Umweltrechtliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden: Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Verfüllung von Tagebauen [1 ed.] 9783428542581, 9783428142583

Mineralische Abfälle bilden mit etwa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland den mengenmäßig größten Abf

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German Pages 317 Year 2014

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Umweltrechtliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden: Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Verfüllung von Tagebauen [1 ed.]
 9783428542581, 9783428142583

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Schriften zum Umweltrecht Band 182

Umweltrechtliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Verfüllung von Tagebauen

Von

Nadine Holzapfel

Duncker & Humblot · Berlin

NADINE HOLZAPFEL

Umweltrechtliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 182

Umweltrechtliche Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Verfüllung von Tagebauen

Von

Nadine Holzapfel

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Rostock hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 978-3-428-14258-3 (Print) ISBN 978-3-428-54258-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84258-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Juni 2012 fertiggestellt und im Sommersemester 2013 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Rostock als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung ist Rechtsprechung und Literatur bis Januar 2014 eingearbeitet. Sich abzeichnende Rechtsänderungen sind ebenfalls berücksichtigt. Die „Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen oder das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzbaustoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material“ ist in der Fassung des zweiten Entwurfs vom 31.10.2012 zugrunde gelegt. Mein Dank gilt all denjenigen, die mich bei der Erstellung der Dissertation unterstützt haben. Das ist in erster Linie mein Doktorvater, Herr Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M, M.A., der für eine hervorragende Betreuung in einem von mir fachlich wie auch persönlich sehr geschätzten Umfeld gesorgt hat. Herrn Prof. Dr. Wolfgang März danke ich herzlich für die Übernahme der Zweitbegutachtung. Danken möchte ich darüber hinaus meinen Eltern, Sebastian Küenzlen, Karen SchmidtJürgens, Dr. Jan Seidel, Dr. Davor Šušnjar und Raphael Weyland. Jeder von ihnen weiß wofür. Ammerbuch, Frühjahr 2014

Nadine Holzapfel

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abfallverwertung im Kontext anderer Umweltprobleme . . . . . . . II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes 1. Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mineralische Abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bodenmaterial, Boden- und Erdaushub, Baggergut . . . . . . b) Bau- und Abbruchabfälle, Recycling-Baustoffe . . . . . . . . c) Kraftwerksrückstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auf- und Einbringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konkretisierung und Einschränkung des Untersuchungsgegenstands B. Tatsächlicher Hintergrund der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . I. Anfall mineralischer Abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einsatz mineralischer Abfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammensetzung und Belastung mineralischer Abfälle . . . . . . . IV. Folgen von Anfall und Einsatz mineralischer Abfälle . . . . . . . . 1. Auswirkungen des Abfallanfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen des Abfalleinsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermittlung der konkreten Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . C. Instrumente zur Umsetzung von Ressourcen- und Umweltschutz . . . I. Instrumente zur Ressourcenschonung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Bottom-up“-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Top-down“-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mengensteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untersuchung des abfallrechtlichen Instrumentariums . . . . . . . . III. Untersuchung des medienschützenden Instrumentariums . . . . . . D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime . . . . . . . . . . . . . . . I. Abfallrechtliche Planfeststellung oder Genehmigung . . . . . . . . II. Immissionsschutzrechtliche Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . III. Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abgrabungsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bergrechtliche Betriebsplanzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betriebsplan für Abfallentsorgungseinrichtungen . . . . . . . . . 2. Abschlussbetriebsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Straßenrechtliche Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Wasserrechtliche Planfeststellung oder Erlaubnis . . . . . . . . . . 1. Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

E. Anforderungen des Abfallrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stoffe oder Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuordnung zu einer Abfallgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bedeutung der Abfallverzeichnis-Verordnung . . . . . . . . . . . 4. Entledigungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abfallbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektiver Abfallbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wille zur Entledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Produktionsabfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Handlungsabfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Produktabfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verkehrsanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Entledigungswille bei mineralischem Material . . . . (a) Bodenmaterial und Gesteinsmassen . . . . . . . (b) Kraftwerksrückstände . . . . . . . . . . . . . . (c) Bauschutt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Objektiver Abfallbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wegfall der ursprünglichen Zweckbestimmung . . . . . . bb) Gefährdungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erforderlichkeit der Entsorgung . . . . . . . . . . . . . . dd) Entledigungspflicht bei mineralischem Material . . . . . . (1) Bodenmaterial und Gesteinsmassen . . . . . . . . . (2) Bauschutt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kraftwerksrückstände . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes . . 1. Bergbauliche Abfälle nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG . . . . . . . . . a) Abfälle aus der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben . . . . . b) Entsorgung unter der Bergaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: Entsorgung bergbaulicher Abfälle . . . . . . . . . . . 2. In Gewässer eingebrachte Stoffe nach § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG . . . 3. Böden am Ursprungsort nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG . . . . . . . 4. Nicht kontaminiertes Bodenmaterial nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG 5. Umlagerung von Sedimenten nach § 2 Abs. 2 Nr. 12 KrWG . . . . III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Relevanz der Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz . . . a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anhänge II A und II B des KrW-/AbfG . . . . . . . . . . (1) Auslegung im nationalen Recht . . . . . . . . . . . . (2) Auslegung im Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . bb) Anlagenzulassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Definition der stofflichen Verwertung . . . . . . . . (2) Tatbestandsmerkmale für die Abgrenzung . . . . . . dd) § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

IV.

b) Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls für andere Zwecke aa) Substitution von Rohstoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nutzung des Abfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stoffliche Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nutzung für andere Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hauptzweckklausel des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG . . . . . . . . aa) Charakter der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abgrenzungsmerkmal zur Beseitigung . . . . . . . . . . . (2) Auslegungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Umgehungs- und Missbrauchsklausel . . . . . . . . . . . bb) Europarechtskonformität der Hauptzweckklausel . . . . . . . . cc) Hauptzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Maßnahmenbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Haupt- und Nebenzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kriterien zur Bestimmung des Hauptzwecks . . . . . . . . (4) Wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . (a) Ökologischer Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit . . . . . . . (c) Berücksichtigung der Beseitigungskosten . . . . . . . (d) Kosten-Nutzen-Relation . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Ressourcenökonomischer Ansatz . . . . . . . . . . . (f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Verunreinigungen im einzelnen Abfall . . . . . . . . . . . (a) Einzelner Abfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verunreinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Beseitigung des Schadstoffpotentials . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz . . . . . . . . . . . . a) Ziele der Novellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgangspunkt der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einzelheiten der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorzugswürdige Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Weiter Verwertungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Problemlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schutz der Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kein Problem bei der Abfallverbringung . . . . . . . . . . (3) Sicherung der ordnungsgemäßen Hausmüllentsorgung . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung . . . . . . . . . . . . . 1. Ordnungsgemäße Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schadlose Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen bei der Verwertung mineralischer Abfälle . . . . . . . a) Ordnungsgemäßheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsnatur und Bindungswirkung der LAGA M 20 . . . . . . bb) Einführung als Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . (1) Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften . . . . . .

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(2) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften . . . . (a) Beurteilungsspielraum der Exekutive . . . . . . . (b) Beurteilungsspielraum bei der Schadlosigkeit . . . (3) Bindungswirkung der LAGA M 20 . . . . . . . . . . . cc) Erlass neuer und Änderung bestehender Verordnungen . . . V. Ende der Abfalleigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens . . . . . . . . . . . . b) Verwendung für bestimmte Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . c) Markt oder Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Technische und rechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . e) Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt . . . . . . . . . . . . . 2. Ende der Abfalleigenschaft bei der Verwertung mineralischer Abfälle a) Bodenmaterial und Gesteinsmassen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersatzbaustoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Anforderungen des Bodenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zum Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zum Bergrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schädliche Bodenveränderungen und Altlasten . . . . . . . . . . b) Einwirkungen auf den Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorschriften über die Einstellung des Betriebs . . . . . . . . . . aa) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG . . . . . . . . . . . . . . . dd) § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Literaturansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verfüllung von Tagebauen . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kontrollüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze des vorsorgenden Bodenschutzes . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Vorsorgeanforderungen nach § 7 BBodSchG . . . . b) Besondere Vorsorgeanforderungen auf Grund von § 6 BBodSchG aa) §§ 12 ff. BBodSchV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) §§ 20 ff. ErsatzbaustoffV-E2 . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Behördliche Umsetzung der Vorsorgeanforderungen . . . . . . . 2. Anforderungen an die bodenbezogene Verwertung . . . . . . . . . . a) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einhaltung der Vorsorgewerte . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einhaltung auf dem Verfüllgrundstück . . . . . . . . . (2) Einhaltung im Verfüllmaterial . . . . . . . . . . . . . .

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(3) Einhaltung in der Tiefe . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verbot technischer Vorkehrungen . . . . . . . . . . (5) Verhinderung erheblicher Schadstoffanreicherungen bb) Einsatzmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auf- und Einbringungsverbote . . . . . . . . . . . . . . dd) Untersuchungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusätzliche Anforderungen nach § 7 BBodSchV-E2 . . . . . aa) Einsatzort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einsatzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einsatzmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einsatzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusätzliche Anforderungen nach § 8 BBodSchV-E2 . . . . . aa) Einsatzort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einsatzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einsatzmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einsatzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Genehmigungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anforderungen an die Herstellung technischer Bauwerke . . . . a) Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung . . . . . . aa) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . (1) Mineralische Ersatzbaustoffe . . . . . . . . . . . . (2) Einbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Technisches Bauwerk . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen vom Anwendungsbereich . . . . . . . . . . (1) Mineralische Primärrohstoffe . . . . . . . . . . . . (2) Durchwurzelbare Bodenschicht . . . . . . . . . . . (3) Verwertung auf Deponien . . . . . . . . . . . . . . (4) Wiedernutzbarmachung nach dem Bergrecht . . . . cc) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . b) Grundsätzliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bodenschutzrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . bb) Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Herstellen und Inverkehrbringen . . . . . . . . . . . . . (1) Stoffliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . (2) Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Klassierung und Dokumentation . . . . . . . . . . bb) Einsatzmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einbau von Gemischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beschränkungen auf das erforderliche Maß . . . . . . . d) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Anforderungen des Wasserrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit des Wasserrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zum Abfallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zum Bodenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zum Bergrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorsorgender Grundwasserschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wasserrechtliche Erlaubnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 48 Abs. 1 WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundwasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbringung von Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

b) § 48 Abs. 2 WHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ablagerung von Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wasserbeschaffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachteilige Veränderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Dauerhaftigkeit beziehungsweise Erheblichkeit . . . . . . ff) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmen von der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht . . . . aa) Anwendungsbereich des § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 . . . . bb) Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 . cc) Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Erlaubniserteilung . . . . . . . . . . . . . . . a) Nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit . . . b) Besorgnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschluss der Besorgnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bisherige Handhabung des Besorgnisgrundsatzes . . . . . bb) Änderung der Grundwasserverordnung . . . . . . . . . . (1) Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . (2) Neufassung der Grundwasserverordnung . . . . . . . (3) Einfügung des § 13a GrwV-E . . . . . . . . . . . . . cc) Erlass der Ersatzbaustoffverordnung . . . . . . . . . . . . dd) Erlass der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung d) Kritik und Verbesserungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Anforderungen des Naturschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit des Naturschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zur Wiedernutzbarmachung . . . . . . . . . . . . . . . a) Normenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rangverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Spezialitätengrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorrang des Bundesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompensationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eingriffsqualität einer Verfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gebietsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutzgebiete nach § 20 Abs. 2 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG . . . . . . . . 3. Europäische Schutzgebiete nach § 32 BNatSchG . . . . . . . . . . IV. Artenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit bei der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung . . 2. Zugriffsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Resümee und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Einleitung und Problemaufriss In Deutschland fallen jährlich Abfälle in einer Größenordnung von etwa 340 Millionen Tonnen an. Den mengenmäßig bedeutsamsten Anteil daran haben mit etwa 60 Prozent die mineralischen Abfälle. Dazu zählen Bodenmaterialien wie Bodenaushub oder Baggergut, Bau- und Abbruchabfälle, zum Beispiel Bauschutt, und aus diesen hergestellte RecyclingBaustoffe sowie Aschen und Schlacken oder sonstige mineralische Kraftwerksrückstände. Trotz des gewaltigen Mengenpotentials fand diese Art von Abfällen in der Vergangenheit in Politik und Fachwelt vergleichsweise wenig Beachtung. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts beschäftigte man sich intensiv mit den Siedlungsabfällen, insbesondere den Verpackungsmaterialien, und weniger mit dem vermeintlich „harmlosen“ Bodenaushub, Baggergut und sonstigen mineralischen Material. Allenfalls Bauabfälle befanden sich angesichts der mit ihrer Entsorgung verbundenen und schon damals erkannten Umweltgefahren in der Diskussion. Im Lauf der Zeit verlagerte sich die abfallwirtschaftliche Fokussierung. Die Gründe, aus denen die mineralischen Abfälle mehr und mehr in den Blick der Öffentlichkeit rückten, sind vielfältig. Eine der wesentlichen Ursachen war die stetig steigende Abfallmenge selbst; es handelt sich um ein „Massenproblem“.1 Früher wurden die mineralischen Abfälle meist auf Deponien entsorgt – bis zum Jahr 1980 zunächst zusammen mit anderen Abfällen auf Siedlungsdeponien, anschließend auf speziell dafür eingerichteten Bauschuttdeponien, später als Mineralstoffdeponien bezeichnet. Wegen des starken Abfallanstiegs Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre begann der Deponieraum allerdings knapp und damit teurer zu werden.2 Die steigenden Deponierungskosten führten unter anderem dazu, dass nach alternativen Entsorgungswegen gesucht wurde. In der Entsorgungspraxis ging man daher seit Ende der 1980er-Jahre mehr und mehr dazu über, diese Art von Abfällen zum Versatz von untertägigen Hohlräumen oder zur Verfüllung von Tagebauen und sonstigen Abgrabungen einzusetzen. Diese Entsorgungsmöglichkeit hat für den Entsorgungsverpflichteten den Vorteil, dass sie günstiger ist als die Ablagerung auf einer Deponie. Auf Seiten des Abgrabungsunternehmens kann der Zukauf von Stoffen notwendig sein, wenn ihm – wie häufig im Tagebau – nicht genügend betriebseigenes Material zur Verfüllung zur Verfügung steht. Sie ist unabhängig davon aber auch deshalb in seinem Interesse, weil sich die Abfallstoffe oft leichter verwenden lassen und er zudem für die Abnahme ein Entgelt erhält. Aus den vorgenannten Gründen haben sich Versatz und Verfüllung mittlerweile zu einem bedeutsamen Entsorgungsmarkt entwickelt. Heute werden die meisten mineralischen Abfälle in über- oder untertägigen Abbaustätten abgelagert. Und weil nach den vielen Jahrzehnten des großflächig betriebenen Abbaus natürlicher Rohstoffe in den nächsten Jahren Millionen Kubikmeter wieder verfüllt werden müssen und hierfür riesige Mengen angefallener mineralischer 1 So das OVG Rheinland-Pfalz zum Bauschutt, OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.09.1991, Az. 7 A 10042/91, NuR 1992, 437, 438. 2 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 435.

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A. Einleitung und Problemaufriss

Abfälle zur Verfügung stehen, für deren Abnahme nicht unerhebliche Summen gezahlt werden, ist diese Art der Abfallverwertung zu einer Frage von großer wirtschaftlicher Bedeutung geworden. Die vorgenannten Einsatzmöglichkeiten haben aber nicht nur ökonomische Vorteile für die beteiligten Unternehmen, mit ihnen kann auch ein ökologischer Nutzen verbunden sein, weil bei einem Rückgriff auf Abfälle keine Rohstoffe verbraucht werden und es so zu einer Schonung der natürlichen Ressourcen kommt. Sofern die Abfälle mit den Lkws zur Abbaustätte verbracht werden, die anschließend die abgebauten Rohstoffe transportieren, lassen sich Leerfahrten vermeiden. Außerdem ist ein Rückgriff auf die schon vorhandene Infrastruktur wie Zufahrt, Betriebsgebäude und Geräte möglich. Auch wird der Landschaftsverbrauch reduziert, weil kein zusätzlicher Deponieraum in Anspruch genommen werden muss. Doch mit einem Abfalleinsatz sind nicht nur Vorteile verbunden. Und an dieser Stelle offenbart sich der Zielkonflikt der verschiedenen Handlungsfelder des Umweltschutzes: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz hat sich zum Ziel gesetzt, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern und hierzu möglichst viele Abfälle der gesetzlich vorrangigen Verwertung zuzuführen. Die abfallrechtlichen Vorgaben verlangen vom Entsorgungsverpflichteten, mineralische Abfälle vorrangig zu verwerten, anstatt sie auf einer Deponie zu beseitigen. Das hat jedoch zur Folge, dass die zu entsorgenden mineralischen Abfälle großflächig und über lange Zeiträume in der Umwelt verteilt werden, in unmittelbaren oder mittelbaren Kontakt zu Boden und Grundwasser treten und die genannten Umweltgüter beeinträchtigen können. Eine schädliche Beeinflussung von Boden und Grundwasser ist dabei nicht nur zu befürchten, wenn (widerrechtlich) andere als mineralische Abfälle verwendet werden,3 sondern auch dann, wenn ausschließlich mineralisches Material eingesetzt wird, weil auch dieses mit Schwermetallen sowie organischen oder sonstigen Schadstoffen belastet sein kann. Neben der atmosphärischen Deposition und einem Direkteintrag durch die (in erster Linie konventionelle) Landwirtschaft handelt es sich bei der Ablagerung von Abfällen um eine der maßgeblichen Quellen für einen Eintrag von Schadstoffen in den Boden und – soweit die Filter-, Puffer- und Transformatorfunktion des Bodens bereits beeinträchtigt ist – ins Grundwasser. Die Forderungen der Kreislaufwirtschaft nach einer weitgehenden Verwertung mineralischer Abfälle steht daher im Spannungsverhältnis zum Boden- und Grundwasserschutz. Der Konflikt zwischen den verschiedenen Feldern des Umweltschutzes zeigt sich nicht nur bei der Verfüllung von Gruben, wo er wegen der großflächigen Verteilung beträchtlicher Massen besonders deutlich zutage tritt. Er besteht gleichsam, wenn mineralische Abfälle zu anderen Zwecken in Verbindung mit Grund und Boden verwertet werden, beispielsweise bei der Verwendung im Straßen- und Wege- sowie im Tief- und Landschaftsbau, bei Rekultivierungsmaßnahmen oder bei der Herstellung technischer Bauwerke. Tatsächlich gelangen im Wege der Abfallverwertung also riesige Mengen mineralischer Stoffe in den Boden. Diese Art des Einsatzes wirft eine Vielzahl an rechtlichen Fragen 3 Im Jahr 2008 wurde in den Medien insbesondere die Verfüllung der Tongruben Vehlitz und Möckern in Sachsen-Anhalt diskutiert, in die neben mineralischen Abfällen auch organische Substanzen mit hohem Kunststoffanteil verbracht worden waren, was zu überhöhten Kohlenwasserstoffwerten, erhöhten Stickstoffwerten und einer Verunreinigung mit wassergefährdenden Chemikalien geführt hat, vgl. DIE ZEIT vom 19.03.2008 „Westmüll auf Ostkippen“, S. 13.

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes

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auf, die trotz der steigenden Anzahl an Gerichtsentscheidungen und Stellungnahmen in der Literatur bislang nicht umfassend geklärt sind und denen im Folgenden nachgegangen werden soll.

I. Abfallverwertung im Kontext anderer Umweltprobleme Umweltprobleme stellen sich aber nicht erst, wenn mineralische Abfälle entsorgt werden müssen, sondern bereits bei der Durchführung der Tätigkeit, bei der sie anfallen. Oftmals sind diese verbunden mit einem Verbrauch von natürlichen Ressourcen, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Zudem haben sie weitreichende andere Auswirkungen, die im Kontext zu einer Vielzahl weiterer dringend lösungsbedürftiger Umweltthemen stehen. Zur Verwirklichung unseres Lebensstils, gekennzeichnet durch die Errichtung von Wohn- und Geschäftsgebäuden, der Herstellung von Produkten oder der Erzeugung von Energie, benötigen wir große Mengen natürlicher Rohstoffe. Hierzu gehören unter anderem Sand, Kies, Phosphor, seltene Metalle, Kohle und sonstige Stoffe, die aus der Natur entnommen werden und dort nur begrenzt zur Verfügung stehen. Bei vielen von ihnen ist schon heute erkennbar, dass sie in absehbarer Zukunft nur noch unter erschwerten Bedingungen und zu hohen Kosten abzubauen sind oder gar ganz verbraucht sein werden. Doch nicht nur ihre Endlichkeit stellt ein Problem dar, ihre Gewinnung führt zudem zu schweren Beeinträchtigungen bis hin zur Zerstörung von weiten Teilen der Natur und Landschaft. Je nach Abbaumaterial und -art bleiben riesige Tagebauflächen zurück, die ihrerseits beispielsweise durch Verfüllung gesichert werden müssen. Auch die Verwendung der Rohstoffe selbst kann negative Folgen haben. So setzt die Verbrennung von Kohle zur Stromproduktion große Mengen an schädlichen Treibhausgasen frei und trägt damit zum Klimawandel bei. Überdies fallen Rückstände an, die zum Teil mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind. Im vorgenannten Beispiel der Kohleverstromung sind das mit Schwermetallen belastete Aschen und Schlacken. Werden nunmehr Rechtsfragen rund um die Verwertung dieser und anderer mineralischer Abfälle betrachtet, so sind diese immer im Kontext ihrer Entstehung und der übergeordneten Ressourcenproblematik zu sehen, die sich in dieser oder vergleichbarer Form bei allen Arten von mineralischen Abfällen stellen.4

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes Bevor im Einzelnen dargelegt wird, welche umweltrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden bestehen, soll zunächst der Untersuchungsgegenstand anhand seiner begrifflichen Elemente näher erläutert und präzisiert werden.

4 Zu den Umweltauswirkungen der Rohstoffwirtschaft am Beispiel der metallischen und mineralischen Rohstoffe vgl. SRU, Umweltgutachten 2012, Tz. 103 ff.

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A. Einleitung und Problemaufriss

1. Boden Eine allgemeinverbindliche Definition des Begriffs „Boden“ existiert nicht. Er wird in unterschiedlichen Disziplinen, in der Rechtswissenschaft mitunter sogar in verschiedenen Gesetzen, jeweils anders verstanden. Das Bundes-Bodenschutzgesetz5 definiert ihn in § 2 Abs. 1 BBodSchG als „die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten“. Durch den Verweis auf die Funktionen des Bodens, die in § 2 Abs. 2 BBodSchG im Einzelnen aufgezählt sind, hat der Gesetzgeber einen funktionalen Bodenbegriff gewählt.6 Bei der Beantwortung der Frage, ob mineralische Abfälle auf oder in den Boden verbracht werden, wird demgegenüber keine funktionale Betrachtungsweise zugrunde gelegt. Ausgangspunkt soll vielmehr die Bodendefinition der Bodenkunde sein. Boden ist danach die durch physikalische und chemische Verwitterung, biogene Umsetzungen und vielfältige Verlagerungsprozesse an der Erdoberfläche entstandene belebte Lockermaterialschicht auf den Gesteinen der Erdkruste.7 Er wird in verschiedene, meist parallel zur Erdoberfläche verlaufende, mehr oder weniger einheitliche Zonen aufgeteilt, die sogenannten Bodenhorizonte. Den A-Horizont bildet der mit Humus und anderen organischen Substanzen durchsetzte, meist dunkel gefärbte Oberboden. Der darunter folgende B-Horizont ist der Unterboden, der durch bestimmte Verwitterungsvorgänge sowie durch Anreicherung oder Neubildung von Tonmineralen, Eisen- und Aluminiumoxiden gekennzeichnet ist. Unter dem C-Horizont wird der unveränderte Untergrund, das Mutter- oder Ausgangsgestein, verstanden.8 In räumlicher Hinsicht kann wiederum ein Bezug zum Bodenbegriff des Bundes-Bodenschutzgesetzes hergestellt werden. Umfasst wird nach § 2 Abs. 1 BBodSchG die „obere Schicht der Erdkruste“. Sie hat auf dem Festland im Allgemeinen eine Tiefe von 30 bis 50 Kilometer.9 In der Tiefe wird der Boden im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG durch das Grundwasser begrenzt. Entlang dieser Grenze verläuft auch die Trennung der Regelungsbereiche des Bodenschutz- und Wasserrechts.10 Diese Begrenzung soll hier nicht übernommen werden, so dass eine Einbringung in den Boden im Sinne des Titels der Arbeit auch dann vorliegt, wenn die Abfälle ganz oder teilweise in der Grundwasserzone Verwendung finden. Es werden somit Fallkonstellationen untersucht, in denen mineralische Abfälle entweder auf der Erdoberfläche oder bis maximal 30 bis 50 Kilometer unter der Erdoberfläche verwertet werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob und wenn ja welche der in § 2 Abs. 2 BBodSchG genannten Bodenfunktionen der Boden an dieser Stelle erfüllt.

5 Bundes-Bodenschutzgesetz vom 17.03.1998, BGBl. I 1998, S. 502, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 30 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 6 BT-Drs. 13/6075, S. 80 f. 7 Fiedler, Böden, S. 3. 8 Zu den Einzelheiten Fiedler, Böden, S. 8 ff. 9 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 30. 10 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 3 Rn. 45.

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes

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2. Mineralische Abfälle Mineralische Materialien sind alle festen Stoffe mineralischen Ursprungs. Die Sammelbezeichnung Mineralien wird verwendet für sämtliche aus anorganischen Verbindungen bestehenden Substanzen, die unter anderem als Bestandteile der Erdkruste und des Erdmantels in der Natur existieren.11 Unter den Begriff der mineralischen Materialien fallen aber nicht nur die in Form von Gesteinen in der Natur vorkommenden Substanzen, sondern auch alle Stoffe, die aus ihnen hergestellt werden oder die bei der Herstellung anderer Stoffe anfallen, sofern sie sich aus mineralischen Bestandteilen zusammensetzen. Mineralische Materialien sind demgemäß beispielsweise Bodenmaterial, Erdaushub, Baggergut, Bau- und Abbruchabfälle, insbesondere Bauschutt, sowie Kraftwerksrückstände wie Schmelzkammergranulat oder Steinkohlenflugasche und daraus hergestellte RecyclingBaustoffe sowie Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Gips).12 Der Begriff „mineralisch“ ist im hier verwendeten Zusammenhang aber nicht in dem Sinne mit anorganisch gleichzusetzen, dass mineralische Materialien keinerlei organische Bestandteile enthalten.13 Mineralische Materialien werden deshalb als überwiegend anorganische Stoffe verstanden, die zu einem geringen Anteil nichtmineralische Bestanteile enthalten können. Die Arbeit bezieht sich nicht umfassend auf alle mineralischen Materialien, sondern nur auf mineralische Abfälle. Daher wird im Rahmen der abfallrechtlichen Anforderungen zunächst zu untersuchen sein, unter welchen Voraussetzungen mineralische Materialien als Abfälle zu qualifizieren sind. Dies bestimmt sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG14 . Mineralische Abfälle sind danach alle festen Stoffe mineralischen Ursprungs, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.15 Der Abfallbegriff nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist weiter als die Definition der mineralischen Abfälle in der Bergbauabfallrichtlinie16 . Unter letztgenannte fallen nur Abfälle, „die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Lagern von mineralischen Rohstoffen sowie beim Betrieb von Steinbrüchen entstehen“, Art. 2 Abs. 1 RL 2006/21/EG. Eine Beschränkung nur auf Abfallstoffe, die beim Abbau von Rohstoffen angefallen sind, soll hier nicht vorgenommen werden. In die Betrachtung einbezogen werden alle mineralischen Abfälle, ohne dass es auf ihre Herkunft ankäme. Die mengenmäßig wichtigsten mineralischen Materialien, die als Abfälle einzuordnen sein können und die im Boden zum Einsatz kommen, werden im Folgenden näher umschrieben und kurz erläutert.

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Fiedler, Böden, S. 13. Eine Auflistung gängiger mineralischer Materialien findet sich bei Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 6 ff. 13 OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.08.2008, Az. 2 M 143/08, juris Rn. 13. 14 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und zur Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz) vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212, zuletzt geändert durch § 44 Abs. 4 des Gesetzes vom 22.05.2013, BGBl. I 2013, S. 1324. 15 Zu den Einzelheiten siehe E. I. 16 Richtlinie 2006/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 über die Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineralgewinnenden Industrie und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG (RL 2006/21/EG), ABl. Nr. L 102, S. 15. 12

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A. Einleitung und Problemaufriss

a) Bodenmaterial, Boden- und Erdaushub, Baggergut Während zur Umschreibung des Bodenbegriffs die Begriffsbestimmung des BundesBodenschutzgesetzes nur ergänzend herangezogen wird, kann zur Erläuterung des Begriffs „Bodenmaterial“ uneingeschränkt auf § 2 Nr. 1 BBodSchV17 (§ 2 Nr. 1 BBodSchVE218 ) zurückgegriffen werden. Danach handelt es sich um „Material aus Böden [. . . ] und deren Ausgangssubstraten [. . . ], das im Zusammenhang mit Baumaßnahmen oder anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben, abgeschoben oder behandelt wird“. Eine Verunreinigung oder die Belastung mit Schadstoffen ist für die Bestimmung des Begriffs „Bodenmaterial“ irrelevant.19 Bodenmaterial kann einerseits der Mutterboden sein. Mutterboden ist die von Luft, Wasser und Humus durchsetzte, von Klein- und Kleinstlebewesen belebte, durchwurzelte Schicht des mineralischen Oberbodens.20 Umfasst werden aber auch der Ober- und Unterboden sowie die darunter liegenden Gesteinsschichen. Voraussetzung ist, dass der Boden bei Baumaßnahmen oder anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben, abgeschoben oder behandelt wurde. Auch wenn sich dies dem Wortlaut, der eine Behandlung mit einbezieht, die grundsätzlich auch in-situ erfolgen kann, nicht ohne Weiteres entnehmen lässt, so ist Bodenmaterial gleichwohl nur der zur beweglichen Sache gewordene Boden.21 Das zeigt sich insbesondere daran, dass die Behandlung alternativ neben die beiden anderen Tatbestandsvarianten der Aushebung und Abschiebung gestellt wird, die eine Trennung des Materials vom Boden erfordern. Je nach Herkunft wird Bodenmaterial unterschieden in Boden- beziehungsweise Erdaushub und Baggergut. Unter Boden- beziehungsweise Erdaushub werden alle Materialien natürlichen Ursprungs wie Boden, Sand, Lehm oder Steine gefasst, die im terrestrischen Bereich bei Abtragung der obersten Bodenschicht insbesondere im Rahmen bauvorbereitender Maßnahmen, aber auch sonstigen Unterhaltungs-, Neu- und Ausbaumaßnahmen anfallen.22 Demgegenüber handelt es sich bei Baggergut um Bodenmaterial, das im Rahmen von Unterhaltungs-, Neu- oder Ausbaumaßnahmen aus Gewässern entnommen wird.23 In diesem Sinne wird der Begriff auch in § 2 Nr. 13 Satz 1 BBodSchV-E2 definiert. Unter Rückgriff auf die DIN 1973124 kann Baggergut entsprechend § 2 Nr. 13 Satz 2 BBodSchV-E2 bestehen aus „Sedimenten und subhydrischen Böden der Gewässer-

17 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12.07.1999, BGBl. I 1999, S. 1554, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 31 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 18 Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen oder das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzstoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Entwurf vom 31.10.2012, abzurufen unter http://www.bmub.bund.de/ fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Bodenschutz/entw_mantelverordnung.pdf (28.02.2014). 19 Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 22. 20 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 202 Rn. 2. 21 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 687, unter Verweis auf BR-Drs. 780/98, S. 68; wohl auch, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit, Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 2 Rn. 112 f. 22 VG Koblenz, Urt. v. 04.05.2011, Az. 7 K 574/10, juris Rn. 51; Versteyl, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 25; Martens, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 122; Landel/Vogg/ Wüterich, BBodSchG, § 2 Rn. 112, unter Verweis auf die DIN 19731. 23 Ebenso Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 2 Rn. 112, unter Verweis auf die DIN 19731. 24 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 228.

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes

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sohle, Böden und deren Ausgangsmaterial im unmittelbaren Umfeld des Gewässerbetts oder Oberböden im Ufer- bzw. Überschwemmungsbereich des Gewässers“. b) Bau- und Abbruchabfälle, Recycling-Baustoffe Unter den Oberbegriff „Bau- und Abbruchabfälle“ fallen hauptsächlich Bauschutt, Baustellenabfälle und Straßenaufbruch.25 Straßenaufbruch sind alle Stoffe, die ursprünglich für den Straßenbau eingesetzt wurden und die beim Ausbau, der Instandsetzung, der sonstigen Veränderung oder Zerstörung von Straßen, Straßendecken oder Straßenbefestigungen anfallen. Hierbei handelt es sich um bituminöse, mineralische und zementgebundene Ausgangsprodukte wie Bitumen, Beton oder Steine für die Straßendecke sowie Sand oder Splitt für den verfestigten Untergrund.26 Bauschutt sind Stoffe, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung, der Änderung, der Wiederherstellung oder dem Abbruch von Gebäuden, Bauwerken oder sonstigen baulichen Anlagen bzw. Teilen hiervon entstehen.27 Dazu gehören überwiegend mineralische Ausgangsmaterialien, die als Baustoffe im Hoch- und Tiefbau verwendet werden, wie Betonbruch, Gips, Mörtel, Steine, Keramik oder Ziegel. Nur in seltenen Fällen besteht Bauschutt aber ausschließlich aus mineralischen Abbruchmaterial.28 Solange der Bauschutt unsortiert ist, finden sich darin auch weitere Bestandteile wie Wand- und Deckenverkleidungen, Baustahlbewehrungen, Holzbaustoffe aller Art, Kunststoffe, Versorgungsleitungen, Fußbodenbeläge, Teerpappen und dergleichen.29 Von Bauschutt sind Baustellenabfälle zu trennen, die nur mittelbar im Zusammenhang mit der Errichtung, der Änderung oder dem Abbruch von Gebäuden stehen. Baustellenabfälle sind beispielsweise Verpackungsmaterial, Kanister, Isoliermasse, Farben, Kleber, Schutzanstrich, Imprägniermittelreste und ähnliche Stoffe.30 Auf sie bezieht sich die vorliegende Arbeit wegen ihres nicht-mineralischen Ursprungs nicht. Bau- und Abbruchabfälle werden, sofern das Material nicht unbehandelt weiterverwendet wird, zu Recycling-Baustoffen aufbereitet. Recycling-Baustoffe sind Gemische aus Gesteinskörnungen, die zuvor als natürliche oder künstliche mineralische Baustoffe in gebundener oder ungebundener Form eingesetzt waren.31 In die Begriffsbestimmungen zum 25

Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 28. Versteyl, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 25; Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 9; Martens, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 123. 27 Bayerisches ObLG, Beschl. v. 05.03.1993, Az. 3 ObOWi 18/93, NuR 1993, 295, 295; Versteyl, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 25; Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/ AbfG, § 49 Rn. 10; Martens, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 49 Rn. 124. 28 VG Ansbach, Urt. v. 08.05.2013, Az. 11 K 12.01062, juris Rn. 34. 29 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 358; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.01.1984, Az. 7 A 90/83, NVwZ 1985, 436, 436; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 435; Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 53. 30 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 435; Versteyl, Abfall und Altlasten, S. 108; Versteyl/Dageförde, NuR 2002, 189, 189. 31 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 28. 26

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A. Einleitung und Problemaufriss

Entwurf der Ersatzbaustoffverordnung soll in § 3 Nr. 29 ErsatzbaustoffV-E232 die Definition des Recycling-Baustoffs als „gewonnene Gesteinskörnungen durch Aufbereitung von Abfällen, die bei Bautätigkeiten wie Rückbau, Abriss, Umbau, Ausbau und Erhaltung von Hoch- und Tiefbauten, Straßen, Wegen, Flugplätzen und sonstigen Verkehrswegen angefallen sind und zuvor als natürliche oder künstliche mineralische Baustoffe in gebundener oder ungebundener Form im Hoch- und Tiefbau eingesetzt waren“, aufgenommen werden. c) Kraftwerksrückstände Bei einer weiteren mengenmäßig großen Gruppe mineralischer Materialien, die in und auf den Boden verbracht werden, handelt es sich um Aschen, Schlacken und sonstige Kraftwerksrückstände. Der Begriff „Rückstände“ umfasst alle Stoffe, deren Herstellung nicht Hauptzweck der Maßnahme war, bei der sie angefallen sind.33 Hierzu gehören – um nur einige zu nennen – Hochofenschlacke, Schmelzkammergranulat, Steinkohlenflugasche oder REA-Gips.34 Bei der Herstellung von Eisen fällt Hochofenschlacke, ein erstarrter Schmelzrückstand nichtmetallischer Art an. Je nach Art der Abkühlung wird zwischen Hochofenstückschlacke und Hüttensand unterschieden. Bei langsamer Abkühlung erstarrt Hochofenschlacke langsam zu Hochofenstückschlacke. Der Begriff wird in § 3 Nr. 17 ErsatzbaustoffV-E2 definiert als „Gesteinskörnung, die aus der im Hochofenprozess entstandenen Hochofenschlacke durch Abkühlung und nachfolgende Zerkleinerung und Sortierung gewonnen wird“. Demgegenüber entsteht Hüttensand, in § 3 Nr. 18 ErsatzbaustoffV-E2 definiert als „glasiger, feinkörniger Mineralstoff, der durch Abschrecken flüssiger Hochofenschlacke gewonnen wird“, durch Granulation.35 Schmelzkammergranulat entsteht bei der Verbrennung von Steinkohle in sogenannten Schmelzkammerfeuerungen, in denen bei Temperaturen von etwa 1500 Grad Celsius die unbrennbaren Bestandteile aufgeschmolzen werden. Die schmelzflüssigen, mineralischen Beimischungen der Kohle werden abgezogen und im Wasserbad abgeschreckt. Dabei erstarrt das Material zu einem glasigen, amorphen Granulat.36 Entsprechend der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 24 ErsatzbaustoffV-E2 handelt es sich um ein „glasiges Granulat, das durch schockartige Abkühlung des bei der Verbrennung von Steinkohle in Kohlenstaubfeuerungen mit flüssigem Ascheabzug anfallenden Mineralstoffs entsteht“. 32 Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen oder das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzstoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Entwurf vom 31.10.2012, abzurufen unter http://www.bmub.bund.de/ fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Bodenschutz/entw_mantelverordnung.pdf (28.02.2014). 33 Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 28. 34 Weitere mineralische Kraftwerksrückstände sind Stahlwerksschlacke, Gießereirestsand, Kesselasche und Hausmüllverbrennungsasche, vgl. die Aufzählung und Erläuterung bei Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 9 ff. 35 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Mitteilung zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte vom 21.02.2007, KOM (2007) 59 endg, S. 12; Endemann, AbfallR 2010, 84, 85. 36 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 21; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 7 f.; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 159 (Fn. 10).

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes

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Demgegenüber ist Steinkohlenflugasche ein mehlfeiner Mineralstoff, der ebenfalls bei der Stromerzeugung mit Steinkohle in den Feuerungsanlagen der Kraftwerke entsteht. Die staubfein gemahlene Steinkohle wird in die Dampferzeuger eingeblasen und bei Temperaturen von mehr als 1200 Grad Celsius verbrannt. Die als natürliches Begleitgestein in der Kohle enthaltenen und vom Rauchgasstrom mitgeführten, nicht brennbaren, überwiegend glasigen Mineralstoffpartikel werden vor dem Eintritt in den Kamin mit Elektrofiltern abgeschieden und gesammelt.37 Der Stoff wird in § 3 Nr. 26 ErsatzbaustoffV-E2 umschrieben als „Mineralstoffpartikel, die aus der Trocken- oder Schmelzfeuerung mit Steinkohle im Rauchgasstrom mitgeführt und mit Elektrofiltern abgeschieden wurden“. Weitere Aschen aus der Steinkohlefeuerung sind Kesselaschen und Wirbelschichtaschen. Steinkohlenkesselasche ist entsprechend § 3 Nr. 25 ErsatzbaustoffV-E2 „Asche, die bei der Trockenfeuerung von Steinkohle am Kesselboden über einen Wasserbehälter nass abgezogen wurde“. Wirbelschichtaschen entstehen bei der Verbrennung in Wirbelschichtfeuerungsanlagen als Filter- oder Bettasche.38 Werden in Kraftwerken schwefelhaltige fossile Brennstoffe verfeuert, wird im Rauchgas Schwefeldioxid mitgeführt, das vor dem Eintritt in die Luft abgeschieden werden muss, um die Emissionen zu reduzieren und der Entstehung von saurem Regen vorzubeugen. Diese Funktion übernehmen Rauchgasentschwefelungsanlagen, in denen das Schwefeldioxid mit Kalkstein, Branntkalk oder Kreide oxidiert. Der entstehende Kalziumsulfitschlamm wird in weiteren Verarbeitungsschritten durch Eindicken, Entwässern, Trocknen und Konfektionieren zu REA-Gips aufbereitet. Dessen chemische Zusammensetzung unterscheidet sich praktisch nicht von Naturgips, so dass er anschließend als Baustoff weiterverwendet werden kann. Sein Einsatz bietet sich insbesondere für die steigende Zahl der Umbauten an, bei denen an Stelle von Abbruch und Neubau die vorhandene Bausubstanz im Wesentlichen erhalten bleibt und lediglich umgenutzt wird.39 3. Verwertung Im Rahmen dieser Arbeit werden die umweltrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung mineralischer Abfälle untersucht. Das bedeutet, dass Gegenstand nur Fallkonstellationen sind, in denen die mineralischen Abfälle in oder auf den Boden gebracht werden, um sie dort zu verwerten. Dieser Untersuchungsgegenstand schließt die Frage mit ein, unter welchen Voraussetzungen eine Abfallverwertung vorliegt. Die Verwertung ist abzugrenzen von der Beseitigung von Abfällen, mit der sie in § 3 Abs. 22 KrWG unter dem Oberbegriff der Abfallentsorgung zusammengefasst ist. Während bei der Verwertung die Abfälle zu einem bestimmten Zweck genutzt werden, wird mit der Beseitigung von

37 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 21; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 5 ff.; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 159 (Fn. 9). 38 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 21; Weidemann, Abfall oder Rohstoff?, S. 5 ff. 39 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte vom 21.02.2007, KOM (2007) 59 endg, S. 13; Neun/Stevens, AbfallR 2003, 292, 292; Frenz, WiVerw 2003, 1, 4 f.; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 159 (Fn. 11).

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A. Einleitung und Problemaufriss

Abfällen kein weiteres Ziel verfolgt, als die Stoffe endgültig von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen und ihnen jede weitere Nutzungsmöglichkeit dauerhaft zu entziehen.40 4. Auf- und Einbringen Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf alle Vorgänge, in denen mineralische Abfälle zum Zwecke der Verwertung auf oder in den Boden verbracht, mit anderen Worten dort auf- oder eingebracht werden. Die Begriffe des „Auf- und Einbringens“ werden in der Verordnungsermächtigung des § 6 BBodSchG verwendet. Zu ihrer Auslegung kann auch für die vorliegende Arbeit auf die zu § 6 BBodSchG vertretenen Grundsätze zurückgegriffen werden. Das in den beiden Begriffen enthaltene Wort „bringen“ ist auf eine aktive menschliche Handlung ausgerichtet und setzt ein bewusstes Handeln voraus.41 Zugleich beinhaltet es nach dem Wortsinn eine Ortsveränderung des zu verbringenden Materials. Eine Auf- und Einbringung liegt daher nur vor, wenn die Stoffe von einer anderen Stelle durch eine bewusste menschliche Handlung an den Einsatzort verbracht und dort für eine gewisse Dauer verwendet werden. Eine nur kurzfristige Umlagerung unterfällt dem Begriffspaar nicht.42 Der Unterschied zwischen einem Auf- und Einbringen liegt in den Auswirkungen auf den Boden. Unter dem Aufbringen ist jede Ablagerung von Materialien an der Oberfläche von Böden zu verstehen.43 Kennzeichnend für die Aufbringung ist das Bestehen einer gewissen Wechselbeziehung zwischen der Materie und dem Boden. Die Stoffe müssen sich in ihrer Zusammensetzung beeinflussen können. Beim Einbringen muss im Gegensatz zum Aufbringen nicht nur eine Verbindung des Materials mit dem Boden bestehen, darüber hinaus ist erforderlich, dass es seine eigenständige Materialeigenschaft verliert.44 Die Grenzen zwischen einer Auf- und Einbringung sind fließend. Da die beiden Begriffe parallel verwendet werden, ist eine Unterscheidung, ob es sich im konkreten Einzelfall um eine Aufbringung oder eine Einbringung handelt, entbehrlich. Je nach dem Zweck des Einsatzes der mineralischen Abfälle sind zwei übergeordnete Fallgruppen der Auf- und Einbringung zu unterscheiden. Die erste betrifft die Verwendung innerhalb von technischen Bauwerken. Als technisches Bauwerk wird nach § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 eine „mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung [verstanden], die ganz oder teilweise unter Verwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen hergestellt wird und technische Funktionen erfüllt“. Hierzu gehören insbesondere „Straßen, Wege und Parkplatzflächen, Schienenverkehrswege, der Ober- und Unterbau 40 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 10; Frenz, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 6; zu den Einzelheiten siehe E. III. 41 Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 6 Rn. 7; Frenz, BBodSchG, § 6 Rn. 7; Hipp/ Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 193. 42 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 6 Rn. 5; Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 6 Rn. 7; Frenz, BBodSchG, § 6 Rn. 5. 43 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 6 Rn. 6; ähnlich, aber weiter einschränkend Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 4. 44 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 6 Rn. 6; a. A. Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 5, die hierunter „das zur Bodenverbesserung dienende Einarbeiten der Materialien“ verstehen.

II. Erläuterung der einzelnen Begriffe des Untersuchungsgegenstandes

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von Industrie-, Gewerbe- und Wohnflächen, Leitungsgräben, Baugruben, Hinterfüllungen und Erdbaumaßnahmen wie Lärm- und Sichtschutzwälle und Deiche, Aufschüttungen zur Stabilisierung von Böschungen und Bermen sowie Baustraßen bei Abgrabungs- und Verfüllungsmaßnahmen“. Die zweite Fallgruppe kann unter dem Überbegriff der bodenbezogenen Verwertung zusammengefasst werden. Im Unterschied zur ersten Fallgruppe werden die mineralischen Abfälle hier außerhalb eines technischen Bauwerks unmittelbar auf oder in den Boden auf- beziehungsweise eingebracht. Beispiele für eine bodenbezogene Verwertung sind die Verfüllung von Gruben, Abgrabungen oder Tagebauen sowie der Einsatz im Tief- und Landschaftsbau.45 5. Umweltrecht Unter dem Begriff „Umweltrecht“ wird die Gesamtheit der Regelungen verstanden, die dem Schutz der Umwelt zu dienen bestimmt sind. Dabei bestehen unterschiedliche Auffassungen, wie der Begriff „Umwelt“ auszulegen ist. So ist zwischen einem extensiven und einem restriktiven Umweltbegriff zu unterscheiden. Nach dem extensiven Umweltbegriff ist Umwelt die gesamte Umgebung des Menschen einschließlich seiner Mitmenschen und aller sozialen, kulturellen und politischen Einrichtungen. Demgegenüber ist der restriktive Umweltbegriff auf die natürliche Umwelt, also die natürlichen elementaren Lebensgrundlagen des Menschen, namentlich die Umweltmedien Boden, Luft und Wasser, die Biosphäre und deren Beziehungen untereinander sowie zum Menschen, beschränkt.46 Im Zusammenhang mit dem Umweltrecht wurde der Umweltbegriff lange Zeit restriktiv ausgelegt und nur auf die natürliche Umwelt des Menschen bezogen. Da es heute angesichts der menschlich gestalteten Räume nur noch selten um den Schutz des natürlichen Urzustandes geht, ist im Recht mittlerweile ein Umweltbegriff von mittlerer Reichweite vorherrschend, der die menschgemachte Umwelt einbezieht und Mitmenschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft und Kultur- und Sachgüter sowie das zwischen ihnen bestehende Wirkgefüge umfasst.47 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der Umwelt restriktiv in dem Sinn verstanden, als er sich nur auf die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen bezieht, aber nicht nur in ihrem ursprünglichen Zustand, sondern wie wir sie heute vorfinden. Ausgenommen sind – soweit dies aufgrund der latenten Untrennbarkeit überhaupt möglich ist – ökonomische, kulturelle, politische oder soziale Belange.48 Beim Umweltrecht handelt es sich um eine Querschnittsmaterie, die nicht nur auf allen Hierarchieebenen, sondern in verschiedenen Rechtsgebieten, verstreut über zahlreiche Gesetze und Verordnungen, angesiedelt ist. Umweltbezogene Regelungen finden sich demnach nicht nur im öffentlichen Recht, sondern auch im Privat- und im Strafrecht. Allerdings ist dem öffentlichen Umweltrecht, insbesondere dem medienbezogenen Umwelt45

Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 2; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 191. Kloepfer, Umweltrecht, § 1 Rn. 14 ff. 47 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 1 Rn. 6 f. 48 Siehe dazu Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 256, der deshalb auch statt von „Umweltschutz“ vom „Lebensgrundlagenschutz“ spricht. 46

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A. Einleitung und Problemaufriss

recht als dem Umweltrecht im engeren Sinn, die größte Bedeutung beizumessen. Vor allem in diesem Bereich ist die vorliegende Untersuchung angesiedelt. Nur vereinzelt werden Rechtsfragen des Umweltrechts im weiteren Sinn, zu dem auch das Umweltverwaltungsrecht gehört, erörtert.49 Das Thema bleibt aber stets auf das öffentliche Umweltrecht beschränkt. Fragen des Umweltprivat- und Umweltstrafrechts werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht behandelt.

III. Konkretisierung und Einschränkung des Untersuchungsgegenstands Thema dieser Arbeit ist die umweltrechtliche Problematik der Verwertung mineralischer Abfälle durch eine Auf- und Einbringung dieser Stoffe in und auf den Boden. Der durch den Titel weit gezogene Untersuchungsrahmen wird allerdings auf einige spezifische Problemkreise beschränkt. So werden, obwohl es sich um eine immissionsschutzrechtliche und damit umweltrechtliche Fragestellung handelt, die rechtlichen Voraussetzungen des Betriebs der Anlagen zur Verwertung der mineralischen Abfälle nicht thematisiert, da diese nicht speziell Abfallverwertungsanlagen betreffen, sondern gleichermaßen für andere technische Anlagen gelten. Ausweislich des Titels werden nur Fallguppen untersucht, bei denen eine Verwertung in oder auf dem Boden stattfindet. Weil der Bodenbegriff dieser Arbeit nicht in vollem Umfang mit dem des § 2 Abs. 1 BBodSchG gleichzusetzen ist, liegt eine solche Verwertung auch vor, wenn sie sich ganz oder teilweise in der ungesättigten Zone und damit im Grundwasserbereich vollzieht. Zwar handelt es sich dann nach der Systematik des Wasserund Bodenschutzrechts um die Einbringung in ein Gewässer, weil das Grundwasser neben den oberirdischen Gewässern und den Küstengewässern gemäß § 2 Abs. 1 WHG50 vom Gewässerbegriff umfasst ist. Gleichwohl ist eine solche Einbringung wegen des modifizierten Bodenbegriffs Teil des Untersuchungsgegenstands. Abgesehen davon wird eine Einbringung von mineralischen Abfällen in Gewässer nicht untersucht. Das gilt insbesondere für eine Einbringung in oberirdische Gewässer. Ein oberirdisches Gewässer ist nach § 3 Nr. 1 WHG das „ständig oder zeitweise in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser“. Unter einem Gewässerbett ist eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche zu verstehen.51 Die Abgrenzung des Gewässerbetts von dem angrenzenden Land verläuft entlang der Uferlinie. Das ist der Bereich, wo im Mittel nach den naturgegebenen Verhältnissen eine mehr oder weniger dauerhafte Grenze zwischen Land und Wasser liegt.52 Da ein oberirdisches Gewässer nach der Legaldefinition nicht ständig in einem Bett stehen oder fließen muss, handelt es sich auch bei einem Einsatz mineralischer Abfälle in einem trocken liegenden Gewässerbett um die Einbringung in ein Gewässer. Das zeigt auch ein Blick auf den Bodenbegriff des § 2 Abs. 1 BBodSchG, von dem Gewässer49

Zum Umweltrecht im engeren und im weiteren Sinn vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 1 Rn. 61,

69 f. 50 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) vom 31.07.2009, BGBl. I 2009, S. 2585, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 76 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3154. 51 BVerwG, Urt. v. 31.10.1975, Az. IV C 43.73, BVerwGE 49, 293, 298. 52 Knopp, in: Sieder et al., WHG, § 1 a.F. Rn. 6.

III. Konkretisierung und Einschränkung des Untersuchungsgegenstands

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betten oberirdischer Gewässer ausgenommen sind. Nicht untersucht werden daher Fälle, in denen mineralische Abfälle beispielsweise im Zusammenhang mit Gewässerausbauoder -unterhaltungsmaßnahmen in Gewässern Verwendung finden. Durch die Verwendung des Terminus der Verwertung wird darüber hinaus klargestellt, dass alle Maßnahmen, die der Beseitigung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden dienen, nicht Thema dieser Arbeit sind. Das betrifft insbesondere die Ablagerung von Abfallstoffen in oberirdischen Deponien oder Untertagedeponien, weil es sich bei diesen nach § 3 Abs. 27 Satz 1 KrWG um Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb der Erdoberfläche handelt, deren konkrete Anforderungen in der Deponieverordnung53 näher geregelt sind. Die Entsorgung mineralischer Abfälle auf einer Deponie muss aber nicht zwingend eine Beseitigung darstellen; werden sie als Deponieersatzbaustoffe verwendet, kann es sich, was durch den 15. Erwägungsgrund der Deponierichtlinie54 klargestellt wird, um eine Abfallverwertung handeln. Welche Voraussetzungen für die Annahme einer Verwertung mineralischer Ersatzbaustoffe in einer Deponie erfüllt sein müssen, lässt sich im Einzelnen §§ 14 ff. DepV entnehmen. Dieser Themenkomplex ist, obwohl es sich hierbei um eine Verwertung mineralischer Abfälle handelt, von der vorliegenden Arbeit ausgenommen, weil er in engem sachlichem Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung steht. Nicht behandelt wird auch der bergmännische Versatz mit Abfällen unter Tage. Als bergmännischer Versatz wird das Verfüllen der in Bergwerken beim Abbau von Lagerstätten entstandenen Hohlräume bezeichnet.55 Sofern es sich hierbei nicht schon um eine Deponierung von Abfällen handelt, die als Maßnahme der Abfallbeseitigung vom Untersuchungsgegenstand ausgenommen ist, liegt eine untertägige Verwertung von Abfällen vor, auf welche die Versatzverordnung56 Anwendung findet. Rechtsprobleme im Zusammenhang mit der Versatzverordnung werden nicht diskutiert. Nicht ausgenommen sind hingegen Rechtsfragen der Verfüllung von Tagebauen und sonstigen Abgrabungen zur Verwertung mineralischer Abfälle. Als Tagebaue oder Abgrabungen werden Abbaustätten bezeichnet, in denen mineralische Rohstoffe in offenen Gruben gewonnen werden. Die Bezeichnung Tagebau wird für alle Abbaustätten verwendet, die dem Bergrecht unterliegen, also Betriebe, deren Tätigkeit auf die Gewinnung bergfreier und grundeigener Rohstoffe gerichtet ist. Der Katalog der bergfreien und grundeigenen Rohstoffe ist abschließend in § 3 BBergG57 aufgeführt. Unter einer Abgrabung versteht man demgegenüber Betriebe, die andere Rohstoffe abbauen und auf die daher nicht das Bundesberggesetz, sondern andere bundes- oder landesrechtliche Vorschriften anwendbar sind.58 53 Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung) vom 27.04.2009, BGBl. I 2009, S. 900, zuletzt geändert durch Art. 7 der Verordnung vom 02.05.2013, BGBl. I 2013, S. 973. 54 Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26.04.1999 über Abfalldeponien, ABl. Nr. L 182, S. 1. 55 Bischoff et al., Bergbaulexikon, S. 369. 56 Verordnung über den Versatz von Abfällen unter Tage (Versatzverordnung) vom 24.07.2002, BGBl. I 2002, S. 2833, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 25 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 57 Bundesberggesetz vom 13.08.1980, BGBl. I 1980, S. 1310, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 71 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3154. 58 Zu den Begriffen „Abgrabung“ und „Tagebau“ vgl. Dinkelberg et al., Bodenschutz 2002, S. 121.

B. Tatsächlicher Hintergrund der Untersuchung Bevor die umweltrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden im Einzelnen diskutiert werden, ist zunächst auf die tatsächliche Seite der Problematik einzugehen. Um die Bedeutung des Themas im Kontext der immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen richtig erfassen zu können, ist es vonnöten, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, bei welchen Tätigkeiten welche mineralischen Abfälle in welcher Größenordnung anfallen, in welcher Form sie verwertet werden und welche Auswirkungen mit ihrem Anfall und dem anschließenden Einsatz in oder auf dem Boden verbunden sind.

I. Anfall mineralischer Abfälle Das Gesamtabfallaufkommen in Deutschland stieg von ca. 385 Millionen Tonnen im Jahr 1996 auf ca. 407 Millionen Tonnen im Jahr 2000, bevor es bis zum Jahr 2006 wieder auf ca. 341 Millionen Tonnen gefallen ist.1 Den größten Anteil an der gesamten Abfallmenge bilden mit ca. 60 Prozent die mineralischen Abfälle. Sie werden statistisch erfasst als Bergematerial aus dem Bergbau, Abfälle aus Produktion und Gewerbe (wobei hierzu auch nicht-mineralische Abfälle gehören) sowie Bau- und Abbruchabfälle, darunter Boden, Steine und Baggergut. Das Aufkommen an Bau- und Abbruchabfällen erhöhte sich von ca. 231 Millionen Tonnen im Jahr 1996 mit einem geringen Einbruch im Jahr 1997 auf 261 Millionen Tonnen im Jahr 2000, bevor es bis zum Jahr 2005 auf 185 Millionen Tonnen gefallen ist. Im Jahr 2006 war wieder ein Anstieg auf 198 Millionen Tonnen zu verzeichnen. Seitdem liegt das Aufkommen bis zum Jahr 2009 konstant bei etwa 200 Millionen Tonnen. Das Aufkommen an Boden, Steinen und Baggergut war in den Jahren 1999 und 2000 mit 261 Millionen Tonnen am höchsten.2 Bis zum Jahr 2005 ist es kontinuierlich auf 107 Millionen Tonnen zurückgegangen, im Jahr 2006 lag die Menge wieder etwas höher bei 110 Millionen Tonnen. In diesem Bereich lag die Menge an Boden, Steinen und Baggergut auch in den Folgejahren 2007 bis 2009.3 Im Jahr 2006 betrug die gesamte Abfallmenge 340,9 Millionen Tonnen. Davon entfielen 46,4 Millionen Tonnen auf Siedlungsabfälle, 42,0 Millionen Tonnen auf Bergematerial aus dem Bergbau, 54,8 Millionen Tonnen auf Abfälle aus Produktion und Gewerbe sowie 197,7 Millionen Tonnen auf Bau- und Abbruchabfälle (davon 9,0 Millionen Tonnen gefährliche und 188,7 Tonnen nicht gefährliche Abfälle).4 Die größte Teilmenge unter den mineralischen Bau- und Abbruchabfällen bilden dabei Böden, Steine und Baggergut. Im 1

Statistisches Bundesamt, Abfallaufkommen 1996-2006. Als Grund hierfür werden Großbaumaßnahmen wie der Bau der ICE-Strecke Köln-Frankfurt angegeben, vgl. Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 43. 3 Statistisches Bundesamt, Abfallaufkommen 1996-2006; Statistisches Bundesamt, Abfallaufkommen 1996-2009. 4 Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2006. 2

II. Einsatz mineralischer Abfälle

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Jahr 2006 sind hiervon 110,4 Millionen Tonnen (4,4 Millionen Tonnen gefährliche und 106,0 Millionen Tonnen nicht gefährliche Abfälle) angefallen.5 Die nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle setzten sich im Jahr 2006 zusammen aus 56,2 Prozent Boden, Steine und Baggergut, 30,2 Prozent Bauschutt, 7,6 Prozent Straßenaufbruch, 5,8 Prozent Baustellenabfälle sowie 0,2 Prozent Baustoffe auf Gipsbasis.6 Von den angefallenen 197,7 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfällen wurden im Jahr 2006 mit 175,0 Millionen Tonnen 88,5 Prozent verwertet, die restlichen 22,7 Millionen Tonnen, sprich 11,5 Prozent, wurden einer Beseitigung zugeführt. Die Verwertungsquote von Böden, Steinen und Baggergut lag bei 85,0 Prozent.7 Zu den Abfällen aus Produktion und Gewerbe zählen auch mineralische Kraftwerksrückstände. Im Einzelnen handelt es sich jährlich um etwa 15 Millionen Tonnen Aschen und Schlacken aus Kraftwerken und anderen Verbrennungsprozessen, ca. 7 Millionen Tonnen Hochofenschlacke und ca. 6 Millionen Tonnen Stahlwerksschlacke.8 Die Daten aus 2006 sind denen aus 2008 vergleichbar. Das gesamte Abfallaufkommen lag im Jahr 2008 bei 382,8 Millionen Tonnen. Davon waren 48,3 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle, 39,3 Millionen Tonnen Bergematerial aus dem Bergbau, 56,4 Millionen Tonnen Abfälle aus Produktion und Gewerbe und 200,5 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle (davon 8,4 Millionen Tonnen gefährliche und 192,0 Millionen Tonnen nicht gefährliche Abfälle). Der Anteil von Boden, Steinen und Baggergut unter den Bauund Abbruchabfällen lag bei 111,2 Millionen Tonnen (3,9 Millionen Tonnen gefährliche und 107,3 Millionen Tonnen nicht gefährliche Abfälle). Die Verwertungsquote betrug für diese Art der Abfälle 84 Prozent, für die Bau- und Abbruchabfälle 88 Prozent.9

II. Einsatz mineralischer Abfälle Mineralische Abfälle kommen in vielfältiger Weise auf und im Boden zum Einsatz. Sie werden zur Verfüllung von Gruben, Abgrabungen und Tagebauen, im Erd- und Landschaftsbau, Straßen- und Wegebau oder in technischen Bauwerken verwendet. Die größte Menge an mineralischen Abfällen wird in übertägige Abbaustätten eingebracht.10 Sie werden dort aus bergtechnischen oder bergsicherheitlichen Gründen oder zur Rekultivierung entweder direkt oder nach einer Aufbereitung beziehungsweise Behandlung eingesetzt, beispielsweise bei der Anlage und Unterhaltung von Förder- oder Fahrwegen, zur Sicherung von Böschungen, zur Verfüllung, zur Wiederherstellung der Oberfläche für die künftige Nutzung oder zur Gestaltung der Restlöcher und Halden. Zum Einsatz kommen insbesondere Böden und Steine, Bau- und Abbruchabfälle, Aschen und Schlacken aus thermischen Abfallbehandlungsanlagen, Schlacken aus Eisen-, Stahl- und Tempergießereien sowie Abfälle aus kohlegefeuerten Kraftwerken und Feuerungsanlagen.11 5

Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2006. Vgl. Bild 1 bei Fischer, Recycling und Rohstoffe, S. 684. 7 Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2006. 8 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 184. 9 Statistisches Bundesamt, Abfallbilanz 2008. 10 Im Jahr 2006 betrug der in untertägige Abbaustätten verbrachte Anteil lediglich 2,7 Prozent, vgl. Statistisches Bundesamt, Abfallentsorgung 2006, S. 138, 140. 11 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 60. 6

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B. Tatsächlicher Hintergrund der Untersuchung

Im Jahr 2006 wurden in 3.084 übertägigen Abbaustätten insgesamt 87,5 Millionen Tonnen bergbaufremder Abfälle abgelagert. Davon waren 80,3 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle, unter ihnen 72,2 Millionen Tonnen Boden, Steine und Baggergut, was einer Quote von 65,4 Prozent dieser Art der Abfälle entspricht. Weitere 5,8 Millionen Tonnen waren Abfälle aus thermischen Prozessen, darunter hauptsächlich Rost- und Kesselasche, Schlacken und Kesselstaub sowie Filterstäube aus der Kohlefeuerung.12 Daneben finden mineralische Abfälle im Tief- und Landschaftsbau Verwendung. Sie werden beispielsweise zum Bau von Dämmen, Deichen und Lärmschutzwällen, zur Verfüllung von Baugruben und Leitungsgräben, bei der Errichtung von Freizeit- und Sportanlagen sowie zur Landschaftsgestaltung und zur Rekultivierung ehemals industriell, gewerblich oder militärisch genutzter Flächen eingesetzt. Hierbei wird vorwiegend auf die Materialien Bodenaushub und Bauschutt oder daraus hergestellte Recycling-Baustoffe, Straßenaufbruch und Gleisschotter zurückgegriffen.13 Ein weiteres großes Einsatzgebiet für mineralische Abfälle bildet der Straßen- und Wegebau. Bodenaushub wird bei der Erstellung des Unterbaus und von Tragschichten verwendet, durch Aufbereitung aus Bau- und Abbruchabfällen gewonnene RecyclingBaustoffe werden in Frostschutzschichten und Tragschichten eingesetzt, daneben dienen sie als Pflasterbettungsmaterial und als Zuschlagmaterial für Beton zur Herstellung von Betonfahrbahndecken. Bitumengebundener Ausbauasphalt und Straßenaufbruch werden nach einer Aufbereitung neuem Asphalt zugemischt. Ebenfalls als Zuschlagstoff werden Aschen und Schlacken aus der Steinkohlefeuerung verwendet.14

III. Zusammensetzung und Belastung mineralischer Abfälle Bodenmaterial kann, je nach Herkunft, mit einer ganzen Reihe von Schadstoffen belastet sein. Bei Erd- und Bodenaushub ist in erster Linie die Verunreinigung mit Schwermetallen zu nennen. Zu den Schwermetallen gehören die für den Stoffwechsel von Menschen, Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen notwendigen Spurenelemente wie Eisen, Chrom, Kupfer, Nickel und Zink, aber auch die Elemente Blei, Cadmium, Quecksilber oder Thallium, die keine physiologische Bedeutung aufweisen. Quellen von Schwermetalleinträgen sind neben Emissionen aus Industrie- und Verbrennungsanlagen sowie Kraftfahrzeugen die Verwertung metallhaltiger Abfälle und die Verwendung von Düngern oder Pestiziden.15 Bei anthropogen genutzten Böden kann außerdem eine Belastung mit organischen Verbindungen wie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW), leichtflüchtigen chlorierten oder halogenierten Kohlenwasserstoffen (LCKW/LHKW) oder polychlorierten Biphenylen (PCB) bestehen. Sie gelangen über die Luft, Havarien oder Unfälle bei Kraftstofftransporten, über die landwirtschaftliche Nutzung von Klärschlamm und Klärschlammkompost sowie Pflan12 Zu den eingesetzten mineralischen Abfällen in übertägigen Abbaustätten im Jahr 2006 vgl. Statistisches Bundesamt, Abfallentsorgung 2006, S. 140. 13 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 58 f. 14 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 21 f., 57 f. 15 Vgl. zur Belastung von Bodenmaterial mit Schwermetallen Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 91 ff.; allgemein zur Schwermetallbelastung von Böden Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 459 f.

IV. Folgen von Anfall und Einsatz mineralischer Abfälle

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zenschutzmitteln in den Boden.16 Auch bei Baggergut sind häufig überhöhte Schwermetallkonzentrationen sowie erhöhte Gehalte an organischen Schadstoffen festzustellen, die in fließenden Gewässern mit der Annäherung an die Eintragsquelle ansteigen und sich vor allem im strömungsarmen Bereich ablagern.17 Bau- und Abbruchabfälle, wie sie heute beim Abriss von Gebäuden anfallen, können ebenfalls nicht grundsätzlich als umweltunschädlich angesehen werden. Sie enthalten neben mineralischen Bestandteilen unter anderem schwermetallhaltige Versorgungsleitungen oder Raumausstattungen aus Kunststoff.18 Sowohl Bau- und Abbruchabfälle als auch die aus ihnen hergestellten Recycling-Baustoffe sind daher zum Teil mit Schwermetallen oder organischen Schadstoffen belastet.19 Außerdem ist ihre Verwendung neben Einträgen aus der Atmosphäre und durch die Landwirtschaft sowie dem Einsatz von Auftausalzen eine wesentliche Quelle für die Zufuhr von Chloriden und Sulfaten in Boden und Grundwasser.20 Nicht zuletzt ist auf das inzwischen wegen der erkannten Gesundheitsgefahren verbotene, aber auch noch heute in vielen alten Bauteilen enthaltene Asbest hinzuweisen. Noch schwieriger als bei den vorgenannten Materialien sind allgemeine Angaben zu Kraftwerksrückständen, bei denen vor allem die variierende chemische Zusammensetzung für die Beurteilung eines möglichen Gefährdungspotentials entscheidend ist. Daher soll hier nur beispielhaft auf die Rückstände Steinkohlenflugasche, Schmelzkammergranulat und REA-Gips eingegangen werden. Steinkohlenflugasche besteht überwiegend aus Silizium-, Aluminium- und Eisenoxiden; daneben sind in kleinsten Mengen Schwermetalle wie Chrom, Arsen und Blei enthalten. Bei einer Ablagerung von Steinkohlenflugasche werden in der Anfangsphase in gewissem Umfang wasserlösliche Stoffe abgegeben. Eluatanalysen zur Ermittlung der im Wasser gelösten Schadstoffe zeigen, dass es zu einer Auswaschung von Sulfat und Chlorid kommt. Demgegenüber ist Schmelzkammergranulat ein inertes, in Wasser unlösliches Material, das beim Auslaugen keine umweltgefährdenden Stoffe abgibt. Etwas anderes gilt für REA-Gips, der wegen seiner Wasserlöslichkeit ebenfalls Salze freisetzt.21

IV. Folgen von Anfall und Einsatz mineralischer Abfälle Eingangs wurde erwähnt, dass Umweltprobleme nicht erst bei der Abfallverwertung, sondern schon zuvor bei der Durchführung der Tätigkeit entstehen, die den Anfall des Abfalls erst zur Folge hat.

16 Vgl. zur Belastung von Bodenmaterial mit organischen Schadstoffen Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 91 ff.; allgemein zur Belastung von Böden mit organischen Schadstoffen Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 479 ff. 17 Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 494. 18 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 435. 19 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 80 ff. 20 Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 104 ff. 21 Zu den Einzelheiten vgl. Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 70 ff.; Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 37 ff.

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B. Tatsächlicher Hintergrund der Untersuchung

1. Auswirkungen des Abfallanfalls Eine solche Tätigkeit ist der Abbau von natürlichen Rohstoffen, der neben den erwünschten Stoffen auch einen Anfall großer Mengen an Erd- und Bodenaushub zur Folge hat. Als Beispiele seien Materialien wie Ton, Kies und Sand, aber auch seltene Metalle und insbesondere fossile Brennstoffe wie Stein- und Braunkohle genannt, die für verschiedene Bautätigkeiten, zur Herstellung von technischen Produkten oder der Erzeugung von Energie benötigt werden. All diesen Stoffen ist gemein, dass sie endlich sind und damit nur noch einen – mehr oder weniger langen – Zeitraum zur Verfügung stehen.22 Neben den mit dem Verbrauch dieser endlichen Ressourcen bestehenden ökologischen23 und ökonomischen24 Problemen sind weitere schädliche Auswirkungen auf Natur und Landschaft verbunden. Ihr Abbau führt zu weitgehenden Beeinträchtigungen bis hin zur Zerstörung von weiten Teilen der Landschaft einschließlich der dortigen Flora und Fauna. Je weiter die bestehenden Vorräte schon aufgebraucht sind, desto eher werden auch Lagerstätten erschlossen, deren Material geringere Güte- und höhere Verunreinigungsgrade aufweist. Hierdurch intensivieren sich die mit einem Abbau ohnehin schon verbundenen Umweltauswirkungen.25 Gleichzeitig werden immer höhere Kosten zur Ausbeutung der noch verbliebenen Ressourcen aufgewandt, die mitunter nur noch durch staatliche Subventionen rentabel sind.26 Boden und Steine fallen jedoch nicht nur beim Abbau von natürlichen Rohstoffen an. Die Materialien werden auch bei Baumaßnahmen für Gebäude und Infrastrukturprojekte, die ihrerseits wiederum Ressourcen verbrauchen und überdies zum Flächenverbrauch beitragen, ausgehoben. Werden die Stoffe aus Gewässern entnommen, spricht man nicht von Boden- und Erdaushub, sondern von Baggergut.27 Es entsteht bei Maßnahmen des Gewässerausbaus und der Gewässerunterhaltung, die etwa durchgeführt werden, um Gewässer schiffbar zu machen und zu erhalten, damit sie mit immer größeren Containerschiffen befahren werden können, um immer mehr Güter über immer weitere Strecken transportieren zu können. Dieser Transport ist mit Emissionen in die Luft und in das Wasser verbunden, letztere führen zu Beeinträchtigungen der Aquafauna.

22 Zur weltweiten Verfügbarkeit von Stein- und Braunkohle vgl. Deutsche Rohstoffagentur, Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen, S. 25 ff.; zur statistischen Reichweite der wichtigsten seltenen Metalle vgl. Behrendt et al., Seltene Metalle, S. 13 ff. 23 Zu den Umweltauswirkungen der Rohstoffwirtschaft, darunter der Rohstoffgewinnung, am Beispiel von metallischen und mineralischen Rohstoffen vgl. SRU, Umweltgutachten 2012, Tz. 103 ff.; Faulstich/Baron, AbfallR 2012, 254, 254 f. 24 Denn es handelt es sich beim Verbrauch von endlichen, natürlichen Ressourcen nicht nur um ein ökologisches, sondern zugleich ein ökonomisches Problem, vgl. Radkau, Ära der Ökologie, S. 453 ff.; zu den Preisen und der Preisentwicklung von seltenen Metallen vgl. Behrendt et al., Seltene Metalle, S. 10 f. 25 So etwa beim Phosphor, der erhöhte Anteile von Schwermetallen wie radioaktivem Uran oder giftigem Cadmium enthält, die bei der Gewinnung freigesetzt werden, vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 549; vergleichbar ist die Lage bei der Förderung von nicht-konventionellem Erdöl wie beispielsweise Ölsanden, hierzu Ekardt/Hehn, ZUR 2011, S. 413, 414 ff. 26 Zur staatlichen Förderung der – angeblich – subventionsfreien Braunkohle vgl. Lechtenböhmer/ Kristof/Irrek, Braunkohle – ein subventionsfreier Energieträger?, S. 18 ff. 27 Zur Erläuterung des Begriffs siehe A. II. 2. a).

IV. Folgen von Anfall und Einsatz mineralischer Abfälle

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Rückstände aus Kraftwerken entstehen beispielsweise bei der sehr energieintensiven Herstellung von Produkten der Eisen- oder Stahlindustrie, womit ein hoher Ausstoß an Treibhausgasen verbunden ist. Auch dabei werden – endliche – natürliche Rohstoffe verbraucht. Entsprechendes gilt für die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen, die zu Schadstoffbelastungen der Luft führt und einen wesentlichen Beitrag zur Freisetzung von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen leistet.28 Der Anfall von Kraftwerksrückständen bildet daher nur einen Problembereich der insgesamt sehr konfliktträchtigen Energieerzeugung aus Kohle.29 2. Auswirkungen des Abfalleinsatzes Neben den vorgenannten mit einem Anfall der mineralischen Abfälle verbundenen Umweltauswirkungen hat ein Einsatz mineralischer Abfälle in und auf dem Boden vor allem Folgen für den Boden und das Grundwasser. Zur Bestimmung der von einer Verwertungsmaßnahme ausgehenden Umweltgefahren sind hauptsächlich die Inhaltsstoffe und Schadstoffhaltigkeit der eingesetzten mineralischen Abfälle entscheidend. Diese sind häufig mit Schwermetallen sowie organischen Schadstoffen belastet und geben daneben oft lösliche Salze ab.30 Allgemeine Aussagen lassen sich wegen der großen Spannbreite der zum Einsatz kommenden Stoffe, deren heterogener Beschaffenheit, ihres unterschiedlichen Schadstoffgehalts und Auslaugverhaltens, kaum treffen. Gleichwohl sollen die wichtigsten Stoffströme einer eingehenderen Betrachtung unterzogen und überblicksartig dargestellt werden, welche Probleme im Zusammenhang mit ihrem Einsatz entstehen können. Böden enthalten bereits in ihrer natürlichen, standortspezifischen Zusammensetzung eine Vielzahl von anorganischen und organischen Stoffen, die zumindest teilweise für die Ernährung von Pflanzen und Bodenorganismen benötigt werden. Diese sogenannte natürliche Hintergrundkonzentration führt nicht zu Schadwirkungen. Schädliche Bodenbelastungen entstehen erst durch aufgrund menschlicher Aktivität in den Boden eingebrachten Stoffe, sofern bestimmte Grenzkonzentrationen überschritten werden.31 Bei der stofflichen Belastung von Böden kommt den Schwermetallen eine besondere Bedeutung zu, da sie weder mikrobiell noch chemisch abbaubar sind und bereits in geringen Konzentrationen toxisch wirken. Abhängig von der Konzentration und Löslichkeit im Boden werden die Schwermetalle von auf dem Boden angebauten Pflanzen aufgenommen und können so über Nahrungs- und Futtermittel in den Nährstoffkreislauf des Menschen gelangen und dessen Gesundheit gefährden. Daneben besteht das Problem eines Austrags ins Grundwasser.32 Die Auswaschung von Schwermetallen ist insbesondere abhängig vom pH-Wert des Bodens.33 Unter an28 Siehe dazu Strogies/Gniffke, Nationaler Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar, S. 125 ff. 29 Vgl. zu Ressourcenknappheit und Klimawandel allgemein Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 379 ff.; speziell im Hinblick auf den Gewässerschutz Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 379 ff.; Ekardt/Steffenhagen, NuR 2010, 705, 705 ff. 30 Siehe zur Zusammensetzung und zur Belastung von mineralischen Abfällen B. III. 31 Vgl. Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 450 f. 32 Vgl. Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 459 ff.; Fiedler, Böden, S. 463 ff. 33 Kördel et al., Untersuchungen BBodSchV, S. 10 f.

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B. Tatsächlicher Hintergrund der Untersuchung

derem haben hohe Chloridgehalte zur Folge, dass sich Schwermetalle ins Grundwasser verlagern. Daneben wird auch Chlorid selbst, das sich wegen seiner hohen Löslichkeit größtenteils in der Bodenlösung findet, mit dem Sickerwasser ins Grundwasser ausgetragen. In den Boden eingetragene Salze haben außerdem negative Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum. Sie können die Aufnahme von lebensnotwendigen Stoffen so weit reduzieren, dass Salzschäden durch Nährstoffmangel entstehen. Salzsymptome sind verzögerter Blattaustrieb, Blattnekrosen, vorzeitiger Laubfall sowie in extremen Fällen das Absterben von Pflanzen.34 Bei den organischen Schadstoffen wurden für zahlreiche Substanzen toxische Wirkungen auf Mikroorganismen nachgewiesen. Auch die Bodenfauna wird, zum Beispiel in ihrem Reproduktionsverhalten, negativ beeinflusst. Von Pflanzen werden hauptsächlich mobile Schadstoffe aufgenommen. Neben der Verfügbarkeit für Pflanzen bestimmt das Löslichkeitsverhalten in Böden auch die Verlagerung ins Grundwasser. Bei höheren Organismen, darunter dem Menschen, sind viele Verbindungen kanzerogen, mutagen und teratogen, zunehmend werden organischen Schadstoffen auch hormonelle Wirkungen zugeordnet.35 3. Ermittlung der konkreten Auswirkungen Um die gesamten Umweltauswirkungen eines komplexen Vorgangs, beispielsweise der Erzeugung von Energie durch Verfeuerung von Kohle zur Herstellung eines bestimmten Produkts und der anschließenden Entsorgung der verbleibenden Rückstände im Boden erfassen zu können, wurden in der naturwissenschaftlichen Literatur verschiedene Modelle entwickelt, die zum Ziel haben, eine Vergleichbarkeit mit Handlungsalternativen zu ermöglichen. Ein Konzept, die Umweltauswirkungen insbesondere von Endprodukten zu definieren, ist die das ganze Produktleben umspannende Material-Intensität pro Serviceeinheit, kurz MIPS, bestimmt als das Maß der Umweltbelastungsintensität von der Wiege bis zur Bahre pro Einheit Dienstleistung oder Funktion.36 Einen ähnlichen Ansatz, der jedoch anstatt auf die Stoffintensität eines Produkts auf den Flächenverbrauch einer bestimmten Lebensweise abstellt, ist das Modell des ökologischen Fußabdrucks, anhand dessen ermittelt werden soll, wie viel Boden und Wasserfläche ein Individuum für seinen Lebenswandel in den verschiedenen Ländern verbraucht.37 Demgegenüber sucht ein weiterer Ansatz, das sogenannte Syndromkonzept, entwickelt vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), über eine interdisziplinäre Methode der Ganzheitsbetrachtung ausgehend von den „Kernproblemen des Globalen Wandels“ eine Risikotypologisierung vorzunehmen. Als solche Kernprobleme werden der Klimawandel, die Bodendegradation, der Verlust an Biodiversität, die Verknappung und Verschmutzung von Süßwasser, die Übernutzung und Verschmutzung der Weltmeere, die Zunahme anthropogen verursachter Naturkatastrophen, die Bevölkerungsentwicklung und -verteilung,

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Vgl. Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 472. Vgl. Scheffer/Schachtschabel, Bodenkunde, S. 479 ff.; Fiedler, Böden, S. 468 ff. Dazu Schmidt-Bleek, MIPS, S. 99 ff. Rees/Wackernagel, Ökologischer Fußabdruck, S. 23 ff.

IV. Folgen von Anfall und Einsatz mineralischer Abfälle

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die umweltbedingte Gefährdung der Welternährung und -gesundheit sowie die globalen Entwicklungsdisparitäten ausgemacht.38 Anhand der vorgenannten Modelle wird der Versuch unternommen, die verschiedenen Umweltauswirkungen eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten menschlichen Handlung in einer einheitlichen Ökobilanz darzustellen. Diese Vorgehensweise ist wegen ihres ganzheitlichen Ansatzes im Grundsatz zu begrüßen, ermöglicht sie doch, empirische Zusammenhänge punktuell zu erfassen. Allerdings können auch derartige Ansätze nicht darüber hinweghelfen, dass zukünftige Begebenheiten nicht genau vorausgesagt werden können und die Erkenntnis von ökosystemaren Wechselwirkungen in vielen Bereichen nach wie vor lückenhaft ist. Sie sind deshalb auf der einen Seite hilfreich, um komplexe Zusammenhänge in tatsächlicher Hinsicht erfassen zu können. Auf der anderen Seite muss ihnen aber auch mit Kritik begegnet werden, weil sie sehr vage sind, zum Teil nur bestimmte Aspekte berücksichtigen und zudem nicht der Ermittlung dessen dienen können, was als wünschenswerter Zustand anzusehen ist.39 Das gilt es, unter Berücksichtigung der ermittelten Auswirkungen, aber auch in Kenntnis der gleichwohl bestehenden tatsächlichen Unsicherheit, in den nachfolgenden Kapiteln zu ermitteln.

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WBGU, Jahresgutachten 1996, S. 111 ff. Zum Vorstehenden Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 46 f., 316 f.

C. Instrumente zur Umsetzung von Ressourcenund Umweltschutz Die tatsächlichen Zusammenhänge und die möglichen Folgen des Entstehens und des Einsatzes von mineralischen Abfällen für Mensch und Umwelt wurden im vorstehenden Kapitel dargestellt. Die dabei sichtbar werdenden Ressourcenprobleme lassen sich nicht allein mit den Instrumenten des Abfallrechts lösen, etwa indem der Versuch unternommen wird, durch eine Optimierung von Herstellungs- und Verwendungsverfahren den Anfall gewisser Abfallstoffe zu vermeiden und dadurch zu einer Reduktion der Abfallmenge beizutragen. Die Abfallvermeidung lässt, da sie erst am Ende der Wertschöpfungskette ansetzt, die grundsätzlich bestehende Ressourcenproblematik weitgehend außer Betracht. Zur Eindämmung des Verbrauchs von natürlichen Rohstoffen ist es deshalb erforderlich, bereits vor dem Anfall des Abfalls anzusetzen und den Blick auf die konkrete Verwendung der Ressourcen zu lenken. Denn wenn weniger Bergwerke betrieben, weniger Straßen gebaut, weniger Energie aus Kohle erzeugt wird, lässt sich nicht nur der Anfall von Abfällen vermeiden, vielmehr werden dann auch die natürlichen Ressourcen geschont. Dabei geht es zum einen um Suffizienz, das heißt um grundsätzliche – freiwillige oder erzwungene – Einsparungen, zum anderen um effizientere Abläufe, für welche weniger Ressourcen und Energie benötigt werden und zuletzt um einen verstärkten Einsatz von erneuerbaren Rohstoffen und Energien.

I. Instrumente zur Ressourcenschonung Diese Erkenntnis wirft die Frage auf, auf welchem Weg die Ziele des Ressourcenschutzes und damit zusammenhängend auch der Abfallvermeidung möglichst effektiv umgesetzt werden können. Dabei sind nicht nur politisch-rechtliche Vorgaben zur Zielerreichung („Top-down“-Ansätze) in den Blick zu nehmen, einzugehen ist zuvor darauf, ob hierzu nicht auch Maßnahmen aus der Gesellschaft heraus („Bottom-up“-Ansätze) beitragen können. 1. „Bottom-up“-Ansätze Zur Umsetzung von Ressourcenschutz und Abfallvermeidung sind Handlungen und Aktivitäten denkbar, die aus der Gesellschaft heraus entstehen oder von Unternehmen ohne staatliche Vorgaben initiiert werden.1 Mit solchen sogenannten „Bottom-up“-Ansätzen wird regelmäßig die Hoffnung verbunden, dass unternehmerischer Wettbewerb, freiwillige Unternehmensverantwortung oder Selbstregulierung eigenständig zur Zielerreichung beitragen. Schließlich wird sich von freien, unreglementierten Unternehmen im Wettbe1

Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 378.

I. Instrumente zur Ressourcenschonung

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werb doch oftmals die Lösung zentraler Probleme versprochen.2 Als Vorzüge derartiger Ansätze wird auf eine höhere Akzeptanz oder auch eine bessere Vollzugstauglichkeit verwiesen. Indes ist für viele Bereiche zu konstatieren, dass – unter anderem wegen bestehender Monopole oder Quasi-Monopole – kein realer Wettbewerb stattfindet. Außerdem bestehen aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit erhebliche Zweifel daran, ob seitens der Unternehmen die grundlegend erforderlichen Schritte hin zu mehr Ressourcenschutz, wozu insbesondere auch die Abkehr vom Dogma des steten Wachstums gehört, gegangen werden. Letztlich sind solche „Bottom-up“-Aktivitäten im Grundsatz wegen der mit ihnen verbundenen Vorteile zwar zu begrüßen, können anspruchsvolle und vollzugsgeeignete staatliche Vorgaben aber nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen.3 2. „Top-down“-Ansätze Solche staatlichen Vorgaben, die neben den vorgenannten Initiativen vonnöten sind, werden vorliegend als „Top-down“-Ansätze bezeichnet. Zu diesen zählt nicht nur das klassische Ordnungsrecht, sondern auch alternative Instrumente, die unter dem Begriff der „Mengensteuerung“ zusammengefasst werden können. a) Ordnungsrecht Ordnungsrechtliche Instrumente im klassischen Sinn suchen hauptsächlich über staatliche Ge- und Verbote zu mehr Ressourcenschutz beizutragen. Das gilt auch für den Bereich des Abfallrechts.4 Zum Ordnungsrecht gehört auch die im Wasser- und Bodenschutzrecht vorzufindende Festsetzung von Grenzwerten,5 welche auf den ersten Blick zum Schutz eines bestimmten Rechtsguts vor bestimmten Schadstoffen und der Herstellung von Rechtssicherheit naheliegend erscheint. Indes sind ordnungsrechtliche Vorgaben oftmals nicht besonders effektiv. Im Kern ist dies darauf zurückzuführen, dass das eigentliche Problem weniger die einzelne Maßnahme ist, durch welche beispielsweise ein Schadstoff in den Boden oder das Grundwasser gelangt, sondern die Gesamtmenge an Belastungen, die bei diesen Instrumenten aus dem Blick gerät.6 Ordnungsrechtliche Vorgaben sind daher häufig defizitär. Sie leiden an Regelungsdefiziten7 , weil die inhaltlichen Anforderungen zum Schutz des angestrebten Rechtsguts nicht weitgehend genug sind, und an Vollzugsdefiziten, da die ohnehin schon zu schwach ausgestalteten Regelungen nicht im erforderlichen Maße behördlich umgesetzt werden („Steuerungsdefizite“). Hinzu kommt, dass einzelne Belastungen häufig nicht genau erkannt, gemessen oder berechnet werden können, was Spielräume eröffnet und teilweise unangemessene Betrachtungs- und Reaktionsweisen hervorruft („Abbildbarkeitsproblem“). 2 So unter Hinweis auf den Strom- und Gasversorgungsmarkt Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 400 f. 3 Zum Vorstehenden Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 399 ff. 4 Siehe dazu C. II.; zu den ordnungsrechtlichen Vorgaben im Energie- und Klimaschutzrecht durch Energieeffizienzregelungen und die Förderung erneuerbarer Energien vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 422 ff. 5 Siehe dazu C. III. 6 Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 440 f. 7 Zu den bestehenden Regelungsdefiziten im Bereich der Ressourcenschonung vgl. Ekardt, Steuerungsdefizite, S. 60 ff.

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C. Instrumente zur Umsetzung von Ressourcen- und Umweltschutz

Außerdem findet bei ordnungsrechtlichen Vorgaben keine Gesamtbetrachtung statt, so dass viele an sich unschädliche Einzelfälle zu einer nicht mehr unschädlichen Gesamtbilanz führen („Kumulationsproblem“). Nicht selten ist mit solchen Ansätzen auch der Nachteil verbunden, dass sich die Probleme auf andere Sektoren, andere Ressourcen oder andere Regionen verlagern („Verlagerungseffekte“). Nicht zuletzt können ordnungsrechtliche Vorgaben wie Grenzwerte zwar zu einer Optimierung von einzelnen Anlagen oder Produkten beitragen, gleichwohl aber nicht den gewünschten Effekt herbeiführen, weil dieser durch die Zuwächse in anderen Bereichen wieder aufgefressen wird („ReboundEffekt“).8 b) Mengensteuerung Die erkannten und vorgenannt im Überblick dargestellten Probleme gilt es daher zu vermeiden. Möglich erscheint dies durch Mengensteuerungsansätze. Unter der Bezeichnung „Mengensteuerung“ lassen sich Instrumente zusammenfassen, welche gezielt Einfluss auf die nutzbare Menge einer Ressource nehmen.9 Ein prominentes Beispiel ist der EU-Emissionshandel. Durch diese Form des Zertifikathandels lassen sich die beim Ordnungsrecht auftretenden Verlagerungs- und Rebound-Effekte verhindern, weil hier zum einen eine Gesamtbetrachtung vorgenommen wird und zum anderen die nutzbare Menge der Ressource Klima in der Form von Emissionsrechten sukzessive abgesenkt wird. Für den EU-Emissionshandel ist allerdings zu konstatieren, dass er trotz mehrfachen Nachbesserns noch nicht hinreichend effektiv ist, was jedoch weniger am Instrument an sich als vielmehr an der gegenwärtigen konkreten Ausgestaltung liegt.10 Neben dem Klimaschutzbereich sind derartige Ansätze auch vorstellbar zum Schutz anderer Ressourcen, unter anderem zur Begrenzung des Verbrauchs von natürlichen Rohstoffen. Auch hier hätte die Schaffung abgaben- oder zertifikatmarktbasierter Mengensteuerungssysteme den Vorteil, dass die im Ordnungsrecht bestehenden Probleme nicht oder jedenfalls nicht im bislang bestehenden Ausmaß auftreten würden. Hierdurch würde die zur Verringerung der Menge des Verbrauchs eines bestimmten Rohstoffs erforderliche Gesamtbetrachtung vorgenommen, welche nicht nur zur Vermeidung der angesprochenen Nachteile beitragen könnte, sondern überdies auch weitere Anreize zur Kreislaufwirtschaft setzen und damit einhergehend die ökologische Belastungssituation mindern würde.11 Ein solches Mengensteuerungsmodell wäre daher in Kombination mit dem klassischen Ordnungsrecht, für das, beispielsweise im Bereich des Bodenschutzes, nach wie vor eine ergänzende Notwendigkeit besteht,12 zu einem effektiveren Ressourcen- und Umweltschutz geeignet.

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Zum Vorstehenden ausführlich Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 440 ff. In Abgrenzung zu vielen Umweltökonomen umfasst der Begriff nach dem Verständnis von Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 443, auch Ansätze, die nicht ausdrücklich bei der Menge ansetzen, beispielsweise Abgaben. 10 Dazu Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 447 ff. 11 So zum Beispiel Phosphor Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 544 ff.; dazu auch Ekardt/ Holzapfel/Ulrich, UPR 2010, S. 260 ff. 12 Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 559, 569 ff. 9

II. Untersuchung des abfallrechtlichen Instrumentariums

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II. Untersuchung des abfallrechtlichen Instrumentariums Ein ordnungsrechtliches Instrument, das ausweislich des Art. 1 AbfRRL 2008/98/EG13 und des § 1 KrWG auch die Schonung der natürlichen Ressourcen zum Ziel hat, hält das Abfallrecht in der Form des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereit. Vorgenanntes Ziel soll neben einer Vermeidung von Abfällen hauptsächlich durch die Abfallverwertung erreicht werden, weil hierdurch der Einsatz von natürlichen Rohstoffen entbehrlich gemacht wird.14 Dieses abfallrechtliche Instrument bildet einen wesentlichen Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Es wird analysiert, welchen Anforderungen eine Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden unterliegt. Dabei sollen die rechtlich relevanten Fragestellungen für die verschiedenen Verwertungsverfahren differenzierend nach der Art der verwendeten mineralischen Abfallstoffe sowie dem Zweck und Ort ihres Einsatzes herausgearbeitet werden. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Fallgruppe der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen. Bevor jedoch auf die materiell-rechtlichen Vorgaben an eine Abfallverwertung im Einzelnen eingegangen wird, folgt zunächst eine Übersicht der Vorschriften, anhand derer die Zulassung einer Maßnahme erfolgt und innerhalb derer die nachfolgend erörterten abfallrechtlichen Voraussetzungen an eine Verwertung mineralischer Abfälle zu prüfen sind. Letzteres schließt die Frage mit ein, wann ein mineralischer Stoff als Abfall anzusehen ist und unter welchen Bedingungen eine Verwertung vorliegt. Dabei wird auch der abfallrechtlich sehr bedeutsamen Frage nachgegangen, wie die Verwertung von der Beseitigung abzugrenzen ist.

III. Untersuchung des medienschützenden Instrumentariums Den abfallrechtlichen Ausführungen schließt sich die Darstellung und Bewertung der Vorschriften zum Schutz von Boden und Grundwasser an. Das erfordert zunächst Ausführungen zur Anwendbarkeit der verschiedenen Regelwerke, insbesondere zum BundesBodenschutzgesetz mit seiner weitreichenden Subsidiaritätsregelung. Im Anschluss an die Klärung des Anwendungsbereichs werden die materiellen Vorschriften zum vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutz bei der Verwertung mineralischer Abfälle dargestellt. Dabei ist zwischen der bodenbezogenen Verwertung und der Herstellung eines technischen Bauwerks aus mineralischen Abfällen zu unterschieden. Zuletzt wird auf die bei einer Verwertung mineralischer Abfälle relevanten Regelungen des Naturschutzrechts eingegangen.

13 Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien, ABl. Nr. L 312, S. 3. 14 Siehe dazu die Erwägungsgründe 8, 19 und 28 der AbfRRL 2008/98/EG.

D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime Bevor in den nachfolgenden Kapiteln die materiellen Voraussetzungen erörtert werden, die an eine Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden zu stellen sind, ist ein kurzer Überblick über die Zulassungsregime zu geben, innerhalb derer die materiellrechtlichen Fragen relevant werden. Welches Zulassungsregime im Einzelfall zur Anwendung kommt, hängt hauptsächlich vom Einsatzzweck und dem Ort der Verwendung der Abfallstoffe ab. Weil es um die Verwertung von mineralischen Abfällen geht, ist ein abfallrechtliches Zulassungserfordernis naheliegend. Daher wird zunächst geprüft, ob für eine Verwertung mineralischer Abfälle eine abfallrechtliche Planfeststellung oder eine abfallrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Das Abfallrecht verweist bezüglich der abfallrechtlichen Genehmigung auf die Vorschriften des Immissionsschutzrechts, die im Anschluss dargestellt werden. Bei der Herstellung eines technischen Bauwerks handelt es sich um die Errichtung einer baulichen Anlage, weshalb eine Baugenehmigung einzuholen sein könnte. Entsprechendes gilt für einer baulichen Anlage gleichgestellte Aufschüttungen zur Landschaftsgestaltung oder zur Verfüllung von Gruben oder Steinbrüchen. In Bayern und NordrheinWestfalen bedarf die Wiederherrichtung einer nicht dem Bergrecht unterliegenden Abgrabung im Wege der Auffüllung ebenso wie die Abgrabung selbst einer Abgrabungsgenehmigung nach dem jeweiligen Abgrabungsgesetz. Handelt es sich demgegenüber um die Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Tagebaus im Rahmen der Wiedernutzbarmachung, so sind darauf die Vorschriften des bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens anwendbar. Ein weiteres großes Einsatzfeld für mineralische Abfälle ist der Straßenbau, wo diese beispielsweise zur Herstellung von Lärmschutzwällen verwendet werden. Deshalb ist kurz auf die straßenrechtliche Planfeststellung einzugehen. Dieser Darstellung folgt ein Hinweis auf das wasserrechtliche Planfeststellungserfordernis für Maßnahmen im Zusammenhang mit Deich- oder Dammbauten, zu deren Herstellung oder Erweiterung ebenfalls mineralische Abfälle zum Einsatz kommen.

I. Abfallrechtliche Planfeststellung oder Genehmigung In den zu untersuchenden Fallkonstellationen werden immer Abfallstoffe verwendet, weshalb ein Zulassungserfordernis nach dem Abfallrecht zu prüfen ist. Die Zulassungsbedürftigkeit von entsorgungsrelevanten Anlagen ist in § 35 KrWG geregelt. Nach § 35 Abs. 2 KrWG bedarf die Errichtung und der Betrieb von Deponien einer abfallrechtlichen Planfeststellung. Deponien sind nach § 3 Abs. 27 Satz 1 KrWG „Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische

II. Immissionsschutzrechtliche Genehmigung

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Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien)“. Weil sich die vorliegende Arbeit nicht auf die Beseitigung, sondern nur die Verwertung mineralischer Abfälle bezieht,1 ist die Vorschrift des § 35 Abs. 2 KrWG nicht anwendbar.2 Für Maßnahmen der Abfallverwertung besteht keine Planfeststellungspflicht. Die Errichtung und der Betrieb anderer Abfallentsorgungsanlagen, also sowohl Beseitigungs- wie auch Verwertungsanlagen, bedürfen einer Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, § 35 Abs. 1 KrWG. Nach dieser Rechtsgrundverweisung wird das konkrete Genehmigungserfordernis ausschließlich durch § 4 BImSchG3 festgelegt.4 Für die Abfallverwertung enthält das Kreislaufwirtschaftsgesetz daher weder eine abfallrechtliche Planfeststellungs- noch eine abfallrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit.5 Eine Zulassung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist nicht erforderlich. Insoweit sind allein die Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes maßgeblich.6

II. Immissionsschutzrechtliche Genehmigung Mangels abfallrechtlicher Genehmigungsbedürftigkeit ist weiter zu prüfen, ob eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG einzuholen ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bedarf die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen einer Genehmigung. Als Anlage im Sinne des Immissionsschutzrechts sind, wie § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG zu entnehmen ist, auch Grundstücke anzusehen, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert werden. Ein solches Grundstück stellt dann eine Abfallentsorgungsanlage dar, wenn es für einen längeren Zeitraum und mit entsprechendem Hauptverwendungszweck zur Lagerung von Abfällen benutzt wird, diese Nutzung also das Grundstück prägt.7 Eine Genehmigungspflicht besteht, obwohl dies dem Wortlaut nicht eindeutig zu entnehmen ist, jedoch auch für Abfallentsorgungsanlagen nur, wenn sie im Anhang zur 4. BImSchV8 ausdrücklich genannt werden.9 Anlagen zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen 1

Siehe dazu A. III. So Kersandt, AbfallR 2012, 27, 31, für die Verfüllung von dem Bergrecht unterliegenden Tagebauen mit mineralischen Abfällen. Richtigerweise müsste dabei noch darauf hingewiesen werden, dass hierfür das Vorliegen einer Maßnahme der Abfallverwertung Voraussetzung ist. 3 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) vom 17.05.2013, BGBl. I 2013, S. 1274, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 02.07.2013, BGBl. I 2013, S. 1943. 4 BT-Drs. 17/6052, S. 94; VG Magdeburg, Beschl. v. 15.01.2013, Az. 2 B 333/12, juris Rn. 20. 5 Bayerischer VGH, Beschl. v. 03.07.2007, Az. 14 CS 07.966, NuR 2007, 619, 620; Fouquet, ZUR 1996, 186, 192 f.; unzutreffend daher VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 72, das eine abfallrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der Verfüllung einer ausgebeuteten Grube mit Fremdboden in Erwägung zieht. 6 Dieckmann/Reese, in: Koch, Umweltrecht, § 6 Rn. 116. 7 OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.06.1997, Az. 3 M 115/96, NVwZ 1997, 1027, 1028; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 32; VG Magdeburg, Beschl. v. 15.01.2013, Az. 2 B 333/12, juris Rn. 22. 8 Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen) vom 02.05.2013, BGBl. I 2013, S. 973. 9 Jarass, BImSchG, § 4 Rn. 23. 2

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D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime

sind in Nr. 8 der Anlage der 4. BImSchV genannt. Werden die dortigen Mengengrenzen überschritten, kann die Ablagerung von mineralischen Abfällen in und auf dem Boden immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sein.10

III. Baugenehmigung Nachdem für eine Verwertung mineralischer Abfälle weder eine abfallrechtliche noch immissionsschutzrechtliche Zulassung eingeholt werden muss, ist weiter zu prüfen, ob die Verpflichtung zur Einholung einer Baugenehmigung besteht. Ein Baugenehmigungsverfahren wird in den Bauordnungen der Bundesländer vorgeschrieben für die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder den Abbruch baulicher Anlagen.11 Der Begriff der baulichen Anlage wird nahezu übereinstimmend definiert als eine Anlage, die mit dem Erdboden verbunden und aus Bauprodukten hergestellt ist.12 Der Begriffsteil der „Anlage“ ist dabei vage und sagt nicht viel mehr aus, als dass es sich um einen von Menschenhand gefertigten, mithin künstlichen körperlichen Gegenstand handeln muss.13 Das Kriterium der Künstlichkeit setzt voraus, dass die bauliche Anlage aus Bauprodukten hergestellt ist.14 Bauprodukte im Sinne des Bauordnungsrechts werden in allen Bauordnungen umschrieben als Baustoffe, Bauteile und Anlagen, die dazu bestimmt sind oder hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden oder aus Baustoffen oder Bauteilen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden.15 Baustoffe sind natürliche oder künstliche Stoffe, die zur Herstellung von Bauprodukten dienen. Das sind zum Beispiel Natursteine, Naturschiefer, Ziegel, Kies, Sand, Kalk oder Zement. Sie können zusammen oder allein zur Herstellung baulicher Anlagen verwendet werden.16 Sogar ein lediglich mit einem Baustoff befestigter Weg oder Lagerplatz ist damit eine bauliche Anlage.17 Werden mineralische Abfälle oder aus ihnen hergestellte Recycling-Baustoffe zur Herstellung von Lärm- oder Sichtschutzwällen oder zur Befestigung von Wegen oder Plätzen verwendet, liegt darin die Herstellung einer baulichen Anlage. Keine bauliche Anlage ist hingegen die bloße Veränderung der Erdoberfläche. Deshalb fällt auch eine lose Anhäufung mineralischer Abfälle auf dem Erdboden, zum Beispiel zur Landschaftsgestaltung oder zur Auffüllung des Geländes, nicht darunter. 10 Zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit einer Ablagerung von Baggergut zur Trocknung vgl. VG Magdeburg, Beschl. v. 15.01.2013, Az. 2 B 333/12, juris Rn. 22. 11 Eine Übersicht über die Genehmigungsvorbehalte in den Bundesländern findet sich bei Schretter/Reichel, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 13 Rn. 16. 12 Eine Übersicht über die landesrechtlichen Definitionen der baulichen Anlage findet sich bei Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 53 f. 13 Wilke in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 59. 14 Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 60. 15 Eine Übersicht über die landesrechtlichen Definitionen der Bauprodukte findet sich bei Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 53 f. 16 Heintz, in: Gädtke et al., BauO NRW, § 2 Rn. 32. 17 BVerwG, Beschl. v. 18.12.1995, Az. 4 B 260.95, NVwZ-RR 1996, 483, 484 (ein mit Grobsplitt befestigter Lagerplatz); Niedersächsisches OVG, Urt. v. 06.02.1984, Az. 6 A 40/83, NuR 1985, 76, 76 (ein mittels Kiesschüttung befestigter Dressurplatz); VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.12.1984, Az. 8 S 2036/84, NuR 1987, 29, 30 (eine mittels Grobkiesschüttung befestigte Fläche).

III. Baugenehmigung

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Eine Baugenehmigung ist aber nicht nur für bauliche Anlagen erforderlich. Alle Bauordnungen enthalten eine Erstreckungsklausel auf Vorhaben, die als bauliche Anlagen „gelten“ oder zu ihnen „zählen“ und diesen in ihren Rechtsfolgen gleichgestellt sind.18 In den Katalogen werden übereinstimmend – zumeist an erster Stelle – Aufschüttungen und Abgrabungen genannt. Hierunter versteht man alle künstlichen Veränderungen der Geländeoberfläche durch Erhöhung oder Vertiefung des Bodenniveaus sowie des Untergrunds, die von einer gewissen Dauer sind.19 Bei einer bodenbezogenen Verwertung mineralischer Abfälle handelt es sich um künstliche Erhöhungen der Erdoberfläche, mithin um Aufschüttungen. Aufschüttungen sind beispielsweise Halden, Dämme, Hügel und Wälle,20 Geländeeinebnungen21 oder sonstige Verfüllungen eines Grundstücks beispielsweise mit Erdaushub oder sonstigen mineralischen Abfällen.22 Zum Wesen der Aufschüttung gehört, dass ein Endzustand herbeigeführt wird; dieser kann zwar später verändert werden, er darf aber nicht von vornherein nur vorübergehend sein.23 Sofern also die Auf- und Einbringung mineralischer Abfälle in und auf den Boden nicht nur vorübergehend und nicht nur in geringem Umfang erfolgt,24 bedarf sie der Baugenehmigung. Dies trifft beispielsweise auf Fallgestaltungen zu, in denen mineralische Abfälle zur Verfüllung von Ton-, Kies- und Sandgruben sowie Steinbrüchen eingesetzt werden.25 Von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind jeweils bauliche und diesen gleichgestellte Anlagen des öffentlichen Verkehrs und ihre Nebenanlagen sowie solche, die der Bergaufsicht unterliegen.26 Verkehrsanlagen sind Anlagen, die dem Transport von Personen oder Sachen zu Land, Wasser oder in der Luft dienen. Erfasst werden – unabhängig von den Eigentums- und Besitzverhältnissen – nur Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind.27 Das sind Straßen und Bahnanlagen der öffentlichen Eisenbahnen, insbesondere der Straßen- und Bahnkörper. Als Nebenanlagen gehören zu diesen auch Böschungen, Dämme und Lärmschutzanlagen.28 Bauliche Anlagen oder Aufschüttungen, 18 Eine Übersicht über die den baulichen Anlagen gleichgestellten Vorhaben findet sich bei Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 53 f. 19 Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 81. 20 Hessischer VGH, Urt. v. 31.01.2002, Az. 4 UE 2231/95, BauR 2003, 866, 866; OVG RheinlandPflalz, Beschl. v. 10.11.2006, Az. 1 B 11327/06, juris Rn. 3; VG München, Urt. v. 26.09.2007, Az. M 9 K 06.4156, juris Rn. 21. 21 OVG des Saarlandes, Urt. v. 09.03.1984, Az. 2 R 175/82, NVwZ 1985, 122, 122. 22 VG Freiburg, Urt. v. 17.11.1994, Az. 5 K 732/93, NVwZ-RR 1995, 636, 637; VG Würzburg, Beschl. v. 09.01.2008, Az. W 5 S 07.1443, juris Rn. 32; Henke/Penndorf , Bodenschutz 2009, 91, 91. 23 Heintz, in: Gädtke et al., BauO NRW, § 2 Rn. 57. 24 Aufschüttungen in geringem Umfang sind in allen Bundesländern sowohl im Innenbereich (ca. 2–3 Meter Höhe und ca. 30 qm) als auch im Außenbereich (ca. 300–400 qm) verfahrensfrei; eine Übersicht über die landesrechtlichen Vorschriften zu der Verfahrensfreiheit von Aufschüttungen findet sich bei Schretter/Reichel, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 13 Rn. 54. 25 VG München, Urt. v. 23.03.2000, Az. M 11 K 99.1736, juris Rn. 1 (Kiesgrube); VG Ansbach, Beschl. v. 28.08.2006, Az. AN 18 S 06.01827, juris Rn. 1 (Tongrube); VG Würzburg, Beschl. v. 09.01.2008, Az. W 5 S 07.1443, juris Rn. 32 (Steinbruch); VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 72 (Sandgrube). 26 Eine Übersicht der landesrechtlichen Vorschriften zur Beschränkung des Anwendungsbereichs des jeweiligen Landesbauordnungsrechts findet sich bei Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 1 f. 27 Wilke, in: Reichel/Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 2 Rn. 36. 28 Sauthoff , Straße und Anlieger, § 6 Rn. 164.

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D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime

die im Zusammenhang mit Anlagen des öffentlichen Verkehrs stehen, unterliegen daher nicht den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen mit der Folge, dass für deren Errichtung keine Baugenehmigung erforderlich ist. Entsprechendes gilt für der Bergaufsicht unterliegende bauliche Anlagen oder Einrichtungen. Auch für diese Anlagen gelten nicht die Bauordnungen der Bundesländer, sondern das Bundesberggesetz. Die Baugenehmigung für die Errichtung eines technischen Bauwerks oder eine Aufschüttung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.29 Zu den im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die in den folgenden Kapiteln dargestellten umweltrechtlichen Regelungen. Ihre Einhaltung wird über der Baugenehmigung beizufügende Nebenbestimmungen sichergestellt. Da die Baugenehmigung in allen Bundesländern ein gebundener Verwaltungsakt ist, kann sie nach § 36 Abs. 1 VwVfG30 , auf den die Landesverwaltungsverfahrensgesetze entweder verweisen oder den sie inhaltsgleich übernommen haben, mit Nebenbestimmungen versehen werden, welche die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen gewährleisten sollen. Zulässig sind insbesondere Auflagen oder modifizierende Auflagen, die zur Sicherstellung der abfall-, wasser- und bodenschutzrechtlichen Anforderungen näher konkretisieren, welche mineralischen Abfälle in dem technischen Bauwerk oder der Verfüllung zum Einsatz kommen dürfen und welchen Qualitätsstandards sie entsprechen müssen.31

IV. Abgrabungsgenehmigung Die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen haben für die oberirdische Gewinnung von nicht dem Bergrecht unterliegenden Bodenschätzen wie Kies, Sand, Ton32 , Lehm, Kalk- oder sonstiges Gestein, einschließlich der Wiederherrichtung der Oberfläche, eigene Abgrabungsgesetze33 erlassen. Danach bedürfen Abgrabungen ab einer bestimmten Größenordnung einer Abgrabungsgenehmigung.34 Die Genehmigungspflicht umfasst dabei nicht nur die Abgrabung selbst, sondern auch die anschließende Herrichtung der Abgrabungsflächen im Wege der Verfüllung.35 29 Zum konkreten Prüfumfang in den einzelnen Bundesländern vgl. Schretter/Schenk, in: Reichel/ Schulte, Bauordnungsrecht, Kap. 14 Rn. 26 ff. 30 Verwaltungsverfahrensgesetz vom 23.01.2003, BGBl. I 2003, S. 102, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 25.07.2013, BGBl. I 2013, S. 2749. 31 Vgl. als Beispiele für Nebenbestimmungen in einer Baugenehmigung Bayerischer VGH, Beschl. v. 03.07.2007, Az. 14 CS 07.966, NuR 2007, 619, 619; VG Ansbach, Beschl. v. 28.08.2006, Az. AN 18 S 06.01827, juris Rn. 1 ff.; VG Ansbach, Urt. v. 06.09.2007, Az. AN 18 K 06.03556, juris Rn. 1 ff. 32 Sofern der Abbau von Ton nicht dem Bundesberggesetz unterfällt; siehe zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Ton ein grundeigener Bodenschatz ist und seine Gewinnung und folglich auch die Verfüllung der entstandenen Grube nach Bergrecht zuzulassen ist Kersandt, AbfallR 2012, 27, 31. 33 Bayerisches Abgrabungsgesetz (BayAbgrG) vom 27.12.1999, GVBl S. 532, zuletzt geändert durch § 2 Abs. 8 des Gesetzes vom 08.04.2013, GVBl S. 174; Gesetz zur Ordnung von Abgrabungen (Abgrabungsgesetz) vom 23.11.1979, GV NRW 1979, S. 922, zuletzt geändert durch Art. V des Gesetzes vom 19.06.2007, GV NRW 2007, S. 226. 34 Art. 6 Abs. 1 BayAbgrG; § 3 Abs. 1 AbgrabG NRW. 35 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.03.1982, Az. 11 A 1910/80, NuR 1983, 243, 243; VG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.2004, Az. 17 K 1199/03, juris Rn. 37; VG Würzburg, Urt. v. 09.02.2006,

V. Bergrechtliche Betriebsplanzulassung

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Die Genehmigung für eine Auffüllung ist zu erteilen, wenn sie im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht.36 Zur Sicherstellung der Genehmigungsvoraussetzungen können der Zulassung ebenso wie einer Baugenehmigung Nebenbestimmungen beigefügt werden. In den Nebenbestimmungen ist unter anderem zu regeln, welche Abfallstoffe zur Auffüllung eingesetzt werden dürfen.37

V. Bergrechtliche Betriebsplanzulassung Neben den zuvor dargestellten Einsatzmöglichkeiten erlangen mineralische Abfälle im Bergbau Bedeutung. Bei der Gewinnung von dem Bergrecht unterliegenden Bodenschätzen fallen große Mengen mineralischer Restmassen an, die zunächst gelagert und nach der Einstellung des Abbaubetriebs wieder verfüllt werden. Für eine Verfüllung werden neben diesen Materialien immer öfter auch bergbaufremde mineralische Abfälle verwendet. 1. Betriebsplan für Abfallentsorgungseinrichtungen Mit dem Erlass der Bergbauabfallrichtlinie im Jahr 2006 wurde ein neues Instrument der Anlagenzulassung eingeführt. Während die Sammlung, Lagerung und Ablagerung bergbaulicher Abfälle bisher tätigkeits- bzw. betriebsbezogen zugelassen wurde, bedürfen Abfallentsorgungseinrichtungen nunmehr einer gesonderten Zulassung nach § 22a Abs. 3 ABBergV38 , der die Vorgaben der Bergbauabfallrichtlinie für dem Bergrecht unterliegende Vorhaben in nationales Recht umsetzt. In § 22a Abs. 3 Satz 1 ABBergV ist für die Errichtung, den Betrieb oder die Stilllegung einer Abfallentsorgungseinrichtung die Durchführung eines Betriebsplanzulassungsverfahrens vorgeschrieben. Abfallentsorgungseinrichtungen sind in § 22a Abs. 3 Satz 7 ABBergV als Bereiche definiert, die für bestimmte Zeiträume der Sammlung oder Ablagerung von festen, flüssigen, gelösten oder in Suspension gebrachten bergbaulichen Abfällen dienen. Bergbauliche Abfälle sind nach § 22a Abs. 1 ABBergV solche Abfälle, „die unmittelbar beim Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten sowie bei der damit zusammenhängenden Lagerung von Bodenschätzen auf dem Festland und im Bereich der Küstengewässer anfallen“. Von der Betriebsplanpflicht werden Ausnahmen für einzelne Stoffströme vorgesehen. Einer Betriebsplanzulassung bedarf es nach § 22a Abs. 6 Satz 3 ABBergV unter den dort genannten Voraussetzungen insbesondere nicht für die Entsorgung von Inertabfällen und unverschmutzten Boden. § 22a Abs. 3 ABBergV gilt darüber hinaus nicht für die Verfüllung von Abbauhohlräumen. Werden bergbauliche Abfälle zu bergtechnischen oder bergAz. W 5 K 06.31, juris Rn. 68; siehe zur abgrabungsrechtlichen Zulassung auch Kersandt, AbfallR 2012, 27, 29 f. 36 Vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayAbgrG; § 3 Abs. 2 AbgrabG NRW. 37 Vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.07.1998, Az. 10 A 4574/94, NVwZ-RR 1999, 479, 479, wonach die Verfüllung und Rekultivierung durch „neutrale Bodenmassen/nicht verunreinigten Bodenaushub – Abfallschlüssel Nr. 31411“ beziehungsweise durch „neutralen Bodenaushub (Z 0 LAGA)“ zu erfolgen hat; VG München, Beschl. v. 14.09.2004, Az. M 11 SN 04.4418, juris Rn. 1, wo eine Verfüllung mit „Z.0-Material“ beauflagt war. 38 Bergverordnung für alle bergbaulichen Bereiche (Allgemeine Bundesbergverordnung) vom 23.10.1995, BGBl. I 1995, S. 1466, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 5 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212.

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D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime

sicherheitlichen Zwecken in Abbauhohlräume verbracht, handelt es sich ausweislich des § 22a Abs. 3 Satz 8 ABBergV nicht um eine Abfallentsorgungseinrichtung. Der Begriff des „Abbauhohlraums“ gilt, auch wenn der Wortsinn das nicht nahelegt, gleichermaßen für im Tagebau entstandene Massendefizite.39 Das lässt sich zwar der Verordnung selbst nicht unmittelbar entnehmen, ergibt sich aber aus einem Rückgriff auf Art. 10 Abs. 1 RL 2006/21/EG, der ausdrücklich von „Abbauhohlräume[n], die im Tagebau oder im Untertagebau entstanden sind“, spricht. Die Verfüllung von Abbauhohlräumen im Tagebau mit bergbaulichen Abfällen zu den oben genannten Zwecken unterliegt vielmehr der Zulassung durch einen Abschlussbetriebsplan. 2. Abschlussbetriebsplan Hintergrund der Verfüllung von Tagebaurestlöchern ist die Verpflichtung des Bergbaubetriebs, nach Einstellung der Arbeiten zur Rohstoffgewinnung die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche sicherzustellen. Die Wiedernutzbarmachung wird in § 4 Abs. 4 BBergG legaldefiniert als die „ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses“. Sie erfordert nicht unbedingt die Wiederherstellung des vor Beginn des Abbaus bestehenden Zustandes der Oberfläche, ausreichend ist vielmehr die Herrichtung dergestalt, dass sich die Flächen für eine andere sinnvolle Nutzung eignen.40 Vor allem nach der Gewinnung von Bodenschätzen im Tagebau wird die Notwendigkeit zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche deutlich. Um das entstandene Massendefizit auszugleichen, kommt im Rahmen der Wiedernutzbarmachung nach Einstellung des Abbaubetriebs normalerweise entweder die Herstellung eines Gewässers oder eine Verfüllung in Betracht. Die Einstellung eines Betriebs unterliegt nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG ebenso wie dessen Errichtung oder Führung der Betriebsplanpflicht. Als besondere Form eines bergrechtlichen Betriebsplans für die Einstellung des Betriebs ist ein Abschlussbetriebsplan vorgesehen, § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG. Dieser ist gemäß § 54 Abs. 1 BBergG vom Betriebsinhaber aufzustellen und bei der zuständigen Bergbehörde vor Ausführung der vorgesehenen Arbeiten einzureichen. Ein eingereichter Betriebsplan ist zuzulassen, wenn die in § 55 Abs. 1 BBergG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei einem Abschlussbetriebsplan ist nach § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBergG zusätzlich erforderlich, dass die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche sichergestellt ist. Nach dem Wortlaut des § 55 BBergG hat der Bergbauunternehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Anforderungen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Abschlussbetriebsplanzulassung, die in der Form eines Verwaltungsakts ergeht.41 Die zuständige Behörde hat dabei lediglich über die Zulassung des ihr vorgelegten Plans zu entscheiden. Ein Gestaltungsrecht steht ihr allerdings insoweit zu, als das Gesetz dies im Rahmen des Zulassungsverfahrens – etwa durch Nebenbestimmungen gemäß § 36 Abs. 1 VwVfG oder nachträgliche Auflagen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG – ausdrücklich gestattet.42 Einem bergrechtlichen Abschlussbetriebsplan,

39 40 41 42

Attendorn, NuR 2008, 153, 160; Marder-Bungert/Mäßenhausen, AbfallR 2008, 266, 270. Boldt/Weller, BBergG, § 2 Rn. 20, § 55 Rn. 45. BVerwG, Urt. v. 16.03.1989, Az. 4 C 36.85, BVerwGE 81, 329, 323. Boldt/Weller, BBergG, Vor § 50 Rn. 8.

VI. Straßenrechtliche Planfeststellung

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der die Verfüllung eines Tagebaus zulässt, können ebenso wie den vorgenannten Genehmigungen Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der nachfolgenden umweltrechtlichen Anforderungen beigefügt werden.43

VI. Straßenrechtliche Planfeststellung Da mineralische Abfälle oft im Straßenbau Verwendung finden und bauliche Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, von der Baugenehmigungspflicht ausgenommen sind, ist noch kurz auf die straßenrechtliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung einzugehen. Das straßenrechtliche Feststellungs- oder Genehmigungsverfahren steht am Ende der sich in mehrere Verfahrensschritte untergliedernde Planung von Verkehrswegen.44 Rechtsgrundlage für den Bau von Bundesfernstraßen ist § 17 Satz 1 FStrG45 . Entsprechende Vorschriften finden sich für Landesstraßen in den Straßengesetzen der Länder. Verfahrensregelungen sind in den Straßengesetzen selbst nicht enthalten. Auf das durchzuführende Verfahren sind – teilweise wird dies wie in § 17 Satz 3 FStrG direkt angeordnet – die §§ 72 bis 78 VwVfG entsprechend heranzuziehen. Beim Bau öffentlicher Straßen ist sicherzustellen, dass „durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind“, § 41 Abs. 1 BImSchG. Die Vorschrift schreibt vor, dass der Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen in der Form von Verkehrsgeräuschen bei der Planung der Verkehrswege zu beachten ist und stellt damit einen Belang dar, der in die Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen ist. Die sich ergebenden Anforderungen betreffen aktive Lärmschutzmaßnahmen. Dazu zählen unter anderem Erdschutzwälle.46 Die Sicherstellung des erforderlichen Lärmschutzes erfolgt durch dem Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung beigefügte Schutzauflagen.47 Die Verpflichtung zum Bau von Erdwällen aus Lärmschutzgründen an öffentlichen Straßen wird also in der straßenrechtlichen Planfeststellung oder -genehmigung oder in diese er-

43 Vgl. als Beispiel für eine Nebenbestimmung in einem Sonderbetriebsplan OVG RheinlandPfalz, Urt. v. 19.11.2007, Az. 1 A 10706/05, ZfB 2008, 147, 148; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.11.2009, Az. 1 A 11222/09, juris Rn. 2 ff. 44 Das Feststellungs- oder Genehmigungsverfahren kann durch normative Formen wie den durch Satzung beschlossenen Bebauungsplan oder ein formelles Gesetz ersetzt werden, siehe hierzu Schnebelt/Kromer, Straßenrecht, Rn. 164 ff. 45 Bundesfernstraßengesetz vom 28.06.2007, BGBl. I 2007, S. 1206, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 31.05.2013, BGBl. I 2013, S. 1388. 46 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.08.1999, Az. 23 D 61/97.AK, juris Rn. 29; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.10.2006, Az. 4 KS 12/03, juris Rn. 13; Springe, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 33 Rn. 8.14. 47 Dürr, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 36 Rn. 13.2; vgl. z. B. Nebenbestimmung Ziffer 3.5.7 des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern für den 6-streifigen Ausbau der Bundesautobahn A 8 West (München-Ulm) von Sulzemoos bis westlich Odelzhausen vom 06.10.2004, S. 14, abzurufen unter http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/imperia/md/ content/regob/internet/dokumente/bereich3/planfeststellung/planfeststellungsbeschluesse/2004/a_8_ sechsstreifiger_ausbau_beschluss_2004_10_06.pdf (28.02.2014).

46

D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime

setzenden Zulassungen getroffen. Dort wird auch geregelt, welche Materialien und insbesondere welche mineralischen Abfälle für Auffüllungen, in Lärmschutzwällen usw. verwendet werden dürfen.48

VII. Wasserrechtliche Planfeststellung oder Erlaubnis Neben den vorgenannten Zulassungstatbeständen kommt weiter eine Zulassungsbedürftigkeit nach dem Wasserrecht in Betracht. Dabei ist zwischen einer wasserrechtlichen Planfeststellung und einer wasserrechtlichen Erlaubnis zu unterscheiden. 1. Planfeststellung Eine weitere Verwendungsart für mineralische Abfälle ist der Deich- oder Dammbau. Unter Deichen werden künstliche, wallartige Erdaufschüttungen mit befestigten Böschungen verstanden, die dazu dienen, bestimmte Gebiete gegen Überschwemmungen infolge von Hochwasser oder Sturmfluten zu schützen; Dämme sind künstliche, nicht notwendig aus Erde bestehende Erhöhungen, die die Schutzwirkung von Deichen haben, aber auch anderen Zwecken dienen können.49 Deich- und Dammbauten, die nach § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG dem Gewässerausbau gleichstehen, bedürfen nach § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung, sofern sie den Hochwasserabfluss beeinflussen können. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Baumaßnahme geeignet ist, Hochwasser zurückzuhalten, beispielsweise bei der Eindeichung einer Flussniederung, aber auch im umgekehrten Fall, wenn ein Damm den Hochwasserabfluss beschleunigt, weil er das Überschwemmungsgebiet einengt.50 Nicht verlangt wird eine Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses; die beispielhafte Aufzählung zeigt vielmehr, dass die Beeinflussung positive oder negative Auswirkungen haben kann.51 Werden mineralische Abfälle als Baumaterial für die Errichtung oder wesentliche Umgestaltung von Deich- oder Dammbauten eingesetzt und haben diese Einfluss auf den Hochwasserabfluss, so ist für dieses Projekt ein Planfeststellungsverfahren nach dem Wasserrecht durchzuführen. Entsprechendes gilt, wenn die Verfüllung einer Nassabgrabung mit mineralischen Abfällen zugelassen wird. Ebenso wie in einem straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss kann auch in einem wasserrechtlichen mittels Nebenbestimmung geregelt werden, welche mineralischen Abfälle für die Maßnahme Verwendung finden dürfen.

48 Vgl. z. B. Nebenbestimmung Ziffer 3.3.2 des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern für den 6-streifigen Ausbau der Bundesautobahn A 8 West (MünchenUlm) von Sulzemoos bis westlich Odelzhausen vom 06.10.2004, S. 11 f., abzurufen unter http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/imperia/md/content/regob/internet/dokumente/bereich3/ planfeststellung/planfeststellungsbeschluesse/2004/a_8_sechsstreifiger_ausbau_beschluss_2004_ 10_06.pdf (28.02.2014). 49 Schenk, in: Sieder et al., WHG, § 67 Rn. 35; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 67 Rn. 43; Kotulla, WHG, § 67 Rn. 9. 50 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 67 Rn. 43; Kotulla, WHG, § 67 Rn. 10. 51 Schenk, in: Sieder et al., WHG, § 67 Rn. 36.

VIII. Zusammenfassung

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2. Erlaubnis Sofern keine wasserrechtliche Planfeststellungsbedürftigkeit eines Vorhabens besteht, kann es wasserrechtlich erlaubnis- oder bewilligungspflichtig sein. Einer Erlaubnis oder Bewilligung bedarf nach § 8 Abs. 1 WHG, wer ein Gewässer im Sinne des § 9 WHG benutzt. Bei einer Verwertung mineralischer Abfälle kommt als erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung nur „das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG in Betracht. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WHG stellt für diese Art der Benutzung klar, dass hier die Erteilung einer Bewilligung ausscheidet und allenfalls eine Erlaubnis erteilt werden darf. Die Tatbestandsalternative des Einleitens umfasst nur flüssige oder gasförmige Stoffe52 und erlangt deshalb bei der Verwertung mineralischer Abfälle keine Bedeutung. In Betracht kommt daher lediglich eine Einbringung, unter der das Zuführen fremder fester Stoffe verstanden wird.53 Neu gegenüber der bisherigen Vorschrift zur Gewässerbenutzung des § 3 Abs. 1 WHG a.F. ist, dass nunmehr auch das Einbringen von festen Stoffen in das Grundwasser und nicht nur in oberirdische Gewässer oder Küstengewässer eine Gewässerbenutzung darstellt.54 Werden die mineralischen Abfälle im Grundwasserbereich verwertet und dabei in das Grundwasser eingebracht, handelt es sich demnach um eine erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung. Erlaubnispflichtig sind aber nicht nur die in § 9 Abs. 1 WHG umschriebenen Handlungen, sondern auch die sogenannten unechten Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 2 WHG. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG gelten auch „Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen“ als Benutzungen eines Gewässers. Dem Tatbestand kommt Auffangcharakter zu; er ist nur einschlägig, sofern es sich bei der Maßnahme nicht schon um eine echte Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 1 WHG handelt.55 Das trifft mittlerweile, nachdem die Einbringung von Stoffen in das Grundwasser in § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG einbezogen ist, auf einige Fälle einer Verwertung mineralischer Abfälle zu.56 Nur solche Maßnahmen, die keine Einbringung von Stoffen in das Grundwasser darstellen, können noch unter § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG fallen. Auch sie bedürfen bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der vorgenannten Norm der Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG.

VIII. Zusammenfassung Die Verwertung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden wird nicht auf der Grundlage einer abfallrechtlichen Zulassung erlaubt. Vielmehr sind, je nach Verwertungsort und Verwertungszweck, eine Reihe von außerhalb des Abfallrechts bestehenden Zulassungstatbeständen einschlägig. So ist eine Verwertung im Regelfall zumindest bau- oder abgrabungsrechtlich genehmigungsbedürftig. Der Einsatz in der Bergaufsicht unterliegenden 52 53 54 55 56

Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 50; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 35. Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 45; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 26. BT-Drs. 16/12275, S. 55. Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 72; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 82. Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 72.

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D. Untersuchungsrelevante Zulassungsregime

Betrieben bedarf der bergrechtlichen Betriebsplanzulassung. Bei größeren straßen- oder wasserrechtlichen Projekten wird über die Verwertung im Rahmen der straßen- oder wasserrechtlichen Planfeststellung oder -genehmigung entschieden. Die vorangegangene Aufzählung hat nicht den Anspruch, abschließend zu sein. Die Zulassungserfordernisse wurden dargestellt, weil auf ihrer Grundlage über eine großräumige Verteilung von mineralischen Abfällen in der Landschaft entschieden wird und sie deshalb eine besondere Umweltrelevanz besitzen. Daneben können eine Reihe weiterer Genehmigungstatbestände einschlägig sein, sofern bei einer Maßnahme auch über einen Einsatz mineralischer Abfälle in und auf dem Boden mitentschieden wird.57 Auch für diese gelten die nachfolgenden umweltrechtlichen Anforderungen.

57 Als Beispiel sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Windenergieanlage im Außenbereich genannt, für deren Erschließung dem Vorhabenträger in einer Nebenbestimmung der Ausbau eines gemeindlichen Wegs mit näher bezeichneten mineralischen Abfällen aufgegeben wird.

E. Anforderungen des Abfallrechts Werden Bodenaushub, Bauschutt oder ähnliche Stoffe in oder auf den Boden gebracht, verbleiben sie dort nach obiger Definition des Auf- und Einbringens dauerhaft, da eine nur vorübergehende Um- oder Zwischenlagerung nicht unter das Begriffspaar fällt. Damit behält derjenige, der die Auf- und Einbringung vornimmt oder vornehmen lässt, die Materialien nicht in seinem Besitz. In einem solchen Fall spricht viel dafür, dass sich der Besitzer des Materials entweder entledigt, entledigen will oder entledigen muss, womit die eingesetzten Stoffe als Abfall zu qualifizieren wären. Die Einstufung eines Stoffs als Abfall ist Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, dessen Vorschriften nach § 2 Abs. 1 KrWG für die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen sowie sonstige Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung gelten und somit bei einer Ablagerung von mineralischem Material in und auf dem Boden vorrangig zu prüfen sind.

I. Abfall Abfälle werden in § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG legaldefiniert als „alle Stoffe oder Gegenstände, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“. Die Abfalleigenschaft einer Sache setzt danach voraus, dass es sich um einen Stoff oder Gegenstand handelt und ein Entledigungstatbestand gegeben ist. Zur Umschreibung des Abfallbegriffs nicht mehr aufgegriffen wird im Kreislaufwirtschaftsgesetz der bisherige Verweis auf eine der im Anhang genannten Abfallgruppen, dem bereits unter der Geltung der alten Rechtslage, ebenso wie der Einordnung einer Sache unter die AbfallverzeichnisVerordnung1 , jegliche konkretisierende Wirkung abgesprochen wurde.2 1. Stoffe oder Gegenstände Anders als noch in § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG3 wird der Abfallbegriff unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht mehr auf bewegliche Sachen beschränkt. Als Abfälle kommen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG, der die europäische Bestimmung des Abfallbegriffs in Art. 3 Nr. 1 AbfRRL 2008/98/EG nahezu wortgleich übernommen hat, alle „Stoffe oder Gegenstände“ in Betracht. Bereits die vormalige Abfallrah1 Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung) vom 10.12.2001, BGBl. I 2001, S. 3379, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 22 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 2 Siehe dazu im Einzelnen E. I. 2. 3 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz) vom 27.09.1994, BGBl. I 1994, S. 2705, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17.08.2012, BGBl. I 2012, S. 1726.

50

E. Anforderungen des Abfallrechts

menrichtlinie hatte in Art. 1 lit. a) AbfRRL 75/442/EWG4 zur Definition des Abfalls auf dieses Begriffspaar zurückgegriffen. Obwohl der Verzicht des europäischen Rechts auf das Merkmal der Beweglichkeit den Schluss zuließ, mit den erwähnten „Stoffen und Gegenständen“ seien auch unbewegliche Sachen wie etwa kontaminierter Boden gemeint,5 war vormals überwiegende Meinung, dass sich auch der europäische Abfallbegriff nur auf bewegliche Sachen beziehe.6 Der Europäische Gerichtshof indessen entschied, dass sowohl unabsichtlich ausgebrachte Kraftstoffe, die das Erdreich und das Grundwasser verunreinigen, als auch das mit Kraftstoffen verunreinigte Erdreich, selbst wenn es nicht ausgehoben ist, Abfälle im Sinne des Art. 1 lit. a) AbfRRL 75/442/EWG seien.7 In Kenntnis dieser Rechtsprechung hat der Richtliniengeber bei der Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie an der bisherigen Abfalldefinition festgehalten.8 Eine nähere Umschreibung dessen, was unter den Begriffen „Stoffe“ und „Gegenstände“ verstanden wird, enthält weder das Unionsrecht noch das nationale Abfallrecht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet ein Gegenstand eine nicht näher beschriebene Sache, einen im Raum abgrenzbaren Körper oder ein individualisierbares Ding einer bestimmten Form oder Gestalt.9 Der Stoffbegriff umfasst demgegenüber eine in chemisch einheitlicher Form vorliegende, durch charakteristische physikalische und chemische Eigenschaften gekennzeichnete Materie oder eine Substanz.10 Ausgehend von diesen Grundsätzen kann angenommen werden, dass letztgenannter Begriff der umfassendere ist. Ein Gegenstand stellt die verkörperte Erscheinungsform eines oder mehrerer Stoffe dar, was eine trennscharfe Abgrenzung zwischen den beiden Begriffen erschwert bis unmöglich macht. Allerdings erscheint sie auch nicht erforderlich, weil beide gleichermaßen geeignet sind, die Abfalleigenschaft zu begründen. Auch der Europäische Gerichtshof spricht regelmäßig nur von „Stoffen“, ohne eine Unterscheidung zu den „Gegenständen“ vorzunehmen.11 2. Zuordnung zu einer Abfallgruppe Unter der Geltung der alten Abfallrahmenrichtlinie und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wurde der Abfallbegriff im europäischen und nationalen Recht weiter dadurch konkretisiert, dass die Sache unter eine Abfallgruppe des beiden Regelwerken beigefügten identischen Anhangs I fallen muss. Bevor sich die überzeugendere Auffassung 4

Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15.07.1975 über Abfälle, ABl. Nr. L 114, S. 9. So Peine, in: Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 13 Rn. 26; Kersting, DVBl 1992, 343, 348; Schreier, Auswirkungen, S. 86 ff. 6 Ruffert, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Art. 3 AbfRRL Rn. 12; Kunig, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 11; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 13; Dieckmann, NuR 1992, 407, 408 f.; Konzak, NuR 1995, 130, 132. 7 EuGH, Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-1/03, Slg. 2004, I-7613, Rn. 50 ff.; zur nahezu einhelligen Kritik in der deutschen Literatur vgl. Versteyl, NVwZ 2004, 1297 ff.; Jochum, NVwZ 2005, 140 ff.; Riese/Karsten, ZUR 2005, 75 ff.; Petersen/Lorenz, NVwZ 2005, 257 ff. 8 Allerdings wird nunmehr der Anwendungsbereich der Abfallrahmenrichtlinie in Art. 2 Abs. 1 lit. b) AbfRRL 2008/98/EG und folgend des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG dergestalt beschränkt, dass Böden am Ursprungsort und dauerhaft mit dem Boden verbundene Bauwerke ausgenommen werden, siehe dazu E. II. 3. 9 Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 3, S. 1251. 10 Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 7, S. 3263. 11 Vgl. z. B. EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 12 ff. 5

I. Abfall

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durchsetzen konnte, wonach die Einschlägigkeit einer im Anhang I des KrW-/AbfG aufgeführten Abfallgruppe nicht zu einer Unterscheidung zwischen Abfällen und sonstigen Stoffen führt, sondern diese ausschließlich anhand der übrigen Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG vorzunehmen ist,12 war die Bedeutung der den beiden Regelwerken beigefügten Anhänge in der juristischen Literatur zunächst umstritten.13 Weil dem Verweis auf die Abfallgruppen letztlich jegliche normative Wirkung abzusprechen war, wurde er in der Novelle der Abfallrahmenrichtlinie nicht wieder aufgenommen und infolgedessen auch aus der nationalen Abfalldefinition gestrichen.14 Für die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmter Gegenstand Abfall ist, kommt es nach aktueller Rechtslage bereits nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf an, ob er einer bestimmten Abfallgruppe zugeordnet werden kann. 3. Bedeutung der Abfallverzeichnis-Verordnung Auch die Abfallverzeichnis-Verordnung, die das Europäische Abfallverzeichnis15 in das nationale Recht integriert hat, dient ausschließlich der einheitlichen Klassifizierung von Abfällen und hat keine Bedeutung für die Konkretisierung des Abfallbegriffs. Der Katalog hilft daher nicht bei der Begründung der Abfalleigenschaft, sondern setzt diese voraus.16 4. Entledigungstatbestand Die Klassifikation eines Stoffs oder Gegenstands als Abfall erfordert nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG, dass sich der Besitzer des Stoffs oder Gegenstands entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Der Begriff der Entledigung wird in § 3 Abs. 2 KrWG definiert, § 3 Abs. 3 KrWG bestimmt, wann von einem fiktiven Entledigungswillen auszugehen ist und § 3 Abs. 4 KrWG schreibt das Bestehen einer Entledigungspflicht vor.

12 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 22; EuGH, Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-1/03, Slg. 2004, I-7613, Rn. 42; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 95; Breuer, in: Jarass/ Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 41; Dieckmann, NuR 1992, 407, 411. 13 Teilweise wurde behauptet, dass ihm jede eingrenzende und konkretisierende Bedeutung fehle, Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 40; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 8 f., bzw. er völlig überflüssig sei, Fouquet, ZUR 1996, 186, 187. Andere gingen hingegen davon aus, der Anhang I des KrW-/AbfG diene der Festschreibung eines objektiven Abfallbegriffs auf EU-Ebene, Kersting, DVBl 1992, 343, 345 f. 14 BT-Drs. 17/6052, S. 71. 15 European Waste Catalogue (EWC) in der Fassung der Entscheidung der Kommission 2001/118/EG vom 16.01.2001 zur Änderung der Entscheidung 2000/532/EG über ein Abfallverzeichnis, ABl. vom 16.02.2001 Nr. L 47, S. 1, berichtigt ABl. vom 02.10.2001 Nr. L 262, S. 38, berichtigt ABl. vom 27.04.2002 Nr. L 112, S. 47. 16 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 18 m. w. N.; zweifelhaft ist daher die Begründung des OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.05.2007, Az. 1 A 11463/06, juris Rn. 24, das die Einordnung von Speiseölen und -fetten unter den Abfallschlüssel Nr. 200125 zur Begründung der Abfalleigenschaft von gebrauchtem Frittierfett heranzieht. Entsprechendes gilt für die Aussage des VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 16.02.2012, Az. 5 K 3/11, juris Rn. 54, wonach „Baggergut gemäß Abfallschlüssel 170506 der Abfallverzeichnisverordnung objektiv Abfall darstellt“, das im Anschluss an diese Aussage aber zumindest noch das Vorliegen der Entledigungsvoraussetzungen prüft.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

a) Abfallbesitzer Zur Beantwortung der Frage, ob eine Entledigung, ein Entledigungswille oder eine Entledigungspflicht vorliegt, ist an den Abfallbesitzer anzuknüpfen. Besitzer von Abfällen sind nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 9 KrWG natürliche oder juristische Personen, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle haben. Die Definition erinnert an den Besitzbegriff des bürgerlichen Rechts. Nach § 854 Abs. 1 BGB17 wird der Besitz einer Sache „durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben“. Die Erlangung der tatsächlichen Gewalt muss von einem nach außen erkennbaren Sachherrschaftswillen getragen sein.18 Wegen der unterschiedlichen Funktion unterscheidet sich der Besitzbegriff im Zivilrecht in diesem Punkt vom Abfallrecht. Dem bürgerlichrechtlichen Besitzbegriff kommt eine Schutzfunktion gegenüber Besitzstörungen zu, demgegenüber hat er im Abfallrecht die Aufgabe, die Verantwortlichkeit für den Abfall zu bestimmen. Es ist daher allgemein anerkannt, dass im Abfallrecht ein Besitzbegründungswille nicht erforderlich ist.19 Ausreichend für die Besitzerstellung ist vielmehr ein „Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft“.20 Besitzer von mineralischen Abfällen ist folglich die natürliche oder juristische Person, welche – unabhängig von einem Besitzbegründungswillen – die tatsächliche Sachherrschaft über die Stoffe mineralischen Ursprungs hat, sofern sie diese los wird, loswerden will oder loswerden muss. b) Subjektiver Abfallbegriff Sowohl der Entledigungstatbestand in § 3 Abs. 2 KrWG wie auch die Definition des Entledigungswillens in § 3 Abs. 3 KrWG knüpfen an die Zweckbestimmung durch den Abfallbesitzer an. Im Fall des Entledigungswillens geschieht dies zwar unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, so dass zur Bestimmung dessen, was Abfall ist, zusätzlich auf objektive Elemente zurückgegriffen wird. Der Rückgriff auf objektivierbare Kriterien ist zur Ermittlung des Willens des Abfallbesitzers erforderlich, weil dieser der tatsächlichen Entledigung zeitlich vorgelagert ist und sich im Regelfall erst in der Entledigungshandlung nach außen manifestiert. Da Ansatzpunkt in beiden Fällen der Wille des Abfallbesitzers zur Entledigung ist, konkretisieren § 3 Abs. 2 und Abs. 3 KrWG den subjektiven – im Vergleich zur bis zum Jahr 1996 geltenden Rechtslage unter dem Abfallgesetz teilweise objektivierten – Abfallbegriff.21 aa) Entledigung § 3 Abs. 2 KrWG legt in einer nicht abschließenden, widerleglichen Vermutungsregel in drei Varianten fest, wann eine Entledigung anzunehmen ist: Der Besitzer des Stoffs 17 Bürgerliches Gesetzbuch vom 02.01.2002, BGBl. I 2002, S. 738, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 5 des Gesetzes vom 01.10.2013, BGBl. I 2013, S. 3719. 18 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 854 Rn. 4 m. w. N. 19 BVerwG, Urt. v. 11.02.1983, Az. 7 C 45.80, BVerwGE 67, 8, 12; BVerwG, Urt. v. 19.01.1989, Az. 7 C 82.87, NJW 1989, 1295, 1295; BVerwG, Urt. v. 18.10.1991, Az. 7 C 2.91, BVerwGE 89, 138, 145; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 57; Breuer, in: Jarass/Petersen/ Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 136 ff.; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 9 Rn. 3. 20 BGH, Urt. v. 14.03.1985, Az. III ZR 12/84, NVwZ 1985, 447, 448. 21 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 3; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 17.

I. Abfall

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oder Gegenstands führt ihn entweder einer Verwertung im Sinne der Anlage 2 oder einer Beseitigung im Sinne der Anlage 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu oder gibt die tatsächliche Sachherrschaft über ihn unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung auf. Wie sich dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 KrWG entnehmen lässt, bezieht sich die Entledigung nicht auf den gesamten Verwertungs- oder Beseitigungsvorgang, sondern nur auf den Zeitpunkt, in welchem der Besitzer die Sache einem anderen überlässt oder diese zur Abholung bereitstellt.22 Die Entledigung nach den ersten beiden Varianten erschöpft sich daher in der Zuführung zur Verwertung oder Beseitigung, woraus geschlossen werden kann, dass sie mit dem Beginn dieser Vorgänge beendet ist.23 Die Auslegung des Begriffs „Zuführung“ entscheidet also über den Zeitpunkt, ab dem ein Stoff oder Gegenstand zu Abfall wird und der Entsorgungsvorgang beginnt. Die ersten beiden Fallgruppen des § 3 Abs. 2 KrWG setzen – im Gegensatz zur dritten – nicht die Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft voraus, so dass auch die Verwertung oder Beseitigung durch den Abfallbesitzer selbst den Entledigungstatbestand erfüllen kann.24 Die Entsorgung von mineralischen Stoffen in oder auf dem Boden erfolgt regelmäßig durch ein in Anlage 1 oder Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes genanntes Verfahren. In Betracht kommen die Beseitigungsverfahren D 1 der „Ablagerungen in oder auf dem Boden“, der „Verpressung (z. B. Verpressung pumpfähiger Abfälle in Bohrlöcher, Salzdome oder natürliche Hohlräume usw.)“ nach D 3, der „Oberflächenaufbringung (z. B. Ableitung flüssiger oder schlammiger Abfälle in Gruben, Teiche oder Lagunen usw.)“ nach D 4, der Ablagerung in „speziell angelegte[n] Deponien“ nach D 5 oder der „Dauerlagerung“ beispielsweise in Bergwerken nach D 12. Im Rahmen der Verwertungsverfahren sind vorrangig die Verfahren zum „Recycling/Rückgewinnung von Metallen und Metallverbindungen“ und von „anderen anorganischen Stoffen“ nach R 4 und R 5 sowie die „Verwendung von Abfällen, die bei einem der unter R 1 bis R 10 aufgeführten Verfahren gewonnen werden“ nach R 11 zu nennen. Führt ein Besitzer seine mineralischen Stoffe oder Gegenstände einem der genannten Verfahren zu, ist nach der Vermutung des § 3 Abs. 2 KrWG eine Entledigung anzunehmen, so dass ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung oder Überlassung im Regelfall von Abfall auszugehen ist. So handelt es sich bei zur Verfüllung einer Sandgrube angenommenen Fremdboden allein schon aufgrund der Entledigung des ursprünglichen Abfallbesitzers um Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG.25 Entsprechendes gilt für Erdaushub, der vom Abfallbesitzer ohne jegliche Zweckbestimmung auf ein Grundstück aufgebracht wird.26 § 3 Abs. 2 KrWG ist allerdings nur eine widerlegliche Vermutung. Die Zuführung eines mineralischen Stoffs oder Gegenstands zu einem der in der Anlage 1 oder Anlage 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelisteten Entsorgungsverfahren stellt daher nicht zwangsläufig eine Entledigung dar. Die Vermutung kann insbesondere dann widerlegt werden, wenn es sich bei den Einsatzstoffen nicht um Abfälle, sondern um primäre Rohstoffe han22 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 2 Rn. 7; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 30; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 18; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 72. 23 So auch die Ausschussbegründung zum KrW-/AbfG, nach der die Zuführung ein der Verwertung oder Beseitigung unmittelbar vorgelagertes Stadium darstellt, BT-Drs. 12/7284, S. 12. 24 BVerwG, Beschl. v. 23.04.1996, Az. 11 B 96.95, NVwZ 1996, 1010, 1010. 25 Im Ergebnis zutreffend VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 81. 26 VG Trier, Urt. v. 07.03.2012, Az. 5 K 1535/11.TR, juris Rn. 18.

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delt.27 So ist beispielsweise der Einsatz von Bodenmaterial, das im Zuge von Bauarbeiten ausgehoben wurde und auf der Baustelle wieder für Bauzwecke verwendet wird, keine Entsorgung nach § 3 Abs. 2 KrWG, obwohl der Stoff auf dem Boden abgelagert wird und damit dem Wortlaut nach unter das Beseitigungsverfahren D 1 fällt. bb) Wille zur Entledigung Subjektive Abfälle sind nicht nur Stoffe oder Gegenstände, deren sich ihr Besitzer entledigt, sondern auch solche, bei denen ein Wille des Besitzers zur Entledigung vorliegt. Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs. 3 KrWG nur geregelt, wann der Entledigungswille „anzunehmen“ ist.28 Ein Wille zur Entledigung liegt freilich aber auch dann vor, wenn der Besitzer eine Sache loswerden will und dies in irgendeiner Form nach außen kenntlich gemacht hat. Dann muss zur Begründung der Abfalleigenschaft nicht auf § 3 Abs. 3 KrWG zurückgegriffen werden, da bereits der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG einschlägig ist.29 § 3 Abs. 3 KrWG regelt lediglich für die aufgeführten Fälle, dass ein Entledigungswille auch ohne Entledigungsvorgang anzunehmen ist, enthält aber keine abschließende Definition des subjektiven Abfallbegriffs.30 Richtigerweise hätte es in § 3 Abs. 3 Satz 1 KrWG daher heißen müssen: „Der Wille zur Entledigung im Sinne des Absatz 1 ist „auch“ hinsichtlich solcher Stoffe und Gegenstände anzunehmen [. . . ].“31 Die Annahme eines Entledigungswillens ist für zwei verschiedenen Fallgruppen vorgeschrieben. Die erste betrifft Stoffe oder Gegenstände, die „bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung darauf gerichtet ist“. In der zweiten soll der Entledigungswille hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände vorliegen, „deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt“. In beiden Fällen ist für die Beurteilung der Zweckbestimmung „die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen“, § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG. Bei der Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale geht es um die umstrittene Frage, ob ein Stoff oder Gegenstand Abfall oder ein Produkt darstellt.32

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BT-Drs. 17/6052, S. 71. Streitig ist die dogmatische Einordnung dieser „Annahme“, Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 33; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 85; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 3; Seibert, UPR 1994, 415, 419; Kunig, NVwZ 1997, 209, 211, sprechen sich für eine gesetzliche Fiktion aus; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 36 ff.; Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 3 Rn. 49; Beckmann, KrW-/AbfR, Rn. 76, ordnen sie zutreffend als gesetzliche Vermutung ein. 29 Daher waren im Fall VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 81, die Ausführungen zum subjektiven Abfallbegriff des § 3 Abs. 3 KrW-/AbfG entbehrlich. Von Abfall war schon deshalb auszugehen, weil eine Entledigung vorlag. 30 BVerwG, Beschl. v. 04.09.2009, Az. 7 B 8.09, juris Rn. 14. 31 Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 404. 32 In der Literatur wurde schon früh auf die Unklarheit des Produktbegriffs in Abgrenzung zum Abfallbegriff hingewiesen, vgl. Wendenburg, NVwZ 1995, 833, 836; Gassner, AöR 1998, 201, 204; gleichwohl hat sich das Schlagwort der Abgrenzung von Abfall und Produkt in Rechtsprechung und Literatur durchgesetzt, weshalb auch im Rahmen dieser Bearbeitung auf die Begrifflichkeiten zurückgegriffen wird. 28

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Die allgemeine Regelung zur Ermittlung des Entledigungswillens in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG wird ergänzt durch die allein auf die in Herstellungsverfahren anfallenden Stoffe und Gegenstände zugeschnittene Spezialvorschrift des § 4 Abs. 1 KrWG, welche in Umsetzung des Art. 5 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG die Umstände normiert, die für eine Anerkennung eines Nebenprodukts vorausgesetzt werden.33 Zur Beantwortung der Frage, ob ein Stoff oder Gegenstand ein Produkt oder Abfall darstellt, sind unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nunmehr drei Fallgruppen zu unterscheiden: Produktionsabfälle, Handlungsabfälle und Produktabfälle. (1) Produktionsabfälle Die erste Fallgruppe betrifft die Unterscheidung zwischen Nebenprodukten und sogenannten Produktionsabfällen,34 die nach § 4 Abs. 1 KrWG getroffen wird. Danach ist ein Stoff oder Gegenstand nicht Abfall, sondern Nebenprodukt, wenn er bei einem Herstellungsverfahren angefallen ist, dessen hauptsächlicher Zweck nicht auf die Herstellung des Stoffs oder Gegenstands gerichtet war. Dies gilt, sofern „sichergestellt ist, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird, eine weitere, über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung hierfür nicht erforderlich ist, der Stoff oder Gegenstand als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt wird und die weitere Verwendung rechtmäßig ist“. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die „Spezialregelung“ des § 4 Abs. 1 KrWG die „allgemeine Regelung“ zur Auslegung des Entledigungswillens in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG ergänzen. Sie ist ausschließlich auf in Herstellungsverfahren anfallende Stoffe oder Gegenstände zugeschnitten und normiert für diese „objektive Umstände [. . . ], welche für die Anerkennung eines Nebenprodukts vorausgesetzt werden“.35 Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die nahezu wortgleich aus Art. 5 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG übernommene Nebenproduktdefinition die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG für alle Stoffe oder Gegenstände, die das Ergebnis eines Produktionsverfahrens sind, vollständig verdrängt.36 Es ist nicht ersichtlich, welcher Anwendungsbereich für diesen Entledigungstatbestand im Rahmen von Herstellungsverfahren noch verbleiben soll. Nur soweit Stoffe oder Gegenstände außerhalb von Produktionsverfahren bei einer der in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG genannten Handlungen anfallen, ist die Frage der Abfalleigenschaft nach dem Vorliegen eines entsprechenden Entledigungswillens zu beurteilen.37 Entscheidende Weichenstellung dafür, ob die Abgrenzung zwischen Abfall und Produkt nach dem spezielleren § 4 Abs. 1 KrWG oder der allgemeineren Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG vorzunehmen ist, bildet die Bestimmung dessen, was ein „Herstellungsverfahren“ ist. Der Begriff ist nicht auf Verfahren im industriellen Bereich beschränkt, sondern bezieht sich auf die Herstellung von Gütern im allgemeinen. Auch der Europäische Gerichtshof geht von einem weiten Begriff des Herstellungsverfahrens 33

BT-Drs. 17/6052, S. 75. Unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wurde im Rahmen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG von Produktionsabfällen gesprochen, vgl. Krings, WiVerw 1995, 103, 114, obwohl die dort aufgezählten Handlungen sich nicht auf Produktionsverfahren beschränkten; kritisch gegenüber dem „verengenden“ Schlagwort Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 404. 35 BT-Drs. 17/6052, S. 75. 36 Dieckmann, AbfallR 2010, 64, 66. 37 BT-Drs. 17/6052, S. 76; siehe dazu E. I. 4. b) bb) (2). 34

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aus. Nach seiner Rechtsprechung fallen deshalb nicht nur die industrielle Produktion von Schweinefleisch38 oder die Erdölraffination39 , sondern beispielsweise auch der Abbau von Bodenschätzen40 darunter. Ist ein Herstellungsverfahren nicht auf die Gewinnung des angefallenen Stoffs oder Gegenstands gerichtet, so ist dieser nur dann nicht als Abfall anzusehen, wenn die in § 4 Abs. 1 KrWG genannten Anforderungen, in welchen die Kernaussagen des Europäischen Gerichtshofs zur Abgrenzung von Abfall und Produkt in vier Kriterien zusammengefasst werden, kumulativ vorliegen. Das erfordert nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 KrWG zunächst, dass „sichergestellt ist, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird“. Erste Voraussetzung ist danach eine gesicherte positive Prognose über die geplante weitere Verwendung des Stoffs oder Gegenstands, nach der schon im Herstellungsverfahren feststeht und nachvollziehbar dargelegt werden kann, welche Verwendungsabsicht mit dem angefallenen Stoff oder Gegenstand verfolgt wird.41 Die Wiederverwendbarkeit eines Stoffs oder Gegenstands allein kann die Abfalleigenschaft nicht ausschließen.42 Vielmehr muss die Weiterverwendung nicht nur möglich, sondern gewiss sein.43 Entscheidend für die Beurteilung der Abfalleigenschaft ist folglich der Grad der Wahrscheinlichkeit der Weiterverwendung, wobei ohne Bedeutung ist, ob die Verwendung im eigenen Betrieb oder außerhalb erfolgt.44 Eine Weiterverwendung ist insbesondere dann als sehr wahrscheinlich einzuschätzen, wenn sie dem Besitzer einen geldwerten Vorteil bringt. Der betreffende Stoff oder Gegenstand stellt dann keine Last dar, derer sich sein Besitzer zu entledigen sucht, sondern hat als echtes Erzeugnis zu gelten.45 Wie sich auch früheren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs entnehmen lässt, ist die Erzielung eines Gewinns allerdings keine hinreichende Bedingung, da auch Abfälle einen wirtschaftlichen Wert haben können.46 Es kann daher zur Abgrenzung zwischen Abfall und Produkt nicht allein auf den wirtschaftlichen Wert einer Sache abgestellt werden; ein Indiz für die Annahme der Produkteigenschaft stellt ein positiver Marktwert aber gleichwohl dar. Ausgehend von diesen Grundsätzen spricht viel für die Annahme eines Nebenprodukts, wenn für den Stoff oder Gegenstand ein Markt existiert, auf dem dieser zum wirtschaftlichen Vorteil des Besitzers weiterverkauft werden kann. Hierfür kann das Bestehen ausreichender Absatzmöglichkeiten vorgetragen und mit der Vorlage langfristig abgeschlossener Verträge über die Lieferung und Abnahme des Erzeugnisses mit mehreren Abnehmern 38

EuGH, Urt. v. 08.09.2005, Rs. C-121/03, Slg. 2003, I-7569, Rn. 58 ff. EuGH, Beschl. v. 15.01.2004, Rs. C-235/02, Slg. 2004, I-1005, Rn. 35 ff. 40 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 32 ff.; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 32 ff. 41 BT-Drs. 17/6052, S. 76. 42 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 29; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 30. 43 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 36; EuGH, Beschl. v. 15.01.2004, Rs. C-235/02, Slg. 2004, I-1005, Rn. 37. 44 EuGH, Urt. v. 08.09.2005, Rs. C-416/02, Slg. 2005, I-7487, Rn. 90. 45 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 37; EuGH, Urt. v. 01.03.2007, Rs. C-176/05, Slg. 2007, I-1721, Rn. 62. 46 EuGH, Urt. v. 28.03.1990, Rs. C-206/88, Slg. 1990, I-1461, Rn. 7 ff.; EuGH, Urt. v. 25.06.1997, Rs. C-304/94, Slg. 1997, I-3561, Rn. 47; ebenso BVerwG, Urt. v. 19.11.1998, Az. 7 C 31.97, NVwZ 1999, 1111, 1111; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.05.2007, Az. 1 A 11463/06, juris Rn. 26. 39

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bewiesen werden.47 Fehlt es hingegen an einem Markt, spricht ein wesentlicher Anhaltspunkt gegen das Vorliegen eines Produkts. Indes ist auch dann die Verneinung der Abfalleigenschaft nicht ausgeschlossen, sofern eine Weiterverwendung aus anderen Gründen sichergestellt ist. Die Weiterverwendung muss nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrWG ohne „eine weitere, über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung“ möglich sein. In diesem Punkt weicht die gesetzliche Formulierung von der früheren engeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ab, wonach erforderlich war, dass eine Nutzung oder Vermarktung „ohne vorherige Bearbeitung“ in Betracht kommt.48 Ausdrücklich zulässig ist damit eine Aufbereitung, die auch bei der Verarbeitung von Primärprodukten üblich, sprich nicht „abfalltypisch“ ist.49 Die Annahme eines Nebenprodukts setzt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 KrWG weiter voraus, dass „der Stoff oder Gegenstand als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt“ worden ist. Nach dem Gesetzeswortlaut nicht verlangt wird hingegen, dass der Stoff oder Gegenstand „in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens“50 hergestellt wurde. Die Anforderung soll gewährleisten, dass der Stoff oder Gegenstand für eine spätere Verwendung aufbereitet und tatsächlich einer Verwendung zugeführt werden kann.51 Das ist nach Auffassung der Kommission sowohl dann anzunehmen, wenn eine Aufbereitung im Hauptproduktionsprozess erfolgt, wie auch dann, wenn ein anlagenexternes, aber betriebsinternes Aufbereitungsverfahren durchgeführt worden ist. Muss das Material hingegen hierfür an einen anderen Ort verbracht werden, sollen diese Verfahrensschritte kein integraler Bestandteil der Hauptproduktion mehr sein.52 Die Bedingung ist auch dann erfüllt, wenn der Stoff oder Gegenstand in einer Qualität anfällt, in der er unmittelbar vom Konsumenten genutzt werden kann.53 Letzte Voraussetzung für die Qualifikation eines in einem Herstellungsverfahren angefallenen Stoffs oder Gegenstands als Nebenprodukt ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 KrWG die Rechtmäßigkeit der weiteren Verwendung.54 Davon ist nach dem Gesetzeswortlaut dann auszugehen, „wenn der Stoff oder Gegenstand alle für seine jeweilige Verwendung anzuwendenden Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt und insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führt“. Durch diese zentrale Anforderung soll sichergestellt werden, dass für Nebenprodukte die gleichen Umweltschutz- und Sicherheitsstandards gelten wie für ein Hauptprodukt. Das erfordert die Einhaltung des allgemeinen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzrechts. Sofern im bestehenden Recht relevante Schutzlücken bestehen, weil es dem Risikopotential eines 47 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 673; ähnlich Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 406. 48 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 34. 49 BT-Drs. 17/6052, S. 76; Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1065. 50 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 36. 51 BT-Drs. 17/6052, S. 76. 52 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte vom 21.02.2007, KOM (2007) 59 endg, S. 9. 53 BT-Drs. 17/6052, S. 76; Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1065. 54 Das wurde schon vom EuGH gefordert, vgl. EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 38.

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Stoffs oder Gegenstands nicht ausreichend Rechnung trägt, soll das zweite Unterkriterium zum Tragen kommen, wonach die weitere Verwendung des Nebenprodukts nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führen darf.55 Insbesondere diese, aber auch die vorgenannten Voraussetzungen, sind in erheblichem Umfang wertungsoffen. Es fragt sich, woraus ein handhabbarer Maßstab dafür abgeleitet werden soll, dass durch die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands die Gefahr einer schädlichen Auswirkung besteht, wenn die anwendbaren Bestimmungen des Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzrechts keine Anforderungen enthalten.56 Um der Zielsetzung der Abfallrahmenrichtlinie, den Schutz von Umwelt und menschlicher Gesundheit gegenüber den nachteiligen Auswirkungen des Umgangs mit Abfällen sicherzustellen, gerecht zu werden, verbietet sich an dieser Stelle eine enge Auslegung des Abfallbegriffs.57 Ob einem Stoff oder Gegenstand die Nebenprodukteigenschaft zukommt, ist immer anhand der Kriterien des § 4 Abs. 1 KrWG unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu überprüfen. Allerdings enthält § 4 Abs. 2 KrWG eine Ermächtigung der Bundesregierung, die abstrakten Anforderungen zur Bestimmung eines Nebenprodukts zu konkretisieren. Eine solche Befugnis besteht auch auf europäischer Ebene. Hier erlaubt Art. 5 Abs. 2 AbfRRL 2008/98/EG eine nähere Ausgestaltung der Anforderungen im Komitologieverfahren nach Art. 39 Abs. 2 AbfRRL 2008/98/EG. Da die Festlegungen dem mitgliedstaatlichen Recht vorgehen, wird dem Komitologieverfahren zukünftig eine weitreichende Bedeutung im Abfallrecht zukommen.58 Bislang wurden jedoch noch keine speziellen Kriterien für eine bestimmte Art von Nebenprodukten festgelegt. (2) Handlungsabfälle Die zweite Fallgruppe betrifft die Unterscheidung zwischen Nebenprodukten und Abfällen, die im Rahmen dieser Arbeit als „Handlungsabfälle“ bezeichnet werden, weil sie bei einer der in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG genannten Handlungen, sprich der „Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen“ anfallen. Obwohl sich der Wortlaut im Vergleich zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG nicht verändert hat, ist der Anwendungsbereich dieses Entledigungstatbestands durch die Schaffung der europarechtlich vorgegebenen Spezialvorschrift des § 4 Abs. 1 KrWG erheblich eingeschränkt worden. Auf alle Sachverhalte, in denen der Stoff oder Gegenstand in einem Herstellungsverfahren anfällt, ist nunmehr zur Klärung der Frage, ob ein Nebenprodukt vorliegt, bereits § 4 Abs. 1 KrWG einschlägig, so dass für § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG kein Raum mehr bleibt. Allerdings wird der Tatbestand nicht in vollem Umfang verdrängt. In den Konstellationen, in denen der Stoff oder Gegenstand nicht in einem Produktionsverfahren, sondern bei einer der in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG genannten Handlungen anfällt, bleibt die Norm anwendbar.59 Als Beispiel hierfür sei nur der in der Gesetzesbegründung zum Kreislaufwirtschafts- und Ab-

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BT-Drs. 17/6052, S. 76. Dieckmann, AbfallR 2010, 64, 66. 57 EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 37 ff. 58 Zum Komitologieverfahren in der neuen Abfallrahmenrichtlinie Petersen/Heß, ZUR 2007, 567, 572 ff. 59 BT-Drs. 17/6052, S. 76. 56

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fallgesetz genannte Straßenkehricht, der bei der Dienstleistung Straßenreinigung anfällt, genannt.60 Allgemein gesprochen sind nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG alle Stoffe oder Gegenstände als Abfall zu betrachten, die bei einer der genannten Handlung anfallen, ohne dass deren Zweck hierauf gerichtet ist. Eine Handlung bezweckt dann den Anfall eines Stoffs oder Gegenstands, wenn sowohl die Herstellung der Sache als auch ihre Weiternutzung vor Durchführung der Handlung geplant oder jedenfalls eingeplant und zumindest mitbestimmender Anlass für die Durchführung der Handlung war.61 Nicht geplant ist der Anfall eines Stoffs oder Gegenstands demgegenüber, wenn das Erzeugnis nicht als solches zum Zweck seiner Verwendung angestrebt wird und der Erzeuger vielmehr bestrebt ist, die Menge zu begrenzen.62 Mit anderen Worten ist Abfall „nach gesundem Menschenverstand [. . . ] das, was zu Boden fällt, wenn ein Material oder ein Gegenstand bearbeitet wird, und nicht das mit dem Herstellungsverfahren unmittelbar angestrebte Ergebnis“.63 Bereits unter der bisherigen Rechtslage war anerkannt, dass die Erzeugung der Sache nicht der alleinige oder der hauptsächliche Zweck der Handlung sein muss.64 Ausreichend sind vielmehr mit der Handlung verfolgte untergeordnete Nebenzwecke. Vor-, Neben-, Co-, Koppel- und Zwischenprodukte fallen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter den Abfallbegriff, da ihre Erzeugung zumindest mit beabsichtigt war.65 Deshalb wäre es unzulässig, jedes Nebenerzeugnis, das bei einer der genannten Handlungen entsteht, schon allein aus diesem Grund als Abfall zu qualifizieren. (3) Produktabfälle § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG knüpft ebenso wie die vorgenannte Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG an die Zweckbestimmung an. Entfällt diese oder wird sie vom Abfallbesitzer bzw. -erzeuger aufgegeben, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an ihre Stelle tritt, ist vom Vorliegen eines Entledigungswillens auszugehen.66 Vom Tatbestand erfasst werden alle Stoffe oder Gegenstände, die entwidmet wurden, ohne unmittelbar neu gewidmet worden zu sein.67 Der Sinn und Zweck der Regelung setzt dabei nicht voraus, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung notwendig die erste gewesen ist.68 Zur Verknüpfung der ursprünglichen Zweckbestimmung mit dem neuen Verwen-

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BT-Drs. 12/5672, S. 40. Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 11 ff.; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 91; Schink, VerwArch 1997, 230, 242. 62 EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 84; EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 32. 63 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 32; Kritik an dieser „Wertungsentscheidung“ äußert Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 406 f. 64 Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 149; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 40; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 92. 65 BT-Drs. 12/7284, S. 12. 66 Krings, WiVerw 1995, 103, 116, spricht in diesem Fall von „Produktabfällen“. 67 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 24 f.; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 103. 68 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 41; Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 3 Rn. 55; Bickel, NuR 1992, 361, 371. 61

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dungszweck stellt das Gesetz auf das Merkmal der Unmittelbarkeit ab. Ein neuer Verwendungszweck tritt dann unmittelbar an die Stelle des alten, wenn er ohne zeitliche Verzögerung subjektiv geändert, die Sache also einem anderen Zweck gewidmet wird.69 Ein konkreter Zeitraum, der noch als „unmittelbar“ im Sinne der Vorschrift gilt, ist nicht bestimmt.70 Das Gesetz verlangt jedoch nicht, dass der bisherige Verwendungszweck unverzüglich durch einen neuen ersetzt wird. Daher kann eine Sache vor der Zuführung zu einer neuen Nutzung zunächst für einen vorübergehenden Zeitraum gelagert werden, sofern der neue Nutzungszweck zu Beginn der Lagerung feststeht und realisierbar ist.71 Eine zeitweise Lagerung des Materials bis zu seiner Weiterverwendung ist also unschädlich. Hierdurch erlangt es nicht automatisch die Abfalleigenschaft, da eine Zwischenlagerung als neutraler Umstand zu betrachten ist und für die Einstufung als Abfall oder Produkt nichts hergibt.72 Neben der zeitlichen Unmittelbarkeitskomponente enthält der Tatbestand die Voraussetzung einer stofflichen Unmittelbarkeit. Die Sache muss sich auch objektiv ohne weitere Behandlung für den neuen Zweck nutzen lassen.73 (4) Verkehrsanschauung Um der Gefahr zu begegnen, dass Handlungs- oder Verwendungszwecke lediglich vorgegeben werden, damit Stoffe oder Gegenstände nicht dem Abfallregime unterfallen, schreibt § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG für die Beurteilung der Zweckbestimmung neben der Auffassung des Abfallbesitzers die Berücksichtigung der Verkehrsanschauung fest. Dem Wortlaut der Norm ist zu entnehmen, dass die beiden Komponenten dabei nicht gleichrangig nebeneinander stehen, sondern es vielmehr in erster Linie auf die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers ankommt, in deren Rahmen die Verkehrsanschauung Beachtung finden soll.74 Dabei ist es Aufgabe des Abfallerzeugers oder -besitzers, nachzuweisen, dass er keinen Entledigungswillen hat und die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 2 KrWG nicht vorliegen. Äußert er sich zwar dahingehend, nimmt aber gleichwohl Handlungen vor, die auf einen Entledigungswillen schließen lassen, so ist das Vor-

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Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 24. Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 43. 71 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 25; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 103; einschränkend Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 35, der zusätzlich eine Erkennbarkeit nach außen zur Voraussetzung macht; zu weitgehend Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 3 Rn. 56, der es bereits für ausreichend erachtet, dass der neue Nutzungszweck noch nicht feststeht, eine neue Verwendungsmöglichkeit aber plausibel erscheint. 72 EuGH, Urt. v. 08.09.2005, Rs. C-416/02, Slg. 2005, I-7487, Rn. 94; so bereits Neun/Stevens, AbfallR 2003, 292, 296 f. 73 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 24; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 43; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 34; umstritten ist, ob die Reinigung eine die Unmittelbarkeit ausschließende Behandlung sein kann, dies bejaht Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 173; wohl auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.05.2007, Az. 1 A 11463/06, juris Rn. 24 f.; a. A. Giesberts, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 86. 74 VG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2009, Az. 17 K 690/08, juris Rn. 28; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 35; Peine, in: Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 13 Rn. 35; a. A. Queitsch, UPR 1995, 412, 413, der die subjektiven Vorstellungen nur als Indiz bei der Feststellung der Verkehrsauffassung berücksichtigen will; wohl auch Fouquet, ZUR 1996, 186, 187, der von Gleichrangigkeit ausgeht. 70

I. Abfall

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liegen der Abfalleigenschaft anhand des objektiven Korrektivs der Verkehrsanschauung zu überprüfen.75 Als ein Indiz für die Annahme eines Produkts werden in der deutschen Literatur die Erfüllung allgemeiner oder gewerblicher Produktionsnormen oder -standards, beispielsweise DIN-Normen, genannt. Weitere Indikatoren sollen ein positiver Marktwert oder der Abschluss bzw. die Abschlussmöglichkeit eines Handelsvertrags sowie die Frage der Rechtmäßigkeit der Weiterverwendung der Sache sein.76 Ob tatsächlich ein Produkt oder Abfall vorliegt, ist immer anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wobei der Vorgang der Erzeugung und der späteren Verwendung des Stoffs oder Gegenstands wie auch die abfallspezifischen Risiken als Anhaltspunkte zu berücksichtigen sind.77 Unerheblich für die Abgrenzung ist hingegen die Art der Verwendung des Stoffs oder Gegenstands.78 Es spielt daher keine Rolle, ob das Nebenerzeugnis einer andersartigen oder derselben Verwendung wie das Haupterzeugnis zugeführt wird.79 Erfüllt der hergestellte Stoff gültige Produktnormen oder Spezifikationen, wird seine Erzeugung im Regelfall auf eine gezielte Herstellung zurückzuführen sein; es spricht nichts gegen die Weiterverwendung unter Herausnahme aus dem Regime des Abfallrechts. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings zutreffend klargestellt, dass die Wiederverwendbarkeit des Materials allein die Abfalleigenschaft nicht ausschließen kann.80 Für die Annahme eines Nebenprodukts ist neben der Rechtmäßigkeit der Wiederverwendung81 zu fordern, dass diese „nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss ist“.82 Davon ist in aller Regel dann auszugehen, wenn der Stoff oder Gegenstand seinem Besitzer einen geldwerten Vorteil bringt. Ein die Abfalleigenschaft begründender Entledigungswille ist hingegen anzunehmen, wenn die Stoffe oder Gegenstände zwar veräußert werden, der Besitzer aber keinen Kaufpreis erhält, sondern dem Abnehmer ein Entgelt für die Entgegennahme bezahlt. Dann geht es ihm nicht mehr um einen zweckentsprechenden Gebrauch der Sache, sondern nur noch darum, diese loszuwerden, weil sie 75 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.11.1998, Az. 2 Ss (OWi) 358/98, NVwZ 1999, 571, 572; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 35; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 35; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 29; wohl auch Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 93; kritisch Seibert, UPR 1994, 415, 419; Stuttmann, NVwZ 2006, 401, 405, weist darauf hin, dass die Verkehrsanschauung regelmäßig nur durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln sein dürfte. 76 Vgl. BT-Drs. 12/7284, S. 12; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 35 Rn. 40; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 94 ff.; Beckmann, KrW-/AbfR, Rn. 77 f.; Gassner, AöR 1998, 201, 224 f.; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; kritisch zum Marktwertkriterium Wolfers, NVwZ 1998, 225, 228 f.; eingehend zu den Abgrenzungskriterien zwischen Abfall und Produkt Reese, Kreislaufwirtschaft, S. 70 ff. 77 EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 69, 71, 73, 88; EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 24; EuGH, Beschl. v. 15.01.2004, Rs. C-235/02, Slg. 2004, I-1005, Rn. 40, 44. 78 EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 64. 79 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.05.2005, Az. 8 A 1598/04, ZUR 2005, 608, 609; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 165. 80 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 29; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 30. 81 EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 38. 82 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 36; EuGH, Beschl. v. 15.01.2004, Rs. C-235/02, Slg. 2004, I-1005, Rn. 37; siehe dazu E. I. 4. b) bb) (1).

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E. Anforderungen des Abfallrechts

für ihn nutz- und wertlos ist.83 Die zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Abgrenzung zwischen Abfall und Nebenprodukten betrifft den Abfallbegriff des Art. 3 Nr. 1 AbfRRL 2008/98/EG und ist daher auch zur Auslegung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, durch das die Abfallrahmenrichtlinie umgesetzt wurde, maßgebend.84 (5) Entledigungswille bei mineralischem Material Nach der vorstehenden allgemeinen Darstellung der Abgrenzung zwischen Nebenprodukten und Abfällen sollen die Kriterien im Folgenden konkret auf die mineralischen Stoffe angewandt und untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen einige wichtige mineralische Materialien dem subjektiven Abfallbegriff unterfallen. (a) Bodenmaterial und Gesteinsmassen Eine generelle Aussage, dass unbelastete Boden- oder Gesteinsmassen nicht als Abfall zu qualifizieren sind, lässt sich nicht treffen. Die bloße Tatsache, dass diese Stoffe weiterverwendet werden können, rechtfertigt noch keinen Ausschluss aus dem Abfallregime. Denn die Gefahr eines unsachgemäßen Umgangs mit Boden- oder Gesteinsmassen besteht nicht nur bei einer vorhandenen Schadstoffbelastung, sondern auch bei unbelastetem Material, wenn der Besitzer für seine Entfernung Zeit oder Kosten aufwenden muss. Andererseits sind Boden- oder Gesteinsmassen, beispielsweise bei der Förderung oder Aufbereitung von Rohstoffen anfallende Bergbaurückstände, nicht zwingend als Abfall einzustufen. Für die Beurteilung kommt es in jedem Einzelfall darauf an, ob ein Wille zur Entledigung anzunehmen ist. Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Entledigungswillens ist, dass der Stoff oder Gegenstand ein Rückstand, mithin ein Erzeugnis ist, das als solches nicht angestrebt wurde. So hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Bruch, der bei einem Abbau von Granit in einem Steinbruch anfällt und nicht das ist, was der Betreiber hauptsächlich zu gewinnen sucht, Abfall darstellt.85 Gleiches gilt für Baggergut, das beim Ausbau oder der Unterhaltung einer Wasserstraße und damit bei einer Handlung anfällt, deren Zweck nicht auf den Anfall der Sache gerichtet war.86 Allerdings wurde in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs explizit darauf hingewiesen, dass die Einstufung nicht zwingend ist, sondern Material, das in einem nicht hauptsächlich zu seiner Gewinnung bestimmten Abbau- oder Herstellungsverfahren entsteht, auch ein Nebenerzeugnis sein 83 Sächsisches OVG, Beschl. v. 02.10.2003, Az. 4 BS 462/02, NuR 2004, 601, 601; Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 96; in diesem Sinne auch schon BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 355; a. A. Schröder, BWVP 1996, 130, 131, der den Wert der Sache für die Einstufung als Abfall für irrelevant ansieht; zur Entkräftung der Indizwirkung eines negativen Marktwerts vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.11.1998, Az. 8 A 10087/98, NVwZ 1999, 676, 678. 84 BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 2 f.; BVerwG, Beschl. v. 04.09.2009, Az. 7 B 8.09, juris Rn. 10. 85 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 32 f.; nur darauf abstellend VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 81; auch in der juristischen Literatur wurde früher Abraum und Bergematerial ohne weiteres als Abfall betrachtet, Schulte, ZfB 1987, 178, 202; Freytag, NuR 1996, 334, 340. 86 VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 16.02.2012, Az. 5 K 3/11, juris Rn. 54; VG Magdeburg, Beschl. v. 15.01.2013, Az. 2 B 333/12, juris Rn. 21.

I. Abfall

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kann, sofern es später genutzt oder vermarktet werden soll, die Wiederverwendung gewiss ist, keine vorherige Bearbeitung erfordert und in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens erfolgt.87 Die vom Europäischen Gerichtshof an ein Nebenprodukt gestellten Anforderungen sind mittlerweile in leicht modifizierter Form in § 4 Abs. 1 KrWG kodifiziert. Danach setzt die Annahme eines Nebenprodukts voraus, dass die Weiterverwendung der bei der Rohstoffgewinnung angefallenen Rückstände sichergestellt ist. Wird diese als „bloß vorstellbar“ bzw. „ungewiss“ eingestuft, liegt kein Nebenprodukt,88 sondern Abfall vor.89 Anders ist – sofern auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 KrWG erfüllt sind – zu entscheiden, wenn Abnahmeverträge mit Bauunternehmern oder Baumaterialienherstellern bestehen, da bei einer gesicherten Weiterveräußerung an Unternehmer dieser Branche die Weiterverwendung als gewährleistet gilt. Ein und derselbe Stoff kann daher – abhängig von seinem weiteren Verwendungszweck – als Abfall oder Nebenprodukt zu qualifizieren sein.90 Sichergestellt ist eine Weiterverwendung nicht nur bei einem Verkauf, sondern auch dann, wenn die Rückstände ohne eine vorherige Bearbeitung im Abbaubetrieb, etwa zur Verfüllung von Grubenstollen, wieder eingesetzt werden sollen. Da der Besitzer sie „für seine Haupttätigkeit brauche“, können sie nicht als Stoffe angesehen werden, deren er sich entledige oder entledigen wolle.91 Wird bei der übertägigen Bodenschatzgewinnung das Boden- und Gesteinsmaterial von den zu fördernden Stoffen separiert und ist vom Unternehmer geplant, es anschließend zur vorgeschriebenen Wiedernutzbarmachung durch Verfüllung einzusetzen, steht damit der Einsatz des Abraums fest, so dass es sich nicht um Abfall handelt. Bei der untertägigen Bodenschatzgewinnung wird das anfallende Gestein hingegen nur noch selten für die Verfüllung eingesetzt, sondern auf Berghalden oder anderweitig über Tage gelagert, so dass für dieses die Abfalleigenschaft in der Regel zu bejahen ist.92 Abzulehnen ist die Einstufung von angefallenem Gestein als Nebenprodukt nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 KrWG auch, wenn eine Weiterverwendung aus Gründen der Sicherheit oder des Umweltschutzes untersagt, sprich nicht rechtmäßig ist. Unter der Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wurde bei der Rohstoffgewinnung anfallenden Gesteinsmassen die Nebenproduktqualität selbst bei einer gesicherten Weiterverwendung abgesprochen, wenn sie vor ihrer Weiterverwendung – beispielsweise zu Kies – verarbeitet werden mussten.93 Davon kann nach der aktuellen Rechtslage nicht mehr ausgegangen 87

EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 34 ff. Der Begriff „Produkt“ passt auf Bodenmassen weniger gut, weshalb Gassner, AöR 1998, 201, 204, im Zusammenhang mit Bodenmaterialien von „Rohstoffen“ spricht. 89 EuGH, Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-9/00, Slg. 2002, I-3533, Rn. 38; entsprechendes gilt für Nebengestein oder Sandrückstände, „deren Verwendung für Bauarbeiten oder andere Zwecke unsicher ist“, EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 41, ebenso wie für Baggergut, dessen Wiederverwendung nur möglich, nicht aber gewiss ist, VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 16.02.2012, Az. 5 K 3/11, juris Rn. 54. 90 Collisy/Hüsges, Steinbruch und Sandgrube 7/2006, 38, 38; Attendorn, NuR 2008, 153, 155. 91 EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 36 f.; in einer solchen Fallgruppe ist die Anwendbarkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG ausgeschlossen, vgl. dazu E. II. 4. 92 Vgl. Collisy/Hüsges, Steinbruch und Sandgrube 7/2006, 38, 40; Attendorn, NuR 2008, 153, 156. 93 EuGH, Urt. v. 11.09.2003, Rs. C-114/01, Slg. 2003, I-8725, Rn. 38, 41. 88

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E. Anforderungen des Abfallrechts

werden. § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrWG erlaubt nunmehr eine weitere, über ein normales industrielles Verfahren nicht hinausgehende Vorbehandlung. Da die Verarbeitung von Gesteinsmassen zu Kies eine Aufbereitung ist, die auch bei der Verarbeitung von Primärstoffen üblich ist, kann diesen Stoffen die Nebenproduktqualität aus dem Grund nicht mehr versagt werden. Grundsätzlich ist in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob Abfall oder ein Produkt vorliegt, so dass nicht einmal reiner Mutterboden, der bei Baumaßnahmen ausgehoben wird und nach § 202 BauGB94 „in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung und Vergeudung zu schützen“ sowie vor einer Vermischung mit anderen Stoffen wie zum Beispiel Bauschutt zu bewahren ist, generell aus dem Abfallregime herausgenommen werden kann.95 Da er bei der Herstellung einer baulichen Anlage anfällt, deren Hauptzweck nicht auf die Gewinnung des Bodenaushubs gerichtet war, ist bei natürlich vorkommenden, nicht kontaminierten Böden nach den allgemeinen Grundsätzen von einem Nebenprodukt und nicht von Abfall auszugehen, wenn die Anforderungen des § 4 Abs. 1 KrWG erfüllt sind. Lediglich dann, wenn die nicht kontaminierten Böden in ihrem natürlichen Zustand wieder an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, für Bauzwecke verwendet werden, ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG von vornherein nicht anwendbar.96 Andernfalls ist das Abfallregime zwar einschlägig, von Abfall wird im Regelfall aber gleichwohl nicht auszugehen sein: Da Mutter- bzw. Naturboden an Bodenbörsen gehandelt wird und daher ein Markt existiert, auf dem der Verkäufer einen Kaufpreis erzielen kann, bringt seine Veräußerung wirtschaftliche Vorteile mit sich und eine Weiterverwendung kann als sichergestellt angesehen werden. Wird angefallener unbelasteter Bodenaushub zur Trockenlegung eines Feuchtgebiets oder zur Verfüllung einer Kiesgrube eingesetzt, so ist seine Weiterverwendung ebenfalls gewiss, weshalb es sich mangels Vorliegen des subjektiven Abfallbegriffs nicht um eine Maßnahme der Entsorgung handelt, sofern der geplante Einsatz in rechtmäßiger Weise erfolgt.97 Anders ist die Rechtslage bei schadstoffbelastetem Boden, der im Zuge von Sanierungsmaßnahmen ausgekoffert wird. Die Durchführung einer Sanierungsmaßnahme ist kein Herstellungsverfahren im Sinne des § 4 Abs. 1 KrWG, sondern eine Dienstleistung, so dass die Abgrenzung zwischen Abfall und Produkt anhand von § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG vorzunehmen ist. Bei schadstoffbelastetem Bodenmaterial handelt es sich – unabhängig vom Verunreinigunsgrad und der Einschlägigkeit des objektiven Abfallbegriffs – bereits um Abfall im subjektiven Sinn, weil ein Entledigungswille nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG anzunehmen ist.98 Ebenso wie die Dienstleistung der Straßenreinigung die 94 Baugesetzbuch vom 23.09.2004, BGBl. I 2004, S. 2414, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.06.2013, BGBl. I 2013, S. 1548. 95 EuGH, Urt. v. 18.12.2007, Rs. C-194/05, Slg. 2007, I-11661, Rn. 42 ff.; ähnlich auch Scheier, UPR 2011, 300, 305. 96 Vgl. dazu E. II. 4. 97 Zur Rechtslage unter dem Abfallgesetz siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.05.1987, Az. 7 A 58/86, DÖV 1987, 1021, 1021; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 17.08.1989, Az. 7 M 47/89, NuR 1990, 227, 228; a. A. Hessischer VGH, Urt. v. 09.04.1973, Az. VI OE 35/72, ZfW 1974, 361, 363, der reinen Erdaushub, der zur Verfüllung eines Baggersees verwendet werden sollte, als Abfall angesehen hat, weil für seine Abnahme ein Entgelt gezahlt wurde. 98 Im Ergebnis wohl ebenso, allerdings ohne Begründung und nicht zwischen dem objektiven und subjektiven Abfallbegriff trennend Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 15c; Versteyl/Dageförde, NuR 2002, 189, 190; für den vergleichbaren Fall des Klärschlamms vgl.

I. Abfall

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Säuberung der Straße und nicht, auch nicht nebenbei, die Herstellung von Straßenkehricht bezweckt,99 ist Zweck einer Sanierungsmaßnahme nicht die Gewinnung des kontaminierten Bodenaushubs, sondern die Beseitigung der Gefahrensituation. (b) Kraftwerksrückstände Wendet man die vorgenannten Kriterien auf REA-Gips an, ist von einem Nebenprodukt und nicht von Abfall auszugehen, wenn der Gips die Qualitätsanforderungen der gipsverarbeitenden Industrie erfüllt und so rein ist, dass er ohne weitere Behandlung unmittelbar beim Bau oder in der Baumaterialienherstellung eingesetzt und folglich an Abnehmer aus dieser Branche gegen Entgelt veräußert werden kann.100 Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs spielt für diese Einordnung eine nicht unerhebliche Rolle, dass REA-Gips in einem Kohlekraftwerk nicht zwangsläufig oder nebenbei anfällt, sondern gezielt hergestellt wird, um ihn später nutzen oder vermarkten zu können. Die Erzeugung des Gipses ist das „Ergebnis einer technischen Entscheidung“101 , welche gegen die Einstufung als Abfall spricht. Kein Grund für die Annahme von Abfall ist die Tatsache, dass bei der Rauchgasentschwefelung zunächst nur Kalziumsulfitschlamm anfällt, der in einem eigenständigen Prozess zu REA-Gips aufbereitet werden muss, weil diese Aufbereitung keine über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung darstellt.102 Auch eine Zwischenlagerung macht REA-Gips nicht zu Abfall. Hierdurch wird der Produktstatus nicht aufgehoben, sofern die zukünftige Weiterverwendung nicht nur möglich erscheint, sondern sichergestellt ist. Das kann angenommen werden, wenn längerfristige Handelsverträge bestehen, die gewährleisten, dass der Gips gegen Zahlung eines Kaufpreises abgenommen wird, um ihn anschließend in der Baustoffindustrie zu verwenden.103 Marktfähig und marktgängig hergestellter REA-Gips

OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.06.1997, Az. 3 M 115/96, NVwZ 1997, 1027, 1028. Bei der Altlastensanierung entnommenes Bodenmaterial ordnet auch § 13 Abs. 5 BBodSchG als Abfall ein, wenn § 28 Abs. 1 Satz 1 KrWG für nicht anwendbar erklärt wird. 99 Zu diesem Beispiel BT-Drs. 12/5672, S. 40. 100 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 14; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 11 Rn. 141; Beckmann, KrW-/AbfR, Rn. 77; Schink, VerwArch 1997, 230, 244; Neun/ Stevens, AbfallR 2003, 292, 298; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 167; undifferenziert Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1994, 833, 836; vgl. zur Rechtslage nach dem Abfallgesetz BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 81 f.; die Abfalleigenschaft von REA-Gips offenlassend BGH, Urt. v. 01.02.1990, Az. I ZR 126/88, BGHZ 110, 210, 218. 101 EuGH, Beschl. v. 15.01.2004, Rs. C-235/02, Slg. 2004, I-1005, Rn. 45. 102 A.A. Frenz, WiVerw 2003, 1, 5, der unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wegen dieser Aufbereitung von Abfall zur Verwertung ausgeht. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass damals § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrWG noch nicht galt und nach der Rechtsprechung die Anerkennung als Produkt ausschied, sobald eine Aufbereitung erforderlich war. 103 Bei der spezifikationsgerechten Verwendung von REA-Gips als Baustoff ist von seiner Umweltverträglichkeit auszugehen, vgl. die Stellungnahme des Umweltbundesamts vom 16.08.1988 in einem Verfahren vor dem OVG des Saarlandes, Beschl. v. 05.10.1989, Az. 1 W 125/89, NVwZ 1990, 491, 492. Außerdem können durch die Verwendung von REA-Gips die schädlichen Folgen des Naturgipsabbaus wie Ressourcenverbrauch und Beeinträchtigung der Biodiversität verringert werden; zur vergleichbaren Lage bei der Phosphorrückgewinnung vgl. Ekardt/Holzapfel/Ulrich, UPR 2010, 260, 261 ff.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

unterliegt daher im Regelfall nicht dem Abfallrecht.104 Da das Angebot von REA-Gips zumindest in einigen Regionen teilweise über der Nachfrage liegt, ist dort ein positiver Marktpreis nicht zu erzielen. Sofern das Material dort nicht aufgrund von Lieferverträgen abgenommen, sondern lediglich unter Verweis auf künftige Verkaufsabsichten abgelagert wird, scheitert die Annahme der Produkteigenschaft.105 Anders ist die Rechtslage bei nicht spezifikationsgerechtem, weil etwa verunreinigtem oder keiner Qualitätskontrolle unterzogenem REA-Gips, welcher mit Naturgips nicht zu vergleichen ist und für den kein Markt existiert. Entsprechendes gilt für REA-Gips, der zur Verfüllung einer Tongrube verwendet wird. Bei diesem ist die Weiterverwendung nicht sichergestellt, so dass es sich um Abfall im subjektiven Sinn handelt, weil ein Wille zur Entledigung entweder erkennbar oder zumindest anzunehmen ist. Auf den ersten Blick schien auch der Gesetzgeber eine Einstufung als Abfall vorgenommen zu haben, als er in der Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 2 KrW-/AbfG, die lediglich deklaratorische Wirkung hatte und aus diesem Grund nicht mehr ins Kreislaufwirtschaftsgesetz übernommen wurde, von „Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen oder sonstige[n] Abfälle[n]“ sprach. Daraus jedoch zu schließen, es handle sich bei REAGips stets um Abfall,106 erscheint systematisch verfehlt. Denn § 7 Abs. 2 KrW-/AbfG konnte nicht dahingehend verstanden werden, dass REA-Gips generell dem Abfallregime unterfällt. Die Bestimmung setzte die Abfalleigenschaft vielmehr voraus und wirkte nicht konstitutiv. Ihr Anwendungsbereich war erst eröffnet, wenn feststand, dass der REA-Gips die Abfalldefinition erfüllt. Ob davon im Einzelfall ausgegangen werden konnte, war ausschließlich an § 3 KrW-/AbfG zu messen.107 Die für REA-Gips dargestellten Grundsätze gelten auch für andere Kraftwerksrückstände wie Hochofenschlacke108 , Steinkohlenflugasche109 oder Schmelzkammergranulat110 . 104 Ebenso Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Mitteilung zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte vom 21.02.2007, KOM (2007) 59 endg, S. 13; vgl. zur Umsetzung der Abgrenzungskriterien des EuGH auch die Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Lands Nordrhein-Westfalen und der Evonik Power Minerals GmbH über die rechtliche Behandlung von Steinkohlenflugasche, Schmelzkammergranulat und REA-Gips, im Internet abzurufen unter http:// www.umwelt.nrw.de/umwelt/abfall/vereinbarungen/index.php (28.02.2014). 105 Frenz, WiVerw 2003, 1, 6. 106 So Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 40; Mann, in: Jarass/Petersen/ Weidemann, KrW-/AbfG, § 7 Rn. 54. 107 Ebenso Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 27; Neun/Stevens, AbfallR 2003, 292, 293. Richtig ist zwar die Schlussfolgerung von Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 40, dass es sich bei REA-Gips in der Hand eines Bergbauunternehmers, der diesem zum Versatz übergeben worden ist, um Abfall handelt. Der Grund für die Bejahung der Abfalleigenschaft liegt aber nicht darin, dass dieser Stoff qua Gesetz Abfall ist, sondern mit der Übergabe an den Bergbauunternehmer der Entledigungstatbestand des § 3 Abs. 2 KrWG erfüllt ist. 108 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Mitteilung zu Auslegungsfragen betreffend Abfall und Nebenprodukte vom 21.02.2007, KOM (2007) 59 endg, S. 12. 109 Das BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82, ordnete Steinkohlenflugasche unter der Rechtslage des Abfallgesetzes als Reststoff ein; auch das OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.01.2005, Az. VII Verg 106/04, juris Rn. 45, geht – allerdings ohne Begründung – davon aus, Steinkohlenflugasche sei ein industrielles Nebenprodukt. 110 Vgl. zur Umsetzung der Abgrenzungskriterien des EuGH die Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes

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Auch sie werden durch spezielle Vorrichtungen planmäßig erzeugt. Sofern keine weitere, über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung erforderlich ist, die einschlägigen Produktanforderungen erfüllt sind, dies in einer Qualitätskontrolle nachgewiesen wurde und die Verwendung in der Baustoffproduktion sichergestellt ist, sind die Anforderungen an ein Nebenprodukt nach § 4 Abs. 1 KrWG erfüllt, die Stoffe fallen dann als Produkte nicht unter das Abfallrecht.111 Anders liegt der Fall hingegen, wenn Rückstände wie Flugaschen oder Schlacken nicht zielgerichtet anfallen und weitere Bearbeitungsprozesse durchlaufen werden müssen, bevor sie als Sekundärrohstoffe im Straßenbau, zur Verbesserung der Bodenmechanik oder im Bergbau Verwendung finden. Sind zwischen Anfall und Einsatz verschiedene abfallspezifische Separations-, Sortier- und Siebprozesse zu durchlaufen, handelt es sich um Abfall und nicht um ein Nebenprodukt.112 In die Ersatzbaustoffverordnung soll erstmals eine Regelung aufgenommen werden, welche die Voraussetzungen für die Einstufung eines Stoffs als Nebenprodukt enthält. § 18 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 bestimmt, dass Stahlwerksschlacke der Klasse 1, Edelstahlschlacke der Klasse 1, Kupferhüttenmaterial der Klasse 1 und Hüttensand dann nicht mit schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verbunden sind und folglich der Umweltschutzanforderung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 KrWG genügen, wenn sie nach Maßgabe des § 4 ErsatzbaustoffV-E2 hergestellt wurden. Eine Regelung kann nur für die bei der Metallerzeugung anfallenden Schlacken getroffen werden, weil nur diese grundsätzlich in der Lage sind, sämtlichen Anforderungen nach § 4 Abs. 1 KrWG zu entsprechen.113 Für diese ist bestimmt, dass sie unter den vorgenannten Voraussetzungen an ihre Herstellung die Anforderung des § 4 Abs. 1 Nr. 4 KrWG einhalten. Damit es sich jedoch um Nebenprodukte und nicht um Abfälle handelt, müssen darüber hinaus ausweislich des § 18 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 KrWG erfüllt sein. Ausschließlich dann dürfen diese Stoffe als Nebenprodukte in den Verkehr gebracht werden.114 (c) Bauschutt Wie in den zuvor dargestellten Fällen kann auch die Abfalleigenschaft des beim Abriss eines Gebäudes anfallenden Bauschutts nicht pauschal angenommen werden, weil „der Hauptzweck der Handlung auf [. . . ] den Abriß [. . . ] und nicht die Gewinnung von Bauschutt“ gerichtet ist.115 Diese Auffassung ist zu kritisieren. Unter Berücksichtigung der Nordrhein-Westfalen und der Evonik Power Minerals GmbH über die rechtliche Behandlung von Steinkohlenflugasche, Schmelzkammergranulat und REA-Gips, im Internet abzurufen unter http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/abfall/vereinbarungen/index.php (28.02.2014). 111 Neun/Stevens, AbfallR 2003, 292, 292; Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 167; für aus Rauchgasreinigungsrückständen gewonnenen 98-prozentigen Schwefel vgl. Wolfers, NVwZ 1998, 225, 227. 112 VG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2004, Az. 17 K 4572/03, juris Rn. 2, 3, 29. 113 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 209. 114 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 210. 115 So OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 40; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 14; ähnlich Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 30; noch weitergehend Frenz, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 34, der annimmt, dass selbst vorsortierter Bauschutt, der nur aus mineralischem Material besteht, Abfall ist.

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Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob ein Stoff nach den konkreten Umständen Abfall darstellt, weil ein Wille zur Entledigung besteht. Die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen eines Entledigungswillens bedarf auch bei Bauschutt einer Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG.116 Es kommt also darauf an, ob die ursprüngliche Zweckbestimmung weggefallen ist, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle trat. Der „Hauptzweck“ ist für diese Entledigungsalternative irrelevant. Aber selbst wenn man von der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG ausgehen will, bleibt festzustellen, dass nicht notwendig der Hauptzweck der Handlung auf die Herstellung der angefallenen Stoffe oder Gegenstände gerichtet sein muss. Vielmehr reicht es aus, dass zielgerichtet ein Nebenprodukt hergestellt wird. Auch bei Bauschutt ist für die Abgrenzung von Abfall und Produkt daher zu berücksichtigen, ob die Qualitätsanforderungen und Produktstandards der diese Stoffe verwendenden Industrie eingehalten und keine Verunreinigungen wie Tapeten- oder Teppichreste, Kunststoffe oder Metalle und ähnliches enthalten sind sowie ihr Einsatz ohne eine vorherige Bearbeitung gewiss ist.117 Liegen diese Voraussetzungen im Einzelfall vor, kann auch Bauschutt ein Produkt darstellen und als solches dem Abfallrecht entzogen sein.118 Die Annahme der Produkteigenschaft ist allerdings nach der oben dargestellten Rechtsprechung dann ausgeschlossen, wenn die Weiterverwendung nicht sichergestellt ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der (sortierte) Bauschutt über einen längeren Zeitraum auf einem Grundstück gelagert wird, ohne dass er gegenwärtig eine konkrete Funktion erfüllt und die Zuführung zu einer künftigen Verwendung nicht ersichtlich ist.119 Der zitierten Ansicht, die von einer generellen Abfalleigenschaft des Bauschutts ausgeht, ist freilich zuzugestehen, dass die Voraussetzungen, die an ein Produkt gestellt werden, in den seltensten Fällen vorliegen, weil Bauschutt gewöhnlich als Gemisch aus mehreren Stoffen anfällt und vor seiner Weiterverwendung einem Trennungs-, Zerkleinerungsoder Verarbeitungsprozess unterzogen werden muss. In aller Regel ist Bauschutt daher als Abfall zu qualifizieren. Dies gilt zumindest für unsortierten Bauschutt, der beim Abriss eines Wohnhauses anfällt. Bauschutt dieser Art enthält neben mineralischem Material typischerweise zahlreiche weitere Bestandteile wie Fußböden, Wand- und Deckenverkleidungen, Baustahlbewehrungen, Holzbaustoffe aller Art, Kunststoffe, Versorgungsleitun116 Von der Einschlägigkeit des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG gehen auch aus: OVG SchleswigHolstein, Urt. v. 12.09.2000, Az. 4 L 87/00, NordÖR 2002, 122, 123; Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.06.2010, Az. 20 ZB 10.1223, juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Urt. v. 02.12.2003, Az. 17 K 6449/01, juris Rn. 18; VG Stade, Urt. v. 03.03.2005, Az. 6 A 957/04, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2009, Az. 17 K 690/08, juris Rn. 28; VG Oldenburg, Urt. v. 09.02.2011, Az. 5 A 1435/09, juris Rn. 39; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 22 f.; a. A. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 40; VG Stuttgart, Urt. v. 14.05.2004, Az. 19 K 5404/02, juris Rn. 22, die ohne Begründung § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG anwenden; ebenso Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 14 und Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 30, die scheinbar auch auf diese Alternative zurückgreifen. 117 Ähnlich Beckmann, KrW-/AbfR, Rn. 77. 118 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.02.1984, Az. 7 A 90/83, DÖV 1984, 897, 897; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.05.1987, Az. 7 A 58/86, DÖV 1987, 1021, 1021. 119 BVerwG, Beschl. v. 19.12.1989, Az. 7 B 157.89, NVwZ 1990, 564, 564; OVG SchleswigHolstein, Urt. v. 12.09.2000, Az. 4 L 87/00, NordÖR 2002, 122, 123; Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.06.2010, Az. 20 ZB 10.1223, juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Urt. v. 02.12.2003, Az. 17 K 6449/02, juris Rn. 19; VG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2009, Az. 17 K 690/08, juris Rn. 33.

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gen, Fußbodenbeläge, Teerpappen und dergleichen. Da für unsortierten Bauschutt kein Markt existiert, ist er ohne eine vorherige Behandlung nicht einsetzbar, so dass er nach der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits unter den subjektiven und nicht erst den objektiven Abfallbegriff fällt, weil ein Wille zur Entledigung anzunehmen ist.120 c) Objektiver Abfallbegriff Die Abfalleigenschaft von Stoffen oder Gegenständen wird nicht nur dadurch begründet, dass sich ihr Besitzer ihrer entledigt oder entledigen will, sondern auch, wenn er sich ihrer „entledigen muss“, § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG. Das Tatbestandsmerkmal des Entledigenmüssens definiert das Gesetz in § 3 Abs. 4 KrWG näher und orientiert sich dabei an den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen.121 Eine Entledigungspflicht besteht – ohne dass es auf die subjektive Auffassung oder den ausdrücklich bekundeten Willen des Besitzers eines Stoffs oder Gegenstands ankäme – nach dem Wortlaut dann, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Erstens darf die Sache nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden. Sie muss zweitens aufgrund ihres konkreten Zustands geeignet sein, das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, gegenwärtig oder künftig zu gefährden und das Gefährdungspotential ist drittens nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung auszuschließen. Die Bedeutung des objektiven Abfallbegriffs wurde durch den erweiterten und verobjektivierten subjektiven Abfallbegriff stark zurückgedrängt. Wie das Beispiel Bauschutt verdeutlicht, ist heute bei vielen Stoffen bereits ein „Wille zur Entledigung“ anzunehmen, wohingegen unter der Geltung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AbfG noch von einer Pflicht zur Entsorgung auszugehen war. Der Rückgriff auf § 3 Abs. 4 KrWG ist daher oft entbehrlich. Ihm kommt inzwischen nur noch eine Auffangfunktion für die Fälle zu, die sich nicht anhand des subjektiven Abfallbegriffs lösen lassen.122 aa) Wegfall der ursprünglichen Zweckbestimmung Erste Voraussetzung für das Vorliegen von objektivem Abfall ist, dass der Stoff oder Gegenstand nicht mehr seiner ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechend verwendet wird. Das bedeutet, dass das abfallrechtliche Regime mangels Vorliegen des Abfallbegriffs dann nicht eingreifen kann, wenn die Sache als Ganzes – unabhängig von ihrem 120 OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.09.2000, Az. 4 L 87/00, NordÖR 2002, 122, 123; VG Stade, Urt. v. 03.03.2005, Az. 6 A 957/04, juris Rn. 22 ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 13.01.2009, Az. 17 K 690/08, juris Rn. 30; von der Einschlägigkeit des subjektiven Abfallbegriffs gehen auch Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 122, und Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 3 Rn. 14, aus; im sogenannten „Bauschutt-Urteil“ ist das Bundesverwaltungsgericht unter der Rechtslage des Abfallgesetzes von objektivem Abfall ausgegangen, BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 358; Abfall im objektiven Sinn nimmt auch das VG Ansbach, Urt. v. 22.06.2006, Az. AN 11 K 05.01428, juris Rn. 22, an, ohne die Voraussetzungen des subjektiven Abfallbegriffs zu prüfen. 121 BT-Drs. 12/7284, S. 12 f. unter Verweis auf das „Bauschutt-Urteil“, BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353–359, sowie das „Altreifen-Urteil“, BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 10.92, BVerwGE 92, 359–366. 122 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 106; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 46; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 36.

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Gefährdungspotential – noch zu ihrem ursprünglichen Zweck verwendet wird. Den Risiken, die hierdurch entstehen, soll nicht mit dem Abfallrecht, sondern mit Hilfe des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts oder durch spezielle Schutzgesetze, die für die Abwehr der betreffenden Gefahren maßgebend sind, begegnet werden.123 Erst wenn die ursprüngliche, gemeint ist wie beim subjektiven Abfallbegriff die jeweils vorherige, nicht notwendig erste Zweckbestimmung, objektiv entfallen ist oder aufgegeben wurde,124 entsteht die spezifische Gefahrenlage, der die Vorschriften über die Abfallentsorgung Rechnung tragen wollen. Denn bei zwecklos gewordenen Sachen besteht die Besorgnis, dass ihr Besitzer mit ihnen mangels eines Gebrauchsinteresses unsachgemäß, insbesondere umweltgefährdend, umgehen könnte. Dieselbe abfalltypische Gefährdungslage existiert für Stoffe oder Gegenstände, die keine ursprüngliche Zweckbestimmung haben – und zwar von Anfang an. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind solche Stoffe oder Gegenstände nicht erfasst. Gleichwohl fallen auch sie unter den objektiven Abfallbegriff.125 Die Vorschrift über den objektiven Abfallbegriff kommt aber nur dann zum Tragen, wenn eine neue Zweckbestimmung unmittelbar an die Stelle der ursprünglichen getreten ist.126 Denn ohne die unmittelbar an die Stelle der alten getretene neue Zweckbestimmung müsste man bereits vom Vorliegen eines Entledigungswillens nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG und damit von der Einschlägigkeit des subjektiven Abfallbegriffs ausgehen. bb) Gefährdungspotential Der Stoff oder Gegenstand muss ferner aufgrund seines konkreten Zustands geeignet sein, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere der Umwelt, zu gefährden. Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wohl der Allgemeinheit“, ohne die dieser Begriff inhaltsleer wäre, weil er dem Gesetzesanwender letztlich beliebig große Spielräume eröffnet,127 kann nach verbreiteter Auffassung auf § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG zurückgegriffen werden.128 Die Vorschrift steht zwar in systematischem Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung und setzt das Vorhandensein von Abfall voraus. Da die dort geregelten Gefährdungen und Beeinträchtigungen Regelbeispiele für spezifische abfallrechtliche Gefahren darstellen, können sie auch zur Beantwortung der Frage, ob Abfall vorliegt, herangezogen werden. Ein Stoff oder Gegenstand ist dann konkret geeig123 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 108; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 47; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 38. 124 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 109; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 47; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 4 Rn. 8; Frenz, KrW-/ AbfG, § 3 Rn. 38. 125 Im Ergebnis übereinstimmend, allerdings mit unterschiedlicher Begründung, Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 109 (teleologischen Erweiterung); Kunig, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 47 (Analogie); Fouquet, ZUR 1996, 186, 188 (erweiternde Auslegung). 126 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 110; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 4 Rn. 8; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 38; a. A. Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 47, der auf das Merkmal der Unmittelbarkeit verzichtet. 127 Zur Kritik am Gemeinwohlbegriff Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 252 ff; ebenso, einschließlich einer alternativen Interpretation, Ekardt, Information, S. 71 ff. 128 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 48; Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 3 Rn. 65; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 42; einschränkend Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 116, der nur einen Rückgriff auf § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 KrWG zulassen will.

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net, das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden, wenn eine weitere Aufbewahrung oder Verwendung aufgrund allgemeiner Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse typischerweise ein Gefährdungspotential hervorruft.129 Die Gefährdung muss sich aus dem „konkreten Zustand“ des Stoffs oder Gegenstands ergeben. Unter dem „konkreten Zustand“ sind nicht nur Sacheigenschaft und -beschaffenheit zu verstehen,130 sondern, wie der zuvor zitierten Entscheidung zu entnehmen ist, auch die Umstände ihrer Aufbewahrung131 und Verwendung. Nicht erforderlich ist hingegen das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts. Wegen der Vorsorgeorientierung des Abfallrechts kommt es vielmehr allein darauf an, ob die Sache geeignet ist, eine Gefährdung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Umwelt, herbeizuführen. Ausreichend ist die abstrakte Gefährlichkeit, die anhand einer typisierenden Betrachtungsweise zu ermitteln ist.132 Die abstrakte Gefährlichkeit muss nicht notwendig gegenwärtig vorliegen, nach dem Wortlaut des Gesetzes ist es ausreichend, wenn ein künftiges Gefährdungspotential besteht. Ein künftiges Gefährdungspotential liegt dann vor, wenn bei einer geplanten oder möglichen Verwendung oder Verwertung der Sache das Risiko einer Umweltbeeinträchtigung besteht. Indizien hierfür sind ein fehlendes Nutzungsinteresse und eine geringe Nutzungswahrscheinlichkeit.133 Fehlt es an beidem, spricht viel für das Vorliegen von objektivem Abfall. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Stoff oder Gegenstand einen negativen Marktwert hat und für seine Abnahme ein Entgelt gezahlt werden muss. In diesem Fall „besteht in besonderem Maß die Besorgnis, daß die Stoffe aus Kostengründen umweltgefährdend verwertet oder beseitigt werden“.134 cc) Erforderlichkeit der Entsorgung Erfüllt ein Stoff oder Gegenstand die beiden erstgenannten Voraussetzungen, so ist er damit noch nicht zwingend Abfall. Das Bestehen einer Entledigungspflicht verlangt darüber hinaus, dass sich das Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ausschließen lässt. Voraussetzung der Abfalleigenschaft nach § 3 Abs. 4 KrWG ist demnach das Gebotensein der Entsorgung; es reicht nicht aus, dass das Gefährdungspotential durch das allgemeine Ordnungsrecht, zum Beispiel das Gefahrstoff-, Chemikalien-,

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BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 358. Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 4 Rn. 11; ähnlich Breuer, in: Jarass/Petersen/ Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 117, der die Wirkungsweise der Sache gegenüber der Umwelt herausstellt. 131 Zum Aufbewahrungsort der Sache vgl. Bayerisches ObLG, Urt. v. 30.10.1990, Az. RReg 4 St 168/90, NVwZ-RR 1991, 143, 143 f. 132 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 358; Breuer, in: Jarass/ Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 114; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 48; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 3 Abs. 4 Rn. 10; Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 39; a. A.Fritsch, KrW-/AbfR, Rn. 164; ebenso Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1994, 833, 836: „Der objektive Abfallbegriff wird auf konkret gefährliche Stoffe beschränkt“. 133 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 356 f. 134 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 357; vgl. auch Bayerischer VGH, Beschl. v. 23.02.1996, Az. 24 CS 95.3373, NVwZ 1996, 1035, 1035; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.11.1998, Az. 8 A 10087/98, NVwZ 1999, 676, 678. 130

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Wasser-, Immissionsschutz- oder Baurecht, in hinreichendem Maß ausgeschlossen wird.135 Eine Verwertung oder Beseitigung ist dann nötig, wenn die derzeitige oder geplante bzw. künftig vermutete Nutzung durch den Abfallbesitzer nicht zum Ausschluss des sachspezifischen Gefährdungspotentials führt136 und dieses auch nicht durch auf andere ordnungsrechtliche Gesetze gestützte Instrumentarien beseitigt werden kann. Umgekehrt liegt dann kein Abfall im objektiven Sinn vor, wenn der Besitzer „in rechtlicher, tatsächlicher, organisatorischer, finanzieller, personeller und unternehmerischer Hinsicht in der Lage ist, die Sachen – gegebenenfalls unter Beauftragung Dritter – alsbald einer umweltunschädlichen Verwendung [. . . ] zuzuführen“.137 dd) Entledigungspflicht bei mineralischem Material Ob mineralisches Material dem objektiven Abfallbegriff unterfällt, ist – wie bei allen anderen Stoffen auch – in jedem Einzelfall anhand der Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 4 KrWG zu überprüfen. (1) Bodenmaterial und Gesteinsmassen Bei reinem Erdaushub, also natürlichem, in seiner Zusammensetzung nicht verändertem Boden, sowie bei Sand- oder Gesteinsmassen ohne Schadstoffgehalt wird es regelmäßig an der objektiven Abfalleigenschaft fehlen, weil diese Stoffe nicht geeignet sind, das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden.138 Das gilt jedoch nur in der Regel, es kommt immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, die gegebenenfalls eine Einstufung als Abfall rechtfertigen. So kann unbelastetes mineralisches Material, das keine schädliche Beeinflussung von Boden oder Grundwasser besorgen lässt, gleichwohl Abfall im objektiven Sinn sein, wenn sein konkreter Zustand geeignet ist, andere vom Kreislaufwirtschaftsgesetz geschützten Belange zu beeinträchtigen.139 In den meisten Fällen wird das maßgebliche Kriterium, das eine Einstufung als Zwangsabfall zur Folge hat, allerdings die Schadstoffhaltigkeit des Materials sein. Bei einer Belastung von Erd-, Sand- und Gesteinsmassen mit Ölrückständen, Chemikalien, polychlorierten Biphenylen oder sonstigen Schadstoffen unterliegen diese einer Entledigungspflicht. Dementsprechend handelt 135 BT-Drs. 12/7284, S. 13; bereits zuvor BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 355; vgl. zum Ausschluss der Abfalleigenschaft aus diesem Grund, Bayerisches ObLG, Beschl. v. 07.01.1997, Az. 4 St RR 226/96, NVwZ 1997, 1038, 1039; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 31.10.1994, Az. 10 A 4084/92, NVwZ-RR 1995, 491, 492; VG Münster, Urt. v. 06.06.1990, Az. 6 K 842/89, NVwZ 1991, 98, 98. 136 Kunig, NVwZ 1997, 209, 213. 137 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 10.92, BVerwGE 92, 359, 364; Bayerischer VGH, Beschl. v. 24.11.1992, Az. 20 CS 92.3069, NVwZ-RR 1993, 464, 465. 138 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 84; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 17.08.1989, Az. 7 M 47/89, NuR 1990, 227, 228; VG Freiburg, Urt. v. 17.11.1994, Az. 5 K 732/93, NVwZ-RR 1995, 636, 637; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 49; a. A. VG Augsburg, Urt. v. 01.08.2001, Az. Au 4 K 00.1223, juris Rn. 25, das unbelastetes Bodenmaterial ohne weitere Begründung als Abfall einstuft; ebenso Schneeweiss, BrBp 2005, 220, 222, der verladenes Aushubmaterial auch dann, wenn es „reiner Natur“ ist, als Abfall ansieht. 139 So namentlich für die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege Bayerisches ObLG, Beschl. v. 19.10.1989, Az. 3 OWi 134/89, UPR 1990, 192, 193; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 13.01.1995, Az. 10 S 3057/94, NVwZ-RR 1995, 506, 506; a. A. OVG NordrheinWestfalen, Urt. v. 17.12.1987, Az. 20 A 300/87, UPR 1989, 230, 231.

I. Abfall

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es sich auch bei ausgehobenem kontaminiertem Boden, etwa aus der Altlastensanierung, um Abfall nach dem objektiven Abfallbegriff.140 (2) Bauschutt Oben wurde erörtert, dass unsortierter Bauschutt unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nach überzeugender Auffassung bereits dem subjektiven Abfallbegriff unterfällt.141 Lediglich in vereinzelten Entscheidungen wurde das Vorliegen eines Entledigungswillens nach § 3 Abs. 3 KrWG nicht geprüft und ohne auf den subjektiven Abfallbegriff einzugehen eine Entledigungspflicht nach § 3 Abs. 4 KrWG angenommen, weil unsortierter Bauschutt nicht mehr entsprechend seiner ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werde, aufgrund seines konkreten Zustands geeignet sei, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und sein Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder eine gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden könne.142 Sofern also nicht bereits das Vorliegen von subjektivem Abfall bejaht wird, ist zumindest eine Pflicht zur Entledigung anzunehmen, da die hinsichtlich des Gefährdungspotentials vorzunehmende typisierende Betrachtungsweise unsortiertem Bauschutt generell ein Besorgnispotential bescheinigt, das es rechtfertigt, ihn als umweltgefährdend einzustufen.143 Dieses Besorgnispotential muss nicht notwendigerweise von schadstoffhaltigen Bestandteilen stammen, es wird bereits durch die in unsortiertem Bauschutt enthaltenen festen Fremdstoffanteile wie Holz, Metall, Kunststoffe, Versorgungsleitungen, Fußbodenbeläge, Teerpappe und dergleichen hervorgerufen.144 Wird Bauschutt also ohne Vorsortierung und Aufbereitung in oder auf dem Boden verwendet, ist eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch eine schädliche Beeinflussung von Gewässern und Boden anzunehmen, ohne dass es eines Nachweises der konkreten Gefährlichkeit für die Schutzgüter Grundwasser und Boden bedarf.145 Damit ist aber nicht zugleich gesagt, dass es sich bei mit unsortiertem und unaufbereitetem Bauschutt durchsetzten Bodenmassen um Abfälle zur Beseitigung handelt.146 Auch Stoffe, die wegen ihres Gefährdungspotentials als 140 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.01.1995, Az. 10 A 2429/92, NVwZ-RR 1995, 441, 441; Bayerischer VGH, Urt. v. 10.03.1998, Az. 20 B 97.406, juris Rn. 19; VG Würzburg, Urt. v. 10.07.2006, Az. W 7 K 05.28, juris Rn. 16; Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 75; Schröder, BWVP 1996, 130, 132; Versteyl/Dageförde, NuR 2002, 189, 190; Grothmann, NZBau 2010, 343, 343. 141 Siehe dazu E. I. 4. b) bb) (5) (c). 142 Vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 15.06.1998, Az. 20 ZB 98.1527, juris Rn. 3; VG Ansbach, Urt. v. 22.06.2006, Az. AN 11 K 05.01428, juris Rn. 22; VG Ansbach, Urt. v. 08.05.2013, Az. 11 K 12.01062, juris Rn. 33; offengelassen VG Oldenburg, Urt. v. 09.02.2011, Az. 5 A 1435/09, juris Rn. 39. 143 BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 11.92, BVerwGE 92, 353, 358; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.07.1995, Az. 4 L 229/94, juris Rn. 45. 144 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.09.1991, Az. 7 A 10042/91, NuR 1992, 437, 438; VG Oldenburg, Urt. v. 09.02.2011, Az. 5 A 1435/09, juris Rn. 39; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 435. 145 VG Ansbach, Urt. v. 22.06.2006, Az. AN 11 K 05.01428, juris Rn. 22. 146 Abzulehnen ist die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010, Az. 8 A 10139/10, juris Rn. 34, das mit Bauschutt, insbesondere Betonbrocken, Keramik- und Ziegelteilen, Gehwegplatten und Straßenaufbruch durchsetztes Bodenmaterial per se als Abfall zur Beseitigung ansieht.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Abfälle im objektiven Sinn nach § 3 Abs. 4 KrWG einzustufen sind, können verwertet werden und sind deshalb nicht per se Abfälle zur Beseitigung.147 Vorstehendes gilt aber nur für unsortierten Bauschutt. Handelt es sich um sortiertes, rein mineralisches Material, das vorwiegend aus Steinbaustoffen, Mörtel und Betonbruch besteht, wird es regelmäßig an der objektiven Abfalleigenschaft fehlen.148 Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der zur Verfüllung verwendete Bauschutt die Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung einhält.149 (3) Kraftwerksrückstände Kraftwerksrückstände fallen in einem Herstellungsverfahren an, dessen hauptsächlicher Zweck nicht auf die Herstellung dieser Stoffe oder Gegenstände gerichtet ist. Sofern sie im Einzelfall keine Produkte darstellen,150 weil die Anforderungen des § 4 Abs. 1 KrWG nicht erfüllt sind, handelt es sich um Abfall im subjektiven Sinn. Der objektive Abfallbegriff hat für diese Materialien heute daher keine Bedeutung mehr. 5. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mineralische Materialien dann Abfall nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG darstellen, wenn ihr Besitzer sich ihrer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Eine Entledigung liegt vor, wenn der Abfallbesitzer den mineralischen Stoff oder Gegenstand einem Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt. Die Qualifikation als Abfall setzt nicht zwingend eine Entledigung voraus, ausreichend ist unter den in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG genannten Voraussetzungen bereits ein Wille zur Entledigung. Kein Entledigungswille besteht bei Stoffen oder Gegenständen, welche die Anforderungen an ein Nebenprodukt nach § 4 Abs. 1 KrWG erfüllen. Die Anwendbarkeit der Norm verlangt, dass das mineralische Material in einem Herstellungsverfahren angefallen ist, dessen Hauptzweck auf die Herstellung einer anderen Sache gerichtet war. Das betrifft hauptsächlich Bodenaushub, Restmassen beim Abbau von Bodenschätzen und den Anfall von Kraftwerksrückständen. Für diese Stoffe ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob sie ein Nebenprodukt oder Abfall darstellen. Von der Abfalleigenschaft ist auszugehen, wenn die Weiterverwendung der angefallenen Stoffe nicht bereits während des Herstellungsverfahrens sichergestellt oder eine abfalltypische Aufbereitung erforderlich ist und wenn die spätere Verwendung nicht in rechtmäßiger Weise erfolgen kann. Je nach Art der weiteren Verwendung können Boden- oder Gesteinsmassen daher Abfall oder Nebenprodukt sein. Gezielt hergestellte und den gängigen Produktnormen entsprechende Kraftwerksrückstände sind im Regelfall Nebenprodukte, wenn ihre Weiterverwendung sichergestellt ist, beispielsweise durch langfristige Lieferverträge. 147

Dazu im Einzelnen E. III. 3. c) cc) (6). OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.09.1991, Az. 7 A 10042/91, NuR 1992, 437, 438; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 49. 149 VG München, Urt. v. 07.08.2001, Az. M 16 K 01.2317, juris Rn. 80. 150 Siehe dazu E. I. 4. b) bb) (5) (b). 148

II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

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Sofern die mineralischen Stoffe nicht im Rahmen eines Produktionsverfahrens angefallen sind, richtet sich die Abgrenzung zwischen Abfall und Nebenprodukt nach § 3 Abs. 3 KrWG. Das gilt namentlich für Böden aus der Altlastensanierung oder Bauschutt. Diese mineralischen Materialien sind in aller Regel Abfall im subjektiven Sinn, weil sie bei einer der in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG genannten Handlungen anfallen, ohne dass ihr Anfall auch nur als untergeordneter Nebenzweck gewünscht ist beziehungsweise sie ihre ursprüngliche Zweckbestimmung im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG verloren haben, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an seine Stelle getreten wäre. Entscheidend ist aber auch hier immer eine Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung. Ein Stoff oder Gegenstand ist auch dann Abfall, wenn sich sein Besitzer seiner entledigen muss. Eine Entledigungspflicht setzt voraus, dass die Sache nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet wird und geeignet ist, das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden. Das ist insbesondere bei schadstoffbelasteten Erd-, Sand- und Gesteinsmassen sowie unsortiertem Bauschutt, sofern er nicht bereits unter den subjektiven Abfallbegriff fällt, anzunehmen. Zur Klassifizierung – nicht zur Qualifizierung – der Abfälle ist die Abfallverzeichnis-Verordnung heranzuziehen. Mineralische Abfälle fallen insbesondere unter Nr. 1 (Abfälle, die beim Aufsuchen, Ausbeuten und Gewinnen sowie bei der physikalischen und chemischen Behandlung von Bodenschätzen entstehen), Nr. 10 (Abfälle aus thermischen Prozessen) und Nr. 17 (Bauund Abbruchabfälle einschließlich Aushub von verunreinigten Standorten).

II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes In § 2 Abs. 2 KrWG werden einige Stoffe und Gegenstände vom Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ausgenommen. Für die vorliegende Arbeit sind § 2 Abs. 2 Nr. 7 (bergbauliche Abfälle), Nr. 9 (in Gewässer eingebrachte Stoffe), Nr. 10 (Böden am Ursprungsort), Nr. 11 (nicht kontaminiertes Bodenmaterial) und Nr. 12 KrWG (Umlagerung von Sedimenten) von Bedeutung. 1. Bergbauliche Abfälle nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG Nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG ist das Gesetz nicht anwendbar auf „Abfälle, die unmittelbar beim Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten sowie bei der damit zusammenhängenden Lagerung von Bodenschätzen in Betrieben anfallen, die der Bergaufsicht unterstehen und die nach dem Bundesberggesetz [. . . ] und den auf Grund des Bundesberggesetzes erlassenen Rechtsverordnungen unter Bergaufsicht entsorgt werden“. Der Anwendungsausschluss ist vor allem dort relevant, wo mineralische Abfälle zur Verfüllung von Tagebauen eingesetzt werden. Ob er greift, richtet sich einerseits nach der Herkunft und andererseits nach der konkreten Verwendung des zu verfüllenden Materials. Werden Abfälle eingesetzt, die beim Abbau von Bodenschätzen in der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben unmittelbar anfallen, greift die Bereichsausnahme des § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG unter der Voraussetzung, dass die Verfüllung bergrechtlich zuzulassen ist mit der Folge des Ausschlusses des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Wird hingegen bergbaufremder Ab-

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E. Anforderungen des Abfallrechts

fall eingesetzt, ist das Abfallrecht einschlägig.151 Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist auch anwendbar auf die Verwendung von Abfällen, die zwar beim Abbau von Bodenschätzen, nicht aber in einem der Bergaufsicht unterliegenden Betrieb, zum Beispiel in Kiesgruben, anfallen. Auf letztgenannte Abfälle ist ergänzend die Gewinnungsabfallverordnung152 anzuwenden.153 a) Abfälle aus der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben Voraussetzung für die Unanwendbarkeit des Abfallregimes ist, dass die Abfälle in einem der Bergaufsicht unterstehenden Betrieb angefallen sind. Unter der Bergaufsicht versteht man die Überwachung der bergbaubetreibenden Betriebe durch die Bergbehörden, § 69 Abs. 1 BBergG. § 114 Abs. 1 BBergG bestimmt, dass ein Bergbaubetrieb eine in § 2 Abs. 1 Nr. 3 BBergG bezeichnete Einrichtung ist. Die Tätigkeit einer solchen Einrichtung ist auf das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen einschließlich des Verladens, Beförderns, Abladens, Lagerns und Ablagerns von Bodenschätzen, Nebengestein und sonstigen Massen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BBergG) sowie die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 BBergG) gerichtet. Die Begriffe der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung werden in § 4 Abs. 1 bis 3 BBergG legaldefiniert. Nebengestein und sonstige Massen, die bei den vorgenannten Tätigkeiten mit aus dem Boden gelöst werden, fallen – sofern sie die Voraussetzungen an ein Nebenprodukt nach § 4 Abs. 1 KrWG nicht erfüllen – unter den subjektiven Abfallbegriff, da sie in einem Herstellungsverfahren anfallen, dessen Zweck nicht auf ihre Gewinnung gerichtet ist.154 Diese Abfälle werden unter der Voraussetzung vom Kreislaufwirtschaftsgesetz ausgenommen, dass sie unmittelbar beim Aufsuchen, Gewinnen oder Aufbereiten angefallen sind. Der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG setzt eine Unmittelbarkeitsbeziehung zwischen den genannten bergbaulichen Tätigkeiten und den als Abfall zu qualifizierenden Stoffen voraus, die über den bergbaulichen Betriebsplan hergestellt wird.155 Erfasst werden darüber hinaus nur bergbautypische Abfälle. Hierbei handelt es sich um solche, die üblicherweise nur beim Aufsuchen, Gewinnen und Aufarbeiten von Bodenschätzen anfallen. Dazu gehören beispielsweise Abraummassen, Bergematerial, sogenannte Grob- und Waschberge, Bohrschlämme und sonstiges Material für Halden.156 Nicht darunter fallen Materialien, die gleichermaßen in anderen Betrieben anfallen kön-

151

VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 44. Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2006/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 über die Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineralgewinnenden Industrie und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG (Gewinnungsabfallverordnung) vom 27.04.2009, BGBl. I 2009, S. 900, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 29 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 153 BT-Drs. 17/6052, S. 70. 154 Vgl. dazu E. I. 4. b) bb) (5) (a). 155 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 70; Frenz, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 29; Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 2 Rn. 63; zum Beispiel aufgehaldeter nicht verwertbarer Salze aus bergmännisch gewonnenem Rohsalz vgl. VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 46. 156 Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 127; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 37; zum Begriff der „bergbauspezifischen Abfälle“ vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 30. 152

II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

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nen, wie etwa Bauschutt aus dem Abriss von Betriebsanlagen.157 Für diese Abfälle, die nicht vom Bergbauprivileg umfasst sind, greift die Bereichsausnahme nicht; sie müssen nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes entsorgt werden. b) Entsorgung unter der Bergaufsicht Der Anwendungsausschluss setzt weiter voraus, dass die Abfälle in einer Abfallentsorgungseinrichtung unter der Bergaufsicht entsorgt werden. Hierdurch stellt der Gesetzgeber klar, dass § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG nicht nur dann einschlägig ist, wenn die Abfälle auf dem Betriebsgelände selbst einer Entsorgung zugeführt werden, sondern auch, wenn sie an einen anderen Bergbaubetreiber abgegeben werden und dieser sie in einer bergrechtlich zugelassenen Einrichtung verwertet oder beseitigt.158 Durch die Aufnahme dieses Zusatzes ins Gesetz wurde die vormals strittige Frage, ob eine bloße Übergabe unmittelbar beim Bergbau anfallender Abfälle an Dritte zur Anwendbarkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes führt, anders als von der früher herrschenden Meinung entschieden. Unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wurde überwiegend davon ausgegangen, der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem der Bergaufsicht unterstehenden Betrieb und den Abfällen ginge beim Verlassen der bergbaulichen Abfälle des Betriebsgeländes mit der Folge verloren, dass der Privilegierungsgrund für die Bereichsausnahme entfällt. Es stünde dem Sinn des Gesetzes entgegen, die Verwertung oder Beseitigung von bergbaulichen Abfällen durch einen Dritten von den Anforderungen des Abfallrechts freizustellen.159 Das galt nach damaliger Ansicht auch dann, wenn ein anderer Bergbauunternehmer die Abfälle übernahm, um sie als Versatz oder zur Verfüllung seiner stillgelegten Anlagen zu verwenden.160 c) Exkurs: Entsorgung bergbaulicher Abfälle Der Ausschluss vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes hat jedoch nicht zur Folge, dass die Bestimmungen des Gesetzes keinerlei Wirkung auf die Entsorgung von bergbaulichen Abfällen entfalten. Vielmehr sind dessen materielle Vorgaben auch im Rahmen einer Entsorgung unter dem Regime des Bergrechts heranzuziehen. Sieht ein Abschlussbetriebsplan die Verfüllung eines Tagebaus mit mineralischen Abfällen zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche vor, ist seine Zulassung zu erteilen, wenn die in § 55 Abs. 1 und Abs. 2 BBergG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Zu diesen Vorgaben gehört unter anderem, dass die „anfallenden Abfälle ordnungsgemäß verwendet oder beseitigt werden“, § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BBergG. Als „anfallende“ 157 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 73; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 37; Attendorn, NuR 2008, 153, 157; a. A. Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 30; vgl. auch VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 46. 158 BT-Drs. 17/6052, S. 69. 159 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 76; Kropp, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 2 Rn. 67; Freytag, NuR 1996, 334, 335; Attendorn, NuR 2008, 153, 157; Marder-Bungert/Mäßenhausen, AbfallR 2008, 266, 268; a. A. offenbar Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 36; nicht in dieser Deutlichkeit Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 120. 160 Breuer, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 75; Schulte, ZfB 1987, 178, 203; Freytag, NuR 1996, 334, 335.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Abfälle in diesem Sinne gelten ausschließlich die sogenannten bergbaulichen Abfälle, die unmittelbar beim Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen in den der Bergaufsicht unterfallenden Betrieben entstehen.161 Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen von § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BBergG nur solche Abfälle erfasst werden, die von der Geltung des Abfallrechts ausgeschlossen sind.162 Sie sind ordnungsgemäß zu verwenden oder zu beseitigen. Wie eine ordnungsgemäße Verwendung und Beseitigung auszusehen hat, regelt das Bergrecht nicht. Allerdings kann zur Ausfüllung dieser Begriffe auf die materiellen Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zurückgegriffen werden. Gegen eine entsprechende Heranziehung könnte zwar sprechen, dass in der abfallrechtlichen Terminologie zwischen Vermeidung, Verwertung und Beseitigung unterschieden wird. § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BBergG spricht hingegen nicht von „Verwertung“, sondern von „Verwendung“. Das Abstellen auf diesen Begriff ist jedoch nur einem redaktionellen Versehen während des Gesetzgebungsverfahrens, durch das die Bergbauabfallrichtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde, geschuldet. Der Begriff der „Verwendung“ ist daher richtigerweise als „Verwertung“ zu lesen.163 Diese sowie die Beseitigung sind dann ordnungsgemäß, wenn sie den abfallrechtlichen Grundsätzen entsprechen.164 Ob bergbauliche Abfälle ordnungsgemäß verwendet oder beseitigt werden, ist also nach den Bestimmungen des materiellen Abfallrechts zu beurteilen.165 Abzulehnen ist die Auffassung, dass eine Entsorgung, die nicht in jeder Hinsicht den abfallrechtlichen Bestimmungen entspricht, sondern nur mit dem weniger anspruchsvollen allgemeinen Zweck des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in Einklang steht, ordnungsgemäß sein könne. Die Privilegierung für bergbauliche Abfälle wird mit der Herausnahme dieser Art von Abfällen aus dem Abfallrecht sowie dem Umstand zu begründen versucht, dass das Bundesberggesetz nicht verbindlich auf das Abfallrecht verweise.166 Obwohl die bergbaulichen Abfälle formal aus dem Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes herausgenommen sind, ist kein Grund ersichtlich, der hinsichtlich der materiellen Anforderungen eine Privilegierung dieser Abfälle rechtfertigen würde. Das Bergrecht belässt es gerade dabei, auf die „Ordnungsgemäßheit“ der Verwendung und Beseitigung, sprich der Entsorgung, zu verweisen. Damit wird auf den unbestimmten Rechtsbegriff der Ordnungsgemäßheit zurückgegriffen, der in § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG als „im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlichen-rechtlichen Vorschriften“ stehend umschrieben ist. Er ist – nicht nur im Abfallrecht – ein Synonym für die Rechtmäßig-

161 Nicht ganz so deutlich BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253; VG Dessau, Urt. v. 11.09.2003, Az. 2 A 349/01, NuR 2004, 474, 475; zu weitgehend Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 30 ff.; Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 55 Rn. 138. 162 BR-Drs. 260/1/77, S. 32. 163 Marder-Bungert/Mäßenhausen, AbfallR 2008, 266, 268. 164 Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 31; Kremer/Neuhaus gen. Wever, Bergrecht, Rn. 234; Attendorn, NuR 2008, 153, 161; einschränkend Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 55 Rn. 140. 165 So vertreten zur Rechtslage unter dem Abfallgesetz, die lediglich auf die ordnungsgemäße Beseitigung der angefallenen Abfälle verwies, Niermann, Betriebsplan, S. 154; Rausch, Bergbau, S. 47 ff. 166 Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 55 Rn. 140 f.; Hopf , ZfB 1990, 150, 158.

II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

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keit.167 Zu einer ordnungsgemäßen Entsorgung gehört daher nicht nur, dass der Zweck des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erreicht wird, sondern dass sämtliche materiellen Vorschriften eingehalten werden. Daran hat die Umsetzung der Bergbauabfallrichtlinie in nationales Recht nichts geändert. Nach § 22a Abs. 1 Satz 1 ABBergV, der „Anforderungen an die Entsorgung von bergbaulichen Abfällen enthält“, hat der Unternehmer für die Entsorgung von bergbaulichen Abfällen „geeignete Maßnahmen zu treffen, um Auswirkungen auf die Umwelt sowie sich daraus ergebende Risiken für die menschliche Gesundheit so weit wie möglich zu vermeiden oder zu vermindern“. Diese Formulierung findet sich nahezu wörtlich in Art. 4 Abs. 2 RL 2006/21/EG. Die Übernahme dieser allgemeinen Betreiberverpflichtung ins nationale Recht war allein deshalb erforderlich, weil die der Entsorgung vorgelagerte Frage nach der Vermeidung bergbaulicher Abfälle bislang nicht geregelt war und insoweit Umsetzungsbedarf bestand. Demgegenüber bestand die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwendung und Beseitigung bergbaulicher Abfälle über § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BBergG bereits davor.168 Das wird durch den Wortlaut des § 22a Abs. 1 Satz 1 ABBergV, der „unbeschadet der Vorschriften über die Betriebsplanpflicht“ gilt, noch einmal deutlich klargestellt. Letztlich sind die materiellen abfallrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung unabhängig davon anwendbar, ob es sich um eine Verwertung bergbaulicher oder bergbaufremder mineralischer Abfälle handelt. 2. In Gewässer eingebrachte Stoffe nach § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG Nicht in den Anwendungsbereich des Abfallrechts fallen nach § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG zudem „Stoffe, sobald sie in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden“. Diese Fälle werden vom Wasserrecht erfasst, das speziell auf den Schutz von Gewässern ausgerichtet ist. Da sich diese Arbeit auf feste mineralische Stoffe bezieht und der Begriff der Einleitung nur flüssige oder gasförmige Stoffe erfasst, kommt lediglich die Tatbestandsalternative der Einbringung in ein Gewässer in Betracht.169 Der Begriff des Gewässers umfasst wie in § 2 Abs. 1 WHG oberirdische Gewässer, Küstengewässer und das Grundwasser.170 Nach dem vorliegend definierten Untersuchungsgegenstand werden die mineralischen Abfälle in den Boden gebracht, so dass jedenfalls eine Einbringung in oberirdische Gewässer sowie Küstengewässer ausscheidet. Möglich ist nach dem zugrunde gelegten Bodenbegriff jedoch eine Einbringung in das Grundwasser, sofern die Stoffe in der wassergesättigten Zone Verwendung finden.171 Der Anwendungsausschluss greift erst, „sobald“ die Stoffe in das Grundwasser eingebracht werden. Aus dieser Formulierung folgt, dass der Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erst mit der Vornahme der Handlung endet. Die Anwendbarkeit des 167 Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 7 Rn. 61; Frenz, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 61; Meidrodt, Reststoffvermeidungs- und -verwertungsgebot, S. 70. 168 Ebenso Attendorn, NuR 2008, 153, 162; nicht ganz so deutlich, im Ergebnis aber wohl auch Marder-Bungert/Mäßenhausen, AbfallR 2008, 266, 269. 169 Siehe zu den Definitionen der Einleitung und Einbringung bereits D. VII. 2. 170 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 2 Rn. 41. 171 Siehe dazu A. II. 1. und A. III.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Abfallrechts im Zeitraum davor richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen danach, ob der betreffende Stoff nach § 3 Abs. 1 KrWG Abfall darstellt oder nicht. 3. Böden am Ursprungsort nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG Des Weiteren sind vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes „Böden am Ursprungsort (Böden in situ), einschließlich nicht ausgehobener, kontaminierter Böden und Bauwerke, die dauerhaft mit dem Grund und Boden verbunden sind“, ausgenommen, § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG. Die mit der Novelle in das Gesetz aufgenommene Ausnahmeregelung dient der Umsetzung des Art. 2 Abs. 1 lit. b) AbfRRL 2008/98/EG, welche wegen der unverändert gebliebenen Abfalldefinition in Art. 3 Nr. 1 AbfRRL 2008/98/EG erforderlich wurde, weil der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, dass der Abfallbegriff nicht auf bewegliche Sachen beschränkt sei und deshalb auch unausgehobenes kontaminiertes Erdreich darunter fallen könne.172 Diese Rechtsprechung ist durch den Richtliniengeber nicht in der Form korrigiert worden, dass er nunmehr nur bewegliche Stoffe und Gegenstände unter den Abfallbegriff fasst.173 Stattdessen wurde in der Regelung zum Anwendungsbereich in Art. 2 Abs. 1 lit. b) AbfRRL 2008/98/EG klargestellt, dass unausgehobener Boden und fest mit dem Boden verbundene Gebäude nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Hierdurch wird ein der Änderung der Abfalldefinition vergleichbares Ergebnis erreicht. Rein faktisch werden die Regelungen des Abfallrechts – zumindest in den wichtigsten Fallgruppen – auf bewegliche Sachen beschränkt.174 Durch die Einführung des § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG wird die bisher im Rahmen der Abfalldefinition diskutierte Frage, ob eine Sache beweglich ist, zumindest hinsichtlich der an ihrem Ursprungsort befindlichen Böden und mit dem Boden fest verbundener Bauwerke nicht obsolet, sondern in den Anwendungsbereich des Gesetzes verlagert.175 Auf Bodenmaterial ist das Abfallrecht vergleichbar der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetzes nur unter der Voraussetzung anwendbar, dass es ausgekoffert wird; Bauschutt fällt frühestens mit dem Abriss des Bauwerks oder einer Trennung vom Bauwerk darunter.176 In beiden Fällen ist weiter erforderlich, dass die nunmehr beweglich gewordenen Sachen die Abfalldefinition erfüllen. Sofern dies zutrifft, sind die Stoffe oder Gegenstände als Abfall unter dem Regime des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu entsorgen, das auch dann anwendbar bleibt, wenn sie auf dem Boden gelagert werden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Verwachsung mit dem Grundstück stattgefunden hat, die Abfälle beispielsweise mit Pflanzen bewachsen sind und nur mit größerem Aufwand wieder entfernt werden können.177 Denn selbst im Fall einer Verbindung mit dem Grundstück 172 EuGH, Urt. v. 07.09.2004, Rs. C-1/03, Slg. 2004, I-7613, Rn. 50 ff.; zur nahezu einhelligen Kritik in der deutschen Literatur vgl. nur Versteyl, NVwZ 2004, 1297 ff.; Jochum, NVwZ 2005, 140 ff.; Riese/Karsten, ZUR 2005, 75 ff.; Petersen/Lorenz, NVwZ 2005, 257 ff. 173 Eine Beschränkung des Abfallbegriffs auf bewegliche Sachen hatte die deutsche Bundesregierung gefordert, vgl. dazu Petersen, ZUR 2005, 561, 563. 174 Vgl. BT-Drs. 17/6052, S. 70. 175 OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.09.2013, Az. 114/13, juris Rn. 19. 176 BGH, Urt. v. 04.07.1991, Az. 4 StR 179/91, NJW 1992, 122, 123; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 07.09.1987, Az. 10 A 29/87, NuR 1988, 255, 256; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 28.08.1989, Az. 3 A 191/88, NVwZ 1990, 1001, 1001; Scheier, UPR 2011, 300, 304. 177 Vgl. zur Rechtslage unter dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010, Az. 8 A 10139/10, juris Rn. 34; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.01.2012, Az. 8

II. Ausnahmen vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

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befinden sie sich nicht mehr an ihrem Ursprungsort, so dass die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG nicht eingreift. 4. Nicht kontaminiertes Bodenmaterial nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG Daneben enthält das Kreislaufwirtschaftsgesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG eine neue, für die vorliegende Arbeit relevante Ausnahmeregelung. Dessen Vorschriften gelten danach nicht für „nicht kontaminiertes Bodenmaterial und andere natürlich vorkommende Materialien, die bei Bauarbeiten ausgehoben wurden“. Das setzt voraus, dass „sichergestellt ist, dass die Materialien in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, für Bauzwecke verwendet werden“. Der Geltungsausschluss, der Art. 2 Abs. 1 lit. c) AbfRRL 2008/98/EG wortgleich übernimmt, beschränkt sich auf Aushub, der im Zusammenhang mit Bauarbeiten anfällt und am Aushubort wieder für Baumaßnahmen verwendet wird.178 Nicht anwendbar ist § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG auf alle anderen Maßnahmen, bei welchen Boden ausgehoben wird, insbesondere bei der Rohstoffgewinnung. So unproblematisch sich der Ausnahmetatbestand auf den ersten Blick anhört, in der Praxis werden mit seiner Auslegung Probleme verbunden sein. So ist insbesondere fraglich, wie weit der Begriff „Entstehungsort“ zu fassen ist, weil nicht klar ist, wo dessen Grenzen beispielsweise beim Bau einer mehrere Kilometer langen Autobahn liegen. Außerdem ist es für den Vollzug wenig hilfreich, dass in § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG vom Ursprungsort gesprochen wird, in § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG vom Aushebungsort und in § 6 Abs. 12 BBodSchV-E2 sowie § 1 Abs. 2 Nr. 3 ErsatzbaustoffV-E2 vom Herkunftsort.179 5. Umlagerung von Sedimenten nach § 2 Abs. 2 Nr. 12 KrWG Ebenfalls nicht unter das Abfallrecht fallen nach § 2 Abs. 2 Nr. 12 KrWG „Sedimente, die zum Zweck der Bewirtschaftung von Gewässern, der Unterhaltung oder des Ausbaus von Wasserstraßen sowie der Vorbeugung gegen Überschwemmungen oder der Abschwächung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren oder zur Landgewinnung

A 11081/11, juris Rn. 50; VG Gera, Beschl. v. 08.09.2001, Az. 2 E 200/01.GE, juris Rn. 27, VG Koblenz, Urt. v. 04.05.2011, Az. 7 K 574/10, juris Rn. 44 f., VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 55 ff.; die bei Verfüllungen mit Erdaushub und Bauschutt oder sonstigen Abfällen nach Anpassung des Geländeprofils und Bepflanzung und damit einer „Verwachsung“ mit dem Grundstück von einem Verlust der Abfalleigenschaft ausgegangen sind; ebenso Scheier, ZfW 1984, 333, 334; Schink, DVBl 1985, 1149, 1151; Paetow, NVwZ 1990, 510, 511; a. A. Schwachheim, NVwZ 1989, 128, 129 f.; zur Rechtslage unter dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nunmehr auch VG Würzburg, Urt. v. 16.07.2013, Az. W 4 K 13.604, juris Rn. 31. 178 Bereits unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gab es Stimmen in der Literatur, die ausgehobenen Boden, der das Baugrundstück nicht verlassen hat, weil er dort wieder Verwendung finden soll, nach wie vor als einen Bestandteil des Grundstücks ansehen und die Beweglichkeit der Sache daher verneinten, vgl. Garbe-Emden, BauR 1997, 772, 775; Schneeweiss, BrBp 2005, 220, 221. Richtigerweise war der Abfallbegriff nicht wegen fehlender Beweglichkeit der Sache abzulehnen, sondern weil weder ein Wille zur Entledigung noch – jedenfalls wenn der Boden unbelastet war – eine Entledigungspflicht und damit kein Entledigungstatbestand vorlag. 179 Zu diesen und weiteren Problemen vgl. Scheier, UPR 2011, 300, 304 f.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

innerhalb von Oberflächengewässern umgelagert werden, sofern die Sedimente nachweislich nicht gefährlich sind“.180 Unter Sedimenten will die Gesetzesbegründung Ablagerungs- und Schichtgesteine verstanden wissen.181 Dieser Definitionsansatz ist insofern verwunderlich, als damit nur eine Teilmenge der Stoffe, die eigentlich vom Tatbestand erfasst werden sollen, einbezogen ist. Denn gewollt ist offensichtlich, dass nicht nur Sedimente, sondern alle Bodenmaterialien, die zu den genannten Zwecken dem Gewässerbett oder dem Uferbereich entnommen werden, nicht unter das Abfallrecht fallen. Insofern hätte es näher gelegen, anstelle des Begriffs der Sedimente auf den des Baggerguts abzustellen.182 Nicht ganz klar ist darüber hinaus, wann von einer Umlagerung auszugehen ist. Die Gesetzesbegründung versteht darunter ein „Ortswechsel in oder auf dem Wasser“.183 Da unter ein Oberflächengewässer alle oberirdischen Gewässer und alle Küstengewässer im Sinne des § 3 Nr. 1 und Nr. 2 WGH fallen,184 ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht anwendbar, wenn die betreffenden Stoffe innerhalb desselben Gewässers verschoben werden. Wo dabei die räumliche Grenze zu ziehen ist, bleibt wie im Rahmen des § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG offen. Klar ist damit nur, dass das Abfallrecht Anwendung findet, sobald die mineralischen Materialien an einer anderen Stelle als in oder an dem Gewässer, aus dem sie entnommen worden sind, verwendet werden sollen.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung Nachdem in den vorangegangenen Ausführungen der Abfallbegriff umrissen und der Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes aufgezeigt wurde, ist im Folgenden auf die für die vorliegende Untersuchung bedeutsamste abfallrechtliche Weichenstellung, die Qualifikation einer Entsorgungsmaßnahme als Vorgang der Abfallverwertung oder der Abfallbeseitigung, einzugehen. Nach einer einführenden Einleitung in die Thematik, welche eine beispielhafte Darstellung der uneinheitlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung bei der Grubenverfüllung im Bergbau enthält, wird die Frage nach der Bedeutung der Unterscheidung behandelt. Daran schließt sich zunächst die Erörterung der Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz an. Im Anschluss daran wird aufgezeigt, inwieweit sich die Abgrenzungsfrage unter der Rechtslage des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschaftsgesetzes vereinfacht hat und in welchen Punkten nach wie vor Klärungsbedarf besteht. Die Darstellung enthält eine kritische Würdigung der geltenden Rechtslage, weil die Novellierung des Abfallrechts trotz einiger unbestreitbarer Verbesserungen in Einzelfragen nicht dazu genutzt worden ist, das Problem „an der Wurzel anzupacken“ und die hinter der Abgrenzungsfrage stehenden Zielkonflikte zu lösen. 180 Mainschlamm fällt nach der Ansicht des VG Frankfurt, Urt. v. 30.10.2012, Az. 8 K 1271/12.F, juris Rn. 40, nicht darunter, weil „Baggergut aus dem Main schadstoffbelastet und nicht verwertbar“ ist. 181 BT-Drs. 17/6052, S. 70. 182 Ebenso Scheier, UPR 2011, 300, 305 f. 183 BT-Drs. 17/6052, S. 70. 184 BT-Drs. 17/6052, S. 70.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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1. Einleitung Steht fest, dass es sich bei einem mineralischen Stoff oder Gegenstand um Abfall handelt und das Kreislaufwirtschaftsgesetz anwendbar ist, so ist weiter danach zu fragen, wie dieser Abfall zu entsorgen ist. Die Abfallentsorgung umfasst nach § 3 Abs. 22 KrWG Verfahren der Verwertung und Beseitigung von Abfällen. Dem folgend wird in § 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG zwischen Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung unterschieden. Nach der abfallrechtlichen Pflichtenhierarchie des § 6 Abs. 1 KrWG sind Abfälle vorrangig zu vermeiden. Kommt eine Vermeidung nicht in Betracht, sind sie zur Wiederverwendung vorzubereiten. Scheidet diese Art der Verwertung aus, muss recycelt werden. Die sonstige Verwertung ist den beiden vorgenannten Verwertungsarten nachrangig. Letztgenannte Möglichkeit ist die Abfallbeseitigung. Dem äußeren Anschein nach handelt es sich bei einer Ablagerung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden um eine Deponierung. Deponien werden in § 3 Abs. 27 Satz 1 KrWG definiert als „Beseitigungsanlagen zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponien)“. Die Begriffsbestimmung der Deponie erweckt den Eindruck, als finde bei einer bodenbezogenen Ablagerung eine Maßnahme der Beseitigung statt. Andererseits kann der Einsatz von Abfällen in oder auf dem Boden ressourcenpolitisch sinnvoll sein, sofern hierdurch eine Verwendung von Rohstoffen entbehrlich wird. Das wiederum deutet auf einen Verwertungsvorgang hin. Neben der Verbrennung von Abfällen, die entweder eine energetische Verwertung oder eine thermische Behandlung zur Beseitigung darstellt, der Sortierung und Behandlung von Gemischen aus verwertbaren und unverwertbaren Abfällen, die als Verwertung der verwertbaren oder Beseitigung der unverwertbaren Anteile zu qualifizieren ist, bereitet vor allem die Fallgruppe der Verwendung von Abfällen als Füllmaterial beispielsweise zur Wiederherstellung der Erdoberfläche bei Abgrabungen Schwierigkeiten. Der Grund ist darin zu sehen, dass sämtliche Maßnahmen zwar auf eine Nutzung des Abfalls abzielen, zugleich aber ein Ausschleusen von Stoffen aus dem Wirtschaftskreislauf zur Folge haben. Ihnen ist daher gemein, dass sie einen Doppelcharakter aufweisen, der die konkrete Zuordnung zu einer Entsorgungsalternative erschwert.185 Ob der Einsatz mineralischer Abfälle im Boden etwa zur Verfüllung von Gruben und Tagebauen oder bei Maßnahmen im Landschaftsbau als Vorgang der Verwertung oder der Beseitigung einzuordnen ist, bedarf daher einer Prüfung im Einzelfall. Auch wenn das Kreislaufwirtschaftsgesetz strikt zwischen der Abfallverwertung und -beseitigung trennt, sind damit Abgrenzungsprobleme keineswegs ausgeschlossen. Ganz im Gegenteil: Die Frage, welche Entsorgungsalternative jeweils einschlägig ist, beschäftigte die Juristen schon unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes.186 Obwohl von der Rechtsprechung mittlerweile verschiedene Streitfragen geklärt wurden und inzwischen eine Definition sowohl des Verwertungs- als auch des Beseitigungsbegriffs vorliegt, ist es doch nur bedingt gelungen, befriedigende Ergebnisse her185

Ausführlich zu den genannten Beispielen Reese, Kreislaufwirtschaft, S. 98. Zur Kritik der unzureichenden Definition der Begriffe der Abfallverwertung und -beseitigung im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.10.1999, Az. 10 S 1059/99, NVwZ 2000, 91, 91; siehe auch Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1116; Petersen, ZUR 2000, 61, 65 ff.; Beckmann, NuR 2002, 72, 72; zu den unionsrechtlichen Vorgaben für die Abgrenzung Frenz, NuR 1999, 301 ff. 186

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E. Anforderungen des Abfallrechts

beizuführen. Trotz vielfältiger Bestrebungen wurde bislang keine allgemeingültige Lösung der Abgrenzungsfrage präsentiert, die einerseits Scheinverwertungen effektiv verhindert187 und andererseits sowohl den Entsorgungsbetrieben als auch den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern eine zuverlässige und vor allem rechtssichere Einordnung als Maßnahme der Verwertung oder Beseitigung ermöglicht. Ein Blick auf die nationale Rechtsprechung der letzten Jahre zur Frage des Vorliegens einer Verwertung oder Beseitigung im Bergbau188 veranschaulicht die vorgenannte Problematik: Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem ersten Tongrubenurteil189 noch unter der Geltung des Abfallgesetzes entschieden, dass die Verfüllung eines Tagebaus mit einem Stabilisat aus REA-Gips und Steinkohlenflugasche eine Verwertung von Reststoffen darstellt. Diese Rechtsprechung wurde von den Instanzgerichten teilweise konkretisiert und weiterentwickelt und vom Bundesverwaltungsgericht im zweiten Tongrubenurteil190 bestätigt. Bereits das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz191 hatte in der Berufungsinstanz die Verwertungsqualität der Entsorgungsmaßnahme bejaht. Ebenfalls als Verwertung stuften das Verwaltungsgericht Stuttgart192 und das Verwaltungsgericht Oldenburg193 den Einsatz asbesthaltiger Abfälle zur Rekultivierung von Tagebauen ein. Anders als die beiden vorgenannten Gerichte werteten das Verwaltungsgericht Karlsruhe194 , Kassel195 und Frankfurt196 den Einsatz asbesthaltiger Abfälle als Beseitigungsvorgang, da eine bloße Ablagerung und nicht die Nutzung von Eigenschaften der Abfälle im Vordergrund stehe. Aus verschiedenen Gründen sahen auch die Verwaltungsgerichte Gera, Dessau und Halle (Saale) die Verfüllung von Abgrabungen mit mineralischen Abfällen als Maßnahme der Beseitigung, obwohl die eingesetzten Materialien in den zugrundeliegenden Sachverhalten zu dem eingesetzten Zweck geeignet waren. Das Verwaltungsgericht Gera197 lehnte eine Abfallverwertung ab, weil es die Auffüllung des Restlochs einer Aschespüldeponie weder zur Sicherung der Böschung noch zur Renaturierung als erforderlich erachtete. Auch das Verwaltungsgericht Dessau198 ging bei der Verfüllung eines Tonsteintagebaus mit mineralischen Abfällen bis zur LAGA-Zuordnungsklasse Z 2 von einer Beseitigung aus, weil die Verfüllung das Ziel verfolgte, dem unrentablen Betrieb zur Wirtschaftlichkeit zu verhelfen, indem die Möglichkeit geboten wurde, die in Anspruch genommene Fläche zur Ablagerung der Abfälle zu verwenden. Ebenso urteilte das Ver187 Dies zeigen die im Jahr 2008 ans Licht gekommenen, als Verwertung deklarierten illegalen Verfüllungen der Tongruben Vehlitz und Möckern in Sachsen-Anhalt; vgl. z. B. DIE ZEIT vom 19.03.2008 „Westmüll auf Ostkippen“, S. 13. 188 Eine Aufbereitung der Rechtsprechung zur Abgrenzung von Verwertung und Beseitigung in dieser und verschiedenen anderen Konstellationen bis zum Jahr 2000 findet sich bei Queitsch, UPR 2000, 1 ff. 189 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80–86. 190 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247–261. 191 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30–41. 192 VG Stuttgart, Beschl. v. 25.05.2000, Az. 13 K 5456/99, DÖV 2000, 967–968. 193 VG Oldenburg, Urt. v. 09.01.2003, Az. 5 A 409/02, juris Orientierungssatz; das Niedersächsische OVG, Urt. v. 21.04.2005, Az. 7 LC 41/03, ZUR 2005, 537, 537, ließ in der Berufungsinstanz offen, ob eine Maßnahme der Verwertung oder Beseitigung gegeben ist. 194 VG Karlsruhe, Urt. v. 14.02.2001, Az. 4 K 2508/00, NVwZ 2002, 243–245. 195 VG Kassel, Urt. v. 05.06.2001, Az. 7 E 284/00, juris. 196 VG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2001, Az. 9 G 3224/01, NVwZ-RR 2002, 736–739. 197 VG Gera, Urt. v. 14.11.2002, Az. 4 K 738/99, juris. 198 VG Dessau, Urt. v. 11.09.2003, Az. 2 A 349/01, NuR 2004, 474–477.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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waltungsgericht Halle (Saale)199 , weil der Einsatz der Abfälle nicht auf das für den Zweck erforderliche Minimum beschränkt wurde. Ähnlich uneinheitlich zeigt sich die Rechtsprechung bei der untertägigen Grubenverfüllung. Noch unter Geltung des Abfallgesetzes sah das Oberverwaltungsgericht NordrheinWestfalen200 die Verfüllung von Bruchhohlräumen in bergbaulichen Abbaubetrieben mit Reststoffen aus Kohlekraftwerken, Filterstäuben und Rauchgasreinigungsrückständen aus Hausmüll- und Klärschlammverbrennungsanlagen sowie Gießerei-Altsanden als stoffliche Verwertung an. Ebenso entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht201 bei einer Verfüllung unterirdischer Hohlräume eines Bergwerks mit kalk- und zinkhaltigen Filterstäuben aus einem Stahlwerk. Als Beseitigung wurde hingegen der Versatz eines Untertagebaus mit einem Gemisch aus Salzauflösungsrückständen und Kunststoffgranulat aus dem Dualen System Deutschland angesehen. Während das Verwaltungsgericht Stuttgart202 in erster Instanz noch von einem Verwertungsvorgang ausging, waren der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg203 und das Bundesverwaltungsgericht204 im Instanzenzug anderer Meinung und deklarierten die Entsorgungsmaßnahme – jeweils mit unterschiedlicher Begründung – als Beseitigungsvorgang. Diese einführende Rechtsprechungsübersicht zur Abgrenzungsproblematik am Beispiel des Einsatzes von Abfällen im Bergbau demonstriert in eindrucksvoller Weise, dass die Thematik Verwertung/Beseitigung nach wie vor zu einer der umstrittensten Fragen des Abfallrechts gehört205 und auch nach jahrelanger kontroverser Diskussion – wie einige neuere, viel beachtete, praxisrelevante Entscheidungen zeigen206 – nicht an Brisanz verloren hat. 2. Relevanz der Unterscheidung Bevor auf die Frage eingegangen wird, unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme als Vorgang der Verwertung oder der Beseitigung einzuordnen ist, soll zunächst die weitreichende Relevanz der Unterscheidung aufgezeigt werden.207 Die Klassifikation als Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung ist eines der zentralen Steuerungsinstrumente des europäischen Abfallrechts: Abfälle zur Verwertung dürfen nach den Vorgaben der Warenverkehrsfreiheit weitgehend frei grenzüberschreitend verbracht werden, wohingegen Abfälle zur Beseitigung entsprechend dem Prinzip der Nähe und der Entsor199

VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, ZfB 2008, 289–296. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.07.1997, Az. 21 B 1717/94, NuR 1997, 617–619. 201 Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.07.2000, Az. 7 M 2005/99, NVwZ-RR 2001, 19–20. 202 VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.1996, Az. 14 K 3580/95, NVwZ-RR 1997, 345–346. 203 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336–339. 204 BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136–143. 205 Reese, ZUR 2000, 410, 412, sprach schon vor 10 Jahren vom „heißesten Eisen des Abfallrechts“. 206 In erster Linie ist das zweite Tongrubenurteil, BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247–261, zu nennen. Die Frage beschäftigt aber auch die Instanzgerichte, die teilweise zu einem vom BVerwG abweichenden Ergebnis kommen, vgl. nur VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, ZfB 2008, 289–296. 207 Vgl. zur Bedeutung der Abgrenzung Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 142; Dieckmann/Reese, in: Koch, Umweltrecht, § 6 Rn. 65; Petersen, ZUR 2005, 561, 564 f. 200

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E. Anforderungen des Abfallrechts

gungsautarkie nach Art. 16 AbfRRL 2008/98/EG208 grundsätzlich im Inland zu beseitigen sind.209 Auch das Pflichten- und Maßnahmenprogramm des nationalen Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist in erster Linie an dieser Unterscheidung ausgerichtet. Die Grenze zwischen freiem privatem Entsorgungsmarkt und hoheitlicher kommunaler Abfallwirtschaft verläuft genau entlang der begrifflichen Trennung der Verwertung von der Beseitigung. Während eine Verwertung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen von den Erzeugern oder Besitzern eigenverantwortlich durchgeführt werden kann, müssen Abfälle zur Beseitigung den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen werden, § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG. Wegen des grundsätzlich höher eingeschätzten Gefährdungspotentials unterliegt die Abfallbeseitigung im Regelfall nicht dem Erzeuger oder Besitzer, sondern ist als öffentlich-rechtliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge wahrzunehmen.210 Neben der Überlassungspflicht gelten für Abfälle zur Beseitigung darüber hinaus strengere Nachweis- und Überwachungsanforderungen. Vorstehendes hat in erster Linie eine wirtschaftliche Bedeutung. Im Vergleich zur relativ streng reglementierten und damit teureren Abfallbeseitigung ist die europaweit mögliche Verwertung in der Regel günstiger. Das hatte in der Vergangenheit nicht selten zur Folge, dass viele Abfälle aus Kostengründen – zunehmend auch im Wege des Exports – „Billig-Verwertungen“ zugeführt wurden. 3. Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz Bevor nachfolgend die Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erörtert und bewertet wird, erfolgt zunächst eine Darstellung der Abgrenzungsfrage nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, weil sich nur so aufzeigen lässt, in welchen Punkten die Novellierung zu einer Klärung der bestehenden Rechtsfragen geführt hat und an welchen Stellen nach wie vor Verbesserungsbedarf besteht.

208 Die Regelung übernimmt im Grundsatz Art. 5 AbfRRL 75/442/EWG und erweitert die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Anlagenvorhaltung auf „Anlagen zur Verwertung von gemischten Siedlungsabfällen, die von privaten Haushaltungen eingesammelt worden sind“. 209 In der Verwendung der Definitionen von Verwertung und Beseitigung für unterschiedliche Zwecke – einerseits werden auf ihrer Grundlage Zielvorgaben formuliert, andererseits dienen sie der Ermittlung, ob die Binnenmarktregelungen auf Abfallverbringungen anwendbar sind – wird eines der Hauptprobleme der Abgrenzung gesehen, vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 15. 210 Bayerisches ObLG, Beschl. v. 18.05.1998, Az. 3 ObOWi 54/98, NVwZ 1998, 1220, 1221; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1244; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1116; kritisch Weidemann, NJW 1996, 2757, 2759.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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a) Abgrenzungskriterien Für eine Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung ist es zunächst erforderlich, die Vorschriften und konkreten Tatbestandsmerkmale zu ermitteln, anhand derer die beiden Entsorgungsalternativen unterschieden werden. aa) Anhänge II A und II B des KrW-/AbfG Die Zuordnung einer Maßnahme zur Abfallverwertung oder -beseitigung könnte nach den wörtlich aus der Abfallrahmenrichtlinie übernommenen Anhängen II A und II B des KrW-/AbfG, in denen verschiedene Beseitigungs- und Verwertungsverfahren aufgeführt sind, vorzunehmen sein. Werden mineralische Abfälle zur Verfüllung verwendet, so lagert man sie in oder auf dem Boden ab. Die Ablagerung in oder auf dem Boden ist ein unter D 1 in Anhang II A KrW-/AbfG aufgeführtes Beseitigungsverfahren. Auch die Oberflächenaufbringung etwa in Gruben wird unter D 4 als Beseitigungsverfahren eingestuft. Das Auf- und Einbringen mineralischer Abfälle könnte daher eine Maßnahme der Abfallbeseitigung darstellen. Andererseits lässt sich eine Ablagerung aber auch unter das Verwertungsverfahren R 5, die Verwertung/Rückgewinnung von anorganischen Stoffen, subsumieren. Schon dieses Beispiel zeigt, dass die Umschreibung der verschiedenen Verfahren in den Anhängen so wenig präzise ist, dass sich ein Entsorgungsvorgang begrifflich sowohl unter ein Beseitigungs- als auch ein Verwertungsverfahren fassen lässt. Daher war in der Vergangenheit streitig, ob und wenn ja in welcher Weise die Anhänge für die Abgrenzung herangezogen werden können.211 (1) Auslegung im nationalen Recht Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, welche Bedeutung den Anhängen beizumessen ist. Nach einer Ansicht ist die Verwertung und Beseitigung von Abfällen durch die Anhänge rechtsverbindlich und abschließend festgelegt.212 Hiergegen spricht jedoch die einleitende Formulierung der Anhänge, die nur die Schlussfolgerung zulässt, dass keine vollständige Auflistung vorgenommen werden sollte, aufgrund derer eine lückenlose Zuordnung aller Entsorgungsverfahren möglich wäre. Eine abschließende Regelung der allein zulässigen Verwertungsverfahren hätte nicht die im Einleitungssatz gewählte Bezugnahme auf „Verwertungsverfahren [. . . ], die in der Praxis angewandt werden“ erfordert, sondern die Festlegung und entsprechende Bezeichnung von abschließend und allein zugelassenen „Verwertungsverfahren“.213 Überzeugender ist daher die Auffassung, die von einer beispielhaften Aufzählung von in der Praxis üblichen Verfahren mit Indiziencharakter,214 die keine abschließende Klassifizierung treffen,215 ausgeht.

211

Vgl. zum Streit um die Bedeutung der Anhänge, Stengler, NVwZ 2000, 645, 646. von Köller, KrW-/AbfG, S. 104 ff.; im Ergebnis auch von Wilmowsky, EuR 1992, 414, 425. 213 OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.11.2004, Az. 2 L 393/01, juris Rn. 24. 214 von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 3 Rn. 23; Fluck, NuR 1995, 233, 233; Klöck, ZUR 1997, 117, 118; Giesberts/Hilf , UPR 1999, 168, 171; a. A. Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 87; Versteyl/Wendenburg, NVwZ 1994, 833, 836; Scherer-Leydecker, NVwZ 1999, 590, 593. 215 Bothe, UPR 1996, 170, 170; Konzak, AbfallPrax 2000, 146, 150. 212

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E. Anforderungen des Abfallrechts

(2) Auslegung im Unionsrecht Diese in Deutschland überwiegend vertretene Auffassung216 war auf europäischer Ebene ehemals sehr umstritten: Von der Europäischen Kommission wurde vertreten, die Anhänge II A und II B AbfRRL 75/442/EWG seien abschließend und es komme zur Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung nicht auf weitere nationale Kriterien an.217 Für diese Ansicht lässt sich anführen, dass die Begriffe Verwertung und Beseitigung in Art. 1 lit. e) und f) AbfRRL 75/442/EWG durch einen Verweis auf die Anhänge definiert wurden218 und die Einheit des Unionsrechts nur dadurch gewährleistet werden kann, dass die in den Richtlinien enthaltenen Vorgaben seitens der Mitgliedstaaten eingehalten werden. Der Europäische Gerichtshof teilte die Auffassung der Kommission indes nicht. In der Rechtssache „ASA“ hatte er über die Vorlagefrage zu entscheiden, ob die Einbringung von Abfällen in ein stillgelegtes Bergwerk zwingend eine Beseitigung im Sinne des Verfahrens D 12 des Anhangs II A der AbfRRL 75/442/EWG darstellt oder ob eine solche Einbringung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Den Vorbemerkungen zu den Anhängen entnahm er, dass „die Anhänge II A und II B [. . . ] den Zweck verfolgen, die am häufigsten vorkommenden Beseitigungs- oder Verwertungsverfahren zusammenzustellen, nicht aber alle Abfallbeseitigungs- oder -verwertungsverfahren [. . . ] genau und abschließend aufzuführen“. Das bedeute, dass „bestimmte Abfallbeseitigungs- oder Verwertungsmethoden womöglich nicht ausdrücklich unter den Verfahren der Anhänge II A und II B genannt“ seien beziehungsweise dass „bestimmte Verfahren gleichzeitig unter die Bezeichnung der in Anhang II A der Richtlinie aufgeführten Verfahren wie unter diejenigen der in Anhang II B [. . . ] fallen“ können.219 Der Gerichtshof hat damit die eindeutige und inhaltlich überzeugende Aussage getroffen, dass die Anhänge II A und II B der AbfRRL 75/442/EWG nicht alle Verwertungs- und Beseitigungsverfahren abschließend aufführen, weshalb sie für die Abgrenzung lediglich einen ersten Anhaltspunkt bieten können. bb) Anlagenzulassungsrecht Ebenso wie die in Anhang II A und II B des KrW-/AbfG aufgeführten Verfahren nicht geeignet sind, eine Maßnahme der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung abzugrenzen, vermag dies auch der Status einer Abfallentsorgungsanlage nicht. Bei der Zulassung einer solchen ist zwar zwischen Abfallbeseitigungsanlagen nach § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG und Abfallverwertungsanlagen nach § 4 Abs. 1 BImSchG, § 1 i.V.m. Anhang Nr. 8 der 4. BImSchV zu unterschieden, allerdings determiniert die Zweckbestimmung einer Anlage nicht die Zweckbestimmung der Entsorgungshandlung. In einer Beseitigungsanlage 216 Auch das Bundesverwaltungsgericht ging – allerdings ohne Begründung – davon aus, die Anhänge II A und II B AbfRRL 75/442/EWG seien „beispielhaft und [. . . ] nicht abschließend“, BVerwG, Urt. v. 19.11.1998, Az. 7 C 31.97, NVwZ 1999, 1111, 1111. Dabei verwies es auf die Entscheidung des EuGH, Urt. v. 18.12.1997, Rs. C-129/96, Slg. 1997, I-7411, Rn. 25 ff., dem eine solche Aussage jedoch nicht zu entnehmen ist. 217 Nachweise bei Stengler, NVwZ 2000, 645, 646, Fn. 19. 218 Zur Eigenschaft der Bestimmungen des Art. 1 AbfRRL 75/442/EWG als Definitionen, EuGH, Urt. v. 17.03.1993, Rs. C-155/91, Slg. 1993, I-939, Rn. 16, 18. 219 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 60 f.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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können Abfälle verwertet und umgekehrt in einer Verwertungsanlage Abfälle beseitigt werden.220 Maßgeblich für die Qualifizierung einer Entsorgungsmaßnahme ist daher nicht die Rechtsnatur der Entsorgungsanlage, sondern die Beurteilung der konkreten Maßnahme anhand des materiellen Rechts.221 Nicht korrekt ist daher der Schluss, bei einer Entsorgungsmaßnahme handle es sich, da der Abfallentsorger keine Abfallbeseitigungsanlage betreibe, um eine stoffliche Verwertung von Abfällen.222 cc) § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG Wenn die Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung anhand der Vorschriften des materiellen Rechts vorzunehmen ist, stellt sich weiter die Frage, welche konkreten Vorschriften hierfür heranzuziehen sind. (1) Definition der stofflichen Verwertung Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz enthält keinen einheitlichen Oberbegriff für die Abfallverwertung. Vielmehr wird in § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG schon bei der Einführung der Begriffe streng zwischen stofflicher und energetischer Verwertung getrennt. Im Gegensatz zur energetischen Verwertung, die in § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b) KrW-/AbfG als Nutzung der Abfälle zur Gewinnung von Energie legaldefiniert ist, fehlt eine solche Definition für die stoffliche Verwertung in § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a) KrW-/AbfG. Eine nähere Erläuterung findet sich erst in § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG, der allerdings nur besagt, was die stoffliche Verwertung „beinhaltet“. § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG führt dann aus, wann eine stoffliche Verwertung „vorliegt“. Der Begriff des Vorliegens wird typischerweise – wie etwa der Begriffsbestimmung der Entledigung in § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG entnommen werden kann – für eine gesetzliche Definition verwendet, was von der Umschreibung mit dem Wort „beinhalten“ nicht behauptet werden kann.223 Damit wird begrifflich auf der einen Seite zwar festgelegt, dass bestimmte Maßnahmen als stoffliche Verwertung anzusehen sind, auf der anderen Seite aber nichts darüber ausgesagt, ob es daneben weitere Verwertungsmodalitäten geben kann. Aus dem Wortlaut wurde vereinzelt geschlossen, es handele sich bei § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG um die Definition eines Teilbereichs der stofflichen Verwertung.224 Auch wenn die Formulierung ein solches Normverständnis zuließe, darf die Verwendung des Worts „beinhalten“ gleichwohl 220 BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 6; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.1998, Az. 7 M 3055/98, NVwZ 1998, 1202, 1203; Spoerr, in: Jarass/Petersen/ Weidemann, KrW-/AbfG, § 27 Rn. 34. 221 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.07.1999, Az. 10 S 1554/98, NVwZ 1999, 1242, 1243; Kropp, NVwZ 2003, 430, 431; a. A. hingegen VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.03.2006, Az. 10 S 790/03, juris Rn. 42; VG Gießen, Beschl. v. 03.04.2003, Az. 6 G 4750/02, NuR 2003, 504, 505, das in irrtümlicher Anlehnung an die (missverständliche) Entscheidung des EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 39, auf das „Kriterium des Widmungszwecks der Anlage“ zurückgreift. 222 So aber VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 80, das annimmt, die Verfüllung einer Sandgrube sei, weil keine Abfallbeseitigungsanlage betrieben würde, eine Maßnahme der Abfallverwertung. 223 Nicht besser ist die von von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 20, Fn. 50, vorgeschlagene Änderung in „enthält“. 224 Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 195.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

nicht dahingehend missverstanden werden, dass es außerhalb der ihm folgenden Begriffsbestimmung noch andere Verwertungsmaßnahmen gibt. Dies wird durch folgende Überlegung deutlich: Die zum Zeitpunkt des Erlasses des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gültige Abfallrahmenrichtlinie unterschied in Art. 1 lit. e) und f) AbfRRL 75/442/EWG ebenfalls zwischen der Verwertung und der Beseitigung und verwies zu deren näherern Bestimmung auf die im Anhang II A und II B der AbfRRL 75/442/EWG aufgeführten Verfahren.225 Obwohl der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgeschlagen hatte, die Verwertung und Beseitigung durch einen Verweis auf die im Anhang aufgeführten Verfahren zu definieren,226 hat der Gesetzgeber bei der Abfassung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes davon abgesehen. Die Anhänge haben nach § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG lediglich für die Frage Bedeutung, wann eine Entledigung vorliegt.227 Zur näheren Bestimmung der Verwertung und Beseitigung wurde gerade nicht auf die Beispiele im Anhang Bezug genommen. Diese Vorgehensweise zeigt, dass es dem Gesetzgeber darum ging, detaillierte Regelungen zu treffen, mit denen der Begriff der stofflichen Verwertung ausgefüllt werden kann. § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG definiert daher nicht nur einen Teilbereich, sondern ist als umfassende Definition zu verstehen.228 (2) Tatbestandsmerkmale für die Abgrenzung Die Vorschrift zur Definition der stofflichen Verwertung in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG dient zum einen der Binnenabgrenzung zur energetischen Verwertung,229 zum anderen der normativen Abgrenzung zur Abfallbeseitigung.230 Das zeigt sich an § 10 Abs. 1 KrW-/ AbfG,231 welcher ausweislich der Überschrift „Grundsätze der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung“ nur auf die Beseitigung von Abfällen Anwendung findet. Er stellt umweltrechtliche Anforderungen an „Abfälle, die nicht verwertet werden“. Dem Beseitigungsregime unterliegen folglich nur nicht verwertbare Abfälle. Die Formulierung in 225

Vgl. dazu E. III. 3. a) aa). BT-Drs. 12/5672, S. 91. 227 Unzutreffend daher Baars, UPR 1997, 229, 232, der von den „gesetzlichen Definitionen“ der Anhänge II A und II B AbfRRL 75/442/EWG spricht. 228 Ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 337; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 81; von Lersner, in: von Lersner/ Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 20; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 939; Schink, NuR 1999, 106, 108; wenngleich anzuerkennen ist, dass die Verortung der Definition der stofflichen Verwertung in den Begriffsbestimmungen des § 3 KrW-/AbfG systematisch vorzugswürdig gewesen wäre. 229 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 337; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 20; a. A. Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 78, die die Vorschrift des § 6 KrW-/AbfG zur Abgrenzung der stofflichen von der energetischen Verwertung heranziehen. 230 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 20; Weidemann, in: Jarass/Petersen/ Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 82; Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 35; Beckmann/ Kersting, UPR 1995, 321, 326; Dazert, AbfallR 2005, 223, 224. 231 Und nicht § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG, wovon der VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 337, und Versmann, ZUR 1995, 183, 187, ausgehen; anders hingegen der 10. Senat des VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.07.1999, Az. 10 S 1554/98, NVwZ 1999, 1242, 1243. 226

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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§ 10 Abs. 1 KrW-/AbfG greift die Begriffsbestimmung der „Abfälle zur Beseitigung“ in § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG auf, in der das Merkmal der Verwertung zur Umschreibung der Beseitigung enthalten ist und hierdurch zu dieser in Bezug gesetzt wird. Abfälle zur Beseitigung sind entsprechend den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG „dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen“. Zweck der Beseitigung ist danach, den Abfall auf Dauer ganz oder teilweise der weiteren Nutzung oder Nutzungsmöglichkeit zu entziehen.232 Er soll ohne jeden wirtschaftlichen Zweck endgültig und dauerhaft aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschleust werden und den Stoffkreislauf beenden.233 Im Vordergrund steht das Beiseiteschaffen eines wegen seiner Schadstoffhaltigkeit oder aus anderen Gründen nicht weiter nutzbaren Stoffs.234 Diesem Zweck steht die Intention der Abfallverwertung gegenüber, die auf die Nutzung der Eigenschaften von Abfällen abzielt.235 Aus der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Entsorgungszwecke von Verwertung und Beseitigung wird ersichtlich, dass für ihre Abgrenzung auch schon das in § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG enthaltene Merkmal der Abfallnutzung eine Rolle spielt und diese daher nicht ausschließlich am zweiten Satz festzumachen ist.236 Dies ist insofern von Bedeutung, als in einem ersten Schritt zu prüfen ist, ob der Abfall durch die vom Erzeuger/Besitzer gewählte Maßnahme stofflich genutzt wird. Denn fehlt es an einer Nutzung des Abfalls, scheidet eine Verwertung schon an dieser Stelle aus. Andererseits besagt das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals nicht, dass die Nutzung der stofflichen Eigenschaften auch eine stoffliche Verwertung darstellt. Für die Bejahung einer solchen ist anhand der in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG genannten Kriterien weiter zu prüfen, ob der Hauptzweck der gewählten Entsorgungsmaßnahme in der Nutzung des Abfalls liegt.237 Die Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung ist daher anhand der in den beiden Sätzen des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG enthaltenen Tatbestandsmerkmale vorzunehmen. dd) § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG Immer wieder wird versucht, § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG zur Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung heranzuziehen.238 Die Vorschrift verlangt, dass die „Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, [. . . ] ordnungsgemäß und schadlos“ zu erfolgen hat. Aus der Verwendung des Terminus „insbesondere“ folgerte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, „dass eine Verwertung nicht nur durch Ein-

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Wagner-Cardenal, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 10 Rn. 48. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 100. 234 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 85. 235 Ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1245; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 20; Krieger, NuR 1995, 342, 343 f.; Schink, VerwArch 1997, 230, 251. 236 A.A. Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 22; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 32 f.; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 939. 237 Ähnlich hinsichtlich der zweistufigen Prüfung Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 23. 238 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 36; VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 50; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/ Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 5 Rn. 19; Meins, BayVBl. 1997, 66, 69; Bley et al., Bodenschutz 1998, 126, 128; ungenau Dippel, AbfallR 2010, 132, 136. 233

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E. Anforderungen des Abfallrechts

bindung in Erzeugnisse erfolgen kann, sondern auch durch bloße Nutzung des Volumens möglich und zulässig ist“.239 Dieser Begründungsansatz ist aus systematischen Gründen nicht haltbar: § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG stellt qualitative Anforderungen an eine Verwertung. Bevor die Norm zur Anwendung kommt, muss feststehen, dass es sich um eine Maßnahme der Verwertung handelt. Diese Vorfrage ist streng von der Prüfung der Zulässigkeit der Verwertungsmaßnahme zu trennen. Erfolgt eine Nutzung von Abfällen nicht ordnungsgemäß oder schadlos, ändert sich nicht der Charakter der Maßnahme. Zwar ist die konkrete Verwertungshandlung dann unzulässig, sie ist und bleibt aber eine Verwertung und wird nicht automatisch zur Beseitigung. Zutreffend ist deshalb die Ausführung des Verwaltungsgerichts Magdeburg, es handle sich „nicht um eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung im Sinne von § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG“, wenn „im Rahmen der Verfüllung eines Tagebaus ungeeignetes, aus Abfall bestehendes Material verwendet wird“.240 Nicht zutreffend ist demgegenüber, aus diesem Befund zu schließen, dass „dann von einer Verwertung nicht die Rede sein kann“, es sich vielmehr um „eine Maßnahme der Abfallbeseitigung handle“.241 Die Konsequenz einer nicht ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung mag zwar – jedenfalls, wenn für die Abfälle keine andere Art der Abfallverwertung zulässig ist – sein, dass zu entsorgenden Abfälle einem Beseitigungsverfahren zuzuführen sind,242 das heißt jedoch nicht, dass es sich bei dem in Rede stehenden Entsorgungsverfahren um eine Abfallbeseitigung handelt. Für die Einstufung der Entsorgungsmaßnahme als Verwertung oder Beseitigung sind die in § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG genannten Kriterien der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit somit unerheblich.243 ee) Ergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Anhänge II A und II B der AbfRRL 75/442/EWG nicht geeignet sind, eine Maßnahme der Abfallverwertung von einer solchen der Abfallbeseitigung abzugrenzen. Die dort aufgelisteten Verfahren können lediglich ein erstes Indiz für die Einordnung bieten, das anhand der materiellen Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu überprüfen ist. Ausgangspunkt für die Abgrenzung sind die Tatbestandsmerkmale der Definition der stofflichen Verwertung in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG. Nicht herangezogen werden kann hingegen die Vorschrift des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG, weil diese erst zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass eine stoffliche Verwertung vorliegt. b) Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls für andere Zwecke Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Frage, ob eine stoffliche Verwertung vorliegt und wie sie von der Beseitigung abzugrenzen ist, allein anhand von § 4 Abs. 3 239 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 36; vgl. zur Frage, ob die Nutzung des Volumens eines Abfalls für eine stoffliche Verwertung ausreichend ist E. III. 3. b) cc). 240 VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 50. 241 VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 50. 242 Insoweit zutreffend VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 51, 53. 243 Ebenso Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 24; Dazert, AbfallR 2005, 223, 224.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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KrW-/AbfG zu beantworten. Die Vorschrift legt in drei verschiedenen Varianten244 fest, was unter einer stofflichen Verwertung zu verstehen ist. Eine solche zeichnet sich entweder dadurch aus, dass aus Abfällen sekundäre Rohstoffe gewonnen oder stoffliche Eigenschaften der Abfälle zum ursprünglichen oder einem anderen Zweck genutzt werden. Das Gesetz unterscheidet also zwischen dem gezielt hergestellten Sekundärrohstoff als Produkt der stofflichen Verwertungshandlung und der Vornahme der Verwertungshandlung durch die stoffliche Nutzung des Abfalls.245 Die Gewinnung von sekundären Rohstoffen aus Abfällen als erstgenannte Form der stofflichen Verwertung setzt voraus, dass aus den Abfällen wiederverwendungsfähige Materialien gewonnen werden, indem geeignete Trenn- und Sortierverfahren Rohstoffe aus gemischten Abfällen herauslösen, die einen Einsatz primärer Rohstoffe entbehrlich machen. Typische Beispiele sind die Verwendung von Altglas zur Neuglasherstellung, die Pappeherstellung aus Altpapier zur Verringerung des Zellstoffverbrauchs, die Rückgewinnung von Metallen aus Schlämmen oder die Produktion von Parkbänken aus Kunststoff, der anstatt aus Kautschuk aus Verpackungen gewonnen wird.246 Da der Einsatz mineralischer Abfälle in und auf dem Boden keine Rohstoffgewinnung zum Ziel hat, ist die erste Variante der stofflichen Verwertung nicht einschlägig.247 In Betracht kommt nur die Option „Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle“, die zwischen einer Nutzung für den ursprünglichen Zweck und der Nutzung für andere Zwecke unterscheidet. Eine Verbringung mineralischer Abfälle auf und in den Boden erfolgt nicht zu dem Zweck, den der zu Abfall gewordene Gegenstand vor diesem Zeitpunkt hatte, weswegen die erstgenannte Alternative ausscheidet.248 Einschlägig ist somit allenfalls die dritte Variante der stofflichen Verwertung – die Nutzung der stofflichen Eigenschaften für andere Zwecke. Auch wenn – wie bei der in § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG angesprochenen Einbindung in Erzeugnisse – de facto bei einer Vielzahl der Verfahren ein Stofftransfer vom Abfall in das herzustellende Produkt stattfindet, ist dies keine notwendige Voraussetzung der Eigenschaftsnutzung.249 § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG findet daher auch Anwendung auf die Wiedernutzbarmachung 244 Das BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 140, fasst die letzten beiden Fälle zusammen und geht von nur zwei Varianten aus; anders hingegen nunmehr BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 253; ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 43 ff. 245 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 16. 246 Zu diesen und weiteren Beispielen der Sekundärrohstoffgewinnung vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 253; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 25 f. 247 Ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 337; VG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2001, Az. 9 G 3224/01, NVwZ-RR 2002, 736, 737; VG Gera, Urt. v. 14.11.2002, Az. 4 K 738/99.GE, juris Rn. 14; Versmann, ZUR 1995, 183, 187; unzutreffend hingegen BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 140, das den einheitlichen Vorgang der Verwertung durch Ablagerung im Boden aufspaltet und hinsichtlich der Herstellung des Versatzmaterials § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 KrW-/AbfG prüft; ihm folgend OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.06.2005, Az. 4/2 L 494/04, juris Rn. 50. 248 Anders ist dies nur bei der Verwendung von Abraummaterial zur Wiederverfüllung an Ort und Stelle, BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 254, wobei hier in vielen Fällen die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 KrW-/AbfG schon daran scheitern dürfte, dass es sich bei diesem Material nicht um Abfall handelt, vgl. hierzu E. I. 4. b) bb) (5) (a); auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 KrW-/AbfG stellt auch Kersandt, AbfallR 2012, 27, 30, ab. 249 Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 204.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche oder Maßnahmen zur Nutzung des Abfalls im Straßen- oder Landschaftsbau. aa) Substitution von Rohstoffen § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG enthält zur näheren Bestimmung der stofflichen Verwertung anders als die Begriffsbestimmung der energetischen Verwertung in § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG das Tatbestandsmerkmal der „Substitution von Rohstoffen“. Dessen Stellung innerhalb des Tatbestands kann dahingehend verstanden werden, dass es sich sowohl auf die erste Fallgruppe der Sekundärrohstoffgewinnung als auch auf die zweite der Nutzung stofflicher Eigenschaften bezieht. Da das Gesetz bewusst zwischen dem gezielt hergestellten Sekundärrohstoff als Produkt der stofflichen Verwertung und dem Vorgang der stofflichen Nutzung des Abfalls unterscheidet,250 legt die sprachliche Fassung der Vorschrift nahe, dass eine „Substitution von Rohstoffen“ nur bei der ersten Alternative Anwendung findet, da das Wort „durch“ nur vor dem „Gewinnen von Stoffen“ steht und sich nicht auch vor der „Nutzung der stofflichen Eigenschaften“ findet.251 Daher wird von einigen Gerichten und Autoren vertreten, die „Substitution von Rohstoffen“ sei bei der Nutzung der Abfälle ebenso wenig wie bei der energetischen Verwertung Tatbestandsvoraussetzung der gesetzlichen Verwertungsdefinition.252 Begründet wird diese Ansicht unter anderem damit, dass eine Abfallnutzung tendenziell ohne die Substitution von Rohstoffen nicht vorstellbar sei, da ein bestimmter wirtschaftlicher Zweck nur durch einen Einsatz von Rohstoffen erreicht werden könne, die bei der Abfallverwertung durch Abfallstoffe ersetzt würden.253 Diese Begründung vermag indes nicht zu überzeugen. Die Annahme, eine Nutzung von Abfällen sei ohne die Substitution von Rohstoffen nicht vorstellbar, ist kein Argument für die Verzichtbarkeit des Merkmals im Rahmen der Begriffsdefinition der Verwertung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 und 3 KrW-/AbfG. Auch wenn die Auslegung nach dem Wortlaut dafür spricht, dass eine Rohstoffsubstitution nur bei der ersten Alternative geprüft werden muss, ist dies nicht die einzige Deutungsvariante. Zur Beantwortung der Frage, ob das Tatbestandsmerkmal auch bei der Fallgruppe der Nutzung relevant ist, sind die weiteren Auslegungsmethoden heranzuziehen.254 250

Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 16. Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 25; insoweit unzutreffend das VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.1996, Az. 14 K 3580/95, NVwZ-RR 1997, 345, 346, das ein solches „durch“ auch bei der Fallgruppe der Nutzung in den Gesetzeswortlaut hineinliest. 252 So VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 337; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 104; vgl. aber auch Weidemann, NVwZ 1995, 631, 634, der hier die Ansicht vertritt, eine Verwertung liege vor, wenn „die Eigenschaften des Abfalls zur Substitution von Rohstoffen genutzt werden“; im Ergebnis ähnlich Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 25; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 98, der davon ausgeht, die Rohstoffsubstitution sei „eher ein Schlagwort, das verzichtbar ist“. 253 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 104; die Begründung macht sich auch das VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 37, zu eigen, allerdings ohne Stellung zu beziehen, ob sich das Merkmal der Substitution von Rohstoffen nur auf die erste Variante bezieht. 254 Zur Ergänzungsbedürftigkeit der grammatischen Auslegungsmethode durch die teleologische am Beispiel des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO vgl. Ekardt/Beckmann, VerwArch 2008, 241, 244 ff; grundlegend Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 74 ff. 251

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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Stellt man § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 und 3 KrW-/AbfG in den Kontext des Gesetzes, ergibt sich, dass eine allein auf den Wortlaut abstellende Ansicht nicht vertretbar ist, weil sie dem in § 1 KrW-/AbfG normierten Zweck, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern, nicht gerecht wird. Eine Begriffsdefinition der Kreislaufwirtschaft enthält das Gesetz zwar nicht. Da der Gesetzgeber in § 1 KrW-/AbfG aber zwischen der Kreislaufwirtschaft und der umweltverträglichen Beseitigung unterscheidet, ergibt sich in der Zusammenschau mit § 2 Abs. 1 KrW-/AbfG, dass er die Vermeidung und Verwertung von Abfällen der Kreislaufwirtschaft zurechnet. Sie sind von der Abfallbeseitigung zu unterscheiden, die gemäß § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG dem umweltverträglichen Ausschluss der nicht verwertbaren Abfälle aus der Kreislaufwirtschaft dient. Aus den im Gesetzeszweck enthaltenen allgemeinen Zielen lassen sich für den Normadressaten zwar keine unmittelbar verbindlichen Rechtsfolgen ableiten, sie sind jedoch Leitlinien zur Auslegung der ihr folgenden Gesetzesbestimmungen und als solche bei der Interpretation heranzuziehen.255 Da die Kreislaufwirtschaft, wozu nach dem zuvor Gesagten auch die Verwertung von Abfällen zählt, zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern ist, ist Zweck einer jeden Verwertung die Ressourcenschonung und mithin das Merkmal der „Substitution von Rohstoffen“ auch im Rahmen der Nutzungsvarianten zu prüfen.256 Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer neueren Entscheidung zum ersten Mal – allerdings ohne Begründung – ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle drei Varianten der stofflichen Verwertung „dem Freiwerden von (primären) Rohstoffen“ dienen.257 Dieser ausdrückliche Verweis auf das Tatbestandsmerkmal der Rohstoffsubstitution auch bei der Nutzung von Abfällen ist vor dem Hintergrund der europäischen Gesetzgebung und Rechtsprechung verständlich und unter ressourcenökonomischen Gesichtspunkten zu befürworten. Nach Art. 191 Abs. 1 AEUV258 ist es eine Aufgabe der Umweltpolitik der Europäischen Union, einen umsichtigen und rationellen Umgang mit Rohstoffen zu fördern. Konkretisierend findet sich diese Aufgabe im 8. Erwägungsgrund der novellierten Abfallrahmenrichtlinie wieder. Danach soll die „Verwertung von Abfällen sowie die Verwendung verwerteter Materialien zur Erhaltung der natürlichen Rohstoffquellen gefördert werden“. Anders als die Beseitigung dient die Verwertung der Förderung eines schonenden Umgangs mit Rohstoffen, insbesondere durch die Substitution von Rohstoffen, die auch der Europäische Gerichtshof bei der Abfallverwertung für entscheidend hält.259 255 Jarass, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 36; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 1 Rn. 31; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 1 Rn. 2. 256 Im Ergebnis ebenso Attendorn, AbfallR 2005, 215, 220 f., der ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal „Rohstoffsubstitution“ auch in dieser Tatbestandsvariante für erforderlich hält; Bertram, AbfallR 2009, 297, 300; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 20, lässt der Rohstoffsubstitution aus Vorsorgegesichtspunkten eine rechtspolitisch wichtige Rolle zukommen; für die energetische Abfallverwertung Brandt, AbfallR 2007, 130, 135. 257 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 253; schon in einem früheren Urteil hatte das Gericht das Tatbestandsmerkmal geprüft, BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251; anders hingegen noch BVerwG, Urt. v. 13.03.2003, Az. 7 C 1.02, NVwZ 2003, 1127, 1128, wo für eine ressourcenschonende Abfallverwertungsmaßnahme nur die Rückgewinnung von Rohstoffen und die Energieerzeugung genannt war. 258 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 09.05.2008, ABl. Nr. C 115, S. 47. 259 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 69; EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-228/00, Slg. 2003, I-1439, Rn. 45 f.; EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 36 f.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Nachdem geklärt ist, dass das Merkmal der Rohstoffsubstitution bei allen drei Varianten der stofflichen Verwertung geprüft werden muss, stellt sich weiter die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an die Substitution zu stellen sind. Teilweise wurde hierzu in Rechtsprechung260 und Literatur261 vertreten, es müsse eine Substitution im Sinne einer vollständigen Austauschbarkeit von Abfällen und Rohstoffen stattfinden. Gestützt wird diese Ansicht auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, in der dieser eine energetische Verwertung von Abfällen in einer Müllverbrennungsanlage geprüft und die Aussage getroffen hat, ein Indiz für die Substitution sei, dass ohne die Versorgung mit Abfällen die Verbrennung mit Rohstoffen hätte fortgesetzt werden müssen.262 Diese Auffassung ist zu kritisieren. Ihre Vertreter haben übersehen, dass das vom Europäischen Gerichtshof herangezogene Beispiel nur exemplarisch war und keine generelle Anforderung an die Verwertung darstellt. Dies zeigt sich schon daran, dass der Gerichtshof neben dem angeführten Beispiel als weiteres Indiz einer Rohstoffsubstitution den Zukauf von Abfällen gegen Entgelt für den Fall nennt, dass die fraglichen Abfälle nicht zur Verfügung gestanden hätten.263 Im Ergebnis wird man deshalb davon ausgehen müssen, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Aussage kein Substitutionsverständnis im Sinne einer umfassenden Austauschbarkeit postulieren wollte.264 Die „vollständige Austauschbarkeit sämtlicher Abfälle mit Primärenergieträgern“ ist deshalb für eine Verwertung „nicht erforderlich“.265 Vielmehr reicht es zu einer Rohstoffsubstitution aus, dass der Abfall dazu genutzt wird, einen Bedarf zu decken, der andernfalls durch den Einsatz natürlicher Rohstoffe gedeckt werden müsste.266 Dies gilt sowohl unmittelbar als auch mittelbar. Auch wenn die Abfälle im Einzelfall andere Abfälle substituieren, werden letztlich immer noch Rohstoffe dadurch ersetzt, dass es überhaupt zu einer Verwendung von Abfällen kommt.267 bb) Nutzung des Abfalls Der Begriff der Verwertung setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch voraus, dass aus dem Abfallstoff ein Wert gezogen wird, sprich Werte geschaffen werden.268 Mit der Entsorgungsmaßnahme muss daher ein zweckgerichteter Nutzen verbunden sein. Das ergibt sich aus § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG, der verlangt, dass die stofflichen Eigenschaften der mineralischen Abfälle für einen anderen als den ursprünglichen Zweck genutzt werden. Bereits im ersten Teil der Verwertungsdefinition kommt der auf die Nutzenziehung gerichtete Zweck dieser Entsorgungsart also klar zum Ausdruck. Dass die

260 So für die energetische Abfallverwertung VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.03.2006, Az. 10 S 790/03, juris Rn. 43; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 18.01.2006, Az. 7 ME 136/05, ZUR 2006, 268, 269; OVG des Saarlandes, Urt. v. 22.08.2003, Az. 3 R 1/03, juris Rn. 116. 261 Schink, UPR 2003, 121, 123. 262 EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 44. 263 EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 44. 264 Ebenso Brandt, AbfallR 2007, 130, 136. 265 BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 6. 266 Brandt, AbfallR 2007, 130, 136. 267 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251. 268 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.03.1993, Az. 7 A 11453/92, UPR 1993, 450, 452; Lange, NVwZ 1996, 729, 730; ähnlich auch Bley et al., Bodenschutz 1998, 126, 128.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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Nutzung des Abfalls konstitutives Element der stofflichen Abfallverwertung ist,269 lässt sich darüber hinaus dem zweiten Teil der Definition entnehmen, wonach eine stoffliche Verwertung nur dann angenommen werden kann, wenn der Hauptzweck der Maßnahme in der „Nutzung des Abfalls“ liegt, § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG.270 Die Umschreibung der stofflichen Verwertung im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz macht noch deutlicher als § 1 Abs. 2 AbfG, dass eine Verwertung nur bei einer Nutzziehung bejaht werden kann. Unter Geltung des früheren Abfallgesetzes war die Abfallverwertung in § 1 Abs. 2 AbfG legaldefiniert als „das Gewinnen von Stoffen oder Energie aus Abfällen“. Hier war der Begriff der Nutzung noch nicht enthalten. Gleichwohl lag auch bereits zu diesem Zeitpunkt nahe, dass von einer Verwertung nur ausgegangen werden kann, wenn eine Umwandlung in Stoffe erfolgt, denen ein Nutzen zukommt, da kaum von einem „Gewinnen von Stoffen“ gesprochen werden kann, wenn nutzlose Stoffe hergestellt werden. Aus der Verwendung des Begriffs der „Gewinnung“ wurde daher auch schon früher unter Verweis auf den Sprachgebrauch im Bergrecht gefolgert, Voraussetzung der Abfallverwertung sei, dass aus dem Abfall ein Nutzen gezogen werde, indem brauchbare Stoffe entweder entzogen oder hergestellt werden.271 Das Bundesverwaltungsgericht hat verlangt, dass „ein konkreter wirtschaftlicher oder sonstiger Nutzen aus den Eigenschaften des Stoffs gezogen wird, der eine auf die schadlose Verwahrung des Stoffs beschränkte bloße Ablagerung unnötig macht“.272 Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz definiert den Begriff der Nutzung als gemeinsames Merkmal sämtlicher Verwertungsoptionen nicht näher. Nach dem Wortsinn bedeutet Nutzung ganz allgemein, dass aus dem Gebrauch oder der Verwendung einer Sache ein Vorteil gezogen wird. Mit einer Nutzung ist die Handhabung einer Sache gemeint, die Vorteile gewährt und sich günstig auswirkt.273 Der Vorteil muss bei der Abfallnutzung gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG in der Erreichung eines „anderen Zwecks“ liegen. Die Nutzung ist daher eine auf Zweckerreichung gerichtete, finale Tätigkeit.274 Werden mineralische Abfälle zur Herstellung eines technischen Bauwerks wie beispielsweise eines Lärmschutzwalls eingesetzt, so werden nach der vorgenannten Definition die bauphysikalischen Eigenschaften wie Scherfestigkeit, Druckfestigkeit, Frostbeständigkeit genutzt.275 Schwieriger ist die Frage nach dem Vorliegen einer Nutzung zu beantworten, wenn mit den Abfällen kein Bauwerk errichtet wird, sondern eine bodenähnliche Anwendung zum Beispiel im Landschaftsbau oder zur Verfüllung von Restlöchern erfolgt. Hierbei wird 269 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1245; über diese Grundvoraussetzung kommt man auch bei einer noch so großen wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit nicht hinweg, vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 142. 270 Lange, NVwZ 1996, 729, 732. 271 Mann, Abfallverwertung als Rechtspflicht, S. 61; Lange, NVwZ 1996, 729, 730. 272 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82 f. 273 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 99; Kunig, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 24. 274 Reicherzer, NuR 2002, 594, 596; nicht ausreichend für eine Verwertung ist daher, dass eine Sache „irgendwie genutzt“ wird, so VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1244. 275 Bertram, AbfallR 2009, 297, 298; von einer Verwertung geht in diesen Fällen auch Knäpple, KA 2001, 1135, 1136, aus, allerdings ohne auf das Tatbestandsmerkmal der Nutzung explizit einzugehen.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

rein faktisch nämlich nichts anderes getan, als den Abfall schlicht abzulagern. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ist daher bei der Rekultivierung eines Tontagebaus auf der Grundlage eines bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahrens mit einem aus REA-Gips, Steinkohlenflugasche und Aschen aus Wirbelschichtfeuerungsanlagen hergestellten Stabilisat, dessen Bestandteile dem Betreiber des Tagebaus gegen Zahlung von den Kraftwerksbetreibern geliefert wurden, davon ausgegangen, dass keine Verwendung der Abfallstoffe im Sinne einer Nutzung des Sach- oder Brennwerts vorliege. Vielmehr würden die Abfälle nur abgelagert, ohne dass dem Empfänger durch die Besitzverschaffung „etwas Gutes getan“, ihm ein „Wert (Sachwert, Brennwert, . . . )“ verschafft werde. Ein Unterschied zur Deponierung sei deshalb nicht mehr zu ersehen, weshalb eine Abfallbeseitigung vorliege.276 An dieser Begründung des Gerichts ist zu kritisieren, dass auf das äußere Erscheinungsbild einer Deponierung abgestellt wird. Richtig ist zwar, dass eine mit der Grubenverfüllung einhergehende Ablagerung von Abfällen darauf gerichtet sein kann, sich ihrer auf Dauer zu entledigen und dass diese Entledigung unter bestimmten Umständen als Beseitigung zu qualifizieren ist. Zu diesen Umständen gehört jedoch nicht, dass der konkrete Einsatz zur Grubenverfüllung rein äußerlich und möglicherweise in seiner technischen Durchführung einer Beseitigung von Abfällen in Form der Deponierung ähnelt.277 Ein äußerlich als Beseitigung erscheinendes Verhalten kann – wie im gewählten Beispielsfall – eine Nutzung von Abfällen beinhalten und somit rechtlich eine Verwertung darstellen. Seitens des Oberverwaltungsgerichts wurde verkannt, dass die Verwendung von Stoffen mit Verfülleigenschaften einem über den bloßen Ablagerungsvorgang hinausgehenden konkreten Nutzungszweck dient, der sich hier aus dem Umstand ergibt, dass die Oberfläche wieder nutzbar gemacht und hierdurch ein von der Rechtsordnung geforderter Zustand hergestellt wurde.278 Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass der Einsatz von Abfällen auf dem Boden dann einen Nutzen hat, wenn er dazu dient, die Bodenfunktionen im Sinne des § 2 Abs. 2 BBodSchG (wieder)herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern. Zu den geschützten Bodenfunktionen gehören dabei nicht nur – auch wenn dies umweltpolitisch wünschenswert wäre –279 die natürlichen Funktionen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG, sondern auch die Nutzungsfunktionen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 BBodSchG.280

276 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.03.1993, Az. 7 A 11453/92, UPR 1993, 450, 452; ebenfalls zweifelnd, ob eine bloße Aufschüttung mineralischer Abfälle als Verwertung eingestuft werden kann, Krautz/Köppel, TerraTech 2001, 33, 33. 277 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 84; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.1997, Az. 21 B 1717/94, NuR 1997, 617, 618; Dippel, AbfallR 2010, 132, 134. 278 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82 f.; zuvor schon OVG des Saarlandes, Beschl. v. 05.10.1989, Az. 1 W 125/89, NVwZ 1990, 491, 492. 279 Zum rechtspolitisch fragwürdigen, im Wortlaut des § 2 Abs. 2 BBodSchG aber angelegten Zielkonflikt der verschiedenen Bodenfunktionen vgl. Seidel, Grenzwerte im Bodenschutz, S. 19 f. m. w. N. 280 Ähnlich Penndorf/Schmidt, Bodenschutz 1998, 138, 139; die a. A. von Bertram, AbfallR 2009, 297, 298, der nur auf die natürlichen Bodenfunktionen abstellt, ist nach der gegenwärtigen Rechtslage abzulehnen.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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cc) Stoffliche Eigenschaften Voraussetzung für die Qualifikation einer bodenbezogenen Verwendung mineralischer Abfälle als stoffliche Verwertung ist nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG nicht nur eine Nutzung, verlangt wird die „Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls“. Der stofflichen Abfallverwertung wäre ein sehr weiter Anwendungsbereich eröffnet, würde es ausreichen, den Abfall aufgrund irgendeiner Eigenschaft zu verwenden. Eine Einschränkung des weiten Anwendungsbereichs ergäbe sich bereits auf dieser ersten Prüfungsebene, wenn nicht jedwede, sondern nur spezifische stoffliche Eigenschaften des eingesetzten Abfalls unter den Tatbestand gefasst würden. Daher ist zunächst zu ermitteln, was genau unter den „stofflichen Eigenschaften“ zu verstehen ist. Fraglich ist, ob hierunter nur spezifische stoffliche Eigenschaften wie etwa inhaltliche Bestandteile des verwendeten Abfalls fallen oder auch allgemeine Eigenschaften wie beispielsweise Masse, Volumen, Dichte oder Druckfestigkeit erfasst sein sollen. Die erste Schwierigkeit, die sich bei der Beantwortung der Frage stellt, liegt bereits in der Bestimmung dessen, was spezifische stoffliche Eigenschaften eines Abfalls sind. So ist beispielsweise bei der Festigkeit schon zweifelhaft, ob es sich um ein für einen bestimmten Stoff spezifisches Merkmal handelt oder ob diese Eigenschaft so vielen Stoffen immanent ist, dass von einem Spezifikum gerade nicht mehr ausgegangen werden kann.281 Entsprechendes gilt für das Volumen, gegen das vorgebracht wird, dass mit ihm „nichts Spezifisches („Eigenes“) über einen Stoff gesagt wird, [da] jeder Stoff [. . . ] ein Volumen [hat], das beliebig verändert werden kann“.282 Das Verwaltungsgericht Stuttgart folgerte daraus, dass das Volumen im naturwissenschaftlichen Sinn keine stoffliche Eigenschaft sei. Allerdings sah es im Gegenzug den engen naturwissenschaftlichen Begriff der stofflichen Eigenschaft für die Frage des Vorliegens einer Verwertung nicht als maßgeblich an. Das wurde aus der in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG vorgeschriebenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise hergeleitet, wonach der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegen muss. Im Hinblick auf das maßgebliche Abgrenzungskriterium des Hauptzwecks der Maßnahme sah es das Gericht als geboten an, den Begriff der stofflichen Eigenschaften weit auszulegen und dafür genügen zu lassen, dass irgendeine Beschaffenheit des Stoffs genutzt wird, dass mit dem Stoff irgendein Erfolg erzielt wird, der über die bloße Beseitigung hinausgeht. Im konkreten Fall wurde davon ausgegangen, die Maßnahme bezwecke, einen Raum zu verfüllen, wodurch das Volumens eines Stoffs, also seine Fähigkeit, einen Raum auszufüllen, genutzt werde. Dies sei ausreichend, da über die bloße Beseitigung hinaus die Verfüllung als Hauptzweck erreicht werden sollte.283 Dem vom Verwaltungsgericht Stuttgart gewählten Ansatz ist aus systematischen Gründen nicht zu folgen: Die Anwendbarkeit der Hauptzweckklausel in § 4 Abs. 3 Satz 2 281 Das VG Oldenburg, Urt. v. 09.01.2003, Az. 5 A 409/02, juris Rn. 25, scheint bei der Festigkeit von einer spezifischen stofflichen Eigenschaft auszugehen. 282 VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.1996, Az. 14 K 3580/95, NVwZ-RR 1997, 345, 346; die Frage, ob die Nutzung des Abfallvolumens für die Annahme einer Verwertung ausreichend ist, war bereits unter Geltung des Abfallgesetzes umstritten, vgl. hierzu Versmann, ZUR 1995, 183, 187; Freytag, NuR 1996, 334, 337. 283 VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.1996, Az. 14 K 3580/95, NVwZ-RR 1997, 345, 346; mit ähnlicher Begründung Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 29.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

KrW-/AbfG setzt schon begrifflich eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls und damit die Erfüllung des Tatbestands des § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG voraus.284 Erst nachdem festgestellt wurde, dass eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG vorliegt, kann weiter geprüft werden, ob hierin auch der Hauptzweck liegt. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise allein reicht nicht aus, eine Maßnahme zu einem Vorgang der Verwertung zu machen.285 Anders als das Verwaltungsgericht Stuttgart folgerte der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg aus dem Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG, der nicht nur von der Nutzung von Eigenschaften des Abfalls spricht, sondern gerade auf die Nutzung der stofflichen Eigenschaften abstellt, dass dem Volumen eines Stoffs allein jeder Bezug zu dessen spezifischer Stofflichkeit fehlt, da jeder Stoff die Eigenschaft hat, ein mehr oder weniger großes Volumen zu besitzen. Daher soll es sich beim Volumen nicht um eine stoffliche Eigenschaft handeln.286 Für die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg lässt sich anführen, dass vordergründig kein Grund ersichtlich ist, warum für die stoffliche Verwertung nach dem Gesetzeswortlaut gerade die Nutzung der „stofflichen Eigenschaften“ verlangt wird, wenn doch jede Nutzziehung aus einem Stoff ausreichen soll. Bei genauerer Betrachtung der Funktionen des § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG lassen sich aber durchaus Argumente finden, warum der Gesetzgeber auf die „stofflichen Eigenschaften“ abstellt, ohne daraus den Schluss zu ziehen, allgemeine Eigenschaften wie etwa das Volumen fielen nicht darunter. Bei der vorliegenden Fragestellung geht es zwar um die Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung. Dies ist aber nicht die einzige Abgrenzungsaufgabe, die durch § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG wahrgenommen wird. Daneben dient die Norm auch der Unterscheidung der stofflichen von der energetischen Verwertung.287 Der Gesetzgeber könnte daher zur Klarstellung, dass die stoffliche Verwertung zwar die Nutzung von Eigenschaften des Abfalls voraussetzt, energetische Eigenschaften aber nicht erfasst sein sollen, zur näheren Umschreibung ergänzend auf das Wort „stofflich“ Bezug genommen haben. Eine solche Sichtweise auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG spricht dafür, „stoffliche Eigenschaften“ nicht zwingend nur als stoffspezifische Eigenschaften auszulegen, sondern hierunter ganz allgemein die – mit Ausnahme der energetischen – Eigenschaften eines Abfalls zu fassen. Da die stoffliche Verwertung nicht voraussetzt, dass die genutzten stofflichen Eigenschaften des Abfalls diesen von anderen Stoffen unterscheiden, ist es nach dem Wortlaut somit nicht ausgeschlossen, allgemeine Eigenschaften wie etwa das Volumen darunter zu fassen. 284 Zutreffend VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; a. A. Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 37, der wie das VG Stuttgart davon ausgeht, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG nicht losgelöst von Satz 2 gesehen werden kann. 285 BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 142. 286 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; ebenso VG Karlsruhe, Urt. v. 14.02.2001, Az. 4 K 2508/00, NVwZ 2002, 243, 245; VG Kassel, Urt. v. 05.06.2001, Az. 7 E 284/00, juris Rn. 38; VG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2001, Az. 9 G 3224/01, NVwZ-RR 2002, 736, 737; Stengler, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, S. 121; Weidemann, NVwZ 1998, 258, 260; das Bundesverwaltungsgericht ließ in der Revisionsinstanz offen, ob das Gesetz mit stofflichen Eigenschaften nur werkstoffliche meine oder auch solche wie beispielsweise das Volumen, das jede Sache „mehr oder weniger“ habe, BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 141. 287 BT-Drs. 12/7284, S. 13.

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Auch unter teleologischen Gesichtspunkten erscheint eine enge Auslegung nicht als geboten, weil es sich beim Tatbestandsmerkmal der Nutzung der stofflichen Eigenschaften nur um die Mindestvoraussetzung für eine stoffliche Verwertung handelt, die einer weiteren Eingrenzung unterliegt. Beim Ausschluss einer weiten Interpretation liegt vielmehr der Verdacht eines Verstoßes gegen das in § 1 KrW-/AbfG angelegte Gebot der Ressourcenschonung und die in der Abfallrahmenrichtlinie vorgegebene Zielhierarchie des § 4 Abs. 1 KrW-/AbfG, nach welcher der Abfallverwertung Vorrang gegenüber der Beseitigung zukommt, nahe.288 Nicht zuletzt würde das Erfordernis einer stoffspezifischen Eigenschaft die stoffliche Verwertung in einer Weise einschränken, die nicht praktikabel ist, da nicht ohne weiteres gesagt werden kann, welche Spezifika einen Stoff jeweils auszeichnen. Zusammenfassend sprechen die überzeugenderen Argumente für die Auffassung, auch eine Nutzung von Eigenschaften wie Masse oder Volumen als eine „Nutzung der stofflichen Eigenschaften“ anzusehen.289 Diese Ansicht hat auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz – wenngleich mit einer anderen Begründung – vertreten. Es sah die Nutzung lediglich des Volumens eines Abfalls als eine zulässige Art der Verwertung an und folgerte dies aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG. Dort wird bestimmt, dass „die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, [. . . ] ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen“ hat. Das Gericht zog aus der Verwendung des Worts „insbesondere“ den Schluss, eine Verwertung von Abfällen könne nicht nur durch ihre Einbindung in Erzeugnisse erfolgen, sondern sei auch durch bloße Nutzung des Volumens möglich und zulässig. Der Gebrauch dieses Worts ergäbe keinen Sinn, wenn der Gesetzgeber bei der Verwertung nicht auch das Volumen des Abfalls im Blick gehabt hätte. Die Formulierung deute vielmehr darauf hin, dass der Gesetzgeber zwar zuallererst die Verbindung des Abfalls mit anderen Materialien im Sinn hatte, die Verwertungsmöglichkeiten jedoch gerade nicht darauf beschränkt wissen wollte.290 Die Argumentation des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vermag nicht zu überzeugen. Bei der Heranziehung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG ist zu beachten, dass dieser nur von Verwertung spricht und folglich gleichermaßen auf die energetische Verwertung, die gerade nicht durch eine Einbindung der Abfälle in Erzeugnisse erfolgt, anwendbar ist. Daher hätte es näher gelegen, unter eine solche andere Art der Verwertung zunächst einmal die energetische Verwertung zu fassen. Auch die Begründung des Umweltausschusses des Bundestags spricht nicht für eine solche Gesetzesauslegung, wollte der Gesetzgeber doch mit der Hervorhebung der Verwertung durch eine Einbindung der Abfälle in Erzeugnisse nur klargestellt haben, dass es sich hierbei um eine Maßnahme der Verwertung und nicht der Vermeidung handelt.291 Gegen den Begründungsansatz sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG stellt qualitative Anforderungen an eine Abfallverwertung und kommt daher erst zur Anwendung, wenn eine 288

Ähnlich Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 37; Reicherzer, NuR 2002, 594, 596. Ebenso Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 30; Versmann, ZUR 1995, 183, 187; Freytag, NuR 1996, 334, 337; Frenz, ZfB 2000, 216, 225; Henke/Penndorf , Bodenschutz 2009, 91, 94. 290 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 36; ebenso VG Dessau, Urt. v. 11.09.2003, Az. 2 A 349/01, NuR 2004, 474, 476; von Lersner, in: von Lersner/ Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 5 Rn. 19; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 204. 291 BT-Drs. 12/7284, S. 14. 289

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Entsorgungsmaßnahme nach den Kriterien des § 4 Abs. 3 oder Abs. 4 KrW-/AbfG als stoffliche oder energetische Verwertung eingeordnet wurde.292 Allein anhand dieser beiden Vorschriften ist zu ermitteln, ob eine Verwertungsmaßnahme vorliegt. Ein Rückgriff auf die erst nachrangig anwendbare Regelung des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG verbietet sich zur Beantwortung von Fragen, welche die Abgrenzung von der Beseitigung betreffen. Im weiteren Rechtszug hat sich das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – allerdings ohne auf dessen konkrete Begründung näher einzugehen – angeschlossen und anerkannt, dass „Abfälle den ihnen zugedachten Verfüllzweck bereits durch ihr Volumen erfüllen können und eine besondere „werkstoffliche“ Eigenschaft aus abfallrechtlicher Sicht [. . . ] nicht erforderlich ist“. Es führt weiter aus, dass die „Nutzung der „stofflichen Eigenschaften“ [. . . ] nicht auf bestimmte Eigenschaften beschränkt“ ist, sondern jede Eigenschaft eines Stoffs erfasst. Hierzu gehört auch das Volumen, wenn es dazu dient, das Höhenniveau der Oberfläche zu deren Wiedernutzbarmachung anzuheben. Soweit bei den andernfalls zum Einsatz kommenden Rohstoffen ebenfalls nur deren Volumen genutzt würde, genüge das auch für die stoffliche Verwertung.293 Die Entscheidung ist zum einen aus Gründen der Rechtsklarheit zu begrüßen, da sie die stoffliche Verwertung nicht von der schwierig zu beantwortenden Frage abhängig macht, ob eine Nutzung spezifischer stofflicher Eigenschaften vorliegt. Weil für die Bejahung der stofflichen Verwertung noch weitere Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen und diese darüber hinaus ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen hat, besteht zum anderen auch weder eine abfallwirtschaftliche noch eine ökologische Notwendigkeit, Entsorgungsmaßnahmen, die nur allgemeine Eigenschaften von Stoffen nutzen, dem Beseitigungsregime zu unterwerfen. Die Klärung der Rechtsfrage, ob das Volumen eines Abfalls eine stoffliche Eigenschaft ist, deren Nutzung den Verwertungscharakter einer Maßnahme begründen kann, betraf nicht lediglich ein Scheinproblem.294 Denn über den konkreten Einzelfall hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht die vormals in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage entschieden, ob eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften auf bestimmte, beispiels292

Dazert, AbfallR 2005, 223, 224, spricht von einer „systematisch verfehlten Argumentation“. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251; zuvor schon OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.1997, Az. 21 B 1717/94, NuR 1997, 617, 618; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.07.2000, Az. 7 M 2005/99, NVwZ-RR 2001, 19, 19; VG München, Urt. v. 07.08.2001, Az. M 16 K 01.2317, juris Rn. 78; VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 72; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 24; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 30; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 366; Spieth/Wolfers, ZfB 1997, 269, 281; Beckmann, ZfB 1999, 12, 15; Schink, NuR 1999, 106, 109; Konzak, AbfallPrax 2000, 146, 148; Reicherzer, NuR 2002, 594, 596; Henke/Penndorf , Bodenschutz 2009, 91, 94; a. A. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; VG Kassel, Urt. v. 05.06.2001, Az. 7 E 284/00, juris Rn. 38; Stengler, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, S. 121; Kafka, NuR 2001, 450, 451; wohl auch Attendorn, TerraTech 10/2006, 7, 7; Weidemann, NVwZ 1998, 258, 260, der ebenfalls auf die „spezifischen Eigenschaften“ abstellt; zweifelnd Dazert, AbfallR 2005, 223, 224, und Séché, ZfW 2006, 1, 2, mit der Begründung, das Volumen sei kein Qualitäts-, sondern allein ein Quantitätsmerkmal. 294 So aber Attendorn, AbfallR 2005, 215, 220, der darauf abstellt, dass eine Verfüllung nicht mit jedem beliebigen Stoff erfolgen kann, dessen einzig relevante Eigenschaft das Volumen ist, sondern über zusätzliche Eigenschaften wie Druckfestigkeit oder ein entsprechendes Setzungsverhalten verfügen muss. 293

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weise werkstoffliche Eigenschaften beschränkt oder jede Eigenschaft eines Stoffs erfasst ist. Einer Entscheidung dieser Frage hätte es auch dann bedurft, wenn nicht nur auf das Volumen, sondern zusätzlich auf andere Eigenschaften wie Druckfestigkeit oder Setzungsverhalten abgestellt wird. Denn auch bei diesen ist zweifelhaft, ob es sich um für einen Stoff spezifische Eigenschaften handelt oder sie so vielen Stoffen immanent sind, dass von einem stoffspezifischen Merkmal nicht mehr ausgegangen werden kann. Das Problem der Differenzierung wurde mit der Entscheidung nunmehr dahingehend gelöst, dass grundsätzlich jede Eigenschaft eines Stoffs ausreicht. dd) Nutzung für andere Zwecke Die stofflichen Eigenschaften der Abfälle müssen in der für die vorliegende Untersuchung ausschließlich einschlägigen dritten Variante des § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG „für andere Zwecke“ genutzt werden. Dieses Tatbestandsmerkmal wirft die Frage auf, welche Anforderungen an den mit der Nutzung verfolgten Zweck zu stellen sind, um einer Maßnahme Verwertungsqualität beizumessen. Im Folgenden soll daher geprüft werden, ob zur Bejahung des Verwertungscharakters jeder wie auch immer geartete Zweck ausreicht oder ob an diesen weitere, zusätzliche Anforderungen zu stellen sind. Nach dem Gesetzeswortlaut, der gänzlich uneinschränkend von „anderen Zwecken“ spricht und keine weiteren Erfordernisse aufstellt, scheint für eine Verwertung jedweder Zweck ausreichend. Auch die zu § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG ergangene Rechtsprechung legt auf den ersten Blick ein weites Zweckverständnis nahe. Dass bereits jeder sinnvolle Nutzungszweck der Entsorgungsmaßnahme Verwertungscharakter verleiht, könnte aus einer Passage der Entscheidungsgründe des ersten Tongrubenurteils geschlossen werden. Dort lässt das Bundesverwaltungsgericht für eine stoffliche Verwertung ausreichen, dass „ein konkreter wirtschaftlicher oder sonstiger Nutzen aus den Eigenschaften des Stoffs gezogen wird“.295 In die gleiche Richtung geht eine Aussage des Europäischen Gerichtshofs, der – ähnlich wie das Bundesverwaltungsgericht – davon spricht, das entscheidende Merkmal für eine Abfallverwertung sei, „dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können“.296 Wäre schon jeder sinnvolle Zweck einer Nutzung für die Verwertung ausreichend, bestünde eine ernstzunehmende Gefahr von Scheinverwertungen. Denn eine „sinnvolle Aufgabe“ kann eine Maßnahme auch dann erfüllen, wenn sie für den Entsorger nützlich ist, etwa weil ihm ein Entgelt für die Abnahme der Abfälle gezahlt wird.297 Ist die Bezahlung, die der Entsorger erhält, der einzige Grund für den Einsatz der Abfälle, liegt die Vermutung nahe, dass es in Wahrheit um die Zurverfügungstellung von Ablagerungskapazität für fremden Abfall geht, mithin der Beseitigungszweck im Vordergrund steht.

295

BVerwG, Urt. v. 14.04.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82 f. EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 69. 297 Auch das VG Düsseldorf, Urt. v. 29.02.2000, Az. 8 L 3841/99, n.v., spricht die „sehr bedeutsame Möglichkeit der Gewinnerzielung durch die Übernahme von Abfällen gegen Entgelt“ an, verneint den sinnvollen Zweck aber mangels „kreislaufwirtschaftlichen Nutzens“; ebenso Stengler, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, S. 120; ähnlich auch VG Trier, Urt. v. 07.03.2012, Az. 5 K 1535/11.TR, juris Rn. 19, in einem Fall, in dem anderweitige Entsorgungskosten vermieden werden sollen. 296

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Grundsätzlich ist für die Frage, ob der Abfall eine „sinnvolle Aufgabe“ erfüllt, zwar die Vorstellung desjenigen, der die Maßnahme durchführt, heranzuziehen.298 Allerdings kann es vernünftigerweise nicht allein auf seine subjektive Sichtweise ankommen. Denn sonst obläge es dem Abfallentsorger, über die Einstufung der durchzuführenden Maßnahme als Verwertung zu entscheiden und sie damit der Entsorgungsalternative zuzuordnen, die nach den gesetzlichen Vorschriften nicht so streng überwacht wird und letztendlich auch weniger strenge Rechtsfolgen nach sich zieht. Daher kann im Ergebnis ein sinnvoller Zweck allein für den Abfallentsorger für eine Verwertung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG nicht ausreichen. Vielmehr sind zur Bestimmung des Zwecks darüber hinaus auch objektive Kriterien heranzuziehen.299 Einem sinnvollen Zweck dient der Einsatz von Abfallstoffen auf dem oder im Boden unter Berücksichtigung objektiver Kriterien dann, wenn für die nachweisbaren Wirkungen des Stoffs tatsächlich ein Bedarf besteht.300 Der Bedarf kann sich aus den chemischen, physikalischen oder biologischen Eigenschaften des Abfalls ergeben und ist stets unter Berücksichtigung der konkreten Standortbedingungen zu ermitteln.301 Bei einem Einsatz mineralischer Abfälle geht es – anders als bei der Aufbringung organischer Stoffe, mit der hauptsächlich chemische Wirkungen erzielt werden sollen – um die Erreichung physikalischer Effekte in oder auf dem Boden.302 Voraussetzung für eine stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen ist also der Bedarf an den physikalischen Eigenschaften des Abfalls. Welcher Bedarf beim Einsatz der Abfälle zur Herstellung technischer Bauwerke gedeckt werden soll, ist in der Regel evident.303 Entsprechendes gilt, wenn die Materialien im Straßenbau etwa zur Herstellung einer Tragschicht eingesetzt werden. Nicht eindeutig zu beantworten ist hingegen die Frage, ob auch bei der Ablagerung von mineralischen Abfällen in einer Grube ein bestehender Bedarf befriedigt wird. Im Folgenden soll daher geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen in der problematischsten Fallgestaltung der Verfüllung einer bergrechtlich zugelassenen Abbaustätte ein solcher Bedarf besteht. Die Bedarfsermittlung hat innerhalb des rechtlichen Rahmens zu erfolgen, der § 55 Abs. 2 Nr. 2 BBergG zu entnehmen ist. Danach ist bei der Einstellung eines Abbaubetriebs die Wiedernutzbarmachung der in Anspruch genommenen Fläche vorgeschrieben. Die Wiedernutzbarmachung wird in § 4 Abs. 4 BBergG legaldefiniert als „die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses“. Wiedernutzbarmachung ist daher nicht mit Rekultivierung oder Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gleichzusetzen; eine ordnungsgemäße Gestaltung der Oberfläche erfordert nicht unbedingt die Wiederherstel298 BVerwG, Urt. v. 14.04.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82; BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 250. 299 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 250; Stengler, NVwZ 2002, 568, 568. 300 Bley et al., Bodenschutz 1998, 126, 128; davon scheint auch das VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 46, auszugehen, das von einem „Bedürfnis an der Durchführung der Renaturierungsmaßnahme“ spricht. 301 Bley et al., Bodenschutz 1998, 126, 129. 302 Bei einer Verwendung von aus mineralischen Abfällen hergestellten Sekundärrohstoffen zum Untertageversatz im Bergbau werden die physikalischen Stützeigenschaften des Abfalls genutzt, vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 673. 303 Zum Beispiel Lärmschutzwall vgl. VG Würzburg, Urt. v. 16.07.2013, Az. W 4 K 13.604, juris Rn. 36.

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lung des vor Abbaubeginn bestehenden Zustands.304 Sie kann auch darin liegen, dass die Fläche ordnungsgemäß so gestaltet wird, dass sie sich für eine sinnvolle andere Nutzung eignet.305 Ein Beispiel für eine andere Nutzung ist die Herstellung eines Restsees zu ökologischen oder Erholungszwecken.306 Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass zwar eine bergrechtliche Pflicht zur Wiedernutzbarmachung besteht, diese aber nicht notwendig eine Pflicht zur Auffüllung beinhaltet. Der Bedarf ergibt sich somit nicht schon unmittelbar aus einer gesetzlichen Verfüllpflicht. Vielmehr ist im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren anhand des öffentlichen Interesses zu ermitteln, wie die Wiedernutzbarmachung im Einzelfall auszusehen hat. Eine Wiedernutzbarmachung im Wege der Verfüllung liegt beispielsweise dann im öffentlichen Interesse, wenn sie aus bergtechnischen oder bergsicherheitlichen Gründen notwendig ist.307 Entsprechendes gilt, wenn sie der (Wieder-)Herstellung oder Verbesserung der verlorengegangenen oder beeinträchtigten Bodenfunktionen dient.308 Ein Bedarf ist bei der Auffüllung der Bergaufsicht unterliegender Abbaustätten daher nur dann vorhanden, wenn die zuständige Bergbehörde bei der Zulassung des Abschlussbetriebsplans zum Ergebnis kommt, eine Wiedernutzbarmachung der Erdoberfläche in Form der Verfüllung sei im Einzelfall erforderlich oder geboten und eine solche daher öffentlich-rechtlich anordnet.309 In anderen Fallkonstellationen muss eine Verfüllung zwar nicht behördlich angeordnet, gleichwohl aber ein Bedarf hierfür gegeben sein. Dieser besteht bei einer nicht dem Bergrecht unterliegenden Abgrabung etwa dann, wenn die Einbringung der Abfälle einer zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht dient.310 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Verfüllung mit Abfallstoffen nur dann einem sinnvollen Zweck dient, wenn für den Einsatz der Stoffe ein Bedarf besteht, der entweder aus einer behördlichen Anordnung oder einer zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht herrührt. Dieser Forderung nach einem rechtlich gebotenen Zweck steht die oben zitierte Rechtsprechung nicht entgegen. Die Aussage, eine stoffliche Verwertung setze voraus, dass 304

Boldt/Weller, BBergG, § 4 Rn. 20; Kremer/Neuhaus gen. Wever, Bergrecht, Rn. 67. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.05.1998, Az. 21 A 6726/95, ZfB 1998, 160, 168; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.03.2009, Az. 2 L 104/08, juris Rn. 6. 306 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.05.1998, Az. 21 A 6726/95, ZfB 1998, 160, 168; Attendorn, AbfallR 2005, 215, 219. 307 Das Niedersächsische OVG, Urt. v. 21.10.2008, Az. 7 ME 170/07, NuR 2009, 58, 59, spricht davon, dass im Rahmen des öffentlichen Interesses die Rechtsgüter Dritter, die durch Bergsenkungen betroffen sein können, zu berücksichtigen sind; zur „fachlichen Notwendigkeit“ am Beispiel der Wiedernutzbarmachung von Kalihalden vgl. Frenz, AbfallR 2012, 72, 73. 308 Ähnlich Penndorf/Schmidt, Bodenschutz 1998, 138, 139. 309 Im Ergebnis ebenso, teilweise mit anderer, teilweise ohne Begründung OVG NordrheinWestfalen, Urt. v. 20.01.1995, Az. 10 A 2429/92, NVwZ-RR 1995, 441, 441; zur Rechtslage unter dem Abfallgesetz; VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 47; Frenz, WiVerw 2003, 1, 21; Attendorn, AbfallR 2005, 215, 220; Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 248; Bertram, AbfallR 2009, 297, 300; Henke/Penndorf , Bodenschutz 2009, 91, 94; Dippel, AbfallR 2010, 132, 134; Kersandt, AbfallR 2012, 27, 30; Frenz, AbfallR 2012, 72, 73; a. A. offenbar VG Magdeburg, Beschl. v. 09.04.2008, Az. 3 B 53/08, ZfB 2008, 200, 201 ff., das das Landesbergamt mit den Worten zitiert, dass „eine Pflicht zur Verfüllung nicht bestehe“, in seiner Entscheidung die Einstufung der Verfüllung als Maßnahme der Abfallverwertung aber nicht bemängelt; Versmann, ZUR 1995, 183, 187, der nur einen „nachvollziehbaren Zweck“ fordert; Freytag, NuR 1996, 334, 337; Reicherzer, NuR 2002, 594, 596, der den Zweck der Wertsteigerung des Grundstücks für ausreichend erachtet. 310 VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.02.2000, Az. 8 L 3841/99, n.v; VG Gera, Urt. v. 14.11.2002, Az. 4 K 738/99.GE, juris Rn. 14. 305

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„ein konkreter wirtschaftlicher oder sonstiger Nutzen aus den Eigenschaften des Stoffes gezogen wird“311 , ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im konkreten Fall ein der Bergaufsicht unterliegender Tontagebau wiedernutzbar gemacht wurde und der Betreiber nach der Zulassung des Betriebsplans zur Verfüllung des Geländes verpflichtet war.312 Im dortigen Sachverhalt bestand also eine behördliche Verfüllanordnung. Unter dieser Prämisse kann die Aussage, eine stoffliche Verwertung setze die Ziehung eines wirtschaftlichen oder sonstigen Nutzens voraus, nicht dahingehend gedeutet werden, für eine Verwertung sei jeder sinnvolle Zweck, sei er auch nicht rechtlich geboten, ausreichend. Ähnlich verhielt es sich im zweiten Tongrubenurteil. Auch dort war die Verfüllung im vom Bergamt zugelassenen Abschlussbetriebsplan vorgesehen.313 Das Gericht hatte auch hier – ausgehend von einer Verfüllpflicht – der Nutzung der Eigenschaften der Abfälle unter Verweis auf seine frühere Entscheidung einen „konkreten wirtschaftlichen oder sonstigen Nutzen“ zugesprochen.314 Aber nicht nur die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, auch das Zitat des Europäischen Gerichtshofs darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist im Kontext der ganzen Entscheidung zu sehen. So führt der Gerichtshof nicht nur aus, das entscheidende Merkmal einer Abfallverwertungsmaßnahme liege darin, „dass ihr Hauptzweck darauf gerichtet ist, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können“, sondern bestimmt weiter, worin diese sinnvolle Aufgabe besteht: in der Ersetzung anderer Materialien, „die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen“.315 Bereits die Formulierung in der Urteilsbegründung spricht dafür, dass die Versatzmaßnahme notwendig sein muss, um den Verwertungstatbestand zu erfüllen. Diese Ansicht wird bestätigt, wenn der Auslegung nicht nur die Urteilsgründe, sondern zusätzlich der Schlussantrag des Generalanwalts zugrunde gelegt wird. Der Generalanwalt setzt sich wesentlich konkreter als das Gericht mit der Notwendigkeit der Maßnahme für die Einstufung als Verwertung auseinander. Für ihn ist entscheidend, ob die als Verwertung eingestufte Maßnahme auch ohne die Verfügbarkeit der Abfälle mit anderen Stoffen durchgeführt worden wäre. Übertragen auf die Verfüllung eines stillgelegten Bergwerks muss demnach gefragt werden, ob die Abgrabung mit anderen Materialien zu einem anderen Zweck als dem der Lagerung aufgefüllt worden wäre, wenn die Abfälle nicht zur Verfügung gestanden hätten.316 Nach dieser Auffassung ist damit neben der Prüfung, ob das Material für eine Verwertung geeignet ist, zusätzlich zu ermitteln, ob es bei einer Maßnahme eingesetzt wird, die andernfalls mit Primärrohstoffen durchgeführt worden wäre. Mit anderen Worten kann also eine Verwertung nur dann angenommen werden, wenn mit dem Einsatz der Stoffe ein bestehender Bedarf gedeckt wird, wovon bei einer Verfüllung nach den oben dargelegten Grundsätzen nur dann auszugehen ist, wenn sie rechtlich geboten war. Der Europäische Gerichtshof ist in seiner Urteilsbegründung zwar nicht detailliert auf die Problematik eingegangen, im Ergebnis 311

BVerwG, Urt. v. 14.04.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 82 f. Vgl. den Tatbestand des Urteils, BVerwG, Urt. v. 14.04.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 80, sowie des zugehörigen Berufungsurteils, OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.03.1993, Az. 7 A 11453/92, juris Rn. 1. 313 Vgl. den Tatbestand des Urteils, BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 248. 314 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251. 315 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 69. 316 Generalanwalt Jacobs, Schlussantrag vom 15.11.2001, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 86. 312

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aber dem Generalanwalt gefolgt, weshalb angenommen werden kann, dass mit der Formulierung „die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen“ eine Notwendigkeit der Versatzmaßnahme vorausgesetzt wird.317 Dass der „andere Zweck“, für den die Abfälle eingesetzt werden, in der Fallgruppe der bergrechtlichen Verfüllung ein rechtlich gebotener sein muss, wird auch anhand folgender Überlegung deutlich: Zweck des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist nach § 1 KrW-/AbfG die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen, die den nach der abfallrechtlichen Pflichtenhierarchie vorgegebenen Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung rechtfertigt. Bereits oben wurde erörtert, dass das Tatbestandsmerkmal der „Substitution von Rohstoffen“ auch bei der „Nutzung der Abfälle für andere Zwecke“ zu prüfen ist.318 Eine Ressourcenschonung ließe sich durch die Verwendung von Abfällen zur Verfüllung einer Abgrabung nicht begründen, wenn keine Pflicht zur Auffüllung bestand. Oder allgemein ausgedrückt: Wenn der „andere Zweck“ i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG, zu dem die Abfälle genutzt werden, kein anhand objektiver Kriterien zu ermittelnder rechtlich gebotener oder aus anderen Gründen notwendiger ist, liegt keine Verwertung vor, da der Einsatz der Abfälle dann nicht zu einer Schonung der natürlichen Ressourcen führt, wenn für diesen Zweck ohnehin keine Rohstoffe hätten eingesetzt werden müssen.319 Vor dem Hintergrund der Rohstoffsubstitution kann auch ein Einsatz mineralischer Abfälle, der über das erforderliche Minimum hinaus geht, nicht als Verwertung anerkannt werden. Immer dann, wenn mehr Abfälle verwendet werden, als zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, liegt eine Maßnahme der Beseitigung vor.320 ee) Zwischenergebnis Grundvoraussetzung für die Einordnung einer Entsorgung mineralischer Abfälle als Maßnahme der Abfallverwertung ist, dass die stofflichen Eigenschaften der Abfälle zu einem anderen als dem ursprünglichen Zweck genutzt und hierdurch Rohstoffe substituiert werden. Das Vorliegen einer Nutzung erfordert, dass aus den stofflichen Eigenschaften des Abfalls ein Vorteil gezogen wird. Dieser kann beispielsweise in der Herstellung eines technischen Bauwerks aus mineralischen Abfällen liegen. Eine Nutzziehung kann aber auch bei der Verfüllung einer Grube anzunehmen sein, wenn etwa die Oberfläche wiederhergestellt werden muss oder die Auffüllung aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Dabei ist streitig, ob eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften vorliegt,

317

Stengler, NVwZ 2002, 568, 568. Vgl. hierzu E. III. 3. b) aa). 319 Nunmehr ausdrücklich BVerwG, Beschl. v. 12.01.2010, Az. 7 B 34.09, juris Rn. 6; im Ergebnis ebenso VG Dessau, Urt. v. 11.09.2003, Az. 2 A 349/01, NuR 2004, 474, 476, das bei der Verfüllung eines Tagebaurestlochs von einer Abfallbeseitigung ausgeht, wenn feststeht, dass die Maßnahme nicht mit anderen Materialien durchgeführt worden wäre, hätten die Abfälle nicht zur Verfügung gestanden, sowie Bertram, AbfallR 2009, 297, 300. Insoweit ist auch die von Freytag, NuR 1996, 334, 337 f., geäußerte Befürchtung, eine Abfallverwertung hätte keine Vorteile gegenüber einer Abfallbeseitigung, wenn allgemeine Eigenschaften der Abfälle genutzt werden dürfen, unbegründet. 320 VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 42; VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 74; Versmann, ZUR 1995, 183, 187; Frenz, AbfallR 2012, 72, 73. 318

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E. Anforderungen des Abfallrechts

wenn lediglich das Volumen eines Stoffs genutzt wird. Das ist im Ergebnis zu bejahen, weil das Gesetz nicht die Nutzung spezifischer stofflicher Eigenschaften verlangt. Dem in § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 3 KrW-/AbfG geforderten anderen Zweck dient der Einsatz mineralischer Abfälle nur dann, wenn er eine sinnvolle Aufgabe erfüllt, weil er andere Materialien ersetzt, die andernfalls hätten verwendet werden müssen. Einer so definierten sinnvollen Aufgabe kommt er nur dann nach, wenn ein konkreter Bedarf an den nachweisbaren Wirkungen der eingesetzten mineralischen Abfälle besteht. Dieser ergibt sich bei einer Verwendung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden in aller Regel aus dessen physikalischen Eigenschaften. Da den bergrechtlichen Vorschriften zur Wiedernutzbarmachung keine Verfüllpflicht zu entnehmen ist, besteht für die Auffüllung von dem Bergrecht unterliegenden Tagebauen nur dann ein Bedarf, wenn diese ordnungsrechtlich geboten oder aus sonstigen Gründen notwendig ist. c) Hauptzweckklausel des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG Liegt im Einzelfall eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften mineralischer Abfälle zu einem anderen Zweck im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG vor, ist damit noch nicht gesagt, dass die Entsorgungsmaßnahme als stoffliche Verwertung zu qualifizieren ist. Weil mit vielen Entsorgungsmaßnahmen sowohl Nutzungs- als auch Beseitigungszwecke verfolgt werden, lässt der Wortlaut des Gesetzes eine stoffliche Nutzung des Abfalls nicht für die Annahme einer Verwertung ausreichen. Vielmehr wird in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG weiter gefordert, dass diese den Hauptzweck der Maßnahme bildet. Der Hauptzweck ist anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen zu ermitteln. Er muss in der Nutzung des Abfalls und darf nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegen. aa) Charakter der Vorschrift Bevor auf die einzelnen Kriterien zur Ermittlung des Hauptzwecks näher eingegangen werden kann, ist zunächst die normative Funktion der Hauptzweckklausel zu klären. Die Bestimmung der Aufgabe des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG ist einerseits für die praktische Handhabung elementar, andererseits hat sie, indem eine Maßnahme dem Verwertungs- oder Beseitigungsregime zugeordnet wird, direkte Auswirkungen auf das Umweltschutzniveau des Abfallrechts. (1) Abgrenzungsmerkmal zur Beseitigung Wie schon ausgeführt ist § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG Teil der umfassenden Definition der stofflichen Verwertung.321 Anhand seiner Tatbestandsmerkmale wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Nutzung der stofflichen Eigenschaften im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG eine Verwertungsmaßnahme darstellt. Obwohl das Wort „Abgrenzung“ nicht enthalten ist, zeigt die gewählte Formulierung in Zusammenschau mit den gesetzlichen Bestimmungen zur energetischen Abfallverwertung, dass mit diesem Teil der Verwertungsdefinition die stoffliche Verwertung von der Beseitigung unterschieden werden soll. § 4 Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG spricht im Anschluss an die Erwähnung 321

Siehe hierzu E. III. 3. a) cc) (1).

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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der energetischen Verwertung und der thermischen Behandlung zur Beseitigung in Satz 1 explizit von „Abgrenzung“. Für sie ist auf den „Hauptzweck der Maßnahme“ abzustellen. In § 4 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG werden die Kriterien genannt, anhand derer zu beurteilen ist, ob der Hauptzweck in der energetischen Verwertung oder thermischen Behandlung liegt. Auf eben diesen „Hauptzweck der Maßnahme“ wird auch in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG abgestellt. Durch die Verwendung derselben Formulierung und dem vergleichbaren Aufbau der jeweiligen Sätze 2 bzw. Sätze 2 und 3 ist zu schließen, dass auch § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG die Abgrenzungsfrage regeln soll.322 Bereits nach dem Wortlaut zeigt sich also, dass das gemeinsame Abgrenzungskriterium in beiden Fällen der Hauptzweck der Maßnahme ist.323 Die Funktion der Hauptzweckklausel als Abgrenzungsmerkmal bestätigt sich in den Grundsätzen der Abfallbeseitigung. § 10 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG verlangt, die bei der Behandlung und Ablagerung anfallende Energie oder Abfälle so weit wie möglich zu nutzen. Da das Merkmal der Nutzung Grundvoraussetzung der Abfallverwertung ist, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, den Abgrenzungsregelungen § 4 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 und 3 KrW-/AbfG mit § 10 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG eine Vorschrift gegenüber zu stellen, die explizit festschreibt, dass eine Abfallbeseitigung auch dann vorliegt, wenn anfallende Energie oder Abfälle genutzt werden, sofern diese Nutzung nur untergeordneter Nebenzweck der Beseitigung ist. Die Norm benennt dieselben Abgrenzungskriterien unter dem Blickwinkel der Abfallbeseitigung und stellt damit klar, was bereits nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG gilt, weshalb sie nicht zwingend notwendig gewesen wäre. Entscheidend für die Einordnung einer Maßnahme ist auch hier ihr Hauptzweck. Eine Abfallbeseitigung setzt zwar voraus, dass Abfälle so weit wie möglich energetisch oder stofflich genutzt werden, § 10 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG, jedoch darf diese Nutzung nur untergeordneter Nebenzweck der Maßnahme sein, § 10 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG. Der Nebenzweck allein macht eine Entsorgungsmaßnahme noch nicht zur Verwertung. Eine solche ist nur dann zu bejahen, wenn die energetische oder stoffliche Nutzung den Hauptzweck der Maßnahme bildet. Auch der Gesetzgebungsgeschichte ist zu entnehmen, dass mit dem Definitionsteil des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG die Abgrenzung zur Beseitigung geregelt werden sollte. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 15.09.1993 war das Hauptzweckkriterium noch nicht enthalten, allerdings wurde in der Begründung zur Abgrenzung der stofflichen und energetischen Verwertung zur Entsorgung (nach der Terminologie des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Beseitigung) auf eine eingehende Bewertung der Stoffbeschaffenheit sowie die Kriterien Haupt- und Nebenzweck abgestellt. Eine stoffliche Verwertung sollte dann nicht vorliegen, wenn die stoffliche Nutzung lediglich nachgeordneter Zweck eines hauptsächlich auf Entsorgung gerichteten Vorgangs ist.324 Bereits die Bundesregierung hatte in der Begründung ihres Entwurfs zur Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung also die Merkmale Haupt- und Nebenzweck herangezogen. Sie wurden entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur322 Vgl. Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 34; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 939; ohne Begründung VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1245; Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 78. 323 Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 10. 324 BT-Drs. 12/5672, S. 41.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

schutz und Reaktorsicherheit vom 13.04.1994 im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in § 4 Abs. 3 und 4 KrW-/AbfG aufgenommen.325 Im Ausschussbericht vom 14.04.1994 wird zu Absatz 4 ausdrücklich gesagt, dass er die energetische Verwertung konkretisiert, insbesondere in Abgrenzung zur thermischen Behandlung von Abfällen. Eine vergleichbare Aussage findet sich zwar nicht für Absatz 3, hier wird lediglich die Konkretisierung des Begriffs der stofflichen Verwertung angesprochen, vor allem in Abgrenzung zur energetischen Verwertung.326 Warum nur für Absatz 4 auf eine Abgrenzung zur Beseitigung Bezug genommen wird, ist nicht ganz klar, stellte die Begründung der Bundesregierung doch sowohl für die energetische als auch die stoffliche Verwertung auf den Hauptzweck ab. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und des Wortlauts des heutigen § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG ist aber davon auszugehen, dass es sich bei der Nichterwähnung der Abgrenzung zur Beseitigung um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handelt.327 (2) Auslegungshilfe Vereinzelt wird § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG nur eine schwächere Bedeutung beigemessen und die Regelung als Auslegungshilfe für die im Einzelfall schwer zu führende Unterscheidung von Verwertung und Beseitigung bezeichnet.328 Ein solches Normverständnis ergibt sich weder aus dem Wortlaut, der insofern eindeutig ist, als er verbindliche Kriterien aufstellt, die bei einer stofflichen Verwertung immer vorliegen müssen. Anhand dieser Kriterien ist dann im Einzelfall die Abgrenzung zur Beseitigung vorzunehmen. Die Abgrenzungsfunktion wird aber nicht dergestalt erfüllt, dass nur eine Auslegungshilfe für Zweifelsfälle bereitgestellt wird. Auch die historische Auslegung spricht nicht für eine solche Ansicht: In den Gesetzesmaterialien wird als Aufgabe der Vorschrift die Konkretisierung des Begriffs der stofflichen Verwertung angegeben.329 Die Deutung des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG als Auslegungshilfe vermag daher nicht zu überzeugen.

(3) Umgehungs- und Missbrauchsklausel Auch die Auffassung, die § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG die Bedeutung einer abfallwirtschaftlichen Umgehungs- und Missbrauchsklausel beimisst, überzeugt nicht.330 Normative Funktion der Hauptzweckklausel ist nach dieser Ansicht die Verhinderung des Missbrauchs von rechtlichen Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft und der Umgehung 325

BT-Drs. 12/7240, S. 7. BT-Drs. 12/7284, S. 13. 327 Vgl. Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 35 f. 328 von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 24. 329 BT-Drs. 12/7284, S. 13. 330 Diese Auffassung wird hauptsächlich vertreten von VG Düsseldorf, Beschl. v. 11.03.1997, Az. 17 L 1216/97, NVwZ-RR 1997, 347, 348; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 106 ff.; Weidemann, NVwZ 1998, 258, 261; noch nicht in dieser Eindeutigkeit hingegen Weidemann, NVwZ 1995, 631, 634 f.; Weidemann, NJW 1996, 2757, 2761; Weidemann, GewArch 1997, 311, 314 f.; ähnlich auch Beckmann/Kersting in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 28; Cancik, BayVBl. 2000, 711, 719; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 11 Rn. 184, sprechen im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG ebenfalls von „Missbrauch“. 326

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von Entsorgungspflichten. Ihr Ziel liege darin, Alibi- oder Scheinverwertungen die Anerkennung zu versagen. Nicht gerechtfertigte, unangemessene abfallwirtschaftliche Gestaltungen sollen nicht maßgeblich sein, wenn sie als Missbrauch der privaten Kreislaufwirtschaft und als Umgehung des Gesetzes zu missbilligen wären.331 Der Wortlaut lässt den Rückschluss auf eine solche Gesetzesauslegung nicht zu. Er verlangt für eine stoffliche Verwertung, dass der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt. Die Verwendung der Formulierung „liegt vor“ zeigt klar, dass die Hauptzweckklausel erst eine Definition des Verwertungsbegriffs beinhaltet. Nur wenn eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle gegeben ist und diese den Hauptzweck der Maßnahme bildet, handelt es sich um eine stoffliche Verwertung. Wann die Nutzung Hauptzweck der Maßnahme ist, ist anhand der genannten Einzelkriterien zu beurteilen. Zu seiner Bestimmung ist auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen, für welche die Verunreinigungen sowie der Schadstoffgehalt des Abfalls eine Rolle spielen. Bei diesen Kriterien handelt es sich um objektive Anforderungen, deren Vorliegen für eine stoffliche Verwertung konstitutiv sind. Sie bieten keinen Raum für eine Korrektur der subjektiven Zwecksetzung des Abfallerzeugers oder -besitzers. Eine bloße Missbrauchsklausel würde hingegen die Verwertung bereits voraussetzen und nur der teleologischen Abänderung eines bereits erfüllten Tatbestands dienen. Die Hauptzweckklausel nimmt aber gerade nicht bestimmte Fälle des Missbrauchs aus einem feststehenden Verwertungsbegriff aus. Daneben verkennt die Auslegung als Umgehungs- oder Missbrauchsklausel, dass das Gesetz selbst – zwar nicht in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG, aber in der Parallelvorschrift zur energetischen Verwertung in § 4 Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG – von „Abgrenzung“ und gerade nicht von Umgehung oder Missbrauch spricht.332 Demgegenüber finden sich in den Gesetzesmaterialien tatsächlich einige Äußerungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass durch die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes einem möglichen Missbrauch durch Scheinverwertungen vorgebeugt werden soll. In der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 15.09.1993 zu § 5 Abs. 1 ist zu lesen, dass dem Besitzer die Möglichkeit genommen werden soll, „durch Umdeklarierung eines Abfalls zu einem Sekundärrohstoff Entsorgungskosten zu sparen“. Zum Vermischungsverbot des § 7 Abs. 1 wird festgestellt, es solle „verhindert werden, daß die geordnete Entsorgung von Abfällen unter dem Deckmantel der abfallarmen Kreislaufwirtschaft umgangen wird“; gleichzeitig solle gewährleistet sein, dass „definierbare Rückstandsqualitäten Eingang in die Vermeidung und Verwertung finden können“.333 Aus diesen grundsätzlichen und nicht auf die konkrete Vorschrift bezogenen Ausführungen aber den Schluss zu ziehen, bei § 3 Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG handle es sich um eine Missbrauchsklausel, ist mit den Grenzen der historischen Auslegung nicht zu vereinbaren, weil die Gesetzesmaterialien im Zusammenhang mit den Kriterien Hauptund Nebenzweck explizit von Abgrenzung334 und nicht von einer Verhinderung von Umgehung oder Missbrauch sprechen. 331

Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 123 ff. Vgl. Dolde/Vetter, Rechtsfragen der Verwertung und Beseitigung, S. 58 f.; Reicherzer, NuR 2002, 594, 597 f.; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 39 f. 333 BT-Drs. 12/5672, S. 42 f.; vgl. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drs. 12/5672, S. 114, 134. 334 BT-Drs. 12/5672, S. 41. 332

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bb) Europarechtskonformität der Hauptzweckklausel Die Hauptzweckklausel und die mit ihr verbundene Gewichtung der unterschiedlichen Entsorgungszwecke findet auf europäischer Ebene zumindest eine Andeutung. Im Verwertungsverfahren R 1 des Anhangs II B AbfRRL 75/442/EWG ist von der „Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung“ die Rede. Wie das Wort „Hauptverwendung“ zeigt, ist auch dort eine Abwägung der verschiedenen Verwendungszwecke vorzunehmen. Aus der Tatsache, dass sich im sonstigen Anhang keine entsprechende Formulierung findet, kann nicht geschlossen werden, eine Gewichtung sei in allen anderen Fallgruppen unzulässig. Vielmehr werden in aller Regel mit jeder Entsorgungsmaßnahme sowohl Verwertungs- als auch Beseitigungszwecke verfolgt, so dass die Richtlinie ohne eine entsprechende Gewichtung nicht sinnvoll angewendet werden kann. Aus diesem Grund wurde bereits früher vertreten, die Anhänge der Abfallrahmenrichtlinie seien nicht abschließend, so dass ein mitgliedstaatlicher Spielraum für die Abgrenzung bestehe und die Hauptzweckklausel mit den europäischen Vorgaben in Einklang zu bringen sei.335 Auch der Europäische Gerichtshof stellt in seiner grundlegenden Entscheidung vom 27.02.2002 auf den Hauptzweck als allgemeines Abgrenzungsmerkmal ab, so dass die generalisierende Abgrenzungsregel des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG aus europarechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.336 cc) Hauptzweck Bei der Verfüllung von Abgrabungen oder Tagebauen mit mineralischen Abfällen, der Herstellung technischer Bauwerke aus mineralischen Abfällen oder der Durchführung von Maßnahmen im Landschaftsbau mit mineralischen Abfällen werden häufig mehrere Zwecke verfolgt. Auf der einen Seite werden zweifellos die Eigenschaften des Abfalls genutzt, um die Gruben zu verfüllen oder einen Damm oder Lärmschutzwall zu errichten. Auf der anderen Seite werden die mineralischen Abfälle in diesen Fällen abgelagert und damit de facto aus dem Wertstoffkreislauf ausgeschleust. Außerdem erhält derjenige, der den Abfall abnimmt, oft ein Entgelt, so dass bei vielen Maßnahmen, bei denen Abfälle stofflich genutzt werden, auch ein wirtschaftliches Interesse an der Ablagerung der Abfälle besteht. Mit diesem Interesse an der Ablagerung kann der Zweck verbunden sein, das Schadstoffpotential der Abfälle zu beseitigen. Dieser Zweck schließt eine Abfallverwertung jedoch nicht aus. Die Beseitigung des Schadstoffpotentials kann neben der Nutzung des Abfalls angestrebt sein. Um eine Verwertung handelt es sich jedoch nur dann, wenn die Beseitigung des Schadstoffpotentials nicht den Hauptzweck der Maßnahme bildet. Dient eine konkrete Maßnahme einerseits der Nutzung des Abfalls, andererseits der Reduzierung seiner Menge oder Schädlichkeit, ist rechtlich einzuordnen, ob es sich um eine stoffliche Verwertung oder eine Beseitigung handelt; diese Einstufung ist nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG anhand des Hauptzwecks vorzunehmen. Wenn in ein und demselben 335 Stengler, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, S. 162 ff.; Fluck, NuR 1995, 233, 234; Dieckmann/Graner, NVwZ 1998, 221, 223; Frenz, NuR 1999, 301, 302; Petersen, ZUR 2000, 61, 66; Reicherzer, NuR 2002, 594, 597; kritisch hingegen Bothe/Spengler, Steuerung von Abfallströmen. Zur Schlüsselrolle des Verwertungsbegriffs für die Kreislaufwirtschaft nach internationalem, europäischem und deutschem Recht, S. 70 ff. 336 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 69.

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Fall unterschiedliche Entsorgungszwecke verfolgt werden, müssen sie anhand dieses Abgrenzungskriteriums gewichtet werden. (1) Maßnahmenbezug Das Gesetz stellt für die Abgrenzung auf den Hauptzweck der „Maßnahme“ ab, Gegenstand der Zweckbestimmung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut also die in Rede stehende Entsorgungsmaßnahme. Das ist die im ersten Satz des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG angedeutete und in § 4 Abs. 5 KrW-/AbfG näher konkretisierte Entsorgungshandlung. Sie wird vom Erzeuger oder Besitzer des Abfalls bestimmt. Die in Betracht kommenden Maßnahmen können dabei äußerst vielfältig sein und erfasst werden gemäß § 4 Abs. 5 KrW-/AbfG auch das Bereitstellen, Überlassen, Sammeln, Einsammeln durch Hol- und Bringsysteme, Befördern, Lagern und Behandeln von Abfällen. Da § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG eine nahezu identische Aufzählung enthält, ist allein aus der Tatsache, dass Abfälle bereitgestellt oder überlassen werden, noch nicht herzuleiten, ob sie in einem späteren Verfahren verwertet oder beseitigt werden. Die Vornahme dieser Handlungen führt daher noch nicht zur Zuordnung zu einem Entsorgungsverfahren, sie ist vielmehr vom verfolgten Entsorgungszweck abhängig und teilt die Qualifikation der finalen Entsorgungshandlung.337 Die für die Einordnung erforderliche Betrachtung erfolgt „vom Endpunkt der prozeduralen Vorgänge her“.338 Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz lässt mit der Formulierung, dass Abfälle zur Verwertung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG „Abfälle [sind], die verwertet werden“, keinen Zweifel daran, dass nicht der Abfall über den Hauptzweck entscheidet, sondern die konkrete Entsorgungshandlung.339 Für die Abgrenzung ist daher nicht auf den jeweiligen Abfall abzustellen, da nicht der Stoff und seine Eigenschaften bestimmen, wie ein Abfall zu entsorgen ist. Vielmehr kommt es auf das vom Erzeuger/Besitzer ins Auge gefasste Entsorgungsverfahren an.340 Nur diese Ansicht entspricht der Rechtslage auf europäischer Ebene. Auch im europäischen Abfallrecht entscheidet allein das der Maßnahme zugrundeliegende Verfahren über die Zuordnung zur Verwertung bzw. Beseitigung. Das folgt aus der Bezugnahme der Verwertungs- bzw. Beseitigungsdefinition in Art. 1 lit. e) und f) AbfRRL 75/442/EWG auf die in Anhang II A und II B der AbfRRL 75/442/EWG aufgeführten Verfahren, nach denen nicht der Umgang mit einer bestimmten Art von Abfällen, sondern eine bestimmte Art des Umgangs mit Abfällen für die Verfahrenszuordnung entscheidend ist.341

337 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 84; Posser, in: Giesberts/ Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 218. 338 Franßen, FS Redeker, S. 457, 463. 339 Schink, NuR 1999, 106, 107 f.; a. A. Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 42; wohl auch VG Regensburg, Urt. v. 10.11.1997, Az. RN 13 K 97.993, NVwZ 1998, 431, 433; VG Schleswig, Beschl. v. 19.11.1997, Az. 4 B 89/97, NVwZ 1998, 313, 314. 340 Bayerischer VGH, Urt. v. 30.11.1999, Az. 20 B 99.1068, NuR 2000, 221, 222. 341 Reese, Kreislaufwirtschaft, S. 99.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

(2) Haupt- und Nebenzweck Bei der Ermittlung des Hauptzwecks ist ergänzend die korrespondierende Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG zu beachten, die – unter dem Blickwinkel der Beseitigung – das identische Regelungsanliegen verfolgt.342 Danach wird der gemäß § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG mit der Beseitigungsmaßnahme verfolgte Zweck, „Abfälle [. . . ] dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen und zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen“, nicht dadurch ausgeschlossen, dass auch eine Nutzung stattfindet, wenn diese nur Nebenzweck ist. Dies ergibt sich aus der in § 10 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG normierten Verpflichtung, im Rahmen der Abfallbeseitigung „bei der Behandlung und Ablagerung anfallende Energie oder Abfälle [. . . ] soweit wie möglich zu nutzen“. Der Gesetzgeber trägt mit diesen Regelungen einerseits dem Umstand Rechnung, dass es in der Praxis kaum Abfälle gibt, die vollständig verwertet oder beseitigt werden und andererseits nahezu jede Entsorgungsmaßnahme immer mit Nutzungs- und Vernichtungseffekten verbunden ist. Bei der Verwertung in Form des Materialeintrags in den Boden ist eine Beseitigungstendenz durch den Verlust des Stoffs besonders offenkundig. Ebenso können bei Beseitigungsmaßnahmen auch Nutzungseffekte auftreten. Eine gewisse Beseitigungstendenz schließt eine Verwertung ebenso wenig aus wie eine teilweise Abfallnutzung die Beseitigung zur Verwertung macht. Bis zu welchem Grad die Beseitigungstendenz einer Verwertung ihre rechtliche Qualifikation unberührt lässt und inwieweit ein Abfall im Rahmen der Beseitigung genutzt werden darf, ohne dass daraus eine Verwertung wird, ist durch eine wertende Betrachtung anhand der Merkmale „Haupt- und Nebenzweck“ zu bestimmen. An dieser Stelle verläuft die Trennlinie der beiden Entsorgungsoptionen.343 (3) Kriterien zur Bestimmung des Hauptzwecks Zur Bestimmung dieser Trennlinie hält das Gesetz in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG mehrere Kriterien bereit. Der Hauptzweck einer Maßnahme bestimmt sich danach anhand einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“. Weitere Merkmale zur Eruierung des Hauptzweck sind die „im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen“ und die „Beseitigung des Schadstoffpotentials“. In Ermangelung unionsrechtlicher Vorgaben zur Bestimmung des Hauptzwecks sind diese Kriterien auch auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar. Ihre Auslegung muss im Einzelfall nur im Einklang mit der Abfallrahmenrichtlinie stehen.344 (4) Wirtschaftliche Betrachtungsweise Zur Ermittlung des Hauptzwecks einer Maßnahme ist eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ anzustellen. Aus der Funktion als dem maßgeblichen gesetzlichen Kriterium

342

Siehe dazu E. III. 3. c) aa) (1). Ebenso Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 30; Posser, in: Giesberts/ Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 216; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 44 f., Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 78; im Ansatz auch Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 107 ff. 344 EuGH, Urt. v. 03.04.2003, Rs. C-116/01, Slg. 2003, I-2969, Rn. 55. 343

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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zur Bestimmung des Hauptzwecks345 und damit dem zentralen Abgrenzungsmerkmal der stofflichen Verwertung von der Beseitigung ergibt sich die besondere Relevanz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Das Gesetz selbst trifft keine näheren Aussagen über den konkreten Inhalt dieses Tatbestandsmerkmals. Daher verwundert es nicht, dass in der Praxis zahlreiche Theorien zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs existieren. Gerade seine Unbestimmtheit erwies sich als das Einfallstor für die Geltendmachung der unterschiedlichsten Entsorgungsinteressen und hatte eine Fülle an Abgrenzungsstreitigkeiten zur Folge. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung war die Umschreibung der stofflichen Verwertung in § 3 Abs. 5 Nr. 2 als „die Vermeidung von Abfällen durch die gezielte Nutzung von Sekundärrohstoffen zur Herstellung von Erzeugnissen oder durch die Verwertung bzw. Aufarbeitung von Rückständen zu Sekundärrohstoffen“ noch offen gehalten.346 Auf die einschränkenden Tatbestandsmerkmale des Hauptzwecks und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wurde unter dem Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre drohenden „Entsorgungsnotstand“347 , als zu befürchten war, dass die entsorgungspflichtige öffentliche Hand aufgrund der fehlenden Entsorgungsanlagen nicht in der Lage sein würde, die anfallende Müllmenge einer geregelten Entsorgung zuzuführen, noch nicht zurückgegriffen. Das änderte sich erst im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens; die Änderung des im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Verwertungsbegriffs sollte aber lediglich der Konkretisierung dienen.348 Ziel der Abgrenzungsvorschrift war daher von Anfang an der Schutz des abfallrechtlichen Verwertungsvorrangs.349 Gleichwohl wurde die Hauptzweckklausel als Bestandsschutzregel für die bestehende öffentlich-rechtliche Infrastruktur interpretiert, nachdem die Abfallmengenentwicklung seit dem Ende der neunziger Jahre rückläufig war und sich ein „Kampf um den Abfall“350 entwickelte, der zahllose gerichtliche Auseinandersetzungen um die Abgrenzung von Abfallverwertung und -beseitigung zur Folge hatte. Da Abfälle zur Kapazitätsauslastung in bestimmte Anlagen verbracht werden sollten und dies nur über die Lenkungsinstrumente, die für Abfälle zur Beseitigung zur Verfügung stehen, möglich war, gab es weitreichende Bestrebungen, möglichst viele Abfälle dieser Entsorgungsart zuzuordnen.351 Das – und nicht der gesetzlich angeordnete Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung – ist der eigentliche Grund, aus dem die Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung derart umstritten ist.352

345 Ebenso Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 32 f.; Dolde/ Vetter, NVwZ 1997, 937, 940; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 31, sprechen von einem gesetzlichen Kriterium; a. A. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 116, der von einer geringen Bedeutung für die Rechtsanwendung ausgeht. 346 BT-Drs. 12/5672, S. 9. 347 So die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 12/5672, S. 1. 348 BT-Drs. 12/7240, S. 13. 349 Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1118; Beckmann, NuR 2002, 72, 76. 350 So Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1113. 351 Vgl. zum Streitstand über die „beseitigungsorientierte Auslegung“ Petersen, in: Dolde, Umweltrecht im Wandel, S. 575, 584 f.; Dieckmann, ZUR 2000, 70 ff.; Reese, ZUR 2000, 410, 412 ff.; zu den Hintergründen Wendenburg, in: Schmidt-Aßmann, 50 Jahre BVerwG, S. 955, 970 ff. 352 Fluck, DVBl 2000, 1650, 1651: „Es geht also ums Geld und oft nicht um ein Mehr an Umweltschutz“.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Mit dem Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird auf eine aus dem Steuerrecht bekannte Begrifflichkeit zurückgegriffen. Nach dem im Steuerrecht geltenden ungeschriebenen, nicht normierten Auslegungsgrundsatz,353 werden zivilrechtlich gestaltete Vorgänge ohne Rücksicht auf ihre rechtstechnische Einkleidung steuerrechtlich erfasst.354 Im Abfallrecht hingegen geht die Funktion der „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ über die eines Auslegungsgrundsatzes hinaus:355 Einerseits wird – anders als im Steuerrecht – in der Vorschrift selbst angeordnet, dass der Hauptzweck nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu bestimmen ist, so dass angesichts des objektiven Regelungsbefunds kein Anlass besteht, diesem Begriff einen Verweis auf die steuerrechtliche Interpretation zu entnehmen. Andererseits geht es im Rahmen des Abfallrechts gerade nicht um die Subsumtion eines durch eine andere Rechtsordnung vorgegebenen Sachverhalts unter die Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, sondern um die Beurteilung einer Entsorgungsmaßnahme nach den Maßstäben dieses Gesetzes.356 Für die Abgrenzung ist daher vor allem die inhaltliche Ausfüllung des Begriffs von Bedeutung. Sie hat anhand der Maßstäbe des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu erfolgen und entscheidet darüber, ob die Nutzung eines Abfalls dem Verwertungsregime zugeordnet werden kann. So klar sich die Formulierung zunächst anhört, die Ermittlung der konkreten Bedeutung des Begriffs bereitet in der Praxis viele Schwierigkeiten. Im Folgenden werden die verschiedenen Auffassungen kategorisiert, dargestellt und bewertet. (a) Ökologischer Maßstab Unstrittig ist bei der Auslegung, dass bei Abstellen auf die „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ zur Ermittlung des Hauptzwecks kein ökologischer Maßstab anzuwenden ist.357 Die Heraushaltung ökologischer Kriterien aus der Abgrenzungsfrage überzeugt: Der Zielsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die Umwelt zu schonen, soll durch die Anforderungen an die Verwertung und Beseitigung entsprochen werden. So hat die Verwertung von Abfällen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG zum einen „ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen“, zum anderen sind Abfälle nach § 10 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG so zu beseitigen, dass das „Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird“. Diese weitergehenden Anforderungen kommen erst zum Tragen, wenn festgestellt wurde, ob eine Verwertung oder Beseitigung gegeben ist. Es handelt sich hierbei um materiell-rechtliche Vorgaben, die für die Frage der Abgrenzung nicht relevant 353

Klein, AO, § 4 Rn. 24. BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991, Az. 2 BvR 72/90, NJW 1992, 1219, 1220: „Die sog. „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ [. . . ] enthält nichts anderes als eine mißverständliche Umschreibung der steuerrechtlichen Beurteilung eines autonom gestalteten Sachverhalts.“ 355 So aber Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 112 ff. 356 Vgl. hierzu ausführlich Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 50 f.; im Ergebnis ebenso Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119. 357 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 116; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119; Fluck, NuR 1995, 233, 234; im Ergebnis ebenso Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 36, der dies an der Tatsache festmacht, dass sich die wirtschaftliche Betrachtungsweise nur auf die betriebswirtschaftliche, nicht auch auf die volkswirtschaftliche Seite, zu der auch eine Verbesserung des Umweltschutzes gehört, beziehen soll. 354

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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sind.358 Ökologische Aspekte sind somit erst bei der Prüfung der Zulässigkeit der konkreten Entsorgungsmaßnahme heranzuziehen, auf der Abgrenzungsebene haben sie außer Betracht zu bleiben. Diese Auslegung wird durch einen Blick auf die europarechtlichen Vorgaben bestätigt. Der Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes lag das in Art. 4 AbfRRL 75/442/EWG festgelegte Prinzip der umwelt- und gesundheitsverträglichen Entsorgung zugrunde. Danach wurden von den Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen verlangt, um „sicherzustellen, dass die Abfälle verwertet oder beseitigt werden, ohne dass die menschliche Gesundheit gefährdet wird und ohne dass Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt schädigen können“. Der Vorgabe war zu entnehmen, dass die Prüfungsstufe der Zulässigkeit einer Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahme die geeignete Stelle ist, um ökologische Anforderungen an die Entsorgungsmaßnahme zu stellen. Die Prüfung von Umweltauswirkungen erst auf dieser Ebene ist im Hinblick auf das Umweltschutzniveau unproblematisch. Auch durch eine solche Normgestaltung kann einem Entsorgungsdumping entgegengewirkt werden, wenn in den Anforderungen an die Verwertung oder Beseitigung ausreichende Umweltstandards festgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist ein ökologischer Maßstab bei der Auslegung des Begriffs der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch nicht erforderlich. (b) Betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit Abgesehen von dem unstrittigen Punkt, dass für die Ermittlung des Hauptzwecks kein ökologischer Maßstab anzulegen ist, besteht jedoch nach wie vor keine Klarheit, welche Merkmale zur Bestimmung der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ heranzuziehen sind. Anhänger einer streng ökonomischen Sichtweise halten diesbezüglich für relevant, ob die Nutzung des Abfalls mit Gewinnaussicht erfolgt. In der Literatur findet sich die Auffassung, es sei entscheidend, ob die Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Abfalls in dem konkret gewählten Vorgang „rentabel“359 oder „wirtschaftlich vorteilhaft“360 ist. Eine solche Sichtweise lässt sich dem Gesetz allerdings nicht entnehmen. Es kommt nach dem Wortlaut gerade nicht auf die Wirtschaftlichkeit der Entsorgungsmaßnahme, sondern auf eine Beurteilung des mit der Nutzung verfolgten Zwecks anhand einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ an. Aus diesem Grund verbietet sich, wie folgende Überlegung zeigt, die ausschließliche Prüfung der betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit: Zwar kommt der Verwertung grundsätzlich Vorrang vor der Beseitigung zu, allerdings gilt das nicht uneingeschränkt. Die Grenze der Verwertungspflicht wird in § 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG gezogen. Danach ist eine Verwertung nur durchzuführen, wenn sie „technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist“. Eine Konstellation, in welcher der Vorrang der Verwertung von Gesetzes wegen entfällt, ist danach die wirtschaftliche Unzumut358 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; Dolde/ Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 52; a. A. Meins, BayVBl. 1997, 66, 69; siehe dazu bereits E. III. 3. a) dd). 359 Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 39, 44. 360 Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119; einschränkend allerdings in Rn. 120; Schink, VerwArch 1997, 230, 254.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

barkeit. Eine Verwertung ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG dann wirtschaftlich zumutbar, „wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären“. Solange die wirtschaftliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten ist, besteht also eine Pflicht des Abfallbesitzers oder -erzeugers zur Verwertung. Daran zeigt sich, dass die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes eine Verwertung auch dann fordern, wenn sich die Nutzung des Abfalls ökonomisch nicht rechnet oder wirtschaftlich nicht vorteilhaft ist. Eine Pflicht zur Verwertung besteht folglich auch dann, wenn mit der Nutzung keine Gewinnerzielung, ja nicht einmal eine Kostendeckung verbunden ist.361 Die vorgenannte Vorschrift ist nach der Gesetzessystematik zwar erst dann anwendbar, wenn feststeht, dass der Tatbestand der Verwertung vorliegt. Ob jedoch von dieser Entsorgungsart auszugehen ist, soll gerade anhand des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG ermittelt werden. Gleichwohl zeigt die Ausnahmevorschrift, dass die Pflicht zur Verwertung nur bei Unverhältnismäßigkeit entfällt, womit vom Gesetzgeber zugleich klargestellt wird, dass es für die Ermittlung des Hauptzwecks nicht auf eine Gewinnerzielung ankommen kann. Es widerspricht einer sinnvollen Gesetzesanwendung, eine Pflicht zur Verwertung entsprechend § 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG anzunehmen, weil die Grenze zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht überschritten ist, gleichzeitig auf der Prüfungsstufe zuvor aber eine Verwertung nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG auszuschließen, weil die Nutzung wirtschaftlich nicht rentabel oder vorteilhaft ist. Zur Vermeidung dieses Wertungswiderspruchs muss alles, was wirtschaftlich zumutbar ist, auch nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG zu einer Verwertung führen.362 Es kann somit nicht darauf ankommen, dass die Nutzung des Abfalls wirtschaftlich von Vorteil ist. (c) Berücksichtigung der Beseitigungskosten Fraglich ist weiter, ob im Rahmen der Auslegung der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ die alternativ anfallenden Beseitigungskosten zu berücksichtigen sind. In Rechtsprechung und Literatur wird diese Ansicht überwiegend vertreten.363 Bei einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass Abfälle, die 361 Bayerischer VGH, Urt. v. 23.04.2001, Az. 20 B 99.1020, DVBl. 2001, 1296, 1297; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941; Fouquet, ZUR 1996, 186, 190. 362 Ebenso Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 227, allerdings mit fehlerhaftem Verweis auf Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941, die zur Frage der Gewinnerzielung dieselbe Ansicht vertreten („Unter Beachtung des gesetzlichen angeordneten Vorrangs der Verwertung vor der Beseitigung von Abfällen und der Definition der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Verwertung in § 5 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG muß die Verwertung von Abfällen nicht gewinnbringend oder kostendeckend sein.“) und nicht – wie behauptet wird – einer Heranziehung der Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG entgegenhalten, es würden verschiedenen Prüfungsebenen vermischt. 363 Bayerischer VGH, Urt. v. 23.04.2001, Az. 20 B 99.1020, DVBl. 2001, 1296, 1297; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24.07.2001, Az. 10 S 2294/99, juris Rn. 43 f.; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 35; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 25; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 45 ff.; in diese Richtung wohl auch Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Fluck, NuR 1995, 233, 234; Freytag, NuR 1996, 334, 338; Fouquet, ZUR 1996, 186, 190; Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 80; Reicherzer, NuR 2002, 594, 599.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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nicht verwertet werden, zu beseitigen sind, ergo Beseitigungskosten anfallen, die in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit einbezogen werden müssten.364 Da diese Kosten die Verwertungskosten in der Regel überschreiten, könnten sie nicht ausgeblendet werden, sondern seien bei der Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob eine Verwertung oder preisgünstigere Beseitigung der Hauptzweck ist.365 Der Vergleich mit den Beseitigungskosten solle das geeignete Korrektiv bilden, um Abfallablagerungen unter dem Deckmantel der Verwertung zu verhindern.366 Diese Ansicht überzeugt jedoch aus folgenden Gründen nicht: Zur Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung ist nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG auf den Hauptzweck der „Maßnahme“ abzustellen.367 Um den Hauptzweck anhand einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ zu ermitteln, ist daher immer von der konkret gewählten Entsorgungsmaßnahme auszugehen. Dabei haben andere Entsorgungsmaßnahmen außer Betracht zu bleiben. Der Hauptzweck einer Maßnahme, die ihren wirtschaftlichen Sinn aus einem Vergleich der Verwertungs- mit den ersparten Beseitigungskosten zieht, liegt nicht in der Nutzung des Abfalls, sondern in der Einsparung der Beseitigungskosten.368 Die Nutzung ist nicht aus dem Grund Hauptzweck, weil sie kostengünstiger ist als die Beseitigung.369 Eine solche Rechtsansicht berücksichtigt die in § 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG angeordnete Rechtsfolge nicht hinreichend, wonach die Pflicht zur Verwertung entfällt, wenn eine solche wirtschaftlich nicht zumutbar ist, die mit ihr verbundenen Kosten also im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG außer Verhältnis zu den Beseitigungskosten stehen. Bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit entfällt somit nicht die Einordnung einer Maßnahme als Verwertung, sondern nur die Verwertungspflicht.370 Daher kann auch bei einem wirtschaftlich unangemessenen Verhältnis der Verwertungs- zu den Beseitigungskosten die Alternative der Abfallverwertung gewählt werden, der Abfallerzeuger bzw. -besitzer kann lediglich nicht zur Wahl dieser Entsorgungsart gezwungen werden. Die Beseitigungskosten haben im Ergebnis daher nur Einfluss auf die Verwertungspflicht, nicht hingegen auf das Verwertungsrecht und damit die Qualifikation einer Maßnahme als Verwertung. Die alternativen Kosten einer Beseitigungsmaßnahme sind aus diesem Grund im Rahmen der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ zur Bestimmung des Hauptzwecks irrelevant.371 364

Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 35. von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 25, mit zweifelhaftem Verweis auf BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13/98, BVerwGE 111, 136 ff., dem eine Aussage zu der Berücksichtigung von Beseitigungskosten nicht entnommen werden kann. 366 Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 46; Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 44. 367 Zum Maßnahmenbezug vgl. E. III. 3. c) cc) (1). 368 Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; a. A.Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 229, der die ersparten Aufwendungen als Bestandteil des Nutzens der Entsorgungsmaßnahme ansieht. 369 Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941. 370 Ebenso Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; a. A. Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33, der annimmt, dass zwischen der Verwertungspflicht und dem Verwertungsrecht „Gleichklang“ herrsche. 371 Zum selben Ergebnis kommen Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 87; Dolde/ Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 60 f., letztere allerdings mit einer anderen Begründung: Sie gehen davon aus, dass die wirtschaftliche Betrachtung zur Bestimmung des 365

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E. Anforderungen des Abfallrechts

(d) Kosten-Nutzen-Relation Nachdem klargestellt wurde, dass weder ein ökologischer Maßstab heranzuziehen noch ausschließlich auf die betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit abzustellen ist und auch ein Vergleich mit den fiktiven Beseitigungskosten ausscheidet, stellt sich die Frage, welche Kriterien letztlich zur Bestimmung des Hauptzwecks heranzuziehen sind. Nach dem Wortlaut, der eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ fordert, bedarf es jedenfalls ökonomischer Erwägungen. Begrifflich liegt daher eine Kosten-Nutzen-Betrachtung nahe.372 Weil Bezugspunkt der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ die Nutzung ist,373 sind zur Ermittlung des Verwertungsnutzens die Kosten, die für die Nutzung des Abfalls anfallen, den Vorteilen, die aus der Nutzung des Abfalls resultieren, gegenüberzustellen. Sie müssen zueinander in einem vernünftigen, angemessenen Verhältnis stehen.374 Zu den Kosten, die für die Nutzung des Abfalls anfallen, gehören alle für die Entsorgungsmaßnahme aufzuwendenden Kosten. Das sind die Kosten für den Transport sowie die Behandlung des Abfalls, um seine stofflichen Eigenschaften nutzen zu können. Dazu gehören auch die Kosten, die für die Beseitigung der bei der Entsorgungsmaßnahme anfallenden Abfälle zur Beseitigung entstehen,375 nicht aber die Kosten, die bei einer alternativ durchzuführenden Beseitigungsmaßnahme aufzuwenden wären.376 Des Weiteren könnte unter dem Kostengesichtspunkt auch ein Entgelt, das der Abfallerzeuger oder -besitzer an den Entsorger für die Abnahme der Abfälle zahlt oder von diesem für die Überlassung erhält, eine Rolle spielen. Auch zur Berücksichtigung von Zahlungen im Verhältnis Abfallbesitzer/Abfallentsorger werden zahlreiche Auffassungen vertreten; die Bewertung reicht von „nicht ausschlaggebend“377 und „nicht maßgebend“378 zu „wenig aussagekräftig“379

Hauptzwecks einerseits und die wirtschaftliche Zumutbarkeit bei der Begrenzung des Vorrangs der Verwertung andererseits völlig unterschiedlichen Zwecken dienen und daher weder gleichgesetzt noch nach gleichen Kriterien bestimmt werden können; ebenso ohne Begründung Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 121; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 147. 372 Eine Kosten-Nutzen-Betrachtung stellen an VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 227; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 24; Reicherzer, NuR 2002, 594, 599. 373 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 32; Fluck, NuR 1995, 233, 234; nichtssagend VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 41, das als Bezugspunkt des Hauptzwecks auf die Verwertung abstellt. 374 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; VG Schleswig, Beschl. v. 19.11.1997, Az. 4 B 89/97, NVwZ 1998, 313, 314; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941; Sina, NVwZ 2007, 280, 283; a. A. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 147; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 227, mit dem Verweis auf § 5 Abs. 4 KrW-/AbfG. Dabei wird allerdings übersehen, dass die Vorschrift für die wirtschaftliche Zumutbarkeit die Kosten der Verwertung mit denen der Beseitigung in Relation setzt. 375 Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 41; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 24; Reicherzer, NuR 2002, 594, 599. 376 Vgl. hierzu E. III. 3. c) cc) (4) (c). 377 Versmann, ZUR 1995, 183, 188; ebenso für das europäische Abfallrecht Begemann, NVwZ 2003, 1205, 1207. 378 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.1997, Az. 21 B 1717/94, NuR 1997, 617, 618. 379 Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 53.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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bzw. „von untergeordneter Bedeutung“380 über „bedeutsam, aber nicht allein entscheidend“381 bis hin zu „wichtiges Indiz“.382 Richtigerweise kann die Frage nach der Beachtlichkeit von Entgeltzahlungen nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr sind die folgenden beiden Fallgruppen zu unterscheiden: Zahlt der Entsorger dem Abfallerzeuger oder -besitzer für den ihm überlassenen Abfall ein Entgelt, so wendet er das Geld für die Nutzung auf. Diese Zahlung ist daher als Kostenfaktor der Entsorgungsmaßnahme im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beachtlich.383 Anders stellt sich die Situation hingegen bei der Bereitschaft des Abfallerzeugers/-besitzers dar, für die Übernahme des Abfalls durch den Entsorger ein Entgelt zu entrichten. Denn der Erhalt dieser Zahlung sagt nichts über einen möglichen Verwertungsnutzen aus. Die Kosten, die für die Abnahme der Abfälle gezahlt werden, sind keine Gegenleistung für die Nutzung des Abfalls. Die Zuzahlung zur Verwertung stellt aus der betriebswirtschaftlichen Sicht des Abfallerzeugers bzw. -besitzers vielmehr eine Entlastung von der Beseitigung und deren Kosten dar. Die Zahlung des Abfallbesitzers/ -erzeugers an den Entsorger ist deshalb bei der Beantwortung der Frage, ob der Hauptzweck nach einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ in der Nutzung des Abfalls liegt, auszublenden.384 Das Übernahmeentgelt kann allenfalls als zusätzliches Argument für das Vorliegen einer Beseitigung angeführt werden.385 Den Kosten gegenüberzustellen ist der Mehrwert, der aus der Nutzung des Abfalls gezogen wird. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist eine Abfallnutzung vor allem dann vorteilhaft, wenn mit den im Rahmen der Nutzung hergestellten Stoffen ein Erlös erzielt werden kann oder – was auf den Einsatz mineralischer Abfälle eher zutreffen dürfte – die Verwendung von Abfällen anstelle von Rohstoffen Aufwendungen erspart, welche die für die Nutzung aufgewendeten Kosten übersteigen. Ob mit einem Stoff ein Erlös erzielt oder Aufwendungen erspart werden können, hängt bei Abfallgemischen unter anderem von der Menge des stofflich nutzbaren Anteils im Abfall ab. Ein Indiz für die Wirtschaftlichkeit bietet daher die Menge des Abfalls, der durch die Entsorgungsmaßnahme im Wirtschaftskreislauf verbleibt. Bei der wirtschaftli380 VG Schleswig, Beschl. v. 19.11.1997, Az. 4 B 89/97, NVwZ 1998, 313, 314; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941; ähnlich auch Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 120, sowie Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34, die annehmen, eine Verwertung könne auch dann vorliegen, „wenn der Besitzer für die Verwertung durch einen Dritten etwas zahlt“. 381 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 35. 382 von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 25. 383 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 339; Schimanek, Abfallwirtschaftliche Zielhierarchie, S. 120; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; auch der EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 44, erwähnt nebenbei, dass die Zahlung für eine Abfalllieferung im Rahmen der Ermittlung des Hauptzwecks ein Anhaltspunkt für eine Verwertung sein kann; kritisch hingegen Petersen, NVwZ 2004, 34, 39. 384 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 339; Brand/Fouquet, LKV 1995, 201, 203; Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 25; in diese Richtung auch Schimanek, Abfallwirtschaftliche Zielhierarchie, S. 120 f.; a. A. Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 42; Freytag, NuR 1996, 334, 338; wohl auch Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 229 ff. 385 BVerwG, Urt. v. 26.05.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 85; BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, Az. 4 C 13.98, BVerwGE 111, 136, 142; Reicherzer, NuR 2002, 594, 599.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

chen Betrachtungsweise ist somit in jedem Fall auch eine Mengenbetrachtung vorzunehmen.386 Sie darf aber nicht – auch wenn man dies unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung und Vereinheitlichung des Vollzugs bedauern mag und der Verwaltung und den Gerichten dadurch beträchtliche Spielräume gelassen werden – dahingehend missverstanden werden, dass es starre prozentuale Grenzen gibt, innerhalb derer von einer stofflichen Verwertung auszugehen ist, weil der Hauptzweck der Maßnahme ab einer bestimmten Grenze in der Nutzung des Abfalls liegt.387 Dass die Festsetzung einer starren Grenze dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz fremd ist,388 ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Erstens fordert das Gesetz, möglichst viele Anteile des angefallenen Abfalls zu verwerten. In den Grundpflichten des § 5 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG ist bestimmt, dass Abfälle, „soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist“, zu verwerten sind. Zur Bestimmung dieses Anteils bedarf es immer einer Einzelfallbeurteilung und keiner pauschalen Quote. Ferner setzt diese Vorgehensweise am falschen Bezugspunkt an: Zur Beurteilung des Hauptzwecks ist auf die konkrete Entsorgungsmaßnahme und nicht auf den Abfall abzustellen.389 Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass der Fokus auf die Menge des verwertbaren Abfalls zu richten ist, aber nicht dergestalt, dass bei Überschreiten eines gewissen Anteils zwingend von einer Verwertung auszugehen wäre. Ein Erlös kann nur dann erzielt werden, wenn für den im Rahmen der Verwertungsmaßnahme hergestellten Stoff ein Markt vorhanden ist. Aus diesem Grund wird das Kriterium der Marktfähigkeit überwiegend zur Abgrenzung herangezogen.390 Ein Abstellen auf die Marktfähigkeit ist sachgerecht, entspricht es doch gerade dem Ziel der Kreislaufwirtschaft, Stoffe so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten. Im Wirtschaftskreislauf verbleibt ein aus Abfällen hergestellter Stoff dann, wenn eine zu befriedigende Nachfrage existiert, sprich ein Markt vorhanden ist. Von einer Verwertung kann daher ausgegangen werden, wenn die Entsorgungsmaßnahme zu einem Produkt führt, das

386 BVerwG, Beschl. v. 27.09.2001, Az. 3 B 82.01, NVwZ-RR 2002, 182, 183; OVG NordrheinWestfalen, Beschl. v. 05.08.1999, Az. 20 B 2007/98, NVwZ 1999, 1246, 1247; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 55; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941. 387 BVerwG, Beschl. v. 27.09.2001, Az. 3 B 82.01, NVwZ-RR 2002, 182, 183; ebenfalls in diese Richtung argumentierend OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 13.01.1999, Az. 8 B 12627/98, NVwZ 1999, 679, 682; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Posser, in: Giesberts/ Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 234. 388 Ebenso VG Düsseldorf, Beschl. v. 11.03.1997, Az. 17 L 1216/97, NVwZ-RR 1997, 347, 347; VG Berlin, Beschl. v. 04.06.1997, Az. 10 A 88/97, NVwZ 1997, 1032, 1034. 389 Vgl. Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 234. 390 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 672; Bayerischer VGH, Urt. v. 23.04.2001, Az. 20 B 99.1020, DVBl 2001, 1296, 1297; OVG SachsenAnhalt, Urt. v. 11.11.2004, Az. 2 L 393/01, juris Rn. 27; noch zur Rechtslage unter Geltung des Abfallgesetzes BVerwG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 7 C 10.92, BVerwGE 92, 359, 363; Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 120; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 138; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 43; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 237; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 54 f.; Fluck, NuR 1995, 233, 234; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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marktfähig und marktgängig ist.391 Demgegenüber wäre es ökonomisch nicht sinnvoll, Stoffe herzustellen, die ersichtlich auf keinem Markt absetzbar sind. Eine solche Vorgehensweise widerspricht der Zielvorstellung der Kreislaufwirtschaft, daher ist ein solches Herstellungsverfahren nicht als Verwertung anzuerkennen.392 Für die Annahme einer Verwertung ist nicht zwingend erforderlich, dass bereits ein Markt existiert, es reicht vielmehr aus, dass ein Markt geschaffen werden kann.393 Das lässt sich § 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG entnehmen, der die Pflicht zur Verwertung nur vorschreibt, wenn eine solche „technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann“. Die Norm legt die Grenzen der Verwertungspflicht fest und ist demnach erst dann anwendbar, wenn die Maßnahme als Verwertung eingestuft wurde. Das bedeutet, dass sie nicht schon zur Bestimmung dessen herangezogen werden kann, was Verwertung ist. Nicht ausgeschlossen ist hingegen der Rückgriff auf ihre Grunderwägungen, zeigen diese doch generell, worauf es bei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen ankommt.394 Wenn nach dieser Vorschrift eine Pflicht zur Verwertung besteht, weil ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann, muss, um widersprüchliche Ergebnisse zu vermeiden, entsprechendes auch auf der vorherigen Prüfungsstufe gelten. Ferner wird nur durch die Einbeziehung auch der Marktfähigkeit dem bei Auslegung der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ zu beachtenden und in § 1 KrW-/AbfG niedergeschriebenen Zweck der Förderung der Kreislaufwirtschaft ausreichend Rechnung getragen. Es ist zu berücksichtigen, dass zu einer solchen Förderung neue Verfahren und Techniken möglicherweise erst noch aufgebaut werden müssen, um einen Markt zu schaffen. Marktfähigkeit ist daher nicht mit unmittelbarer Absetzbarkeit gleichzusetzen.395 Die Marktfähigkeit setzt nicht zwingend einen positiven Marktwert des im Verfahren hergestellten Stoffs voraus. Denn der erzeugte Stoff ist marktfähig, wenn er Abnehmer findet und auf dem Markt zirkulieren kann; Abnehmer werden auch dann gefunden, wenn für die Abnahme ein Entgelt entrichtet werden muss. Im Vergleich zu dem Fall, dass der Entsorger für die Abnahme etwas erhält, sind lediglich Käufer und Verkäufer rollenverschieden. Die entscheidende Voraussetzung der Marktfähigkeit ist daher nicht zwingend ein aus Sicht des Entsorgers positiver Marktwert, sondern die Tatsache, dass ein Stoff oder ein Erzeugnis generell einen Wert im Wirtschaftsverkehr besitzt – ganz unabhängig davon, welcher Wirtschaftsteilnehmer dafür zu zahlen bereit ist. Offensichtlich wird dies unter anderem dadurch, dass die Absatzfähigkeit eines Stoffs Marktschwankungen unterliegt und es regional und zeitlich variieren kann, ob ein Stoff einen positiven oder negativen 391 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 672 f.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 27.10.2003, Az. 20 CS 03.2258, juris Rn. 16; OVG SachsenAnhalt, Urt. v. 11.11.2004, Az. 2 L 393/01, juris Rn. 27; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2004, Az. 17 K 4572/03, juris Rn. 60. 392 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 138; Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 237. 393 Ebenso Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 120; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 25; Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 42; Fluck, NuR 1995, 233, 234; Fouquet, ZUR 1996, 186, 190. 394 A.A. Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 60 f. 395 Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 238; a. A. OVG SachsenAnhalt, Urt. v. 11.11.2004, Az. 2 L 393/01, juris Rn. 28.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Marktwert hat.396 Es wäre unzulässig, ein und dasselbe Verfahren während Zeiten guter Absatzmöglichkeiten mit Gewinnaussicht als Verwertung einzustufen und andernfalls als Beseitigung. Zudem ist die Nutzung eines Abfalls auch dann ökonomisch vorteilhaft, wenn der Abfall nach der Maßnahme einen negativen Marktwert hat, sprich der Entsorger für die Übernahme durch einen Dritten ein Entgelt bezahlen muss, sofern der Entsorger mehr dafür erhalten hat, als er selbst aufwenden musste, es durch die Maßnahme also zu einer Wertsteigerung gekommen ist. Das Kriterium der Marktfähigkeit erfordert nicht zwingend, dass der Abfallentsorger Geld für die Stoffe bekommt bzw. nichts bezahlen muss. Im Rahmen der Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung397 ist daher nach überzeugender Auffassung davon auszugehen, dass ein positiver Marktwert nicht erforderlich ist.398 Bei einer Verwendung mineralischer Abfälle auf und im Boden wird kein Stoff hergestellt, der auf dem Markt zirkulieren kann. Der Vorteil, der aus der Nutzung des Abfalls gezogen wird, kann in dieser Fallgruppe daher nicht in der Erzielung eines Erlöses für ein hergestelltes Produkt liegen. Zur Ermittlung des Nutzens ist hier vielmehr danach zu fragen, ob durch den Einsatz des Abfalls Aufwendungen eingespart werden. Ersparte Aufwendungen sind ebenso wie ein erzielter Erlös ökonomische Vorteile aus der Abfallnutzung. Eine Ersparnis von Aufwendungen liegt dann vor, wenn anstelle der mineralischen Abfälle teurere Primärrohstoffe hätten eingesetzt werden müssen.399 Der Einsatz mineralischer Abfälle ist somit ökonomisch immer dann von Nutzen, wenn ansonsten für die Maßnahme Primärrohstoffe hätten verwendet werden müssen. Der konkrete wirtschaftliche Vorteil der Abfallnutzung entspricht dem Preis für die Rohstoffe, die andernfalls einzusetzen gewesen wären, um das angestrebte Ziel zu erreichen.400 (e) Ressourcenökonomischer Ansatz Bei der inhaltlichen Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ sind nicht allein ökonomische Kriterien zu betrachten. Es ist nicht nur danach zu fragen, ob durch die Nutzung ein Erlös erzielt oder Aufwendungen reduziert werden können, sondern es sind auch die vom Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vorgegebenen abfallwirtschaftlichen Grundstrukturen zu berücksichtigen. Hierzu gehört der in § 1 KrW-/AbfG enthaltene Gesetzeszweck, nach dem die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und zur Sicherung einer umweltverträglichen Ab-

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Vgl. Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 42 f. Anders ist das bei der Abgrenzung von Abfall und Produkt, wo dem negativen Marktwert entscheidende Indizwirkung beigemessen wird, vgl. E. I. 4. b) bb) (4), und beim Ende der Abfalleigenschaft, vgl. E. V. 1. c). 398 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 238; Freytag, NuR 1996, 334, 338; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1118; a. A. Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 120; zur Indizwirkung eines negativen Marktwerts OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.11.1998, Az. 8 A 10087/98, NVwZ 1999, 676, 678. 399 Zur Vorteilhaftigkeit eines Ersetzens von Rohstoffen – allerdings ohne konkrete Einordnung in den Tatbestand des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251. 400 Freytag, NuR 1996, 334, 338. 397

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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fallbeseitigung zu fördern ist.401 Zwar enthält die Zweckbestimmung durch die Förderung der Kreislaufwirtschaft auch eine ökonomische Komponente, diese ist aber nicht bloßer Selbstzweck, sondern steht im Dienste des Umweltschutzes und der Ressourcenschonung.402 Das wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise zwar formal anerkannt, wenn darauf hingewiesen wird, dass Wirtschaftlichkeit „Wirtschaftlichkeit unter den Bedingungen des KrW-/AbfG“ bedeutet,403 wirtschaftlich „jedenfalls „abfallwirtschaftlich“ heißt“404 bzw. der Begriff „im Sinne des KrW-/AbfG auszulegen ist“405 und die „gesetzlichen Ziele [. . . ] zu beachten“406 sind. Gleichwohl bleibt der vom Gesetzgeber verfolgte und in § 1 KrW-/AbfG festgehaltene Gesetzeszweck in den im Wesentlichen ausschließlich auf ökonomische Kriterien abstellenden Ansichten oftmals unberücksichtigt. Dabei ist Zweck des in § 5 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG angelegten Vorrangs der Verwertung von Abfällen gerade die Absicht, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern. Deshalb ist es geboten, zur Ausfüllung des Begriffs „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ einen Standpunkt einzunehmen, der nicht außer Acht lässt, ob die Maßnahme unter ressourcenökonomischen Gesichtspunkten vernünftig erscheint.407 Eine solche ressourcenökonomische Sichtweise erscheint auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als geboten. In der jüngeren Vergangenheit ergingen einige Urteile zu Fragen der Abgrenzung der Abfallverwertung zur Abfallbeseitigung mit weitreichender Relevanz auch für das deutsche Abfallrecht.408 Von „fundamentaler Bedeutung“409 sind die beiden Urteile des Europäischen Gerichtshofs „Belgische Zementwerke“ und „Luxemburg“ vom 13.02.2003,410 welche die Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Beseitigung zum Gegenstand haben und in denen der Europäische Gerichtshof detaillierte Kriterien für die Zuordnung der Abfallverbrennung als Maßnahme der Abfallverwertung aufstellt. Sie entwickeln die Vorgaben, die für die stoffliche Verwertung im „ASA“-Urteil411 aufgestellt wurden, für die 401 Zur Berücksichtigung von gesetzgeberischen Zwecken bei der teleologischen Auslegung von Umweltgesetzen vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 76 ff. 402 VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1244. 403 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338 f.; Bayerischer VGH, Urt. v. 23.04.2001, Az. 20 B 99.1020, DVBl. 2001, 1296, 1297; Kunig, in: Kunig/ Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33. 404 Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 226; Weidemann, in: Jarass/ Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 133, spricht von einer „abfallwirtschaftliche[n] Betrachtung“. 405 Beckmann/Kersting in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 33; ähnlich auch Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 120; a. A. Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 36 f.; Frenz, Abfallverwertung im Bergbau, S. 40, der die wirtschaftliche Betrachtungsweise auf betriebswirtschaftliche Kostenfaktoren beschränken möchte. 406 Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1117. 407 Auf § 1 KrW-/AbfG stellt zur Auslegung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ab OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.03.2006, Az. 20 A 4127/04, juris Rn. 23; ebenso Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 240; Reicherzer, NuR 2002, 594, 599 ff.; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1117; ansatzweise auch Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 114; a. A. Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 36 f. 408 Siehe dazu die Rechtsprechungsübersicht bei Kopp-Assenmacher, ZUR 2005, 414–420. 409 Schoch, DVBl 2004, 69, 69. 410 EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-228/00, Slg. 2003, I-1439–1485; EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553–1583. 411 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961–2012.

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energetische Verwertung inhaltlich weiter. In der letztgenannten Entscheidung führt der Europäische Gerichtshof aus, dass „das entscheidende Merkmal für eine Abfallverwertungsmaßnahme [. . . ] darin [liegt], dass ihr Hauptzweck darauf gerichtet ist, dass die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen können, indem sie andere Materialien ersetzen, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen, wodurch natürliche Rohstoffquellen erhalten werden können“.412 Auch angesichts dieser Entwicklung erscheint ein ressourcenökonomischer Ansatz angezeigt, bei welchem im Wege unionsrechtskonformer Auslegung der nationalen Vorschriften zur Abgrenzung der Abfallverwertung von der -beseitigung im Rahmen des Hauptzweckkriteriums danach gefragt wird, ob die eingesetzten Abfälle natürliche Rohstoffe ersetzen.413 Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem zweiten Tongrubenurteil zur Begründung der Verwertungsmaßnahme unter Verweis auf die europäische Rechtsprechung ausgeführt, dass die Tongrube mit Rohstoffen hätte verfüllt werden müssen, wenn die Abfälle nicht vorhanden gewesen wären. Im entschiedenen Fall stand zur Verfüllung zwar auch Bauschutt zur Verfügung, so dass die eingesetzten Abfälle nur andere Abfälle substituierten. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich deshalb aber nicht gehindert, von einer Verwertungsmaßnahme auszugehen, da dessen ungeachtet „Rohstoffe [. . . ] dadurch ersetzt [würden], dass überhaupt Abfälle eingesetzt werden, gleichgültig, um welche es sich handelt“.414 Noch deutlicher wird in einer neueren Entscheidung zur Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Beseitigung darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch im Rahmen der nationalen Abgrenzungsproblematik zu berücksichtigen ist: „Die Abgrenzung nach dem Hauptzweck wurde durch die Rechtsprechung des EuGH konkretisiert [. . . ]. Sie ist [. . . ] auch für die Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, durch das die Abfallrahmenrichtlinie umgesetzt wurde, maßgebend“.415 Nichts anderes gilt für die Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung.416 Im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zur Ermittlung des Hauptzwecks ist daher auch von Bedeutung, ob durch die Maßnahme zum Schutz der natürlichen Ressourcen beigetragen wird.417 Natürliche Ressourcen werden geschont, wenn durch den Abfalleinsatz Rohstoffe substituiert werden. Davon ist bei einer Verwendung mineralischer Abfälle auf und im Boden auszugehen, wenn ein Bedarf für die Verwendung des Materials bestand.418 Für diese Fallgruppe ist zu konstatieren, dass der ökonomische Vorteil der ersparten Aufwendungen mit dem ökologischen Vorteil des Ressourcenschutzes einhergeht. Eigenständige Bedeutung erlangt der ressourcenökonomische Ansatz daher hauptsächlich in Fallgestaltungen, in welchen der ökonomische Vorteil nicht in 412

EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 69. Jedenfalls insoweit ist die in der Literatur teilweise geäußerte Kritik, das Urteil helfe bei der Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung kaum weiter, nicht berechtigt. So aber Stengler, NVwZ 2002, 568, 568 f.; Schink, UPR 2003, 121, 121. 414 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251. 415 BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 2 f. 416 So im Ergebnis auch Attendorn, AbfallR 2005, 215, 218, der ausdrücklich hervorhebt, das Bundesverwaltungsgericht stelle zur Begründung der Verwertung ausschließlich auf Aspekte der Ressourcenschonung ab, ohne auf andere, beispielsweise wirtschaftliche Gesichtspunkte, die für oder gegen den Hauptzweck der Verwertung sprechen, einzugehen; ähnlich Sina, NVwZ 2007, 280, 283. 417 Zum Tatbestandsmerkmal des Schutzes natürlicher Ressourcen siehe E. III. 3. b) aa). 418 Vgl. hierzu E. III. 3. b) bb). 413

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der Ersparnis von Aufwendungen liegt, sondern in der Erzielung eines Erlöses für eine hergestellte Sache gesucht wird. (f) Zusammenfassung Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass zur Bestimmung des Hauptzwecks einer Maßnahme anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise weder danach zu fragen ist, ob sie für den Entsorger wirtschaftlich günstig ist, noch zur Auslegung auf ökologische Kriterien zurückgegriffen werden kann. Maßgeblich ist auch nicht ein Vergleich mit den Kosten, die statt der konkreten Maßnahme für eine alternativ durchzuführende Beseitigung aufzuwenden wären. Vielmehr ist eine Kosten-Nutzen-Betrachtung anzustellen, in der die Kosten, die für die Nutzung des Abfalls anfallen, den Vorteilen, die aus der Nutzung resultieren, gegenüberzustellen sind. Zu den relevanten Kosten gehören insbesondere Aufwendungen für den Transport oder die Behandlung des Abfalls sowie ein Entgelt, das der Entsorger für die Übernahme des Abfalls aufwendet. Sie sind in Relation zu setzen mit dem Nutzen, der aus dem Abfall gezogen wird. Er hängt bei Abfallgemischen unter anderem von der Menge des stofflich nutzbaren Anteils im Abfall ab und besteht in ökonomischer Hinsicht entweder darin, dass mit dem im Rahmen der Verwertungsmaßnahme hergestellten Stoff ein Erlös erzielt oder durch die Maßnahme Aufwendungen erspart werden. Die Erzielung eines Erlöses ist aber keine zwingende Voraussetzung, erforderlich ist lediglich, dass der Stoff marktfähig ist. Davon ist nicht nur auszugehen, wenn schon ein Markt besteht und der Stoff einen positiven Marktwert hat, sondern auch, wenn ein Markt erst geschaffen werden oder an den Abnehmer für die Übernahme gezahlt werden muss. Denn ein negativer Marktwert kann durch andere Vorteile, die zu einer positiven Gesamtbilanz führen, überwunden werden. Hier ist insbesondere der Fall zu nennen, dass der Entsorger mehr Geld für die Übernahme des Abfalls bekommt als er für die Weitergabe zahlen muss. Allerdings sind bei der Betrachtung des Nutzen nicht nur ökonomische Faktoren heranzuziehen. Weil die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eine abfallwirtschaftliche Betrachtung ist, müssen die Ziele des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in die Auslegung einfließen. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, ob der Einsatz des Abfalls zur Schonung der natürlichen Ressourcen beiträgt. Der Nutzen einer Maßnahme liegt auch darin, dass sie der Ressourcenschonung dient. Eine positive Gesamtbilanz kann daher unter ressourcenökonomischen Gesichtspunkten auch dann gegeben sein, wenn sie aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht vorteilhaft ist. (5) Verunreinigungen im einzelnen Abfall Im vorstehenden Abschnitt wurde erörtert, dass zur Abgrenzung von Verwertung und Beseitigung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzulegen ist und welche Kriterien zur Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs heranzuziehen sind. Neben der wirtschaftlichen Betrachtungsweise greift der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG auf weitere „Gewichtungskriterien“419 zurück. Die Ermittlung des Hauptzwecks hat „unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen“ zu erfolgen. Der Bezug zwischen den im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise besteht darin, dass Verunreinigungen die Entsorgung von 419

Diesen Begriff verwendet Fluck, NuR 1995, 233, 234.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Abfällen erschweren, weil durch sie zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden. Verunreinigte Abfälle müssen in der Regel einer Vorbehandlung unterzogen werden, welche die Verwertung verteuert. Die Kosten sind für die Nutzung des Abfalls aufzuwenden und als solche im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse zu berücksichtigen. Über die Kostenrelevanz bilden die Verunreinigungen einen Aspekt, der maßgeblichen Einfluss auf das Vorliegen entweder einer stofflichen Verwertung oder einer Beseitigung hat.420 (a) Einzelner Abfall Das Gesetz stellt bei der Berücksichtigung der Verunreinigungen auf den „einzelnen Abfall“ ab. Da Abfall nicht aus Einzelteilen besteht, ist damit jedenfalls nicht das einzelne Abfallstück gemeint.421 Das lässt sich der Abfalldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG entnehmen, nach der Abfälle „bewegliche Sachen“ sind. Der Begriff der „beweglichen Sache“ umfasst auch Sacheinheiten. Die tatsächliche Mehrheit einzelner Sachen wird rechtlich als eine Sacheinheit behandelt, wenn die einzelnen Bestandteile keine wirtschaftliche Bedeutung haben.422 Nach der Definition des Abfallbegriffs können daher auch Sacheinheiten „einzelner Abfall“ sein.423 Aus diesem Grund wird nach nahezu einhelliger Auffassung vertreten, dass auch gemischt anfallender Abfall, „einzelner Abfall“ im Sinne der Hauptzweckklausel ist.424 Maßgeblicher Bezugspunkt zur Ermittlung bestehender Verunreinigungen kann deshalb auch ein Abfallgemisch sein – entgegen früher teilweise vertretener Ansicht425 ist es sogar gleichgültig, ob das Gemisch bereits als solches angefallen ist oder eine Vermischung nachträglich stattgefunden hat.426 Für die Abgrenzung ist auch irrelevant, ob die Vermischung zulässig oder unzulässig war. Verstöße gegen bestehende Vermischungsverbote sind ordnungsrechtlich zu ahnden, haben jedoch keinen Einfluss auf die Einordnung einer Entsorgungsmaßnahme. Deshalb ist unzulässigerweise vermischter Abfall auch nicht per se Abfall zur Beseitigung.427 420 Vgl. Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 51; a. A. Bothe, UPR 1996, 170, 174, der die Wendung für „nichts sagend“ erklärt hat. 421 Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 50. 422 Ellenberger, in: Palandt, BGB, Überbl v § 90 Rn. 5; Stresemann, in: MüKo, BGB, § 90 Rn. 14. 423 von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 26; Baars, UPR 1997, 229, 232; Kersting, NVwZ 1998, 1153, 1153 f. 424 BVerwG, Urt. v. 15.06.2000, Az. 3 C 4.00, NVwZ 2000, 1178, 1179; BVerwG, Beschl. v. 27.09.2001, Az. 3 B 82.01, NVwZ-RR 2002, 183, 184; BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 3; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.1998, Az. 7 M 3055/97, NVwZ 1998, 1202, 1202; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.09.1998, Az. 22 B 1856/98, NVwZ 1999, 674, 675; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1244; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 43; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 942; Dolde/Vetter, NVwZ 1999, 1193, 1194; Kropp, NVwZ 2003, 430, 433; a. A. wohl Bayerischer VGH, Urt. v. 30.11.1999, Az. 20 B 99.1068, NuR 2000, 221, 222 f., der davon ausgeht, dass nicht das Gemisch „einzelner Abfall“ ist, letztlich aber auch zum Ergebnis kommt, dass Abfallgemische grundsätzlich verwertbar sind. 425 Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 246; Stengler, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, S. 120. 426 BVerwG, Urt. v. 15.06.2000, Az. 3 C 4.00, NVwZ 2000, 1178, 1179; BVerwG, Beschl. v. 27.09.2001, Az. 3 B 82.01, NVwZ-RR 2002, 183, 184; BVerwG, Urt. v. 26.04.2007, Az. 7 C 7.06, BVerwGE 129, 1, 3. 427 In diese Richtung schon OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 13.01.1999, Az. 8 B 12627/98, NVwZ 1999, 679, 680.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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(b) Verunreinigungen Bei der Bestimmung des Hauptzwecks sind die im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen zu berücksichtigen. Vorstehend wurde gezeigt, dass der Begriff als ein Kriterium zur Gewichtung im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeit der Entsorgungsmaßnahme steht. Verunreinigungen sind deshalb alle Inhaltsstoffe des Abfalls, welche die Wirtschaftlichkeit der stofflichen Verwertung beeinträchtigen.428 Zu diesen Inhaltsstoffen gehören solche Abfallbestandteile, die für die ins Auge gefasste Nutzung keine Rolle spielen. Im Hinblick auf den konkreten Einsatz des Abfalls sind sie materialwirtschaftlich nutzlos und behindern eine möglichst optimale Nutzung. Bei den Verunreinigungen handelt es sich somit um Störstoffe, die die Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle weniger geeignet erscheinen lassen oder ganz verhindern.429 Lassen sich diese Störstoffe nicht weitgehend in geeigneten Trenn- oder Sortierverfahren beseitigen, führt der Verunreinigungsgrad zu Problemen bei der Verwertung. Ab welchem Grad eine Verwertung ganz ausgeschlossen ist, lässt das Gesetz ausdrücklich offen. Auch wenn damit eine erhebliche Unsicherheit in der Verwaltungspraxis einhergeht – wie dem Kriterium der Verunreinigung bei der Abgrenzung Rechnung getragen werden soll, hat der Gesetzgeber der Bewertung im jeweiligen Einzelfall überlassen. Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung verbieten sich wie bei der Mengenbetrachtung430 pauschalierende Prozentangaben, die die Grenze einer Verwertungsmaßnahme bilden.431 Der Begriff der „Verunreinigung“ ist nicht mit dem der „Schadstoffe“ gleichzusetzen. Die den Abfall verunreinigenden Stoffe können vielmehr ohne Schadstoffgehalt und ökologisch unschädlich sein.432 Das ergibt sich bereits aus der Formulierung des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG, der sowohl von „Verunreinigung“ als auch von „Schadstoffpotential“ spricht. Wären die Begriffe deckungsgleich, so müsste das Gesetz nicht innerhalb desselben Satzes auf zwei verschiedene Begriffe abstellen.

428 Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 136; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 36; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 50; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 26. 429 Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 130. 430 Siehe dazu unter E. III. 3. c) cc) (4) (d). 431 OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 13.02.1998, Az. 8 B 13077/97, juris Rn. 11; VG Düsseldorf, Beschl. v. 11.03.1997, Az. 17 L 1216/97, NVwZ-RR 1997, 347, 347; VG Berlin, Beschl. v. 04.06.1997, Az. 10 A 88/97, NVwZ 1997, 1032, 1034; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/ Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 26; Fluck, NuR 1995, 233, 236. 432 Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 36; Fluck, in: Fluck, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 129; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 26; Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 245; Fluck, NuR 1995, 233, 234.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Teilweise wird aber vertreten, dass der Begriff der Verunreinigung weiter sei und das Schadstoffpotential diesem Oberbegriff unterfalle.433 Vertreter dieser Ansicht gehen davon aus, dass Verunreinigungen im Abfall nicht nur Stoffe seien, die eine stoffliche Verwertung erschweren, weil sie die Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Abfalls in Frage stellen, sondern auch das Schadstoffpotential relevant sei, weil es zur Folge haben kann, dass der Hauptzweck der Maßnahme trotz Wirtschaftlichkeit der Nutzung in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liege. Hier werden unter den Begriff der Verunreinigung demnach nicht nur Störstoffe, sondern auch Schadstoffe subsumiert. Je größer der Anteil dieser Schadstoffe im Abfall sei, desto mehr spreche dafür, dass sich der Hauptzweck der Entsorgungsmaßnahme auf die Beseitigung des Schadstoffpotentials richte.434 Diese Ansicht hat – wenngleich nicht in dieser Deutlichkeit – früher auch das Bundesverwaltungsgericht vertreten. In seinem ersten Tongrubenurteil nahm es an, dass der Schadstoffgehalt Einfluss auf die Abgrenzungsentscheidung hat. Für diese soll nach der Entscheidungsbegründung wesentlich sein, „ob die Nutzung der stofflichen Eigenschaften oder die Beseitigung eines wegen seiner Schadstoffhaltigkeit oder aus anderen Gründen nicht weiter nutzbaren Stoffes im Vordergrund steht“.435 Richtigerweise ist das Schadstoffpotential aber weder unter den Verunreinigungsbegriff zu fassen noch – wie im Folgenden aufzuzeigen ist – im Rahmen der Abgrenzung überhaupt beachtlich. (6) Beseitigung des Schadstoffpotentials Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG, der für eine Verwertung neben den zuvor genannten Merkmalen fordert, dass „der Hauptzweck der Maßnahme [. . . ] nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt“, ist ein erstes Indiz dafür, dass ein im Abfall vorhandener Schadstoffgehalt Auswirkungen auf die Entscheidung der Abgrenzungsfrage hat. Ob und inwieweit eine Berücksichtigung erfolgen muss, ist hingegen umstritten. Nahezu unstreitig ist lediglich, dass das Schadstoffpotential eines Abfalls seine Nutzung im Wege der stofflichen Verwertung nicht von vornherein ausschließt.436 Dass es 433 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; VG Karlsruhe, Urt. v. 02.02.2001, Az. 11 K 1246/00, juris Rn. 34; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 58 f.; Freytag, NuR 1996, 334, 338; Dolde/Vetter, NVwZ 1997, 937, 941; wohl auch Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 136; Dazert, AbfallR 2005, 223, 225; i.E. ähnlich Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 52, der die Schadstoffhaltigkeit im Rahmen der Hauptzweckklausel ebenfalls für relevant hält, den rechtlichen Ansatzpunkt aber im Tatbestandsmerkmal „Beseitigung des Schadstoffpotentials“ sieht. 434 Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.1998, Az. 7 M 3055/97, NVwZ 1998, 1202, 1204; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 58; Versmann, ZUR 1995, 183, 188; Freytag, NuR 1996, 334, 338; a. A. wohl Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119. 435 BVerwG, Urt. v. 26.04.1994, Az. 7 C 14.93, BVerwGE 96, 80, 85. 436 So übereinstimmend VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; VG Frankfurt, Beschl. v. 11.12.2001, Az. 9 G 3224/01, NVwZ-RR 2002, 736, 737; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 34; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 38; von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 27; Frenz, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 53; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 59; Weidemann, NJW 1996, 2757, 2760; a. A. offensichtlich (unter fehlerhaftem Verweis auf VG Aachen, Beschl. v. 16.07.2009, Az. 9 L 153/09, juris Rn. 10 und Rn. 21 ff., dem eine solche Aussage nicht entnommen werden kann) OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010, Az. 8 A 10139/10, juris Rn. 34, das mit Bauschutt, insbesondere Betonbrocken, Keramik-

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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Maßnahmen geben muss, die rechtlich als Verwertung zu qualifizieren sind, obwohl der Abfall einen Schadstoffgehalt aufweist, ergibt sich aus verschiedenen Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Zu nennen ist hier zunächst die Definition des objektiven Abfallbegriffs in § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG, nach der sich der Besitzer „beweglicher Sachen [. . . ] entledigen [muss], wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Bestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere der Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotential nur durch eine schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung [. . . ] ausgeschlossen werden kann“. Aus der Gesetzesformulierung wird deutlich, dass Abfall, der schadstoffhaltig ist und folglich ein Gefährdungspotential aufweist, nicht nur beseitigt werden, sondern den abfallrechtlichen Pflichten auch durch eine schadlose Verwertung entsprochen werden kann. Das belegen noch weitere Gesetzesvorschriften. Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KrW-/AbfG entfällt der im zweiten Absatz angeordnete Vorrang der Verwertung von Abfällen, „wenn deren Beseitigung die umweltverträglichere Lösung darstellt“. Zur Ermittlung der umweltverträglicheren Entsorgungsvariante sind gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 KrW-/AbfG insbesondere „die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, Abfällen zur Verwertung oder daraus gewonnenen Erzeugnissen“ zu berücksichtigen. Als weiteres Beispiel dient § 23 Nr. 5 KrW-/AbfG. Dort wird die Bundesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt, nach der „bestimmte Erzeugnisse wegen des Schadstoffgehaltes der nach bestimmungsgemäßem Gebrauch in der Regel verbleibenden Abfälle nur mit einer Kennzeichnung in den Verkehr gebracht werden dürfen, [. . . ] mit der die erforderliche besondere Verwertung oder Beseitigung sichergestellt wird“. Während nach übereinstimmender Auffassung ein im Abfall vorhandenes Schadstoffpotential die Verwertung also nicht zwingend ausschließt, wird die Frage, welchen Einfluss es auf die Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung hat, nicht einheitlich beantwortet. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass es nur eine untergeordnete Rolle spiele.437 Begründet wird die Ansicht mit der Forderung der Schadlosigkeit der Verwertung in § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG. Von der Qualifikation einer Maßnahme als Verwertung sei die Frage zu trennen, ob sie in zulässiger Weise erfolgt. Dafür müsse sie schadlos sein, d. h. es dürfe zu keiner Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf kommen, § 5 Abs. 3 Satz 3 KrW-/AbfG. Bedeutsam für die Schadlosigkeit einer Verwertung sei das nach Durchführung der Abfallentsorgungsmaßnahme entstandene oder verbleibende bzw. voraussichtlich entstehende oder verbleibende Schadstoffpotential. Zu dessen Ermittlung sollen unter anderem die bereits im Abfall vorhandenen Schadstoffe herangezogen werden. Würde dieses Merkmal bereits vollumfänglich im Rahmen der Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung geprüft, so wäre die Tatbestandsvoraussetzung der Schadlosigkeit in § 5 Abs. 3 Satz 1, 3 KrW-/AbfG weitgehend funktionslos.438 und Ziegelteilen, Gehwegplatten und Straßenaufbruch durchsetztes Bodenmaterial per se als Abfall zur Beseitigung ansieht. 437 Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 129; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/ AbfG, § 4 Rn. 119; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 37; Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 87; Reicherzer, NuR 2002, 594, 601; wohl auch Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1119. 438 So Fluck, in: Fluck, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 129; Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Nach der Gegenauffassung ist der Schadstoffgehalt eines Abfalls ein wesentliches Kriterium zur Bestimmung des Hauptzwecks. Sie geht davon aus, dass eine hohe Schadstoffhaltigkeit des Abfalls das Vorliegen einer Abfallbeseitigung indiziere.439 Die Auffassung ist jedoch nicht überzeugend und daher abzulehnen. Das Schadstoffpotential hat trotz der Bezugnahme des Wortlauts des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG auf diesen Begriff bei der Frage der Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung keine Rolle zu spielen.440 Die an der Stelle misslungene Gesetzesformulierung ist nicht wörtlich, sondern sinngemäß auszulegen.441 Dies zeigt ein Vergleich mit der Regelung zur Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Beseitigung in § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG.442 In dessen Satz 3 wird der Verwertung nicht wie bei der stofflichen Variante die „Beseitigung des Schadstoffpotentials“ gegenüber gestellt, sondern es ist zu ermitteln, „ob der Hauptzweck auf die Verwertung oder die Behandlung gerichtet ist“. Mit „Behandlung“ ist die „thermische Behandlung von Abfällen zur Beseitigung“ im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG gemeint. Der Aussagegehalt der Abgrenzungsvorschrift des § 4 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG beschränkt sich somit auf die Prüfung, ob der Hauptzweck der Entsorgungsmaßnahme auf eine Verwertung oder Beseitigung gerichtet ist. Nichts anderes gilt für die stoffliche Verwertung, was auch ein Blick auf die korrespondierende Vorschrift des § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG verdeutlicht. Nach deren Satz 2 ist „durch die Behandlung von Abfällen [. . . ] deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern“. Bei der Behandlung, die nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG Teil der Abfallbeseitigung ist, sind gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG „anfallende Energie oder Abfälle [. . . ] so weit wie möglich zu nutzen“. Sie ist nach § 10 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG „auch dann als Abfallbeseitigung anzusehen, wenn dabei anfallende Energie oder Abfälle genutzt werden können und diese Nutzung nur untergeordneter Nebenzweck der Beseitigung ist“. Statt also der stofflichen Verwertung auch die Behandlung gegenüberzustellen und damit unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, es sei danach zu fragen, ob der Hauptzweck auf die Verwertung oder Beseitigung gerichtet ist, hat der Gesetzgeber hier die zweifelhafte Formulierung der „Beseitigung des Schadstoffpotentials“ gewählt. Die Verringerung bzw. Beseitigung des Schadstoffpotentials ist über das Tatbestandsmerkmal der Verminderung der Schädlichkeit in § 10 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG auch ein Charakteristikum der Behandlung von Abfällen zur Beseitigung. Unabhängig davon, ob man die Abgrenzungsregel unter dem Blickwinkel der Verwertung oder der Beseitigung betrachtet, ist immer der Hauptzweck der konkreten Maßnahme entscheidend. Liegt er in der Nutzung, sind 439 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.1998, Az. 14 S 1037/98, NuR 1999, 336, 338; VG Karlsruhe, Urt. v. 02.02.2001, Az. 11 K 1246/00, juris Rn. 34; von Lersner, in: von Lersner/ Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 4 Rn. 27; Dolde/Vetter, Abgrenzung Abfallverwertung und -beseitigung, S. 58 f.; Schink, VerwArch 1997, 230, 260; ebenso für die energetische Abfallverwertung Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 06.05.1998, Az. 7 M 3055/97, NVwZ 1998, 1202, 1204; Dieckmann/Graner, NVwZ 1998, 221, 224. 440 Ebenso Frenz, NuR 2003, 395, 398 f.; Petersen, NVwZ 2004, 34, 37; Herbert, NVwZ 2007, 617, 622; a. A. Versteyl/Dageförde, NuR 2002, 189, 194 f.; Reicherzer, NuR 2002, 594, 601; Dippel, AbfallR 2010, 132, 134. 441 Für eine Ergänzung der grammatischen und systematischen Auslegung durch eine teleologische Interpretation, vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 74 ff.; zum Beispiel des „Polizeivollzugsbeamten“ im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO siehe Ekardt/Beckmann, VerwArch 2008, 241, 244 ff. 442 Diesen Vergleich zieht Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 119.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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mit ihr einhergehende Beseitigungseffekte verwertungsunschädlich. Umgekehrt führen im Abfall vorhandene Verwertungspotentiale dann nicht zur Verwertung, wenn die Beseitigung im Vordergrund steht, sie nach dem Gesetzeswortlaut also nur einen „untergeordneten Nebenzweck“ darstellen. Die Negativabgrenzung des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG a.E. hilft letztlich nicht weiter, sie besagt im Ergebnis nur, dass keine Verwertung gegeben ist, wenn der Hauptzweck in der Beseitigung besteht.443 Davon scheint nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht auszugehen. Zwar wird in der zweiten Tongrubenentscheidung ausgeführt, es bestünden keine „Anhaltspunkte für die Annahme, dass wegen der Schadstoffhaltigkeit der Abfälle der Hauptzweck der Maßnahme in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt“444 und damit – augenscheinlich in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung – zum Ausdruck gebracht, dass zwar in dem konkret entschiedenen Fall nichts darauf hindeutet, dass hauptsächlich das Schadstoffpotential beseitigt werden soll, grundsätzlich aber zu prüfen ist, ob darin der Hauptzweck einer Maßnahme liegt. Ein anderer Teil der Urteilsbegründung zeigt jedoch, dass das Schadstoffpotential bei der Abgrenzung als nicht relevant angesehen wird.445 Dort wird ausdrücklich festgestellt, dass „die mangelnde Gewährleistung der Schadlosigkeit der Abfälle nicht geeignet [ist], die Verfüllung als Verwertungsvorgang in Frage zu stellen“.446 Ergänzend führt das Gericht aus: „Der Einwand der Schadstoffhaltigkeit der Abfälle kann [. . . ] nicht bewirken, dass die Verfüllung als Vorgang der Abfallbeseitigung einzustufen ist. Ob der Einbau bestimmter Abfälle zur Beeinträchtigung von Rechtsgütern führt, lässt sich erst in dem nach den entsprechenden Rechtsvorschriften durchzuführenden Verfahren feststellen. Ergibt sich dabei, dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß und schadlos erfolgt (vgl. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG), liegt ein Rechtsanwendungsfehler vor, der nach den jeweils einschlägigen Bestimmungen zu beheben und nicht geeignet ist, einen Verwertungsvorgang in einen Beseitigungsvorgang umzuwandeln.“447 In der Entscheidung wird also davon ausgegangen, dass die Schadstoffhaltigkeit eines Abfalls wegen des Gebots der Schadlosigkeit der Verwertung gemäß § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG kein Problem der Einordnung einer Verwertungsmaßnahme in Abgrenzung zur Beseitigung ist, sondern lediglich eine Frage der Zulässigkeit der Maßnahme.448 In der Literatur wird darin ein „gewisser Widerspruch“449 zur Hauptzweckklausel des § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG gesehen, was im Hinblick auf den Wortlaut des Gesetzes nachvollziehbar erscheint. Teilt man jedoch die hier vertretene Auffassung, dass die Gesetzesformulierung an dieser Stelle wenig geglückt ist und die Klausel „Beseitigung des Schadstoffpotentials“ nicht wörtlich, sondern sinngemäß auszulegen ist, so kann den Urteilsausführungen ein Widerspruch zur gesetzlichen Vorschrift nicht entnommen werden. 443 Vgl. Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 243, der davon ausgeht, dass die Formulierung ohne Sinnveränderung aus dem Gesetzeswortlaut gestrichen werden könnte. 444 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 252. 445 Ebenso für die energetische Verwertung VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.03.2007, Az. 10 S 2221/05, juris Rn. 26; davor schon VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 25.01.2001, Az. 10 S 822/99, NVwZ 2001, 577, 580; a. A. wohl Attendorn, AbfallR 2005, 215, 221. 446 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 252. 447 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 252. 448 A.A. VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 52; ebenso Freytag, NuR 1996, 334, 338; Dippel, AbfallR 2010, 132, 134. 449 So Séché, ZfW 2006, 1, 2.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Ebenso wenig muss dem Gericht vorgeworfen werden, es hätte unter dem Eindruck der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs eine ergebnisorientierte Auslegung vorgenommen.450 Auch wenn in der Entscheidung nicht ausdrücklich auf die europäische Rechtsprechung verwiesen wurde, so ist unbestreitbar, dass sich das Bundesverwaltungsgericht von den Aussagen des Europäischen Gerichtshofs hat leiten lassen. Dieser hatte in seiner Entscheidung vom 27.02.2002 festgestellt, dass „sich weder aus Art. 3 I lit. b Richtlinie 75/442/EWG noch aus irgendeiner anderen Vorschrift der Richtlinie [ergibt], dass die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit der Abfälle als solche entscheidend für die Frage wäre, ob ein Verfahren der Abfallbehandlung als Verwertung i.S. von Art. 1 lit. f Richtlinie 75/442/EWG einzustufen ist“.451 Damit war zur Auslegung der Abfallrahmenrichtlinie vorgegeben, dass der Gefährlichkeit respektive Schadstoffhaltigkeit der Abfälle für die Frage der Einstufung einer Maßnahme als Verwertung oder Beseitigung keine Bedeutung beizumessen ist.452 Die Orientierung des Bundesverwaltungsgerichts an dieser Rechtsprechung ist zu begrüßen, verhindert sie doch, dass in künftigen Entsorgungsverfahren ein uneinheitlicher Maßstab abhängig davon anzulegen ist, ob es sich um einen Fall mit oder ohne europarechtlichen Bezug handelt.453 Denn in transnationalen Sachverhalten wären die deutschen Judikativ- und Exekutivorgane gehalten, die vom Europäischen Gerichtshof gemachten Vorgaben zur Auslegung der Abfallrahmenrichtlinie im Rahmen der Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung einzuhalten und der Gefährlichkeit des Abfalls keine Bedeutung beizumessen. Fände dieser Maßstab nicht auch bei innerdeutschen Sachverhalten Anwendung, würde die ohnehin nicht einfach zu klärende Frage der Abgrenzung noch unübersichtlicher. Insgesamt führt es zu mehr Rechtssicherheit und -einheitlichkeit, sich auch in nationalen Fallkonstellationen an die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zu halten und den Schadstoffgehalt erst bei der Zulässigkeit der Verwertung und nicht schon bei der schwierigen Frage der Einordnung als solche zu prüfen.454 dd) Zwischenergebnis Handelt es sich bei einem Einsatz mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden um eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften für einen anderen als den ursprünglichen Zweck gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG, so liegt eine stoffliche Verwertung nach § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG nur dann vor, wenn hierin auch der Hauptzweck zu sehen ist. Der Ermittlung des Hauptzwecks ist eine (abfall)wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen, im Rahmen derer festgestellt werden muss, ob der Nutzen, der aus dem Abfall gezogen wird, zu den Kosten in einem angemessenen Verhältnis steht. Der ökonomische Nutzen liegt bei einer Verwendung mineralischer Abfallstoffe in der Ersparnis von Aufwendungen. Kommen Abfälle zum Einsatz, müssen keine teureren Rohstoffe 450 Diesen Vorwurf erhebt Dazert, AbfallR 2005, 223, 225, der in Zweifel zieht, dass die Schadstoffhaltigkeit die Einordnung als Verwertung nicht ausschließen kann. 451 EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961, Rn. 67. 452 Rechtsprechung bestätigt und fortgeführt in EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-228/00, Slg. 2003, I-1439, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 14.10.2004, Rs. C-113/02, Slg. 2004, I-9707, Rn. 32. 453 Auch Beckmann, NuR 2002, 72, 75, spricht sich in etwas anderem Zusammenhang dafür aus, die Frage, ob es sich um Abfall zur Verwertung oder Beseitigung handelt, nicht abhängig davon zu beantworten, ob der Abfall über die Grenze verbracht oder im Inland entsorgt werden soll. 454 Der „Gewinn an Rechtssicherheit“ wird auch begrüßt von Séché, ZfW 2006, 1, 2.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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herangezogen werden. Im Verzicht auf die Verwendung von Rohstoffen liegt zugleich der ökologische Nutzen des Ressourcenschutzes. Erweist sich die Nutzung im Sinne der vorgenannten Ausführungen als ökonomisch und ökologisch vorteilhaft, ist im Regelfall davon auszugehen, dass der andere Zweck, zu dem sie erfolgt ist, auch den Hauptzweck der Maßnahme bildet.455 Dass es sich bei einer Nutzung mit den genannten Wirkungen in der Regel um eine Verwertung handelt, wird durch die Verordnungsermächtigung des § 7 Abs. 2 KrW-/AbfG bestätigt. Danach ist die Bundesregierung ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, in welcher zur Erfüllung der Pflichten des § 5 KrW-/AbfG die stofflichen Anforderungen an einen Einsatz von Abfällen in der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben aus bergtechnischen oder bergsicherheitlichen Gründen oder zur Wiedernutzbarmachung festgelegt werden dürfen. Die Inbezugnahme der Vorschrift des § 5 KrW-/AbfG verdeutlicht, dass seitens des Gesetzgebers davon ausgegangen wurde, die Verfüllung von Tagebauen mit bergbaufremden Abfällen sei im Regelfall eine stoffliche Verwertung, wenn sie aus den vorgenannten Gründen erfolgt. Allerdings ersetzt auch diese Einschätzung des Gesetzgebers nicht die erforderliche Einzelfallprüfung. Denn wie sich der auf Grundlage des § 7 Abs. 2 KrW-/AbfG erlassenen Versatzverordnung entnehmen lässt, gilt diese – ebenso wie die Ersatzbaustoffverordnung – nur für die Verwertung von Abfällen, setzen das Vorliegen einer Abfallverwertung also voraus. Daher ist beim Bergversatz ebenso wie bei der Verfüllung von Abgrabungen oder jedem sonstigen Einsatz mineralischer Abfälle im Einzelfall anhand der Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 3 KrW/AbfG zu ermitteln, ob es sich bei der Maßnahme tatsächlich um eine stoffliche Verwertung handelt. Dass man hier durchaus zu anderen Ergebnissen kommen kann, zeigt sich an einer Entscheidung, die zeitlich nach dem zweiten Tongrubenurteil ergangen ist und eine Verfüllung mit mineralischen Abfällen mit überzeugenden Argumenten als Beseitigung eingestuft hat.456 Insoweit ist die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, bei einer Verfüllung eines Tagebaus mit mineralischen Abfällen handle es sich im Regelfall um eine Abfallverwertung, zwar grundsätzlich richtig, für die Praxis aber wenig hilfreich, weil sie trotzdem keine vom Einzelfall unabhängige Vorhersage erlaubt, ob eine Verfüllmaßnahme rechtlich als Verwertung oder Beseitigung einzuordnen ist. 4. Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz Die vorstehenden Ausführungen zur Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung in der Fallgruppe der Verwendung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden insbesondere bei der Verfüllung von Tagebauen und Abgrabungen machen deutlich, dass die – nicht nur wegen des Anfalls riesiger Mengen dieser Art Abfallstoffe – praktisch sehr bedeutsame Frage, welche Entsorgungsalternative im Einzelfall einschlägig ist, unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes nicht sachgerecht und praktikabel beantwortet werden konnte. Ein Problem lag in der großen Unschärfe der vom Gesetz vorgegebenen Tatbestandsmerkmale, die zur Bestimmung einer Verwertungsmaßnahme und ihrer Abgrenzung zur 455 So ausdrücklich für die Verfüllung eines Tagebaus mit mineralischen Abfällen, BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 251. 456 VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 43.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Beseitigung heranzuziehen waren. Zwar haben das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs zur Abgrenzung der stofflichen Verwertung von der Beseitigung,457 die konkretisierenden Entscheidungen zu den Voraussetzungen der energetischen Verwertung458 sowie die in der Folgezeit ergangene deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung459 einige bestehende Unklarheiten und Widersprüche in Detailfragen beseitigt, doch reichten sie für eine umfassende Klärung aller Streitfragen nicht aus.460 a) Ziele der Novellierung Ein wesentliches Ziel der Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie im Jahr 2008 war deshalb ausweislich der Erwägungsgründe 2 bis 5 sowie 8 bis 19 die Ermöglichung einer klaren Differenzierung zwischen Verwertung und Beseitigung einschließlich der Beantwortung der Frage, wie die beiden Entsorgungsmaßnahmen zu unterscheiden sind. Zu diesem Zweck wurde in die Begriffsbestimmungen des Art. 3 AbfRRL 2008/98/EG eine bisher europaweit fehlende Definition der Verwertung und Beseitigung aufgenommen. Nach Art. 3 Nr. 15 AbfRRL 2008/98/EG ist eine Verwertung „jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen“. Demgegenüber wird die Beseitigung in Art. 3 Nr. 19 AbfRRL 2008/98/EG definiert als „jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurück gewonnen werden“. Nach Art. 40 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Richtlinie bis zum 12.12.2010 umzusetzen. Die Umsetzungsfrist konnte der deutsche Gesetzgeber nicht einhalten, das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist erst am 1. Juni 2012 in Kraft getreten. Aber auch er verfolgte damit die Intention, die Vollzugs- und Rechtssicherheit dadurch zu verbessern, dass die abfallrechtlichen Regelungen klargestellt und präzisiert werden.461 Hierzu hat er die Definitionen von Verwertung und Beseitigung nahezu wörtlich aus der Abfallrahmenrichtlinie ins deutsche Recht übernommen. b) Ausgangspunkt der Abgrenzung Mit der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 23 KrWG wird ein neuer, einheitlicher Oberbegriff der Verwertung eingeführt. Er löst die bisherigen Definitionen der stofflichen Verwertung in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG und der energetischen Verwertung in § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG ab und wird durch die Begriffe der Vorbereitung zur Wiederverwendung in

457

EuGH, Urt. v. 27.02.2002, Rs. C-6/00, Slg. 2002, I-1961–2012. EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-228/00, Slg. 2003, I-1439–1485; EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553–1583. 459 Insbesondere BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247–261. 460 Diese Ansicht vertreten u.a. SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 668; Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 92; Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 80; Beckmann, NuR 2002, 72, 72 ff.; Freund, DL 2007, 502, 502; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1078. 461 BT-Drs. 17/6052, S. 57. 458

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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§ 3 Abs. 24 KrWG und des Recyclings in § 3 Abs. 25 KrWG weiter ausdifferenziert.462 Wie schon im bisherigen Recht463 bildet er den Ausgangspunkt der Unterscheidung dieser Entsorgungsalternative von der Beseitigung. Das zeigt sich daran, dass die Beseitigung gemäß § 3 Abs. 26 KrWG als „jedes Verfahren, das keine Verwertung ist“ und damit in negativer Abgrenzung zur Verwertung bestimmt wird. c) Einzelheiten der Abgrenzung Durch die Einführung der neuen Begrifflichkeiten haben sich einige strittige Punkte geklärt: So wird in der europarechtlichen Definition beim Verweis auf die Anhänge I und II der AbfRRL 2008/98/EG beziehungsweise in den nationalen Bestimmungen auf die Anlage 1 und 2 des KrWG nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass die dort enthaltenen Listen von Verwertungs- und Beseitigungsverfahren nur beispielhaft und nicht abschließend sind.464 Außerdem greift die neue Verwertungsdefinition nicht auf die Begriffe der „Verunreinigungen“ oder des „Schadstoffpotentials“ zurück, so dass heute nicht mehr daran gezweifelt werden kann, dass Umweltaspekte für die Abgrenzung von der Beseitigung keine Rolle spielen.465 Im Übrigen hat sich hingegen wenig geändert. Dies liegt daran, dass zur Umschreibung der Verwertung auf die Substitutionsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zurückgegriffen und darauf abgestellt wird, ob das Hauptergebnis des Verfahrens dadurch der Erfüllung eines sinnvollen Zwecks dient, dass andere Materialien ersetzt werden, die andernfalls verwendet worden wären. Anstelle des vom Gericht verwendeten Begriffs des „Hauptzwecks“ wird in der gesetzlichen Definition das Kriterium des „Hauptergebnisses“ herangezogen und die Begriffsbestimmung insoweit auf eine objektive Basis gestellt. Die „Verobjektivierung der Verwertungsdefinition“ ist einerseits zu begrüßen,466 da die in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG enthaltene Hauptzweckklausel, die zur Begründung der Verwertung auf den Hauptzweck der Maßnahme abstellte, einen der wesentlichen Kritikpunkte der Abgrenzung unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes bildete.467 Ihre Eignung für eine sachgerechte Bestimmung der stofflichen Verwertung war von jeher zweifelhaft, weil die Einordnung eines Entsorgungsvorgangs als Maßnahme der Verwertung oder Beseitigung mehr von den objektiven Rahmenbedingungen denn von subjektiv gefärbten Kriterien wie dem Hauptzweck abhängt.468 Andererseits erfordert auch der Verweis auf das „Hauptergebnis“ bei all den Entsorgungsmaßnahmen, die sowohl Verwertungs- als auch Beseitigungselemente aufweisen, nach wie vor eine wertende

462

BT-Drs. 17/6052, S. 75. Siehe dazu E. III. 3. a) cc) (1). 464 Zum Streitstand unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vgl. E. III. 3. a) aa). 465 BT-Drs. 17/6052, S. 74; zur Bedeutung der Begriffe der Verunreinigungen vgl. E. III. 3. c) cc) (5) (b) und des Schadstoffpotentials vgl. E. III. 3. c) cc) (6). 466 Ebenso Petersen, ZUR 2007, 449, 454; Kropp, AbfallR 2010, 193, 195; siehe dazu VG Würzburg, Urt. v. 16.07.2013, Az. W 4 K 13.604, juris Rn. 36, das den Willen des Abfallbesitzers für eine Verwertung nach § 3 Abs. 23 Satz 1 KrWG für irrelevant erklärt. 467 Siehe dazu E. III. 3. c). 468 Ebenso für die energetische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen Baars/Nottrodt, AbfallR 2007, 137, 138. 463

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Einzelfallentscheidung. Somit birgt auch dieser Definitionsansatz alle Probleme, die aus der bisherigen Abgrenzungsdiskussion bereits bekannt sind.469 Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass die für die Abgrenzung der beiden Verwertungsoptionen problematische Fallgruppe der Verfüllung von Gruben oder Abgrabungen mit mineralischen Abfällen an mehreren Stellen des Gesetzes im Zusammenhang mit der Verwertung genannt wird. Einmal wird in der Definition des § 3 Abs. 25 KrWG klargestellt, dass ein Verwertungsverfahren, das Materialien aufbereitet, die zur Verfüllung verwendet werden, nicht als Recycling angesehen werden kann. Vielmehr handelt es sich, wie der beispielhaften Nennung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 KrWG zu entnehmen ist, um eine sogenannte „sonstige Verwertung“, genauer gesagt um eine „sonstige stoffliche Verwertung“ im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 KrWG. Indes wird die Verfüllung durch diese Vorschriften nicht per se den Verwertungsverfahren zugeordnet. Es wird nur darauf hingewiesen, dass eine Verfüllung – sofern es sich bei dieser um eine Verwertung handelt – eine sonstige stoffliche Verwertung und kein grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 KrWG vorrangiges Recycling darstellt. Ob im Einzelfall jedoch eine Verwertung oder eine Beseitigung vorliegt, ist anhand der allgemeinen Verwertungsdefinition des § 3 Abs. 23 KrWG in Abgrenzung zur Beseitigung im Sinne des § 3 Abs. 26 KrWG zu ermitteln.470 d) Kritik Obwohl die rechtssichere Regelung der Abgrenzung eines der wesentlichen Novellierungsziele war, werden sich die Streitfragen auch nach der Neufassung der Abfallrahmenrichtlinie und deren Umsetzung in das nationale Recht durch Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht erledigen.471 Eine Änderung der unbefriedigenden Situation, in welcher sich die Abgrenzungsfrage in vielen Fällen erst durch eine gerichtliche Entscheidung beantworten lässt, ist jedenfalls so lange nicht zu erwarten, wie das Tatbestandsmerkmal des Hauptergebnisses nicht weiter konkretisiert wird. Gleichwohl wurde es sowohl auf europäischer wie auch nationaler Ebene unterlassen, das vage Abgrenzungskriterium weiter auszugestalten. Lediglich für die Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Behandlung in Verbrennungsanlagen ist der Begriff des Hauptergebnisses durch eine Einführung von Effizienzkriterien für das Verwertungsverfahren R 1 des Anhangs II AbfRRL 2008/98/EG näher umschrieben worden. Darauf wurde bei allen anderen Verwertungsverfahren bedauerlicherweise verzichtet. Für diese bleibt nur zu hoffen, dass von der nunmehr bestehenden Möglichkeit der untergesetzlichen Konkretisierung zügig Gebrauch gemacht wird und es im Komitologieverfahren472 gelingt, stoffspezifische Lösungen für die wichtigsten Verwertungsverfahren anzubieten und so für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. Das Hauptproblem der schwierig zu klärenden Abgrenzung liegt aber weniger auf der Tatbestandsebene, sondern in den unterschiedlichen Rechtsfolgen, die an eine Einordnung 469

Davon geht auch Reese, NVwZ 2009, 1037, 1078, aus. BT-Drs. 17/6052, S. 78. 471 Ebenso Gaßner, AbfallR 2006, 13, 18; Reese, NVwZ 2009, 1037, 1078; wohl auch Petersen, AbfallR 2008, 154, 157; a. A. Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 152, der annimmt, dass durch die „klare Abgrenzung“ die Unterscheidung „nicht mehr so streitbeladen sein [wird] wie bisher“. 472 Zum Komitologieverfahren im europäischen Abfallrecht vgl. Petersen/Heß, ZUR 2007, 567, 571 ff. 470

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als Verwertung oder Beseitigung geknüpft werden.473 Wird der Verwertungsbegriff in der EU nicht verfahrensbezogen weiter konkretisiert, sondern ist das Vorliegen einer Verwertung nach wie vor von einer Einzelfallentscheidung abhängig, wird die Abgrenzungsfrage genauso umstritten bleiben wie bisher. Solange also keine sachgerechte Regelung der sich aus den starren Rechtsfolgen ergebenden Problemlagen vorgenommen wird, ist eine zufriedenstellende und rechtssichere Lösung nicht ersichtlich.474 e) Vorzugswürdige Lösung Trotz der bislang unzulänglich beantworteten Abgrenzungsfrage verfolgt der europäische Gesetzgeber den eingeschlagenen Weg weiter und sucht Rechtssicherheit über eine normative Definition der Verwertung zu erreichen, anstatt die Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie zu nutzen, um den Entsorgungsmarkt neu zu ordnen. Vorzugswürdig wäre gewesen, die hinter der Abgrenzungsproblematik stehenden Zielkonflikte zu lösen. Dieser Lösungsansatz hätte keinen Kompromiss bei der Abgrenzung der beiden Entsorgungsoptionen und der daraus folgenden Entsorgungsverantwortlichkeit der staatlichen oder privaten Entsorgungsträger, sondern die Festsetzung eines weiten Verwertungsbegriffs erfordert. Die mit einem weiten Verwertungsbegriff einhergehenden Nachteile hätten an anderer Stelle bewältigt werden können und – um die Abgrenzungsfrage zu entfrachten – dort auch besser bewältigt werden sollen. aa) Weiter Verwertungsbegriff Ein weiter Verwertungsbegriff würde dem von der Europäischen Union gesetzten Politikziel Rechnung tragen, durch eine bessere Abfallbewirtschaftung zum Schutz der natürlichen Ressourcen beizutragen. Schon im Sechsten EG-Umweltaktionsprogramm475 wie auch in der EG-Recyclingstrategie476 wurde die Absicht bekundet, durch eine Reform des europäischen Abfallrechts das angestrebte Ziel besser als bisher umzusetzen. In der Vergangenheit wurde die Notwendigkeit des abfallrechtlichen Ressourcenschutzes hauptsächlich in der erwarteten Knappheit der natürlichen Rohstoffe gesehen; heute wird zunehmend auch das Potential zur Reduzierung der mit dem Ressourcenverbrauch sowie der Abfalldeponierung typischerweise einhergehenden Umweltauswirkungen

473 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 15; zu der Relevanz der Unterscheidung vgl. E. III. 2. 474 Eine entsprechende Aussage treffen Baars/Nottrodt, AbfallR 2007, 137, 142, für die Abgrenzung der energetischen Verwertung von der thermischen Beseitigung. 475 Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.07.2002 über das Sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 242 v. 10.09.2002, S. 1 ff. 476 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 6 ff.

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erkannt.477 Insoweit dient eine Einsparung von natürlichen Ressourcen auch weiteren Zielen wie zum Beispiel dem Klimaschutz.478 Ein strategisches Mittel der alten Abfallrahmenrichtlinie zum Schutz der natürlichen Ressourcen war die Anordnung einer abstrakten Rangfolge, nach der Abfall idealerweise vermieden und, sofern dies nicht möglich ist, wiederverwendet, recycelt oder verwertet werden sollte. Eine Entsorgung auf Deponien – der wegen des mit ihr einhergehenden Ressourcenverbrauchs und des potentiellen Umweltrisikos generell ökologisch schlechtesten Option – sollte vorzugsweise nur in geringem Maß erfolgen. Allerdings führte der Weg trotz der bestehenden abstrakten Vorrangregelung nicht weg von der Deponierung und hin zu mehr Recycling und Verwertung. Zwar nahm deren Anteil an der Abfallentsorgung zu, allerdings konnte wegen des stetig steigenden Abfallaufkommens die absolute Menge der deponierten Abfälle nicht gesenkt werden.479 Die in Art. 3 AbfRRL 75/442/EWG angeordnete Zielhierarchie ist daher nur bedingt wirksam geworden.480 Das Manko der eingeschränkten Wirksamkeit wurde in der unzureichenden Umsetzung der bestehenden unionsrechtlichen Vorschriften und weniger im Steuerungskonzept an sich gesehen.481 Daher hat der europäische Gesetzgeber trotz der vorgebrachten Kritik482 am Instrument der abstrakten Abfallhierarchie festgehalten und dessen praktische Umsetzung im 6. Erwägungsgrund der novellierten Abfallrahmenrichtlinie als ein wesentliches Ziel der Abfallpolitik ausgerufen. Die Abfallhierarchie in Art. 4 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG wurde durch eine Untergliederung der Abfallverwertung in drei Ebenen auf insgesamt 477 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 6 f.; SRU, Auf dem Weg zur Europäischen Ressourcenstrategie: Orientierung durch ein Konzept für eine stoffbezogene Umweltpolitik, Stellungnahme, November 2005, Tz. 3 ff. 478 Zum Beitrag des abfallrechtlichen Ressourcenschutzes zur Einsparung klimaschädlicher Gase, vgl. Beckmann, AbfallR 2008, 65, 70; grundlegend zu Ressourcenknappheit und Klimawandel, Ekardt, in: Frenz/Müggenborg, EEG, Einl. Rn. 1 ff. 479 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 4 f.; zur generellen Problematik, dass alle Ressourcenschonungseffekte durch die Wohlstandszuwächse stets wieder egalisiert werden vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 30 ff. 480 So auch Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 101; Beckmann, NuR 2002, 72, 77; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1076; Faßbender, AbfallR 2011, 165, 167 f.; zu den Problemen im Einzelnen SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 678; a. A. wohl Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 151. 481 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 5 f.; der Sachverständigenrat für Umweltfragen geht hingegen von so erheblichen Umsetzungsproblemen aus, dass ein Festhalten am Steuerungskonzept als nicht ratsam erscheint, SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 678. 482 Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat immer wieder davor gewarnt, dass der Steuerungsansatz der Abfallhierarchie nur begrenzt zur Lösung der Probleme beitragen kann und deshalb nicht überdehnt werden darf, vgl. SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 678 ff.; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 950 ff.; kritisch äußern sich auch Schink, AbfallR 2007, 50, 52; Faßbender, AbfallR 2011, 165, 167 f.

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fünf Stufen ausgebaut. Ihr liegt folgende Prioritätenfolge zugrunde: Grundsätzlich vorrangig ist die Abfallvermeidung. Der Abfallvermeidung folgt die Abfallverwertung. Im Gegensatz zum bisherigen Recht, nach dem alle Verwertungsverfahren gleichrangig waren, hat nunmehr die Vorbereitung zur Wiederverwendung höchste Priorität, ihr folgt zweitrangig das Recycling, auf letzter Stufe steht die sonstige Verwertung (z. B. energetische Verwertung). Da die verschiedenen Verwertungsmöglichkeiten bislang nicht unterschieden werden mussten, entstehen an dieser Stelle ganz neue Abgrenzungsfragen.483 Nachrangig gegenüber allen vorgenannten Maßnahmen ist die Abfallbeseitigung. Eine Flexibilisierung wird dadurch erreicht, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 2 AbfRRL 2008/98/EG „die allgemeinen Umweltschutzgrundsätze der Vorsorge und der Nachhaltigkeit, der technischen Durchführbarkeit und der wirtschaftlichen Vertretbarkeit, des Schutzes von Ressourcen, und die Gesamtauswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sowie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen“ zu berücksichtigen haben.484 Da die Relativierungen im Wesentlichen mit den nationalen Kriterien identisch sind, die in § 5 Abs. 4 und Abs. 5 KrW-/AbfG den Vorrang der Verwertung entfallen ließen, ist kaum zu erwarten, dass die Abfallhierarchie selbst ohne weitere unionsrechtliche Umsetzungsakte die erhofften Wirkungen entfaltet.485 Damit das Abfallrecht seinen Beitrag zu einer möglichst schonenden Ressourcennutzung leistet, bedarf es daher anderer, wirkungsvollerer Instrumente.486 Ein erster Schritt wäre die uneingeschränkte Fassung des unionsrechtlichen Verwertungsbegriffs gewesen. Denn Ressourcen werden nicht nur dadurch geschont, dass Abfälle als Sekundärrohstoffe oder Sekundärbrennstoffe verwendet werden. Dieses Ziel wird auch erreicht, wenn Abfälle nicht aus der Kreislaufwirtschaft ausgeschleust, sondern für den ursprünglichen oder einen anderen Verwendungszweck weiter genutzt werden. Die Abfallverwertung stellt daher einen wichtigen Bestandteil zur Erhaltung von Rohstoffen dar. Eine konsequente Verwirklichung des beabsichtigten Ressourcenschutzes hätte folglich der Normierung eines Verwertungsbegriffs bedurft, dessen Voraussetzung nur die Ersetzung von natürlichen Rohstoffen durch den Abfall ist.487 Denn jeder hierdurch vermiedenen Einsatz von Rohstoffen ist ein Gewinn für den Ressourcenschutz und als solcher 483 So stellt sich beispielsweise beim Einbau von aufbereitetem Bauschutt die Frage, ob es sich um ein Recycling oder eine sonstige Verwertung oder gar die Verwendung eines Produkts handelt, vgl. Petersen, AbfallR 2008, 154,156; a. A. wohl Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 152, der hier keine Probleme sieht. 484 Vgl. zu der fünfstufigen Abfallhierarchie und ihrem rechtlichen Stellenwert, Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1066 f. 485 Diese Ansicht vertreten auch Reese, NVwZ 2009, 1073, 1077; Faßbender, AbfallR 2011, 165, 167 f. 486 Dabei ist jedoch immer zu berücksichtigen, dass das Abfallrecht am Ende der Wertschöpfungskette steht und von daher nicht geeignet ist, den Ressourcenverbrauch umfassend zu steuern. Hierzu bedarf es vor allem Maßnahmen, die an den vorhergehenden Stufen der Wertschöpfungkette ansetzen, vgl. SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 863; Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 544 ff. 487 In diese Richtung ging Art. 5 Nr. 1 des von der Kommission vorgelegten „Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Abfälle“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 667 endg, S. 19 f., der für eine Verwertung lediglich forderte, dass die Abfälle einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, so dass andere Ressourcen, die für diesen Zweck hätten eingesetzt werden müssen, ersetzt werden; vgl. auch Art. 3 lit. ga) der legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Abfälle“ vom 23.02.2007, 2005/0281, S. 35.

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vor dem Hintergrund der angestrebten Ziele förderungswürdig.488 Die Grenze des Verwertungsbegriffs hätte sinnvollerweise nicht schon beim „Hauptergebnis“ gezogen werden sollen, sondern erst dort, wo sie zur Verhinderung ökonomisch oder ökologisch nicht mehr zu rechtfertigender Entsorgungspraktiken erforderlich gewesen wäre.489 Die Festschreibung eines weiten Verwertungsbegriffs entspräche den bisherigen Vorgaben des Unionsrechts. Auch wenn die alte Abfallrahmenrichtlinie keine Verwertungsdefinition enthielt, so lässt sich anderen Bestimmungen doch entnehmen, dass der auf EU-Ebene verwendete Begriff der Verwertung weit auszulegen ist. Beispielhaft sei hier die Regelung zum sogenannten Ökologieeinwand in Art. 12 Abs. 1 lit. g) AbfVerbrV490 genannt. Danach kann die zuständige Behörde gegen die geplante Verbringung von Abfällen zur Verwertung Einwände erheben, wenn „der Anteil an verwertbarem und nicht verwertbarem Abfall, der geschätzte Wert der letztlich verwertbaren Stoffe oder die Kosten der Verwertung und die Kosten der Beseitigung des nicht verwertbaren Anteils [. . . ] unter wirtschaftlichen und/oder ökologischen Gesichtspunkten keine Verwertung“ rechtfertigen. Die Abfallverbringungsverordnung definiert den Begriff der Verwertung nicht selbst, sondern verweist in Art. 2 Nr. 6 AbfVerbrV auf die Vorgaben der Abfallrahmenrichtlinie. Dadurch zeigt die Vorschrift, dass die Einordnung einer Entsorgungsmaßnahme als Verwertung nicht schon abzulehnen ist, wenn mit ihr auch eine Beseitigung einhergeht und der erreichte Verwertungserfolg vergleichsweise gering ist.491 In Art. 12 Abs. 1 lit. g) AbfVerbrV wird somit von einem weiten Verwertungsbegriff ausgegangen, zu dem die Definition der Verwertung in Art. 2 Nr. 15 AbfRRL 2008/98/EG in einem gewissen Widerspruch steht. Ungeachtet dessen wurde in der Abfallrahmenrichtlinie zur Definition der Verwertung auf die Substitutionsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zurückgegriffen und damit der einschränkende Ansatz, der schon dem nationalen Recht zugrunde lag, europaweit festgeschrieben. Dabei hätte es eines solchen Kompromisses nicht bedurft, wäre die Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie dazu genutzt worden, die mit einem weiten Verwertungsbegriff einhergehenden Nachteile sachgerecht an anderer Stelle zu lösen. Der Europäische Gerichtshof sah bei seiner Rechtsprechung, die zur Auslegung der Verwertung auf das Hauptergebnis abstellt, die Notwendigkeit, den Begriff im Wesentlichen aus zwei Gründen nicht zu weit auszulegen: Die Entscheidung war zum einen dem Schutz der Umwelt geschuldet – da auf europäischer Ebene materielle Verwertungsstandards weitgehend fehlen, bedurfte es eines Korrektivs, um nicht ausufernd viele Abfälle dieser Entsorgungsart zuzuordnen. Aber auch aus einem weiteren Grund sollte der Abfallverwertung kein zu weiter Anwendungsbereich eröffnet werden. Da die Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie auf Verwertungsabfälle nicht anwendbar sind, drohten die nationalen Entsorgungsstrukturen leerzulaufen, wenn schon aus begrifflichen Gründen nicht genü488 Reese, NVwZ 2009, 1073, 1078; ähnlich auch Petersen, ZUR 2005, 561, 565; Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 151 f; Kleinwege, AbfallR 2007, 55, 56; für die energetische Verwertung Baars/ Nottrodt, AbfallR 2007, 137, 142; Brandt, AbfallR 2007, 130, 136 f., letzter allerdings mit einem anderen Lösungsvorschlag. 489 Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 95. 490 Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. Nr. L 190, S. 1. 491 Giesberts, NVwZ 1996, 949, 954; Kersting, NVwZ 1998, 1153, 1154; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1078; Raasch, ZfW 2009, 125, 136.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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gend Abfälle zur Beseitigung zur Verfügung stehen. Die abfallwirtschaftliche Intention, dies zu verhindern, zeigt sich insbesondere an der rechtlich wenig überzeugenden Einstufung einer Hausmüllverbrennungsanlage in das Beseitigungssystem.492 Da außerdem davon ausgegangen werden kann, dass der Europäische Gerichtshof im Fall der Nichtaufnahme seiner Rechtsprechung in die Abfallrahmenrichtlinie nicht dauerhaft an dieser festgehalten hätte,493 war die normative Umsetzung der Substitutionsrechtsprechung keineswegs zwingend, weil die mit einer Ausweitung des Verwertungsbegriffs fraglos verbundenen Nachteile sich – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – auch anders hätten lösen lassen.494 bb) Nachteile Aus den zuvor dargelegten Gründen, die auch den Europäischen Gerichtshof zu seiner Rechtsprechung veranlasst haben, ist ein weiter Verwertungsbegriff nicht unproblematisch. Die Problematik betrifft zum einen das Spannungsverhältnis zwischen einer möglichst umfassenden Verwertung zur Verwirklichung des Ressourcenschutzziels und dem gebotenen Umweltschutz. Unter Ressourcenschutzgesichtspunken ist ein Einsatz mineralischer Abfälle beispielsweise zur notwendigen Verfüllung von Tagebauen oder Abgrabungen oder zur Herstellung technischer Bauwerke der Verwendung natürlicher Materialien uneingeschränkt vorzuziehen. Dabei dürfen allerdings die mit dem Einsatz verbundenen Umweltgefahren durch einen Schadstoffeintrag in Boden und Grundwasser nicht übersehen werden.495 Zum anderen hat ein weiter Verwertungsbegriff Auswirkungen auf die nationalen Entsorgungsstrukturen. Abfälle zur Verwertung unterliegen der Warenverkehrsfreiheit und können weitgehend unbeschränkt in andere Mitgliedstaaten verbracht werden. Daher geraten die mitgliedstaatlichen Entsorgungsanlagen in eine europaweite Konkurrenzsituation und drohen leerzulaufen, weil die Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie – jedenfalls bislang – nur für Abfälle zur Beseitigung galten. Nur über die Zuordnung eines Abfalls als solchen zur Beseitigung konnten die Stoffe in bestimmte Anlagen gelenkt werden.496 Je weniger Abfälle zur Beseitigung zur Verfügung stehen, desto mehr Probleme haben die vorhandenen Anlagen mit einer mangelnden Auslastung.

492 EuGH, Urt. v. 13.02.2003, Rs. C-458/00, Slg. 2003, I-1553, Rn. 36 ff.; zur Kritik vgl. Koch/ Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 92 f.; Petersen, NVwZ 2004, 34, 39. 493 Diese Einschätzung teilt Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 152, für die energetische Verwertung. 494 A.A. offenbar Petersen, ZUR 2005, 561, 565; Kropp, AbfallR 2010, 193, 195, die annehmen, das Hauptzweckkriterium sei bei „doppelfunktionalen Entsorgungsverfahren [. . . ] unverzichtbar“. 495 Das gilt nicht nur für mineralische Abfälle, sondern genauso für die Aufbringung organischer Materialien wie Biokompost oder Klärschlamm, die zwar stärker genutzt werden sollten, allerdings nur unter bestimmten ökologischen Voraussetzungen; zu diesen Materialien vgl. SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 747 ff.; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 895 ff; zu den Möglichkeiten und Grenzen der Herstellung geschlossener Kreisläufe am Beispiel Phosphor, vgl. Ekardt/Holzapfel/Ulrich, UPR 2010, 260, 262 ff. 496 Diese Lenkungsinstrumente und nicht der gesetzlich angeordnete Vorrang der Verwertung sind der wahre Grund, warum die Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung derart umstritten ist, vgl. E. III. 2.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

cc) Problemlösung Eine Lösung der vorgenannten Probleme ist jedoch nicht darin zu suchen, den Verwertungsbegriff möglichst eng zu fassen oder durch unbestimmte Rechtsbegriffe, die wie bisher eine wertende Entscheidung in jedem Einzelfall erfordern, einzuschränken und die Abgrenzungsfrage hierdurch zu überfrachten. Durch das Kriterium des Hauptergebnisses können die Zielkonflikte zwischen Ressourcenschutz, Entsorgungssicherheit und Binnenmarkt nicht bewältigt werden.497 Die negativen Auswirkungen sollten vielmehr dort gelöst werden, wo sie entstehen: Da die Risiken eines weiten Verwertungsbegriffs hauptsächlich in den statischen Rechtsfolgen liegen, bietet sich für eine Problembehebung die Rechtsfolgenseite an.498 Denn ein besser zu bestimmender, aber weiterer europarechtlicher Verwertungsbegriff wird letztlich nur wegen der unflexiblen Rechtsfolgen abgelehnt.499 Eine Problemlösung auf der Rechtsfolgenseite hätte im Wesentlichen an zwei Punkten anzusetzen: Auf der einen Seite müsste das Spannungsverhältnis zwischen den beiden abfallwirtschaftlichen Zielen Ressourcenschonung und Umweltschutz sachgerecht aufgelöst werden. Auf der anderen Seite wäre sicherzustellen, dass auch zukünftig eine ordnungsgemäße Hausmüllentsorgung stattfinden kann. (1) Schutz der Umwelt Nach dem 6. Erwägungsgrund der Abfallrahmenrichtlinie besteht das oberste Ziel der Abfallpolitik darin, „die nachteiligen Auswirkungen der Abfallerzeugung und -bewirtschaftung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren“. Daneben soll eine „Verringerung der Nutzung von Ressourcen“ erreicht werden. Vorstehend wurde ausgeführt, dass letztgenannter Absicht unter anderem ein weiter Verwertungsbegriff dient. Mit einem solchen können jedoch Gesundheits- und Umweltgefahren verbunden sein, die anderweitig ausgeräumt werden müssen, um dem vorrangigen Umweltschutzziel500 der Abfallrahmenrichtlinie Rechnung zu tragen. Zur Begegnung von Umweltgefahren ist es nicht ausreichend, wie bisher allein am Instrument der Abfallhierarchie festzuhalten. Da es aus ökologischer Sicht nicht nur darauf ankommt, die natürlichen Ressourcen zu schonen, sondern vorrangig schädliche Stoffemissionen in Luft, Wasser und Boden abzuwehren sind, stellt die Abfallverwertung in der Gesamtbilanz keinesfalls stets die umweltfreundlichere Alternative dar, welcher uneingeschränkt der Vorzug zu geben ist.501 Die Frage nach der umweltverträglichsten Entsorgungsart lässt sich nämlich nicht allgemein, 497 Ebenso für das Kriterium des Hauptzwecks, Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 94; Witthohn/Smeddinck, NdsVBl. 2000, 77, 82. 498 Dafür plädieren auch Raasch, Harmonisierung, S. 305; Petersen, ZUR 2005, 561, 565, der jedoch davon ausgeht, bei einem durch das Hauptzweckkriterium eingeschränkten Verwertungsbegriff handle es sich schon um eine weite Begriffsdefinition; ebenso Brandt, AbfallR 2007, 130, 136. 499 Baars/Nottrodt, AbfallR 2007, 137, 142. 500 Seitens der Entsorgungswirtschaft wird die Gleichrangigkeit der beiden Ziele gefordert, vgl. Kleinwege, AbfallR 2007, 55, 56; zur Funktion des KrW-/AbfG als Ressourcen- und Umweltschutzgesetz siehe VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.1999, Az. 10 S 2766/98, NVwZ 1999, 1243, 1244; Beckmann, AbfallR 2008, 65, 70. 501 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Abfallwirtschaft“, September 1990, BT-Drs. 11/8493, S. 32; siehe auch Koch/Reese, DVBl 2000, 300, 301; Beckmann, NuR 2002, 72, 75.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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sondern nur fallgruppenbezogen beantworten.502 Aus diesem Grund ist die Vermeidung von Umweltgefahren nicht allein durch abstrakte Vorrangregelungen zu bewerkstelligen, vielmehr müssen zusätzlich konkrete, materielle Anforderungen an einzelne Verwertungsverfahren geschaffen werden.503 Dies gilt um so mehr, je weiter der Verwertungsbegriff gefasst wird.504 Zur sachgerechten Abdeckung der dem Abfall immanenten stoffbezogenen Risiken und zur Erreichung eines hohen Schutzniveaus für Mensch und Umwelt sind daher unionsweit geltende, anspruchsvolle Standards für die Abfallverwertung erforderlich.505 Diese haben einerseits an den anlagenbezogenen und andererseits – was für die Fallgruppe der Verwertung mineralischer Abfälle im Boden wichtiger ist – an den im Abfall vorhandenen stoffbezogenen Risiken anzusetzen.506 Bereits in der Vergangenheit hat sich die Schaffung von Verwertungsstandards in europäischen Richtlinien als erfolgreich erwiesen: Bei den Stoffströmen Batterien, Verpackungen, Elektrogeräte und Altautos konnten die schädlichen Umweltauswirkungen deutlich verringert werden.507 Angesichts der positiven Erfahrungen wäre eine solche Vorgehensweise auch bei der Verwertung mineralischer Abfälle, für die es bislang an einer einheitlichen Regelung auf europäischer Ebene fehlt,508 wünschenswert. Anstatt also nur einer begrifflich eingeschränkten Verwertung abstrakt Vorrang vor der Beseitigung einzuräumen, sollten für die wichtigsten Verwertungsverfahren abfallartenspezifische Standards festgesetzt werden. Die gegenüber der in der novellierten Abfallrahmenrichtlinie gefundene, vorzugswürdige Lösung liegt darin, dem Verwertungsmarkt durch einen weiten Verwertungsbegriff einen größeren Anwendungsbereich zuzubilligen, diesen mit ehrgeizigen Rahmenbedingungen zum Schutz der Umwelt zu versehen und eu-

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SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 957; Faßbender, AbfallR 2011, 165, 167. Auch die Europäische Kommission geht davon aus, dass EU-einheitliche Bedingungen für die Verwertung erforderlich sind, vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 19; ebenso Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 96; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1120; Beckmann, NuR 2002, 72, 77; Gaßner, AbfallR 2006, 13, 16. 504 In diese Richtung äußert sich auch Petersen, AbfallR 2006, 102, 107, sowie Petersen, AbfallR 2006, 246, 253, der jedoch einen weiten Verwertungsbegriff schon bei der Einschränkung durch das Kriterium des Hauptergebnisses annimmt. 505 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 9; SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 679 ff.; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 962. 506 Petersen, AbfallR 2006, 246, 253. 507 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Weiterentwicklung der nachhaltigen Ressourcennutzung: Eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und Recycling“ vom 21.12.2005, KOM (2005) 666 endg, S. 6; Faßbender, AbfallR 2011, 165, 168; Faulstich/Baron, AbfallR 2012, 254, 257. 508 So auch der ausdrückliche Hinweis des SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 679; zum Ressourcenschutzbeitrag von Recycling- und Verwertungsquoten beispielsweise für Bau- und Abbruchabfälle, wie sie mittlerweile in § 14 Abs. 3 Satz 1 KrWG vorgesehen ist, vgl. Faßbender, AbfallR 2011, 165, 167 ff. 503

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E. Anforderungen des Abfallrechts

ropaweit auf möglichst hohem Niveau zu harmonisieren.509 Die Strategie hat den wesentlichen Vorteil, dass durch materielle Verwertungsstandards unmittelbar an der unerwünschten Umweltbelastung angesetzt würde, wodurch insbesondere das abfallwirtschaftliche Ziel der Vermeidung von Umweltgefahren wesentlich zielsicherer als durch eine Verwertungspfadsteuerung umgesetzt werden könnte. Außerdem sind solche Rahmenvorgaben dadurch, dass sie verständlich, klar und einfach zu formulieren sind, relativ erfolgreich zu vollziehen.510 Das Konzept würde die Probleme bei der Abgrenzung der Abfallverwertung von der -beseitigung weitgehend erledigen. Abgesehen davon schaffen einheitliche hohe Qualitätsstandards auf EU-Ebene gleiche Wettbewerbsbedingungen, verhindern Ökodumping und dienen darüber hinaus mehr dem Umweltschutz als die in der Abfallrahmenrichtlinie angeordnete Pflichtenhierarchie. (2) Kein Problem bei der Abfallverbringung Einem weiten Verwertungsbegriff verbunden mit der Einführung europaweit geltender materieller Standards für die wichtigsten Verwertungsverfahren könnte nicht mehr entgegengehalten werden, dass mit ihm ein grenzüberschreitendes Ausweichen auf weniger umweltverträgliche Verwertungswege verbunden ist. Nach einer wegweisenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und der folgenden Novellierung der Abfallverbringungsverordnung stellt die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen kein ökologisches Problem eines weiten Verwertungsbegriffs mehr dar. Vor der Entscheidung war es hingegen möglich, von einem Mitgliedstaat in Ausfüllung der Abfallrahmenrichtlinie erlassene nationale Umweltstandards dadurch zu umgehen, dass die Abfälle ins benachbarte EU-Ausland, das geringere Anforderungen an die Abfallverwertung stellt, exportiert wurden. Ursächlich hierfür war die Geltung der Warenverkehrsfreiheit auch für Abfälle. Bei ihnen handelt es sich um Erzeugnisse, die einen Geldwert haben und die Gegenstand von Handelsgeschäften sein können. Sie sind daher Waren, auf die Art. 34 ff. AEUV Anwendung findet.511 Art. 34 AEUV verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. Eine Maßnahme gleicher Wirkung ist jede Handelsregelung eines Mitgliedstaats, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.512 Die Ablehnung der Annahme von Abfällen aus dem EUAusland verhindert gleichzeitig deren Einfuhr, behindert den innergemeinschaftlichen Warenverkehr mit Abfällen und stellt damit eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung dar. Dasselbe gilt für das Verbot mengenmäßiger Ausfuhrbeschränkungen nach Art. 35 AEUV. Die Vorschrift greift ein, wenn innerstaatliche Behörden die Verbringung von Abfällen in andere Mitgliedstaaten verhindern oder

509 Ebenso Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 95 ff.; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1078. 510 Zu diesen und weiteren Vorteilen von europaweit geltenden Verwertungsstandards vgl. SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 682. 511 EuGH, Urt. v. 09.07.1992, Rs. C-2/90, Slg. 1992, I-4431, Rn. 22 ff.; EuGH, Urt. v. 25.06.1998, Rs. C-203/96, Slg. 1998, I-4075, Rn. 33; zum Spannungsverhältnis der grenzüberschreitenden Abfallverbringung mit der Warenverkehrsfreiheit und den Rechtfertigungsgründen bei Abfällen zur Beseitigung bzw. Verwertung vgl. Frenz, UPR 2000, 210, 210 ff. 512 EuGH, Urt. v. 11.07.1974, Rs. 8/74, Slg. 1974, 837, Rn. 5.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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beschränken. Davon ist auch dann auszugehen, wenn die Ausfuhr nur genehmigt wird, sofern die Verwertung der Abfälle höherwertig ist als im eigenen Land.513 Vor dem Hintergrund der bestehenden Warenverkehrsfreiheit und dem Verbot von Einund Ausfuhrbeschränkungen kam es auf dem Abfallmarkt nicht selten zu einem Ökodumping. Weil höhere Umweltstandards die Entsorgung in aller Regel verteuern und in den einzelnen Mitgliedstaaten trotz der steten Ausweitung des europäischen Umweltrechts generell ein unterschiedliches ökologisches Schutzniveau sowie mehr oder weniger weitreichende Entsorgungsstandards bestehen, wurden Abfälle in der Vergangenheit zur Verwertung aus Kostengründen ins Ausland exportiert, um sie billigeren Entsorgungsverfahren zuzuführen.514 Hierdurch sind Abfälle in Entsorgungsstrukturen gelenkt worden, die keine ausreichenden Umweltanforderungen stellten und so teilweise zu erheblichen Umweltgefahren führten.515 Nachdem der Europäische Gerichtshof bereits in den zitierten Urteilen darauf hingewiesen hatte, dass der elementare Grundsatz des freien Warenverkehrs durch zwingende Maßnahmen des Umweltschutzes beschränkt werden kann,516 hat er in seiner Entscheidung vom 16.12.2004 die Gelegenheit genutzt, Klarheit im Verhältnis von Warenverkehrsfreiheit und Umweltschutz bei der Verbringung von Abfällen zu schaffen. Es wurde festgestellt, dass die zuständige Behörde am Versandort bei der Prüfung ihrer Einwände gegen die Verbringung alle für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bestehenden Risiken aus der Verwertung zu berücksichtigen hat. Dabei dürfen die im Versandstaat für die Abfallverwertung geltenden Standards zugrunde gelegt werden, auch wenn diese höher sind als die im Bestimmungsstaat geltenden.517 Das Urteil wird damit begründet, dass zwar die Abfallverbringung, nicht aber die Bedingungen, unter denen Abfälle verwertet werden, Gegenstand von Harmonisierungsmaßnahmen sind, da die Ausfüllung der Zielbestimmungen in Art. 4 AbfRRL 75/442/EWG im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt und daher unterschiedliche Verwertungsstandards geschaffen wurden. Es steht im Widerspruch zu dem Ziel der Europäischen Gemeinschaft gemäß Art. 2 EGV a.F., ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten, wenn sich die zuständige Behörde nicht auf Standards beziehen darf, die in ihrem Staat zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie erlassen wurden.518 Mit der anhand einzelstaatlicher Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Schutz von Umwelt und Gesundheit zu messenden Einwandsmöglichkeit nach Art. 7 Abs. 4 lit. a) AbfVerbrV 259/93/EWG hat der Europäische Gerichtshof den zuständigen Behörden ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des Ökodumpings durch den Export von Abfällen an die Hand gegeben. Dadurch hat er einen wesentlichen Beitrag zur Verschärfung 513

EuGH, Urt. v. 25.06.1998, Rs. C-203/96, Slg. 1998, I-4075, Rn. 41 f. Das durch unterschiedliche europäische Recyclingstandards verursachte Ökodumping wurde auch von der Europäischen Kommission als ein wesentliches Problem erkannt, vgl. Mitteilung der Kommission „Eine thematische Strategie für Abfallverwertung und -recycling“ vom 27.05.2003, KOM (2003) 201 endg, S. 22 f.; siehe auch SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 674 f. 515 Petersen, ZUR 2005, 561, 564 f. 516 EuGH, Urt. v. 09.07.1992, Rs. C-2/90, Slg. 1992, I-4431, Rn. 32; EuGH, Urt. v. 25.06.1998, Rs. C-203/96, Slg. 1998, I-4075, Rn. 44, 50. 517 EuGH, Urt. v. 16.12.2004, Rs. C-277/02, Slg. 2004, I-11957, Rn. 46; nicht gefolgt wurde allerdings der Ansicht des Generalanwalts, wonach die zuständige Behörde am Versandort nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sei, Einwand zu erheben, vgl. Generalanwalt Léger, Schlussantrag vom 23.09.2004, Rs. C-277/02, Slg. 2004, I-11957, Rn. 57. 518 EuGH, Urt. v. 16.12.2004, Rs. C-277/02, Slg. 2004, I-11957, Rn. 45 ff. 514

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E. Anforderungen des Abfallrechts

des Abfallrechts geleistet und zur weiteren Durchsetzung europaweit strengerer Umweltschutzmaßstäbe beigetragen.519 Mittlerweile haben die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs Eingang in die Abfallverbringungsverordnung gefunden. Art. 12 Abs. 1 lit. b) AbfVerbrV 1013/2006 sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die zuständigen Behörden bei der Notifizierung einer geplanten Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen Einwände erheben können, wenn „die geplante Verbringung oder Verwertung [. . . ] nicht im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften zum Schutz der Umwelt, zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zum Schutz der Gesundheit stehen, die in dem Einwände erhebenden Staat vorgenommene Handlungen betreffen“. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und der mittlerweile in Art. 12 Abs. 1 lit. b) AbfVerbrV 1013/2006 normierten Einwandsmöglichkeit geringerer Standards bestehen im Hinblick auf die Abfallverbringung ins Ausland keine Nachteile mehr, wenn eine Entsorgungsmaßnahme als Verwertung und nicht als Beseitigung eingeordnet wird. Auch in diesem Fall können die Behörden die deutschen Verwertungsstandards als Maßstab heranziehen und einem Export widersprechen, wenn die nationalen Anforderungen nicht erfüllt sind. Da hierdurch ein Ausweichen auf ungesicherte Verwertungswege verhindert werden kann, ist ein weiter Verwertungsbegriff diesbezüglich unproblematisch.520 (3) Sicherung der ordnungsgemäßen Hausmüllentsorgung Neben der Schaffung europaweiter Verwertungsstandards für die wichtigsten Abfallströme muss bei einem weiten Verwertungsbegriff darüber hinaus eine ordnungsgemäße Hausmüllentsorgung sichergestellt werden. Entsprechender Vorkehrungen bedarf es nicht erst bei dem hier propagierten weitgehend uneingeschränkten Verwertungsbegriff, sondern schon dann, wenn dieser dadurch begrenzt wird, dass die Abfälle als Hauptergebnis einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen. Von daher musste in die Novelle der Abfallrahmenrichtlinie eine Regelung aufgenommen werden, die verhindert, dass die nationalen Entsorgungsstrukturen leerzulaufen drohen. Der bisherige Art. 5 AbfRRL 75/442/EWG verpflichtete die Mitgliedstaaten, ein integriertes Netz von Beseitigungsanlagen zu errichten, das es gestattet, die Abfälle in einer nahe dem Anfallort gelegenen Anlage zu beseitigen. Die ursprünglich nur für die Abfallbeseitigung geltenden Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie sind zum Schutz der Hausmüllentsorgung in Art. 16 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG auf „gemischte Siedlungsabfälle, die von privaten Haushaltungen eingesammelt worden sind“, ausgedehnt worden. Nunmehr werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein integriertes und angemessenes Netz von Beseitigungsanlagen sowie von Anlagen zur Verwertung des gemischt angefallenen Hausmülls zu schaffen.521 519 Begemann/Lustermann, NVwZ 2005, 283, 285; kritisch hingegen angesichts der vom EuGH gemachten Einschränkungen hinsichtlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des hinreichenden wissenschaftlichen Belegs des Vorliegens einer Gefahr für die menschliche Gesundheit bzw. Umwelt Hagmann, UPR 2005, 133, 134 ff. 520 Ebenso Reese, NVwZ 2009, 1073, 1079. 521 Art. 16 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG ergänzt die bereits zuvor in Kraft getretene verbringungsrechtliche Regelung des Art. 3 Abs. 5 AbfVerbrV, wonach „die Verbringung von gemischten Siedlungsabfällen (Abfallschlüssel 20 03 01), die in privaten Haushaltungen eingesammelt worden sind,

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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Die Umsetzung der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Hausmüllentsorgung durch Ausdehnung der Prinzipien der Nähe und der Entsorgungsautarkie in Art. 16 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG vermag inhaltlich nicht zu überzeugen. Denn der eigentliche Grund der Erstreckung der genannten Prinzipien auf gemischte Haushaltsabfälle liegt nicht in der Notwendigkeit, sie in der Nähe des Anfallorts autark zu verwerten.522 Vielmehr soll das hinter diesen Prinzipien stehende Ziel der Bereitstellung einer ausreichenden Entsorgungsinfrastruktur und damit die Gewährleistung von Entsorgungssicherheit erreicht werden.523 Die angestrebte Entsorgungssicherheit ist nur über eine staatliche Bewirtschaftungskompetenz für Abfälle aus diesem Herkunftsbereich, zu erlangen. Das erfordert nicht zwingend eine Verpflichtung der mitgliedstaatlichen Stellen zur eigenen Entsorgung der Abfälle. Es reicht vielmehr die Eröffnung der Möglichkeit aus, die Haushaltsabfälle durch öffentliche Entsorgungssysteme zu bewirtschaften.524 Notwendig ist hier lediglich der Ausschluss einer marktregulierten Entsorgung von Hausmüll, da eine flächendeckende, hygienische, ökologische und wirtschaftlich sinnvolle Entsorgung von Abfällen aus diesem Herkunftsbereich nicht durch einen freien Wettbewerb am Markt zu verwirklichen ist.525 Von den privaten Entsorgungsunternehmen, die ihre Tätigkeit nur temporär durchführen und zu keiner dauerhaften Aufgabenwahrnehmung verpflichtet sind, kann die erforderliche Entsorgungsverantwortung nicht erwartet werden.526 Außerdem wäre durch eine Liberalisierung der Hausmüllentsorgung langfristig allenfalls mit geringfügigen Effizienzsteigerungen zu rechnen.527 Ihnen stünde jedoch ein nicht zu rechtfertigender staatlicher Überwachungs-, Regulierungs- und Gewährleistungsaufwand sowie die Gefahr gegenüber, dass sich der private Entsorgungsmarkt mehr an Gewinninteressen und weniger an

[. . . ] den gleichen Bestimmungen wie die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen“ unterliegt. Im Rahmen der Abfallverbringung galten aufgrund dieser Fiktion für den Hausmüllbereich die gleichen weitreichenden Einwandsgründe wie für Beseitigungsabfälle. 522 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 671; bereits die der Einführung dieser Grundsätze durch die Änderungsrichtlinie 91/156/EWG zugrundeliegende Mitteilung der Kommission zur Abfallwirtschaftsstrategie von 1989 ging davon aus, dass zwar die Abfallbeseitigung möglichst nahe am Ort des Anfalls des Abfalls erfolgen solle, dies für die Verwertung jedoch nicht gelten kann, communication from the comission to the council an the parliament, a community strategy for waste management, 18.09.1989, sec (89) 934, S. 23 ff. 523 Zu dem Ziel der Entsorgungssicherheit unter Geltung der alten AbfRRL, Koch/Reese, Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie, S. 59 ff. 524 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 671; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1079. 525 SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 954; Schink, NVwZ 1997, 435, 438; Wenzel, ZUR 2008, 411, 414 ff.; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1079; a. A. Beckmann, AbfallR 2008, 65, 68; Klett, AbfallR 2009, 279, 281 ff.; zur vergleichbaren Lage bei der Energieversorgung Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 380 f. 526 Zu diesem und weiteren Gründen, die gegen eine Liberalisierung der Hausmüllentsorgung sprechen, Wenzel, ZUR 2008, 411, 416; auf die Problematik der Einstellung der Entsorgungstätigkeit durch private Entsorger weist auch das BVerwG, Urt. v. 18.06.2009, Az. 7 C 16.08, ZUR 2009, 487, 489, hin. 527 Davon geht der Sachverständigenrat für Umweltfragen aus, vgl. SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 670; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 954; noch pessimistischer Wenzel, ZUR 2008, 411, 417, der in etwas anderem Zusammenhang zu verstehen gibt, dass er nicht erkennen kann, dass durch eine privatwirtschaftliche Hausmüllentsorgung die abfallrechtlichen Zielstellungen besser zu erreichen wären; Klett, AbfallR 2009, 279, 284.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

der Verwirklichung einer umweltverträglichen Verwertung und Beseitigung orientiert.528 Von daher wäre es wünschenswert gewesen, die Neufassung der Abfallrahmenrichtlinie zum Anlass zu nehmen, die Hausmüllentsorgung vollständig und unmissverständlich einer staatlichen Bewirtschaftungskompetenz zu unterwerfen, anstatt lediglich die bestehenden Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie auszuweiten. Den Mitgliedstaaten hätte ausdrücklich ermöglicht werden sollen, sämtliche, auch die sortenrein anfallenden Abfälle aus diesem Herkunftsbereich, durch eine öffentlich-rechtliche Organisation des Entsorgungssystems zu bewirtschaften.529 Eine solche klare und eindeutige Neuregelung hätte die Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung für viele Abfälle obsolet gemacht und wäre der in der Abfallrahmenrichtlinie gefundenen Lösung aus Gründen der Rechtssicherheit vorzuziehen gewesen. Das gilt selbst dann, wenn angenommen wird, dass die in § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG angeordnete nationale Überlassungspflicht für allen Hausmüll nicht gegen das sekundäre Gemeinschaftsrecht verstößt.530 Denn durch eine entsprechende Vorschrift auf europäischer Ebene und deren konsequente Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten ließen sich politische und rechtlichen Auseinandersetzungen um die Zuweisung getrennt gesammelter, sortenreiner Fraktionen wie der nationale „Kampf ums Altpapier“ zukünftig vermeiden. Bevor diese Streitfrage seitens des Bundesverwaltungsgerichts zugunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entschieden und festgestellt wurde, dass private Haushaltungen ihren Hausmüll einschließlich seiner verwertbaren Bestandteile mit Ausnahme des Anteils, den die Erzeuger oder Besitzer selbst zu verwerten in der Lage sind, gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG zu überlassen haben,531 waren fast alle mit dieser Frage befassten Obergerichte von der Zulässigkeit gewerblicher Altpapiersammlungen ausgegangen.532 528 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 670; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 954; mit ausführlicher Begründung SRU, Umweltgutachten 2002, BT-Drs. 14/8792, Tz. 1108 ff. 529 SRU, Umweltgutachten 2004, Tz. 671; ebenso Gaßner, AbfallR 2006, 13, 18 f.; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1079; Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 154, interpretiert die zum damaligen Zeitpunkt noch im Entwurf vorliegende Abfallrahmenrichtlinie so, dass auch getrennt bereitgestellte Haushaltsabfälle den Kommunen zugeordnet sind. 530 So VG Hamburg, Urt. v. 09.08.2012, Az. 4 K 1905/10, ZUR 2013, 43, 44 f.; VG Ansbach, Urt. v. 23.01.2013, Az. AN 11 K 12.01693, juris Rn. 63; SRU, Umweltgutachten 2008, Tz. 954; Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; a. A. Dieckmann, AbfallR 2009, 270, 275 ff.; offen gelassen Hamburgisches OVG, Beschl. v. 20.03.2013, Az. 5 Bs 208/12, juris Rn. 10. 531 BVerwG, Urt. v. 18.06.2009, Az. 7 C 16.08, ZUR 2009, 487, 487. Die Auseinandersetzung um die Entsorgungszuständigkeit dürfte mit dieser Entscheidung allerdings nur ein vorläufiges Ende gefunden haben, weil die Entsorgungsverbände BDE und bvse Beschwerde bei der Kommission eingelegt haben und der im Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht unterlegene Kieler Entsorgungsbetrieb Verfassungsbeschwerde erhoben hat, vgl. Klett, AbfallR 2009, 279, 279 (Fn. 4). 532 Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 24.01.2008, Az. 7 ME 192/07, NVwZ 2008, 1137–1140; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.02.2008, Az. 10 S 2422/07, NVwZ 2008, 919–922; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.04.2008, Az. 4 LB 7/06, NVwZ 2008, 922–925; OVG MecklenburgVorpommern, Beschl. v. 08.07.2008, Az. 3 M 63/08, NordÖR 2008, 395–396; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 22.10.2008, Az. 3 B 279/08, juris; Bayerischer VGH, Urt. v. 14.11.2008, Az. 20 BV 08.1624, juris; Thüringer OVG, Beschl. v. 01.12.2008, Az. 1 EO 566/08, juris; Sächsisches OVG, Beschl. v. 03.04.2009, Az. 4 B 229/08, juris; a. A. nur Hamburgisches OVG, Beschl. v. 08.07.2008, Az. 1 Bs 91/08, NVwZ 2008, 1133–1137; zur Unzulässigkeit gewerblicher Altpapiersammlungen unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes VG Hamburg, Urt. v. 09.08.2012, Az. 4 K 1905/10, ZUR 2013, 43, 47 ff.; VG Ansbach, Urt. v. 23.01.2013, Az. AN 11 K 12.01693, juris Rn. 64 ff.

III. Abgrenzung der Abfallverwertung von der Abfallbeseitigung

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Die Zuweisung sämtlicher Haushaltsabfälle zur öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgerschaft wäre primärrechtlich möglich gewesen, da der damit verbundene Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt ist. Danach gelten „für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert“. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Bewirtschaftung bestimmter Abfälle Gegenstand einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sein, vor allem, wenn die Dienstleistung ein Umweltproblem beseitigen soll.533 Das trifft insbesondere auf die Abholung und Behandlung aller Haushaltsabfälle zu. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe, die ein Staat von seinen Behörden wahrnehmen lassen kann oder auf die er einen entscheidenden Einfluss haben möchte.534 Die volle Anwendbarkeit der Vorschriften zur Warenverkehrsfreiheit würde die Erfüllung der ordnungsgemäßen staatlichen Hausmüllentsorgung rechtlich oder tatsächlich verhindern. Für eine Verhinderung bedarf es keiner Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem Interesse betrauten Unternehmens.535 Vielmehr genügt es, dass dem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben nicht zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen ermöglicht wird.536 Die Sicherstellung wirtschaftlich zumutbarer Bedingungen setzt die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen rentablen und weniger rentablen Tätigkeitsbereichen voraus und rechtfertigt daher eine Einschränkung des Wettbewerbs einzelner Unternehmer in wirtschaftlich rentablen Bereichen.537 Denn andernfalls würden sie in die Lage versetzt, sich auf die wirtschaftlich rentablen Bereiche zu konzentrieren, so dass sie dort günstigere Tarife anbieten könnten, weil sie nicht gezwungen sind, einen Ausgleich zwischen den in unrentablen Bereichen entstandenen Verlusten und den in rentablen Bereichen erzielten Gewinnen herzustellen.538 So liegt der Fall auch bei der Zulassung von Sammlungen einzelner Hausmüllbestandteile. Sie würden sich auf die lohnenden getrennt bereitgestellten Abfallstoffe beschränken und hierdurch den finanziellen Ausgleich des für die weniger lohnenden Gemische und alle sonstigen Haushaltsabfälle zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erschweren oder unmöglich machen. Für ihn wären weder die zu entsorgenden Mengen noch die vorzuhaltenden Kapazitäten kalkulierbar. Das für eine kontinuierliche und verlässliche Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Hand vorausgesetzte Mindestmaß an Planbarkeit wäre bei einem solch ungehinderten Zugriff privater Dritter nicht gewähr-

533

EuGH, Urt. v. 23.05.2000, Rs. C-209/98, Slg. 2000, I-3743, Rn. 75. EuGH, Urt. v. 10.11.1998, Rs. C-360/96, Slg. 1998, I-6821, Rn. 52. 535 EuGH, Urt. v. 17.05.2001, Rs. C-340/99, Slg. 2001, I-4109, Rn. 54; zur nationalen Rechtsprechung hinsichtlich einer drohenden Funktionsunfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Entsorgung vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006, Az. 7 C 9.05, BVerwGE 125, 337, 341 f. 536 EuGH, Urt. v. 17.05.2001, Rs. C-340/99, Slg. 2001, I-4109, Rn. 54; EuGH, Urt. v. 15.11.2007, Rs. C-162/06, Slg. 2007, I-9911, Rn. 34; dies wurde mittlerweile auf nationaler Ebene ebenfalls klargestellt, BVerwG, Urt. v. 18.06.2009, Az. 7 C 16.08, ZUR 2009, 487, 489. 537 EuGH, Urt. v. 19.05.1993, Rs. C-320/91, Slg. 1993, I-2533, Rn. 17; EuGH, Urt. v. 15.11.2007, Rs. C-162/06, Slg. 2007, I-9911, Rn. 36. 538 EuGH, Urt. v. 19.05.1993, Rs. C-320/91, Slg. 1993, I-2533, Rn. 18; EuGH, Urt. v. 25.10.2001, Rs. C-475, Slg. 2001, I-8089, Rn. 57. 534

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E. Anforderungen des Abfallrechts

leistet.539 Von daher wäre eine Pflicht zur Überlassung auch der sortenreinen Hausmüllfraktionen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger primärrechtlich durch Art. 106 Abs. 2 Satz 1 AEUV gerechtfertigt gewesen.540 f) Ergebnis Anstatt die Substitutionsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nahezu wörtlich in die Verwertungsdefinition zu übernehmen, hätte ein weiter Verwertungsbegriff in die Abfallrahmenrichtlinie aufgenommen werden sollen, der nicht auf das Hauptergebnis abstellt, sondern die Grenze dieser Entsorgungsoption erst dort zieht, wo eine Verwertung aus ökonomischen oder ökologischen Gründen nicht mehr zu rechtfertigen ist. Daneben wäre die Schaffung von europaweit geltenden materiellen Standards für die wichtigsten Entsorgungsverfahren, darunter insbesondere für diejenigen, für die in Art. 11 Abs. 2 AbfRRL 2008/98/EG bestimmte Verwertungsquoten festgesetzt wurden, besser als die Beibehaltung der – mittlerweile auf fünf Stufen ausgebauten – schon bisher praktisch kaum wirksam gewordenen Abfallhierarchie gewesen. Die gleichzeitig erforderliche Sicherstellung der ordnungsgemäßen Hausmüllentsorgung hätte nicht über eine Ausdehnung des bestehenden Autarkie- und Näheprinzips auf gemischt anfallende Siedlungsabfälle, sondern über eine Bewirtschaftungskompetenz der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für sämtliche Haushaltsabfälle erfolgen sollen.

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung Sofern feststeht, dass es sich bei einem Einsatz mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden um einen Vorgang der Abfallverwertung handelt, ist weiter danach zu fragen, welche Voraussetzungen an dessen Zulässigkeit zu stellen sind. Die Verwertung von Abfällen ist zulässig, wenn die in § 7 KrWG enthaltenen „Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft“ beachtet werden. Dazu gehört insbesondere § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG, wonach die Verwertung von Abfällen „ordnungsgemäß und schadlos“ zu erfolgen hat. Die beiden Kriterien der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit wurden aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG a.F. übernommen und sind in § 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 KrWG näher umschrieben. Danach ist von der Ordnungsgemäßheit der Verwertung auszugehen, wenn sie „im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht“, § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG. Die Verwertung erfolgt darüber hinaus schadlos, „wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der All539

EuGH, Urt. v. 23.05.2000, Rs. C-209/98, Slg. 2000, I-3743, Rn. 78 ff. Ebenso BVerwG, Urt. v. 18.06.2009, Az. 7 C 16.08, ZUR 2009, 487, 489; Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070 f.; Reese, NVwZ 2009, 1073, 1079; früher schon Beckmann, NuR 2002, 72, 77; a. A. Kleinwege, AbfallR 2007, 55, 60, der eine Rechtfertigung nicht einmal für die Ausdehnung der Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie erkennen möchte; sowie Dieckmann, ZUR 2008, 505, 511, der eine primärrechtliche Rechtfertigung sortenrein erfasster Abfälle nicht anerkennt; von der Vereinbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG mit Art. 106 Abs. 2 AEUV gehen aus VG Hamburg, Urt. v. 09.08.2012, Az. 4 K 1905/10, ZUR 2013, 43, 45 ff.; VG Ansbach, Urt. v. 23.01.2013, Az. AN 11 K 12.01693, juris Rn. 63; offen gelassen Hamburgisches OVG, Beschl. v. 20.03.2013, Az. 5 Bs 208/12, juris Rn. 10. 540

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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gemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt“, § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Genügt eine Verwertung den Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit nicht, so ist sie unzulässig. Sofern keine andere Verwertungsart möglich erscheint, kann die Entsorgung nur im Wege einer gemeinwohlverträglichen Beseitigung erfolgen.541 1. Ordnungsgemäße Verwertung Unter dem Begriff der Ordnungsgemäßheit versteht das Gesetz in § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG eine Verwertung im Einklang mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Der Begriff der Ordnungsgemäßheit ist – so wurde es schon im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG a. F. vertreten542 – mit dem der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit gleichzusetzen.543 Der Verweis auf die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erscheint dabei entbehrlich, weil sie für Vorgänge der Abfallverwertung unabhängig davon Anwendung finden, ob das Gesetz diesbezüglich eine Ordnungsgemäßheit fordert. Er dient aber der Klarstellung und zeigt, dass eine Verwertung gleichrangig den Anforderungen des Abfallrechts und denen anderer Gesetze zu entsprechen hat.544 Nicht überzeugend ist allerdings die Behauptung, zur Ordnungsgemäßheit der Verwertung gehöre „auch die Einhaltung des in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG normierten Grundsatzes, dass bei der stofflichen Verwertung nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotenzials“ liege.545 Denn in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG beziehungsweise heute § 3 Abs. 23 KrWG sind die Anforderungen geregelt, die an eine Verwertung zu stellen sind. Erst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, steht fest, dass eine Verwertungsmaßnahme vorliegt. Das ist zwingend vor der Prüfung der Zulässigkeit der Verwertung nach § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG beziehungsweise § 7 Abs. 3 KrWG zu ermitteln, setzt diese Norm doch das Vorliegen einer Verwertung voraus. Auch der Verweis auf die „anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die jedoch deutlich macht, dass die zur Erfüllung des umweltpolitischen Ziels der Kreislaufwirtschaft vorzunehmende Verwertung nicht auf Kosten anderer Umweltmedien durchgeführt werden darf.546 Laut der amtlichen Gesetzesbegründung soll mit der ordnungsgemäßen Verwertung gewährleistet werden, dass der Einsatz 541 Niedersächsisches OVG, Urt. v. 21.04.2005, Az. 7 LC 41/03, ZUR 2005, 537, 540; VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 52; Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/ AbfG, § 5 Rn. 25; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 66. 542 Vgl. hierzu Rebentisch, UPR 1989, 209, 212; Rehbinder, DVBl 1989, 496, 500; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 412. 543 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 26; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 7 Rn. 75 ff.; Frenz, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 61; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 68. 544 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 26; Frenz, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 58. 545 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 672; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.11.2004, Az. 2 L 393/01, juris Rn. 27; ebenso Bertram, AbfallR 2009, 297, 298. 546 Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 156.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

von Abfällen zur Verwertung im Wirtschaftskreislauf dem Einsatz von Primärrohstoffen oder -erzeugnissen gleichgestellt wird.547 Abfall muss demnach so verwertet werden, dass die Verwertung den Anforderungen des sonstigen stoff-, anlagen- und medienbezogenen Umweltrechts genügt. Durch den Verweis werden keine selbständigen neuen Pflichten geschaffen, sondern nur diejenigen aus anderen Rechtsgebieten integriert, so dass sich keine zusätzlichen Anforderungen gegenüber den sonstigen materiellen Umwelt- und Produktstandards ergeben.548 2. Schadlose Verwertung Neben das Merkmal der Ordnungsgemäßheit der Verwertung stellt der Gesetzgeber die Schadlosigkeit und bringt damit zum Ausdruck, dass es sich um eine weitere zu beachtende Anforderung handelt.549 Eine andere Auffassung erscheint an dieser Stelle nicht vertretbar. Sie hätte die Konsequenz, dass eine ordnungsgemäße Verwertung zugleich immer auch schadlos ist und umgekehrt. Das kann ersichtlich nicht gewollt sein, da andernfalls die Nennung einer der beiden Anforderungen schlicht überflüssig wäre.550 Allerdings ist die Bedeutung der Schadlosigkeit von der Regelungsdichte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für eine bestimmte Verwertungsart abhängig: Je umfassender die Anforderungen an eine Verwertungsmaßnahme Eingang in Rechts- und Verwaltungsvorschriften gefunden haben, desto weiter reicht das Kriterium der Ordnungsgemäßheit, was im Gegenzug bedeutet, dass der Anwendungsbereich der Schadlosigkeit abnimmt. Insbesondere wenn über Gesetze und Verordnungen Umweltschutz betrieben wird, kommt der Forderung der Schadlosigkeit nur eine Reservefunktion zu, da die über dieses Merkmal zu schützenden Belange umso mehr Konkretisierung erfahren haben, je ausführlicher die in den Gesetzen und Verordnungen enthaltenen Vorschriften die Nutzungsanforderungen regeln.551 So geht das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise bei der Verwertung von Klärschlammkompost auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden von der Deckungsgleichheit der beiden Begriffe aus.552 Eine Verwertung bezeichnet § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG dann als schadlos, wenn „nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind“. Diese Anforderungen sind erfüllt, wenn die Verwertung ungeachtet ihrer Vereinbarkeit mit Rechts- und Verwaltungsvorschriften auch im Hinblick auf das Gemeinwohl unbedenklich ist, wobei sich die Unbedenklichkeit sowohl auf die Verwertungsart wie auch auf das 547

BT-Drs. 12/5672, S. 42. Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 68. 549 Frenz, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 51; so zuvor schon für die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG Rehbinder, DVBl 1989, 496, 500; Rebentisch, UPR 1989, 209, 212; Hansmann, NVwZ 1990, 409, 412; a. A. Fluck, NuR 1995, 233, 239; Lange, GewArch 1996, 217, 221, letzterer geht davon aus, dass es sich eher um eine „Verdeutlichung der Formulierung“ handelt. 550 Auch in der Rechtsprechung werden die Merkmale der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit nebeneinander geprüft, so dass man durchaus zum Ergebnis kommen kann, eine Verwertung sei zwar nicht ordnungsgemäß, aber schadlos, vgl. z. B. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 21.04.2005, Az. 7 LC 41/03, ZUR 2005, 537, 538. 551 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 28; Frenz, in: Fluck et al., KrWG, § 7 Rn. 70 f.; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 72. 552 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255. 548

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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Verwertungsprodukt beziehen muss.553 Wann genau eine „Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit“ nicht zu erwarten ist, wird in der Vorschrift indes nicht näher definiert. Eine Konkretisierung des Begriffs „Wohl der Allgemeinheit“, ohne die dieser Begriff inhaltsleer wäre, weil er dem Gesetzesanwender letztlich beliebig große Spielräume eröffnet,554 findet sich aber in der die „Grundpflichten der Abfallbeseitigung“ normierenden Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG. Danach liegt eine Beeinträchtigung „insbesondere dann vor, wenn die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird, Tiere oder Pflanzen gefährdet werden, Gewässer oder Boden schädlich beeinflusst werden, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden, die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird“. Obwohl der Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG mit der Formulierung „Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind“ von der Vorgabe des § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG, wonach „das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt“ werden soll, abweicht, kann auch im Rahmen der Feststellung der Schadlosigkeit einer Verwertung auf den Beispielkatalog des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG zurückgegriffen werden. Zum Teil werden die Kriterien des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG direkt angewendet – zum Teil ohne Begründung,555 teilweise mit dem Hinweis, der Gesetzgeber habe für die Abfallverwertung und -beseitigung einheitliche Umweltstandards festlegen wollen.556 Da § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG aber nicht auf § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG verweist und letztgenannte Vorschrift im gesetzessystematischen Zusammenhang mit der Beseitigung von Abfällen steht, erscheint eine direkte Anwendung problematisch. Allerdings kann § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG analog angewandt werden.557 Für eine entsprechende Heranziehung des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG spricht, dass die Verwertung ebenso wie die Beseitigung in umweltverträglicher Weise erfolgen muss, so dass für beide Entsorgungsarten dieselben Umweltschutzstandards gelten.558 Diese Auffassung wird durch einen Blick auf die Verordnungsermächtigung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 KrWG bestätigt. Sie ermächtigt die Bundesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Sicherung einer schadlosen Verwertung für bestimmte Abfälle und verweist für eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit auf die Schutzgüter des § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG. Dadurch wird gezeigt, dass diese Vorschrift grundsätzlich auch auf Verwertungsmaßnahmen angewendet werden kann.559 Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber trotz der gleichen Wortwahl eine entsprechende Anwendung ausschließen wollte, sind nicht ersichtlich.560 553 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 28; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 78; Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 157. 554 Zur Kritik am Gemeinwohlbegriff Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 252 ff.; ebenso, einschließlich einer alternativen Interpretation, Ekardt, Information, S. 71 ff. 555 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, Kap. 12 Rn. 155; Scheier, ZfW 2004, 1, 3; wohl auch Cosson, in: Giesberts/Reinhardt, Umweltrecht, § 5 Rn. 14; Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 11. 556 Versmann, ZUR 1995, 183, 188; Freytag, NuR 1996, 344, 340; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1119. 557 Ebenso von Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung a. F., § 5 Rn. 23; Fouquet, ZUR 1996, 186, 192. 558 Freytag, NuR 1996, 334, 340. 559 Frenz, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 82. 560 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 673.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der Regelungszusammenhang, in den das Wohl der Allgemeinheit bei der schadlosen Verwertung gestellt ist, dafür spreche, dass für eine Beeinträchtigung nur die genannten Umweltschutzinteressen, nicht aber sonstige Gemeinwohlbelange maßgeblich sind.561 Für eine nur beschränkte Übertragbarkeit ist indes kein Grund ersichtlich. Auch der oben bereits erwähnte § 10 Abs. 1 Nr. 4 KrWG verweist für eine schadlose Verwertung ohne weitere Einschränkung auf § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG, womit sich die dort aufgezählten Schutzgüter für eine allgemeine Umschreibung des Wohls der Allgemeinheit im Kreislaufwirtschaftsgesetz eignen.562 Der Gegenansicht ist jedoch zuzugestehen, dass praktisch nur die Inbezugnahme der umweltbezogenen Anforderungen wichtig ist, weil die anderen Belange bei der Abfallverwertung schon über das Tatbestandsmerkmal der Ordnungsgemäßheit, auf das die Abfallbeseitigung nicht ausdrücklich Bezug nimmt, abgeprüft werden. Der Unterschied besteht lediglich in den Anforderungen an die Prognose für die Beurteilung der Beeinträchtigung. Während nach § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG „Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten“ sein dürfen, stellt § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG bei der Beseitigung darauf ab, „dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird“. Der Grund für diese Unterscheidung liegt darin, dass zu beseitigende Abfälle nach § 15 Abs. 1 KrWG dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft ausgeschlossen werden, wohingegen es gerade Zweck der Abfallverwertung ist, die Abfälle möglichst lange im Wertstoffkreislauf zu halten. Eine Gefahrenprognose hinsichtlich dieser Stoffe ist, da sie länger in die Zukunft reicht, ungleich schwieriger. Allein diesem Umstand sollte mit der unterschiedlichen Formulierung der Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit Rechnung getragen werden, der sachliche Gehalt des Begriffs bleibt jedoch identisch.563 3. Voraussetzungen bei der Verwertung mineralischer Abfälle Mit den Merkmalen der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit ist im Grundsatz zwar vorgegeben, wie eine zulässige Verwertung auszusehen hat. Gleichwohl hatte und hat die Praxis bei der Ausfüllung der Begriffe „ordnungsgemäß“ und „schadlos“ – nicht nur bei der Verwertung mineralischer Abfälle – erhebliche Schwierigkeiten. Der Grund lag zunächst hauptsächlich im Fehlen von untergesetzlichen Standards im Bereich der Abfallverwertung. Anders als bei der Abfallbeseitigung, für die beispielsweise mit der TA Abfall564 und der TA Siedlungsabfall565 seit vielen Jahren Konkretisierungshilfen vorgegeben waren, existierten für viele Verwertungsverfahren keine über die gesetzlichen Vorschriften 561 Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, § 5 Rn. 28; so im Ergebnis auch Koch/Reese, Abfallverwertung, S. 87, 93; Klöck, ZUR 1997, 117, 119; eine Entscheidung offen lassend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 673, das sich lediglich dahingehend äußert, dass es „jedenfalls um die Umweltverträglichkeit der Verwertung“ geht. 562 Frenz, Abfallverwertung, S. 82. 563 Frenz, Abfallverwertung, S. 83. 564 Zweite Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz – Teil 1: Technische Anleitung zur Lagerung, chemisch/physikalischen und biologischen Behandlung, Verbrennung und Ablagerung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen vom 21.03.1991, GMBl. 1991, S. 469, außer Kraft getreten am 16.07.2009. 565 Dritte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz – Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von Siedlungsabfällen vom 14.05.1993, BAnz. Nr. 99a, S. 4967, außer Kraft getreten am 16.07.2009.

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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hinausgehenden Anforderungen.566 Lange gab es auch für die Verwertung mineralischer Abfälle nur rudimentäre spezielle untergesetzliche Vorgaben zur Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit. a) Ordnungsgemäßheit Die Verwertung mineralischer Abfälle im Boden erfolgt nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG dann ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den allgemeinen umweltrechtlichen Gesetzen, insbesondere denen des Bodenschutz- und Gewässerschutzrechts steht.567 Welche konkreten Anforderungen die genannten Rechtsbereiche an eine zulässige Verwertung mineralischer Abfälle stellen, wird in den folgenden Kapiteln ausführlich dargelegt.568 b) Schadlosigkeit Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Schadlosigkeit ist in der Verwaltungspraxis lange Zeit auf die LAGA M 20569 zurückgegriffen worden. Das Regelwerk sieht Anforderungen an die Schadlosigkeit der Verwertung von mineralischen Abfällen vor, die gebunden oder ungebunden in technischen Bauwerken eingebaut, zur Herstellung von Bauprodukten verwendet oder unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht in bodenähnlichen Anwendung eingesetzt werden sollten.570 Es untergliedert sich in drei Teile: Der Teil I beschreibt die übergreifenden Grundsätze und die allgemein gültigen Rahmenbedingungen für die schadlose Verwertung, die unabhängig vom jeweiligen Abfall zu beachten sind. Der Teil II enthält konkrete Festlegungen für die Untersuchung und Bewertung der jeweiligen Abfälle sowie ergänzende Vorgaben für den Einbau, insbesondere Zuordnungswerte und Einbaubedingungen. Im Teil III werden die allgemein gültigen und anerkannten Verfahren für die Probenahme, die Probenaufbereitung und die Analytik sowie spezifische Vorgaben für die in den jeweiligen Technischen Regeln behandelten Abfallarten festgelegt.571 Das Regelwerk wurde von den mit den offenen Tatbestandsformulierungen überforderten Vollzugsbehörden bereitwillig aufgegriffen und vielfach „gesetzesgleich“ angewendet. Diese Vorgehensweise wirft die Frage nach der Rechtsnatur der LAGA M 20 und der damit zusammenhängenden Bindungswirkung für die Exekutive und die Judikative auf.

566 Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1119 f.; grundsätzlich zu den Umsetzungsdefiziten im ordnungsrechtlichen Steuerungsprogramm des KrW-/AbfG Koch/Reese, Abfallverwertung, S. 87, 91 f. 567 Zur Anwendbarkeit des Boden- und Wasserrechts auf die Abfallverwertung vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255; Petersen, NVwZ 1998, 1113, 1119; Scheier, ZfW 2004, 1, 4, 8; Bertram, AbfallR 2007, 37, 37; ungenau Grothmann, NZBau 2010, 343, 344, der davon spricht, die Verwertung sei „schadlos“, wenn die bodenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten sind. 568 Siehe dazu F. 569 Mitteilung der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 20 „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen – Technische Regeln“, Stand: 06.11.2003. 570 LAGA M 20, S. 6. 571 LAGA M 20, S. 5.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

aa) Rechtsnatur und Bindungswirkung der LAGA M 20 Obwohl den Länderarbeitsgemeinschaften generell und der LAGA im Besonderen eine große praktische Bedeutung im Umwelt- bzw. Abfallrecht zukommt, ist die rechtswissenschaftliche Befassung mit der Rechtsnatur ihrer Arbeitsergebnisse eher spärlich. Nur ganz vereinzelt gibt es rechtliche Bewertungen. So wurde beispielsweise der sogenannten „LAGA-Abfallliste“, der in einem Dokument zusammengefassten „Maßstäbe und Kriterien für die energetische Verwertung von Abfällen in Zementwerken“ und der „Abfallliste zur energetischen Verwertung in Zementwerken“, die rechtliche Qualität einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift beigemessen.572 Eine Diskussion zur Rechtsnatur der LAGA M 20 fand bis zum zweiten Tongrubenurteil des Bundesverwaltungsgerichts kaum statt. Lediglich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof äußerte sich dahingehend, dass die Anforderungen als „generelle und dem gleichmäßigen Gesetzesvollzug dienende Standards“573 herangezogen werden könnten. Diese Formulierung diente der Praxis als Beleg für die Bedeutung der Mitteilung und führte beispielsweise zu der Äußerung, dass „das LAGA-Merkblatt Nr. 20 [. . . ] auch in der Rechtsprechung anerkannt“ sei.574 Nach dieser Entscheidung ging die Rechtsprechung – ohne eine rechtliche Qualifikation vorzunehmen – davon aus, dass die in dem Merkblatt enthaltenen Regeln den aktuellen Stand der Technik zusammenfassend darstellen.575 Im Jahr 2005 meldete sich das Bundesverwaltungsgericht zu Wort und führte aus, die Vorgaben der LAGA M 20 seien – ebenso wie die vom Länderausschuss Bergbau erarbeiteten „Anforderungen an die Verwertung von bergbaufremden Abfällen im Bergbau über Tage“576 – „als Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums keine normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften“ und könnten „damit weder für die Behörde noch für das Gericht verbindliche Geltung beanspruchen“.577 Der Aussagegehalt des Urteils ist, auch wenn es eine Begründung sowie jede dogmatische Auseinandersetzung mit den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vermissen lässt, eindeutig: Die LAGA M 20 hat keine Bindungswirkung – weder für Behörden noch für Gerichte.578 Damit wurde der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in der Berufungsinstanz,579 die sich vollständig an der LAGA M 20 orientiert hatte, eine klare Absage erteilt und der im Vollzug vielfach praktizierten gesetzesgleichen Anwendung des Merkblattes jede Grundlage entzogen. Nach der 572

Giesberts/Hilf , UPR 1999, 168, 168 f. Bayerischer VGH, Urt. v. 10.03.1998, Az. 20 B 97.406, juris Rn. 22; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17.06.1999, Az. 20 CS 99.1215/20, NVwZ 1999, 1248, 1249. 574 Versteyl/Dageförde, NuR 2002, 189, 190. 575 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 37; VG Dessau, Urt. v. 11.09.2003, Az. 2 A 349/01, NuR 2004, 474, 476. 576 Länderausschuss Bergbau „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von Abfällen im Bergbau über Tage – Technische Regeln für den Einsatz von bergbaufremden Abfällen im Bergbau über Tage“, Stand: 27.10.1998; zur Qualifikation dieses Regelwerks vgl. Fouquet, Umweltrechtliche Anforderungen, S. 89 ff. 577 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256. 578 So schon vor der Entscheidung des BVerwG Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 220; Knäpple, KA 2001, 1135, 1136; Scheier, ZfW 2004, 1, 6; Zweifel an der Bindungswirkung äußert auch Fröhlich, UPR 1999, 255, 259. 579 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 37 f. 573

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war davon auszugehen, dass jedenfalls eine ungeprüfte Anwendung der LAGA M 20 gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt, da die Vorgaben nur noch als Empfehlungen zur Beurteilung einschlägiger Sachverhalte herangezogen werden können, keinesfalls aber die unbedingt notwendige Einzelfallbetrachtung ersetzen.580 Auch wenn der Behauptung, bei der LAGA M 20 handle es sich nicht um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, keine Begründung beigefügt war, verdient diese Aussage schon deshalb Zustimmung, weil die Länder die Arbeitsergebnisse der LAGA nicht umgesetzt haben.581 Letzter Stand war, dass der Teil I veröffentlicht wurde, die Teile II und III hingegen unveröffentlicht geblieben sind. Eine Anordnung der Länderministerien zur Anwendung einer dieser Teile erfolgte nicht. Um die gewünschten Rechtswirkungen zu entfalten, müssen Verwaltungsvorschriften von hierzu ermächtigten Exekutivorganen erlassen werden. Kein solches Exekutivorgan sind die Länderarbeitsgemeinschaften. Sie haben keine originäre Rechtsetzungsbefugnis.582 Ihre Arbeit kann ausweislich Ziffer 11.1 GO UMK583 immer nur der Vorbereitung eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs dienen, sie sind hingegen nicht befugt, einen solchen selbst herbeizuführen. Die von der LAGA-Vollversammlung beschlossenen Technischen Anforderungen und Musterverwaltungsvorschriften gelten als allgemein anerkannte Richtlinien, deren Einführung den Bundesländern empfohlen wird. Sie entfalten aber keine unmittelbare Rechtswirkung, so dass es den Ländern unbenommen bleibt, eigene oder von den Empfehlungen der LAGA abweichende Regelungen zu treffen. Damit ihre Arbeitsergebnisse Bindungswirkung entfalten können, bedarf es somit eines Umsetzungsakts durch die Länder. Machen die Länder von ihrer der Exekutivgewalt inhärenten584 und auf der „Befugnis zur Leitung eines Geschäftsbereichs“ ruhenden Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften585 keinen Gebrauch und nehmen die Empfehlungen der LAGA zum Inhalt einer Dienstanweisung gegenüber den ihnen nachgeordneten Behörden, beschränkt sich deren Wirkung auf die Empfehlung eines sachkundigen Gremiums. bb) Einführung als Verwaltungsvorschrift Nachdem in der zweiten Tongrubenentscheidung mit aller Deutlichkeit festgestellt worden war, dass die nicht in den Vollzug übernommene LAGA M 20 keine Bindungswirkung für Behörden und Gerichte entfaltet, konnte an der bisherigen Verwaltungspraxis, die sich teilweise gesetzesgleich an die LAGA M 20 anlehnte,586 nicht mehr festgehalten werden. Folge davon war eine große Rechtsunsicherheit sowohl bei der betroffenen Entsorgungswirtschaft als auch bei den zur Entscheidung berufenen Behörden hinsichtlich 580 Kaminski/Collisy, Müll und Abfall 2005, 580, 581; zweifelhaft daher VG Würzburg, Urt. v. 16.01.2007, Az. W 4 K 06.547, juris Rn. 31. 581 Vgl. hierzu schon Schroth, NStZ 1996, 546, 548; Fröhlich, UPR 1999, 255, 259; Keese, altlasten spektrum 1999, 184, 186 f.; Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 220. 582 Kaminski/Collisy, Müll und Abfall 2005, 580, 582. 583 Geschäftsordnung der Umweltministerkonferenz (GO UMK) vom 25.01.2008. 584 Hill/Martini in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts II, § 34 Rn. 37. 585 BVerwG, Beschl. v. 09.10.1957, Az. 7 B 52.57, DVBl 1958, 173, 174. 586 Siehe zur „gesetzesersetzenden Stellung“ schon vor der Entscheidung des BVerwG Knäpple, KA 2001, 1135, 1136.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

der Frage, wie eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung mineralischer Abfälle auszusehen hat.587 Die bestehende Rechtsunsicherheit barg die Gefahr, dass sich in der Vollzugspraxis der Länder ganz unterschiedliche Vorgehensweisen entwickeln und infolgedessen eine Verwertung von mineralischen Abfällen nur noch dort durchgeführt werden würde, wo die niedrigsten Umweltstandards gelten.588 Dieser Gefahr konnte auf mehreren Wegen begegnet werden. Einer davon war die Umsetzung der überarbeiteten und an das Bodenschutzrecht angepassten LAGA M 20 im Verwaltungsvollzug aller Bundesländer. In der Literatur ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass durch die Aussagen im zweiten Tongrubenurteil keine behördliche Instanz daran gehindert sei, die überarbeitete LAGA M 20 als Verwaltungsvorschrift einzuführen.589 Und tatsächlich übernahmen die meisten Bundesländer, darunter Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, die überarbeitete LAGA M 20 – teilweise in etwas modifizierter Form – zunächst in den Vollzug.590 Daher stellt sich die Frage, ob diese Vorgehensweise zu mehr Rechtssicherheit bei den Betroffenen führt, weil eine Einführung in den Ländern zur Folge hat, dass die Regelungen der LAGA – wenigstens mittelbar – Außenverbindlichkeit erlangen. (1) Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften Wird die LAGA M 20 von den Ländern als abstrakt-generelle Dienstanweisung an die nachgeordneten Behörden eingeführt, bindet sie jedenfalls diese bei der Beurteilung der Schadlosigkeit der Verwertung. Sie haben die Verwaltungsvorschrift zu beachten und anzuwenden und sind zu keiner abweichenden Auslegung der gesetzlichen Vorschrift befugt.591 Da die mit der Sache befassten Behörden an die Verwaltungsvorschrift gebunden sind, erlangt das Administrativrecht durch eine faktische Außenwirkung auch Bedeutung für den betroffenen Bürger.592 Für ihn ist aber vor allem entscheidend, inwieweit die mit einem Streitfall befassten Gerichte an die Verwaltungsvorschrift gebunden sind. Zur Beantwortung dieser Frage hilft der Hinweis, dass es sich bei Verwaltungsvorschriften nach ständiger Rechtsprechung nicht um Gesetze im Sinne der Art. 20 Abs. 3, 97

587 Zum unterschiedlichen Meinungsstand vgl. Schmitz, TerraTech 11–12/2005, 7, 7 ff.; Schäfer, TerraTech 1–2/2006, 8, 8 f.; Attendorn, TerraTech 10/2006, 7, 8; Séché, ZfW 2006, 1, 3. 588 Vgl. zur Problematik erforderlich werdender aufwändiger Einzelfallprüfungen Grothmann, NZBau 2010, 343, 345; eine kritische Anmerkung zum uneinheitlichen Verwaltungsvollzug in den einzelnen Bundesländern und Kommunen im Zusammenhang mit der LAGA M 20 schon vor der zweiten Tongrubenentscheidung findet sich bei Keese, altlasten spektrum 1999, 184, 186 f. 589 Schmitz, TerraTech 11–12/2005, 7, 9; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 170; Bertram, AbfallR 2007, 37, 39. 590 Ein Überblick, auf welcher Rechtsgrundlage die einzelnen Bundesländer die Verwertung mineralischer Abfälle nach der zweiten Tongrubenentscheidung beurteilten und welche Rolle die überarbeitete LAGA M 20 dabei spielt, bietet die „Länderumfrage nach Rechtsgrundlage und Vollzug“, TerraTech 11–12/2005, 9, 9 ff.; auf der Homepage der LAGA findet sich unter http://www.laga-online. de/servlet/is/23876/ (28.02.2014) ein Link zu der von den einzelnen Bundesländern gewählten Vorgehensweise. 591 Maurer, Allg. VerwR, § 24 Rn. 16 ff. 592 Möstl, in in: Erichsen/Ehlers, Allg. VerwR, § 20 Rn. 19.

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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Abs. 1 GG593 handelt, an die Gerichte bei der Kontrolle des Verwaltungshandelns gebunden sind,594 nicht weiter. Denn damit ist nicht zugleich gesagt, dass Verwaltungsvorschriften kein verbindliches Recht erzeugen können.595 Vielmehr ist eine letztentscheidende Außenverbindlichkeit – mit unterschiedlichen Begründungsansätzen – beispielsweise auch bei ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften anerkannt. Das sind solche, die bestimmen, in welcher Weise von dem der Verwaltung eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht werden soll.596 Problematischer ist die Außenverbindlichkeit von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, also Interpretationshilfen, welche die Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen, insbesondere bei Vorliegen von unbestimmten Rechtsbegriffen, bestimmen und eine einheitliche Anwendung der Gesetze gewährleisten sollen.597 Sofern sich eine Verwaltungsvorschrift auf die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs bezieht, welcher der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, besteht Außenverbindlichkeit nur insoweit, als die Verwaltungsvorschrift das Gesetz zutreffend auslegt. Das setzt voraus, dass die Auslegung vor dem Richter Bestand haben kann, weil dieser sie als richtig anerkennt und sich zu eigen macht. Wegen der gerichtlichen Kontrollbefugnis ist eine letztentscheidende Verbindlichkeit von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften nicht gegeben.598 Die norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften vermögen daher als Binnenrechtssätze außen stehende Dritte oder Gerichte nicht zu binden. (2) Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften Eine weiterreichende Bindungswirkung wurde Verwaltungsvorschriften im Umweltund Technikrecht mit überwiegend technischem Inhalt zuerkannt. In der Voerde-Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht zwar noch ausgeführt, dass die TA Luft599 nur die Verwaltung, nicht aber die Gerichte binde, da die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der schädlichen Umwelteinwirkung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliege.600 Gleichwohl gingen die Richter damals davon aus, dass den Grenzwerten der TA Luft wegen ihres naturwissenschaftlich fundierten fachlichen Aussagegehalts als „antizipiertes“ Sachverständigengutachten für das kontrollierende Gericht Bedeutung zukomme.601 In der Entscheidung zum Kernkraftwerk Wyhl hat das Bundesverwaltungsgericht die Anwendung der Denkfigur des „antizipierten“ Sachverständigengutachtens abgelehnt, 593 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949, BGBl. I 1949, S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11.07.2012, BGBl. I 2012, S. 1478. 594 BVerfG, Beschl. v. 31.05.1988, Az. 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227. 595 Das wurde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beispielsweise für die Regelung der Behördenzuständigkeit und des Verwaltungsverfahrens anerkannt, BVerfG, Beschl. v. 28.10.1975, Az. 2 BvR 883/73, 2 BvR 379/74, 2 BvR 497/74, 2 BvR 526/74, BVerfGE 40, 237, 245 ff. 596 Maurer, Allg. VerwR, § 24 Rn. 10, 31. 597 Maurer, Allg. VerwR, § 24 Rn. 9. 598 Möstl, in in: Erichsen/Ehlers, Allg. VerwR, § 20 Rn. 20. 599 Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) vom 24.07.2002, GMBl. 2002, S. 511. 600 BVerwG, Urt. v. 17.02.1978, Az. 1 C 102.76, BVerwGE 55, 250, 253. 601 BVerwG, Urt. v. 17.02.1978, Az. 1 C 102.76, BVerwGE 55, 250, 255 f.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

weil die Verwaltungsvorschrift der Ausfüllung eines in § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG602 eingeräumten Beurteilungsspielraums diene und damit eine normkonkretisierende Funktion habe und als solche „im Gegensatz zu lediglich norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften für die Verwaltungsgerichte innerhalb der von der Norm gesetzten Grenzen verbindlich“ sei.603 Der im Folgenden ergangenen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung war zwar eine deutliche Zurückhaltung gegenüber der Rechtsfigur der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift zu entnehmen,604 allerdings fehlt es an einer ausdrücklichen Beurteilung der verfassungsrechtlichen (Un-)Zulässigkeit. Trotz der Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zu den normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften mehrfach bestätigt.605 Danach ist der in einem Beurteilungsspielraum eingeräumte Konkretisierungsauftrag der Exekutive die Grundlage für die Außenverbindlichkeit der Verwaltungsvorschrift. Sie besteht insoweit, als die normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift den der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraum ausfüllt und den von der Norm gesetzten Rahmen nicht überschreitet. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Außenwirkung dann besteht, wenn der Exekutive eine Konkretisierungsbefugnis in einem Beurteilungsspielraum eingeräumt und dieser durch die Verwaltungsvorschrift ausgefüllt wird. Lässt man die berechtigte Kritik,606 die gegen die Rechtsfigur der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift vorgebracht wird, einmal außen vor und geht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von deren Zulässigkeit aus, so stellt sich die Frage, ob eine durch die Länder als Verwaltungsvorschrift umgesetzte LAGA M 20 das Schadlosigkeitserfordernis der Verwertung außenverbindlich konkretisieren könnte. Dafür wäre Voraussetzung, dass der Begriff der Schadlosigkeit der vollziehenden Gewalt einen Beurteilungsspielraum einräumt. Wird das Bestehen eines Beurteilungsspielraums verneint, kann es sich entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen allenfalls um eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift handeln, die in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterläge. (a) Beurteilungsspielraum der Exekutive Unter einem behördlichen Beurteilungsspielraum wird die Befugnis der vollziehenden Gewalt zur letztverbindlichen Konkretisierung eines Tatbestandsmerkmals einer gesetzlichen Vorschrift verstanden. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um die tatbestandsbe602 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 15.07.1985, BGBl. I 1985, S. 1565, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 28.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3313. 603 BVerwG, Urt. v. 19.12.1985, Az. 7 C 65.82, BVerwGE 72, 300, 320. 604 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit offen lassend BVerfG, Beschl. v. 21.06.1989, Az. 1 BvR 32/87, BVerfGE 80, 257, 265; BVerfG, Beschl. v. 31.05.1988, Az. 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227, spricht davon, dass „Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Inhalt [. . . ] grundsätzlich Gegenstand, nicht jedoch Maßstab richterlicher Kontrolle“ sind, ist aber bereit, die atomrechtliche Genehmigung als einen Sonderfall zu behandeln. 605 BVerwG, Urt. v. 28.10.1998, Az. 8 C 16.96, BVerwGE 107, 338, 340 ff.; BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, Az. 7 C 15.98, BVerwGE 110, 216, 218. 606 Kutscheidt, NVwZ 1983, 581, 584; Rittstieg, NJW 1983, 1098 ff.; vgl. auch grundlegend Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 317 ff.

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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zogene Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltung.607 Sie besteht, wenn die Exekutive eine Wertentscheidung zu treffen hat, die aufgrund der besonderen, einmaligen Konstellation der Entscheidungsfindung oder aus sonstigen Gründen durch das Gericht nicht oder nicht vollständig nachvollzogen werden kann, so dass die judikative Überprüfung an ihre Grenzen stößt. Dann hat das Gericht eine innerhalb der von ihm ermittelten Toleranzgrenze liegende Einschätzung der Behörde zu akzeptieren, ohne sie durch eine eigene Entscheidung ersetzen zu dürfen.608 Anders als beim Ermessen auf der Rechtsfolgenseite lässt sich die Einräumung eines Beurteilungsspielraums auf Tatbestandsseite nur selten anhand des Gesetzes ablesen. Daher ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob ein unbestimmter Rechtsbegriff der Exekutive einen Beurteilungsspielraum einräumt oder nicht. In Rechtsprechung und Literatur sind verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen der Exekutive eine administrative Letztentscheidungsmacht zugesprochen wird. Das sind im Wesentlichen Prüfungsentscheidungen, beamtenrechtliche Beurteilungen, Wertentscheidungen durch unabhängig gestellte Sachverständigen- oder pluralistisch zusammengesetzte Interessenvertreterausschüsse sowie Prognose-, Risiko- und Planungsentscheidungen.609 (b) Beurteilungsspielraum bei der Schadlosigkeit Das Tatbestandsmerkmal der Schadlosigkeit räumt der Exekutive nur dann einen Beurteilungsspielraum ein, wenn man seine Auslegung als Unterfall einer Risikoentscheidung ansieht. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich bislang noch nicht explizit geäußert, ob dieser unbestimmte Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt oder ein Beurteilungsspielraum besteht. Ausdrücklich wurde ein Beurteilungsspielraum höchstrichterlich für „die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden“ durch die Errichtung und den Betrieb von Kernkraftwerken nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG anerkannt.610 Entsprechendes gilt für § 11 Abs. 1 Nr. 4 GenTG611 , der vorsieht, dass für die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gentechnischen Anlage gewährleistet sein muss, dass „für die erforderliche Sicherheitsstufe die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen getroffen sind und deshalb schädliche Einwirkungen auf die [. . . ] bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind“.612 Ein Beurteilungsspielraum besteht aber nicht nur in vergleichsweise komplexen Rechtsbereichen wie dem Atom- oder Gentechnikrecht. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach dem Wyhl-Urteil mehr und mehr dazu übergegangen, einen solchen auch im sonstigen „klassischen“ Umweltrecht anzunehmen und diesen ausfüllende Verwaltungsvorschriften gerichtsverbindliche Wirkung zuzusprechen. So wurde für das Immissionsschutzrecht ent607

Jestaedt, in: Erichsen/Ehlers, Allg. VerwR, § 11 Rn. 44. Wolff et al., VerwR I, § 31 Rn. 21 ff. 609 Vgl. statt vieler Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VerwR, § 10 Rn. 92 m. w. N. 610 BVerwG, Urt. v. 19.12.1985, Az. 7 C 65.82, BVerwGE 72, 300, 316 f.; BVerwG, Urt. v. 19.01.1989, Az. 7 C 31.87, BVerwGE 81, 185, 190 ff. 611 Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz) vom 16.12.1993, BGBl. I 1993, S. 2066, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 14 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3154. 612 BVerwG, Beschl. v. 15.04.1999, Az. 7 B 278.98, NVwZ 1999, 1232, 1233 f. 608

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E. Anforderungen des Abfallrechts

schieden, dass die Emissionswerte der TA Luft das Maß der gesetzlich gebotenen Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG gerichtsverbindlich konkretisieren.613 Die verbindliche Konkretisierungsbefugnis der Exekutive besteht jedoch nicht nur im Vorsorgebereich, sie wurde auch bei der Auslegung der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ im Rahmen der Gefahrenabwehrregelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zuerkannt.614 Dasselbe gilt für die TA Lärm615 , soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der “schädlichen Umwelteinwirkung“ ausfüllt.616 Im Wasserrecht wurde angenommen, dass der Rahmen-AbwasserVerwaltungsvorschrift617 , die den „Stand der Technik“ im Sinne des § 7a Abs. 1 Satz 1 WHG a.F. darstellte, eine normkonkretisierende Wirkung beizumessen ist, da sie der Ausfüllung des der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums diene.618 Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde den auf § 4 Abs. 5 AbfG und auf § 12 Abs. 2 KrW-/AbfG beruhenden, mittlerweile außer Kraft getretenen, allgemeinen Verwaltungsvorschriften der TA Abfall und der TA Siedlungsabfall eine normkonkretisierende Funktion zuerkannt, soweit sie die unbestimmten Rechtsbegriffe der „umweltverträgliche[n] Beseitigung von Abfällen nach dem Stand der Technik“ ausfüllten.619 Betrachtet man die bisherige höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung zu den normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften und den dafür vorausgesetzten Beurteilungsspielraum, so fragt sich, ob bei einer Verwaltungsvorschrift, die den unbestimmten Rechtsbegriff der Schadlosigkeit der Verwertung ausfüllt, ebenfalls von einer gerichtlichen Bindungswirkung auszugehen wäre. Dagegen spricht nicht schon die Tatsache, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz an dieser Stelle eine Ermächtigung zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift anders als etwa § 12 Abs. 2 KrW-/AbfG oder § 48 Abs. 1 Satz 1 BImSchG und § 7a Abs. 1 Satz 3 WHG a.F. nicht vorsieht. Denn eine solche Ermächtigung besteht auch im Atom- und Gentechnikgesetz nicht. Man kann auch nicht darauf abstellen, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine Gefahrenabwehrregel darstellt, ein Beurteilungsspielraum und folglich eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift aber nur für die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs im Rahmen einer Vorsorgebe613 BVerwG, Beschl. v. 10.01.1995, Az. 7 B 112.94, NVwZ 1995, 994, 995; BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, Az. 7 C 15.98, BVerwGE 110, 216, 218; BVerwG, Urt. v. 21.06.2001, Az. 7 C 21.00, BVerwGE 114, 342, 344 ff. 614 BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996, Az. 7 B 165.95, juris Rn. 9 f. 615 Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26.08.1998, GMBl. 1998, S. 503. 616 BVerwG, Urt. v. 29.08.2007, Az. 4 C 2.07, BVerwGE 129, 209, 211. 617 Rahmen-Abwasser-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Rahmen-AbwasserVwV) vom 31.07.1996, GMBl. 1996, S. 729, ersetzt durch die Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung) vom 17.06.2004, BGBl. I 2004, S. 1108, zuletzt geändert durch Art. 6 der Verordnung vom 02.05.2013, BGBl. I 2013, S. 973. 618 BVerwG, Urt. v. 28.10.1998, Az. 8 C 16.96, BVerwGE 107, 338, 340 ff. 619 Bayerischer VGH, Urt. v. 20.07.1994, Az. 20 A 92.40087, BayVBl. 1995, 531, 532; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 20.07.2005, Az. 7 KS 113/02, ZUR 2006, 41, 42; Kunig, in: Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, § 13 Rn. 32; Frenz, KrW-/AbfG, § 10 Rn. 23; Jarass, TA Siedlungsabfall, S. 57 ff.; Mann, Abfallverwertung als Rechtspflicht, S. 137 ff.; Paetow, Festschrift für Willi Blümel, S. 417; Müllmann/Lohmann, UPR 1995, 168, 169; Kromer, NVwZ 1995, 975, 976; Schink, NuR 1998, 20, 22; offengelassen Hessischer VGH, Beschl. v. 14.12.1993, Az. 14 TH 1250/93, NVwZ 1994, 1126, 1128; kritisch Beckmann, DVBl 1997, 216, 217.

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

165

stimmung angenommen werden kann, da das Bundesverwaltungsgericht für die TA Luft und die TA Lärm entschieden hat, dass deren Grenzwerte den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen innerhalb des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG gerichtsverbindlich konkretisieren. Ausgeschlossen ist auch die Erwägung, dass der Exekutive ein Beurteilungsspielraum nur dort eingeräumt ist, wo der unbestimmte Rechtsbegriff des „Stands der Technik“ auszufüllen ist. Dies trifft zwar für viele der bisher entschiedenen Fälle zu, vom Bestehen eines Beurteilungsspielraums wurde aber auch ausgegangen, wenn es nicht um die Konkretisierung des „Stands der Technik“ ging. § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG ist der immissionsschutzrechtlichen Schutz- und Gefahrenabwehrregel des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG strukturell vergleichbar. In beiden Normen geht es um die Vermeidung schädlicher Auswirkungen, mithin um die Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit. Wegen der ähnlichen Ausgestaltung der beiden Vorschriften spricht auf den ersten Blick einiges dafür, auch eine den unbestimmten Rechtsbegriff der Schadlosigkeit der Verwertung ausfüllende Verwaltungsvorschrift normkonkretisierende Wirkung zuzusprechen. Betrachtet man die Rechtsprechung zur TA Luft und TA Lärm jedoch genauer, so zeigt sich, dass diesen Regelwerken eine die Schadlosigkeit der Verwertung konkretisierende Verwaltungsvorschrift in ihrer Außenwirkung nicht vergleichbar wäre. Denn die für die Außenverbindlichkeit einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift erforderliche Beurteilungsermächtigung der Exekutive findet sich nicht im Tatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die immissionsschutzrechtliche Grundpflicht unterliegt vielmehr – sowohl im Gefahrenabwehr- als auch im Vorsorgebereich – der vollen gerichtlichen Kontrolle.620 Es existiert gerade kein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum.621 Gleichwohl wird den Regelungen der TA Luft und TA Lärm zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der schädlichen Umwelteinwirkung die Außenwirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift beigemessen. Das Gericht erkennt der Exekutive über § 48 BImSchG einen Standardisierungsspielraum zu, der das Recht zum Erlass normkonkretisierender und nicht nur norminterpretierender Verwaltungsvorschriften einräumt.622 Da eine Ermächtigung der Exekutive zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften unter Einhaltung eines bestimmten Verfahrens vergleichbar § 48 BImSchG für die nähere Konkretisierung des Rechtsbegriffs der „schadlosen Verwertung“ im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht enthalten ist, kann die Ähnlichkeit der tatbestandlichen Ausgestaltung des § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG zu den immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten nicht herangezogen werden, um die Außenwirkung einer diesen Rechtsbegriff ausfüllenden Verwaltungsvorschrift zu begründen. Es existiert bei Ausfüllung des Schadlosigkeitsbegriffs also weder eine allgemeine noch eine spezielle Beurteilungsermächtigung der vollziehenden Gewalt. Es sprechen noch weitere Argumente gegen die Annahme einer solchen Wirkung. Zu nennen ist die Definition des Schadlosigkeitsbegriffs in § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG. Die Verwertung erfolgt danach schadlos, „wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls 620

BT-Drs. 7/179, S. 31; Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 130 m. w. N. BVerwG, Urt. v. 17.02.1978, Az. I C 102.78, BVerwGE 55, 250, 255; BVerwG, Urt. v. 05.10.1990, Az. 7 C 55.89, 7 C 56.89, BVerwGE 85, 368, 379. 622 BVerwG, Urt. v. 20.12.1999, Az. 7 C 15.98, BVerwGE 110, 216, 218; BVerwG, Urt. v. 31.06.2001, Az. 7 C 21.00, BVerwGE 114, 342, 344 f.; Sendler, UPR 1993, 321, 325 f. 621

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E. Anforderungen des Abfallrechts

der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind“. Bezüglich des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wohl der Allgemeinheit“ steht der Verwaltung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB kein Beurteilungsspielraum zu, vielmehr unterliegt eine auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützte Entscheidung in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle.623 Entsprechendes gilt dann auch für den Allgemeinwohlbegriff in § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG, da kein Grund ersichtlich ist, warum ein identischer unbestimmter Rechtsbegriff, auch wenn er nicht im selben Zusammenhang gebraucht wird, in einem Fall einen Beurteilungsspielraum einräumen sollte und im anderen nicht. Nicht unbeachtet dürfen darüber hinaus die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur LAGA M 20 bleiben. In der zweiten Tongrubenentscheidung wird vom Gericht nur darauf hingewiesen, dass diese Regeln, ebenso wie die Anforderungen an die stoffliche Verwertung von Abfällen im Tagebau des Länderausschusses Bergbau, als Empfehlung eines sachkundigen Gremiums keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift und damit weder für die Behörde noch für das Gericht verbindlich sind.624 Durch die vom Gericht gewählte uneinschränkende Formulierung kommt zum Ausdruck, dass die Qualifikation als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift nicht nur daran scheitert, dass die genannten Regelwerke von den Ländern nicht in entsprechender Form umgesetzt wurden. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass die Urteilsbegründung anders ausgesehen hätte, wenn die Einordnung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift lediglich daran gescheitert wäre. (3) Bindungswirkung der LAGA M 20 Eine letztentscheidende Außenverbindlichkeit der durch die Länder umgesetzten LAGA M 20 scheitert daran, dass § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG der Exekutive keinen Beurteilungsspielraum einräumt. Zwar handelt es sich sowohl bei der „Ordnungsgemäßheit“ als auch der „Schadlosigkeit“ der Verwertung um unbestimmte Rechtsbegriffe. Diese sind gerichtlich – wie die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG – voll überprüfbar. Für die Einräumung eines Beurteilungsspielraums im Tatbestand der Norm bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Und anders als im Immissionsschutzrecht existiert im Kreislaufwirtschaftsgesetz keine § 48 BImSchG vergleichbare Vorschrift, die zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ermächtigt und der eine besondere Beurteilungsermächtigung entnommen werden könnte. Die Vorgaben der LAGA M 20 könnten daher selbst nach erfolgter Umsetzung durch die Landesministerien nicht als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften charakterisiert werden.625 Da ein Entscheidungsspielraum der Behörde fehlt, kann die LAGA M 20 allenfalls als eine norminterpretierende Verwaltungsvorschriften zu qualifizieren sein. Als solche bleibt ihr Inhalt von den Gerichten voll überprüfbar. Schon aus diesem Grund ist der in der Literatur zuweilen vertretenen Auffassung, dass keine grundlegenden Argumente dagegen ersichtlich sind, die überarbeitete und an das Bodenschutzrecht angepasste LAGA M 20 durch Ländererlasse in Kraft

623

BVerwG, Urt. v. 09.06.1978, Az. IV C 54.75, BVerwGE 56, 71, 75. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256. 625 Ebenso, allerdings mit anderer Begründung Dombert, Rechtliche Bedeutung von Mitteilungen und Beschlüssen der Länderarbeitsgemeinschaften, S. 19 f. 624

IV. Materielle Anforderungen an die Abfallverwertung

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zu setzen und im Vollzug anzuwenden,626 nicht zuzustimmen. Die Annahme, eine auf Grundlage der eingeführten technischen Regelwerke erlassene Verwaltungsentscheidung, die im Einklang mit den bindenden Vorgaben des Bodenschutzrechts steht, sei „gerichtsfest“,627 ist nicht korrekt. Die Ansicht, jede Behörde sei „gut beraten, [. . . ] sich auf dieses Regelwerk zu stützen,“628 erscheint daher nur vor dem Hintergrund, dass die unbestimmten Rechtsbegriffe andernfalls von jeder zuständigen Stelle in jedem Einzelfall ausgelegt werden müssten, nachvollziehbar. Daraus allerdings den Schluss zu ziehen, die Einführung der überarbeiteten LAGA M 20 sei „eine geeignete Grundlage für die Bewertung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung“ und bringe „Rechtssicherheit für den Vollzug“,629 ist verfehlt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Gerichte bei der Auslegung und Anwendung dieser Gesetzesvorschrift in keiner Weise gebunden sind.630 Eine Verfüllpraxis, die sich auf die überarbeitete LAGA M 20 stützen würde, wäre daher gerade nicht „gerichtsfest“.631 Eine rechtssichere Lösung war über die Einführung der LAGA M 20 als Verwaltungsvorschrift daher nicht zu erreichen. cc) Erlass neuer und Änderung bestehender Verordnungen Die oberste Priorität bei dem mengenmäßig bedeutsamen Abfallstrom der mineralischen Abfälle bestand nach der zweiten Tongrubenentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts darin, mehr Rechtssicherheit bei ihrer Entsorgung zu gewährleisten.632 Deshalb wurde davon abgesehen, die LAGA M 20 in den Vollzug zu übernehmen und stattdessen versucht, die aufgezeigten Probleme über den Erlass einer neuen Verordnung und der Änderung der bestehenden Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie der bestehenden Grundwasserverordnung633 zu lösen. Deren Anforderungen, die über das Merkmal der Ordnungsgemäßheit in § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG bei der Verwertung mineralischer Abfälle zu prüfen sind,634 werden in den folgenden Kapiteln im Einzelnen erörtert und bewertet.635 Durch die Schaffung einer Vielzahl von neuen verordnungsrechtlichen Regelungen, welche alle Fallgruppen der Verwertung mineralischer Abfälle zum Gegenstand haben, 626 Schmitz, TerraTech 11–12/2005, 7, 9; ähnlich äußert sich auch Bertram, AbfallR 2007, 37, 39, der davon ausgeht, eine Übernahme in den Vollzug sei „folgerichtig und sachgerecht“. 627 Attendorn, AbfallR 2006, 167, 171; Attendorn, TerraTech 10/2006, 7, 8. 628 Schmitz, TerraTech 11–12/2005, 7, 9. 629 Schmitz, TerraTech 11–12/2005, 7, 9; Bertram, AbfallR 2007, 37, 39; a. A. Schäfer, TerraTech 1–2/2006, 8, 9, der ebenfalls davon ausgeht, eine überarbeitete Mitteilung biete keine Rechtssicherheit. 630 Abzulehnen ist daher die Begründung des VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 12.09.2006, Az. 7 L 74/04, juris Rn. 18, das zwar keine für Gerichte bindenden Vorgaben annimmt, aber die Regeln als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten“ einordnet, das „doch gegebenenfalls wichtige Entscheidungshilfen“ enthält; ähnlich VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 93. 631 Ebenso Dombert, Rechtliche Bedeutung von Mitteilungen und Beschlüssen der Länderarbeitsgemeinschaften, S. 20; a. A. Attendorn, AbfallR 2006, 167, 171; Attendorn, TerraTech 10/2006, 7, 8. 632 Vgl. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 185; Grothmann, NZBau 2010, 343, 345. 633 Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung) vom 09.11.2010, BGBl. I 2010, S. 1513. 634 Siehe dazu E. IV. 3. a). 635 Siehe dazu F.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

hat das Tatbestandsmerkmal der Schadlosigkeit seine Bedeutung verloren. So wie bei der Verwertung von Klärschlamm davon auszugehen ist, dass die Klärschlammverordnung636 die maßgeblichen umweltrechtlichen Anforderungen stellt und es daher eines Rückgriffs auf die Forderung nach einer schadlosen Verwertung nicht mehr bedarf,637 ist nunmehr anzunehmen, dass der Verordnungsgeber die Verwertung mineralischer Abfälle in sowie außerhalb von technischen Bauwerken umfassend regeln wollte. Nach der Begründung der Mantelverordnung beinhaltet diese „ein abgestimmtes und in sich schlüssiges Gesamtkonzept zum ordnungsgemäßen und schadlosen Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen und für das Auf- und Einbringen von Material in den Boden“.638 Sämtliche verordnungsrechtlichen Vorgaben sind daher bei der Prüfung der Zulässigkeit der Verwertungsmaßnahme bereits über das Tatbestandsmerkmal der Ordnungsgemäßheit zu beachten. Weitergehende Anforderungen über den Begriff der Schadlosigkeit sind damit ausgeschlossen. Das heißt, dass alle relevanten Punkte in den jeweiligen Verordnungen enthalten sein müssen, um bei der Genehmigung der Verwertung Beachtung zu finden.

V. Ende der Abfalleigenschaft Die Einordnung eines mineralischen Stoffs oder Gegenstands als Abfall hat nicht zwingend zur Folge, dass diese rechtliche Qualifikation unveränderlich fortbesteht. Vielmehr ist es gerade das Ziel eines Verwertungsverfahrens, dass der Stoff oder Gegenstand nach dessen Durchführung seine Abfalleigenschaft wieder verliert und aus dem Abfallregime entlassen werden kann. Bisher enthielt weder die Abfallrahmenrichtlinie noch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eine Regelung zur Bestimmung des Zeitpunkts des Verlusts der Abfalleigenschaft. Mit Art. 6 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG wurde, um mehr Rechtsklarheit und mehr Rechtssicherheit zu schaffen, erstmals eine Vorschrift eingeführt, welche die grundsätzlichen Bedingungen festlegt, die an einen Stoff oder Gegenstand zu stellen sind, um ihn aus dem Abfallrecht zu entlassen. Danach entfällt die Eigenschaft als Abfall, wenn der Stoff oder Gegenstand ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und spezifische Kriterien erfüllt, die nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 AbfRRL 2008/98/EG dem Konkretisierungsvorbehalt des Komitologieverfahrens unterliegen und anhand der folgenden Bedingungen festzulegen sind: Erforderlich ist, dass der Stoff oder Gegenstand gemeinhin für bestimmte Zwecke verwendet wird, ein Markt oder eine Nachfrage besteht, die technischen Anforderungen für den bestimmten Zweck erfüllt und den bestehenden Rechtsvorschriften und Normen entsprochen wird sowie die Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen führt. Gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 AbfRRL 2008/98/EG sind im Komitologieverfahren spezielle Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft unter anderem für körniges Gesteinsmaterial in Betracht zu ziehen. Außerdem sollten nach dem 22. Erwägungsgrund Spezifikationen und Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft von Bau- und Abbruchabfällen 636 Klärschlammverordnung vom 15.04.1992, BGBl. I 1992, S. 912, zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 12 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I 2012, S. 212. 637 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255. 638 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 163.

V. Ende der Abfalleigenschaft

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sowie bestimmten Aschen und Schlacken entwickelt werden.639 Insoweit bleibt zu hoffen, dass zumindest für diese mineralischen Abfälle europaweit einheitliche Standards festgelegt werden, anhand derer rechtssicher zu ermitteln ist, wann die Stoffe ihre Abfalleigenschaft verlieren. Für den Fall, dass auf Unionsebene noch keine spezifischen Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft festgelegt wurden, ermächtigt Art. 6 Abs. 4 AbfRRL 2008/98/EG die Mitgliedstaaten, im Einzelfall selbst zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Abfälle nicht mehr als solche anzusehen sind. Bei der Einzelfallentscheidung sind nicht die in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 AbfRRL 2008/98/EG genannten Bedingungen, sondern die einschlägige Rechtsprechung zugrunde zu legen. Einschlägig in diesem Sinne ist nur die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs; auf nationale Entscheidungen kann nur zurückgegriffen werden, wenn sie im Einklang mit dieser Rechtsprechung stehen.640 Bislang wurde weder im Unionsrecht noch auf nationaler Ebene von den eingeräumten Möglichkeiten zur Festsetzung von derartigen Anforderungen Gebrauch gemacht, so dass zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen ist. 1. Voraussetzungen Art. 6 Abs. 1 AbfRRL 2008/98/EG wurde nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Die Abfalleigenschaft eines Stoffs oder Gegenstands endet nach § 5 Abs. 1 KrWG, wenn dieser „ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird, ein Markt für ihn oder eine Nachfrage nach ihm besteht, er alle für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt sowie seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt“. a) Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens Erste notwendige Voraussetzung für das Ende der Abfalleigenschaft ist das Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens. Insoweit wird auf die allgemeine Definition des Verwertungsverfahrens in § 3 Abs. 23 KrWG Bezug genommen, so dass alle Verwertungsvarianten einschließlich der sonstigen Verwertung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KrWG, worunter eine Verfüllung von Abgrabungen oder Tagebauen mit mineralischen Abfällen fällt,641 erfasst sind.642 639 Das Komitologieverfahren wird derzeit von der Europäischen Kommission vorbereitet, vgl. „Final Report“ der Europäischen Kommission „End of waste criteria“, 2008, für Kompost, Bauabfälle und Metallschrott, im Internet abzurufen unter http://susproc.jrc.ec.europa.eu/documents/ Endofwastecriteriafinal.pdf (28.02.2014). 640 Petersen, ZUR 2007, 449, 452; Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 130. 641 Das gilt zumindest dann, wenn es sich bei der Maßnahme nicht um eine Beseitigung handelt, zur Abgrenzung siehe E. III. 642 Petersen, Abgrenzung, S. 334.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Nicht näher erläutert wird, wann ein Verwertungsverfahren durchlaufen ist. Allerdings ist auch insoweit auf die Verwertungsdefinition zurückzugreifen und zu fordern, dass ein rohstoffsubstituierender Nutzen aus dem Abfall gezogen worden ist.643 Um dem Zweck der Abfallrahmenrichtlinie und dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gerecht zu werden, müssen Stoffe so lange den Anforderungen des Abfallrechts unterliegen, bis der Verwertungserfolg eingetreten ist.644 Daher ist eine nur mögliche, beabsichtigte oder auch gewisse Verwertung ebenso wenig ausreichend wie die konkrete Nutzung des Abfalls im Rahmen des Verwertungsvorgangs.645 Erforderlich ist vielmehr die vollständige Beendigung des konkreten Verwertungsverfahrens einschließlich der Herstellung des Verwertungserfolgs.646 Dieser Zeitpunkt ist noch nicht damit erreicht, dass nur erste Teilschritte oder notwendige Zwischenschritte wie etwa eine Sortierung und Behandlung stattgefunden haben, bei der die Abfälle erst so vorbereitet werden, dass sie ihre ressourcensubstituierende Funktion erfüllen können. Auch für diesen Fall stellt § 3 Abs. 23 KrWG klar, dass es sich um ein Verwertungsverfahren, besser gesagt einen Teil eines mehrstufigen Verwertungsverfahrens handelt, welches mit der Vorbereitung aber noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb ist beispielsweise mit organischen Substanzen verunreinigter Metallschrott, der sortiert und einer Reinigung unterzogen wird, nach der Durchführung dieser Maßnahmen noch kein sekundärer Rohstoff für die Eisen- oder Stahlindustrie. Die Abfalleigenschaft kann erst enden, wenn eine Aufbereitung zu fertigen Eisen- oder Stahlerzeugnissen stattgefunden hat.647 Nach § 3 Abs. 24 KrWG zählt auch die Vorbereitung zur Wiederverwendung zu den Verwertungsverfahren. Darunter wird die Prüfung, Reinigung oder Reparatur verstanden, bei der Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung für denselben Zweck, für den sie ursprünglich bestimmt waren, wieder verwendet werden können. Folglich kann auch die Durchführung eines solchen Verwertungsverfahrens die Abfalleigenschaft entfallen lassen.648 Als Beispiel sei 643 Petersen, AbfallR 2006, 102, 105; Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 127; nicht zwingend erforderlich ist – wie sich aus der Ausweitung des Verwertungsbegriffs in § 3 Abs. 24 und Abs. 25 KrWG ergibt (siehe dazu E. V. 1. a)) – die Durchführung eines realen Behandlungsverfahrens, zur Kritik am Tatbestandsmerkmal des Durchlaufens eines Verwertungsverfahrens Reese, NVwZ 2009, 1073, 1075; anders noch die Rechtslage unter dem KrW-/AbfG, nach der ein „gewisser Umwandlungsprozess“ für das Ende der Abfalleigenschaft vorausgesetzt wurde, vgl. Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 681. 644 Frenz, KrW-/AbfG, § 3 Rn. 61. 645 Weidemann/Neun, AbfallR 2006, 158, 161; Herbert, NVwZ 2007, 617, 620; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 681. 646 EuGH, Urt. v. 19.06.2003, Rs. C-444/00, Slg. 2003, I-6163, Rn. 75; BVerwG, Urt. v. 19.11.1998, Az. 7 C 31.97, NVwZ 1999, 1111, 1111; BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 253; abzulehnen ist die Entscheidung des Hessischen VGH, Urt. v. 22.10.2008, Az. 6 UE 2399/07, juris Rn. 50 ff., der die Abfalleigenschaft von tierischen Abfällen bereits durch die Erzeugung von Tierfett, das anschließend in einer Heizanlage als Brennstoff eingesetzt werden sollte, als beendet ansah. 647 EuGH, Urt. v. 11.11.2004, Rs. C-475/02, Slg. 2004, I-10853, Rn. 52; vergleichbar Hessischer VGH, Beschl. v. 09.10.2012, Az. 2 B 1860/12, juris Rn. 10. 648 Ebenso Reese, NVwZ 2009, 1073, 1076; Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 127; anders war dies nach der früheren Rechtslage, als die Vorbereitung zur Wiederverwendung noch nicht als eigenständiges Verwertungsverfahren anerkannt war und folglich die Arbeitsschritte der Sammlung, Sortierung, Prüfung, Reinigung und Reparatur in aller Regel nicht geeignet waren, die Abfalleigenschaft entfallen zu lassen, vgl. Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 681.

V. Ende der Abfalleigenschaft

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das Aussortieren und gegebenenfalls Reinigen von noch gebrauchsfähigen Kleidungsstücken aus Altkleidern genannt, das anders als das Aussortieren von Pappenlumpen und Halbtuchen aus Alttextilien zum Zwecke der Herstellung von Verpackungsmaterial, Flutings oder sonstiger Pappenprodukte die Abfalleigenschaft beendet.649 Ebenfalls zu den Verwertungsverfahren gehört nach § 3 Abs. 25 KrWG das Recycling, sprich die Aufbereitung von Abfällen zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke. Beim Recycling werden, beispielsweise bei der Herstellung von Pappe aus Altpapier, von Glas aus Altglas oder von Kupfer aus Kabeln, Sekundärrohstoffe gewonnen, deren Stoffeigenschaften mit denen des zu substituierenden Stoffs identisch oder wenigstens vergleichbar sind. Mit dem Gewinnen dieser Stoffe endet im Regelfall das Verwertungsverfahren.650 Das Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens ist nach § 5 Abs. 1 KrWG notwendige Voraussetzung für das Ende der Abfalleigenschaft eines Stoffs oder Gegenstands. Allerdings hat die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht zwingend zur Folge, dass die Eigenschaft als Abfall entfällt. Es handelt sich lediglich um einen der Umstände, der bei der Prüfung zu berücksichtigen ist, aber keine endgültige Schlussfolgerung erlaubt.651 Erforderlich ist darüber hinaus, dass die weiteren im Tatbestand des § 5 Abs. 1 KrWG genannten und im Folgenden dargestellten Anforderungen erfüllt sind. b) Verwendung für bestimmte Zwecke Nach der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG genannten Voraussetzung muss der Stoff oder Gegenstand so beschaffen sein, „dass er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird“. Ausgehend von der Verkehrsanschauung muss also mindestens eine bestimmte Verwendungsart für ihn in Betracht kommen. Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass Stoffe oder Gegenstände mit undefinierbarem Nutzen ihre Abfalleigenschaft verlieren.652 Weil nur üblicherweise für einen bestimmten Zweck zu verwendende Stoffe oder Gegenstände aus dem Regime des Abfallrechts entlassen werden können, reicht ein unüblicher oder unspezifischer Verwendungszweck nicht aus.653 Weshalb der nationale Gesetzgeber von der Terminologie des Art. 6 Abs. 1 lit. a) AbfRRL 2008/98/EG abweicht und auf „üblicherweise“ anstatt auf „gemeinhin“ bestimmte Zwecke abstellt, bleibt offen. Da die beiden Wörter in der Begründung wiederum synonym verwendet werden,654 ist davon auszugehen, dass inhaltlich nicht von den europarechtlichen Vorgaben abgewichen werden soll. c) Markt oder Nachfrage Einen ähnlichen Hintergrund wie die vorgenannte Anforderung hat das Marktwert- oder Nachfragekriterium des § 5 Abs. 1 Nr. 2 KrWG. Danach wird für das Ende der Abfalleigenschaft weiter vorausgesetzt, dass für den Stoff oder Gegenstand ein Markt oder eine 649 650 651 652 653 654

Vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 19.11.1998, Az. 7 C 31.97, NVwZ 1999, 1111, 1111. BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 254. EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 95. BT-Drs. 17/6052, S. 77. Petersen, Abgrenzung, S. 336; Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 128. BT-Drs. 17/6052, S. 77.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Nachfrage besteht. Nicht ausreichend ist, dass ein Markt oder eine Nachfrage erst geschaffen wird.655 Zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft sind daher – wie bei der Abgrenzung von Abfall und Produkt beim Anfall des Stoffs oder Gegenstands – marktwirtschaftliche Kriterien heranzuziehen. Auch hier schließt ein positiver Marktwert in aller Regel aus, dass der Stoff kurzfristig wieder als Abfall anfällt.656 Ist Ergebnis des Verwertungsvorgangs ein Stoff oder Gegenstand von wirtschaftlichem Wert, für den auf dem Markt Abnehmer gefunden werden, die bereit sind zu zahlen, ist das ein weiterer Anhaltspunkt, dass es sich bei der betreffenden Sache nicht mehr um Abfall handelt.657 Allerdings ist auch die Durchführung eines Verwertungsverfahrens und das Vorliegen einer Sache mit positivem Marktwert allein nicht geeignet, die Abfalleigenschaft zu beenden, denn es ist unstreitig, dass auch Stoffe, für die zahlende Abnehmer gefunden werden, dem Abfallbegriff unterfallen können.658 Von daher spricht der Abschluss von Lieferverträgen zwischen Abfallverwerter und Abnehmer einer im Verwertungsverfahren gezielt hergestellten Sache für die Annahme eines Produkts, ist aber nicht das alleinige Merkmal, an dem das Ende der Abfalleigenschaft festzumachen ist. d) Technische und rechtliche Anforderungen Es kommt darüber hinaus gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 KrWG darauf an, dass alle für die jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt sind. Mit der Forderung soll sichergestellt werden, dass die Stoffe oder Gegenstände den Materialien sowohl in technischer wie auch in rechtlicher Hinsicht entsprechen, die für den Zweck gewöhnlicherweise verwendet werden, wenn keine Abfälle aufbereitet worden wären. Bei der Wiederaufarbeitung von Abfällen muss das gewonnene Material daher die Eigenschaften aufweisen, die den Eigenschaften des Materials vergleichbar sind, aus dem es erzeugt wurde.659 Ein aus Abfällen hergestelltes Sekundärprodukt muss nach der Durchführung des Verwertungsverfahrens vergleichbare Eigenschaften und Merkmale angenommen haben wie der Rohstoff oder das entsprechende Primärprodukt.660 Zwar wird keine völlige Gleichwertigkeit zwischen Sekundär- und Primärprodukt gefordert, beide müssen aber die gleichen produktspezifischen technischen Merkmale und die gleichen rechtlichen, insbesondere umweltrechtlichen, Anforderungen erfüllen.661 Davon ist beim Recycling in aller Regel mit der Gewinnung des Sekundärrohstoffs, der dieselben oder jedenfalls vergleichbare Stoffeigenschaften wie der zu substituierende Stoff aufweist, auszugehen. Sofern Identität

655

Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 128. BT-Drs. 17/6052, S. 77. 657 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ 2000, 671, 672; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 683; in diese Richtung auch BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 257 f.; zu weitgehend Zühlsdorff , BR 2/2004, 35, 39, der schon eine Wertsteigerung durch das Verwertungsverfahren für ausreichend hält. 658 Vgl. nur EuGH, Urt. v. 28.03.1990, Rs. C-206/88, Slg. 1990, I-1461, Rn. 9; EuGH, Urt. v. 25.06.1997, Rs. C-304/97, Slg. 1997, I-3561, Rn. 52; Petersen, Abgrenzung, S. 336. 659 EuGH, Urt. v. 19.06.2003, Rs. C-444/00, Slg. 2003, I-6163, Rn. 73. 660 EuGH, Urt. v. 15.06.2000, Rs. C-418/97, Slg. 2000, I-4475, Rn. 94. 661 Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 683; Wendenburg, AbfallR 2007, 150, 151; Kropp/ Kälberer, AbfallR 2010, 124, 128. 656

V. Ende der Abfalleigenschaft

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oder Vergleichbarkeit besteht, entfällt in aller Regel die abfallspezifische Gefährlichkeit, weshalb ein Verbleib dieser Stoffe unter dem Abfallregime nicht mehr nötig erscheint.662 e) Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt Letzte Bedingung für das Ende der Abfalleigenschaft ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG, dass die Verwendung des Stoffs oder Gegenstands „insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt“. Hierfür bedarf es einer gesicherten Prognose, dass das Produkt keine negativen Auswirkungen für die genannten Schutzgüter hervorrufen kann.663 Die Prognose ist verwendungsbezogen, das heißt zu ihrer Erstellung ist auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG ermittelte übliche Verwendung abzustellen und zu prüfen, ob diese mit Risiken für Umwelt oder Gesundheit verbunden ist.664 Jenseits der nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KrWG zu erfüllenden technischen Anforderungen und Rechtsvorschriften sowie Normen für Erzeugnisse müssen die sonstigen den Gesundheits- und Umweltschutz sicherstellenden Regelungen, insbesondere auch die des Abfallrechts selbst, eingehalten werden.665 Daneben können weitere stoff- und produktspezifische Anforderungen, sofern sie das von den Abfällen ausgehende Schadstoffrisiko zutreffend widerspiegeln und nicht bereits im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KrWG geprüft wurden, herangezogen werden.666 Zu den umweltrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung gehört nach § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG, dass sie ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Erst wenn die sich aus § 7 Abs. 3 KrWG ergebenen Pflichten erfüllt sind, ist der konkrete Verwertungsprozess abgeschlossen, sprich das „Verwertungsverfahren durchlaufen“ im Sinne des § 5 Abs. 1 KrWG. Davor besteht die abfallspezifische Gefährlichkeit, aufgrund derer eine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf zu befürchten ist und die einen Verbleib des Stoffs im Abfallregime erfordert.667 Unabdingbare Voraussetzung für das Ende der Abfalleigenschaft ist daher die Ordnungsgemäßheit und die Schadlosigkeit der Verwertung.668 Angesichts der mit einer Verwendung von Klärschlammkompost verbundenen Gefahren eines Schadstofftransfers in die Umwelt kann die Abfalleigenschaft nicht schon mit der Herstellung des Klärschlammkomposts aus Klärschlamm, sondern erst mit der Aufbringung auf geeignete Böden unter Beachtung aller Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit, im gewählten Beispielsfall also insbesondere der Einhaltung der Klärschlammverordnung, enden.669 Nicht verloren geht die Abfalleigenschaft demgegenüber, wenn die Verwertung nicht ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Wird Klärschlammkompost unter Verletzung der 662 Vgl. zum Verlust der Abfalleigenschaft beim Recycling unter der Rechtslage nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 254. 663 BT-Drs. 17/6052, S. 77; kritisch Reese, NVwZ 2009, 1073, 1075, der bemängelt, dass offen bleibt, wie der praktische Nachweis zu erfolgen hat, dass Umweltgefährdungen ausgeschlossen sind. 664 Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 129. 665 BT-Drs. 17/6052, S. 77. 666 Petersen, AbfallR 2006, 102, 106; Kropp/Kälberer, AbfallR 2010, 124, 129. 667 Herbert, NVwZ 2007, 617, 621; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 684. 668 BVerwG, Urt. v. 19.11.1998, Az. 7 C 31.97, NVwZ 1999, 1111, 1111; BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 253; ebenso für die energetische Verwertung, BVerwG, Beschl. v. 14.08.2007, Az. 7 B 42.07, NVwZ 2007, 1314, 1314 f. 669 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 256.

174

E. Anforderungen des Abfallrechts

Vorschriften der Klärschlammverordnung verwendet, so handelt es sich nach wie vor um Abfall, selbst wenn er auf den Boden aufgebracht wurde. Sofern allerdings eine untrennbare Verbindung mit dem vorhandenen Boden eingetreten ist, scheidet die Anwendbarkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG mit der Folge aus, dass eine Ordnungsverfügung nicht auf der Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erlassen werden kann.670 Eine andere Beurteilung ist jedoch angezeigt, wenn feste Stoffe wie mineralische Abfälle beispielsweise zur Verfüllung einer Abgrabung in den Boden eingebracht werden und gegen die Anforderungen einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung verstoßen wird. Selbst wenn man davon ausgeht, dass mit einem Einsatz der Abfälle Boden „hergestellt“ wird,671 so handelt es sich jedenfalls nicht um Boden, der sich im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG am Ursprungsort befindet.672 2. Ende der Abfalleigenschaft bei der Verwertung mineralischer Abfälle Nachdem vorstehend die allgemeinen Anforderungen dargelegt wurden, die an das Ende der Abfalleigenschaft eines Stoffs oder Gegenstands zu stellen sind, sollen nunmehr die speziellen Voraussetzungen aufgezeigt werden, unter denen mineralische Abfälle aus dem Abfallregime entlassen werden. a) Bodenmaterial und Gesteinsmassen Sofern Bodenmaterial und Gesteinsmassen einmal als Abfall angefallen sind,673 kann die Abfalleigenschaft dieser mineralischen Materialien – jedenfalls so lange, wie weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 AbfRRL 2008/98/EG oder § 5 Abs. 2 KrWG spezifische Kriterien festgelegt wurden – nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG wieder entfallen. Danach ist das vollständige Durchlaufen des Verwertungsverfahrens unabdingbare Voraussetzung für die Entlassung der Stoffe aus dem Abfallrecht. Dieser Zeitpunkt ist bei einer bodenbezogenen Verwertung von nicht vorbehandeltem Erdaushub oder nicht vorbehandelten Gesteinsmassen erst erreicht, wenn die Stoffe auf den Boden aufgebracht werden. Sofern keine Vorbehandlung stattgefunden hat und ein mehrstufiges Verwertungsverfahren nicht vorliegt, kann an einen früheren Zeitpunkt nicht angeknüpft werden, weil sich das Verfahren auf den Einsatz der Stoffe im Boden beschränkt. Das Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens ist aber nicht alleinige Anforderung an die Entlassung der Stoffe aus dem Abfallrecht, auch die weiteren Bedingungen des § 5 Abs. 1 KrWG müssen erfüllt sein. Da bei einer bodenbezogenen Verwertung von Bodenmaterial und Gesteinsmassen kein Produkt hergestellt wird, ist hauptsächlich § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG relevant, wonach der Einsatz nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führen darf. Davon ist nur auszugehen, wenn die sich aus dem Abfallrecht ergebenden Pflichten erfüllt werden. Voraussetzung für den Verlust der Abfalleigenschaft 670

Zum Anwendungsausschluss nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG siehe E. II. 3. Siehe dazu F. II. 2. a) aa) (2). 672 Siehe dazu E. V. 2. a). 673 Vgl. zum Abfall im subjektiven Sinn E. I. 4. b) bb) (5) (a) und zum Abfall im objektiven Sinn E. I. 4. c) dd) (1). 671

V. Ende der Abfalleigenschaft

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ist somit nicht nur, dass die Abfälle im Rahmen der Verwertungsmaßnahme auf oder in den Boden verbracht werden, vielmehr muss auch feststehen, dass die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 7 Abs. 3 KrWG erfolgt. Die Qualifikation als Abfall kann Bodenmaterial und Gesteinsmassen daher nicht mehr mit der Begründung abgesprochen werden, sie hätten ihre Beweglichkeit infolge der Herstellung einer festen Verbindung mit einem Grundstück verloren.674 Nur wenn das Verwertungsverfahren durch Einbringung der mineralischen Abfallstoffe in den Boden vollständig durchlaufen ist und dabei die abfallrechtlichen Grundpflichten beachtet wurden, besteht die abfallspezifische Gefährlichkeit nicht mehr fort und eine Entlassung der Stoffe aus dem Abfallrecht erscheint gerechtfertigt. Andernfalls handelt es sich nach wie vor um Abfall, auf den die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Anwendung finden. Der Geltungsausschluss des § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG ist nicht einschlägig, weil nach diesem nur (kontaminierte) Böden in situ vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind. Wegen der nach wie vor bestehenden Abfalleigenschaft ist es in einem solchen Fall daher möglich, eine Anordnung zur Entfernung der nicht ordnungsgemäß oder schadlos verwerteten Abfälle auf das Abfallrecht zu stützen.675 Eine andere Beurteilung des Endes der Abfalleigenschaft von Bodenmaterial und Gesteinsmassen ist auch dann nicht angezeigt, wenn die Abfälle vor ihrer Auf- oder Einbringung in den Boden einer Vorbehandlung unterzogen werden. Wie Klärschlammkompost seine Eigenschaft als Abfall erst verliert, wenn er auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht wird, weil erst zu diesem Zeitpunkt der rohstoffsubstituierende Nutzen eintritt, ist auch das Verfahren zur Verwertung mineralischer Abfälle beispielsweise durch den Einsatz als Verfüllmaterial oder im Landschaftsbau erst im Zeitpunkt der Auf- oder Einbringung in den Boden durchlaufen. Durch alle vorhergehenden Teilschritte, die lediglich der Vorbereitung des späteren Einsatzes dienen – beim Beispiel Klärschlammaufbringung die Verarbeitung des Klärschlamms zu Klärschlammkompost – wird dieses Stadium nicht erreicht. Ein Verwertungsverfahren ist noch nicht dadurch abgeschlossen und folglich die Abfalleigenschaft nicht entfallen, dass schadstoffbelasteter Boden einer Behandlung und Aufbereitung unterzogen wird, wenn er anschließend zur Verfüllung oder als Baustoff auf dem oder im Boden Verwendung finden soll.676 So wie die Verarbeitung des Klärschlamms zu Klärschlammkompost lediglich einen ersten Teilschritt des Verwertungsvorgangs darstellt, durch den das Verwertungsverfahren nicht abgeschlossen wird,677 ist dieses auch bei der Reinigung von Böden nicht beendet. Zu einer Bodenreinigung stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Der Boden kann entweder biologisch oder thermisch behandelt oder einer Bodenwäsche unterzo674 So unter der Rechtslage des KrW-/AbfG OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.06.2010, Az. 8 A 10139/10, juris Rn. 34; VG Gera, Beschl. v. 08.09.2001, Az. 2 E 200/01.GE, juris Rn. 27; VG Koblenz, Urt. v. 04.05.2011, Az. 7 K 574/10, juris Rn. 44 f. 675 Ebenso VG Würzburg, Urt. v. 16.01.2007, Az. W 4 K 06.547, juris Rn. 29 ff.; VG Aachen, Beschl. v. 16.07.2009, Az. 9 L 153/09, juris Rn. 9 ff.; VG Koblenz, Urt. v. 04.05.2011, Az. 7 K 574/10, juris Rn. 48 ff.; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 17 ff.; Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 254; Dippel, AbfallR 2010, 132, 138. 676 Ebenso Posser, in: Giesberts/Posser, Grundfragen des Abfallrechts, Rn. 370 ff.; a. A. Weidemann, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 4 Rn. 144, der die Reinigung verunreinigter Böden als eigenständige Verwertungsmaßnahme ansieht. 677 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 254 f.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

gen werden.678 Zwar kann auch bei diesen Verfahren wie bei der Herstellung von Klärschlammkompost angenommen werden, dass der Abfallstoff gezielt zur weiteren Verwendung auf dem Markt bearbeitet wird, allerdings entsteht durch die Reinigung des Bodens noch kein neues hochwertiges und marktgängiges Produkt, vielmehr dient die Vorbehandlung nur dazu, den vormals nutzlosen Stoff so aufzubereiten, dass er wieder in irgendeiner Form Verwendung finden kann.679 Hier liegt der entscheidende Unterschied zur Reinigung von Altkleidern, welche das Verwertungsverfahren abschließt und die Abfalleigenschaft unter den weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG entfallen lässt, weil die gereinigten Kleider ohne weitere Vorbehandlung für den Zweck, für den sie ursprünglich bestimmt waren, wieder verwendet werden können. Hingegen hängt das endgültige Erreichen des Verwertungserfolgs und damit das Ende der Abfalleigenschaft wegen der auch in dekontaminiertem Boden jedenfalls nicht vollständig entfernten Schadstoffe von zusätzlichen, die Schadlosigkeit sicherstellenden Schritten ab.680 Die nach wie vor bestehende abfallspezifische Gefährlichkeit rechtfertigt einen Verbleib der Stoffe unter dem Abfallrecht bis zur Erfüllung des letzten Verwertungsschritts, der Auf- und Einbringung auf oder in den Boden. Schadlosigkeit ist erst anzunehmen, wenn keine Gefahr für das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere für Boden und Grundwasser zu befürchten ist.681 Wie beim Klärschlamm ergeben sich die abfallrechtlichen Verwertungsanforderungen unmittelbar aus einer Verordnung. Für Klärschlamm ist dies die auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AbfG erlassene Klärschlammverordnung, den ordnungsgemäßen und schadlosen Einsatz von gereinigten Böden stellt die BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung sicher. Insoweit sind die vom Bundesverwaltungsgericht zum Ende der Abfalleigenschaft bei der Verwertung von Klärschlammkompost aufgestellten Grundsätze uneingeschränkt auf Fälle der Verwertung von gereinigtem Erdaushub oder Gesteinsmaterial übertragbar. Anders dürfte sich die Rechtslage nach Erlass der Ersatzbaustoffverordnung darstellen. Diese enthält erstmals auf der Ermächtigung des § 5 Abs. 2 KrWG beruhende Regelungen zum Ende der Abfalleigenschaft. Nach § 19 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ErsatzbaustoffV-E2 führen die mineralischen Ersatzbaustoffe Bodenmaterial der Klasse 0 und 1 dann nicht zu schädlichen Auswirkungen für Mensch und Umwelt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG, wenn sie aus Aufbereitungsanlagen stammen und dort nach Maßgabe des § 4 ErsatzbaustoffV-E2 hergestellt wurden. Ebenso wie bei der Einstufung eines mineralischen Ersatzbaustoffs als Nebenprodukt682 endet die Abfalleigenschaft nach § 19 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 jedoch nur, wenn auch die übrigen Anforderungen des § 5 Abs. 1 KrWG eingehalten sind. Erst unter diesen Voraussetzungen darf der Stoff als mineralischer Ersatzbaustoff, der keinen Abfall mehr darstellt, in den Verkehr gebracht werden.683 Treten diese Regelungen in Kraft, endet die Abfalleigenschaft für die beiden vorgenann678 Zu den Wirkungsweisen der verschiedenen Verfahren vgl. Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 46 ff. 679 So für die Aufbereitung gebrauchter Frittierfette, BVerwG, Beschl. v. 14.08.2007, Az. 7 B 42.07, NVwZ 2007, 1314, 1314 f.; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 686. 680 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 686. 681 VG Koblenz, Urt. v. 04.05.2011, Az. 7 K 574/10, juris Rn. 47. 682 Siehe dazu unter E. I. 4. b) bb) (5) (b). 683 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 210.

V. Ende der Abfalleigenschaft

177

ten Materialien nicht erst mit der endgültigen Verwendung in einem technischen Bauwerk oder im Boden, sondern bereits mit der Erfüllung der in § 19 ErsatzbaustoffV-E2 genannten Bedingungen. b) Ersatzbaustoffe Die zuvor dargelegten Grundsätze bei der Verwertung von Bodenmaterial und Gesteinsmassen gelten entsprechend auch für aus mineralischen Abfällen hergestellte RecyclingBaustoffe, die als Ersatzbaustoffe in oder auf dem Boden Verwendung finden. Zu nennen sind hier beispielsweise Bauabfälle, die in Bauschuttrecyclinganlagen aufbereitet werden, oder mineralische Abfälle industrieller Herkunft wie Verbrennungsrückstände, Schlacken und Gießereisande, denen in mehrstufigen Bearbeitungsprozessen die bauphysikalische Eigenschaft verliehen wird, um sie für technische Bauwerke etwa im Straßen- und Wegebau zu nutzen. Die Abfalleigenschaft kann auch bei diesen mineralischen Abfällen erst enden, wenn das Verwertungsverfahren durchlaufen ist. Davon ist nicht auszugehen, wenn der mineralische Abfallanteil in einem ersten Bearbeitungsschritt von anderen Abfallfraktionen aus Holz, Kunststoff, Papier oder Metall getrennt und anschließend nach Korngrößen mit dem Ziel sortiert wird, möglichst homogenen Abfall einer bestimmten Sorte zu erhalten.684 Auch die entsprechend der späteren Verwendung zumeist individuelle Zusammensetzung der gereinigten und sortierten mineralischen Abfälle führt nicht zur Beendigung des Verwertungsverfahrens,685 weil hierbei kein neuer Rohstoff hergestellt wird. Bei den genannten Reinigungs-, Sortier- und Mischverfahren handelt es sich lediglich um Maßnahmen, die den endgültigen Einsatz der Ersatzbaustoffe im Boden vorbereiten. Erst im Zeitpunkt des Einsatzes dort ist das Verwertungsverfahren vollständig durchlaufen.686 Neben der Beendigung des Verwertungsverfahrens setzt das Ende der Abfalleigenschaft außerdem gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 KrWG voraus, dass die Stoffe oder Gegenstände üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet werden und alle für die Zweckbestimmung geltenden technischen und rechtlichen Anforderungen erfüllen. Davon ist nicht auszugehen, wenn die Zusammensetzung des hergestellten Stoffs von den Wünschen des Abnehmers abhängig ist und eine kontinuierliche Güteüberwachung anhand standardisierter Parameter nicht stattfindet. Werden die Stoffe nicht für einen konkreten, eng umgrenzten Verwendungsbereich hergestellt, sondern variiert die Zusammensetzung nach der Verwendungsabsicht des Kunden, rechtfertigen die potentiellen Umweltgefahren, die aus der Ungewissheit des Einsatzes resultieren, einen Verbleib unter dem Abfallregime.687 Sind die Eigenschaften der gewonnenen Stoffe mit denen der zu ersetzenden 684 Ebenso EuGH, Urt. v. 11.11.2004, Rs. C-475/02, Slg. 2004, I-10853, Rn. 52, für die Sortierung und Reinigung von mit organischen Substanzen verunreinigtem Metallschrott, ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 46, für Recycling von Bauschutt durch Aussortieren ungeeigneter Teile oder die Zerkleinerung. 685 Zum Verfahren zur Aufbereitung von Bauschutt vgl. Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 53 f. 686 So OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 46, für die Aufbereitung von Bauschutt zur späteren Verwendung als Verdichtungsmaterial im Straßen- oder Wegebau oder als Baumaterial für Lärmschutzwälle. 687 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.03.2006, Az. 20 A 4127/04, juris Rn. 28; a. A. Zühlsdorff , BR 2/2004, 35, 39.

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E. Anforderungen des Abfallrechts

Primärrohstoffe nicht identisch oder zumindest vergleichbar, ist das Auftreten einer abfalltypischen Gefahrenlage nicht von vornherein ausgeschlossen, so dass ein Verbleib der Stoffe unter dem Abfallrecht erforderlich erscheint.688 Daneben mangelt es an der weiteren Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 KrWG, wenn die hergestellten Ersatzbaustoffe nicht zu einem positiven Marktwert veräußert werden können, sondern dem Abnehmer ein Abnahmeentgelt gezahlt und darüber hinaus die Transportkosten übernommen werden müssen, selbst wenn der negative Marktwert durch den Verarbeitungsprozess gesteigert wurde.689 Wird durch den Aufbereitungsprozess ein marktgängiger Stoff hergestellt, kann aus dieser Tatsache allein nicht gefolgert werden, es handle sich bei dem Stoff nicht mehr um Abfall, weil auch Abfälle an zahlende Abnehmer veräußert werden können.690 Erforderlich ist darüber hinaus, dass sämtliche in § 5 Abs. 1 KrWG genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Hierzu gehört nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG, dass die Verwendung der Ersatzbaustoffe nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führt. Da beim Einsatz von Ersatzbaustoffen wie bei der Verwertung von Klärschlamm die Gefahr eines Schadstofftransfers in die Umwelt besteht, ist davon nur auszugehen, wenn den Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit der Verwertung nach § 7 Abs. 3 KrWG genüge getan ist. Bau- und Abbruchabfälle sowie Abfälle aus industriellen Prozessen sind häufig mit Schwermetallen oder anderen Schadstoffen belastet, die bei den genannten Sortier- und Reinigungsverfahren nicht oder jedenfalls nicht vollständig abgebaut werden, sondern in den hergestellten Ersatzbaustoffen enthalten bleiben.691 Die Abfalleigenschaft kann daher auch bei den mineralischen Ersatzbaustoffen nicht mit Durchführung des ersten Behandlungs- oder Verwertungsschritts enden, weil die Schadlosigkeit der Verwertung bis zur abschließenden Verwendung des Abfalls für den anderen Zweck sichergestellt werden muss.692 Die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung mineralischer Abfälle auf und im Boden gestellt werden, sind in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie der Ersatzbaustoffverordnung ent688

VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 68. BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 257 f.; speziell für mineralische Ersatzbaustoffe VG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2004, Az. 17 K 4572/03, juris Rn. 51 ff.; VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 69; a. A. Zühlsdorff , BR 2/2004, 35, 39, der den betriebswirtschaftlichen Vorteil der Steigerung des negativen Marktwerts als Indiz für das Entfallen der Abfalleigenschaft ansieht. 690 Ausschließlich auf die Herstellung eines marktfähigen Endprodukts stellen allerdings der Hessische VGH, Beschl. v. 18.12.2002, Az. 6 TG 2353/02, ZUR 2003, 245, 246, sowie der Bayerische VGH, Beschl. v. 15.10.2003, Az. 20 CE 03.2282, NVwZ-RR 2004, 95, 96, bei der Behandlung von Asbestzement ab. 691 Zur Schadstoffbelastung mineralischer Abfälle vgl. Dehoust et al., Aufkommen, Qualität und Verbleib mineralischer Abfälle, S. 61 ff. 692 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 254 f.; a. A. in der Berufungsinstanz das OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 20.06.2005, Az. 4/2 L 494/04, juris Rn. 48 ff., das fälschlicherweise nicht den gesamten Verwertungsvorgang in den Blick nimmt, sondern für die Produktion des Klärschlammkomposts auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 KrW-/AbfG abstellt; ebenso für die Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 46 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.1999, Az. 21 A 3481/96, NVwZ-RR 2000, 671, 672; VG Hannover, Urt. v. 18.11.2009, Az. 11 A 4612/07, juris Rn. 66 ff.; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 28; Zühlsdorff , BR 2/2004, 35, 40; Giesberts/Kleve, DVBl 2008, 678, 686 f. 689

VI. Zusammenfassung

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halten. Erst wenn deren Voraussetzungen eingehalten wurden, kann davon ausgegangen werden, dass eine Verwertung unter Beachtung der sich aus § 7 Abs. 3 KrWG ergebenden Pflichten stattgefunden hat. Ebenso wie für Bodenmaterial findet sich für weitere mineralische Ersatzbaustoffe in § 19 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 eine Regelung zum Ende der Abfalleigenschaft. Dort ist für Recycling-Baustoffe der Klasse 1, Gleisschotter der Klasse 0 und 1 sowie Schmelzkammergranulat geregelt, dass diese nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 4 ErsatzbaustoffV-E2 führen, soweit die Anforderungen des § 4 ErsatzbaustoffV-E2 erfüllt wurden. Auch diese Stoffe werden daher aus dem Abfallregime entlassen, soweit, was wiederum in § 19 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 gefordert ist, die weiteren Anforderungen des § 5 Abs. 1 KrWG erfüllt sind. Auch für diese Stoffe endet die Abfalleigenschaft nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung somit bereits vor ihrer endgültigen Verwendung.

VI. Zusammenfassung Die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind auf einen Einsatz mineralischer Stoffe auf und im Boden anwendbar, wenn es sich bei diesen um Abfälle handelt. Um Abfall handelt es sich bei mineralischen Stoffen dann, wenn ein Entledigungstatbestand erfüllt wird. Dafür ist erforderlich, dass sich der Besitzer ihrer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Ein Entledigungswille ist anzunehmen, wenn die Sache bei einer Handlung angefallen ist, deren Zweck nicht auf den Anfall der Sache gerichtet war. Ob das der Fall ist, wird insbesondere bei Kraftwerksrückständen relevant. Hier scheidet ein Entledigungswille nur dann aus, wenn die Stoffe ohne eine weitere über ein normales industrielles Verfahren hinausgehende Vorbehandlung unmittelbar eingesetzt werden können, weil sie den einschlägigen Qualitätsanforderungen entsprechen und ihre Weiterverwendung sichergestellt ist. Trifft dies nicht zu, sind sie Abfall im subjektiven Sinn. Unter den subjektiven Abfallbegriff fällt im Regelfall auch Bauschutt, weil die ursprüngliche Zweckbestimmung der Sache weggefallen, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an ihre Stelle getreten ist. Das gilt jedenfalls für Bauschutt mit weiteren als nur mineralischen Bestandteilen, allenfalls für sortenreinen mineralischen Bauschutt kann im absoluten Ausnahmefall die Abfalleigenschaft nicht gegeben sein. Boden- oder Gesteinsmassen, die beim Abbau von Bodenschätzen anfallen, sind nur dann Rohstoff und nicht Abfall, wenn ihre Weiterverwendung ohne vorherige Bearbeitung gewiss ist. Kontaminierter Boden ist Abfall im objektiven Sinn, weil er geeignet ist, das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist auf mineralische Abfälle grundsätzlich anwendbar. Vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind lediglich Abfälle, die im Zusammenhang mit dem Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten von Bodenschätzen in der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben angefallen sind. Darunter fallen Boden und Steine, die unmittelbar und üblicherweise beim Abbau und der Verarbeitung von Bodenschätzen entstanden sind. Entsprechendes gilt für nicht kontaminierte Böden, die bei Bauarbeiten ausgehoben wurden und in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie angefallen sind, wieder für Bauzwecke verwendet werden. Außerdem findet das Gesetz keine Anwendung auf Böden an ihrem Ursprungsort. Das gilt auch dann, wenn

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E. Anforderungen des Abfallrechts

sie kontaminiert sind. Alle anderen mineralischen Abfälle müssen entsprechend den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes entsorgt, sprich entweder verwertet oder beseitigt werden. Nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist eine Maßnahme der Entsorgung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden nur dann als Verwertung einzuordnen, wenn damit eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften zu anderen Zwecken verfolgt wird. Die Voraussetzung ist erfüllt, wenn mineralische Abfälle zur Verfüllung einer Grube eingesetzt und Eigenschaften wie das Volumen oder die Festigkeit der Abfälle genutzt werden. Eine Nutzung spezifischer stofflicher Eigenschaften wird vom Gesetz nicht verlangt. Erforderlich ist allerdings, dass die Verwendung dem Freiwerden von natürlichen Rohstoffen dient, die Verfüllung also mit Rohstoffen durchgeführt worden wäre, hätten die Abfälle nicht zur Verfügung gestanden. Die bloße Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle ist jedoch nicht ausreichend für die Annahme einer stofflichen Verwertung. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Nutzung des Abfalls und nicht die Beseitigung des Schadstoffpotentials den Hauptzweck der Maßnahme bildet. Das ist anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu ermitteln. Hierfür ist der Nutzen, der aus dem Abfall gezogen wird, mit den anfallenden Kosten in Relation zu setzen. Der Nutzen liegt bei der Verwendung von mineralischen Abfällen im Regelfall im Verzicht auf die Verwendung von Primärrohstoffen. Diesem gegenüber zu stellen sind die für die konkrete Entsorgungsmaßnahme aufzuwendenden Kosten. Stehen sie in einem vernünftigen, angemessenen Verhältnis, liegt der Hauptzweck in der Nutzung. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer Verfüllung von der Bergaufsicht unterliegenden Betrieben mit bergbaufremden Abfällen im Regelfall anzunehmen. Dennoch ist jede einzelne Entsorgungsmaßnahme im Hinblick darauf zu untersuchen, ob es sich um eine Verwertung oder Beseitigung handelt. Das kann im Einzelfall nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit vorhergesagt werden. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Tatbestand des § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG nicht geeignet ist, die praktisch bedeutsame Frage, welche Entsorgungsart im Einzelfall vorliegt, sachgerecht und praktikabel zu beantworten. Daran ändert auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz nichts, wenn statt auf den „Hauptzweck“ auf das „Hauptergebnis“ abgestellt wird. An der Einführung der Definition der Verwertung in § 3 Abs. 23 KrWG ist zwar zu begrüßen, dass sie die Verwertung auf eine objektive Basis stellt und nicht mehr von subjektiv gefärbten Kriterien wie dem Hauptzweck abhängig macht. Allerdings ist zur Bestimmung einer Entsorgungsmaßnahme nach wie vor eine wertende Einzelfallentscheidung erforderlich, die so lange umstritten sein wird, wie nicht die starren Rechtsfolgen, die an eine Verwertung bzw. Beseitigung geknüpft sind, aufgelöst werden. Anstatt daher den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen und Rechtssicherheit über eine weiter ausdifferenzierte normative Definition der stofflichen Verwertung zu suchen, wäre eine Lösung der hinter der Abgrenzungsfrage stehenden Zielkonflikte vorzugswürdig gewesen. Die Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie hätte dazu genutzt werden sollen, einen weiten, nicht von einer wertenden Entscheidung abhängigen Verwertungsbegriff festzusetzen und den mit ihm einhergehenden Problemen auf anderer Ebene zu begegnen. Ein uneingeschränkter Verwertungsbegriff würde dem abfallpolitisch gewünschten Ressourcenschutz möglichst weitreichend Rechnung tragen. Außerdem könnte der vorrangi-

VI. Zusammenfassung

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ge Schutz der Umwelt mit anspruchsvollen, europaweit geltenden materiellen Standards für die wichtigsten Verwertungsverfahren besser verwirklicht werden als mit einer abstrakten Vorrangregelung. Nach gegenwärtiger Rechtslage ist es keinesfalls so, dass eine Verwertung immer die umweltverträglichere Entsorgungsart darstellt. Durch dieses Konzept würde die sehr komplexe Abgrenzungsfrage weitgehend obsolet und – sofern anspruchsvolle Verwertungsstandards festgesetzt werden – der Umweltschutz wesentlich besser verwirklicht als in der Abfallrahmenrichtlinie gefundenen Lösung. Ergänzend wäre eine Neuregelung erforderlich gewesen, die eine flächendeckende, hygienische, ökologische und wirtschaftlich sinnvolle Entsorgung von Hausmüll sicherstellt. Anstatt hier lediglich die für die Abfallbeseitigung geltenden Prinzipien der Nähe und Entsorgungsautarkie auf gemischt anfallenden Hausmüll zu erstrecken, hätte auf EU-Ebene eine staatliche Bewirtschaftungskompetenz für alle – auch die getrennt gesammelten und bereitgestellten – Haushaltsabfälle festgeschrieben werden sollen. Eine entsprechende Vorschrift wäre primärrechtlich gerechtfertigt und daher nicht zu beanstanden gewesen. Die Verwertung mineralischer Abfälle ist dann zulässig, wenn sie ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Eine Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und allen sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gerecht wird. Sie erfolgt schadlos, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist. Welche konkreten inhaltlichen Anforderungen an die unbestimmten Rechtsbegriffe der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit bei einer Verwertung mineralischer Abfälle in oder auf dem Boden gestellt werden, wird in den folgenden Kapiteln im Einzelnen dargelegt.

F. Anforderungen des Bodenschutzrechts Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die über die Forderung der Ordnungsgemäßheit in § 7 Abs. 3 KrWG bei der Abfallverwertung einzuhalten sind, gehören die des Bodenschutzrechts,1 also in erster Linie das Bundes-Bodenschutzgesetz, aber auch die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen.

I. Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts Der Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes ist in § 3 BBodSchG geregelt. Nach § 3 Abs. 1 BBodSchG ist es auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten anwendbar, soweit die in Nr. 1 bis Nr. 11 genannten Vorschriften Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. 1. Verhältnis zum Abfallrecht Das Verhältnis des Bodenschutzrechts zum Abfallrecht ist Gegenstand von § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BBodSchG. Danach sind die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes über das Aufbringen von Abfällen zur Verwertung als Sekundärrohstoffdünger oder Wirtschaftsdünger und die hierzu erlassenen Rechtsverordnungen sowie die Klärschlammverordnung ebenso wie die Vorschriften über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen sowie über die Stilllegung von Deponien vorrangig. Da die Verwertung mineralischer Abfälle weder eine Abfallbeseitigung darstellt noch die Stoffe als Dünger verwendet werden, sind die genannten Vorrangregelungen nicht einschlägig. In Fallkonstellationen, in denen Bodenmaterial, das als Abfall einzustufen ist, verwertet wird, besteht daher kein „Spannungsverhältnis zum Abfallrecht“,2 weil diese nicht von der Subsidiaritätsregelung des § 3 Abs. 1 BBodSchG erfasst sind. Das Abfall- und das Bodenschutzrecht stehen insoweit nebeneinander.3 Die Anwendbarkeit des BundesBodenschutzgesetzes ist somit in keiner der Arbeit zugrunde liegenden Fallkonstellationen durch das Abfallrecht eingeschränkt. 2. Verhältnis zum Bergrecht Die Subsidiarität des Bodenschutzrechts könnte sich aber aus § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG ergeben, der das Verhältnis zum Bergrecht zum Gegenstand hat. Danach findet das 1 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255; VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 106; VG Magdeburg, Urt. v. 04.03.2013, Az. 1 A 328/11, juris Rn. 49; zur Ordnungsgemäßheit der Verwertung siehe E. IV. 1. 2 So aber Dombert, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 6 Rn. 3. 3 Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 223; Grothmann, NZBau 2010, 343, 344.

I. Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts

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Bundes-Bodenschutzgesetz „auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten“ nur insoweit Anwendung, als „Vorschriften des Bundesberggesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes [. . . ] Einwirkungen auf den Boden nicht regeln“. Folglich ist für alle Fälle, in denen die Verwertung der mineralischen Abfälle im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens zugelassen wird, zu prüfen, ob die bodenschutzrechtlichen Regelungen durch das Bergrecht verdrängt werden. a) Schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Das Bundes-Bodenschutzgesetz findet auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit die vorrangigen Fachgesetze Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Die Begriffe der schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten werden in § 2 Abs. 3 und Abs. 5 BBodSchG legaldefiniert. Schädliche Bodenveränderungen sind danach „Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Beeinträchtigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen“. Altlasten werden unterteilt in Altablagerungen und Altstandorte. Altablagerungen sind stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind, § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG. Der Begriff Altstandorte umfasst Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist; ausgenommen sind Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf, § 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG. Obwohl in § 3 Abs. 1 BBodSchG ausdrücklich nur auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Bezug genommen wird, wodurch der Eindruck entstehen kann, es würde nur der Bereich der Gefahrenabwehr und Sanierung erfasst, ist die Subsidiaritätsregelung umfassend zu verstehen. Zu den die schädlichen Bodenveränderungen betreffenden Vorschriften gehören nicht nur solche, die Anforderungen stellen, wie mit Flächen umzugehen ist, auf denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht oder solche Veränderungen bereits eingetreten sind. Vielmehr gehören zu den Vorschriften auch Regelungen zur Vorsorge und zur Vermeidung schädlicher Bodenveränderungen. § 3 Abs. 1 BBodSchG erstreckt sich daher auch auf den Vorsorgebereich.4 b) Einwirkungen auf den Boden Bevor etwas darüber gesagt werden kann, ob die auf eine Verwertung mineralischer Abfälle in Gruben anwendbaren bergrechtlichen Vorschriften Einwirkungen auf den Boden regeln, ist zunächst zu klären, was unter dem Begriff der „Einwirkung“ zu verstehen ist. Das Bundes-Bodenschutzgesetz verwendet diesen Terminus zwar an einigen Stellen, unter anderem in der zentralen Gefahrenabwehrregelung des § 4 Abs. 1 BBodSchG. Eine Erläuterung seines Inhalts findet sich aber weder in der Definitionsnorm des § 2 BBodSchG noch in den einzelnen Bestimmungen, die auf diesen Rechtsbegriff zurückgreifen. Daher ist sein Aussagegehalt vorrangig anhand des Wortsinns zu ermitteln. 4 Vgl. Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 2; Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 5; a. A. Krautz/Köppel, TerraTech 2001, 33, 33.

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Einwirken bedeutet, „von (bestimmter) Wirkung [zu] sein“,5 wobei Wirkung die durch eine verursachende Kraft herbeigeführte Veränderung, also das erzielte Ergebnis ist.6 Unter Hinweis auf den Wortsinn wird vertreten, eine Einwirkung auf den Boden sei jede mittelbare oder unmittelbare Folge einer Handlung, die kein auf eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen gerichtetes Verhalten voraussetze.7 Nach einer anderen Auffassung werden Einwirkungen als „Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen verstanden [. . . ], die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen“.8 Dieser Definitionsansatz ist wegen der Gleichsetzung von Einwirkungen mit schädlichen Bodenveränderungen abzulehnen. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber in einem Absatz einer Vorschrift nicht auf zwei unterschiedliche Begriffe zurückgegriffen hätte, wenn er damit das Gleiche ausdrücken wollte. Außerdem sind Einwirkungen nach dem oben dargelegten Wortsinn Handlungen, die Wirkungen auf den Boden entfalten und Bodenveränderungen erst hervorrufen.9 Sie sind die Ursache, in deren Folge schädliche Bodenveränderungen erst entstehen können. Eine Einwirkung auf den Boden ist folglich die Vornahme einer Handlung, die Wirkungen auf den Boden entfaltet und zu einer Veränderung der Bodenbeschaffenheit, nicht aber zwingend zu einer schädlichen Bodenveränderung führt. Der Begriff ist neutral, so dass sowohl positive wie auch negative Veränderungen des bisherigen Zustandes erfasst werden.10 Die Handlung muss nicht zwingend zweckgerichtet sein, da die Finalität menschlichen Handels nicht vorausgesetzt wird.11 c) Vorschriften über die Einstellung des Betriebs Bei der hier in Rede stehenden Verwertung mineralischer Abfälle ist die dritte Tatbestandsvariante des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG einschlägig, weil über deren Zulassung im Zusammenhang mit der Einstellung des Betriebs entschieden wird. Für die Einstellung eines Bergbaubetriebs ist nach § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG ein Abschlussbetriebsplan aufzustellen, der den Nachweis enthalten muss, dass den in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 13, Abs. 2 BBergG genannten Voraussetzungen entsprochen wird. § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 13 BBergG enthält einen Katalog von Anforderungen, die bei der Einstellung des Bergbaubetriebs vom Bergbauunternehmer zu fordern sind. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen wird von der zuständigen Bergbehörde im Abschlussbetriebsplanverfahren geprüft und eine Zulassung nur dann erteilt, wenn sie erfüllt sind.12 Die maßgeblichen Vorschriften über die Einstellung eines Bergbaubetriebs finden sich daher in § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 13, Abs. 2 BBergG. Sie gehen 5

Müller, Duden Bedeutungswörterbuch, S. 214. Müller, Duden Bedeutungswörterbuch, S. 759. 7 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 14; Hilger, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 4 Rn. 10. 8 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 7. 9 Peine, in: Fluck et al., BBodSchG, § 3 Rn. 150. 10 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 8; wohl auch Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 14. 11 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 222; Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 8; Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 3 Rn. 6; a. A. Schönfeld, in: Oerder/Numberger/Schönfeld, BBodSchG, § 3 Rn. 7. 12 Zum bergrechtlichen Betriebsplanverfahren siehe D. V. 6

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dem Bodenschutzrecht vor, soweit dort Einwirkungen auf den Boden geregelt sind. Dabei steht einer Regelung von Einwirkungen auf den Boden nicht schon entgegen, dass sämtliche Vorschriften des Bundesberggesetzes vorrangig den Zweck verfolgen, „zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen [. . . ] zu ordnen und zu fördern“, § 1 Nr. 1 BBergG. Ursprünglich war dies alleiniger Gesetzeszweck; bis schließlich im Jahr 1990 der Gesetzgeber den Gedanken des Bodenschutzes mit aufgenommen und dem Bundesberggesetz insoweit Umweltrelevanz verliehen hat, als er den „sparsame[n] Umgang mit Grund und Boden“ in § 1 Nr. 1 BBergG ebenfalls zum Zweck des Gesetzes erklärte. Ob das Bergrecht in § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG auch Einwirkungen auf den Boden regelt, ist durch Auslegung der einzelnen Vorschriften zu ermitteln. Einen gewissen Bezug zum Schutzgut Boden weisen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 7 und 9 BBergG auf. Danach ist die Zulassung des Abschlussbetriebsplans unter anderem davon abhängig, dass der Bergbauunternehmer „die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern, Beschäftigter und Dritter im Betrieb“ (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG) sowie „zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche“ (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG) getroffen hat und „gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind“ (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG). aa) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG Bei der Zulassung eines Abschlussbetriebsplans ist nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG „die erforderliche Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und zum Schutz von Sachgütern, Beschäftigter und Dritter im Betrieb“ zu treffen. Zu den nach dem Bergrecht geschützten Sachgütern gehört unter anderem der Boden, mit dem nach § 1 Nr. 1 BBergG sparsam und schonend umzugehen ist. Allerdings bezieht sich die in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG geforderte Gefahrenvorsorge für die genannten Rechtsgüter nur auf betriebliche Gefahren im engeren Sinne. Die Vorschrift soll ausweislich der Gesetzesbegründung dem innerbetrieblichen Sachgüter-, Unfall- und Gesundheitsschutz dienen.13 Nach herrschender Auffassung schützt die Vorschrift daher keine Sachgüter Dritter, sondern nur Bereiche, die durch den Bergbauunternehmer in Anspruch genommen wurden.14 Als Sachgut umfasst ist damit allein der Boden auf dem Betriebsgrundstück. bb) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG Darüber hinaus hat der Unternehmer die Wiedernutzbarmachung der von seinem Betrieb in Anspruch genommenen Oberfläche sicherzustellen, §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BBergG. Erfolgt die Wiedernutzbarmachung durch Verfüllung, so besteht ein eindeutiger und unmittelbarer Bezug zum Schutzgut Boden, da Handlungen vorgenommen werden, die sich auf den Boden auswirken. 13 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zu § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, der § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG inhaltlich entspricht, BT-Drs. 8/1315, S. 110. 14 BVerwG, Urt. v. 16.03.1989, Az. 4 C 36.85, BVerwGE 81, 329, 336; BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253; Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 14; Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 55 Rn. 35 ff.; a. A. Sondermann/Hejma, in: Versteyl/ Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 68.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

cc) § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG dürfen weiter „gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sein“. Obwohl der Gesetzeswortlaut ausdrücklich nur auf die „Aufsuchung und Gewinnung“ abstellt, gilt die Vorschrift über § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG auch für die Einstellung des Bergbaubetriebs, so dass Maßnahmen zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche nur dann zuzulassen sind, wenn sie nicht zu einem Gemeinschaden führen. Um feststellen zu können, ob § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG Einwirkungen auf den Boden regelt, ist zunächst der unbestimmte Rechtsbegriff der „gemeinschädlichen Einwirkungen“ auszulegen. Als gemeinschädliche Einwirkungen werden schädliche Einwirkungen für das gemeine Wohl, oder anders ausgedrückt, ein Schaden für das Allgemeinwohl, verstanden.15 Ein solcher liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Einzelner geschädigt wird; vielmehr muss ein Schaden in einem Umfang drohen, der sich auf die Allgemeinheit auswirkt,16 das heißt, der einen überindividuellen Bezug aufweist.17 Das Gemeinwohl lässt sich als die Gesamtheit der öffentlichen Interessen bestimmen,18 wozu auch das Vorhandensein einer intakten Umwelt, mithin ökologische Belange gehören.19 In Bezug auf das Umweltmedium Wasser wurde dies in der Rechtsprechung bislang mehrfach entschieden. So wurde etwa die erhebliche Belastung der Vorflut mit Sauerwasser20 oder die Verschmutzung des Grundwassers mit grundwasserschädlicher Bohrspülung, mit Hydrauliköl, Lagerstättenwasser oder Erdöl21 als eine gemeinschädliche Einwirkung angesehen. Wenn Gewässerbeeinträchtigungen zu einer gemeinschädlichen Einwirkung führen können, gilt dies auch für Beeinträchtigungen des Umweltmediums Boden. Das verdeutlicht ein vergleichender Blick auf § 15 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 KrWG, wonach zu einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit neben der schädlichen Gewässerbeeinflussung auch Bodenbeeinträchtigungen zu zählen sind. dd) § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werden die Anforderungen an die bergrechtliche Betriebsplanzulassung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG durch § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG erweitert. Bei der Vorschrift handelt es sich nicht nur um eine „eigenständige, dem Betriebsplan neben- und nachgeordnete Anordnungsbefugnis“, sondern um „eine die Befugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren erweiternde Norm“,22 die eine Beschränkung oder Untersagung der Aufsuchung oder Gewinnung ermöglicht, soweit „überwiegende öffentliche Interessen“ entgegenstehen. Obwohl sich 15

Frenz, Bergrecht, S. 64; Kremer, UPR 1999, 250, 250. BVerwG, Urt. v. 04.07.1986, Az. 4 C 31.84, BVerwGE 74, 315, 321; Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rn. 40. 17 BVerwG, Urt. v. 09.11.1995, Az. 4 C 25.94, ZfB 1995, 290, 295; Kremer, UPR 1999, 250, 251. 18 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, § 71 Rn. 36; zur Kritik am Gemeinwohlbegriff Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 252 ff.; ebenso, einschließlich einer alternativen Interpretation, Ekardt, Information, S. 71 ff. 19 Frenz, Bergrecht, S. 65. 20 BVerwG, Urt. v. 09.11.1995, Az. 4 C 25.94, ZfB 1995, 290, 295. 21 VG Sigmaringen, Urt. v. 30.08.1989, Az. 7 K 2172/84, ZfB 1990, 67, 73. 22 BVerwG, Urt. v. 04.07.1986, Az. 4 C 31.84, BVerwGE 74, 315, 323. 16

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der Wortlaut auch hier nur auf die Aufsuchung und die Gewinnung bezieht, ist die Vorschrift über § 53 Abs. 1 BBergG auch im Abschlussbetriebsplanzulassungsverfahren zu beachten.23 Das gilt jedenfalls dann, wenn der Abschlussbetriebsplan andernfalls im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen ohne eigene Vollzugsvorschrift erlassen werden müsste. Aus dem Tatbestandsmerkmal „unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften“ wird gefolgert, dass § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG nicht anzuwenden ist, wenn andere Bestimmungen des öffentlichen Rechts eine andere Behörde mit der Wahrnehmung der zu schützenden öffentlichen Interessen betrauen.24 Der Zulassung eines bergrechtlichen Abschlussbetriebsplans können demnach solche umweltbezogenen Anforderungen entgegenstehen, die zwar nicht unter die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG zu subsumieren sind, jedoch überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG darstellen und von keiner anderen Behörde vollzogen werden. Das hat die Rechtsprechung zunächst für die Anforderungen des Immissionsschutzes an nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach §§ 22 ff. BImSchG anerkannt.25 Ausgehend von dieser Rechtsprechung wurde in der bodenschutzrechtlichen Literatur angenommen, auch die Belange des Bodenschutzes seien, solange sie nicht bereits über § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG ins Betriebsplanverfahren Eingang fänden, über § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG als öffentliches Interesse zu beachten.26 Inzwischen liegt dazu auch eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vor.27 Soweit die Art und Weise der auf die bergbauliche Tätigkeit beschränkten Wiedernutzbarmachung also nachteilige Folgen für den Boden hervorrufen kann, ist die Bergbehörde verpflichtet, diese Folgen bereits bei der Zulassung des Betriebsplans zu berücksichtigen. d) Regelung Die Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts setzt nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG voraus, dass die vorgenannten Vorschriften der §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 7 und 9, 48 Abs. 2 BBergG Einwirkungen auf das Schutzgut Boden nicht regeln. Da durch eine Wiedernutzbarmachung der Oberfläche im Wege der Auffüllung mit mineralischen Abfällen auf den Boden eingewirkt wird, ist entscheidend, ob die zuvor eingehend erläuterten Vorschriften über die bergrechtliche Abschlussbetriebsplanzulassung hierfür Regelungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG bereithalten. Das hängt davon ab, wie der Begriff der „Regelung“ in diesem Zusammenhang zu verstehen ist.

23 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 255; Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Norm im Abschlussbetriebsplanverfahren äußert Kirchner, UPR 2010, 161, 165. 24 BVerwG, Urt. v. 04.07.1986, Az. 4 C 31.84, BVerwGE 74, 315, 323. 25 BVerwG, Urt. v. 04.07.1986, Az. 4 C 31.84, BVerwGE 74, 315, 322; BVerwG, Urt. v. 16.03.1989, Az. 4 C 36.85, BVerwGE 81, 329, 339. 26 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 47; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 146; Sanden, in: Sanden/ Schoeneck, BBodSchG, § 3 Rn. 17; Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 22; Schönfeld, in: Oerder/Numberger/Schönfeld, BBodSchG, § 3 Rn. 39. 27 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 254.

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aa) Literaturansicht Im Folgenden werden die in der Literatur vertretenen Meinungen zur Auslegung des Regelungsbegriffs dargestellt und begründet, abschließend wird aufgezeigt, welche Konsequenzen sich daraus für die Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts bei der Verfüllung eines Tagebaus mit mineralischen Abfällen ergeben. (1) Grundsätze In der Literatur hat sich auch über zehn Jahre nach Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes keine einheitliche Auffassung herausgebildet, welche Anforderungen an das vorrangige Fachrecht zu stellen sind, um es als „Regelung“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BBodSchG aufzufassen. Als Grundvoraussetzung für die Subsidiarität des Bodenschutzrechts wird ein „bodenbezogener“ Inhalt der fraglichen Vorschriften des Fachrechts gefordert.28 Dafür sei nicht ausreichend, dass die jeweilige Vorschrift den Boden nur entfernt oder mittelbar betreffe, vielmehr müsse ein „eindeutiger und nicht nur reflexhafter Bezug zum Boden“ bestehen.29 Andere sprechen davon, dass Gegenstand der fachgesetzlichen Regelung ein Verhalten sein müsse, welches „unmittelbar oder mittelbar Auswirkungen“ auf die in § 2 Abs. 2 BBodSchG genannten Bodenfunktionen haben könne.30 Erforderlich sei die Normierung materieller Anforderungen.31 Umstritten ist darüber hinaus, welche Konkretisierungsanforderungen an die das Bodenschutzrecht verdrängenden Regelungen zu stellen sind. Teilweise wird angenommen, sofern eine spezialgesetzliche Rechtsverordnungsermächtigung bestehe, sei der Erlass einer konkretisierenden Verordnung Voraussetzung der Anwendungssperre für das BundesBodenschutzgesetz, da eine lediglich abstrakt wirkende und noch zu konkretisierende Einwirkungsregelung hierfür nicht ausreiche.32 Gegen die Abhängigkeit vom tatsächlichen Erlass untergesetzlicher Vorschriften wird eingewandt, dass in diesem Fall der Verordnungsgeber darüber entscheiden könne, wann sich das vom formellen Gesetzgeber angelegte Konkurrenzverhältnis aktualisiere und die Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes verdrängt würden. Daher sei lediglich ein normativer Rahmen erforderlich, der zu erfüllende Anforderungen enthalte, auch wenn sie einer zusätzlichen Präzisierung bedürften.33 Diese Auffassung stützt sich auf die Gesetzesbegründung, nach der es nicht darauf ankommen soll, „ob und inwieweit die zu erfüllenden fachgesetzlichen Anforderungen untergesetzlich weiter konkretisiert worden sind“.34 Einheitlich wird in der Literatur hingegen die Frage beantwortet, welche Anforderungen an das ökologische Schutzniveau der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 11 BBodSchG genannten Vorschriften zu stellen sind, damit von einer Regelung der Einwirkungen auf den 28 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 3; Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 3; Peine, in: Fluck et al., BBodSchG, § 3 Rn. 173. 29 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 3; Schäfer, UPR 2001, 325, 328. 30 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 15. 31 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 86. 32 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 87. 33 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 10; im Ergebnis wohl auch Sanden, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 3 Rn. 3. 34 BT-Drs.13/6701, S. 31

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Boden ausgegangen werden kann. Es wird übereinstimmend angenommen, die vorrangigen fachgesetzlichen Vorschriften müssten kein gewisses Mindestmaß an Bodenschutz bereitstellen, um als Regelung qualifiziert werden zu können. Daher wird in der Literatur einhellig vertreten, für die Subsidiarität sei es unerheblich, ob die vorrangigen Sonderregelungen im Vergleich zum Bodenschutzrecht einen strengeren oder milderen Maßstab zum Schutz des Bodens anlegen.35 Regelt das Fachrecht einen konkreten Lebenssachverhalt und legt dabei ein bestimmtes Schutzniveau hinsichtlich des Mediums Boden fest, so ist die Anwendbarkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes nach dieser Auffassung ausgeschlossen. Ein schwächerer Schutz des Bodens im Fachgesetz sei „zu respektieren“.36 (2) Begründung Für die Literaturauffassung lassen sich der Wortlaut und die Gesetzesbegründung heranziehen. Der Gesetzestext fordert in § 3 Abs. 1 BBodSchG für ein Zurücktreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes lediglich, dass das Fachrecht Einwirkungen auf den Boden regelt. Etwas regeln bedeutet nach dem Wortsinn geordnete, klare Verhältnisse schaffen.37 Stellt man darauf ab, greift die Subsidiaritätsregel des § 3 Abs. 1 BBodSchG dann ein, wenn das Fachrecht den Anspruch hat, hinsichtlich des Schutzguts Boden geordnete, klare Verhältnisse zu schaffen. Voraussetzung einer Regelung ist nach einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung somit, dass die entsprechenden Vorschriften Einwirkungen auf den Boden tatbestandlich erfassen und mit einer Rechtsfolge verknüpfen.38 Da der Gesetzestext des § 3 Abs. 1 BBodSchG keine weitergehenden, insbesondere keine qualitativen Voraussetzungen benennt, sondern nur danach fragt, ob Einwirkungen auf den Boden geregelt werden, lässt sich allein aus dem Wortlaut kein Erfordernis eines bestimmten Schutzniveaus zugunsten des Bodens entnehmen. Für die in der Literatur vertretene Auffassung spricht zudem der Gang des Gesetzgebungsverfahrens. Nach Vorlage des Gesetzesentwurfs durch die Bundesregierung, der bereits eine weitreichende Subsidiaritätsregel enthielt,39 wurde seitens der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag gefordert, § 3 Abs. 1 BBodSchG so zu formulieren, dass das Gesetz Anwendung finde, soweit die in Nr. 1 bis 11 genannten Vorschriften „nicht gleichlautende oder weitergehende Vorschriften zum Schutz des Bodens“ enthalten.40 Eine vergleichbare Formulierung wurde auch vom Bundesrat vorgeschlagen.41 Die Änderungsanträge haben sich jedoch nicht durchsetzen können, weil befürchtet wurde, dass die Frage der Abgrenzung der verschiedenen Rechtsbereiche durch die vorgeschlagenen

35 Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 4; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/ Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 15; Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 11; Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 1; Schönfeld, in: Oerder/Numberger/Schönfeld, BBodSchG, § 3 Rn. 6; Peine, in: Fluck et al., BBodSchG, § 3 Rn. 173; Hendler, Bodenschutzrecht, 87, 92; Schäfer, UPR 2001, 325, 326. 36 Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 1. 37 Müller, Duden Bedeutungswörterbuch, S. 516. 38 Vgl. zu der im Wege der wörtlichen Auslegung ermittelten Regelungsdefinition Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 75. 39 BT-Drs. 13/6701, S. 8 f. 40 BT-Drs. 13/7891, S. 29, 43. 41 BT-Drs. 13/8182, S. 2.

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Regelungen auf die Vollzugsebene verlagert würde.42 Gesetz geworden ist schließlich die vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgeschlagene Fassung, in welcher die im Regierungsentwurf noch negativ formulierte Subsidiaritätsklausel positiv gefasst worden ist.43 Die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des BundesBodenschutzgesetzes von dem anderer Fachgesetze sollte aus Gründen der Rechtsklarheit an die im Polizei- und Ordnungsrecht der Länder üblichen Regelungen betreffend das Zurücktreten des allgemeineren Gesetzes angelehnt werden.44 (3) Konsequenzen Die Subsidiarität des Bundes-Bodenschutzgesetzes hat nach den Stimmen in der Literatur nicht zur Folge, dass die materiellen Anforderungen des Bodenschutzrechts im Rahmen des vorrangigen Fachrechts keinerlei Beachtung finden würden. Fehle im vorrangigen Fachrecht der materielle Maßstab für den Schutz des Bodens, müsse dieser trotz der subsidiären Anwendung den bodenschutzrechtlichen Vorschriften entnommen werden.45 Das Bundes-Bodenschutzgesetz sei als „Auslegungshilfe“ heranzuziehen beziehungsweise habe eine „Ausstrahlungswirkung“ auch auf das vorrangige Fachrecht.46 Zum Teil wird davon gesprochen, die Maßstäbe des Bodenschutzrechts würden in das Fachrecht „inkorporiert“47 . In der Literatur besteht demnach Einigkeit, dass die materiellen Grundsätze des Bodenschutzes auch bei Subsidiarität des Bundes-Bodenschutzgesetzes zur Anwendung gelangen. Eine direkte Anwendung kommt wegen des in § 3 Abs. 1 BBodSchG angeordneten Zurücktretens jedoch nicht in Betracht. Und auch eine analoge Anwendung scheidet mangels unbewusster Regelungslücke aus. Die materiellen Maßstäbe sind deshalb nur als Orientierungshilfe zur Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe heranzuziehen.48 (4) Verfüllung von Tagebauen Nach der Literaturansicht, die keine Anforderungen an das ökologische Schutzniveau der Regelungen stellt, ist davon auszugehen, dass bei der Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Tagebaus mit mineralischen Abfällen durch § 55 BBergG Einwirkungen auf den Boden geregelt werden. So wird vertreten, bei der bergrechtlichen Zulassung eines Abschlussbetriebsplans würde das Bundes-Bodenschutzgesetz im Rahmen der Vorsorge durch § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG verdrängt.49 Entsprechendes gelte für 42 BT-Drs. 13/7891, S. 28; siehe dazu auch Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 7; Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 4. 43 BT-Drs. 13/7891, S. 7 f. 44 BT-Drs. 13/7891, S. 38. 45 Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 6; Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 3 Rn. 28; Schrader/Wickerath, Bodenschutzrecht, S. 182. 46 Queitsch, BBodSchG, Rn. 60; Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 225; Schäfer, UPR 2001, 325, 328. 47 Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 3. 48 So Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht, Rn. 99, für die Abgrenzung des Bodenschutzrechts vom Bergrecht durch §§ 55 Abs. 1 und 2, 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG. 49 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 55 Rn. 68 ff.; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 185 f.

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die Anforderungen an die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG; auch diese Vorschrift enthalte eine Regelung der Einwirkungen auf den Boden.50 Da auch § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG bei der bergrechtlichen Verfüllung von Abgrabungen für einen konkreten Sachverhalt eine Rechtsfolge bestimmt, würden auch durch diese Vorschrift Einwirkungen auf den Boden geregelt.51 Ob auch § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG eine Regelung von Einwirkungen auf den Boden enthält, wird in der Literatur nicht explizit beantwortet. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass bodenschutzrechtliche Belange, insbesondere die Vorsorgeanforderungen, über den unbestimmten Rechtsbegriff der öffentlichen Interessen in die Entscheidung der Bergbaubehörde einzubeziehen seien.52 Nicht nachgegangen wird der Frage, ob von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts auszugehen ist, weil die Subsidiaritätsregel mangels Regelung nicht greift oder ob das Bodenschutzrecht nur eine Orientierungshilfe für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs bietet. Sofern in der Literatur angenommen wird, für eine Regelung seien eigene materielle Maßstäbe zum Schutz des Bodens erforderlich,53 müsste, da § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG lediglich das zur Beachtung des öffentlichen Interesses erforderliche Verfahren bereitstellt, konsequenterweise davon ausgegangen werden, dass eine das Bodenschutzrecht verdrängende Regelung nicht vorliegt. bb) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Dieser in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung hat sich auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in der Berufungsentscheidung zum zweiten Tongrubenurteil angeschlossen: Das Bundes-Bodenschutzgesetz finde auf die Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Tagebaus mit bergbaufremden Abfällen wegen § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG keine Anwendung, weil die Vorschriften über die Zulassung des Abschlussbetriebsplans vorsehen, „dass die erforderliche Vorsorge getroffen wird und gemeinschädliche Auswirkungen weitestgehend auszuschließen sind“. Daher würden „die Regelungen des Bundesbodenschutzgesetzes im Rahmen der Vorsorge und auch hinsichtlich der Gefahrenabwehrpflichten“ verdrängt und seien allenfalls ergänzend heranzuziehen, weil „die bergrechtlichen Vorschriften insofern keine speziellen Anordnungen treffen“.54

50 Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 22; Frenz, BBodSchG, § 2 Rn. 47; Schönfeld, in: Oerder/Numberger/Schönfeld, BBodSchG, § 3 Rn. 38; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/ Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 68 ff.; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 186; Bickel, BBodSchG, § 3 Rn. 17, geht von einer Beschränkung der Regelung auf die oberste Schicht aus. 51 Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 68 ff.; Schönfeld, in: Oerder/Numberger/Schönfeld, BBodSchG, § 3 Rn. 38; Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 187; undifferenziert Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht, Rn. 98; im Ergebnis wohl auch Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 22; Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 47; ebenso für den Fall von Gefahren für Boden und Grundwasser durch Sickerwasser von Bergbauhalden Piens, ZfW 1999, 11, 13. 52 Frenz, BBodSchG, § 3 Rn. 47; Radtke, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 3 Rn. 22; Hipp/Rech/ Turian, BBodSchG, Rn. 146; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht, Rn. 99. 53 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 86; Meinert, Subsidiarität, S. 64. 54 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.12.2002, Az. 7 A 10279/02, ZfB 2004, 30, 37.

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(1) Grundsätze Zu einer anderen Auffassung gelangt demgegenüber das Bundesverwaltungsgericht, das das Bundes-Bodenschutzgesetz und die zugehörige Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG für subsidiär hält.55 Das Bodenschutzrecht werde durch die bergrechtlichen Vorschriften über die Zulassung eines Abschlussbetriebsplans, wonach die erforderliche Vorsorge zu treffen und gemeinschädliche Auswirkungen auszuschließen sind, nicht verdrängt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich „schädliche Bodenveränderungen infolge einer Verfüllung von Abfällen mit den bergrechtlichen Vorschriften nicht sachgerecht erfassen lassen“.56 Insbesondere sei § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG mit seiner hohen Schwelle der Gemeinschädlichkeit „nicht geeignet, die Anforderungen an den Einbau bergbaufremder Abfälle sicherzustellen“.57 Solche seien auch nicht in § 48 Abs. 2 BBergG enthalten, der lediglich die Beachtlichkeit im öffentlichen Interesse voraussetze und das zu ihrer Berücksichtigung erforderliche Verfahren bereitstelle, ohne dabei selbst materielle Anforderungen zu bestimmen.58 (2) Begründung Die Entscheidung über die uneingeschränkte Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts bei der Verfüllung von Tagebauen mit bergbaufremden Abfällen hat in der Literatur überwiegend positive Reaktionen hervorgerufen,59 ohne dass der Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, die Subsidiaritätsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG seien nicht erfüllt, viel Beachtung geschenkt wurde. Nur vereinzelt haben sich Autoren mit der Begründung der Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts auseinandergesetzt. In einem Beitrag ist die Entscheidung so gedeutet worden, dass das Bodenschutzrecht auf die Beeinträchtigung der natürlichen Bodenfunktionen durch die Verfüllung einer Tongrube mit mineralischen Abfällen Anwendung finde, weil die hierdurch erfolgenden „Einwirkungen auf den Boden [. . . ] bergrechtlich nicht abschließend geregelt“ seien. Soweit hingegen „Nutzungsfunktionen des Bodens als Fläche für Siedlung und Erholung, Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sowie Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung“ in Rede stünden, lägen abschließende bergrechtliche Regelungen vor. Das Bodenschutzrecht würde insoweit verdrängt.60 Dieser Deutungsansatz vermag in zweifacher Hinsicht nicht zu überzeugen. Der erste Kritikpunkt betrifft die Trennung zwischen den verschiedenen Funktionen des Bodens nach § 2 Abs. 2 BBodSchG. Der Boden wird in § 2 Abs. 1 BBodSchG definiert als die „obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist“. § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG fragt nur danach, ob von einer Maßnahme Einwirkungen auf den Boden ausgehen. Wegen des funktionalen Bodenbegriffs ist dafür zwar erforderlich, dass Bodenfunktionen berührt werden. Allerdings müssen nicht alle in § 2 55

BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256 f. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 257; dem folgend OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 09.05.2012, Az. 2 M 13/12, juris Rn. 37. 57 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253. 58 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 257. 59 Dazert, AbfallR 2005, 223, 225; Séché, ZfW 2006, 1, 3; Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 249; Ginzky, ZUR 2010, 1, 1. 60 Attendorn, AbfallR 2008, 111, 115 f. 56

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Abs. 2 BBodSchG genannten Funktionen betroffen sein. Es handelt sich auch dann um eine Regelung von Einwirkungen auf den Boden, wenn die in Rede stehende Maßnahme nur Auswirkungen auf einige Bodenfunktionen hat. Des Weiteren ist die Aussage zu kritisieren, Einwirkungen auf den Boden seien „nicht abschließend“ geregelt. Denn nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG wird keine umfassende Regelung gefordert. Vielmehr dürfen Einwirkungen auf den Boden danach im Fachrecht überhaupt nicht geregelt sein. Der Erklärungsversuch, die Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts zu bejahen, weil es an einer abschließenden bergrechtlichen Regelung fehlt, ist daher mit dem Wortlaut der Norm nicht zu vereinbaren. Betrachtet man die Urteilsgründe, wird deutlich, dass dies auch seitens des Bundesverwaltungsgerichts nicht so gesehen wurde. Das Gericht trifft keine Aussage dahingehend, dass es an einer abschließenden Regelung des Bergrechts fehle. Der vorstehend erläuterten Ansicht ist zwar in dem Punkt zuzustimmen, dass die „Ermangelung bergrechtlicher Vorschriften“61 nicht auf der fehlenden Existenz von Vorschriften des Bergrechts gründet.62 In der Entscheidungsbegründung wird vielmehr darauf abgestellt, dass die Vorsorgebestimmung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG sowie der Ausschluss gemeinschädlicher Auswirkungen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG das Problem „nicht sachgerecht erfassen“.63 So sei insbesondere die hohe Schwelle der Gemeinschädlichkeit „nicht geeignet, die Anforderungen an den Einbau bergbaufremder Abfälle sicherzustellen“.64 Damit wird nichts anderes ausgedrückt, als dass zwar Vorschriften existieren, die sich – jedenfalls ansatzweise – mit der Problemlage befassen, deren Anforderungen jedoch nicht so weit reichen, dass von einer Regelung der Einwirkungen auf den Boden im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG ausgegangen werden kann. § 55 Abs. 1 Satz 1 BBergG normiert also ein Schutzniveau, das dem Bodenschutz eine zu hohe Schwelle setzt, als dass es den Vorrang des Bergrechts vor dem Bodenschutzrecht begründen könnte.65 Entgegen der bislang in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht reicht offensichtlich nicht jede Bestimmung, die Einwirkungen auf den Boden zum Gegenstand hat, für die Subsidiarität des Bundes-Bodenschutzgesetzes aus. Vielmehr muss ein gewisses Schutzniveau erreicht sein, um die bodenschutzrechtlichen Vorschriften auszuschließen. Dafür ist die Schwelle der Gemeinschädlichkeit jedenfalls nicht ausreichend. Auf den ersten Blick scheint diese Sichtweise dem Wortlaut und dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens zu widersprechen. In § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG wird für die Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts gefordert, dass im Fachrecht Einwirkungen auf den Boden nicht geregelt sind. Der Wortlaut verlangt zwar keinen ökologischen Mindeststandard, schließt ihn im Umkehrschluss aber auch nicht aus. Die Sichtweise des Bun61

BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 257. Nicht zu folgen ist deshalb der Aussage des OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 09.05.2012, Az. 2 M 13/12, juris Rn. 37, wonach „weder das BBergG noch die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen [. . . ] Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden“, enthalten. 63 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 257. 64 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253. 65 Insoweit zutreffend Attendorn, AbfallR 2008, 111, 116; a. A. wohl Brinkmann, § 3 BBodSchG, S. 190; Müggenborg, NVwZ 2006, 278, 280, die annehmen, das BVerwG habe entschieden, dass das BBergG Einwirkungen auf den Boden durch den Einsatz von bestimmten Stoffen, hier bergbaufremden Abfällen, nicht regelt; letzterem folgend VG Magdeburg, Urt. v. 30.11.2011, Az. 3 A 61/10, juris Rn. 29. 62

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desverwaltungsgerichts, wonach § 55 Abs. 1 BBergG keine sachgerechte Prüfung der Einwirkungen auf den Boden ermöglicht, ist daher mit dem Wortlaut ohne weiteres in Einklang zu bringen. Und auch die Gesetzgebungsgeschichte verlangt keine andere Auslegung des Regelungsbegriffs. Hätte der vom Bundesrat vorgeschlagene Normtext Eingang in das Gesetz gefunden, wäre zwar klar gewesen, dass Vorschriften mit einem geringeren materiellen Schutzgehalt die Anwendbarkeit des Bodenschutzrechts nicht ausschließen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die in den Gesetzestext aufgenommene Vorschrift eine Berücksichtigung des ökologischen Standards verbietet. Neben einer Auslegung nach dem Wortlaut unter Rückgriff auf die Gesetzesbegründung sind andere Auslegungsmethoden, darunter teleologische Erwägungen, heranzuziehen.66 Sinn und Zweck der Einführung des BundesBodenschutzgesetzes war die Erzielung eines einheitlichen und umfassenden Schutzes des Bodens.67 Dieses Ziel kann dann nicht erreicht werden, wenn der Anwendungsbereich derart beschränkt wird, dass die wichtigsten Wirtschaftsbereiche von der Geltung ausgenommen werden, sobald die vorrangigen Fachgesetze Vorschriften bereitstellen, die dem Schutz des Bodens nur ansatzweise dienen. Insofern ist es nicht zu beanstanden, wenn für die Bejahung der Regelung von Einwirkungen ein Schutzniveau gefordert wird, das die Verhinderung von Gemeinschäden überschreitet. (3) Kontrollüberlegung Dass von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit der bodenschutzrechtlichen Anforderungen auszugehen ist, bestätigt folgende Kontrollüberlegung, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung kurz andeutet, ohne auf Einzelheiten einzugehen: Da schädliche Bodenveränderungen „erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums und damit typischerweise nach Entlassung des Tagebaus aus der Bergaufsicht“ auftreten, muss zur Vermeidung einer nachträglichen Verantwortlichkeit „für eine verfüllungsbedingte Sanierung [. . . ] bereits durch den Abschlussbetriebsplan sichergestellt werden, dass es zu derartigen Bodenveränderungen nicht kommt“.68 In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurde mehrfach festgestellt, dass der Bergbauunternehmer auf der Grundlage des Gefahrenabwehrrechts zur Gefahrenbeseitigung herangezogen werden kann, wenn der Betrieb nach Durchführung des Abschlussbetriebsplans gemäß § 69 Abs. 2 BBergG aus der Bergaufsicht entlassen wird. Diesen Verpflichtungen kann er nicht durch Verweis auf die Betriebsplanzulassung entkommen, da sie ihn nicht vor nachträglichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr befreit. Bergrechtlichen Erlaubnissen oder Betriebsplanzulassungen kommt keine Legalisierungswirkung bezüglich bergbaubedingter Bodenverunreinigungen zu.69 Ab dem Zeitpunkt der Entlassung des Betriebs aus der Bergaufsicht gilt das Bodenschutzregime mit seinen Gefahrenabwehrpflichten uneingeschränkt. Die Anwendbarkeit des Bergrechts endet nach der Entlassung aus der Bergaufsicht. Sie lebt auch dann nicht wieder auf, wenn festgestellt wird, dass 66

Dafür Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 74 ff. BT-Drs. 13/6701, S. 15. 68 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 257 f. 69 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.01.1985, Az. 4 B 1434/84, NVwZ 1985, 355, 356; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, Az. 1 S 1245/99, ZfB 2000, 140, 143 f.; VGH BadenWürttemberg, Urt. v. 22.02.2005, Az. 10 S 1478/03, NuR 2006, 107, 110. 67

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doch eine auf den Bergbaubetrieb zurückzuführende Gefahr entstanden ist. Ergibt sich daher nachträglich, dass der Bergbaubetrieb schädliche Bodenveränderungen zurückgelassen hat, ist auf die Sanierung das Bodenschutzrecht ohne Einschränkung anzuwenden.70 Um durch die Nichtbeachtung des Bodenschutzrechts bei der Verfüllung von Tagebauen nicht schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten herbeizuführen, die nach Abschluss der Bergbautätigkeit nach den Vorschriften des Bodenschutzrechts zu beseitigen wären, ist es konsequent, dessen Anwendbarkeit bereits bei der Zulassung der Versatzmaßnahme zu fordern.71 Es widerspräche einer „sinnvollen Gesetzesanwendung“72 , würde die Bergbaubehörde die Herstellung eines Sanierungsfalls im Wege der bergrechtlich gebotenen Wiedernutzbarmachung der Oberfläche zulassen.73 Daher ist sie verpflichtet, durch die Art und Weise der bergrechtlich gebotenen Wiedernutzbarmachung der Oberfläche möglicherweise hervorgerufene nachteilige Folgen für den Boden bereits bei der Zulassung des Abschlussbetriebsplans zu berücksichtigen.74 cc) Bewertung Die Klärung des Verhältnisses zwischen Berg- und Bodenschutzrecht bei der durch einen Abschlussbetriebsplan zugelassenen Verfüllung eines Tagebaus mit mineralischen Abfällen ist zu begrüßen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Bundes-Bodenschutzgesetz und die BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung uneingeschränkt und direkt zur Anwendung kommen und insoweit ein Stück Rechtssicherheit in der umstrittenen Frage herbeigeführt, wie die bodenschutzrechtlichen Normen im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren zu beachten sind. Die höchstrichterliche Entscheidung hat all denen, die das Bodenschutzrecht nur als Orientierungshilfe bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen heranziehen wollen, eine klare Absage erteilt. Abschläge vom materiellen Schutzstandard des Bodenschutzrechts sind damit bei der Zulassung eines Abschlussbetriebsplans unter Hinweis auf die Subsidiaritätsregelung, wie sie beispielsweise in der Berufungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz zum zweiten Tongrubenurteil durch die nur ergänzende Heranziehung der bodenschutzrechtlichen Bestimmungen vorgenommen wurden, nicht mehr möglich. Das Bundes-Bodenschutzgesetz und die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen finden umfassend Anwendung. Damit ist ein Ende der umweltrechtlichen Sonderrolle des Bergbaus wieder ein Stück näher gerückt.75 Die Relevanz der Entscheidung beschränkt sich jedoch nicht auf das Verhältnis des Bodenschutzrechts zum Bergrecht, sondern erlangt darüber hinaus Bedeutung, indem das Gericht zwei allgemeine Aussagen zur Auslegung der Subsidiaritätsnorm des § 3 Abs. 1 BBodSchG getroffen hat, die auch für andere Fallgruppen Geltung beanspruchen: Zum 70 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.02.2005, Az. 10 S 1478/03, NuR 2006, 107, 107 f.; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 3 Rn. 70a; Schrader/Wickerath, Bodenschutzrecht, S. 182; Müggenborg, NVwZ 2006, 278, 281. 71 Dazert, AbfallR 2005, 223, 225. 72 BVerwG, Urt. v. 04.07.1986, Az. 4 C 31.84, BVerwGE 74, 315, 323. 73 Séché, ZfW 2006, 1, 3. 74 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253. 75 Séché, ZfW 2006, 1, 4, spricht davon, das Bundesverwaltungsgericht habe zum Ausdruck gebracht, dass „die Privilegierung des Bergbaus nicht mehr zeitgemäß ist“.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

einen reichen Verfahrensvorschriften für die Annahme einer Regelung nicht aus. Erforderlich sind vielmehr materielle Anforderungen im vorrangigen Fachrecht, die Einwirkungen auf den Boden zum Gegenstand haben. Zudem ist ein gewisses Schutzniveau zugunsten des Bodens erforderlich, um von einer Regelung ausgehen zu können. Die bloße Verhinderung gemeinschädlicher Auswirkungen ist dafür jedenfalls nicht ausreichend. Mit der Entscheidung sind keinesfalls alle Rechtsfragen geklärt. Anstatt darüber zu streiten, in welcher Form die Vorschriften des Bodenschutzrechts im Rahmen des vorrangigen Fachrechts zur Anwendung kommen, wird künftig darüber zu diskutieren sein, wann eine Regelung von Einwirkungen auf den Boden vorliegt und wann nicht. Die Verlagerung der Abgrenzungsprobleme auf diese Ebene hat aber jedenfalls den Vorteil, dass bei Verneinung einer Regelung im Sinne des § 3 Abs. 1 BBodSchG das Bodenschutzrecht uneingeschränkt Anwendung findet und somit von dessen Schutzstandard nicht zum Nachteil des Bodens abgewichen werden kann. 3. Zusammenfassung Das Bodenschutzrecht findet über die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwertung nach § 7 Abs. 3 KrWG auf alle Fallgruppen, in denen mineralische Abfälle zu Verwertungszwecken in den Boden eingebracht oder auf den Boden aufgebracht werden, unmittelbar Anwendung. Das gilt auch dann, wenn die Maßnahme im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren zugelassen wird. Da die maßgeblichen Vorschriften des Bundesberggesetzes Einwirkungen auf den Boden nicht regeln, ist die Subsidiaritätsregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG nicht anwendbar. Die materiellen Maßstäbe für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verfüllung sind unmittelbar dem Bundes-Bodenschutzgesetz und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung zu entnehmen.

II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes Vorstehend wurde festgestellt, dass das Bodenschutzrecht bei einem Einsatz mineralischer Abfälle auf und im Boden nicht nur subsidiär, sondern uneingeschränkt Anwendung findet. Im Folgenden werden deshalb die einschlägigen bodenschutzrechtlichen Bestimmungen dargestellt und diskutiert. Da mit der Abfallverwertung eine Einwirkung auf den Boden verbunden ist, sind nicht erst die Gefahrenabwehrvorschriften Prüfungsgegenstand. Vielmehr gelten bereits die Vorsorgeregelungen. Die Verpflichtung des § 4 Abs. 1 BBodSchG, wonach sich jeder, der auf den Boden einwirkt, so zu verhalten hat, dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden, wird aktuell, sobald das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu befürchten ist.76 Welche Vorschriften im Einzelfall relevant werden, richtet sich nach dem Ort und dem Zweck des Einsatzes der mineralischen Abfälle. Grundsätzlich sind zwei verschiedene Verwertungskonstellationen zu unterscheiden. Die erste Gruppe betrifft Maßnahmen der Abfallverwertung, in denen Abfälle unmittelbar in den Boden auf- oder eingebracht wer-

76 VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 104; Versteyl, in: Versteyl/ Sondermann, BBodSchG, § 4 Rn. 17.

II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes

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den. Sie werden hier als bodenbezogene Verwertung bezeichnet.77 Darunter fallen insbesondere Maßnahmen des Tief- und Landschaftsbaus oder der Verfüllung von Gruben, Abgrabungen und Tagebauen mit mineralischen Abfällen.78 Ihre Zulässigkeit bestimmt sich nach den Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes und der Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung zum vorsorgenden Bodenschutz. Von der bodenbezogenen Verwertung sind Maßnahmen zu unterscheiden, in deren Rahmen unter Zuhilfenahme mineralischer Abfälle ein technisches Bauwerk in oder auf dem Boden hergestellt wird. Unter den Begriff des technischen Bauwerks fällt nach § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die unter Verwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen hergestellt wird und technische Funktionen erfüllt.79 Erfolgt die Verwertung der mineralischen Abfälle nicht unmittelbar bodenbezogen, sondern im Zusammenhang mit der Herstellung eines technischen Bauwerks, finden sich die konkreten Anforderungen zum Schutz des Bodens nicht in der BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung, sondern in der Ersatzbaustoffverordnung. 1. Grundsätze des vorsorgenden Bodenschutzes Gemäß § 1 Satz 1 BBodSchG ist Gesetzeszweck die nachhaltige Sicherung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen. Hierzu sind „schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, der Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu treffen“, § 1 Satz 2 BBodSchG. Das Bundes-Bodenschutzgesetz hat sich damit neben der Abwehr und Sanierung schädlicher Bodenveränderungen die Vorsorge gegen das Entstehen solcher zum gleichrangigen Ziel gesetzt. Das dritte Handlungsziel der Vorsorge wird insbesondere durch die in § 7 BBodSchG normierten Vorsorgepflichten näher ausgestaltet.80 Daneben existieren eine Reihe weiterer Regelungen, welche auf dem Vorsorgeprinzip basieren. Zu nennen sind die landwirtschaftliche Sondervorschrift des § 17 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchG81 sowie die Verordnungsermächtigungen in § 5 BBodSchG betreffend die Entsiegelung und in § 6 BBodSchG für die Auf- und Einbringung von Materialien auf oder in den Boden. a) Allgemeine Vorsorgeanforderungen nach § 7 BBodSchG Nach § 7 Satz 1 BBodSchG sind „der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, [. . . ] verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können“. Vorsorgemaßnahmen sind gemäß § 7 Satz 2 77

Zur Erläuterung des Begriffs der bodenbezogenen Verwertung vgl. A. II. 4. Landel/Vogg/Wüterich, BBodSchG, § 6 Rn. 2; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 191. 79 Zur Erläuterung des Begriffs des technischen Bauwerks vgl. A. II. 4. 80 BT-Drs. 13/6701, S. 28. 81 Zur fehlenden Effektivität der bodenschutzrechtlichen Vorsorge im Bereich der Landwirtschaft vgl. Ekardt/Heym/Seidel, ZUR 2008, 169, 175; Ginzky, ZUR 2010, 1, 1 f. 78

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BBodSchG dann geboten, wenn „wegen der räumlichen, langfristigen oder komplexen Auswirkungen einer Nutzung auf die Bodenfunktionen die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht“. Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht sind, wie § 7 Satz 3 BBodSchG klarstellt, Bodeneinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies im Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstücks verhältnismäßig ist. Der vorgenannte Personenkreis ist zwar grundsätzlich zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen verpflichtet, die Verpflichtung ist nach § 7 Satz 4 BBodSchG aber nicht uneingeschränkt durchsetzbar, weil behördliche Anordnungen nur getroffen werden dürfen, soweit in einer auf Grundlage des § 8 Abs. 2 BBodSchG erlassenen Rechtsverordnung Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen festgelegt sind. Fehlen untergesetzliche Bestimmungen, besteht keine Handhabe für behördliche Durchsetzungsmaßnahmen.82 § 8 Abs. 2 BBodSchG ermächtigt die Bundesregierung zum Erlass von untergesetzlichen Vorschriften, in denen die sich aus § 7 BBodSchG ergebenen Pflichten sowie Anforderungen an die Untersuchung und Bewertung von Flächen mit der Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung festgelegt werden können. Dabei dürfen zum einen sogenannte Vorsorgewerte normiert werden.83 Vorsorgewerte sind danach „Bodenwerte, bei deren Überschreitung unter Berücksichtigung der geogenen oder großflächig siedlungsbedingten Schadstoffgehalte in der Regel davon auszugehen ist, dass die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht“. Zum anderen können zulässige Zusatzbelastungen und Anforderungen zur Vermeidung oder Verminderung von Stoffeinträgen bestimmt werden. Von der Verordnungsermächtigung wurde durch Erlass der §§ 9 bis 11 BBodSchV (§§ 3 bis 5 BBodSchV-E2) Gebrauch gemacht. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) bestimmt, dass „das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen [. . . ] in der Regel zu besorgen [ist], wenn Schadstoffgehalte im Boden gemessen werden, die die Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nr. 4 überschreiten“. In Anhang 2 Nr. 4 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sind insgesamt 16 Vorsorgewerte für Metalle (Antimon, Arsen, Beryllium, Blei, Cadmium, Chrom, Kobalt, Kupfer, Molybdän, Nickel, Quecksilber, Selen, Thallium, Uran, Vanadium, Zink) differenzierend nach den Bodenarten Ton, Lehm/Schluff sowie Sand und drei Vorsorgewerte für organische Stoffe (Polychlorierte Biphenyle (PCB), Benzo(a)pyren, Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)) für Böden mit einem Humusgehalt von mehr oder weniger als 8 Prozent aufgelistet. Wird einer der vorgenannten Werte überschritten, ist nach der Regelannahme des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) davon auszugehen, dass die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht. Die Besorgnis besteht darüber hinaus nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBodSchV-E2) auch dann, wenn „eine erhebliche Anreicherung von anderen Schadstoffen erfolgt, die auf Grund ihrer krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsge-

82 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 7 Rn. 13; Nies, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 7 Rn. 22; zur Verordnungsakzessorietät der Vorsorge vgl. Schäfer, DVBl 2002, 734, 738. 83 Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Festsetzung von Bodenwerten in der BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung ausführlich Seidel, Grenzwerte im Bodenschutz, S. 72 ff.; vgl. auch Ekardt/Lazar, altlasten spektrum 2003, 237, 239.

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fährdenden oder toxischen Eigenschaften in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Bodenveränderungen herbeizuführen“. Die Besorgnis kann, wie der Wendung „in der Regel“ zu entnehmen ist, im Einzelfall widerlegt werden.84 Bei Böden mit entweder naturbedingt oder mit großflächig siedlungsbedingt erhöhten Schadstoffgehalten besteht die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen bei einer Überschreitung der Vorsorgewerte gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BBodSchV (§ 3 Abs. 2 und Abs. 3 BBodSchV-E2) nur, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Bodenfunktionen durch eine erhebliche Freisetzung von Schadstoffen oder durch zusätzliche Einträge der Vorsorgeverpflichteten zu erwarten sind. Ist das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen wegen einer Überschreitung der Vorsorgewerte zu besorgen, haben die Vorsorgeverpflichteten im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2) Vorkehrungen zu treffen, um weitere durch sie auf dem Grundstück und dessen Einwirkungsbereich verursachte Schadstoffeinträge zu vermeiden oder wirksam zu vermindern. Hierzu gehören nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2) sowohl technische Vorkehrungen an Anlagen oder Verfahren wie auch Maßnahmen zur Untersuchung und Überwachung. Die Einträge von anderen, insbesondere nach der Gefahrstoffverordnung85 als krebserzeugend, erbgutvernichtend oder fortpflanzungsgefährdend eingestuften Schadstoffen, für die keine Vorsorgewerte existieren, sind, soweit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, zu begrenzen, § 10 Abs. 2 BBodSchV (§ 4 Abs. 2 BBodSchV-E2). b) Besondere Vorsorgeanforderungen auf Grund von § 6 BBodSchG Neben der allgemeinen Vorsorgepflicht des § 7 BBodSchG und den ergänzenden Vorsorgevorschriften der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung erlangt bei einer Verwertung mineralischer Abfälle entweder im oder auf dem Boden außerdem die besondere Verordnungsermächtigung des § 6 BBodSchG Bedeutung. Danach wird die Bundesregierung zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt, in welcher „Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien hinsichtlich der Schadstoffgehalte und sonstiger Eigenschaften, insbesondere Verbote oder Beschränkungen nach Maßgabe von Merkmalen wie Art und Beschaffenheit der Materialien und des Bodens, Aufbringungsort und -zeit und natürliche Standortverhältnisse sowie Untersuchungen der Materialien oder des Bodens, Maßnahmen zur Vorbehandlung dieser Materialien oder geeignete andere Maßnahmen“ bestimmt werden können. Da Regelungen nur zur Erfüllung der sich aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz ergebenden Anforderungen möglich sind, können auf dieser Grundlage in erster Linie die Vorgaben der §§ 4, 7 und 8 BBodSchG für die Fallgruppe einer Auf- und Einbringung von Materialien auf oder in den Boden einer Konkretisierung zugeführt werden.86 Vorrangiges Ziel der Ermächtigung ist, die Bundesregierung in die Lage zu versetzen, Vorschriften zu erlassen, welche Schadstoffeinträge und sonstige Einwirkungen auf den Boden verhindern oder begrenzen. Aus diesem Grund ist die Ver84

Schäfer, DVBl 2002, 734, 738. Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung) vom 26.11.2010, BGBl. I 2010, S. 1643, zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 15.07.2013, BGBl. I 2013, S. 2514. 86 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 6 Rn. 8; Dombert, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 6 Rn. 2. 85

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ordnungsermächtigung dem Bereich der Vorsorge zuzuordnen.87 Die Vorschrift stellt eine reine Ermächtigungsgrundlage ohne eigene Anforderungen an die Auf- und Einbringung dar. Materielle Vorgaben, die bei einer Verwertung mineralischer Abfälle zu beachten sind, können daher nur der untergesetzlichen Konkretisierung entstammen. aa) §§ 12 ff. BBodSchV Von der Ermächtigung in § 6 BBodSchG hatte die Bundesregierung mit dem Erlass der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung im Jahr 1999 namentlich durch Schaffung des § 12 BBodSchV (§ 7 BBodSchV-E2) Gebrauch gemacht. Die Vorschrift enthält ausweislich ihrer Überschrift „Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“. Daraus ist in der Vergangenheit geschlossen worden, die Vorgaben des § 6 BBodSchG seien durch § 12 BBodSchV „umfassend konkretisiert“.88 Betrachtet man indes den Wortlaut des § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchV (§ 7 Abs. 1 BBodSchV-E2), wird deutlich, dass lediglich Vorgaben für die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht und das Auf- und Einbringen von Material auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht gemacht wurden. Das war auch die Intention des Verordnungsgebers, der damals Beschränkungen nur für den Bereich der durchwurzelbaren Bodenschicht und nicht auch für andere Bereiche treffen wollte.89 Mit dem Erlass des § 12 BBodSchV (§ 7 BBodSchV-E2) ist die Verordnungsermächtigung des § 6 BBodSchG im Jahr 1999 daher nur teilweise umgesetzt worden. Mittlerweile hat der Verordnungsgeber im Entwurf zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung auch Regelungen für Bodenbereiche außerhalb und unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht vorgelegt. Im Abschnitt 2 zur „Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen“ finden sich in § 6 BBodSchV-E2 „allgemeine Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“. Die Vorschrift wird ergänzt durch § 7 BBodSchV-E2 und § 8 BBodSchVE2. Erstgenannter enthält „zusätzliche Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht“; die „zusätzliche[n] Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht“ finden sich in der nachfolgenden Bestimmung.90 bb) §§ 20 ff. ErsatzbaustoffV-E2 Des Weiteren sollen auf Grundlage des § 6 BBodSchG untergesetzliche Regelungen zur Umsetzung des vorsorgenden Bodenschutzes bei der Herstellung technischer Bauwerke erlassen werden.91 Deshalb ist zu prüfen, ob auch diese von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind. Wie den einführenden Erläuterungen des Auf- und Einbringens zu entnehmen ist, sind die beiden Begriffe weit zu verstehen und umfassen auch die Verbringung von minerali87 88 89 90 91

Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 6 Rn. 1; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 191. So Frenz, BBodSchG, § 6 Rn. 14; Loll, Vorsorgender Bodenschutz, S. 112. BR-Drs. 244/99, S. 30. Zu den Anforderungen an die bodenbezogene Verwertung vgl. F. II. 2. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 185 f.

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schen Abfällen als Teile von technischen Bauwerken auf und in den Boden.92 Daher ist es möglich, auf der Grundlage dieser Ermächtigung Vorschriften zum vorsorgenden Bodenschutz auch für die Fallgruppe der Verwendung mineralischer Abfälle und sonstiger mineralischer Materialien93 bei der Herstellung technischer Bauwerke, die auf dem oder im Boden errichtet werden sollen, zu erlassen.94 c) Behördliche Umsetzung der Vorsorgeanforderungen Rechtstechnisch erfolgt die Umsetzung der Vorsorgeanforderungen im Regelfall durch Nebenbestimmungen im die Maßnahme zulassenden Genehmigungsbescheid. Welche Zulassung zu erteilen ist, richtet sich nach Zweck, Umfang und Art der Maßnahme sowie dem Ort und den Auswirkungen des Einsatzes der mineralischen Abfälle.95 So werden im Einzelfall der Baugenehmigung,96 der Abgrabungsgenehmigung,97 der naturschutzrechtlichen Genehmigung,98 dem bergrechtlichen Betriebsplan,99 der straßen- oder wasserrechtlichen Planfeststellung100 oder einer sonstigen Genehmigung Auflagen und andere Nebenbestimmungen beigefügt, welche die auf- und einzubringenden Abfälle, deren Qualitätsanforderungen und die vorher durchzuführenden Untersuchungen verbindlich festlegen. Fraglich ist jedoch, ob in den Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen überhaupt getroffen werden dürfen. Denn ausweislich des § 7 Satz 4 BBodSchG sind Anordnungen nur möglich, „soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 festgelegt sind“. Die 92

Siehe dazu A. II. 4. Der Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung ist nicht auf mineralische Abfälle beschränkt, sondern bezieht alle mineralischen Ersatzbaustoffe im Sinne des § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffVE2 ein. Von diesem Begriff werden neben den mineralischen Abfällen industrielle Nebenprodukte, Baurecyclingprodukte und Bodenmaterial umfasst, vgl. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 186. Für den Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung werden die schwierigen Abgrenzungsfragen zwischen Abfall und Produkt, siehe dazu E. I. 4. b) bb) (5), sowie dem Ende der Abfalleigenschaft, siehe dazu E. V. 2., weitgehend irrelevant. 94 Zu den Anforderungen an die Herstellung technischer Bauwerke vgl. F. II. 3. 95 Siehe dazu im Einzelnen D. 96 Vgl. als Beispiele für Nebenbestimmungen in einer Baugenehmigung Bayerischer VGH, Beschl. v. 03.07.2007, Az. 14 CS 07.966, NuR 2007, 619, 619; VG Ansbach, Beschl. v. 28.08.2006, Az. AN 18 S 06.01827, juris Rn. 1 ff.; VG Ansbach, Urt. v. 06.09.2007, Az. AN 18 K 06.03556, juris Rn. 1 ff. 97 Vgl. als Beispiele für Nebenbestimmungen in einer Abgrabungsgenehmigung OVG NordrheinWestfalen, Beschl. v. 30.07.1998, Az. 10 A 4574/94, NVwZ-RR 1999, 479, 479; VG München, Beschl. v. 14.09.2004, Az. M 11 SN 04.4418, juris Rn. 1. 98 Vgl. als Beispiel für Nebenbestimmungen in einer naturschutzrechtlichen Genehmigung VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 15 ff. 99 Vgl. als Beispiel für eine Nebenbestimmung in einem Sonderbetriebsplan OVG RheinlandPfalz, Urt. v. 19.11.2007, Az. 1 A 10706/05, ZfB 2008, 147, 148; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.11.2009, Az. 1 A 11222/09, juris Rn. 2 ff. 100 Vgl. als Beispiel für eine Nebenbestimmung in einer straßenrechtlichen Planfeststellung den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für den 6-streifigen Ausbau der Bundesautobahn A 8 West (München-Ulm) von Sulzemoos bis westlich Odelzhausen vom 06.10.2004, S. 11 f., abzurufen unter http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/imperia/md/ content/regob/internet/dokumente/bereich3/planfeststellung/planfeststellungsbeschluesse/2004/a_8_ sechsstreifiger_ausbau_beschluss_2004_10_06.pdf (28.02.2014). 93

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§§ 6 ff. BBodSchV-E2 finden sich zwar im zweiten Abschnitt „Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen“ und dienen insofern der Konkretisierung „der sich aus § 7 [BBodSchG] ergebenden Pflichten“ im Sinne des § 8 Abs. 2 BBodSchG, sie sollen aber, wie dem Entwurf der Artikelverordnung ausdrücklich zu entnehmen ist, ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 6 BBodSchG gestützt werden.101 Entsprechendes gilt für die bodenschutzrechtlichen Vorsorgevorschriften in der Ersatzbaustoffverordnung. Daher könnte argumentiert werden, die Anforderungen an das Aufund Einbringen von Materialien auf und in den Boden seien zwar in einer Rechtsverordnung enthalten, die allerdings nicht auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 BBodSchG erlassen wurde, weshalb Anordnungen zur Umsetzung der sich aus §§ 6 ff. BBodSchV-E2 sowie §§ 20 ff. ErsatzbaustoffV-E2 ergebenden Verpflichtungen nicht möglich seien. Eine solche Sichtweise verkennt jedoch, dass § 7 Satz 4 BBodSchG behördliche Anordnungen zur Durchsetzung der Vorsorge zwar unter den Vorbehalt einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 BBodSchG stellt, nicht aber selbst die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Maßnahmen bildet. Diese findet sich vielmehr in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG, wonach die zuständige Behörde zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 BBodSchG und der auf Grund von §§ 5 Abs. 1, 6 und 8 BBodSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten die notwendigen Maßnahmen treffen kann. Für Vorsorgemaßnahmen bestimmt § 10 Abs. 1 Satz 3 BBodSchG ergänzend, dass „Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 [. . . ] getroffen werden [dürfen], soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind“. Die Einschränkung auf eine Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 BBodSchG findet sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage nicht wieder. Daher wird in der juristischen Literatur auch nur davon gesprochen, die Vorsorge des Bodenschutzrechts sei „verordnungsakzessorisch“ und verlange eine untergesetzliche Konkretisierung.102 Der jeweils zuständigen Behörde ist es aus dem Grund möglich, Maßnahmen auch zur Umsetzung der sich aus §§ 6 ff. BBodSchV-E2 sowie §§ 20 ff. ErsatzbaustoffV-E2 ergebenden Anforderungen zu treffen.103 2. Anforderungen an die bodenbezogene Verwertung Bei einer bodenbezogenen Verwertung werden nach hiesigem Verständnis des Begriffs mineralische Abfälle zu Verwertungszwecken unmittelbar auf den Boden auf- oder in den Boden eingebracht.104 Die mit dem Auf- oder Einbringen verfolgte Abfallverwertungsmaßnahme stellt eine Verrichtung auf einem Grundstück im Sinne des § 7 Satz 1 BBodSchG dar, die zu einer Veränderung der Bodenbeschaffenheit führen kann.105 Der Begriff der Verrichtung ist weit zu verstehen und umfasst jede zweckgerichtete Tätigkeit, die auf einem Grundstück zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs ausgeführt wird.106 Zur Veränderung der Bodenbeschaffenheit kann eine Verrichtung führen, wenn sie allein oder im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen geeignet ist, die Bodenstruktur oder 101

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 1. So Schäfer, DVBl 2002, 734, 738; Sanden, NuR 2010, 225, 228. 103 Zu § 12 BBodSchV vgl. VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 106. 104 Zu den Definitionen der Auf- und Einbringung vgl. A. II. 4. 105 OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 68. 106 Nies, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 7 Rn. 7; Hilger, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 7 Rn. 5. 102

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die Bodenfunktionen zu schädigen.107 Davon ist bei einer bodenbezogenen Verwertung mineralischer Abfälle auszugehen, so dass die Vorsorgepflicht auch bei der Verfüllung von Gruben oder Abgrabungen einzuhalten ist. Deshalb ist derjenige, der die Verrichtung durchführt oder durchführen lässt – unabhängig davon, ob er auch Grundstückseigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist – nach § 7 Satz 1 BBodSchG zur Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen verpflichtet.108 Die Gegenansicht, wonach die Vorsorgepflicht nach § 7 Satz 1 BBodSchG auf Verfüllungen nicht anwendbar sei, weil derartige Maßnahmen in den Anwendungsbereich des § 6 BBodSchG fielen,109 überzeugt nicht. In § 7 BBodSchG sind die allgemeinen Vorsorgeanforderungen geregelt, die auf Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 6 BBodSchG für die spezielle Fallgruppe des Auf- und Einbringens von Materialien einer untergesetzlichen Konkretisierung zugeführt werden können. Nur aus diesem Grund ist es auch möglich, in § 7 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 und in § 8 Abs. 3 Satz 1 BBodSchV-E2 für die Zulässigkeit einer Maßnahme auf die fehlende Besorgnis des Entstehens einer schädlichen Bodenveränderung im Sinne des § 7 BBodSchG Bezug zu nehmen. a) Allgemeine Anforderungen Die Zulässigkeit einer bodenbezogenen Verwertung setzt voraus, dass durch den Materialeinsatz keine schädlichen Bodenveränderungen zu besorgen sind. Wann das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu besorgen ist, ist in § 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2) geregelt. Danach besteht die Besorgnis in der Regel, wenn Schadstoffgehalte im Boden gemessen werden, welche die Vorsorgewerte überschreiten oder eine erhebliche Anreicherung von anderen Schadstoffen erfolgt, die aufgrund ihrer krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden oder toxischen Eigenschaften in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Bodenveränderungen herbeizuführen. aa) Einhaltung der Vorsorgewerte Grundsätzliche Voraussetzung für eine zulässige Auf- und Einbringung von Materialien auf und in den Boden ist die Einhaltung der bodenschutzrechtlichen Vorsorgewerte. Das ergibt sich im Umkehrschluss aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2). Folglich kann eine Verwertung mineralischer Abfälle nur dann als ordnungsgemäß im Sinne des § 7 Abs. 3 KrWG angesehen werden, wenn die Vorsorgewerte eingehalten sind.110 Mit der grundsätzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Vorsorgewerte ist jedoch noch nicht gesagt, an welcher Stelle welche konkreten Anforderungen zu erfüllen sind.

107 Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 7 Rn. 6; Nies, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 7 Rn. 7. 108 Ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 25.08.2011, Az. 2 L 34/10, juris Rn. 68; OVG SachsenAnhalt, Beschl. v. 12.03.2009, Az. 2 L 104/08, juris Rn. 8; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.12.2009, Az. 1 A 11122/09, juris Rn. 67; Attendorn, AbfallR 2008, 111, 115. 109 So Knäpple, KA 2001, 1135, 1139. 110 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 252 ff.

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(1) Einhaltung auf dem Verfüllgrundstück Zunächst ist zu konstatieren, dass die Vorsorgewerte auf dem Verfüllgrundstück selbst und nicht nur auf den Nachbargrundstücken einzuhalten sind. Die Gegenansicht, die aus der Zurückweisung des Rechtsstreits durch das Bundesverwaltungsgericht im zweiten Tongrubenurteil an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz111 andere Schlüsse gezogen hat, vermag weder in ihrer Begründung noch in ihrem Ergebnis zu überzeugen. Sie geht davon aus, dass bei einer bodenbezogenen Abfallverwertung nur der Nachweis zu führen sei, dass die Verfüllmaßnahme keine Überschreitung der Vorsorgewerte auf den betroffenen Nachbargrundstücken hervorrufe. Dem Urteil könne hingegen nicht die Unzulässigkeit von Verfüllungen entnommen werden, welche die Vorsorgewerte auf dem Verfüllgrundstück selbst nicht einhalte. Zur Begründung wird vorgebracht, der Umstand der Zurückverweisung lasse keinen anderen Schluss zu. Sie wäre nicht notwendig gewesen, wenn das Bundesverwaltungsgericht die Geltung der Vorsorgewerte auch auf dem eigenen Grundstück und im Verfüllmaterial selbst angenommen hätte. Denn in dem streitgegenständlichen Abschlussbetriebsplan sei die Verfüllung mit Abfällen der Einbauklasse LAGA Z 2 zugelassen worden. Da diese die Vorsorgewerte deutlich überschreiten, hätte es keiner weiteren Tatsachenfeststellung durch das Oberverwaltungsgericht bedurft. Eine nochmalige Tatsacheninstanz sei vielmehr nur deshalb erforderlich gewesen, um im Rahmen eines Sachverständigengutachtens feststellen zu lassen, ob durch den Einbau der zugelassenen Abfälle auf den Nachbargrundstücken die Vorsorgewerte eingehalten würden.112 An dieser Begründung ist zu bemängeln, dass die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht im Zusammenhang mit der Funktion des verwaltungsprozessualen Rechtsschutzes zur Geltendmachung einer eigenen Rechtsverletzung gesehen werden. Eine Anfechtungsklage hat, wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO113 ergibt, nur dann Erfolg, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt ist. Für eine erfolgreiche Anfechtungsklage reichte demnach in der zweiten Tongrubenentscheidung die Rechtswidrigkeit des Abschlussbetriebsplans nicht aus, vielmehr bedurfte es auch der tatsächlichen Feststellung, dass die klagenden Nachbarn durch diesen in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind. Subjektiv-öffentliche Rechte sind Rechtssätze aus dem Bereich des öffentlichen Rechts, die neben dem allgemeinen Interesse zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind.114 Die weit verbreitete Ansicht, hierunter fielen keine

111 Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts war eine Zurückverweisung notwendig, weil „keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen [wurden], ob bei der Verfüllung der Tongrube durch die zugelassenen Abfälle die Vorsorgewerte für Böden [. . . ] überschritten werden“, weshalb der Senat „nicht davon ausgehen [kann], dass der angefochtene Bescheid [. . . ] rechtswidrig ist“. Weiter wird ausgeführt, dass „verwertbare tatsächliche Feststellungen zu der Frage [fehlen], ob von den verfüllten Abfällen ausgehende Schadstoffe auf die Grundstücke der Kl. einwirken können“, vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, juris Rn. 32 f. (Urteilspassage ist in der amtlichen Entscheidungssammlung nicht abgedruckt). 112 Kaminski/Collisy, Müll und Abfall 2005, 580, 583. 113 Verwaltungsgerichtsordnung vom 19.03.1991, BGBl. I 1991, S. 686, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 10.10.2013, BGBl. I 2013, S. 3786. 114 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 83, 87.

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Vorsorgenormen,115 wird unter anderem wegen des gleitenden Übergangs vom Vorsorgezum Gefahrenabwehrbereich, der eine eindeutige Zuordnung nicht immer erlaubt, zunehmend kritisiert.116 Die Schwierigkeit der Abgrenzung ist auch der Grund dafür, dass in einigen wenigen Rechtsbereichen von der generellen Verneinung des Drittschutzes bei Vorsorgebestimmungen abgewichen wird.117 Das ändert jedoch nichts daran, dass die Rechtsprechung nach wie vor sehr zurückhaltend ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die völkerund europarechlichen Vorgaben bezüglich des Individualrechtsschutzes in Umweltfragen, die nicht zwischen Vorsorge und Gefahrenabwehr unterscheiden und daher eine Gleichstellung hinsichtlich der Drittbetroffenheit verlangen, zukünftig auswirken werden.118 Für den Bereich des Bodenschutzrechts hat das Bundesverwaltungsgericht der Vorsorgebestimmung des § 7 Satz 1 BBodSchG nachbarschützende Wirkung zumindest insoweit zugesprochen, als sie den Nachbarn davor bewahren soll, als Eigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt gemäß § 4 Abs. 3, 5 oder 6 BBodSchG zu einer Sanierung verpflichtet zu werden, sollte es infolge der Verfüllung einer Abgrabung unter Missachtung der Vorsorgepflicht zu einer Schadstoffanreicherung auf seinem Grundstück kommen. Da die einschlägigen bodenschutzrechtlichen Vorschriften in § 7 Satz 1 BBodSchG einerseits auf schädliche Bodenveränderung „im Einwirkungsbereich“ abstellen und andererseits § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG voraussetzt, dass „dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit“ entstehen, ist hinreichend klar erkennbar, dass sie nicht nur der Allgemeinheit zu dienen bestimmt sind, sondern auch den Schutz des Nachbarn bezwecken.119 Dieser Aussage des Bundesverwaltungsgerichts kann jedoch – auch wenn dies umweltpolitisch wünschenswert wäre – keine Ausweitung des Drittschutzes dergestalt entnommen werden, dass Nachbarn bereits dann in ihren subjektiven Rechten verletzt sind, wenn auf dem Grundstück desjenigen, der die Verrichtung durchführt, die Vorsorgewerte nicht eingehalten werden.120 Die bloße Überschreitung der Vorsorgewerte genügt für eine Rechtsverletzung nicht einmal dann, wenn die Möglichkeit einer Einwirkung auf das Nachbargrundstück besteht. Vielmehr bedarf es eines Nachweises der Verletzung bodenschutzrechtlicher Anforderungen zum Nachteil des Nachbarn.121 Weil der Nachweis nicht erbracht und die zugrunde liegenden Tatsachen zum Entscheidungszeitpunkt nicht geklärt waren sowie vom Bundesverwaltungsgericht, das als Revisionsinstanz an einer eigenen Sachverhaltsaufklärung ge115 BVerwG, Urt. v. 22.12.1980, Az. 7 C 84.78, BVerwGE 61, 256, 267; BVerwG, Urt. v. 18.05.1982, Az. 7 C 42.80, BVerwGE 65, 313, 320; zum Streitstand vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 151 ff. 116 Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 154 ff.; Sparwasser/Engel/ Voßkuhle, Umweltrecht, § 5 Rn. 11; zur Gefahrenabwehr und Vorsorge am Beispiel des Fluglärmrechts vgl. Ekardt/Schmidtke, DöV 2009, 187, 192 ff. 117 Das gilt namentlich für das Atomrecht, vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.1985, Az. 7 C 65/82, BVerwGE 72, 300, 315, und das Gentechnikrecht, vgl. VG Neustadt, Beschl. v. 16.12.1991, Az. 7 l 1319/91, NVwZ 1992, 1008, 1009. 118 Vgl. zur Aarhus-Konvention und deren Umsetzung in europäisches Recht Ekardt/Pöhlmann, NVwZ 2005, 532, 533 f.; Ekardt, NVwZ 2006, 55, 55; zur Begründung der Einklagbarkeit auch von Vorsorgeregeln Ekardt, Information, S. 174 ff.; Ekardt/Schenderlein, NVwZ 2008, 1059, 1062 ff. 119 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 261; dem folgend für den Gefahrenabwehrbereich VG Würzburg, Urt. v. 08.11.2005, Az. W 4 K 03.1056, juris Rn. 6 f. 120 So aber Séché, ZfW 2006, 1, 5. 121 Ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.11.2008, Az. 1 A 10706/05, ZfB 2008, 147, 155; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 168.

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hindert ist, auch nicht ermittelt werden konnten, wurde der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverweisen. Die nach der Zurückverweisung ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz bestätigt die vorgenannten Ausführungen zum subjektiven Rechtsschutz in eindrucksvoller Weise: Das Gericht stellte fest, dass durch die zugelassenen Abfälle die Vorsorgewerte jedenfalls im Verfüllkörper zum Teil erheblich überschritten werden. Eine individuelle Rechtsbetroffenheit der Nachbarn resultiere daraus aber nur, wenn auch auf deren Grundstück ein Schadstoffeintrag zu erwarten sei, infolge dessen sie als Eigentümer zu Gefahrerforschungs- oder Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden könnten. Da das eingeholte Sachverständigengutachten zum Ergebnis kam, dass auf den Nachbargrundstücken keine Gefahr einer schädlichen Bodenveränderung besteht, weil die von den verfüllten Abfällen ausgehenden Schadstoffe nicht auf die Grundstücke der Kläger einwirken können, hat es die Berufung zurückgewiesen.122 Die Klage blieb letztlich also erfolglos, weil eine subjektive Rechtsverletzung der Kläger nicht festgestellt werden konnte. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Verfüllung einer Abgrabung mit Abfällen, die zu einer Überschreitung der Vorsorgewerte führt, sei nach wie vor möglich, solange der Nachweis erfolge, dass keine Überschreitung auf den Nachbargrundstücken hervorgerufen werde. Vielmehr hat die Genehmigungsbehörde bei der Zulassung einer Maßnahme nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung in Art. 20 Abs. 3 GG zu prüfen, ob die Vorschriften des Bodenschutzrechts eingehalten sind und nicht nur darauf abzustellen, ob eine potentielle Nachbarklage Erfolg haben würde.123 An solchen Behauptungen wird das Problem der Beschränkung des Rechtsschutzes auf den Gefahrenabwehrbereich besonders deutlich. Gerade weil die Vorsorgeanforderungen – sofern behördliche Maßnahmen im Einzelfall überhaupt, was keinesfalls immer zutrifft, möglich sind124 – der gerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogen sind, obliegt ihre Einhaltung allein der Verwaltung, was in der Praxis zu erheblichen Vollzugsdefiziten führt. Unter anderem aus diesem Grund sind erweiterte Klagerechte auch im Vorsorgebereich erforderlich.125 Die Interpretation, es müsse nur sichergestellt werden, dass die Nachbargrundstücke nicht unzulässig verunreinigt würden, ist aber nicht nur im Begründungsansatz wenig überzeugend, sondern auch im Ergebnis falsch.126 Bodenschutzrecht ist kein Nachbarschutzrecht, sondern funktionales Umweltrecht, das nach § 1 Satz 1 BBodSchG den Schutz des Mediums Bodens in seinen Funktionen unabhängig davon bezweckt, ob sich der Boden auf einem eigenen Grundstück oder auf einem Nachbargrundstück befindet.127 Das zeigt sich nicht nur an der Vorschrift zur Zweckbestimmung, sondern auch an den konkreten Handlungspflichten. Nach § 4 Abs. 1 BBodSchG hat sich „jeder, der auf den 122

OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.11.2008, Az. 1 A 10706/05, ZfB 2008, 147, 155 f. Ebenso Attendorn, AbfallR 2006, 167, 168. 124 So besteht beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft nach § 17 BBodSchG keine behördliche Anordnungsbefugnis, vgl. dazu Ekardt/Seidel, NuR 2006, 420, 423 f.; Ekardt/Heym/Seidel, ZUR 2008, 169, 175. 125 Zu den Unzulänglichkeiten im bodenschutzrechtlichen Vorsorgebereich und der Forderung nach weiteren Klagerechten Ekardt/Lazar, altlasten spektrum 2003, 237, 243. 126 Wie hier Dazert, AbfallR 2005, 223, 225. 127 Attendorn, AbfallR 2006, 167, 168. 123

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Boden einwirkt, [. . . ] so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden“. Auch die Vorsorgebestimmung des § 7 Satz 1 BBodSchG stellt nur darauf ab, dass Verrichtungen auf einem Grundstück durchgeführt werden, wozu zweifelsohne auch das eigene Grundstück gehören kann. Nichts anderes ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des zweiten Tongrubenurteils, das ganz generell darauf abstellt, dass „Bodeneinwirkungen, die die Vorsorgewerte überschreiten, in der Regel zu unterlassen“ sind.128 Das Bodenschutzrecht und dessen Vorsorgebestimmungen gelten daher nicht nur auf den Nachbargrundstücken, sondern auch auf dem Verfüllgrundstück selbst, so dass die Vorsorgewerte auch dort und nicht lediglich auf angrenzenden Grundstücken einzuhalten sind. (2) Einhaltung im Verfüllmaterial Mit der Feststellung, dass die Vorsorgeanforderungen nicht nur auf dem Nachbar-, sondern auch auf dem Verfüllgrundstück einzuhalten sind, ist noch nicht die Frage beantwortet, ob dies auch für das Verfüllmaterial selbst gilt oder es nur auf den umgebenden Boden ankommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in der zweiten Tongrubenentscheidung hierzu nicht explizit geäußert, sondern nur ausgeführt, dass Bodeneinwirkungen, die die Vorsorgewerte überschreiten, in der Regel zu unterlassen sind.129 Zur Beantwortung der Frage ist die zur Umsetzung der Vorsorgeanforderungen erlassene Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchVE2) heranzuziehen, die davon ausgeht, dass das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung dann zu besorgen ist, wenn „im Boden“ Schadstoffgehalte gemessen werden, die die Vorsorgewerte überschreiten. Der Begriff „Boden“ ist in § 2 Abs. 1 BBodSchG legaldefiniert als „die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger [. . . von] Bodenfunktionen ist“. Aus einem Rückgriff auf diese Definition jedoch abzuleiten, eine Überschreitung der Vorsorgewerte sei nicht schon dann anzunehmen, wenn sie in dem zur Verfüllung eingesetzten Material festgestellt wird, sondern erst, wenn sie sich auf den die Verfüllung umgebenden Boden ausgewirkt hat,130 ist im Ergebnis wenig überzeugend. Schon eine Wortlautauslegung führt nicht zu dieser Schlussfolgerung. Denn zur Beantwortung der Frage, wo die Vorsorgewerte einzuhalten sind, darf nicht ausschließlich auf die Situation vor Durchführung der Maßnahme abgestellt werden. Es ist auch in den Blick zu nehmen, dass sie im Wege der Verwertung erfolgt, was voraussetzt, dass die stofflichen Eigenschaften der Abfälle genutzt, spricht Bodenfunktionen geschaffen, erhalten oder verbessert werden.131 Das Verfüllmaterial wird demnach eingebaut, tritt an die Stelle 128

BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 259. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 259; Attendorn, AbfallR 2008, 111, 116, schließt daraus, dass die Vorsorgewerte nicht nur im umgebenden Boden, sondern im Verfüllmaterial selbst einzuhalten seien. 130 So ausdrücklich VG Magdeburg, Beschl. v. 09.04.2008, Az. 3 B 53/08, ZfB 2008, 200, 204; auch das OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.11.2008, Az. 1 A 10706/05, ZfB 2008, 147, 157, an das der Rechtsstreit in der Tongrubenentscheidung II zurückverweisen wurde, hat die Geltung der Vorsorgewerte im Verfüllmaterial zwar nicht ausdrücklich verneint, aber angenommen, der Abschlussbetriebsplan sei rechtmäßig, obwohl dort (mit einigen Ausnahmen) der Einsatz von Abfällen bis zur Einbauklasse Z 2 zugelassen war; ebenso mit anderer Begründung Kaminski/Collisy, Müll und Abfall 2005, 580, 582 f. 131 Zum Merkmal der Nutzung bei einer bodenbezogenen Verwertung siehe E. III. 3. b) bb). 129

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der abgebauten Rohstoffe, ersetzt dort Bodenfunktionen und ist anschließend von natürlichem Bodenmaterial umschlossen; oder, um es mit anderen Worten auszudrücken: es wird Boden hergestellt. Die eingesetzten mineralischen Abfälle können daher nach dem Einbau unter den Bodenbegriff des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) gefasst werden.132 Diese Ansicht wird durch eine teleologische Betrachtung der Vorsorgeanforderungen bestätigt. Sie sind am Grundsatz der Nachhaltigkeit ausgerichtet und sollen die Erfüllung der Bodenfunktionen langfristig gewährleisten, die Verschlechterung der Bodenqualität verhindern sowie bereits im Vorfeld Schadstoffeinträge vermeiden.133 Daran haben sich nicht nur natürlich gewachsener Boden, sondern auch im Rahmen einer bodenbezogenen Verwertung eingebrachte mineralische Abfälle messen zu lassen.134 Schutzbedürftig ist eben nicht nur der die Verfüllung umgebende Boden, sondern auch der durch sie ersetzte. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn es sich bei den Verfüllstoffen um Bodenmaterial handelt. Nichts anderes kann für sonstige mineralische Abfälle gelten.135 Die Vorsorgewerte sind daher nicht nur im den Verfüllkörper umgebenden Boden, sondern auch im Verfüllmaterial selbst einzuhalten.136 (3) Einhaltung in der Tiefe Vorstehend wurde erörtert, dass die Vorsorgeanforderungen auch für das Verfüllmaterial selbst gelten, weil bei einer bodenbezogenen Verwertung Boden im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG hergestellt wird. Daher ist weiter zu prüfen, bis in welche Tiefe die Vorsorgepflicht zu erfüllen ist. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung enthält hierzu keine konkreten Vorgaben. Weil sich in § 8 BBodSchV-E2 jedoch eine Spezialregelung findet, die „zusätzliche Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen unterhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht“ vorsieht, ist jedenfalls klar, dass Vorsorge nicht nur in der durchwurzelbaren Bodenschicht, sondern auch in den Bereichen darunter zu treffen ist. Der Verordnungsgeber bejaht mit der entsprechenden Ausgestaltung der Vorschriften die ehemals umstrittene

132 Ebenso Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 249; Bertram, AbfallR 2009, 297, 298 f., unter Verweis auf die von LABO, LAGA und LAWA unter Beteiligung des LAB erarbeiteten und von der 26. ACK gebilligten „Auslegungsgrundsätze (8.8.2000) und Begründung (18.9.2000) zu den Anwendungsbereichen der BBodSchV hinsichtlich des Auf- und Einbringens von Materialien auf und in den Boden von den diesbezüglichen abfallrechtlichen Vorschriften“, Abgrenzungsgrundsatz Nr. 6, S. 3; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135; Frenz, AbfallR 2012, 72, 74 ff.; wohl auch Bachmann, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 12 BBodSchV Rn. 6; von einem offenen Wortlaut geht hingegen Attendorn, AbfallR 2006, 167, 168, aus. 133 Sanden/Schoeneck, BBodSchG, § 7 Rn. 2; Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, § 7 Rn. 1. 134 Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 249; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135. 135 Attendorn, AbfallR 2006, 167, 168; zur Frage, ob auch andere Abfallstoffe als Bodenmaterialien eingesetzt werden dürfen siehe F. II. 2. a) bb). 136 VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 55; ebenso, wenngleich nicht ausdrücklich, OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.03.2009, Az. 2 L 104/08, juris Rn. 8, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135.

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Frage, ob die Vorsorgeanforderungen auch unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht einzuhalten sind, zu Recht mit der herrschenden Meinung.137 Die vereinzelt, insbesondere vom Verwaltungsgericht Magdeburg vertretene Gegenansicht vermag bereits unter der gegenwärtigen Rechtslage nicht zu überzeugen. Sie folgerte aus der Sonderregelung des § 12 BBodSchV (§ 7 BBodSchV-E2), die zwar ausweislich ihrer weit gefassten Überschrift „Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“ enthält, tatsächlich aber nur Vorgaben für die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht sowie eine Auf- und Einbringung von Materialien in eine durchwurzelbare Bodenschicht und nicht für darunter liegende Bereiche normiert, dass die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung keine Vorsorgeanforderungen für eine Verfüllung unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht vorgebe.138 Für die Ansicht lässt sich zwar die Verordnungsbegründung zu der Vorschrift des § 12 BBodSchV (zum damaligen Zeitpunkt noch § 11, künftig § 7 BBodSchV-E2) anführen: „Durch die Beschränkung auf die durchwurzelbare bzw. kultivierbare Bodenschicht wird der Bereich für das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden insofern einer Beschränkung unterworfen, als gerade für diesen obersten Bereich besondere Anforderungen an die Qualität hinsichtlich des Schutzes der Bodenfunktionen gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG und der Nutzung als Standort für die Land- und Forstwirtschaft oder als Fläche für Siedlung und Erholung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c BBodSchG gestellt werden müssen. Bei Baumaßnahmen in tieferen Bodenschichten sind dann gegebenenfalls die Anforderungen des Bau-, Wasser- und Abfallrechts zu beachten.“139 Der Aussage kann entnommen werden, dass der Verordnungsgeber davon ausging, der Bereich unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht würde von den Neuregelungen nicht tangiert. Vielmehr sollten dort die Anforderungen des Fachrechts gelten. Die Ausführungen in der Verordnungsbegründung sind allerdings nicht überzeugend. Die bodenschutzrechtliche Vorsorge ist gesetzlich in § 7 BBodSchG verankert. Zur Konkretisierung der Anforderungen ist auf die Regelungen des siebten Teils der BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung zurückzugreifen. Innerhalb dessen trifft § 12 BBodSchV (§ 7 BBodSchV-E2) Sonderregelungen für die Herstellung oder die Auf- und Einbringung von Materialien in oder auf die durchwurzelbare Bodenschicht. Die Existenz dieser Sondervorschrift hat jedoch keine Auswirkungen auf die Geltung der Anforderungen der §§ 9 f. BBodSchV (§ 3 f. BBodSchV-E2) für darunter liegende Bereiche, weil auch diese zum Boden im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG gehören und folglich die allgemeine Vorsorgepflicht auch hierfür gilt.140 137 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010, Az. 7 B 16.10, juris Rn. 10; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.11.2009, Az. 1 A 11222/09, juris Rn. 82; VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 55; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 848; Simon, TerraTech 2001, 23, 25 f.; Seiffert, Boden und Altlasten Symposium 2002, 193, 204 f.; Scheier, ZfW 2004, 1, 6; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 169; Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 249; Bertram, AbfallR 2009, 297, 298 f.; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135; Frenz, AbfallR 2012, 72, 78; offen gelassen von Dazert, AbfallR 2009, 102, 103. 138 VG Magdeburg, Beschl. v. 09.04.2008, Az. 3 B 53/08, juris Rn. 27 ff.; ebenso Knäpple, KA 2001, 1135, 1140. 139 BR-Drs. 244/99 (Beschluss), S. 30. 140 In diese Richtung auch Bannick, § 12 BBodSchV, S. 119, der für nicht nachvollziehbar hält, warum Unterböden durch die Ausführungen ein vorsorgender Schutz versagt bleiben sollte; a. A. Knäpple, KA 2001, 1135, 1140.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

Diesen Begründungsansatz hatte das Verwaltungsgericht Magdeburg allerdings nicht gewählt. Es stützte seine Ausführungen vielmehr auf eine Aussage in der Begründung des ersten Arbeitsentwurfs zur „Verordnung über den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken und zur Änderung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung“ mit Stand vom 13.11.2007. Dort heißt es: „Explizite Regelungen für das Einbringen von Materialien außerhalb oder unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht fehlen jedoch derzeit“.141 Die Aussage, dass explizite Regelungen fehlen, kann indes kein Beleg für die Nichtanwendbarkeit der Verordnung im Übrigen sein, da aus der Begründung eines etwaigen Regelungsbedarfs nicht zugleich das Bestehen einer Regelungslücke abzuleiten ist.142 Etwas anderes ließ sich im Übrigen auch der Begründung des Arbeitsentwurfs nicht entnehmen. In dem der zitierten Passage folgenden Absatz wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „das auf- oder eingebrachte Material grundsätzlich den bodenschutzrechtlichen Vorsorgeanforderungen genügen“ muss.143 Folglich sind die Vorsorgebestimmungen bei einer bodenbezogenen Verwertung auch schon nach bisheriger Rechtslage unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht einzuhalten. Zur Beantwortung der Frage, bis in welche Tiefe die Vorsorgebestimmungen gelten, ist wiederum auf den Bodenbegriff des § 2 Abs. 1 BBodSchG, also die „obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger [. . . von] Bodenfunktionen“ ist, abzustellen. Unabdingbare abfallrechtliche Voraussetzung für eine bodenbezogene Verwertung ist die Schaffung, Erhaltung oder Verbesserung von (nicht nur natürlichen) Bodenfunktionen.144 Damit steht fest, dass der Boden im Bereich der bodenbezogenen Verwertung Bodenfunktionen erfüllt. Die obere Schicht der Erdkruste hat auf dem Festland eine Tiefe von 30 bis 50 Kilometer.145 Da auch in tiefere Schichten vordringende übertägige Abbauvorhaben diese Grenze nicht überschreiten, beziehen sich alle hier untersuchten Fallgruppen auf den Bereich der obersten Schicht. Folglich sind bei einer bodenbezogenen Verwertung die Vorsorgeanforderungen bis in die Tiefe einzuhalten. (4) Verbot technischer Vorkehrungen Eine Überschreitung der Vorsorgewerte darf auch nicht durch technische Vorkehrungen kompensiert werden. Zwar bestimmt § 10 Abs. 1 BBodSchV (§ 4 Abs. 1 BBodSchV-E2), dass bei einem Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 141 Begründung zur Verordnung über den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der Bundes-Bodenschutz und Altlastenverordnung, Stand: 13.11.2007, S. 7. 142 OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.11.2009, Az. 1 A 11222/09, juris Rn. 82; ähnlich auch Attendorn, AbfallR 2006, 167, 170. 143 Begründung zur Verordnung über den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken und zur Änderung der Bundes-Bodenschutz und Altlastenverordnung, Stand: 13.11.2007, S. 7; kritisch Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 249, die die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts Magdeburg als „bestenfalls unorthodoxes Zitieren“ werten. 144 Würden bei einem solchen Abfalleinsatz keine Bodenfunktionen hergestellt, läge das nach § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG erforderliche Merkmal der Nutzung nicht vor, vgl. dazu E. III. 3. b) bb); a. A. Attendorn, AbfallR 2006, 167, 169, der bei einer Verfüllung von Tagebauen in jedem Einzelfall prüfen möchte, ob und inwieweit Bodenfunktionen erfüllt werden. 145 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 30.

II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes

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Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) der Vorsorgeverpflichtete beispielsweise technische Vorkehrungen zu treffen hat, um weitere Schadstoffeinträge zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies verhältnismäßig ist. Wortlaut und Systematik der Vorschrift sind aber nicht dahingehend zu verstehen, dass hiernach bei einer Verfüllung Sicherungsmaßnahmen erlaubt wären, welche dem Einschluss der in den Boden eingebrachten Schadstoffe dienen. Vorkehrungen sollen nicht der Kompensation einer Überschreitung der Vorsorgewerte dienen, sondern Schadstoffeinträge vermindern.146 Im Fall einer Auf- und Einbringung von Materialien sind Schadstoffeinträge, die die Vorsorgewerte überschreiten, dadurch zu vermeiden, dass die Maßnahme unterbleibt beziehungsweise dadurch zu vermindern, dass das Einsatzmaterial die Vorsorgewerte nicht überschreitet.147 (5) Verhinderung erheblicher Schadstoffanreicherungen Schädliche Bodenveränderungen sind nicht nur dann zu besorgen, wenn bei der Verwendung mineralischer Abfälle die Vorsorgewerte überschritten werden, sondern gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBodSchV-E2) auch, wenn eine erhebliche Anreicherung anderer Schadstoffe erfolgt, die wegen ihrer krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsschädigenden oder toxischen Eigenschaften hierzu in besonderem Maße geeignet sind. Diese Vorschrift ermächtigt die zuständige Behörde, auch im Bereich anderer Schadstoffe tätig zu werden, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Diese Regelungstechnik ist aber problematisch: Zur Formulierung des Tatbestands verwendet der Verordnungsgeber eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die anders als im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) nicht durch eine Festsetzung von Schadstoffwerten konkretisiert sind. Die fehlende weitergehende Konkretisierung hat zur Folge, dass in jedem Einzelfall entschieden werden muss, ob bei einer Verwertung mineralischer Abfälle etwa ein krebserzeugender Schadstoff geeignet ist, in besonderem Maße schädliche Bodenveränderungen herbeizuführen und eine erhebliche Anreicherung im Boden droht. Diese Tatsache führt dazu, dass die Forderung der Verhinderung erheblicher Schadstoffanreicherungen praktisch nicht vollzogen wird.148 bb) Einsatzmaterialien Unter der gegenwärtigen Rechtslage, die in § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchV (§ 7 Abs. 1 BBodSchV-E2) lediglich Vorgaben für die Auf- und Einbringung von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer solchen vorsieht und darüber hinaus keine Regelungen trifft, ist streitig, ob bodenbezogene Verwertungsmaßnahmen bereits aus dem Grund nicht ordnungsgemäß und deshalb unzulässig sind, dass andere Stoffe als Bodenmaterialien zum Einsatz kommen.

146 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 4 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 259; Kaminski/Collisy, Müll und Abfall 2005, 580, 582; Attendorn, AbfallR 2008, 16, 19. 147 Attendorn, AbfallR 2006, 167, 172. 148 Zum fehlenden Wissen als eine Ursache umwelt-, auch bodenschutzrechtlicher Steuerungsdefizite vgl. Ekardt, Steuerungsdefizite, S. 117 ff.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

Die Unzulässigkeit anderer Materialien lässt sich dabei nicht schon den Hinweisen in den „Technischen Regeln für die Verwertung“ der LAGA entnehmen, obwohl diese bei der Verfüllung von Abgrabungen eine Beschränkung auf Bodenmaterial enthalten.149 Denn ein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwertung setzt die Existenz von Rechtsvorschriften voraus, welche als Einsatzstoffe nur Bodenmaterialien zulassen. Diese Voraussetzung erfüllen die Technischen Regeln nicht, weil es sich bei diesen nicht um Vorschriften mit Rechtsnormqualität handelt.150 Obwohl in den vorgenannten Hinweisen auf die „materiellen Anforderungen des Bodenschutzrechts“ verwiesen wird, lässt sich diesen eine solche Beschränkung nicht entnehmen, da weder das Bundes-Bodenschutzgesetz noch die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung ein Verfüllverbot für mineralische Abfälle beinhalten.151 Davon schien auch das Bundesverwaltungsgericht im zweiten Tongrubenurteil ausgegangen zu sein, das bei der Prüfung der Vorschriften des Bodenschutzrechts lediglich die Nichteinhaltung der Vorsorgewerte bemängelte, nicht aber zugleich die geplante Verfüllung mit industriellen Reststoffen kritisierte.152 Es ist anzunehmen, dass das Gericht auch diesen Punkt in seine Urteilsbegründung aufgenommen hätte, wenn es von der Unzulässigkeit einer Verwendung dieser Stoffe ausgegangen wäre. Mittlerweile hat es die Zulässigkeit eines Einsatzes anderer Materialien klargestellt.153 Auch nach der Neufassung des § 6 Abs. 1 BBodSchV-E2 wird ein Einsatz mineralischer Abfälle nicht ausgeschlossen. Die Norm spricht vielmehr gänzlich uneinschränkend von „Materialien“ und gerade nicht nur von Bodenmaterialien im Sinne des § 2 Nr. 1 BBodSchV (§ 2 Nr. 1 BBodSchV-E2). Welche weiteren Anforderungen in Bezug auf die zulässigen Einsatzmaterialien im Zusammenhang mit dem Auf- und Einbringen auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht und zur Herstellung einer solchen sowie außerhalb oder unterhalb einer solchen gestellt werden, wird dort erörtert.154

149 LAGA, „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen, Teil II: Technische Regeln für die Verwertung, 1.2 Bodenmaterial (TR Boden)“, Stand: 05.11.2004, Ziffer 1.2.3.2, Hinweis 1, S. 9: „Die Verwertung anderer Abfälle als Bodenmaterial zur Verfüllung von Abgrabungen ist aufgrund der materiellen Anforderungen des Bodenschutzrechts unzulässig. Eine mögliche Ausnahme stellt die Verwertung von aufbereitetem Bauschutt, der die Anforderungen zum Boden- und Grundwasserschutz erfüllt, für betriebstechnische Zwecke (z. B. Fahrstraßen, Böschungssicherung) dar.“ 150 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256, spricht von „Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums“, die „weder für die Behörde noch für das Gericht verbindliche Wirkung beanspruchen“ können; darauf beruft sich das OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.03.2009, Az. 2 L 104/08, juris Rn. 8. 151 OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12.03.2009, Az. 2 L 104/08, juris Rn. 8; Knäpple, KA 2001, 1135, 1140; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 171; Séché, ZfW 2006, 1, 4; Bertram, AbfallR 2009, 297, 299; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135; offen gelassen vom VG Halle (Saale), Urt. v. 26.02.2008, Az. 2 A 424/06, juris Rn. 55, das die Eignung mineralischer Abfälle, die nicht Bodenmaterial sind, für „äußerst zweifelhaft“ hält. 152 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256 ff. 153 BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010, Az. 7 B 16.10, juris Rn. 10. 154 Vgl. zu den zulässigen Einsatzmaterialien zum Auf- und Einbringen auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer solchen F. II. 2. b) cc), zu den zulässigen Einsatzmaterialien unterhalb und außerhalb einer solchen F. II. 2. c) cc).

II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes

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cc) Auf- und Einbringungsverbote Nicht zulässig ist eine Auf- und Einbringung von Materialien gemäß § 6 Abs. 8 Satz 1 BBodSchV-E2 auf Flächen, welche die natürlichen Bodenfunktionen sowie die Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BBodSchG in besonderem Maße erfüllen und dies von der zuständigen Behörde festgestellt ist. In welcher Form eine solche Feststellung allerdings getroffen werden soll, bleibt offen. Entsprechendes gilt nach § 6 Abs. 8 Satz 2 BBodSchV-E2 auch für Waldböden sowie weitere wasser- oder naturschutzrechtlich unter Schutz gestellten Gebietsteile, auf die in den nachfolgenden Kapiteln zum Wasser- und Naturschutzrecht noch einzugehen sein wird. dd) Untersuchungspflichten Die zur Vorsorge Verpflichteten sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 gehalten, die notwendigen Untersuchungen der Materialien nach den Vorgaben von § 6 Abs. 2 BBodSchV-E2 und den §§ 16 ff. BBodSchV-E2 vorzunehmen oder zu veranlassen, um die zur Entscheidung berufene Behörde in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der geplanten Auf- und Einbringung beurteilen zu können. Die Beprobung von Haufwerken ist nach § 6 Abs. 2 BBodSchV-E2 gemäß ISO 10381-8:20006-04 vorzunehmen, das Vorgehen bei der Probennahme aus Böden ist in § 16 f. BBodSchV-E2 geregelt. Dabei sind die Stoffe und Stoffgruppen, für die Vorsorgewerte existieren, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BBodSchVE2 regelmäßig, weitere Stoffe und Stoffgruppen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BBodSchV-E2 nur anlassbezogen in dem Umfang zu untersuchen, in dem sich Anhaltspunkte für ihr Vorhandensein ergeben. Sofern das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung zu besorgen ist, darf die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 6 BBodSchV-E2 weitere Untersuchungen sowohl hinsichtlich der Standort- als auch der Bodeneigenschaften anordnen. Grundsätzlich dürfen nur die Verfahrens- und Untersuchungsmethoden verwendet werden, auf die in § 6 Abs. 3 Satz 1 BBodSchV-E2 verwiesen ist. Zur Vermeidung unnötiger Kosten und zur Verringerung des behördlichen Überprüfungsaufwands kann nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BBodSchV-E2 auf schon vorliegende Untersuchungsergebnisse zurückgegriffen werden, sofern diese gleichwertig sind.155 Aus diesen muss die Beantwortung der Frage möglich sein, ob die für den Einsatz vorgesehenen Materialien die hierfür erforderlichen stofflichen und nichtstofflichen Eigenschaften erfüllen. Dazu zählt bei mineralischen Abfällen eine aussagekräftige Beschreibung sowohl ihrer Herkunft als auch des geplanten Verwertungsvorhabens einschließlich der Prüfung der Auswirkungen auf den Boden auf der Ausbringungsfläche.156 Die Untersuchungsergebnisse sind fünf Jahre lang aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen, § 6 Abs. 4 BBodSchV-E2. b) Zusätzliche Anforderungen nach § 7 BBodSchV-E2 Werden die mineralischen Abfälle auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht aufoder eingebracht, sind neben den allgemeinen Vorsorgeanforderungen sowie den allge155 156

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. Seiffert et al., Bodenschutz 2003, 4, 6.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

meinen Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf und in den Boden gemäß § 6 BBodSchV-E2 die zusätzlichen Voraussetzungen des § 7 BBodSchV-E2 für die Zulässigkeit eines Einsatzes maßgeblich. Konkret bedeutet das, dass auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer solchen nur die in § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 genannten Materialien auf und in den Boden eingebracht werden dürfen. Weiter ist in § 7 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung nicht zu besorgen und ein Materialeinsatz damit zulässig ist. aa) Einsatzort Die durchwurzelbare Bodenschicht wird in § 2 Nr. 11 BBodSchV (§ 2 Nr. 9 BBodSchVE2) definiert als der Teil des Bodens, der „von den Pflanzenwurzeln in Abhängigkeit von den natürlichen Standortbedingungen durchdrungen werden kann“. Die durchwurzelbare Bodenschicht ist folglich eine Teilschicht der oberen Schicht der Erdkruste im Sinne von § 2 Abs. 1 BBodSchG, die den humosen Oberboden und den darunter liegenden Unterboden, soweit dieser durchwurzelt ist beziehungsweise werden kann, mit einschließt. Keine durchwurzelbare Bodenschicht – weil kein Teil der oberen Schicht der Erdkruste – sind Bauwerke. Die vertikale Begrenzung der durchwurzelbaren Bodenschicht ergibt sich unmittelbar aus der Definition in § 2 Nr. 11 BBodSchV (§ 2 Nr. 9 BBodSchV-E2). Sie reicht danach so weit, wie der Boden von den Pflanzenwurzeln unter den natürlichen Bedingungen am Standort durchdrungen werden kann. Die Durchwurzelungstiefe ist sehr unterschiedlich und reicht von maximal 10 Meter bei einigen wenigen Bäumen bis maximal 2 Meter bei Ackerkulturen und Grünland.157 Durch die Formulierung „durchdrungen werden kann“ wird klargestellt, dass nicht allein der gegebenenfalls vorhandene gegenwärtige Bestand entscheidend ist, sondern es auf die theoretisch erreichbare Durchdringungstiefe unter Berücksichtigung der konkreten Standortbedingungen ankommt. Da Wurzeln in aller Regel nicht ins Grundwasser eindringen, kann die Grenze der durchwurzelbaren Bodenschicht im Einzelfall mit der Eingrenzung des Bodenbegriffs nach § 2 Abs. 1 BBodSchG, von dem das Grundwasser ausgenommen ist, zusammenfallen. In horizontaler Hinsicht wird die durchwurzelbare Bodenschicht durch die Uferlinie von Gewässern oder durch angrenzende Bauwerke begrenzt. Der Boden unterhalb von Gebäuden oder anderen baulichen Anlagen wird auch dann nicht zur durchwurzelbaren Bodenschicht gerechnet, wenn er im Einzelfall durchwurzelt ist oder werden kann.158 Bei der Verfüllung von Abgrabungen und Restlöchern ergeben sich in der Regel keine

157 Vgl. zu der Regelmächtigkeit der durchwurzelbaren Bodenschicht in Abhängigkeit von der (Folge-)Nutzung und der Vegetationsart die Tabelle II-1, LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 13, abzurufen unter www.labo-deutschland.de/documents/12-Vollzugshilfe_110902_9be. pdf (28.02.2014). 158 Zu den vorstehenden Ausführungen zur durchwurzelbaren Bodenschicht vgl. Hipp/Rech/ Turian, BBodSchG, Rn. 714 ff.; Simon, TerraTech 2001, 23, 25; Krautz/Köppel, TerraTech 2001, 33, 34 f.; LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 12 f, abzurufen unter www.labo-deutschland. de/documents/12-Vollzugshilfe_110902_9be.pdf (28.02.2014).

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Probleme bei der horizontalen Begrenzung der aufzubringenden durchwurzelbaren Bodenschicht. Sie endet an der seitlichen Böschungskante des vorhandenen Bodens.159 bb) Einsatzmöglichkeiten § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 unterscheidet zwei Fallgruppen der Auf- und Einbringung. Die erste betrifft einen Materialeinsatz auf oder in einer durchwurzelbaren Bodenschicht; in der zweiten wird mit dem Material eine durchwurzelbare Bodenschicht, insbesondere im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben, hergestellt. Von der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht kann nur gesprochen werden, wenn eine solche an der betreffenden Stelle zuvor nicht vorhanden war. Die letztgenannte Alternative ist folglich nur dann einschlägig, wenn eine durchwurzelbare Bodenschicht neu geschaffen wird. Eine solche – zumindest teilweise – Neuschaffung liegt auch dann vor, wenn eine vorhandene durchwurzelbare Bodenschicht erweitert oder ergänzt wird.160 Führt die Verwendung großer Materialmengen zu einer feststellbaren Veränderung der Mächtigkeit der oberen Schicht, handelt es sich auch bei dieser Maßnahme um die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht und nicht lediglich um die Aufoder Einbringung in eine solche.161 Beispiele für die Herstellung sind Maßnahmen des Garten- und Landschaftsbaus sowie Geländemodellierungen, aber auch die Begrünung von technischen Bauwerken wie beispielsweise Lärmschutzwällen.162 Obwohl die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht im letztgenannten Fall im Zusammenhang mit der Errichtung eines technischen Bauwerks erfolgt, richtet sich deren Zulässigkeit nicht nach der Ersatzbaustoffverordnung. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2 bestimmt ausdrücklich deren Unanwendbarkeit.163 Eine durchwurzelbare Bodenschicht kann auch im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben hergestellt werden. Ein Rekultivierungsvorhaben ist ein Vorhaben mit dem Ziel oder dem Ergebnis der Wiederherstellung von Bodenfunktionen, insbesondere der Wiederherstellung einer belebten, begrünungsfähigen, künftig pflanzentragenden Bodenschicht.164 Hierunter fallen beispielsweise Verfüllungen nach einer Abgrabung von Bodenschätzen oder nach einer Entsiegelungsmaßnahme.165 Verfüllungen von dem Bergrecht unterliegenden Tagebauen erfolgen im Wege der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung. Auf die Wiedernutzbarmachung wird in § 12 Abs. 2 Satz 1 BBodSchV explizit verwiesen. Der Verweis soll im Zuge der Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung aber gestrichen werden und findet sich folglich in § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 nicht mehr. Er war auch nicht erforderlich, weil die bergrechtliche Wiedernutzbarmachung un159

Krautz/Köppel, TerraTech 2001, 33, 34. Seiffert et al., Bodenschutz 2003, 4, 4. 161 Seiffert, Boden und Altlasten Symposium 2002, 193, 201; LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 7, abzurufen unter www.labo-deutschland.de/documents/12-Vollzugshilfe_110902_9be.pdf (28.02.214). 162 Ebenso LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 5, abzurufen unter www.labo-deutschland. de/documents/12-Vollzugshilfe_110902_9be.pdf (28.02.214). 163 Zur Abgrenzung der Regelungsbereiche von Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und Ersatzbaustoffverordnung siehe F. II. 3. a) bb) (2). 164 LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 7, abzurufen unter www.labo-deutschland.de/ documents/12-Vollzugshilfe_110902_9be.pdf (28.02.214). 165 Seiffert et al., Bodenschutz 2003, 4, 4. 160

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problematisch unter den Oberbegriff des Rekultivierungsvorhabens zu subsumieren ist, sofern sie die Anforderungen eines solchen Vorhabens erfüllt. Von der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht ist nach dem Tatbestand die Auf-und Einbringung von Material auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht zu trennen. Die tatbestandliche Unterscheidung hat aber im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage keine rechtlichen Auswirkungen mehr, weil die Materialien, die zum Einsatz kommen dürfen, in beiden Fallgruppen identisch sind. cc) Einsatzmaterialien Unter der Rechtslage des § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchV (§ 7 Abs. 1 BBodSchV-E2) ist zur Beantwortung der Frage, welche Art von Einsatzstoffen verwendet werden dürfen, danach zu unterscheiden, ob eine durchwurzelbare Bodenschicht im Rahmen eines Rekultivierungsvorhabens oder in sonstiger Weise hergestellt wird beziehungsweise ob nur eine Auf- und Einbringung in eine solche vorliegt. Erfolgt die Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht im Rahmen eines Rekultivierungsvorhabens oder wird nur eine Auf- und Einbringung vorgenommen, dürfen grundsätzlich alle Materialien im Sinne des § 6 BBodSchG, worunter auch sämtliche mineralischen Abfälle fallen,166 verwendet werden.167 Etwas anderes gilt, wenn eine durchwurzelbare Bodenschicht außerhalb eines Rekultivierungsvorhabens hergestellt wird. In diesem Fall ist nur der Einsatz von Bodenmaterial und Baggergut nach der DIN 19731 sowie Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen, die die stofflichen Qualitätsanforderungen der Klärschlammverordnung erfüllen, erlaubt. Diese Unterscheidung fällt mit § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 weg. In allen vorgenannten Fallgruppen dürfen danach nur noch Bodenmaterial, Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen, die die stofflichen Qualitätsanforderungen der nach § 11 KrWG erlassenen Verordnungen sowie der Klärschlammverordnung erfüllen, oder Baggergut verwendet werden. Der Einsatz anderer mineralischer Abfälle ist zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht oder zur Auf- und Einbringung in eine solche ausgeschlossen. Nicht relevant im Rahmen der vorliegenden Arbeit sind Gemische von Bodenmaterial mit Bioabfällen oder Abfällen nach der Klärschlammverordnung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBodSchV-E2), weil es sich bei letztgenannten um organische und keine mineralischen Abfälle handelt. Bodenmaterial (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV-E2) ist hingegen jedenfalls überwiegend mineralischen Ursprungs und insofern von Bedeutung. Der Begriff ist in § 2 Nr. 1 BBodSchV (§ 2 Nr. 1 BBodSchV-E2) definiert als „Material aus Böden im Sinne des § 2 Abs. 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und deren Ausgangssubstraten einschließlich Mutterboden, das im Zusammenhang mit Baumaßnahmen oder anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben, abgeschoben oder behandelt wird“.168 166 Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 192; Krautz/Köppel, TerraTech 2001, 33, 34; LABO, Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV, S. 9, abzurufen unter www.labo-deutschland.de/documents/ 12-Vollzugshilfe_110902_9be.pdf (28.02.214). 167 Vgl. Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 849; a. A. Bachmann, in: Holzwarth et al., BBodSchG, § 12 BBodSchV Rn. 6; Loll, Vorsorgender Bodenschutz, S. 146. 168 Zur Definition des Bodenmaterials einschließlich weiterer Erläuterungen vgl. A. II. 2. a).

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Um Abfall handelt es sich, wenn das Material die Abfalldefinition des § 3 Abs. 1 KrWG erfüllt.169 Neben Bodenmaterial wird als weiterer zulässiger Einsatzstoff Baggergut (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBodSchV-E2) genannt. Die missliche Formulierung in § 12a Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E1170 , wo „terrestrisches Baggergut“ als Einsatzstoff genannt worden war, wurde erfreulicherweise nicht weiterverfolgt. Denn welche Materialien von diesem Begriff umfasst sein sollen, ließ der Verordnungsgeber dadurch, dass er in die Begriffsbestimmungen des § 2 BBodSchV-E1 keine Definition aufnahm, offen. Das war insofern problematisch, als auch der in § 12 Abs. 1 BBodSchV enthaltene Verweis auf die DIN 19731 gestrichen werden sollte und Baggergut in den verschiedenen nationalen und internationalen Regelwerken und sonstigen Papieren, welche den Begriff verwenden, nicht immer die gleiche Bedeutung beigemessen wird.171 Soweit ersichtlich gehen zwar alle Umschreibungen davon aus, dass Baggergut Bodenmaterial ist, welches im Zuge von Gewässerunterhaltungs- oder -ausbaumaßnahmen aus Gewässern oder an deren Randbereich entnommen wird. Die Beschränkung auf terrestrisches Baggergut, welche die Schadstoffanreicherung durch Sedimente ausschließen sollte,172 diente der Klarstellung, dass nur Baggergut verwendet werden darf, das landseitig gewonnen wird. Der hiermit erklärte Ausschluss von sogenanntem Nassbaggergut, das unmittelbar aus dem Gewässer entnommen wird, warf allerdings die Frage auf, warum terrestrisches Baggergut als eigenständige Gruppe in § 12a Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E1 aufgeführt war. Denn diese Art von Stoffen ließe sich unproblematisch unter den Oberbegriff des Bodenmaterials nach § 2 Nr. 1 BBodSchV (§ 2 Nr. 1 BBodSchV-E2) subsumieren, weil es sich auch hierbei um Material aus Böden handelt, das im Zusammenhang mit Gewässerunterhaltungs- oder -ausbaumaßnahmen und damit bei anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben wird. Die zusätzliche Nennung von terrestrischem Baggergut in § 12a Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E1 hatte daher keinen Mehrwert, weil sämtliche hierunter fallenden Stoffe bereits als Bodenmaterial qualifiziert werden konnten. Die eigenständige Aufnahme in den Wortlaut der Norm führte eher zu Missverständnissen, weil der Verordnungsgeber generell die Tendenz erkennen ließ – genannt sei nur die Streichung des Verweises auf die Wiedernutzbarmachung bei Rekultivierungsvorhaben – Unterfälle nicht mehr gesondert zu erwähnen. Die Problematik aus dem ersten Arbeitsentwurf besteht nicht mehr. Zum einen ist die Beschränkung auf terrestrisches Baggergut weggefallen, zum anderen findet sich in § 2 Nr. 13 Satz 1 BBodSchV-E2 eine Umschreibung des Begriffs des Baggerguts als „Bodenmaterial, das im Rahmen von Unterhaltungs-, Neu- und Ausbaumaßnahmen aus Gewässern entnommen wird“. Zulässige Einsatzmaterialien sind demnach auch unmittelbar aus einem Gewässer entnommene Stoffe, was § 2 Nr. 13 Satz 2 BBodSchV-E2 dadurch 169

Zur Abfalleigenschaft von Bodenmaterial vgl. E. I. 4. b) bb) (5) (a) und E. I. 4. c) dd) (1). Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen und das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzbaustoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Arbeitsentwurf vom 06.01.2011, abzurufen unter http://aachener-baustofftag.ibac.rwth-aachen.de/images/mantelverordnung.pdf (28.02.2014). 171 Zu den unterschiedlichen Begriffsbedeutungen vgl. das Positionspapier „Umgang mit Baggergut“ des Fachausschusses Baggergut der Hafentechnischen Gesellschaft e.V., abzurufen unter http://www.htg-baggergut.de/index.php/fachausschuss (28.02.2014). 172 Begründung des Arbeitsentwurfs vom 06.01.2011, S. 163. 170

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zum Ausdruck bringt, dass neben „Böden und deren Ausgangsmaterial im unmittelbaren Umfeld des Gewässerbetts“ und „Oberböden im Ufer- bzw. Überschwemmungsbereich des Gewässers“ auch „Sedimente[n] und subhydrische[n] Böden der Gewässersohle“ beispielhaft als Baggergut genannt werden. dd) Einsatzvoraussetzungen Für die Auf- oder Einbringung von Material auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht werden die allgemeinen Anforderungen durch § 7 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 verschärft. Kommt das Material im Zusammenhang mit einer durchwurzelbaren Bodenschicht zum Einsatz, ist für den Ausschluss der Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen nicht ausreichend, dass die Vorsorgewerte eingehalten sind. Vielmehr gelten dadurch strengere Zulässigkeitsanforderungen, dass gefordert wird, das Material dürfe keine mineralischen Fremdbestandteile enthalten und Hinweise auf spezifische Belastungen des Bodenmaterials aufgrund von Herkunft oder bisheriger Nutzung müssten ausgeschlossen sein. Die Rechtsfolge, sprich der Ausschluss der Besorgnis, ist für den Fall bestimmt, dass die Voraussetzungen eingehalten sind. Keine Rechtsfolge ist in der Norm für den Fall bestimmt, dass die Anforderungen nicht eingehalten sind. Diesbezüglich weist die Verordnungsbegründung darauf hin, dass eine Nichteinhaltung im Umkehrschluss nicht zur Annahme führt, dass eine schädliche Bodenveränderung zu besorgen ist.173 Es ist fraglich, ob die Forderung, dass keine mineralischen Fremdbestandteile enthalten sein dürfen, einen Regelungsgehalt aufweist. Denn nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 darf an mineralischen Stoffen schon nur Bodenmaterial und Baggergut eingesetzt werden. Wie sich den Begriffsumschreibungen des § 2 Nr. 1 BBodSchV (§ 2 Nr. 1 BBodSchV-E2) und § 2 Nr. 13 BBodSchV-E2 entnehmen lässt, ist schon danach der Einsatz nur von Material aus Böden erlaubt. Anders noch als in der LAGA M 20, in der Bodenmaterial mit mineralischen Fremdbestandteilen bis zu 10 Volumenprozent definitorisch als Bodenmaterial angesehen wurde,174 kann nach den vorstehenden Normen mit mineralischen Fremdstoffen durchsetztes Material nicht als Bodenmaterial oder Baggergut angesehen werden. Der Einsatz solcher Stoffe scheidet bereits auf der ersten Zulässigkeitsstufe des § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 aus. Da alle zulässigerweise eingesetzten Stoffe schon keine mineralischen Fremdbestandteile enthalten dürfen, hat die weitergehende Forderung des § 7 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 keine zusätzliche Bedeutung. Darüber hinausgehende Anforderungen bestehen nur insoweit, als gefordert wird, die Herkunft oder bisherige Nutzung dürften keine Hinweise auf spezifische Belastungen des Bodenmaterials geben. Strengere Zulässigkeitsvoraussetzungen gelten, wenn auf der durchwurzelbaren Bodenschicht nach Abschluss der Maßnahme pflanzliche oder tierische Erzeugnisse hergestellt werden sollen. § 7 Abs. 2 BBodSchV-E2 bestimmt, dass „bei landwirtschaftlicher Folgenutzung [. . . ] die Schadstoffgehalte in der entstandenen durchwurzelbaren Bodenschicht die Eluatwerte in der Anlage 1 Tabelle 5 und 10 und 70 Prozent der Vorsorgewerte [. . . ] oder der für ein bestimmtes Gebiet behördlich festgelegten erhöhten Schadstoffgehalte nicht überschreiten“ dürfen. Inhaltlich handelt es sich im Wesentlichen um die Übernahme 173 174

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 230. LAGA M 20, S. 3.

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des § 12 Abs. 4 BBodSchV, der zum Zweck hatte, Schadstoffanreicherungen, die künftig unvermeidbar aufgrund von Schadstoffeinträgen durch Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie atmosphärische Deposition eintreten, frühzeitig zu berücksichtigen. Zu bemängeln ist, dass der zuständigen Behörde durch die Fassung des Wortlauts nach wie vor Spielräume bei der Umsetzung der Vorschrift gelassen werden. Dadurch, dass die Schadstoffgehalte die genannten Werte nicht überschreiten „sollen“, wird ausgedrückt, dass eine Überschreitung nur im Regelfall ausgeschlossen ist. In Ausnahmefällen dürfen die zuständigen Behörden von § 7 Abs. 2 BBodSchV-E2 abweichen. Diese Abweichungsmöglichkeit ist im Hinblick auf die hohen Rechtsgüter Leben und Gesundheit, die bei einem Verzehr landwirtschaftlicher Produkte tangiert werden können, zu beanstanden. Die Gesetzesvorschrift sollte daher so gefasst werden, dass die Werte nicht überschritten werden „dürfen“. Bei landwirtschaftlich einschließlich gartenbaulich genutzten Böden haben die Vorsorgeverpflichteten gemäß § 7 Abs. 3 BBodSchV-E2 beim Aufbringen von Bodenmaterial „dafür Sorge zu tragen, dass die Ertragsfähigkeit der Böden nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird“, sie „darf nicht dauerhaft verringert werden“. Die Vorschrift wurde nahezu unverändert aus § 12 Abs. 5 BBodSchV übernommen. Dabei bleibt, weil sich die Begründung dazu mit keinem Wort äußert, unklar, ob die Bestimmung – worauf ihr Wortlaut hindeutet – nur bei einer Aufbringung von Bodenmaterial gilt. Indes ist aus den Grundsatzanforderungen in § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 nicht ersichtlich, dass auf landwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzte Böden ausschließlich Bodenmaterial aufgebracht werden darf. Daher ist nach dem Sinn und Zweck kein Grund zu erkennen, warum § 7 Abs. 3 BBodSchV-E2 nur dann Anwendung finden sollte, wenn Bodenmaterial aufgebracht und nicht auch, wenn beispielsweise Baggergut eingebracht wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die sprachliche Ungenauigkeit der nahezu wörtlichen Übernahme aus der vormaligen Fassung geschuldet ist. Eine historische und teleologische Auslegung ergibt daher, dass § 7 Abs. 3 BBodSchV-E2 auf alle in § 7 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 genannten Einsatzmöglichkeiten anwendbar ist. c) Zusätzliche Anforderungen nach § 8 BBodSchV-E2 Werden die mineralischen Abfälle nicht zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht verwendet oder auf oder in eine solche auf- oder eingebracht, gelten nicht die zusätzlichen Anforderungen des § 7 BBodSchV-E2, sondern die des § 8 BBodSchV-E2. Die Vorschrift gilt insbesondere für Landschaftsbauwerke und Verfüllungen.175 aa) Einsatzort § 8 BBodSchV-E2 findet nur dann Anwendung, wenn das Material entweder außerhalb oder unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht zum Einsatz kommt. Diese Bestimmung des Einsatzorts stellt klar, dass neben der Grundnorm des § 6 BBodSchV-E2 entweder § 7 BBodSchV-E2 oder § 8 BBodSchV-E2 einschlägig ist.176 Die beiden letztgenannten Tatbestände schließen sich gegenseitig aus, weil das Einsatzmaterial entweder in oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht Verwendung finden kann. Beides 175 176

Attendorn, AbfallR 2011, 283, 288. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 230.

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zugleich ist nicht möglich. Maßgebliches Tatbestandskriterium, anhand dessen die Unterscheidung vorgenommen wird, ist der Begriff der durchwurzelbaren Bodenschicht.177 Liegt der Einsatzort außerhalb dieser, finden die zusätzlichen Zulässigkeitsanforderungen des § 8 BBodSchV-E2 Anwendung, die im Folgenden dargestellt werden. bb) Einsatzmöglichkeiten Der Einsatzort befindet sich auch außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht, wenn er unterhalb dieser liegt. Daher stellt sich die Frage, warum der Verordnungsgeber zusätzlich die Präposition „unterhalb“ verwendet, die nicht erforderlich ist. In der Verordnungsbegründung finden sich dazu keine Erläuterungen. Daher ist zu vermuten, dass damit – was vormals streitig war178 – nur klargestellt werden sollte, dass die Anforderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung insbesondere bei Verfüllungen, einem der wesentlichen Anwendungsbereiche des § 8 BBodSchV-E2, bis in die Tiefe gelten. cc) Einsatzmaterialien Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BBodSchV-E2 darf unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht nur das dort genannte Material verwendet werden. Zulässig ist danach nur ein Einsatz von Bodenmaterial, Boden aus der Gewinnung und Aufbereitung mineralischer Bodenschätze, mineralische Ersatzbaustoffe und Gemischen im Sinne von § 3 Nr. 8 und Nr. 9 ErsatzbaustoffV-E2 sowie Baggergut, das aus Sanden und Kiesen besteht und dessen Feinkornanteil, der kleiner 63 Mikrometer ist, höchstens 10 Gewichtsprozent beträgt. In diesem Punkt werden die noch im ersten Arbeitsentwurf vorgesehenen Anforderungen verschärft. § 12b Abs. 1 BBodSchV-E1 enthielt noch keine Beschränkung der zulässigen Einsatzmaterialien, sondern ließ alle Stoffe zu, welche die dort genannten und nunmehr in § 8 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 zu findenden Bedingungen erfüllten. Bezüglich des Einsatzes von Baggergut werden die bisherigen Anforderungen aus der LAGA M 20 übernommen, weil die Erfahrungen gezeigt hatten, dass aus Sanden und Kiesen bestehendes Baggergut mit einem Feinkornanteil kleiner 63 Mikrometer und höchstens 10 Gewichtsprozent für einen Einsatz außerhalb und unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht geeignet ist. Es ist in der Regel nicht oder nur gering mit Schadstoffen belastet und erfüllt die erforderlichen Materialeigenschaften.179 An die zulässigen Einsatzmaterialien werden in § 8 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 weitere, bereits in § 12b Abs. 1 BBodSchV-E1 vorgesehene, Anforderungen gestellt. Danach dürfen nur Materialien verwendet werden, die „unter Berücksichtigung des jeweiligen Auf- oder Einbringungsortes geeignet sind, die erforderlichen physikalischen Eigenschaften des Bodens herzustellen, insbesondere hinsichtlich einer ausreichenden Verdichtung, um die erforderliche Tragfähigkeit im Rahmen des Volumenausgleichs zu erreichen und um Grundwasserneubildung zu ermöglichen“. Bei Auf- und Einbringungen, die nicht auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht erfolgen oder ihrer Herstellung dienen, sind also besondere physikalische Anforderungen an das Material zu stellen. Die Vorschrift kommt insbesondere in der bedeutenden Fallgruppe der Verfüllung von Abgrabungen 177 178 179

Vgl. dazu F. II. 2. b) aa). Vgl. dazu F. II. 2. a) aa) (3). Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 230 f.

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oder Tagebauen zum Tragen. Ein Materialeinsatz ist dort ausschließlich dann zulässig, wenn das Material die Gewähr dafür bietet, dass es mit Blick auf seine physikalischen Eigenschaften geeignet ist. Das setzt insbesondere voraus, dass die zum Volumenausgleich eingesetzten Stoffe sich so verdichten lassen, dass sie zur Herstellung der nötigen Tragfähigkeit beitragen. Für die vorliegende Arbeit erlangt dieser Teil der Forderung des § 8 Abs. 1 Satz 2 BBodSchV-E2 wiederum keine eigenständige Bedeutung. Bei einer Verwertung mineralischer Abfälle verlangen bereits die abfallrechtlichen Voraussetzungen an eine Verwertung, dass das Material im Hinblick auf seinen Einsatz die erforderlichen physikalischen Eigenschaften mitbringt.180 Relevanz hat aber die darüber hinausgehende wasserrechtliche Bedingung, wonach das Einsatzmaterial die Grundwasserneubildung ermöglichen muss. Hierdurch wird beispielsweise die Verwendung von Stoffen ausgeschlossen, deren physikalische Eigenschaften dazu führen, dass Niederschlagswasser nicht versickern und dadurch nicht mehr zur Speisung des Grundwassers beitragen kann. dd) Einsatzvoraussetzungen Weitere Voraussetzungen einer zulässigen Materialverwendung außerhalb und unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht enthält § 8 Abs. 3 BBodSchV-E2. Dessen Satz 1 bestimmt, dass die Vorsorgeanforderungen des § 7 BBodSchG erfüllt sind, wenn die Einsatzmaterialien einen organischen Gesamtkohlenstoffgehalt von einem Masseprozent, das Doppelte der Vorsorgewerte und die Prüfwerte für den Wirkungspfad „Boden-Grundwasser“ einhalten. Der zuständigen Behörde ist weiter in § 8 Abs. 3 Satz 2 BBodSchV-E2 aufgegeben, zusätzliche Untersuchungen anzuordnen, sofern sich aus bisheriger Nutzung oder Herkunft Hinweise auf eine besondere Belastung des „Bodenmaterials“ ergeben. Warum diese weiteren Untersuchungsanforderungen nur für Bodenmaterial gelten sollen, erschließt sich nicht. Auch deuten die Formulierungen in der Verordnungsbegründung, die allgemeiner gehalten sind,181 nicht auf die im Wortlaut vorgesehene Beschränkung hin. Der Begriff des „Bodenmaterials“ sollte daher durch den allgemeineren des „Materials“ ersetzt werden. Als positiv ist zu werten, dass die missliche Formulierung des § 12b Abs. 3 BBodSchVE1, in welcher von „Verfüllungen unterhalb oder Aufbringungen außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht“ die Rede war, so nicht übernommen wurde. Das ist aus dem Grund zu begrüßen, dass der Begriff der Verfüllung enger ist als der Oberbegriff der Einbringung, weshalb aus dem Wortlaut zu schließen war, dass die Anforderungen des § 12b Abs. 3 BBodSchV-E1 nur für Verfüllungen und nicht für sämtliche Varianten des Einbringens von Materialien unterhalb oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht, beispielsweise für Landschaftsbauwerke, gelten sollen.182 Mit dem zweiten Arbeitsentwurf beseitigt worden ist auch die Frage des unklaren Verhältnisses zwischen § 12b Abs. 3 Satz 1 BBodSchV-E1 zu § 12 Abs. 1 BBodSchV-E1. 180 Siehe zu den physikalischen Anforderungen an den mineralischen Abfall im Rahmen der abfallrechtlichen Voraussetzungen einer Verwertung E. III. 3. b) dd). 181 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 231. 182 Dies übersah Attendorn, AbfallR 2011, 283, 288, der annahm, § 12b Abs. 3 BBodSchV-E1 gelte auch für alle anderen Maßnahmen der Auf- und Einbringung.

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Die erstgenannte Norm bestimmte, unter welchen Voraussetzungen die Vorsorgeanforderungen des § 7 BBodSchG bei einer Verwendung von Stoffen unterhalb oder außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht erfüllt sind. Danach wurde unter anderem verlangt, dass in dem eingesetzten Material die doppelten Vorsorgewerte nicht überschritten werden. Nach den allgemeinen Anforderungen des § 12 Abs. 1 BBodSchV-E1 sollte ein Einsatz hingegen nur zulässig sein, wenn schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind, was grundsätzlich dann der Fall ist, wenn die Vorsorgewerte eingehalten sind. Nach der Überschrift sollte § 12b BBodSchV-E1 „zusätzliche Anforderungen“ für die Fallgruppe des Materialeinsatzes außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht schaffen. Von einer zusätzlichen Anforderung kann bei dem Verlangen, nur die doppelten Vorsorgewerte einzuhalten, jedoch gerade nicht gesprochen werden. Vielmehr sollten die allgemeinen Vorsorgeanforderungen in diesem Punkt gelockert werden. Auch wenn sich aus der Systematik ergab, dass bei einer Materialverwendung außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht § 12b BBodSchV-E1 gegenüber § 12 BBodSchV-E1 die speziellere Vorschrift ist,183 so dass ihr die konkreten Zulässigkeitsanforderungen entnommen werden konnten, ist zu begrüßen, dass diese Unklarheit im Entwurf der Verordnung vom 31.10.2012 dadurch beseitigt wurde, dass die allgemeine Vorschrift des § 6 BBodSchV-E2 keine Aussage mehr dazu enthält, unter welchen Voraussetzungen die Vorsorgeanforderungen des § 7 BBodSchG erfüllt sind, sondern sich die untergesetzlichen Konkretisierungen nur noch aus §§ 8 BBodSchV-E2 ergeben. Bei einem Materialeinsatz außerhalb oder unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht müssen nur die doppelten Vorsorgewerte eingehalten werden. Zusätzlich zu den Feststoffwerten dürfen die Eluatwerte der Anlage 1 Tabelle 4 und 5 nicht überschritten sein. In Anlage 1 Tabelle 4 finden sich methodenspezifische Prüfwerte für anorganische Stoffe in Eluaten und Perkolaten zur Beurteilung von Materialien, Tabelle 5 enthält solche für organische Stoffe. Bei einem Einsatz nur von Bodenmaterial im Sinne des § 2 Nr. 1 BBodSchV (§ 3 Nr. 1 BBodSchV-E2), das keine Fremdbestandteile enthält und die Vorsorgewerte einhält, findet sich in § 8 Abs. 6 BBodSchV-E2 die Bestimmung, dass in diesem Fall von der Einhaltung der Eluatwerte der Anlage 1 Tabelle 4 und 5 auszugehen ist. Die Regelung enthält, anders als im ersten Arbeitsentwurf,184 eine Aussage über die materielle Zulässigkeit einer Verwendung von Bodenmaterial und nicht lediglich eine Befreiung von der Untersuchungspflicht. Die Begründung dieser Bestimmung ist jedoch unverändert geblieben, der Vorsorgeverpflichtete soll von unnötigen Untersuchungskosten befreit werden, weil Bodenmaterial, welches die Vorsorgewerte im Feststoff einhält, auch die Eluatwerte regelmäßig unterschreitet.185 Neben der Lockerung der Vorsorgeanforderungen im Hinblick auf die Vorsorgewerte enthält die Norm aber auch Verschärfungen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage. Der organisch abbaubare Kohlenstoffgehalt wird zur Verhinderung von Umsetzungsprozessen unter anaeroben Bedingungen begrenzt, was wegen der Vergesellschaftung von Kohlenund Stickstoff gleichzeitig eine Begrenzung der Stickstoffanreicherung im Unterboden 183

Ebenso Attendorn, AbfallR 2011, 283, 287. Dazu Attendorn, AbfallR 2011, 283, 289. 185 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 231; kritisch Stede, UPR 2011, 255, 258, die davon ausgeht, dass die Regelung nicht weit genug geht, weil die Gehalte beispielsweise an Schwermetallen auch in natürlichen Böden zum Teil überschritten sind. 184

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zur Folge hat.186 So ist bei einem Einsatz außerhalb oder unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Satz 1 BBodSchV-E2 der maximal zulässige organische Gesamtkohlenstoffgehalt (TOC) des Materials auf ein Masseprozent festgelegt. Eine Ausnahmeregelung ist in § 8 Abs. 4 BBodSchV-E2 insoweit vorgesehen, wenn das Material einen TOC von maximal sechs Masseprozent einhält, sofern der von Bakterien assimilierbare organisch gebundene Kohlenstoff (AOC) ein Masseprozent nicht übersteigt. Problematisch ist insofern, dass es derzeit an einem normierten Verfahren zum Nachweis des von Bakterien assimilierbaren organisch gebundenen Kohlenstoffs mangelt.187 Die Bestimmung des höchstzulässigen TOC-Werts ist zu begrüßen, weil damit erstmals zum Ausdruck gebracht wird, dass die zum Einsatz kommenden Abfälle auch mit Blick auf den Organikgehalt bestimmte Vorgaben einhalten müssen. Unter der gegenwärtigen Rechtslage gilt keine Obergrenze für die organischen Bestandteile der Einsatzstoffe, weshalb in den Zulassungsbescheiden Regelungen hierzu meist nicht getroffen wurden.188 Sofern sich ein Ausschluss beziehungsweise die Begrenzung des organischen Anteils nicht aus den zugelassenen Abfallstoffen selbst ergab, indem im Genehmigungsbescheid beispielsweise auf den Abfallschlüssel 19 12 09 „Mineralien (z. B. Sand, Steine)“ der Abfallverzeichnis-Verordnung Bezug genommen wurde, konnten theoretisch und wurden praktisch mineralische Abfälle mit hohen Organikgehalten verwendet, die Probleme hervorgerufen haben, wie man sie von der Deponierung von Siedlungsabfällen kennt.189 Hierzu zählen in erster Linie Gasbildung sowie Sickerwasseraustritte im Bereich der Verfüllung.190 Weil eine Regelung bislang nicht existiert, musste die Unzulässigkeit der Verwertung aus dem Merkmal der Schadlosigkeit hergeleitet werden.191 Da nicht auf Grenz- oder Richtwerte zurückgegriffen werden konnte, war die mangelnde Schadlosigkeit in jedem Einzelfall zu begründen, was die Verwaltungspraxis ungemein erschwert hat. Außerdem schrecken die Genehmigungsbehörden vor derartigen Einzelfallbeurteilungen in aller Regel zurück, so dass im Hinblick auf den maximal zulässigen TOC-Gehalt ein großes Vollzugsdefizit bestand. Dass nunmehr erstmals ein konkreter Wert festgesetzt wird, begründet die Hoffnung, dass sich die bisherige Verwaltungspraxis diesbezüglich verbessert. Indes wäre es hier wünschenswert gewesen, die Obergrenze nicht erst bei einem Masseprozent anzusetzen, sondern, wie ursprünglich vorgesehen, bei 0,5 Masseprozent.192

186 187

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 231. Aktionsplattform Bodenschutz, altlasten spektrum, 90, 90; ITAV, altlasten spektrum 2011, 116,

124. 188 Vgl. VG Ansbach, Urt. v. 06.09.2007, Az. AN 18 K 06.03556, juris Rn. 1 ff.; VG Magdeburg, Beschl. v. 09.04.2008, Az. 3 B 53/08, ZfB 2008, 200, 200 f. 189 Versteyl/Jacobi, AbfallR 2008, 247, 250. 190 Dippel, AbfallR 2010, 132, 135. 191 Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.08.2008, Az. 2 M 143/08, juris Rn. 13; Dippel, AbfallR 2010, 132, 135. 192 A.A. Stede, UPR 2011, 255, 261, die die Obergrenze unter Hinweis auf die in natürlichen Böden vorkommenden Organikgehalte, die bei ca. sieben Prozent liegen sollen, kritisch betrachtet. Dem ist entgegenzuhalten, dass so hohe Organikgehalte ausschließlich im Oberboden vorhanden sind, der für Verfüllungen unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht, die § 8 Abs. 3 BBodSchVE2 ausschließlich regelt, ohnehin nicht geeignet ist.

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ee) Genehmigungsvorbehalt Für den Materialeinsatz unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht soll in § 8 Abs. 2 BBodSchV-E2 ein Genehmigungsvorbehalt für den Fall geschaffen werden, dass die Mächtigkeit von auf- oder eingebrachtem Material 2 Meter Höhe übersteigt. Bei dieser Regelung ist schon fraglich, was der Verordnungsgeber hiermit eigentlich bezwecken will. Nach der Verordnungsbegründung „soll sichergestellt werden, dass vorsorgend geprüft wird, ob die Anforderungen des Absatzes 1 eingehalten und erreicht werden können“.193 Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Einführung eines bodenschutzrechtlichen Genehmigungstatbestandes jedoch nicht erforderlich, weil nicht anzunehmen ist, dass Materialien mit einer Mächtigkeit von 2 Meter Höhe ohne Genehmigung in den Boden auf- oder eingebracht werden dürfen. Je nach Ort und Zweck des Einsatzes bedarf es hierzu eines der einleitend dargestellten Zulassungsverfahren.194 Nicht geregelt und deshalb völlig unklar ist weiter, in welchem Verhältnis das bodenschutzrechtliche Genehmigungserfordernis zu den anderen Zulassungsverfahren steht. Dies führt zu Rechtsunsicherheiten, welche der Verordnungsgeber mit dem Erlass der Verordnung gerade vermeiden wollte. Außerdem steht die Einführung eines bisher nicht vorgesehenen Genehmigungstatbestands im Gegensatz zu der erstrebten Verwaltungsvereinfachung, die an anderer Stelle – ebenfalls ohne Ermächtigungsgrundlage – großzügig umgesetzt wird.195 Grundsätzlich ist es zwar sinnvoll, wenn über die Zulassung einer Tätigkeit die sachnähere Behörde entscheidet, vorliegend also die Bodenschutz- und nicht etwa die Baugenehmigungs- oder Bergbehörde. Allerdings ist die Einführung eines bodenschutzrechtlichen Genehmigungstatbestands in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung dem Bodenschutzrecht, das generell kein bodenschutzrechtliches Genehmigungsverfahren vorsieht, fremd. Abgesehen davon dürfte es an einer Ermächtigung zum Erlass dieser Regelung fehlen. Eine solche kann sich nur aus §§ 6, 8 Abs. 1 und Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 2 BBodSchG ergeben. Keine der genannten Vorschriften ermächtigt zu Einführung eines bodenschutzrechtlichen Genehmigungstatbestands.196 Das gilt insbesondere auch für die in der Verordnung ausschließlich angegebene Bestimmung des § 6 BBodSchG, welche nur den Erlass materieller, nicht auch verfahrensrechtlicher Regelungen erlaubt. § 8 Abs. 2 BBodSchV-E2 ist mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig. 3. Anforderungen an die Herstellung technischer Bauwerke Auch bei der Herstellung technischer Bauwerke aus mineralischen Abfällen handelt es sich, ebenso wie bei der bodenbezogenen Verwertung, um die Durchführung einer Verrichtung auf einem Grundstück im Sinne des § 7 Satz 1 BBodSchG, die zu einer Veränderung der Bodenbeschaffenheit führen kann. Auch insoweit wird eine zweckgerichtete Maßnahme zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs ausgeführt, die geeignet ist, die Bodenstruktur oder die Bodenfunktionen zu schädigen. Die bodenschutzrechtliche Vorsorgepflicht 193 194 195 196

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 231. Siehe dazu D. Siehe dazu G. II. 1. c). Ebenso ITAV, altlasten spektrum 2011, 116, 123 f.

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besteht daher gleichermaßen bei der Verwertung mineralischer Abfälle im Rahmen der Herstellung technischer Bauwerke.197 Zur Erfüllung der bodenschutzrechtlichen Vorsorgepflicht ist sowohl bei der bodenbezogenen Verwertung als auch der Herstellung technischer Bauwerke erforderlich, dass das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung nicht zu besorgen ist. Anders als im erstgenannten Fall ist die Forderung für die Verwertung von mineralischen Abfällen bei einem Einbau in technische Bauwerke nicht in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, sondern der Ersatzbaustoffverordnung geregelt. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErsatzbaustoffVE2 bestimmt, dass beim Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe zu gewährleisten ist, dass „schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind“. a) Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung Bevor auf die grundsätzlichen Anforderungen an einen Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in § 20 ErsatzbaustoffV-E2 einzugehen sein wird, ist zunächst der Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung in sachlicher und auch in persönlicher Hinsicht zu klären. aa) Sachlicher Anwendungsbereich Nach dem ersten Arbeitsentwurf der Ersatzbaustoffverordnung sollte diese ausweislich des § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E1198 für den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen mit oder ohne Bindemittel in technischen Bauwerken gelten. Der sachliche Anwendungsbereich wird nach dem zweiten Entwurf in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 auf die Herstellung mineralischer Ersatzbaustoffe ausgedehnt, was für diese Arbeit jedoch nur von untergeordneter Bedeutung ist, weil sich deren Gegenstand auf die Verwendung dieser Stoffe auf und im Boden beschränkt. (1) Mineralische Ersatzbaustoffe Mineralische Ersatzbaustoffe werden in § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 definiert als „die in den Nummern 17 bis 33 bezeichneten und an Stelle von Primärbaustoffen für den Einbau geeigneten mineralischen Baustoffe aus Bautätigkeiten, industriellen Herstellungsprozessen oder aus Aufbereitungsanlagen“. Die Verordnung findet ausweislich des § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 in Verbindung mit § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 Anwendung, wenn es sich bei den mineralischen Ersatzbaustoffen um Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 1 KrWG handelt und diese zum Zwecke der Abfallverwertung in technische Bauwerke eingebaut werden. In der Begründung ist als ein wesentliches Ziel der Verordnung angegeben, neben der Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen „die ord-

197 Ebenso Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286; vgl. insoweit die Ausführungen bei der bodenbezogenen Verwertung, F. II. 2. 198 Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen und das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzbaustoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Arbeitsentwurf vom 06.01.2011, abzurufen unter http://aachener-baustofftag.ibac.rwth-aachen.de/images/mantelverordnung.pdf (28.02.2014).

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nungsgemäße und schadlose Verwertung von bestimmten mineralischen Abfällen [. . . ] sicher zu stellen“.199 Die Abfalleigenschaft ist aber keine zwingende Voraussetzung der Anwendbarkeit der Verordnung. Ihre Normen gelten auch, sofern die als mineralische Ersatzbaustoffe zu qualifizierenden Einsatzmaterialien industrielle Nebenprodukte oder Recycling-Baustoffe darstellen.200 Die fehlende Beschränkung auf Abfallstoffe ist zu begrüßen, weil hierdurch die schwierig zu beantwortenden Abgrenzungsfragen, ob es sich im Einzelfall um Abfälle oder Nebenprodukte handelt201 oder die Abfalleigenschaft eines Stoffs, der ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat, beendet ist,202 jedenfalls für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Einbaus der von der Verordnung umfassten mineralischen Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke obsolet werden. Der Anwendungsbereich ist allerdings insoweit beschränkt, als die Ersatzbaustoffverordnung nur dann einschlägig ist, wenn mineralische Ersatzbaustoffe im Sinne des § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 verwendet werden sollen und diese ansonsten herzustellende oder zu gewinnende Primärrohstoffe substituieren.203 Das setzt voraus, dass es sich um die in § 3 Nr. 17 bis Nr. 33 ErsatzbaustoffV-E2 genannten Stoffe handelt. Unter § 3 Nr. 17 bis Nr. 33 ErsatzbaustoffV-E2 sind Hochofenstückschlacke (HOS), Hüttensand (HS), Stahlwerksschlacke (SWS), Edelstahlschlacke (EDS), Gießerei-Kupolofenschlacke (GKOS), Kupferhüttenmaterial (CUM), Gießereisand (GRS), Schmelzkammergranulat aus der Schmelzfeuerung von Steinkohle (SKG), Steinkohlenkesselasche (SKA), Steinkohlenflugasche (SFA), Braunkohlenflugasche (BFA), Hausmüllverbrennungsasche (HMVA), Recycling-Baustoff (RC), Bodenmaterial (BM), Baggergut (BG), Gleisschotter (GS) und Ziegelmatererial (ZM) genannt und begrifflich umschrieben. Ähnliche oder vergleichbare Stoffe bleiben außen vor.204 Kommen solche zum Einsatz, ist der sachliche Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 nicht eröffnet, so dass sich die Zulässigkeit der Verwendung auch dann nach den bodenschutzrechtlichen Vorsorgebestimmungen der §§ 7 BBodSchG, 9 BBodSchV (§ 3 BBodSchV-E2) richtet, wenn diese an der Stelle von Primärrohstoffen in technische Bauwerke eingebaut werden. (2) Einbau Unter einem Einbau im vorgenannten Sinne ist gemäß der Begriffsumschreibung des § 3 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 die „Verwendung oder Verwertung von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken“ zu verstehen. Die Verwertung ist als Unterfall der Entsorgung nach § 3 Abs. 22 KrWG ein abfallrechtlicher Begriff. Von ihr kann nur gesprochen werden, wenn es sich bei den einzusetzenden mineralischen Ersatzbaustoffen um Abfälle nach § 3 Abs. 1 KrWG handelt. Andernfalls liegt eine Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe vor.

199 200 201 202 203 204

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 185. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 186. Siehe dazu E. I. 4. b) bb) (5). Siehe dazu E. V. 2. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 199. Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286.

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(3) Technisches Bauwerk Die mineralischen Ersatzbaustoffe müssen, um dem sachlichen Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung zu unterfallen, in technische Bauwerke eingebaut werden. Auch im Hinblick auf die Art der Verwendung der mineralischen Ersatzbaustoffe unterliegt der Anwendungsbereich somit einer Restriktion: Die Verordnung ist nur einschlägig, wenn technische Bauwerke hergestellt werden.205 Der Begriff des technischen Bauwerks ist in § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 umschrieben als „jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die ganz oder teilweise unter Verwendung von mineralischen Ersatzbaustoffen hergestellt wird und technische Funktionen erfüllt“. In der Begriffsbestimmung werden einige technische Bauwerke beispielhaft aufgeführt. So gehören hierzu insbesondere Straßen, Wege und Parkplatzflächen, Schienenverkehrswege, Ober- oder Unterbau von Industrie-, Gewerbe- und Wohnflächen, Leitungsgräben, Baugruben, Hinterfüllungen und Erdbaumaßnahmen wie Lärmund Sichtschutzwälle und Deiche, Aufschüttungen zur Stabilisierung von Böschungen und Bermen sowie Baustraßen bei Abgrabungs- und Verfüllungsmaßnahmen. Die Auflistung ist, wie dem Wortlaut entnommen werden kann, nicht abschließend. Es kann sich auch dann um ein technisches Bauwerk handeln, wenn es in der Bestimmung nicht genannt ist, aber die Begriffsdefinition des § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 erfüllt. bb) Ausnahmen vom Anwendungsbereich In § 1 Abs. 2 ErsatzbaustoffV-E2 sind mehrere Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 vorgesehen. Die für die vorliegende Untersuchung bedeutsamen werden im Folgenden dargestellt und erläutert. (1) Mineralische Primärrohstoffe Die Ersatzbaustoffverordnung gilt nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 nicht für mineralische Primärrohstoffe. Hierunter fallen „Minerale, Steine, Kiese, Sande und Tone, die als Bodenschatz in Trocken- oder Nassausgrabungen, Tagebauen oder Brüchen gewonnen werden“ und die beispielhaft im Anwendungsausschluss des § 1 Abs. 2 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 aufgeführt sind. Mineralische Primärrohstoffe werden im Gegensatz zu den Sekundärrohstoffen also nicht aus Rückständen, sondern aus natürlichen Ressourcen gewonnen. Für sie ist der Anwendungsbereich der Verordnung auch dann nicht eröffnet, wenn sie in technische Bauwerke im Sinne des § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 eingebaut werden. Aus den mineralischen Primärrohstoffen können Primärbaustoffe gewonnen werden. Diese werden in § 3 Nr. 7 ErsatzbaustoffV-E2 definiert als „aus mineralischen Primärrohstoffen hergestellte natürliche Gesteinskörnung, die als Baustoff verwendet wird“. Auch sie sind als Produkt, das aus mineralischen Primärrohstoffen hergestellt ist, vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen.206

205 206

Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 197.

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(2) Durchwurzelbare Bodenschicht Die bodenschutzrechtlichen Vorsorgebestimmungen gelten wie einleitend dargestellt unabhängig davon, ob die mineralischen Abfälle bodenbezogen oder im Rahmen der Herstellung eines technischen Bauwerks verwertet werden. In beiden Fällen handelt es sich um ein Auf- oder Einbringen von Materialien, so dass eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und Ersatzbaustoffverordnung vorzunehmen ist. Die Ersatzbaustoffverordnung ist in ihrem sachlichen Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 beschränkt auf den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken.207 Die Anforderungen der Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung gelten demgegenüber unabhängig von den ein- oder aufzubringenden Materialien und der konkreten Art ihres Einsatzes. Das lässt sich der Überschrift zu § 6 BBodSchV-E2 entnehmen, wonach dort „allgemeine Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“ geregelt sind. Folglich sind die Bestimmungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung allgemeiner als die der Ersatzbaustoffverordnung. Die §§ 20 ff. ErsatzbaustoffV-E2 gehen den §§ 6 ff. BBodSchV-E2 als speziellere Regelungen nach dem Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ vor. Für diesen Anwendungsvorrang bedarf es keiner gesonderten Regelung. Das wurde seitens des Verordnungsgebers im ersten Arbeitsentwurf noch anders gesehen. Danach sollte zur Sicherstellung einer klaren Abgrenzung der beiden Regelwerke die Bestimmung des § 9 Abs. 4 BBodSchV-E1 aufgenommen werden,208 wonach die Vorschriften zum Aufbringen und Einbringen von Materialien in und auf den Boden nach §§ 12 ff. BBodSchVE1 auf „den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen, die ungebunden oder gebunden in technischen Bauwerken eingebaut werden, keine Anwendung [finden], soweit diese nach Maßgabe der [. . . ] Ersatzbaustoffverordnung [. . . ] verwendet werden“. In den zweiten Arbeitsentwurf wurde diese überflüssige Bestimmung nicht übernommen. Überflüssig war auch der im ersten Arbeitsentwurf noch enthaltene und mit § 9 Abs. 4 BBodSchV-E1 korrespondierende § 1 Abs. 2 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E1. Danach sollte die Ersatzbaustoffverordnung keine Anwendung finden auf „das Auf- und Einbringen von mineralischen Ersatzbaustoffen unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht gemäß § 12b der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, soweit es sich nicht um technische Bauwerke handelt“. Auch diese Regelung wurde im zweiten Verordnungsentwurf gestrichen. Im Entwurf verblieben ist aber die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2. In dieser wird bestimmt, dass die Ersatzbaustoffverordnung für „das Auf- und Einbringen von mineralischen Ersatzbaustoffen auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht“ nicht gilt, „auch dann nicht, wenn die durchwurzelbare Bodenschicht im Zusammenhang mit der Errichtung eines technischen Bauwerks auf- oder eingebracht oder hergestellt wird“. Das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung ei207 208

Siehe dazu F. II. 3. a) aa). Begründung des Arbeitsentwurfs vom 06.01.2011, S. 162.

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ner durchwurzelbaren Bodenschicht ist in § 7 BBodSchV-E2 geregelt. Diese Vorschrift findet nach den vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen zum Vorrang spezieller gesetzlicher Normen keine Anwendung, wenn die Auf- oder Einbringung den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in einem technischen Bauwerk beinhaltet. Für diesen Fall enthält § 1 Abs. 2 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2 jedoch eine Ausnahme, indem die Ersatzbaustoffverordnung für nicht anwendbar erklärt wird. Hintergrund dürfte sein, dass bei der vollständigen oder auch teilweisen Schaffung einer durchwurzelbaren Bodenschicht unabhängig davon, ob diese im Rahmen der Herstellung eines technischen Bauwerks erfolgt oder nicht, Bodenfunktionen gesichert oder wiederhergestellt werden sollen und insoweit von einer bodenähnlichen Verwendung auszugehen ist.209 Der Anwendungsausschluss setzt jedoch voraus, dass der Boden an der Einbaustelle die Aufgaben einer durchwurzelbaren Bodenschicht auch tatsächlich wahrnimmt. Die Ersatzbaustoffverordnung bleibt unter den Anwendungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 hingegen einschlägig in all den Fällen, in denen auf der durchwurzelbaren Bodenschicht ein technisches Bauwerk hergestellt wird und diese Herstellung zur Folge hat, dass die Funktionen der durchwurzelbaren Bodenschicht am Einbauort beseitigt werden. (3) Verwertung auf Deponien Im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereichs wurde dargestellt, dass die Ersatzbaustoffverordnung nur auf Entsorgungsmaßnahmen der Verwertung anzuwenden ist.210 Damit ist zugleich gesagt, dass sie keine Anwendung auf Maßnahmen der Abfallbeseitigung, darunter die Deponierung, findet. Die Entsorgung von mineralischen Abfällen auf Deponien stellt aber nicht zwangsläufig eine Beseitigung dar, mineralische Abfälle können auf Deponien auch verwertet werden. Die Verwertung mineralischer Abfälle auf Deponien ist in §§ 14 ff. DepV geregelt und nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ErsatzbaustoffV-E2 vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Die Voraussetzungen für Maßnahmen dieser Art werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht untersucht.211 (4) Wiedernutzbarmachung nach dem Bergrecht Die Verwertung mineralischer Abfälle kann auch im Rahmen der nach dem Bergrecht zuzulassenden Wiedernutzbarmachung von Tagebauen erfolgen. Soweit es sich bei den mineralischen Abfällen um mineralische Ersatzbaustoffe im Sinne des § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 handelt und sie zur Herstellung eines technischen Bauwerks eingesetzt werden, gelten für diese Maßnahmen die Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung. Das lässt sich der Definition des technischen Bauwerks in § 3 Nr. 10 Buchst. f) ErsatzbaustoffV-E2 entnehmen, wo „Baustraßen bei [. . . ] Verfüllungsmaßnahmen“ exemplarisch aufgelistet sind. Das gilt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 ErsatzbaustoffV-E2 jedoch nicht bei einer Wiedernutzbarmachung von Halden des Kali- und Steinkohlebergbaus. Diese Fälle sind wegen der spezifischen Besonderheiten in örtlicher, bergbautechnischer und wasserwirtschaftlicher Hinsicht vom Anwendungsbereich ausgenommen.212 209 210 211 212

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 197. Siehe dazu F. II. 3. a) aa) (2). Siehe dazu A. III. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 197.

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Ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich fallen nach § 1 Abs. 2 Nr. 7 ErsatzbaustoffVE2 Maßnahmen des bergmännischen Versatzes mit mineralischen Abfällen unter Tage. Der Einsatz mineralischer Abfälle in solchen Fällen ist auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung.213 cc) Persönlicher Anwendungsbereich In persönlicher Hinsicht gilt die Verordnung gemäß § 2 ErsatzbaustoffV-E2 für Hersteller (Nr. 1), Inverkehrbringer (Nr. 2), Beförderer (Nr. 3) und Verwender (Nr. 4) von mineralischen Ersatzbaustoffen sowie Bauherren (Nr. 5). Im ersten Arbeitsentwurf, der den persönlichen Anwendungsbereich in § 1 Abs. 3 ErsatzbaustoffV-E1 für „Erzeuger und Verwender von mineralischen Ersatzbaustoffen, Betreiber von Anlagen zur Aufbereitung von mineralischen Ersatzbaustoffen [und] Träger von Baumaßnahmen mit mineralischen Ersatzbaustoffen“ eröffnete, bestand noch ein gewisser Widerspruch zum sachlichen Anwendungsbereich in § 1 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E1, wonach die Verordnung nur für den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke gelten sollte. Dieser ist mit der Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs auch auf die „Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen“ in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 jedoch aufgehoben worden. Das war erforderlich, weil der Einbau nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 der letzte Schritt, eben die Verwendung oder Verwertung der mineralischen Ersatzbaustoffe ist. Kein Einbau ist die Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen Schritt zur Vorbereitung des Einbaus. Weil in der Ersatzbaustoffverordnung in §§ 4 ff. ErsatzbaustoffV-E2 auch Regelungen für vorbereitende Maßnahmen getroffen werden sollten, war insoweit eine Erweiterung auch des sachlichen Anwendungsbereichs vonnöten. b) Grundsätzliche Anforderungen Die grundsätzlichen Anforderungen an einen Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke finden sich in § 20 ErsatzbaustoffV-E2. In § 20 Abs. 1 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 sind die bodenschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Anforderungen enthalten. Danach hat der Verwender oder Bauherr die Beachtung und Einhaltung der gesetzlichen Grundpflichten an den vorsorgenden Grundwasser- und Bodenschutz zu gewährleisten.214 Nachfolgend werden zunächst die bodenschutzrechtlichen Voraussetzungen erörtert. Auf die wasserrechtlichen Vorgaben wird wegen des systematischen Zusammenhangs im nachfolgenden Kapitel zum Wasserrecht eingegangen.215 aa) Bodenschutzrechtliche Anforderungen In bodenschutzrechtlicher Hinsicht verlangt § 20 Abs. 1 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen oder Gemischen in einer Art und Weise, dass „schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind“. Anders als bei der bodenbezogenen Verwertung beantwortet sich die Frage, wann schädliche Bodenveränderungen zu 213 214 215

Siehe dazu A. III. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 216. Siehe dazu G. II. 2. c) cc).

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besorgen sind, nicht nach § 9 BBodSchV (§ 3 BBodSchV-E2) sowie den Spezialregelungen in § 7 f. BBodSchV-E2, sondern nach den spezielleren Bestimmungen der Ersatzbaustoffverordnung. Unter welchen Voraussetzungen eine schädliche Bodenveränderung nicht zu besorgen ist, wird im zweiten Entwurf der Ersatzbaustoffverordnung nicht explizit gesagt. Noch im ersten Arbeitsentwurf fand sich eine entsprechende Bestimmung in § 3 Abs. 1 Satz 3 ErsatzbaustoffV-E1. Danach galt die Voraussetzung als erfüllt, wenn die Anforderungen nach §§ 4 bis 7 ErsatzbaustoffV-E1 eingehalten werden. Danach wäre ausdrücklich geregelt gewesen, dass das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen nicht zu besorgen ist, wenn den §§ 4 ff. ErsatzbaustoffV-E1 entsprochen wird. Eine ähnliche oder vergleichbare Bestimmung findet sich im zweiten Entwurf nicht. § 20 Abs. 1 Satz 3 ErsatzbaustoffV-E2 besagt vielmehr, dass mineralische Abfälle nur eingebaut werden dürfen, „wenn die einzubauenden mineralischen Ersatzbaustoffe die Anforderungen nach § 4 einhalten und der Einbau der mineralischen Ersatzbaustoffe nur in den für sie jeweils zulässigen Einbauweisen nach Anlage 2 oder 3 erfolgt“. Entsprechendes gilt nach § 20 Abs. 1 Satz 4 ErsatzbaustoffV-E2 für die in Gemischen enthaltenen mineralischen Ersatzbaustoffe. Dass durch die Erfüllung dieser Voraussetzungen schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind, regelt die Verordnung selbst nicht. Ein entsprechender Hinweis findet sich aber in der Begründung, wonach die „gesetzlichen Grundpflichten an den vorsorgenden [. . . ] Bodenschutz [. . . ] als erfüllt [gelten], wenn die in Satz 3 genannten Anforderungen erfüllt werden“.216 bb) Ermächtigungsgrundlage Die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der bodenschutzrechtlichen Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung bildet § 6 BBodSchG. Diese Bestimmung ermöglicht es, neben Abfällen auch andere Stoffe in die Verordnung mit einzubeziehen, weil der Materialbegriff der Norm nicht auf als Abfall einzustufende Materialien beschränkt ist.217 Auch der Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in ein technisches Bauwerk, das in oder auf dem Boden errichtet wird, stellt eine Form des Auf- oder Einbringens im Sinne des § 6 BBodSchG dar,218 so dass Regelungen in der Ersatzbaustoffverordnung zum vorsorgenden Bodenschutz von dieser Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind.219 c) Zulässigkeitsvoraussetzungen Die bodenschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken finden sich in § 20 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ErsatzbaustoffV-E2. In den nachfolgenden Absätzen der Norm sind weitere Anforderungen bestimmt, die eingehalten werden müssen. 216

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 216. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 185 f. 218 Siehe dazu F. II. 1. b) bb). 219 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 185 f.; ebenso ohne Begründung Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286; a. A. Dombert, in: Landmann/Rohmer, BBodSchG, § 6 Rn. 7; Hipp/Rech/Turian, BBodSchG, Rn. 840; wohl auch LG Karlsruhe, Urt. v. 09.11.2001, Az. 2 O 219/01, DÖV 2002, 349, 350. 217

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

aa) Herstellen und Inverkehrbringen Voraussetzung für einen zulässigen Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen ist nach § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 die Einhaltung der Anforderungen nach § 4 ErsatzbaustoffV-E2. In § 4 ErsatzbaustoffV-E2 finden sich die grundsätzlichen Anforderungen an das Herstellen von mineralischen Ersatzbaustoffen sowie Gemischen und ihr Inverkehrbringen. (1) Stoffliche Anforderungen In § 4 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 wird verlangt, dass derjenige, der mineralische Ersatzbaustoffe herstellt, diese nur in den Verkehr bringen oder zur Herstellung eines Gemischs verwenden darf, wenn die Materialwerte der Anlage 1 nach Maßgabe der §§ 13 f. ErsatzbaustoffV-E2 eingehalten sind. Unter den Materialwerten, deren Einhaltung folglich Grundvoraussetzung für einen nachfolgenden zulässigen Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen ist, versteht der Verordnungsgeber nach § 3 Nr. 3 ErsatzbaustoffV-E2 „die in der Anlage 1 für bestimmte Parameter des jeweiligen mineralischen Ersatzbaustoffs oder der jeweiligen Materialklasse eines mineralischen Ersatzbaustoffs bezeichneten Grenzwerte und Orientierungswerte für Schadstoffkonzentrationen im Feststoff (Stoffgehalte) oder im Eluat (Eluatkonzentrationen)“. In den insgesamt vier Tabellen des Anhangs 1 werden für die unter § 3 Nr. 17 bis Nr. 33 ErsatzbaustoffV-E2 aufgezählten mineralischen Ersatzbaustoffe spezifische Materialwerte festgelegt. In der Tabelle 1 finden sich die einzuhaltenden Materialwerte für alle mineralischen Ersatzbaustoffe mit Ausnahme von Bodenmaterial im Sinne des § 3 Nr. 30 ErsatzbaustoffV-E2, Baggergut im Sinne des § 3 Nr. 31 ErsatzbaustoffV-E2 und Gleisschotter im Sinne des § 3 Nr. 32 ErsatzbaustoffV-E2, die in den Tabellen 2 bis 4 aufgelistet sind. Die Tabelle 1 enthält stoffspezifische Orientierungswerte für die elektrische Leitfähigkeit sowie den pH-Wert und Grenzwerte für insgesamt 16 Stoffe oder Stoffgruppen. Die Grenzwerte beziehen sich, wie der in der Tabelle angegebenen Dimension zu entnehmen ist, auf das Eluat, sprich die „wässerige Lösung, die durch eine im Labor durchgeführte Auslaugung gewonnen wird“, § 3 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2. Stoffgehalte sind nur für die Summe der 16 polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe gemäß Liste der USEPA (PAK16) vorgesehen. Die vorgenannten Materialwerte gelten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 im Rahmen des Eignungsnachweises im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2 in Verbindung mit § 6 ErsatzbaustoffV-E2 als eingehalten, wenn die gemessene Konzentrationen oder der Stoffgehalt eines Parameters gleich oder geringer ist als der in der Tabelle enthaltene Wert. Unter welchen Voraussetzungen die vorgenannten Grenzwerte im Rahmen der Güteüberwachung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ErsatzbaustoffV-E2 als eingehalten gelten, bestimmt sich nach § 13 Abs. 3 ErsatzbaustoffV-E2. Abweichungen von den Orientierungswerten um nicht mehr als 5 Prozent beim pH-Wert und um nicht mehr als 30 Prozent bei der elektrischen Leitfähigkeit sind nach § 13 Abs. 4 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 als unauffällig einzustufen. Bei größeren Abweichungen schreibt § 13 Abs. 4 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 vor, dass „die Ursachen zu ermitteln und Maßnahmen zur Abhilfe zu treffen“ sind.

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Für Bodenmaterial und Baggergut sowie Gleisschotter gelten gesonderte Materialwerte. Für Gleisschotter, nach der Definition des § 3 Nr. 32 ErsatzbaustoffV-E2 also „Bettungsmaterial, das bei Baumaßnahmen an Schienenverkehrswegen oberhalb der Tragschicht oder des Planums anfällt, sowie alle Fraktionen, die im Rahmen einer Behandlung aus diesem Material gewonnen werden“, finden sich in Tabelle 2 neben Vorgaben für die elektrische Leitfähigkeit und den pH-Wert insgesamt neun Grenzwerte für die Eluatkonzentration. Entsprechendes gilt in der Tabelle 3 für Bodenmaterial und Baggergut, für welche jedoch neben sieben Grenzwerten für die Eluatkonzentration weitere 14 Grenzwerte für Stoffkonzentrationen im Feststoff bestimmt sind. Tabelle 4 enthält weitere Materialwerte für spezifische Belastungsparameter von Bodenmaterial und Baggergut, darunter elf Grenzwerte für die Eluatkonzentration und drei Stoffgehalte für Konzentrationen im Feststoff. Die Grenzwerte für Bodenmaterial und Baggergut gelten gemäß § 14 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 als eingehalten, wenn die nach § 12 ErsatzbaustoffV-E2 durchgeführte Untersuchung zum Ergebnis kommt, dass die „gemessene Konzentration oder der Stoffgehalt eines Parameters gleich oder geringer ist als die Summe der Konzentration oder des Stoffgehalts aus dem entsprechenden Materialwert und der für diesen Materialwert zulässigen Überschreitung nach Anlage 5 Tabelle 1 Spalte 4“. Für die Orientierungswerte pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit gilt nach § 14 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 das vorstehend Ausgeführte entsprechend. Gleisschotter ist wie die anderen mineralischen Ersatzbaustoffe zu behandeln. In § 21 Abs. 3 und Abs. 4 ErsatzbaustoffV-E2 finden sich Sonderbestimmungen für natur- oder siedlungsbedingt erhöhte Hintergrundwerte. In § 21 Abs. 3 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 wird der zuständigen Behörde die Befugnis eingeräumt, auf Antrag oder von Amts wegen für ein Gebiet oder eine Einbaumaßnahme im Einzelfall höhere Materialwerte festzulegen, „soweit die einzubauenden mineralischen Ersatzbaustoffe und gegebenenfalls deren Ausgangsstoffe aus diesen Gebieten stammen“ und dort „die Hintergrundwerte im Grundwasser naturbedingt einen oder mehrere Eluatwerte oder den Wert der elektrischen Leitfähigkeit der Anlage 1 Tabelle 2 für Bodenmaterial der Klasse BM-0 überschreiten oder außerhalb der pH-Bereiche nach Anlage 1 Tabelle 2 für Bodenmaterial der Klasse BM-0 liegen“. Eine vergleichbare Befugnis der zuständigen Behörde besteht nach § 21 Abs. 4 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 für Gebiete mit naturbedingt erhöhten Hintergrundwerten im Boden. In beiden Vorschriften wird auf die Werte in Tabelle 2 der Anlage 1 Bezug genommen. Hierbei dürfte es sich um eine fehlerhafte Übernahme aus dem ersten Arbeitsentwurf handeln, in welchem die Materialwerte für Bodenmaterial in Anhang 1.2 enthalten waren. In der Tabelle 2 finden sich die Materialwerte für Gleisschotter, so dass richtigerweise auf Anhang 1 Tabelle 3 Bezug genommen werden müsste. Entsprechendes gilt nach § 21 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Satz 3 ErsatzbaustoffV-E2 für siedlungsbedingte Überschreitungen der Materialwerte, womit ausweislich der Begründung der Verwertung von Stadtböden im Hinblick auf ihre durchweg höheren Belastungen Rechnung getragen werden soll.220 § 21 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 ErsatzbaustoffVE2 schreiben vor, dass die Materialwerte dabei so festzulegen sind, dass der Einbau nicht

220

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 218.

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geeignet ist, die Stoffkonzentrationen im Grundwasser und die Stoffgehalte im Boden über die Hintergrundkonzentration hinaus zu erhöhen. (2) Überwachung Mineralische Ersatzbaustoffe dürfen nach § 4 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2 nur dann in den Verkehr gebracht oder zur Herstellung eines Gemischs verwendet werden, wenn sie einer Überwachung unterzogen wurden. Die umfangreichen Vorschriften zur Überwachung sind im zweiten Unterabschnitt in §§ 5 ff. ErsatzbaustoffV-E2 enthalten. Der Hersteller von mineralischen Ersatzbaustoffen hat nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 eine Güteüberwachung durchzuführen, mit welcher die Einhaltung der in der Anlage 1 bezeichneten Materialwerte überwacht wird. Das Verfahren zur Güteüberwachung besteht aus dem Eignungsnachweis nach §§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 ErsatzbaustoffV-E2, der werkseigenen Produktionskontrolle nach §§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2, der Fremdüberwachung nach §§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ErsatzbaustoffV-E2 und der erweiterten Fremdüberwachung nach §§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ErsatzbaustoffV-E2. Was hierunter im Einzelnen zu verstehen ist und welche Maßnahmen dafür erforderlich werden, ergibt sich aus §§ 5 bis 9 ErsatzbaustoffV-E2. Daneben bleiben gemäß § 5 Abs. 5 ErsatzbaustoffV-E2 alle weiteren Vorschriften, die Anforderungen an die Überprüfung der bauphysikalischen Eigenschaften der mineralischen Ersatzbaustoffe stellen, anwendbar. Eine Ausnahme gibt es für Gleisschotter. Dieser bedarf nach § 5 Abs. 4 ErsatzbaustoffVE2 keiner Güteüberwachung, sofern er eine Körnung ab 31,5 Millimeter aufweist, nach organoleptischem Befund nicht belastet ist und ausschließlich in Gleisbauwerken wieder eingebaut wird. Hintergrund dieser Ausnahmeregelung sind Untersuchungsergebnisse von aufbereitetem Gleisschotter in der vorgenannten Körnung, welcher praktisch frei von Schwermetallen ist und in welchem sich lediglich Restkontaminationen von Pflanzenschutzmitteln finden, mit welchen er bei einem Wiedereinbau in Gleisbauwerken wieder beaufschlagt wird, so dass eine Zusatzbelastung nicht zu erwarten ist.221 Andernfalls, sprich entweder kein Einbau in ein Gleisbauwerk erfolgt, der organoleptische Befund nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt oder die Körnung feiner ist, unterliegt auch Gleisschotter der Güteüberwachung.222 § 5 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 findet nur Anwendung, wenn mineralische Ersatzbaustoffe in Aufbereitungsanlagen oder in Industrieanlagen hergestellt werden. Unter erstgenannten sind nach § 3 Nr. 12 ErsatzbaustoffV-E2 „Anlagen zur Behandlung mineralischer Stoffe insbesondere durch Sortierung, Trennung, Zerkleinerung, Siebung und Reinigung“ zu verstehen. Bodenmaterial wird nicht zwingend in einer Aufbereitungsanlage behandelt, sondern teilweise auch ohne weitere Aufarbeitung unmittelbar als Ersatzbaustoff verwendet. Im ersten Arbeitsentwurf war in § 4 Abs. 3 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E1 vorgesehen, dass dieses vor dem Einbau zu untersuchen ist. Nicht vorgesehen war eine Untersuchung am Anfallsort. Diese Regelung ist auf Kritik gestoßen, weil es beim Anfall des Materials

221 222

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 200. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 200.

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nicht möglich ist, entsprechend der Materialqualität und -belastung den Entsorgungsweg bereits zu bestimmen.223 Im zweiten Arbeitsentwurf sieht der Verordnungsgeber in § 12 ErsatzbaustoffV-E2 daher eine Sonderbestimmung für die Untersuchung von nicht aufbereitetem Bodenmaterial vor. Soll dieses in den Verkehr gebracht werden, so ist es vor seiner Aushebung oder Abschiebung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 und nicht erst vor seinem Einbau zu untersuchen. Untersuchungsumfang sind nach § 12 Abs. 2 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 die in der Anlage 1 Tabelle 3 enthaltenen Materialwerte. Sofern entweder die Herkunft oder die bisherige Nutzung Hinweise auf spezifische Belastungen des Bodenmaterials ergeben, sind gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 zusätzliche Untersuchungen auf weitere Schadstoffparameter nach Anlage 1 Tabelle 4 nötig. Im Einzelfall kann der Untersuchungsumfang von Amts wegen auf zusätzliche Parameter ausgedehnt werden, § 12 Abs. 2 Satz 3 ErsatzbaustoffV-E2. Eine Eluatuntersuchung wird nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 nicht für erforderlich erachtet, „wenn die für die jeweilige Bodenart geltenden Vorsorgewerte nach Tabelle 17 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung nicht überschritten sind“. In Tabelle 17 finden sich aber die „Analyseverfahren zur Bestimmung der Konzentration anorganischer Schadstoffe in Eluaten und Sickerwasser“, keine Vorsorgewerte, die in den Tabellen 1a (anorganische Stoffe) und 2 (organische Stoffe) enthalten sind. Richtigerweise müssten im Text der Verordnung daher die Tabellen 1a und 2 in Bezug genommen werden. Sind die dort genannten Vorsorgewerte eingehalten, bedarf es keiner weiterer Eluatuntersuchung und das Material darf als Bodenmaterial BM-0 in den Verkehr gebracht werden.224 (3) Klassierung und Dokumentation Als weitere Voraussetzung für ein Inverkehrbringen von mineralischen Ersatzbaustoffen ist nach § 4 Nr. 3 und Nr. 4 ErsatzbaustoffV-E2 eine Klassierung und Dokumentation. Eine Klassierung ist auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse gemäß § 15 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 dann erforderlich, wenn ein mineralischer Ersatzbaustoff in der Anlage 1 in mehrere Klassen unterteilt ist. Sämtliche Ergebnisse der Untersuchungen und Überwachungen sind fortlaufend zu dokumentieren und über fünf Jahre aufzubewahren sowie der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen, § 16 ErsatzbaustoffV-E2. bb) Einsatzmöglichkeiten Mineralische Ersatzbaustoffe dürfen weiter nach § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ErsatzbaustoffV-E2 nur in den jeweils zulässigen Einbauweisen verwendet werden. Unter der Einbauweise wird die in der ersten Spalte der Einbautabellen der Anlagen 2 und 3 bezeichnete Bauweise verstanden, § 3 Nr. 5 ErsatzbaustoffV-E2. Der noch in § 3 Nr. 3 ErsatzbaustoffVE1 enthaltene Zusatz „oder vergleichbare Bauweise[n]“ wurde in den zweiten Entwurf nicht übernommen.

223 224

Attendorn, AbfallR 2011, 283, 287. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 204.

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

In den Tabellen der Anlagen 2 und 3 sind die „Einsatzmöglichkeiten der mineralischen Ersatzbaustoffe in technischen Bauwerken“ beziehungsweise die „Einsatzmöglichkeiten von mineralischen Ersatzbaustoffen in spezifischen Bahnbauweisen“ unterschieden nach den verschiedenen mineralischen Ersatzbaustoffen im Sinne des § 2 Nr. 17 bis Nr. 33 ErsatzbaustoffV-E2 enthalten. Für jeden mineralischen Ersatzbaustoff sind insgesamt 24 beziehungsweise 26 Einbauweisen aufgelistet. Zulässig ist der Einbau eines mineralischen Ersatzbaustoffs, wenn eine Einsatzmöglichkeit im Sinne des § 2 Nr. 6 ErsatzbaustoffV-E2 besteht. Die Einsatzmöglichkeit wird dort definiert als „die in den Anlagen 2 und 3 für jede Einbauweise in Abhängigkeit von der jeweiligen Eigenschaft der Grundwasserdeckschicht bezeichneten Möglichkeiten zum Einbau eines mineralischen Ersatzbaustoffs“. In den Tabellen beider Anlagen wird für jeden mineralischen Ersatzbaustoff, teilweise zusammengefasst in einer Liste, unter Bezugnahme auf die Standortverhältnisse bestimmt, ob der Einbau in einer bestimmten in der ersten Spalte aufgelisteten Einbauweise zulässig (+) beziehungsweise nicht zulässig (-) ist oder unter eingeschränkten Bedingungen (Buchstabenregelung) erfolgen kann.225 Bezüglich der Standortverhältnisse wird mit Blick auf die Grundwasserdeckschicht zwischen hydrogeologisch günstigen und ungünstigen Standorten unterschieden. Nach den Erläuterungen in der Anlage 2 ist von einem günstigen Standort auszugehen, wenn am Einbauort die Grundwasserdeckschicht bodenkundlich als Sand oder Lehm, Schluff beziehungsweise Ton besteht und die grundwasserfreie Sickerstrecke größer als ein Meter ist. Diese Voraussetzung ist nach § 20 Abs. 2 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 durch den Bauherr oder Verwender nachzuweisen. Weiter wird bei den Standortverhältnissen danach unterschieden, ob die Herstellung des technischen Bauwerks aus mineralischen Ersatzbaustoffen innerhalb oder außerhalb von Wasserschutzbereichen erfolgt. Wasserschutzbereich wird ausweislich der Erläuterungen als Überbegriff für Wasserschutzgebiete und Wasservorranggebiete verwendet. Wasserschutzgebiete werden auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 WHG durch die Landesregierungen oder von ihnen beauftragte nachgeordnete Landesbehörden in Rechtsverordnungen festgesetzt. Sie werden üblicherweise in unterschiedliche Schutzzonen eingeteilt, wobei zwischen der Fassungszone (Zone I), der engeren Schutzzone (Zone II) und der weiteren Schutzzone (Zone III) unterschieden wird.226 Trinkwasserschutzgebiete sollen nach § 51 Abs. 2 WHG in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden. Soweit in den Anlagen 2 und 3 ein Einsatz innerhalb von Wasserschutzgebieten erfolgen soll, ist zu beachten, dass dieser nur in der Zone III möglich ist. In den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten sowie Heilquellenschutzgebieten ist nach § 20 Abs. 2 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 eine Herstellung von technischen Bauwerken aus mineralischen Ersatzbaustoffen unzulässig. Für den Fall, dass ein Einbau in einer nicht in den Einbautabellen genannten Einbauweise vorgenommen werden soll, entscheidet die zuständige Behörde nach § 21 Abs. 2 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2 über die Zulässigkeit auf Antrag des Bauherrn im Einzelfall. Hierdurch wird trotz des geänderten Wortlauts der Definition der Einbauweise die Möglichkeit geschaffen, mineralische Ersatzbaustoffe nach Einbauweisen einzubauen, die nicht 225 226

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 211. Hünnekens in: Landmann/Rohmer, WHG, § 51 Rn. 71.

II. Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes

237

explizit bezeichnet sind. Dafür ist in aller Regel eine Sickerwasserprognose erforderlich, welche die Unbedenklichkeit für Boden und Grundwasser nachweist.227 cc) Einbau von Gemischen Vergleichbares gilt gemäß § 20 Abs. 1 Satz 4 ErsatzbaustoffV-E2 für den Einbau von Gemischen. Ein Gemisch ist in § 3 Nr. 9 ErsatzbaustoffV-E2 definiert als „eine Gesteinskörnung, die hergestellt ist aus einem mineralischen Ersatzbaustoff und einem Primärbaustoff oder mehreren Primärbaustoffen oder aus mehreren Ersatzbaustoffen mit oder ohne Zumischung eines Primärbaustoffs oder mehrerer Primärbaustoffe“. Sein Einsatz ist dann zulässig, wenn alle in ihm enthaltenen mineralischen Ersatzbaustoffe die Anforderungen nach § 4 ErsatzbaustoffV-E2 einhalten und für diese die vorgesehene Einbauweise zulässig ist. Insoweit gelten für die einzelnen mineralischen Ersatzbaustoffe eines Gemischs die identischen Vorgaben wie für den mineralischen Ersatzbaustoff selbst. dd) Beschränkungen auf das erforderliche Maß Zu den grundsätzlichen Anforderungen eines Einbaus mineralischer Ersatzbaustoffe gehört nach § 20 Abs. 2 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2, dass dieser nur in dem für den jeweiligen Zweck erforderlichen Umfang erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit, die sich nicht auf sämtliche mineralischen Ersatzbaustoffe bezieht, sondern lediglich die umweltrechtlichen Anforderungen an eine Verwertung mineralischer Abfälle untersucht, erlangt diese Voraussetzung keine eigenständige Bedeutung. Bereits im abfallrechtlichen Teil wurde erörtert, dass eine Verwertungsmaßnahme nur vorliegt, wenn sie eine Substitution von Rohstoffen beinhaltet. Das ist nicht der Fall, wenn mehr mineralische Abfälle zum Einsatz kommen als zur Erreichung des Zwecks erforderlich.228 Andernfalls handelt es sich bei der Abfallentsorgungsmaßnahme um eine Beseitigung. Hat also die abfallrechtliche Bestimmung der konkreten Maßnahme ergeben, dass eine Verwertung vorliegt, so werden hierbei mineralische Abfälle nur in dem Maß eingesetzt, wie für die Zweckerreichung nötig. Damit ist auch der Vorgabe des § 20 Abs. 2 Satz 2 ErsatzbaustoffV-E2 genüge getan.

d) Kritik Die wesentliche Kritik, die gegen die Regelungen der Ersatzbaustoffverordnung vorzubringen ist, richtet sich gegen Anforderungen des vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutzes. Der Verordnungsgeber hat in den zweiten Entwurf zwar die noch im ersten Entwurf enthaltene weitreichende Fiktionsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 3 ErsatzbaustoffVE1, wonach schädliche Bodenveränderungen und nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen sind, wenn die Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung eingehalten sind, nicht übernommen. Gleichwohl sollte durch den geänderten Wortlaut des § 20 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 keine inhaltliche Änderung der Anforderungen vorgenommen werden, wie sich aus der Begründung ergibt, wo es heißt: „Die Grundpflichten [an den vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutz] gelten als erfüllt, wenn 227 228

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 217. Siehe dazu E. III. 3. b) dd).

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F. Anforderungen des Bodenschutzrechts

die in Satz 3 genannten Anforderungen erfüllt werden“.229 Insoweit ist zwar zu konstatieren, dass die bedenkliche Fiktionsvorschrift nicht weiterverfolgt wird, die zuständigen Behörden durch den Hinweis in der Verordnungsbegründung eine Maßnahme aber zulassen und nicht etwa wegen der Besorgnis von schädlichen Bodenveränderungen oder einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ablehnen werden, wenn die Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung an einen Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen erfüllt sind. Folglich bedeutet die Änderung im Wortlaut zwar, dass die Anforderungen des vorsorgenden Boden- und Grundwasserschutzes bei einer Einhaltung der Vorschriften der Ersatzbaustoffverordnung nicht automatisch erfüllt sein müssen, rein praktisch wird dies aber von den Behörden und Gerichten wegen des Hinweises in der Verordnungsbegründung so gehandhabt werden. Es erscheint fraglich, ob dies mit den abfall- und bodenschutzrechtlichen Gesetzesvorschriften in Einklang zu bringen ist.230 Soweit es sich bei den einzubauenden mineralischen Ersatzbaustoffen um Abfälle handelt, gilt die Pflicht des § 7 Abs. 3 KrWG, wonach die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen hat. Die Ersatzbaustoffverordnung hat sich zum Ziel gesetzt, diese Verpflichtung bei der Herstellung technischer Bauwerke untergesetzlich umzusetzen.231 Außerdem gilt unabhängig davon, ob Abfälle eingesetzt werden, die bodenschutzrechtliche Vorsorgepflicht der §§ 1, 7 BBodSchG, weil mit der Herstellung eines technischen Bauwerks aus mineralischen Ersatzbaustoffen in oder auf dem Boden die Verrichtung auf einem Grundstück durchgeführt wird. Es begegnet Bedenken, ob den vorgenannten Vorschriften durch § 20 ErsatzbaustoffV-E2 entsprochen wird, weil es sich bei den für die Bestimmung der Zulässigkeit des Einsatzes maßgeblichen Materialwerten bei sämtlichen mineralischen Ersatzbaustoffen mit Ausnahme von Bodenmaterial und Baggergut um Eluatwerte handelt,232 deren Herleitung überdies fachlich umstritten ist.233 Jedenfalls wird sich aber die Frage, ob es durch den Einsatz zu Schadstoffanreicherungen im Wertstoffkreislauf kommt sowie das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu besorgen ist, ohne die Ermittlung der Feststoffwerte des einzusetzenden Materials nicht zuverlässig beantworten lassen.234

III. Zusammenfassung Die abfallrechtlichen Vorgaben verlangen für eine zulässige Verwertung, dass diese ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Über das Tatbestandsmerkmal der Ordnungsgemäßheit werden alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Bezug genommen, darunter die des Bodenschutzrechts. Bei einer Verwertung mineralischer Abfälle sind daher die Anforderungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung einzuhalten. Das gilt auch, wenn die Verwertung auf Grundlage eines bergrechtlichen Betriebsplans zugelassen wird. Weil die bergrechtlichen Vorschriften für diesen 229

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 216. Zweifel – allerdings zu den Regelungen im ersten Arbeitsentwurf – äußert auch Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286. 231 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 163. 232 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 186. 233 Dazu Stede, UPR 2011, 255, 256 f.; Attendorn, AbfallR 2011, 283, 287. 234 Attendorn, AbfallR 2011, 283, 287. 230

III. Zusammenfassung

239

Fall Einwirkungen auf den Boden nicht regeln, ist das Bodenschutzrecht gegenüber dem Bergrecht nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG subsidiär. Daher ist der materielle Zulässigkeitsmaßstab bei einer bodenbezogenen Verwertung mineralischer Abfälle dem Bodenschutzrecht zu entnehmen. Konkret ergibt sich dieser aus den Bestimmungen zum vorsorgenden Bodenschutz. Weil mit einer bodenbezogenen Verwertung Einwirkungen auf den Boden verbunden sind, besteht die Pflicht zur Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen. Eine Auf- und Einbringung von mineralischen Abfällen auf und in den Boden ist deshalb nur zulässig, wenn die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen nicht hervorgerufen wird. Davon ist nur dann auszugehen, wenn die Vorsorgewerte eingehalten sind und die sonstigen Anforderungen, die § 7 BBodSchV-E2 an eine Auf- und Einbringung auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht und § 8 BBodSchV-E2 an eine Auf- und Einbringung außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht stellt, erfüllt sind. Werden die mineralischen Abfälle nicht bodenbezogen verwertet, sondern in ein technisches Bauwerk eingebaut, richtet sich die Zulässigkeit des Einbaus unter der Voraussetzung, dass es sich um mineralische Ersatzbaustoffe handelt, nach der Ersatzbaustoffverordnung. Diese setzt den bodenschutzrechtlichen Vorsorgegrundsatz auf Basis der Ermächtigungsgrundlage des § 6 BBodSchG für die Herstellung von technischen Bauwerken, die insoweit von der bodenbezogene Verwertung abzugrenzen sind, um. Der Einsatz ist zulässig, wenn die grundsätzlichen Anforderungen an den Einbau nach § 20 ErsatzbaustoffV-E2 erfüllt sind.

G. Anforderungen des Wasserrechts Eine Verwertung mineralischer Abfälle auf und im Boden kann neben möglichen Bodenbeeinträchtigungen vor allem negative Auswirkungen auf das Grundwasser haben. Das Grundwasser hat für die Allgemeinheit, insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung, die zu mehr als 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser gespeist wird, eine überragende Bedeutung.1 Weil das Grundwasser kaum Selbstreinigungskräfte besitzt, ist es nicht nur aus Gründen des Trinkwasserschutzes, sondern auch im Hinblick auf seine ökologische Bedeutung als Teil des Wasserkreislaufs möglichst vor Schadstoffeinträgen freizuhalten. Trotz dieser wichtigen Funktion ist das Grundwasser in besonderem Maß Gefährdungen sowohl durch flächenhafte diffuse wie auch durch punktuelle stoffliche Einträge ausgesetzt.2 Nach derzeitiger Einschätzung sind lediglich 63 Prozent der Grundwasserkörper in gutem chemischen Zustand, 37 Prozent hingegen in schlechtem Zustand.3 Daher ist zu prüfen, welchen wasserrechtlichen Anforderungen die Abfallverwertung in Bezug auf den Schutz des Grundwassers genügen muss und ob diese ausreichen, den erforderlichen Grundwasserschutz in ausreichendem Maß sicherzustellen.

I. Anwendbarkeit des Wasserrechts Bevor allerdings auf die materiellen Regelungen zum Schutz des Grundwassers eingegangen wird, ist festzustellen, ob die Vorschriften des Wasserrechts auf eine Verwertung mineralischer Abfälle überhaupt Anwendung finden. 1. Verhältnis zum Abfallrecht Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Anwendbarkeit des Wasserrechts nicht aufgrund der abfallrechtlichen Vorschriften ausgeschlossen ist. Bei einer Abfallverwertung gelten die wasserrechtlichen Normen als sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über den Verweis der Ordnungsgemäßheit in § 7 Abs. 3 KrWG.4 Werden die mineralischen Abfälle in das Grundwasser eingebracht, finden nicht mehr die abfallrechtlichen, sondern 1

Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 9. Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Sondergutachten „Flächendeckend wirksamer Grundwasserschutz“, März 1998, BT-Drs. 13/10196, S. 34 ff. 3 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Die Wasserrahmenrichtlinie. Auf dem Weg zu guten Gewässern, S. 34, abzurufen unter http://www.umweltbundesamt.de/ publikationen/wasserrahmenrichtlinie-auf-weg-zu-guten-gewaessern (28.02.2014). 4 BVerwG, Urt. v. 14.12.2006, Az. 7 C 4.06, BVerwGE 127, 250, 255; Bayerischer VGH, Beschl. v. 03.07.2007, Az. 14 CS 07.966, NuR 2007, 619, 621; Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 12; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 17, 20; Ginzky/Kirschbaum/Six, Wasser und Abfall 12/2004, 37, 40; Attendorn, AbfallR 2008, 111, 116; zur Ordnungsgemäßheit siehe E. IV. 1.; demgegenüber hat das OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 26.05.1999, Az. 2 L 231/96, NVwZ 2000, 1196, 1198, für die Abfallbeseitigung angenommen, die abfallrechtliche Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG (§ 15 2

I. Anwendbarkeit des Wasserrechts

241

nur noch die im Folgenden dargestellten wasserrechtlichen Regelungen Anwendung. Ab diesem Zeitpunkt endet das Abfallregime nach § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG. 2. Verhältnis zum Bodenschutzrecht Da sich bodenschutzrechtliche und wasserrechtliche Regelungen zumindest teilweise überschneiden, ist das Verhältnis von Bodenschutz- und Wasserrecht zu klären. Bereits oben wurde erörtert, dass bei einer Verwertung mineralischer Abfälle die bodenschutzrechtlichen Vorsorgebestimmungen gelten.5 Die Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden ist nach § 1 Satz 2 BBodSchG Zweck des Bundes-Bodenschutzgesetzes, bei Einwirkungen auf den Boden sollen nach § 1 Satz 3 BBodSchG „Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktionen [. . . ] so weit wie möglich vermieden werden“. Zu den natürlichen Bodenfunktionen zählen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c) BBodSchG auch Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften zum Schutz des Grundwassers. Das Bundes-Bodenschutzgesetz dient daher auch dem Grundwasserschutz.6 Allerdings enthält das Bodenschutzrecht keine materiellen Vorgaben zum Schutz des Grundwassers. Das konkrete Vorsorgeniveau richtet sich vielmehr, wie § 7 Satz 6 BBodSchG klarstellt, nach den wasserrechtlichen Vorschriften. Obwohl die bodenschutzrechtliche Vorsorgepflicht mittelbar auch die Vorsorge gegen Gewässerverunreinigungen zum Ziel hat, entfaltet sie wegen des Verweises in § 7 Satz 6 BBodSchG keine Sperrwirkung gegenüber dem Wasserrecht. Das Bundes-Bodenschutzgesetz und das Wasserhaushaltsgesetz sind im Vorsorgebereich und damit auch bei einer Verwertung mineralischer Abfälle auf und im Boden nebeneinander anwendbar.7 Das gilt sowohl, wenn die Verwertung, beispielsweise in Form einer Verfüllung, nur oberhalb des Übergangsbereichs zwischen der gesättigten und der ungesättigten Zone stattfindet, als auch dann, wenn die Maßnahme bis in das Grundwasser hineinreicht. 3. Verhältnis zum Bergrecht Daneben bedarf wiederum die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften zum Schutz des Grundwassers bei einer dem Bergrecht unterliegenden Verfüllung mit mineralischen Abfällen einer näheren Betrachtung. Ebenso wie die bodenschutzrechtlichen sind auch die wasserrechtlichen Vorsorgebestimmungen im Rahmen des bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens über § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG anwendbar. Anhand des § 55 Abs. 1 und 2 BBergG lässt sich nicht sachgerecht überprüfen, ob die zu verfüllenden Abfälle so

Abs. 2 KrWG) sei gegenüber § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG a. F. (§ 48 Abs. 2 Satz 1 WHG) spezieller; überzeugend a. A. Nolte/Stüber, NVwZ 2001, 1131, 1132. 5 Vgl. dazu F. II. 2. 6 BT-Drs. 13/6701, S. 28. 7 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 5; Müggenborg, KA 2000, 732, 736; Ginzky/ Kirschbaum/Six, Wasser und Abfall 12/2004, 37, 40; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 172; Frenz, AbfallR 2012, 72, 81; vgl. auch LAWA/LABO, Abgrenzung zwischen Bundes-Bodenschutzgesetz und Wasserrecht, September 2000, S. 6; a. A. Dombert, Rechtliche Bedeutung von Mitteilungen und Beschlüssen der Länderarbeitsgemeinschaften, S. 10, der die Prüfwerte zur Beurteilung des Wirkungspfads Boden - Grundwasser für maßgeblich erachtet.

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G. Anforderungen des Wasserrechts

verwertet werden, dass nachteilige Einwirkungen auf den Boden und das Grundwasser ausgeschlossen sind.8 Das gilt zum einen mit Blick auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, der den Ausschluss gemeinschädlicher Einwirkungen verlangt. Die Vorschrift setzt die Überschreitung einer erheblichen Gefahrenschwelle und einen drohenden Schaden für das Allgemeinwohl voraus. Diese hohe Gefahrenschwelle ist nicht geeignet, die Anforderungen an den Einbau bergbaufremder Abfälle im Hinblick auf den vorsorgenden Grundwasserschutz sicherzustellen.9 Und auch mit der Vorsorgebestimmung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG lassen sich keine schädlichen Einwirkungen auf das Schutzgut Grundwasser außerhalb des Bergbaubetriebs ausschließen, weil ihr Geltungsbereich auf den Betrieb des Bergbauunternehmers beschränkt ist und darüber hinaus keine Sachgüter erfasst werden.10 Entsprechendes gilt für die Anforderungen an die erforderliche Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG, da sie weder Regelungen für den Einbau bergbaufremder Abfälle enthält noch dem Schutz des Grundwassers außerhalb der vom Bergbau in Anspruch genommenen Grundflächen dient.11 Die von einer Verfüllung mineralischer Abfälle ausgehenden Einwirkungen auf das Grundwasser lassen sich gemäß § 55 Abs. 1 BBergG nicht sachgerecht erfassen. Neben § 55 BBergG sind über § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG öffentlich-rechtliche Vorschriften ohne unmittelbaren Vollzugscharakter zu berücksichtigen. Zu diesen gehören auch Regelungen zum vorsorgenden Grundwasserschutz des Wasserrechts, namentlich § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG.12 Sie gelten uneingeschränkt auch bei bergrechtlichen Entscheidungen über eine Verwertung mineralischer Abfälle in einem der Bergaufsicht unterliegenden Betrieb.

II. Vorsorgender Grundwasserschutz Die Anforderungen zur Reinhaltung des Grundwassers sind § 48 WHG zu entnehmen, der den wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz in Bezug auf den Schutz des Grundwassers

8

BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 4 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253, 257. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 4 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253; in diese Richtung auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 11.10.1990, Az. 1 W 83/90, juris Orientierungssatz 1; Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 21; a. A. VG Sigmaringen, Urt. v. 30.08.1989, Az. 7 K 2172/84, ZfB 1990, 67, 73 f., das die zu § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F. entwickelten Auslegungsgrundsätze über § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG entsprechend heranzieht; dem folgend Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 5; siehe zu § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG bereits F. I. 2. c) cc). 10 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 4 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253; a. A. VG Stuttgart, Urt. v. 24.03.1997, Az. 18 K 1197/95, ZfB 1997, 239, 243; siehe zu § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG bereits F. I. 2. c) aa). 11 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 4 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 253 f.; siehe zu § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG bereits F. I. 2. c) bb). 12 Ebenso OVG des Saarlandes, Beschl. v. 11.10.1990, Az. 1 W 83/90, juris Orientierungssatz 1; Sächsisches OVG, Urt. v. 26.09.2008, Az. 4 B 773/06, juris Rn. 75; Brand/Fouquet, LKV 1995, 201, 204; Reinhardt, NuR 1999, 134, 140 ff.; Attendorn, TerraTech 10/2006, 7, 9; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 173; demgegenüber ist § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu beachten und findet somit im bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahren keine Anwendung. 9

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

243

konkretisiert.13 Die Vorschrift ist unmittelbar geltendes materielles Recht14 und unterteilt sich in zwei Absätze. § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG ist in allen wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu beachten und bestimmt, dass eine „Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser [. . . ] nur erteilt werden [darf], wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist“. Wann die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besteht, kann über die § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG ergänzende Ermächtigung des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG in einer Rechtsverordnung, die nach § 48 Abs. 1 Satz 3 WHG der Zustimmung des Bundestags bedarf, festgelegt werden. Der Zweck des § 48 Abs. 2 WHG liegt darin, das Grundwasser auch vor Einwirkungen zu schützen, die keine Einbringung oder Einleitung und damit keine Benutzung eines Gewässers im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG darstellen und deshalb wasserrechtlich nicht – jedenfalls nicht per se – erlaubnispflichtig sind. Die Pflicht zur Einholung einer Erlaubnis besteht nach §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG nur dann, wenn die Maßnahme geeignet ist, „dauernd oder in einem nicht nur unerheblichem Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen“. Liegt eine Maßnahme vor, die diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Vorschrift des § 48 Abs. 2 WHG im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu prüfen. Darüber hinaus ist sie als materielle Vorschrift in allen anderen Genehmigungsverfahren zu beachten.15 Sie ordnet an, Stoffe nur so zu lagern oder abzulagern, „dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist“. Die Frage, wann die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung für die Beschaffenheit des Grundwassers besteht, ist in § 48 Abs. 1 und Abs. 2 WHG gleich zu beantworten.16 Im Folgenden soll geprüft werden, in welchen Fallkonstellationen die Verwertung mineralischer Abfälle wasserrechtlich erlaubnisbedürftig ist, weil Stoffe entweder in das Grundwasser eingebracht oder so im Boden abgelagert werden, dass die Ablagerung geeignet ist, nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Hierfür ist zunächst der Grundwasserbegriff zu bestimmen, bevor auf die relevanten Tathandlungen des Einbringens und des Ablagerns einzugehen ist. Anschließend ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Erlaubnis erteilt werden darf. In diesem Rahmen werden die materiellen Zulässigkeitsanforderungen dargelegt, die für den Ausschluss der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit erfüllt sein müssen. 1. Wasserrechtliche Erlaubnispflicht Nach § 8 Abs. 1 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers der Erlaubnis. Wann eine Gewässerbenutzung vorliegt, ist in § 9 WHG geregelt. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Benutzungen nach § 9 Abs. 1 WHG und Maßnahmen, die als Benutzungen gelten, den sogenannten unechten Gewässerbenutzungen, nach § 9 Abs. 2 WHG.

13 14 15 16

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 2. Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 10. Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 12; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 21. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 13 und 26.

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G. Anforderungen des Wasserrechts

a) § 48 Abs. 1 WHG Die Einbringung von Stoffen in das Grundwasser ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG eine Gewässerbenutzung und damit gemäß § 8 Abs. 1 WHG ein erlaubnispflichtiger Tatbestand. Daher stellt sich die Frage, wo und in welcher Art und Weise mineralische Abfälle verwendet werden müssen, um von einer erlaubnispflichtigen Gewässerbenutzung nach den vorgenannten Vorschriften auszugehen. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu ermitteln, was unter dem Begriff des Grundwassers im Rahmen des § 48 Abs. 1 WHG zu verstehen ist und unter welchen Voraussetzungen Stoffe in dieses eingebracht werden. aa) Grundwasser Der Begriff des Grundwassers wird in § 3 Nr. 3 WHG definiert als „das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht“. Dabei ist gleichgültig, in welcher Tiefe sich das Grundwasser befindet, solange es sich in der gesättigten Zone bewegt.17 Ebenso unerheblich ist, ob das unterirdische Wasser bereits in irgendeiner Weise genutzt wird oder in absehbarer Zeit genutzt werden soll. Vom Tatbestand des § 48 Abs. 1 WHG umfasst ist der gesamte Grundwasserbestand.18 bb) Einbringung von Stoffen Bereits im Rahmen der untersuchungsrelevanten Zulassungsregime wurde geklärt, dass die Tatbestandsalternative des Einleitens von Stoffen in das Grundwasser, die nur flüssige und gasförmige Stoffe umfasst, bei einer Verwertung mineralischer Abfälle ausscheidet. In Betracht kommt daher nur eine Einbringung von festen mineralischen Abfallstoffen.19 Eine solche setzt zunächst eine zweckgerichtete Verhaltensweise voraus, die nach ihrer objektiven Eignung auf ein Gewässer ausgerichtet ist. Hierdurch sollen alle Handlungen, die nur zufällig mit Gewässereinwirkungen verbunden sind, vom Benutzungstatbestand ausgeschlossen werden.20 Der Tatbestand ist bei einer Verwertung mineralischer Abfälle im Boden deshalb nur erfüllt, wenn die Abfallstoffe selbst in das Grundwasser gelangen.21 Folglich ist auch nicht etwa jede Unterkellerung eines Gebäudes eine erlaubnispflichtige wasserrechtliche Benutzung,22 sondern nur dann, wenn die bauliche Anlage in das Grundwasser, sprich nach der vorstehenden Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 3 WHG, in die Sättigungszone eindringt. Insofern reicht es für eine Einbringung nicht aus, wenn der Ort der Abfallverwertung nicht in der Grundwasserzone liegt, sondern nur die Wirkungen dort

17

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 3 Rn. 46 f. und § 48 Rn. 10. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 10; zum Grundwasserbegriff ausführlich Rech/Henke, LKV 2000, 369, 371 ff. 19 Siehe dazu D. VII. 2. 20 Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 24 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 5 f.; Schmid, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 9 Rn. 35. 21 BT-Drs. 16/12275, S. 55; vgl. insoweit auch die Beispiele für eine Einbringung in oberirdische Gewässer, Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 48; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 29. 22 Missverständlich daher Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 42. 18

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

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eintreten.23 Dann kann allenfalls eine unechte Benutzung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG vorliegen.24 Nicht erforderlich für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Einbringens ist indes, dass derjenige, der die Maßnahme vornimmt, die Sachherrschaft an den eingebrachten Stoffen behält.25 Eine Einbringung kann vielmehr auch gegeben sein, wenn er sich der Stoffe entledigt. Es ist nicht ersichtlich, warum bezüglich der Sachherrschaft zwischen der Einbringung und der Einleitung, die zweifelsohne auch dann vorliegen kann, wenn mit ihr eine Entledigung verbunden ist, ein Unterschied gemacht werden sollte. Vielmehr spricht weder der Wortlaut, der grundsätzlich unabhängig von abfallrechtlichen Begrifflichkeiten auszulegen ist, noch die Systematik der wasserrechtlichen Vorschriften dafür, dass die Frage der Entledigung für die Erfüllung der beiden Handlungsalternativen des Einbringens und Einleitens relevant wäre. Das zeigt sich an der Parallelvorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 WHG zu oberirdischen Gewässern, die bestimmt, dass feste Stoffe in ein solches nicht eingebracht werden dürfen, um sich ihrer zu entledigen. Daraus sowie aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung für eine Einbringung in das Grundwasser ist zu schließen, dass nicht schon nach dem Wortlaut der Einbringung verlangt wird, dass der Handelnde die Sachherrschaft behält. Eine Einbringung von mineralischen Abfällen in Gewässer kann daher auch vorliegen, wenn die Stoffe mit Entledigungsabsicht abgelagert werden. Der Unterschied zwischen oberirdischen Gewässern und dem Grundwasser liegt bei diesen Maßnahmen darin, dass eine Einbringung mit Entledigungsabsicht in oberirdische Gewässer nach § 32 Abs. 1 Satz 1 WHG nicht erlaubnisfähig ist, wohingegen sie beim Grundwasser jedenfalls im Grundsatz zugelassen werden kann. Eine Einbringung von Stoffen in das Grundwasser kann daher auch gegeben sein, wenn es sich bei diesen um Abfälle handelt, die in der wassergesättigten Zone zum Zwecke der Verwertung abgelagert werden.26 b) § 48 Abs. 2 WHG Sofern der vorrangig zu prüfende Tatbestand des § 48 Abs. 1 WHG nicht einschlägig ist, weil die mineralischen Abfälle nicht in das Grundwasser eingebracht werden, ist weiter fraglich, ob sich eine Maßnahme nicht deshalb als erlaubnispflichtig erweist, weil sie eine Lagerung oder Ablagerung darstellt, die als unechte Gewässerbenutzung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG zu qualifizieren ist und nach § 8 Abs. 1 WHG ebenfalls der wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf. Deshalb ist im Folgenden zu ermitteln, wann von einer Lagerung oder Ablagerung im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG auszugehen ist und unter welchen zusätzlichen Voraussetzungen sich die Frage der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht stellt. aa) Maßnahme Der Maßnahmenbegriff des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfordert ein zweckgerichtetes, jedoch anders als bei einer echten Gewässerbenutzung und damit anders als im Rahmen des 23

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 14. Siehe dazu G. II. 1. b). 25 So aber Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 45. 26 Ab dem Zeitpunkt der Einbringung ist die Anwendbarkeit des Abfallrechts über § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG ausgeschlossen, siehe zum Anwendungsausschluss des Abfallrechts E. II. 2. 24

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G. Anforderungen des Wasserrechts

§ 48 Abs. 1 Satz 1 WHG kein auf ein Gewässer bezogenes Verhalten.27 Als Maßnahmen sind deshalb alle Arten der Verwertung mineralischer Abfälle im Boden zu qualifizieren, die nicht unmittelbar gewässerbezogen sind, sprich keine Einbringung von Stoffen in das Grundwasser darstellen. Als Beispiel sei die Verwendung von Abfallstoffen oberhalb der gesättigten Zone etwa zur Verfüllung von Gruben oder Abgrabungen oder zur Herstellung eines technischen Bauwerks genannt.28 bb) Ablagerung von Stoffen Eine Maßnahme nach der vorgenannten Begriffsbestimmung kann auch die Lagerung oder Ablagerung von Stoffen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG sein.29 Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die Verwertung mineralischer Abfälle ist eine Subsumtion der Maßnahme unter die Begriffe der Lagerung oder Ablagerung. Eine Lagerung ist das Aufbewahren von Stoffen zur weiteren Nutzung, Abgabe oder Entsorgung. Die Lagerung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine nochmalige menschliche Einwirkung auf den Stoff beabsichtigt ist.30 In diesem Punkt unterscheidet sie sich von der Ablagerung, bei welcher der Stoff am abgelegten Ort endgültig verbleiben soll, ohne jemals wieder entfernt zu werden.31 Bei einer Abfallverwertung im Bergbau wird die Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG teilweise mit dem Argument verneint, es handele sich nicht um eine Ablagerung im wasserrechtlichen Sinn, weil die einer Verwertung zugrunde liegende Nutzung des Stoffs eine solche ausschließe.32 Eine vergleichbare Begründung führt das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern an, wenn es annimmt, durch die Verwendung von Schlacke zur Befestigung eines Parkplatzes würde diese nicht abgelagert, weil der Stoff Bestandteil einer baulichen Anlage wird.33 Ebenso wird bei der Verwertung von Klärschlamm argumentiert und darauf abgestellt, dass Sinn und Zweck seiner Aufbringung die Verwendung des Gehalts an organischer Substanz und Pflanzennährstoffen als Dünger ist.34 In allen vorgenannten Fallgruppen wird die Ablagerung also mit dem Argument verneint, die im Rahmen einer Abfallverwertung niedergelegten Stoffe würden genutzt beziehungsweise erfüllten eine bestimmte Funktion. Diese Sichtweise überzeugt nicht. Ob der Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG einschlägig ist, muss unabhängig von der abfallrechtlichen Einordnung des Sachverhalts 27

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 85; Pape, in: Landmann/Rohmer, WHG, § 9 Rn. 72. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 16.12.1997, Az. 3 L 236/95, NuR 1999, 49, 50; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 84; zur Einschlägigkeit des unechten wasserrechtlichen Benutzungstatbestandes des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG bei der Wiedernutzbarmachung von Kalihalden vgl. Frenz, AbfallR 2012, 72, 79 ff. 29 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 12. 30 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 13 m. w. N. 31 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 13b m. w. N. 32 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 22 f., der Berghalden und Müllkippen unter § 48 Abs. 2 WHG subsumiert, nicht aber Vorgänge der Abfallverwertung; Brand/Fouquet, LKV 1995, 201, 204 f.; ähnlich auch LAWA, Grundsätze des vorsorgenden Grundwasserschutzes bei Abfallverwertung und Produkteinsatz (GAP-Papier), S. 7. 33 OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 16.12.1997, Az. 3 L 236/95, NuR 1999, 49, 50. 34 VG Göttingen, Beschl. v. 31.08.2004, Az. 4 B 101/04, juris Rn. 24; VG Freiburg, Beschl. v. 04.10.2007, Az. 1 K 1618/07, juris Rn. 26. 28

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

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ermittelt werden. Das zeigt sich schon daran, dass dort die Rede von Stoffen ist und nicht auf den Abfallbegriff abgestellt wird. Insoweit kann es auf eine vom Abfallbegriff nach § 3 Abs. 1 KrWG vorausgesetzte Entledigung oder Entledigungsabsicht nicht ankommen.35 Der Entledigungszweck wird auch nicht wie in § 32 Abs. 1 Satz 1 WHG zum eigenständigen Tatbestandsmerkmal gemacht. Das heißt, eine Ablagerung von Stoffen kann auch dann angenommen werden, wenn mit ihr eine Entledigung oder Entledigungsabsicht nicht verbunden ist. Folglich kann auch der Frage, ob es sich um eine Abfallverwertung handelt, keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Bereits nach dem Wortsinn schließt eine Ablagerung nicht das Ablegen von Stoffen mit einer bestimmten Nutzungsabsicht aus. Andernfalls würde der Begriff des Ablagerns, dem es als zweckgerichteter Maßnahme nur um den Ausschluss nicht beherrschbarer Einwirkungen wie zum Beispiel Unfällen geht, in unzulässiger Weise verkürzt.36 Vorstehendes wird durch eine teleologische Auslegung bestätigt. Für den Schutz des Grundwassers ist es irrelevant, ob Stoffe auf dem Boden mit oder ohne Nutzungszweck abgelegt werden.37 Für die Einschlägigkeit des Tatbestandsmerkmals der Ablagerung ist zur Gewährleistung eines umfassenden Grundwasserschutzes daher nur zu verlangen, dass der Stoff zu einem auf Dauer angelegten oder zumindest zeitlich nicht absehbaren Zweck, der über die bloße Entledigung hinausgehen kann, fest mit dem Boden verbunden wird. Von der Vorschrift sind alle Stoffe unabhängig von ihrem Aggregatzustand erfasst. Sie gilt folglich auch für feste Stoffe, die, sofern sie nicht in das Grundwasser eingebracht werden und damit dem Regelungsbereich des § 48 Abs. 1 WHG unterfallen, regelmäßig das Grundwasser nicht selbst, sondern nur in Verbindung mit anderen Stoffen wie beispielsweise dem Niederschlagswasser tangieren.38 Eine Verfüllung von Abgrabungen oder Tagebauen im Wege der Verwertung von mineralischen Abfällen ist daher eine Ablagerung im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG.39 Entsprechendes gilt für eine Verwertung mineralischer Abfälle in technischen Bauwerken wie Wegen, Dämmen oder Lärmschutzwällen.40 cc) Wasserbeschaffenheit Die Ablagerung von mineralischen Abfällen ist aber nur dann erlaubnispflichtig, wenn die Abfallverwertungsmaßnahme geeignet ist, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Die 35 Ähnlich Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 13b; a. A. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 16.12.1997, Az. 3 L 236/95, NuR 1999, 49, 50; VG Göttingen, Beschl. v. 31.08.2004, Az. 4 B 101/04, juris Rn. 24; Brand/Fouquet, LKV 1995, 201, 205, welche ebenfalls die „Absicht, den Stoff loszuwerden“, für entscheidend halten. 36 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 13b. 37 Eine ähnliche Argumentation verfolgt Frenz, WiVerw 2003, 1, 29 f., der es im Hinblick auf den Schutz des Grundwassers für nicht entscheidend hält, ob das Ablagern „in atypischer Weise“ erfolgt. 38 So beispielsweise für Festmist, VG Ansbach, Beschl. v. 05.11.2007, Az. AN 15 S 07.02392, juris Rn. 29; beziehungsweise für Gärfutter, VG Ansbach, Beschl. v. 20.06.2011, Az. AN 15 S 11.01009, juris Rn. 12; Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 14. 39 Ebenso, jeweils ohne nähere Begründung, Bayerischer VGH, Beschl. v. 03.07.2007, Az. 14 CS 07.966, NuR 2007, 619, 621; VG Würzburg, Urt. v. 09.12.2003, Az. W 4 K 03.420, juris Rn. 24; Scheier, ZfW 2004, 1, 8; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 173. 40 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 13b.

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G. Anforderungen des Wasserrechts

Wasserbeschaffenheit stellt nach § 3 Nr. 7 WHG eine Gewässereigenschaft dar und wird in § 3 Nr. 9 WHG definiert als „die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers“. dd) Nachteilige Veränderung Demgegenüber wird im Definitionskatalog des § 3 WHG nicht näher erläutert, wann von einer nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit auszugehen ist. Dort findet sich in § 3 Nr. 10 WHG lediglich die Umschreibung des Begriffs der schädlichen Gewässerveränderungen als „Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben“. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die schädliche Gewässerveränderung als Oberbegriff zu verstehen, welcher zunächst alle Fälle umfasse, in welchen das Gesetz auf die nachteilige Veränderung von Gewässereigenschaften abstellt, darüber hinaus aber auch solche, die nur Teilaspekte der Gewässereigenschaften, beispielsweise die Wasserbeschaffenheit, darunter § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG, betreffen.41 Ausgehend hiervon ist eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit dann anzunehmen, wenn die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Grundwassers Änderungen erfahren hat und diese Änderungen entweder das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen oder nicht den Anforderungen entsprechen, welche sich aus dem Gesetz oder den wasserrechtlichen Rechtsverordnungen ergeben. ee) Dauerhaftigkeit beziehungsweise Erheblichkeit Die Eignung einer nachteiligen Veränderung der Wasserbeschaffenheit führt aber nicht schlechthin zum Vorliegen einer unechten Gewässerbenutzung. Erforderlich ist vielmehr, dass diese entweder ein erhebliches Ausmaß erreichen kann oder dauerhaft feststellbar ist. Die Tatbestandsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit ist nicht erst erfüllt, wenn das Gewässer auf unabsehbare Zeit in Mitleidenschaft gezogen würde, sondern wenn mit einem Abklingen der Veränderung erst zu einem Zeitpunkt zu rechnen ist, der für die wasserwirtschaftliche Bewertung außer Betracht bleibt.42 Demgegenüber reicht für eine Beeinträchtigung nicht nur unerheblichen Ausmaßes eine vorübergehende, dafür aber intensive Einwirkung, deren Feststellung nur in jedem Einzelfall getroffen werden kann.43

41 BT-Drs. 16/12275, S. 53 f.; zu Recht kritisch Czychowski/Reinhardt, WHG, § 3 Rn. 69, weil nicht klar ist, worin der materielle Unterschied zwischen einer nachteiligen und einer schädlichen Veränderung der Wasserbeschaffenheit liegen soll. 42 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 84; Knopp, in: Sieder et al., WHG, § 9 Rn. 80. 43 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 84; Knopp, in: Sieder et al., WHG, § 9 Rn. 80.

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

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ff) Eignung Um die Maßnahme umfassend auf ihre mögliche Gefährlichkeit für die Gewässer überprüfen zu können, ist der Begriff der Geeignetheit weit auszulegen und objektiv zu bestimmen. Nicht erforderlich zur Erfüllung des Tatbestands des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG ist, dass eine Schädigung des Grundwassers zu erwarten oder zu besorgen ist. Es reicht vielmehr aus, dass konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, die eine Eignung der Maßnahme zur Veränderung des Wassers begründen. Eine solche ist gegeben, wenn sich der Eintritt der in § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG genannten Folgen nicht ausschließen lässt, wobei die Möglichkeit einer mittelbaren Beeinträchtigung genügt.44 Beim Grundwasser, das in ganz besonderer Weise schutzbedürftig ist, reicht für die Eignung bereits ein entfernter Wahrscheinlichkeitsgrad, dass ein Schaden eintritt.45 Maßnahmen, die geeignet sind, die chemische oder biologische Beschaffenheit des Grundwassers zu verändern, sind beispielsweise die Ablagerung von mineralischen Abfällen auf dem Boden46 oder die Verfüllung von Gruben oder Abgrabungen mit solchen Stoffen.47 Auch die Verfüllung von Tagebauen etwa mit Bodenmaterial, Baggergut, industriellen Reststoffen oder sonstigen mineralischen Abfällen kann eine unechte Gewässerbenutzung darstellen.48 Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfüllen aber nicht nur bodenbezogene Verwertungsmaßnahmen, auch die Herstellung von Straßen aus mineralischen Abfällen oder deren Verwendung in anderen technischen Bauwerken kann unter den Tatbestand fallen.49 c) Ausnahmen von der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht Von der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht sind zwei Ausnahmetatbestände vorgesehen, von denen sich einer inhaltlich auf die bodenbezogene Verwertung bezieht und daher in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung zu finden ist. Der andere betrifft die Herstellung technischer Bauwerke aus mineralischen Ersatzbaustoffen und hat folglich seinen Platz in der Ersatzbaustoffverordnung. Keiner wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf nach § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 eine Maßnahme, wenn es sich um eine Auf- oder Einbringung ausschließlich von Materialien handelt, für welche festgestellt ist, „dass die entsprechenden Vorsorgewerte der Anlage 1 Tabelle 1a und 2 oder die Eluatwerte der Anlage 1 Tabelle 4 und 5 bei gleichzeitiger Einhaltung der doppelten Vorsorgewerte der Anlage 1 Tabelle 1a und 2 nicht überschritten sind“. Entsprechendes gilt nach § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2, wenn bei der Verwendung von als 44

Vgl. Knopp, in: Sieder et al., WHG, § 9 Rn. 83. BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001, Az. 4 B 80.01, BauR 2002, 1359, 1360; OVG MecklenburgVorpommern, Urt. v. 16.12.1997, Az. 3 L 236/95, NuR 1999, 49, 50; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 86. 46 OLG Braunschweig, Beschl. v. 29.05.1990, Az. Ws 25/90, ZfW 1991, 52, 53 ff. 47 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.03.1982, Az. 11 A 1910/80, NuR 1983, 243, 243 f.; Knopp, in: Sieder et al., WHG, § 9 Rn. 84. 48 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 88; Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 219; Attendorn, AbfallR 2006, 167, 173. 49 OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 16.12.1997, Az. 3 L 236/95, NuR 1999, 49, 50; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 9 Rn. 86. 45

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G. Anforderungen des Wasserrechts

mineralische Ersatzbaustoffe zu qualifizierenden Abfälle in einem technischen Bauwerk die grundsätzlichen Anforderungen nach § 20 ErsatzbaustoffV-E2 eingehalten sind. aa) Anwendungsbereich des § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 ist, dass die Materialien auf- oder eingebracht werden. Wie sich der Überschrift des § 6 BBodSchV-E2 entnehmen lässt, enthält die Regelung „allgemeine Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden“. Anwendungsbereich ist damit nur die Auf- und Einbringung von Materialien auf oder in Böden. Die Vorschrift ist nicht einschlägig bei Fallkonstellationen, in denen mineralische Abfälle in das Grundwasser eingebracht werden, weil dieser Bereich über die Begriffsdefinition des Bodens in § 2 Abs. 1 BBodSchG vom Anwendungsbereich des Bodenschutzrechts ausgenommen ist. Bezug nehmend auf die vorstehenden Ausführungen findet § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 demnach nur im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG Anwendung, also wenn die Stoffe oberhalb der gesättigten Zone abgelagert werden. Der Regelungsbereich erstreckt sich nicht auf Fallgruppen des § 48 Abs. 1 WHG, in welcher die Stoffe im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG in das Grundwasser eingebracht werden. Inhaltlich nicht ganz korrekt ist die Erläuterung in der Begründung der Verordnung, die Vorschrift diene der Abgrenzung zwischen Bodenschutz- und Wasserrecht.50 Die Abgrenzung dieser beiden Rechtsbereiche ist anhand der Regelungen des Bundes-Bodenschutzund des Wasserhaushaltsgesetzes vorzunehmen.51 Richtig ist vielmehr, dass die Norm das Zusammenspiel zwischen Boden- und vorsorgendem Grundwasserschutz bei der Verwendung von Materialien im Boden dergestalt regeln soll, dass bei Einhaltung der genannten Voraussetzungen kein wasserrechtliches Erlaubnisverfahren durchgeführt werden muss. Mit der Regelung verfolgter Zweck ist eine Verwaltungsvereinfachung zur Verringerung der Bürokratie- und Verwaltungskosten. Diese wird als gerechtfertigt angesehen, weil bei Einhaltung der Anforderungen zum vorsorgenden Bodenschutz davon auszugehen sei, dass keine Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgelöst werde.52 bb) Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 Die wasserrechtliche Erlaubnispflicht soll außerdem nach § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffVE2 bei der Einhaltung der Anforderungen des § 20 ErsatzbaustoffV-E2 entfallen.53 Auch diese Vorschrift ist – wie § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 – nur dann einschlägig, wenn die mineralischen Abfälle nicht ins Grundwasser eingebracht werden. Sie findet daher ebenfalls nur im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG Anwendung. Das ist § 1 Abs. 2 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 zu entnehmen, der das Einbringen von mineralischen Ersatzbaustoffen in das Grundwasser nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung fasst. Die Ausnahme von der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht besteht daher nur, wenn technische

50 51 52 53

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. Siehe dazu G. I. 2. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. Siehe zu den Anforderungen des § 20 ErsatzbaustoffV-E2 G. II. 2. c) cc).

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

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Bauwerke aus mineralischen Ersatzbaustoffen oberhalb der wassergesättigten Zone errichtet werden. cc) Ermächtigungsgrundlage Um diese wasserrechtlichen Regelungen in die Bundes-Bodenschutz- und Altlastensowie die Ersatzbaustoffverordnung aufnehmen zu können, bedarf es einer entsprechenden Verordnungsermächtigung im Wasserrecht. Als Ermächtigungsgrundlage ist in der Eingangsformel § 23 Abs. 1 Nr. 3 und 10 WHG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG angegeben, worauf jedenfalls die Regelung des § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 ausweislich der Begründung auch gestützt werden soll.54 Fraglich ist, ob die genannten Normen den Erlass des § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 sowie des § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffVE2 erlauben. In § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG wird die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrats und nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung Vorschriften zur näheren Bestimmung der sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz ergebenden Pflichten, insbesondere weitergehende Regelungen über Anforderungen an die Benutzung von Gewässern zu erlassen. Nach ihrem Wortlaut erlaubt die Verordnungsermächtigung den Erlass konkretisierender Anforderungen an eine Gewässerbenutzung und setzt somit das Vorliegen einer Gewässerbenutzung voraus. Was eine Gewässerbenutzung ist, ergibt sich aus § 9 WHG. Echte Gewässerbenutzungen, namentlich Maßnahmen zur Einbringung von Stoffen in das Grundwasser gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG, sind, wie vorstehend erörtert, nicht umfasst. Die Vorschrift kann sich daher nur auf unechte Gewässerbenutzungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG beziehen, die ebenso wie echte Gewässerbenutzungen nach § 8 Abs. 1 WHG erlaubnispflichtig sind. Maßgeblicher Regelungsgehalt des § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 und des § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 ist das Entfallen der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht bei Einhaltung der dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen. Die Erlaubnispflicht besteht nach der wasserrechtlichen Systematik jedoch nur dann nicht, wenn es sich bei einer Maßnahme nicht um eine Gewässerbenutzung handelt. Der Sache nach wird damit nichts anderes bestimmt, als dass es sich bei einer Auf- und Einbringung von Material auf und in den Boden nicht um eine Gewässerbenutzung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG handelt, die Maßnahme also nicht geeignet ist, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen.55 Entsprechendes gilt für § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 bei der Herstellung eines technischen Bauwerks aus mineralischen Ersatzbaustoffen. Diese Regelungen sind von § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG nicht gedeckt, weil dieser nur dazu ermächtigt, Anforderungen an die Benutzung von Gewässern zu stellen, nicht aber die Bestimmung dessen erlaubt, was eine – erlaubnispflichtige – Gewässerbenutzung ist. Mit anderen Worten dient die Vorschrift nur der Ermächtigung der Regelung des „wie“ einer Gewässerbenutzung, nicht auch der Frage, „ob“ eine solche vorliegt. § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG scheidet daher als Ermächtigungsgrundlage aus. 54

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 217. In diesem Sinne auch die Begründung des Verordnungsentwurfs, der jedoch fälschlicherweise nicht auf die Eignung, sondern die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit abstellt, vgl. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. 55

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G. Anforderungen des Wasserrechts

Daneben ist § 23 Abs. 1 Nr. 10 WHG als Ermächtigungsgrundlage angegeben, der den Erlass von näheren Regelungen über „die durchzuführenden behördlichen Verfahren“ erlaubt. Weder mit § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 noch mit § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 ist jedoch eine Verfahrensvorschrift getroffen. Es ist vielmehr geregelt, dass unter gewissen Voraussetzungen überhaupt keine Verpflichtung zur Durchführung eines Verfahrens besteht. Die Verordnungsermächtigung geht allerdings nicht so weit, dass auch Ausnahmen von der gesetzlich in § 8 Abs. 1 WHG angeordneten Erlaubnispflicht bestimmt werden dürfen. § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 und § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 können daher auch nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 10 WHG gestützt werden.56 Auch § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann durch Rechtsverordnung festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG nicht zu besorgen ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut sowie der systematischen Stellung im Gesetz gilt die Norm nur im Zusammenhang mit einer Einbringung und Einleitung von Stoffen in das Grundwasser. Auf diese Fallkonstellation finden § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 und § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 jedoch gerade keine Anwendung. Auch wenn an den Begriff der nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit im Rahmen des § 48 Abs. 1 und Abs. 2 WHG gleiche Maßstäbe anzulegen sind,57 ist zu bemängeln, dass zur Angabe der Ermächtigungsgrundlage nicht auf die Verweisnorm des § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG, der § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG bei der Lagerung und Ablagerung von Stoffen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG für entsprechend anwendbar erklärt, zurückgegriffen wurde. Denn nur über diesen Verweis ist es möglich, auch für die letztgenannten Maßnahmen materielle Anforderungen zur Konkretisierung des Besorgnisgrundsatzes zu erlassen. Da die Rechtsgrundlage in der Verordnung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG zwingend angegeben sein muss, führt allein schon die fehlende Angabe des § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG zur Unwirksamkeit der Ausnahmetatbestände.58 Die Nichtigkeit ergibt sich aber noch aus einem weiteren Gesichtspunkt. Die Regelungen dienen in ihrer konkreten Ausgestaltung nämlich nicht der Bestimmung, wann die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht besteht. Zwar wird in der Begründung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung darauf hingewiesen, dass bei Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen davon auszugehen ist, „dass keine Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgelöst wird“.59 Die Begründung passt jedoch nicht zum Regelungsgehalt. Denn Rechtsfolge eines Ausschlusses der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ist nicht das Entfallen der Erlaubnispflicht nach § 8 Abs. 1 WHG, sondern die Zulässigkeit der Maßnahme. Das jedoch besagt weder § 6 Abs. 7 BBodSchVE2 noch § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2. Der Begründung lässt sich entnehmen, dass eine solche Regelung auch nicht gewollt war. Dort ist die Rede davon, dass eine Verwaltungsvereinfachung bewirkt werden soll, indem angeordnet ist, dass die wasserrechtliche Einzelfallerlaubnis entfällt.60 Bei Einhaltung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 7 56 A.A. Attendorn, AbfallR 2011, 283, 286, der annimmt, § 23 Abs. 1 Nr. 10 WHG ermächtige auch dazu, auf die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens zu verzichten. 57 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 13 und 26. 58 BVerfG, Urt. v. 06.07.1999, Az. 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1, 42. 59 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. 60 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229.

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BBodSchV-E2 wird somit nicht die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen, sondern deren Eignung. Keine der vorgenannten Normen ermächtigt dazu, eine Ausnahme von der wasserrechtlichen Erlaubnispflicht vorzusehen. Deshalb sind beide Ausnahmetatbestände von keiner der genannten Ermächtigungsgrundlagen gedeckt und daher nichtig. Folglich ist auch dann ein Erlaubnisverfahren nach dem Wasserrecht durchzuführen, wenn die Vorsorgewerte oder die Eluatwerte bei gleichzeitiger Einhaltung der doppelten Vorsorgewerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie § 20 ErsatzbaustoffV-E2 eingehalten sind. d) Zwischenergebnis Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, sprich werden Stoffe in das Grundwasser eingebracht oder so im Boden abgelagert, dass die Ablagerung geeignet ist, die physikalische, chemische oder biologische Grundwasserbeschaffenheit zu beeinträchtigen, so sind die Maßnahmen als echte Gewässerbenutzung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG beziehungsweise als unechte Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG gemäß § 8 Abs. 1 WHG erlaubnispflichtig. Zwar sieht sowohl die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung als auch die Ersatzbaustoffverordnung Ausnahmen von der Erlaubnispflicht einer unechten Gewässerbenutzung vor. Beide sind jedoch nicht von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt und daher nichtig. 2. Voraussetzungen der Erlaubniserteilung Die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis finden sich in § 12 WHG. Nach § 12 Abs. 1 WHG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn schädliche Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder die Benutzung gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Die Grundvoraussetzungen werden bei Benutzungen des Grundwassers dahingehend verschärft, dass eine Erlaubnis nach § 48 WHG nur erteilt werden darf, wenn eine nachteilige Veränderung der Beschaffenheit des Grundwassers nicht zu besorgen ist. Das Schutzniveau im Rahmen des § 48 Abs. 1 und Abs. 2 WHG ist insoweit identisch.61 a) Nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit Wann von einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit auszugehen ist, wurde schon erörtert. Die Begrifflichkeit ist im Rahmen des § 48 WHG ebenso auszulegen wie bei § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG,62 weshalb an dieser Stelle auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann.63

61 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 26; Böhme, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 48 Rn. 6; vgl. auch BT-Drs. 16/12275, S. 55. 62 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 12, 26, § 32 Rn. 35, § 3 Rn. 69. 63 Siehe G. II. 1. b) cc).

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G. Anforderungen des Wasserrechts

b) Besorgnis Anders als im Rahmen des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG, wonach bereits die Eignung einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit für das Vorliegen einer unechten Gewässerbenutzung ausreicht, bedarf es für deren Unzulässigkeit nach § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit. Diese Anforderung ist dabei ebenso zu verstehen wie bei der echten Gewässerbenutzung im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG.64 Für eine Versagung der Erlaubnis muss nicht der Eintritt einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nachgewiesen werden; es genügt die Besorgnis des Entstehens der Nachteile.65 Die Voraussetzung darf in beiden Fällen nicht dahingehend missverstanden werden, dass für die Einschlägigkeit des Tatbestands vorausgesetzt wird, dass der Schutz auf momentan genutzte Grundwasservorkommen beschränkt ist beziehungsweise bestehende Grundwasserbenutzungen anderer beeinträchtigt werden.66 Die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit kann deshalb auch dann gegeben sein, wenn seine Nutzung als Trinkwasser davon unberührt bleibt.67 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nur dann nicht zu besorgen ist, wenn dafür auch keine noch so wenig naheliegende Wahrscheinlichkeit besteht, sie mithin nach menschlicher Erfahrung als unwahrscheinlich anzusehen ist.68 Das Gesetz stellt mit diesen Vorgaben keine besonders hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.69 Bei der Beurteilung sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheidend.70 Im Rahmen der erforderlichen konkreten Betrachtungsweise kommt es auf die hydrogeologische Beschaffenheit und die Schutzbedürftigkeit des Standorts, die Art des Einsatzes sowie die stoffliche Zusammensetzung der verwendeten Materialien an.71 c) Ausschluss der Besorgnis Ohne weitere gesetzliche oder untergesetzliche Konkretisierung besteht eine enorme Schwierigkeit, den wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz praxisgerecht umzusetzen, weil in jedem Einzelfall entschieden werden müsste, wann die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besteht und wann eine solche als ausgeschlossen betrachtet werden kann.

64

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 26. Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 11, 18. 66 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 8, 16. 67 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 26.06.1990, Az. 5 S 150/89, juris Orientierungssatz. 68 BVerwG, Urt. v. 16.07.1965, Az. IV C 54.65, DVBl. 1966, 496, 497; BVerwG, Urt. v. 26.06.1970, Az. IV C 99.67, NJW 1970, 1890, 1892. 69 Böhme, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 48 Rn. 5. 70 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 26. 71 Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 34 a.F. Rn. 18. 65

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aa) Bisherige Handhabung des Besorgnisgrundsatzes Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, bediente sich die Praxis bislang den von der LAWA erarbeiteten und mit der LAGA, der LABO und dem LAB abgestimmten, im Mai 2002 veröffentlichten „Grundsätze[n] des vorsorgenden Grundwasserschutzes bei Abfallverwertung und Produkteinsatz (GAP-Papier)“. Inhalt des Grundsatzpapiers, das sich selbst nicht „als unmittelbar anzuwendende Vollzugshilfe für die Beurteilung konkreter Maßnahmen“ verstanden wissen wollte, war eine Erläuterung der Vorsorgestrategie zum Schutz des Grundwassers bei der Verwertung von Abfällen und beim Einsatz von Produkten.72 In dem Papier wurde ein Vorsorgekonzept zum Schutz des Grundwassers entwickelt, dessen Kern darin bestand, Geringfügigkeitsschwellen zur Handhabung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes festzusetzen. Mit dem Begriff der Geringfügigkeitsschwelle sind Werte umschrieben, bei deren Einhaltung am Ort der Beurteilung eine Veränderung der chemischen Beschaffenheit des Grundwassers dann nicht als Verunreinigung galt, wenn trotz einer Erhöhung der Stoffgehalte gegenüber den regionalen Hintergrundwerten keine relevanten ökotoxikologischen Wirkungen auftraten und den Anforderungen der Trinkwasserverordnung73 oder entsprechend abgeleiteter Werte entsprochen wurde.74 Als Geringfügigkeitsschwellen wurden – unter Hinweis, dass eine Überprüfung und gegebenenfalls Fortschreibung der Geringfügigkeitsschwellenwerte nach wasserrechtlichen Maßstäben erforderlich ist – zunächst die Prüfwerte zur Beurteilung des Wirkungspfads Boden–Grundwasser des Anhangs 2 der BBodSchV festgesetzt.75 Als maßgeblicher Ort der Beurteilung, an welchem die Geringfügigkeitsschwellenwerte einzuhalten sind, ist anders als bei der Anwendung der Prüfwerte in Nr. 3.2 BBodSchV nicht der Übergangsbereich von der ungesättigten zur wassergesättigten Bodenzone, sondern schon die Unterkante der durchzuführenden Maßnahme bestimmt.76 Die Verschiebung des Orts der Beurteilung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass die Prüfwerte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung dem nachsorgenden Bodenschutz dienen, wohingegen das GAP-Papier dem Vorsorgebereich zuzuordnen ist. Hierdurch war es zunächst möglich, die wasser- und bodenschutzrechtlichen Anforderungen ohne die Einführung einer zusätzlichen Wertekategorie zu verbinden.77 Später wurden auf der Grundlage des GAP-Papiers in einem separaten Papier der LAWA aus Dezember 2004 zur „Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser“ numerische Geringfügigkeitsschwellenwerte festgeschrieben.78 Wie die Technischen Regeln der LAGA ist

72

LAWA, GAP-Papier, S. 4. Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) vom 02.08.2013, BGBl. I 2013, S. 2977, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 22 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3154. 74 LAWA, GAP-Papier, S. 10. 75 LAWA, GAP-Papier, S. 11. 76 LAWA, GAP-Papier, S. 12. 77 Scheier, ZfW 2004, 1, 10. 78 Vgl. zu den Geringfügigkeitsschwellenwerten im Wasserrecht Ginzky/Kirschbaum/Six, Wasser und Abfall 11/2004, 44, 44 ff. 73

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auch das GAP-Papier keine für Gerichte und Behörden verbindliche Rechtsvorschrift, sondern lediglich die fachgutachtliche Aussage eines sachkundigen Gremiums.79 Weil das GAP-Papier nicht verbindlich war, sahen die Gesetzesentwürfe der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung zum novellierten Wasserhaushaltsgesetz eine gesetzliche Einführung des Geringfügigkeitsschwellenkonzepts vor. Zu dessen Verankerung im Gesetz enthielt der Entwurf des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG die Regelung, dass der Besorgnisgrundsatz als eingehalten gilt, „wenn der Schadstoffgehalt und die Schadstoffmenge vor Eintritt in das Grundwasser die Schwelle der Geringfügigkeit nicht überschreiten“. Ergänzend sollten nach § 48 Abs. 1 Satz 3 WHG des Entwurfs in einer Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG die Geringfügigkeitsschwellenwerte sowie der Ort, an dem diese einzuhalten sind, festgelegt werden können.80 Der Versuch der Einführung des Geringfügigkeitsschwellenkonzepts im Rahmen der Gesetzesänderung ist jedoch gescheitert. Die Konkretisierung des Besorgnisgrundsatzes stieß auf Kritik des Bundesrats, der eine gesetzliche Erläuterung nicht für erforderlich erachtete, weil der Entwurf des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG einerseits die nötigen Vorgaben für den Erlass einer Rechtsverordnung enthalte und der Begriff der Geringfügigkeitsschwelle ein für jeden Schadstoff im Einzelfall festzulegender Begriff sei, der sich ohne die jeweilige technische Zuordnung nicht bestimmen ließe. Deshalb forderte der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, „die Bereiche Bodenschutz-, Abfall- und Wasserrecht in Bezug auf die Ableitung und Festlegung von Geringfügigkeitsschwellen und Messorten vor dem Erlass von Rechtsverordnungen genau zu definieren“.81 Auf die Einwände des Bundesrats schlug die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung die Gesetz gewordene Fassung des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG vor, weil sie davon ausging, dass § 48 Abs 1 Satz 1 WHG allein noch nicht ausreiche, um den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG an eine Verordnungsermächtigung zu genügen.82 Um die unter erheblichem Zeitdruck stehende Neuregelung des Wasserrechts nicht zu gefährden, wurde die Diskussion um die Geringfügigkeitsschwellenwerte und die materiellen Anforderungen an den Ausschluss der Besorgnis in vollem Umfang auf die Verordnungsebene übertragen.83 bb) Änderung der Grundwasserverordnung Nachdem die im Entwurf des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG vorgesehene Bestimmung über die Anforderungen an die Einhaltung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG nicht Eingang in den Gesetzestext gefunden haben, ist es für eine praktikable Handhabung des Besorgnisgrundsatzes erforderlich, auf Verordnungsebene konkretisierende Regelungen zu treffen.

79

BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256. BR-Drs. 280/09, S. 43; BT-Drs. 16/12275, S. 16. 81 BT-Drs. 16/13306, S. 11. 82 BT-Drs. 16/13306, S. 28 f. 83 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 48 Rn. 1; zur Kritik an der unterlassenen gesetzlichen Einführung des Geringfügigkeitsschwellenkonzepts vgl. Böhme, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, § 48 Rn. 14; zur verfassungsrechtlichen Problematik der Festsetzung von Grenzwerten in einer Verordnung am Beispiel der Bodenwerte ausführlich Seidel, Grenzwerte im Bodenschutz, S. 72 ff. 80

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(1) Ermächtigungsgrundlage Die Ermächtigungsgrundlage für die verordnungsrechtliche Einführung des Geringfügigkeitsschwellenkonzepts bildet § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG. In § 23 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 10 WHG wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise und mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung Regelungen zur näheren Bestimmung der sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz ergebenden Pflichten, insbesondere Anforderungen an die Benutzung von Gewässern, darunter das Einbringen von Stoffen, sowie über die durchzuführenden behördlichen Verfahren zu erlassen. Die Verordnungsermächtigung wird ergänzt durch § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG, der die Festlegung erlaubt, „unter welchen Voraussetzungen [. . . ], insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen“, eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Um der besonderen Bedeutung der Verordnung Rechnung zu tragen, ist nach der intensiv geführten parlamentarischen Debatte zusätzlich ein Zustimmungserfordernis des Bundestags in § 48 Abs. 1 Satz 3 WHG aufgenommen worden.84 (2) Neufassung der Grundwasserverordnung Obwohl die Grundwasserverordnung, mit der die europäische Grundwasserrichtlinie85 in nationales Recht umgesetzt wurde, nach der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes im Jahr 2010 neu gefasst worden ist und zu diesem Zeitpunkt die Ermächtigung für eine verordnungsrechtliche Umsetzung des Geringfügigkeitsschwellenkonzepts bestand, hat dieses zunächst keinen Eingang in die Grundwasserverordnung gefunden. Der Verordnungsentwurf der Bundesregierung sah in § 13 GrwV zwar „Maßnahmen zur Verhinderung oder Begrenzung von Schadstoffeinträgen in das Grundwasser“ vor, ohne jedoch das Geringfügigkeitsschwellenkonzept aufzugreifen.86 Daraufhin empfahl der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dem Bundesrat, die Bundesregierung aufzufordern, die Grundwasserverordnung durch die Festlegung von Geringfügigkeitsschwellenwerten zu ergänzen. Weil es nach der bisherigen Regelung weiterhin dem wasserrechtlichen Vollzug überlassen bleibe, in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit zu besorgen sei, führe der Verzicht auf konkrete materielle Anforderungen zu Rechtsunsicherheit, erhöhtem Vollzugsaufwand und bundesweit uneinheitlichen Vorgaben.87 Gleichwohl beschloss der Bundesrat, der Grundwasserverordnung zuzustimmen, ohne die Ausschussempfehlung zu berücksichtigen.88 Damit war die Aufnahme der Geringfügigkeitsschwellenwerte zur Konkretisierung des Besorgnisgrundsatzes in der Grundwasserverordnung zunächst gescheitert.89

84 BT-Drs. 16/13426, S. 16; zur Zusammenfassung der parlamentarischen Debatte siehe Gößl, in: Sieder et al., WHG, § 48 Rn. 4 ff. 85 Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung, ABl. Nr. L 372, S. 19. 86 BR-Drs. 500/10, S. 10. 87 BR-Drs. 500/1/10, S. 11 f. 88 BR-Drs. 500/10 (Beschluss). 89 Zur Kritik vgl. Laskowski, ZUR 2010, 449, 450.

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(3) Einfügung des § 13a GrwV-E Das Geringfügigkeitsschwellenkonzept soll erst jetzt in die Grundwasserverordnung aufgenommen und zu diesem Zweck § 13a GrwV-E290 neu eingefügt werden. Dort sind die Anforderungen an das „Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser“ enthalten. In der Vorschrift zum Anwendungsbereich wird in § 1 Abs. 2 GrwV-E2 bestimmt, dass die Verordnung als Prüfwerte definierte „Konzentrationswerte für die Erteilung einer Erlaubnis zum Einleiten und Einbringen von Stoffen nach § 48 Wasserhaushaltsgesetz fest[legt], bei deren Unterschreitung keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit zu besorgen ist“. § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E2 regelt – auch wenn in der Begründung von „Annahme“ gesprochen wird91 – im Wege der gesetzlichen Fiktion,92 dass die Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG als erfüllt gelten, „wenn nicht zu erwarten ist, dass die Prüfwerte der Anlage 9 beim Eintritt der Stoffe in das Grundwasser überschritten werden“. Die Voraussetzung der fehlenden Besorgnis wird somit durch § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E2 zur Verwaltungsvereinfachung dadurch fingiert, dass bei einer Unterschreitung der Prüfwerte der Stoffeintrag als unbedenklich anzusehen ist und keiner weiteren Prüfung bedarf.93 Das gilt jedoch nur in Bezug auf § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG, die Fiktion befreit die Behörde nicht von der Verpflichtung, ihr wasserwirtschaftliches Ermessen nach § 12 Abs. 2 WHG auszuüben.94 Sind für den Grundwasserkörper abweichende Bewirtschaftungsziele festgelegt, so sind diese im Rahmen der Erlaubniserteilung nach § 13a Abs. 4 GrwV-E2 zu berücksichtigen. Eine Überschreitung der Prüfwerte bedeutet nicht, dass die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besteht.95 Für diesen Fall bestimmt § 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E2 vielmehr, „dass eine Erlaubnis [. . . ] auch dann erteilt werden [kann], wenn im Einzelfall trotz des Erreichens der Prüfwerte der Anlage 9 nachgewiesen werden kann, dass eine schädliche Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist“. Diese Bestimmung zeigt, dass die wasserrechtlichen Prüfwerte ebenso wie die bodenschutzrechlichen Prüfwerte zu verstehen sind, bei deren Überschreitung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen ist.96 Dies bestätigt die Bestimmung zum Anwendungsbereich in § 1 Abs. 2 GrwV-E2, in welcher sich nunmehr eine Begriffsdefinition der Prüfwerte findet.97 Führt die Prüfung im Einzelfall zum Ergebnis, dass eine 90 Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen oder das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzstoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Entwurf vom 31.10.2012, abzurufen unter http://www.bmub.bund.de/ fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Bodenschutz/entw_mantelverordnung.pdf (28.02.2014). 91 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 172. 92 Ebenso Attendorn, AbfallR 2011, 283, 284. 93 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 170. 94 Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285. 95 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 172; nicht richtig ist daher die Annahme von Steiner, altlasten spektrum 2011, 5, 9, der davon ausgeht, „die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung des Grundwassers“ läge dann vor, „wenn die so genannten „Prüfwerte“ der Anlage 9 überschritten“ seien. 96 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 163, 172. 97 Die fehlende Umschreibung des Begriffs des Prüfwerts wurde beim ersten Arbeitsentwurf kritisiert, vgl. Steiner, altlasten spektrum 2011, 5, 10, a. A. Attendorn, AbfallR 2011, 283, 284 (Fn. 11),

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nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist, kann die zuständige Behörde auch bei einer Überschreitung der Prüfwerte eine Erlaubnis erteilen.98 Die Nachweispflicht hierfür liegt bei demjenigen, der das Grundwasser benutzen will.99 Wie bereits dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E2 zu entnehmen ist, gilt die Vorschrift nur für das „Einleiten und Einbringen von Stoffen in das Grundwasser“ im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 4 WHG. Nicht anwendbar ist die Norm bei unechten Gewässerbenutzungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG. Das zeigt sich neben dem Wortlaut an der Verordnungsbegründung100 sowie der angegebenen Ermächtigungsgrundlage ausschließlich des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG ohne Bezugnahme auf die Verweisvorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG. Ort der Beurteilung ist nicht mehr – wie im GAP-Papier und den vorherigen Entwürfen der Grundwasserverordnung vorgesehen – die Unterkante des Einbaus von Materialien oder der Übergang von der ungesättigten zur gesättigten Zone. Die Feststellung, ob eine Überschreitung der Prüfwerte vorliegt, ist vielmehr im Grundwasser unmittelbar nach dem Eintritt der Stoffe in das Grundwasser zu treffen. Der Hintergrund ist darin zu sehen, dass sich § 13a GrwV-E2 wie vorstehend dargelegt nur auf die echten Gewässerbenutzungen bezieht, in denen die Stoffe unmittelbar im Grundwasser eingesetzt werden. In Anlage 9 der GrwV-E2 sind als Prüfwerte für das Grundwasser insgesamt 22 anorganische Parameter und 24 organische Schadstoffe oder Schadstoffgruppen genannt. Eine vergleichende Betrachtung der Prüfwerte mit den Geringfügigkeitsschwellenwerten der LAWA zeigt, dass ein Teil der Erstgenannten unter Letztgenannten liegen. Das trifft beispielsweise auf die anorganischen Stoffe Cadmium und Quecksilber sowie auf die organische Stoffgruppe der Benzoperylen in Summe zu. Teilweise sind die Prüfwerte der Anlage 9 der GrwV-E2 weniger streng als die Geringfügigkeitsschwellenwerte, so beispielsweise für Nickel, Sulfat, Anthracen, Fluoranthen, die Summe der Naphtaline und Methylnaphtaline sowie 1,2-Dichlorethan. Worauf die Änderungen beruhen, wird in der Begründung der Verordnung nicht angegeben. Abweichend von den vorstehenden Ausführungen gelten die Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG bei einem Schadstoffeintrag durch Bauprodukte gemäß § 13a Abs. 3 Satz 1 GrwV-E2 auch dann als eingehalten, „wenn die über einen kurzen Zeitraum und über ein räumlich begrenztes Volumen gemittelten Stoffkonzentrationen die Prüfwerte der Anlage 9 [. . . ] nicht überschreiten“. Das betrifft beispielsweise den Einsatz von Beton in Gründungen im Grundwasser.101 Davon ist nach § 13a Abs. 3 Satz 2 GrwV-E2 stets auszugehen, wenn Bauprodukte Verwendung finden, welche nach den Vorschriften der davon ausging, es handle sich nicht um Prüfwerte und deshalb die Einführung der Terminologie des Geringfügigkeitsschwellenwerts forderte. 98 Der Forderung des ITAV, altlasten spektrum 2011, 116, 116, den Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 3 GrwV-E1 (§ 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E2) dahingehend zu ändern, dass eine Erlaubnis nicht erteilt werden „kann“, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen erteilt werden „soll“, ist schon aus dem Grund nicht zu folgen, dass die Erteilung der Erlaubnis nach § 12 Abs. 2 WHG im Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörde steht. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E2 besteht kein Anspruch auf Erlaubniserteilung, worauf auch Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285, zu Recht hinweist. 99 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 163, 170. 100 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 172. 101 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173.

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über den Einsatz von Bauprodukten auch die Einhaltung der Anforderungen an den Gewässerschutz sicherstellen. Bei diesen wird vorausgesetzt, dass die Auswirkungen auf das Grundwasser geprüft wurden und es vor diesem Hintergrund nicht zu nachteiligen Veränderungen der Wasserqualität kommt.102 In § 13a Abs. 2 GrwV-E2 findet sich weiter eine Sonderbestimmung für den Fall, dass einer der Hintergrundwerte im Grundwasserkörper einen in der Anlage 9 der GrwV-E2 angegebenen Prüfwerte für einen Schadstoff oder eine Schadstoffgruppe übersteigt. Unter dem Hintergrundwert ist nach § 1 Nr. 2 GrwV „der in einem Grundwasserkörper nicht oder nur unwesentlich durch menschliche Tätigkeit beeinflusste Konzentrationswert eines Stoffes oder der Wert eines Verschmutzungsindikators“ gemeint. Sind die natürlichen Konzentrationen geogen bedingt höher, so legt die zuständige Behörde den abweichenden Wert in der Höhe des Hintergrundwerts fest. cc) Erlass der Ersatzbaustoffverordnung Bei der Herstellung technischer Bauwerke aus mineralischen Ersatzbaustoffen soll der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz durch die Ersatzbaustoffverordnung konkretisiert werden. Das gilt jedoch nur für einen Einsatz oberhalb der Grundwasserzone und damit im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 WHG. Für den Fall des Einbringens von Stoffen in das Grundwasser nach § 48 Abs. 1 WHG, sprich der Herstellung technischer Bauwerke im Bereich der wassergesättigten Zone, findet die Ersatzbaustoffverordnung über § 1 Abs. 2 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 zur Vermeidung von Doppelregelungen keine Anwendung.103 Die vorstehend dargestellten Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes und der Grundwasserverordnung sind diesbezüglich abschließend. In wörtlicher Übernahme der materiellen Anforderungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG verlangt § 20 Abs. 1 Satz 1 ErsatzbaustoffV-E2, dass der Einbau so zu erfolgen hat, „dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen“ ist. Durch diese Vorschrift werden die allgemeiner gehaltenen Anforderungen des Wasserrechts für den Fall, dass als mineralische Ersatzbaustoffe im Sinne des § 3 Nr. 8 ErsatzbaustoffV-E2 zu qualifizierende mineralische Abfälle in technischen Bauwerken im Sinne des § 3 Nr. 10 ErsatzbaustoffV-E2 verwertet werden, konkretisiert. Diese Grundpflicht gilt ausweislich der Verordnungsbegründung als erfüllt, wenn die in § 20 Abs. 1 Satz 3 ErsatzbaustoffV-E2 genannten Anforderungen eingehalten sind.104 Insoweit werden an die Erfüllung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes die gleichen Anforderungen gestellt wie an einen Ausschluss der Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen. Daher kann in Bezug auf die materiellen Voraussetzungen uneingeschränkt auf die Ausführungen im bodenschutzrechtlichen Teil verwiesen werden.105 Als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass wasserrechtlicher Regelungen in der Ersatzbaustoffverordnung dient § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG und § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG. Dabei ist wiederum darauf hinzuweisen, dass § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG in der Eingangsformel zwingend anzugeben ist, weil in der 102 103 104 105

Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 198. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 216. Siehe dazu F. II. 3. c).

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Verordnung Vorschriften zur Konkretisierung des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG getroffen werden und diese ohne die Angabe der korrekten Ermächtigungsgrundlage wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot nichtig sind.106 dd) Erlass der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung Vergleichbar wird bei der bodenbezogenen Verwertung, die nicht mit einem Einsatz im Grundwasser verbunden ist, vorgegangen. Werden die Einsatzstoffe in das Grundwasser eingebracht, ist das Bodenschutzrecht mangels Einbringung in den Boden im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG nicht anwendbar. Auch diesbezüglich sind die vorstehend dargestellten Grundsätze des Wasserhaushaltsgesetzes und der Grundwasserverordnung abschließend. Anders als in der Ersatzbaustoffverordnung findet sich in der Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung keine Konkretisierung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes, in welcher bestimmt würde, dass eine bodenbezogene Verwertung nicht dazu führen darf, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit zu besorgen ist. In der Begründung wird aber der Hinweis gegeben, dass „keine Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgelöst wird“, wenn „alle Anforderungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung eingehalten“ sind.107 Auch insoweit fehlt es jedoch wiederum an der Angabe der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG. d) Kritik und Verbesserungsvorschläge Die untergesetzliche Konkretisierung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes ist in mehrfacher Hinsicht zu kritisieren. Kritik ist zum einen zu üben an der unübersichtlichen Verteilung der materiellen Voraussetzungen auf die verschiedensten Regelwerke. Zu bemängeln ist andererseits die inhaltliche Ausgestaltung sowie die konkrete Abfassung des Wortlauts der neu in die Grundwasserverordnung eingefügten Bestimmung des § 13a GrwV-E2. Als positiv zu werten ist jedoch, dass die noch im ersten Arbeitsentwurf enthaltene Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E1108 im zweiten Verordnungsentwurf nicht mehr zu finden ist. Sie gab der zuständigen Behörde auf, vor Erteilung einer Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser festzustellen, ob nach § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG eine nachteilige Veränderung des Grundwassers zu besorgen ist. Im Hinblick auf den Wortlaut stellte sich diesbezüglich zunächst die Frage, warum die Verfahrensregelung des § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E1 aufgenommen werden sollte. Denn dass die zuständige Behörde im Verfahren zur Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für eine Grundwasserbenutzung die Pflicht hat, zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG eingehalten sind, ergibt 106

Siehe zum Verstoß gegen das Zitiergebot bereits G. II. 1. c) cc). Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 229. 108 Verordnung zur Festlegung von Anforderungen für das Einbringen und das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, an den Einbau von Ersatzbaustoffen und für die Verwendung von Boden und bodenähnlichem Material, Arbeitsentwurf vom 06.01.2011, abzurufen unter http://aachenerbaustofftag.ibac.rwth-aachen.de/images/mantelverordnung.pdf (28.02.2014). 107

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G. Anforderungen des Wasserrechts

sich bereits unmittelbar aus dem Wasserhaushaltsgesetz in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 VwVfG. Eine Bedeutung käme der Feststellung nur zu, wenn es eines eigenständigen behördlichen Akts außerhalb des wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens bedürfte.109 Hierfür sprach aber weder der Wortlaut, der gerade nicht auf eine Handlung außerhalb des wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens abstellte, sondern eine solche nur „vor Erteilung einer Erlaubnis“ verlangte, noch der Sinn und Zweck, weil nicht ersichtlich war, welche Funktion eine eigenständige Feststellung in einem vorgeschalteten Verfahren haben sollte. Ausweislich der Verordnungsbegründung sollte der Behörde ausschließlich die Feststellung aufgegeben werden, ob dem Besorgnisgrundsatz entsprochen wird.110 Mit der Verpflichtung der zuständigen Behörde, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG zu prüfen, ist auch keine Umkehr der materiellen Beweislast verbunden. Diese liegt nach den allgemeinen Grundsätzen bei demjenigen, der das Grundwasser benutzen will.111 In Bezug auf § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E1 bleibt daher festzuhalten, dass der Vorschrift kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt, sondern sie vielmehr nur für Verwirrung gesorgt hätte, ohne dass hierdurch etwas gewonnen wäre.112 Neben den vorgenannten Gründen gilt dies insbesondere auch, weil beim Verweis auf § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG nicht die wasserhaushaltsrechtliche Terminologie verwendet, sondern darauf abgestellt wird, „ob [. . . ] eine nachteilige Veränderung des Grundwassers zu besorgen ist“. Die überflüssige Bestimmung wurde im zweiten Entwurf daher zu Recht gestrichen. Als positive Veränderung ist weiter der im Vergleich zu § 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E1 überarbeitete Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 GrwV-E2 zu nennen. Denn ausweislich der Begründung scheint der Verordnungsgeber davon auszugehen, dass „bei Einhaltung der Prüfwerte eine nachteilige Veränderung des Grundwassers ausgeschlossen werden kann“.113 Eine solche Sichtweise entspricht auch der Funktion von Prüfwerten. Indes wurde nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E1 für die Einhaltung des Besorgnisgrundsatzes nicht nur verlangt, dass die Prüfwerte eingehalten sind, zusätzlich war normiert, dass „die zu erwartenden Schadstoffmengen gering“ sein müssen. Wann von einer Erfüllung dieser Voraussetzung ausgegangen werden konnte, blieb offen. Weil es auf diesen Umstand jedoch nur bei der erforderlichen Einzelfallprüfung im Rahmen des § 13a Abs. 1 Satz 3 GrwV-E1 ankommen konnte, war die Anforderung aus dem Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E1 richtigerweise zu streichen.114 Inhaltlich zu bemängeln ist die Ausgestaltung der Geringfügigkeitsschwellen als Prüfwerte. Denn diese regeln nicht das Vorliegen einer Besorgnis, sondern das Nichtvorliegen einer solchen, was bedeutet, dass mit einer Überschreitung der Werte nicht zwingend die Rechtsfolge verbunden ist, dass die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit besteht und infolgedessen eine Erlaubnis nicht erteilt werden 109 Dies hielt Steiner, altlasten spektrum 2011, 5, 9, zumindest für möglich, wenn er vom Verordnungsgeber eine Klarstellung fordert. 110 Begründung des Arbeitsentwurfs vom 06.01.2011, S. 130. 111 Begründung des Arbeitsentwurfs vom 06.01.2011, S. 122, 129; Attendorn, AbfallR 2011, 283, 284, hielt es zumindest für denkbar, dass dieser allgemeine Grundsatz durch die Formulierung des § 13a Abs. 1 Satz 1 GrwV-E1 in Frage gestellt sein könnte. 112 So wohl auch Attendorn, AbfallR 2011, 283, 284. 113 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173. 114 Dies forderte auch ITAV, altlasten spektrum 2011, 116, 116.

II. Vorsorgender Grundwasserschutz

263

darf. Insoweit wird von der früheren Praxis abgewichen, in welcher die Geringfügigkeitsschwellen bei einer Verwertung von Abfällen und beim Produkteinsatz als Vorsorgewerte zu qualifizieren waren.115 Da die Werte im Wesentlichen unverändert geblieben sind, kommt es durch die Einführung der anderen Wertekategorie zu einer Verschlechterung des Schutzstandards, weil nach § 13a Abs. 1 Satz 2 GrwV-E2 für den Fall der Überschreitung der Prüfwerte eine Erlaubnis dennoch erteilt werden darf, wenn der Nachweis erbracht wird, dass eine schädliche Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Bezüglich der letztgenannten Regelung bedarf zum einen der Kritik, dass anstatt auf die sonst verwendete Terminologie der nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit auf den Begriff der Schädlichkeit abgestellt wird.116 Außerdem fehlt es zur Auslegung an einer weitergehenden Konkretisierung, so dass völlig offen bleibt und in jedem Einzelfall zu entscheiden ist, wann vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ausgegangen werden kann. Da überdies durch die Festlegung von Prüfwerten lediglich die einzelne Maßnahme in den Blick gerät, wird hierdurch kein wirksamer Grundwasserschutz zu erreichen sein. Ein solcher erscheint nur durch absolute Mengenoberbegrenzungen zu verwirklichen.117 Vorzugswürdig gegenüber den nationalen Prüfwerten wäre deshalb eine weitgehende Festlegung von europaweiten Qualitätsnormen zur Beurteilung eines guten chemischen Zustands des Grundwassers unter Berücksichtigung der natürlichen Unterschiede.118 Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 GrwV-E2 gilt der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz bei einem Einsatz von Bauprodukten im Grundwasser auch dann als eingehalten, wenn die über einen kurzen Zeitraum und über ein räumlich begrenztes Volumen gemittelten Schadstoffkonzentrationen die Prüfwerte nicht überschreiten. Bezüglich dieser Regelung stellt sich zunächst die Frage, ob zur Auslegung des Begriffs des Bauprodukts auf die Definition in Art. 2 Nr. 1 BauPVO119 , wonach hierunter jedes Produkt oder jeder Bausatz fällt, „das beziehungsweise der hergestellt und in den Verkehr gebracht wird, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden, und dessen Leistung sich auf die Leistung des Bauwerks im Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt“, zurückgegriffen werden kann. Dies erscheint naheliegend, aber keineswegs zwingend, weil in § 13a Abs. 3 Satz 2 GrwV-E2 nur von „Vorschriften über die Verwendung von Bauprodukten“ die Rede ist, weshalb eine Klarstellung wünschenswert wäre.120 Außerdem wird weder aus dem Verordnungstext selbst noch aus der Begründung ersichtlich, wie die unbestimmten Rechtsbegriffe des „kurzen Zeitraum[s]“ und des „räumlich begrenzte[n] Volumen[s]“ auszulegen sind. Um die Ziele der Rechtssicherheit und -klarheit, einer einheitlichen Rechtsanwendung sowie der Vereinfachung des Vollzugs zu erreichen, wä115

Dazu Ginzky/Kirschbaum/Six, Wasser und Abfall 11/2004, 44, 46. Ebenso Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285, der überdies davon ausgeht, dass wegen des Rückgriffs auf den Begriff der „schädlichen Grundwasserveränderung“ die Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG überschritten ist. 117 Zur Mengensteuerung grundlegend Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 443 ff. 118 Ebenso Ginzky/Kirschbaum/Six, Wasser und Abfall 11/2004, 44, 47 f.; Ginzky/Kirschbaum/ Six, Wasser und Abfall 12/2004, 37, 41 f; zum Beispiel der Begrenzung von Quecksilberimmissionen in oberirdische Gewässer beim Kohlekraftwerksbau vgl. Ekardt/Steffenhagen, NuR 2010, 705, 705 ff. 119 Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates, ABl. Nr. L 88, S. 5 120 Ebenso Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285. 116

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G. Anforderungen des Wasserrechts

re es sinnvoll, hier konkretisierende Anforderungen mit aufzunehmen, weil sonst jeder Entscheidung im Einzelfall überlassen bliebe, ob der Zeitraum kurz oder nicht kurz ist beziehungsweise ob noch von einem räumlich begrenzten Volumen auszugehen ist.121 Im Wege einer weiteren Fiktion bestimmt § 13a Abs. 3 Satz 2 GrwV-E2, dass § 13a Abs. 3 Satz 1 GrwV-E1 als erfüllt gilt, „wenn Bauprodukte verwendet werden, die nach Vorschriften über die Verwendung von Bauprodukten auch die Einhaltung von Anforderungen an den Gewässerschutz sicherstellen“. Vorschriften über die Verwendung von Bauprodukten finden sich hauptsächlich in den Landesbauordnungen der Bundesländer. Insoweit ist es naheliegend, dass in der Begründung von den „bauordnungsrechtliche[n] Vorschriften“ die Rede ist. Berücksichtigen diese die „Anforderungen des Gewässerschutzes“, so ist ein Einsatz aus wasserrechtlicher Sicht zulässig.122 Ob es jedoch notwendig war, in der Verordnungsbegründung auf den Begriff der „bauordnungsrechtliche[n] Vorschriften“ zurückzugreifen, erscheint äußerst fraglich, zumal dieser im Verordnungstext selbst nicht erscheint, sondern dort von „Vorschriften über die Verwendung von Bauprodukten“ gesprochen wird. Wann diese den Anforderungen an den Grundwasserschutz gerecht werden, bleibt offen. Die etwas missglückte Formulierung, dass „der Begriff „bauordnungsrechtliche Vorschriften“ [. . . ] sowohl die europäischen als auch die nationalen Normungs- und Zertifizierungsverfahren“ erfasst,123 scheint darauf hinzudeuten, dass davon dann auszugehen ist, wenn diese in den Verkehr gebracht und gehandelt und insbesondere für den vorgesehenen Zweck verwendet werden dürfen, weil dann die „Auswirkungen auf die Grundwasserbeschaffenheit geprüft“ wurden.124 Nach dem Wortlaut genügt es, dass „Vorschriften“ über die Verwendung von Bauprodukten eingehalten werden. Nicht verlangt wird die Einhaltung von Gesetzen. Nach der Begründung reicht es vielmehr aus, dass die Vorgaben einer demokratisch nicht legitimierten Stelle erfüllt sind. Dies erscheint im Hinblick auf das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip wegen des für die menschliche Gesundheit wichtigen Schutzguts Wasser als äußerst bedenklich.125 Inhaltlich ist an den Regelungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GrwV-E2 zu beanstanden, dass sich ihr Geltungsbereich auf die echte Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG beschränkt und sie damit nur zur Anwendung gelangen, wenn Stoffe in das Grundwasser eingebracht oder eingeleitet werden. Nicht anwendbar sind sie damit auf alle Fallkonstellationen, in denen eine unechte Gewässerbenutzung in der Form einer Lagerung oder Ablagerung im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG vorliegt.126 Die Grundwasserverordnung enthält daher weder verfahrensrechtliche Vorgaben noch materielle Anforderungen für die Ausfüllung des wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes bei der bodenbezogenen Verwertung sowie der Herstellung von technischen Bauwerken aus mineralischen Ersatzbaustoffen. Obwohl § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG für die Lagerung und Ablagerung einen Verweis auf die Verordnungsermächtigung des § 48 Abs. 1 Satz 2 WHG enthält und es der Bundesregierung daher möglich war, verfahrensrechtliche und materielle Anforderungen für die unechten Gewässerbenutzungen zu schaffen, wird auch bei 121

Ähnlich Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285; ITAV, altlasten spektrum 2011, 116, 116. Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173. 123 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173. 124 Begründung des Verordnungsentwurfs vom 31.10.2012, S. 173. 125 Attendorn, AbfallR 2011, 283, 285; zum Verstoß gegen das Demokratieprinzip bei der ähnlichen Situation der Selbstregulierung vgl. Ekardt, Theorie der Nachhaltigkeit, S. 596 ff. 126 Siehe dazu bereits G. II. 2. c) bb) (3). 122

III. Zusammenfassung

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der neuerlichen Novellierung der Grundwasserverordnung davon kein Gebrauch gemacht. Die entsprechenden Konkretisierungen sollen nach dem Willen des Verordnungsgebers vielmehr anhand der Vorschriften der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie der Ersatzbaustoffverordnung erfolgen. Hierbei ist schon fraglich, ob es ausreicht, lediglich in der Begründung der jeweiligen Verordnung darauf hinzuweisen, dass bei Einhaltung der entsprechenden Anforderungen dem wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz entsprochen wird, oder ob es hierfür nicht vielmehr einer Bestimmung in der jeweiligen Verordnung selbst bedurft hätte. Da jedoch die wasserrechtliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass konkretisierender Bestimmungen in Bezug auf den wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz nicht angegeben ist, ist jedenfalls für den gegenwärtig vorliegenden Verordnungsentwurf zu konstatieren, dass das vom Verordnungsgeber angestrebte Regelungsziel so nicht zu erreichen ist.

III. Zusammenfassung Bei einer Verwertung mineralischer Abfälle auf und im Boden finden neben den abfallund bodenschutzrechtlichen Vorschriften auch die des Wasserrechts, namentlich die des vorsorgenden Grundwasserschutzes Anwendung. Das gilt uneingeschränkt auch dann, wenn eine Zulassung der Abfallverwertungsmaßnahme auf der Grundlage des Bergrechts erteilt wird. Die materiellen Anforderungen zum Schutz des Grundwassers sind § 48 WHG zu entnehmen. Dabei findet § 48 Abs. 1 WHG in allen wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren Anwendung und legt fest, dass die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für das Einbringen von Stoffen in das Grundwasser nur in Betracht kommt, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Von einem Einbringen mineralischer Stoffe in das Grundwasser ist nur dann auszugehen, wenn diese in der wassergesättigten Zone eingesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Einbringung zum Zwecke der Entledigung erfolgt. § 48 Abs. 2 WHG ist in wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren für unechte Gewässerbenutzungen sowie in allen anderen Zulassungsverfahren außerhalb des Wasserrechts zu beachten. Auch danach muss bei Maßnahmen, die eine Ablagerung von Materialien darstellen, die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen sein. Eine Ablagerung ist auch dann anzunehmen, wenn mit ihr eine Verwertung der Abfallstoffe und damit der Einsatz zur Verfolgung eines bestimmten Nutzungszwecks verbunden ist. Die Norm greift als Auffangtatbestand nur ein, sofern der Einsatzort oberhalb des Übergangsbereichs von der ungesättigten zur gesättigten Zone liegt. Die Beispiele für einen solchen Einsatz sind vielfältig und reichen von der Ablagerung von mineralischen Abfällen in Gruben oder Abgrabungen zu Maßnahmen im Landschaftsbau oder der Herstellung technischer Bauwerke. Im Hinblick auf den Schutz des Grundwassers sind die Voraussetzungen der beiden Absätze identisch. Eine Maßnahme ist jeweils nur zulässig, wenn eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das setzt voraus, dass auch keine noch so fernliegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Beschaffenheit des Grundwassers nachteilig verändert wird. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt sich

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G. Anforderungen des Wasserrechts

dem Wasserhaushaltsgesetz selbst nicht entnehmen. Die Anforderungen hierfür finden sich für die echten Gewässerbenutzungen in der Form des Einbringen oder Einleitens von Stoffen in das Grundwasser im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG in § 13a GrwV-E2. Danach besteht die Besorgnis für eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit dann nicht, wenn die Prüfwerte der Anlage 9 der GrwV-E2 eingehalten sind. Keine Regelung findet sich in der Grundwasserverordnung hingegen für unechte Gewässerbenutzungen gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG. Bei diesen ist zur Bestimmung der materiellen Anforderungen an den vorsorgenden Grundwasserschutz danach zu unterscheiden, ob die mineralischen Abfälle bodenbezogen verwertet werden oder ein technisches Bauwerk aus ihnen hergestellt wird. Im erstgenannten Fall sollen die Vorgaben aus der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, im letztgenannten Fall der Ersatzbaustoffverordnung zu entnehmen sein. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es der Verordnungsgeber jedenfalls im gegenwärtigen vorliegenden Verordnungsentwurf versäumt hat, die für den Erlass dieser Regelungen einschlägige Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 2 Satz 3 WHG anzugeben, was bei einem unveränderten Inkrafttreten zur Nichtigkeit der Regelungen führen würde.

H. Anforderungen des Naturschutzrechts Wie das Bodenschutz- und Wasserrecht findet auch das Naturschutzrecht über den Verweis der Ordnungsgemäßheit in § 7 Abs. 3 KrWG Anwendung auf die Verwertung mineralischer Abfälle.1 Zu den in diesem Zusammenhang relevanten Vorschriften zählen die Eingriffsregelung sowie die Anforderungen des Gebiets- und Artenschutzes.

I. Anwendbarkeit des Naturschutzrechts Eine Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden ist nur zulässig, wenn neben dem Bodenschutz- und Wasserrecht auch die Vorschriften des Naturschutzrechts eingehalten sind. Dies gilt uneingeschränkt für alle Verwertungsmaßnahmen unabhängig von ihrem Zweck. Lediglich bei der Verfüllung von Tagebauen bedarf die Frage der Anwendbarkeit des Naturschutzrechts einer genaueren Betrachtung. Als Maßnahme der Wiedernutzbarmachung der Oberfläche wird über ihre Zulässigkeit in der Regel im bergrechtlichen Abschlussbetriebsplanverfahren entschieden. Da die für die Zulassung bergrechtlicher Betriebspläne maßgebliche Vorschrift des § 55 BBergG im Hinblick auf den Naturschutz Regelungslücken aufweist, ist wiederum die Regelung des § 48 Abs. 2 BBergG heranzuziehen, nach der auch außerbergrechtliche Belange zu beachten sind.2 Zu den außerbergrechtlichen Belangen gehören auch die des Naturschutzes und der Landschaftspflege.3 Eine Einschränkung der Öffnungsklausel des § 48 Abs. 2 BBergG und eine teilweise Verdrängung des Naturschutzrechts ist allenfalls in Bereichen denkbar, in denen Berg- und Naturschutzrecht kollidieren. Ob eine Kollision mit dem Bergrecht vorliegt, bedarf für die verschiedenen Regelungsbereiche des Naturschutzrechts einer eingehenderen Prüfung.

II. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung Grundsätzlich finden die Regelungen des Naturschutzrechts, darunter die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, bei einer Verwertung mineralischer Abfälle auf und im Boden Anwendung. Das gilt wegen § 48 Abs. 2 BBergG auch dann, wenn der Eingriff im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren zugelassen wird. Im Folgenden wird deshalb un1 VG Hannover, Urt. v. 25.10.2010, Az. 4 A 3001/09, juris Rn. 85; wohl auch VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 31. 2 Vgl. dazu bereits die Ausführungen zur Beachtung des Bodenschutzrechts, F. I. 2. c) dd). 3 BVerwG, Urt. v. 20.11.2008, Az. 7 C 10.08, BVerwGE 132, 261, 268; Brockhoff , Eingriffsregelung, S. 218; Kolonko, Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung an einen Abbau von Steinen und Erden, S. 137 ff.; Kühne, Das Verhältnis von Bergrecht und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, S. 260 f.; Wilde, LKV 2006, 71, 71 ff.; Wolf , ZUR 2006, 524, 524; a. A. Gerigk, ZfB 1987, 232, 235, der das Naturschutzrecht im Rahmen des Bergrechts für nicht anwendbar hält.

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H. Anforderungen des Naturschutzrechts

tersucht, ob Verwertungsmaßnahmen, insbesondere wenn sie der Wiedernutzbarmachung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche dienen, einen zu kompensierenden naturschutzrechtlichen Eingriff darstellen. Vor Beantwortung dieser Frage ist zunächst das grundsätzliche Verhältnis von bergrechtlicher Wiedernutzbarmachung und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung bei der Zulassung eines Abbauvorhabens zu klären. Mittlerweile ist allgemein anerkannt, dass der übertägige, großflächige Abbau von Bodenschätzen die Eingriffsdefinition des § 14 Abs. 1 BNatSchG4 erfüllt.5 Danach liegt ein Eingriff in Natur und Landschaft bei einer Veränderung der Gestalt oder der Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels vor, sofern diese die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Werden an der Erdoberfläche Rohstoffe abgebaut, so liegt wegen des geänderten äußeren Erscheinungsbilds sowohl eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen vor; darüber hinaus kommt es zu einer Veränderung der Nutzung, weil der Erdboden nunmehr dem Abbau von Bodenschätzen dient.6 Die grundflächenbezogene Aktivität vermag im Regelfall allein schon wegen ihrer großflächigen Veränderungen erhebliche Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds auszulösen. In der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt und im Schrifttum heftig umstritten ist demgegenüber, ob und inwieweit das Rohstoffabbauvorhaben auch der daraus resultierenden Kompensationspflicht unterworfen ist. 1. Verhältnis zur Wiedernutzbarmachung Weder hält das Bundesberggesetz Vorschriften bereit, welche die Anwendbarkeit der Eingriffsregelung nach Naturschutzrecht ausschließen noch erklärt das Bundesnaturschutzgesetz umgekehrt die Eingriffsregelung im Rahmen der Wiedernutzbarmachung für unanwendbar. Zur Klärung des Verhältnisses zwischen bergrechtlicher Wiedernutzbarmachung und naturschutzrechtlicher Kompensationspflicht bedarf es daher der Prüfung, ob die Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich kollidieren, da sich nur dann die Frage eines Vorrangs der einen oder anderen Rechtsmaterie stellt. a) Normenkollision Von einer Normenkollision ist dann auszugehen, wenn zwei Rechtsnormen auf denselben Sachverhalt Anwendung finden und beim Normadressaten zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen.7 Das setzt voraus, dass ein zumindest in Teilen identischer Rege-

4 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) vom 29.07.2009, BGBl. I 2009, S. 2542, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 100 des Gesetzes vom 07.08.2013, BGBl. I 2013, S. 3154. 5 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 07.06.2005, Az. 11 A 1193/02, juris Rn. 56; Brockhoff , Eingriffsregelung, S. 210; Gaentzsch, NVwZ 1998, 889, 896; Wilde, DVBl 1998, 1321, 1323; Spieth/ Hong, ZfB 2001, 183, 186; Wilde, LKV 2006, 71, 72; a. A. Gerigk, ZfB 1987, 232, 235, der das Bergrecht als Spezialgesetz ansieht, welches das Naturschutzrecht in vollem Umfang verdrängt. 6 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 14 Rn. 5 ff. 7 März, in: Mangold/Klein/Starck, GG, Art. 31 Rn. 40.

II. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

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lungsgegenstand vorliegt, der gleiche Normadressat angesprochen wird und es diesem unmöglich ist, beide Normbefehle gleichzeitig zu erfüllen.8 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Vorliegen einer Kollisionslage vorliegend zweifelhaft. Die bergrechtliche Wiedernutzbarmachungspflicht der §§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 55 Abs. 2 Nr. 2, 4 Abs. 4 BBergG ist nicht auf Wiederherstellung des Zustandes vor Durchführung der Abgrabung gerichtet und orientiert sich nicht an den durch den Abbau der Bodenschätze beeinträchtigten oder zerstörten Funktionen und Gütern, sondern an der konkret angestrebten Folgenutzung, die von der vorbergbaulichen Nutzung abweichen kann.9 Demgegenüber verlangt die Kompensationsregelung des § 15 Abs. 2 BNatSchG, dass durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein Zustand geschaffen wird, der den vor dem Eingriff vorhandenen Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds möglichst nahe kommt.10 Ziel der Eingriffsregelung ist somit der Ersatz der verlorengegangenen Funktionen unter weitestgehender Fortführung der bisherigen Nutzung. Die Wiedernutzbarmachung ist hingegen losgelöst vom vorbergrechtlichen Zustand und nur auf die zukünftig angestrebte Nutzung ausgerichtet. Insofern betreffen die Kompensations- und Wiedernutzbarmachungspflicht schon nicht denselben Regelungsgegenstand, weshalb das Vorliegen einer Normenkollision abzulehnen ist.11 Überdies hat die Befolgung der einen Norm auch nicht zwingend, wie dies für das Vorliegen einer Kollisionslage erforderlich wäre,12 die Verletzung der anderen Norm zur Folge. Die Bestimmungen zur Wiedernutzbarmachung nach Bergrecht und die Eingriffsregelung nach Naturschutzrecht kollidieren nicht. Sie sind vielmehr nebeneinander anwendbar. Hiervon scheint auch der Gesetzgeber des Bundesberggesetzes auszugehen. In der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 zum sachlichen und räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes heißt es: „Der Gesetzesentwurf gilt aber nur – wie das derzeitige Bergrecht auch – für die Wiedernutzbarmachung als Teil bergbaulicher Tätigkeit, d. h. alle die Nutzung der Oberfläche als solche regelnden Vorschriften bleiben unberührt [. . . ]. Für den Bereich der Wiedernutzbarmachung gilt insoweit also nichts anderes als im Grundsatz auch in sonstigen Fällen der Berührung des Bergrechts [. . . ] mit anderen Rechtsmaterien, wie z. B. Wasserrecht, Immissionsschutzrecht, Naturschutzrecht [. . . ]. Ein normatives Überschneiden des Bergrechts mit diesen Rechtsmaterien soll wie bisher vermieden werden.“13 Trotz der zum damaligen Zeitpunkt bereits existierenden Eingriffsregelung wurde bei der Novellierung des Bundesberggesetzes im Jahr 1977 also keine Veranlassung gesehen, das Verhältnis zur Wiedernutzbarmachung im Gesetz eigens anzusprechen, weil beide Instrumente parallel Geltung beanspruchen und sich in ihrem Anwendungsbereich nicht überlagern.

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März, in: Mangold/Klein/Starck, GG, Art. 31 Rn. 41. VG Potsdam, Beschl. v. 06.09.1996, Az. 1 L 2161, ZfB 1997, 50, 54; Boldt/Weller, BBergG, § 4 Rn. 20; siehe dazu bereits E. III. 3. b) dd); vgl. auch das praktische Beispiel des Braunkohlenplans Jänschwalde bei Wilde, LKV 2006, 71, 73. 10 BVerwG, Beschl. v. 10.09.1998, Az. 4 A 35.97, NVwZ 1999, 532, 533; Durner, NuR 2001, 601, 603. 11 Ebenso Wolf , ZUR 2006, 524, 525 f.; a. A. Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 186 f. 12 März, in: Mangold/Klein/Starck, GG, Art. 31 Rn. 41. 13 BT-Drs. 8/1315, S. 76. 9

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H. Anforderungen des Naturschutzrechts

Umgekehrt räumt das Naturschutzrecht dem Bergrecht und der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung keinen Sonderstatus ein. Zur Folgebehandlung bergbaubedingter Eingriffe in Natur und Landschaft äußert sich die Zielbestimmung des § 1 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG dergestalt, dass „unvermeidbare Beeinträchtigungen [. . . ] insbesondere durch Förderung der natürlichen Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern“ sind. Die Wiedernutzbarmachung ist danach nur eine von zahlreichen Möglichkeiten, einen bergrechtlichen Eingriff naturschutzrechtlich auszugleichen. Der Wortlaut der Vorschrift verdeutlicht, dass der Gesetzgeber die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht auch bei bergbaubedingten Beeinträchtigungen für erforderlich erachtet.14 Letztlich kann also weder dem Bundesnaturschutzgesetz noch dem Bundesberggesetz entnommen werden, dass der Inhalt des naturschutzrechtlich gebotenen Ausgleichs durch die Vorschriften zur Wiedernutzbarmachung modifiziert werden sollte.15 b) Rangverhältnis Doch selbst bei einer unterstellten Normenkollision wäre diese entgegen der in der Literatur vertretenen herrschenden Meinung16 nicht zugunsten der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung aufzulösen. Weder der zur Begründung herangezogene Spezialitätengrundsatz noch Art. 31 GG vermögen eine solche Rechtsauffassung zu stützen. aa) Spezialitätengrundsatz Als ein Argument für den Vorrang des Bergrechts wird der Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ genannt, wonach die Wiedernutzbarmachungsklausel zu einer Verdrängung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung führe und dieser als speziellere Norm vorgehe.17 Dieser Ansicht kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. Die Wiedernutzbarmachung verlangt ihrer Definition in § 4 Abs. 4 BBergG nach „die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses“. Weitere materielle Vorschriften zur Spezifizierung der Wiedernutzbarmachungspflicht sind dem Bundesberggesetz nicht zu entnehmen, weshalb es zur inhaltlichen Konkretisierung eines Rückgriffs auf andere, außerbergrechtliche Vorschriften bedarf. Der Rückgriff erfolgt rechtstechnisch über den Verweis auf die Beachtung des öffentlichen Interesses. Durch den Verweis sind die Anforderungen an die Wiedernutzbarmachung allgemeiner gehalten als die abschließend in § 15 Abs. 2 14

Ebenso Wolf , ZUR 2006, 524, 526; ähnlich auch Brockhoff , Eingriffsregelung, S. 220 f. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 77; Louis, BNatSchG, § 8 Rn. 146; a. A. VG Leipzig, Urt. v. 19.01.1995, Az. 5 K 23/94, ZfB 1995, 48, 58; Wilde, LKV 2006, 71, 72. 16 Von einem Vorrang der bergrechtlichen Regelung gehen aus: Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 167 f.; Kühne, Das Verhältnis von Bergrecht und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, S. 279 f.; Rausch, Bergbau, S. 107; Schulte, ZfB 1987, 178, 214; Gerigk, ZfB 1987, 232, 235; Wilde, DVBl 1998, 1321, 1323; Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 187 ff.; Wilde, LKV 2006, 71, 72; a. A. Gaentzsch, NVwZ 1998, 889, 896 f.; Wolf , ZUR 2006, 524, 526 f. 17 Hessischer VGH, Urt. v. 02.12.2004, Az. 4 UE 2874/02, ZfB 2005, 25, 30; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 167 f.; Kühne, Das Verhältnis von Bergrecht und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, S. 279 f.; Gerigk, ZfB 1987, 232, 235; Wilde, DVBl 1998, 1321, 1323. 15

II. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

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BNatSchG geregelte naturschutzrechtliche Kompensationspflicht. Sie geht über das Gestaltungserfordernis hinaus und verlangt eine Wiederherstellung oder einen gleichwertigen Ersatz nicht nur in optischer Hinsicht, sondern auch der verloren gegangenen Funktionen des Naturhaushalts. Aufgrund der geforderten Wiederherstellung oder Ersetzung nicht nur des Landschaftsbilds, sondern auch der beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts ist die in ähnliche Richtung gehende Ansicht des Verwaltungsgerichts Leipzig abzulehnen, die bergrechtliche Wiedernutzbarmachung kompensiere generell einen naturschutzrechtlichen Eingriff, so dass für die Anwendung der Kompensationsregelung kein Raum bleibe.18 Das lässt sich auch dem zur Begründung herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. In dieser Entscheidung hatte das Gericht eine Abgrabung auf einer Fläche von 25 ha, die sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken sollte, als bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB für zulässig erachtet, weil dem Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstünden. Insbesondere habe das Vorhaben keine Verunstaltung des Landschaftsbilds zur Folge, weil die während des Abbaus nicht zu vermeidenden Beeinträchtigungen durch die vorgesehene Rekultivierung wieder aufgehoben würden.19 Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Aussage im Zusammenhang mit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens getätigt. Sie kann daher aus systematischen Gründen nicht auf die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht, die nach § 18 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG daneben Anwendung findet, übertragen werden. Vielmehr wird in der Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es während des Abbaus zu nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt. Diese mögen zwar im Hinblick auf § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB nicht zu einer Verunstaltung führen, was unter anderem an der vorgesehenen Rekultivierung liegt. Damit ist jedoch nicht zugleich gesagt, dass auch ein Eingriff in das Landschaftsbild kompensiert wird.20 Eine solche Sichtweise käme einer groben Verharmlosung eines sich über Jahrzehnte erstreckenden Abbauvorhabens gleich, die sich in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung so nicht wiederfindet. Auch dort wird bei nur vorübergehenden Eingriffen in das Landschaftsbild von einer bestehenden Kompensationspflicht ausgegangen.21 Es ist anzunehmen, dass auch das Bundesverwaltungsgericht in der Sache nicht anders entschieden hätte, wäre es bislang nicht an einer Aussage gehindert gewesen, weil diese Fragen ausschließlich nicht revisibles Landesrecht betrafen.22 18 So VG Leipzig, Urt. v. 19.01.1995, Az. 5 K 23/94, ZfB 1995, 48, 58; Wilde, DVBl 1998, 1321, 1325, mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 18.03.1983, Az. 4 C 17.81, NVwZ 1984, 303–305; ähnlich auch Fröhlich/Schulz, ZfW 2000, 217, 219, die annehmen, die Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung folge auch aus der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung. 19 BVerwG, Urt. v. 18.03.1983, Az. 4 C 17.81, NVwZ 1984, 303, 304 f. 20 Der Entscheidung kann also gerade nicht entnommen werden, das BVerwG erachte einen bergbaubedingten Eingriff durch eine ordnungsgemäße Wiedernutzbarmachung als kompensiert, so aber Wolf , ZUR 2006, 524, 526, noch weitergehend Wilde, DVBl 1998, 1321, 1325. 21 Vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 29.06.1989, Az. 1 K 208/87, NuR 1990, 332, 333, für die Erweiterung eines Kalksteinbruchs; ebenso für nach § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB zurückzubauende und damit nur auf begrenzte Dauer errichtete Windenergieanlagen, OVG Lüneburg, Urt. v. 16.12.2009, Az. 4 LC 730/07, NuR 2010, 133, 134 f.; VG Stade, Urt. v. 18.06.2009, Az. 2 A 1277/08, juris Rn. 56 ff.; VG Schleswig, Urt. v. 18.08.2009, Az. 1 A 5/08, ZNER 2009, 427, 428. 22 Das BVerwG hat sich einer Aussage, ob Renaturierungsmöglichkeiten und -verpflichtungen bei der Bewertung eines Eingriffs zu berücksichtigen sind, unter Hinweis auf nicht revisibles Landesrecht entzogen, vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2005, Az. 9 B 10.05, juris Rn. 16.

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Nach richtiger Auffassung kann der zur Begründung herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon nicht die Aussage entnommen werden, ein Eingriff in das Landschaftsbild könne durch eine Rekultivierung viele Jahre später kompensiert werden. Erst recht verbietet sich der Schluss, durch die bergrechtliche Wiedernutzbarmachung würde der naturschutzrechtliche Eingriff generell kompensiert.23 Für einen Ausgleich oder Ersatz der Beeinträchtigungen des Naturhaushalts kommt es anders als beim Landschaftsbild nicht nur auf das optisch wahrnehmbare Bild, sondern auch auf dessen Funktionen an, die durch eine visuelle Wiederherstellung nicht kompensiert werden können. Die bergrechtliche Wiedernutzbarmachung ist nicht spezieller als die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht und geht ihr aus diesem Grund nicht vor. bb) Vorrang des Bundesrechts Als weiteres Argument für den Vorrang der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung wurde in den sämtlich vor der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 2009 erschienenen Abhandlungen die Kollisionsvorschrift des Art. 31 GG herangezogen. Vor der Föderalismusreform im Jahr 2006 stand dem Bund für den Naturschutz gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG a.F. nur eine Rahmengesetzgebungskompetenz zu. Alle mit Ausnahme der in § 11 BNatSchG a.F. genannten Vorschriften waren Rahmenvorschriften, darunter die Eingriffsregelung. Die §§ 18 f. BNatSchG a.F. begründeten keine unmittelbar geltenden Pflichten für den Bürger, sondern waren an die Landesgesetzgeber zur Umsetzung adressierte Normen. Die Zulässigkeit eines Eingriffs und die Verpflichtung zur Kompensation ergaben sich erst aus der jeweiligen landesrechtlichen Regelung. Daraus wurde gefolgert, dass mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und dem bergrechtlichen Wiedernutzbarmachungsgebot eine Bundes- und eine Landesvorschrift kollidierten, die nach Art. 31 GG zugunsten eines Vorrangs des Bundesberggesetzes aufzulösen sei.24 Unabhängig davon, ob dieser Begründungsansatz unter der vormaligen Rechtslage geeignet war, das Zurücktreten der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu rechtfertigen,25 ist er nach der Föderalismusreform und der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes nicht mehr vertretbar. Die Gesetzgebungskompetenz für den Naturschutz und die Landschaftspflege ist durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.200626 neu geordnet worden. Die bisherige Rahmenkompetenz des Bundes ist entfallen, die Materie ist heute in Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG der konkurrierenden Gesetzgebung zugeordnet. In diesem Bereich haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG die Gesetzgebungsbefugnis, solange und soweit der Bund von seiner Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Seine Gesetzgebungskompetenz hat der Bund durch Erlass des am 06.08.2009 verkündeten und am 01.03.2010 in Kraft getretenen Bundesnaturschutzgesetzes wahrgenommen. Die Länder können gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GG wiederum hiervon abweichende Regelungen treffen. Ausgenommen sind Regelungen, die die 23

Im Ergebnis ebenso Wolf , ZUR 2006, 524, 526. Kühne, Das Verhältnis von Bergrecht und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, S. 278; Rausch, Bergbau, S. 107; Schulte, ZfB 1987, 178, 214; Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 187 f.; Wilde, LKV 2006, 71, 72. 25 Überzeugend dagegen argumentierend Wolf , ZUR 2006, 524, 526 f. 26 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c, 91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) vom 28.08.2006, BGBl. I 2006, S. 2034. 24

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allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes betreffen.27 Ob es unter der derzeit geltenden Rechtslage bei dem Verhältnis zwischen naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung und bergrechtlichem Wiedernutzbarmachungsgebot zu einer Kollision von Bundes- und Landesrecht kommen kann, hängt davon ab, ob man den Ländern in diesem Bereich eine Abweichungskompetenz nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GG zubilligt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Eingriffsregelung nicht zu den allgemeinen Grundsätzen des Naturschutzes zählt. Diese Auffassung wird jedoch nicht vertreten. Die Bundesregierung teilte während des Gesetzgebungsverfahrens auf eine Kleine Anfrage hin mit, die Eingriffsregelung in ihrer bisherigen rahmenrechtlichen Ausprägung sei „eine grundlegende Regelung“.28 Und auch in der Literatur wird übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Eingriffsregelung zu den abweichungsfesten allgemeinen Grundsätzen des Naturschutzes gehört.29 Das überzeugt, ist die Kompensationsregel doch für die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen von bundesweiter Bedeutung und Ausdruck des für das Umwelt- und Naturschutzrecht zentralen Verursacherprinzips. Folglich sind die Grundzüge der Eingriffsregelung für die Länder abweichungsfest. Das bedeutet nicht, dass weitergehende Länderregelungen unzulässig wären. Den Ländern kommt aber nur eine Konkretisierungs-, nicht jedoch eine Abweichungskompetenz zu, so dass es nach heutiger Rechtslage nur zu einer Kollision der Wiedernutzbarmachungsklausel mit Bundesrecht kommt. Dem Bundesberggesetz ist daher mit Verweis auf Art. 31 GG kein Vorrang mehr einzuräumen. c) Zwischenergebnis Eine Normenkollision zwischen bergrechtlicher Wiedernutzbarmachung und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, die zugunsten der einen oder anderen Vorschrift aufgelöst werden müsste, besteht nicht. Vielmehr sind beide Regelung nebeneinander anwendbar. Doch wäre selbst bei Annahme einer Normenkollision das Bergrecht nicht vorrangig. Die Pflicht zur Wiedernutzbarmachung ist nicht spezieller als die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht. Auch die früher häufig herangezogene Vorschrift des Art. 31 GG kann jedenfalls heute nicht mehr als Begründung dienen, da die Eingriffsregelung seit der Föderalismusreform zum unabweichbaren Bundesrecht zählt. Somit verbleibt es bei einer parallelen Anwendbarkeit beider Rechtsinstitute. Abbaubedingte unvermeidbare Beeinträchtigungen sind nach der Maßgabe des § 15 Abs. 2 BNatSchG zu kompensieren.30

27 Zur Kritik an der Neuordnung des Kompetenzgefüges vgl. Ekardt/Weyland, NVwZ 2006, 737, 739 ff. 28 Antwort der Bundesregierung vom 27.02.2006 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Horst Meierhofer, Birgit Homburger, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP „Umweltrechtliche Regelungen der geplanten Föderalismusreform und Konsequenzen für den Bürokratieabbau“ vom 08.02.2006, BT-Drs. 16/606, BT-Drs. 16/767, S. 5 f. 29 Mit unterschiedlichen Begründungen Louis, ZUR 2006, 340, 342; Fischer-Hüftle, NuR 2007, 78, 82 f.; Hendrischke, NuR 2007, 454, 457; Schulze-Fielitz, NVwZ 2007, 249, 257; Kotulla, NVwZ 2007, 489, 492 f.; Köck/Wolf , NVwZ 2008, 353, 359. 30 Zu den Einzelheiten einer Kompensation bergbaubedingter Beeinträchtigungen und insbesondere der Frage, inwieweit ein Ausgleich oder Ersatz durch die Wiedernutzbarmachung erfolgen kann vgl. Wolf , ZUR 2006, 524, 527 ff.

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2. Kompensationspflicht Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Wege von Ausgleichsmaßnahmen auszugleichen oder durch Ersatzmaßnahmen zu ersetzen. Dabei fragt sich, welche materiellen Anforderungen die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht an eine Verfüllung von übertägigen Abbauvorhaben stellt. Teilweise wird vertreten, die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht verlange eine Verfüllung von Tagebauen oder sonstigen Abgrabungen mit Bodenmaterial.31 Richtig ist zwar die dieser Ansicht zugrunde liegende Annahme, dass mit dem übertägigen Abbau von Bodenschätzen natürliche Bodenfunktionen zerstört oder zumindest weitgehend beeinträchtigt werden. Daraus kann allerdings nicht geschlossen werden, ein Ausgleich des Eingriffs sei allein dadurch möglich, dass im Rahmen der Rekultivierung in die stillgelegte Abbaustätte, in der Lockergestein wie Kies, Sand, Löss oder Ton gewonnen wurde, wieder Bodenmaterialien eingebracht werden, welche die ursprünglich am Standort vorhandenen natürlichen Bodenfunktionen möglichst vollständig ersetzen.32 Die Verpflichtung zur Verfüllung mit Bodenmaterial scheitert allerdings nicht schon daran, dass beim übertägigen Abbau von Bodenschätzen der Eingriff auf den Abtrag der oberflächennahen Bodenschichten beschränkt ist. Bezugspunkt eines Eingriffs nach § 14 Abs. 1 BNatSchG ist zwar eine Veränderung der Gestalt oder Nutzung von „Grundflächen“. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass dieser im Zusammenhang mit der Erdoberfläche stehen muss, weshalb Handlungen, welche die Oberfläche unberührt lassen, namentlich der untertägige Abbau von Bodenschätzen, nicht unter das Tatbestandsmerkmal fallen.33 Das gilt jedoch nicht für einen Abbau von Bodenschätzen an der Erdoberfläche, durch den die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich beeinträchtigt werden kann.34 Hier liegt insgesamt ein Eingriff vor, dessen horizontale Beschränkung ausscheidet: Vom Naturhaushalt ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG auch das Schutzgut Boden umfasst. Der Boden erfüllt als Bestandteil des Naturhaushalts die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b) BBodSchG genannten natürlichen Funktionen. Diese Funktionen werden nicht nur oberflächennah erfüllt; insbesondere der Verweis auf die Wasserkreisläufe bringt zum Ausdruck, dass auch der unter den obersten Schichten liegende Boden natürliche Bodenfunktionen zum Schutz des Grundwassers erfüllt. Eine Abschichtung dergestalt, dass nur die Entfernung des Oberbodens einen Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts darstellt, darunter liegende Boden- oder Gesteinsschichten aber ohne Verwirklichung des Tatbestands des § 14 Abs. 1 BNatSchG entfernt werden können, ist daher abzulehnen.35 31

Bertram, AbfallR 2007, 37, 39 ff.; a. A. Knäpple, KA 2001, 1135, 1139. Vgl. Bertram, AbfallR 2007, 37, 40. 33 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.07.1997, Az. 21 B 1717/94, NuR 1997, 617, 619; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 14 Rn. 7. 34 Vgl. z. B. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 08.11.2001, Az. 8 LB 46/01, NuR 2002, 563, 563 f. (Sand- und Kiesabbau); VG Sigmaringen, Urt. v. 28.09.2000, Az. 4 K 2577/98, juris Rn. 61 (Kiesabbau). 35 A. A. Rechtsanwälte Heinemann & Partner, praxisimverwaltungsrecht, Ausgabe 7, November 2008, S. 3, abzurufen unter http://www.heinemann-und-partner.de/praxis-im-verwaltungsrecht/ (28.02.2014). 32

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Die Pflicht zur Kompensation der vorgenommenen Beeinträchtigungen des Schutzguts Boden kann aber aus mehreren Gründen nicht mit einer Pflicht zur Verfüllung mit Bodenmaterial gleichgesetzt werden. Seit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes scheitert eine Verfüllpflicht schon daran, dass die Ausgleichspflicht gegenüber der Ersatzpflicht nicht mehr vorrangig ist, sondern gleichberechtigt neben dieser steht. Eine Beeinträchtigung ist nach aktueller Rechtslage somit nicht nur dann kompensiert, sobald die beeinträchtigten natürlichen Bodenfunktionen in gleichartiger Weise im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG wiederhergestellt sind. Vielmehr reicht eine Wiederherstellung in gleichwertiger Weise im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG aus. Aber auch unter Geltung des ehemaligen Bundesnaturschutzgesetzes, das noch ein Stufenverhältnis zwischen Ausgleich und Ersatz vorsah, bestand keine Pflicht zum Ausgleich im Wege der Verfüllung mit Bodenmaterial.36 Denn den gesetzlichen Vorschriften konnte nicht entnommen werden, dass ein Ausgleich unmittelbar am Eingriffsort und auf der Eingriffsfläche selbst erfolgen muss, zu fordern war lediglich ein räumlicher Zusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleich.37 Gegen eine Kompensation im Wege der Verfüllung sprechen außerdem zeitliche Gründe. Die Durchführung eines Eingriffs ist nach § 15 Abs. 5 BNatSchG zu verbieten, wenn die Beeinträchtigungen nicht „in angemessener Frist“ ausgeglichen oder ersetzt werden können. Das heißt, der Ausgleichserfolg darf nicht in die ferne Zukunft verschoben werden, sondern muss in zeitlichem Zusammenhang mit dem Eingriff erreicht werden.38 Da der Erfolg wegen der Dauer der natürlichen Entwicklungsprozesse regelmäßig erst nach Ablauf eines gewissen Zeitraums herbeigeführt werden kann, folgt daraus, dass mit den Kompensationsmaßnahmen zeitnah begonnen werden muss.39 Daher ist ihre frühzeitige, möglichst gleichzeitig mit dem Eingriff erfolgende Umsetzung zu fordern.40 Das gilt sowohl für Ausgleichs-, wie für Ersatzmaßnahmen, nur ihre zeitige Realisierung bietet die nötige Gewähr, dass der angestrebte Kompensationserfolg tatsächlich erreicht werden kann. Eine abweichende Vorgehensweise sollte allenfalls bei Vorliegen besonderer Gründe erlaubt sein.41 Denn andernfalls würden gerade im Bergbau zwischen der Durchführung des Eingriffs und dem bloßen Beginn der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen Jahre oder gar Jahrzehnte verstreichen. Über derart lange Zeiträume werden übertägige Rohstoffabbaustätten regelmäßig betrieben, bevor sie wiedernutzbar gemacht 36 So aber Bertram, AbfallR 2007, 37, 40; ähnlich auch Kolonko, ZUR 1995, 126, 131, die einen Ausgleich nur durch die Rekultivierung der Abbauflächen im Wege der Wiedernutzbarmachung für möglich hält. 37 BVerwG, Urt. v. 27.09.1990, Az. 4 C 44.87, BVerwGE 85, 348, 360; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 15 Rn. 10, 17; Wolf , ZUR 2006, 524, 528, mit weitergehenden Hinweisen zu den Möglichkeiten und Grenzen eines Ausgleichs durch die Rekultivierung von Tagebauen. 38 Der VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.07.1983, Az. 2 S 299/81, NuR 1984, 102, 105, spricht von wenigen Jahren. 39 VG Schleswig, Urt. v. 18.08.2009, Az. 1 A 5/08, ZNER 2009, 427, 429; großzügiger BVerwG, Urt. v. 12.12.1996, Az. 4 C 29.94, BVerwGE 102, 331, 347, das die Vertagung der Planung von Kompensationsmaßnahmen für zulässig erachtet, wenn das Eingriffsvorhaben nur entsprechend dringlich ist und die Lösung der naturschutzrechtlichen Fragen nicht als ausgeschlossen erscheint; ebenso Hamburgisches OVG, Beschl. v. 23.06.1996, Az. Bs III 68/96, NuR 1997, 453, 454; kritisch Gassner, NuR 1999, 79, 84 f. 40 Durner, NuR 2001, 601, 604. 41 Wolf , ZUR 2006, 524, 530, mit der Nennung von Beispielen.

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werden.42 Angesichts der langen Dauer zwischen bergbaubedingtem Eingriff, Beginn der Verfüllung und dem davon abhängigen Eintritt eines möglichen Kompensationserfolgs ist ein Ausgleich im Wege der Wiedernutzbarmachung regelmäßig ausgeschlossen.43 Es wäre auch unbillig, dem Eingriffsverursacher die Vorteile aus der Eingriffszulassung sofort zuzusprechen, die Kompensation der damit verbundenen Nachteile aber erst mehrere Jahre oder Jahrzehnte nach der Zulassung zu verlangen. Daher bleibt festzuhalten, dass eine Verfüllung mit Bodenmaterial die verloren gegangenen natürlichen Bodenfunktionen zwar möglicherweise am besten wiederherstellen würde, eine Verpflichtung dazu aus den Vorschriften zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung aber nicht hergeleitet werden kann. Dieses Ergebnis wird durch die in § 1 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG enthaltenen Ziele des Naturschutzs und der Landschaftspflege bestätigt. Danach sind unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft beim Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen und bei Abgrabungen durch Förderung der natürlichen Sukzession, Renaturierung, naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung auszugleichen oder zu mindern. Aus der alternativen Nennung der verschiedenen Ausgleichs- und Minderungsmöglichkeiten wird deutlich, dass eine Verfüllung unabhängig vom eingesetzten Material nicht zwingend geboten ist. Vielmehr kann gerade bei Abgrabungen die Zulassung einer natürlichen Entwicklung ohne nachfolgende Eingriffe des Menschen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege insgesamt viel besser verwirklichen als eine Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung.44 Aus der naturschutzrechtlichen Kompensationspflicht lässt sich also nicht ableiten, dass bei einer Verfüllung von Abgrabungen – ebenso wie bei allen anderen bodenbezogenen Verwertungen – nur der Einsatz von Bodenmaterialien zulässig ist. Daher spricht nichts dagegen, auch andere mineralische Abfälle zu verwenden, sofern sie die Anforderungen, die an eine Verwertung gestellt werden, einhalten. 3. Eingriffsqualität einer Verfüllung Vorstehend wurde erörtert, dass der mit einem Abbau von Bodenschätzen verbundene Eingriff nicht zwingend dadurch zu kompensieren ist, dass die Grube mit Bodenmaterialien verfüllt wird. Erfolgt jedoch nach der Einstellung des Abbaubetriebs eine solche entweder mit Bodenmaterial oder mit sonstigen mineralischen Abfällen, so schließt sich die Frage an, ob auch mit der Verfüllung ein Eingriff verbunden sein kann, der wiederum ausgeglichen oder ersetzt werden muss. Sie ist deshalb von großer praktischer Bedeutung, weil sich auf ehemaligen Abgrabungs- und Tagebauflächen nach Beendigung der Abbautätigkeit häufig seltene Tier- und Pflanzenarten ansiedeln, die auf solche Sonderstandorte zwingend angewiesen sind. Gegen die Anwendbarkeit der Eingriffsregelung könnte sprechen, dass die Grube oder der Tagebau selbst durch einen Eingriff in Natur und Landschaft künstlich geschaffen wur42 So lag der Sachverhalt beispielsweise auch im Fall des VG Karlsruhe, Urt. v. 29.06.1989, Az. 1 K 208/87, NuR 1990, 332, 334. 43 Ebenso Wolf , ZUR 2006, 524, 530. 44 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG a. F., § 2 Rn. 20, zur Vorgängerregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 BNatSchG a.F.

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de. Indes lässt bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 1 BNatSchG eine solche Einschränkung nicht zu. Der Begriff des „Naturhaushaltes“ umschreibt „das komplexe Wirkungsgefüge aller natürlichen Faktoren wie Boden, Wasser, Luft, Klima, Pflanzen- und Tierwelt“, wobei „innerhalb und zwischen den belebten und nicht belebten Anteilen vielfältige Wechselbeziehungen zwischen physikalischen, chemischen und biologischen Vorgängen“ bestehen.45 Ein derart vielschichtiges Wirkungsgefüge zwischen den einzelnen Naturgütern existiert nicht nur in gänzlich unberührten oder wenigstens naturnahen Landschaften, sondern auch in durch menschliche Tätigkeit veränderten Bereichen, sofern sich dort infolge Zeitablaufs und natürlichen Besatzes ein schützenswerter Lebensraum für Tiere und Pflanzen gebildet hat.46 Der Schutz der von menschlichen Veränderungen betroffenen Landschafts- und Naturbestandteile entspricht auch dem Sinn und Zweck der Eingriffsregelung. Natur und Landschaft sind nach dem allgemeinen Grundsatz des § 1 Abs. 1 BNatSchG auch im besiedelten und folglich im durch den Menschen geprägten Bereich so zu schützen, dass die biologische Vielfalt, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit und der Erholungswert von Natur und Landschaft dauerhaft gesichert sind. Diese Ziele ließen sich nicht erreichen, wenn menschlich überprägte Bereiche von vornherein aus dem Schutzbereich der Eingriffsregelung ausgenommen wären.47 Deshalb ist mit der Wiederverfüllung einer Grube oder Abgrabung ein naturschutzrechtlicher Eingriff verbunden, sofern sich dort nach Beendigung des Abbaus ein schützenswerter Lebensraum für Pflanzen oder Tiere gebildet hat und mit der Verfüllung eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einher geht.48 Eine abweichende Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Verfüllung als eine Maßnahme zur Kompensation des mit dem Abbau einhergehenden Eingriffs gesehen wird. Denn auch solchen Maßnahmen kann nicht von vornherein das Potential abgesprochen werden, die Leistungs- oder Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich zu beeinträchtigen, nur weil zugleich ein anderweitig zugelassener Eingriff kompensiert werden soll. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen scheiden deshalb nicht schon wegen ihrer Zielrichtung als Eingriff in Natur und Landschaft aus.49 Auch wenn also davon ausgegangen wird, die Verfüllung mit mineralischen Abfällen kompensiere den mit dem Abbau zugelassenen Eingriff, so steht dies der Annahme eines neuerlichen Eingriffs nicht entgegen, sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind. 45

BT-Drs. 7/886, S. 28. Hamburgisches OVG, Urt. v. 19.05.1992, Az. Bf VI 22/88, NVwZ-RR 1993, 8, 10. 47 So für die Anwendbarkeit der Vorschriften zum Schutz von Biotopen, OLG Hamm, Urt. v. 02.03.1989, Az. 22 U 106/88, NuR 1991, 43, 44; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.09.2000, Az. 8 A 12418/99, NuR 2001, 287, 287 f. 48 Hamburgisches OVG, Urt. v. 19.05.1992, Az. Bf VI 22/88, NVwZ-RR 1993, 8, 9 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 18 Rn. 10; Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 14 Rn. 11. 49 BVerwG, Beschl. v. 28.01.2009, Az. 7 B 45.08, NVwZ 2009, 521, 522; VG Schleswig, Beschl. v. 10.10.2001, Az. 12 B 10/01, ZUR 2002, 213, 214; Zustimmung von Schrader/Hellenbroich, ZUR 2001, 215, 216; a. A. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 31.05.2001, Az. 7 MB 1546/01, ZUR 2002, 37, 39 f.; Louis, BNatSchG, § 8 Rn. 15; von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 690. 46

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Nichts anderes gilt, wenn die Verfüllung im Wege der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung erfolgt. Auch diese Maßnahme kann mit einem kompensationsbedürftigen Eingriff in Natur und Landschaft verbunden sein.50 Die Gegenansicht, die einen Eingriff durch Wiedernutzbarmachung für ausgeschlossen hält, lässt sich nicht mit einem Verweis auf die zweite Tongrubenentscheidung begründen.51 Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dieser Frage nicht Stellung bezogen. In den Urteilsgründen findet sich zwar die Aussage, die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche sei „kein neuer Eingriff in die Umwelt, sondern eine Maßnahme, die die Folgen des Eingriffs begrenzen und vermindern“ soll.52 Allerdings steht sie nicht im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, sondern diente lediglich der Begründung, warum für die Verfüllung der Tongrube keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen war. Es verbietet sich, die Ausführungen aus dem systematischen Zusammenhang zu reißen und als Argument für die Behauptung anzuführen, die bergrechtliche Wiedernutzbarmachung der Oberfläche sei kein naturschutzrechtlicher Eingriff. Denn es steht außer Frage, dass ein Vorhaben, das nicht der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen kann. Insofern lässt sich der Aussage, es handle sich um keinen neuen Eingriff in die Umwelt, der zur UVP-Pflichtigkeit führt, nicht zugleich entnehmen, es liege kein Eingriff in Natur und Landschaft vor, der nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften auszugleichen oder zu ersetzen ist. Gegen die Verpflichtung zur Durchführung von Kompensationsmaßnahmen wird weiter vorgebracht, mit einer Verfüllung könne kein naturschutzrechtlicher Eingriff in einen im Stilllegungsprozess befindlichen Tagebau verbunden sein, weil hiervon nur ein „Übergangszustand“ betroffen sei, der noch „keine abschließende Verfestigung“ erfahren habe. Zur Begründung wird unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen angeführt, es fehle an der Nachhaltigkeit einer schutzwürdigen Situation. Weil ein Tagebau bis zur Wiedernutzbarmachung einem ständigen Veränderungsprozess unterliege, seien die dort entstehenden Prozesse nur vorübergehender Natur, die auch ohne menschliches Zutun wieder beseitigt würden, weshalb es an einem „eingriffsfähigen Zustand“ fehle.53 Der zur Begründung herangezogenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen kann diese Schlussfolgerung jedoch nicht entnommen werden. Vielmehr führt das Gericht aus, der Umstand, dass die streitgegenständliche ehemalige Abgrabungsfläche für eine Deponieerweiterung vorgesehen war und es sich deshalb nur um ein „Biotop auf Abruf“ handle, könne im Rahmen der Abwägung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG a. F. (§ 15 Abs. 5 BNatSchG) nicht unberücksichtigt bleiben.54 Voraussetzung für die Anwendung der Abwägungsvorschrift des § 8 Abs. 3 BNatSchG a. F. ist aber gerade, dass ein 50 Ebenso Kolonko, Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung an einen Abbau von Steinen und Erden, S. 133, Fn. 264; zur generellen Anwendbarkeit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im Bergrecht vgl. H. II. 1. 51 So aber von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 690, mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247–261; mit anderer Begründung auch Kühne, Das Verhältnis von Bergrecht und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung, S. 283 f.; Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 190 f. 52 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 256. 53 So Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 191 f., mit Verweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309. 54 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309.

II. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung

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Eingriff vorliegt. Es mag daher vielleicht richtig sein, dass sich der Zustand zwischen Stilllegung eines Tagebaus und der folgenden Wiedernutzbarmachung noch nicht so sehr verfestigt hat wie in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem die ehemalige Tonabbaufläche über mehr als 20 Jahre brach lag. Indes rechtfertigt diese Tatsache nicht die Annahme, die Wiedernutzbarmachung könne den Eingriffstatbestand von vornherein nicht erfüllen.55 Es ist vielmehr auch hier anhand der Tatbestandsmerkmale des § 14 Abs. 1 BNatSchG zu ermitteln, ob ein Eingriff vorliegt. Ist der Zeitraum zwischen Beendigung der Abbauarbeiten und dem Beginn der Wiedernutzbarmachung überschaubarer als im vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall, so kann tatsächlich ausgeschlossen sein, dass mit der Verfüllung die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Leistungs- oder Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes verbunden ist. Dann scheidet ein Eingriff rein tatbestandlich aus, per se ausgeschlossen ist er aber nicht. Richtigerweise ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob sich eine schützenswerte Situation entwickelt hat, die bei einer Wiedernutzbarmachung erheblich beeinträchtigt werden kann. Die Möglichkeit der Eingriffsverwirklichung durch Wiedernutzbarmachung ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil andernfalls die Gefahr bestünde, dass ein Nutzungsberechtigter dem Entstehen schützenswerter Naturbestandteile entgegenwirkt, um nicht später naturschutzrechtlichen Einschränkungen unterlegen zu sein.56 Zutreffend ist sicher die dahinter stehende Überlegung, dass es nicht im Interesse des Naturschutzes liegt, entstehende Natur immer wieder im Keim zu ersticken. Allerdings rechtfertigt dieser Umstand keinen Anwendungsausschluss der Eingriffsvorschriften, denn das läge ebenfalls nicht im Sinne des geforderten Naturschutzes. Des Weiteren ist es keineswegs zwingende Rechtsfolge, dass der Betreiber eines Tagebaus bei der Wiedernutzbarmachung der naturschutzrechtlichen Kompensationspflicht unterliegt. Kann durch eine Verfüllung die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts nicht erheblich beeinträchtigt werden, so liegt kein Eingriff vor, der kompensiert werden müsste. Hierfür müssen in dem Tagebaurestloch schützenswerte Naturbestandteile entstanden sein. Da damit nicht von heute auf morgen zu rechnen ist, darf die Fläche über einen längeren Zeitraum keinen Veränderungen unterworfen worden sein. Dem Bergbauunternehmer bleibt es unbenommen, die Abbauflächen parallel zum Abbaubetrieb nach und nach wiedernutzbar zu machen und so sicherzustellen, dass sich schützenswerte Natur erst nach Abschluss der Wiedernutzbarmachung der Oberfläche ansiedelt. Doch selbst wenn sich eine schützenswerte Flora und Fauna entwickelt hat, muss der Bergbaubetreiber nicht zur Durchführung von Kompensationsmaßnahmen verpflichtet sein. Das gilt beispielsweise dann, wenn die Fläche ohne Verwirklichung des Tatbestands des § 14 Abs. 1 BNatSchG verändert wird. Davon ist beispielsweise auszugehen, wenn die Grube durch den Wiederanstieg des nach Beendigung des Abbaubetriebs nicht mehr künstlich abgesenkten Grundwassers im Wege der Eigenflutung beseitigt wird. Der Eingriff lag hier in der Veränderung des Grundwasserspiegels, mit deren Aufgabe der Eingriff beendet ist und kein neuer vorgenommen wird. Beim Wiederanstieg mangelt es an einer für den Eingriff erforderlichen menschlichen Tätigkeit. Er ist als natürliches Ereig55

So aber Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 191 f. So argumentieren Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 192; im Zusammenhang mit der Einstufung eines Gebiets als Vogelschutzgebiet auch von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 691. 56

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H. Anforderungen des Naturschutzrechts

nis nicht als Eingriff zu werten.57 Außerdem ist der Bergbaubetreiber nach dem Bergrecht nur verpflichtet, die Oberfläche wiedernutzbar zu machen. Das heißt nicht, dass der Tagebau verfüllt oder geflutet werden müsste. Ist es im Einzelfall aus bergtechnischen und bergsicherheitlichen Gründen nicht nötig, das entstandene Massendefizit auszugleichen, so kann die Fläche sich, insbesondere wenn ein Sekundärbiotop entstanden ist, zur Förderung der natürlichen Sukzession selbst überlassen werden. Das wird in § 1 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG ausdrücklich klargestellt. Insofern muss mit einer Wiedernutzbarmachung kein Eingriff im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG verbunden sein. Wegen der vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Tagebaurestlöchern kann deshalb auch nicht generell davon ausgegangen werden, dass nach der Einstellung des Betriebs lediglich ein Übergangszustand ohne abschließende Verfestigung besteht. Der Anwendung des § 15 Abs. 1 BNatSchG steht nicht entgegen, dass gemäß § 15 Abs. 2 BNatSchG die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff in Natur und Landschaft gilt. Die Landwirtschaftsklausel begünstigt nur eine bestehende landwirtschaftliche Bodennutzung,58 nicht auch die Gewinnung oder Rückgewinnung der Flächen für diesen Zweck. Das Verfüllen einer Grube oder Abgrabung fällt daher selbst dann nicht unter die Privilegierung, wenn mit ihr das Ziel verfolgt wird, die wiederhergestellte Fläche anschließend landwirtschaftlich zu nutzen.59 Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung auf eine Verfüllung mit mineralischen Abfällen, auch wenn sie im Rahmen der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung erfolgt, anwendbar ist. Sofern die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich beeinträchtigt werden kann, liegt ein Eingriff nach § 14 Abs. 1 BNatSchG vor, der nach der Vorschrift des § 15 BNatSchG zu kompensieren ist.

III. Gebietsschutz Bei einer Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden sind neben der Eingriffsregelung die Vorschriften zum Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft des 4. Kapitels des Bundesnaturschutzgesetzes anwendbar.60 Das gilt, wie der Zielbestimmung des § 1 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG zu entnehmen ist, auch dann, wenn die Verwertung durch einen bergrechtlichen Betriebsplan zugelassen wird. Die Vorschrift bezieht sich auf die bergrechtliche Bodenschatzgewinnung und stellt klar, dass nicht nur beim Abbau von

57 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 14 Rn. 4; auch das Unterlassen der weiteren Absenkung ist nicht eingriffsrelevant, weil hierzu jedenfalls nach Beendigung des Abbaubetriebs keine Rechtspflicht mehr besteht, vgl. Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 14 Rn. 12; im Zusammenhang mit dem Artenschutz ebenso Louis, NuR 2009, 91, 94; a. A. offenbar von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 687. 58 Zur Kritik an der Privilegierung der Landwirtschaft im Rahmen der Eingriffsregelung und im sonstigen Umweltrecht vgl. Ekardt/Heym/Seidel, ZUR 2008, 169, 171 ff. 59 BGH, Urt. v. 07.12.2000, Az. III ZR 84/00, BGHZ 146, 122, 127 ff.; OVG NordrheinWestfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 18 Rn. 24. 60 Zur Anwendbarkeit der Vorschriften zum Gebietsschutz neben der Eingriffsregelung vgl. BVerwG, Urt. v. 09.05.2001, Az. 6 C 4.00, BVerwGE 114, 232, 233 ff.; Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 14 Rn. 4.

III. Gebietsschutz

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Bodenschätzen, sondern auch bei der späteren Aufschüttung des Geländes dauernde Schäden des Naturhaushalts und Zerstörungen wertvoller Landschaftsteile zu vermeiden sind. 1. Schutzgebiete nach § 20 Abs. 2 BNatSchG Ehemalige Abgrabungsflächen dienen mitunter zahlreichen seltenen und auf Sonderstandorte angewiesenen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum.61 Sofern sie mit einem ordnungsrechtlichen Status versehen und beispielsweise als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden,62 gehören sie zu den wertvollen Natur- und Landschaftsteilen, deren Zerstörung nach der Zielbestimmung des § 1 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG zu vermeiden ist.63 Zu den geschützten Teilen von Natur und Landschaft zählen sämtliche in § 20 Abs. 2 BNatSchG genannten Schutzgebiete. Neben den Naturschutzgebieten besonders hervorzuheben sind die Biosphärenreservate und die Landschaftsschutzgebiete. In einem Naturschutzgebiet sind nach § 23 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit der jeweiligen Gebietsverordnung alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Gebiets oder seiner Bestandteile führen können. Die Vorschrift statuiert ein repressives, generelles Veränderungsverbot.64 Auch mit der Herstellung technischer Bauwerke oder Aufschüttungen aus Erdaushub oder sonstigen mineralischen Abfällen werden Veränderungen vorgenommen, die in einem Naturschutzgebiet nicht erlaubt sind. Es kommt nicht darauf an, ob der Schutzzweck des Gebiets hierdurch tatsächlich gefährdet wird.65 Deshalb bestimmt § 6 Abs. 8 Satz 2 BBodSchV-E2, dass eine bodenbezogene Verwertung in einem Naturschutzgebiet grundsätzlich nicht zulässig ist. Eine Zulassung kann nur im Wege der Erteilung einer Befreiung durch die zuständige Behörde nach § 67 Abs. 1 BNatSchG erfolgen.66 Bei einer Auf- und Einbringung von Materialien auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 BBodSchV-E2 kann eine Abweichung dabei gemäß § 6 Abs. 8 Satz 3 BBodSchV-E2 nur dann zugelassen werden, wenn sie aus forst- oder naturschutzfachlicher Sicht oder zum Schutz des Grundwassers erforderlich ist. Die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 BNatSchG werden bei der genannten Art der Verwertung mineralischer Abfälle durch die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung daher verschärft. Vergleichbares gilt für Ablagerungen in einem Landschaftsschutzgebiet. Dort sind nach § 26 Abs. 2 BNatSchG alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. § 26 Abs. 2 BNatSchG ist insofern flexibler als § 23 Abs. 2 BNatSchG, als in eine Landschaftsschutzgebietsverordnung neben präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt einzelne repressive Verbote aufge61

Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG a. F., § 2 Rn. 20. Es ist grundsätzlich möglich, auch ehemalige Abgrabungsflächen national förmlich unter Schutz zu stellen, vgl. Hessischer VGH, Urt. v. 18.03.2004, Az. 4 N 348/99, NVwZ-RR 2005, 800, 800 ff.; Sächsisches OVG, Urt. v. 07.05.2004, Az. 1 D 33/01, LKV 2005, 405, 407 ff. 63 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG a. F., § 2 Rn. 19; Gaentzsch, NVwZ 1998, 889, 896. 64 Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 23 Rn. 11. 65 Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 09.02.2005, Az. 1 MB 16/05, NordÖR 2005, 482, 483; VG Halle (Saale), Urt. v. 25.05.2005, Az. 2 A 5/05, juris Rn. 34; Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 23 Rn. 16; Louis, BNatSchG, § 13 Rn. 11. 66 Ebenso für den Fall der Zulassung eines Steinbruchs Fischer-Hüftle, NuR 2010, 34, 35. 62

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nommen werden können. Sofern dort Gebietsveränderungen verboten sind, ist eine großflächige Aufschüttung nicht erlaubt, weil mit ihr eine Veränderung des Gebietscharakters einher geht.67 Das gilt selbst dann, wenn ein ehemaliger Steinbruch, der nach dem Abgrabungsrecht rekultiviert werden muss, zum Zeitpunkt der angestrebten Verfüllung in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.68 Eine Verwertung mineralischer Abfälle in einem Landschaftsschutzgebiet ist unter diesen Voraussetzungen unzulässig. Gegebenenfalls kann eine Ausnahme von dem Verbot erteilt werden, jedoch nur dann, wenn eine solche in der entsprechenden Schutzverordnung vorgesehen ist.69 Daneben besteht die Möglichkeit einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG, sofern eine solche aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist oder im Einzelfall eine unzumutbare Belastung vorliegen würde.70 2. Gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG Neben den förmlich ausgewiesenen Schutzgebieten gehören zu den wertvollen Naturund Landschaftsteilen auch die nach § 30 Abs. 1 BNatSchG geschützten Biotope.71 Da die gesetzliche Unterschutzstellung an die rein tatsächlichen Verhältnisse anknüpft, ist nicht entscheidend, aus welchem Grund und auf welche Weise ein Gebiet zum Biotop wird, so dass auch durch menschliche Einwirkung entstandene Sekundärbiotope geschützt sind.72 Sekundärbiotope entstehen oft auf stillgelegten Abbauflächen oder in verlassenen Gruben.73 Für den Beginn des Schutzes ist nur von Belang, ob die Fläche die gesetzlich definierte Wertigkeit erlangt hat.74 Die Schutzwürdigkeit fehlt nicht deshalb, weil Abgrabungen oder Tagebauen verfüllt oder wiedernutzbar gemacht werden müssen und sich die Flächen insoweit in einem „Übergangszustand“ oder im „Umbruch“ befinden.75 Eine solche Einschränkung der Schutzwürdigkeit lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr wird 67 Vgl. VG München, Beschl. v. 01.08.2005, Az. M 11 S 04.3287, juris Rn. 22; VG Ansbach, Beschl. v. 17.06.2009, Az. AN 15 S 09.00824, juris Rn. 23; VG Köln, Urt. v. 25.08.2009, juris Rn. 15. 68 OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.01.2001, Az. 8 A 1850/99, NVwZ-RR 2001, 662, 663. 69 Zu einer abgelehnten Ausnahmegenehmigung für den vergleichbaren Fall des Abbaus von Sand in einem Landschaftsschutzgebiet vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.1883, Az. 4 C 21.79, BVerwGE 67, 84, 88. 70 Zu einem abgelehnten Antrag auf Befreiung von den Verboten für einen geplanten Abbau von Kiessand in einem Landschaftsschutzgebiet vgl. Thüringer OVG, Urt. v. 15.08.2007, Az. 1 KO 1127/05, juris Rn. 46 ff. 71 Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG a. F., § 2 Rn. 19. 72 OLG Hamm, Urt. v. 02.03.1989, Az. 22 U 106/88, NuR 1991, 43, 44; OVG NordrheinWestfalen, Urt. v. 19.01.2001, Az. 8 A 1850/99, NVwZ-RR 2001, 662, 663; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.09.2006, Az. 8 LA 265/04, ZUR 2007, 43, 44; Schmidt-Räntsch, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30 Rn. 7; Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 30 Rn. 4; zur Begründung siehe bereits die Ausführungen bei der Eingriffsregelung auf H. II. 3. 73 VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 11.02.1993, Az. 5 S 909/92, NVwZ-RR 1993, 544, 545 (Lehmgrube); Hamburgisches OVG, Urt. v. 19.05.1992, Az. Bf VI 22/88, NVwZ-RR 1993, 8, 10 (Kiesgrube); OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309 (Tongrube). 74 Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 30 Rn. 4. 75 Von einer fehlenden Schutzwürdigkeit von Sekundärbiotopen in Tagebauen gehen Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 191; von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 690, aus.

III. Gebietsschutz

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aus der mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes neu geschaffenen Vorschrift des § 30 Abs. 6 BNatSchG deutlich, dass auch der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Entstehung von schützenswerten Sekundärbiotopen in Bereichen ausgeht, die dem Abbau von Bodenschätzen dienen oder gedient haben. Die Vorschrift privilegiert Flächen mit Sekundärbiotopen, auf denen die zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde und innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung wieder aufgenommen wird. Durch den eindeutigen Wortlaut greift die Privilegierung nur, wenn auf der Fläche wieder Bodenschätze abgebaut werden. Dem Vorhabenträger sollte hierdurch eine Wiederaufnahme der Nutzung ermöglicht werden, ohne eine vorherige Befreiung beantragen zu müssen. Nicht anwendbar ist sie hingegen auf die Wiedernutzbarmachung nach Abschluss der Abbautätigkeit. Eine weitergehende als die gesetzlich vorgesehene Freistellung vom Biotopschutz sah der Gesetzgeber als nicht gerechtfertigt an.76 Diese Rechtsauffassung deckt sich mit der bisherigen Rechtsprechung zum Sekundärbiotopschutz auf ehemaligen Rohstoffabbauflächen. Auch in der Rechtsprechung wurde davon ausgegangen, dass ein Sekundärbiotop auf einer Fläche entstehen kann, die einer abgrabungsrechtlichen Pflicht zur Rekultivierung unterliegt.77 Nichts anderes kann für Tagebaue gelten, die wiedernutzbar gemacht werden müssen. Die Schutzwürdigkeit eines Sekundärbiotops ist deshalb auch dann nicht zu verneinen, wenn es in einem Bereich entstanden ist, der zukünftig Veränderungen unterliegt. Die gesetzliche Unterschutzstellung nach § 30 Abs. 1 BNatSchG hat zur Folge, dass alle Handlungen, die zur Zerstörung oder sonstigen Beeinträchtigung eines in § 30 Abs. 2 BNatSchG genannten Biotops führen können, verboten sind. Zu den verbotenen Handlungen gehören unter anderem die Ablagerung oder Aufbringung von Stoffen oder Gegenständen sowie Veränderungen der Bodengestalt, weil durch die Auffüllung einer Biotopfläche die dort vorhandene schützenswerte Tier- und Pflanzengemeinschaft in ihrem Wachstum zerstört oder zumindest nachhaltig beeinträchtigt wird.78 Für den Fall der Auf- und Einbringung von Materialien auf oder in den Boden stellt § 6 Abs. 8 Satz 2 BBodSchV-E2 ausdrücklich klar, dass eine solche im Bereich gesetzlich geschützter Biotope grundsätzlich unzulässig ist. Von dem Verbot kann gemäß § 6 Abs. 8 Satz 3 BBodSchV-E2 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 BNatSchG nur dann eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Auf- und Einbringung aus forst- beziehungsweise naturschutzfachlicher Sicht oder zum Schutz des Grundwassers erforderlich ist sowie die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Das Verfüllverbot kann im Einzelfall mit einer abgrabungsrechtlichen Rekultivierung oder bergrechtlichen Wiedernutzbarmachungspflicht kollidieren. Diese Pflichten werden von dem naturschutzrechtlichen Verbot dann verdrängt, wenn abgrabungsbedingte Land-

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BT-Drs. 16/13430, S. 24. OLG Hamm, Urt. v. 02.03.1989, Az. 22 U 106/88, NuR 1991, 43, 44; OVG NordrheinWestfalen, Urt. v. 19.01.2001, Az. 8 A 1850/99, NVwZ-RR 2001, 662, 663. 78 VG München, Beschl. v. 01.08.2005, Az. M 11 S 04.3287, juris Rn. 20; VG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 11.10.2011, Az. 5 L 180/11, juris Rn. 31; zur naturschutzrechtlichen Unzulässigkeit einer an ein gesetzlich geschütztes Biotop unmittelbar angrenzenden Aufschüttung mit Zinkwälzschlacke vgl. Henke/Penndorf , Bodenschutz 2009, 91, 93. 77

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H. Anforderungen des Naturschutzrechts

schaftsschäden nicht oder nicht mehr zu besorgen sind.79 Hat sich also im Bereich einer Abgrabungsfläche, für die ursprünglich eine Verfüllung vorgesehen war, ein Biotop gebildet, so darf es nicht durch eine Verwertung mineralischer Abfälle in der Grube beseitigt werden, wenn die Auffüllung aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht mehr notwendig ist. Andernfalls kann von dem Verbot nach § 30 Abs. 2 BNatSchG gemäß § 67 Abs. 1 BNatSchG befreit werden. Eine Befreiung ist insbesondere dann zu gewähren, wenn „dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses [. . . ] notwendig ist“. Zu den überwiegenden öffentlichen Interessen gehört auch die gefahrenfreie Nutzung des betreffenden Geländes, so dass bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit von dem Zerstörungsbzw. Beeinträchtigungsverbot des § 30 Abs. 2 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit besteht. Die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung hat aber keine Auswirkungen auf die Eingriffsregelung.80 Sie bleibt unverändert anwendbar, so dass auch ein Eingriff, der im Wege der Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des § 30 Abs. 2 BNatSchG erlaubt wird, zu kompensieren ist. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Verwertung mineralischer Abfälle in einem nach § 30 Abs. 2 BNatSchG gesetzlich geschützten Biotop ausscheidet. Das gilt auch für Maßnahmen im Bereich von Sekundärbiotopen, die sich auf ehemaligen Abgrabungsflächen oder Tagebauen gebildet haben. Aus der berg- und abgrabungsrechtlichen Pflicht zur Wiedernutzbarmachung oder Rekultivierung ergibt sich nichts Abweichendes. Vielmehr kann diese Pflicht durch das naturschutzrechtliche Verbot verdrängt werden. Sofern eine Verfüllung aus sicherheitsrechtlichen Gründen vonnöten ist, besteht die Möglichkeit einer Befreiung. Entgegen anders lautender Meinung81 können die gegenseitigen Interessen hierdurch ohne Wertungswiderspruch in Einklang gebracht werden. 3. Europäische Schutzgebiete nach § 32 BNatSchG Die Verwertung mineralischer Abfälle unterliegt überdies den europarechtlich vorgegebenen Vorschriften zum Schutz von Natura 2000-Gebieten. Darunter fallen nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 BNatSchG Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sowie Europäische Vogelschutzgebiete. Sie sind gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären. Die nationale Schutzerklärung hat den Schutzzweck entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen sowie die erforderlichen Gebietsbegrenzungen zu bestimmen, § 32 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG. Dabei ist nach § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflegeund Entwicklungsmaßnahmen sicherzustellen, dass dem Verschlechterungsverbot sowie den Vorschriften über die Zulassung von Projekten nach Art. 6 RL 92/43/EWG82 entsprochen wird. Sofern eine Unterschutzstellung in der geforderten Art und Weise erfolgt ist, werden die Gebiete durch die entsprechende Rechtsvorschrift geschützt.83

79 OLG Hamm, Urt. v. 02.03.1989, Az. 22 U 106/88, NuR 1991, 43, 44; OVG NordrheinWestfalen, Urt. v. 19.01.2001, Az. 8 A 1850/99, NVwZ-RR 2001, 662, 662. 80 Mühlbauer, in: Lorz et al., BNatSchG, § 14 Rn. 4. 81 von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 694 f., sprechen von „paradoxen Ergebnissen“. 82 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. Nr. L 206, S. 7. 83 Siehe dazu H. III. 1.

III. Gebietsschutz

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Daneben sind die Vorschriften der §§ 33 ff. BNatSchG anwendbar. Nach dem allgemeinen Verschlechterungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind „alle Veränderungen oder Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Vorschriften führen können, [. . . ] unzulässig“. Anders als bislang ist der Eintritt der Schutzwirkung nicht mehr an eine Bekanntgabe des Gebiets im Bundesanzeiger, sondern die Erfüllung der Begriffsbestimmungen in § 7 Abs. 1 Nr. 6 bis 8 BNatSchG geknüpft.84 FFH-Gebiete müssen danach in die Liste der Kommission der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen sein, bei Vogelschutzgebieten ist die Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes im Sinne des § 32 Abs. 2 bis 4 BNatSchG erforderlich. Das Verbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG entfällt bei einer Unterschutzstellung nach § 20 Abs. 2 BNatSchG nicht. Vielmehr gehen die Regelungen der Schutzverordnung als speziellere Vorschriften dem allgemeinen Verschlechterungsverbot dann vor, wenn sie den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 RL 92/43/EWG genügen.85 Sofern ein Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten geeignet ist, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, ist es gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG vor seiner Zulassung oder Durchführung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Gebiets zu überprüfen. Führt die Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu besorgen ist, so ist das Projekt nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig. Eine Zulassung ist abweichend hiervon gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG nur dann möglich, soweit sie „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind“. Vorstehendes gilt uneingeschränkt auch für Verfüllungen im Wege der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung oder abgrabungsrechtlichen Rekultivierung in einem Natura 2000-Gebiet. Denn entgegen anderslautender Ansicht86 können auch ehemalige Tagebau- oder Abgrabungsflächen als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Ausweisung vorliegen. Die Anforderungen für die Ausweisung eines Vogelschutzgebiets lassen sich Art. 4 Abs. 1 RL 2009/147/EG87 entnehmen. Danach erklären die Mitgliedstaaten die „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten“. Aus dem Verlangen der flächenmäßigen Gebietseignung wird unter anderem durch einen Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Hochmoselübergang88 hergeleitet, dass die Ausweisung eines Gebiets nur dann in Betracht komme, wenn eine „ökologische

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BT-Drs. 16/12274, S. 64. BT-Drs. 16/12274, S. 64; zum Zusammenspiel von Schutzverordnung und allgemeinem Verschlechterungsverbot am Beispielsfall der Planung eines Steinbruchs in einem Natura 2000-Gebiet, das als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde, vgl. Fischer-Hüftle, NuR 2010, 34, 35 f. 86 von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 685 ff.; im Ansatz auch Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 193. 87 Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten, ABl. Nr. L 20, S. 7. 88 BVerwG, Urt. v. 15.01.2004, Az. 4 A 11.02, NVwZ 2004, 732–739. 85

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Verfestigung“ gegeben sei.89 An dieser Voraussetzung soll es regelmäßig in Bergbaufolgelandschaften fehlen.90 Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der vorgenannten Entscheidung die unterlassene Ausweisung einer Kiesabbaufläche als Vogelschutzgebiet nicht beanstandet und das „zukunftsorientierte Konzept, die Lebensräume zu schützen, die [. . . ] gegenwärtig und zukünftig bessere Entfaltungsmöglichkeiten bieten“, für rechtmäßig erklärt.91 Aus dem Rückgriff des Gerichts auch auf das zukünftige Entwicklungspotential kann jedoch nicht abgeleitet werden, die flächenmäßige Eignung eines Gebiets würde dann fehlen, wenn es in Zukunft Veränderungen unterliegt.92 Vielmehr wurde ausdrücklich davon ausgegangen, dass das gegenwärtige Vorkommen der betreffenden Vogelart „die Einbeziehung des umstrittenen Geländes in das Vogelschutzgebiet ohne Zweifel rechtfertigen“ würde, wegen der ausreichenden Ausweisung anderer Flächen aber nicht zwingend sei.93 Die Unterschutzstellung ist also nicht wegen der fehlenden Gebietseignung unterblieben, sondern weil die zuständige Behörde von dem ihr durch Art. 4 Abs. 1 RL 2009/147/EG eingeräumten Beurteilungsspielraum Gebrauch gemacht und andere, besser geeignete Bereiche ausgewiesen hat. Wegen des fachlichen Beurteilungsspielraums, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist,94 können Ausführungen zu faktischen Vogelschutzgebieten nicht als Begründung dienen, es sei in aller Regel nicht möglich, auf Tagebauflächen solche Gebiete auszuweisen. Denn das Ergebnis, die Ausweisung sei in rechtmäßiger Weise unterblieben, beinhaltet nicht zugleich die Aussage, dass die flächenmäßige Eignung für ein Vogelschutzgebiet nicht vorlag. Die Ausweisung eines Vogelschutzgebiets auf solchen Flächen führt auch nicht zu „absurden Ergebnissen“.95 Es ist keinesfalls „sinnlos“, Gebiete wie Bergbaufolgelandschaften unter Schutz zu stellen.96 Denn erstens handelt es sich bei ehemaligen Abbauflächen oder Tagebauen nicht notwendig um „Natur auf Zeit“97 , weil die Pflicht zur Wiedernutzbarmachung und Rekultivierung nicht mit der Pflicht zur Verfüllung gleichgesetzt werden kann. Selbst wenn die Fläche zukünftig Veränderungen unterliegt, vollziehen sich diese etwa bei der Eigenflutung durch den Wiederanstieg des Grundwassers in Jahren oder Jahrzehnten und damit so langsam, dass eine Anpassung der ansässigen Arten nicht als ausgeschlossen erscheint. Sofern eine künstliche Beschleunigung des Flutungsprozesses zum Schutz des Wassers in den Tagebaurestlöchern vor zu starker Versauerung oder zur Sicherung der Böschungen für notwendig erachtet wird, gewährt § 34 Abs. 3 BNatSchG Ausnahmemöglichkeiten, von denen insbesondere im Bergbau großzügig Gebrauch gemacht

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So von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 688; ähnlich Füßer, NuR 2004, 701, 704. von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 690 ff. 91 BVerwG, Urt. v. 15.01.2004, Az. 4 A 11.02, NVwZ 2004, 732, 735. 92 So von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 689, auch unter Hinweis auf die Entscheidung des Niedersächsischen OVG, Urt. v. 24.03.2003, Az. 1 LB 3571/01, ZNER 2003, 344–347, zum Windpark im Wybelsumer Polder. 93 BVerwG, Urt. v. 15.01.2004, Az. 4 A 11.02, NVwZ 2004, 732, 735. 94 BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, Az. 9 A 28.05, BVerwGE 126, 166, 169. 95 Diesen Begriff verwendet Füßer, NuR 2004, 701, 707. 96 So von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 691, unter Hinweis auf den sich nach Abschluss der Abbauarbeiten vollziehenden Anstieg des Grundwassers. 97 Spieth/Hong, ZfB 2001, 183, 191. 90

IV. Artenschutz

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wird.98 Eine Privilegierung von Abgrabungs- oder Bergbaubetrieben dergestalt, dass deren ehemalige Abbauflächen für die Ausweisung eines europäischen Vogelschutzgebiets von vornherein im Regelfall nicht in Betracht kommen, erscheint unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt. Für FFH-Gebiete gilt nichts anderes.99

IV. Artenschutz Neben den Vorschriften zum Gebietsschutz werden die des Artenschutzes, vor allem die des besonderen Artenschutzes nach §§ 44 ff. BNatSchG, relevant. Bei einer Abfallverwertung auf und im Boden sind das insbesondere die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Diese sind uneingeschränkt neben den Vorschriften zum Gebietsschutz anwendbar.100 1. Anwendbarkeit bei der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung Die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote gelangen unabhängig davon zur Anwendung, wo und zu welchem Zweck die Verwertung mineralischer Abfälle durchgeführt wird. Sie gelten über § 48 Abs. 2 BBergG auch bei der Verfüllung von dem Bergrecht unterliegenden Tagebauen im Wege der Wiedernutzbarmachung. Eine abweichende Beurteilung vermag die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG nicht zu rechtfertigen. Sie sichert zum einen nur die „Aufsuchung und Gewinnung“ und ist damit auf einen Abschlussbetriebsplan nicht anwendbar, so dass die zuständige Behörde bei einer Zulassung von Abfällen zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche zu einer verstärkten Berücksichtigung entgegenstehender öffentlicher Interessen gehalten ist.101 Darüber hinaus sind die artenschutzrechtlichen Verbote aber auch bei der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen nicht ausgeschlossen, da diese öffentlichen Belange ebenfalls ortsgebunden sind und der Artenschutz nicht von vornherein hinter die Förderung von Bodenschätzen zurücktritt.102 Aufgrund der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte von Gebiets- und Artenschutz – ersterer dient dem Schutz der Lebensräume der jeweiligen Tier- und Pflanzenarten, wohingegen letzterer die in Rede stehende Art selbst schützen will – kann die Argumentation zur ökologischen Gebietsverfestigung als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Rege-

98 Zuletzt OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 05.07.2007, Az. 2 S 25.07, ZUR 2008, 34, 38 f., das bei der Zulassung eines Tagebaus den Erhalt einer großen Zahl von Arbeitsplätzen, die positive Beeinflussung des notwendigen Strukturwandels der Region und die Sicherung einer preisgünstigen Energieversorgung als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses angesehen hat. 99 A.A. von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 692. 100 BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, Az. 9 A 14.07, NVwZ 2009, 302, 306; ausführlich zum Verhältnis von Arten- und Gebietsschutz Ekardt/Hennig, NuR 2011, 95, 96 f. 101 BVerwG, Urt. v. 14.04.2005, Az. 7 C 26.03, BVerwGE 123, 247, 255; Freytag, NuR 1996, 334, 341. 102 Andeutungsweise, das Ergebnis aber offenlassend, OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.05.2006, Az. 1 B 10405/06, ZfB 2006, 170, 172; das VG Oldenburg, Urt. v. 19.06.2008, Az. 5 A 4956/06, NuR 2008, 887, 891, wendet die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes im Rahmen des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BBergG an.

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lungen zum Gebietsschutz nicht auf den Artenschutz übertragen werden.103 Ein Anwendungsausschluss bei der Verfüllung von Tagebauen ist selbst dann nicht angezeigt, wenn davon ausgegangen wird, dass dem Artenschutzrecht die „Berücksichtigung gebietsbezogener Gesichtspunkte“ nicht fremd ist.104 Die den nationalen Vorschriften zugrunde liegenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 RL 92/43/EWG stellen zwar auf das „natürliche Verbreitungsgebiet“ der betreffenden Tierarten sowie „Pflanzen in deren Verbreitungsräumen in der Natur“ ab, allerdings befinden sich Tiere oder Pflanzen auch dann in ihrem natürlichen Lebensraum, wenn ihre Verbreitung auf ehemaligen Abbauflächen erfolgt ist. Denn von dem Begriff des natürlichen Lebensraums werden nicht nur gänzlich unberührte Landschafts- und Naturbestandteile erfasst, sondern auch durch menschliche Tätigkeit überprägte Gebiete. Insoweit kann die Argumentation zur Schutzwürdigkeit von Sekundärbiotopen entsprechend herangezogen werden.105 Dass sich der Schutz auch auf durch den Menschen veränderte Flächen erstreckt, zeigt sich außerdem an der nationalen Ausgestaltung der Zugriffsverbote in § 44 Abs. 1 BNatSchG, die nicht auf diese Begrifflichkeit zurückgreifen, sondern „wild lebende“ Tiere oder Pflanzen unabhängig davon unter Schutz stellen, wo genau sich diese aufhalten oder gewachsen sind. Der Ausschluss oder die beschränkte Anwendbarkeit des Artenschutzrechts in den Bergbaufolgelandschaften bis zum Abschluss der Wiedernutzbarmachung kann auch nicht aus § 44 Abs. 4 BNatSchG hergeleitet werden.106 Nach Satz 1 der Regelung verstößt die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung dann nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote, wenn sie der „guten fachlichen Praxis“ entspricht. Sofern durch das Europarecht geschützte Arten betroffen sind, gilt dies nur, „soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert“, § 44 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG. Bei dieser in der Sache ohnehin nicht gerechtfertigten Privilegierung der Landwirtschaft107 handelt es sich um einen eng begrenzten Ausnahmetatbestand, der auch dann nicht entsprechend herangezogen werden kann, wenn die Verfüllung dem Zweck dienen sollte, anschließend die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung auf der Fläche wieder aufzunehmen.108 Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass das Artenschutzrecht und insbesondere die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote auch bei Verfüllungen von Gruben mit mineralischen Abfällen unabhängig davon Anwendung finden, ob sie im Wege der Rekultivierung oder Wiedernutzbarmachung erfolgen. 103 Offengelassen von von Daniels/Appel, NuR 2008, 785, 693; zu diesen Argumenten vgl. H. II. 3. 104 Für einen Ausschluss oder jedenfalls eine beschränkte Anwendung des Artenschutzrechts plädieren von Daniels/Appel, NuR 2008, 785, 693. 105 Siehe dazu H. III. 2. 106 A.A. von Daniels/Appel, NuR 2008, 685, 693, die zur Begründung ihrer Ansicht auch auf die Landwirtschaftsklausel zurückgreifen. 107 Zur Kritik an der Privilegierung der Landwirtschaft im Artenschutz- und sonstigen Umweltrecht vgl. Ekardt/Heym/Seidel, ZUR 2008, 169, 172 f; zur Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft Ekardt/Hennig, NuR 2011, 95, 100 f. 108 Vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 28.01.1992, Az. 4 TH 2283/91, NVwZ-RR 1993, 13, 15; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.1994, Az. 10 B 350/94, NVwZ 1995, 308, 309; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 44 Rn. 34.

V. Zusammenfassung

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2. Zugriffsverbote Die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG lassen sich in vier Gruppen unterteilen. Danach ist es verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzten oder zu töten (Nr. 1), ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3), wild lebende Tiere der streng geschützten Arten oder der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten erheblich zu stören (Nr. 2) sowie wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 4). Ob und wenn ja welche Zugriffsverbote bei einer bodenbezogenen Verwertung mineralischer Abfälle einschlägig sind, ist eine Frage des Einzelfalls, deren Erörterung nicht verallgemeinernd erfolgen kann.

V. Zusammenfassung Die Verwertung von mineralischen Abfällen erfolgt nur dann ordnungsgemäß, wenn die Vorgaben des Naturschutzrechts eingehalten werden. Zu den maßgeblichen Anforderungen gehören die Eingriffsregelung und die Vorschriften zum Gebiets- und Artenschutz. Sie finden unabhängig von Ort und Zweck der Verwertung Anwendung. Das gilt uneingeschränkt auch für die Zulassung der Abfallverwertung im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens. Die bergrechtliche Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche ist nicht spezieller als die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht. Die Verfüllung einer Abgrabung oder eines Tagebaus ist als Eingriff zu qualifizieren, der kompensiert werden muss. Die Kompensationspflicht besteht auch, wenn die Verfüllung der bergrechtlichen Wiedernutzbarmachung dient. Nicht zugelassen werden darf eine Verwertung, wenn den Vorschriften des Gebietsschutzes oder des Artenschutzes im Einzelfall nicht entsprochen wird und die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung ausscheidet.

I. Resümee und Ausblick In Deutschland fällt jährlich eine große Menge mineralischen Materials an. Hierzu gehören Bodenmaterialien wie Bodenaushub und Baggergut, Bau- und Abbruchabfälle, beispielsweise Bauschutt, daraus hergestellte Recycling-Baustoffe sowie Aschen, Schlacken und sonstige Kraftwerksrückstände. Sie entstehen beim Abbau von natürlichen Rohstoffen, bei Baumaßnahmen für Gebäude oder Infrastrukturprojekte, bei Maßnahmen des Gewässerausbaus oder der Gewässerunterhaltung, bei der Herstellung von Produkten und der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen und kommen beispielsweise bei der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen, aber auch im Straßen- und Wege- sowie Tief- und Landschaftsbau oder bei Rekultivierungsmaßnahmen sowie der Herstellung technischer Bauwerke wieder zum Einsatz. Mit den vorgenannten Tätigkeiten sind vielfältige Umweltauswirkungen verbunden. Menschliche Handlungen, mit denen der Anfall des mineralischen Materials verbunden ist, führen nicht nur dazu, dass endliche Ressourcen in der Form von natürlichen Rohstoffen verbraucht werden. Sie können ebenso wie der spätere Einsatz dieser Stoffe negative Auswirkungen auf die Umweltmedien Boden und Wasser, aber auch darüber hinausgehende Folgen, beispielsweise für das Klima, haben. Für die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Verwendung von mineralischen Materialien ist entscheidend, ob es sich bei den Stoffen um Abfall handelt. Denn nur dann findet das Kreislaufwirtschaftsgesetz über § 2 Abs. 1 KrWG Anwendung, sofern eine Anwendung nicht nach § 2 Abs. 2 KrWG ausgeschlossen ist. In dieser Vorschrift werden einige Stoffe und Gegenstände, teilweise nur in bestimmten Fallkonstellationen, vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Für die vorliegende Arbeit relevant sind die Tatbestände des § 2 Abs. 2 Nr. 7, Nr. 9, Nr. 10, Nr. 11 und Nr. 12 KrWG. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 KrWG gilt das Gesetz nicht für „Abfälle, die unmittelbar beim Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten sowie bei der damit zusammenhängenden Lagerung von Bodenschätzen in Betrieben anfallen, die der Bergaufsicht unterstehen“ und die „in einer Abfallentsorgungseinrichtung unter Bergaufsicht entsorgt werden“. Hiervon erfasst werden lediglich bergbautypische Abfälle, beispielsweise Abraummassen, Bergematerial, sogenannte Grob- und Waschberge, Bohrschlämme und sonstiges Material für Halden, die in einer über den bergrechtlichen Betriebsplan hergestellten Unmittelbarkeitsbeziehung mit den vorgenannten bergbaulichen Tätigkeiten stehen und überdies unter der Bergaufsicht in einer eigens dafür vorgesehenen Einrichtung entsorgt werden. Nicht in den Anwendungsbereich des Abfall-, sondern den des spezielleren Wasserrechts, fallen gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG „Stoffe, sobald sie in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden“. Ausgenommen sind überdies nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 KrWG „Böden am Ursprungsort [. . . ], einschließlich nicht ausgehobener, kontaminierter Böden und Bauwerken, die dauerhaft mit dem Grund und Boden verbunden sind“. Die Regelung dient der Umsetzung des Art. 2 Abs. 1 lit. b) AbfRRL 2008/98/EG, welcher wegen der unverändert gebliebenen Abfalldefinition in die Richtlinie aufgenommen wurde, nachdem der Europäische Gerichtshof entschieden hatte, dass der Abfallbegriff nicht auf bewegli-

I. Resümee und Ausblick

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che Sachen beschränkt sei und aus diesem Grund auch unausgehobenes kontaminiertes Erdreich darunter fallen könne. Auf Böden in situ und mit dem Boden fest verbundene Bauwerke findet das Kreislaufwirtschaftsgesetz somit erst dann Anwendung, wenn diese von ihrer Umgebung getrennt und damit zur beweglichen Sache geworden sind. Anders ist die Rechtslage nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG bei im Zuge von Bauarbeiten ausgehobenem nicht kontaminiertem Bodenmaterial und anderen natürlichen Materialien zu beurteilen, sofern die Stoffe am Ort des Aushubs wieder für Bauzwecke verwendet werden. Die Materialien sind auch als bewegliche Sache vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen, sofern die Wiederverwendung vor Ort im vorgenannten Sinn sichergestellt ist. Ebenfalls nicht anwendbar ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 12 KrWG auf zum Zweck der Gewässerbewirtschaftung, der Gewässerunterhaltung oder des Gewässerausbaus innerhalb von Oberflächengewässern umgelagerte und nachweislich nicht gefährliche Sedimente. Sofern keine der vorgenannten Vorschriften einschlägig ist, findet das Kreislaufwirtschaftsgesetz auf die Entsorgung von Abfällen Anwendung. Die Abfalleigenschaft setzt nach § 3 Abs. 1 KrWG voraus, dass es sich bei dem mineralischen Material um einen „Stoff oder Gegenstand“ handelt, für den ein Entledigungstatbestand gegeben ist, sprich „deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“. Die beiden ersten Varianten umschreiben dabei den subjektiven Abfallbegriff, bei der letzten liegt Abfall im objektiven Sinn vor. Der Entledigungstatbestand des § 3 Abs. 2 KrWG und die Definition des Entledigungswillens in § 3 Abs. 3 KrWG knüpfen zur Ermittlung, ob Abfall im subjektiven Sinn vorliegt, an die Zweckbestimmung durch den Abfallbesitzer an, wobei im Rahmen des § 3 Abs. 3 KrWG zusätzlich auf die Verkehrsanschauung und damit objektive Kriterien zurückgegriffen wird. Danach ist ein Wille zur Entledigung hinsichtlich „solcher Stoffe und Gegenstände anzunehmen, die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung darauf gerichtet ist, oder deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt“. Anhand dieser Voraussetzungen ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob der Abfallbesitzer bei Bodenmaterial und Gesteinsmassen, Bauschutt oder Kraftwerksrückständen sowie sonstigen mineralischen Materialien den Willen hat, sich dieser zu entledigen. Hierin, und damit in der Klärung der Frage, ob es sich im Einzelfall bei mineralischen Materialien um Abfälle oder Nebenprodukte handelt, liegt eine der größten abfallrechtlichen Schwierigkeiten. Die Beantwortung dieser Abgrenzungsfrage ist mit Erlass des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einfacher geworden, weil mit § 4 KrWG eine neue Regelung in das Gesetz aufgenommen worden ist, welche die Voraussetzungen an die Qualifizierung eines Stoffs als Nebenprodukt normiert. Dem objektiven Abfallbegriff kommt seit der Verobjektivierung des subjektiven Abfallbegriffs im Rahmen der Schaffung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes nur noch eine Auffangfunktion zu. Das zeigt sich am Beispiel des Bauschutts, der unter der Rechtslage des Abfallgesetzes noch als Abfall im objektiven Sinn angesehen wurde, hinsichtlich dessen jedoch seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und nunmehr auch des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bereits ein Entledigungswille anzunehmen ist. Steht fest, dass mineralische Stoffe oder Gegenstände als Abfälle zu qualifizieren sind, weil sich der Abfallbesitzer ihrer entledigt beziehungsweise ein Wille zur Entledigung

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anzunehmen ist oder eine Entledigungspflicht besteht, müssen sie entsorgt werden. Das wirft die Frage auf, ob eine konkret geplante Entsorgungsmaßnahme eine solche der Abfallverwertung oder der Abfallbeseitigung ist. Die Abgrenzung der Verwertung von der Beseitigung, insbesondere bei der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen, war eine der wesentlichen Streitfragen unter der Rechtslage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die anhand der Definition der stofflichen Verwertung in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG zu beantworten war. Eine stoffliche Verwertung beinhaltet danach „die Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke“ und ist nur dann anzunehmen, „wenn nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen, der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials“ liegt. Hierbei ist zum einen streitig, welche Anforderungen an die Eigenschaften eines Abfalls zu stellen sind, um als stoffliche Eigenschaften zu gelten, namentlich ob hierunter auch „allgemeine“ Eigenschaften wie beispielsweise das Volumen eines Stoffs fallen. Diese Frage ist zu bejahen, weil eine Auslegung des Wortlauts des § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG unter Berücksichtigung von systematischen und teleologischen Erwägungen ergibt, dass eine Nutzung stoffspezifischer Eigenschaften gerade nicht gefordert wird. Für andere Zwecke werden Eigenschaften von Stoffen dann genutzt, wenn ein konkreter Bedarf an den nachweisbaren Wirkungen der eingesetzten Abfälle besteht. Bei einer Verwendung in und auf dem Boden ist dieser in aller Regel in den physikalischen Eigenschaften zu suchen. Die andere große Streitigkeit liegt in der Auslegung des in § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG normierten Hauptzweckkriteriums, dessen normative Funktion ebenso wie sein Inhalt höchst umstritten ist. Nach überzeugender Auffassung dient es als Abgrenzungsmerkmal zur Beseitigung und nicht als Umgehungs- oder Missbrauchsklausel und fordert inhaltlich eine Kosten-Nutzen-Betrachtung unter Außerachtlassung von ökologischen Kriterien, die jedoch das in § 1 KrW-/AbfG normierte Ziel, die natürlichen Ressourcen zu schonen, in den Blick zu nehmen hat. Angesichts der erheblichen Schwierigkeiten, Maßnahmen der Abfallverwertung von denen der -beseitigung nach § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG abzugrenzen, ist die Einführung einer Verwertungs- und Beseitigungsdefinition in den Begriffsbestimmungen des § 3 Abs. 23 und Abs. 26 KrWG uneingeschränkt zu begrüßen. Durch den unterlassenen Rückgriff auf das noch in der Vorgängerregelung enthaltene Hauptzweckkriterium zur Ermittlung einer Verwertungsmaßnahme lassen sich viele Rechtsfragen leichter beantworten oder haben sich ganz erledigt. Allerdings kann auch die Umsetzung der Abgrenzungsfrage im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht verhindern, dass es zukünftig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen rund um die Abgrenzung der Verwertungs- von den Beseitigungsmaßnahmen kommen wird. Das gilt insbesondere auch bei der Verwendung von mineralischen Abfällen in und auf dem Boden, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in der zweiten Tongrubenentscheidung festgestellt hat, dass es sich bei einer Verfüllung von Tagebauen im Regelfall um eine Maßnahme der Abfallverwertung handelt. Nach dieser Untersuchung liegt der Grund darin, dass die Zuordnung zu der einen oder anderen Entsorgungsart nach wie vor mit den starren Rechtsfolgen der Entsorgungsverantwortlichkeit verknüpft ist und die hinter der Abgrenzungsproblematik stehenden Zielkonflikte weder bei der Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie im Jahr 2008 noch der Neufassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Jahr 2012 gelöst wurden.

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Vorzugswürdig wäre gewesen, auf europäischer Ebene zur Abgrenzung nicht auf das Hauptergebnis abzustellen, sondern einen möglichst weiten Verwertungsbegriff festzuschreiben. Lediglich Maßnahmen, die sich als Missbrauch darstellen, hätten als Verwertung ausgeschlossen werden sollen. Damit wäre das angestrebte Ziel der Schonung der natürlichen Ressourcen wesentlich besser zu erreichen gewesen als durch die nunmehr auf fünf Stufen ausgebaute Abfallhierarchie, die sich bereits in der Vergangenheit als nicht besonders effektiv erwiesen hatte. Die mit einem weiten Verwertungsbegriff verbundenen Nachteile hätten auf anderer Ebene gelöst werden können. Erforderlich wären dann anspruchsvolle, möglichst europaweit geltende materielle Umweltschutzstandards sowie die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Hausmüllentsorgung gewesen. Gleichwohl bleibt zu konstatieren, dass auch eine Ausweitung des Verwertungsbegriffs nur einen begrenzten Beitrag zum besseren Ressourcenschutz leisten könnte. Das liegt daran, dass das ordnungsrechtliche Abfallrecht erst zu einem sehr späten Zeitpunkt, nämlich dem des Anfalls des Abfalls am Ende der Wertschöpfungskette, ansetzt. Hierdurch kann es keine Regelungswirkung für alle davor liegenden Maßnahmen entfalten, die den Anfall des Abfalls erst zur Folge haben. In dieser fehlenden Gesamtbetrachtung liegt ein wesentliches Problem des Ordnungsrechts, das immer nur sektorale Lösungen zum Gegenstand hat. Würde demgegenüber eine stärkere Gesamtbetrachtung eingenommen, so wäre erkennbar, dass es zu einem effektiven Ressourcenschutz anderer Instrumente bedarf. Zu nennen sind hier beispielsweise Ansätze, welche die gesamte nutzbare Menge einer Ressource in den Blick nehmen und diese durch ökonomische Instrumente wie beispielsweise einen Zertifikathandel oder Abgaben gezielt beeinflussen. Die Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden wird nicht in einem einheitlichen Verfahren zugelassen, insbesondere ist keine abfallrechtliche Planfeststellung oder -genehmigung vorgesehen. Welches Zulassungsregime einschlägig ist, richtet sich nach der Art, dem Ort und dem Zweck des Einsatzes der mineralischen Abfälle. Je nach Konstellation erfolgt eine Zulassung über eine bau- oder abgrabungsrechtliche Genehmigung oder ein bergrechtliches Betriebsplanverfahren. Werden die Stoffe bei größeren straßenbau- oder wasserrechtlichen Projekten verwendet, kommt auch eine Zulassung im straßen- oder wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren in Betracht. Für die Entscheidung zuständig ist die jeweilige Fachbehörde. Das sind in aller Regel Behörden, die einerseits weder besonderes Fachwissen in Bezug auf die Umweltmedien Wasser und Boden besitzen, noch ist von ihnen andererseits Engagement in Bezug auf den Schutz der Umwelt zu erwarten, da ihre Interessen tendenziell auf die Verwirklichung des beantragten Projekts gerichtet sind. An diesen Grundsätzen wird durch die Einführung der Ersatzbaustoffverordnung und der Ergänzung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sowie der Grundwasserverordnung nichts geändert. Diese enthalten im Wesentlichen materielle Vorgaben, sofern auch Vorschriften über das durchzuführende Verfahren enthalten sind, regeln diese nur, unter welchen Voraussetzungen die Verpflichtung zur Durchführung eines – gegebenenfalls auch weiteren – Zulassungsverfahrens für eine bestimmte Tätigkeit entfällt. Insoweit bleibt festzuhalten, dass über die Zulässigkeit einer Auf- und Einbringung von mineralischen Abfällen in und auf dem Boden auch zukünftig eine Behörde entscheidet, die an der Einhaltung der materiellen Umweltstandards zum Schutz des Wassers und Bodens bestenfalls am Rande interessiert sein dürfte. Verbesserungen in Bezug auf die bestehenden Vollzugsdefizite sind aus diesem Grund nicht zu erwarten.

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In materiell-rechtlicher Hinsicht hat die Verwertung von mineralischen Abfällen nach § 7 Abs. 3 KrWG „ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen“. Der Begriff der Ordnungsgemäßheit ist mit dem der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit gleichzusetzen, sprich die Maßnahme darf weder gegen Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen. Namentlich sind die Vorgaben des Bodenschutz-, Wasser- und Naturschutzrechts einzuhalten, deren uneingeschränkte Geltung mittlerweile erfreulicherweise auch in der Rechtsprechung überwiegend anerkannt wird. Das gilt ausdrücklich auch für die dem Bergrecht unterliegenden Verfüllungen, womit ein weiterer Schritt in Richtung der Abkehr von der umweltrechtlichen Sonderrolle des Bergbaus getan sein dürfte. Dem Tatbestandsmerkmal der Schadlosigkeit wird mit dem Inkrafttreten der Mantelverordnung nur noch eine überschaubare Bedeutung zukommen, weil die hierüber zu schützenden Belange mit der Änderung der BundesBodenschutz- und Altlastenverordnung und der Grundwasserverordnung sowie der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung im Vergleich zur vormaligen Rechtslage, die keine verbindlichen Vorgaben vorsah, eine weitaus größere Konkretisierung erfahren haben und nunmehr bereits über das Tatbestandsmerkmal der Ordnungsgemäßheit abgeprüft werden. Zuvor hatten eine große Rechtsunsicherheit und beachtliche regionale Unterschiede in Bezug auf die inhaltliche Ausfüllung und die behördliche Umsetzung insbesondere der wasser- und bodenschutzrechtlichen Anforderungen bestanden. Dass der mengenmäßig größte deutsche Abfallstrom nunmehr erstmals eigenständigen untergesetzlichen Regelungen unterworfen wird, ist daher als positiv zu bewerten. Der mit dem Erlass beziehungsweise der Änderung der vorgenannten Verordnungen bezweckte Gewinn an Rechtssicherheit ist zu erwarten, weil an deren Bestimmungen nicht nur die Behörden, sondern auch alle Gerichte gebunden sind. Aus dem Abfallrecht wieder entlassen werden können die mineralischen Abfälle erst nach Entfallen der Abfalleigenschaft. Zur Ermittlung dieses Zeitpunkts sieht § 5 Abs. 1 KrWG erstmals eine eigene Regelung vor. Danach setzt das Ende der Abfalleigenschaft voraus, dass der Stoff oder Gegenstand „ein Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird, ein Markt für ihn oder eine Nachfrage nach ihm besteht, er alle für seine jeweilige Zweckbestimmung geltenden technischen Anforderungen sowie alle Rechtsvorschriften und anwendbaren Normen für Erzeugnisse erfüllt und seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt führt“. In Bezug auf die bodenbezogene Verwertung ist für eine Beendigung der Abfalleigenschaft unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen vor allem erforderlich, dass diese die geltenden umweltrechtlichen Anforderungen einhält. Das lässt sich erst nach dem Einsatz in oder auf dem Boden ermitteln – noch nicht aus dem Abfallregime entlassen werden können die Stoffe daher nach Vorbehandlungen wie beispielsweise einer Reinigung oder Dekontamination, die lediglich der Vorbereitung der bodenbezogenen Verwendung dienen. Entsprechend ist die Rechtslage bei der Verwertung von aus mineralischen Abfällen hergestellten Ersatzbaustoffen zu beurteilen. Auch diese verlieren ihre Abfalleigenschaft erst, wenn das Verwertungsverfahren vollständig durchlaufen ist, was nicht schon mit der Herstellung der Ersatzbaustoffe, sondern erst dann der Fall ist, wenn diese zu ihrem endgültigen Zweck in einem Bauwerk unter Beachtung der maßgeblichen Rechtsvorschriften zum Einsatz kommen. Im Übrigen müssen auch hier die einschlägigen Rechtsvorschriften und Normen eingehalten und schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vermieden werden.

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Zu den einzuhaltenden Vorschriften gehören bei einer Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden in erster Linie die des Bodenschutzrechts, insbesondere des Bundes-Bodenschutzgesetzes, die über das Tatbestandsmerkmal der Ordnungsgemäßheit in § 7 Abs. 3 KrWG Anwendung finden. Das gilt auch dann, wenn die Verwertung auf der Grundlage eines bergrechtlichen Betriebsplans zugelassen wird. Weil die bergrechtlichen Vorschriften für diesen Fall Einwirkungen auf den Boden nicht regeln, ist das Bodenschutzrecht gegenüber dem Bergrecht nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG subsidiär. Der materielle Zulässigkeitsmaßstab ist den Regelungen zum vorsorgenden Bodenschutz zu entnehmen. Nach § 7 Satz 1 BBodSchG muss derjenige, „der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen läßt, [. . . ] Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen“ treffen. Aus diesem Grund ist eine bodenbezogene Verwertung mineralischer Abfälle nur zulässig, wenn nicht die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen hervorgerufen wird. Das setzt voraus, dass die Vorsorgewerte eingehalten werden und die speziellen Anforderungen an eine Auf- und Einbringung von Materialien in eine durchwurzelbare Bodenschicht nach § 7 BBodSchV-E2 beziehungsweise die unterhalb oder außerhalb einer solchen nach § 8 BBodSchV-E2 erfüllt sind. Werden die mineralischen Abfälle nicht bodenbezogen verwertet, sondern zur Herstellung eines technischen Bauwerks verwendet, richtet sich die Zulässigkeit des Einbaus unter der Voraussetzung, dass es sich um mineralische Ersatzbaustoffe handelt, nach der Ersatzbaustoffverordnung, welche die Anforderungen des vorsorgenden Bodenschutzes für die Herstellung technischer Bauwerke auf der Ermächtigungsgrundlage des § 6 BBodSchG umsetzt. Dabei ist fraglich, ob die Umsetzung der Vorgaben aus dem Abfall-, Bodenschutz- und Wasserrecht in den verschiedenen Regelwerken geglückt ist. Denn durch die Aufteilung entstehen wiederum nicht einfach zu beantwortende Unterscheidungs- und Abgrenzungsfragen, die Zweifel an der Erreichung der erwünschten Rechtsvereinfachung aufkommen lassen. Auch wenn der Verordnungsgeber zum Teil Verknüpfungen zwischen den einzelnen Rechtsbereichen geschaffen hat, können diese das angestrebte Ziel der Harmonisierung nicht erreichen, wie sich beispielsweise an § 6 Abs. 7 BBodSchV-E2 und § 21 Abs. 1 ErsatzbaustoffV-E2 zeigt, die von der Verordnungsermächtigung nicht gedeckt sind. Von daher ist die von Anfang an gegen die Mantelverordnung vorgebrachte Kritik nicht ganz von der Hand zu weisen, gilt doch, dass sich die angesprochenen Abgrenzungsprobleme auf anderem Wege hätten vermeiden lassen. Zu denken ist etwa an die Schaffung einer neuen Verordnung, die lediglich Qualitätsanforderungen für die Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen festschreibt, deren Einsatz in und auf dem Boden aber Regelungen der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung überlässt. In inhaltlicher Hinsicht jedenfalls ist die Unterscheidung zwischen der bodenbezogenen Verwertung und der Herstellung technischer Bauwerke aus mineralischen Ersatzbaustoffen nicht zwingend, da es für den Schutz des Bodens – und auch des Grundwassers – irrelevant ist, in welcher Form mineralische Abfälle verwertet werden. Neben den bodenschutzrechtlichen Vorschriften finden bei einer Verwertung mineralischer Abfälle, wiederum unabhängig davon, auf welcher rechtlichen Grundlage die Maßnahme zugelassen wird, auch die des vorsorgenden Gewässerschutzes Anwendung. Nach § 48 WHG dürfen Stoffe nur so verwertet werden, „dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist“. Welche Anforderungen hierfür er-

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füllt sein müssen, bestimmt sich danach, ob eine echte oder unechte Gewässerbenutzung vorliegt. Obwohl der gesetzlich vorgegebene Schutzstandard für beide Arten der Gewässerbenutzung gleich ist, lassen sich die materiellen Anforderungen nur im erstgenannten Fall § 13a GrwV-E2 entnehmen. Danach besteht die Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit dann nicht, wenn die Prüfwerte der Anlage 9 der GrwV-E2 eingehalten werden. An der Ausgestaltung der Geringfügigkeitsschwellen als Prüfwert ist zu kritisieren, dass diese nicht das Vorliegen einer Besorgnis, sondern das Nichtvorliegen einer Besorgnis regeln, sprich mit einer Überschreitung der Werte nicht zwingend die Rechtsfolge verbunden ist, dass eine Erlaubnis nicht erteilt werden darf. Im Übrigen gerät hierdurch nur die einzelne Maßnahme in den Blick, wodurch ein wirksamer Grundwasserschutz, der vielmehr absoluter Mengenoberbegrenzungen bedarf, nicht zu erreichen sein wird. Keine Regelung findet sich in der Grundwasserverordnung überdies für unechte Gewässerbenutzungen. Bei diesen ist für die materiellen Vorgaben zum Schutz des Grundwassers danach zu unterscheiden, ob die mineralischen Abfälle bodenbezogen verwertet oder in ein technisches Bauwerk eingebaut werden. Die maßgeblichen Vorgaben lassen sich im erstgenannten Fall der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und im letztgenannten Fall der Ersatzbaustoffverordnung entnehmen. Nicht zuletzt richtet sich die Ordnungsgemäßheit und damit die Zulässigkeit einer Verwertung mineralischer Abfälle nach den Vorschriften des Naturschutzrechts. Das heißt, dass neben der Einhaltung der Vorgaben zum Gebiets- und Artenschutz der naturschutzrechtliche Eingriff auszugleichen ist – auch dann, wenn die Zulassung des Eingriffs in einem bergrechtlichen Betriebsplanverfahren erfolgt. Die naturschutzrechtliche Kompensationspflicht wird durch die bergrechtliche Pflicht zur Wiedernutzbarmachung nicht verdrängt, vielmehr sind beide Regelungen nebeneinander anwendbar. Auch wird der Eingriff durch die Wiedernutzbarmachung nicht per se kompensiert, richtigerweise kann sogar in einer im Wege der Wiedernutzbarmachung vorgenommenen Verfüllung ein neuerlicher Eingriff liegen, den es wiederum auszugleichen oder zu ersetzen gilt. Auch die Vorschriften zum Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft finden uneingeschränkt Anwendung. Relevanz erlangt der Gebietsschutz insbesondere bei der Verfüllung ehemaliger Tagebauflächen, in deren Bereichen sich über die Jahre oft gesetzlich über § 30 BNatSchG geschützte Sekundärbiotope mit seltenen Tier- und Pflanzenarten gebildet haben. Auch die Vorschriften des besonderen Artenschutzes werden durch die bergrechtliche Pflicht zur Wiedernutzbarmachung nicht verdrängt, sondern finden ohne Einschränkung auch im Bereich von Bergbaufolgelandschaften Anwendung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der rechtliche Rahmen bei der Verwertung mineralischer Abfälle in und auf dem Boden in den letzten Jahren weiterentwickelt hat und in Bezug auf den Boden- und Grundwasserschutz einige positive Tendenzen zu verzeichnen sind. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die wegweisende zweite Tongrubenentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, welche zutreffend die uneingeschränkte Anwendbarkeit beider Rechtsbereiche auch bei der Verfüllung von dem Bergrecht unterliegenden Tagebauen höchstrichterlich festgestellt hat. Durch diese sowie die nachfolgend ergangene untergerichtliche Rechtsprechung und die gesetzlichen beziehungsweise verordnungsrechtlichen Änderungen konnten einige wesentliche Streitfragen geklärt werden, wodurch ein höheres Maß an Rechtssicherheit erreicht wird. Die neuen verordnungsrechtlichen Regelungen führen überdies zu Verbesserungen beim Schutz des

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Bodens und des Grundwassers. Doch auch diese Aspekte können nicht darüber hinweghelfen, dass es bei den grundsätzlich bestehenden Problemen des ordnungsrechtlichen Instrumentariums verbleibt, weil immer nur die einzelne Maßnahme in den Blick genommen wird und die nötige Gesamtbetrachtung ausbleibt. Aus diesem Grund ist das am Ende der Wertschöpfungskette ansetzende Abfallrecht auch nur bedingt geeignet, zur Verwirklichung eines effektiven Ressourcenschutzes beizutragen.

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Sachwortverzeichnis Abfall – Abfallart, 83, 85 – Abfallentsorgung, 83–84 – Abfallgruppe, 50–51 – Definition, 49 – Ende der Abfalleigenschaft, 168–181 – Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, 173–174 – Durchlaufen eines Verwertungsverfahrens, 169–171 – Markt oder Nachfrage, 171–172 – technische und rechtliche Anforderungen, 172–173 – Verwendung für bestimmte Zwecke, 171 – Hausmüllentsorgung, 148–152 – objektiver Abfallbegriff, 69–74 – Entledigungspflicht, 71–72 – Gefährdungspotential, 70–71 – Wegfall der Zweckbestimmung, 69–70 – Stoffe und Gegenstände, 49–50 – subjektiver Abfallbegriff, 52–69 – Entledigung, 52–54 – Entledigungswille, 54–62 – Handlungsabfälle, 58–59 – Produktabfälle, 59–60 – Produktionsabfälle, 55–58 – Verkehrsanschauung, 60–62 Abfälle, mineralische – Anfall, 26–27 – Auswirkungen des Anfalls, 30–31 – Auswirkungen des Einsatzes, 31–32 – Bau- und Abbruchabfälle, 13, 17, 19–20, 26–29, 75, 145, 168, 177, 178 – Begriff, 17 – Einsatz, 27–28 – Ende der Abfalleigenschaft, 174–179 – Entledigungspflicht, 72–75 – Entledigungswille, 62–69 – materielle Anforderungen an die Verwertung, 156–168 – Verwendungsarten, 38–47 – Zusammensetzung, 28–29

Abfallbesitzer, 52–54, 59, 60, 72, 74, 86, 91, 111, 113, 118–121, 137, 150, 291 Abfallerzeuger, 54, 59, 60, 86, 91, 111, 113, 119–121, 150 Abfallverwertung – Abgrenzung von der Abfallbeseitigung, 82–152 – Abgrenzungskriterien, 87–92 – Hauptzweckklausel, 108–135 – nach dem KrW-/AbfG, 86–135 – nach dem KrWG, 135–152 – Nutzung des Abfalls, 96–98 – Nutzung für andere Zwecke, 103–107 – Rechtsprechungsübersicht, 84–85 – Relevanz der Unterscheidung, 85–86 – stoffliche Eigenschaften, 99–103 – Substitution von Rohstoffen, 94–96, 237 – Begriff, 21–22 – Kontext zu anderen Umweltproblemen, 15 – materielle Anforderungen, 152–168 – Ordnungsgemäßheit, 153–154 – Schadlosigkeit, 154–156 Abfallverzeichnis-Verordnung, 51, 75, 223 Abgrabung, 13, 23, 25, 27, 37, 38, 41, 42, 46, 83, 84, 105–107, 112, 135, 138, 143, 169, 174, 191, 197, 203, 205, 206, 212, 214, 215, 220, 227, 246, 247, 249, 265, 269, 271, 274, 276, 277, 280, 282, 285, 289, 290, 292 Allgemeine Bundesbergverordnung, 43 Artenschutz, naturschutzrechtlicher – Anwendbarkeit bei der Wiedernutzbarmachung, 287–288 – Zugriffsverbote, 289 Auf- und Einbringen – Begriff, 22–23 – bodenbezogene Verwertung, 23 – Herstellung technischer Bauwerke, 22–23 Baggergut, 13, 17–19, 26–30, 62–65, 82, 216–220, 226, 232, 233, 238 Bauwerk, technisches, 22, 27, 157, 168, 197, 201, 210, 215, 225, 227–229, 231, 236, 239, 247, 249, 260, 264, 266, 296

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Sachwortverzeichnis

Bergversatz, 13, 25, 85, 135, 230 Besorgnisgrundsatz – bodenschutzrechtlicher, 197–199 – wasserrechtlicher, 255–256 Boden – Begriff, 16 Bodenaushub, 13, 17–19, 28, 30, 62–65, 72–73, 174–177 Bodenmaterial, 13, 17–19, 26, 28, 62–65, 72–73, 80, 81, 174–177, 201, 208, 211, 212, 216–222, 226, 232–235, 238, 274–276 Bodenschicht, durchwurzelbare, 157, 200, 208–216, 218–224, 228, 229, 239, 295 Bodenschutz, vorsorgender – bodenbezogene Verwertung, 196–197, 202–224 – Auf- und Einbringungsverbote, 213 – Begriff, 23 – Einsatzmaterialien, 211–212, 216–218, 220–221 – Einsatzmöglichkeiten, 215–216, 220 – Einsatzort, 214–215, 219–220 – Einsatzvoraussetzungen, 218–219, 221–223 – Genehmigungsvorbehalt, 224 – Untersuchungspflichten, 213 – Verbot technischer Vorkehrungen, 210–211 – Verfüllgrundstück, 204–207 – Verfüllmaterial, 207–208 – Verfülltiefe, 208–210 – Verhinderung erheblicher Schadstoffanreicherungen, 211 – Grundsätze, 197–202 – allgemeine Vorsorgeanforderungen, 197–199 – besondere Vorsorgeanforderungen, 199–201 – Umsetzung der Vorsorgeanforderungen, 201–202 – Herstellung technischer Bauwerke, 197, 224–238 – bodenschutzrechtliche Anforderungen, 230–231 – Zulässigkeitsvoraussetzungen, 231–237 Bodenveränderungen, schädliche – Anwendbarkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes, 182, 183 – Begriff, 183 – Besorgnis, 203, 211, 218, 222, 225, 230, 231, 238, 260

– Erfassung durch das Bergrecht, 192, 194, 195 – Verhältnis zu Einwirkungen, 184 – Vorsorgeanforderungen, 196–203 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung – Ermächtigungsgrundlage für Vorsorgeanforderungen, 199–200 – Umsetzung der Ermächtigung, 200 Bundes-Bodenschutzgesetz – Anwendbarkeit, 182–196 – Verhältnis – zum Abfallrecht, 182 – zum Bergrecht, 182–196 – vorsorgender Bodenschutz, 196–238 Bundesnaturschutzgesetz – Anwendbarkeit, 267 – Artenschutz, 287–289 – Eingriffsregelung, 267–280 – Gebietsschutz, 280–287 Deponierung, 13, 25, 83, 98, 139, 140, 223, 229 Eingriffsregelung, naturschutzrechtliche – Eingriff durch Verfüllung, 276–280 – Kompensationspflicht, 274–276 – Verhältnis zur Wiedernutzbarmachung, 268–273 – Normenkollision, 268–270 – Rangverhältnis, 270–273 Erdaushub, 18–19, 28, 30, 72–73, 174–177 Ersatzbaustoffe, mineralische – Begriff, 225–226 – Einbau, 226 – Einsatzmöglichkeiten, 235–237 – Gemische, 237 – Herstellen und Inverkehrbringen, 232–235 Ersatzbaustoffverordnung – Anwendungsbereich – Ausnahmen, 227–230 – Einbau, 226 – mineralische Ersatzbaustoffe, 225–226 – persönlicher, 230 – sachlicher, 225–227 – technisches Bauwerk, 227 – grundsätzliche Anforderungen, 230–231 – Zulässigkeitsvoraussetzungen, 231–237 – Beschränkung auf das erforderliche Maß, 237 – Einbau von Gemischen, 237 – Einsatzmöglichkeiten, 235–237 – Klassierung und Dokumentation, 235

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– stoffliche Anforderungen, 232–234 – Überwachung, 234–235

– Schmelzkammergranulat, 17, 20, 29, 66, 67, 179, 226 – Steinkohlenflugasche, 17, 20–21, 29, 66, 67, 84, 98, 226 Gebietsschutz, naturschutzrechtlicher Kreislaufwirtschaftsgesetz – Biotope, 282–284 – Abgrenzung der Abfallverwertung von der – europäische Schutzgebiete, 284–287 Beseitigung, 137–138 – nationale Schutzgebiete, 281–282 – Kritik, 138–139 Geringfügigkeitsschwellenkonzept, 256–258 – vorzugswürdige Lösung, 139–152 Grundwasserschutz, vorsorgender – Ausnahmen vom Geltungsbereich, 75–82 – Erlaubniserteilung, 253–265 – bergbauliche Abfälle, 75–79 – Ausschluss der Besorgnis, 254–261 – Böden am Ursprungsort, 80–81 – Besorgnis, 254 – Bodenmaterial, 81 – Stoffe in Gewässern, 79–80 – nachteilige Veränderung der Grundwasser– Umlagerung von Sedimenten, 81–82 beschaffenheit, 253 – Verhältnis – Erlaubnispflicht – zum Bodenschutzrecht, 182 – Ausnahmen, 249–253 – zum Naturschutzrecht, 267 – Voraussetzungen, 243–249 – zum Wasserrecht, 240–241 Grundwasserverordnung – Ziele der Novellierung, 136 – Änderung, 256–260 – Ermächtigungsgrundlage, 257 LAGA M 20 – Bindungswirkung, 166–167 Hauptzweckklausel – Einführung als Verwaltungsvorschrift, – Charakter der Vorschrift, 108–111 159–160 – Abgrenzungsmerkmal zur Beseitigung, – Rechtsnatur, 158–159 108–110 – Auslegungshilfe, 110 Primärrohstoffe, mineralische, 227 – Umgehungs- und Missbrauchsklausel, 110–111 Recycling-Baustoffe, 17, 19–20, 28, 177, 226 – Europarechtskonformität, 112 Rekultivierung, 14, 27, 28, 84, 98, 104, 215– 217, 270–272, 274–276, 283–286, 288, – Hauptzweck, 112–135 290 – Abgrenzung zum Nebenzweck, 114 Ressourcenschonung, 95, 101, 107, 125–127, – Beseitigung des Schadstoffpotentials, 140, 144 130–134 – Instrumente, 34–36 – Maßnahmenbezug, 113 – Verunreinigungen, 127–130 – wirtschaftliche Betrachtungsweise, 114–127 Herstellung technischer Bauwerke – Begriff, 22–23

Tagebau, 13, 15, 23, 25, 27, 37, 38, 44, 45, 75, 77, 83, 84, 92, 98, 106–108, 112, 135, 143, 166, 169, 188, 190–192, 194, 195, 197, 210, 215, 221, 227, 229, 247, 249, 267, 274–276, 278–280, 282–290, 292, 296

Klärschlamm, 28, 64, 143, 154, 168, 173, 175, 176 Klärschlammverordnung, 168, 173, 216 Kraftwerksrückstände, 13, 17, 20–21, 27, 29, 31, 65–67, 74 – Hochofenschlacke, 20, 27, 66 – REA-Gips, 17, 20, 21, 29, 65–67, 84, 98

Umweltrecht – Abfallrecht, 37, 49–181 – Begriff, 23–24 – Bodenschutzrecht, 37, 182–239 – Naturschutzrecht, 37, 267–289 – Wasserrecht, 37, 240–266 Untersuchungsgegenstand, 24–25

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Versatzverordnung, 25, 135 Wasserhaushaltsgesetz – Anwendbarkeit, 240–242 – Verhältnis – zum Abfallrecht, 240–241 – zum Bergrecht, 241–242 – zum Bodenschutzrecht, 241 – vorsorgender Grundwasserschutz, 242–265 – Ablagerung von Stoffen, 246–247 – Eignung, 249 – Einbringung von Stoffen, 244–245 – Grundwasser, 244 – Grundwasserbeschaffenheit, 247–248 – nachteilige Veränderung, 248

Wiedernutzbarmachung, 38, 44, 63, 76, 77, 93, 102, 104, 105, 108, 135, 185–187, 191, 195, 215, 217, 229, 242, 267–273, 276, 278–280, 283–289, 296 Wohl der Allgemeinheit, 69–73, 75, 116, 131, 155, 156, 166, 176, 179, 248 Zulassung – Abfallrecht, 38–39 – Abgrabungsrecht, 42–43 – Baurecht, 40–42 – Bergrecht, 43–45 – Immissionsschutzrecht, 39–40 – Straßenrecht, 45–46 – Wasserrecht, 46–47