückzuführen, stehen in Widerspruch zu unseren Intuitionen, da die Identitätsbeziehung augenscheinlich eine primitive metaphysische Entität zu sein scheint. Das Argument der unvollkommenen Gemeinschaft zeigt darüber hinaus, dass eine bestimmte Klasse einander genau ähnelnder Einzeldinge keine hinreichende Bedingung für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft darstellt. In einer Welt, die nur einen roten hölzernen Gegenstand (rh), einen rechteckigen hölzernen Gegenstand (eh), und einen roten rechteckigen Gegenstand (re) enthält, könnte man eine Klasse bilden, in der jeder Gegenstand jedem anderen genau ähneln würde und sonst nichts. In diesem Fall wäre ein Ähnlichkeits-RN auf die Auffassung festgelegt, dass es auch eine auf diese Klasse zurückführbare Eigenschaft gibt, obwohl dies offenkundig falsch ist. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, weshalb die genaue Ähnlichkeit zu einem Muster oder die Mitgliedschaft in einer Klasse nicht mit einer Eigenschaft gleichgesetzt werden kann. Offenkundig wäre es möglich, dass auf der Welt nur ein einziges rotes Ding existiert. Würde jetzt jemand einwenden, dass in diesem Fall das rote Ding immer noch eine Vielzahl unterscheidbarer Einzelteile hat, die selbst rot sind, so dass eine derartige Welt gerade nicht möglich wäre, so ist dem zu entgegnen, dass selbst wenn man die unendliche Teilbarkeit eines konkreten Einzeldings annimmt – bereits an sich eine fragwürdige These –, doch zumindest im Falle von Farben eine minimale Ausdehnung des sie exemplifizierenden Dinges vorliegen muss. Also kann man sehr wohl eine Welt annehmen, in

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denen das in Frage stehende Einzelding noch genau über diese minimale Ausdehnung verfügt. Nun steht ein solcher roter Gegenstand aber in keiner Beziehung der genauen Gleichheit. Ein simpler Verweis auf das Vorhandensein roter Gegenstände in anderen möglichen Welten scheint die Sachlage genau verkehrt herum aufzufassen: Der Grund für die Ähnlichkeit des Dings mit anderen nur möglichen Gegenständen, wenn sie denn wirklich wären, ist seine rote Farbe, nicht umgekehrt. Ein weiterer Einwand gegen einen Ähnlichkeits-RN wurde durch Bertrand Russell, Edmund Husserl und andere bekannt gemacht.9 Demnach führt ein Ähnlichkeits-RN in einen vitiösen Beziehungsregress.10 Angenommen, wir fügen Sokrates und Platon einen dritten, diesen genau ähnelnden Flecken namens Aristoteles hinzu. Ein Ähnlichkeits-RN behauptet, dass die rote Färbung sich aus einer bestimmten genauen GleichheitsBeziehung heraus erklärt, in der diese drei Dinge zueinander stehen. Dies scheint nun gleichermaßen eine Beziehungsart und eine durch beide Relata vielfach exemplifizierte, einheitliche Beziehung zu sein. Damit stellt sie eine Universalie dar. Um diese Schlussfolgerung zu verhindern, könnte 9

B. Russell: The Problems of Philosophy (Oxford: Oxford University Press, 1959), 96-97; Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. I, 205-206. 10 Armstrong behauptet, dass der Gegenstandsregress hier nicht erfolgreich ist; siehe Universals & Scientific Realism, 53-54. Der Realist könnte damit argumentieren, dass für die Aussage „a ist F genau dann, wenn a einem bestimmten Muster ähnelt“ entweder ein Muster vorliegen muss, dass F simpliciter entspricht (was uns entweder auf die Akzeptanz von Eigenschaften festlegt oder eine Reduktion des ÄhnlichkeitsRN auf eine seiner anderen Formen notwendig macht) oder die Einführung eines weiteren Musters zur Sicherstellung des ersten erforderlich macht, und so weiter ins Unendliche. Nach Armstrong funktioniert dieses Argument nicht gegen den RN, da dieser die Elemente des angenommenen Regresses in einen Kreislauf überführen könnte, so dass etwa die erste Menge an F-Mustern ihre F-heit einer zweiten Menge verdankt und umgekehrt. Jedoch ist diese Antwort aus folgendem Grund falsch: Während eine normale Behandlung der genauen Gleichheit diese Beziehung als symmetrisch ansieht, muss sie innerhalb des Ähnlichkeits-RN in einem bedeutsamen Sinn als asymmetrisch angenommen werden, damit sie ihre Funktion erfüllen kann. Andere Einzeldinge sind allein „kraft eines Musters“ F bzw. (wie Armstrong sich ausdrückt) durch das Muster auf F „festgelegt“. Damit ist eine metaphysische Abhängigkeit ausgedrückt, die einen per se-Regress bildet, der vitiös ist, da eine derartige metaphysische Abhängigkeit transitiv ist, so dass also wenn a kraft einer Beziehung R zu b F ist und b kraft einer Beziehung R zu a ebenfalls F ist, schlussendlich a dank einer Beziehung R zu sich selbst F ist. Am Ende läuft es darauf hinaus, a dessen F-Sein entweder als Form von „Selbstverursachung“ anzurechnen – was unmöglich ist – oder es als primitive Tatsache über a zu behandeln, was dann aber dem Ähnlichkeits-RN widersprechen würde.

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man behaupten, es lägen drei unterschiedliche Beziehungen der genauen Gleichheit zwischen jedem Paar vor, jedoch stehen dann immer noch diese drei Beziehungen zueinander in einer bestimmten Beziehung der genauen Gleichheit, und so weiter ins Unendliche. Eine solche Lösung wirkt nicht allein sehr unökonomisch, sondern führt gleichzeitig zu immer neuen Arten von Beziehungen auf jeder Stufe, was den Regress vitiös macht. Der Verfechter des RN kann hierauf nicht einfach erwidern, dass die auf jeder Ebene der Analyse vorgefundene Beziehungsform lediglich eine Ansammlung von Einzelbeziehungen darstellt, da dies den Befund verkürzt: Bestenfalls kann davon gesprochen werden, dass die jeweilige Ansammlung der Einzelbeziehungen eine neue Beziehungsart bildet, so dass auf jeder Stufe immer auch eine Beziehungsart Bestandteil der Analyse ist. Der einzig wirksame Weg, den Regress zu verhindern stellt die Annahme wenigstens einer Universalie dar – die Beziehung der genauen Ähnlichkeit. Einige Philosophen, darunter die Realisten Loux und Butchvarov, betrachten diesen Regress zwar ebenfalls als unökonomisch, aber nicht als vitiös.11 Um die dahinter stehende Position noch besser zu verstehen, betrachte man das unten abgebildete Diagramm, in dem verschiedene Indexe unterschiedliche Seinsebenen symbolisieren, in denen eine Entität existiert und innerhalb der Hierarchie Beziehungen bildet, während ein anderer Index Entitäten markiert, die innerhalb einer Seinsstufe zueinander in Bezug stehen (Abb. 2.1)

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Siehe Loux, Substance and Atrribute, 45-47; Buchvarov, Being Qua Being, 196-199. Vgl. auch R.I. Aaron: The Theory of Universals (Oxford: Clarendon Press, 1967), 156.

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Loux und Butchvarov behaupten, dass der Regress epistemisch/erklärend sei.12 Der Vertreter des radikalen Nominalismus kann demnach mithilfe seines Ansatzes eine Erklärung der Tatsache geben, weshalb alle drei Flekken rot erscheinen, indem er hervorhebt, dass sie alle auf Stufe 1 in einem genauen Gleichheits-Verhältnis (GG) zueinander stehen. Falls gefordert, kann er fortfahren, die Ähnlichkeit dieser Beziehungen untereinander mithilfe von GG-Verhältnissen auf Stufe 2 zu erklären, und so weiter. Zwei Merkmale stechen in dieser Behauptung besonders hervor. Wie Buchvarov zum einen bemerkt, ist dieser Regress lediglich potentiell und keinesfalls faktisch unendlich. Weiterhin wird auf jeder Stufe 12

Auch Butchvarov analysiert den Regress als einen ontologischen, meint jedoch, dass selbst derart verstanden der Regress nicht mehr vitiös ausfällt, da er nur potentiell infinit ist (er selbst vergleicht ihn explizit mit der „infiniten Teilbarkeit des Raumes“, die nur als potentiell infinit gilt). Siehe Being Qua Being, 196-197. Hierfür bleibt er nicht allein jede Rechtfertigung schuldig, sondern lässt auch die Möglichkeit unberücksichtigt, den Regress dann epistemisch für unsere Zwecke umzudeuten.

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innerhalb der Hierarchie die korrekte Beschreibung der infrage stehenden Entität als vollständig aufgefasst, so dass sie ohne Verweis auf die nächsthöhere Stufe auskommt. Dies wird häufig auch ganz allgemein für Beziehungsregresse angenommen. Wenn x mittels y erklärt wird, dann kann x seinem Inhalt nach mit oder ohne y bestehen. Dies lässt sich anhand der Tatsache erkennen, dass x selbst nicht betroffen wäre, wenn statt y einfach y' als Erklärung herangezogen würde. Dies lässt sich so ausdrücken, dass die Notwendigkeit von y von der Beschreibung des x als einer bestehenden Bezugsgröße abhängt. Allgemeiner ausgedrückt verläuft in Erklärungsregressen die Reihenfolge der Abhängigkeit der einzelnen Erklärungsstufen von niedrigen zu höheren Ebenen. Eine bestimmte Erklärung muss als Bezugsgröße zunächst akzeptiert werden, bevor eine weitergehende Erklärung eingefordert werden kann, die wiederum ihrerseits angenommen werden muss, um der Forderung nach weiteren Erklärungen Raum zu geben und so fort. Zudem kann y selbst dann als Erklärung für x dienen, wenn keine Erklärung für y vorliegt. Wenn wir eine solche Erklärung mittels z ausfindig machen, behandeln wir y als neue Bezugsgröße, die unverändert fortbesteht, gleichgültig ob z oder z' als Erklärung fungiert. Zur weiteren Illustration betrachte man die Analogie einer Personenkette, die sich eine Schreibmaschine ausleiht. Ob diese Kette als vitiös einzustufen ist oder nicht, hängt von der Art der korrekten Erklärung ab, die man für die Entitäten auf den einzelnen Stufen dieser Kette annimmt. Nehmen wir an, dass a zu b geht, um sich eine Schreibmaschine auszuleihen. b gibt nach und gibt an, genau über das richtige Gerät zu verfügen. Auf die Nachfrage, wie er (b) an diese Schreibmaschine gekommen ist, gibt er zur Antwort, sie von c entliehen zu haben, der sie wiederum bei d ausgeliehen hat, der eine für b bereithält. Vorgeblich kann die jeweilige Entität auf jeder Stufe innerhalb der Kette als „Besitzer einer Schreibmaschine, die er an einen anderen verleihen kann“ beschrieben werden. Daher soll ein solcher Regress angeblich nicht vitiös sein und eben derselbe Sachverhalt auch im Falle des Ähnlichkeits-Regresses gelten. Gelingt es diesem Argument nun erfolgreich, die Behauptung, der Ähnlichkeits-Regress sei vitiös, zurückzuweisen? – Meiner Ansicht nach nein. Erstens ist der oben in der Abbildung wiedergegebene Regress ontologischer und nicht epistemischer Natur. Schließlich existieren die drei Flecken, sie stehen im beschriebenen, erststufigen GG-Verhältnis zueinander, ebenso wie diese Beziehungen selbst und ihre höherstufigen Brüder. Es geht hier also nicht wie oben behauptet um rein „potentielle“ Elemente.

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Entweder ist der beschriebene Regress wirklich und endlich oder wirklich und unendlich. Offenkundig ist ersteres falsch, da sich dann auf einer bestimmten Stufe die GG-Beziehungen nicht mehr ähneln dürften, was absurd ist, oder sie bei allen dieselbe sein müssten, was wiederum das Vorkommen einer Universalie einräumt. Mithin ist der Regress wirklich und unendlich. Zweitens müssen die auf der jeweiligen Stufe notwendigen Entitäten tatsächlich existieren und mit sich selbst identisch sein, um ihre ontologische Funktion erfüllen zu können. Beispielsweise ist es bei Vorhandensein der drei Flecken notwendig, dass sie zueinander genau gleich sind, damit sie die im Beispiel angegebenen Bedingungen erfüllen. Es gibt also keine mögliche Welt, in der sie zwar existieren, jedoch untereinander nicht genau gleich sind. Daher muss die genaue Gleichheit gegenüber den anderen beiden Flecken stets Teil einer den jeweiligen Flecken umfassenden Beschreibung sein, was innerhalb des Erklärungsrahmens von RN wiederum einen Bezug zu den erststufigen GG-Beziehungen notwendig macht. „Aristoteles ist rot“ wäre daher nur eine unvollständige Beschreibung; angemessener ist „Aristoteles ist ein roter Fleck, der von seinem Wesen her in einem GGVerhältnis zu Platon und Sokrates steht“. Derselbe Punkt kann für die erststufigen GG-Beziehungen gemacht werden: Auch sie müssen existieren, damit die drei Flecken überhaupt existieren können, deren Wesen ihre Beziehung der genauen Gleichheit umfasst. Dies ist Teil der Bedeutung für die Charakterisierung von GG als interner Beziehung. Zudem müssen die einstufigen GG-Beziehungen auch mit sich selbst identisch sein, um existieren zu können, und ein Teil ihrer Natur besteht in der genauen Gleichheit, die sie untereinander aufweisen; demnach (gemäß des Ähnlichkeits-RN) stehen sie selbst zueinander in einem noch höherstufigeren GG-Verhältnis. Daher kann auf jeder Stufe davon gesprochen werden, dass die jeweilige Entität in einem Bestandteil ihres Wesens von einer weiteren Entität der nächsthöheren Stufe abhängig ist. Zurück zum Gleichnis mit der Schreibmaschine: Die Beschreibung „Besitzer einer Schreibmaschine, die er an einen anderen verleihen kann“ ist unvollständig; angemessener wäre die Beschreibung „Besitzer einer Schreibmaschine, die er an einen anderen verleihen kann, der sie zunächst von jemand anderen ausleihen muss“. Auf jeder Stufe sind die Personen als Verleiher davon abhängig, selbst Leiher eines anderen zu sein; und das heißt mit Blick auf das Wesen dieser Reihe nicht anderes, als dass jede Stufe der Beschreibung ohne einen Bezug zur nächsthöheren Stufe unvoll-

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ständig bleibt. Nach dieser Deutung stellt sich das Schreibmaschinen-Gleichnis und damit auch der Ähnlichkeits-Regress als vitiös heraus: − Entitäten jeder Stufe innerhalb der Hierarchie erweisen sich als unselbstständig und benötigen eine Verbindung zu Entitäten der nächsten Stufe, um angemessen beschrieben werden zu können, d.h. das für die Selbstidentität der Entität Notwendige einzufangen; − die Abhängigkeit zwischen den einzelnen Mitglieder in der Hierarchie ist transitiv und verläuft von den höheren hin zu den niedrigeren Stufen der Hierarchie, nicht umgekehrt; − eine ontologische Durchquerung der Abhängigkeitshierarchie stellt einen per se-Regress dar und erfordert den Durchlauf einer aktualen Unendlichkeit analog zum Durchzählen von –ℵ0 bis zu 0. Daher scheint ein solcher Regress vitiös zu sein und der Ähnlichkeits-RN verworfen werden zu müssen. Abstrakte Referenz Die meisten unter uns würden die folgenden Sätze als wahr annehmen: (2) Notwendigerweise ähnelt rot mehr orange als blau. (3) Notwendigerweise ist rot eine Farbe. Der Realist verfügt über eine einfache Erklärung, die Wahrheit dieser beiden Sätze zu erklären: (2a) Notwendigerweise ähnelt die Röte mehr dem Orangesein als der Blauheit. (3a) Notwendigerweise ist die Röte eine Farbe. Der Realist behauptet, dass die Ausdrücke „die Röte“, „das Orangesein“ und „die Blauheit“ abstrakte singuläre Ausdrücke sind, die sich auf die eine oder andere Weise auf eine einzelne, abstrakte Universalie beziehen, eben der Röte, dem Orangesein oder der Blauheit. Die meisten Realisten erklären die Modalität von (2) und (3) mithilfe der de re-Notwendigkeit der internen Beziehungen zwischen und unter den jeweiligen Universalien, die selbst als notwendig gedeutet werden. Der Realist fordert den radikalen Nominalisten sodann dazu auf, hier alternative Erklärungsansätze für die

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Wahrheit von (2) und (3) vorzulegen. Vonseiten des RN wurden vier verschiedene Strategien vorgelegt, dieser Herausforderung zu begegnen. Die erste und am wenigsten plausible besteht darin zuzugestehen, dass die in Frage stehenden Ausdrücke tatsächlich singulärer Natur sind, sich aber nicht auf Universalien beziehen, sondern auf entsprechende Mengen. Aus (2) wird so: (2b) Notwendigerweise ähnelt die Menge aller und nur der roten Dinge der Menge aller und nur der orangenen Dinge mehr als der entsprechenden Menge der blauen Dinge. Hier erscheint offenkundig, das (2b) gegenüber (2) einfach das Subjekt des Satzes austauscht. Wenn Mengen existieren, könnten sie anderen Mengen darin ähneln, dass sie Mengen sind, abstrakt sind, die gleiche Anzahl an Mitgliedern aufweisen usw. Aber Mengen können nicht irgendwie farbig sein, und eine Menge kann nicht heller sein als eine andere, oder ähnlicher in ihrer Farbe. Daher kann (2b) zu (2) nicht äquivalent sein. In Erwiderung könnte der RN wie folgt antworten: (2b') Notwendigerweise ist die Menge aller und nur der roten Dinge und die Menge aller und nur der orangenen Dinge beide in mehr natürlichen Mengen Mitglied als die Mengen aller und nur der roten Dinge und die Menge aller und nur der blauen Dinge. Der Satz (2b) scheiterte daran, dass hier Eigenschaften durch Mengen ersetzt wurden, dabei aber die Ähnlichkeit zwischen ihnen unangetastet blieb. Satz (2b') ist demgegenüber konsistenter, er ersetzt gleichfalls Eigenschaften durch Mengen, noch dazu deren Ähnlichkeit durch ihre Mitgliedschaft in anderen Mengen. Aber auch dieses Manöver scheitert. Denn zum einen handelt (2), wie (2a) deutlich zum Ausdruck bringt, von Farben und der Weise, wie sie einander ähneln, und dies ist einfach nicht dasselbe wie Mitgliedschaft in verschiedenen Mengen. Also selbst wenn (2) und (2b') materiell äquivalent sein sollten, fangen sie nicht denselben Sachverhalt ein. Außerdem krankt der in (2b') eingeführte Begriff der natürlichen Klasse an Problemen, die wir bereits oben im Rahmen unserer Besprechung des Klassen-RN aufgeworfen haben. Drittens stelle man sich eine mögliche Welt vor, in denen alle roten und blauen Dinge auch dieselbe Form und Größe, denselben Geschmack und dasselbe Gewicht aufweisen, wohingegen die orangenen Dinge abseits

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ihrer Farbe keine Eigenschaften vorweisen können, in denen sie den roten oder blauen Dingen ähneln. In dieser Welt wären die Menge aller und nur der roten Dinge sowie aller und nur der blauen Dinge in mehr natürlichen Mengen gemeinsam Mitglied als die Menge aller und nur der roten Dinge sowie aller und nur der orangenen Dinge; dennoch würde Rotsein dem Blausein nicht mehr ähneln als den Orangesein. Hierauf könnte erwidert werden, dass dieser Einwand bei Einbeziehung aller in allem möglichen Welten vorhandenen Mengen fehlgeht; aber das stimmt so nicht. Das Problem besteht darin, dass konkrete Einzeldinge in einer Weise komplex sind, in der dies von Eigenschaften nicht gesagt werden kann. Daher ähneln erstere einander in einer größeren Zahl an Hinsichten als ihre damit verknüpften Eigenschaften. So ist es schwierig festzustellen, in wie vielen natürlichen Klassen eine Menge bestimmter Einzeldinge durch alle möglichen Welten hindurch gemeinsam Mitglied ist, wohingegen es überhaupt kein Problem darstellt anzugeben, dass rot orange mehr ähnelt als blau. Indem sie Mengen als den Bezugspunkt abstrakter singulärer Ausdrücke annimmt, identifiziert die erste Strategie des radikalen Nominalismus zu Unrecht Eigenschaften mit Klassen, denn notwendig zusammen exemplifizierte Eigenschaften (Dreieckig-Sein und Dreiseitig-Sein) oder nicht exemplifizierbare Eigenschaften (ein rechteckiger Kreis sein oder von rotem Geschmack sein) sind nicht miteinander identisch, selbst wenn dies auf die Klassen, in denen sie Mitglied sind, zutreffen sollte. Eine zweite vom RN angewandte Strategie ist die sogenannte exploded object-Theorie. Auf (3) angewendet, entsteht folgender Satz: (3b) Notwendigerweise ist ein zerplatzter Gegenstand, der aus allen und nur roten Dingen besteht, eine farbiges Ding. Funktioniert diese Formulierung? - Meiner Ansicht nach scheitert sie aus wenigstens zwei Gründen. Selbst wenn man zum einen zugesteht, dass sie in den Fällen erfolgreich sein kann, in denen der zerplatzte Gegenstand die Eigenschaft aller seiner Teile aufweist (wie es im Beispiel möglich scheint), so sind damit noch nicht Eigenschaften abgedeckt, für die das nicht gilt. Man nehme etwa an, der zerplatzte Gegenstand würde aus allen und nur aus Menschen bestehen. Dann wäre der folgende Satz (3b') wahr: (3b') Notwendigerweise ist die Menschheit eine Art von Substanz. Gleiches gilt jedoch nicht für die Paraphrase (3b'') nach der exploded ob-

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ject-Theorie: (3b'') Notwendigerweise ist ein zerplatzter Gegenstand, der aus allen und nur Menschen besteht, ein menschliches Ding. Smith und Jones sind gewiss menschliche Dinge, jedoch nicht ein von ihnen gebildeter zerplatzter Gegenstand. Weiterhin erdenke man sich einen weit verstreuten Ort L aller roten Dinge. Hier ist alles Rote bei L verortbar, jedoch ist die Röte nicht der Ort L. Auch ist alles Rote notwendigerweise ausgedehnt, irgendwie geformt und irgendwo lokalisierbar, ohne dass es notwendigerweise wahr wäre, dass die Röte ausgedehnt, geformt und lokalisierbar ist. Die dritte von RN vorgebrachte Strategie verwendet eine Reduktions-Paraphrase, in der ein abstrakter singulärer Ausdruck (beispielsweise Dreieckigkeit) durch einen von den radikalen Nominalisten so bezeichneten konkreten generellen Ausdruck (beispielweise Dreieckig-Sein) ersetzt wird, der nach Aussage der radikalen Nominalisten ein Hilfsmittel darstellt, sich auf die Vielzahl an konkreten Einzeldingen zu beziehen, die den Ausdruck erfüllen. Daher bezieht sich ein abstrakter singulärer Ausdruck tatsächlich auf eine Vielzahl von Einzeldingen und keine einzelne Eigenschaft. So wird Satz (2) nun wie folgt formuliert: (2c) Notwendigerweise ähnelt alles Rötliche mehr allem OrangeSeienden als allem Blau-Seienden. Jedoch ist (2c) nicht äquivalent zu (2). Denn es könnte sein, dass einige rote Dinge einigen blauen Dingen eher ähneln als den orangenen Dingen, denn Gegenstände können sich abseits ihrer Farbe in vielerlei Hinsicht ähneln. In Erwiderung darauf könnte (2c) wie folgt ersetzt werden: (2c') Notwendigerweise farb-ähnelt alles Rote mehr allem OrangeSeienden als allem Blau-Seienden. Allerdings wurden auch gegen (2c') zwei Kritikpunkte vorgebracht. Zum einen scheint „farb-ähnelt“ ein mehr oder weniger zusammengeschustertes Prädikat im Stile von „annehmen-das-die-Katze-auf-der-Matte-sitzt“ zu sein, und damit nicht wirklich ein Primitives: „Farb-ähneln“ kann nicht für sich stehen. Eine ganze Bandbreite an Formen, Gerüchen und anderen Qualitäten kann sich wie rot, orange und blau untereinander ähneln. Wenn

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aber (2c') korrekt ist, würde jeder dieser drei Fälle von Ähnlichkeit ein neues primitives Prädikat benötigen. Es scheint jedoch offenkundig zu sein, dass wir hier ein gemeinsames Muster erkennen können, das allen Fällen zugrunde liegt. Dies erst erlaubt es uns, für neu auftretende Fälle auch neue Ähnlichkeitsprädikate zu bilden – eine Fähigkeit, die am besten damit erklärt werden kann, dass das allen Prädikaten Gemeinsame die Ähnlichkeit ist, wohingegen die Hinsicht derselben das jeweils neu Hinzutretende daran ausmacht. Demnach besteht die beste Deutung des Prädikats „farb-ähneln“ darin, es für wahr zu halten, wenn x y farb-ähnelt; was der Auffassung des Realisten entspricht, dass x und y sich in ihrer Farbe ähneln. Man stelle sich weiterhin eine mögliche Welt vor, in der die folgenden drei Paare ko-extensiv sind: „rot“ und „dreieckig“, „orange“ und „süß“, „blau“ und „rechteckig“. In einer solchen Welt farb-ähnelt alles Dreieckige dem Süßen mehr als dem Rechteckigen. Dennoch ähnelt Dreieckigkeit deswegen der Süße nicht mehr als der Reckteckigkeit. Es steckt einfach mehr in „Röte ähnelt dem Orangenen mehr als dem Blauen“ als (2c') einfangen kann. Daher ist es nicht gleichwertig mit Formulierung (2). Ein letztes Argument gegen diese reduktive Strategie der Paraphrase wurde von Edmund Husserl vorgebracht.13 Dessen wesentliche Pointe besteht in der Aussage, dass wir uns Universalien in anderen mentalen Akten bewusst werden als individuellen Dingen. Infolgedessen lässt sich die ideale Einheit der ersteren nicht auf die zerstreute Vielheit der letzteren zurückführen: Diese Akte habe ihre je unterschiedlichen intentionalen Gegenstände, wie sich aus drei Merkmalen derselben ersehen lässt. Zunächst ergibt sich beim mentalen Bezug auf eine Gruppe roter Dinge (wahrgenommen entweder auf einen Blick oder nacheinander, wobei sie miteinander verglichen werden) eine implizite Anerkennung von Vielheit und ein vergleichender Akt: Man bemerkt gewisse Gleichheiten. Wenn man sich jedoch auf die Universalie der Röte bezieht, liegt darin keinerlei Vielheit; auch besteht keine Notwendigkeit eines Vergleichs. Wir beziehen uns hier auf eine einzelne Entität, die der Röte, in ihrer wahrgenommenen Einheit. Von daher sind beide Akte wesentlich voneinander unterschieden, da ihre Gegenstände verschieden ausfallen. Zum zweiten sind niemandem alle roten Dinge auf einmal zugänglich. Wenn also Röte lediglich die Totalität aller roten Dinge darstellt, kann man mehr und mehr von ihr lernen, je mehr rote Dinge man erblickt. Wendet man sich jedoch der Universalie der Röte zu, kann man darüber alles 13

Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. II, Kapitel 1, Paragraphen 1-4.

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wissen, da sie sich einem als Ganzes vorstellt. Es bleibt nichts Wesentliches außen vor, das man nur über die Betrachtung und den Vergleich von weiteren roten Dingen erfahren könnte. Schlussendlich stellt sich bei einem Konzept von Röte als einer Vielheit die Frage, was die Vereinheitlichung der diversen Einzeldinge sicherstellen soll. Im Falle von Röte als intentionalem Objekt unserer Betrachtung bleibt eine solche Frage hingegen aus. Aus diesen drei Gründen muss der Versuch einer reduktiven Paraphrase nach Husserl scheitern. Die vierte vom RN vewandte Strategie ist metalinguistischer Natur und wurde am nachdrücklichsten von Wilfrid Sellars vertreten.14 Danach sind Sätze mit abstrakt bezugnehmenden Einheiten metalinguistisch, sie referieren nicht auf nonlinguistische Gegenstände (also etwa Mengen, geborstene Gegenstände, Eigenschaften, Vielheiten konkreter Einzeldinge), sondern stellen nicht offen zutage liegende Methoden dar, Aussagen über diejenigen Wörter abzugeben, mit denen wir uns über nonlinguistische Gegenstände unterhalten. Um dies noch zu vertiefen, unterscheide man einen abstrakten singulären Ausdruck, der sich auf den ersten Blick auf einen einzelnen abstrakten Gegenstand zu beziehen scheint, von einem konkret-allgemeinen Ausdruck, der nach Meinung der radikalen Nominalisten einen Weg darstellt, sich auf die konkreten Einzeldinge zu beziehen, die den jeweiligen Ausdruck erfüllen. Beispiele hierfür wären etwa „Weisheit“/ „weise“, „dreiekkig“/ „Dreieck“, „Menschheit“/ „Mensch“. Als ersten Annäherung können wir die metalinguistische Sichtweise so verstehen, dass Sätze mit abstrakten singulären Ausdrücken Aussagen über die damit korrespondierenden allgemeinen Ausdrücke treffen. So wird etwa (4) Weisheit ist eine Tugend. auf (4a) „Weise“ ist ein Tugendprädikat. zurückgeführt. Bis hierhin ist der untersuchte metalinguistische Ansatz noch unzureichend entwickelt und für mindestens zwei Kritikpunkte offen. Zum einen fällt auch er dem Gegenstands- und Beziehungsregress zum 14

W. Sellars: „Abstract Entities“. In: Review of Metaphysics XVI (1963), 627671. Meine eigene Erörterung von Sellars ist stark angelehnt an Loux, Substance and Attribute, 77-87. Vgl. Loux, Metaphysics, 69-79.

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Opfer. Das metalinguistische, für (4) gebildete Analyseergebnis (4a) beinhaltet ausdrücklich einen Worttyp („weise“) und impliziert, dass verschiedene Gegenstände (Moses, Aristoteles) und Prädikatsvorkommen von „weise“ in die Erfüllt-von-Beziehung (Ist-wahr-von-Beziehung, etc.) mit eingehen. In der uns bereits vertrauten Weise lassen sich nun die beiden vitiösen Regresse bilden. Zum anderen behauptet diese Analyse von (4), dass sie eine Aussage über das deutsche Wort „weise“ trifft – oder seine Einzelvorkommen. Wenn aber ein Sprecher einer anderen Sprache das Äquivalent zu (4a) äußert, spricht er offenkundig nicht über das deutsche Wort „weise“. Demnach sind die in einer fremden Sprache vorgetragenen Übersetzungen alle vollständig verschieden, sowohl untereinander als auch von (4a), was aber nicht möglich ist, insofern sie korrekte Übertragungen von (4) darstellen. Sellars hat in Reaktion darauf eine elaboriertere Variante des metalinguistischen Ansatzes entwickelt, die seiner Auffassung nach die vorangegangenen Schwierigkeiten umgeht. Gegenüber dem ersten Problem betont er, dass abstrakte singuläre Ausdrücke (im Beispiel: „Weisheit“) zwar durch ihre damit verknüpften allgemeinen Ausdrücke ersetzt werden können („weise“), diese jedoch wiederum als gleichwertig mit dem Ausdruck „das Wort '______'“ verstanden werden sollten, also etwa „das Wort 'weise'“. Solche Ausdrücke haben, wie er andeutet, distributiv-singulären Charakter. Sie sollen dem Empfänger anzeigen, dass eine Aussage über die verschiedenen, individuellen Vorkommnisse des jeweiligen Wortes getroffen werden soll. Danach ist (4) weder eine Aussage zur Weisheit noch eine Behauptung über die Wortart „weise“; stattdessen kann es als allgemeine Aussage über die jeweiligen Wortvorkommnisse und Aufdrucke der Wortart verstanden werden, also gewissermaßen den „weises“. Sellars gibt auch an, einen Ausweg aus der zweiten Schwierigkeit gefunden zu haben. Statt einer sprachgebundenen Analyse der abstrakten Referenz vorzulegen behauptet er, dass eine angemessene Analyse die Anerkennung linguistischer Ausdrücke erfordert, die über verschiedene Sprachen hinweg funktionell äquivalent bleiben; Beispiele hierfür wären Ausdrücke wie „Mensch“, „man“, „homme“, „hombre“, die denselben linguistischen Regeln folgen, bei uns dieselben Reaktionen im Verhalten in bestimmten Wahrnehmungssituationen zeigen, denselben Schlussregeln folgen, etc. Sellars verwendet eine spezielle Form der Zitation – die PunktZitation – um diese krosslingualen Gemeinsamkeiten markieren zu können. So ist etwa der in Punkt-Zitation gefasste Ausdruck „·T·“ ein metalinguistisch gemeinschaftliches Nomen, welches für alle Einzelfälle von

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funktionell äquivalenten linguistischen Ausdrücken in unterschiedlichen Sprachen wahr ist. Damit wird aus (4a) (4b) ·Weise· ist ein Tugendprädikat. oder genauer (4c) ·Weise· s (d.h. alle Vorkommen von ·weise·) sind Tugendprädikate. Wie sollen wir Sellars' Konzeption der abstrakten Referenz bewerten? Zunächst kann festgestellt werden, dass sich in (4c) das Satzsubjekt verändert hat, da es in (4) auf den ersten Blick über bestimmte Gegenstände in der Welt und ihre Merkmale ging. Satz (4) kann einfach über die Betrachtung der fraglichen Entitäten als wahr verifiziert werden, wohingegen (4c) von einer Vielzahl linguistischer Entitäten und Praktiken handelt. Satz (4) wäre auch in einer Welt ohne Sprache verwendende Wesen wahr, nicht so (4c); und auf die in Reaktion dazu vorgenommene Einführung von möglichen Prädikaten seitens des radikalen Nominalisten wird der Realist erwidern, dass (4) hierfür die Grundlage bietet, nicht aber umgekehrt ihr angebliches Vorhandensein die Bildung dieses Satzes ermöglicht. Weiterhin erscheinen Husserls oben erörterte Argumente auch gegenüber Sellars' Position anwendbar. Schließlich ist (4) notwendigerweise wahr, während dies auf (4c) nicht zutrifft. Es gibt keine bestimmte Menge an funktionell äquivalenten Prädikat-Vorkommen über Weisheit, und tatsächlich ist es vorstellbar, dass unsere Sprache überhaupt keine Prädikate für Weisheit entwickelt hätte. Wenn hiergegen erwidert würde, dass wir uns in diesem Fall schlicht nicht mit Ausdrücken beschäftigen müssten, die funktional äquivalent zum deutschen „weise“ wären, wird der Realist die Bedingungen für eine funktionale Äquivalenz von „weise“ einfordern. Die richtige Antwort muss nach Meinung des Realisten darin bestehen, dass Prädikate sich innerhalb einer Sprache dazu entwickeln, dieselbe Eigenschaft auszudrücken bzw. sich auf sie zu beziehen – oder eben auch nicht. Diese Antwort aber steht dem RN nicht zur Verfügung; stattdessen könnte er ein bestimmtes linguistisches Muster als Grundlage der funktionale Äquivalenz angeben, was das Problem jedoch zunächst einmal nur neu benennt: Denn der Realist wird sofort kontern, dass die Gleichheit des linguistischen Musters in den fraglichen Fällen sich letzten Endes über die Gleichheit der jeweiligen Eigen-

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schaften begründen lässt. Diese Einsicht führt uns zu weiteren Schwierigkeiten. So führt Sellars' Theorie zu einem vitiösen Gegenstands- und Beziehungsregress. Nach ihm sind punktzitierte Ausdrücke wahr von allen Vorkommen der verschiedenen, funktional äquivalenten Ausdrücken in den unterschiedlichen Sprachen. In gewohnter Weise lassen sich die punktquotierten Ausdrücke und Sellars' Begriff des Ausdrucks „das Wort '____'“ als Arten identifizieren, so dass ein Gegenstandsregress in Gang kommt. Weiterhin scheinen die unterschiedlichen linguistischen Vorkommen eines punktzitierten Ausdrucks und ihr damit verknüpftes, konkretes Einzelding in einer bestimmten Beziehung zu stehen, nämlich der Wahrheits- oder ErfüllungsBeziehung, so dass in Folge ein Beziehungsregress droht. In Erwiderung darauf könnte Sellars bestreiten, dass es sich bei den punktquotierten Ausdrücken seiner Analyse um Wortarten handelt, und sie stattdessen einfach als distributive singuläre Ausdrücke charakterisieren, die sich auf unterschiedliche, individuelle Vorkommen der jeweiligen Wörter beziehen. Aber welcher Vorkommen genau? – Offenkundig solche mit derselben linguistischen Funktion. So finden wir wiederum einen allgemeine Art innerhalb der Analyse. Man darf vermuten, dass jedweder Versuch, „dieselbe linguistische Funktion“ auf distributive Ausdrücke über unterschiedliche Vorkommnisse linguistischen Verhaltens zurückzuführen, mit denselben Problemen konfrontiert würde: müssten sich diese doch wiederum einer bestimmten Art zurechnen lassen, um mit sich selbst identisch zu bleiben. Selbst wenn man schließlich zugesteht, dass Sellars' Ansatz für Sätze mit abstrakten singulären Ausdrücken wie (5) Weisheit ist eine Eigenschaft. funktioniert, bestehen jedoch bei Sätzen, die definite Kennzeichnungen enthalten, um auf Eigenschaften Bezug zu nehmen, immer noch Schwierigkeiten. Man nehme etwa (6) Das Aristoteles am häufigsten zugerechnete Merkmal ist eine Eigenschaft. Auf den ersten Blick nimmt (6) ebensosehr Bezug auf die Eigenschaft der Weisheit, wie „Weisheit“ in (4). Wie würde Sellars' Ansatz (6) paraphrasieren? Eine Möglichkeit wäre

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(6a) ·Das Aristoteles am häufigsten zugerechnete Merkmal· ist eine Eigenschaft. Satz (6a) ist parallel konstruiert wie (4c) oben. Jedoch ist (6a) falsch, da ·das Aristoteles am häufigsten zugerechnete Merkmal· eine Nominalphrase und kein Adjektiv ist und in (6a) die Rolle des grammatikalischen Subjekts einnimmt. Sellars könnte erwidern, dass ·das Aristoteles am häufigsten zugerechnete Merkmal· einfach ein Ersatz für „·weise·“ ist; und dass dies eine Methode ist, über ·weise· zu sprechen, dasjenige Merkmal, welches Aristoteles am häufigsten zugesprochen wird und selbst ein distributiver singulärer Ausdruck für linguistische Vorkommnisse darstellt, die äquivalent zu dem deutschen „weise“ sind und gemeinhin als Adjektive beschrieben werden. Demnach lässt sich (6b) als korrekte Lesart von (6) etablieren: (6b) Der allgemeine, am häufigsten Aristoteles zugeschriebene Ausdruck weise ist ein Adjektiv. Aber auch (6b) ist kein Äquivalent zu (6), da beide Sätze unterschiedliche Wahrheitsbedingungen haben. So könnte Satz (6) wahr und (6b) gleichzeitig falsch sein, wenn in einer möglichen Welt Weisheit zwar die Aristoteles am häufigsten zugesprochene Eigenschaft ist, jedoch die unterschiedlichen, linguistisch äquivalenten Formulierungen des Adjektivs „weise“ nicht die dafür am häufigsten gebrauchten Ausdrücke sind, da die Menschen in dieser Welt viel lieber definite Kennzeichnungen als abstrakte singuläre Ausdrücke verwenden, um sich auf Weisheit zu beziehen. Sellars könnte nun behaupten, dass jede Verwendung einer definiten Kennzeichnung, die sich als funktional äquivalent zu einem abstrakten singulären Ausdruck erweist, mit diesem identisch ist. Diese Aussage scheint aber einfach falsch zu sein; zumindest als linguistische Ausdrücke oder Äußerungen sind sie durchaus verschiedene Dinge. Zudem können abstrakte singuläre Ausdrücke wohl zu den rigiden Designatoren gerechnet werden, die sich stets gleichbleibend auf ihre jeweiligen Gegenstände beziehen, wohingegen definite Kennzeichnungen nonrigide Designatoren darstellen, die sich auf alles mögliche beziehen können, das sie gerade erfüllt. Somit besteht kein Grund anzunehmen, dass etwa „Weisheit“ und „der Aristoteles am häufigsten zugesprochene allgemeine Ausdruck“ koextensiv ausfallen oder gar in jeder oder durch alle möglichen Welten hindurch miteinander identisch sind – außer natürlich, man setzte die Identität

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des Referenten (etwa: der Eigenschaft, weise zu sein) in allen möglichen Welten in versteckter Weise bereits voraus, um das gewünschte Ergebnis sicherzustellen. Am Ende fehlt es also einer Aussage, die einen abstrakten singulären Ausdruck und eine damit verknüpfte definite Kennzeichnung als miteinander identisch oder gar materiell äquivalent behauptet, an einer angemessenen Rechtfertigung. Daher scheint auch diese metalinguistische Strategie ebenso wie die vorherigen daran zu scheitern, RN eine überzeugende Analyse der abstrakten Referenz und der damit verknüpften extralinguistischen Sachverhalte zu bieten. Zusammenfassung Die Argumente gegen den radikalen Nominalismus, wie sie in ihren Grundzügen in diesem Kapitel vorgestellt wurden, erscheinen vielen Philosophen plausibel, so dass der RN in der Geschichte der UniversalienDebatte weithin umstritten blieb. Dies sollte auch nicht weiter verwundern: Wenn man sich Sokrates einmal für einen Moment betrachtet, sollte schnell klar werden, dass seine Röte, Rundheit, Größe und die anderen seiner Merkmale weder untereinander noch zu Sokrates identisch sind – und dennoch wirkliche Merkmale, also Eigenschaften, von ihm darstellen. Heißt das nun aber bereits, dass der Realismus im Recht ist? – Keinesfalls, stellt doch der gemäßigte Nominalismus einen Versuch dar, die Existenz von Eigenschaften zuzugestehen, ohne dabei Universalien annehmen zu müssen. Er wird im folgenden Kapitel unsere Aufmerksamkeit beanspruchen.

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Kapitel 3

Gemäßigter Nominalismus und Eigenschaften

I

m zweiten Kapitel wurden Gründe für die These vorgelegt, dass der radikale Nominalismus eine unzureichende Theorie über Eigenschaften vorlegt. Aber selbst wenn dies stimmen sollte, wäre die Schlussfolgerung, Eigenschaften seien Universalien, noch verfrüht, da der gemäßigte Nominalismus – also die Ansicht, dass Eigenschaften als abstrakte Einzeldinge existieren – immer noch ungeschlagen im Feld steht. Demnach verfügen Sokrates und Platon über ihre je eigene Röte, rot1 und rot2, die individualisierbare Eigenschaften darstellen. Die drei bekanntesten gemäßigten Nominalisten dieses Jahrhunderts waren G.F. Stout, D.C. Williams und Keith Campell. Anstatt wie im letzten Kapitel die Behandlung der Phänomene der Prädikation, Ähnlichkeit und abstrakten Referenz durch den gemäßigten Nominalismus zu untersuchen, ist es zweckmäßiger, ihn mit Hilfe seiner wichtigsten Vertreter vorzustellen und zu bewerten. Stouts gemäßigten Nominalismus möchte ich nur relativ kurz behandeln, da er trotz seiner Wichtigkeit und Originalität nicht besonders einflussreich war, wenigstens nicht aufgrund der ihm eigentümlichen Merkmale. Williams' gemäßigter Nominalismus wurde von Keith Campell übernommen und zu einer besonders einleuchtenden Variante ausgebaut, was ihn zum wohl verständlichsten Vertreter des gemäßigten Nominalismus macht. Ich werde Williams' Ansichten nicht direkt benennen, sondern sie lediglich dort ausführen, wo sie bestehende Unklarheiten in Campells Nominalismus klären helfen. So soll im Folgenden nach der Betrachtung von Stouts Nominalismus eine detaillierte Erörterung von seiner Position vorgenommen werden. Dabei werden sich einmal mehr Fragestellungen zur Prädikation, Ähnlichkeit und abstrakten Referenz als zentral erweisen. Der gemäßigte Nominalismus Stouts G.F. Stouts Theorie über Eigenschaften stellt das Gegenstück des gemäßigten Nominalismus zur Klassen-Variante von RN dar – wobei die Mitglieder der Klassen Stouts natürlich keine konkreten Einzeldinge sind, sondern ab-

strakte.1 Folgt man Stout, ist die „Universalie“ der Röte nicht eine einzelne, unteilbare Qualität, die in jedem roten Ding nummerisch identisch vorliegt. Stattdessen stellt er sie sich als Klasse abstrakter Einzeldinge vor, verstanden als einfache Entitäten, die nur an einem bestimmten Punkt im Raum zu einem gegebenen Zeitpunkt auftreten können. Unter „einfach“ versteht Stout hier „grundlegend“ oder auch „nicht-komplex“. Ein abstraktes Einzelding ist nicht als Verknüpfung von weiteren, noch grundlegenderen Entitäten beschreibbar. Es stellt vielleicht das definierende Moment des gemäßigten Nominalismus dar, dass er die einzelnen Vorkommnisse einer Eigenschaften als einfache Entitäten begreift. Dies wird uns später noch klarer werden, wenn wir Campbells Begriff der Trope näher betrachten. Für den Moment gibt uns Stouts Behauptung von der Einfachheit der abstrakten Einzeldinge die passende Gelegenheit, eine weitere wichtige Feststellung zu treffen: Insoweit der Realist in seiner Ontologie neben Universalien und konkreten Einzeldingen auch Einzelvorkommen einer Eigenschaft zulässt, muss er sie als komplexe Entitäten charakterisieren, um den Vorwurf zu entgehen, seine Position sei eigentlich die eines gemäßigten Nominalisten. Zurück zu Stout: Jedes abstrakte Einzelding der Klasse „Röte“ ähnelt ganz genau jedem anderen Einzelding derselben Klasse und sonst nichts, so wie umgekehrt nicht außerhalb der Klasse eine genaue Ähnlichkeit zu einem Ding innerhalb dieser Klasse aufweist. Daher lässt sich Röte als eine Klasse abstrakter Einzeldinge beschreiben, den kleinen Rots gewissermaßen, die zueinander in der Beziehung der genauen Ähnlichkeit stehen. Zwei wichtige Dinge sollten hier beachtet werden: Zum einen sind die Mitglieder der Klasse „Röte“ keine roten Dinge wie Bälle oder Lutscher, sondern abstrakte Einzeldinge – eben Rots. Zum zweiten betont Stout, dass die Einheit der Klasse der Rots nicht über ihre genaue Ähnlichkeit zueinander erklärt werden kann. Stattdessen wird sie in einem weiteren fundamentum relationis begründet, ihrer distributiven Einheit,2 was wie folgt erläutert werden kann: Eine Beziehung zwischen zwei Entitäten wird als komplexe Einheit interpretiert, in der beide Entitäten und die zwischen ihnen stehende Beziehung miteinander verknüpft werden. Man betrachte beispielsweise zwei konkete Einzeldinge a und b, die zueinander in der Beziehung darüber und darunter stehen. Gemäß dieser Ansicht setzt dieser Sachverhalt eine räumliche Verknüpfung voraus, in der a und b gemeinsam 1

Stout, „Are the Characteristics of Particular Things Universal or Particular?“; Stout, „The Nature of Universals“; Stout, „Universals Again“. 2 Siehe O'Connor, „Stout's Theory of Universals“.

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existieren. Diese räumliche Verknüpfung bildet eine komplexe Einheit und stellt das fundamentum relationis der räumlichen Beziehung darüber und darunter dar. Ebenso stellt im Falle von sich ähnelnden, abstrakten Einzeldingen die hier bestehende komplexe Einheit, welche das fundamentum relations dieser Ähnlichkeit bildet, die distributive Einheit der Klasse sicher. Ähnlich wie beim Klassen-RN wird diese distributive Einheit als nicht weiter analysierbar angesehen. Weiterhin stehen abstrakte Nomen wie „Röte“ nach Stout nicht für singuläre Ausdrücke, sondern allgemeine. „Röte“ bezieht sich distributiv auf eine Klasse von Rots, die sich untereinander genau gleichen. Diese Ähnlichkeit wiederum wird mit der distributiven Einheit der Klasse erklärt.3 Hier soll auf eine detaillierte Kritik von Stouts gemäßigtem Nominalismus verzichtet werden. Zum einen befindet er sich in einer Anzahl von Bereichen mit Keith Campbell und D.C. Williams in Übereinstimmung, denen sich der Großteil des Kapitels in Form einer eingehenden Erörterung von Campbells gemäßigten Nominalismus widmen wird. Zum zweiten ist es aber auch gar nicht notwendig, derart detailliert vorzugehen, insbesondere was die eigenständigen Merkmale von Stouts Position angeht, wie etwa seine Ansicht der distribuitiven Einheit einer Klasse. Denn es findet sich niemand, der in letzter Zeit diese Ansicht vertreten hat. Selbst zu Stouts Zeiten haben sich Philosophen, die sich ihm in allen anderen Punkten angeschlossen haben, doch in dieser Fragestellung von ihm distanziert.4 Natürlich ist die Tatsache einer mangelnden Gefolgschaft für sich betrachtet keinesfalls hinreichend, eine bestimmte Ansicht auszuschließen; jedoch macht dies eine Position zunehmend uninteressant, sofern sie nicht selbst starke Gründe für sich anzugeben weiß – was hier nicht der Fall ist: Stout begnügt sich in diesem Punkt mit der Zurückweisung der Vorstellung, die Einheit einer Klasse abstrakter Einzeldinge ließe sich über die Beziehung der genauen Ähnlichkeit begründen, und fährt dann fort, seine eigene Position zu bekräftigen. Bevor wir uns jedoch Campbells gemäßigten Nominalismus zuwenden, möchte ich noch auf drei weitere Punkte hinweisen. Erstens verfügt die distributive Einheit einer Klasse für Stout gleichermaßen über eine Intension wie Extension. In dieser Hinsicht ist kaum zu erkennen, wie sich Stouts Position von derjenigen des Realisten unterscheidet. Stout scheint 3

Stout verwendet die Ausdrücke „Klasse“ oder „Art“ als miteinander austauschbar; beide Worte bezeichnen das, was ich mit Menge/Klasse meine, aber nicht mit Art. 4 Vgl. Jones, „Characters and Resemblance“, 552.

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zu implizieren, dass die distributive Einheit, die Intension oder auch das Wesen der Universalie etwas ist, über das jedes Mitglied der Klasse verfügt. Zumindest hier ist Stout nicht so deutlich, wie man es sich wünschen würde. Zweitens ist Armstrong zuzustimmen, wenn er schreibt, dass „The notion of a distributive unity seems to be a restatement of Stouts problem rather than a solution to it. It is a way of saying that the members of certain classes of particulars are many, but at the same time one, while failing to express what that oneness is.“5

Armstrong scheint hier richtig zu liegen. Stouts „Lösung“ ist wenig mehr als eine bloße Reformulierung des Problems. Drittens ist Stouts Position annähernd identisch mit Campbells Ansatz, wenigstens in dem Sinn, dass die überzeugendsten Gesichtspunkte von Stouts gemäßigten Nominalismus auch Teil von Campbells Ontologie sind. Der gemäßigte Nominalismus Keith Campbells Die zurzeit am besten ausgearbeitete Fassung des gemäßigten Nominalismus stellt der Tropen-Nominalismus von Keith Campbell dar.6 Campells Nominalismus hat sich über die Jahre weiter entwickelt, so dass es möglich ist, eine frühere von einer späteren Phase seines Denkens zu unterscheiden. Dies im Hinterkopf behaltend werden wir zunächst die frühe Fassung seines gemäßigten Nominalismus beschreiben und anschließend kritisieren. Dies erlaubt es uns, diejenigen Merkmale seiner frühen Ontologie auszumachen, die er selbst als reparaturbedürftig ansah. Wir beschließen den Abschnitt sodann mit einer Bewertung seiner späteren, ausgereifteren Variante des gemäßigten Nominalismus. Campbells gemäßigter Nominalismus in seiner frühen Fassung Folgt man dem frühen Campbell, so kann ein Satz wie „Sokrates ist rot“ wie folgt analysiert werden: Die einfache Trope (dies ist Campbells Ausdruck für ein abstraktes Einzelding) rot1 ist Mitglied der ÄhnlichkeitsMenge „Röte“ und gleichzeitig Teil eines Ganzen, Sokrates, der wiederum aus einem Bündel zeitgleich bestehender Tropen besteht.7 Eine solche Ana5

Armstrong, Nominalism and Realism, 84. Vgl. Campbell, Abstract Particulars. 7 Vgl. Campbell, „Abstract Particulars“; Campbell, „The Metaphysics of Abstract Particulars“; Campbell, Metaphysics: An Introduction, 206-219. 6

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lyse enthält mindestens vier Schlüsselelemente, die für Campbells frühere Position bestimmend waren: Die Natur einer Trope, das Wesen einer „Universalie“, die Beziehung zwischen einer Trope und ihrer „Universalie“, und die Beziehung zwischen einer Trope und dem konkreten Einzelding, dem sie zukommt. In Campbells früheren Schriften wurde eine Trope als abstraktes Einzelding beschrieben. Unter „Einzelding“ versteht Campbell eine Entität, die sich in einer einzelnen Ausgestaltung erschöpft; unter „abstrakt“ fasst Campbell eine Einheit, die dem Geist über den mentalen Akt der Abstraktion verfügbar wird, d.i. ein Akt, in dem der Geist seine Konzentration auf einiges, aber nicht alles vor ihm Liegende lenkt. Auf diese Weise folgt Campbell dem gemäßigten Nominalisten darin, „abstrakt“ als einen epistemischen und nicht ontologischen Begriff zu betrachten. Beispiele für Tropen sind etwa ein bestimmter, nummerisch singulärer Geschmack eines Lutschers, oder seine konkrete Farbe, seine bestimmte Form, und so weiter. Weiterhin betrachtet Campbell Tropen als grundlegende, primitive Entitäten. Er schreibt dazu: „It embraces no variety at all“.8 Und weiter: „They are infimae species, taken as particulars“.9 An anderer Stelle heißt es dann: „They are in Hume's sense substances, and indeed resemble his impressions, conceived realistically rather than idealistcally“.10 Gemäß dieser Ansicht stellt sich eine Trope, vorgestellt als elementares Einzelding, als einfach, fundamental und unabhängig dar. „Einfach“ meint dabei, dass sie aus keinen weiteren wirklichen Teilen besteht (also Dingen, die sich vom Ganzen faktisch und nicht nur imaginativ trennen lassen). Der Begriff des Fundamental-Seins lässt sich wie folgt erläutern: Entität A ist in Bezug auf Entität B fundamental, wenn Bs Existenz von A abhängig ist, jedoch dasselbe umgekehrt nicht gilt. Schließlich meint „unabhängig“, dass eine Entität unabhängig für sich besteht und also auch das einzige Ding im Universum sein könnte. Tropen (wenigstens nichtemergente) sind daher elementare Einzeldinge. Konkrete Einzeldinge wie Sokrates sind erst aus ihnen abgeleitet, und dass Tropen normalerweise gruppiert als konkretes Einzelding auftreten ist nur eine kontingente Tatsache. Eine weiteres wichtiges Merkmal bei der Erörterung von Tropen ist gemäß Campbells früherer Sichtweise die zentrale Rolle, die dabei dem Raum (oder der Raumzeit) zukommt. Zunächst schließt das Vorkommen 8 9 10

Campbell, Metaphysics: An Introduction, 213. Campbell, „Abstract Particulars“, 141 Ebd., 130

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einer Trope an einem bestimmten Ort nicht die Existenz weiterer Tropen an demselben Ort aus. Tatsächlich ist ein konkretes Einzelding ja nichts anderes als eine Aggregation zeitgleich an einem Ort existierender Tropen. Zweites existiert eine Trope stets an einem bestimmten Ort; sie ist gewissermaßen eine ortsgebundene Qualität. Campbell betont allerdings, dass das keineswegs heißt, dass eine Trope aus zwei verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt ist, nämlich ihrer qualitativen Natur (die eine Universalie ist) einerseits und ihrem jeweiligen Ort (der spezifisch ist) andererseits. Eine ortsgebundene Qualität sei vielmehr ein einzelnes, bestimmtes Stück Wirklichkeit. Dies wird durch die hervorgehobene Stellung der geometrischen Kennzahlen einer Entität (ihre Form und ihr Volumen) noch deutlicher: Beide stellen für Campbell insofern besondere Arten von Tropen dar, als ihr Vorhandensein in einer bestimmten Ansammlung gleichzeitig bestehender Tropen nicht kontingent ist. Denn Tropen können außerhalb eines in bestimmter Weise geformten Rauminhalts nicht existieren; mithin sind sie notwendigerweise örtlich begrenzt. Wo auch immer sie sind, sind sie als irgendwie geformter Rauminhalt. Auf der anderen Seite argumentiert Campbell, dass Form und Größe nicht für sich bestehen, sondern weitere Charakteristika hinzutreten müssen. So ist geformter Rauminhalt für normale Tropen sowohl wesentlich als auch gleichzeitig unzureichend. Da Form und Größe einer Trope mit ihrer Farbe untrennbar verbunden sind, sind erstere von letzterer nicht wirklich verschieden. Für Campbell scheinen untrennbare Entitäten miteinander identisch zu sein; sie unterscheiden sich nur im Verstand (wenn A und B sich einzig im Verstand unterscheiden, ist A mit B identisch). Anders ausgedrückt: Der Ort (d.i. der verortete, geformte Rauminhalt) und die qualitative Natur einer Trope sind miteinander identisch und unterschieden sich nur in der Art und Weise, wie über sie gesprochen oder nachgedacht werden kann. So weit zu den Tropen selbst. Nach Campbell ist das Verhältnis zwischen Sokrates und „seinen“ Tropen eine Teil/Ganzes-Beziehung. Jede Trope ist Bestandteil eines Bündels gleichzeitig bestehender Tropen, die zusammen Sokrates bilden. Daher wird die Prädikationsrelation in Campbells Nominalismus auf eine bestimmte Art der Teil/Ganzes-Beziehung zurückgeführt. Die „Universalie“ der Röte ist lediglich eine Menge sich einander genau ähnelnder Tropen, etwa rot1 in Sokrates, rot2 in Platon usw. Auf diese Weise scheint Campbells gemäßigter Nominalismus das natürliche Gegenstück zum Änlichkeits-RN zu bilden. In Campbells früheren Schriften

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gestaltet sich die Beziehung zwischen der einzelnen Tropen und ihrer entsprechenden „Universalie“ einfach als das ∈ der Mitgliedschaft in einer Menge. Wenn wir jetzt aber versuchen, die Beziehung der genauen Gleichheit zu analysieren, die zwischen oder unter den Tropen einer Menge besteht, liegen die Dinge schon anders. Tatsächlich stellt die Behandlung der Ähnlichkeit bei Campbell ganz klar die größte Schwachstelle seiner Variante des gemäßigten Nominalismus dar. Allerdings erfordert der begrenzte Raum die Beschränkung auf einige allgemeine Beobachtungen, die für unsere derzeitige Diskussion besonders relevant sind.11 Es ist jedenfalls offenkundig, dass die Einheit einer Menge von Tropen in der Beziehung der genauen Gleichheit begründet liegt, einer Relation, die wie die Identitätsbeziehung symmetrisch, transitiv und wohl auch reflexiv ausfällt. Andererseits bleibt unklar, ob Campbell diese Beziehung in seinen frühere Anmerkungen zur genauen Gleichheit als intern oder extern auffasst. Er scheint hier zwischen zwei Ansichten hin- und herzupendeln. Zur Verdeutlichung rufe man sich die zwei Dinge in Erinnerungen, die gewöhnlich bei internen Beziehungen als wahr angenommen werden. Zum einen gilt, dass eine Beziehung R zwischen a und b, die hinsichtlich a intern ist, all dasjenige, was nicht in der Beziehung R zu b steht, als nichtidentisch mit a auszeichnet. Zum zweiten sind interne Beziehungen nicht primitiv, sondern aus dem Wesen der durch sie verbundenen Entitäten abgeleitet. Wie Gustav Bergmann schreibt: „The ontological ground of an internal connection lies wholly „in“ the two or more entities it connects. More precisely, it lies in their natures. The notion is so crucial that I reword it. The ontological ground of an internal connection is the natures of the entities it connects and nothing else. Still differently, an internal connection has no ontological ground of its own.“12 11

Für eine detaillierte Kritik von Campbells Begriff der genauen Gleichheit, siehe J.P. Moreland: Universals, Qualities, and Quality-Instances (Lanham, Md.: University Press of America, 1985), 8-11, 41-45, 109-133. Es ist möglich, genaue Gleichheit als identisch mit der gesamten Menge sich genau ähnelnder Tropen zu definieren, oder unterschiedliche „Arten“ von Beziehungen genauer Gleichheit mit unterschiedlichen Mengen sich genau ähnelnder Tropen zu identifizieren (z.B. roter Tropen, süßer Tropen), oder, drittens, die genaue Gleichheit als genuin relationale Entität zu betrachten, die entweder eine zweiteilige oder n-teilige Beziehung wiedergibt, die zwischen n Tropen besteht. Ich werde hier nur die zweiteilige Variante näher untersuchen, da einiges dafür spricht, dass Campbell diese Ansicht zuzuschreiben ist. Zudem erscheint sie mir auch als die plausibelste. 12 Bergmann, Realism, 54.

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Kürzlich hat D.M. Armstrong eine interne Beziehung als durch das Wesen der miteinander verbundenen Ausdrücke determiniert definiert.13 Armstrong fährt fort, seine Definition zu erläutern und schreibt, dass zwei gegebene, durch eine interne Beziehung verbundene Entitäten a und b in keiner möglichen Welt unverändert sein können, ohne dass die Beziehung zwischen ihnen nicht ebenfalls auftritt – was auch kein Wunder ist, wenn sich solche Beziehungen aus dem Wesen der miteinander verbundenen Entitäten ableiten lassen bzw. darin begründet liegen.14 Da interne Beziehungen mittels der grundlegenderen metaphysischen Naturen der durch sie aufeinander bezogenen Entitäten ontologisch begründet werden, sind diese lediglich abgeleitet und nicht primitiv. Nun formt Campbell seine Variante des gemäßigten Nominalismus explizit nach einer von D.C. Williams vorgebrachten Form. Williams nahm seinerseits offenkundig an, dass die Beziehung der genauen Gleichheit zwischen zwei Tropen interner Natur ist.15 Weiterhin schreibt Campbell: „Can't we ask about two white tropes, no less than about two white things, what it is that gives them their resemblance? Perhaps we can answer legitimately just that they resemble each other because of what they are like, or because of their character or nature. Perhaps if we quantify over tropes we will have a cause to quantify over universals as well. But I for one have no confidence either way.”16

An dieser Stelle weist Campbell die internalistische Sichtweise zumindest nicht offenkundig zurück. Dennoch sollte eine solche Deutung aus dreierlei Gründen abgelehnt werden. Erstens greift Campbell in der gerade zitierten Passage die Tatsache auf, dass die Behandlung der genauen Gleichheit als einer internen Beziehung es äußerst schwierig macht, Universalien als Ursache dafür abzulehnen – und Campbells System ist eindeutig als Alternative zu einem Realismus über Eigenschaften gedacht. Zweitens schreibt Campbell an anderer Stelle explizit, dass die Beziehung der genauen Gleichheit unanalysierbar und primitiv ist, eine einfache Tatsache, und das kann nur heißen, dass er die Beziehung als externe ansieht.17 Schließlich meint Campbell zwar, dass selbst ein Anti-Naturalist den gemäßigten No13

Armstrong, Universals and Scientific Realism, Bd. 2, 172. Armstrong, Universals, 43-44, 55, 100. 15 Siehe Williams, „Elements of Being: I“; Williams „Elements of Being II“; Williams, „Necessary Facts“. 16 Campbell, Metaphysics: An Introduction, 216-217. 17 Campbell, „The Metaphysics of Abstract Particulars“, 484. 14

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minalismus akzeptieren könnte (etwa indem er die Existenz von mentalen Tropen anerkennt), allerdings möchte er den gemäßigten Nominalismus erkennbar auf eine Weise vertreten, welche die Existenz von Qualitäten innerhalb der Grenzen einer naturalistischen Haltung erklären kann. Und wie D.M. Armstrong hervorgehoben hat, sollten selbstreflexive, um Konsistenz bemühte Naturalisten es tunlichst vermeiden, interne Beziehungen als wirkliche Entitäten aufzufassen.18 Ich möchte hier nicht Armstrong verteidigen, auch wenn ich denke, dass er richtig liegt. Stattdessen mag es ausreichend sein zu sagen, dass Campbell, der seine Theorie als Ausdruck eines Naturalismus versteht, es bei Anerkennung der These Armstrongs vermeiden sollte, die Beziehung der genauen Gleichheit als intern zu klassifizieren. Zudem ist eine wohlwollende Deutung seiner diesbezüglichen Aussagen möglich, die genau zu diesem Ergebnis kommt. Bevor wir die Diskussion um die korrekte Fassung genauer Gleichheit verlassen, sollte noch hervorgehoben werden, dass Campbell gegenwärtig die genaue Gleichheit als interne Beziehung begreift.19 Hier ist wichtig zu erkennen, dass Campbells vorheriges Durcheinander in dieser Frage, sein Positionswechsel und die Probleme seiner jetzigen Behandlung der genauen Gleichheit in einer Spannung wurzeln, die für den gemäßigten Nominalismus endemisch ist: (Elementare) Tropen sollen einfache Entitäten sein – spezifizierte Wesenheiten – und die Differenzierung zwischen Wesen und Ort (oder geformten Rauminhalt) oder Natur und Besonderheit einer Trope lediglich eine Unterscheidung des Verstandes. Wenn jemand also über die Tatsache nachdenkt, dass zwei rote Tropen rot sind, ist es einfach einzusehen, wie ihre Ähnlichkeit in ihrer Farbe begründet werden könnte. Jedoch stellt sich diese Versuchung erst gar nicht ein, wenn wir uns 18

D.M. Armstrong ist einer der wenigen Naturalisten, der diesen Punkt einsieht und anerkennt. Siehe hierzu „Can A Naturalist Believe in Universals?“, in: Science in Reflection, E. Ullmann-Margalit (Hg.) (Boston, Mass.: Kluwer Academic Publishers, 1988), 111-112; Armstrong, A Theory of Universals (Cambridge: Cambridge University Press, 1978), 84-88. Es lassen sich wesentlich zwei Gründe anführen, weshalb Naturalisten interne Beziehungen entweder eliminieren oder auf etwas anderes zurückführen müssen: Zum einen setzen derartige Beziehungen bestimmte Entitäten voraus (etwa Wesenheiten, nicht-raumzeitliche Qualitätsfolgen wie Farben, logische Syllogismen, die als abstrakte Gegenstände betrachtet werden) oder eine Form des Holismus (etwa, dass lebende Dinge aristotelische Substanzen sind und nicht strukturierte Systeme voneinander trennbarer Bestandteile, die zueinander in externen Beziehungen stehen), die sich nur sehr schwierig mit einem Naturalismus vereinbaren lassen. Zum zweiten ist es schwierig, sie räumlich und zeitlich zu bestimmen. 19 Campbell, Abstract Particulars, 37, 38, 59-60.

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zwei einander ähnlich erscheinende Tropen als lediglich irgendwo verortete Entitäten (oder Einzeldinge) vorstellen. Die Beziehung der Gleichheit zwischen dem „Wesen“ zweier roter Tropen ist interner Natur, während sich die Beziehung zwischen dem Ort oder der Besonderheit beider Tropen extern klassifizieren lässt. Wie aber ist das möglich, wenn Wesen und Besonderheit einer Trope sich einzig im Verstand unterscheiden und also miteinander identisch sind? – Diese Spannung muss hier nicht weiter verfolgt werden, es genügt die Feststellung, dass Campbells Verwendung des Begriffs der Vestandesunterscheidung seine Ansichten an dieser Stelle verdunkelt und inkonsistent erscheinen lässt. Diese Anmerkungen nehmen Bezug auf den Begriff der Verstandesunterscheidung, der zusammen mit anderen Unterscheidungen für das Verständnis der Probleme des gemäßigten Nominalismus entscheidend sind. Daher mag es hilfreich sein, sich drei wichtige Unterscheidungen des ersten Kapitels erneut vorzunehmen. Die erste davon ist die Unterscheidung in der Wirklichkeit. Sie behandelt die Tatsache, dass zwei Entitäten A und B (etwa mein Stuhl und mein Schreibtisch) nicht miteinander identisch sind und unabhängig und getrennt voneinander existieren können. Die zweite wichtige Unterscheidung betrifft den Verstand. Diese Unterscheidung ist allein geistiger Natur und berührt nicht die Verschiedenheit der Entitäten, wie sie für sich bestehen, sondern allein ihre Unterscheidung im Geist. Sie lässt sich noch weiter unterteilen: Da ist zunächst die Unterscheidung des nachdenkenden Verstandes (distinctio rationis ratiocinantis). Für sie findet sich keinerlei Grundlage in der Wirklichkeit, sie entsteht alleine aus dem zeitlich geformten Prozess des Denkens heraus, wenn wir etwa Peter von sich selbst unterscheiden, indem wir uns in dem Satz „Peter ist Peter“ zweifach auf ihn beziehen. Davon unterscheiden lässt sich weiterhin die Unterscheidung des durchdenkenden Verstandes (distinctio rationis ratiocinatae). Sie ergibt sich aus einem unzulänglichen Begriff, den der Verstand von seinem Gegenstand hat. Geht man etwa davon aus, dass Gott eine einfache Entität ist, wäre eine im Geiste stattfindende Unterscheidung zwischen Gottes Gnade und Gerechtigkeit ein Beispiel einer solchen Unterscheidung. Entscheidend für eine bloße Unterscheidungen des Verstandes ist, dass eine derart getroffen Differenz zwischen A und B in der Wirklichkeit nicht besteht, sondern sie miteinander identisch sind. Es gibt noch eine dritte Unterscheidung, die ontologisch zwischen den beiden ersten liegt. Sie liegt wie die erste vor jeder formenden Aktivität des Verstandes, erweist sich aber als nicht so bedeutend wie eine wirkliche Unterscheidung zwischen zwei getrennten Entitäten. Die sogenannte

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modale Unterscheidung tritt zwischen eine Entität und ihres Modus. Ein Beispiel wäre die Unterscheidung der Eigenschaft der Quantität von ihrem Vorkommen innerhalb einer bestimmten Substanz. Ein Modus ist eine abhängige, untrennbare, genuin unterscheidbare Entität von demjenigen, dessen Modus sie darstellt. Wenn zwischen zwei Entitäten A und B eine modale Unterscheidung möglich ist (wobei B der Modus von A sei), dann sind sie nicht miteinander identisch und doch in folgender Weise untrennbar verbunden: A kann ohne B bestehen, aber nicht umgekehrt. Dies beachtend sind wir in der Lage, drei Ungereimtheiten zu verstehen, die sich für Campbells früher geteilte Ansicht problematisch erweisen. Tatsächlich erkannte Campbell diese Umgereimtheiten in Kritiken seines frühen Nominalismus selbst an und gestand ein, dass sie seine Position entscheidend treffen.20 Man betrachte ein konkretes Einzelding, etwa einen Apfel. Die Geschmacks- und Farbtrope dieses Apfels sind wie seine übrigen Tropen an einem Ort, da er ja nichts anderes als ein Bündel gleichzeitig bestehender Tropen ist. Nun unterscheidet sich das Wesen der Geschmackstrope vom Ort/dem geformten Rauminhalt des Apfels lediglich über eine Unterscheidung des Verstandes. Gleiches gilt für die Farbtrope und die übrigen Tropen. Dann aber ist der Geschmack eines Apfels mit seinem Ort und all den anderen Tropen identisch. Durch die Transitivität der Identitätsbeziehung sind alle Tropen des Apfels untereinander identisch, so dass der Apfel auf seinen bloßen Ort reduziert wird. Kurz gefasst werden konkrete wie abstrakte Einzeldinge zu bloßen Primitiven erklärt, was inkohärent ist. Das ist die erste Umgereimtheit. Zum Verständnis der zweiten Ungereimtheit denke man sich zwei gleichzeitig bestehende Tropenbündel, A und B. Bündel A beinhaltet eine rote Trope und eine am selben Ort bestehende Geschmackstrope. Bündel B besteht aus einer blauen Trope und einer Geschmackstrope aus genau der gleichen Menge wie die Geschmackstrope von A. Die konkreten Einzeldinge A und B haben also eine unterschiedliche Farbe, aber „denselben“ Geschmack. Nun existiert die rote Trope von A in einer Menge mit anderen roten Tropen, die ihr genau gleichen. Da As „Röte“ mit seinem Ort/seinem geformten Rauminhalt identisch ist (sie unterscheiden sich lediglich mittels einer Unterscheidung des Verstandes) und das Wesen von As Geschmack20

Vgl. Moreland, Universals, Qualities, and Quality-Instances, 71-74; J.P. Moreland: „Keith Campbell and the Trope View of Predication“. In: Australasian Journal of Philosophy 67 (Dezember 1989): 379-393. Für Campbells Zugeständnis zur Überzeugungskraft dieser Ungereimtheiten siehe Campbell, Abstract Particulars, 6566.

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strope ebenfalls mit diesem Ort identisch ist, muss As rote Trope über die Transitivität der Identitätsbeziehung mit As Geschmackstrope identisch sein. Das gleiche gilt nun für Bs Geschmackstrope und dessen blauer Trope. Außerdem ist As Geschmackstrope in derselben Gleichheits-Menge wie Bs Geschmackstrope. Das würde aber jetzt bedeuten, dass sich As rote und Bs blaue Trope in derselben Gleichheits-Menge wie die Geschmackstropen wiederfinden. Und da die genaue Gleichheit transitiv ist, wird sich Bs blaue Trope in derselben Gleichheits-Menge aufhalten wie As Röte. Wenn das wahr ist, wird es schwierig, der Vorstellung einer auf Grundlage des Wesens von Tropen gebildeten Gleichheits-Menge noch einen Sinn abzugewinnen. Wenn die Gleichheits-Menge der roten Tropen auch eine blaue Trope enthält, wird der Begriff einer Menge mit genau gleichen roten Tropen inhaltsleer. Die dritte Ungereimtheit ergibt sich wie folgt. Gemäß der frühen Tropentheorie sind Tropen elementare, unabhängige Entitäten. Konkrete Einzeldinge sind demgegenüber daraus abgeleitete Bündel von Tropen. Es ist also eine rein kontingente Sache, dass eine bestimmte Trope in einem gegebenen Bündel auftritt. Sie könnte genauso gut auch in einem anderen Bündel Tropen existieren, oder auch in überhaupt keinen Bündel. Jetzt muss aber eine Trope individuierbar sein, damit sie überhaupt besteht. Nun ist aber der Ort das Prinzip der Individuation, so dass eine Trope nicht einfach an einem anderen Ort existieren und dennoch dieselbe Trope bleiben kann. Dasselbe gilt für alle Tropen an einem gegebenen Ort, die zusammen ein gleichzeitig bestehendes Tropenbündel formen. Dass diese bestimmten Tropen dieses konkrete Einzelding bilden, kann dann aber keine kontingente Tatsache sein, da sie an jedem anderen Ort nicht diese Tropen sein könnten. Es ist also eine Sache der Notwendigkeit, das ein konkretes Einzelding aus den Tropen besteht, aus denen es besteht. Denn das konkrete Einzelding ist ja identisch mit seinem Tropenbündel, und damit auch jeder einzelnen seiner Tropen. Und da ein konkretes Einzelding mit jeder seiner Tropen identisch ist, ist es ebenfalls mit einem bloßen Ort identisch. Es ist wichtig, die unterliegende Gemeinsamkeit all dieser Ungereimtheiten zu erkennen. Die Tropentheorie muss eine elementare Trope als etwas Einfaches kennzeichnen, um zu verhindern, dass deren individuierende und qualitative Rolle nicht in zwei nicht miteinander identische Bestandteile des Vorkommens der Qualität zerfällt, denn dies eben tun die Realisten (so dass etwa rot1 als Individuator über ein bestimmtes Einzelding verfügt [ausgedrückt durch die „1“], die Universalie der Röte, und das sie verbindende Band der Prädikation). Da Tropen also Primitive sind und

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ihr Ort/ihr geformter Rauminhalt mit ihrem Wesen als identisch angesehen wird (sie sind nur über eine Unterscheidung des Verstandes zu trennen), muss der Tropen-Nominalist entweder die 1 entfernen, so dass sich die Röte in der Identität wiederfindet, oder er muss die Röte entfernen, so dass die Identität auf einen bloßen Ort zurückgeführt wird. Im ersten Fall kollabiert der Nominal- in einen Realismus, im zweiten Fall wird er, wie durch die Ungereimtheiten angezeigt, inkohärent.21 Campbells überarbeitete Fassung des gemäßigten Nominalismus Im Lichte dieser und anderer Kritikpunkte hat Campbell seinen TropenNominalismus modifiziert.22 Insbesondere zwei Aspekte seines gegenwärtigen Denkens sind für unser momentanes Anliegen relevant: Seine neue Erörterung von Tropen, insbesondere die Rolle, die er darin dem Ort zuweist; und seine Verdeutlichung bezüglich der Beziehung genauer Gleichheit. Wie es der gemäßigte Nominalismus einzufordern scheint, fährt er fort, eine bestimmte Trope wie rot1 als einfache Entität zu betrachten – also als spezifisches Wesen, das als nicht weiter hintergehbare Tatsache zwei Funktionen erhält: Sie ist in ihrem Wesen zu allen anderen Tropen ihrer Gleicheits-Menge genau gleich und doch gleichzeitig gegenüber allen anderen Tropen auch individuierbar. Eine einfache Trope ist keine Einheit aus einer spezifizierenden Entität und einem Spezifizier. Sie ist ein einzelnes, einfaches Element – mit einem spezifischen Wesen. Campbell ist auch hier nicht vollkommen deutlich in seiner Unterscheidung zwischen dem Wesen und der Besonderheit einer einzelnen Trope.23 Einerseits scheint er immer noch der Auffassung zu sein, dass der Unterschied lediglich in einer Unterscheidung des Verstandes liegt, dass das Wesen und die Besonderheit einer 21

Es ist hierbei wichtig zu erkennen, dass die mit diesen Ungereimtheiten verknüpften Probleme primär nichts mit Campbells Bündeltheorie der Substanz zu tun haben. Würde jemand eine Fassung der traditionellen, aristotelischen Theorie der Substanz vertreten, könnten mit kleineren Abänderungen dieselben Ungereimtheiten Verwendung finden. Hunde werden ebenso individuiert und können sich ebenso ähneln wie Rots. Gemäß Campbells früherer Position, würde auch bei einem Hund dessen Wesen von seinem Ort lediglich durch eine Unterscheidung des Verstandes verschieden sein. An anderer Stelle habe ich die Verknüpfung einer Tropen-Ontologie und einer traditionellen Theorie der Substanz weitergehend kritisiert. Siehe J.P. Moreland: „How to be a Realist in Nominalist Clothing“. In: Grazer Philosophische Studien 39 (Sommer 1991), 75-101. 22 Campbell hat dies vor allem in Abstract Particulars so dargestellt. 23 Campbell, Abstract Particulars, 68-69.

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Trope keine genuine Zweiheit von Entitäten erzeugen, die sie zu einer komplexen Entität werden lassen. Andererseits schreibt er, dass die Unterscheidung zwischen Wesen und Besonderheit einer Trope der formalen Unterscheidung bei Duns Scotus entspricht und sich auf die Stufe der Abstraktion bezieht, von der aus eine Entität untersucht wird (entweder als Einzelding oder als qualitative Natur). Aus zwei Gründen scheint Campbells Erwähnung der formalen Unterscheidung in Wirklichkeit zu einer erneuten Behauptung der Unterscheidung des Verstandes zu führen, nur anders ausgedrückt. Zum einen stuft Suárez in seiner Zusammenfassung die mittelalterliche Debatte um Scotus' formale Unterscheidung zwar als irgendwie verworren und schwer zu durchschauen ein (wie mir scheint ganz zu Recht); dennoch kommt er am Ende mithilfe der von Scotus und seinen Schülern gemachten Anmerkungen zu dem Schluss, dass die formale Unterscheidung sich am Ende als die Unterscheidung des Verstandes entpuppt.24 Zweitens reduziert auch Campbells eigene Verdeutlichung seines Gebrauchs der formalen Unterscheidung diese auf eine Unterscheidung des Verstandes, da sie für ihn nur epistemologischer Natur ist und zwischen der geschiedenen Entität doch die Beziehung der Identität erhalten bleibt. Campbell behauptet zudem, dass eine Trope nicht über ihren Ort individuiert wird. Im Zuge einer Kripke'schen a posteriori-Notwendigkeit sind Tropen zwar an einem bestimmten Ort gebunden, jedoch ist die Verortung einer Trope lediglich eine Quasi-Trope (grob gesagt eine bloße Erscheinung oder Pseudo-Entität, Bestandteil der sinnfälligen Welt – mehr darüber später), die notwendigerweise mit einer Trope verknüpft ist (es ist also kontingent, an welchem Ort eine Trope ist, jedoch nicht, dass sie irgendwo ist): „[L]et us abandon the view that a colour trope is individuated by its place. Take compresence as a more abstract, more formal matter, recognize that a colour trope and a spatial quasi-trope are distinct entities and assay the presence of green at a place as the compresence of a green trope with a place one.“25

Ich fühle mich außerstande zu erkennen, welchen Unterschied Campbell zwischen dem geformten Rauminhalt einer Trope und ihrem Ort ausmacht. Bezüglich des geformten Rauminhalts spricht er aber auch von einer Qua24

F. Suárez: Disputationes Metaphysicae: Disputation VII: On the Various Kinds of Distinctions, 1: 13-15 (übers. v. C. Vollert) (Milwaukee: Marquette University Press, 1947), 24-27. 25 Campbell, Abstract Particulars, 68-69.

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si-Trope, eines bestimmten Abschnitts im Raum, dessen Grenzen über das Vorhandensein der Tropennatur (etwa dessen Farbe) festgelegt wird und nicht mit dem qualitativ angebbaren Inhalt innerhalb des geformten Rauminhalts gleichgesetzt werden darf. So weit also zu Campbells neuer Theorie der Tropen. Wie oben bereits angemerkt, bemüht er sich, darin seinen Begriff der genauen Gleichheit schärfer zu fassen. An den meisten einschlägigen Stellen spricht er von einer internen Beziehung, die über dem Wesen der sich ähnelnden Tropen superveniert und darin begründet liegt.26 Allerdings bestimmt er an anderer Stelle die Beziehung der genauen Gleichheit zwischen zwei Tropen als unhintergehbar, grundlegend und nicht weiter analysierbar.27 Wenigstens zwei Probleme tun sich hier auf. Zum einen fühlt sich Campbell der Vorstellung verpflichtet, dass kausale Wirkkraft ein Kennzeichen allen Seienden ist.28 So bleibt unklar, welchen ontologischen Status supervenierende Entitäten für Campbell haben, da sie scheinbar über keinerlei kausale Wirkkraft verfügen. Wie Jaegwon Kim herausgestellt hat, sind für all diejenigen, die sich diesem metaphyischen Lehrsatz verpflichten, mentale Ereignisse nicht länger Bestandteil ihrer Ontologie, sobald sie diese als kausal impotent ausweisen: „To render mental events causally impotent is as good as banishing them from our ontology.“29 Kims Anmerkung lässt sich auch auf Campbells Behandlung der genauen Gleichheit anwenden, insofern sie als supervenient bestimmt wird. Zudem gesteht Campbell selbst ein, dass superveniente Tatsachen lediglich Pseudo-Zusätze einer Ontologie sind, die keine zusätzliche Art des Seienden bilden.30 Zweitens kann weder von der Beziehung der genauen Gleichheit noch der Tatsache, dass sie besteht, eine weitergehende Analyse gegeben werden, wenn sie als primitiv aufgefasst wird. Wird sie andererseits als intern bestimmt, kann sie nicht primitiv sein. Letzteres gilt zwar nicht in dem Sinn, dass sie dann auf die bloße Identität zurückgeführt werden muss – eine solche Reduktion muss nur von den Realisten angenommen werden, 26

Ebd., 37, 59-60. Ebd., 31, 37-40. 28 Ebd., 67, 150-151, 172. 29 Jaegwon Kim: „Mental Causation and Two Conceptions of Mental Properties“. Unveröffentlichter Vortrag für das American Philosophical Association Eastern Division Meeting, Atlanta, Georgia, 27.-30. Dezember 1993, 22-23. 30 Campbell, Abstract Particulars, 37. Siehe auch Armstrong, Universals, 56, 100. Für Armstrong ist die Supervenienz-Beziehung eine „nicht darüber hinaus“Beziehung. Für ihn heißt das, dass supervenierende Entitäten den sie verwendenden Ontologien keinen ontologischen Zuwachs bescheren. 27

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während es Campbell frei steht, sie zu verneinen – aber zumindest in der Weise, nach der die genaue Gleichheit sich ähnelnder Tropen in deren Wesen begründet liegen soll. Wie gleich noch gezeigt werden wird, ergeben sich schwerwiegende Komplikationen, sobald die Notwendigkeit einer solchen Grundlage zugestanden wird. Zwar weist Campbells gemäßigter Nominalismus noch einige andere interessante Merkmale auf; anstatt diese aber einer detaillierten Untersuchung zu unterziehen, begnügen wir uns damit, die gerade genannten Schwierigkeiten dieser grundlegenden Aspekte von Campbells gemäßigten Nominalismus (und auch jeder anderen Form davon) genauer herauszuarbeiten. Unsere erste Menge von Anmerkungen bezieht sich auf Campbells Behandlung elementarer Tropen, beginnend mit der neuen Funktion, die Campbells überarbeitete Fassung des gemäßigten Nominalismus dem geformten Rauminhalt zuweist, um damit Probleme seiner früheren Position zu umgehen. Zunächst ist festzuhalten, dass Campbell darauf festgelegt ist, Tropen als einfache Entitäten anzusehen, damit sein gemäßigter Nominalismus nicht in einen Realismus übergeht; denn die realistische Sichtweise eines Qualitätsvorkommens behandelt dieses als komplexe Entität, innerhalb der eine Universalie prädikativ an einen Individuator gebunden ist. Und eben an dieser Stelle stößt man bereits auf die wesentlichen Probleme des gemäßigten Nominalismus. Scheinbar fehlt Campbell die Einsicht, dass diese Probleme nicht mit der Funktion des Ortes bzw. des geformten Rauminhalts in seiner Theorie der Tropen zusammenhängen, sondern ihrer Einfachheit. Tatsächlich wird Campbells neue Fassung des Ortes/des geformten Rauminhalts einem Naturalismus noch weniger gerecht als seine frühere Theorie, obgleich er sich stark darum bemüht, seinen Tropen-Nominalismus als attraktive Option einer naturalistischen Ontologie darzustellen. Warum aber ist diese neue Position noch problematischer für den Naturalisten? Zwar ist es äußerst schwierig, eine alle Seiten zufriendenstellende Definition des zeitgenössischen philosophischen Naturalismus zu geben, jedoch verstehen viele darunter die ontologische These, dass das aus physikalischen, d.h. den Naturwissenschaften zugänglichen Entitäten bestehende, raumzeitliche Universum alles umfasst, was es gibt. Campbell stimmt dieser Fassung des Naturalismus zumindest insoweit zu, als auch er alle Entitäten als raumzeitlich betrachtet. In seiner früheren Fassung des gemäßigten Nominalismus war es einfach zu erkennen, weshalb alle Tropen, die innerhalb der raumzeitlichen Welt existierten, als naturalistisch annehmbare Entitäten gelten konnten. Campbells neue Vorstellungen von

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der Funktion des Ortes/des geformten Rauminhalts bringen seine Tropen jedoch dem Bild von traditionellen, abstrakten (und nicht-raumzeitlichen) Entitäten oder auch platonischen abstrakt-vollkommenen Einzeldingen gefährlich nahe: Die einzige Bedingung bleibt, dass sie mittels eines raumzeitlichen Einzeldings exemplifziert werden müssen, um zu existieren. Wie wir in den Kapiteln 4 und 5 noch sehen werden, sind gemäß der traditionellen Ansicht von Eigenschaften als abstrakten Entitäten diese „in“ den sie exemplifizierenden Einzeldingen, befinden sich jedoch nicht am selben Ort wie diese. Auch ist die Art und Weise, in der sich die Eigenschaften „in“ den Einzeldingen befinden, keine räumliche Beziehung. So ist die Röte (nicht-raumzeitlich, sondern prädikativ) in einem Ball, und dieser auf einem Tisch; aber weder die Röte noch deren Exemplifikation sind naturalistisch deutbare, raumzeitliche Eintäten. Es wird weithin angenommen, dass die Exemplifikation einer Universalie durch ein Einzelding selbst in einem Einzelding mündet – dem Sachverhalt nämlich, dass ein Einzelding über eine bestimmte Universalie verfügt. Dies wird als „Sieg der Besonderheit“ bezeichnet. Nun scheint sich in gleicher Weise auch ein Sieg der Raumzeit einzustellen: Wenn ein Ball rot ist, ist er ebenso raumzeitlich verortbar wie der Sachverhalt, der das Rot-Sein durch den Ball zum Inhalt hat. Aber weder die Röte noch ihre Exemplifikation sind raumzeitlich verfasst. Fügt man nun noch die aristotelische Einschränkung hinzu, dass Eigenschaften exemplifiziert werden müssen, um zu existieren, werden transzendentale (d.h. unexemplifizierte und nicht instatiierte) Universalien von vornherein ausgeschlossen. Aber auch dies würde die Exemplifikation oder die exemplifizierten Entitäten nicht in raumzeitliche, naturalistische Entitäten verwandeln – sie wären dann immer noch abstrakte Objekte. Campbells derzeitige Ansichten scheinen diesem Bild nun ziemlich genau zu entsprechen: Das Wesen der Trope ist eine metaphysisch eigenständige Entität, ontologisch früher als ihr Bezug zu der Quasi-Trope, die ihren Ort festlegt, so dass sich ein geformter Rauminhalt bilden kann. Denn ihr Wesen ist weder mit dem Ort identisch, noch geht sie in das Sein des anderen über eine Teil/Ganzes-Beziehung mit ein. Damit ist das Wesen einer Trope selbst nicht räumlich; es empfängt diesen Bezug erst durch die Verbindung zur Quasi-Trope. Auch ist nicht klar, dass die Verbindung selbst räumlich ist, da sie ein Wesen mit einem Ort verknüpft. Wo aber besteht nun noch ein Unterschied zum Sieg des Raumzeitlichen innerhalb der traditionellen Sicht der Realisten? Der einzige Unterschied scheint darin zu bestehen, dass eine Trope nur an einem Ort verkörpert sein kann. Aller-

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dings ist es zum einen sehr schwierig, hierfür noch einen vernünftigen Grund zu finden – als das Wesen einer Trope mit ihrem Ort identisch war, schien das offenkundig, aber da nun die raumzeitliche Position ihrem Sein nicht inhäriert, sondern erst mit diesem verknüpft wird, wirkt die Behauptung, eine solche Verknüpfung könne es nur einmal geben, ziemlich ad hoc. Zum anderen stellt sich die Frage, wie der Naturalist eine solche analytische Ontologie mit seinem Weltbild in Übereinstimmung bringen kann. Und selbst wenn wir zugestehen, dass das Wesen einer Trope nur einmal räumlich mit ihrer Ausgestaltung verknüpft werden kann, scheinen Tropen ganz nach einer Interpretation platonischer Ideen zu vollkommenen Einzeldingen zu werden, die immer noch abstrakte, non-naturalistische Entitäten sind, ebenso wie die Verbindung, die sie nach Platon zu den Einzeldingen der raumzeitlichen Welt in Beziehung setzt. Weiterhin lässt die Einfachheit der Tropen in Campbells weiter entwickelten Fassung des gemäßigten Nominalismus dieselben metaphysischen Schwierigkeiten entstehen, die er selbst für seine frühere Fassung einräumt. Hierzu stelle man sich zwei rote Tropen vor, die qua rote Entitäten in einer internen Beziehung genauer Gleichheit zueinander stehen, die in ihrem Wesen begründet liegt. Aber qua Einzeldinge stehen sie sich auch in einer externen räumlichen Beziehung gegenüber. Nun sind aber Besonderheit und Wesen einer Trope miteinander identisch (sie unterscheiden sich einzig in einer Unterscheidung des Verstandes). Daraus folgt, dass die beiden einfachen Entitäten zugleich in einer internen wie externen Beziehung zueinander stehen – und zwar aufgrund derselben metaphysischen Merkmale. Wie soll das möglich sein? Zusätzlich stehen die Einzeldinge beider Tropen aufgrund der Transitivität der Identität in der internen Beziehung genauer Gleichheit zueinander, während ihre beiden Wesen in externer Weise aufeinander bezogen sind. Auch dies bleibt unverständlich. Zudem ergibt sich für Campbell eine weiteres Dilemma aufgrund der Identität von Wesen und Einzelding innerhalb der Einfachheit der Tropen: Entweder müssen sie auf Eigenschaften mit Universalien-Charakter zurückgeführt werden, oder auf bloße Einzeldinge. Auch dieses Dilemma berührt die Ontologie der Tropen, und nicht ihre Epistemologie. Die Tendenz des Nominalisten, sich mehr auf epistemische denn auf durchweg ontologische Fragestellungen zu konzentrieren, was sich unter anderem in seinem Bemühen ausdrückt, letztere auf erstere zu reduzieren (etwa durch Gebrauch des epistemischen Begriffs der Verstandesunterscheidung, der Abstraktion sowie unterschiedlicher Arten des Zählens), verstellt die Sicht auf die tatsächlichen metaphysischen Probleme, die sich hier stellen. Camp-

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bells Wechsel in der Verwendung des Begriffs der Verstandesunterscheidung, der zunächst in der Unterscheidung zwischen dem Wesen einer Trope und ihrem Ort zum Einsatz kam und nun dasselbe zwischen ihrem Wesen und ihrer Besonderheit leisten soll, löst nicht das Problem, welches sich zuallererst aus der Einfachheit seiner Tropen ergibt und nicht aus der Rolle, die ihre Verortung innerhalb dieser Theorie spielt. Wie wir bereits gesehen haben, ist sein Positionswechsel eher weniger gut, und nicht besser mit der Auffassung des Naturalisten vereinbar. Man könnte nun erwidern, dass dasselbe Problem auch bei Universalien besteht: Eine Universalie hat ein bestimmtes Wesen (z.B. Röte für das Universal Rot) und ist außerdem durch ihre Universalität gekennzeichnet. Wenn Wesen und Besonderheit in einer Trope miteinander identisch sind, so gilt dasselbe für Wesen und Universalität der Universalie. Dann wären rot und grün von ihrem Wesen her verschieden, in ihrer Universalität jedoch identisch, was inkohärent ist. Diese gegen den Realisten gerichtete Erwiderung geht jedoch fehl; der Realist ist in keiner Weise dazu verpflichtet, Röte und Grünheit als einfach zu betrachten. Wenn also ein Realist die Universalität von Röte und Grünheit in einer Eigenschaft begründet sieht, die von beiden geteilt wird – nämlich universal zu sein – kann er diese Eigenschaft vom Wesen von Rot und Grün unterscheiden. Dieser Ausweg steht dem Tropen-Nominalisten nicht zur Verfügung, da für ihn Wesen und Besonderheit einer Trope nur in einer Unterscheidung des Verstandes auseinanderfallen. Es gibt aber noch ein weiteres Problem mit der Einfachheit elementarer Tropen. Das Vorkommen einer Eigenschaft, in diesem Fall in Form der Trope, muss im Raum ausgedehnt sein – sonst wäre nicht erklärbar, wie das Wesen einer Farbe bestehen kann: Ein bloßer mathematischer Punkt im Raum kann über kein farbliches Wesen verfügen. Allerdings muss etwas über einen Raum Verteiltes (und damit Ausgedehntes) stets als komplex beschreibbar sein, da es offenkundig über unterschiedliche Teile an unterschiedlichen Raumkoordinaten verfügt, selbst wenn diese nicht voneinander trennbar sind. Tatsächlich scheint nun dasselbe Wesen (Röte) allen Teilstücken dieses ausgedehnten geformten Rauminhalts innezuwohnen. Wenn eine Entität also wie eine Farb-Trope ausgedehnt sein muss, muss sie als komplexe Entität beschrieben werden können (d.h. aus nicht miteinander identischen, wenn auch untrennbaren Einzelteilen bestehen) und kann daher nicht einfach sein. G. Dawes Hicks hat dieses Argument gegen G.F. Stout angewendet, als der gemäßigte Nominalismus gerade die Bühne der zeitgenössischen Metaphysik betreten hatte:

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„What, for example, in his view, is really meant by saying that 'qualities are in the same place as the things they qualify?' In what sense can it be asserted that a visual sense-datum has a specific colour? Each infinitesimal portion of such a sense-datum is ex hypothesy no less numerically distinct from every other portion than one sense-datum is numerically distinct from another. If, then, the colour of one sense-datum A cannot be identical with the colour of another sensedatum B, how can the colour of the part x of the sense-datum A be said to be identical with the colour of the part y of the sense-datum A? In other words, where, in such a case,do we ever reach a concrete particular thing which can be rightly said to have a particular character?”31

Campbell ist sich dieser Schwierigkeiten wohl bewusst, insbesondere insoweit sie die Angabe von Identitätsbedingungen für räumlich oder zeitlich ausgedehnte Tropen betreffen, welche die primären oder sekundären Qualitäten gewöhnlicher Makro-Gegenstände bilden. Kurz gefasst sieht sein Lösungsvorschlag wie folgt aus:32 Campbell behautet, dass es gewisse elementare Tropen geben müsste, die unteilbar, unveränderbar und ohne jeden Wechsel ihrer Grenzen bestehen. Er nennt fünf oder sechs Kandidaten dafür: Raum-Zeit (verstanden als absolute, nonrelationale Trope), die vier fundamentalen Kräfte der Physik (verstanden als raumausfüllende Felder, die bestimmte Mengen Quantität innerhalb der Raumzeit in unterschiedlichem Grade verteilen) und vielleicht noch Bewusstsein (verstanden als ein pan-psychisches Feld). Im Gegensatz dazu ist die sichtbare Welt aus Dingen und ihren Qualitäten (primären wie sekundären) zusammengefügt, die uns die alltägliche Erfahrung liefert. Sie sind aus Quasi-Tropen zusammengesetzt, supervenierenden Entitäten, die lediglich Erscheinungen sind. Solche Quasi-Tropen sind nicht wirklich real, und auch wenn sie keine rein menschlichen Erfindungen darstellen, umgibt sie doch der Geruch der Beliebigkeit und Konvention, sowohl was ihre Existenz als auch was ihre Identitätsbedingungen angeht.33 Eine für uns sichtbare Trope ist also eine Quasi-Trope, eine Pseu31

G. Dawes Hicks: „Are the Characteristics of Particular things Universal or Particular? (gemeinsam mit G.E. Moore und G.F. Stout). In: Aristotelian Society Supplementary Volume 3 (1923), 172. 32 Campbell, Abstract Particulars, 135-155. 33 Nach Campbell sind auf Konventionen beruhende Entitäten nicht wirklich oder natürlich; dennoch schreibt er auch, dass sinnlich wahrnehmbare Tropen nicht auf bloßer Einbildung beruhen, wenn auch ihre Identitätsbedingungen willkürlich und konventional festgelegt werden. Leider ist Campbells Behandlung dieser Fragestellung von diesen und weiteren Verwirrungen durchdrungen. Siehe Abstract Particulars, 137, 152.

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do-Entität, bloße Erscheinung. Solche Quasi-Tropen werden über die Abstraktion des Denkens als voneinander trennbare Entitäten erachtet. Sie sind Brocken von Feld-Tropen, die von uns so behandelt werden, als ob sie unterscheidbar und voneinander unabhängige Teile der Wirklichkeit bilden würden. Für Campbell muss ein Ontologe keine Identitätsbedingungen für derartige, an vielen Orten zugleich erscheinende Quasi-Entitäten angeben, so dass meine Einwände sie nicht berühren. Im Gegensatz hierzu können die fünf oder sechs überall verortbaren, elementaren Tropen klare Identitätsbedingungen vorweisen – mehr ist nach Campbell auch nicht erforderlich. Gelingt Campbells modifizierter Theorie eine angemessene Erwiderung auf die oben vorgestellten Kritikpunkte? Bietet er eine plausible analytische Ontologie und eine nachvollziehbare spekulative Kosmologie? Aus zumindest drei Gründen scheint mir die Antwort „nein“ zu lauten. Zum einen ist nicht ganz klar, ob seine Erwiderungen noch der Art von Betrachtungen Raum gewähren, mit deren Hilfe die Akzeptanz von TropenQualitäten zuallererst gerechtfertigt werden konnte. So weit hier ontologische Annahmen berührt sind, wird die Existenz derartiger Entitäten mittels verschiedener metaphysischer oder linguistischer Argumente gerechtfertigt, die sich auf die sinnliche Welt beziehen, und hier besonders auf die Phänomene der Prädikation, Ähnlichkeit und abstrakten Referenz. Insoweit Campbells elementare Tropen diese Phänomene immer noch aufweisen (so kommt den meisten seiner Tropen die Eigenschaft zu, ein Feld zu sein), sieht er sich noch mit denselben Problemen wie vordem konfrontiert; sie haben sich lediglich verschoben. Wieso sollte man die Existenz elementarer Tropen zugestehen, wenn sie diese Phänomene nicht aufweisen? Die Entscheidung hierzu scheint mehr oder weniger willkürlich auszufallen. So bezeichnet Campbell beispielsweise den Raum (oder die Raumzeit) als Trope. Gleichzeitig schreibt er jedoch, das dieser zur Veränderung und Ausdehnung fähig sei. Auch weist der Raum verschiedene Eigenschaften auf (darunter Elastizität, Ausdehnung, Form, Rauminhalt und verschiedene andere geometrische und topologische Eigenschaften) und ein weiteres Merkmal (wie immer dies genau ausschauen mag), das leeren Raum von den materialen Inhalten oder Feldern trennt, die ihn bevölkern. Wenn Campbell hinsichtlich des Raums als Absolutist bezeichnet werden kann, was berechtigt ihn dann dazu, ihn als Trope und nicht als Substanz mit entsprechenden Eigenschaften zu behandeln? Er führt nichts zur Begründung dafür an und man darf mit Blick auf die obige Beschreibung vermuten, dass die meisten Philosophen ihn als Substanz betrachten werden.

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Zweitens gesteht Campbell zu, dass die grundlegenden Kräfte der Natur gewöhnlich so begriffen werden, dass sie von verschiedenen Körpern herrühren, deren Eigenschaften die natürlichen Felder generieren.34 Nach dieser Ansicht sind Existenz und Eigenschaften der Körper die grundlegenderen Elemente und ihre Felder daraus abgeleitet. Campbells Ontologie kehrt diese Ordnung nun jedoch um, allerdings ohne (so weit ich das sehe) ein Argument für seine Präferenz zu liefern. Nun könnte man diese Leerstelle noch entschuldigen, wenn seine diesbezüglichen Behauptungen lediglich spekulative Erweiterungen einer andernorts bereits unabhängig davon gerechtfertigten Ontologie wären. Dem ist aber nicht so. Campbells Feld-Ontologie begründet erst seinen Tropen-Nominalismus, eben weil er sie als Antwort auf die oben vorgebrachten, schwerwiegenden Kritikpunkte begreift, die sowohl die Tropen-Ontologie als solche angreifen als auch eine realistische Theorie der Qualitäten favorisieren. Im Lichte dieser Überlegungen grenzt das Unvermögen Campbells, seine FeldOntologie argumentativ zu unterfüttern, die Akzeptanz seiner Thesen auf einen Kreis von Philosophen ein, die seine Feld-Theorie unterstützen. Noch einschneidender scheint die Erkenntnis, dass seine analytische Ontologie auf bloßen Bekundungen einer spekulativen Kosmologie ruht. Dieses Unvermögen dürfte die meisten Realisten kaum von den Vorzügen eines Tropen-Nominalismus überzeugen. Drittens schließlich gestaltet sich Campbells Erörterung der sinnlich wahrnehmbaren Tropen derart mehrdeutig, dass sich ihr ontologischer Status kaum bestimmen lässt. Auf der einen Seite schreibt er, dass die Bedeutung von Aussagen über supervenierende Entitäten nicht über reduktive Paraphrasen eingefangen werden kann, deren Ausdrücke sich einzig auf supervenierte Entitäten beziehen, was jedoch aus zweierlei Gründen keine ontologischen Implikationen für Campbell hat:35 Zum einen macht er deutlich, dass supervenierende Entitäten nur „Pseudo-Zuwächse“, also keinen wirklichen Zuwachs für eine Ontologie beinhalten. Sie stellen allesamt Fälle dar, in denen unsere deskriptiven Ressourcen ohne jede ontologische Verpflichtung erweitert werden. Zum anderen bezeichnet Campbell kausale Wirksamkeit als Kennzeichen alles Seienden, was supervenierende Entitäten aber gerade nicht vorweisen können.36 Dieselbe Mehrdeutigkeit zeichnet auch seine Aussagen über abhängige Entitäten wie Beziehungen, sinnlich wahrnehmbare Tropen, Teilstücke des Raums oder Felder aus. Auf der 34 35 36

86

Ebd., 146. Ebd., 37, 100-101, 103, 110, 121-122. Ebd., 67, 150-151, 172.

einen Seite behauptet er die Existenz von relationalen Tatsachen, meint aber gleichzeitig, dass sie aufgrund ihrer ontologischen Abhängigkeit nicht wahrhaft wirklich seien. Als Begründung wird ihre Natur als abhängige Entitäten angegeben. Auch akzeptiert er einen ontologischen Fundamentalismus, also die These, dass alle relationalen Tatsachen durch nichtrelationale Tatsachen erklärt werden können, ohne Hinzunahme von weiteren ontologischen Elementen. So ergibt sich die merkwürdige Schlussfolgerung, dass unsere Rede von Beziehungen zwar nicht einfach wegparaphrasiert werden kann, diese jedoch nichtsdestotrotz nicht wirklich sind.37 Sinnlich wahrnehmbare Tropen und andere Teilstücke des Raums oder der Felder stellen lediglich Quasi- oder Pseudo-Entitäten dar, die zwar keine bloßen Erfindungen sind, aber auch keine eigenständigen Elemente unserer Wirklichkeit bilden und unsere Ontologie in keiner Weise vermehren.38 Sie fallen nicht unter dem bloßen Schein der Illusion, können aber nur als Erscheinungen bezeichnet werden, die durch den mentalen Akt der Abstraktion als eigenständige Entitäten betrachtet werden, ohne real zu sein. Dieses Durcheinander scheint mir das Ergebnis einer mangelhaften Reihe von Unterscheidungen zu sein. Campbell kennt keine modale Unterscheidung, die es ihm erlauben würde, die Existenz von abhängigen Entitäten anzuerkennen (wie etwa Husserl'sche Momente).39 Nur grundlegende, untrennbare Entitäten existieren. Unsere Rede von abhängigen Entitäten mag nicht eliminierbar sein, jedoch folgen daraus keine ontologischen Implikationen. Zwei voneinander nicht trennbare „Entitäten“ differieren einzig in einer Unterscheidung des Verstandes. Wenn das stimmt, führt Campbells Ontologie zu einer Ablehnung der Existenz von Makro-Objekten und ihrer Qualitäten, was von vielen abgelehnt werden dürfte. Nun stützt sich Campbell vielleicht auf eine Theorie verschiedener Seinsabstufungen, in der Entitäten wie sinnlich wahrnehmbaren Tropen eine besondere Form der Existenz zukommt, die irgendwo zwischen NichtSein und vollwertigem Sein liegt. Die Schwierigkeiten einer derartigen Theorie des Seins sind Legion und können hier nicht diskutiert werden. Daher mag die Feststellung genügen, dass Campbell eine derartige Positionierung jedenfalls für sich nicht explizit in Anspruch nimmt, wenn er sie denn einnimmt. Aber gleichgültig ob er das tut oder nicht, so bestehen dennoch die in den vorigen Paragraphen aufgeworfenen Schwierigkeiten 37

Ebd., 98, 100, 101, 103-104, 110, 121-122. Ebd., 125, 132, 145, 148, 150, 152-155. 39 Siehe J.P. Moreland: „Was Husserl a Nominalist?“ In: Philosophy and Phenomenological Research 49 (Juni 1989), 661-674. 38

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unverändert fort: Mögen die sinnlich wahrnehmbare Tropen auch nicht wirklich existieren, so sollten sich an seinen elementaren Tropen doch nichtsdestotrotz weiterhin die Phänomene der Prädikation, der Ähnlichkeit und der abstrakten Referenz beobachten lassen, so dass sich die Nominalismus-Debatte eben dorthin verlagert. Wenn ihnen umgekehrt genügend Existenz zum Farbig-Sein, Ausgedehnt-Sein etc. zugestanden wird, müssen für sie auch entsprechend Identitätsbedingungen angegeben werden. Die Einfachheit von Campbells modifizierten Tropen birgt noch eine weitere Schwierigkeit: Campbells Erörertung von ihnen erweist sich als inkonsistent und doppeldeutig. Die Tatsache, dass die Einfachheit einer Trope zwei unterschiedliche Funktionen zu bewältigen hat (sie weist eine qualitative Natur auf, die in einer internen Beziehung der genauen Gleichheit zu anderen Tropen wie sie selbst steht und ist doch individuierbar) stellt nicht eben die naheliegendste Art und Weise dar, über Einzelvorkommen von Qualitäten nachzudenken, und man muss an dieser Idee schon sehr unbeirrt festhalten, um nicht unbeabsichtigt bei einer realistischen Theorie darüber zu landen. Campbells ständiges Hin und Her zwischen zwei scheinbar nicht zu vereinbarenden Positionen zur Beschreibung seiner eigenen lässt sich wohl nicht zuletzt daraus erklären. Zwei Beispiele dafür seien zur näheren Illustration angegeben. Zum einen betont er wiederholt, dass Tropen ein bestimmtes Wesen haben.40 Andererseits schreibt er im gleichen Atemzug, dass sie mit ihrem Wesen identisch sind.41 Was stimmt nun? Die Haben-Beziehung ist nicht dieselbe wie die Identitätsbeziehung (so ist letztere reflexiv und symmetrisch, erstere nicht), und der hier zutage tretende Mangel an Klarheit wird durch die Spannung verursacht, die sich aus der postulierten Einfachheit der Tropen ergibt. Zum zweiten meint er einerseits, dass die genaue Gleichheit zwischen zwei Tropen internalistisch über das Wesen der Tropen erklärt werden kann und schreibt andererseits, dass diese Beziehung primitiv ist und sich jeder weiteren Analyse entzieht.42 Die erste Ansicht geht dahin, Tropen als komplexe Entitäten zu behandeln, deren Wesen einen Bestandteil von ihnen bildet, während letztere sie als Primitve betrachtet. Natürlich wird der Realist die erste Fassung akzeptieren und behaupten, dass die einzelnen Vorkommen einer Eigenschaft ein Wesen haben, was die davon abgeleitete Gleichheits-Beziehung zwischen zwei mit demselben Wesen be40 41 42

88

Campbell, Abstract Particulars, 20, 22, 27, 56, 60. Ebd., 27, 89. Ebd., 37-38, 59-60.

hafteten Vorkommen begründet. Campbell hingegen sieht sich genötigt, die zweite Alternative zu ergreifen – zwei Tropen „derselben“ Art sind einfache Entitäten, die zueinander in einer primitiven Gleichheits-Beziehung stehen – , die aber an den bereits oben erhobenen Schwierigkeiten krankt. Campbell ist sich dieser aus der Einfachheit seiner Tropen resultierenden Probleme durchaus bewusst und versucht, ihnen mittels zweier Erwiderungen zu begegnen. Zum einen wendet er sich mit einer Art tu quoque-Argument gegen jene, die bloße Einzeldinge zu Individuatoren machen wollen (mehr dazu auch in Kapitel 7). Er schreibt, dass seine Tropen qua ihrer Einfachheit zwar zweierlei Funktionen erhalten, dieses Problem jedoch auch bei einfachen Einzeldingen auftritt: Da sie einfach sind, müssen sie sowohl individuieren als auch spezifizieren.43 Nach Campbell stattet ein Spezifizierer seinem Gegenstand mit einer Wirklichkeit aus, als einen bestimmten Gegenstand. Jedoch ist ein bestimmter Gegenstand nicht nur ein Gegenstand, sondern genau dieser Gegenstand. Daher benötigt jeder Gegenstand neben einem Spezifizierer auch einen Individuatoren – und einfache Einzeldinge müssen nun beide Funktionen in sich vereinigen. Nun gibt es aber in der beschriebenen Rücksicht gar keine genuin metaphysische Unterscheidung zwischen der Besonderheit und der Individualität von derartigen Dingen. Tatsächlich kommt Campbells Behandlung beider Phänomene Thomas Aquinas Diskussion von bestimmten und unbestimmten Stoffen ziemlich nahe. Aquinas betont, dass ihre Verschiedenheit lediglich auf einer Unterscheidung des Verstandes beruht, in der nicht bestimmte Stoffe (wie etwa Fleisch und Knochen im Allgemeinen) lediglich eine generelle, abstrakte Art und Weise darstellen, sich auf bestimmte Stoffe (also dieses Fleisch und dieser Knochen) zu beziehen. Auf Campbell übertragen ist die Besonderheit keine von der Indivdualität verschiedene, metaphysische Entität. Erstere unterscheidet sich von letzterer einzig nach dem Grad an Abstraktion, den jemand gebraucht, wenn er sich auf einen Gegenstand bezieht. Somit liegen auch keine zwei metaphysischen Tatsachen vor, die wie bei den sogenannten spezifizierten Wesen (etwa rot und 1) eigens begründet werden müssten. Wenn Campbell dennoch glaubt, dass hier zwei verschiedene metaphysische Tatsachen vorliegen, hat er seine Vermutung nicht hinreichend begründet. Er scheint dann bei einer bloßen Behauptung seiner Ansichten stehenzubleiben. Im Gegensatz hierzu haben wir hinreichend Gründe vorgebracht um anzunehmen, dass Wesen und Besonderheit einer Trope zwei unterschiedliche metaphysische Entitäten darstellen. Campbell hat bereits zugestanden, dass einige der oben vorgetrage43

Ebd., 9-10, 68-71.

89

nen Argumente gegen die Identifikation des Wesens einer Trope mit ihrem Ort/ihrem geformten Rauminhalt sprechen, und wie wir gesehen haben, lassen sich dieselben Argumente auch auf die Unterscheidung zwischen der Besonderheit und dem Wesen einer Trope anwenden. Campbell gibt noch ein zweites Argument, um den Schwierigkeiten zu begegnen, die sich um die Einfachheit seiner Tropen ranken. Er verwendet folgendes Beispiel, um zu zeigen, dass die Übernahme von zwei Funktionen durch eine einfache Entität ohne Probleme möglich ist: „A point is as simple as you can get. Yet points are both different from all other points and also, for example, 10 mm distant from some others. That x is involved in more than one sort of fact does not show that x is complex.“44

Dieses Beispiel belegt jedoch einzig ein tiefes Missverständnis mit dem zugrundeliegenden Problem. Ein Punkt ist eine individuelle Entität, weil er entweder einen Individuator aufweist oder aber identisch zu einem bloßen Individuum ist. In jedem Fall ist seine Besonderheit ein intrinsisches Merkmal seines Seins. Allerdings ist die räumliche Lage eines Punkts zu einem anderen eine externe Beziehung und ihm also nicht intrinsisch. Wenn also der Punkt die einzig existente Entität im Weltganzen wäre, würde er immer noch ein individueller Punkt sein, ohne dabei eine räumliche Lage zu irgend einem anderen Ding einnehmen. Wenn ein Punkt links von x aber rechts von y liegt, werden diese beiden Tatsachen nicht über zwei verschiedene intrinsische Merkmale des Punktes begründet, sondern aufgrund von zwei externen Beziehungen des Punktes zu anderen Dingen. Im Gegensatz dazu sind bei rot1 Farbe und Individualität intrinsische Merkmale. Auch als einzige Entität in der ganzen weiten Welt wäre es sowohl rot als auch ein Einzelding. Daher müssen die Grundlagen für diese beiden Tatsachen über rot1 in seinem intrinsischen Sein gesucht werden und nicht in irgendwelchen externen Beziehungen, die es zu anderen Dingen einnimmt. Die Ähnlichkeit zu anderen roten Tropen ergibt sich aus der Röte von rot1, und als Einzelding kann sie von anderen Entitäten individuiert werden. Somit zerbricht Campbells Analogie. Wie gesehen, ergeben sich bei Campbells Tropen aufgrund der Funktion der Verortung bzw. der Bildung von geformten Rauminhalt in Verbindung mit ihrer Einfachheit einige schwerwiegende Probleme für das Verständnis von Eigenschaften innerhalb des gemäßigten Nominalismus. Ein drittes Problemfeld stellt die abstrakte Referenz dar. Man betrachte noch 44

90

Ebd., 70.

einmal Aussagen wie (1) Rot ist eine Farbe. oder (2) Notwendigerweise ist rot eine Farbe. Aufgrund der in Kapitel 2 angegebenen Gründe wird die Wirksamkeit von Argumenten gegen den radikalen Nominalismus, die auf den unangemessenen Paraphrasen dieser Aussagen beruhen, allgemein anerkannt. Man stelle sich etwa den weitverstreuten Ort aller roten Dinge vor, L. Ein radikaler Nominalist könnte die Aussagen (1) und (2) wie folgt paraphrasieren: (1a) Rote Dinge sind farbige Dinge. oder (2a) Notwendigerweise sind rote Dinge auch farbige Dinge. Leider wird diese Form der Paraphrase nicht funktionieren, weil rote Dinge zwar ausgedehnt oder bei L lokalisierbare Dinge sind (und dass ist für naturalistische Vertreter des radikalen Nominalismus notwendigerweise der Fall), aber die Röte selbst weder ausgedehnt ist noch bei L lokalisierbar. Konkrete Einzeldinge sind komplexe Entitäten, erst- und zweitstufige Universalien (Röte, Farbigkeit) jedoch nicht. Meiner Ansicht nach spricht das Phänomen der abstrakten Referenz in gleicher Weise gegen den gemäßigten Nominalismus. Ein gemäßigter Nominalismus würde die beiden infrage stehenden Aussagen wie folgt paraphrasieren: (1b) Rots sind Farben. oder (2b) Notwendigerweise sind die Rots Farben. Diese Paraphrasen funktionieren aber nicht. In Campbells früherer Theorie würde man dies in einem Gegenbeispiel wie folgt lesen (mit oder ohne modalen Operator): (1c') Rots sind geformte Rauminhalte.

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oder (1c'') Rots sind bei L lokalisierbar. (wobei L der weitverstreute Ort aller roten Tropen ist). Aber Röte ist kein geformter Rauminhalt und auch nicht der Ort L. In Campbells gegenwärtiger Fassung könnte das Gegenbeispiel jetzt lauten (1d) Rots sind Einzeldinge. Die Röte ist aber keine Besonderheit. Wiederum hängt das Problem wesentlich mit der Komplexität der Trope und weniger mit ihrer Verortung zusammen: Anders als von Campbell behauptet sind Tropen komplex (indem ihnen ein Wesen zukommt und sie dennoch Individualität besitzen), erst- und zweitstufigen Universalien jedoch nicht. Campbells Erwiderung auf ein ähnlich gelagertes Problem gibt uns einen Einblick, wie er mit dieser Schwierigkeit umzugehen gedenkt.45 Campbells Strategie wendet hier eine Art „schmerzlosen Realismus“ an, wie D.C. Williams diese Strategie genannt hat. Man stelle sich einen Fall vor, in denen ein Innenausstatter davon spricht, dass er für die Einrichtung eines Hauses vier Farben verwendet hat. Hier sind offenkundig nicht vier Tropen gemeint, stattdessen scheint die Aussage Farben als Universalien zu begreifen. Gemäßigte Nominalisten müssen Fälle erklären, in denen wir zu behaupten scheinen, dass zueinander passende Tropen etwas gemeinsam zu haben scheinen, da dies nach Auffassung des gemäßigten Nominalisten unmöglich ist. Nach Williams trifft Campbell hier eine Unterscheidung zwischen inhärenten und bloß anhaftenden Eigenschaften. Inhärente Eigenschaften sind qualitative, monadische Merkmale (wie etwa rot zu sein), die im jeweiligen Gegenstand intrinsisch vorliegen, diesem also selbst zukommen können. Lediglich anhaftende oder „externe“ Merkmale bilden demgegenüber die relationalen Eigenschaften eines Gegenstandes (etwa der schwerste Mann im Raum zu sein). Einzeldinge können nun nach Campbell bezüglich ihrer inhärenten (passenden) Merkmale „gleich“ und hinsichtlich der bloß anhaftenden Merkmale unterschieden sein, etwa bezüglich ihrer zugleich bestehenden Beziehungen. Die Unterscheidung zwischen einem Einzelvorkommen (einer Trope) und einer Art (einer „Universalie“) bildet keinen Unterschied bezüglich ihrer ontologischen Kategorie, sondern nur einen Unterschied in 45

92

Ebd. 43-45.

der verwendeten Zählregel. Wenn wir auf sechs rote Tropen schauen, die bezüglich ihrer inhärenten Merkmale zueinander passen und sich nur hinsichtlich ihrer anhaftenden Merkmale voneinander unterscheiden, können wir sie einmal nach ihren Vorkommen zählen und sie als Einzeldinge behandeln; zählt man sie hingegen ohne Rücksicht auf die ihnen anheftenden Merkmale und gibt stattdessen nur auf Unterschiede unter ihren inhärenten Merkmale acht, identifiziert man alle Vorkommen zueinander „passender“ Tropen – was einer realistischen Behandlung von Universalien nahekommt. Auf die abstrakte Referenz bezogen, können die Rots als Farben oder Einzeldinge betrachtet werden, je nachdem, welche Zählregel man anwendet. Dieser „schmerzlose Realismus“ scheint jedoch mehr oder weniger nur Schall und Rauch zu sein. Denn zum einen ist es einfach eine Bezeichnung für das zu lösende Problem, aber noch nicht die gesuchte Lösung: Das Problem dreht sich ja nicht um die Feststellung, dass wir eine bestimmte Menge an Entitäten einer natürlichen Klasse zuordnen und sie dann entweder als eine auf ihre gemeinsame Natur beruhende Einheit oder als viele einzelne, ihre Individualität beachtende Entitäten zählen können; das wäre einfach die Wiedergabe von zumindest einer Lösungsvariante des Problems vom Einen und Vielen. Die eigentliche Frage befasst sich mit dem Grund für diese Möglichkeit, und Campbell gibt hierauf keine Antwort. Zudem stellt sein Verweis auf unterschiedliche Zählmöglichkeiten nur ein weiteres Beispiel für das anscheinend unausweichliche Bemühen der gemäßigten Nominalisten dar, metaphysische Fragestellungen in epistemologische zu verwandeln. Tatsächlich bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig, da sie Tropen als einfache Entitäten begreifen, die zweierlei Funktionen erhalten, die nur mittels einer epistemischen Unterscheidung des Verstandes voneinander abweichen. So verdunkelt Campbells (und Williams') Gebrauch der Epistemologie zur Lösung metaphysischer Probleme eine offenkundige Schwierigkeit, die sich mit der Einführung anhaftender Merkmalen ergibt. Wenn das Problem der Individuation grundsätzlich epistemologisch angegangen werden soll – im Beispiel über die Art des Zählens – dann könnten es sehr gut die externalistischen Beziehungen sein, die für das Herausgreifen einzelner Entitäten verwendet werden, um uns das Zählen zu ermöglichen. Wenn aber das Problem metaphysischer Natur ist, werden uns lediglich anhaftende, externe Beziehungen wie diejenige der Gleichzeitigkeit nicht helfen, da derartige Verhältnisse die Individuation ihrer Relata bereits voraussetzen und sie somit nicht konstituie-

93

ren können.46

46

An anderer Stelle habe ich weitere Argumente gegen Campbells frühere Ansichten vorgebracht, wovon einige auch gegen seine gegenwärtige Position noch Wirkung zeigen. Vgl. Morleand, „Was Husserl a Nominalist?“; Moreland, „Keith Campbell“; J.P. Moreland: „Nominalism and Abstract Reference“. In: American Philosophy Quarterly 27 (Oktober 1990), 325-334; J.P. Moreland: „Issues and Options in Exemplification“. In: American Philosophical Quarterly 33 (April 1996), 133-147.

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Kapitel 4 Minimalistischer Realismus: Wolterstorffs Arten, Armstrongs Eigenschaften

I

m zweiten Kapitel wurden einige Gründe für eine Zurückweisung des radikalen Nominalismus (RN) gegeben. Der RN wurde dabei unter anderem als Kleckstheorie hinsichtlich konkreter Einzeldinge bezeichnet. Nun ist eine Kleckstheorie konkret-alltäglicher Einzeldinge mit ihrer mereologischen Analyse als aus voneinander trennbaren Teilen zusammengefügte Ganze durchaus in sich konsistent; allerdings sieht die Kleckstheorie konkrete Einzeldinge als in sich unstrukturierte Entitäten an, so dass keine Unterscheidung hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Beziehungen möglich ist. In diesem Sinne behandelt RN derartige Enitäten als einfach und muss daher die Eigenständigkeit und wechselseitige Unabhängigkeit von Röte, Rundheit, Größe und anderen Merkmalen von Sokrates ablehnen. Eine ähnliche Schlussfolgerung wurde in Kapitel 3 bezüglich der Behandlung abstrakter Einzeldinge durch den gemäßigten Nominalismus gezogen: Auch sie können als einfache Entitäten begriffen werden, die irgendwie gleichermaßen Individualität, Verortbarkeit und die Beziehung der genauen Gleichheit zu allen anderen Mitgliedern ihrer Gleichheits-Klasse in sich vereinen. Insofern kann auch der gemäßigte Nominalismus als Kleckstheorie abstrakter Einzeldinge gelten, was bereits an sich (und unbeschadet seiner sonstigen Schwierigkeiten) ein so schwerwiegendes Problem darstellt, dass schon allein daraus die Suche nach einer geeigneteren Theorie von Eigenschaften gerechtfertigt werden kann. Dies alles sind gute Nachrichten für die Vertreter des traditionellen Realismus. Wie wir in Kapitel 5 noch sehen werden, kann der traditionelle Realismus als diejenige Ansicht dargestellt werden, nach der eine Universalie eine vielfach exemplifizierbare abstrakte Entität ist, die als Bestandteil in jeder ihrer Vorkommen nummerisch identisch ausfällt. Daher sind Einzelvorkommen für den traditionellen Realisten auch nicht einfache, sondern komplexe Entitäten. Wenn eine Universalie exemplifiziert wird, wird sie damit auch modifiziert und bildet das Wesen ihrer Vorkommen,

die wiederum bestimmte Arten von Sachverhalten bilden, nämlich komplexe, abhängige Einzeldinge. Wenn eine Eigenschaft exemplifiziert wird, ist weder die Eigenschaft selbst noch die Art und Weise, wie sie „in“ ihren Vorkommen steckt, raumzeitlich fassbar. Insbesondere zeigt sich die Exemplifikation selbst als eine inhomogene, nicht-raumzeitliche Verknüpfung. Dennoch wäre es verfrüht, aus dem Versagen der radikalen und gemäßigten Spielarten des Nominalismus auf das Gelingen des traditionellen Realismus als besten Erklärungsansatz für Eigenschaften zu schließen. Zwei wirkmächtige Alternativen, die sich ebenfalls dem Realismus zugehörig fühlen, sind von Nicholas Wolterstorff und D.M. Armstrong entwikkelt worden. Ziel dieses Kapitels ist es, ihre ontologische Analyse von Eigenschaften, Eigenschafts-Vorkommen und der Beziehung der Exemplifikation näher zu untersuchen und zu bewerten. So werden wir sehen, ob sie als ernsthafte Konkurrenten des traditionellen Realismus infrage kommen. Dabei wird sich unter anderem zeigen, dass Wolterstorffs Ansichten aus unterschiedlichen Gründe fehlgehen, worunter die Tatsache, dass er eine Kleckstheorie der Eigenschaftsvorkommen vertritt, am deutlichsten heraussticht. Sie rechtfertigt schlussendlich die Einordung seiner Position als gemäßigt nominalistisch trotz anderslautender Bekundungen. Armstrongs Ansichten sind hier nicht restlos deutlich, allerdings sollte man sie gerade in seinen späteren Schriften am besten so deuten, dass sie Eigenschaftsvorkommen als komplexe Sachverhalte analysieren. Dies kann als wichtiger Schritt nach vorn hin zu einer angemessenen Behandlung von Eigenschaften und ihrer Vorkommen betrachtet werden. Wie aber gezeigt wird, legt sich Armstrong auf eine bestimmte Art des philosophischen Naturalismus fest, was ihn zur Annahme einiger problematischer Merkmale von Eigenschaften und ihrer Vorkommen bringt, die bei einer angemesseneren Analyse innerhalb des klassischen Realismus vermieden werden können. Diese soll dann in Kapitel 5 entwickelt werden. Nicholas Wolterstorff Universalien als Arten Wir wollen mit dem Begriff der Universalie beginnen, wie Wolterstorff ihn bestimmt.1 Er schreibt dazu: 1

Ich werde mich bei der Darstellung auf die reife Fassung seiner Sichtweise in On Universals konzentrieren. In der Dekade zwischen seinem Artikel „Qualities“ und

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„All universals, I suggest, are kinds – not sets or classes, but kinds. A property, for example, is the kind whose examples consist in the cases of the property – wisdom is identical with the kind, case of wisdom. A symphony is identical with the kind whose examples are the performances of that symphony – Beethoven's Ninth is identical with the kind, performance of Beethoven's Ninth. This, then, is our major thesis concerning the nature of universals generally, substance as well as predicable. Universals are, all of them, kinds.“2

Woltersorff erläutert seinen Begriff einer Art (eines Typs) durch einen Vergleich zwischen Art und Klasse.3 Eine Art ist nicht dasselbe wie eine Klasse, wenn sich beide auch in wenigstens zweierlei Hinsicht gleichen. Zum einen ist die Beziehung einer Klasse zu den ihr zugehörigen Mitgliedern ganz ähnlich wie die Beziehung zwischen einer Art und ihren Vorkommen oder Einzelfällen. Alle Einzelvorkommen sind Mitglieder einer Klasse. Zum zweiten gibt es Arten von Arten, genauso wie es Klassen von Klassen gibt. Trotz dieser Ähnlichkeiten lassen sich doch auch zwei entscheidende Unterschiede zwischen Klasse und Art ausmachen. Zum einen kann keine Klasse Mitglieder haben, die von ihrem tatsächlichen Bestand abweichen. Ganz anders Arten: Sie könnten auch ganz andere Einzelvorkommen aufweisen als jene, die ihnen faktisch angehören. Zum zweiten sind Klassen nur dann miteinander identisch, wenn sie dieselben Mitglieder haben. Hingegen könnte es voneinander verschieden Arten geben, für deren Einzelvorkommen gilt, dass sie Bestandteil beider Arten sind. On Universals haben sich seine Ansichten bedeutsam gewandelt. Im 1960 erschienenen Artikel meinte er noch, eine Eigenschaft mit einer von ihm so bezeichneten Qualitäts-Klasse identifizieren zu können. Nach Wolterstorff unterscheidet sich eine Qualitäts-Klasse von einer Art dadurch, dass erstere als Menge behandelt werden kann, die konkrete und abstrakte Einzeldinge als ihre Mitglieder führt. Für eine Kritik von Wolterstorffs frühen Schriften siehe Brownstein, Aspects of the Problem of Universals, 5-15, und Casper, „On Wolterstorff's Nominalistic Theory of Qualities“. Wolterstorff erkennt die Berechtigung von Caspers Kritik in seiner Erwiderung „Response to Dennis Casper“ durchaus an. Im Folgenden werde ich Wolterstorffs positive Argumente für die Existenz von Einzelfällen neben derjenigen von Arten nicht weiter untersuchen. Wolterstorffs Argumente ähneln hier jenen, die wir bereits in unserer Diskussion der durch Campbells Tropentheorie aufgeworfenen Ungereimtheiten in Kapitel 3 behandelt haben. Für weitere Widerlegungsversuche gegen diese Argumente siehe J. Levinson, „The Particularization of Attributes“. In: Australasian Journal of Philosophy 58 (Juni 1980), 104-106. 2 Wolterstorff, On Universals, 7. 3 Ebd., 239-41; vgl. 253-256.

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Wolterstorffs legt seinem Gebrauch von „Art“ dabei folgende Analogie zugrunde: „[I believe it to be] a close analogy between, on the one hand, the relation of a single predicable to its exemplifications, and, on the other, the relation of a single literary work to its many copies, a single musical work to its many performances, a single natural kind to its many examples.“4

So werden Universalien als Arten oder Typen mit ihren jeweiligen Einzelfällen oder Einzelvorkommen als Mitgliedern beschrieben. Jedes Vorkommen einer Universalie bildet eines ihrer Mitglieder. Die Universalie Weisheit ist mit der Art Weisheit identisch. Allgemein gesagt ist eine Universalie eine Art, deren Einzelfälle die Vorkommen dieser Universalie bilden. Als entscheidend entpuppt sich für Wolterstorff die Frage, ob sein Ansatz Universalien auch als vielfach exemplifizierbare Entitäten begreift, die nummerisch identisch in nicht miteinander identischen Einzelvorkommen auftreten können. Anders wäre es schwierig, Wolterstorffs Position noch als realistisch einzuordnen. Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, Wolterstorffs Verständnis eines Einzelfalls genauer zu betrachten. Einzelfälle als Arten Wolterstorff gebraucht eine ganze Reihe von Ausdrücken, wenn er über Einzelfälle spricht. Ein Einzelfall wird als Vorkommen, Auftreten, Unterfall oder Mitglied einer Art bezeichnet. Er spricht von ihnen auch als den „Hinsichten“ einer Substanz. Wie er schreibt, lernt man die Unterscheidung von Eigenschaften (Universalien) und Einzelfällen am besten durch Beispiele. So sind Mutigsein und Rotsein Eigenschaften, während Wilsons Mut und Sokrates Röte Einzelfälle bilden. Einzelfälle sind also abstrakte Einzeldinge. Aus verschiedenen Gründen scheint Wolterstorff Einzelfälle als einfache Entitäten zu betrachten, also Entitäten, die selbst keine weiteren Bestandteile besitzen. Zum einen schreibt er, dass alltägliche Dinge wie Pferde, Punkte oder Menschen einfache, grundlegende Entitäten darstellen.5 Damit meint er, dass sie keine Tatsachen (oder Sachverhalte) wiedergeben; sie bilden keine komplexe Entitäten, die aus irgendwelchen Bestandteilen aufgebaut sind. An anderer Stelle schreibt er, dass alltägliche Dinge wie 4 5

125.

98

Ebd., 235. N. Wolterstorff, „Bergmann's Constituent Ontology“. In: Nous 4 (Mai 1970),

Pferde oder Menschen Einzelfälle ihrer Art (ihrer Universalie) darstellen. So ist beispielsweise der Mensch Sokrates ein Einzelfall seiner Art, mithin eine einfache Entität. Allgemein gesprochen ist der Einzelfall einer Art also eine einfache Entität, die diese Art nicht als eines ihrer Bestandteile in sich trägt. Ganz generell spricht sich Wolterstorff gegen Bestandteil-Ontologien aus, die alltägliche Dinge zu Tatsachen erklären. Zum zweiten spricht er explizit davon, dass seine Einzelfälle ähnlich wie die abstrakten Einzeldinge (Tropen) von Stout und Williams zu verstehen sind. Da die beiden aber glauben, dass abstrakte Einzeldinge einfach sind, muss dies auch auf Wolterstorffs Einzelfälle zutreffen. Insofern scheint Michael Loux, einer von Wolterstorffs ehemaligen Studenten, ganz richtig zu liegen, wenn er dessen Einzelfälle als einfache, grundlegende Entitäten beschreibt.6 Allerdings bleibt unklar, wie Wolterstorffs Haltung in dieser Frage nun tatsächlich ausfällt, da bestimmte Aussagen von ihm den dazu gegenteiligen Schluss nahe zu legen scheinen, dass Universalien für ihn einen nummerisch identischen Bestandteil in allen ihren Bestandteilen bilden. So schreibt er, dass eine Universalie von vielen Dingen pädiziert werden kann und von all ihren Exemplifikationen „gemeinsam geteilt wird“.Wird eine Universalie von einem Ding prädiziert, „besitzt“ oder „hat“ sie dieses Ding. Weiterhin schreibt er, dass es bei der Betrachtung von Universalien zu Fällen von abstrahierender Aufmerksamkeit kommen kann. Dies geschehe bespielsweise dann, wenn jemand die Farbe seines Mantels mit der Farbe einer Spielmarke vergleicht und dann behauptet, beide Farben seien identisch.7 Wolterstorff vergleicht dies mit dem Lesen eines einzelnen Wortes oder der Niederschrift eines Gedichts; auch dies geschehe nicht ohne Wahrnehmung der jeweiligen Arten.8 Schließlich sei eine Universalie ähnlich wie eine Wortart eine wiederholbare Entität.9 All dies scheint wie gesagt darauf hinzuweisen, dass für Wolterstorff eine Universalie einen vielfach exemplifizierbaren Bestandteil in allen ihren (komplexen) Vorkommen bildet. Unbeschadet dieser prima facie-Belege, Einzelfälle als komplex aufzufassen, scheint es im Falle von Wolterstorff dennoch richtiger zu sein, sie als einfache Eintitäten aufzufassen. Denn seine Hinweise auf die Komplexität von Einzelfällen können über Wolterstorffs Begriff der Exemplifikati6

Dies wird ersichtlich durch einen Vergleich mit Loux, Substance and Attribute, 5, 133, 157-158 und 178. 7 Wolterstorff, On Universals, 138-141. 8 Ebd., 255-256. 9 Ebd., 252-253.

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on auch anders erklärt werden. Exemplifikation Man betrachte das untere Diagramm 4.1 aus On Universals.10 Wolterstorff würde sagen, dass Sokrates eine Exemplifikation der Weisheit darstellt (da er ein weises Ding ist), so dass der Einzelfall „Sokrates Weisheit“ ein Vorkommen der Weisheit bildet. Wenn also Weisheit durch Sokrates exemplifiziert bzw. von diesem prädiziert wird, kann dies mittels des Einzefalls (der einfachen Entität) und zwei Beziehungen analysiert werden, nämlich „ist ein Einzelfall von …“ und „ist eine Hinsicht von …“. Sokrates exemplifiziert die Weisheit, sie ist in dem Sinne „in“ Sokrates, als dass die einfache Entität Weisheit-von-Sokrates, die einen Einzelfall oder ein Mitglied ihrer Art bildet, Sokrates in einer bestimmten Hinsicht charakterisiert. Hieraus sollte klar ersichtlich sein, dass Weisheit keinen nummerisch identischen Bestandteil bildet, der unmittelbar in all seine Exemplifikationen (Sokrates, Platon, etc.) eingeht. Weisheit kann nur dann als ein Bestandteil ihrer Exemplifikationen existieren, wenn sie „in“ ihren Vorkommen steckt (Sokrates' Weisheit, Platos Weisheit, etc.), die wiederum „in“ Sokrates sind.11

10

Ebd., 133. Wolterstorff bleibt in seinem Begriff des Vorkommens zweideutig. In On Universals bildet ein Einzelfall (wie Sokrates' Weisheit) das Vorkommen einer Universalie (S.91). Gleichzeitig bildet auch ein konkretes Einzelding (Sokrates) das Vorkommen einer Universalie (S.174). Dabei stellt die erste Verwendungsart die gebräuchlichste dar. Er definiert zudem explizit: „If x is a case of y, I shall say that x instantiates y“ (S.89). Ich folge daher dieser ersten Verwendungsweise.

11

100

Mit anderen Worten: Wenn Weisheit ein nummerisch identischer Bestandteil vieler nicht miteinander identischer Entitäten sein soll, funktioniert das nur, wenn sie einen Bestandteil all ihrer Einzelfälle bildet. Wie oben angemerkt, meint Wolterstorff, dass man sich auf eine Universalie beziehen kann – etwa die der Röte – wenn man sie beispielsweise als Qualität von einem roten Ball abstrahiert. Allerdings stimmt das so nicht ganz. Wollterstorff schreibt das zwar so, erläutert aber seine Position nachgerade dadurch, indem er deutlich macht, dass man sich in diesem Fall auf eine bereits exemplifizierte Universalie bezieht. So ist eine Universalie nur in dem Sinne „in“ ihrer Exemplifikation, insofern einer ihrer Einzelfälle „in“ ihr steckt. Der springende Punkt ist also die Frage, von welcher Art die Beziehung „ist ein Einzelfall von …“ ist, die zwischen einer Universalie und ihren Einzelfällen besteht. Kann sie so beschrieben werden, dass eine Universalie nur in dem Sinn eine vielfach vorkommende Entität ist, insofern sie einen Bestandteil in allen ihren Vorkommen bildet? Dies scheint nicht die Meinung von Wolterstorff zu sein, wie eine eingehende Analyse der „ist ein Einzelfall von …“-Beziehung zeigen wird. Wolterstorff selbst scheint anzunehmen, dass sich diese Beziehung je nach Deutung verändern kann. Die unterschiedlichen Darbietungen einer Symphonie stehen zu ihr in der „ist eine Darbietungen von ...“-Beziehung, Bücher sind „Kopien von“ Bucharten, und Grüns „Einzelfälle der“ Grünheit. Im Allgemeinen sei diese Beziehung allerdings als Art-VorkommenBeziehung beschreibbar.12 Dies bringt uns allerdings nicht viel weiter, sondern erweist sich im Gegenteil entweder als zirkulär oder leer. Sie ist zirku12

Ebd., 252-256.

101

lär, wenn diese Beziehung zuallererst als linguistisches Phänomen dargestellt wird, da in diesem Fall eine allgemeiner gehaltene GattungEinzelfall-Beziehung vorausgesetzt wird, für die das Phänomen lediglich eine Menge an Beispielen bildet. Dann kann aber die „Art-Vorkommen“Beziehung nicht dafür verwendet werden, „Gattung-Einzelfall“Unterscheidungen zu treffen, da erstere eine Unterform von letzteren darstellen. Wenn aber andererseits „Art-Vorkommen“ nur eine andere Bezeichnung für „Gattung-Einzelfall“ ist, wird es als solche nicht dabei helfen können, erstere zu erklären. An anderer Stelle erklärt Wolterstorff, dass die Beziehung „ist ein Einzelfall von …“ dem „∈“ der Mitgliedschaft in einer Menge in dem Sinne sehr ähnlich sei, als Einzelfälle Mitglieder ihrer Art sind.13 Jedoch führen weder der Begriff von „ist ein Mitglied von …“ noch die Unterscheidung „Art-Vorkommen“ aus sich heraus zu einen Ansatz, die „ist ein Einzelfall von …“-Beziehung mittels einer einen Bestandteil ihrer Einzelfälle bildenden Art zu analysieren. Es gibt aber noch einen tieferen Grund, die Beziehung „ist ein Einzelfall von …“ nicht als eine einen Bestandteil ihrer Einzelfälle bildenden Universalie zu verstehen. Er ergibt sich aus Wolterstorffs unumwundener Ablehnung jeglicher Bestandteil-Ontologien.14 Nach ihm sind derartige Ontologien reduktionistisch eingestellt, da ihre Vertreter die Bestandteile alltäglicher Dinge (und in Erweiterung: aller Einzelfälle) zu erkunden suchen, obwohl sie als grundlegende, einfache Entitäten betrachtet werden sollten. Für Wolterstorff besteht die Beziehung „ist ein Bestandteil von …“ nicht unterschiedslos zwischen allen möglichen Qualitäten und den alltäglichen Dingen, denen sie zukommen, sondern nur bei akzidentiell vorhandenen Qualitäten. Man nehme als Beispiel den roten, runden Punkt Sokrates. Die Beziehung „ist ein Bestandteil von …“ besteht zwischen ihm und seinen Bestandteilen, mit anderen Worten: Sokrates selbst ist eine einfache Entität, in der rot und rund Bestandteile sein können, wenn ihre jeweiligen Einzelfälle gerade „in“ ihm stecken. Auf der anderen Seite kann „ein Punkt sein“ keinen Bestandteil von Sokrates bilden, da die Beziehung „ist ein Bestandteil von …“ einzig zwischen dem Punkt und seinen (akzidentiellen) Bestandteilen vorkommen kann. Damit diese Beziehung überhaupt bestehen kann, muss der Punkt ontologisch gesprochen bereits existieren, damit er und 13 14

102

Ebd., 240. Wolterstorff, „Bergmann's Constituent Ontology“, 115-126.

seine Bestandteile auch aufeinander bezogen werden können. Wenn A und B nicht ohne ihre zuvor gesicherte Existenz als eigenständig bestehende Entitäten in der Beziehung „ist ein Bestandteil von …“ stehen können, sollte es offenkundig sein, dass B nicht als komplexe Entität mit A als ihrem Bestandteil bestehen kann: B selbst muss einfach sein. „Ein Punkt sein“ kann daher keinen Bestandteil von Sokrates bilden, da ansonsten er und „ein Punkt sein“ nach Wolterstorff bereits existieren müssten, noch ehe die Beziehung überhaupt auftritt. Aber wie könnte Sokrates bereits als Punkt existieren, wenn noch gar kein „ein Punkt sein“ in ihm steckt? Dasselbe Argument richtet sich auch gegen die Grünheit und einem grünen Einzelfall. Allgemein gesprochen besteht „ist ein Bestandteil von …“ also nur in Fällen der akzidentiellen Prädikation.15 Röte bildet etwa einen Bestandteil von Sokrates, wenn ein Einzelfall der Röte Bestandteil von Sokrates ist; jedoch ist sie dann kein Bestandteil des roten Einzelfalls, ebenso wie „ein Punkt sein“ keinen Bestandteil von Sokrates bilden kann. Beide sind Primitive ohne irgendwelche weiteren Bestandteile, aus denen sich ihre Natur zusammensetzt. Denn sie müssen bereits existieren, noch ehe sie (im Sinne der ontologischen Priorität) Bestandteile ausbilden können. Wenn aber ihre wesenhafte Natur einen Bestandteil in ihnen bilden würde, dann könnten sie ganz offenkundig nicht schon vor Bildung dieser Bestandteile existieren. Also ist das Wesen eines Einzelfalls kein Bestandteil desselben. Anders gefasst kann in einer Gattung-Einzelfall-Beziehung die Art keinen Bestandteil des Einzelfalls bilden.16 15

Eine Ausnahme hierfür würde Wolterstorffs Gebrauch der Eigenschaft „mit A identisch sein“ für eine beliebige Entität A darstellen. Ich nehme an, dass Wolterstorff diese Eigenschaft als wesentlichen Bestandteil von A akzeptieren würde. Für eine eingehendere Beschäftigung mit diesem Thema siehe die weiteren Ausführungen unten. 16 Es ist auch eine immanent realistische Deutung möglich, die ich hier aber nicht weiter verfolge. Zwei ihrer wichtigsten Vertreter sind W.E. Johnson: Logic: Part I (New York: Dovers Publications, 1964), 173-185; und J. Cook Wilson: Statement and Inference: Volume I (Oxford: Clarendon Press, 1926), 333-353. Siehe auch R.L. Beck „John Cook Wilson's Doctrine of the Universal“. In: The Monist 41 (Oktober 1931): 552-582. Die vielleicht deutlichste Darstellung dieser Ansicht findet sich in zwei Artikeln von J.R. Jones: „What Do We Mean by an 'Instance'?“ und „Are the Qualities of Things Universal or Particular?“ Sie erweitert die Gattung/Art- oder Bestimmbares/Bestimmtes-Beziehung um die Art und Weise, wie sich eine erststufige Universalie zu ihren Einzelfällen verhält. Daher kann sie als immament realistisch bezeichnet werden; sie versucht zu erklären, wie das Bestimmbare „in“ das Bestimmte eingeht und präsentiert insofern einen Ansatz für die „ist ein Einzelfall von...“-

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Einwände gegen Wolterstorffs „Realismus“ Wenn diese Darstellung von Wolterstorffs Position so weit korrekt ist, sieht sich seine Variante eines „Realismus“ verschiedenen Einwänden ausgesetzt. Zum einen ist es schwierig einzusehen, welchen Sinn sein Ansatz zur Erklärung der Exemplifikation haben soll, da die von ihm hierfür in Anschlag gebrachte Beziehung „ist ein Einzelfall von …“ selbst unklar bleibt. Was ist das für eine Beziehung? Die bloße Behauptung, dabei handele es sich um eine Gattung/Vorkommen-Beziehung, trägt sich nicht von selbst. Der entscheidende Punkt ist aber gar nicht, dass es Wolterstorff nicht gelungen ist, sie angemessen zu definieren. Als Ontologist kann er sich natürlich auf den Standpunkt stellen und behaupten, sie sei grundlegend und nicht weiter definierbar. Genau dies ist offenkundig auch seine Position in dieser Frage. Die wahre Schwierigkeit besteht dann darin, dass nicht richBeziehung. Dabei sind ihr besonders zwei Merkmale eigentümlich: Zum einen ist danach ein Eigenschaftsvorkommen (also ein Unterfall) eine einfache Entität. Die Universalie ist das Wesen oder die Natur ihres Vorkommens, wird aber nicht als eine Entität im Einzelvorkommen neben anderen betrachtet; insbesondere gibt es nichts außerhalb dieses Wesens (etwa einen Individuator), das noch „in“ dem Vorkommen steckt. Die Universalie „bedeckt das Wesen“ des Vorkommens. Zum zweiten verfügt das Vorkommen nicht über seine Universalie, sondern ist diese Universalie. Panayot Butchvarov spricht davon, dass die Beziehung zwischen einer Universalie und ihrem Einzelfall (er bezieht sich hier auf die Gattung/Art-Beziehung, wie sie zwischen zweitund erststufigen Universalien auftritt, meint damit aber offenkundig dieselbe Beziehung, wie sie von Jones und Cook Wilson zwischen erststufigen Universalien und Einzelfällen angenommen wird) auch als eine „Art von Identität“ („kind of identity“) beschrieben werden kann; siehe Butchvarov, Resemblance and Identity, 147153. Für diese „Art von Identität“ gibt Butchvarov folgendes Beispiel: Wenn F eine allgemeine Universalie ist und m und n zwei Unterarten dieser Universalie, so ist F in einer Bedeutung mit m und n identisch, und in einer anderen von ihnen verschieden. Dieselbe Aussage kann analog für F als erststufige Universalie und m und n als zweien ihrer Einzelfälle getroffen werden. Aus dreierlei Gründen habe ich diese Position dennoch nicht als mögliche Art und Weise, wie Wolterstorff zu verstehen sein könnte, in Betracht gezogen: Zum einen weist sie dieselben Probleme auf, die bereits gegen Wolterstorff vorgebracht wurden, da sie Vorkommen ebenfalls als einfache Entitäten behandelt. Zweitens bleibt unklar, was genau „Art von Identität“ hier meint. Insofern ist ein solches Verständnis der Gattung/Spezies-Beziehung zur Aufklärung von Wolterstorffs „ist ein Einzelfall von...“-Beziehung wenig hilfreich. Schließlich und mit am Wichtigsten ist hervorzuheben, dass Wolterstorff selbst auf den Seiten 147-148 in On Universals deutlich macht, dass eine Universalie über viele Vorkommen verfügen kann, jedoch dabei nicht individualisierbar ist. Da Jones und Cook Wilson annehmen, dass ein Vorkommen mit seiner individualisierten Universalie identisch ist, kann das nicht Wolterstorffs Sinn von „ist ein Einzelfall von...“ sein.

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tig zu erkennen ist, wie diese Beziehung die von ihr geforderte Aufgabe erfüllen kann – wie wird nun eine Art mit ihrem Einzelfall verknüpft? Es ist jedenfalls keine Teil-Ganzes-Beziehung, da die Art keinen eigenständigen Bestandteil in ihren Einzelfällen bildet. Und wenn die Beziehung der Prädikation als eine Form der Bestandteil-Ganzes-Beziehung gedeutet wird (d.h. wenn A von B prädiziert wird, dann bildet A einen Bestandteil in B), dann ist es schlicht keine Prädikationsbeziehung mehr – und auch keine Modell-Kopie-Beziehung. Die einzige noch verbliebene, plausible Interpretation von „ist ein Bestandteil von ...“ wäre, sie als Klassifikationsbeziehung zu deuten. Wenn also Sokrates' Röte ein Einzelfall der entsprechenden Art darstellt, wird sie zusammen mit den anderen roten Einzelfällen als Mitglied der Röte klassifiziert. So ist „ist ein Einzelfall von …“ dem „∈“ der Mengenzugehörigkeit sehr ähnlich – abzüglich Wolterstorffs Vorbehalte zu den Unterschieden zwischen Mengen und Arten. Aber auch wenn Wolterstorff dies tatsächlich unter „ist ein Einzelfall von ...“ versteht, gibt er uns keinen Grund, weshalb ein roter und nicht etwa ein grüner Einzelfall der Röte als Art zugerechnet werden sollte. Die an sich naheliegende Begründung, dass ein roter Einzelfall Röte als Bestandteil in sich tragen würde, während dies auf einen grünen nicht zutrifft, fällt schon einmal aus: Der rote Einzelfall zählt Röte definitiv nicht zu seinen Bestandteilen. Auch gründet Wolterstorff seine Beziehung der Mitgliedschaft nicht auf eine Form der Gleichheits-Beziehung. Vielleicht ist für ihn die Einheit der Mitglieder einer Art ähnlich wie Stouts distributive Einheit von Klassen eine Form von letztendlicher, nicht weiter hintergehbarer Einheit. Allerdings haben wir in Kapitel 1 und 3 auch einige Probleme dieser Ansicht herausgearbeitet, die wir hier nicht zu wiederholen brauchen. Daher bleibt die Beziehung „ist ein Einzelfall von … “ undefiniert und unbrauchbar, was damit auch Wolterstorffs Behandlung der Exemplifikation betrifft. Weiterhin treffen viele der in Kapitel 3 aufgetauchten Probleme bezüglich Tropen auch auf Wolterstorffs Einzelfälle zu, die ebenfalls Tropen darstellen. Mit an erster Stelle steht in diesem Zusammenhang ihre Einfachheit. Es dürfte zweckdienlich sein, hier zwei große Schwierigkeiten herauszuarbeiten. Zum einen stellt sich die Frage, wie ein Einzelfall zu seinem Wesen kommt. Da er etwa Röte nicht als seinen Bestandteil in sich trägt (was für ihn nur als komplexe Entität möglich wäre), schrumpft er zu einem bloßen Einzelding. So steckt etwa das „rot“ von „rot1“ nicht im Einzelfall. Dies Schwachstelle wurde von Herbert Hochberg hervorgehoben. Er schreibt: „[A]s long as such a view acknowledges qualities, its instances

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might just as well be bare particulars. The use of instances is significant only when used as a [Moderate] Nominalistic gambit“.17 D.M. Armstronng merkte einmal an, dass dadurch unterschiedliche Einzelfälle, also beispielsweise ein gelber und ein roter (er bezeichnete sie als „Stout'sche Einzeldinge“), nicht voneinander unterschieden werden können und schreibt: „The question is: is there any reason present in the nature of the first Stoutian particular, but lacking in the nature of the second Stoutian particular, why the first particular has this universal property? If there is no reason, then it seems that the Stoutian particulars, in abstraction from their universal properties, indistinguishable from each other, which seems absurd.“18

Aber selbst wenn es irgendwie gelingen sollte, die Röte in jeden Einzelfall zu bringen, sind selbige doch immer noch einfach, so dass für ihre Individualität noch keine Erklärung vorliegt. Wenn das Wesen zweier roter Einzelfälle nicht schlicht vorhanden ist sondern in ihnen steckt, ist es eine in beiden vorkommende Universalie. Da aber Einzelfälle einfach sind, kann damit ihre Individualität nicht mehr begründet werden. Wolterstorff meint nun, dass er über eine Lösung für dieses Problem verfügt. Er schreibt, dass es eine bestimmte Eigenschaft gibt, die notwendigerweise diesem und nur diesem Individuum zukommt: Die Eigenschaft, mit sich selbst identisch zu sein. Für jedes Individuum A gilt, dass nur A allein die Eigenschaft hat, mit A identisch zu sein, und eben dies verschafft ihm seine Individualität. So wird beispielsweise rot1 durch die Eigenschaft „mit rot1 identisch zu sein“ individuiert.19 Das aber ist jetzt keine elementare Eigenschaft mehr, sondern, wie wir in Kapitel 7 noch detailliert sehen werden, nur noch eine unechte Eigenschaft, welche die Existenz von A bereits voraussetzt, um die eigene zu sichern – was geradewegs in einem vitiösen Zirkel führt. Alles in allem scheint Wolterstorff also keine angemessene Erklärung für die Individuation verschiedener Einzelfälle derselben Art angeben zu können. Zusammenfassung

Zusammenfassend scheint Wolterstorffs Ansatz nicht als Variante des Rea17

H. Hochberg: „Things and Qualities“. In: W.H. Capitan und D.D. Merrill (Hg.): Metaphysics and Explanation (Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 1964), 95. Vgl. auch H. Hochberg: „Universals, Particulars, and Predication“. In: The Review of Metaphysics 19 (September 1965), 100. 18 Armstrong, Nominalism and Realism, 87. 19 Wolterstorff, „Bergmann's Constituent Ontology“, 118-121.

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lismus eingeordnet werden zu können. Seine Arten sind keine echten Universalien, da sie nicht vielfach exemplifizierbar sind. Sie sind keine mit sich selbst identischen Entitäten, die als Bestandteile in nicht miteinander identische Einzelfälle eingehen könnten. Arten sind Sammlungen ihrer ganzen Einzelfälle, während Universalien keinerlei Sammlung von irgendwas darstellen. Wo Arten Mitglieder haben, sind Universalien bestimmten Vorkommen zugeordnet. Die Dinge gehören nicht zu ihren Universalien, sondern verfügen über diese. Ein weiterer Grund, Wolterstorffs Theorie nicht als realistisch einzustufen, ist seine Einführung von einfachen Entitäten, den Einzelfällen, deren Wesen nicht in ihnen selbst liegt. Um hier dennoch innerhalb des realistischen Ansatzes zu verbleiben, hätte Wolterstorff seiner eigenen Kritik von Bergmann mehr Beachtung schenken sollen. Dort argumentiert er, dass Bergmanns Festhalten an bloßen Einzeldingen einzig dazu dient, seine Verbindung zum Realismus sicherzustellen; er scheint dabei zu implizieren, dass dies für einen Realisten keine notwendige Strategie darstellt.20 Ganz im Gegenteil würden jedoch bloße Einzeldinge Wolterstorffs Abgleiten in den gemäßigten Nominalismus aufhalten. Mithilfe der bloßen Einzeldinge könnte er Einzelfälle zu komplexen Entitäten erklären, deren Wesen durch einen Universalien-Bestandteil begründet wird, während das bloße Einzelding ihre Individualität erklärt. Aber so wie die Sache steht, scheint eher John Perrys Kommentar zuzutreffen: „Wolterstorff describes his views as 'something of a rapprochement between classical realism and classical nominalism'. I am inclined to call it an uneasy compromise. We have all the universals the Realist wants and more, but they explain just what the Nominalist thinks they explain: nothing.“21

D.M. Armstrong Armstrong über Naturalismus und Physikalismus Armstrong nähert sich dem Universalienproblem von einer Reihe allgemeinerer philosophischer Festlegungen her, darunter den Naturalismus und den Physikalismus.22 Für Armstrong impliziert der Naturalismus, dass es 20

Ebd., 134. J. Perry: „Review of On Universals, by Nicholas Wolterstorff“. In: The Journal of Philosophy 71 (Mai 1974), 254. 22 Siehe Armstrong, Nominalism and Realism; Armstrong, A Theory of 21

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nichts außerhalb der Welt gibt, die wiederum als ein einzelnes raumzeitliches System beschrieben werden kann. Er behauptet auch, dass sich die Welt aus der Gesamtheit aller Sachverhalte ergibt, wobei sich alles Existierende innerhalb des raumzeitlichen Systems befinden muss; nichts darf außerhalb der Raumzeit existieren. Darüber hinaus gewähren uns die Naturwissenschaften unbeschadet der naiven Spielarten unserer alltäglichen Erfahrungen detailliertes Wissen über die Wirklichkeit. Schließlich akzeptiert Armstrong den sogenannten reduktiven Physikalismus, gemäß dem die Welt durch eine abgeschlossene Physik vollständig beschrieben werden kann. Weiterhin bekräftigt er, dass seine Variante des Physikalismus als starker Physikalismus bezeichnet werden sollte: Als Einzeldinge existieren innerhalb der Raumzeit nur solche Entitäten, die sich nach den Gesetzen der Physik bestimmen lassen. Zudem lassen sich alle elementaren Universalien mittels der Physik studieren. Die daraus ableitbaren erststufigen Universalien wiederum bestehen aus nichts als Strukturen der elementaren Universalien, die mittels elementarer Gesetze miteinander verknüpft werden. Armstrong ist sich darüber im klaren, dass ein Naturalist Universalien ohne jedes Vorkommen ablehnen muss, und zusätzlich auch solche Klassen von Universalien, die nicht zu den natürlichen, unter einer kausalphysikalischen Beschreibung vertretbaren Eigenschaften und Beziehungen zählen sowie jegliche Form von Wissen a priori. Die Argumente, mit denen er all diese Behauptungen stützt, sollen hier nicht weiter verfolgt werden. Andererseits hält er dafür, dass alle Varianten des Nominalismus abzulehnen sind und eine robuste Version des Realismus über Universalien innerhalb eines naturalistisch-physikalistischen Weltbildes möglich ist. Seine eigene Variante eines „Realismus“ stellt einen solchen Versuch dar. Im Zentrum seines Modells stehen dabei das Wesen der Universalien, die Prädikations-„Beziehung“ und eine mit einem Naturalismus zu vereinbarende Individuation. Bevor wir uns die Armstrong'sche Auslegung dieser Merkmale im Detail anschauen, ist es hilfreich, sich eine von Armstrong angenommene Beschränkung bei der Ausbildung einer angemessenen Theorie für Universalien in Erinnerung zu rufen: So gibt eine physikalistische Variante des Naturalismus die Konturen vor, innerhalb derer eine solche Theorie entUniversals; D.M. Armstrong: „Natrualism, Materialism, and First Philsophy“. In: Philosophia 8 (1978), 261-276; Armstrong, „Can A Naturalist Believe in Universals?“; Armstrong, Universals; D.M. Armstrong: A World of States of Affairs (Cambridge: Cambridge University Press, 1997).

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wickelt werden kann. Das heißt für ihn insbesondere, dass in seiner Ontologie keine nicht in Zeit und Raum befindlichen Entitäten vorkommen dürfen. Nach Armstrong müssen sämtliche Entitäten seiner naturalistischen Ontologie räumlich lokalisierbar sein; das Wissen um sie kann mittels eines physikalischen, kausalen Prozesses bestimmt werden; sie müssen fähig sein, in kausale Beziehungen einzugehen; und ihre Existenz muss wissenschaftlich-kausal erklärbar sein. Als Illustration mag folgendes Beispiel dienen, in dem Armstrong eine naturalistisch-externalistische Epistemologie verwendet, um ein ontologisches Problem zu lösen: „If any entities outside this [spatio-temporal] realm are postulated, but it is stipulated further that they have no manner of causal action upon the particulars in this realm, then there is no compelling reason to postulate them“.23 In diesem Zusammenhang behauptet Armstrong, dass Kausalität die einzige Möglichkeit für etwas darstellt, mit natürlichen Entitäten zu interagieren – eingeschlossen kognitive Prozesse, insoweit sie Gegenstand von Wissen sein können. An anderer Stelle gibt Armstrong das folgende Kriterium für eine annehmbare naturalistische Ontologie aus: „I suppose that if the principles involved [in analysing and explaining the origin of or processes of change in things within the single all-embracing spatiotemporal system which is reality] were completely different from the current principles of physics, in particular if they involved appeal to mental entities, such as purposes, we might then count the analysis as a falsification of Naturalism.“24

Als Naturalist lehnt Armstrong explizit interne Beziehungen wegen ihrer fehlenden raumzeitlichen Verortbarkeit ab.25 Vor diesem Hintergrund nun sollte also Armstrongs Theorie der Universalien verstanden werden. Armstrongs Universalien Der einzige Weg, auf dem Armstrong einen Realismus bezüglich Universalien aufrechterhalten und dabei gleichzeitig bestreiten kann, dass sie außerhalb von Raum und Zeit existieren, ist die Zurückweisung des Axioms des Orts: Demnach kann keine Entität an verschiedenen räumlichen Orten gleichzeitig existieren oder auch nur zu unterbrochenen Zeitintervallen. 23

Armstrong, Nominalism and Realism, 130. Armstrong, „Naturalism, Materialism and First Philosophy“, 262. 25 Armstrong, „Can A Naturalist Believe in Universals?“, 111-112; Armstrong, A Theory of Universals, 84-88. 24

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Armstrong weist dieses Axiom zurück und behauptet, dass Universalien an vielerlei Orten zugleich existieren können, wo immer sie einem Einzelding zugeordnet werden können. Dementsprechend sind Universalien Entitäten, die sich räumlich bei ihrem Einzelding befinden und an jedem Ort, an dem sie exemplifiziert werden, vollständig existieren. An einer Stelle scheint Armstrong der allzu wörtlichen Deutung einer vielfachen Verortung von Eigenschaften entgegentreten zu wollen und stattdessen für die Ansicht zu plädieren, dass sie „in“ den entsprechenden Sachverhalten existieren, die dann selbst wiederum raumzeitlich im Komsos lokalisiert werden können; in diesem Sinn bilden sie dann einen Bestandteil des Kosmos.26 Aus dreierlei Gründen möchte ich diese Linie aber nicht weiter verfolgen. Zum einen steht es im Gegensatz zu allem, was er sonst über die raumzeitliche Verortbarkeit als Kriterium für ontologische Festlegungen sagt; so schreibt er etwa, dass interne Beziehungen aufgrund ihrer fehlenden Lokalisierbarkeit abgelehnt werden sollten. Dies mag eine Ursache dafür sein, dass er an der erwähnten Stelle lediglich davon spricht, dass er einen „Hang“ zu dieser Sicht der Dinge verspürt, und nicht, dass dies sein wohlüberlegtes Urteil darüber darstellt. Dieser Überlegung folgend scheint er kurz darauf die raumzeitliche Verortbarkeit jeder existierenden Entität nochmals zu bekräftigen.27 Zum zweiten hat Reinhardt Grossmann betont, dass Armstrong mit seiner Aussage, alle Beziehungen außer den raumzeitlichen müssten in Raum und Zeit verortbar sein, genau das zugesteht, was der Anti-Naturalist behauptet – dass sie nämlich abstrakte Gegenstände sind, gegen deren Existenz sich Armstrong mit übergroßer Deutlichkeit wendet.28 Daher scheint die von Armstrong getroffene Aussage über Beziehungen mehr zu beinhalten, als er selbst beabsichtigte. In jedem Fall würde die Richtigkeit von Grossmanns Behauptung (und sie scheint richtig zu sein) Armstrongs Zugeständnis in völligen Widerspruch zum metaphysischen Charakter seines gesamten philosophischen Programms stellen. Grossmanns Anmerkung lässt sich ganz analog auch auf eine entsprechende Aussage bezüglich nonrelationaler Eigenschaften anwenden. Drittens schließlich gründen sich Armstrongs hauptsächliche Bedenken gegen ohne jede Vorkommen existierende Universalien darauf, dass sie „in einem anderen Reich“ ganz außerhalb von Raum und Zeit existieren müssten. Wenn aber sein Bestreben dahin geht, solche Entitäten außen vor 26 27 28

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Siehe Armstrong, Universals, 75-77, 81-82, 98-99. Ebd., 8, 39-41. Siehe Grossmann, The Existence of the World, 27-28.

zu lassen, ist seine dagegen gerichtete Forderung, sie müssten über konkrete Vorkommen verfügen, nicht hinreichend, dies auch abzusichern. Denn die traditionellen Realisten werden dem entgegnen, dass Eigenschaften auch dann noch abstrakte Gegenstände darstellen, so lange sie auf eine nicht-raumzeitliche Weise „in“ ihren Vorkommen vorliegen. Daher muss Armstrong seine Eigenschaften lokalisierbar halten, wenn er nicht in Gefahr laufen will, sie als abstrakte Gegenstände auszuweisen; es reicht nicht aus, sie als exemplifiziert darzustellen. Zusammenfassend ist daher als konsistenteste Lesart Armstrongs diejenige vorzuziehen, welche die meisten seiner Aussagen über Universalien als wahr ausweist – und die spricht für vielfach lokalisierbare Entitäten. Armstrong über Prädikation und Individuation Armstrongs Behandlung von Prädikation und Individuation hängen eng miteinander zusammen. Universalität und Besonderheit sind, wie er schreibt, zwei nicht voneinander trennbare Hinsichten jedweder Existenz, die weder aufeinander zurückführbar noch aufeinander bezogen sind, und obwohl sie voneinander unterschieden werden können, ist ihre Einheit doch größer als die Einheit einer Beziehung. Die Unterscheidung zwischen Universalität und Besonderheit ist Duns Scotus' formaler Unterscheidung sehr ähnlich und für Armstrong mit der Art und Weise vergleichbar, in der Form und Größe in einem Einzelding zusammen finden. Dies führt ihn zur Unterscheidung zwischen dichten und dürftigen Einzeldingen. Ein dichtes Einzelding ist ein Sachverhalt (also etwa As FSein) und als solcher ein Einzelding nebst Eigenschaften. Das Einzelding „entfaltet“ seine Eigenschaften, die sodann räumlich dort platziert werden, wo sich das dichte Einzelding befindet. In der Aussage „das ist heiß“ bezieht sich das Wort „das“ auf ein dichtes Einzelding und sagt aus, dass sich unter seinen Eigenschaften auch das Heiß-Sein befindet. Bei einem dürftigen Einzelding wird von dessen Eigenschaften abstrahiert. Es stellt nicht per se ein Ding da, sondern bezieht sich auf die bloße nummerische Unterscheid- oder Beziehbarkeit, den individuierenden Faktor, der aus dem dichten Einzelding mehr als ein Bündel von Universalien werden lässt. Armstrongs Theorie der Individuation muss noch ein wenig fortentwickelt werden, damit wir sie hinreichend verstehen. Er lehnt einen transzendentalen Realismus zugunsten eines immanenten Realismus ab. Wie wir gleich noch sehen werden, befindet er sich über die wahre Natur dieser Unterscheidung im Unklaren, aber so weit er sie versteht, verfügt der transzendentale Realismus über Universalien, die vollkommen unabhängig

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von ihren Vorkommen bestehen, wohingegen der immanente Realismus ihnen ihr Sein in ihren Vorkommen zuweist. Wie gesehen, finden sie nach Armstrong ihr Sein am selben Ort wie ihre Einzelvorkommen, die sie „entfalten“. Armstrong hat einmal einen von ihm so bezeichneten relationalimmanenten Realismus abgelehnt, verstanden als die Ansicht, dass ein dichtes Einzelding einen komplexen Sachverhalt bildet, bestehend aus einer Universalie, einem bloßen Einzelding oder Substratum und dem relationalen Bindeglied der Prädikation. Sein grundlegendes Argument dagegen basiert auf Bradleys berühmtem Regress-Argument gegen Beziehungen, dem es zum Opfer fallen soll: Wenn ein Substratum mittels einer Beziehung mit einer Eigenschaft verbunden werden soll, benötigt es eine weitere Beziehung zur Festigung der ersten und so weiter. Davon ausgehend meint Armstrong, dass eine non-relationale Form des immanenten Realismus nötig wird – eine Variante, wie er sie mit seiner Unterscheidung von dichten und dürftigen Einzeldingen vertreten will. Er schreibt dazu: „This version of Immanent Realism [is one] which distinguishes the particularity from the properties of a particular, while denying that the two aspects are related“.29 Zusammengefasst unterscheiden sich Besonderheit und Universalität also durch eine formale Unterscheidung, erscheinen als ununterscheidbar und dabei untrennbar, und sind viel zu eng miteinander verwoben, um aufeinander bezogen zu sein. In seinen jüngeren Ausführungen folgt Armstrong Frege und ist bestrebt, die Exemplifikation in seinen Begriff der Universalie selbst mit einzubauen.30 Er meint jetzt, dass Eigenschaften an sich ungesättigte Entitäten darstellen, die mit Einzeldingen aufgefüllt werden müssen; er ersetzt damit seine frühere Vorstellung, die Universalien als eigenständige Entitäten einstufte, die dann von Einzeldingen exemplifiziert werden. Nach Armstrong wird durch diesen Schritt Bradleys unendlicher Regress vermieden, der (vorgeblich) durch eine Auffassung von Exemplifikation als einer Art von Beziehung ausgelöst wird. Zudem wird damit die Tatsache erklärt, dass Universalien von Sachverhalten abhängig sind und es keine Universalien ohne Vorkommnisse geben kann. Leider scheint dieser Schachzug nicht mehr als ein verbales Manöver zu sein, müssen Universalien doch nun gleich zwei Aufgaben übernehmen – sie besitzen eine intrinsische Natur und kommen etwas anderem zu –, anstatt dass es zwei Entitäten geben würde, die jeweils eine dieser Aufgaben zufällt. Es ist schwer einzusehen, weshalb die erste Alternative der zweiten 29 30

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Armstrong, Nominalism and Realism, 109. Siehe Armstrong, A World of States of Affairs, 28-31.

gegenüber vorgezogen werden sollte. Darüber hinaus muss nun das Merkmal des Ungesättigt-Seins als wirkliche Eigenschaft von ansonsten ihrer Qualität nach unterschiedlichen Universalien aufgefasst werden (da sich z.B. Röte und Grünheit ihrer qualitativen Natur nach unterscheiden, ihrer Möglichkeit zur Sättigung jedoch nicht). Dann aber ist nicht recht einzusehen, wie Ungesättigt-Sein ein räumlich bestimmbares Merkmal sein kann, gleich ob es nun der Universalie zukommt oder dem Sachverhalt, in den es eingeht. Hier ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass nach Frege weder Begriffe noch ihr ungesättigtes Sein räumlich bestimmbar sind. Drittens stehen auch noch andere Auswege zur Abwehr des Bradley'schen Regresses offen. Diese Strategien sind wohlbekannt und müssen sich nicht auf den Begriff der Sättigung berufen. Einige davon werden wir in Kapitel 6 noch genauer kennenlernen. Schließlich kann Armstrong auch hinsichtlich der Abhängigkeit der Universalien von Sachverhalten keinerlei Boden gut machen, und gleiches gilt für seine Ablehnung von uninstantiierten Universalien. Frege selbst nahm an, dass Begriffe auch ohne ihre Einbindung in Sachverhalte existieren können, mithin (wie Armstrong sagen würde) auch ohne jede „Sättigung“. Warum also sollte etwas nicht auch ungesättigt existieren können? – Ohne weitergehende Argumentation (die bei Armstrong ausbleibt) bietet die bloße Zuflucht zum Begriff der Sättigung nebst dem Auffüllen einer Universalie durch ein Einzelding keinerlei Rechtfertigung für die von Armstrong verfolgten Ziele. Ganz im Gegenteil wurde Freges Ontologie mitsamt seinen Ansichten zur Sättigung lange Zeit als Gegensatz zum naturalistischen Weltbild betrachtet.31 Bewertung von Armstrongs Realismus Ist Armstrongs Variante des Realismus ein vielversprechender Weg, Eigenschaften innerhalb eines naturalistischen Weltbildes einen Platz zuzuweisen? Scheinbar nein; um zu sehen weshalb, werden wir uns zunächst mit einigen allgemeinen Fragestellungen zu Armstrongs Theorie der Eigenschaften beschäftigen, um uns dann speziell Fragen zu Besonderheit und Indivduation zuzuwenden. Zum einen bleibt unklar, ob sein Verständnis von Eigenschaften mit einem Naturalismus überhaupt kompatibel ist – selbst wenn man es aus anderen Gründen als annehmbar betrachtet. So scheinen Naturalisten das Axiom der Verortbarkeit anerkennen zu müssen – eine Behauptung, die 31

Eine ausgezeichnete Analyse von Freges Ontologie bietet E.D. Klemke (Hg.): Essays on Frege (Urbana, Ill.: University of Illionois press, 1968).

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von den meisten Naturalisten durchaus bejaht wird. Dabei scheinen paradigmatische Fälle naturalistischer Entitäten dem Prinzip der In totoVerortung (PIV) zu gehorchen: PIV: Wenn eine Entität e in toto an einem Ort O existiert, gilt (1), dass eventuell bestehende Teile von e nur innerhalb der Teilregionen von O existieren können, und (2), dass weder e noch irgendeines seiner Teile in einen anderen Ort P hineinragen, wobei P nicht identisch mit O ist und auch keinen Bestandteil von O bildet. Wenn die Erfüllbarkeit von PIV eine notwendige Bedingung für naturalistische Entitäten darstellt, können Armstrongs Universalien keine naturalistischen Entitäten sein. Es ist einfach nicht ersichtlich, wie Entitäten, die vollständig und mit all ihren Teilen in all ihren Verkörperungen vorhanden sind, den von einem Naturalismus akzeptierten Entitäten noch hinreichend gleichen können, ohne dass dabei Konsistenz und Ökonomie einer solchen Ontologie aufgeben wird. Aber auch abseits von PIV würden es die meisten Naturalisten als befremdlich einstufen, wenn eine Entität sich zugleich in Bewegung und dennoch in einem Ruhezustand befinden könnte – wenn sich eine derartige Sichtweise überhaupt kohärent beschreiben lässt. Dennoch geben sich Armstrongs Eigenschaften genau als solche Entitäten aus: Wenn ein ruhendes Einzelding x über die Eigenschaft F verfügt, die auch einem anderen, sich bewegenden Einzelding y zukommt, so folgt daraus (da F sich an der Stelle der beiden Einzeldinge aufhält), dass F sich sowohl bewegt als auch still steht. Daher sind solche Universalien für den Naturalismus meiner Meinung nach ebenso unbrauchbar wie die von ihm abgelehnten abstrakten Gegenstände. Hiergegen könnte eingewendet werden, dass sich einzig Einzeldinge den Gesetzen der Bewegung unterzuordnen haben, während dies auf Eigenschaften nicht zutrifft. Wie man Armstrong zugute halten muss, gesteht er aber problemlos ein, dass sich in einem konsistenten Naturalismus Universalien und Einzeldinge darin ähneln müssen, dass beide gleichermaßen raumzeitlich bestimmbar sind. Warum aber sollte man dann nicht zusätzlich fordern, dass sie sich demgemäß auch nicht gleichzeitig bewegen und nicht bewegen dürfen? Wenn Armstrong nun daran geht, das zweite Kriterium aufzuweichen, weshalb sollte man mit dem ersten nicht ebenso verfahren? Zumindest schuldet er uns hier eine genauere Erörterung dieses Problems, die er aber bisher meines Wissens noch nicht vorgelegt hat.

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Zum zweiten ist nicht klar, weshalb Eigenschaften am Ort ihrer Vorkommen verortet werden sollten.32 Einerseits scheint es für viele Eigenschaften (gerade sein, rund sein) und Beziehungen (die musikalischen Beziehungen zwischen den Tönen in einem Akkord, der Vater von jemandem sein, verschiedene logische Beziehungen) keinen Sinn zu ergeben, sie als räumliche, naturalistische Eigenschaften oder ebensolche Beziehungen zu betrachten. Armstrong könnte nun solche Entitäten mit der Begründung ablehnen, dass ihnen keine kausale Wirksamkeit und somit auch kein Sein zukommt. Dies würde viele Philosophen allerdings nur darin bestärken, derartige Seins-Kriterien als verfehlt einzustufen und so die Kriterien statt der von ihnen mit Zweifel betrachteten Eintitäten aus ihrer Ontologie auszuschließen. Darüber hinaus steht dem traditionellen Realisten, der Eigenschaften als abstrakte Gegenstände ansieht, für Sachverhalte, in denen ein roter Ball auf dem Tisch liegt (hier würde Armstrong sagen, dass auch die Röte räumlich auf dem Tisch verortbar ist), eine reduktive Paraphrase zur Verfügung: Demnach liegt der Ball zwar auf dem Tisch und die Röte ist „im“ Ball, allerdings ist dabei nur der Ball örtlich bestimmt, nicht aber seine Eigenschaft. Mit der Paraphrase des Realisten kann die räumliche Position des Balls soweit erforderlich bestimmt werden, und enthält neben einem räumlichen Einzelding (dem Ball) noch zwei weitere, nicht-räumliche Entitäten (Röte und die Art und Weise, wie sie „im“ Ball vorliegt). Dabei kann das konkrete Vorkommen der Röte räumlich sein, ohne dass dies auch die Röte selbst betrifft, die ebenfalls „in“ ihrem Vorkommen steckt. Anders ausgedrückt kann jedes für den Sachverhalt relevante, räumliche Prädikat entweder dem Ball oder dem Vorkommen von Rot (Husserl bezeichnete dies als „Moment“)33 zugerechnet werden. Das aber macht die Röte selbst noch nicht zu etwas Räumlichen. Wenn man seine Sinne auf etwas Räumliches hin ausrichtet, nimmt man ein bestimmtes Vorkommen von Röte wahr (etwa in Form des Balls), nicht die Röte an sich. Die Röte ist eine Farbe, sie verfügt über einen bestimmten Farbton, eine gewisse Helligkeit und Sättigung, ähnelt dem Orangenen mehr als dem Blauen und so weiter. Diese und alle weiteren über die Röte bekannten Tatsachen sind nicht räumlicher Natur. Räumliche Prädikate können also nur von den einzelnen Vorkommen der Röte ausgesagt werden, nicht aber von der Röte selbst. 32

Wie Reinhardt Grossmann gezeigt hat, erweist sich Armstrongs Annahme von räumlichen Beziehungen noch als problematischer als seine Theorie der Eigenschaften. Siehe Grossmann, The Existence of the World, 26-28, vgl. 51-57. 33 Siehe Moreland, „Was Husserl a Nominalist?“.

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Drittens drücken trotz Armstrongs gegenläufiger Behauptung Aussagen wie (1) Rot ist eine Farbe. und (2) Rot ähnelt mehr Orange als Blau. notwendige Wahrheiten aus, deren Modalität in der de re-Notwendigkeit von Universalien sowie der dafür relevanten Beziehungen zwischen oder unter ihnen begründet liegt. Traditionell werden solche Aussagen als Vernunftwahrheiten angesehen, als synthetische Wahrheiten, die a priori gelten und daher in allen möglichen Welten wahr sind, selbst wenn es dort keine roten Einzeldinge geben sollte. Allgemein gesprochen gibt es für jede Universalie F eine mögliche Welt w1, in der F zwar existiert, jedoch von keinem Gegenstand exemplifiziert wird. Propositionen wie (1) und (2) sind in allen möglichen Welten wahr, was nach der Ansicht der traditionellen Realisten einmal im Status von Universalien als notwendigen Entitäten begründet liegt, deren Existenz von der Existenz sie exemplifizierender Einzeldinge unabhängig bleibt, sowie weiterhin in den zwischen ihnen herrschenden Gattung/Art-Beziehungen und ihren sonstigen internen Verhältnissen. So drückt etwa (1) eine Gattung/Art-Beziehung zwischen einem Bestimmbaren (farbig sein) und einem Bestimmten (rot sein) aus. (2) gibt demgegenüber eine interne Beziehung wieder, die sich aus der qualitativen Ordnung der Bestimmungsfaktoren einer höherstufigen, bestimmbaren Universalie ergeben, dem Farbigsein. Sowohl Wahrheit als auch Modalität dieser Propositionen sind vermutlich a priori erkennbar. Zwei Argumente sind für Armstrongs gegen transzendentale Universalien gerichteten Ansatz zentral. Das erste beruht auf seinem kausalen Kriterium für Seiendes. Allerdings scheint es im vorliegenden Zusammenhang bereits vorauszusetzen, was zuallererst gezeigt werden soll und insgesamt weniger plausibel auszufallen als die alternative Annahme einer Existenz von Universalien ohne jede Vorkommen; mehr dazu in Kapitel 6. Das zweite steht für ein schwerwiegendes Missverständnis darüber, was es heißt, dass der Universalie F eine transzendentale Natur zukommt. Armstrong scheint davon auszugehen, dass für die Verteidiger transzendentaler Universalien solche Entiäten abgesondert von der raumzeitlichen Welt existieren; d.h., Eigenschaften bestehen selbstständig und vollkommen losgelöst von ihren Vorkommen in einer eigenen Welt; sie gehen in keinster

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Weise in das Sein ihrer Vorkommen ein.34 Dies führt Armstrong zur Einführung des von ihm so bezeichneten Prinzips der Instantiierung: Für jede Eigenschaft P gibt es (wenngleich nicht notwendigerweise jetzt) ein Einzelding x, so dass Px gilt. Leider sind Armstrongs diesbezügliche Behauptungen verworren. Zum einen gilt die Debatte zwischen Platonikern und Aristotelikern über die Beziehung zwischen Eigenschaften und ihren Vorkommen nicht der „Verortung“ der Eigenschaften (so dass sie sich entweder in Platons Ideenhimmel befinden oder räumlich in ihren Vorkommen aufhalten), sondern der ontologischen Unabhängigkeit von ihren Vorkommen. Zum zweiten haben wir bereits angemerkt, dass selbst ein Vertreter abstrakttranszendentaler Universalien zugestehen kann, dass sie in ihre Vorkommen „eingehen“ – eine Problemstellung, die in Kapitel 5 noch weiter entwickelt wird. Demgegenüber scheint Armstrong anzunehmen, dass eine bestimmte Lesart von Platon, derzufolge Eigenschaften als vollkommene Einzeldinge dargestellt werden, die in den sie zukommenden Vorkommen lediglich als Kopie auftreten, die einzig mögliche Spielart eines transzendentalen Realismus bildet, was schlicht falsch ist. Die Frage hier bleibt, auf welche Weise eine Eigenschaft nun genau „in“ ihr Vorkommen eingeht. Zum dritten offenbart Armstrongs Erörterng des Prinzips der Instantiierung ein weiteres Problem seiner Position. So behauptet er, das eine Eigenschaft auch dann existieren kann, wenn sie nicht gerade in einem Vorkommen exemplifiziert wird, vorausgesetzt, dass dies zu einem anderen Zeitpunkt der Fall ist oder war. Vermutlich würde ihm das die Annahme von Eigenschaften erlauben, die ontologisch (wenn auch nicht zeitlich) vor dem Big Bang bestehen, oder auch Eigenschaften (beispielsweise gewisse Farben), die erst kürzlich exemplifiziert wurden. Wie aber kann die derzeitige Existenz einer Entität von etwas abhängen, das erst in der Zukunft (oder bereits in der Vergangenheit) in Raum und Zeit instantiiert werden wird? Und wie sollen wir uns einen gegenwärtigen Modus der Existenz vorstellen? Wie passt das alles mit einer naturalistischen Ontologie zusammen? Dies alles sind schwerwiegende Fragen, auf die wir in Kapitel 6 wieder zurückkommen werden. Aber selbst wenn wir das Prinzip der Instantiierung zulassen, folgt daraus noch nicht, dass Eigenschaften am Ort ihrer Vorkommen lokalisiert werden können, sondern einzig, dass ihre Existenz in irgendeiner Weise von ihren Vorkommen abhängt. Es könnte also immer noch sein, das Ei34

Armstrong, Nominalism and Relaism, 64-66, 68-69, 102; Armstrong, A Theory of Universals, 3, 76.

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genschaften als abstrakte Entitäten in nichträumlicher Weise „in“ ihre Vorkommen eingehen. Zusammengefasst erscheint Armstrongs Blick auf die Theorie transzendentaler Universalien historisch inakkurat und überdies Probleme ganz eigener Art aufzuwerfen. Aus diesen Gründen erscheint seine Ablehnung der Existenz transzendentaler Universalien wenig erfolgsversprechend. Wenn wir uns jetzt seine Theorie der Besonderheit und Individuation betrachten, wendet sich diese Bewertung nicht zum Besseren. Tatsächlich wird nicht ganz klar, wie seine Ansichten darüber nun genau ausschauen. Wenn er den Unterschied zwischen Universalität und Besonderheit als formale Unterscheidung zwischen nicht unbedingt miteinander verbundenen „Entitäten“ auffasst, dann führt dies wie im Fall von Campbell zu der Behauptung ihrer Identität. Wenn er andererseits meint, dass ein dürftiges Einzelding (Entität a) den Bestandteil eines dichteren Einzeldings (Entität A) bildet, die nicht mit einer oder mehreren Eigenschaften von A identisch ist, scheint dies auf eine Version des immanenten Realismus der bloßen Einzeldinge hinauszulaufen. In diesem Fall wird das dürftige Einzelding zu einem bloßen, individuierenden Einzelding, und das dichte Einzelding benötigt das dürftige, um überhaupt ein Einzelding zu sein. Das ist der bereits bekannte „Sieg des Besonderen“. Dennoch wird auch hier der Sieg des Besonderen vom Sieg des Räumlichen begleitet, so dass nach dieser zweiten Lesart Armstrongs die Universalie in A und die Prädikationsbeziehung zwischen ihm und dem dürftigen Einzelding leicht als nicht-raumzeitlich verfasst betrachtet werden kann. Wenn dies die bestmögliche Analyse dichter Einzeldinge darstellt, scheint Armstrong nach seinen eigenen Behauptungen über die Erfordernisse einer naturalistischen Theorie der Eigenschaften eben diesen Naturalismus für sich auszuschießen. Andererseits könnte eingewendet werden, dass Armstrongs frühe Ansichten über Besonderheit und Individuation in einen gemäßigten Nominalismus münden, und dass es kein Zufall ist, dass Armstrong in einigen seiner späteren Schriften dem gemäßigten Nominalismus offener gegenübersteht als in seinen früheren.35 An einer Stelle schreibt er: „So provided you abandon uninstantiated universals (good riddance, I say), and provide Universals theorists and Trope theorists coordinate their views on just what properties and relations the world contains, it is easy to pass back and forth between the theories.“36 35 36

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Siehe Armstrong, Universals, 113-133. Ebd., 122.

Tatsächlich ist Armstrongs Behauptung, dass Univeralien am Ort ihrer Vorkommen raumzeitlich fassbar sind, zusammen mit seiner unzulänglichen Theorie der Individuation praktisch ununterscheidbar von einem Tropen-Nominalismus Campell'scher Bauart, der gemäß den Überlegungen aus dem 3. Kapitel selbst voller Probleme steckt. Dennoch haben die vielfältigen Probleme des gemäßigten Nominalismus Armstrong immer weiter in Richtung bloßer Substrate gedrängt, obgleich sein Unvermögen, zwei Bedeutungen von „bloß sein“ auseinanderzuhalten, seine Ansichten darüber im Unklaren belassen. Wie man in Kapitel 7 noch deutlicher sehen wird, unterscheiden die Vertreter bloßer Einzeldinge zwei Bedeutungen von „bloß“, zusammen mit zwei unterschiedlichen Arten, wie etwas eine Eigenschaft zukommen kann. Nach einer Bedeutung ist eine Entität genau dann „bloß“ eine Entität, wenn sie keinerlei Eigenschaften aufweist. Bloße Einzeldinge fallen aber nicht darunter; sie benötigen Eigenschaften, um zu existieren. Es gibt aber noch eine andere Bedeutung von „bloß“, die auch auf bloße Einzeldinge angewendet werden kann. Man betrachte hierfür die Art und Weise, wie einer klassisch-aristotelischen Substanz eine Eigenschaft zukommt, etwa dem Hund Fido seine Braunheit. Nach dieser Ansicht wird Fido als Substanz beschrieben, die durch ein Wesen gebildet wird, dem eine Anzahl unterschiedlicher Vermögen innewohnt, die dem Sein von Fido als einer Substanz inhärieren. Diese Vermögen sind Möglichkeiten, Eigenschaften zu exemplifizieren oder auch Bestandteile zu bilden, die dazu in der Lage sind. In diesen Vermögen liegt Fidos Möglichkeit begründet, Eigenschaften wie seine Braunheit zu exemplifizieren. Wenn einer Substanz eine Eigenschaft zukommt, besteht sie in ihr selbst und ist insofern Ausdruck ihrer „inneren Natur“. Daher hat Richard Connell recht, wenn er verschiedene Weisen unterscheidet, nach der Substanzen und bloße Substrate über Eigenschaften verfügen. So behauptet er, dass Eigenschaften nicht einfach an Substanzen angebunden sind, sondern in diesen gleichsam verwurzelt vorliegen und durch sie verursacht werden.37 Demgegenüber sind die Eigenschaften bloßer Einzeldinge einfach mit ihnen verbunden oder auch an sie angebunden. Diese Verbindung ist insofern asymmetrisch, als etwa ein bloßes Einzelding x über eine Eigenschaft F verfügt und F x zukommt. Ein bloßes Einzelding wird also nicht deshalb mit „bloß“ attributiert, weil es keinerlei Eigenschaften hat, sondern 37

R. Conell: Substance and Modern Science (Notre Dame: Unviersity of Notre Dame Press, 1988), 90.

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um es von anderen Einzeldingen wie Substanzen zu unterscheiden, auch was die Art und Weise angeht, wie ihm seine Eigenschaften (F ist mit x verbunden) im Unterschied zu den Eigenschaften einer Substanz (F ist innerhalb von x verwurzelt) zukommen. Da bloße Einzeldinge einfach sind, ist keine Differenzierung innerhalb ihrer selbst möglich. Wenn eine Eigenschaft von einem bloßen Einzelding exemplifiziert wird, wird sie an das Einzelding angebunden. Daher verfügen bloße Einzeldinge über eine ganze Reihe von Eigenschaften (z.B. rot zu sein), von denen ihnen einige in dem Sinne notwendigerweise zukommen (z.B. ihre Besonderheit), dass sie als bloße Einzeldinge nur dann existieren können, wenn bestimmte Eigenschaften mit ihnen in Verbindung stehen. Nun führt diese Tatsache über bloße Einzeldinge weder dazu, sie mit ihren Eigenschaften zu identifizieren, noch werden sie dadurch zu inhärenten Bestandteilen eines bloßen Einzeldings. Auch wenn ein Mann niemals nackt aus seinem Haus tritt, folgt daraus nicht, dass er mit seinen Kleidern identisch ist, oder dass diese feste Bestandteile von ihm bilden. Armstrongs Unvermögen, zwischen diesen beiden Bedeutungen von „bloß“ zu unterscheiden, hat zu einiger Verwirrung bei der Interpretation seiner Theorie der Individuation geführt, besonders, da er bloße Einzeldinge zwar explizit ablehnt, sie aber implizit doch zu akzeptieren scheint. Seine Ablehnung fußt dabei auf folgendem Grund: „A particular that existed outside states of affairs would not be clothed in any properties or relations. It may be called a bare particular. If the world is to be a world of states of affairs we must [reject] Bare Particulars“.38 Wie wir aber zuvor bereits gesehen haben, trifft Armstrong durchaus eine Unterscheidung zwischen einem dichten Einzelding (a's F-Sein) und einem dürftigen Einzelding (a). Er bezeichnet letzteres als Lock'sches Substrat und weist ihm die Rolle des Individuatoren zu. Für Armstrong stellt die Besonderheit eines normalen (dichten) Einzeldings ein nicht weiter zurückführ- oder analysierbares Merkmal normaler Einzeldinge dar. Nach ihm unterscheiden sich Einzeldinge als Einzeldinge nicht ihrer Natur nach, sondern dank eines bloß nummerischen Unterschieds, der bloßen Besonderheit, die er als Individuator (also als dürftiges Einzelding) ausdrücklich mit dem Locke'schen Substrat identifiziert.39 Armstrong lehnt bloße Einzeldinge in der ersten 38

Armstrong, Universals, 94. Armstrong, A World of States of Affairs, 124; vgl. 95-112, 123-127. Armstrong einziges Problem mit Lockes Theorie des Substrats ist die Unbekanntheit dieser Voraussetzung und sein Beharren darauf, dass die Besonderheit dichter Einzeldinge uns über Wahrnehmungsakte ersichtlich wird. Leider macht er seine These nicht so 39

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Bedeutung also ab, nicht jedoch nach der zweiten. Damit impliziert seine Position die Verwendung bloßer Einzeldinge.40 Man kann aus dieser Erörterung von Armstrongs Position einiges lernen: Wenn man eine realistische Sichtweise von Eigenschaften akzeptiert, muss man auch eine Art von Individuator finden, der entweder nicht aus einer normalen Eigenschaft gewonnen werden kann (etwa einer unechten Eigenschaft), oder sogar aus überhaupt keiner Eigenschaft. Ansonsten kollabiert eine solche Position schnell in einen gemäßigten Nominalismus. In seiner jüngsten Behandlung dieses Themas gesteht Armstrong diesen Punkt auch zu.41 Dennoch fährt er fort, Universalien anzuerkennen, und weist jetzt explizit die Eignung von raumzeitlicher Verortbarkeit, Tropen und unechten Eigenschaften zum Zwecke der Individuation zurück. Stattdessen wird die Besonderheit dichter Einzeldinge mit einer „bloßen nummerischen Differenz“ begründet. Nach dieser Lesart von Armstrong wird es schwierig, eine Überlegenheit seines Erkärungsansatzes für die Individuation und Besonderheit gegenüber der Theorie des traditionellen Realismus auszumachen; stattdessen droht seine Theorie jetzt in einen traditionellen Realismus überzukippen. Wenn das stimmt, scheint in Abwesenheit einer schlagkräftigen realistischen Alternative, die Universalien mit einem Naturalismus verknüpfen kann, und im Angesicht der Schwierigkeiten der radikalen wie gemäßigten Form des Nominalismus einzig die traditionelle Variante des Realismus noch Anspruch auf Richtigkeit wahren zu können: Die Existenz wie das Wesen von Eigenschaften stellt ein schwerwiegendes Problem innerhalb des Naturalismus dar; eben diese Schwierigkeiten bilden einen der wesentlichen Anreize, zugunsten des Naturalismus einen nominalistischen Erklärungsansatz zu entwickeln. klar, wie man sich das wünschen würde, da er nicht recht zu wissen scheint, ob die Tatsache, dass sich dichte oder mit Eigenschaften versehene Einzeldinge sich nicht auf ihre Eigenschaften und Beziehungen reduzieren lassen, sich als identisch mit den dürftigen Einzeldingen selbst erweist oder nicht. Allerdings folgt dies auch nach dem Sieg der Besonderheit (den Armstrong annimmt) nicht unmittelbar aus der Annahme, dass man über Wahrnehmungsakte mit dem dichten Einzelding qua Einzelding vertraut ist. 40 Siehe für Armstrongs Ablehnung bloßer Einzeldinge in diesem ersten Sinn A World of States of Affairs, 86, 153, 267-268. Siehe für eine Verteidigung der Funktion bloßer Einzeldinge als Inidividuatoren auch J.P. Moreland: „Theories of Individuation: A Reconsideration of Bare Particulars“. In: Pacific Philosophical Quarterly 79 (September 1998), 251-263. 41 Armstrong, A World of States of Affairs, 107-111, 123-126.

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Durch die gesamte Geschichte der Philosophie hindurch haben viele den Verdacht gehegt, dass sich eine feste Verbindung zwischen Naturalismus und den unterschiedlichen Formen des Nominalismus etablieren lässt. Insbesondere haben viele Philosophen dafür argumentiert, dass jedweder Naturalismus eine nominalistische Zurückweisung von Eigenschaften erfordert, wie sie von den traditionellen Realisten gedacht wurden, also als abstrakte, vielfach exemplifizierbare Entiäten, die sich in nicht-räumlicher Art und Weise in ihren Vorkommen befinden. So lesen wir im Sophisten (246A-C): Fremder: Zwischen diesen [d.i. Göttern und Giganten] scheint mir nun ein wahrer Riesenkrieg zu sein wegen ihrer Uneinigkeit unter einander über das Sein. Theaitetos: Wieso? Fremder: Die einen ziehn alles aus dem Himmel und dem Unsichtbaren auf die Erde herab, mit ihren Händen buchstäblich Felsen und Eichen umklammernd. Denn an dergleichen alles halten sie sich und behaupten, das allein sei, woran man sich stoßen und was man betasten könne, [b] indem sie Körper und Sein für einerlei erklären; und wenn von den andern einer sagt, es sei auch etwas, was keinen Leib habe, achten sie darauf ganz und gar nicht und wollen nichts anderes hören. Theaitetos: Ja, arge Leute sind das, von denen du sprichst; denn ich bin auch schon auf mehrere solche getroffen. Fremder: Daher auch die gegen sie Streitenden sich gar vorsichtig von oben herab aus dem Unsichtbaren verteidigen und behaupten, gewisse denkbare und unkörperliche Ideen wären das wahre Sein, jener ihre Körper aber und was sie das Wahre nennen, [c] stoßen sie ganz klein in ihren Reden und schreiben ihnen statt des Seins nur ein bewegliches Werden zu. Zwischen ihnen aber, o Theaitetos, ist hierüber ein unermeßliches Schlachtgetümmel immerwährend.42 In einer zeitgenössischen Fassung desselben Themas bemerkt Howard Robinson: „[M]aterialist theories are incompatible with realist theories of universals. The tie between nominalism and materialism is an ancient one“.43 Da die meisten zeitgenössischen Philosophen den Physikalismus (der für unsere Zwecke als synonym zu „Materialismus“ gelesen wer42

Übersetzung nach Schleiermacher. Siehe Platon. Sämtliche Werke, Bd. 3 (Reinbek: Rowohlt, 1994). 43 Robinson, Matter and Sense, 50.

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den kann) als die vielversprechendste Variante des Naturalismus betrachten, kann Robinsons Anmerkung mit gleichem Recht auch auf die weithin akzeptierte Fassung des Naturalismus angewendet werden, die weiter unten erörtert wird. In gleichem Ton spricht Reinhardt Grossmann davon, dass sich die Naturalisten mit den von ihm so bezeichneten Ontologen im Kriegszustand befinden.44 Nach Grossmann besteht das Universum aus der raumzeitlichen Totalität physikalischer Entitäten, wohingegen die Welt alles überhaupt Existierende umfasst, darunter auch nicht-raumzeitlich beschreibbare, abstrakte Entitäten wie Eigenschaften. Naturalisten würden die Existenz einer solchen Welt von sich weisen und nur das Universum anerkennen; für Ontologen wie Grossmann hingegen gibt es auch die Welt. Johanna Seibt bemerkt zustimmend, dass auch von der Gegenseite der Nominalisten die Verbindung zwischen Naturalismus und Nominalismus vielfach akzeptiert wird. So zititert sie den radikalen Nominalisten Wilfrid Sellars: „[S]ince the basic relation of a Platonist theory of predication, i.e. Exemplification, cannot be defined in naturalist terms, a nominalist theory of predication proves to be '[…] the very foundation of a naturalist ontology'“.45 Dementsprechend folgert Sellars: „[A] naturalist ontology must be a nominalist ontology“.46 Die in diesem Kapitel vollzogene Analyse von Armstrongs Theorie der Universalien sollte deutlich gemacht haben, weshalb dies von Sellars und anderen angenommen wird.

44

Siehe Grossmann, The Existence of the World, 1-45. Vgl. auch Moreland, „Review of The Existence of the World“, 407-410. 45 J. Seibt: Properties as Processes: A Synoptic Study of Wilfrid Sellars' Nominalism (Atascadero, Calif.: Ridgeview, 1990), 184. 46 W. Sellars, Naturalism and Ontology (Atascadero, Calif.: Ridgeview, 1979), 109.

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Kapitel 5 Traditioneller Realismus: Eigenschaften als abstrakte Gegenstände

I

m zweiten und dritten Kapitel wurden Gründe für die Zurückweisung der radikalen wie gemäßigten Ansätze des Nominalismus vorgelegt, was die Aussichten des Realismus als korrekten Erklärungsansatz für Eigenschaften gestärkt hat. Wie wir im vierten Kapitel sahen, erheben jedoch ganz unterschiedliche Positionen Anspruch darauf, den Realismus zu vertreten. Bei zweien – Wolterstorff und Armstrong – ergaben sich dann auch bereits schwerwiegende Probleme, die die Suche nach einer angemesseneren Lösung des Universalienproblems rechtfertigen. Im vorliegenden Kapitel wollen wir uns auf zweierlei konzentrieren: Zum einen werden wir die Behandlung von Eigenschaften und ihren Vorkommen durch den traditionellen Realismus diskutieren. Dabei soll deutlich werden, dass die traditionelle Sichtweise Einzelvorkommen von Eigenschaften als komplexe Entitäten betrachtet. Allerdings vertreten einige Philosophen die Meinung, dass jedwede Ontologie, die neben Eigenschaften und (konkreten) Einzeldingen auch noch Eigenschaftsvorkommen enthält, dem gemäßigten Nominalismus zuzurechnen ist. Diese Behauptung wird bisweilen durch eine entsprechende nominalistische Deutung von Husserls Ontologie zu erhärten versucht. Den zweiten Schwerpunkt dieses Kapitels bildet daher die nähere Erörterung nebst Zurückweisung der angenommenen Verbindung zwischen Nominalismus und Eigenschaftsvorkommen im Allgemeinen sowie dem gemäßigten Nominalismus und Husserls Position im Besonderen. Die traditionell-realistische Theorie der Prädikation Traditioneller Realismus, Prädikation, und Eigenschaftsvorkommen Zum besseren Verständnis einer traditionell-realistischen Theorie der Eigenschaften und Eigenschaftsvorkommen rufe man sich erneut den roten

runden Punkt mit Namen Sokrates in Erinnerung. Folgt man dem traditonellen Realismus, stellt eine Universalie eine vielfach exemplifizierbare Entität dar, die als nummerisch identischer Bestandteil in all ihre Vorkommen eingeht. Folgerichtig sind letztere in den Augen des traditionellen Realisten auch keine einfachen, sondern komplexe Entitäten. Man betrachte die folgenden drei Sätze und die Sachverhalte, die sie beschreiben: (1) Sokrates (ein roter, runder Punkt) ist rot. (2) Rot1 ist rot. (3) Dieses da (ein Individuator, etwa ein bloßes Einzelding) ist rot. Der in (1) dargestellte Sachverhalt kann am Besten wie folgt verstanden werden: Sokrates hat ein Eigenschaftsvorkommen, namentlich Rot1, und Rot1 ist rot. Das Verhältnis zwischen Rot1 und Sokrates ist von der Art einer Teil/Ganzes-Beziehung. Ich möchte es in Anlehnung an Husserl als „Moment/Ganzes“-Beziehung bezeichnen. Man beachte, dass (1) wenigstens zum Teil in (2) begründet liegt. Das „ist“ in (2) ist damit in zweierlei Seinsweisen begründet – der Art und Weise, in dem sich ein Moment im Ganzen (Sokrates) befindet, und der durch (2) wiedergegebenen Weise. Der in (2) beschriebene Sachverhalt enthält noch eine zweite Art von Teil/Ganzes-Beziehung. Nach (2) ist die Universalie Röte ein „Teil“ von Rot1, insofern es eines seiner Bestandteile bildet, die in Rot1 sind. „In“ ist hier nicht in einem räumlichen Sinn zu verstehen. Wir wollen diese Art und Weise, „in“ etwas vorzuliegen, als „ein wesentlicher EigenschaftsBestandteil sein“-Beziehung bezeichnen. Zwei Dinge über diese in (2) vorgefundene Beziehung sollten deutlich gemacht werden: Zum einen unterscheidet sich diese Bestandteil/Ganzes-Beziehung von der „Moment/Ganzes“-Beziehung aus (1) in wenigstens einer bedeutsamen Hinsicht. Wenn b auf a derart bezogen ist, dass b einen wesentlichen Eigenschafts-Bestandteil von a bildet, gelten die folgenden beiden Prinzipien für die Beziehung zwischen a und b, die sich nicht in der Moment/GanzesBeziehung finden: • b transzendiert a in dem Sinn, dass es eine notwendige Bedingung für a's Existenz bildet, nicht aber umgekehrt. Zudem bildet b einen Bestandteil von a's Sein, aber nicht umgekehrt. Im Beispiel steht b für die Röte und a für Rot1. Die Röte kann auch ohne Rot1 existieren, aber nicht umgekehrt. Selbst wenn Rot1 zugrunde gehen sollte, würde die Röte unverändert fortbestehen. Demnach besteht eine modale

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Unterscheidung zwischen einer Universalie und ihren Vorkommen. Wird erstere exemplifziert, ändert sie sich und bildet einen Bestandteil ihrer Einzelvorkommen, die insoweit als komplexe, abhängige Einzeldinge beschrieben werden können. Über die zwischen Sokrates und Rot1 bestehende „Moment/Ganzes“-Beziehung lässt sich das nicht sagen. • b bildet das Wesen von a; d.h., es bildet die Antwort auf die Frage „Wessen Vorkommen bildet a?“ Das Wesen von Rot1 ist die Röte, sie bildet eines ihrer Vorkommen, in das sie als formendes Prinzip immanent eingeht. Zum zweiten legt der zweite Gliederungspunkt folgende Implikation von (2) nahe: Satz (2) enthält das „ist“, das für Klassifikationen verwendet wird. Das schließt die Verortung von Rot1 in der Klasse der roten Vorkommen mit ein, der Ausdruck „Klasse“ bezieht sich dabei auf die Gruppe von Entitäten, die sich buchstäblich eine gemeinsame Entität teilen. Diese Form von „ist“ ist in (2') Rot1 ist ein Rot. noch deutlicher herausgearbeitet. Der Satz bringt die Tatsache zum Ausdruck, dass Rot1 mit einem Vorkommen in der Klasse der roten Vorkommen identisch ist. Zudem fußen (2) und (2') auf einer noch grundlegenderen Beziehung, welche die Einbeziehung von Rot1 in die Klasse der roten Vorkommen begründet. Diese noch grundlegendere Beziehung wird mittels (3) ausgedrückt. Der in (3) beschriebene Sachverhalt schließlich verwendet das „ist“ der Exemplifikation oder Prädikation. Demgegenüber bringt das „ist“ in (1) oder (2) nur in einem sehr losen, alltagstauglichen Sinn eine Prädikation zum Ausdruck, der dem streng philosophischen Sinn nicht entspricht. Die Ursache hierfür liegt in der bereits angesprochenen, noch grundlegenderen Beziehung, in denen das „ist“ von (1) und (2) jeweils begründet liegt. Satz (1) wird (wenigstens zum Teil) mittels Satz (2) fundiert, und (2) wiederum durch (3). Das „ist“ aus (3) schließlich bezieht sich auf die fundamentale, nicht weiter definier- oder zurückführbare Verknüpfung der Exemplifikation. Satz (3) gibt die Tatsache wieder, dass etwa die Universalie Röte in Rot1 über die Verknüpfung der Exemplifikation mit einem bloßen Einzelding (oder einem anderem geeigneten Individuator) verbunden ist. Diese Verknüpfung kann insofern als inhomogen beschrieben werden, als

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sie zwei kategorial unterschiedliche Entitäten miteinander verbindet: eine Universalie und einen Individuator. So befindet sich also auch die Röte an sich innerhalb eines Individuators (der in Rot1 steckt), von dem sie prädiziert wird bzw. an den sie angebunden ist. So weit meine grobe Skizzierung einer traditionell-realistischen Theorie der Eigenschafts-Vorkommen. Sie hält an vollwertigen Universalien fest, erklärt die Individuation von Eigenschaftsvorkommen aus ihrem Aufbau als komplexe Entiäten, denen ein sie individuierender Bestandteil innewohnt, und unterscheidet zum näheren Verständnis drei verschiedene Arten und Weisen, wie etwas „in“ etwas anderem sein kann. Für traditionelle Realisten stellen weder die Universalie noch die Verknüpfung der Exemplifikation raumzeitliche Entitäten dar. Zudem verbindet letztere etwa im Falle von Sokrates und Platon eine abstrakte Entität mit einer raumzeitlichen. Vier Vorteile der traditionell-realistischen Theorie An dieser Stelle rufe man sich Johanna Seibts Bemerkung aus dem vorigen Kapitel in Erinnerung: „[S]ince the basic relation of a Platonist theory of predication, i.e., exemplification, cannot be defined in naturalist terms, a nominalist theory of predication proves to be '[…] the very foundation of a naturalist ontology'“.1 Neben anderem bildete in den vorangegangenen drei Kapiteln die Theorie der Prädikation (also der Exemplifikation) einen wesentlichen Schwerpunkt meiner Kritik an Campbell, Wolterstorff und Armstrong. Es wird hilfreich sein, die traditionell-realistische Theorie von Eigenschaften, Prädikation und Vorkommen mit den Ansichten von Armstrong und Campbell zu vergleichen. Für unsere gegenwärtigen Zwecke kann Wolterstorffs Position ausgespart werden, da sie sich in den erwähnten Punkten von den genannten Theorien als ununterscheidbar erweist. Im direkten Vergleich mit Armstrong oder Campbell können wenigstens vier Vorteile der traditionell-realistischen Theorie der Eigenschaftsvorkommen genannt werden. Zum einen muss die Universalie der F-heit mit ihren Vorkommen auf eine Weise zusammengeführt werden, die deren Benennung als F ermöglicht. Die Röte muss also in einer Weise an ihre Vorkommen „angebunden werden“, dass sie auch als rot erscheinen und nicht ohne jede Farbe bleiben (oder plötzlich gar grün wirken). Der traditionell-realistische Ansatz hat eine Erklärung, warum Rot1 rot ist anstatt farblos (oder grün): Die Universalie der Röte verhilft Rot1 zu seiner Farbe, indem sie in eines seiner Be1

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Seibt, Properties as Processes, 184.

standteile eingeht. Oberflächlich betrachtet scheint Armstrong in dieser Frage Boden gut zu machen, während Campbell verliert. Zum zweiten gelingt es der traditionellen Theorie, die Beziehung zwischen der Röte und Rot1 genau auszuleuchten, was von ihren Mitbewerbern, die sie auf die Beziehung zwischen einer Menge und ihren Mitgliedern zurückzuführen suchen (Campell) oder als räumliches Sein auffassen, das an denselben Ort wie alle seine Exemplifikationen besteht (Armstrong), nicht behauptet werden kann: Beide lassen im Unklaren, wie genau die „Universalie“ sich nun wirklich zu ihren Vorkommen verhält. Mengen sind nicht selbst Bestandteile ihrer Mitglieder. Und da viele Philosophen annehmen, dass zwei Entitäten auch ohne voneinander Bestandteile zu sein am selben Ort zur selben Zeit bestehen können, ist Armstrongs verräumlichte Darstellung der Exemplifikation nicht hinreichend, diese Ansicht einzufangen. So gewährt sie keine Erklärung für die Möglichkeit, wie eine Universalie in ihr Vorkommen eingehen kann, sondern vermag bestenfalls zu erklären, wie sie sich am selben Ort wie ihr Vorkommen befinden kann. Im Kontrast hierzu beschreibt die Fassung des traditionellen Realisten die Universalie als Bestandteil in ihren Vorkommen und betrachtet dieses Verhältnis daher wie eine Teil/Ganzes-Beziehung. Sie umfasst eine viel grundlegendere Beziehung zwischen der Röte und ihrem Individuatoren in Rot1, die dann als fundamental gilt und nicht weiter definiert werden kann. Damit gelingt es ihr, ein Band oder eine Verbindung zwischen den beiden Entitäten herzustellen. Und auch gegen Bradleys RegressArgument, dem diese Version eines „immanent-relationalen Realismus“ ebenfalls zum Opfer zu fallen droht, steht eine schlagkräftige Erwiderung zur Verfügung, die selbst von Armstrong als schwer widerlegbar eingestuft wird: Demnach ist es schlicht eine besonderes Merkmal von Beziehungen (diejenige der Exemplifikation eingeschlossen), dass sie Relata aufeinander beziehen können, ohne weitere Entitäten heranziehen zu müssen, die ihrerseits dadurch neu entstehende Verknüpfungspunkte miteinander verbinden. Zum dritten bestimmt der traditionell realistische Erklärungsansatz Rot1 als komplexe Entität, deren zwei Bestandteile jeweils Universalität und Besonderheit begründen können. Demgegenüber sind Vorkommen für Campbell und (nach einer bestimmten, seinen früheren Schriften zugrunde liegende Lesart) Armstrong einfache Entitäten, die keine weiteren Entitäten als Bestandteile aufweisen. Wie mittlerweile deutlich geworden sein sollte, lässt ein solcher Zug das abstrakte Einzelding entweder als Universalie zurück (rot), oder als bloßes Einzelding (1), oder als nicht weiter zu beschrei-

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bende Entität, die irgendwie beide Rollen erfüllen kann, ohne dass auch nur eine davon näher begründet werden könnte. Armstrongs spätere, fasslichere Sichtweise analysiert ein Eigenschaftsvorkommen in der Tat als komplexen Sachverhalt, obgleich es dessen Eigenschaft und vielleicht auch den Wahrheitsmacher für deren Potential, gesättigt zu sein, als räumliche Entitäten ansieht, die sich am Ort ihres Vorkommens befinden. Dies gestattet es Armstrong, sowohl Universalität als auch Individuation eines Eigenschaftsvorkommens zu begründen, allerdings um den Preis eines aufgeweichten Naturalismus, was aus Sicht des traditionellen Realismus überflüssig erscheint. Schließlich erklärt der Ansatz des traditionellen Realismus, wie eine Universalie ihre Vorkommen transzendieren kann. Die Universalie verhält sich indifferent gegenüber jedem Einzelding (der Platoniker würde hier sagen: allen Einzeldingen), da sie dank der raumzeitlichen, inhomogenen Verknüpfung der Exemplifikation als Bestandteil in alle ihre Vorkommen eingehen kann. Wenn die Röte Rot1 unter ihre Vorkommen zählt, heißt das nichts anderes, als dass eine Entität (ein bloßes Einzelding) außerhalb der Röte mit dieser in eine Exemplifikationsbeziehung getreten ist. Dabei passiert etwas mit der Röte, indem sie von etwas exemplifiziert wird, verändert sie sich; dadurch transzendiert sie alle ihre Vorkommen. Wenn eine Universalie einfach nur aus der Menge ihrer Tropen besteht (wie bei Campbell), kann sie ihre Vorkommen nicht transzendieren, da die Mitglieder einer Menge ihre Identitätsbedingungen festlegen. Ändert sich also die Mitgliedschaft, ändert sich auch die Menge. Nach Wolterstorff können seine Arten ihre Einzelfälle transzendieren, was verwunderlich erscheint, da er Arten als eine Form der Einheit ihrer Einzelfälle beschreibt, die allesamt Mitglieder ihrer Art sind. Wie soll dann aber eine Art ohne ihre Mitglieder existieren können, die ihr zugehörig sind und sie nur zusammen ausbilden? Armstrongs Auffassungen sind bezüglich dieser Frage klarer, da er behaupten kann, dass eine Universalie ein bestimmtes Vorkommen insofern transzendieren kann, als sie auch am Ort ihrer übrigen Vorkommen vollständig besteht. Allerdings ist diese Lösung mit dem Axiom des Ortes nicht in Einklang zu bringen, so dass all diejenigen, die dieses Prinzip akzeptieren, Armstrongs Position als problematisch einstufen werden. Realismus, gemäßigter Nominalismus und Husserl'sche Eigenschaftsvorkommen (Momente) Der bisher vorgestellte, traditionell-realistische Ansatz beinhaltet als eines

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seiner wesentlichen Elemente die Existenz von Eigenschaftsvorkommen. Allerdings meinen Philosophen wie Reinhardt Grossmann, dass Metaphysiker, die neben Eigenschaften und konkreten Einzeldingen auch Eigenschaftsvorkommen annehmen, eigentlich den gemäßigten Nominalisten zugerechnet werden müssten. Grossmann argumentiert dabei wie folgt: „A certain view about the nature of properties has had a grip on the minds of many philosophers. According to this view, the whiteness of billiard ball A is not the same thing as the whiteness of billiard ball B. Each ball has its own whiteness, so that we must distinguish between whiteness1 and whiteness2, whiteness1 being the colour of A and whiteness2 being the colour of B.“2

Grossmann scheint der Meinung zu sein, dass der Gebrauch von Kennzeichnungen wie „das F von A“ oder „das F von B“ zur Bezugnahme auf nicht miteinander identischen Entitäten den Nominalisten verrät. Der vorliegende Abschnitt wird deutlich machen, dass Grossmanns Behauptung falsch ist. Aus der bloßen Tatsache, dass ein Philosoph annimmt, mit „das F von A“ und „das F von B“ auf unterschiedliche Dinge Bezug zu nehmen, folgt nicht, dass er damit bereits auf den gemäßigten Nominalismus festgelegt ist. Eine Anwendung dieses Arguments besteht in Grossmanns Versuch, Edmund Husserl als gemäßigten Nominalisten darzustellen. Dabei ist zunächst zuzugestehen, dass Husserls Schüler in Bezug auf dessen Theorie der Universalien keiner einheitlichen Linie folgen: War Husserl Realist oder gemäßiger Nominalist? Auf der einen Seite stehen Interpreten wie Dallas Willard, die ihn als Realisten einordnen. Er schreibt: „[I]t is obvious that Ideas (universals, 'species', essences) and the viewing and analyzing thereof form the substance of his entire philosophy.“3 Dagegen stehen solche, die ihn auf Seiten des gemäßigten Nominalismus verbuchen. Sie stimmen Gustav Bergmann zu, wenn er schreibt: „Husserl made two major mistakes. For one, he is a [moderate] nominalist“.4 Der vorliegende Abschnitt dient primär der Verteidigung der These, dass sich ein Philosoph durch die Einführung von Eigenschaftsvorkommen nicht bereits zum gemäßigten Nominalisten erklärt. Zum Erreichen dieses Ziels wird ein Schwerpunkt auf die Debatte um die philosophische Aus2

Grossmann, The Existence of the World, 30; vgl. 30-41. Dallas Willard: Logic and the Objectivity of Knowledge (Athens, Ohio: Ohio University Press, 1984), 187. 4 G. Bergmann: Logic and Reality (Madison, Wis.: The University of Wisconsin Press, 1964), 194. 3

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richtung von Husserl gelegt, da seine Ansichten bereits an sich von höchstem Interesse sind und sie darüber hinaus auch einen Paradefall zur Prüfung von Grossmanns Behauptung darstellen. Bezüglich Husserl wird sich herausstellen, dass er Realist war. Hierfür sind verschiedene Fragen von Bedeutung, allen voran seine Lehre der Eigenschaftsvorkommen, den Momenten; sie steht im Zentrum seiner Theorie der Universalien. Indem wir verschiedene Wege betrachten, uns dem Husserl'schen Moment zu nähern, werden die wichtigsten Streitpunkte in der Realismus/NominalismusDebatte offenbar und die Stärke der realistischen Position weiter erhöht. Aus früheren Kapiteln ist bereits ersichtlich, dass Nominalisten Eigenschaftsvorkommen (wie etwa Tropen) als Primitive betrachten. Der gemäßigte Nominalismus stellt eine Klecks-Theorie über Eigenschaften auf. In der Untersuchung der Husserl'schen Momente werden wir sie als die Einfachheitsthese bezeichnen. Im Gegensatz dazu sieht der Realist die Universalie als vielfach exemplifizierbaren Bestandteil in ihren Vorkommen. Die Universalie bildet das Wesen dieser Vorkommen und den Grund ihrer Ähnlichkeit mit ihren übrigen Vorkommen. So stellen zwei Vorkommen der Röte, Rot1 und Rot2, jeweils komplexe Entitäten dar, die sich dasselbe Wesen der Röte teilen und zu ihr in einer fundamentalen Verknüpfung stehen, die das Band der Prädikation zwischen der Röte und dem Individuator jedes Vorkommens bildet. Der Realismus ist gleichsam eine Schichttorten-Ontologie. In der Auseinandersetzung mit den Husserl'schen Momenten werden wir sie als Komplexitätsthese bezeichnen. Noch eine Vorbemerkung: Im Folgenden wird angenommen, dass Husserl einen roten Moment wie Rot1 entweder als einfache Entität betrachtet oder aber als komplexe Entität, welche die Röte, die Verknüpfung der Exemplifikation und einen Individuator als ihre Bestandteile enthält. Jedoch sind beide Ansichten fehlerhaft, wenn sie als vollständige Analyse von Husserls Behandlung des Momentbegriffs verstanden werden, unter den auch Rot1 fällt. Für Husserl weist ein Moment neben vielen anderen Dingen mindestens auch einen bestimmten Ton, eine Intensität und Sättigung auf (sowie unter Umständen noch Farbe und Ausdehnung), die ebenfalls Bestandteile von ihm bilden. Für unsere Zwecke ist dies allerdings unbedeutend, da der Schwerpunkt unserer Untersuchung das Wesen der Universalie betrifft, in unserem Fall dasjenige der Röte, und ihrer Beziehung zu den einzelnen Momenten sowie das Problem ihrer Individuation. Dieselben Fragen könnten nun mit Blick auf jeden der genannten Bestandteile gestellt werden (mit Ausnahme

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von Farbe und Ausdehnung, die zudem Probleme zwischen höher- und niedrigstufigeren Universalien aufwerfen). Um unsere Untersuchung so einfach wie möglich zu halten, werden daher Ton, Intensität und ähnliches außen vor gelassen. Würde Husserl Rot1 als einfache oder komplexe Entität betrachten? Zum Einstieg sollen hierfür zunächst die Argumente für die Einfachheitsthese vorgestellt und näher untersucht werden. Argumente für die Einfachheitsthese Argument 1 Reinhardt Grossmann geht in seinen Argumenten für die Einfachheitsthese von einer Aussage Husserls in den Logischen Untersuchungen II aus, die wie folgt paraphrasiert werden kann.5 Wir können unsere Aufmerksamkeit etwa auf das Grün des Baumes vor uns richten. Weiterhin wird angenommen, dass man dabei von allen individualisierenden Aspekten absehen kann. In diesem Fall könnte das Grün eines anderen Baumes (gesetzt, es würde denselben Farbton aufweisen) das betrachtete Grün ersetzen, ohne dass wir einen Unterschied bemerken würden. Dennoch beseitigt unsere fehlende Aufmerksamkeit für die Individualität der grünen Farbwahrnehmung des Baumes vor uns nicht dessen Besonderheit. Also muss das Grün des Baumes vor uns ein Einzelding und keine Universalie sein, eine einfache Entität, die hier und jetzt existiert, einen Moment Grün. Argument 2 Wolfgang Künne verweist auf ein weiteres Argument der zweiten Logischen Untersuchungen, um die Einfachheitsthese zu untermauern.6 Das Argument besagt, dass jeder Zerstückelung einer grünen Oberfläche ein eigenes Grün zukommt. Andernfalls könnten wir nicht davon sprechen, dass sich eine Farbe über die Oberfläche verteilt. So ist beispielsweise das Grün auf der oberen Hälfte der Oberfläche nicht mit dem Grün der unteren Hälfte identisch, und das selbst dann, wenn sie dieselbe Farbschattierung aufweisen. Also hat jedes Teilstück sein eigenes Grün, Grün1, Grün2, usw., die alle einfache Einzeldinge oder eben Momente darstellen. 5

Grossmann, The Categorical Structure of the World, 107-108; vgl. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, 157-158. 6 Künne, „Criteria of Abstractness“, 413; vgl. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, 157.

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Argument 3 James Talvite zitiert noch ein weiteres Argument aus derselben Schrift, das ebenfalls für die Einfachheitsthese sprechen soll.7 Demnach können gewisse Prädikate von einer bestimmten Art wahr ausgesagt werden, während sie falsch oder sogar absurd werden, sobald sie auf die Momente dieser Art bezogen werden (und umgekehrt). So ist beispielsweise ein grüner Moment in Raum und Zeit verortbar, verteilt sich, bildet sich und verschwindet wieder, etc. Nun kann aber nichts von dem Gesagten mit gleichem Recht auch auf die allen Momenten gemeinsame Art „Grün“ angewendet werden. Also sind grüne Momente einfache Einzeldinge. Argument 4 Das vierte Argument nimmt unsere Wahrnehmung zum Ausgangspunkt. Es tritt in zwei Varianten auf, die beide in je zwei Schritten vorgehen. Im ersten Schritt wird behauptet, dass Momente wie Rot1 Gegenstände unserer normalen Wahrnehmungsakte werden können. In diesen Akten sehen wir ein in Raum und Zeit befindliches Einzelnes. Die von uns wahrgenommene Farbe und alles ihr Zukommende ist raumzeitlich geprägt. Tatsächlich ist alles, was wir mit unseren Augen wahrnehmen, in Raum und Zeit gelegen. Also kann die von uns wahrgenommene Farbe keine komplexe Entität sein, die sich aus zwei abstrakten Entitäten (die Röte, die Exemplifikation) zusammensetzt; stattdessen sehen wir ein Einfaches, einen Moment. Verfechter beider Varianten dieses Argumentes scheinen sich über diesen ersten Schritt noch einig zu sein, und erst im zweiten werden unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. Einige beschreiben den zweiten Schritt wie folgt.8 Jene, die Momente ablehnen, müssen dem ersten Schritt des Arguments dadurch begegnen, indem sie die Momente durch eine Kombination aus Universalien, unabhängigen Einzeldingen und der Exemplifikationsbeziehung ersetzen. Eine solche Strategie schlägt aber aus zwei Gründen fehl: Einmal scheitert sie in den Fällen, wenn wir klar und deutlich einfach nur Momente wahrzunehmen scheinen; und sie schließt häufig die absurde Behauptung mit ein, dass wir die Universalie in dem konkreten Einzelding erkennen können, dass sie irgendwie enthält, um gleichzeitig zu betonen, dass sie eigentlich ganz außerhalb von Raum von Zeit steht. 7

James Alan Talvite: Properties and Things. Dissertation, Vanderbilt University, 1977, 196-201; vgl. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, 157f. 8 Vgl. K. Mullligan, P. Simons und B. Smith: „Truth-Makers“. In: Philosophy and Phenomenological Research 44 (1984), 304-308.

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Die alternative Variante gibt den zweiten Schritt wie folgt wieder.9 Versucht jemand, die Festlegung auf Universalien als abstrakte Gegenstände mit seiner Annahme von Momenten zu verknüpfen, dann führt die plausibelste Darstellung zur Vorstellung von Momenten als einfachen Entitäten. Sobald dies geschehen ist, fährt das Argument fort, ist ein Schlittern in Richtung Nominalismus kaum noch zu vermeiden: „Universalien“ erscheinen dann als redundant und sind jedenfalls nicht mehr als abstrakte Dinge wie Mengen oder vollkommene Einzeldinge zu begreifen, mithin keine echten Universalien, da sie nicht mehr länger als vielfach in ihren Vorkommen exemplifizierbare Entitäten angesehen werden können. Was aber ist diese „plausibelste Darstellung von Universalien“, auf die da gerade Bezug genommen wurde? Es ist die Annahme, dass bei der Wahrnehmung eines roten Moments unser Geist sich sozusagen „woanders hinwendet“ und durch rationale Intuition die Universalie „erblickt“, die damit vollständig außerhalb des Moments liegt. Welche Verbindung besteht zwischen dem Argument der Wahrnehmung und Husserls Theorie? Ist es korrekt, sind Momente einfach. Sobald dies zugestanden ist, werden Universalien überflüssig und stellen auch keine vielfach exemplifizierbaren Entitäten mehr dar. Da der Realismus als Schichttorten-Theorie gilt, kommt dies seiner Ablehnung gleich. Vielleicht hat Husserl dies in frühen Phasen seines Denkens nicht erkannt, allerdings ändert dies nach Ansicht des Arguments nichts am Befund, dass bereits mit der Einführung von Eigenschaftsvorkommen in Form von Momenten das Treiben Richtung Nominalismus begonnen hat. In den ersten drei Argumenten ist eine Ähnlichkeit erkennbar, so dass auf sie eine allgemeine Antwort formuliert werden kann. Einfach gesprochen erscheinen Wendungen wie „das F von a“ zweideutig, und ihr bloßes Vorbringen zeigt noch nicht, dass sie sich auf einfache Entitäten beziehen. So können beispielhafte Wendungen für „das F von a“ wie „die Röte von Rot1“ so gedeutet werden, dass sie sich auf die Universalie der Röte in Rot1 beziehen, im Gegensatz zur Form von Rot1, oder einer anderen Farbschattierung. Zum zweiten kann die Wendung „das F von a“ so interpretiert werden, dass es sich auf eine komplexe Entität bezieht – nämlich der Röte, dem Band der Exemplifikation und einem Individuator. Wenn eine Universalie von einem Einzelding exemplifiziert wird und dadurch eine komplexe Entität entsteht, ist diese selbst ein Einzelding. Das ist der Sieg der Beson9

Vgl. Grossmann, The Existence of the World, 33-35.

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derheit. Ganz ähnlich bildet die Exemplifikation einer Universalie durch eine raumzeitliche Entität ein komplexes Ganzes, dass selbst wieder raumzeitlich ausfällt. Die Universalie ist „in“ dem komplexen Ganzen, ohne dass diese Beziehung oder auch nur eine der Entitäten, die sie miteinander verbindet, selbst raumzeitlich wäre. Daher kann der komplexe Moment Rot1 ein raumzeitliches Einzelding sein, ohne dass eines seiner Bestandteile – die Universalie der Röte – ein raumzeitliches Einzelding sein müsste. So können Husserls Argumente, die einen Bezug zu seinen Momenten aufweisen, voll und ganz zugestanden werden, ohne dass dadurch Rot1 oder Grün1 zu einfachen Entitäten werden. Rot1 bleibt eine komplexe Entität, und Husserls Argumente bleiben weiterhin gültig. So sind beispielsweise die beiden auf der selben Oberfläche liegenden Momente Grün1 und Grün2 nicht miteinander identische Einzeldinge, obgleich die in ihnen befindliche Grünheit bei beiden als Bestandteil vorliegt. Husserl mag vielleicht Wendungen wie „das F von a“ zum Bezugnehmen auf einfache Entiäten verwendet haben, jedoch muss er sie nicht in einer Weise gebraucht haben, welche die Argumente 1-3 stichhaltig macht. Und das bloße Auftreten von „das F von a“ innerhalb dieser Argumente kann die Fragestellung nicht entscheiden, da es mehrdeutig ist. Bezüglich dem ersten Argument kann Husserl sich einfach darauf zurückziehen, dass aus einem Moment selbst unter Absehung seiner Besonderheit noch keine Art wird. Husserl kann immer noch ganz konsistent annehmen, dass die Grünheit in jedem grünen Moment als universaler Bestandteil vorkommt, ohne damit bestreiten zu müssen, dass die Momente nummerisch unterscheidbare Einzeldinge sind. Auf dieselbe Weise kann dem zweiten und dem dritten Argument begegnet werden. Argument 4 gibt dem Realisten demgegenüber schon größere Schwierigkeiten auf. Wenn der Moment Grün1 eine komplexe Eintität darstellt mit Grünheit als eines seiner Bestandteile in ihm, müsste der Betrachter von Grün1 die Universalie auch „sehen“ können, wenigstens in dem Sinn, dass er ihr Vorhandensein im Moment unmittelbar wahrnehmen kann. Anders gesagt scheint die Komplexitätsthese zu implizieren, dass Universalien zu Gegenständen unserer Wahrnehmung werden können. Sie können buchstäblich angeschaut werden, denn beim Betrachten von grünen Momenten bildet die Grünheit ihre Farbe. Glaubte Husserl, dass man Universalien mit den Augen wahrnehmen kann? Gewiss können einige seiner Äußerungen, die von den Vertretern der Einfachheitsthese gewöhnlich übersehen werden, in diese Richtung gedeutet werden. In den Abschnitten 2-5 von Teil 1 des ersten Kapitels der Ideen

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I behauptet Husserl, dass das Wesen eines Individuums (ein Einzelding, ein Dieses-da) in seinem Sein gefunden werden kann. Tatsächlich schreibt er explizit, dass eine Universalie im Moment vorliegt und darin als eines seiner Bestandteile wahrgenommen werden kann.10 Das Eidos, die reine Essenz eines Individuums „kann sich intuitiv in Erfahrungsgegebenheiten, in solchen der Wahrnehmung, Erinnerung usw., exemplifizieren“.11 Oberflächlich betrachtet ist es schwierig, diese Aussagen nicht unter realistischen Gesichtspunkten zu verstehen. Wie Dallas Willard im Anschluss an Husserl betonte: „[One] can find – immediately recognize – the same element in many different individuals of the same kind which come before us in intuition“.12 Zwar ist es wahr, dass man nach Husserl möglicherweise mehrere Momente betrachten muss, die dieselbe Universalie exemplifizieren, ehe man eine eidetische Intuition ihrer selbst enthält. Dennoch wird man in seinen Wahrnehmungsakten die Universalie als gleichbleibendes Element in jedem ihrer Momente wahrnehmen. Ob einem eine solche Sichtweise nun auch absurd erscheint oder nicht, so scheint es doch Husserls wohlüberlegte Meinung in diesen Dingen gewesen zu sein. Aufgrund der Bedeutung dieses Themas für die Ontologie des Realisten werden wir eine detaillierte Erörterung über die „Wahrnehmung“ von Universalien, die auch Husserls Position einschließt, in Kapitel 6 anschließen. Zusammengefasst erscheinen die Argumente für die Einfachheitsthese nicht überzeugend; zudem hat uns eine nähere Untersuchung des vierten Arguments zu Äußerungen von Husserl geführt, welche die Komplexitätsthese unmittelbar zu bestätigen scheinen. Wir wollen uns nun weiteren Argumenten für die Komplexitätsthese zuwenden. Argumente für die Komplexitätsthese Das erste Argument bezieht sich auf Husserls Annahmen von Gattungs/Art-Beziehungen, die zwischen höher- und niedrigstufigen Universalien bestehen. In Ideen I bringt Husserl explizit zum Ausdruck, dass eine höherstufige Universalie in der genauer bestimmten Universalie „enthalten ist“, die unter ihr untergeordnet ist.13 An anderer Stelle spricht er davon, dass die Universalie Rot den unterschiedlichen Rottönen „inhäriert“, eben10

Vgl. Edmund Husserl, Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie. (Den Haag: Martinus Nijhoff, 1976), 12. 11 Husserl, Ideen I, 11. 12 Willard, Logic and the Objectivity of Knowledge, 192. 13 Vgl. Husserl, Ideen I, 31.

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so wie Farbe in Rot oder Blau enthalten ist.14 Er bestimmt diese InhärenzBeziehung als Teil/Ganzes-Beziehung, in der höherstufige Universalien in niedrigstufigeren Universalien enthalten sind. In anderen Passagen der Ideen erläutert Husserl diese Beziehung durch ein Beispiel. Er schreibt: „So hat z.B. jeder Ton an und für sich ein Wesen und zu oberst das allgemeine Wesen Ton überhaupt oder vielmehr Akustisches überhaupt – rein verstanden als das aus dem individuellen Ton (einzeln, oder durch Vergleichung mit anderen als 'Gemeinsames') herausschauende Moment.“15 Dies scheint nahe zu legen, dass die Essenz eines individuellen Moments auch die höherstufigen Universalien umfasst, die sich darin befinden. Eine höherstufige Universalie, etwa der Farbton als solcher, befindet sich „in“ der infimae species, die das Wesen dieses bestimmten Farbtons aufgrund der Tatsache bestimmt, dass ein Moment der höherstufigen Universalie in der tiefer gelegenen und reichhaltiger bestimmten Universalie enthalten ist. Diese Deutung wird durch ein weiteres Zitat aus den Logischen Untersuchungen III gestützt: „Beispielsweise kann das 'Gattungsmoment' Farbe […] nur realisiert sein in und mit einem 'Moment niedester Differenz', wie Rot, Blau, usw.“16 Nehmen wir an, dass Röte die erststufige Universalie und Farbe die zweitstufige Universalie ist. Selbst wenn wir vom Farbton, seiner Intensität und seiner Helligkeit absehen, kann Rot1 keine einfache Entität sein, da sie einen Moment der zweitstufigen Universalie „Farbe“ in sich enthält. Also muss Rot1 eine komplexe Entität sein, die Einfachheitsthese ist falsch. Das Argument scheint eine gewisse Plausibilität zu haben. Zumindest zeigt es, dass Husserls Sichtweise der Gattung/Art-Beziehungen zwischen Unviersalien nicht einfach mit Campbells „∈“ der Mitgliedschaft in einer Menge gleichzusetzen ist, oder Wolterstorffs Art/Einzelfall-Beziehung. Nach Husserl ist die Gattung/Art-Beziehung eine Form der Teil/GanzesBeziehung, so dass sich Rot1 auf eine Weise als komplex darstellt, die auf Campbells und Wolterstorffs Entwürfe nicht zutrifft. Leider ist dies nicht die Art von Komplexität, die der Realist für Rot1 annehmen möchte. Der Realist sieht in der Komplexität von Rot1 wenigstens eine echte Universalie (die Röte), die vielfach exemplifizierbar ist. Und viele Realisten werden annehmen, dass die zweitstufige Universalie 14 15 16

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Vgl. ebd., 32. Vgl. ebd., 13. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 2, 271f.

der Farbe einen nummerisch identischen Bestandteil in allen erststufigen Farbuniversalien bildet. Doch weist die von Husserl angenommene Gattung/Art-Beziehung keinen klaren Bezug zur „Eines in Vielem“-Beziehung auf. Ein Verteidiger der Einfachheitsthese könnte argumentieren, dass lediglich ein Farb-Moment in der Röte enthalten ist (die wiederum von Rot1 übernommen wird) und keine „richtige“ zweitstufige Universalie, so dass hier insofern kein wirkliches „Eines in Vielem“ vorliegt. Bestenfalls liegt hier eine Art vor, die über viele Vorkommen verfügt. Ein anderes Gegenargument geht von der Annahme aus, dass Husserl mit seiner Einführung von Teil/Ganzes-Beziehungen zwischen höher- und niedrigstufigen Universalien eine Bestandteils-Ontologie entwickelte, diese jedoch in seiner Behandlung der Beziehungen zwischen erststufigen Universalien und ihren Momenten wieder aufgab. So scheitert sein Argument bei dem Versuch, eine angemessene Form von Komplexität auf der Ebene von Momenten wie Rot1 auszuweisen, was die Komplexitätsthese aber behauptet. Auf der anderen Seite scheinen die oben wiedergegebenen Aussagen von Husserl anzudeuten, dass er einer Bestandteils-Ontologie bei der Behandlung der Beziehung zwischen höher- und niedrigstufigen Universalien keinesfalls abgeneigt gegenübersteht. Wäre dies so, würde die Grünheit keinen Farbmoment in sich enthalten, sondern einfach nur ein Moment der Farbe sein. Dies wäre mit der Analyse des Moments Grün1, wie sie die Einfachheitsthese vornimmt, konsistent, worin Grün1 keinen Moment der Grünheit in sich tragen würde, sondern stattdessen ganz einfach ein Moment der Grünheit ist. Sollte Husserl eine Bestandteils-Ontologie für Beziehungen zwischen höher- und niedrigstufigen Universalien entwickelt und diese in seiner Analyse des Verhältnisses zwischen einer infimae species und ihrer Momente wieder aufgegeben haben, liegt die Beweislast hierfür zudem gewiss bei den Vertretern der Einfachheitsthese. Jedenfalls liegt es näher, Hussers Theorie als durchgehende Bestandteils-Ontologie aufzufassen. Es gibt noch ein zweites Argument für die Komplexitätsthese, das auf Husserls Begriff der Fundierung basiert.17 nach Husserl stehen Farbe und Ausdehnung zueinander in der Beziehung der Fundierung. Ohne Farbmoment kann kein Ausdehnungsmoment wahrgenommen werden und umgekehrt. Farbvorkommen sind also notwendigerweise mit Ausdehnungsvorkommen verknüpft bzw. können nur in Anlehnung an diese beste17

Die vollständige dritte Untersuchung der Logischen Untersuchungen erörtert Husserls Ansichten zu dem Ganzen und seinen Teilen, darunter auch seinen Begriff der Fundierung.

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hen. Man betrachte hierzu erneut den roten runden Punkt Sokrates. Er kann als Ganzes mit zwei abhängigen Bestandteilen oder Momenten beschrieben werden, Rot1 und Rund1. Diese Momente stehen in der Beziehung der Fundierung zueinander. Sie ergibt sich a priori aus dem Wesen oder den Arten der Momente Röte und Ausdehnung. Husserl schreibt nun: „Zur Unselbständigkeit gehört nach den bisherigen Überlegungen allzeit ein apriorisches Gesetz, welches in dem allgemeinen des bezüglichen Teiles und Ganzen seine begriffliche Grundlage hat.” (Hervorhebung vom Autoren).18 So bestimmt sich die Beziehung zwischen Rot1 und Ausdehnung1 (als abhängige Bestandteile des Ganzen, Sokrates) durch ein a prioriGesetz der Wesenheit, das sich wiederum aus den Universalien dieser Momente ergibt. Nun könnte ein Verteidiger der Koplexitätsthese argumentieren, dass derartige Beziehungen, wie sie zwischen den Momenten Rot1 und Ausdehnung1 herrschen, nur deswegen von diesen Momenten als wahr ausgesagt werden können, da sie über Gesetze begründet werden, die auf das universal in ihnen bestehende Wesen bezogen sind. Aus der Perspektive der Einfachheitsthese ist kaum einzusehen, wie die Form oder die Art mit dem Moment derart zusammenspielen kann, dass erstere die Natur von letzterem bestimmt. Wie kann die Röte Rot1 rot machen, außer wenn sie in ihr vorliegt? Und wie können a priori geltende Gesetze auf die zwischen den einzelnen Momenten bestehenden Beziehungen Einfluss nehmen, wenn sie nicht das Wesen dieser Momente betreffen, das dann wiederum als Bestandteil in diesen vorliegen müsste? Ein Verteidiger der Einfachheitsthese könnte hierauf erwidern, dass die Art durch ihre Momente instantiiert wird und die eine einfache und primitive Beziehung ist. Aber dies scheint nicht mehr als eine bloße Behauptung darzustellen, da noch unbeantwortet bleibt, wie das Wesen eines Moments diesen zu dem macht, was er ist. Da Husserl von diesen a prioriBeziehungen zwischen Momenten reichlich Gebrauch macht und sie in dem Wesen der Momente gründet, wäre seine Sichtweise jedenfalls klarer und konsistenter, wenn er annehmen würde, dass das Wesen selbst als Bestandteil in den jeweiligen Moment eingeht. Denn dann sind es die Wesen in den Momenten selbst, die durch diese Gesetze aufeinander bezogen sind, wohingegen umgekehrt diese Wesen zunächst verbunden werden, um dann irgendwie durch ihre Momente instantiiert zu werden. Schließlich und drittens konzentrieren sich die Argumente für die Komplexitätsthese auf Husserls Anmerkungen zur Individuation und zum letzten Substrat. Wie gesehen, muss ein Moment gemäß der Einfachheits18

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Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 2, 253.

these aufgrund seiner bestehenden Besonderheit als Primitives nicht mehr individuiert werden. Die Besonderheit ist von seiner intrinsischen Natur nur mittels einer Verstandesunterscheidung zu trennen, und gegeben der Absage an jegliche universalen Entitäten ist für sie keine weitergehende Fundierung in einer anderweitigen Besonderheit vonnöten. Von der Komplexitätsthese lässt sich dasselbe nun aber nicht behaupten: Hier verfügt ein Moment über wenigstens zwei universale Bestandteile (etwa Röte und ihre Exemplifikation), so dass man erklären muss, wie er zu seiner Besonderheit gelangt, womit sich bereits aus dem bloßen Bemühen einer solchen Erklärung heraus die Komplexitätsthese ergibt. In den Abschnitten 11 bis 15 von Buch 1, Teil 1, Kapitel 1 der Ideen I diskutiert Husserl Gattungs/Art-Beziehungen und verschiedene Hierarchien des Seins. Begrifflich an Aristoteles angelehnt nimmt Husserl hier an, dass man beim Aufstieg zu immer höherstufigeren Universalien schlussendlich summa genera erreicht. Beim gegenläufigen Abstieg kommt man hingegen am Ende zu einem letzten, formlosen Substrat. Diese Substrate werden als „pure, syntaktisch formlose individuelle Einzelheit“ beschrieben.19 Zudem ist er der Auffassung, dass Substrate als grundlegende Entitäten nicht auf noch tiefer stehende Entitäten heruntergebrochen werden können, vielmehr stellen sie ungebundene Individuen ohne Eigenschaften oder Teile dar und können nicht aus auf andere Entitäten angewendete Prädikate abgeleitet werden. Das scheint zu bedeuten, dass sie keine Eigenschaften besitzen, obgleich Substrate für Husserl immer mit Eigenschaften verbunden werden können, da sie nicht aus sich heraus bestehen können und daher stets nur im Verbund mit Eigenschaften vorgefunden werden.20 An einigen Stellen beschreibt Husserl diese letzten Substrate mithilfe des aristotelischen Ausdrucks des tode ti, das für Aristoteles im primärer Bedeutung etwas Unsichtbares und Einzelnes meint (Kat., 3b 10-114). Aristoteles gebraucht den Ausdruck, um sich auf Formen, auf die erste Substanz oder den grundlegenden Stoff zu beziehen. Husserls Gebrauch des tode tí bezieht sich auf ein letztes Subjekt möglicher Prädikation, das selbst formlos ist und ein Einzelding darstellt. Seine Beschreibung eines tode ti erinnert an Gustav Bergmanns Konzept des bloßen Einzeldings, dass er als „gesplitterten aristotelischen Stoff“ bezeichnet. An einer sehr aufschlussreichen Stelle vergleicht Husserl das letzte 19

Husserl, Ideen I, 33. Weiteres zum Unterschied zwischen dem intrinsischen Beinhalten von Eigenschaften gegenüber ihrer Anbindung an ein bloßes Einzelding findet sich bei Moreland, „Theories of Individuation“.

20

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Substrat mit einem Moment. Dort führt er zunächst aus, dass ein letztes Substrat ein ungebundenes Individuum, etwas Einzelnes darstellt. Dann fährt er fort: „[D]as Qualitätsmoment in sich selbst hat keine Individualität, ist also ein Wesen?“21 [Hervorhebung des Autors] Diese Stelle ist schwierig zu verstehen. Husserl scheint sagen zu wollen, dass in einem Moment ein letztes Substrat vorliegen muss, das als äußerstes Subjekt der Prädikation dient und seine Individualität begründet. Mit dem Ausdruck „Qualitätsmoment in sich selbst“ scheint Husserl den qualitativ ausgezeichneten Moment als Qualität anzusprechen. Insofern ist Rot1 kein Einzelding, sondern rot. Solange wir Rot1 als rot betrachten, haben wir noch keine Erklärung für seine Individualität. Leider bleiben Husserls Auffassungen auf dieselbe Weise unklar wie auch schon bei Aristoteles. Dieser hat sich hinsichtlich der FormVorkommen-Beziehung nur sehr undeutlich geäußert. So könnten beispielsweise in der aristotelischen Kategorie der Substanz Aussagen wie „Sokrates ist ein Mensch“ ein nicht weiter fundiertes „ist“ der Klassifikation enthalten, mittels dessen eine primäre Substanz (Sokrates) einer bestimmtem Klasse, der sekundären Substanz, zugeordnet wird. Aristoteles könnte das „ist“ aber auch in einer noch basaleren Beziehung begründet sehen, welche die Form des Menschseins von dem Stoff in Sokrates prädiziert. Ersteres stellt eine Lesart von Aristoteles dar, die mit der Enfachheitsthese vereinbar ist, da Sokrates dann eine einfache, bestimmte Entität bildet (abzüglich seiner Akzidenzien) und sich die Universalie des Menschseins wie eine von Wolterstorffs Arten verhält. Die zweite Deutung würde es eher mit der Komplexitätsthese halten, da demnach Sokrates eine komplexe Entität bildet, die – wiederum abzüglich akzidentieller Bestimmungen – folgende Bestandteile enthält: Die Universalie Menschsein, den individuierenden Stoff und das Band der Exemplifikation. Husserl bleibt nun scheinbar auf dieselbe Weise unklar. Dennoch scheinen seine Anmerkungen zur Individuation und den letzten Substraten die Komplexitätsthese zu implizieren, selbst wenn seine expliziten Äußerungen in dieser Hinsicht undeutlich bleiben. Denn gemäß der Einfachheitsthese werden Momente von und in sich selbst unterschieden. Die Einfachheitsthese lehnt das Teil/Ganzes-Modell bei der Beschreibung von Momenten als Primitve ab – das Problem der Individuation stellt sich so erst gar nicht. Nur die Komplexitätsthese erfordert eine Art letztes Substrat, um die Individuation von Momenten zu ermöglichen; die Tatsache, dass Husserl die Individuation von Momenten mit solchen Substraten ver21

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Siehe Textkritische Anmerkung zu: Husserl, Ideen I, 463f.

knüpft, impliziert mithin seine Akzeptanz des Teil/Ganzes-Modells bei der Beschreibung von Momenten und damit auch seine Annahme der Komplexitätsthese. Kurz zusammengefasst haben wir in diesem Abschnitt Argumente für die Einfachheitsthese geprüft und als inadequat zurückgewiesen. Zusätzlich wurden verschieden Argumente vorgebracht, um Husserls Momente als komplexe Entitäten auszuweisen. Husserl war mithin Realist, seine Ontologie umfasst echte Universalien, also vielfach exemplifizierbare Entitäten, die als Bestandteile in ihre Vorkommen eingehen.

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Kapitel 6 Traditioneller Realismus: Probleme und Einwände

I

m zweiten und dritten Kapitel wurden Gründe für die Bevorzugung eines Realismus gegenüber den beiden Schulen des Nominalismus gegeben. In den Kapiteln vier und fünf wurden dann verschiedene Versionen eines solchen Realismus genauer betrachtet und die traditionelle Form des Realismus erörtert und verteidigt. Dennoch bestehen immer noch einige Einwände gegen den Realismus – sowohl den traditionellen als auch anderen Formen – die noch näher behandelt werden müssen. Darüber hinaus tauchen bei der Entwicklung eines reifen Realismus über Eigenschaften und ihrer Vorkommen einige weitere Fragen auf, denen wir unsere Aufmerksamkeit widmen müssen. Es ist natürlich unmöglich, alle wichtigen Fragen in einem einzigen kurzen Kapitel oder sogar Buch abzuhandeln; daher wird sich die folgende Diskussion auf diejenigen Probleme beschränken, die in der einschlägigen Literatur regelmäßig auftreten und bereits an sich interessant sind. Im ersten Abschnitt werden drei Argumente gegen den Realismus genauer geprüft. Der zweite Teil beschäftigt sich mit zwei Problemfällen einer realistischen Ontologie, nämlich der Existenz nicht instantiierter Universalien und dem Verhältnis zwischen Eigenschaften und Existenz. Drei Einwände gegen den Realismus Gegen den Realismus werden regelmäßig drei Einwände erhoben: Er würde in einen vitiösen Regress geraten; er hätte Schwierigkeiten eindeutige Identitätskriterien für Eigenschaften anzugeben; und es würde ihm nicht gelingen, einen Naturalismus mit dem Wissen über abstrakte Gegenstände zu versöhnen. Der vitiöse Regress des Realisten Drei Regressargumente wurden gegen den Realismus vorgebracht: Das Ar-

gument vom dritten Menschen; ein Argument, dass sich mit der aufsteigenden Hierarchie exemplifizierter Eigenschaften beschäftigt; und ein durch die Exemplifikation verursachter Beziehungsregress. Das Argument von dritten Menschen habe ich bereits in Kapitel 1 behandelt, so dass ich es mir nicht wiederum vorlege. Das Argument von der Hierarchie der exemplifizierten Eigenschaften funktioniert wie folgt: Gemäß den Realisten kann die Eigenschaft F eines Gegenstandes über die Exemplifikation der F-heit erklärt werden. Daher wird (1) a ist F. mit (1') a exemplifiziert die F-heit. analysiert. Wenn jedoch verschiedene Dinge neben a ebenfalls die F-heit exemplifizieren, müsste ein Satz wie (1') wie folgt erweitert werden: (1'') a exemplifiziert die Exemplifikation der F-heit. Damit aber wird ein vitiöser Regress geschaffen, so dass eine realistische Analyse von Eigenschaften und ihren Exemplifikationen abgelehnt werden muss. Realisten haben dieses Argument mit der Bemerkung geantwortet, dass die linguistische Schreibweise in (1) und (1') zwar unterschiedlich sei („ist F“ und „exemplifiziert die F-heit“), dabei jedoch denselben Sachverhalt zum Ausdruck bringt. Dasselbe lässt sich über die Formulierungen „exemplifiziert die F-heit“ und „exemplifiziert die Exemplifikation der Fheit“ in (1') und (1'') sagen. Wenn eine bestimmte Anzahl von Gegenständen gleichermaßen F sind, wird dies tatsächlich mit der Exemplifikation der F-heit durch diese Gegenstände erklärt; dabei muss jedoch keine weitergehende Exemplifikationsbeziehung angenommen werden. Wenn verschiedene Dinge die F-heit exemplifizieren, geschieht dies nicht deswegen, weil sie alle die Exemplifikation der F-heit exemplifizieren, sondern schlicht deshalb, weil sie die F-heit exemplifizieren: Sie alle stehen zur Fheit in der Verknüpfung der Exemplifikation, so dass der Regress bereits hier endet. Das zweite Regressargument hat ebenfalls eine Form der Exemplifikation zum Inhalt und weist Ähnlichkeiten mit einem gegen F.H. Bradley

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vorgebrachten Argument gegen die Existenz von Beziehungen auf. Nach Bradley müsse die Relata a und b sich miteinander verbinden, ehe sie eine Beziehung R zueinander eingehen können. Ehe aber a und b mit R verknüpft werden können, müssen sie wiederum in einer zweiten Beziehung R' bzw. R'' zu R stehen, und so fort ins Unendliche. Ganz ähnlich wird nun argumentiert, dass sich der Sachverhalt „a ist F“ für den Realisten aufgrund der Relation von a zur F-heit erklärt. Somit kann der Besitz einer Universalie durch ein Einzelding nur über die Exemplifikationsbeziehung erfolgen. Jedoch stellt die Exemplifikationsbeziehung für den Realisten nun selbst eine Universalie dar, so dass sie selbst exemplifiziert werden muss, wenn a sich auf die F-heit beziehen können soll. Das aber heißt nicht anderes, als dass a und F nun selbst in einer Relation zur Exemplifikationsbeziehung stehen müssten, mithin einer weiteren Exemplifikationsbeziehung, damit die erste als Bindeglied zwischen a und F fungieren kann. Wir wollen die Exemplifikationsbeziehung zwischen a und der F-heit „Exemplifikation1“ nennen. Bevor also Exemplifikation1 ihren Dienst tun und a mit F in Verbindung bringen kann, muss sie zuvor selbst exemplifiziert werden, was nach der Logik der Exemplifikationsbeziehungen nur heißen kann, dass es eine Exemplifikation2 geben muss. Deren Aufgabe besteht darin sicherzustellen, dass a und F in Exemplifikation1 eingehen können. Auf Bradleys berühmtes Argument gegen Beziehungen haben Philosophen mit der Erwiderung reagiert, dass man ja auch keinen Superkleber benötigen würde, um zwei Gegenstände jeweils mit „normalen“ Kleber zu verbinden, so dass diese wiederum miteinander verklebt werden können. Ebenso seien auch Beziehungen schlicht nicht die Art von Entitäten, die mittels weiteren Beziehungen an ihre Relata gebunden werden müssten. In derselben Weise heben Realisten nun hervor, dass ihr Erklärungsansatz zur Exemplifikation (wenn a F ist, liegt das daran, dass a mit der F-heit mittels der weiteren Entität der Exemplifikation in Verbindung steht) sich nicht auf diese selbst bezieht: Die Exemplifikationsbeziehung muss selbst nicht mittels einer höherstufigeren Exemplifikationsbeziehung exemplifiziert werden, ehe sie a mit der F-heit verknüpfen kann. Es ist eine Art fundamentaler metaphysischer Tatsache, dass die Exemplifikation als unmittelbare Verbindung zwischen Eigenschaften und anderen Eigenschaften oder Einzeldingen fungiert. Um dieses Merkmal von Exemplifikationen besser zum Ausdruck zu bringen, sprechen Realisten bisweilen auch vom Nexus der Exemplifikation statt von bloßen Beziehungen.

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Identitätsbedingungen von Eigenschaften Manche Philosophen argumentieren, dass die Identitätskriterien von Eigenschaften im Vergleich zu Mengen undurchschaubar bleiben und daher Eigenschaften im Allgemeinen keinen Bestandteil einer Ontologie bilden sollten – was ihre realistische Variante mit einschließt. So liegen einerseits klare, extensionale Identitätsbedingungen für Mengen vor: Beispielsweise sind die Mengen A und B genau dann miteinander identisch, wenn sie genau dieselben Mitglieder aufweisen. Vergleichbares lässt sich jedoch für Eigenschaften nicht sagen. Bisweilen wird dieses Argument auch mit der Losung „Keine Entität ohne Identität!“ verknüpft. Leider erweisen sich sowohl das Argument als auch die es beschreibende Losung als vieldeutig und können entweder ontologisch oder epistemologisch interpretiert werden. Im ersten Fall würde „keine Entität ohne Identität“ folgendes zum Ausdruck bringen: N0: Notwendigerweise gilt für alle Entitäten e, dass e nur dann existieren kann, wenn e mit e identisch ist. So verstanden scheint N0 eine offenkundige Wahrheit darzustellen, dem Realisten aber auch kaum Schwierigkeiten zu bereiten: Er muss lediglich eine leicht veränderte Variante von Leibniz Gesetz der Ununterscheidbarkeit des Identischen auf die Universalien anwenden: LGu: Gegeben die Universalien U1 und U2, ist U1 genau dann mit U2 identisch, wenn in jeder möglichen Welt W U1 und U2 über genau dieselben Eigenschaften in W verfügen. Recht verstanden geht in LGu die Vorannahme ein, dass Eigenschaften selbst über Eigenschaften verfügen können, was auch der Fall zu sein scheint. Diejenigen Realisten, die Argumente der abstrakten Referenz verwenden, scheinen etwa vorauszusetzen, dass etwa die Rotheit Farbigkeit als eines ihrer Eigenschaften aufweist. Zusätzlich kann das Argument auch epistemologisch gedeutet werden: Ne: Unsere Annahme über die Existenz einer Entität e ist solange nicht gerechtfertigt, bis wir über klare Identitätskriterien in Form notwendiger und hinreichender Bedingungen verfügen, um festzustellen, ob ein e vorhanden ist oder – gegeben e und eine weitere Entität f – e mit f identisch ist.

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Derart verstanden erscheint Ne als epistemologisch-methodische Forderung, nach der wir nicht wissen (und damit nicht gerechtfertigt sind anzunehmen), dass P, wenn wir nicht von einem bestimmten Kriterium Q wissen (bzw. gerechtfertigterweise davon ausgehen können), dass uns genau darlegt, wenn jemand P weiß (oder gerechtfertigterweise davon ausgehen kann) und wenn P Q erfüllt.1 Nach dieser Methode muss man wissen, wie man weiß, ehe man weiß; und wenn man diese skeptische Frage nicht zu beantworten weiß, hat der Skeptiker gewonnen. Auf unseren Kontext angewendet, sind wir ohne die Angabe von Identitätsbedingungen, die Ne erfüllen, nicht zur Annahme von Eigenschaften berechtigt, und bisher haben sich keine solche Bedingungen angeben lassen. Was kann der Realist hierauf erwidern? Seine beste Strategie scheint in der Annahme eines epistemologischen Partikularismus zu liegen. Danach gibt es einige Gegenstände unseres Wissens (oder unserer gerechtfertigten Überzeugungen), über die Wissen (oder gerechtfertigte Überzeugungen) möglich ist, auch wenn wir nicht wissen, wie wir zu diesem Wissen (diesen gerechtfertigten Überzeugungen) gelangen; hierfür können dann auch keine Kriterien eingefordert werden. Gemäß des Partikularisten dient die skeptische Frage nach den Bedingungen unseres Wissens als heuristischer Führer für unsere Erkenntnisse, um unser Wissen von paradigmatischen Musterfällen ausgehend auch auf unklare Grenzfälle auszudehnen. Dabei werden von den „sicheren“ Fällen Kriterien für Wissen erst abgeleitet (die über die bisherige Wissensannahme in diesen Fällen bereits als gerechtfertigt gelten) und dann auf die unsicheren Kandidaten für Wissen übertragen, um so das eigene Wissen zu erweitern. Daher könnte der Realist für einige Fälle durchaus zugestehen, dass wir hier keine klaren Identitätsbedingungen vorliegen haben (z.B. bei Hitze und mittlerer kinetischer Energie), die Ne erfüllen. Daraus folgt aber nicht, dass wir überhaupt kein Wissen über Eigenschaften besitzen. So wissen wir etwa, was Röte ist, und es leuchtet uns unmittelbar ein, dass sie verschieden von Sauerkeit, Blauheit oder Geradesein ist. Aber selbst wenn diese Erwiderung nicht dazu geeignet sein sollte, dem Kritiker zu begegnen, stellt Ne lediglich die Notwendigkeit heraus, dass der Realist Kriterien für Eigenschaftsidentität als Teil einer reifen Ontologie herausarbeitet. Realisten haben verschiedene Vorschläge vorgelegt, dieser Aufforderung nachzukommen. Die Eigenschaften P und Q sind dem1

Vgl. R. Chisholm: The Problem of the Criterion (Milwaukee, Wis.: Marquette University Press, 1973).

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nach in genau diesen Fällen identisch: (a) Das Kriterium der groben Granularität: P und Q sind, vielleicht sogar notwendigerweise, koextensiv.2 (b) Das Ursachen-Kriterium: P und Q beziehen sich in ihren raumzeitlichen Vorkommen auf dieselben kausalen oder nomologischen Kräfte.3 (c) Das semantische Kriterium: − „P“ und „Q“ sind Bezeichnungen für Eigenschaften, die entweder synonym ausfallen oder gleichberechtigt bei der linguistischen Taufprozedur verwendet wurden, um sich auf dieselbe Eigenschaft zu beziehen. − „P“ ist ein Eigenschaftsname, „Q“ eine Kennzeichnung dafür (oder umgekehrt). „P“ bezeichnet nun die einzige Eigenschaft, die die weitere Eigenschaft aufweist, die mit „Q“ wiedergegebene Kennzeichnung zu erfüllen. − Wenn „P“ und „Q“ jeweils eine Eigenschaft beschreiben, bezieht sich „P“ auf die Eigenschaft R (die Eigenschaft, die mit „P“ benannte Beschreibung zu erfüllen), und „Q“ auf die Eigenchaft S (gleichfalls eine Eigenschaft, die mit „Q“ benannte Umschreibung zu erfüllen), und die einzige Eigenschaft, die über R verfügt, weist auch S auf und umgekehrt.4 (d) Das Kriterium der intentionalen Inklusion: P und Q inkludieren und involvieren sich wechselseitig.5 Die meisten Realisten lehnen (a) oder (b) ab, obgleich philosophische Naturalisten mit Vorliebe darauf zurückgreifen. Verschiedene Argumente wurden gegen das Kriterium der groben Granularität vorgebracht. So identifiziert es zu Unrecht verschiedene, nur kontingenterweise zusammen exemplifizierte bzw. nicht exemplifizierte Eigenschaften miteinander (etwa rot sein und die Wellenlänge Alpha haben, oder Marsianer und Vulkanier sein) und umgekehrt kann es notwendigerweise zusammen exemplifizierte 2

David Lewis nimmt eine bestimmte Variante dieses Krteriums an an. Vgl. On the Plurality of Worlds (Oxford: Blackwell, 1986), 50-69. 3 Dieses Kriterium wird von Armstrong vertreten. Siehe Armstrong, A Theory of Universals, 43-52. 4 Richard Swinburne entwickelt dieses Kriterium in The Evolution of the Soul (Oxford: Clarendon, 1986), 46-51. 5 Vgl. Roderick Chisholm: On Metaphysics (Minneapolis, Minn.: University of Minnesota Press, 1989), 143-145; vgl. auch Chisholm, A Realist Theory of Categories, 11-21.

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Eigenschaften nicht voneinander getrennt halten (dreieckig und dreiseitig sein). Zudem verwechselt es Eigenschaften mit derjenigen Menge an Dingen, denen sie zukommen. Kritische Einwürfe gegen das kausale Kriterium beinhalten etwa die Tatsache, dass es die Existenz von lediglich kontingenterweise uninstantiierten Eigenschaften (Vulkanier sein) und notwendigerweise uninstantiierten Eigenschaften (rund und rechtecking sein) zu Unrecht negiert. Außerdem bestreitet es unplausiblerweise die Existenz von kausal nicht wirksamen Eigenschaften (gerade sein, eine Primzahl sein). Weiterhin macht dieses Kriterium aus dem Epiphänomenalismus eine nicht bloß falsche, sondern notwendigerweise falsche Annahme. Schließlich schließt es von vornherein mögliche und vielleicht sogar aktuale Sachverhalte aus, dass voneinander unterscheidbare Eigenschaften das Kriterium gleichermaßen erfüllen könnten (rot sein, die Wellenlänge Alpha aufweisen; Scherz empfinden, C-Faser Ф feuert). Das semantische Kriterium muss demgegenüber umfänglicher erörtert werden. Wie oben verdeutlicht, setzt es voraus, dass Namen rigide Designatoren sind, die sich in allen möglichen Welten auf dieselbe Entität beziehen, vorausgesetzt, sie existiert dort. Kennzeichnungen sind demgegenüber nicht-rigide Designatoren; sie beziehen sich stets auf diejenige Entität, welche kontingenterweise die auf sie bezogene Kennzeichnung erfüllt. Dies im Hinterkopf wären Beispiele für „P“ und „Q“ für die drei skizzierten Unterfälle etwa „blau“/„blue“, „blau“/„die Farbe des Himmels“ und „die Farbe des Himmels“/„Tante Sarahs Lieblingsfarbe“. Vielen Realisten gilt das semantische Kriterium als hinreichende Bedingung für die Identität von Eigenschaften. Wenn „blau“ beispielsweise diejenige Eigenschaft bezeichnet, die als einzige die weitere Eigenschaft aufweist, die Kennzeichnung „die Farbe des Himmels“ zu erfüllen, sind beide Eigenschaften miteinander identisch. Dennoch ist damit noch nicht gesagt, dass das Kriterium auch eine notwendige Bedingung für die Identität von Eigenschaften darstellt, und einigen Philosophen behagt bereits die bloße Idee eines durch sprachliche Referenz oder Bedeutung festgelegten Identitätskriteriums für Eigenschaften überhaupt nicht. Das Kriterium der intentionalen Inklusion gestaltet sich noch komplizierter, zur Etablierung eines grundlegenden Verständnisses ist zunächst eine Klärung der Begriffe „inkludieren“ und „involieren“ vorzunehmen. Sie stehen für zwei verschiedene Arten von Beziehungen, die Eigenschaften zueinander einnehmen können. − Inklusion: Eigenschaft P inkludiert Eigenschaft Q = Df. P ist not-

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wendigerweise so beschaffen, dass alles, was sie exemplifiziert, auch Q exemplifiziert. − Involvierung: Eigenschaft P involviert Eigenschaft Q ein = Df. P ist notwendigerweise so beschaffen, dass alles, was sie vorstellt, auch Q vorstellt. Bei einer Inklusion muss dieselbe Entität, die eine Eigenschaft exemplifiziert, auch die von ihr inkludierte Entität exemplifizieren. So inkludiert jegliches Bestimmtes (rot sein) sein Bestimmbares (farbig sein). Hinsichtlich der Involivierung involvieren die folgenden vier Eigenschaften die Eigenschaft des Rotseins, ohne sie zu inkludieren: − − − −

entweder rot oder rund sein nicht rot zu sein möglicherweise rot sein wollen, dass etwas rot ist

Keine dieser vier Eigenschaften inkludiert das Rotsein – etwas könnte nur rot oder rund sein, ohne rot zu sein. Alle involvieren aber das Rotsein. Wenn sich jemand beispielsweise die Eigenschaft vorstellt, entweder rot oder rund zu sein, so stellt er sich auch die Eigenschaft vor, rot zu sein. Gemäß des Kriteriums der intentionalen Inklusion sind Inklusion und Involvierung für sich genommen jeweils notwendig und zusammengefasst hinreichend, um eine Eigenschaftsidentität zu begründen. Nun ist die Inklusion offenkundig eine notwendige Bedingung hierfür und ruft als solche auch keinen Widerspruch hervor. Die Geeignetheit der Involvierung als zweite Bedingung ist demgegenüber schon eher umstritten. Eine genauere Bewertung dieser Bedingung würde uns zu einer genaueren Erörterung der Natur des Vorstellens sowie anderer mentaler Zustände zwingen, und viele Philosophen scheuen heutzutage die Anwendung intentionaler Kriterien zum Festlegen ontologischer Bestimmungen. Dennoch führt der Gebrauch dieses Kriteriums zur Bestimmung von Eigenschaften in vielen Fällen zu richtigen Antworten, und der Leser ist eingeladen, sich ein Gegenbeispiel auszudenken. Gemeinsam mit den anderen drei Kriterien gibt es jedenfalls die wesentlichen Versuche von Seiten der Realisten wider, eine Ontologie der Universalien zu entwickeln. Naturalismus und das Wissen um abstrakte Gegenstände Man definiere den Naturalismus als die These, dass das raumzeitlichphysikalische Universum der von den Wissenschaften und hier insbesonde152

re den Natur- und mathematischen Wissenschaften studierten Entitäten alles Seiende umfasst. Alles Existierende hat einen Ort in Raum und Zeit und bildet einen Bestandteil des wirkenden Kausalsystems, welches wir Kosmos nennen. Nach dieser Sichtweise sind menschliche Personen materielle Gegenstände, und ihre epistemisch bedeutsamen Zustände (z.B. Wahrnehmungen) müssen innerhalb des Bildes menschlicher Personen als physikalischer Gegenstände erklärt werden, die in wissenschaftlich beschreibbaren, wirksamen Kausalbeziehungen mit den „Gegenständen“ dieser Zustände stehen. Da Wissen oder gerechtfertigte Überzeugungen eine kausale Verknüpfung zwischen Subjekt und Objekt voraussetzen, müssen abstrakte Gegenstände aus zwei eng beieinander liegenden Gründen abgelehnt werden. Zum einen müssen sich die kausalen Relata in Raum und Zeit befinden. Da Eigenschaften als abstrakte Gegenstände kausal wirkungslos bleiben und sich auch nicht in Raum und Zeit befinden, stellen sie keine potentiellen Kandidaten für den Eintritt in solche kausalen Beziehungen dar und können dementsprechend auch nicht von uns gewusst werden. Zweitens soll jede Erklärung für unser Wissen über abstrakte Gegenstände mittels einer mysteriösen oder sogar mystischen, aphysischen „ErfassenVerbindung“ gegeben werden, und weder eine solche Entität noch ein ihr gegenübergestelltes Subjekt mit den entsprechen Vermögen könnten Bestandteil einer angemessenen naturalistischen Ontologie sein.6 In Erwiderung darauf steht es dem Realisten frei, die angenommene Inkonsistenz des Naturalismus bezüglich Universalien und dem Wissen darüber zum Anlass zu nehmen, diese philosophische Position insgesamt abzulehnen. In der Philosophie stellt häufig der modus ponens des einen Philosophen den modus tollens des zweiten dar. Viele (wenngleich nicht alle) Philosophen stimmen darin überein, dass der traditionelle Realismus mit einem Naturalismus unvereinbar ist. Wir haben in den vorangegangenen Kapiteln auch schon einige Gründe hierfür kennen gelernt, dennoch sind die am häufigsten zitierten hier noch einmal zusammengefasst: 1. Traditionelle Eigenschaften und raumzeitliche Verortbarkeit: Einige Philosophen haben eine Art „Argument der Merkwürdigkeit“ gegen traditionell-realistische Eigenschaften vorgebracht, das die Seltsamkeit herausstreicht, die diese Entitäten umgibt, da sie von demjenigen, was das Universum für den zeitgenössischen Naturalisten nor6

Jarrold J. Katz: Realistic Rationalism (Cambridge, Mass.: MIT Press, 1998), 25-83; Laurence Bonjour: In Defence of Pure Reason (Cambridge: Cambridge University Press, 1998), 186.

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malerweise auszeichnet, doch sehr verschieden sind. Einige haben dieses Argument in bestimmte Richtungen weiterentwickelt und es gegen spezfífische Klassen von Universalien (z.B. Propositionen, axiologische Eigenschaften) eingesetzt; andere behaupten, dass ein physikalistischen oder naturalistischen Ansprüchen genügender, nicht-reduktiver Ansatz mit der notwendigen Tiefe unmöglich zu leisten sei und traditionell-realistisch verstandene Eigenschaften und ihre Beziehungen untereinander vollkommen verschieden von der übrigen naturalistischen Ontologie ausfallen. 2. Traditionelle Eigenschaften und Sein: Einige Philosophen behaupten, dass traditionell-realistische Eigenschaften das kausale Kriterium für Existenz verletzen, da sie als nicht-raumzeitliche Entitäten kausal wirkungslos bleiben – selbst dann, wenn sie exemplifiziert werden. Zudem ist es bei der postulierten, nicht-raumzeitlichen Natur dieser Eigenschaften auch schwierig einzusehen, weshalb ihre Existenz von ihrer Exemplifikation abhängig sein sollte. Daraus wird der Schluss gezogen, dass die Existenz uninstantiierter Entitäten deutlich das kausale Kriterium des Seins verletzt. 3. Traditionelle Eigenschaften und Exemplifikation: Der traditionelle Realismus gibt das klassische Beispiel einer „zwei Welten“Ontologie, so dass es schwierig wird zu erklären, wie eine Verbindung zwischen abstrakten Gegenständen einerseits und der raumzeitlichen Welt der Einzeldinge und Ereignisse andererseits zustande kommen kann. Desweiteren bleibt unklar, wie der Nexus der Exemplifikationsbeziehung, der sich selbst ebenfalls nicht in Raum und Zeit befindet und dennoch die Entitäten beider Welten miteinander in Verbindung bringen soll, dies im Hinblick auf seine fehlende Ähnlichkeit mit streng physikalisch anmutenden Entitäten überhaupt leisten können soll. In dieser Hinsicht stellt die Exemplifikationsbeziehung die Naturalisten vor dieselben Probleme wie die Vertreter eines schwachen Naturalismus auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes, wo Cartesische Interaktionsmechanismen auf Emergenz- bzw. Supervenienzverhältnisse treffen (wo soll hier die Cartesische Interaktion in Erscheinung treten und wo wird die Prädikationsbeziehung exemplifiziert?). Die sogenannte „Erklärungslücke“ zwischen physikalischen und mentalen Ereignissen/Eigenschaften findet hier ihre Parallele zwischen raumzeitlichen Entitäten und ihren ganz außerhalb von Raum und Zeit befindlichen Gegenstücken. Da schließlich Eigenschaftsvorkommen zumindest in einem gewissen Sinn von ih-

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ren Eigenschaften ontologisch abhängen (sie sind modal voneinander verschieden) und diese Eigenschaften selbst nicht physikalisch sind, wird es schwierig, die Abhängigkeit allen Seins von ausschließlich physikalischen Faktoren innerhalb der physikalischen Welt aufrecht zu erhalten. 4. Traditionelle Eigenschaften und naturalistische Epistemologie: Wie gerade bemerkt, ist es schwierig, traditionell-realistisch verstandene Eigenschaften mit einer physikalischen Darstellung menschlicher Erkenntnis zu vereinbaren, insbesondere was die kausalen Prozesse betrifft, die kognitive Leistungen wie Wahrnehmung konstituieren. Wenn diese Schilderung des Menschen und seiner verschiedenen epistemischen Beziehungen zu den Dingen außerhalb seiner selbst korrekt ist, bleibt unklar, wie wir kognitiven Zugang zu traditionellrealistischen Eigenschaften haben können. Wenn man davon ausgeht, dass 1.-3. uns Gründe für die Annahme liefern, dass der traditionelle Realismus mit einem Naturalismus ohnehin nicht zu vereinbaren ist, sollte sich der Realist durch Argument 4 nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dennoch ist er uns jetzt einen Ansatz zur Erklärung unseres Wissens von Universalien und ihrer Verbindungen untereinander schuldig. Hierzu hat es viele Vorschläge gegeben. Ich muss mich hier auf zwei der Wichtigsten beschränken, wie sie von Laurence Bonjour7 und Edmund Husserl8 vertreten werden. Sie stehen stellvertretend für je einen außerhalb und innerhalb der Wahrnehmung ansetzenden Versuch, uns die geforderten Antworten zu geben. Bonjour stellt die Annahme eines fehlenden Einflusses abstrakter Gegenstände wie der traditionellen Universalien auf das in Raum und Zeit befindliche Subjekt infrage: Weshalb sollte ein solcher Einfluss bereits aufgrund der fehlenden kausalen Wirkbeziehung nicht vorliegen? Warum sollte man annehmen, dass die einzige Möglichkeit, auf etwas Einfluss auszuüben, nur über physikalische Einzeldinge geleistet werden kann? Warum sollte man denken, dass Röte und Grünheit ganz konkret in irgendwelche Kausalketten Eingang finden müssen, ehe man etwas über ihre Beschaffenheit wissen kann und z.B. weiß, dass notwendigerweise nichts gleichzeitig rot und grün sein kann? Es würde bereits ausreichen, wenn die kausale Wirkkette Gegenstände enthalten würde, welche die relevanten Eigenschaften instantiieren. Mithilfe einer Analogie behauptet Bonjour, dass 7 8

Siehe Bonjour, In Defense of Pure Reason, 153-186. Siehe hier besonders Husserl, Logische Untersuchungen, und Husserl, Ideen 1.

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Abstraktionstheorien der Begriffsbildung (z.B. von Aristoteles) in dieses Schema passen. Hier mag keine kausale Wirkung vorliegen, aber nichtsdestotrotz liegt ein Einfluss vor, und das reicht. Dennoch stellt sich an diesem Punkt folgendes Problem: Wenn man „kausalen Einfluss“ annähernd analog zur Sinneswahrnehmung konstruiert (dass also etwa die Eigenschaften und Beziehungen unmittelbar und selbst begreifbar werden, so dass auf dieser Grundlage die entsprechenden Propositionen als wahr eingesehen werden), scheint man einen quasiwahrnehmungshaften Ansatz für rationale Erkenntnis zu benötigen – selbst dann, wenn man ein solches Bild lediglich als eine Art Metapher aufstellt. Das Problem hierbei ist, dass in den Fällen gewöhnlicher Sinneswahrnehmung physikalischer Einzeldinge eine kausale Beziehung zwischen Betrachter und Betrachteten als notwendige Bedingung vorausgesetzt wird, die im Falle von Wissen über abstrakte Gegenstände nicht vorliegt. Daher sollte man nach Bonjour auf diese Analogie unserer Wahrnehmung verzichten. Folgt man ihm aber hierin, steht man in der Pflicht, einen anderen Ansatz rationalen Begreifens vorzulegen, wenn man den rationalistischen Standpunkt einer a priori-Erkenntnis abstrakter Gegenstände aufrecht erhalten möchte – einen Ansatz, der die Analogie mit unserer Sinneswahrnehmung vermeidet. Bonjours Vorschlag gestaltet das rationale Begreifen als bloßes Nachdenken über oder sich Vorstellen des fraglichen Gegenstandes: Die Art und Weise, wie man rationale Einsichten erfasst oder begreift, stellt sich als Prozess des Wahrnehmens oder der Vorstellung dieser Entitäten dar. Zum Zwecke der Illustration lädt uns Bonjour dazu ein, eine bestimmte Art mentaler Zustände näher zu betrachten, nämlich solche, in denen wir über einen Gegenstand nachdenken (d.i., ihn im Geist vor uns haben). In diesen Fällen ist sich das Subjekt über den Gegenstand seines Denkens bewusst, also des Dings, worüber es nachdenkt. Nun stellt sich aber die Frage, wie man über einen solchen Gegenstand nachdenken kann; wodurch handelt ein mentaler Zustand von etwas (z.B. Dreieckigkeit)? Was bedeutet es, dass man sich über den Inhalt des eigenen Denkens bewusst ist, dass man dasjenige, über das man nachdenkt, ergreifen kann? Kurzgefasst antwortet Bonjour darauf mit der Bemerkung, dass man dann einen intelligiblen Begriff vom Gegenstand des eigenen Denkens hat. Damit dies möglich ist, muss ein Element eines solchen Denkens intrinsisch bedeutungsvoll sein, was für die Verteidigung des gemäßigten Rationalismus gleich in mehrerer Hinsicht relevant ist: So legt die Idee eines intrinsischen Inhalts unseres Denkens die Art und Weise nahe, in welcher der in die a priori-

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Rechtfertigung eingehende abstrakte Gegenstand unserem Geist zugänglich sein kann, ohne sich dabei auf eine Wahrnehmungs-Theorie berufen zu müssen, welche den kausalen Einwand erneut provozieren würde. Im Zuge seiner Ausarbeitung dieses Gedankens beginnt Bonjour mit drei ins Auge fallenden Aspekten eines solchen Ansatzes: − Sein Ansatz bietet eine unpopuläre, für Post-Positivisten kaum tragbare Metaphysik. Dies beinhaltet eine Theorie der Eigenschaften und Beziehungen als Universalien im traditionellen Sinn und eine Konzeption der intrinsischen Merkmale unserer Gedanken, die ihre unmittelbare Erfassbarkeit sichert. − Er verbleibt nicht innerhalb der Grenzen eines Materialismus/Naturalismus, sondern soll im Gegenteil mittels einer reductio ad absurdum gegen derartige Beschränkungen verwendet werden. − Er erfordert eine Theorie erkennbarer Inhalte, die neben Einzeldingen auch für Eigenschaften stehen können. Wie kann ein Gedanke einfach nur dank seiner intrinsischen Bedeutung von einer Universalie handeln oder sie als Bestandteil seines Inhalts bei sich führen? Nach Bonjour scheint darauf nur eine Antwort möglich: Die Eigenschaft selbst steckt auf metaphysische Weise irgendwie in der Beschaffenheit des Gedankens. Warum aber können wir nicht einfach in Anlehnung an Aristoteles und Thomas von Aquin davon sprechen, dass der Gedanke ein Vorkommen dieser Eigenschaft bildet? Für Bonjour sprachen Aristoteles und Thomas in der Tat davon, dass Gedanke und Gegenstand in verschiedener Weise über eine Eigenschaft verfügen, und diese Vorstellung geht schon in die richtige Richtung. Mit Blick auf Thomas lassen sich dabei zwei verschiedene Deutungen von dessen Ansicht unterscheiden: − Geist und Gegenstand exemplifizieren dieselbe Eigenschaft, jedoch ist die Beziehung der Exemplifikation in beiden Fällen verschieden. Bonjour lehnt diese Möglichkeit als unplausibel ab, da es doch nur eine Exemplifikationsbeziehung geben kann und nicht zwei. − Die im Gedanken intendierte Universalie ist von der Universalie im Gegenstand verschieden, wenn sie auch eng miteinander verbunden sind. Bonjour glaubt, dass diese zweite Interpretation in die richtige Richtung weist. Seiner Erklärung zufolge sollte der Realist die Eigenschaft des Ge-

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genstandes als Bestandteil oder Zutat oder Komponente des Gedankens betrachten, ohne dass diese dafür im Gedanken ein eigenes Vorkommen hat. So kann beispielsweise ein Gedanke dank der Instantiierung einer komplexen Universalie, welche die Universalie der Dreieckigkeit in geeigneter Weise „einbindet“ und sie dadurch gleichsam zu einer „Zutat“ des Gedankens macht, auch ohne dass sie dabei ein eigenes Vorkommen in ihm bildet, von dreieckigen Dingen handeln. Auf diese Weise kann gemäß Bonjour eine Theorie über unser Wissen von Universalien gegeben werden, ohne das Begreifen von Universalien als Wahrnehmungsbeziehung analog zur Sinneswahrnehmung darzustellen, der es irgendwie gelingt, in das platonische Reich der Universalien vorzustoßen. Hier sollen Bonjours Ansichten lediglich dargestellt werden, ohne sie im Detail zu kritisieren. Dennoch sollen vier Probleme kurz erwähnt werden. Zum einen wird nicht deutlich, inwieweit das Wesen des Vergleichs zwischen Sinneswahrnehmung und rationaler Intuition überhaupt eine Kausalbeziehung oder eine ähnliche, schwächere Wirkkette zwischen Subjekt und Objekt mit einschließt. In Form einer kontingenten empirischen Tatsache könnte das eine physikalisch notwendige Bedingung aller visuellen Wahrnehmungsakte körperlicher Personen darstellen; allerdings benötigt man ein weiteres Argument, dies auch auf den Bereich der rationalen Intuition auszudehnen – ein Argument, das Bonjour uns schuldig bleibt. Weiter unten wird Husserls Ansatz näher erläutert, in dem eine Parallele zwischen Sinneswahrnehmung und rationaler Intuition gezogen wird, ohne dass dabei ein Bezug zu irgendeinem kausalen Verhältnis auftritt. Zum zweiten scheint Bonjour das Begreifen eines Gegenstandes mit dem Bewusstsein des Inhalts eines auf diesen Gegenstand gerichteten Gedankens durcheinander zu werfen. Die verschiedenen Bestandteile eines mentalen Aktes sind ebenso wie die anderen mit ihm in Verbindung gebrachten mentalen Entitäten, die ihn auf einen Gegenstand hin ausrichten, nicht dasselbe wie sein Gegenstand. Anders ausgedrückt ist es plausibel anzunehmen, dass weder die Gegenstände eines mentalen Aktes noch deren Bestandteile (Eigenschaften, Teile) zu Komponenten des auf sie ausgerichteten Aktes werden. Auch scheint es zur Erklärung der Gerichtetheit eines mentalen Aktes auf einen Gegenstand unnötig, die Bestandteile seiner Gegenstände als Bestandteile seiner selbst auszuzeichnen. Zum dritten erklärt Bonjour nirgendwo, wie die jeweilige Eigenschaft des Gegenstandes überhaupt erst in den mentalen Akt hineingelangt. Wahrnehmungsmodelle der rationalen Intuition, wie sie gleich anhand von Husserl vorgestellt werden, bemühen sich, gerade hierfür eine Lösung zu

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finden, so dass Bonjours Ansatz unter diesem Gesichtspunkt schwächer ausfällt. Zum letzten bleibt es vollkommen unklar, wie eine Eigenschaft als Bestandteil in etwas Partikulares (beispielsweise ein konkretes Einzelding, ein Moment, oder ein Ereignis) ohne Zuhilfenahme der Exemplifikation eingehen kann. Durch die gesamte Philosophiegeschichte hindurch war die überwältigende Mehrheit der Realisten sich darin einig, dass Eigenschaften qua Universalien die Art von Dingen sind, die über den Nexus der Exemplifikation in andere Dinge eingehen können, wenn sie sich auch über die genaue Natur der Exemplifikationsbeziehung uneins waren. Von daher wäre es wünschenswert, dass ein neuer Ansatz zum Wissen von Universalien nicht den Versuch unternimmt, einen komplett neuen und unklaren Begriff darüber aufzustellen, wie Universalien „in“ den Dingen sein können. Eben ein solcher Ansatz wurde von Edmund Husserl vorgelegt. Husserls Theorie zum Wissen von Universalien geht von der Wahrnehmung aus; tatsächlich spricht er davon, dass die Menschen die Universalien mit ihren eigenen Augen sehen sollen. Diese Formulierung ist natürlich mehrdeutig, doch scheint sie zu besagen, dass man in dem Augenblick, in dem man seine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten „Moment“ lenkt (Husserls Ausdruck für ein Eigenschaftsvorkommen), die Universalie in diesem Moment unmittelbar wahrnehmen kann. Die unmittelbare Wahrnehmung einer Unviersalie ist nach dieser Theorie ein von der normalen Wahrnehmung eines Moments zu unterscheidender Akt, wenngleich man sich damit nicht auf etwas außerhalb des Moments bezieht. Gerade während die Augen noch auf den Moment gerichtet sind, wird dem Betrachter die Universalie als Bestandteil ihres Moments durch die von Husserl so bezeichnete „eidetische Intuition“ zugänglich, die man sich als unmittelbaren Zugriff auf die Universalie in der Intuition vorstellen kann. Wenn diese Deutung von Husserls Aussage korrekt ist, scheint er also tatsächlich der Auffassung zu sein, dass man eine visuelle Universalie wie die der Röte mit den eigenen Augen sehen kann. Dabei scheinen für die vorliegende Diskussion fünf verschiedene Aspekte der eidetischen Intuition und ihrer Beziehungen zur gewöhnlichen Sinneswahrnehmung eines Einzeldinges bedeutsam: − Die Universalie selbst liegt „in“ ihrem Moment vor, wenn auch nicht in raumzeitlicher Art und Weise.9 9

Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, 108f., 113, 115; ebd., Bd. 2, 227, 271f., 253; Husserl, Ideen I, 14; vgl. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 2, 751-

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− Wir nehmen die Universalie mittels der eidetischen Intuition unmittelbar wahr. Diese Intuition gleicht der gewöhnlichen Sinneswahrnehmung darin, dass die damit erfasste Universalie direkt wahrgenommen wird, sich also ohne jedes Zwischenglied unmittelbar vor dem Subjekt befindet.10 − Verglichen mit der gewöhnlichen Sinneswahrnehmung eines Einzeldings stellt die eidetische Intuition einen neues Modus des Begreifens dar. Obgleich sie in der „gewöhnlichen“ Wahrnehmung fußt (d.h. also, dass das Vorliegen eines mentalen Aktes der normalen Sinneswahrnehmung eine notwendige Bedingung für das Auftreten des mentalen Aktes der eidetischen Intuition bildet), weist sie eine eigene, einmalige Beschaffenheit auf. Und wenn sie auf den Moment selbst bezogen ist (oder das konkrete Einzelding), befindet sich die Universalie vor dem Subjekt, wenn auch in einer sich von der gewöhnlichen Wahrnehmung wesentlich unterscheidenden Weise.11 − Die visuelle Universalie wird mit den Augen durch die Betrachtung des Moments (oder des konkreten Einzeldings) wahrgenommen.12 − Die Universalie ist nicht allein im Moment vorhanden, sie wird sowohl im Moment wahrgenommen als in diesem auch als seiend wahrgenommen.13 Soweit ein kurzer Abriss von Husserls Theorie des Wissens von Universalien. Einige Philosophen wenden gegen Wahrnehmungstheorien wie die von Husserl ein, dass sie absurderweise behaupten, man könne die Universalie in dem sie irgendwie beinhaltenden konkreten Einzelding oder dem Eigenschaftsvorkommen sehen, nur um gleichzeitig darauf zu beharren, dass sie dabei jedoch außerhalb von Raum und Zeit bleibt. Vermutlich ist das eine Form des Arguments der Merkwürdigkeit, mit der impliziten Empfehlung, dass selbst wenn Husserl eine solche Auffassung tatsächlich vertreten würde, er sie besser aufgrund ihres immanenten Widerspruchs mit unseren Intuitionen rasch wieder aufgeben sollte. Was kann gegen diesen Absurditätsvorwurf vorgebracht werden? Ein Verteidiger von Husserl könnte zwei Erwiderungen geben, eine 775. 10 11 12 13

13, 30.

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Ebd., Bd. I, 115, 136, 141, 161f.; Husserl, Ideen I, 8. Husserl, Logische Untersuchungen, Bd. 1, 113, 115, 136, 173f., 175-178. Ebd., Bd. 1, 113, 136, 167. Ebd., Bd. 1, 113, 113-115, 136, 158f. 161; ebd., Bd. 2, 296; Husserl, Ideen I,

phänomenologische und eine ontologische, um die vorgebliche Verletzung unserer Intuitionen in Husserls Ansatz zumindest abzuschwächen. Phänomenologisch kann ein Philosoph als Antwort auf die Behauptung eines zweiten, er habe eine unmittelbare Bewusstheit von einer Entität, immer entgegnen, dass ihm selbst eine solche Bewusstheit aber abgehe. Wenn etwa G.E. Moore davon sprach, er habe eine unmittelbare Intuition vom Guten, leugneten seine Rivalen einfach, eine solche Intuition bei sich vorzufinden. Ein Verteidiger Moores könnte darauf folgendes entgegnen: Gutheit ist eine zweitstufige Eigenschaft wie farbig sein oder geformt sein, und keine erststufige Qualität wie Lust empfinden, rot sein oder dreieckig sein. Intuitionen von erststufigen Eigenschaften weisen nun eine besondere Konsistenz und Lebhaftigkeit auf, die man bei Intuitionen von zweitstufigen Qualitäten vermisst. Somit haben jene, die eine solche Intuition der Gutheit nicht empfinden konnten, einfach am falschen Ort gesucht, da sie ein Gefühl erwarteten, wie es sich nur bei Intuitionen der erststufigen Art einstellt – was hier aber gar nicht zur Debatte stand; sie haben also schlicht nach der falschen Art von Phänomenen Ausschau gehalten. Sobald die Intuition der Gutheit mit anderen zweitstufigen Eigenschaften verglichen wird, erscheint es plausibler, dass die infrage stehende Intuition tatsächlich auftritt. Nun kann dieselbe Taktik auch im Fall der eidetischen Intuition angewendet werden: Husserl selbst warnte davor, die eidetische Intuition als Gefühl aus Überzeugung darzustellen, und es so mit einer bestimmten emotionalen Färbung zu verderben.14 Der Grund, weshalb einige Philosophen die Vorstellung einer eidetischen Intuition absurd finden, die bei der Betrachtung von Momenten eine Intuition von abstrakten Gegenständen gewährt, welche in nicht-raumzeitlicher Weise „in“ den Momenten vorliegen, liegt demnach in ihrem Unvermögen, die dafür relevante emotionale Färbung zu finden. Wenn es aber eine solche eidetische Intuition tatsächlich geben sollte, wäre es falsch, ihre Phänomenologie mit der viel lebhafteren Natur der Sinneswahrnehmung eines Moments zu kontrastieren. Wird der Vorwurf der Absurdität hingegen ontologisch aufgefasst, läuft dies vermutlich auf die These hinaus, dass die Betrachtung eines abstrakten Gegenständes innerhalb eines in Raum und Zeit bestehenden Moments absurd erscheint. Als Erwiderung hierauf betrachte man sich noch einmal die bei Francis Suárez eingeführte modale Unterscheidung. Suárez schreibt, dass die modale Unterscheidung zwischen eine Entität und ihrem Modus tritt. Er veranschaulicht dies mit der Unterscheidung zwischen einer 14

Ebd., 47-48.

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quantitativen Eigenschaft und dem Inhärieren dieser Quantität innerhalb eine bestimmten Substanz. Ein Modus ist eine unabhängige, untrennbare, genuin verschiedene Entität von demjenigen, für das es als Modus dient. Wenn zwischen zwei Entitäten A und B eine modale Unterscheidung besteht (wobei B der Modus von A ist), sind A und B nicht miteinander identisch und doch in dem folgenden Sinn untrennbar verbunden: A kann ohne B existieren, aber nicht umgekehrt. Wenn wir Suárez' Unterscheidung als korrekt voraussetzen, ist es einfach, zwischen einer Eigenschaft und ihrem Eigenschaftsvorkommen eine modale Unterscheidung vorzunehmen. Wenn man sich einem Moment zuwendet, wendet man sich genau genommen einem raumzeitlichen Einzelding zu. Richtet man seine Aufmerksamkeit dann aber auf die Universalie in dem Moment, erfährt man die Gegenwart einer echten Eigenschaft. Möchte der Betrachter seine Erfahrung nun mit einer Sprache beschreiben, die sich für Einzeldinge eignet (indem er etwa die Lage des wahrgenommenen Gegenstandes beschreibt), kann er dies nur mit Bezug auf den Moment tun. Wenn jemand jedoch den Gegenstand über seine Eigenschaften erfasst (z.B. dass dieser Gegenstand hellrot ist, dunkler aber als orange, in jedem Fall farbig), hat dies keinen Bezug zu Raum, Zeit, oder Besonderheit. Tatsächlich sorgt die unmittelbare Präsenz der Universalie dafür, dass jemand die Rede von Eigenschaften überhaupt führen kann. Wenn jemand versucht ist zu behaupten, dass sich die Universalie ebenfalls im Hier und Jetzt befindet, wendet er sich damit dem Modus der Universalie zu, dem Moment, wenngleich ihm das nicht bewusst sein muss. Zwei Problemfälle des Realismus: Uninstantiierte Universalien und das Wesen der Existenz Neben diesen Einwänden gibt es noch zwei weitere Problemfälle bei der Entwicklung einer angemessenen realistischen Ontologie zu beachten: Die Existenz von nicht instantiierten Universalien und die Beziehung zwischen Existenz und den übrigen Eigenschaften. Platonismus und Aristotelismus Wenn Platon und Aristoteles auch beide dem Lager der Realisten zuzurechnen sind, so waren sie doch an einer zentralen Stelle unterschiedlicher Auffassung. Als Frage der historischen Richtigkeit streiten sich die Gelehrten zwar über die genaue Art der Meinungsverschiedenheit zwischen diesen beiden großen Philosophen, allerdings haben die von ihnen hervorge-

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brachten Schulen drei verschiedene Interpretationen über die Natur des Zwistes zwischen Aristotelikern und Plantonikern vorgelegt, soweit er das Wesen der Universalien betrifft: 1. Gibt es nicht instantiierte Universalien – also Universalien, die von keinem Einzelding exemplifiziert werden –, oder hängt die Existenz einer Universalie von wenigstens einem ihrer Vorkommen ab? 2. Sind Universalien außerhalb oder innerhalb derjenigen Dinge zu finden, denen sie zukommen? 3. Falls Univeralien außerhalb der Dinge existieren: Befinden sie sich dann einfach in einem gesonderten Raumabschnitt, einer Art platonischem Himmel, oder sind sie im Sein ihrer Vorkommen nur räumlich denkbar? Platonismus und Aristotelismus können hierbei als diejenige Ansicht beschrieben werden, welche die jeweils erste bzw. zweite Alternative in der gestellten Frage wählt. Dabei ist es von Bedeutung, diese drei Fragen nicht miteinander zu vermengen. Zwischen Zwei und Drei ist natürlich ganz deutlich eine Beziehung auszumachen. Eine Antwort auf Frage zwei stellt die notwendige Bedingung zur Beantwortung von Frage drei dar, weil die Positionierung innerhalb der dritten Frage eine Art und Weise darstellt, sich in Hinsicht auf Frage zwei zu verhalten. Geht ein Philosoph davon aus, dass die Universalien in den Dingen selbst liegen, denen sie zukommen, ist die Frage, ob dieses „in“ räumlich zu verstehen ist, immer noch offen. Hingegen ist die Beziehung zwischen Eins und Zwei nicht ganz so offenkundig. Die meisten Philosophen waren scheinbar der Auffassung, dass eine Lokalisierung von Universalien außerhalb der sie zukommenden Dingen dazu führt, dass die Universalien gegenüber der Frage, ob es überhaupt Dinge gibt, die sie exemplifizieren, indifferent sind, so dass es dann also durchaus nicht instantiierte Universalien geben kann. Von hier aus aber werden die Dinge zunehmend unübersichtlich: So ist es selbst unter der Annahme, dass Universalien stets in den Dingen selbst vorliegen, immer noch denkbar, dass es nicht alleine exemplifizierte, sondern auch uninstantiierte Universalien geben kann. D.M. Armstrong gehört zu denjenigen Philosophen, die Frage eins und zwei miteinander vermengen, so dass er zu folgendem ungeheuerlichen Schluss gelangt:

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„Once you have uninstantiated universals you need somewhere special to put them, a „Platonic heaven“, as philosophers often say. They are not to be found in the ordinary world of space and time […] [I]t seems that Platonic theories of universals have to treat particulars as bloblike rather than layer caked. I think this is an argument against Platonic theories.“15

Armstrong denkt also, dass eine platonistische Antwort auf die Frage eins eine ebensolche Festlegung in den Fragen zwei und drei impliziert, was dann zu einer Kleckstheorie aller Dinge führt, die Eigenschaften „haben“. Das ist so jedoch schlicht falsch. An sich sagt eine Theorie, die Universalien als potentiell uninstantiierte Dinge behandelt, nichts darüber aus, in welcher Weise sich exemplifizierte Universalien auf die Entitäten beziehen, denen sie zugehörig sind, so dass die Festlegung auf nicht instantiierte Universalien durchaus mit einer Schichttortenanalyse derartiger Entitäten kompatibel ist. Viele Philosophen kombinieren wie ich eine Form des aristotelischen (immanenten) Realismus hinsichtlich Frage zwei mit einem platonischen Realismus hinsichtlich der ersten Frage. Da die mit Frage zwei und drei verknüpften Problemstellungen bereits in Kapitel vier und fünf ausgiebig diskutiert wurden, wird sich der verbleibende Rest dieses Abschnitts der Debatte um Frage eins widmen. Gibt es also nicht instantiierte Universalien? Bevor wir uns die beiden Seite der Debatte genauer anschauen, ist noch eine weitere Klärung bezüglich Frage eins vorzunehmen. Folgen wir dem Großteil der Realisten zunächst darin, dass es höherstufige Universalie gibt, die Eigenschaften von niedrigstufigen Universalien sind (wie etwa die Farbigkeit). Richtet sich Farbigkeit nun nach den platonischen oder den aristotelischen Vorgaben? Kann Farbigkeit auch ohne jede Exemplifikation bestehen? Die Antwort wird zumindest zum Teil von unserem Verständnis von „unexemplifiziert“ abhängen. Wenn „unexemplifiziert“ hier nicht mehr meint wie „einfach unexemplifiziert“, dürfte Farbigkeit aristotelisch gedeutet werden, da es dann keine mögliche Welt gibt, in der Farbigkeit nicht über rot sein, grün sein usw. exemplifiziert wird. Wenn aber „unexemplifiziert“ hier eigentlich „durch ein Einzelding unexemplifiziert“ meint – wenn Farbigkeit also auch dann bestehen könnte, wenn sie kein Einzelding oder etwas unter ihr Bestimmbares exemplifizieren würde – dann sollte die betroffene Universalie platonisch gedeutet werden. Historisch betrachtet stand die zweite Interpretation im Zentrum der Debatte, so dass dementsprechend Frage eins als Frage nach der Notwendigkeit der Instantiierung von Universalien durch 15

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D.M. Armstrong, Universals, 76-77; vgl. auch 75-82.

Einzeldinge verstanden wurde. Vier Argumente sprechen für den Platonismus. Das erste richtet unsere Aufmerksamkeit auf scheinbar notwendige Wahrheiten über Universalien: dass etwa Röte notwendigerweise eine Farbe ist, eher orange als blau ähnelt etc. Diese Wahrheiten werden von Realisten im Argument von der Referenz zugunsten von Universalien angeführt. Wenn man danach fragt, ob für einige Universalien U eine mögliche Welt w1 existiert, so dass es U in w1 gibt, obgleich es von keinem Einzelding exemplifiziert wird, so scheinen die gerade angeführten notwendigen Wahrheiten eine bejahende Antwort darauf nahezulegen. Folgt man dem Argument, finden sich für diese Wahrheiten selbst in den Welten Dinge, die sie wahr machen, in dem keinerlei der dafür relevanten Einzeldinge vorliegen, so dass nur noch die bloßen Eigenschaften übrig bleiben, die es auch in solchen Welten noch gibt. „Röte ist eine Farbe“ ist auch in einer Welt ohne rote Gegenstände wahr, einfach weil auch die Röte selbst existiert und eine Farbe ist. Aristoteliker werden hierauf erwidern, dass es für diese Wahrheit gerade keine Dinge mehr gibt, die sie wahrmacht. Oder sie erklären die mit ihnen verknüpfte Modalität des Notwendigen sprachlich und identifizieren sie als „unaufgebbare“ Annahmen innerhalb bestimmter linguistischer Gruppen, anstatt sie als Beschreibungen der Welt zu deuten. Oder sie verneinen schlicht die Notwendigkeit, die derartigen Wahrheiten zugebilligt wird. Wir können hier nicht auf die Details dieser sich entfaltenden Dialektik eingehen, daher nur ganz kurz: Zum einen scheinen die vorgestellten Propositionen tatsächlich notwendige und nicht nur kontingente Wahrheiten auszugeben. Zum zweiten müssen die Aristoteliker darauf achten, nicht auf Argumente zurückzugreifen, die sie bei der Etablierung ihres Realismus zuvor bereits zurückgewiesen hatten. So sollten sie etwa nicht leichtfertig die Vorstellung zurückweisen, dass Wahrheiten von Wahrheitsmachern abhängen, oder sich bemühen, Eigenschaften und die Exemplifikationsbeziehung auf bloße sprachliche Phänomene zu reduzieren. Das zweite Argument des Platoniker behauptet, dass unser Wissen über einige Musterbeispiele für Universalien uns in mehrfacher Weise hinreichend über ihr Wesen unterrichtet, um sicher gehen zu können, dass ihre Existenz nicht von ihrer Instantiierung durch ein Einzelding abhängt. Dabei wird häufig auf zwei unterschiedliche Arten von Wissen über Universalien verwiesen. Zum einen ersieht sich aus der intrinsischen Natur von Röte und ihrem Vergleich zu entstehenden, vergehenden oder schlicht sich ändernden roten Einzeldingen, dass sie und Universalien im Allgemeinen sich durch Unreproduzierbarkeit, Unvergänglichkeit, Zeitlosigkeit und Un-

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veränderlichkeit auszeichnen (sieht man einmal von ihren relationalen Merkmalen ab). Rote Einzeldingen sind diesen Wechselfällen allesamt ausgeliefert, und es wäre ein Fehler – sogar ein Kategorienfehler –, sie auf Universalien zu übertragen. Denn jedwede Proposition, die davon spricht, dass Universalien entstehen, vergehen oder sich sonstwie ändern, lässt sich so paraphrasieren, dass sich diese Begriffe am Ende auf Einzeldinge beziehen. Dieser Sachverhalt wird von Realisten als zentraler Bestandteil der Unterscheidung zwischen Universalien und Einzeldingen angesehen. Zum anderen offenbart unser Blick auf die Beziehungen zwischen Röte und den Einzeldingen, die sie exemplifizieren, dass ihre Existenz von ihren Eigenschaften abhängt, ohne dass dies umgekehrt ebenso gelten würde. Dies ist der Grund, weshalb wir nach der Zerstörung eines roten Gegenstandes etwa nicht auf das Stoppschild um die Ecke schauen, ob es etwa seine rote Farbe verloren hat. Wir wissen einfach, dass die Röte immer noch existiert und von all den anderen roten Einzeldingen weiterhin instantiiert wird, wenn es auch ein bestimmtes rotes Einzelding nicht mehr gibt. Und wir wissen auch, dass dies bei allen anderen roten Einzeldingen genauso aussieht. Die Röte würde weiterhin auch allen anderen roten Dingen zukommen, ganz egal, welcher rote Gegenstand nun aufhört zu bestehen. Aus diesem Grund wissen wir, dass die Existenz der Röte von jedem einzelnen Ding unabhängig ist und nach unserem Wissen von überhaupt keinen Einzelding abhängt. Die Behauptung bezieht sich also nicht allein darauf, dass eine Entität P ohne die Existenz der Mitglieder einer Gruppe von Einzeldingen xi-xn bestehen kann, weil P auch dann existiert, wenn ein bestimmtes Mitglied dieser Gruppe aufhört zu bestehen. Tatsächlich erfahren wir bei der Zuschreibung von Eigenschaften zu Einzeldingen, denen sie zukommen, dass ihre Existenz in keiner Weise von letzteren abhängt, was für uns eine weitere Rechtfertigung für die Überzeugung darstellt, dass selbst bei der Zerstörung eines bestimmten Einzeldings andere Gegenstände die ihm zukommenden Eigenschaften behalten. Aristoteliker könnten dem entgegnen, dass diese Behauptungen schlichtweg falsch sind und bereits voraussetzen, was allererst entschieden werden soll. Oder sie können dem eine Ansicht entgegensetzen, die den vorgeblichen Aussagen der Platoniker über unser Wissen von Universalien widersprechen. So vergleicht D.M. Armstrong Eigenschaften mit Fege'schen Begriffen. Eigenschaften sind demnach ungesättigte Entitäten, denen es nach Einzeldingen „dürstet“, um zusammen mit ihnen ein Bestandteil von Sachverhalten zu bilden (z.B. gilt für die Universalie F und das Einzelding a, dass F einen Bestandteil des Sachverhalts vom F-Sein des a bil-

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det), so dass Eigenschaften in ihrem Sein von der Existenz bestimmter Sachverhalte abhängen, in die sie mit eingehen. Wiederum halten uns Platzbeschränkungen davon ab, diesen Streitpunkt genauer zu untersuchen. Es mag demgegenüber ausreichen hervorzuheben, dass für Frege Begriffe zwar tatsächlich ungesättigt sind und nach Einzeldingen „dürsten“, sie aber dessen unbeschadet auch ohne jede „Sättigung“ existieren können; allgemein gesprochen können Bestandteile eines Sachverhaltes (also etwa abtrennbare Teile desselben) auch durchaus ohne ihn fortbestehen. Ein drittes Argument von Seiten der Platoniker hebt hervor, dass die meisten Universalien bislang überhaupt nie exemplifiziert wurden. Im Allgemeinen gilt, wenn eine Universalie U von einem bestimmten Einzelding zum Zeitpunkt t1 exemplifiziert wurde, dass es dann dazu früher liegende Zeitpunkte tk-tj geben muss, bei der U noch von keinem Gegenstand exemplifiziert worden ist. Einige Farben etwa wurden gewiss erst kürzlich exemplifiziert. Dann aber scheint es nach den Worten des Platonikers vernünftiger, dass U zu t1 nicht erst zu existieren begann, sondern lediglich zum ersten Mal exemplifiziert wurde. Dann aber muss U zu den Zeitpunkten ti-tj bereits unexemplifiziert bestanden haben. In Erwiderung darauf hat D.M. Armstrong das von ihm so bezeichnete „Prinzip der Instantiierung“ entwickelt: nach diesem gibt es für jede Eigenschaft P (wenngleich nicht notwendigerweise gegenwärtig) ein Einzelding x, dem sie zukommt, so dass x zeitlos über P verfügt.16 Nach Armstrong soll sich dieses Prinzip über die gesamte Zeit erstrecken, was mit einer Ablehnung des Präsentismus (einer Ansicht, nach der es nur die Gegenwart wirklich gibt) einhergeht, ebenso wie mit einer Präferenz der Zeitbetrachtung nach der sogenannten A-Reihe gegenüber der B-Reihe und gegenüber der Betrachtung von Einzeldingen als fortwährend bestehenden Entitäten. Für die Existenz einer Eigenschaft reicht es daher aus, wenn sie zumindest zu einem Zeitpunkt instantiiert wird. Der Platoniker könnte dem wiederum entgegnen, dass das Prinzip der Instantiierung allerdings von einer Zurückweisung des Präsentismus abhängt und insofern in seiner Nutzbarkeit begrenzt wird. Wenn der Präsentismus wahr ist, wird es schwierig einzusehen, wie die Existenz einer bis zu diesem Moment nicht exemplifizierten Farbe (und die notwendigerweise wahre Tatsache, dass sie eine Farbe darstellt) von ihrer zukünftigen Exemplifikation abhängt, die momentan überhaupt noch nicht besteht. Zudem ist der Modus der Existenz dieser Farbe vor ihrer Exemplifikation nur schwer vorstellbar, ohne daraus einen abstrakten Gegenstand zu machen. 16

Ebd., 75, 81, 84, 92, 94, 96.

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Natürlich wird das jemandem, der wie Armstrong den Präsentismus von vornherein ablehnt, nicht weiter beeindrucken. Schlussendlich kann der Platoniker mithilfe einer bestimmten Theorie der Existenz belegen, dass auch unsinstantiierte Universalien noch die relativ dazu geltenden Existenzbedingungen erfüllen. Die Beziehung zwischen Universalien und Existenz wird weiter unten noch genauer analysiert. Wenn man jedoch zugesteht, dass eine Entität genau dann existiert, wenn es mindestens eine Eigenschaft gibt, die dieser Entität zukommt, kann der Platoniker argumentieren, dass etwa der Röte stets die Eigenschaft der Farbigkeit zukommt, so dass sie auch dann besteht, wenn es keine roten Dinge mehr gibt. Offenkundig hängt die Plausibilität dieses Arguments von der Annahme der verwendeten Theorie der Existenz ab, so dass unter Beachtung der weitreichenden Uneinigkeit auf diesem Gebiet das Argument tatsächlich eher schwach erscheint. Argumente für einen Aristotelismus, die in der gegenwärtigen Literatur vertreten werden, können demgegenüber kurz und abrissartig dargestellt werden: Die meisten fußen auf epistemologischen Vorannahmen, meistenteils empirischer Natur, und naturalistischen Prämissen. So behaupten Aristoteliker, dass Universalien in der raumzeitlichen Wirklichkeit verankert werden müssen, eine Bedingung, die von den platonischen Entitäten verletzt wird. Damit verstoßen sie gegen das kausale Kriterium des Seienden, ein kognitiver Zugang zu ihnen wird mangels kausaler Berührungspunkte unmöglich. Im Gegenzug führt ihre Annahme zu einer wenig sparsamen Zwei-Welten-Ontologie. Zudem sind wir uns im direkten Vergleich viel sicherer, dass es exemplifizierte Universalien gibt, als dass es auch unexemplifizierte gibt, so dass die Beweislast klar auf Seiten des Platonikers ruht, dem es bisher auch nicht gelungen ist, sie abzuwälzen. Als Einwurf dagegen kann der Platoniker auf die epistemologischen und naturalistischen Prämissen verweisen, die all diesen Argumenten zugrunde liegen, und sie zurückweisen, indem er die Beweislast entweder als nicht gegeben oder sie als mit seinen Argumenten bereits erfüllt ansieht. Eigenschaften und das Wesen der Existenz Zum Abschluss des Kapitels erscheint es mir aufschlussreich, sich einem philosophischen Thema zu nähern, in dem die Verwendung von Eigenschaften besonders erhellend erscheint: die Beziehung zwischen Existenz und Eigenschaften.17 17

Da sowohl gemäßigte Nominalisten als auch die Realisten von der Existenz von Eigenschaften ausgehen, kann die nun folgende Diskussion mit leichten

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Aus dem Studium der Geschichte der philosophischen Debatte darüber lassen sich drei Lehren ziehen: − Es besteht ein Unterschied zwischen existieren und nicht existieren. − Der Unterschied lässt sich nicht mit dem Wesen eines Dings identifizieren (wenn man einmal zugesteht, dass es ein solches gibt). − Ebenfalls lässt sich die Unterscheidung nicht mittels einer gewöhnlichen Eigenschaft irgendeiner Art erklären. Eine gute Theorie der Existenz sollte fünf verschiedene Merkmale aufweisen. Zum einen sollte sie mit demjenigen übereinstimmen, was tatsächlich existiert bzw. nicht existiert und erklären können, warum dem so ist. Zum zweiten sollte sie erklären können, warum dasjenige, was hätte existieren können, entweder nicht existiert oder zumindest angenommenerweise (d.h. vielleicht zu Unrecht) in den Augen derjenigen Person, welche die gegebene Existenztheorie vertritt, nicht existiert. So hätte es etwa durchaus Einhörner geben können, wenn sie auch faktisch nicht existieren, und eine Theorie der Existenz muss dieser Tatsache Rechnung tragen. Zum Dritten muss eine Theorie der Existenz mit der Tatsache umgehen, dass Existenz selbst existiert. Dies impliziert u.a., dass sich eine Theorie der Existenz nicht selbst widerlegen darf. Wenn beispielsweise jemand behauptet, dass existieren dasselbe meint wie in Raum und Zeit sein (Existenz also nichts anderes ist als raumzeitlich bestimmtes Sein), können Raum und Zeit nach bestimmten Lesarten nicht existieren, da sie sich nicht selbst nicht in Raum und Zeit befinden. Wie sich Existenz auch immer ausbuchstabieren lassen mag, ist doch soviel klar: Da sie in der Welt einen gewaltigen Unterschied macht, muss es sie auch geben. Wenn Existenz selber nicht existieren würde, könnte auch nichts anderes dank ihr existieren. Viertens darf eine Theorie der Existenz nicht mit den fundamentalen Gesetzen der Logik in Konflikt stehen – demjenigen der Identität (P ist mit P identisch), des Widerspruchs (P kann nicht zum selben Zeitpunkt im selben Sinn sowohl wahr als auch falsch sein) und des ausgeschlossenen Dritten (P muss entweder wahr oder falsch sein). Sich selbst widersprechende Sachverhalte (etwa ein quadratischer Kreis oder dass es nun in Großblick regnet und doch auch nicht regnet) können nicht existieren. Zudem muss etwas entweder existieren oder nicht existieren; und nichts kann sowohl Anpassungen auf beide Lager übertragen werden.

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existieren als auch gleichzeitig nicht existieren. Fünftens muss eine Theorie der Existenz die Existenz von Wissensakten anerkennen. Da eine Theorie der Existenz eine Theorie ist, wird ihre rationale Akzeptanz vom Wissen der Menschen über sie abhängen. Nun stellt ein Wissensakt wenigstens unter anderem einen Bewusstseinsakt einer Person dar. Dann aber wird jede Theorie der Existenz von vornherein falsch sein, welche die Existenz von wissenden Personen verneint. Es wurden verschiedene Theorien der Existenz vorgelegt. Demnach meint zu existieren − sich in Raum und Zeit zu befinden; − physikalisch zu sein; − kausal wirksam zu sein (d.h. also fähig sein, eine wirksame Ursache von etwas anderem zu sein oder von einer solchen kausal affiziert zu werden); − ein Ereignis oder Bündel von Ereignissen zu sein; − Wahrgenommenwerden oder wahrzunehmen; − eine Eigenschaft zu sein; − eine Eigenschaft von Eigenschaften zu sein (etwa eine zweitstufige Eigenschaft von erststufigen Eigenschaften). Statt einer durchgreifenden Kritik sollen hier lediglich verschiedene Theorien der Existenz vorgestellt werden, die im Verlauf der Philosophiegeschichte vorgebracht worden sind. Durch die gesamte Geschichte der Philosophie hindurch hat sich insbesondere eine Theorie der Existenz als einflussreich erwiesen. Zwar erscheint sie mir letztendlich falsch, jedoch stimmt die Richtung, und es könnte aufschlussreich sein, sie in größerem Detail zu betrachten. Viele Denker (etwa Platon und Descartes) haben angenommen, dass Existenz ebenso wie Röte oder rechteckig sein eine Eigenschaft darstellt. Wenn ein Ball rot ist, verfügt er über die Eigenschaft der Röte; und ebenso leitet sich seine Existenz von der Eigenschaft der Existenz ab, die ihm zukommt. Auf dem ersten Blick scheint an diesem Vorschlag etwas richtig zu sein. Schließlich sprechen wir ganz zu Recht davon, dass einem Ball Röte zukommt und ebenso dass ihm Existenz zukommt. Auf eine gewisse Weise kann also davon gesprochen werden, dass Dingen Existenz zukommt oder nicht zukommt. Auf der anderen Seite scheint dem Vorschlag aber auch etwas Falsches anzuhaften. Existenz ist nicht einfach eine gewöhnliche Eigenschaft wie die der Röte. Immanuel Kant (1724-1804) hat dies bereits in seiner

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Kritik der reinen Vernunft hervorgehoben (A 600/B 628): „Wenn ich also ein Ding, durch welche und wie viel Prädikate ich will, (selbst in der durchgängigen Bestimmung) denke, so kommt dadurch, daß ich noch hinzusetze: dieses Ding i s t , nicht das mindeste zu dem Dinge hinzu. Denn sonst würde nicht eben dasselbe, sondern mehr existieren, als ich im Begriffe gedacht hatte, und ich könnte nicht sagen, daß gerade der Gegenstand meines Begriffs existiere.“ 18

Kants Argument kann wie folgt verstanden werden. Wenn man sich zunächst einen Ball vorstellt, wird dessen Begriff erweitert, wenn man gesagt bekommt, dass er rot ist. Umgekehrt wird der Begriff eines Balls um nichts erweitert, wenn man hört, dass er existiert. Anders ausgedrückt gibt uns die Information über die Röte des Balls eines seiner Merkmale wieder, während eine Existenzbehauptung die davon zu unterscheidende Aussage trifft, dass der Ball mit all seinen Eigenschaft in der Tat existiert. Also bezieht sich Existenz nicht in der Weise auf den Ball wie sein Rotsein. Kant scheint hier richtig zu liegen; dennoch fügt die Existenbehauptung dem Ball etwas hinzu, da zwischen Existenz und Nichtexistenz ein wirklicher Unterschied besteht. Können wir über die Natur dieses Unterschieds noch eine genauere Aussage treffen? Aber gewiss. Man betrachte dazu die Aussage „Tiger existieren“. Dies scheint folgende Behauptung zu treffen: (i) Die Eigenschaft des Tigerseins (ii) kommt etwas zu (einem einzelnen Tiger, nennen wir ihn Anton). Es scheint offenkundig, dass „Zukommen“ hier den Nexus der Exemplifikation meint. Die Behauptung, dass Tiger existieren, trifft die Aussage, dass das Wesen des Tigerseins (sein Was) aktual von etwas exemplifiziert wird bzw. etwas zukommt (dem Das des einzelnen Tigers). Wenn also die Aussage „Tiger existieren“ auf ihre beiden oben genannten Bestandteile heruntergebrochen wird, bezieht sie sich (i) auf das Wesen oder die Natur des Tigerseins, und (ii) auf deren Wirklichkeit oder Existenz. Unser Wissen darüber, was ein Tiger ist, sagt noch nichts über dessen Existenz aus. Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Wesen (der Washeit) und seiner Existenz (der Dasheit). Zum zweiten ist die Existenz keine Eigenschaft, die etwas zugehört, sondern einer Eigenschaft zugehörig ist. Existenz eröffnet Zugang zum Nexus der Exemplifikation, so dass im Allgemeinen die folgende Beschreibung den fünf Merkmalen einer Theorie der Existenz angemessen ist: 18

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft (Hamburg: Meiner, 1998), 674.

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Existenz ist entweder die Zugehörigkeit zu einer Eigenschaft oder das Zugehörig-Sein zu einer Eigenschaft. Im Fall von Anton dem Tiger führt die Tatsache, dass die Eigenschaft des Tigerseins etwas zugehörig ist und etwas die Eigenschaft der Zugehörigkeit zukommt, zur Existenz von Anton. Inwiefern entspricht eine solche Sicht den oben aufgeführten fünf Merkmalen einer Existenztheorie? Zum einen scheint sie auf alles zuzutreffen, was existiert oder existieren könnte oder gerade nicht existiert. Alle Dinge, die existieren, verfügen über Eigenschaften, während Dinge, die nicht existieren, keine Eigenschaften haben. Da Einhörner existiert haben könnten, könnte die Eigenschaft, ein Einhorn zu sein, zu etwas gehört haben. Auch würde damit die Existenz der Existenz erklärt werden können, da die Gehört-zu-(Exemplifikations-, Prädikations-)Beziehung einerseits selbst exemplifiziert wird (Anton und die Eigenschaft des Tigerseins treten beide in eine solche Zugehörigkeits-Beziehung ein) und andererseits andere Merkmale exemplifiziert (z.B. hat sie die Eigenschaft, eine Beziehung zu sein und abstrakt zu sein). Schließlich verletzt diese Fassung von Existenz auch keine der grundlegenden logischen Gesetzmäßigkeiten und lässt Existenz auch zu einem möglichen Gegenstand von Wissen werden. Zusammengefasst haben wir damit aus dieser kurzen Diskussion über Existenz drei wichtige Dinge gelernt: − Es besteht ein Unterschied zwischen existieren und nicht existieren. − Der Unterschied lässt sich nicht mit dem Wesen eines Dings identifizieren (wenn man einmal zugesteht, dass es ein solches gibt). − Existenz ist kein Bestandteil des Wesens oder Wasseins gewöhnlicher Entitäten, m.a.W.: Bei gewöhnlichen Entitäten besteht ein Unterschied zwischen Wesen und Existenz. Zwei weitere Bemerkungen über Existenz stehen noch aus. Zum einen wird durch die Charakterisierung von Existenz über das bisherige hinausgehend die Bestimmung von zwei weiteren Begriffen ermöglicht: Denjenigen des Ins-Sein-Tretens und Verendens. Da wir bereits eine gute Vorstellung von der eigentlichen Existenz haben und die Begriffe des Ins-SeinTretens und Verendens den Gewinn bzw. Verlust von Existenz implizieren, können wir sie mittels unserer allgemeinen Theorie der Existenz näher bestimmen. − E tritt ins Sein = Df. Es gibt mindestens eine Eigenschaft, die so beschaffen ist, dass E diese Eigenschaft aufweist und keine Eigen-

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schaft, die so beschaffen ist, dass E diese Eigenschaft aufwies. − E verendet = Df. Es gibt mindestens eine Eigenschaft, die so beschaffen ist, dass E diese Eigenschaft aufwies und keine Eigenschaft, die so beschaffen ist, dass E diese Eigenschaft aufweist. Wenn also etwas ins Sein tritt, muss es wenigstens eine Eigenschaft geben, die zu diesem Ding gehört. Man nehme etwa einen ins Sein tretenden Menschen: Hier gehört die Eigenschaft, ein Mensch zu sein, zu dem nun existierenden Individuum. Wenn etwas zu bestehen aufhört, verfügt es nicht mehr länger über Eigenschaften. Ins-Sein-Treten und Verenden sollte von demjenigen, was Philosophen mit Änderung bezeichnen, unterschieden werden. Ein Beispiel für eine Änderung ist die Geschmacksveränderung eines Apfels von süß zu sauer. Änderungen sind bestimmte Arten eines Wechsels. Ehe Wechsel möglich ist, müssen zwei Dinge wahr sein: Das ändernde Ding muss existieren; und das sich ändernde Ding muss am Anfang, während des Wechsels und am Ende desselben existieren. Im oben gegebenen Beispiel existiert der Apfel bereits, als er süß ist, während er von süß zu sauer wechselt, und auch noch wenn er sauer ist. Während einer Veränderung findet in einem Ding ein Wechsel seiner Eigenschaften statt, aber nicht ein Wechsel seiner Existenz. Veränderungen setzen die Existenz des sich verändernden Dinges bereits voraus und sind daher nicht mit ihr identisch. Die zweite noch zu treffende Bemerkung lautet: Das Nichts ist eben dies – nichts. Es verfügt über keinerlei Eigenschaften. Dinge, die nicht existieren, haben keine Eigenschaften. So hat das Einhorn Pegasus keine Eigenschaften, einfach weil es nicht existiert. Dagegen mag eingewendet werden, dass es doch über die Eigenschaft verfüge, ein Pferd mit einem Horn auf dem Kopf zu sein. Aber das stimmt so nicht. Unser Begriff von Pegasus (der sich in unserem Geist befindet, wenn wir an Pegasus denken) ist ein Begriff von etwas, dem diese Eigenschaft zukommen würde, wenn es denn existierte. Die Eigenschaft des Einhornseins könnte wohl existieren, aber nicht Pegasus als Einzelding, der wie auch alle anderen Fälle von Nichts keine Eigenschaften aufweist. In diesem Kapitel haben wir uns einige Einwände gegen realistische Theorien von Eigenschaften angeschaut und die Debatte zwischen Platonikern und Aristotelikern über nicht instantiierte Eigenschaften näher beleuchtet. Schließlich haben wir auch die Nützlichkeit einer Eigenschaftsontologie für die Theorie der Existenz herausgestellt. Der Schwerpunkt der Kapitel eins bis sechs lag voll und ganz auf Eigenschaften. In Kapitel sie-

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ben werden die ihnen gegenübergestellten Einzeldinge noch genauer betrachtet, insbesondere das Problem ihrer Individuation, wie es sich für eine realistische Theorie der Eigenschaften stellt.

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Kapitel 7 Zur Individuation von Einzeldingen

I

n den vergangenen Jahren hat sich eine wachsende Zahl von Philosophen mit verschiedenen individuationsfähigen Entitäten beschäftigt (z.B. Tropen oder Leibniz'schen Wesenheiten), um ein gleichnamiges philosophisches Problem zu lösen. Darüber hinaus macht das Problem der Individuation einen wesentlichen Bestandteil des Universalienproblems aus. Aus diesen Gründen ist es wichtig, über die verschiedenen Fragestellungen und Lösungsmöglichkeiten des Problems der Individuation Bescheid zu wissen. Im vorliegenden Kapitel soll die Problemstellung näher erörtert, zwei Lösungsmöglichkeiten genauer analysiert und bloße Einzeldinge als die beste Antwort daraus verteidigt werden. Das Problem der Individuation Der Begriff des Problems der Individuation wurde im Laufe seiner Geschichte für eine ganze Reihe von verschiedenen, nicht einmal notwendig miteinander verbundenen Problemstellungen innerhalb der Philosophie verwendet, angefangen von lingustischen, begrifflichen oder epistemologischen Fragen bis hin zur Unterscheidung eines Dings in oder durch die Zeit hindurch und weiteren eher metaphysisch ausgerichteten Fragestellungen. Um den hier gebrauchten Sinn dieses Begriffs klarer herauszuarbeiten, rufe man sich noch einmal Sokrates und Platon in Erinnerung, die zwei rotrunden Punkte, die alle ihre echten Eigenschaften miteinander teilen. Das Problem der Individuation kann hier als das Problem einer ontologischen Analyse des Sachverhalts einer Antwort auf die Frage verstanden werden, was diese beiden Punkte zu voneinander unterscheibaren Einzeldingen oder individuelle Entitäten macht. So verstanden verlangt das Problem der Individuation die Beantwortung zweier obzwar verschiedener, aber eng miteinander verwobenen Fragen: − Wie können wir Individualität ontologisch beschreiben? Welcher logischen Kategorie oder Art kann sie zugeordnet werden? − Welche Art von Unterscheidung besteht zwischen der Individualität

und dem Wesen eines Individuums wie Sokrates oder Platon: eine wirkliche Unterscheidung, eine modale Unterscheidung, eine Unterscheidung des Verstandes oder wiederum eine ganz andere Form von Unterscheidung? Eine Antwort auf die zweite Frage wird dabei von der vorgeschlagenen Lösung für die erste abhängen. Es scheint offensichtlich, dass äußere Beziehungen (etwa der raumzeitlich beschreibbare Ort bei relationalen Theorien der Raumzeit) das Problem der Individuation nicht lösen können, da sie als Beziehungen per definitionem bereits vorhandene Relata voraussetzen, die sie folglich nicht erst konstituieren. Einige Philosophen vertreten demgegenüber eine absolute Konzeption von Raum und Zeit und schlagen dementsprechend Koordinatenqualitäten als Individuatoren vor. Dieser Vorschlag soll hier aus zwei Gründen nicht weiter verfolgt werden. Zum einen impliziert er, dass sich Punkte bei Richtigkeit dieser Ansicht weder fortbewegen noch fortdauern können und es keine mögliche Welt gibt, in der sie sich an anderen Orten hätten aufhalten können. Das erscheint hochgradig kontraintuitiv, da ihr Ort etwas den Punkten gegenüber äußerliches zu sein scheint. Zum zweiten sind den Koordinatenqualitäten selbst wieder einige Eigenschaften gemeinsam, so dass die Notwendigkeit ihrer Individuation sich bei ihnen von neuem stellt, selbst aber nicht mehr durch Koordinatenqualitäten gelöst werden kann. Daraus erwachsende Lösungsvorschläge beziehen sich somit auf eine der anderen Individuationstheorien, die unten näher erörtert werden. Die beste Art und Weise, sich deren Lösungen begreiflich zu machen, bieten die folgenden vier Propositionen: (1) Die einzigen Bestandteile von Gegenständen sind deren Eigenschaften. (2) Echte Eigenschaften liegen in ihren Vorkommen nummerisch identisch vor. (3) (x) (y) [(z) (z bildet einen Bestandteil von x ↔ z bildet einen Bestandteil von y) → x = y] (4) Notwendigerweise, (x) (y) [(z ist eine echte Eigenschaft von x ↔ z ist eine echte Eigenschaft von y) → x = y] Die Propositionen (1)-(4) stellen uns vor ein Problem, da (1)-(3) (4) implizieren und (4) die Behauptung aufstellt, dass die Identität des Ununter-

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scheidbaren eine notwendige Wahrheit darstellt, wenn sie als Behauptung über echte Eigenschaften aufgestellt wird. Und die meisten Philosophen sind der Auffassung, dass der Satz von der Identität des Ununterscheidbaren falsch ist. Proposition (3) (das Prinzip der Identität der Bestandteile) ist ziemlich unbestritten, sobald wir uns darüber im Klaren sind, was genau ein Bestandteil ist. Fast alle Philosophen erkennen es an.1 Proposition (3) verwendet einen Begriff von „Bestandteil“, der von Teilen über Trennbares und Untrennbares (z.B. Husserl'schen Momenten), Eigenschaften, internen Beziehungen innerhalb eines Ganzen bis hin zu wirklich allen Entitäten reicht, die irgendwie in ein Ganzes eingehen können. Es ist schwierig einzusehen, wie sich zwei Entitäten buchstäblich alle ihre Bestandteile teilen können und dennoch voneinander verschieden sein sollen. Diejenigen Philosophen, die (3) ablehnen, stehen auch dem gesamten Versuch, eine ontologische Analyse von komplexen Entitäten zu geben, kritisch gegenüber. Sie schulden ihrem Kritikern demgegenüber aber eine Erklärung, wie sie sich dann komplexe Entitäten als Sachverhalte, das etwas einen Bestandteil von etwas anderen bildet, vorstellen. Und selbst wenn jemand der Überzeugung wäre, dass die Welt vollständig aus einfachen Dingen aufgebaut ist, wäre das keine Lösung des Problems der Individuation im eigentlichen Sinne, sondern käme seiner Zurückweisung gleich. Verschiedene Lösungen zum Problem der Individuation werden sich daher auf Propositionen (1), (2) und (4) beziehen. Proposition (1) setzt eine Bündeltheorie der Substanz voraus; dadurch werden bloße Einzeldinge ausgeschlossen. Gustav Bergmann und E.B. Allaire, beides Vertreter einer Theorie, die bloße Einzeldinge als die geeignete Lösung für das Problem der Individuation betrachten, weisen (1) folgerichtig zurück. Proposition (2) bringt eine realistische Konzeption von Eigenschaften auf dem Weg, in der diese als vielfach exemplifizierbare Entitäten in all ihren Vorkommen identisch vorliegen. Gemäßigte Nominalisten weisen (2) zurück und versuchen, das Problem der Individuation über ihre Theorie der Qualitäten als abstrakte Einzeldinge zu lösen. In Kapitel 3 wurden Gründe bereits vorgelegt, den gemäßigten Nominalismus abzulehnen, einschließlich seiner Theorie der Individuation. Eine weitere Lösung des Dilemmas der Individuation akzeptiert (1) bis (3), lehnt aber (4) mit dem Verweis ab, dass sich unter den in (3) geäußerten Bestandteilen von Sokrates und Platon auch unechte Eigenschaften oder Leibniz'sche Wesenheiten (beispielsweise die Eigenschaft, mit Sokrates identisch zu sein) befinden würden. Daher haben 1

Vgl. Hochberg, „Universals, Particulars, and Predication“, 89-91.

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Sokrates und Platon jeweils ihre eigene unechte Eigenschaft als Individuator. Ein Hauptvertreter dieser Position ist Alvin Platinga.2 Zusammengefasst lehnen somit Vertreter der bloßen Einzeldinge (1) ab, Nominalisten (2), wohingegen (3) von fast allen als gültig akzeptiert wird. Vertreter von Leibniz'schen Wesenheiten gestehen (1) bis (3) zu, bestreiten aber, dass (4) daraus folgt – nach ihnen erschöpfen echte Eigenschaften keineswegs die Menge möglicher Eigenschaften, vielmehr kann ein Einzelding auch noch über unechte Eigenschaften verfügen, die wiederum als geeignete Individuatoren identifiziert werden. Da die Position des gemäßigten Nominalismus bereits näher beleuchtet wurde, wird sich der Rest dieses Kapitels zunächst mit Leibniz'schen Wesenheiten und danach mit bloßen Einzeldingen auseinandersetzen. Analyse der verschiedenen Theorien der Individuation Leibntz'sche Wesenheiten Darstellung der Position Die erste auch noch gegenwärtig vertretene Lösung zum Problem der Individuation ist der Ansicht, dass Leibniz'sche Wesenheiten (etwa die Eigenschaft des Menschen Sokrates, mit Sokrates identisch zu sein) die Individuatorenfunktion übernehmen können. Wie erwähnt, ist Alvin Platinga einer ihrer Hauptvertreter.3 Da Platinga den Ausdruck „Sokrates“ zum Be2

Vgl. Alvin Platinga: The Nature of Necessity (Oxford: Clarendon Press, 1974), Kap. 4-6. 3 Siehe Fußnote 2. Bisweilen werden Leibniz'sche Wesenheiten als Diesheiten bezeichnet. Ich werde diesem Gebrauch hier aber aus dem folgenden Grund nicht folgen. Der Begriff der Diesheit (Haecceitas) entstammt der Metaphysik John Duns Scotus' und wurde in der Philosophiegeschichte in wenigstens zwei unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht: Als primitive Diesheit, verstanden als fundamentale Aktualität einer existierenden Entität, die auf keine andere Kategorie des Seins zurückgeführt werden kann, eine positive individuierende Entität, die formal vom Wesen eines Dinges (z.B. der Menschlichkeit) zu unterscheiden ist; und als Leibniz'sche Wesenheit. Meiner Ansicht nach war Scotus Begriff früher, und der Ausdruck „Diesheit“/„Haecceitas“ sollte für diese Verwendung reserviert bleiben. Ich werde mir Scotus' Begriff nicht weiter anschauen, da ich glaube, dass er entweder als Alternative zu den anderen hier vorgestellten Ansichten unverständlich erscheint oder auf eine von ihnen zurückführbar ist (etwa auf ein bloßes Einzelding). Weiterhin besteht das Ziel dieses Kapitels vorrangig darin, alle wichtigen zeitgenössischen

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zugnehmen auf den Menschen Sokrates verwendet und nicht auf einen so benannten Punkt, wird im Folgenden während der Behandlung seiner Ansichten auf Platingas Verwendungsweise abgestellt. Da Platingas Ansichten bezüglich möglicher Welten nur allzu bekannt sind, lässt es der beschränkte Raum ratsam erscheinen, hier nur seine drei wichtigsten Behauptungen über Individuation zu nennen. Die erste stellt Platingas Beschreibung eines individuellen Wesens oder einer individuellen Natur vor: E ist ein genau dann ein individuelles Wesen, wenn es eine Welt W gibt, in der ein Gegenstand x von der folgenden Art existiert: E verfügt in internalistischer Weise über x; und es darf keine Welt W* geben, in der es einen Gegenstand gibt, der verschieden von x ausfällt und ebenfalls über E verfügt.4 Platinga verwendet für das Wesen des Sokrates die folgenden Äußerungen: „die Eigenschaft, Sokrates zu sein“, „die Eigenschaft, mit Sokrates identisch zu sein“, „die Eigenschaft, mit eben dieser Person Sokrates in der aktualen Welt identisch zu sein“ oder „Sokratität“. Diese Eigenschaft muss etwas sein, dass Sokrates für seine Existenz benötigt, ohne dass etwas anderes darüber verfügen könnte. So verstanden individuiert die Eigenschaft, mit Sokrates identisch zu sein, Sokrates. Zum zweiten ist die Beziehung zwischen Sokrates und seinem individuellen Wesen die der Prädikation: Sokratität wird von Sokrates instantiiert, exemplifiziert oder aufgewiesen. Platinga spricht von den individuellen Wesenheiten auch als Diesheiten der individuellen Gegenstände. Ein unexemplifiziertes Wesen wird zu einer Diesheit, sobald es exemplifiziert wird. Ein unexemplifiziertes Wesen verfügt über die Eigenschaft der Diesheit, sobald es exemplifiziert wird. Wieso aber wird aus einem unexemplifizierten Wesen eine Diesheit, sobald es exemplifiziert wird? Weil es dann in der „ist die Diesheit von“-Beziehung zu dem es exemplifizierenden Gegenstand steht. So steht etwa die Sokratität ebenso in der „ist die Diesheit von“-Beziehung zu Sokrates, wie ein Stiefbruder in der „ist der Stiefbruder von“-Beziehung zu jemandem steht.5 Zudem gibt es zwar keine bloß möglichen Gegenstände, die einfach so existieren (nach Platinga meint die Behauptung, dass ein Gegenstand x in W existiert, dass x existieren würde, wenn W die aktuale Welt wäre), jedoch können individuelle Wesenheiten Ansichten anzusprechen; in Kapitel 3 und 4 habe ich bereits die Art und Weise skizziert, in der sich Campbell und Armstrong Scotus oder zumindest seine Theorien der Individuation zueigen gemacht bzw. in ihrem Sinne gedeutet haben. 4 Platinga, The Nature of Necessity, 72. 5 Vgl. A. Platinga: „Replies to My Collagues“. In: J.E. Tomberlin und P. van Inwagen (Hg.): Alvin Platinga (Dordrecht: Reidel, 1985), 335.

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unexemplifiziert bestehen – auf viele trifft dies auch tatsächlich zu. Wie denkt sich Platinga schließlich die Beziehung zwischen der Identitätsrelation und einer individuellen Wesenheit? Seine Antwort stellt zunächst die folgende Proposition auf:6 (5) Alles ist mit sich selbst identisch. Platinga behauptet, dass (5) von jedem Gegenstand die Eigenschaft des mit-sich-selbst-identisch-Seins prädiziert und damit eine geläufige Eigenschaft darstellt. Als nächstes betrachtet er die folgende Proposition, die er als ein Unterfall von (5) ansieht: (6) Sokrates ist mit Sokrates identisch. Diese Proposition behauptet zweierlei über Sokrates: Sie weist ihm die Eigenschaft der Selbstidentität zu, und die Eigenschaft, dass er mit demjenigen Ding identisch ist, dass in der wirklichen Welt Sokrates genannt wird. Diese Eigenschaften beschreiben nicht immer und überall dieselben Gegenstände und sind von daher voneinander zu unterscheiden. Allerdings fallen sie bei Sokrates zusammen; Sokrates kann nicht über die eine Eigenschaft verfügen, ohne auch die andere zu besitzen. Bewertung Wie ist diese Theorie der Individuation zu bewerten? Aus dreierlei Gründen scheint sie mir nicht geeignet, dass von ihr behandelte Problem zu lösen. Zum ersten haben Michael Loux und Kit Fine verschiedene Fassungen des folgenden Einwandes gegen Leibniz'sche Wesenheiten gegeben:7 Sie behaupten, dass derartige Entitäten zirkulär seien und eben diejenigen Entitäten voraussetzen, die sie individuieren wollen. Konzentrieren wir uns auf Loux' Argument. Er meint, dass eine Eigenschaft P genau dann unecht ausfällt, wenn es eine Beziehung R und eine Substanz s gibt, so dass für jeden 6

Platinga, The Nature of Necessity, 111. Loux, Substance and Attribute, 132-134, 175-178; K. Fine: „Platinga on the Reduction of Possibilist Discourse“. In: J.E. Tomberlin und P. van Inwagen (Hg.): Alvin Platinga (Dordrecht: Reidel, 1985), 148-155. Leider neigen sowohl Loux als auch Fine dazu, die metaphysischen und epistemologischen Aspekte dieses Problems miteinander zu vermengen, was zum Ergebnis hat, dass sich die meisten ihrer Klagen auf die Probleme der Identifikation von Individuen in möglichen Welten herunterbrechen lassen. Ich stimmte Platinga darin zu, dass dies kein schwerwiegendes Problem darstellt und die eigentliche Schwierigkeit metaphysischer Natur ist. 7

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Gegenstand x notwendigerweise gilt, dass x P genau dann exemplifiziert, wenn es in R zu s steht. Loux' Definition sollte dahingehend berichtigt werden, „Substanz s“ durch „ Einzelding s“ zu ersetzen, da er einen sehr speziellen Begriff von Substanz hat und dieser für seine Definition nicht zwingendermaßen vorausgesetzt werden muss. Loux behauptet nun, dass unechte Eigenschaften nicht für die Individuation ihrer Einzeldinge verwendet werden können, da sie in vollständig bestimmte Einzeldinge mit einfließen, so dass diese quasi Bestandteile dieser Eigenschaften bilden. Loux' Argument kann über eine Definition des Begriffs der ontologischen Bestandteils-Abhängigkeit noch deutlicher gemacht werden: x steht zu y genau dann in einer ontologischen Beziehung der BestandteilsAbhängkeit, wenn sowohl die Existenz von x diejenige von y in einem logisch weitgefassten Sinn impliziert, als auch umgekehrt y einen Bestandteil von x bildet. Das Problem der Leibniz'schen Wesenheiten besteht nun in ihrer ontologischen Bestandteils-Abhängigkeit gegenüber denjenigen Entitäten, die sie individuieren sollen. Wenn ihnen diese Funktion zukommen soll, muss beispielsweise Sokrates von der Sokratität ontologisch bestandteilsabhängig sein, nicht aber umgekehrt. Dennoch bildet bei der Analyse der Identitätsbeziehung von Sokrates zu sich selbst das Individuum Sokrates einen Bestandteil dieser Beziehung. Und wenn dem so ist, muss etwas bereits Sokrates individuiert haben, noch ehe es ontologisch einen Bestandteil der Sokratität bilden kann. Warum? Das Problem der Individuation beinhaltet eine Theorie derjenigen Bestandteile einer Entität (einschließlich dieser Entität selbst, wenn man wie Campbell den Teil-Ganzes-Rahmen ablehnt), die sie individuieren. Daher können solche Bestandteile nicht ontologisch bestandteilsabhängig von denjenigen Entitäten sein, die sie individuieren. Ein weiteres, eng damit zusammenhängendes Problem ergibt sich wie folgt: Wann immer P von x prädiziert wird, bestehen P und x in dem Sinne unabhängig voneinander, dass jedes einzelne ohne Bezug auf das andere beschrieben werden kann. Auf Sokrates und der Eigenschaft, mit Sokrates identisch zu sein, trifft eben dies aber nicht zu, so dass Leibniz'sche Wesenheiten also ein allgemeingültiges Prinzip der Prädikation verletzen. Solange nun keine sehr gute Rechtfertigung für die Annahme einer neuen Unterklasse von Eigenschaften genannt wird, die nicht vielfach exemplifizierbar sind und sich auch nicht in das allgemeine Muster der Prädikation einordnen lassen, sollten wir uns auf dasjenige beschränken, was wir von Eigenschaften als allgemein wahr wissen. Die Behauptung, dass Leibniz'sche Wesenheiten eine derart spezielle Unterklasse von Eigen-

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schaften bilden, scheint eine solche Position bereits unhinterfragt vorauszusetzen, zumal eine Alternative verfügbar ist, die ohne derartige Behauptungen auskommt.8 Wie aber lassen sich dann Fälle von essentieller Prädikation klären, in denen beispielsweise eine infimae species einer individuellen Substanz prädiziert wird? Stellt dies nicht ein Gegenbeispiel zu der oben genannten Behauptung über Prädikation dar, da Sokrates ohne Bezugnahme auf seine Menschlichkeit nicht existieren und beschrieben werden kann? Unter Zuhilfenahme bloßer Einzeldinge lässt sich darauf eine wirkungsvolle Erwiderung geben. Dafür wollen wir wenigstens für den Moment die Existenz derartiger Entitäten annehmen; sie wird dann später im Detail genauer erörtert und verteidigt. Man betrachte die folgenden beiden Sätze: (7) Sokrates ist ein Mensch. (8) Dieses (bloße Einzelding) ist ein Mensch Satz (7) sollte nicht so gedeutet werden, dass er einen strengen philosophischen Begriff der Prädikation genügt, sondern einem eher weichen, weithin geteilten. Der Satz besagt, dass die Menschlichkeit einen wesentlichen Bestandteil von Sokrates ausmacht und diejenige Entität darstellt, mittels der Sokrates Mitglied in der natürlichen Art „Mensch“ ist. Nun fußt aber (7) in (8), dem wiederum eine strenge Form der Prädikation zugrunde liegt: Die Menschheit wird hier von einem bloßen Einzelding prädiziert und formt damit ein Dieses-So, Sokrates. Die Menschlichkeit ist für Sokrates' Soheit verantwortlich, das bloße Einzelding für seine Individualität. Dabei muss sich weder die Menschlichkeit noch das bloße Einzelding zu ihrer Beschreibung auf die jeweils andere Entität beziehen. Zum dritten führt Platingas Theorie der Individuation zu einer Behauptung über die Besonderheit, ohne dies metaphysisch zu begründen. Wem oder was genau kommt bei Platinga Sokratität zu? Genauer gefasst: Was steht in der „ist die Diesheit von“-Beziehung zur Sokratität, die ein noch unexemplifziertes Wesen zu einer Diesheit formt? Die Antwort darauf kann sich nicht einfach auf Sokrates als einer ganzen Substanz beziehen, da dies weder seine Besonderheit noch den Bezugspunkt der Sokratität er8

Die Aussage, dass Proposition 6 zwei Dinge behauptet (Sokrates ist mit sich selbst identisch und hat die Eigenschaft der Sokratität) und Proposition 5 nur eines, scheint mir auch nur unter Mühe aufrecht erhalten werden zu können. Die Behauptung, dass jede Entität (also auch Sokrates) mit sich in einer Beziehung der Identität steht, erscheint da wesentlich einfacher.

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klären würde, die Sokrates allererst bildet. Platinga gesteht zu, dass das Individuum Sokrates nicht mit der Sokratität ineins zu setzen ist, die es exemplifiziert. Was aber begründet diesen Unterschied ontologisch? Platinga sieht sich hier mit demselben Problem wie Wolterstorff und gleichgesinnte Philosophen konfrontiert, die behaupten, dass die individuellen Mitglieder natürlicher Arten bereits fertig individuiert seien. Ein derartiger Standpunkt begründet das Phänomen der Individuation in keinerlei Weise, sondern setzt es schlicht als gegeben voraus, was in Platingas Fall besonders ungeheuerlich erscheint, da weder infimae species noch Leibniz'sche Wesenheiten mit denjenigen Individuen identisch sind, denen sie zukommen und die sie umgekehrt als Bestandteile enthalten. Platinga hat nun bereits auf ganz ähnliche Einwände geantwortet, wenn sie auch nicht genau das treffen, was gerade vorgebracht wurde. So hat Kit Fine ein ähnliches, aber doch in einer Hinsicht bedeutsam verschiedenes Argument gegen Platinga vorgelegt. Grob gesprochen handelt es davon, dass eine aktualistische Ontologie inkohärent ist, die zwar exemplifizierte Wesenheiten enthält, aber keine existierenden möglichen Gegenstände, da sich innerhalb einer solchen Theorie die Beschreibung von unexemplifizierten Wesenheiten auf etwas nicht Existierendes beruft, und nicht existierende Entitäten zu existierenden in keinerlei Beziehung stehen oder zur Beschreibung von letzteren gebraucht werden können. Platinga antwortet hierauf mit einer bedingten Beschreibung unexemplifizierter Wesenheiten mittels nicht-existenter Gegenstände. Eine unexemplifizierte Wesenheit hat die notwendige Eigenschaft, bei Exemplifikation zu einer Diesheit zu werden. Aber selbst wenn Platingas Erwiderung Fines Einwand entkräftet, bleibt sie aus den bereits genannten Gründen gegen die vorhin aufgeworfenen Argumente gegen seine Theorie der Individuation wirkungslos. Es ist eine Sache, eine unexemplifizierte Wesenheit über ein Merkmal zu beschreiben, das erst im Falle seiner Exemplifikation in Kraft tritt, was natürlich denkbar ist. Eine ganz andere Sache aber ist der Verweis auf eben diejenige Entität (etwa Sokrates), die ein solches Seiendes als identisch mit Sokrates gerade individuieren soll. Ein derartiger Ansatz setzt sich dem Vorwurf der Zirkularität sowie den anderen vorhin genannten Problemen aus. Weiterhin untersucht Platinga in seiner Erwiderung zu Fine als weiteres Problem die Frage, ob Diesheiten ontologisch von denjenigen Gegenständen abhängen, denen sie zugerechnet werden.9 Die einzige Entgeg9

Platinga, „Replies to My Collagues“, 336-340. Platingas Begriff der ontologischen Abhängigkeit stimmt mit meinem der ontologischen Bestandteils-

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nung, die er dabei mit Bezug auf die Kritik seiner Theorie der Individuation vorbringt, lautet wie folgt: Diejenigen, die behaupten, Diesheiten seinen ontologisch von ihrem Gegenstand abhängig, scheinen anzunehmen, dass kontingente Gegenstände wie Sokrates Bestandteile von Eigenschaften bilden, die irgendwie in sie „hineingesteckt“ werden. Das sei so aber falsch, da Eigenschaften abstrakte Gegenstände sind. Dessen ungeachtet gelingt es Platinga nicht, das eigentliche Problem zu lösen. Denn es geht nicht darum, dass abstrakte Entitäten wie Eigenschaften kontingente Dinge als Bestandteile enthalten. Hierbei liegt Platinga sicherlich richtig. Das Problem besteht vielmehr darin, wie Platingas Ansatz diese Schlussfolgerung vermeiden helfen soll. Er behauptet einfach, dass dieses Bild von Eigenschaften absurd ist und daher von seiner Sichtweise nicht übernommen wird. Aber im Lichte der oben vorgebrachten Argumente über die Natur unechter Eigenschaften, der Prädikation und der Begründung der Diesheit bei unexemplifizierten Entitäten bleibt unklar, ob Platinga sich derart einfach herausreden kann. Solange diese Probleme nicht gelöst sind, sollte man sich einer besseren Theorie der Individuation zuwenden. Bloße Einzeldinge als Individuatoren Darstellung der Position Was genau ist ein bloßes Einzelding? Folgt man Gustav Bergmanns klassischer Definition, kann man darunter folgendes verstehen: “Bare particulars neither are nor have natures. Any two of them are not intrinsically but only numerically different. That is their bareness. It is impossible for a bare particular to be „in“ more than one ordinary thing […] A bare particular is a mere individuator […] It does nothing else”.10

Bergmanns Aussage impliziert dreierlei: 1. Bloße Einzeldinge sind keine Eigenschaften oder Beziehungen, sondern gewissermaßen nummerisch primitive Individuen vom logischen Typ Null, um hier Russells Terminologie zu gebrauchen. 2. Sie verfügen über keinerlei Wesen oder Eigenschaften. 3. Ihre einzige Funktion ist die eines Individuatoren. Proposition 1 erscheint ganz unkompliziert einsehbar und klar. Sokrates Abhängigkeit überein, abzüglich des zweiten Verbindungsglieds. 10 Bergmann, Realism, 24, 25.

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und Platon unterscheiden sich deshalb als zwei individuelle Punkte, weil jeder über sein eigenes bloßes Einzelding verfügt, das sie individuiert und sich von den übrigen Eigenschaften der beiden durch mehr als eine bloße Verstandesunterscheidung unterscheidet. Bloße Einzeldinge begründen das „Dies“ und das „Das dort“ von Sokrates und Platon; das „bloß“ kennzeichnet ihre Verschiedenheit von sonstigen Einzeldingen (z.B. Ereignissen, primären Substanzen, Qualitätsvorkommen oder, wie in diesem Fall, den beiden Punkten). Proposition 2 fällt demgegenüber schon ambivalenter aus, da bloße Einzeldinge in einem gewissen Sinn über Eigenschaften verfügen, in einem anderen jedoch nicht. Dies wird gleich ersichtlich werden, wenn wir uns die Probleme dieser Position näher betrachten. Über Proposition 3 sind drei weitere Dinge zu sagen. Zum einen wurden bloße Einzeldinge auch für eine ganze Reihe weiterer metaphysischer Funktionen herangezogen: Als Kotenpunkt und Bewahrer aller Eigenschaften der primären Substanz (siehe etwa Lockes Theorie der Substanz), als Grund für die Konkretheit eines Dinges, wenn dessen Eigenschaften als abstrakte Entitäten aufgefasst werden und als dasjenige, was für die Beständigkeit einer Substanz bei einem Wechsel ihrer intrinsischen Qualitäten sorgt. Das vorliegende Kapitel folgt Bergmann darin, dass es bloße Einzeldinge nur hinsichtlich ihrer Rolle als Individuatoren prüft. Daher werden Argumente gegen den Nutzen bloßer Einzeldinge für die übrigen Funktionen hier als irrelevant betrachtet, soweit sie nicht die Frage der Individuation betreffen. Zum zweiten ist es wichtig hervorzuheben, dass bloße Einzeldinge hier als letztmögliche Individuatoren gelten, die sich nicht für alle Fälle der Individuation von Einzeldingen unmittelbar verantwortlich zeichnen. Wenn wir beispielhaft annehmen, dass mereologische Ganzheiten wie Artefakte durch ihre physikalischen Stoffe und Teile individuiert werden, erhalten wir eine Hiercharchie der Individuation. Dieser Tisch hier etwa wird durch das Holz individuiert, aus dem er besteht, das Holz wiederum mittels der in ihm vorkommenden Atome und Moleküle und so fort, bis wir zu den bloßen Einzeldinge als den letzten Individuatoren kommen. Die Tatsache, dass bloße Einzeldinge fallweise lediglich als mittelbare statt unmittelbare Individuatoren fungieren, lässt sich aus dem „Sieg der Besonderheit“ erklären: Wenn man von einer realistischen Deutung von Eigenschaften als Universalien ausgeht, entsteht aus der Exemplifizierung einer Eigenschaft F durch ein Einzelding a ein neuer Sachverhalt, der selbst ein Einzelding darstellt. Auch diese Anmerkung wird hier nicht weiter verfolgt, und im restlichen Kapitel wird weiterhin von bloßen Einzeldingen als Individuato-

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ren gesprochen; jedoch ist es wichtig, dabei im Hinterkopf zu behalten, dass sich eine vollständige Theorie der Individuation auch auf eine Anzahl weiterer Einzeldinge (etwa Sachverhalte) beziehen kann, solange uns bewusst bleibt, dass bloße Einzeldinge in jeder geeigneten Theorie der Individuation eine wichtige Rolle einnehmen werden. Drittens schließlich besteht ein Unterschied zwischen Theorien der Individuation, die sich auf Ereignisse, Qualitätsvorkommen oder primäre Substanzen beziehen, und solchen, die etwa mit den verschiedenen Eigenschaften (z.B. Röte und Blauheit) zu tun haben, die durch dieselbe zweitstufige Universalie gebildet werden und eine qualitative Hierarchie bilden. Für die Individuation des Bestimmbaren unter ein Bestimmtes wurden unterschiedliche Theorien entwickelt, darunter auch solche, die mit bloßen Einzeldingen arbeiten. Dennoch ist es möglich, eine Theorie der Individuation für Einzeldinge anzunehmen, die bloßen Einzeldingen die Rolle der Individuatoren zuweist, und eine weitere für Universalien, die das nicht tut. Denn was auch immer blau von rot unterscheidet, so enthalten beide doch das Farbigsein als ihr Bestimmbares, so dass der daraus jeweils resultierende Sachverhalt (etwa: Blauheit ist diese Farbe) entweder ein abstrakter Sachverhalt oder eine Universalie ist. Wenn jedoch ein bloßes Einzelding auch hier die Funktion des Individuatoren übernimmt, werden die durch sie individuierten Sachverhalten selbst zu Einzeldingen. Wiederum gilt, dass das Thema hier nicht weiter fortgeführt wird; unsere gegenwärtige Aufmerksamkeit richtet sich alleine auf die Funktion bloßer Einzeldinge als Individuatoren von Einzeldingen. Einwände gegen bloße Einzeldinge als Individuatoren von Einzeldingen Die wichtigsten Kritikpunkte gegen bloße Einzeldinge als Individuatoren sind von Michael Loux11 und jüngst auch von Joshua Hoffman und Gary S. Rosenkrantz12 zusammengefasst und vertreten worden. Alle diese Kritikpunkte sind Varianten von vier wesentlichen Einwänden. Der erste ist offenkundig der schwächste und rührt von selbstauferlegten Beschränkungen des Empirismus in der analytischen Ontologie her: Demnach sind bloße Einzeldinge als ontologische Entitäten bloße Postulate, die über das in der Erfahrung Erfass- und Überprüfbare hinausgehen. Dieser Einwand entfaltete zu der Schaffenszeit von Bergmann und seinen Schülern eine gewisse 11

Loux, Substance and Attribute, 140-152. J. Hoffman und G.S. Rosenkrantz: Substance and Other Categories (Cambridge: Cambridge University Press, 1994), 46-52. 12

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Wirkkraft, da sie zu einer Zeit lebten, in der die Ansichten des Positivismus noch quicklebendig waren; tatsächlich haben sie sich selbst einer Variante einer empirischen Epistemologie angeschlossen. E.B. Allaires Erwiderung auf diesen Einwand macht von einer wohlbekannten Unterscheidung zwischen Wissen aus Bekanntheit und Wissen aus Erkanntheit Gebrauch. Er schreibt: „Consider once more two discs. When presented together, they are presented as numerically different. That difference is presented as is their sameness with respect to space, (shade of) colour, and so on. What accounts for that difference are the numerically different individuals. No character nor group of characters can do that. Thus, to say that they are individuals is to say that things may be merely numerically different. No matter what description one proposes, the numerical difference of two things which are alike in all (non relational) respects must be accounted for […] To claim that both discs are collections of literally the same universals does not account for the thisness and thatness which are impicitly reffered to in speaking of them as two collections. That is, the two collections of characters – if one persists in speaking that way – are, as presented, numerically different. Clearly, therefore, something other than a character must also be presented. That something is what proponents of the realistic analysis call a bare particular.“13

Allaires Erwiderung lässt sich in der Behauptung zusammenfassen, dass wir über die bloßen Einzeldinge empirisches Wissen durch Bekanntheit erhalten haben, wenn es uns zu einem späteren Zeitpunkt auch nicht gelingt, sie wiederzuerkennen. Ist Alldaires Erwiderung stimmig? In meinen Augen eher nicht, und zwar aufgrund des „Sieges der Besonderheit“. Wenn man sich Sokrates und Platon anschaut, erscheint es zwar offenkundig, dass man hier zwei Einzeldinge erblickt und nicht nur verschiedene Universalien. Allerdings könnte man die darin liegende Besonderheit auch schlicht auf die beiden einzelnen Sachverhalte beziehen, nämlich Sokrates und Platon, und nicht auf die beiden bloßen Einzeldinge, auf die jeder Punkt seine Besonderheit gründet. Daher kann aus der Tatsache, dass wir zwei nummerisch verschiedene Punkte mit ihrer eigentümlichen Verschiedenheit vor uns finden, nicht so ohne weiteres geschlossen werden, dass wir damit auch mit demjenigen Bestandteil bekannt gemacht wurden, der für ihre Diesheit und Dasheit sorgt; das Argument des Wissens über Bekanntheit sollte nun aber beim Aufkommen der Frage, mit was wir hier eigentlich bekannt gemacht werden, nicht eine derartige Ambivalenz aufweisen. 13

E.B. Allaire: „Bare Particulars“. Wiederveröffentlicht in: M.J. Loux (Hg.): Universals and Particulars (Notre Dame: University of Notre Dame Press, 1970), 288.

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Was macht es aber aus, dass Allaires Argument nun doch nicht so erfolgsversprechend aussieht wie gedacht? Vermutlich eher wenig. Heutzutage fassen die meisten Philosophen die Beschränkungen der analytischen Ontologie nicht mehr ganz so eng wie noch zu Bergmanns Zeiten. Die eigentliche Frage über bloße Einzeldinge richtet sich nicht auf deren Wahrnehmung über die Sinne, sondern ob sie hinreichend sind, als Lösung für das Problem der Individuation zu dienen. D.M. Armstrong gestattet dem Empirismus demgegenüber wohl mehr als jeder andere, sein Denken auf dem Gebiet der analytischen Ontologie zu beschränken; wie wir jedoch in Kapitel vier gesehen haben, verwendet selbst er unter der am plausibelsten erscheinenden Deutung bloße Einzeldinge als Individuatoren. Der zweite Einwand gegen bloße Einzeldinge beurteilt den Begriff selbst als inkohärent und selbstwidersprüchlich.14 Hierfür wurden wenistens vier Gründe vorgebracht: 1. Es ist eine notwendige Wahrheit, dass jedwede Entität Eigenschaften exemplifiziert; bloße Einzeldinge scheinen davon aber ausgenommen zu sein. – Warum aber sollte man den ersten Satz als notwendige Wahrheit begreifen? Zwei Gründe bieten sich gleichsam von selbst an: Entweder folgt dies aus der allgemeinen Theorie der Existenz, oder aus einer Verallgemeinerung des zweiten Grundes. Die Frage nach der Existenz wird weiter unten im vierten Einwand behandelt (und in Kapitel 6); daher wird die Erwiderung auf diesen Einwand gemeinsam mit der Entgegnung auf den nun folgenden Grund gegeben. 2. Obgleich bloße Einzeldinge als eigenschaftslos vorgestellt werden, so dass sie wenigstens nicht notwendigerweise Eigenschaften aufweisen sollten, scheint genau das Gegenteil der Fall zu sein: So müssen sie konkret sein, allesamt die Besonderheit ihrer Gegenstände ausweisen, über transzendentale Eigenschaften verfügen (etwa: wenn grün, dann auch farbig), Bestandteil von höchstens einer Entität sein und über die Eigenschaft, keine Eigenschaften zu haben, verfügen. 3. Was keine Eigenschaften exemplifiziert, kann weder begriffen noch wahrgenommen noch sonstwie erfasst werden, so dass bloße Einzeldinge bereits in dieser Hinsicht scheitern. 4. Bei einem Vorkommen der Eigenschaft P in x wird diese notwendigerweise von x exemplifiziert. Legt man dies so aus, dass bloße Einzeldinge über Eigenschaften verfügen müssen, die ihnen inhärieren 14

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Hoffman und Rosenkrantz, Substance and other Categories, 48-49.

(siehe etwa die unter 2. genannten Eigenschaften oder auch eine Eigenschaft, die es Eigenschaften ermöglichen würde, in einem bloßen Einzelding zu inhärieren), erweist sich bereits der Begriff eines bloßen Einzeldings als in sich inkoärent. All diese Einwände gehen jedoch fehl, da sie entweder ein grobes Missverstehen über die Natur bloßer Einzeldinge zum Ausdruck bringen oder aber bereits dasjenige voraussetzen, was erst noch gezeigt werden soll. Bevor wir die Gründe hierfür genauer erörtern, scheint es sinnvoll aufzuzeigen, dass einige der oben genannten Beispiele für Eigenschaften gelinde gesagt verdächtig erscheinen. So liegt der tiefere Grund für die Wahrheit der Eigenschaft „Wenn x grün ist, ist x auch farbig“ nicht in der Eigenschaft, sondern in einem Sachverhalt, der sich aus einem Bestimmbaren (farbig sein), einem Bestimmten (grün sein) und der Gattung/Art-Beziehung zusammensetzt. Auch gibt es wahrscheinlich keine negativen Eigenschaften; aus der Tatsache, dass einem bloßen Einzelding eine Eigenschaft F fehlt, folgt nicht, dass ihm die negative Eigenschaft nicht-F zukommt: Als primitive Tatsache ist F schlichtweg nicht vorhanden. Noch wichtiger erscheint die Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Bedeutungen von „bloß“, die mit zwei verschiedenen Arten zusammenfällt, wie einem Ding eine Eigenschaft zukommen kann. Nach der einen ist eine Entität genau dann mit „bloß“ zu beschreiben, wenn ihr überhaupt keine Eigenschaften in irgendeiner Weise zukommen. Bloße Einzeldinge können dann nicht existieren, da sie keine Eigenschaften aufweisen, so dass sie in diesem Sinne auch nicht als bloß gelten können. Warum das so ist, wird weiter unten noch genauer erörtert. Es gibt aber noch eine andere Bedeutung von „bloß“, die auf bloße Einzeldinge sehr wohl zutreffen kann. Dies wird deutlicher, wenn wir etwa die Art und Weise betrachten, in der eine klassisch aristotelische Substanz über eine Eigenschaft verfügen kann, etwa das Braunsein von Fido, dem Hund. Demnach ist Fido eine Substanz, die aus einem Wesen besteht, das aus einer Vielzahl an Vermögen gebildet wird, die sich in Fido als Substanz befinden. Diese Vermögen sind als Potentialitäten charakterisierbar, Eigenschaften zu exemplifizieren oder über Teile zu verfügen, die Eigenschaften exemplifizieren. Diese Vermögen begründen nun die Eigenschaften von Fido, etwa seine Braunheit. Wenn eine Substanz über eine Eigenschaft verfügt, ist diese „in sie eingelassen“ und insofern Ausdruck ihrer „inneren Natur“. Dies im Blick bestimmt Richard Connell ganz richtig die Art und Weise, in der Substanzen im Unterschied zu bloßen Einzeldingen über Eigenschaften

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verfügen können, wenn er schreibt, dass sie nicht alleine an diese gebunden sind, sondern gleichsam tief in ihnen wurzeln und durch ihre Substanzen verursacht werden.15 Im Gegensatz dazu sind bloße Einzeldinge einfach, so dass deren Eigenschaften lediglich an diese ge- oder mit ihnen verbunden sind. Diese Bindung ist asymmetrisch, insofern ein bloßes Einzelding x die Eigenschaft F aufweist und F von x exemplifiziert wird. Ein bloßes Einzelding wird also nicht deshalb mit „bloß“ qualifiziert, weil es ganz ohne Eigenschaften daherkommt, sondern um es von anderen Einzeldingen wie Substanzen zu unterscheiden und damit auch die Art und Weise zu bestimmen, in der es über eine Eigenschaft verfügt (hier ist etwa F an x gebunden), im Gegensatz etwa zu der Art und Weise, in der dies bei einer Substanz der Fall ist (dann ist F tief in x verwurzelt). Da bloße Einzeldinge einfach sind, gibt es keine weitere Differenzierung innerhalb dieser Gruppe. Wenn eine Eigenschaft durch ein bloßes Einzelding exemplifiziert wird, wird sie so verändert, dass sie nunmehr an das Einzelding angebunden ist. Wenn also bloße Einzeldinge eine Anzahl von Eigenschaften aufweisen (etwa rot sein) und ihnen einige Eigenschaften notwendigerweise zukommen (etwa ihre Besonderheit), so geschieht dies nur in dem Sinn, dass sie nur dann als bloße Einzeldinge existieren können, wenn gewisse Eigenschaften an sie angebunden sind. Dadurch werden sie aber weder mit ihren Eigenschaften identisch, noch werden dadurch Eigenschaften zu Bestandteilen von bloßen Einzeldingen erklärt. Somit können Vertreter bloßer Einzeldinge durchaus zugestehen, dass diese Eigenschaften haben oder sie exemplifizieren. Damit entfallen die Gründe 1, 2 und 4, die allesamt die Behauptung aufstellten, dass bloße Einzeldinge inkohärente und in sich wiedersprüchliche Entitäten seien. All diese Einwände fallen der gerade genannten Konfusion zum Opfer. Vielleicht aber wirkt meine Entgegnung hier vorzeitig, da in den Einwänden noch ein weiteres Argument gegen bloße Einzeldinge enthalten ist. Wenn beispielsweise ein bloßes Einzelding eine Eigenschaft hat, die ihm „inhärent“ ist, muss diese Tatsache über eine weitere Tatsache begründet werden, dass nämlich das bloße Einzelding über eine Eigenschaft verfügt, die es anderen Eigenschaften ermöglicht, in ihm zu inhärieren. Es sollte offenkundig sein, dass ein solcher Einwand bereits voraussetzt, was allererst gezeigt werden soll. Jedem Verfechter bloßer Einzeldinge steht es offen zu behaupten, dass die Tatsache der Verbindung zwischen Eigenschaften und Einzelding einfach ist und keiner weiteren Begründung 15

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Conell, Substance and Modern Science, 90.

bedarf, weder in Form eines Vermögens noch einer Eigenschaft. Innerhalb jeder analytischen Ontologie stößt man irgendwann auf Primitive, und aus Sicht der bloßen Einzeldinge befähigt sie gerade ihre Einfachheit dazu, ihre Funktion als Individuatoren zu erfüllen. Insofern besteht keine Veranlassung, die Inhärenz von Eigenschaften in bloßen Einzeldingen über eine weitere Entität in ihnen zu begründen, sofern wir „in etwas inhärieren“ in diesem Fall mit „gebunden an“ gleichsetzen. Damit verbleibt der dritte Grund: Demnach kann etwas, was keinerlei Eigenschaften exemplifziert, weder begriffen noch wahrgenommen noch erfasst werden. Zum einen sollte man dabei aber ein Wahrnehmen, das auf ein Bekanntwerden von etwas über die Sinneswahrnehmung hinausläuft, von einem Erfassen unterscheiden, das keinerlei Vorstellen oder Abtasten erfordert, sondern lediglich die begriffliche Erfassung von etwas meint. Nun mag es zutreffen, dass man ein bloßes Einzelding ohne Eigenschaften nicht wahrnehmen kann. Dennoch kann man sich recht leicht ein bloßes Einzelding als einen echten, einfachen Individuator erdenken, ohne dabei Eigenschaften mitdenken zu müssen, die an es angebunden sind. Aber selbst wenn zugestanden werden sollte, dass ein derartiges Erfassen unmöglich ist, bedeutet das nur, dass man bloße Einzeldinge nur über ihre Eigenschaften angemessen begreifen kann; hingegen folgt daraus weder, dass sie mit ihren Eigenschaften identisch sind, noch dass bloße Einzeldinge nicht in dem von uns verwendeten Sinn als „bloß“ beschrieben werden können. So viel also zum dritten Einwand. Es wird aber noch ein weiteres Argument gegen bloße Einzeldinge vorgebracht. So schreiben Hoffman und Rosenkrantz: „[I]f ordinary objects require substrata as individuators, why don't substrata themselves require some entity in order to individuate them? Properties can't individuate them, for they have none. Whatever else might serve to individuate substrata (i.e. Something other than further substrata, e.g. location) would serve to individuate ordinary objects without having to invoke substrata. Thus, consistency seems to imply either that substrata require further substrata as individuators (as absurdity), or else that substrata are not required in order to individuate ordinary objects.“16

Michael Loux hat diesem Einwand noch einen weiteren Aspekt hinzugefügt: Da bloßen Einzeldingen eine ganze Reihe von Eigenschaften wesentlich zukommt (farbig zu sein, wenn sie grün sind; unfähig, in mehr als ei16

Hoffman und Rosenkrantz, Substance and other Categories, 51.

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nem gewöhnlichen Gegenstand zu einem gegebenen Zeitpunkt zu sein; mit sich selbst identisch zu sein), könnten zwei bloße Einzeldinge a und b alle ihre Eigenschaften miteinander teilen, so dass wir weitere bloße Einzeldinge voraussetzen müssten, um a von b individuieren zu können, und so fort.17 Dies stellt nach Loux einen vitiösen infiniten Regress dar, und wahrscheinlich steckt etwas ganz ähnliches auch hinter Hoffmans und Rosenkrantz Behauptung, dass es absurd wäre, immer neue Substrate zur Individuation bereits bestehender Substrate zu postulieren. Wie überzeugend sind diese Argumente? – Meiner Ansicht nach sind sie jedenfalls nicht erfolgreich. Hoffman und Rosenkrantz haben Recht damit, dass Eigenschaften (gleichgültig ob echte oder unechte) nicht individuieren können, obgleich aus einem falschen Grund heraus (nämlich demjenigen, dass Substrate keine Eigenschaften aufweisen). Sie liegen ebenfalls richtig, wenn sie behaupten, dass das Einbringen einer neuen Entität zur Individuation von Substraten (wie etwa die Ortsbestimmung) letztere überflüssig macht. Warum aber sollte man annehmen, dass bloße Einzeldinge weitere Entitäten zu ihrer Individuation benötigen und dann so weiter bis ins Unendliche? Das bei Loux explizit gemachte und bei Hoffman und Rosenkrantz implizit vorliegende Argument kann durch die folgende Beobachtung noch weiter verdeutlicht werden. Man betrachte die beiden Punkte Sokrates und Platon. Jeder von beiden bildet einen eigenen Sachverhalt, in dessen Analyse die folgenden Bestandteile mit eingehen: Punktheit, rund sein, rot sein, das Band der Prädikation und das bloße Einzelding a für Sokrates und b für Platon. Nach dem gerade betrachteten Argument kann man nun die beiden Einzeldinge a und b herausgreifen und sie als Sachverhalte mit folgenden Bestandteilen behandeln: Besonderheit, mit sich selbst identisch sein, etc., und dem bloßen Einzelding a1 für a und b1 für b, und so fort... Das Problem dieses Arguments liegt in der Behandlung von bloßen Einzeldingen als Ganzheiten, nämlich Sachverhalten mit Eigenschaften als ihren Bestandteilen. Das aber ist falsch. Bloße Einzeldinge sind einfache Entitäten mit angebundenen Eigenschaften. Der Grund, weshalb Sokrates und Platon Individuatoren benötigen, sind ihre echten Eigenschaften, die sie miteinander teilen. Da echte Eigenschaften Universalien sind, sind weder sie noch unechte Eigenschaften oder räumliche Orte oder externe Beziehungen in der Lage, die Funktion eines Individuators zu übernehmen. Dagegen stellen die bloßen Einzeldinge a und b in Sokrates und Platon einfache Entitäten dar, die bereits als einfache Tatsache voneinander getrennt 17

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Loux, Substance and Attribute, 149-152.

sind, selbst wenn einige Eigenschaften notwendig mit ihnen verbunden sind und sie nicht ohne diese Eigenschaften existieren könnten. Auf diese Weise kommt der Regress gar nicht erst in Gang und der Einwand fällt aus. Ein letzter Einwand bleibt bestehen. Es gibt keine Belege dafür, dass bloße Einzeldinge ohne jede Eigenschafte existieren könnten, und eine solche Annahme scheint auch nicht stimmig, wenn man sich die auf den letzten Seiten genannten Argumente einmal anschaut. Dennoch scheint die gegenwärtige Beschreibung von bloßen Einzeldingen als einfache individuierende Primitive mit auf ebenso einfache Weise an sich gebundenen Eigenschaften, die weder über Vermögen noch über weitere Eigenschaften in diesen begründet werden, es unerklärlich zu machen, weshalb bloße Einzeldinge immer im Verbund mit bestimmten Eigenschaften auftreten (etwa Besonderheit). Was hält diese Einzeldinge davon ab, sie sozusagen einfach von sich abzuschütteln? Und wenn dies tatsächlich möglich ist, zeigt das nicht, dass bloße Einzeldinge letztendlich eben doch in wenigstens einer Hinsicht inkohärent ausfallen? Es ist zweifelhaft, ob darauf eine angemessene Antwort gegeben werden kann, zumindest wenn man bloße Einzeldinge als Primitive ansieht und es dabei belässt. Denn wenn es darauf hinausläuft, wäre es schwierig einzusehen, weshalb Einzeldinge nicht auch einfach für sich existieren könnten. So könnte man argumentieren, dass die Aussage, etwas Einfaches könnte „auch einfach für sich existieren“ eben meint, dass es in seiner Existenz nicht von inneren Bestandteilen abhängt, da es diese als etwas Einfaches schlicht nicht hat. Eine Bestandteil/Ganzes-Struktur ist zur Beschreibung von Primitiven ungeeignet, und weil bloße Einzeldinge Primitive sind, können sie nicht als abhängige Entitäten beschrieben werden. Doch auch hier gibt es noch zwei weitere vielversprechende Entgegenungen, die dem Verteidiger bloßer Einzeldinge offen stehen. Das erste beruht auf der Behauptung, dass es keine mögliche Welt zu geben scheint, in der ein bloßes Einzelding existiert, ohne dass bestimmte Dinge über es als wahr ausgesagt werden können. Nun sind bei einigen Kandidaten für transzendentale Eigenschaften, die von allen Entitäten als wahr ausgesagt werden müssen, durchaus Zweifel an ihrer Beschreibung als Eigenschaften angebracht. Darunter fällt zum Beispiel die Eigenschaft, farbig zu sein, wenn man grün ist, oder auch disjunktive Eigenschaften wie entweder ein Pferd zu sein oder kein Pferd zu sein, sowie negative Eigenschaften. Wenn es aber tatsächlich genuin transzendentale Eigenschaften gibt, so wie eines sein, gut sein, usw., müssen sie auch von allen bloßen Einzeldingen wahr ausgesagt werden. Dabei kommt es mir nicht darauf an, eine Liste mit sol-

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chen transzendentalen Eigenschaften aufzustellen, da Philosophen wohl eher bezüglich der Existenz einer solchen Liste übereinstimmen werden als in der Frage, welche Eigenschaften in diese Eingang finden können. Mir geht es vielmehr darum herauszustellen, dass bei der Existenz von derartigen Eigenschaften auch bloße Einzeldinge über sie verfügen müssen. Und neben derlei transzendentalen Eigenschaften scheint es zumindest âuch notwendig zu sein, dass bloße Einzeldinge die Eigenschaften der Besonderheit und Einfachheit besitzen. Ein zweite Form der Erwiderung besteht im Aufweis der Möglichkeit einer allgemeinen Theorie der Existenz, bei der Entitäten Eigenschaften aufweisen müssen, um zu existieren. Würde sich eine solche Art von Theorie als vertretbar herausstellen, wäre damit impliziert, dass nichts ohne Eigenschaften existieren könnte, bloße Einzeldinge eingeschlossen. Eine detaillierte Verteidigung einer derartigen Theorie kann hier nicht geleistet werden, wenn auch in Kapitel 6 bereits einiges hierzu gesagt wurde. Jedenfalls kann hervorgehoben werden, dass viele Philosophen anerkennen, dass alles Existierende über Eigenschaften verfügt und Nichtexistierendes keinerlei Eigenschaften aufweist. Es wäre nun aber ein Fehler, Existenz selbst als einfache Eigenschaft anzusehen. Kants wohlbekannte Kritik daran wird weithin als erfolgreich angesehen. Eine eng damit verbundene, aber bessere Theorie der Existenz besagt hingegen, dass Existenz aus dem Aufweisen oder dem Aufgewiesen haben einer Eigenschaft besteht.18 Nach dieser Ansicht kann das Ins-Sein-Treten einer Entität x wie folgt definiert werden: Es gibt wenigstens eine Eigenschaft P, die so beschaffen ist, dass x diese Eigenschaft aufweist, und keine Eigenschaft Q, die so beschaffen ist, dass x diese Eigenschaft aufwies.19 So weit meine kurze Anmerkungen zur Existenz. Wenn sich eine derartige Ansicht in der einen oder anderen Form als korrekt erweist, würde das bedeuten, dass bloße Einzeldingen nicht ohne Eigenschaften existieren können. Um dem Vorwurf zu entgehen, eine solche Theorie sei ad hoc aufgestellt und würde bereits voraussetzen, was erst noch zu zeigen sei, erscheint es mir allerdings wichtig hervorzuheben, dass diese Art von Existenztheorie im Lichte allgemeiner, breit aufgestellter ontologischer Überlegungen formuliert werden und erst im Anschluss daran auf die Frage bloßer Einzeldinge angewendet werden sollte. 18

Siehe J.P. Moreland, „Review of The Existence of the World: An Introduction to Ontology by Reinhardt Grossmann“. In: Mind 102 (Juli 1993), 407-410. 19 Vgl. R. Chisholm: „Coming into Being and Passing Away: Can the Metaphysican Help?“ In: On Metaphysics, 49-61, besonders S. 56.

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Index abstrakte Gegenstände 26, 118-136, 152-156 abstrakte Einzeldinge 65-66, 97-99 abstrakte Referenz 8, 53-60, 90-93 Ähnlichkeit 8-10, 44-53, 65-68 anhängend/inhärent, Unterscheidung zwischen 92-93 Allaire, E.B. 177, 187-188 Aquin, Thomas von 33, 89, 157 Aristotelismus vs. Platonismus 162-168 Aristoteles 13, 141-142, 156-157 Armstrong, D.M. 6, 7, 18, 20, 107-121, 163-164 bloße Einzeldinge 188 Eigenschaften 26, 166-167 Eigenschaftsvorkommen 128, 129, 130 Einzelfälle 106 distributive Einheit 68 Individuation 111-113 infiniter Regress 32-33 interne Beziehungen 71-73 Naturalismus 81, 107-108 Physikalismus 107-108 Prädikaten-RN 37-39 Prädikation 111-113 Wahrmacher-Prinzip 42-43 Arten 13-14, 96-100, 130, 138 Ausdehnung, elementare Tropen 83-84 außerhalb der Wahrnehmung ansetzender Realismus 155-159 Begriffs-RN 37-39 Bergmann, G. bloße Einzeldinge 107, 177, 184194

Individuation 177 interne Beziehungen 71 über Husserl 131 Universalien 7, 14, 18-20, 22 Besonderheit/Individuation 90, 118121 Beziehungsregress 39, 43-44 bloße Einzeldinge 107, 119-120, 177, 184-194 Bonjour, L. 153-159 Bradleys Regress 112, 129, 147 Butchvarov, P. 50 Campbell, K. 6, 17, 22, 68-94, 128130, 181 Carnap, R. 6 Chisholm, R. 32 Conell, R. 119,189-190 Dawes-Hicks, G. 83-84 Descartes, R. 170 dichte Einzeldinge 111-112, 118-121 distinctio rationis ratiocinatae 29, 74 Duns Scotus, J. 78, 111 durchdenkender Verstand 29, 74 dürftige Einzeldinge 111-112, 118121 eidetische Intuition 159-161 Einzelfälle 98-100, 106 elementare Tropen 73-85 Entitäten, genaue Gleichheit 50-52 Eigenschaften abstrakte Gegenstände 118-136 anhängend/inhärentUnterscheidung 92-93

Exemplifikation 10-23, 27, 154-155 gemäßigter Nominalismus 6594 Identifikationsbedingungen/ kriterien 148-152, 154 Klassenmitgliedschaft 42-44 ontologischer Status 6-7 philosophischer Naturalismus 122, 153-154 radikaler Nominalismus 6-7, 31-64 Realismus 6-7 Sein 154 traditionelle 153-154 Verortung 25-26, 27 Wesen der Existenz 162-168 wichtige Phänomene von 8-10 Eigenschaftsvorkommen 128-130, 131132, 135-136 siehe auch Momente Einfachheit von Tropen 82-84, 89, 90 Einfachheitsthese über Momente 132, 133-137 Einzeldinge abstrakte 65-66, 97-99 bloße 107, 119-120, 177, 184-194 Individuation von 90, 118-121, 175-194 dichte/dürftig Unterscheidung 111-112, 118-121 Einzelqualität 19-23 epistemologischer Partikularismus 149 Exemplifikation 23, 100-103, 111- 113, 122- 123 Eigenschaften 10-23, 27, 154155 Prädikation 37-61 unexemplifiziertes Wesen 179180 Existenz 50, 168-174, 194 212

exploded object-Theorie 31, 55-56 Fine, K. 180, 183 Frege, G 112-113, 167 fundamentum relationis 16, 66-67 Gefährten-Problem 40, 46 Gegenstands-Regress 38-39, 42-43 gemäßigter/moderater Nominalismus 6-7, 15-18, 26, 130-143 Individuation 177 Eigenschaften 65-94 genaue Gleichheit (GG) 50-52, 71, 76, 80, 88 siehe auch Ähnlichkeit GG siehe genaue Gleichheit Goodman, N. 6 grobe Granularität, Identitätskriterien für Eigenschaften 150, 151 Grossmann, R. 7, 15, 24, 26, 110, 115, 123, 131 haecceitas 178-179 Hochberg, H. 105 Hoffman, J. 186, 187, 191-192 Hume, D. 39, 69 Husserl, E. Ähnlichkeits-RN 48 Gattung/Art-Beziehung 138139 letzte Substrate 141-143 Momente als Eigenschaftsvorkommen 87, 115, 130-143 Ontologie 125 Qualitätsmoment in sich selbst 142 Universalien 7, 13, 57-58, 159162 Identitätskriterien für Eigenschaften 148-152, 154

Identitätsprinzipien 28-29 immanenter Realismus 111-112, 129 Individuation von Einzeldingen 90, 118-121, 175-194 gemäßigter Nominalismus 177 Leibnitz'sche Wesenheiten 178184 Naturalismus 108 Prädikation 111-113 Problem der 106, 175-178 Individuatoren, bloße Einzeldinge als 184-194 infiniter/unendlicher Regress 32-33, 38, 42-43, 48-52, 145-147 siehe auch Bradleys Regress inhärent/anhängend, Entscheidung zwischen 92-93 Ins-Sein-Treten 172-173 Instantiierung, Prinzip der 117-118, 167-168 intentionale Inklusion, Kriterium der 150, 151-152 interne Beziehungen 17-18, 45, 71-84, 109-110, 116 Intuition, eidetische 159-161 Jones, J.R. 12 Kant, I. 170-171, 194 Kim, J. 79 Klassen-RN 40-44, 54 Klassenmitgliedschaft 42-44 Klassenähnlichkeit 45-46 Komplexitätstheorie für Momente 132, 136- 143 konkrete generelle Ausdrücke 56 Künne, W. 133 Leibniz, G.W. 24, 148, 178-184 Leibniz'sche Wesenheiten 180-181 Ähnlichkeit und Prädikation 50

Substrate 191-192 Universalien 7, 13, 14, 20 letztes Substrat 141-143 Loux, M. bloße Einzeldinge 180-181 Einzelfälle als einfach 49-50 Makro-Gegenstände/Objekte 84, 87 Martin, C.B. 7 mereologischer RN 37-39 Merkmalsübereinstimmung 5-7 minimalistischer Realismus 95-123 modale Unterscheidung 29-30, 75, 169-170 Momente als Eigenschaftsvorkommen 87, 115, 130-143 Einfachheitsthese 132, 133-137 Komplexitätsthese 132, 136, 137143 Moore, G.E. 161 nachdenkender Verstand 29, 74 Naturalismus, siehe philosophischer Naturalismus Nichts 173-174 Nominalismus 122-123 siehe auch radikaler Naturalismus (RN); gemäßigter Naturalismus Tropen- 68-76 Ockhams Rasiermesser 35-36 Ort 90, 92, 113-115 ortsgebundene Qualität 70 Partikularismus, epistemologischer 149 per accidens-Regress 33 per se-Regress 33 Perry, J. 107 philosophischer Naturalismus 24-26 213

radikaler Nominalismus 35 Individuation 108 Wissen über abstrakte Gegenstände 152-156 Physikalismus 24, 80, 107-108 Platinga, A. 178-180, 182-184 Platon 81, 82, 117, 122, 162-163 Platonismus vs. Aristotelismus 162-168 Prädikats-RN 37-39 Prädikation Ähnlichkeit 44-53 „Beziehung“ 108 Exemplifikation 37-61 Individuation 111-113 Realismus 8-9, 37-38 traditioneller Realismus 125-130 Primitive 34 Punkt-Zitation 59-63 Qualitätsvorkommen 19-23 Qualitätsmoment in sich selbst 142 Qualitätsvorkommen 19-23 Quasi-Tropen 84-85 Quine, W.V.O. 6 Quinton, A. 6 raumzeitlich 14-15, 19-20, 24-25, 8182, 96, 108-109, 128-130, 136 Radikaler Nominalismus (RN) abstrakte Referenz 53-60 Argumente für RN 35-37 Merkmalsübereinstimmung 5 Klassen-RN 40-44, 54 Begriffs-RN 37-39 mereologischer RN 37-39 philosophischer Naturalismus 35 Prädikats-RN 37-39 Eigenschaften 5-6, 65-94 Ähnlichkeit 44-53 Wahrmacher-Prinzip 42-43 Realismus 214

abstrakte Referenz 8 außerhalb der Wahrnehmung ansetzender 155-159 immanent 111-112, 129 Merkmalsübereinstimmung 5-7 minimalistisch 95-123 schmerzloser 92-93 Prädikaten-RN 37-39 Prädikation 8-9, 37-38 Prädikation/Exemplifikation 37-38 Eigenschaften 6-7 Ähnlichkeit 8-10 traditioneller 125-144, 145-174 reduktiver Physikalismus 107-108 Referenz, abstrakte 8, 53-60, 90-93 Regress Beziehungs- 39, 43-44 Bradleys 112, 129, 147 Gegenstands- 38-39, 43 per accidens 33 per se 33 vitiös-infinit/unendlich 2-33, 38, 42-43, 48-52, 145147 RN siehe radikaler Nominalismus Robinson, H. 32, 130-131 Rosenkrantz, G.S. 186-192 Russell, B. 48 schmerzloser Realismus 92-93 Scotus, J.D. siehe Duns Scouts, J. Seibt, J. 131, 136 Sein 87-88, 90, 154 Sellars W. 6, 58-62,123 semantisches Kriterium der Eigenschaftsidentität 150, 151152 sinnlich wahrnehmbare Tropen 9293, 94-96 Stout, G.F. 7, 15-17, 22, 65-68, 8384, 105-106

Suárez, F. 29, 78, 161-162 Substanz 119-120, 189-190 Talvite, J. 134 tode ti 141 traditionelle Eigenschaften 153-154 traditioneller Realismus 125-144, 145-174 transzendentale Universalien 116-117 Tropen abstrakte Einzeldinge 97-99 abstrakte Referenz 90-93 Ausgedehntheit 83 Einfachheit 82-84, 89, 90 Einzelfälle 98, 106 elementare 73-85 genaue Gleichheit 88 Form und Volumen 69 Ortsgebundheit 78-79, 90, 92 Quasi- 84-85 Raumzeit 69, 81, 85 sinnlich wahrnehmbar 92-93, 9496 Tropen-Nominalismus 68-76 Wahrmacher-Prinzip 34-35 unendlicher/infiniter Regress 32-33, 38, 42-43, 48-52, 146-147 siehe auch Bradleys Regress unexemplifiziertes Wesen 179-180 Universalien als Arten 96-100 in mentalen Akten 57-58 nicht in der Substanz 162-168 ohne Vorkommen/uninstantiiert 108 Probleme 3-31 ihre Universalität 82-84 Wissen darüber 159-162 Wesen der 11-19, 82-84, 108-109 transzendentale 116-117 Unterscheidung

des Verstandes 29, 74 modale 29, 74, 161-162 wirkliche 29, 74 Unvollständigen Gemeinschaft, Argument der 41-42, 46-47 Ursachen-Kriterium der Eigenschaftsidentität 150, 150-151 Veränderung 172-173 Verenden 172-173 Verortung 14-15, 25-26, 27, 110-111 Verstand durchdenkender 29, 74 nachdenkender 29, 74 Unterscheidungen des 29, 74 vitiös-infinit/unendlicher Regress 233, 38, 42-43, 48-52, 145-147 Wahrnehmung, von Momenten 134135 Wesen(heit) 177, 178-184 Wesen der Existenz 162-168 Willard, D. 131, 137 Williams, D.C. 6, 7, 17, 65, 67, 72, 92 wirkliche Unterscheidung 29, 74 Wirklichkeit, Repräsentation der 36 Wissen über abstrakte Gegenstände 152-156 über Universalien 159-162 Wolterstorff, N. 7-8, 12-13, 21-22, 96-107, 128-130, 128, 142, 183

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