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German Pages 500 [704] Year 2020
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Joachim Hennrichs (Hrsg.) Umstrukturierung und Steuerrecht
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Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. DStJG Band 43
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Umstrukturierung und Steuerrecht 44. Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. Hamburg, 23. und 24. September 2019 Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. von
Prof. Dr. Joachim Hennrichs Universität zu Köln 2020
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Zitierempfehlung Verf. in DStJG 43 (2020), S. ...
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-62045-5 ©2020 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
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Inhalt Ausführliche Inhaltsübersichten jeweils zu Beginn der Beiträge. Seite
Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Vorsitzender der DStJG, München/Düsseldorf Umstrukturierungen im Steuerrecht – Eröffnung der Jahrestagung
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I. Zum Tagungsort und zum Steuerstandort Hamburg . . . . . . . . .
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II. Umwandlungen und andere Umstrukturierungen im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
III. Rechtsprinzipien für Umstrukturierungen im Steuerrecht . . . .
7
Dr. Dirk Pohl, Rechtsanwalt/Steuerberater, München Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
II. Überblick zum Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Umstrukturierungen als „Projekt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
IV. Ausgewählte Praxisfälle zu Anlässen für Umstrukturierungen
25
V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Prof. Dr. iur. Gerhard Kraft, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Ökonomische Grundlagen von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . .
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I. Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
II. Konstruktionselemente eines ökonomischen Umstrukturierungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
III. Umstrukturierungsmotive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Defizite („fallacies“) der ökonomischen Theorie im Hinblick auf die Erklärung von Unternehmensumstrukturierungen . . .
49
V. Ökonomische Erklärungsansätze für Umstrukturierungen . . .
52
VI. Umstrukturierungs-Performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Prof. Dr. Marc Desens, Universität Leipzig Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ertragsteuerrechtliche Grundprinzipien von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . .
73
I. Steuerneutraler Übergang von stillen Reserven als Grundanliegen aller steuerrechtlichen Umstrukturierungstatbestände . . . .
74
II. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . . .
80
III. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am freiheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Verhaltenswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Thesenhafte Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Prof. Dr. iur. Joachim Hennrichs, Universität zu Köln Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Kernthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 II. Unternehmensrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. Steuerrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Bedingungen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 V. Ausgewählte Einzelaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 VI. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Michael Wendt, Vorsitzender Richter am BFH, München Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . 199 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II. Umstrukturierungen durch unentgeltliche Vermögenstransfers
203
III. Umstrukturierungen durch entgeltliche Vermögenstransfers . . 238 IV. Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . 258
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V. Umwandlung in eine andere Personengesellschaft . . . . . . . . . . . 277 VI. Gewerbesteuerliche Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 VII. Zusammenfassung und Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Prof. Dr. Andreas Herlinghaus, Richter am BFH, München Umstrukturierungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . 283 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 II. Verschmelzung/Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft (§§ 11 ff. UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 III. Ab- und Aufspaltungen (§ 15 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 IV. Einbringungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Dr. Stefanie Beinert, LL.M. Rechtsanwältin/Steuerberaterin, Frankfurt/M. Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 I. Umwandlung von Personen- in Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . 318 II. Umwandlung von Kapital- in Personengesellschaft . . . . . . . . . . 344 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 PD Dr. Erik Röder, Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München Umstrukturierung und Verlustnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 II. Verlustnutzung im Spannungsfeld von tatsächlicher Kontinuität des Unternehmens und rechtlicher Kontinuität des Unternehmensträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 III. Kritik an der lex lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
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Cornelius Link, Berlin Umstrukturierung und Missbrauchsabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 II. Das Konkurrenzverhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 III. Gesamtplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 IV. Sperrfristregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, LL.M. Privatdozentin, Wien Verlustnutzung und Missbrauchsabwehr bei Umgründungen aus österreichischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 I. Deutsches Umwandlungssteuergesetz vs. österreichisches Umgründungssteuergesetz: eine Standortbestimmung . . . . . . . . 422 II. Verlustnutzung bei Umgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 III. Missbrauchsabwehr bei Umgründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 IV. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . 509 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Prof. Dr. Matthias Loose, Richter am BFH, München Umstrukturierung und Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 II. Steuerbare Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 III. Nichtsteuerbare – formwechselnde – Umwandlungen . . . . . . . . 529 IV. Steuerbefreiung von Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . 530 V. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 Dr. Achim Dannecker, Rechtsanwalt, Steuerberater, Stuttgart Verfahrensrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen – Voraussetzungen und steuerrechtliche Absicherung . . . . . . . . . . . . . 535 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 II. Hinweise zum Verfahrensrecht bei Umwandlungen . . . . . . . . . . 536 III. Verbindliche Auskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 IV. Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
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V. Verbindliche Auskunft und Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 VI. Zusammenfassung und steuerpolitische Anliegen . . . . . . . . . . . . 553 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Unternehmen zwischen deutschem, internationalem und Europäischem Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 II. Verlagerung von Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 III. Wegzug von Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 IV. Grenzüberschreitende Einbringung von Betriebsvermögen . . . . 609 V. Grenzüberschreitender Anteilstausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 VI. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 Andreas Benecke, Bundesministerium der Finanzen, Berlin Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug . . . . . . . . . . . . 623 I. Einführung in das Thema und Fokussierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 II. Überlegungen zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr de lege ferenda: Gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 III. Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 644 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Universität zu Köln Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 I. Umwandlungssteuerrecht – ein Thema auch für die DStJG! . . . 663 II. Anregende Vorträge spannen einen breiten Bogen . . . . . . . . . . . . 664 III. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670
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Prof. Dr. Joachim Englisch, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Laudatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 679
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Umstrukturierungen im Steuerrecht – Eröffnung der Jahrestagung Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen Vorsitzender der DStJG München/Düsseldorf
I. Zum Tagungsort und zum Steuerstandort Hamburg
III. Rechtsprinzipien für Umstrukturierungen im Steuerrecht
II. Umwandlungen und andere Umstrukturierungen im Steuerrecht
I. Zum Tagungsort und zum Steuerstandort Hamburg Die 44. Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft (DStJG) findet auf Einladung der Universität Hamburg anlässlich ihres 100. Geburtstages an diesem Ort statt. Bereits im Jahre 2001 hat die Gesellschaft ihre Jahrestagung zum Thema „Perspektiven der Unternehmensbesteuerung“1 in Hamburg ausgerichtet. Seinerzeit tagten wir – alle noch sichtlich geschockt von den Anschlägen des 11. Septembers – in der Patriotischen Gesellschaft. Die Freie und Hansestadt Hamburg war bislang ein anerkanntes Zentrum für die wissenschaftliche Pflege des Finanz- und Steuerrechts in Deutschland. Die Universität Hamburg stand mit ihrem von Prof. Dr. Gerrit Frotscher und Prof. Dr. Jürgen Lüdicke begründeten Interdisziplinären Zentrum für Internationales Finanz- und Steuerwesen in Forschung und Lehre2 weithin sichtbar für das Internationale Steuerrecht. Die jährliche um den Nikolaustag stattfindende „Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung“ und der Postgraduiertenstudiengang „Master of International Taxation“ sind gleich zwei langjährig erfolgreiche Leuchtturmprojekte der Hamburger Universität. Daneben steht seit einigen Jahren an der privaten Bucerius Law School, an der parallel die diesjährige Zivil1 Seeger, DStJG 25 (2002). 2 Daneben hat sich Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M. als Juniorprofessor für Öffentliches Recht, Steuer- und Finanzrecht über Jahre überobligatorisch eingebracht, um Lehre und Forschung im Steuerrecht an der Universität Hamburg auch unter geänderten Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten.
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Drüen – Umstrukturierungen im Steuerrecht – Tagungseröffnung
rechtslehrertagung stattfindet, Frau Kollegin Prof. Dr. Birgit Weitemeyer prominent für das Gemeinnützigkeitsrecht und das Recht der Non-ProfitOrganisationen. Herr Kollege Prof. Dr. Ulrich Hufeld vertritt ebenfalls seit Jahren in Hamburg das Steuerrecht an der Helmut-Schmidt-Universität und hat mit seiner verfassungsrechtlichen Expertise jüngst mehrere rechtspolitische Steuerrechtsänderungsvorhaben begleitet; er wird morgen die Tagungsleitung übernehmen. Insgesamt erscheint Hamburg darum als idealer Tagungsort für das Steuerrecht und die DStJG. Das Universitätsjubiläum war folglich für den Vorstand der DStJG ein willkommener Anlass, schon vor einiger Zeit zu beschließen, die diesjährige Tagung wieder in Hamburg als dem Tor Deutschlands zur Welt auszutragen. Allerdings mussten wir uns kritischen Nachfragen stellen, nachdem die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg die Umwidmung des Lehrstuhls für Finanzund Steuerrecht beschlossen hat und der Abbau der steuerjuristischen Kapazitäten bis hin zur Einstellung des steuerjuristischen Schwerpunktbereichs im Raume stand. Der Präsident des BFH und stellvertretende Vorsitzende der DStJG, Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff, und ich haben für den Vorstand mehrfach auf die gesellschaftliche und juristische Relevanz des Steuerrechts hingewiesen und für eine Fortsetzung der steuerjuristischen Aktivitäten in Forschung und Lehre geworben. Unter Achtung der Autonomie der hiesigen Fakultät haben wir in mehreren Schreiben an den Präses der Finanzbehörde die lokalen Anstrengungen zur Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit des Interdisziplinären Zentrums für Internationales Finanz- und Steuerwesen zu unterstützen versucht. Die kritische Nachfrage, ob nicht die Absage oder Verlegung der Tagung die adäquate Antwort auf die Neuausrichtung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg wäre, haben wir uns im Vorstand gestellt und mehrheitlich am geplanten Ort festgehalten. Wir sehen dies auch als Zeichen dafür, dass es trotz bedenklicher Entwicklungen in Norddeutschland3 zu früh wäre, das akademische Steuerrecht in Hamburg abzuschreiben. Mit Freude haben wir neuere Lösungsansätze zur Fortführung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre im Steuerrecht an der Universität Hamburg zur Kenntnis genommen. Wir hoffen, dass sie tragen werden. Insoweit ist unser beharrliches Festhalten an Bewährtem und der einmal getroffenen Entscheidung zugleich Ausdruck der Hoffnung, dass der wissenschaftliche Finanz- und Steuerstandort in Hamburg auch für 3 Jüngst Keß/Ossinger, Der Niedergang des Steuerrechts im Norden, NJW-aktuell 36/2019, 21.
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Drüen – Umstrukturierungen im Steuerrecht – Tagungseröffnung
die Zukunft erhalten wird. Dazu wollen wir institutionell wie inhaltlich mit dieser Tagung einen Beitrag leisten. Das lenkt den Blick auf das diesjährige Tagungsthema.
II. Umwandlungen und andere Umstrukturierungen im Steuerrecht Mit dem Unternehmenssteuerrecht, seinen Grundlagen und Perspektiven haben sich bereits mehrere Jahrestagungen unserer Gesellschaft befasst4. Das diesjährige Tagungsthema der Umstrukturierung vertieft den Ausschnitt mit der Umverteilung von Wirtschaftsgütern und der Unternehmensum- oder -reorganisation, für die es verschiedene Anlässe5 und verschiedene wirtschaftliche Gründe6, wie Gewinnerwartungen, Kostenreduktion und Prestigestreben, gibt7. Der wirtschaftliche Erfolg setzt Anpassungsfähigkeit und Wandel von Unternehmen voraus. Der Steuerstaat als Teilhabestaat partizipiert am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen8. Er greift rechtsformabhängig auf die wirtschaftliche Tätigkeit zu. Unternehmen selbst sind kein Steuersubjekt9, sondern nur ihre Rechtsträger, so dass Wandel und rechtsträgerübergreifende Veränderungen in Unternehmen immer auch steuerrelevant sein können. Umstruk4 Kruse, Die Grundprobleme der Personengesellschaft im Steuerrecht, DStJG 2 (1978); Ruppe, Gewinnrealisierung im Steuerrecht, DStJG 4 (1981); Doralt, Probleme des Steuerbilanzrechts, DStJG 14 (1991); Wassermeyer, Grundfragen der Unternehmensbesteuerung, DStJG 17 (1994); J. Lang, Unternehmensbesteuerung in EU-Staaten, DStJG 16 (1994); Widmann, Besteuerung der GmbH und ihrer Gesellschafter – Grundfragen des Körperschaftsteuerrechts, DStJG 20 (1997); Pelka, Europa- und verfassungsrechtliche Grenzen der Unternehmensbesteuerung, DStJG 23 (2000); Seeger, Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStJG 25 (2002); Sieker, Steuerrecht und Wirtschaftspolitik, DStJG 39 (2015) sowie der Sonderband Pelka, Unternehmenssteuerreform, 2001. 5 Dazu Pohl, Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe von Umstrukturierungen, in diesem Tagungsband. 6 Näher zu den ökonomischen Grundlagen Kraft, Ökonomische Grundlagen von Umstrukturierungen, in diesem Tagungsband. 7 Dazu Kraft in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG, 2. Aufl. 2019, B. Betriebswirtschaftliche Grundlagen von Unternehmenstransaktionen, Unternehmensumstrukturierungen, Unternehmenserwerb, Anteilserwerb und Unternehmensentflechtung (Desinvestition), Rz. 429 ff. 8 P. Kirchhof, Die Steuern, in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rz. 1. 9 Auch bei der rechtsformübergreifenden Gewerbesteuer ist der Gewerbebetrieb Steuergegenstand (§ 2 GewStG) und nicht Steuerschuldner (§ 5 GewStG).
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Drüen – Umstrukturierungen im Steuerrecht – Tagungseröffnung
turierungen können im Viel-Steuerstaat vielfältige Steuerfolgen auslösen. Bei den Ertragsteuern sucht die Unternehmens- und Beratungspraxis10 nach Steuerneutralität11 und erstrebt Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit12 der Umstrukturierungsfolgen. Nach erfolgter Übergabe auf die nächste Generation können Umstrukturierungen die Steuerverschonungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (§§ 13a und 13b ErbStG) gefährden. Soweit Grundstücke oder Anteile an grundstücksbesitzenden Gesellschaften rechtsträgerübergreifend umstrukturiert werden, rückt die Grunderwerbsteuer direkt oder mit ihren Ergänzungstatbeständen auf dem Plan13. Der Blick auf verbreitete Konzernstrukturen mit perpetuierten Zwerganteilen ist dabei Beleg für die Erkenntnis, dass auch „kleine“ Steuern steuern und ökonomisch erwünschte Umstrukturierungen auf Dauer erschweren oder verhindern können. Selbst bei der Umsatzsteuer als allgemeiner Verbrauchsteuer werfen Umstrukturierungen verschiedene Steuerfragen auf 14. Die Vorbereitung der Abwicklung von Umstrukturierungen und die nachsorgende Steuerberatung ist darum ein klassisches Beratungsthema sowohl im laufenden Mandat als auch bei der Planung der Unternehmensnachfolge. Die Umstrukturierung von Unternehmen ist ein steuerrechtliches Querschnittsthema, das erstmals auf dieser Jahrestagung behandelt wird. Dabei wollen wir uns allgemein mit „Umstrukturierungen im Steuerrecht“ beschäftigen und damit über das Umwandlungssteuerrecht als Kernmaterie hinausgehen15. Der steuerrechtliche Rechtsrahmen für Umstrukturierungen ist entsprechend dem „weichen und offenen Begriff der Unterneh10 Zur Praxissicht zuletzt Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, 9. Aufl. 2019. 11 Aus rechtswissenschaftlicher Sicht dazu Hennrichs, Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen, in diesem Tagungsband. 12 Zur verfahrensrechtlichen Vorbereitung (insbesondere durch eine verbindliche Auskunft) und Folgen von Umstrukturierungen Dannecker, Verfahrensrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen, in diesem Tagungsband. 13 Vertiefend Loose, Umstrukturierung und Grunderwerbsteuer, in diesem Tagungsband. 14 Dazu Überblick bei Rasche, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Umstrukturierungsvorgängen, in Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Anhang 11. 15 Zu steuerneutralen Umstrukturierungen außerhalb des UmwStG zuletzt Rasche, Ertragsteuerneutrale Umwandlungen von Personenunternehmen außerhalb des UmwStG, in Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Anhang 5.
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mensumstrukturierungen“16 steuerartenspezifisch und rechtsträgerspezifisch17. Ein systematisch in sich geschlossenes Umstrukturierungssteuerrecht gibt es nicht. Als verselbständigtes Teilgebiet konzentriert allein das Umwandlungssteuergesetz auf der Grundlage des zivilrechtlichen Umwandlungsgesetzes die steuerrechtlichen Spielregeln für Umwandlungen18 wie Formwechsel, Verschmelzung, Spaltung, Aufspaltung und Abspaltung (§§ 3 ff. UmwStG) sowie diverse Einbringungsvorgänge (insbesondere §§ 20, 24 UmwStG). Das UmwStG soll die Aufdeckung stiller Reserven auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, wenn begünstigtes Vermögen zum Zwecke einer „betriebswirtschaftlich sinnvollen Unternehmensumstrukturierung“19 übertragen wird20. Nicht begünstigt sind dagegen die Übertragung nicht qualifizierten Vermögens und die Vorbereitung einer entgeltlichen Veräußerung. Übergreifend bedarf es gegenstandsbezogen der Abgrenzung des begünstigten Vermögens in Form lebensfähiger strukturierter Einheiten als Betrieb und oder Teilbetrieb (national und nach der Fusionsrichtlinie) von der bloßen Summe aus Einzelwirtschaftsgütern. Vorgangsbezogen sind begünstigte Übertragungen von steuerauslösenden Veräußerungstatbeständen abzugrenzen, wobei Zu- und Ausgleichszahlungen21 bei verschiedenen Unternehmensumstrukturierungen wegen ihrer Veräußerungsnähe die Aufdeckung stiller Reserven auslösen können22. Allgemein begrenzt das Entstri-
16 Dazu und zu Stärken wie Schwächen des Begriffs Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG, 2. Aufl. 2019, Grundlagen, Rz. 447. 17 Zu Kapitalgesellschaften Herlinghaus, Umstrukturierungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften, in diesem Tagungsband. 18 Dazu Beinert, Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt, in diesem Tagungsband. 19 Zur „Beseitigung steuerlicher Hemmnisse für betriebswirtschaftlich sinnvolle grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen“ als allgemeinem Ziel des SEStEG Gesetzesentwurf der Bundesregierung v. 25.9.2006, Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/2710, 25. 20 Für eine teleologische Relevanz dieses legislatorischen Ziels Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 44, Note 128. 21 Zuletzt die Begrenzung des Werts sonstiger Gegenleistungen nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 UmwStG als Reaktion auf den sog. Porsche-Fall (näher Rabback in Rödder/Herlinghaus/v. Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 21 UmwStG Rz. 38, 98 ff., mit Kritik in Rz. 101). 22 Zum gewinnrealisierenden Wertausgleich bei der Realteilung näher Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 548 ff.
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ckungsprinzip zum Schutze des deutschen Steuersubstrats negativ die Möglichkeit steuerneutraler Umstrukturierungen23. Bei Umstrukturierungen von Personengesellschaften24 kommen zu den privilegierten Umwandlungsvorgängen25 neben der Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG) noch Überführungen und Übertragungen nach § 6 Abs. 5 EStG hinzu26, die auch beim Rechtsträgerwechsel konditioniert und abgesichert durch Sperrfristen nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führen. Bei Mitunternehmerschaften gilt das Wechselspiel von Einheit der Gesellschaft und Vielheit der Gesellschafter. Die höchstrichterliche Gleichstellungsthese mit dem Einzelunternehmer schafft zusätzliche Probleme, eröffnet aber auch Gestaltungen. Das überkommene, aus meiner Sicht aber auch überholte Konzept des Sonderbetriebsvermögens wirft anlässlich von Umstrukturierungen – anders als rechtsklar abgegrenzte Kapitalgesellschaften – besondere Probleme auf. Insbesondere beim steuerneutralen Wechsel von einer GmbH & Co. KG in eine GmbH muss der Mitunternehmeranteil mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die GmbH überführt werden, einschließlich des Sonderbetriebsvermögens. Finanzverwaltung und BFH ringen in dieser Frage und gerade bei mehrstöckigen Personengesellschaften um die richtige Beurteilung. Komplexe Strukturen schaffen Raum für List und Tücken der Beratungspraxis. Bei interpersonalen Übertragungen von Unternehmensvermögen geht es nicht allein um die Besteuerung oder Noch-Nicht-Besteuerung des Vermögenswertes, sondern – da Verluste nur die rechnerische Kehrseite von Gewinnen sind27 – auch um die Frage des Übergangs von Verlusten28. Ein einsichtiges System vermittelt das deutsche Umstrukturierungs23 Zur (neuen) Grundregel im UmwStG seit dem SEStEG Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, Einleitung Rz. 69 ff. 24 Dazu Wendt, Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften, in diesem Tagungsband. 25 Für eine Ausweitung Kreutzer, Die Ein- und Ausbringung bei Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht – Ein Vorschlag zur Neuregelung unter Auswertung der Rechtslage in Deutschland, den USA und Österreich, 2018. 26 Zum Auslegungsstreit bei (beteiligungsidentischen) Schwesterpersonengesellschaften vgl. Vorlagebeschluss BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 (BVerfG anhängig unter 2 BvL 8/13); Kulosa in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 6 EStG Rz. 807 f. 27 Allgemein Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 EStG Rz. 39 (Nov. 2017) m.w.N. 28 Näher Röder, Umstrukturierung und Verlustnutzung, in diesem Tagungsband.
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recht insoweit kaum, sondern weist bei Verlusten als „Stiefkindern des Steuerrechts“29 manche fiskalische Schlagseite auf. Das gilt gleichermaßen für die im Ansatzpunkt berechtigte Missbrauchsabwehr bei Umstrukturierungen30. So angebracht finanzbehördliche Missbrauchsaufsicht ist, um die zweckgerichtete Nutzung der Steuerneutralität von Umstrukturierungen zu gewährleisten, so fragwürdig ist ein genereller Missbrauchsverdacht gegenüber – natürlich in Stufen geplanten – Umstrukturierungskonzepten. Mancher Schutz des Steueraufkommens vor Umstrukturierungsgestaltungen ist überschießend und nicht mehr Ausdruck zielgenauer Missbrauchsbekämpfung31. Der rechtsvergleichende Blick über die Grenze nach Österreich belegt alternative Ausgestaltungsmodelle für Verlustnutzung und Missbrauchsabwehr bei Umstrukturierungen32 und schärft das Bewusstsein für nationale Eigenheiten und Unwuchten.
III. Rechtsprinzipien für Umstrukturierungen im Steuerrecht Das rechtswissenschaftlich-systematische Interesse ist bei Umstrukturierungen im Steuerrecht auf ordnende Systembildung durch Prinzipien gerichtet33. Gibt es aber ein „System“ der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen?34 Immerhin beklagen erfahrene Umstrukturierungspraktiker die Kasuistik und Systemlosigkeit. So hat Thomas Rödder auf der letzten Hamburger Jahrestagung das Umwand29 Ritter, Verluste -Stiefkinder des Steuerrechts, FR 1978, 397. 30 Dazu Link, Umstrukturierung und Missbrauchsabwehr, in diesem Tagungsband. 31 Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG i.d.F. JStG 2008, der beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft überschießend auch Altreserven der Gewerbesteuer unterwirft, Wernsmann/Desens, DStR 2008, 221. Weiteres Beispiel übersteigerter Missbrauchsabwehr ist der Verlustuntergang nach Abspaltung (§ 15 Abs. 3 UmwStG), zur Verfassungswidrigkeit jüngst Mylich, FR 2019, 537. 32 Hohenwarter-Mayr, Verlustnutzung und Missbrauchsabwehr bei Umgründungen aus österreichischer Sicht, in diesem Tagungsband; umfassend nunmehr die Habilitationsschrift Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, 2019. 33 Vertiefend Desens, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ertragsteuerrechtliche Grundprinzipien von Umstrukturierungen, in diesem Tagungsband. 34 Kreidig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013.
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lungssteuerrecht als „sehr kasuistisch“ bezeichnet. Er sprach von einem „Flickenteppich von einzelnen Normen, den in Theorie und Praxis relativ wenige Leute überblicken, mit völlig zufälligen Einschränkungen, was die Voraussetzungen angeht, und auch mit willkürlichen Rechtsfolgen“35. Andere konstatieren dagegen ein stringentes und folgerichtiges „inneres System der Umstrukturierungen“36. Das offenbart unterschiedliche Verständnisse des Systembegriffs und der sie konstituierenden Prinzipien37. Bei Umstrukturierungen geht es aus prinzipienorientierter Sicht38 um Prinzipienkollisionen und ihre Auflösung durch den Gesetzgeber und sekundierend durch den Rechtsanwender. Das Subjektsteuerprinzip dient dogmatisch vielfach als Erklärungsmuster für die Besteuerung oder Nichtbesteuerung von Umstrukturierungen39, ist aber in Bedeutung und Durchschlagkraft umstritten40 und wird zum Teil minimalisiert41. Beim unternehmerischen Vermögen gilt im Ertragsteuerrecht unstreitig das Totalitätsprinzip, wonach im Gegensatz zum Privatvermögen sämtliche Änderungen des Betriebsvermögens steuerverhaftet sind und irgendwann der Besteuerung zugeführt werden. Allein der Zeitpunkt der Erfassung als regulärem (Tarif-)Gewinn oder als begünstigtem Sondervorgang (§§ 16, 34 EStG) bestimmt Zeit und Höhe der Steuerlast entscheidend mit. Kennt das Ertragsteuerrecht keine Totalgewinnbesteuerung über die gesamte 35 Rödder, Steuerliche Behandlung der Unternehmensumwandlung, in DStJG 25 (2002), S. 253 (287, Diskussionsbeitrag). 36 Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 26 ff., 136 f., auch im Original mit Anführungszeichen. 37 Dazu allgemein bereits Drüen, Systembildung und Systembindung im Steuerrecht, in FS Spindler, 2011, S. 29 (33 f.). 38 Im Umstrukturierungskontext die Prinzipienlehre und Prinzipienhierarchie zusammenfassend Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 61 ff., 69 ff. 39 Stellvertretend Graw, Stille Reserven und Buchwertfortführung, in Drüen/ Hey/Mellinghoff, 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland, FS für den BFH, Band II, 2018, S. 1433 (1434 f.) m.w.N. 40 Zum Subjektsteuerprinzip näher Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017; Danz, FR 2018, 160 (163 f.); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 83 ff. 41 Das Subjektsteuerprinzips als materielles Prinzip und selbst als Auslegungsgrundsatz ablehnend Ratschow, Prinzipien der Einkünfteermittlung – Subjektsteuerprinzip, in DStJG 34 (2011), S. 35 (58).
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Unternehmensbetriebstätigkeit, sondern die periodische Abschnittsbesteuerung. (§ 2 Abs. 7 EStG), so stellt sich die Frage, ob Umstrukturierung als veräußerungs(ähnlicher) Tatbestand Anlass und Auslöser eines Steuerzugriffs auch ohne Liquiditätszufluss ist. Geht es nur um die Frage der „Bequemlichkeit und der Wohlfeilheit der Besteuerung“, die Adam Smith im Jahre 1776 als „offenkundig gerecht und nützlich“ zu den klassischen Besteuerungsmaximen der Nationalökonomie42 gerechnet hat? Oder setzt das im Kern verfassungsgestützte Realisationsprinzip einer Besteuerung ohne generierte Zahlungsfähigkeit Grenzen? Es geht um die sachgerechte Austarierung verschiedener Prinzipien für die Umstrukturierung43. Prinzipien sind abstrakt, konkretisierungsbedürftig, z.T. einander gegenlaufend und bedürfen des (schonenden) Ausgleiches im konkreten Fall. Neben dem Subjektsteuerprinzip und dem Realisationsprinzip wird auch das „Kontinuitätsprinzip“ in Stellung gebracht44. Ist die Buchwertfortführung im Steuerrecht45 inzwischen als allgemeines Rechtsprinzip anerkannt46 oder ist das Instrument der Buchwertfortführung nur ein „Prinzipienkompromiss“47? Dass primär der Gesetzgeber in seiner weitreichenden Gestaltungsfreiheit im Steuerrecht über Anwendung und Reichweite der relevanten Prinzipien befindet, illustriert dabei der rechtspolitische Alternativvorschlag von Paul Kirchhof in seinem Bundessteuergesetzbuch. Er schlägt de lege ferenda eine realitätsgerechte und gegenwartsnahe Bewertung
42 Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776, S. 119 ff., 121; zitiert nach der deutschen Ausgabe von Streissler, Untersuchung über Wesen und Ursachen des Reichtums der Völker, 2012, S. 786 ff., 788. 43 Deutlich zum Umwandlungssteuerrecht Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 44; zu § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Beitrittsbeschluss BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 ff. 44 Grundlegend J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, S. 353 ff.; dazu Wendt, Realteilung und Ausscheiden gegen Sachwertabfindung – Vorrang des Kontinuitätsprinzips?, in FS Lang, 2010, S. 699; eingehend Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 104 ff., 121 ff. 45 Eingehend zu stillen Reserven und Buchwertfortführung Graw in FS für den BFH, Band II, 2018, S. 1433 (1435 ff.). 46 Dazu Troost, Die Buchwertfortführung im Steuerrecht auf dem Wege zu einem allgemeinen Rechtsprinzip, 1995. 47 Dafür Kreidig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 295.
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vor48, die das Entstehen stiller Reserven vermeidet49. Wenn bereits die Bildung stiller Reserven bei der laufenden Gewinnberechnung des Unternehmens vermieden wird, so stellt sich das Problem der (steuerneutralen) Aufdeckung stiller Reserven nicht mehr. Freilich stößt die Abkehr vom Realisationsprinzip auf materielle und verfahrensrechtliche Bedenken50: Neben der Belastung des Unternehmens zur Unzeit ohne entsprechende Zahlungsfähigkeit treten die Unsicherheit des auf Wertunsicherheiten und -schwankungen basierenden Steuerzugriffs und Verfahrenslasten für Unternehmen, die mit einer realitätsgerechten und belastbaren periodischen Bewertung des Vermögensbestandes verbunden sind. Die Gewichtung und der Ausgleich der Prinzipien obliegt im Rahmen des höherrangigen Rechts dem Gesetzgeber. Seine Entscheidung ist nicht durch die Verfassung punktgenau vorgesteuert, aber limitiert. Verfassungsrechtlich ist dabei zu bedenken, dass steuerneutrale Umstrukturierungen zugleich als Absicherung der rechtspolitisch und gleichheitsrechtlich seit langem angefeindeten rechtsformabhängigen Unternehmensbesteuerung fungieren51. Denn die Freiheit der Wahl der Rechtsform des Unternehmens sollte auch ihren Wechsel ohne Steuerbarrieren einschließen. Andererseits wird in jüngerer Zeit die Verfassungspflicht zur steuerrechtlichen Abwehr von Missbräuchen diskutiert52. Die steuerneutrale Möglichkeit von Umstrukturierungen steht darum auch im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlich sinnvoller Umstrukturierung und Abwehr von Mitnahmeeffekten und reiner Steueroptimierung. Komplexitätssteigernd kommt zu diesen Fragen im offenen Wirtschaftsund Steuerstaat die grenzüberschreitende Dimension von Umstrukturierungen hinzu53. Inländische Umstrukturierungen können Auslandswirkungen haben und umgekehrt können ausländische Umstrukturierungen ins Inland einstrahlen54. Die nationale Ausgestaltung von Umstrukturierungen im Steuerrecht muss sich in den unionsrechtlichen Rahmen mit Grundfreiheiten im Binnenmarkt, der Fusionsrichtlinie und dem Beihil48 § 3 Abs. 2 Satz 1 Bilanzordnung-Entwurf. 49 P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch. Ein Reformentwurf zur Erneuerung des Steuerrechts, 2011, S. 1067 f., 1077 f., 1101, 1103 f. 50 Zur Kritik bereits Hennrichs, StuW 2013, 249 (252 f.). 51 Dazu bereits Drüen, GmbHR 2008, 393 (400) m.w.N. 52 Zuletzt Drüen, ISR 2020, 98 (104 f.) m.w.N. 53 Grundlegend Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013. 54 Zu den Fallgruppen mit Auslandsbezug bereits Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, Einleitung Rz. 64; vertiefend Benecke, Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug, in diesem Tagungsband.
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Drüen – Umstrukturierungen im Steuerrecht – Tagungseröffnung
feverbot einfügen55. Soweit deutsche Besteuerungsvorschriften bei Umwandlungen und Übertragungen eine Ausnahme von der Sofortversteuerung der stillen Reserven zulassen, stellt sich für die Beihilfeaufsicht der Europäischen Kommission die Frage nach dem Rechtsgrund für den Aufschub der Besteuerung. Bei Unternehmensumstrukturierungen mit Wettbewerbsrelevanz für den Binnenmarkt müssen steuersystematisch gerechtfertigte Sondervorschriften im deutschen Steuerrecht von lenkenden, subventiven Steuerverschonungen abgegrenzt werden. Ein einsichtiges, systematisches nationales Regelwerk für Umstrukturierungen kann präventiv verhindern, dass ein Beihilfeverdacht aufkommt, und die Gefahr von Rückforderungsansprüchen minimieren. Das wäre ein Beitrag zur Steigerung von Planungs- und Rechtssicherheit. Dieser Gedanke der Beihilfekompatibilität unterstreicht die Verbindungslinien zwischen dem Neutralitätsstreben bei Unternehmensumstrukturierungen, ihrer steuersystematischen Rechtfertigung und der Forderung nach rechtssicherer Abwicklung. Prinzipielle Überlegungen erweisen sich damit keineswegs als akademische Prinzipienreiterei, sondern haben konkrete praktische und rechtsbewahrende Relevanz. Damit ist das weite Feld der Umstrukturierungen im Steuerrecht umrissen, das wir in den folgenden beiden Tagen bestellen wollen. Dafür haben wir fachkundige und ausgewiesene Referenten gewinnen können. Ihnen gebührt bereits zum Auftakt unser Dank, denn von ihrem Beitrag lebt eine Tagung. Zum näheren Tagungsverlauf möchte ich der heutigen Tagungsleiterin, Frau Vizepräsidentin des FG Hamburg Corina Kögel, nicht vorgreifen. Ich eröffne die Jahrestagung und übergebe den Stab einschließlich der sitzungspolizeilichen Hoheitsgewalt in lockerer Analogie zu § 176 GVG an die Spitze der lokalen Finanzgerichtsbarkeit. Ich wünsche uns allen eine gehaltvolle und anregende Tagung.
55 Schön, Grenzüberschreitende Umstrukturierungen einschließlich EU-Recht, in diesem Tagungsband.
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Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe von Umstrukturierungen Dr. Dirk Pohl Rechtsanwalt/Steuerberater München
I. Vorbemerkung II. Überblick zum Rechtsrahmen 1. Wirtschaftsrecht a) Umwandlungsgesetz 1995 b) Umstrukturierung durch Einzelrechtsnachfolge 2. Steuerrecht a) Ertragsteuerrecht, insbesondere UmwStG (1969, 1977, 1995, 2006) und dessen vom UmwG abweichender Aufbau aa) Überblick zum Aufbau des UmwStG bb) Transparenzprinzip vs. Trennungsprinzip cc) Engagementgrundsatz dd) „Entstrickung“ b) Weitere Steuerbelastungen aa) Grunderwerbsteuer bb) Erbschaftsteuer cc) Umsatzsteuer c) Internationales III. Umstrukturierungen als „Projekt“
1. Entscheidungsparameter 2. Steuern als Treiber oder Bremse von Umstrukturierungen 3. Grenzen der Absicherung durch verbindliche Auskünfte IV. Ausgewählte Praxisfälle zu Anlässen für Umstrukturierungen 1. Keine Feststellung betriebswirtschaftlich sinnvoller Gründe 2. Rechtliche Vorteile als außersteuerliche Gründe a) Wirtschaftsrechtliche Anlässe aa) Vermeidung der Mitbestimmung bb) Nutzung von „Wurstlücken“ b) Steuerrechtliche Anlässe aa) „Debt-push-down“-Strukturen bb) Verlustverwertung cc) Steuervorteile durch „Step up“-Modelle V. Fazit
I. Vorbemerkung Der erste Vortrag nach der Eröffnung der Tagung dient dazu, das Fundament für den weiteren Verlauf zu legen. Deshalb habe ich mich bei der Vorbereitung meines Vortrags gefragt, ob ein Steuerrechtswissenschaftler hierfür nicht besser geeignet wäre als ein Steuerpraktiker.
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Pohl – Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe
Die Antwort fand ich in dem Aufsatz von Wolfgang Schön in der Zeitschrift Steuer und Wirtschaft 2018 zu „Grenzüberschreitungen der Steuerrechtswissenschaft“. Denn in diesem Aufsatz führt Schön aus: „Eine besondere Stärke der deutschen Steuerrechtswissenschaft liegt in ihrem intensiven Dialog mit Rechtsprechung, Verwaltung und Beraterpraxis.“1 Im Konferenz- und Vortragswesen mache, so Schön, gerade die Zusammenführung theoretischer und praktischer Aspekte den Reiz des Gesprächs aus und er führt dazu die Jahrestagungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft an.2 Er hebt hervor, dass sich in anderen Ländern einige Berufsgruppen der Praxis, vor allem Richter, aus dem Fachdiskurs zurückziehen oder führende Wissenschaftler sich von dem produktiven Bezug zum konkreten Recht und seinen täglichen Anwendungsproblemen als „unwissenschaftlich“ distanzieren. Unter Zitierung eines Beitrags von Klaus-Dieter Drüen3 verweist Schön darauf, dass in Deutschland die gemeinsame Arbeit an der „Dogmatik“ des Rechts wie ein festes Band zwischen allen Berufsgruppen im Steuerrecht wirkt. Mit dieser Vorrede will ich gerne meinen Betrag aus Sicht eines Praktikers leisten, um dieses Band auch zu dem Thema der diesjährigen Jahrestagung zu Umstrukturierungen im Steuerrecht zu festigen. Meine Erfahrungen sind dabei durch die Leitung großer Umstrukturierungsprojekte in einer internationalen Sozietät, aber auch die Führung von Prozessen bis zum BFH, auch zu Rechtsfragen des Umwandlungssteuergesetzes, geprägt.
II. Überblick zum Rechtsrahmen Startpunkt, um Umstrukturierungsprojekte leiten zu können, aber auch um das Thema wissenschaftlich zu durchdringen, ist die sichere Kenntnis des vorhandenen Rechtsrahmens im Wirtschafts- und Steuerrecht. Den besten Einstieg für das notwendige Grundverständnis bietet es, bei der Reform 1995 anzusetzen.
1 Schön, StuW 2018, 201 (206 f.). 2 Schulze-Osterloh, 25 Jahre Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, DStR 2000, 2017 hat dazu ausgeführt „die Geschicke der Gesellschaft werden vom Vorstand im Zusammenwirken mit dem wissenschaftlichen Beirat, dem Praktiker und Hochschullehrer des Steuerrechts angehören, gelenkt“. 3 Drüen, Über Steuerrechtswissenschaft und Steuerrechtsprechung, StuW 2013, 72.
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Pohl – Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe
1. Wirtschaftsrecht a) Umwandlungsgesetz 1995 Wenn man heute über 25 Jahre zurückblickt, muss man das neue Umwandlungsgesetz 19954 als einen großen Wurf bezeichnen. Es war sorgfältig vorbereitet und der Prozess eingehend durch Wissenschaft und Praxis begleitet.5 Es fasste die teilweise zerstreut geregelten gesetzlichen Möglichkeiten zur Umstrukturierung und Reorganisation zusammen und systematisierte diese, schloss bestehende Lücken und bemühte sich um den notwendigen Schutz insbesondere von Minderheitsgesellschaftern, Gläubigern und auch Arbeitnehmern.6 Der § 1 Abs. 1 UmwG 1995 lautet: „Rechtsträger mit Sitz im Inland können umgewandelt werden 1. durch Verschmelzung 2. durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung) 3. durch Vermögensübertragung 4. durch Formwechsel.“
Die Begriffe sind kurz zu klären: –
Die Verschmelzung (§ 2 UmwG) ist die Übertragung des Vermögens eines übertragenden Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen übernehmenden Rechtsträger unter Auflösung des verschmolzenen Rechtsträgers ohne dessen Abwicklung.7
–
Die Spaltung (§ 123 UmwG) hat mehrere Unterarten: Der übertragene Rechtsträger kann unter Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere übernehmende Rechtsträger aufgespalten werden (Aufspaltung). Soweit lediglich ein Teil des Vermögens unter Fortbestand des über-
4 Umwandlungsgesetz v. 28.10.1994, BGBl. I 1994, 3210. 5 Ein Bespiel ist der Tagungsband der IDW-Tagung v. 8./9.10.1992 zur Reform des Umwandlungsrechts. Siehe dort den Beitrag von Ganske, Ministerialrat a.D., Der Weg vom Diskussionsentwurf zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsgesetzes, S. 15 ff.; Zur damals parallel vorbereiteten Reform des Umwandlungssteuergesetzes s. Krebs und Raupach auf S. 241 ff. bzw. S. 259 ff. dieses Tagungsbandes. 6 Siehe nur den Allgemeinen Teil des Regierungsentwurfs v. 4.2.1994, BTDrucks. 75/94. 7 § 2 Nr. 1 UmwG. Daneben gibt es nach § 2 Nr. 2 UmwG auch die Verschmelzung im Wege der Neugründung, bei der zwei oder mehr Rechtsträger jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger verschmolzen werden.
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Pohl – Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe
tragenen Rechtsträgers auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird: Bei Gewährung von Anteilen an die Gesellschafter oder Mitglieder des abgebenden Rechtsträgers durch den aufnehmenden Rechtsträger spricht man von einer Abspaltung; soweit die Anteile oder Mitgliedschaften dem abgebenden Rechtsträger selbst gewährt werden, spricht man von einer Ausgliederung. –
Die Vermögensübertragung (§ 174 UmwG) ist eine hier im Folgenden nicht mehr angesprochene Spezialmaterie, die sich mit Übertragungen von Vermögen von einer Kapitalgesellschaft an den Bund, Land, eine Gebietskörperschaft oder einen Zusammenschluss von Gebietskörperschaften oder zwischen Versicherungs-AG, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen beschäftigt (§ 175 UmwG).
–
Bei einem Formwechsel erhält ein Rechtsträger eine andere Rechtsform (§ 190 UmwG). Ein Rechtsträgerwechsel und damit eine Vermögensübertragung findet nicht statt.
Das ist der zivilrechtliche „Baukasten“ aus dem der Praktiker sich bedienen kann und die Wissenschaft aufsetzen muss. Die grenzüberschreitenden Fälle sollen hier ausgespart bleiben.8
b) Umstrukturierung durch Einzelrechtsnachfolge Den vorstehenden Fällen ist gemeinsam, dass es nicht darum geht, eine bestimmte Endstruktur vorzugeben. Es geht es darum, den Weg in die neue Endstruktur durch eine Gesamtrechtsnachfolge bzw. den bloßen Wechsel der Rechtsform zu vereinfachen. Wie Karsten Schmidt zutreffend ausführt: „Kein Vorgang, der im Umwandlungsrecht geregelt ist, wäre nicht jedenfalls durch Gründungen, Liquidationen und komplizierte Einzeleinbringungen durchführbar, nur widerstrebt eben diese komplizierte Durchführungstechnik den praktischen Bedürfnissen.“9
8 Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die vorstehende Kategorisierung nicht selbstverständlich ist. Verschmelzungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sind in vielen Ländern, z.B. in Großbritannien, unbekannt, s. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz. 18, Anhang 3 Großbritannien Rz. 16 ff. 9 IDW-Tagung v. 8./9.10.1992 zur Reform des Umwandlungsrechts, Tagungsband, S. 35 (40).
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2. Steuerrecht Die Anforderung der Praxis an das Steuerrecht im Rahmen eines Umstrukturierungsprojekts sind angesichts dieses zivilrechtlichen Befundes klar: Die zivilrechtlichen, strukturverändernden Vorgänge sind komplex und sollen nicht durch das Steuerrecht zusätzlich erschwert, unmöglich gemacht oder mit Fallstricken versehen werden. Es geht also um Steuerneutralität. Aber wo liegen die Anlässe für Umstrukturierungen, wo die Grenzen für den Steuergestalter und was kann die Steuerrechtswissenschaft dazu unter Herausarbeitung der maßgeblichen Grundprinzipien beitragen?
a) Ertragsteuerrecht, insbesondere UmwStG (1969, 1977, 1995, 2006) und dessen vom UmwG abweichender Aufbau Für das Ertragsteuerrecht heißt Steuerneutralität: Buchwertfortführung statt Aufdeckung von stillen Reserven. Das soll das UmwStG leisten. Schon der Vergleich des Wortlauts des sehr „schlanken“ § 1 UmwG 1995 mit demjenigen des nur für das Ertragssteuerrecht geltenden, sich über mehrere Druckseiten erstreckenden § 1 Abs. 1 bis 5 UmwStG zeigt aber, dass es (leider) im Steuerrecht sehr viel komplizierter ist. Es soll und kann hier nicht die Entwicklung des Umwandlungssteuergesetzes seit erstmaliger Kodifizierung durch das UmwStG 1969, die Änderungen mit Einführung des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens im UmwStG 1977, die Revision zeitgleich mit dem UmwG 1995 durch das UmwStG 1995 und die Weiterentwicklung vor allem 2006 im Hinblick auf die europarechtlichen Notwendigkeiten durch das SEStEG in allen Facetten nachgezeichnet werden.10
aa) Überblick zum Aufbau des UmwStG Für einen ersten Überblick reicht es festzuhalten, dass das UmwStG in zwei große Blöcke unterteilt ist: –
in den §§ 3 bis 19 UmwStG werden seit dem UmwStG 1995 in Anknüpfung an das UmwG 1995 Umwandlungen nach dem UmwG bzw. vergleichbaren ausländischen Vorschriften geregelt, bei denen
10 Vgl. nur die Einführung UmwStG von Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 7. Aufl. 2016, S. 1275 ff.
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der übertragende Rechtsträger eine Körperschaft (insbesondere Kapitalgesellschaft) ist; –
alle anderen Fälle werden in den §§ 20 bis 25 UmwStG geregelt, und zwar unabhängig davon, wie die Umstrukturierung zivilrechtlich ausgestaltet ist, d.h. sowohl Umwandlungen nach dem UmwG als auch im Wege der Einzelrechtsnachfolge werden erfasst.11
bb) Transparenzprinzip vs. Trennungsprinzip Diese Unterteilung in zwei Blöcke zeigt die erste Herausforderung, die das Umwandungssteuerrecht meistern muss: Es muss die mangelnde Rechtsformneutralität der Ertragsbesteuerung berücksichtigen. Wesentlicher Faktor für die Unterschiede im Aufbau zwischen UmwG und UmwStG ist das steuerliche Transparenzprinzip bei Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) einerseits und das Trennungsprinzip zwischen der Besteuerungsebene des Gesellschafters und der Gesellschaft bei Kapitalgesellschaften andererseits. Das UmwStG 1995 griff dabei eine Forderung aus der Praxis auf, den Wechsel aus der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft zu erleichtern. Zuvor war in der Praxis eine solche Umwandlung bei stillen Reserven in langlebigen Wirtschaftsgütern aufgrund der hohen Steuerbelastung nahezu ausgeschlossen.12 Um die Folgen plastischer zu machen, ein Beispiel für einen steuerlichen Anlass für eine Umstrukturierung nach der Reform durch das UmwStG 1995, die in der Praxis zu erheblichen Mitnahmeeffekten geführt hatte (sog. „Step Up Modell“): Beispiel: Der Einzelunternehmer B erwirbt von dem Einzelunternehmer A alle Anteile an der X-GmbH für einen Preis von 1000. Die X-GmbH soll nur Aktiva und keine Schulden haben. Der Buchwert der Aktiva beträgt auf Ebene der X-GmbH 400 und die stillen Reserven 600. Wenn nunmehr die X-GmbH auf den B verschmolzen wird, kann B auf Antrag in seinem Einzelunternehmen die steuerlichen Buchwerte der Wirtschaftsgüter der X-GmbH von 400 fortführen. Es entsteht anders als bei einer Liquidation der B-GmbH kein Übertragungsgewinn von 600; § 3 Abs. 1 UmwStG.
11 Siehe auch Raupach in FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 923 (925). 12 Schaumburg/Rödder, UmwG, UmwStG, 1995, vor §§ 3 ff. UmwStG Rz. 5 ff.
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Pohl – Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe Zugleich muss aber der B in seinem Einzelunternehmen die Anschaffungskosten für die Anteile an der X-GmbH von 1000 ausbuchen. Da nur Wirtschaftsgüter mit einem Buchwert von 400 durch die Upstream Verschmelzung zuzubuchen sind, entsteht ein Übernahmeverlust in dem Einzelunternehmen des B von 600. Das Umwandlungssteuergesetz 1995 sah nun vor, dass in Höhe dieses Übernahmeverlustes die Wertansätze der übergegangenen Wirtschaftsgüter steuerneutral aufzustocken waren. Mit den Worten des Steuergestalters, man konnte dadurch ab Geltung des UmwStG 1995 aus einem share deal (ohne Möglichkeit der Abschreibung des Kaufpreises) einen asset deal mit Abschreibung der mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter einschließlich des Firmenwerts machen. Davon ist in der Folge natürlich auch vielfach Gebrauch gemacht worden und derartige Modelle wurden entsprechend vermarktet. Der IV. Senat des BFH sprach in seinem Urteil vom 22.10.201513 von einen äußerst steuereffizienten Erwerbermodell. Es ist bereits seit 2001 im Ergebnis wieder abgeschafft worden, s. § 4 Abs. 6 UmwStG, hier § 4 Abs. 6 Satz 4 Halbs. 2 UmwStG. Umgekehrt zeigt der Fall aber auch die überschießende Tendenz des UmwStG. Nehmen wir an, der Veräußerer A verschmilzt die X-GmbH auf sich und seine Anschaffungskosten für die Anteile an der GmbH betragen wie die Buchwerte auf Ebene der GmbH 400. Nunmehr veräußert er unmittelbar die Wirtschaftsgüter im asset deal. Dann kann zwar die Verschmelzung steuerneutral erfolgen. Die anschließende Veräußerung des neuen Einzelunternehmens an B unterliegt aber nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht nur der Einkommensteuer, sondern in Abweichung von § 7 GewStG auch der Gewerbesteuer, und zwar ohne deren Anrechnung nach § 35 EStG auf die Einkommensteuer, § 18 Abs. 3 UmwStG. Das kann man zwar unter notwendige Unterbindung von Gestaltungsfreude verbuchen, aber die Vorschrift kann erhebliche Kollateralschäden hervorrufen. Denn sie infiziert auch bereits bisher in einem bereits vorhandenen Unternehmen (hier des A) bestehende stille Reserven und schießt damit weit über das Regelungsziel hinaus.
Wegen des Wechsels vom Trennungs- in das Transparenzprinzip wird ein entsprechender Formwechsel aus der Kapital- in eine Personengesellschaft im Wege der Fiktion einem Vermögensübergang durch Verschmelzung gleichgestellt werden, § 9 UmwStG. Auch für die Aufspaltung oder Abspaltung von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft wird auf diese Regeln verwiesen, § 16 UmwStG. Die Verschmelzung auf eine andere Körperschaft (§§ 11 bis 13 UmwStG) sowie die Spaltungsfälle mit ausschließlicher Beteiligung von Körperschaften als aufnehmende bzw. übertragende Rechtsträger sind ebenfalls noch in diesem ersten Block des UmwStG geregelt (§ 15 UmwStG).
13 BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919.
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cc) Engagementgrundsatz Die zweite Herausforderung des Umwandlungssteuerrechts ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Steuerneutralität der Umstrukturierung durch die Rechtsordnung ermöglicht werden soll. Leitprinzip ist der historisch zunächst durch die Rechtsprechung entwickelte sog. „Engagementgrundsatz“, der vom Gesetzgeber aufgenommen und verfeinert wurde.14 Bei einer Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder einem Formwechsel liegt die Fortsetzung des unternehmerischen Engagements durch die übernehmende Gesellschaft auf der Hand. In allen anderen Fällen (Spaltungen nach dem UmwG, Einbringungen außerhalb des UmwG) ist die Abgrenzung weitaus schwieriger. Denn die bloße Fortführung einzelner Wirtschaftsgüter in einer neuen Einheit reicht nicht aus. Im Fall der Spaltung einer Körperschaft auf andere Körperschaften muss auf die Übernehmerin ein Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft übergehen, um die Buchwerte fortführen zu können; § 15 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwStG. Nur die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (§ 20 UmwStG) oder ein qualifizierter Anteilstausch, mit dem die Mehrheit der Stimmrechte erreicht oder ausgebaut wird (§ 21 UmwStG), wird als Fortführung des unternehmerischen Engagements auch auf Gesellschafterebene gesehen und kann im Grundsatz auf Antrag steuerneutral erfolgen (fortbestehende Steuerverstrickung der stillen Reserven vorausgesetzt und stets die siebenjährigen Haltefristen nach § 22 UmwStG im Blick behaltend). Nur für die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils, also die Einbringung eines derartigen Engagements, in eine Personengesellschaft (= Mitunternehmerschaft) greift § 24 UmwStG mit seinem Wahlrecht zur Buchwertfortführung neben oder statt der verschiedenen Vorschriften des EStG zu einer in der Regel zwingenden Buchwertfortführung, insbesondere nach § 6 Abs. 3 oder § 6 Abs. 5 EStG, oder ansonsten der Aufdeckung der stillen Reserven.
14 Siehe bereits RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999; Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, S. 460 ff.
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So einfach das Grundprinzip, so schwierig ist dessen Anwendung in der Praxis. Dazu folgende Beispiele zur Auslegung der Vorschriften: –
In dem Verfahren I R 13/19 wird der I. Senat des BFH zu entscheiden haben, ob es Zweck der in § 25 i.V.m. § 20 UmwStG niedergelegten Regelungen zum Formwechsel einer Personengesellschaft ist, Umstrukturierungen nur unter Fortbestand noch vorhandener, durch den formwechselnden Betrieb geschaffenen wirtschaftlichen Grundlagen zu ermöglichen. In dem Fall ging die OHG zum Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses keiner Tätigkeit mehr nach, so dass das FG Niedersachsen die Klage abwies.15 Der Fall selbst soll hier nicht näher dargestellt werden, da es in der Sache um die Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ging.
–
Bei der verdeckten Einlage eines Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft wird das unternehmerische Engagement fortgeführt. Dennoch ist § 20 UmwStG in diesem Fall nach seinem Wortlaut nicht erfüllt, da keine neuen Gesellschaftsrechte gewährt werden. Die stillen Reserven sind zwingend aufzudecken, § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG. Die nominelle Kapitalerhöhung um 100 t (= die geringfügige Gewährung von Gesellschaftsrechten) und die ansonsten erfolgende Einbuchung in die Rücklage (Agio) reicht dagegen für die Anwendung des § 20 UmwStG aus, obwohl es auch in diesem Fall zur Werterhöhung der Altanteile kommt. In Österreich gibt es diese Differenzierung zwischen verdeckter Einlage und Kapitalerhöhung dagegen nicht. Vielmehr wird dort berücksichtigt, dass die Gewährung von Gesellschaftsrechten gerade bei Umstrukturierungen im Konzern nicht erforderlich ist. Die Zuordnung des Vermögens ändert sich nicht.16
Vor allem hilft es dem Praktiker nicht, wenn er vor der Frage steht, den zu ermittelnden Sachverhalt zu subsumieren: Was macht einen Teilbetrieb aus? Was gilt für Wirtschaftsgüter, die mehreren Teilbetrieben dienen? Was zählt bei der Personengesellschaft/Mitunternehmerschaft zum zwingend mit einzubringenden Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter/Mitunternehmer? Die Grauzonen sind immens, die Haftungsrisiken groß.
15 FG Niedersachsen v. 29.1.2019 – 8 K 163/17, EFG 2019, 628 (nrkr.). 16 Siehe zu den Voraussetzungen an die Buchwertfortführung nach dem österreichischem UmgrStG Hügel in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 3 Österreich Rz. 36, 44 ff.
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Das Kriterium ist aus Sicht des Praktikers zu vage und verbindliche Auskünfte bieten bei komplexen Sachverhalten wenig Rechtssicherheit, da der geplante Sachverhalt umfassend dargestellt werden muss.17 Darüber hinaus wird im grenzüberschreitenden Bereich schon bei der Funktionsverlagerung nicht mehr an die einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern ein Transferpaket angeknüpft, § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG. Es ist nicht einsichtig, warum das UmwStG die zur Anwendung notwendige, wirtschaftlichen Einheit nicht darauf reduziert.
dd) „Entstrickung“ Ein weiterer Begriff, der immer wieder im Zusammenhang mit Umwandlungen auftaucht, ist derjenige der „Entstrickung“. Eine Buchwertfortführung soll nur gewährt werden, wenn die stillen Reserven bei Realisation nicht aufgrund der Umstrukturierung der deutschen Besteuerung entzogen werden. Schließlich gibt es kaum noch einen Sachverhalt, bei dem nur Steuerinländer die Gesellschafter sind und auch das Unternehmen nur im Inland tätig wird und kein Auslandsvermögen oder die Auswirkung auf Auslandsbeteiligungen in die Prüfung einzubeziehen ist. Der Begriff tauchte erstmals im Umfeld des sog. „Horten-Falles“ auf. Der Kaufhauskönig Helmut Horten war 1968 in die Schweiz gezogen und meinte, dass – damals noch vor Geltung des § 6 AStG – die anschließende Veräußerung von Aktien der Horten AG aufgrund des damaligen DBA mit der Schweiz nicht mehr in Deutschland besteuert werden könne.18 Der Fall ist für Herrn Horten gar nicht gut ausgegangen. Denn in der Folgezeit wurde herausgearbeitet, dass er 1954 sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in eine GmbH eingebracht hatte. Dabei konnte er sich vor Kodifizierung eines UmwStG darauf berufen, dass nach dem bereits vom RFH19 statuierten Engagementgrundsatzes, also der Fortführung des bisherigen unternehmerischen Engagements, diese Einbringung kein Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung der stillen Reserven war. Das sollte dann aber zu einer dauerhaften Steuerverhaftung der einbringungsgeborenen Anteile führen.20
17 Siehe zu den Grenzen von verbindlichen Auskünften auch noch unten III 3. 18 Ausführlich dazu Pohl in Lüdicke (Hrsg.), Fortentwicklung der Internationalen Unternehmensbesteuerung, 2002, S. 33 ff. 19 Siehe RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999. 20 BFH v. 26.1.1977 – VIII R 109/75, BStBl. II 1977, 283.
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b) Weitere Steuerbelastungen Neben den Ertragssteuern sind verschiedene weitere Steuern zu beachten.
aa) Grunderwerbsteuer So werden Umstrukturierungen durch die Belastung mit Grunderwerbsteuer erschwert, soweit nicht insbesondere die mit einigen Fußangeln versehene Vorschrift des § 6a GrEStG für Umstrukturierungen im Konzern greift.
bb) Erbschaftsteuer Schließlich ist jede Umstrukturierung zumindest in Familienunternehmen auch noch mit dem erbschaft- und schenkungsteuerlichen Anforderungen der Gesellschafter abzugleichen. Entstehen durch die Umstrukturierung junges Verwaltungsvermögen oder junge Finanzmittel? Wie verändert sich die Verbundvermögensaufstellung? Werden Haltefristen oder Lohnsummenfristen von derzeit fünf oder bei höheren Vergünstigungen sieben Jahren nach § 13a ErbStG eingehalten?
cc) Umsatzsteuer Auch die Umsatzsteuer ist stets zu beachten, insbesondere die Fallstricke aus den nicht mit dem Ertragsteuerrecht abgestimmten Regelungen über die umsatzsteuerliche Organschaft.
c) Internationales Schließlich können inländische Umstrukturierungen auch im Ausland Steuern auslösen. Das gilt auch für den umgekehrten Fall.
III. Umstrukturierungen als „Projekt“ Die vorstehende Auflistung zeigt, eine Umstrukturierung ist schon aus (steuer-)rechtlicher Sicht ein äußerst komplexes Projekt. Der Praktiker ist trotz dieser rechtlichen Komplexität aber nicht nur als Jurist, sondern vor allem als Projektmanager gefordert. Diese Herausforderungen erhöhen sich noch einmal, wenn es nicht um konzerninterne
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Umstrukturierungen geht, sondern Übernahmen, „Merger of Equals“, oder Joint Ventures.21
1. Entscheidungsparameter Das Projektmanagement beginnt mit dem Entscheidungsprozess und nicht erst bei der Umsetzung. Selten gibt es den Aspekt, der Anlass und Auslöser für eine Umstrukturierung ist, und noch seltener liegt dieser im Wirtschafts- oder Steuerrecht. Eher begrenzt der steuerrechtliche Rahmen die Möglichkeiten, das betriebswirtschaftlich Angestrebte umzusetzen. Das Steuerrecht wirkt dann als „Umstrukturierungsbremse“. So erfordert eine Akquisition die Managemententscheidung, ob man der neuen Einheit ihre bisherige Struktur belässt oder diese gesellschaftsrechtlich in den Konzern zu integrieren versucht. Steuerliche Belastungen sind dann bloße Kosten, die zu Ausweichreaktionen führen, um die außersteuerlichen Zielsetzungen zu erreichen. Dabei sind neben den Gesellschaftern viele „Stakeholder“ zu beteiligen. So ist bspw. der Entwurf eines Verschmelzungsvertrages mindestens einen Monat vor Beschlussfassung dem Betriebsrat beider Rechtsträger zuzuleiten, § 5 Abs. 3 UmwG. Die Arbeitnehmer der verschmolzenen Gesellschaft sind in Textform zu unterrichten, § 324 UmwG, § 613a Abs. 5 BGB.
2. Steuern als Treiber oder Bremse von Umstrukturierungen Steuervorteile können aber auch Treiber von Umstrukturierungen sein. Natürlich wird dabei mit spitzem Stift gerechnet oder, negativ formuliert, die größte „Reserve an steuerlichem Manipulationspotential“22 ermittelt. Vor allem aber können Steuernachteile sinnvolle Umstrukturierungen verhindern und bereits Steuerrisiken können tödlich für ein Projekt sein. Das Haftungsrisiko dem Berater und dessen Berufshaftpflichtversicherung aufzubürden, ist auch keine Lösung.
21 Siehe z.B. Schulte/Pohl, Joint-Venture-Gesellschaften, 4. Aufl. 2016. 22 Siehe dazu Wurster, StuW 1980, 200 (225); zitiert bei den Überlegungen zur Wahl der Unternehmensform in Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 1017 f.
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3. Grenzen der Absicherung durch verbindliche Auskünfte Deshalb ist eine effiziente Projektsteuerung nicht nur durch den Berater, sondern auch auf Seiten der Finanzverwaltung im Rahmen von komplexen Auskunftsverfahren erforderlich. Das würde dem Standort Deutschland guttun. Es geht um Kooperation mit dem Steuerpflichtigen und nicht hoheitliches Handeln durch den mit einem Steuerbescheid verbundenen Eingriff. Hier besteht trotz individuell herausragender Qualität einzelner Finanzbeamter nach meiner Erfahrung auch im Vergleich mit anderen Finanzverwaltungen erhebliches Verbesserungspotential. Statt über den Inhalt einer verbindlichen Auskunft wird in Deutschland häufig erst über Formales diskutiert. Beispiel: Die Frage, ob ein Teilbetrieb vorliegt und deshalb unter Buchwertfortführung eingebracht oder abgespalten werden kann, wird teilweise in verbindlichen Auskünften beantwortet; teilweise hört man aber auch, dass diese Frage nur im Nachhinein durch die Betriebsprüfung beantwortet werden könne.23
IV. Ausgewählte Praxisfälle zu Anlässen für Umstrukturierungen Nachfolgend werden einige Fälle dargestellt, bei denen der Anlass der Umstrukturierung primär im Wirtschafts- oder Steuerrecht liegt und nicht in der außerrechtlichen Sphäre, wie z.B. einer notwendigen postakquisitorischen Umstrukturierung, der Entscheidung für ein Joint Venture, einen Börsengang, einer Gesellschafternachfolge oder einer Trennung von Gesellschafterstämmen.24 Allen denkbaren Anlässen nachzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Vielmehr soll der Frage nachgegangen werden, wieweit das Steuerrecht anlassbezogen differenzieren darf. Kann mit Blick auf eine nach dem UmwStG zu gewährende Steuerneutralität „Motivforschung“ betrieben werden? 23 Siehe dazu bereits oben II. 2 a) cc). 24 Bei der Trennung von Gesellschafterstämmen kann die Abspaltung oder Aufspaltung auf eine andere Körperschaft nur unter Buchwertfortführung erfolgen, wenn die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft mindestens fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag bestanden hat, § 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG.
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Meines Erachtens müssen die Motive für eine Umstrukturierung für die steuerliche Behandlung dieser Umstrukturierung jedenfalls dann unerheblich sein, wenn die Umstrukturierung auf Dauer angelegt ist.25 Es herrscht im Grundsatz bereits bei der Gründung Rechtsformwahlfreiheit. Jedenfalls soweit es keine ausdrücklichen gesetzlichen Verbote gibt, kann dem Gründer nicht vorgeschrieben werden, in welcher der gesetzlich vorgesehenen Rechtsformen er tätig zu werden hat.26 Das muss im Anschluss auch für die Änderung der Rechtsform, insbesondere unter Nutzung des Instrumentariums des Umwandlungsgesetzes gelten. Soweit es keine gesetzliche Anordnung von im Steuerrecht zu beachtenden Sperrfristen o.Ä. gibt, kann also das gesetzliche Instrumentarium zur Umstrukturierung ohne steuerliche Differenzierung nach den zugrunde liegenden Motiven genutzt werden.
1. Keine Feststellung betriebswirtschaftlich sinnvoller Gründe Zunächst ist deshalb festzuhalten, dass für die Besteuerung nicht positiv festzustellen ist, ob eine Umwandlung aus betriebswirtschaftlich sinnvollen Gründen erfolgt. Das Umwandlungssteuergesetz ist nicht etwa auf derartige Fälle teleologisch zu reduzieren. Zwar hat der I. Senat des BFH in seinem Urteil vom 21.2.2018 für den Fall einer Verschmelzung nach Forderungsverzicht mit Besserungsschein darauf hingewiesen, dass es in dem zu entscheidenden Fall nicht 25 Siehe nur BFH v. 23.10.1996 – I 55/95, BStBl. II 1998, 19: „Die durch das Umwandlungsgesetz 1995 und das Umwandlungs-Steuergesetz 1995 geschaffenen erweiterten Umwandlungsmöglichkeiten würden durch eine extensive Anwendung des § 42 AO 1977 konterkariert. Deshalb ist regelmäßig kein Missbrauch gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger – aus welchen Gründen auch immer – auf Dauer zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht.“ 26 Auf die m.E. auch mögliche verfassungsrechtliche Ableitung aus den Grundrechten kann hier nicht näher eingegangen werden: Siehe nur BayObLG v. 24.11.1994 – 3 ZBR 115/94, NJW 1995, 199 zur Zulässigkeit der Rechtsanwalts-GmbH; BGH v. 25.11.1993 – I ZR 281/91, BGHZ 124, 224 zur Zulässigkeit der Erbringung ambulanter Zahnbehandlungsleistungen durch eine GmbH aufgrund der Berufsfreiheit (Art. 12 GG); BVerfG v. 14.1.2014 – 1 BvR 2998/11 u.a., BVerfGE 135, 90 zur Unzulässigkeit, die gemeinsame Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten von der Anteils- und Stimmenmehrheit der Rechtsanwälte abhängig zu machen; sowie BVerfG v. 6.12.2011 – 1 BvR 2280/11, NJW 2012, 993 Rz. 11 zu verfassungsrechtlichen Anforderungen an Beschränkungen der Rechtsformwahlfreiheit.
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Pohl – Steuer- und wirtschaftsrechtliche Anlässe „um den Regelfall einer Umwandlung aus betriebswirtschaftlich sinnvollen Gründen [geht], die der Gesetzgeber des UmwStG aus wirtschaftspolitischen Gründen nicht behindern möchte“.27
Das war aber kein entscheidungserheblicher Teil des Urteils. Weder die Rechtsformwahl noch deren Änderung durch das Instrumentarium des UmwG ist im von den Freiheitsrechten geprägten Verfassungsstaat zusätzlich auf (betriebswirtschaftliche) Angemessenheit zu prüfen.
2. Rechtliche Vorteile als außersteuerliche Gründe Darüber hinaus ermöglicht die Rechtsformwahl- und Umstrukturierungsfreiheit auch die bewusste Ausnutzung von außersteuerlichen „Gesetzeslücken“. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann darin von vornherein nicht liegen. Das Steuergesetz wird in diesen Fällen nicht umgangen, sondern dessen Möglichkeiten werden in Anspruch genommen.
a) Wirtschaftsrechtliche Anlässe Es kommt also von vornherein nicht darauf an, ob in einem wirtschaftsrechtlichen Anlass für eine Umstrukturierung auch erhebliche außersteuerliche Gründe liegen könnten, die einen Missbrauch von rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten als beachtliche außersteuerliche Gründe i.S.v. § 42 Abs. 2 Satz 2 AO ausschließen würden. Dazu zwei Beispiele:
aa) Vermeidung der Mitbestimmung In Familiengesellschaften sieht man die unternehmerische Mitbestimmung kritisch. Darüber kann man sicher streiten, aber in jedem Fall ist es weitgehend ein deutscher Sonderweg, der die Harmonisierung des Gesellschaftsrechts in Europa seit Jahrzehnten erschwert. Bei über 500 Arbeitnehmern ist bei der deutschen Kapitalgesellschaft ein Aufsichtsrat zu bilden, bei dem 1/3 der Mitglieder aus dem Kreis der Arbeitnehmer kommen; § 1 Abs. 1 Drittelbeteiligungsgesetz. Der paritätisch besetzte Aufsichtsrat ab 2.000 Arbeitnehmern umfasst neben deutschen Kapitalgesellschaften auch die Personengesellschaften, bei denen eine Kapitalgesellschaft die Komplementärin ist; §§ 4, 5 Mitbestimmungsgesetz.
27 BFH v. 21.2.2018 – I R 46/16, DStR 2018, 1284.
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Das führt zu Ausweichreaktionen. Deshalb werden Kapitalgesellschaften ausländischer Rechtsform oder Stiftungen als Komplementäre von Kommanditgesellschaften genutzt. Oder es wird vor Erreichen der Schwelle von 500 Arbeitnehmern in eine SE umgewandelt, wodurch der mitbestimmungsfreie Zustand eingefroren werden kann; § 35 Abs. 1, § 34 Abs. 1 Nr. 1 SEBG. Das Steuerrecht kann Umstrukturierungen zur Vermeidung der Mitbestimmung nicht erschweren. Das Steuergesetz wird nicht umgangen.28
bb) Nutzung von „Wurstlücken“ Bei der „Wurstlücke“ handelte es sich um die Möglichkeit, eine drohenden Kartellbuße durch Umstrukturierung zu umgehen. Die haftende Tochtergesellschaft wurde durch Umstrukturierung aufgelöst. Genutzt worden ist diese Lücke durch Beteiligte des Wurstkartells. Sie wurde durch Einführung einer Konzernhaftung ab 1.6.2017 durch Ergänzung des § 81 GWB geschlossen.29 Bereits zuvor musste sich das Steuerrecht neutral verhalten und konnte in diesem Fall eine zivilrechtliche mögliche Umstrukturierung nicht erschweren.
28 Insofern ist es zu begrüßen, dass die Richtlinie (EU) 2019/2121 v. 27.11.2019, ABl. EU Nr. L 321 v. 12.12.2019, 1 ff. („Sitzverlegungsrichtlinie“) Art. 86c Abs. 3 in der Fassung des Kommissionsentwurfs (COM/2018/241 final, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri= CELEX:52018PC0241&from=DE) nicht mehr enthielt. Dieser sah vor, dass die Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Umwandungen sicherstellen müssten, dass die zuständige Behörde des Wegzugsmitgliedstaats die grenzüberschreitende Umwandlung nicht genehmigt, wenn sie nach Prüfung des betreffenden Falls und unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände feststellt, dass es sich um eine künstliche Gestaltung mit dem Ziel handelt, unrechtmäßige Steuervorteile zu erlangen (oder die gesetzlichen oder vertraglichen Rechte der Arbeitnehmer, Gläubiger oder Minderheitsgesellschafter unrechtmäßig zu beschneiden). Nach Erwägungsgrund Nr. 50 sollen die Befugnisse der Mitgliedstaaten, Umwandlungen zu verhindern, die dazu führen sollen, sich nationalem Recht zu entziehen oder dieses zu umgehen, unberührt bleiben. In diesen Fällen haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Vorabbescheinigung, die die Einhaltung der Umwandlungsvoraussetzungen bescheinigt, nicht erteilt wird, s. Art. 86m Abs. 8 Sitzverlegungsrichtlinie. Welche Auswirkungen das in Bezug auf die deutsche Mitbestimmung haben könnte, bleibt abzuwarten. 29 BGBl. I 2017, 1416.
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b) Steuerrechtliche Anlässe Sieht man die Möglichkeit zur Umstrukturierung als Teil der Freiheit zur erstmaligen Wahl und Änderung der Rechtsform, gilt Folgendes: Wenn aus rein steuerlichen Motiven umstrukturiert wird, kann darin kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO liegen; zumindest, wenn eine neue Struktur auf Dauer angelegt ist.30 Soweit das nicht der Fall ist, können nur Halte- oder Vorbesitzfristen greifen, aber nicht generell der § 42 AO. Auch dazu mehrere Beispiele:
aa) „Debt-push-down“-Strukturen Soweit eine Kapitalgesellschaft, das „Target“, erworben wird, ist es erste Aufgabe des Steuergestalters, die Zinsen für die Fremdfinanzierung des Anteilserwerbs mit den operativen Gewinnen des Targets verrechnen zu können. Das kann häufig durch die Begründung einer Organschaft zwischen Akquisitionsgesellschaft und Target mittels eines Gewinnabführungsvertrages erfolgen. Aber auch eine Verschmelzung kann eine Lösung sein.31
bb) Verlustverwertung Das UmwStG 1995 enthielt eine entscheidende Verbesserung bei der Besteuerung von Verschmelzungen einer Körperschaft auf eine andere. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG ging ein Verlustvortrag über, wobei eine Verlustmantelverwertung ausgeschlossen war. Das ist mittlerweile durch das SEStEG Ende 2006 abgeschafft worden, wohl vor allem auch aufgrund der Sorge, dass so ausländische Verluste ins Inland importiert werden könnten.32 Deshalb gilt im Inlandsfall nunmehr der Rat, immer auf die Verlustgesellschaft zu verschmelzen. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt darin nicht, wie das Hessische FG mit Urteil vom 29.11.201733 zutreffend entschied.
30 BFH v. 23.10.1996 – I 55/95, BStBl. II 1998, 19. 31 Siehe zu den Gestaltungsmöglichkeiten z.B. Breuninger in FS Raupach, 2006, S. 437 ff. 32 Vgl. zur Rechtsentwicklung Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 33 ff. 33 FG Hessen v. 29.11.2017 – 4 K 127/15, EFG 2018, 486 (nrkr.).
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Jedoch wird das im Revisionsverfahren I R 2/18 durch den I. Senat des BFH zu beurteilen sein. Der dortige Fall ist ein Gestaltungsfall, der unter dem Stichwort „Monetarisierung von Verlusten“ wohl unter die vorgesehenen, neuen Steueranzeigepflichten fallen würde und bereits zu einer Neuregelung in § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG durch das AmtshilfeRLUmsG bei Anmeldung zum Handelsregister ab dem 6.6.2013 (§ 27 Abs. 12 UmwStG) führte. Danach ist es nicht mehr zulässig, Gewinne des übertragenden Rechtsträgers im maximal achtmonatigen Rückwirkungszeitraum mit den Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers zu verrechnen (§ 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG i.d.F. durch das AmtshilfeRLUmsG). Eine Ausnahme besteht nur, wenn der übertragende und der übernehmende Rechtsträger bereits vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages verbundene Unternehmen i.S.v. § 271 Abs. 2 HGB waren, § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG. Aber ein genereller Ausschluss der Verlustverrechnung nach der Verschmelzung auf eine Verlustgesellschaft ist weiterhin zu Recht nicht vorgesehen.
cc) Steuervorteile durch „Step up“-Modelle Auf dieses durch das UmwStG 1995 eröffnete, aber mittlerweile durch eine Gesetzesänderung überholte, „steuereffiziente Erwerbermodell“ wurde bereits oben unter II. 2. a) bb) in einem Beispiel dargestellt.
V. Fazit Mein Fazit fällt kurz aus: Es gibt eine Vielzahl von steuer- und wirtschaftsrechtlichen Anlässen von Umstrukturierungen. Diese Anlässe und Motive für eine Umstrukturierung müssen für die Besteuerung unerheblich bleiben. Es herrscht Rechtsformwahlfreiheit bei Gründung und diese muss auch gewährleistet sein, wenn das bestehende rechtliche Instrumentarium für Umstrukturierungen genutzt wird. Das gilt jedenfalls, soweit keine speziellen Beschränkungen wie Vorbesitzoder Haltefristen greifen und die neue Struktur auf Dauer angelegt ist. Selbst wenn in diesem Fall aus rein steuerlichen Motiven umstrukturiert wird, ist das kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO.
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Dabei sind Umstrukturierungen äußerst komplexe Projekte, die Fehleranfälligkeit ist hoch. Deshalb sollte es innerhalb eines Zeitkorridors Rückabwicklungsmöglichkeiten auch im Ertragssteuerrecht geben, wie das z.B. § 16 GrEStG für die Grunderwerbsteuer oder § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (z.B. beim Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 BGB) vorsieht. Ebenso sollten Antragsrechte (zur Buchwertfortführung) nachgeholt und geändert werden können.
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Ökonomische Grundlagen von Umstrukturierungen Prof. Dr. iur. Gerhard Kraft Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
I. Fragestellungen II. Konstruktionselemente eines ökonomischen Umstrukturierungsbegriffs 1. Terminologie 2. Dimensionen unternehmerischer Umstrukturierung: Strukturen, Prozesse, Ziele III. Umstrukturierungsmotive 1. Allgemein identifizierbare Motive 2. Kapitalmarktorientierte Unternehmen a) Valide Umstrukturierungsmotive aa) Economies of …-Hypothesen bb) Weitere unternehmerische Umstrukturierungsmotive b) Dubiose Umstrukturierungsmotive 3. Inhabergeleitete Unternehmen a) Asset Protection b) Sicherung des Lebenswerks – Die Macht der „toten Hand“ c) Etablierung unternehmerischer Stiftungsstrukturen d) „Familienpool“ (Etablierung von Familien-Vermögensverwaltungs-Gesellschaften als Umstrukturierungsmotiv) 4. Häufung von Umstrukturierungsmotiven als Regelfall IV. Defizite („fallacies“) der ökonomischen Theorie im Hinblick auf die Erklärung von Unternehmensumstrukturierungen
1. Fehlen einer geschlossenen Theorie basierend auf stringenter Axiomatik zur Beschreibung und Erklärung von Restrukturierungsprozessen 2. Defizite der Neoklassik bei der Erklärung unternehmerischer Umstrukturierungsprozesse; Williamson-Puzzle 3. Fehlende Erklärung für „MergerWaves“ V. Ökonomische Erklärungsansätze für Umstrukturierungen 1. Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsschwerpunkte betreffend unternehmerische Umstrukturierungen 2. Nettobarwertmaximierung als Strategievorgabe für das Management bei einer Trennung von Eigentum und Kontrolle 3. Die Hybris-Hypothese (The Hubris Hypothesis of Corporate Takeovers) VI. Umstrukturierungs-Performance 1. Grundlagen 2. „Wealth Destruction on a Massive Scale“/„Large Loss Deals“ – Hauptgründe für nicht erfolgreiche M&A-Transaktionen 3. Demergers erfolgreicher als Mergers 4. Ergebnisse arbeitswissenschaftlicher Studien
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Kraft – Ökonomische Grundlagen 5. „Post-Deal“-Übernahmeperformance von diversifizierten gegenüber fokussierten Unternehmen
VII. Zusammenfassung
I. Fragestellungen Umstrukturierungen als Bestandteil betriebswirtschaftlicher Realität vieler Unternehmen sind prägend für die Entwicklung von Volkswirtschaften.1 Eine wirtschaftswissenschaftliche Annäherung an das Phänomen der Umstrukturierung setzt sich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – mit den folgenden Fragestellungen auseinander: –
Wie verstehen die ökonomischen Wissenschaften gemeinhin Umstrukturierungen?
–
Welche Umstrukturierungsmotive lassen sich aus ökonomischer Perspektive identifizieren? Was sind mögliche Ursachen von Umstrukturierungen?
–
Welchen Beitrag vermag die ökonomische Theorie zur Erklärung von Umstrukturierungen zu leisten?
–
Wo versagen theoretische Erklärungsversuche?
–
Welche ungeklärten Umstrukturierungsphänomene existieren aus ökonomischer Sicht?
–
Existieren belastbare Aussagen zur Umstrukturierungsperformance?
Vor diesem Hintergrund versuchen die nachfolgenden Ausführungen eine ökonomische Grundlage unternehmerischer Umstrukturierungen zu legen.
II. Konstruktionselemente eines ökonomischen Umstrukturierungsbegriffs 1. Terminologie Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Umstrukturierung, Umwandlung, Restrukturierung und auch Sanierung oftmals synonym
1 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 21.
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Kraft – Ökonomische Grundlagen
verwendet2. Bei dem Begriff der Unternehmensumstrukturierung handelt es sich somit um einen überaus heterogen gebrauchten Terminus3. Weder stellt er einen Rechtsbegriff dar noch wird er in der Unternehmenspraxis oder in der betriebswirtschaftlichen Theorie einheitlich gebraucht. Ebenso wenig hat der Begriff der Umstrukturierung eine Legaldefinition erfahren. Das betriebswirtschaftliche Schrifttum versteht unter Umstrukturierung regelmäßig die Veränderung der Struktur, mithin den Aufbau eines Unternehmens4. Der im Gegensatz zu kurzfristig wandelbaren unternehmerischen Prozessen relativ langsam veränderbare Aufbau der Unternehmung ist durch konstitutive bzw. strukturbestimmende Entscheidungen festgelegt. Er lässt sich durch die folgenden Merkmale charakterisieren: –
die Unternehmensziele;
–
die Unternehmensgröße;
–
den Standort bzw. die Standortwahlentscheidungen;
–
die Organisation;
–
die langfristigen Funktionsentscheidungen;
–
den personellen Aufbau;
–
die Stakeholderexposition;
–
die Eigentümer- bzw. Inhaberstruktur.
Als Umstrukturierung sind damit generell Veränderungen einer oder mehrerer Elemente der Unternehmensstruktur bezeichnet. Dass die Inhaberstruktur entscheidenden Einfluss auf das Ob und Wie von Umstrukturierungen hat, kommt bereits in Titeln einschlägiger Untersuchungen wie „The Effects of Ownership Structure on Corporate Restructuring“ zum Ausdruck.5
2 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 21. 3 Vgl. Kraft, in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG 2019, Grundlagen Betriebswirtschaft, Rz. 120. 4 Vgl. Förster, Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, 1991, 14 m.w.N; Arnold, Umstrukturierung inländischer Konzerne unter Beachtung des § 6a GrEStG, Wiesbaden 2015, 12. 5 Eingehend dazu Bethel/Liebeskind, The Effects of Ownership Structure on Corporate Restructuring, Strategic Management Journal, 1993, 15–31.
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Kraft – Ökonomische Grundlagen
Im internationalen Sprachgebrauch findet der Begriff der „Restrukturierung“ Verwendung, der in der deutschen Sprache inhaltlich mit dem der Umstrukturierung identisch ist. Aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomie (NIÖ) stellt die Umstrukturierung von Unternehmen gewissermaßen ein Paradigma des institutionellen Wandels dar, verkörpern Unternehmen doch neben Märkten und Staaten die zentralen Institutionen. Als interessant erweist sich terminologisch schließlich noch ein kurzer Blick auf die höchstrichterliche Judikatur, deren Begriffsverständnis eine erhebliche Nähe zur betriebswirtschaftlichen Terminologie zu Tage fördert. So kommt dem Umstrukturierungsbegriff im Kontext gesellschaftsrechtlich relevanter Kompetenzverteilungsfragen eine besondere Bedeutung zu, wenn der Kernbereich des für eine Gesellschaft charakteristischen Unternehmensgegenstandes auf Dauer modifiziert wird6. Die Judikatur des BFH assoziiert „betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen“ im Kontext der Absicht der Erzielung eines Totalgewinns mit solchen Umstrukturierungsmaßnahmen, die nach dem Erkenntnishorizont eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Gewerbetreibenden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit „geeignet“ sind, dass die Maßnahmen innerhalb eines – in Abhängigkeit vom Gegenstand und Art des jeweiligen Betriebes – überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen7. Die Analyse der wesentlichen Konstruktionselemente des hier zugrunde gelegten ökonomischen Umstrukturierungsbegriffs weist darauf hin, dass dieser weit und heterogen verstanden wird. Definitorisch lassen sich unter ihn nahezu sämtliche unternehmerische Reorganisationsmaßnahmen strategischer Natur fassen, die mit oder ohne Veränderungen in der Eigentümerstruktur, im Zielsystem der beteiligten Entitäten sowie weiterer konstitutiver Strukturelemente einhergehen.8 In jedem Fall erweist sich der Begriff der Umstrukturierung als deutlich weiter als der rechtlich geprägte, aus § 1 Abs. 1 UmwG abgeleitete Terminus der Umwandlung. Dieser steht bekanntlich als Oberbegriff für die rechtlichen Figuren Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel und Vermögensübertragung. Die Weite des unternehmerischen Umstrukturierungsbegriffs lässt es zu, darunter neben den gesellschaftsrechtlichen Umorganisationsmaßnahmen 6 Vgl. Henze, Entscheidungen und Kompetenzen der Organe in der AG: Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung, BB 2001, 53 (60). 7 Vgl. BFH v. 21.7.2004 – X R 33/03, BB 2004, 2499. 8 Vgl. DePamphilis, Mergers, Acquisitions, and Other Restructuring Activities, 2011, 565 ff.
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Kraft – Ökonomische Grundlagen
beispielsweise auch Sanierungen notleidender Unternehmen, Erwerbsoder Veräußerungsstrategien im Wege der Übertragung von Unternehmensanteilen oder Einzelwirtschaftsgütern sowie Börsengänge in der Form von IPOs (Initial Public Offering) ebenso wie sog. „Delistings“ zu fassen. Ein Element, welches dem Begriff der unternehmerischen Umstrukturierung inzidenter innezuwohnen scheint, ist in dem Befund zu sehen, dass sie primär deshalb vorgenommen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Einheiten zu verbessern oder zu stärken9. In der betriebswirtschaftlichen und unternehmensrechtlichen Literatur wird i.d.R. strikt zwischen der Rechts- und Organisationsstruktur von Unternehmen (und Unternehmensverbünden) unterschieden10. Die Ursache dafür ist in den verschiedenartigen Untersuchungsgegenständen zu suchen. Die rechtliche Struktur, auch als juristische, statutarische, Kapital- oder Beteiligungs-Struktur bezeichnet, stellt die Rechtsformen der einzelnen Gesellschaften sowie deren kapitalmäßigen und rechtlichen Beziehungen untereinander in den Vordergrund. Die Analyse der Organisationsstruktur widmet sich demgegenüber der Optimierung von Entscheidungs- und Kontrollsystemen im unternehmerischen Kontext. Deckungsgleichheit von Rechts- und Organisationsstruktur kann vorliegen, allerdings besteht insoweit keine Zwangsläufigkeit.
2. Dimensionen unternehmerischer Umstrukturierung: Strukturen, Prozesse, Ziele Unternehmerische Umstrukturierung lässt sich somit zusammenfassend als zielgerichteter Prozess charakterisieren, der bestehende Strukturen in neue Strukturen überführt11. Umstrukturierungen definieren sich demgemäß – auf höherer Abstraktionsebene – über eine Strukturdimension, eine Prozessdimension und eine Zieldimension. Erstere fragt danach, welche Strukturen angepasst werden sollen, zweite danach, wie die Anpassung der Strukturen erfolgt und letztere danach, mit welchem Ziel die
9 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 20. 10 Vgl. Bühner, Rechtsform und Organisationsstruktur, in Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 1993, 1842 (1847). 11 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 22.
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Kraft – Ökonomische Grundlagen
Umstrukturierung erfolgt12. Anders gewendet sind unter der Strukturdimension insoweit die strukturbeschreibenden Elemente eines Unternehmens zu verstehen, hinsichtlich der Zieldimension stellt ein (wohl-)definiertes Unternehmensziel bzw. ein unternehmerisches Zielsystem den Ausgangspunkt der Analyse dar. Die Prozessdimension umfasst den Anpassungsprozess im Hinblick auf das definierte Ziel bzw. Zielsystem, wobei sämtliche Anpassungen zielgerichtet vor dem Hintergrund des bzw. der jeweilig damit verfolgten Ziele erfolgen13. Die zentralen Charakteristika einer unternehmerischen Umstrukturierung sind mithin darin zu sehen, dass diese die Veränderungen einer oder mehrerer Elemente der Unternehmensstruktur bewirken. Bei einer Umstrukturierung werden entweder alle drei oder aber nur einzelne dieser Dimensionen angepasst. Da Umstrukturierungen nach unbestrittener Auffassung in der Betriebswirtschaftslehre in die Kompetenz der höchsten Managementebene fallen, stellt in sog. umweltoffenen Systemen die Strukturgestaltung und -entwicklung (Restrukturierung) einen Hauptansatzpunkt des Managements dar, um die Aktivitäten der Organisation mit den Anforderungen der Umwelt abzustimmen und die längerfristigen Ziele der Organisation zu erreichen. Über die essentiellen Charakteristika des Umstrukturierungsbegriffs dürfte auch international weitgehend Einigkeit bestehen. Dies zeigt sich – hier nur beispielhaft – in entsprechenden begrifflichen Umschreibungen: „Restructuring can encompass a broad range of transactions, including selling lines of business or making significant acquisitions, changing capital structure through infusion of high levels of debt, and changing the internal organization of the firm.“14 Ebenso: „Corporate restructuring can straightforwardly be defined as, a major change in the composition of a firm’s assets combined with a major change in its corporate strategy.“15
12 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 20. 13 Vgl. Heidecke/Süß/Hoefer, Betriebswirtschaftliche Grundlagen zu Umstrukturierungen, in Funktionsverlagerung und Verrechnungspreise. Rechtsgrundlagen, Bewertungen, Praxistipps, 2017, 49. 14 Vgl. Bowman/Singh, Corporate Restructuring: Reconfiguring the Firm, Strategic Management Journal 1993, 5. 15 Vgl. Heugens/Schenk, Rethinking corporate restructuring, Journal of Public Affairs, Vol. 4 No. 1, 2004, pp. 87–101; Hoskisson/Turk, Corporate restructu-
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III. Umstrukturierungsmotive Im Hinblick auf die Analyse von Umstrukturierungsmotiven hat theoretisch wie empirisch die Corporate Finance-Forschung Pionierarbeit geleistet. Diesbezügliche Standardwerke stellen Umstrukturierungsmotive primär aus der Optik kapitalmarktorientierter Unternehmen vor, nachfolgend werden zusätzlich Motive unternehmerischer Umstrukturierungen mit allgemeinem Geltungsanspruch unabhängig vom Unternehmenstyp sowie Besonderheiten inhabergeleiteter Unternehmen diskutiert.
1. Allgemein identifizierbare Motive Die Literatur identifiziert vielfältige Motive für Umstrukturierungen, insbesondere in der Form von Akquisitionen.16 So stellen Copeland und Weston die fünf Motivgruppen „Efficiency, Information, Agency problems, Market power, Taxes“ zur Diskussion.17 Brealey/Myers/Allen18 diskutieren die Motivgruppen „Sensible Motives for Mergers: Economies of Scale, Economies of Vertical Integration, Combining Complementary Resources, Unused Tax Shields, Use for Surplus Funds, Eliminating Inefficiencies. Dubious Reasons for Mergers: Diversification, Bootstrap Game (Earnings per Share), Lower Financing Cost.“ Berk/DeMarzo19 stellen ähnlich ab auf „Economies of Scale and Scope, Vertical Integration, Expertise, Monopoly Gains, Efficiency Gains, Tax Savings from Operating Losses“. DePamphilis20 verweist darauf, dass in der Realität regelmäßig eine Vielzahl von Umstrukturierungsmotiven zu identifizieren seien und nennt die folgenden: „Synergy (operating and financial), Diversification, Strategic Realignment, Hubris and the ‚Winners Curse‘, Buying Undervalued Assets (The Q-Ratio), Mismanagement (Agency Problems), Tax Considerations, Misevaluation.“
16 17 18 19 20
ring: Governance and control limits of the internal capital market, Academy of Management Review, 15(3): 459–77. Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 301. Vgl. Copeland/Weston, Financial Theory and Corporate Policy, 1988, 683–690. Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 809 ff. Vgl. Berk/DeMarzo, Corporate Finance, 4th global ed., 2017, 998 ff. Vgl. DePamphilis, Mergers, Acquisitions, and Other Restructuring Activities, 2011, 18 ff.
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Das deutschsprachige Schrifttum21 unterscheidet hinsichtlich der Umstrukturierungsmotive, die bei sämtlichen Kategorien von Unternehmenstypen nachgewiesen werden können, zwischen unternehmensexternen und unternehmensinternen Motiven. Erstere umfassen insbesondere Marktentwicklungen, technische Entwicklungen sowie gesetzliche und andere hoheitliche Einflüsse. Unternehmensinterne Motive stellen demgegenüber zunächst auf Veränderungen der Unternehmungsgröße ab. Insoweit stellen sowohl Expansionsbestrebungen als auch „downsizing“Strategien maßgebliche Treiber unternehmerischer interner Umstrukturierungsmaßnahmen dar. Änderungen des unternehmerischen Zielsystems implizierten nahezu stets angepasste Strukturen. Auch wenn die Generierung unternehmerischer Zielsysteme in der Praxis einen oft vernachlässigten Schritt darstellt, kommt ihr höchste Bedeutung zu. In Unternehmensumstrukturierungen spiegeln sich demzufolge Zieländerungen wider. Regelmäßig werden Zieländerungen mit hierarchischen Zielanordnungen verknüpft sein, mithin der Etablierung von OberzielUnterziel-Relationen. Diese erleichtern einerseits die Prüfung des Zielsystems auf Vollständigkeit und Nichtredundanz, andererseits implizieren sie strukturelle Vorgaben, die durch geeignete Umstrukturierungen implementiert werden. Aus strategischer Perspektive22 lassen sich die geschäftspolitischen Gründe als zentrale Ursachen für Unternehmensrestrukturierungen anführen. Dabei sollen hier nur die Stichworte der Flexibilisierung, der Rationalisierung, der angestrebten Haftungsminderung, der unterstützenden Vorbereitung von Veräußerungs- oder Kooperationsvorhaben, der Eingliederung erworbener Tochtergesellschaften sowie der Sanierung angeführt werden. Der langfristigen strategischen Ausrichtung von Unternehmensveränderungen kommt zentrale Bedeutung für unternehmerischen Erfolg zu.23 Schließlich scheinen allgemeinen finanzwirtschaftlichen neben organisatorischen und personalwirtschaftlichen Gründen im Kontext von Um-
21 Exemplarisch Förster, Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, 1991, 19–31 m.w.N. 22 Vgl. Stock-Homburg, Nichts ist so konstant wie die Veränderung: Ein Überblick über 16 Jahre empirische Change Management-Forschung, ZfB 2007, 795 (805 ff.). 23 Vgl. Stock-Homburg, Nichts ist so konstant wie die Veränderung: Ein Überblick über 16 Jahre empirische Change Management-Forschung, ZfB 2007, 795 (805 ff.).
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strukturierungsmotiven hohe Bedeutung zuzukommen.24 Auch steuerliche Gründe werden immer wieder angeführt, empirische Nachweise hingegen, dass primär steuerliche Motive als „Treiber“ von Unternehmensumstrukturierungen identifiziert werden können, finden sich in der Literatur kaum.
2. Kapitalmarktorientierte Unternehmen Zu Anlässen bzw. Motiven der Umstrukturierung im Kontext von kapitalmarktorientierten Unternehmen ist insbesondere das internationale Schrifttum unüberschaubar. Eine im Schrifttum entwickelte operationale Unterteilung diesbezüglicher spezieller Umstrukturierungsmotive in valide und dubiose Umstrukturierungsmotive wird nachfolgend zugrunde gelegt, wobei einzuräumen ist, dass diese Unterteilung nicht bis in letzte Verästelungen überschneidungsfrei sein kann.
a) Valide Umstrukturierungsmotive An validen Umstrukturierungsmotiven lässt sich als allgemeine Anforderung formulieren, ob der Wert der umstrukturierten Unternehmung bzw. Unternehmenseinheit nach vollzogener Umstrukturierung höher ist als vor der Umstrukturierung. Da eine kontrafaktische Analyse insoweit unmöglich ist, wird die Antwort häufig nicht eindeutig ausfallen können bzw. sich bestimmter stellvertretenden Maßgrößen („proxies“) bedienen, um den Umstrukturierungserfolg zu bestimmen. Speziell mit Blick auf einen zentralen Teilbereich unternehmerischer Umstrukturierungen, nämlich sämtliche M&A-Aktivitäten („Mergers & Acquisitions“), stellt sich hierbei im Hinblick auf die Bewertung von Umstrukturierungsmotiven die Frage, ob Gründe dafür identifiziert werden können, dass zwei Unternehmen zusammen mehr wert sein könnten als wenn sie getrennt wären.25
aa) Economies of …-Hypothesen Eine zentrale argumentative Rolle bezüglich unternehmerischer Umstrukturierungen nehmen die sog. „Economies of …“-Hypothesen ein,
24 Vgl. Förster, Umstrukturierung deutscher Tochtergesellschaften im Ertragsteuerrecht, 1991, 28. 25 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 808.
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namentlich die „Economies of scale, scope, vertical integration, horizontal integration“.26 Das Konzept der economies of scale stellt auf die Beziehung zwischen Größenordnung der Produktion und Wirtschaftlichkeit ab.27 So findet sich empirische Evidenz dafür, dass große Einheiten Skalenerträge bzw. Ersparnisse durch die Produktion von Gütern in hohen Stückzahlen erwirtschaften können, die kleineren Einheiten nicht möglich sind.28 Letztlich hängt das Ausmaß des Vorteils davon ab, ob sich beim Vorliegen von Fixkosten eine erwünschte Stückkostendegression einstellt.29 Interessant in diesem Kontext dürfte der Hinweis aus transaktionskostentheoretischer Perspektive sein, wonach im Rahmen von Umstrukturierungen, insbesondere von Unternehmenszusammenschlüssen, die vermeintlichen Vorteile der „economies of scale“ häufig mit „diseconomies of bureaucracy“30 überbezahlt werden. Das Konzept der „economies of scope“ begründet Kostenvorteile von Unternehmensgröße bei heterogenen Produktprogrammen. Seine empirische Validierung ist deutlich ungeklärter als dies bei den „economies of scale“ der Fall ist.31 Als Erklärungsmuster für Umstrukturierungen vermag das Konzept der „economies of scope“ dann tauglich zu sein, wenn infolge einer Akquisition die Gesamtkosten niedriger ausfallen als die der einzelnen Unternehmungen.32 Regelmäßig wird der argumentative Ansatz des „economies of scope“-Konzeptes dann Erklärungswert haben, 26 Als Synergieeffekte werden insbesondere die „Economies of Scale“ und „Economies of Scope“ aufgeführt. Vgl. Witt, Unternehmen in Deutschland, Akquisitionsmotive und Integration in das Käuferunternehmen, 2019, 14. 27 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 173 ff. 28 Vgl. Berk/DeMarzo, Corporate Finance, 4th global ed., 2017, 59. Es wurde vor allem in den 60er Jahren verstärkt diskutiert, indessen wurde es bereits 1910 als „Gesetz der Massenproduktion“ von Karl Blücher formuliert. Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 173. 29 Zu den Grenzen der „economies of scale“-Argumentation weiterführend Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 173 und Pausenberger, Stichwort Unternehmenszusammenschlüsse, in Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 1993, 4443. 30 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 23 u. 174; Williamson, Mergers, Acquisitions, and Leveraged Buyouts: An efficiency Assessment, in Gary Libecap (Hrsg.), Corporate reorganization through mergers, acquisition, and leveraged buyouts, 1988, 55 (59). 31 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 173. 32 Vgl. Witt, Unternehmen in Deutschland, Akquisitionsmotive und Integration in das Käuferunternehmen, 2019, 14.
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wenn die Kosten der gemeinsamen Produktion eines diversifizierten Produktionsprogramms nach einer Umstrukturierung geringer ausfallen als die Kosten mehrerer getrennter, einzelner Produktionen innerhalb verschiedener Entitäten. Empirisch kommt dem Ansatz dann Relevanz zu, wenn gleiche Faktoren in unterschiedlichen Produktbereichen bzw. Produktionsprozessen genutzt werden können, „ohne in entsprechendem Maße zusätzliche Kosten zu verursachen“.33 Zu den „economies of scale“ und den „economies of scope“ treten mit den „economies of vertical integration“ und den „economies of horizontal integration“ zwei weitere „economies of“-Hypothesen, denen ein hoher Erklärungswert für Umstrukturierungsprozesse zukommt. Während im Kontext der horizontalen Integration die Kombination zweier oder mehrerer Unternehmen gleicher Stufe im Produktionsprozess oder in der „supply chain“ angesprochen ist, bezieht sich die vertikale Integration auf die Verschmelzung oder den Erwerb von Unternehmen mit „Käufer-Verkäufer-Beziehungen“ vor der Transaktion.34 Horizontalen Unternehmenskombinationen wird üblicherweise die Fähigkeit zugeschrieben, aufgrund der gegenseitigen Kenntnis der jeweiligen Geschäftsmodelle redundante Kosten zu eliminieren.35 Dies deutet darauf hin, dass horizontal kombinierte Unternehmen die Auswirkungen der Kombination auf den Produktmarkt besser abschätzen können als nicht-horizontale Transaktionspartner (wie etwa im Falle von Diversifikationen). Demgemäß deuten empirische Erkenntnisse darauf hin, dass im Falle horizontaler Integrationsstrategien die Produktqualität konvergiert und die Produktpreise fallen. Dies wird als Indiz für eingetretene Kostensenkungen interpretiert.36 Die vertikale Integration bezieht sich auf Transaktionen von Unternehmen der gleichen Branche in verschiedenen Stufen des Produktionsprozesses. Der zentrale Nutzen der vertikalen Integration wird in der Koordination gesehen. Zentrale Kontrolle soll dabei die Fokussierung auf
33 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 174; Pausenberger 1993, Stichwort Unternehmenszusammenschlüsse, in Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre, 4444. 34 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 157. 35 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 157. 36 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 157.
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gemeinsame Ziele hin erleichtern.37 Vertikal integrierte Unternehmen sind nach der Transaktion typischerweise groß und sehen sich demgemäß den Nachteilen großer Einheiten exponiert.
bb) Weitere unternehmerische Umstrukturierungsmotive Daneben werden als valide unternehmerische Umstrukturierungsmotive die Nutzung komplementärer Ressourcen (Complementary Resources), die Investition sog. „Surplus Funds“ sowie die Elimination ansonsten bestehender Ineffizienzen (eliminating inefficiencies) angeführt.38 Die Nutzung komplementärer Ressourcen ist häufig in Konstellationen gegeben, in denen kleine Unternehmen zwar über ein singuläres Produktprogramm, nicht jedoch über die Fertigungs- und Vertriebsorganisation verfügen, um dieses Produktprogramm großzahlig herzustellen und zu vermarkten.39 In derartigen Konstellationen können sich Umstrukturierungen als ökonomisch gerechtfertigt erweisen, um die komplementären Ressourcen – jedes der betroffenen Unternehmen verfügt über das, was die jeweils andere benötigt – beider Partner eines Umstrukturierungsprozesses zu bündeln. Empirisch nachweisbar in jüngerer Vergangenheit waren derart induzierte Umstrukturierungsprozesse häufig in der Pharmabranche.40 Ein weiteres Argument für kombinatorische Umstrukturierungen, welches insbesondere in Branchen mit hohem Reifegrad (mature industries) anzutreffen ist, besteht in der Anlage sog. „Surplus Funds“. Idealtypisch und aufgrund normativer theoretischer Erwägungen sollten reife Unternehmen hoher Maturität zwar ihre überschüssigen liquiden Mittel, für die sich keine lohnenden Investitionsprojekte anbieten, via Dividendenzahlungen oder Aktienrückkaufprogrammen an ihre Risikokapitalgeber, die Anteilsinhaber, transferieren. Indessen lässt sich eine empirisch zu beobachtende Unwilligkeit der Manager solcher Unternehmen feststellen, eine derartige Schrumpfung umzusetzen. Ist mit anderen Worten ein Unternehmen dieses beschriebenen Typs unwillig, eigene Aktien zurückzukaufen, wird sie häufig geneigt sein, in Aktien anderer Unternehmen 37 Vgl. Berk/DeMarzo, Corporate Finance, 4th global ed., 2017, 999. 38 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 810. 39 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 810. 40 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 810.
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zu investieren. Daher finanzieren hochliquide Unternehmen mangels attraktiver Investitionsprojekte häufig Erwerbe mit Barmitteln als Weg der Anlage ihrer überschüssigen Liquidität.41 Schließlich besteht ein weiteres Umstrukturierungsmotiv in der schlichten Beseitigung identifizierter Ineffizienzen (eliminating inefficiencies). Ein Umstrukturierungsprozess verknüpft mit dem Erwerb eines Zielunternehmens kann in solchen Konstellationen zu nachweisbaren Effizienzsteigerungen führen.42 Der von Martin/McConell43 nachgewiesene Befund in diesem Kontext, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass „Chief Executives“ übernommener Unternehmen im Jahr nach der Übernahme ersetzt werden, vier Mal so hoch ist als während früherer Jahre, dürfte demzufolge der Intuition entsprechen. Eng verknüpft mit diesem Phänomen ist die sog. „Management-Replacement“-Hypothese44 als Erklärungsansatz für umstrukturierende Unternehmensübernahmen, wonach der Markt für Unternehmenskontrolle auch der Disziplinierung des Managements dient, indem er als Sanktionsmechanismus für opportunistisches Verhalten und schlechtes Management fungiert.
b) Dubiose Umstrukturierungsmotive Dubiose Umstrukturierungsmotive bei kapitalmarktorientierten Unternehmen – als Auswahl zu verstehen – können gesehen werden in der Diversifikationsargumentation, in der argumentativen Behauptung erhöhter „earnings per share“ sowie der Kapitalkostensenkung.45 Als dubios hinsichtlich des Diversifikationsarguments wird ins Feld geführt, dass es dem Anteilsinhaber von Gesellschaften, deren Manager diese Argumentationslinie für Übernahmeaktivitäten und andere M&A-Prozesse als Argument unterbreiten, im Regelfall durch entsprechende Gestaltung ihres Anlageportfolios selbst möglich ist, ihre Risiken zu diversifizieren. Daher steht die Vermutung hinter solchen argumentativen Ansätzen, dass die Manager nicht im Sinne ihrer Risikokapitalgeber (den Anteilsinhabern) 41 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 811. 42 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 811. 43 Vgl. Martin/McConnell, Corporate Performance, Corporate Takeovers, and Management Turnover, Journal of Finance 1991, 671-687. 44 Vgl. Schön, Mergers & Acquisitions als strategisches Instrument, 2013, 40, m.w.N. 45 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 812 ff.
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handeln, sondern eigene Ziele verfolgen und damit ein „moral hazard“Problem schaffen. Stichworte hier sind „Empire Building“, „shirking“ sowie „consumption on the job“. Erklärungsansätze vielfältiger Art leistet hier das Gedankengebäude der principal-agent-Theorie. Das mit dem Argument erhöhter „earnings per share“ verknüpfte Problem ist im Schrifttum als „bootstrap game“ bekanntgeworden. Ob Unternehmensreorganisationen tatsächlich zu Kapitalkostensenkungen führen, ist empirisch nicht eindeutig belegbar, daher dürfte der Klassifikation als „dubioses“ Motiv Berechtigung zukommen.
3. Inhabergeleitete Unternehmen a) Asset Protection Asset Protection kann umschrieben werden als Schutz von Vermögenswerten vor einem Vollstreckungszugriff. Das haftungs- wie steuerrechtlich motivierte historische Paradigma der „asset protection“ stellt im deutschen Rechtskreis die Betriebsaufspaltung dar. Der unternehmensumstrukturierende Weg in die Betriebsaufspaltung war mithin bereits in der Gestaltungspraxis präsent, bevor der Anglizismus zum Modewort der Strukturierung unternehmerischen Familienvermögens wurde. Als Maßnahmen der Asset Protection werden u.a. genannt die Vermögenstrennung, bestimmte geeignete güterrechtliche Maßnahmen, die Vermögensübertragung auf den Ehegatten oder Kinder sowie die Implementierung einer (privatnützigen) Familienstiftung46. Gemeinsam ist diesen Maßnahmen der Asset Protection zweierlei, nämlich der innewohnende Umstrukturierungscharakter sowie der rechtliche Befund, dass im Regelfall mit Asset Protection ein Verlust der rechtlichen Verfügungs- und Einflussnahmemöglichkeit einhergeht. Aus diesem Grunde kann es angesichts der Kernidee der Asset Protection kaum verwundern, dass die Übertragung von Vermögenspositionen auf eine Stiftung als verselbständigtem Rechtsträger als Musterbeispiel angeführt wird. Im Schrifttum wird daher immer wieder darauf hingewiesen, dass Unternehmensstiftungen ebenso wie Familienstiftungen als Instrument der sog. Asset Protection eingesetzt werden können.
46 Vgl. Münch, Handbuch Familiensteuerrecht, 2015, Rz. 22 ff.
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b) Sicherung des Lebenswerks – Die Macht der „toten Hand“ Die Sicherung ihres Lebenswerks durch eine Unternehmerpersönlichkeit wird häufig als zentrales Desiderat über das Ableben hinaus formuliert.47 Die Schaffung eines „perpetuum mobile“, das zur Verewigung bestimmter wirtschaftlicher Verhältnisse einsetzbar ist und das gewissermaßen postmortale unternehmerische Macht gewährt, wird daher nicht selten als Petitum der sich aus der operativen Verantwortung graduell zurückziehenden Unternehmerpersönlichkeit zu identifizieren sein.48 Ein derartiger Rückzug kann mit einer Regelung der Unternehmensnachfolge in engem inhaltlichem Zusammenhang stehen, die sich als eine „Testamentsvollstreckung ad infinitum“ erweist. Das zentrale Anliegen wird dann häufig darin bestehen, über den Tod der Unternehmerpatriarchin oder des Unternehmerpatriarchen hinaus die Verwaltung eines Unternehmens in ihrem bzw. in seinem Sinne sicherzustellen. Aus diesem Grund hat sich metaphorisch die Sprachregelung der „Testamentsvollstreckung der toten Hand“ eingebürgert. Da in den seltensten Fällen die diesen Zielen dienlichen Strukturen bereits errichtet sind, bedingt der Wunsch nach Etablierung entsprechender Konzeptionen regelmäßig massive Umstrukturierungsmaßnahmen. Diese binden regelmäßig erhebliche unternehmerische Kapazitäten und führen zu grundlegenden Anpassungsmaßnahmen der rechtlichen sowie der wirtschaftlichen Aufbaustruktur insbesondere inhabergeleiteter Unternehmen.
c) Etablierung unternehmerischer Stiftungsstrukturen Die Unternehmensstiftung kann Erträge und Nutzungen des übertragenen Vermögens der Familie des Unternehmers/Stifters und unter gewissen Einschränkungen auch ihm selbst zur Verfügung stellen. In gewissen Grenzen kann das Stiftungsvermögen dann zumindest wirtschaftlich beim Stifter und seiner Familie verbleiben. Vollumfänglich lässt sich allerdings auch mit dem Instrument einer Unternehmensstiftung nicht erreichen, dass der nach Asset Protection Strebende auch nach Stiftungsgründung uneingeschränkt über das Vermögen der Unternehmensstiftung verfügen kann. Ein zentraler Vorteil der Unternehmensstiftung 47 Vgl. Kraft, Grundprobleme der steuerlichen Behandlung unbeschränkt steuerpflichtiger privatnütziger Familienstiftungen, DStR 2016, 2825. 48 Vgl. Heuser/Frye, Die deutsche Familienstiftung – steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für Familienvermögen, BB 2011, 983 (994).
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ist hierbei, dass diese – anders als eine Gesellschaft – keine Anteilseigner hat. Das Stiftungsvermögen haftet daher nicht für Verbindlichkeiten des Stifters.
d) „Familienpool“ (Etablierung von Familien-Vermögensverwaltungs-Gesellschaften als Umstrukturierungsmotiv) Als „Familienpool“ bezeichnete Gesellschaften stellen in der Gestaltungs- und Kautelarpraxis beliebte Gestaltungsinstrumente dar, um privates und betriebliches Familienvermögen zu bündeln49. Derartige Entitäten existieren im Regelfall nicht von Beginn an einer (familien-)unternehmerischen Betätigung, sondern ihre Etablierungsnotwendigkeit ist erst im Laufe eines oftmals langjährigen Prozesses angezeigt. Regelmäßig angeführte Gründe für Familienpools sind u.a. in der Vermögensbündelung, der schrittweisen Vermögensübertragung sowie in der Steuerplanung zu sehen50. Unabhängig von der im Einzelfall zu wählenden Rechtsform bedingt der Weg in eine „Familienpool“-Konzeption eine Umstrukturierung mindestens von Vermögenspositionen, Eigentumsrechten, unternehmerischer Strategie sowie Kompetenzverteilung.
4. Häufung von Umstrukturierungsmotiven als Regelfall Sowohl bei kapitalmarktorientierten als auch bei inhabergeleiteten Unternehmen liegt die Vermutung nahe, dass in den seltensten Fällen ein singuläres Motiv Pate für die unternehmerische Reorganisationsmaßnahme gestanden hat. Vielmehr werden in aller Regel mehrfache Motive den Ausschlag für eine Umstrukturierung gegeben haben. Dies lässt sich anhand einer Entwicklung der jüngeren Vergangenheit exemplifizieren. Im Zuge des vom BVerfG dem Gesetzgeber gesetzten Zeitpunkts des 30.6.2016 für ein reformiertes Erbschaftsteuerrecht strukturierten sich zahlreiche große Familienunternehmen massiv um. Eine häufig beobachtete Variante dabei war die Implementierung einer Struktur, die sich privatnütziger Familienstiftungen bediente.51
49 Vgl. Ott, Die Familien-Vermögensverwaltungs-GmbH & Co. KG in der Steuerberatung, Stbg 2019, 251. 50 Vgl. Werner, Die Familienstiftung als Baustein der Unternehmens- und Vermögensnachfolge, NWB 2018, 2332. 51 Vgl. Kraft, Grundprobleme der steuerlichen Behandlung unbeschränkt steuerpflichtiger privatnütziger Familienstiftungen, DStR 2016, 2825.
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Der Versuch, diese Umstrukturierungswelle zu erklären, fördert zutage, dass regelmäßig nicht ein einziges, singulär isolierbares und identifizierbares Umstrukturierungsmotiv im Vordergrund gestanden haben dürfte. Vielmehr drängt sich die Hypothese auf, dass mehrere Motive mit – im Einzelfall unterschiedlicher Gewichtung – dafür auszumachen waren. Eine besondere Rolle könnten diesbezüglich neben erbschaftsteuerlichen Optimierungsmotiven die Sicherung des unternehmerischen Lebenswerks sowie ggf. auch Aspekte der „asset protection“ gespielt haben. Ebenso wenig kann ausgeschlossen werden, dass das „cascade“-Phänomen52 eine Rolle gespielt haben könnte.
IV. Defizite („fallacies“) der ökonomischen Theorie im Hinblick auf die Erklärung von Unternehmensumstrukturierungen 1. Fehlen einer geschlossenen Theorie basierend auf stringenter Axiomatik zur Beschreibung und Erklärung von Restrukturierungsprozessen Eine in sich geschlossene Theorie zur Beschreibung und Erklärung von Restrukturierungsprozessen kann im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum nicht nachgewiesen werden. Die ökonomischen Grundlagen unternehmerischer Umstrukturierungen lassen sich offenbar nicht mit einer eleganten, axiomatisch fundierten allgemeinen Theorie im Sinne der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie vom Arrow-Debreu-Typus erklären.53 Aber auch angesichts des Fehlens einer ausdifferenzierten Axiomatik liefern Einzelaspekte der ökonomischen Theorie einen hohen Erklärungswert im Sinne eines „predictive value“. Das wirtschaftswissenschaftliche Theoriengebäude ist mithin imstande, unternehmerische Umstrukturierungsprozesse zu erklären, zu systematisieren sowie insbesondere Handlungsanweisungen hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit von unternehmerischen Umstrukturierungsmaßnahmen zu entwickeln.
52 Durchaus als in gewissem Sinne „Herdentrieb“ zu verstehen. 53 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, 413, 2, 13.
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2. Defizite der Neoklassik bei der Erklärung unternehmerischer Umstrukturierungsprozesse; Williamson-Puzzle Die sog. neoklassische Theorie vermag keinen nennenswerten Beitrag zur Erklärung von unternehmerischen Umstrukturierungen zu leisten. Dies liegt primär an den Grundannahmen dieses Theoriengebäudes. Die Neoklassik ist in einer „sonderbaren Welt kostenloser Transaktionen“ angesiedelt54, Veränderungsprozesse und institutioneller Wandel bedürfen demzufolge keiner Modellierung. Das Fehlen von Transaktionskosten bedingt, dass Institutionen keine Rolle spielen. Demzufolge kommt in der neoklassischen wirtschaftstheoretischen Erklärungswelt dem – in der ökonomischen Realität in höchstem Maße relevanten – Phänomen des institutionellen Wandels als Paradigma unternehmerischer Umstrukturierung keine Bedeutung zu. Erst die Denkstilistik der NIÖ befasst sich in Ansätzen mit dem Phänomen der Umstrukturierung von Unternehmen, was darin seine Erklärung findet, dass erstens unternehmerische Umstrukturierungsprozesse Transaktionskosten verursachen und zweitens neben Märkten und Staaten als die zentralen Institutionen beschrieben werden. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass trotz unbestreitbarer Fortschritte durch die NIÖ das in der NIÖ-Literatur unter dem „Williamson-Rätsel“ (Williamson-Puzzle) bekanntgewordene Phänomen als nicht gelöst beurteilt werden muss. Mit dem Williamson-Puzzle wird die von Oliver Williamson gestellte Frage verstanden: „Warum kann ein Großunternehmen nicht alles tun, was eine Gruppe kleiner Unternehmen tun kann, und noch mehr?“. Williamson hat diese Fragestellung anhand von Problemen rund um eine Fusion entwickelt und exemplifiziert, insbesondere fokussiert auf die Frage nach der durch Umstrukturierungsmaßnahmen erzielbaren optimalen Unternehmensgröße. Es geht darum, zu erkennen, welcher Faktor (welche Faktoren) für die Begrenzung der Unternehmensgröße ursächlich ist (sind). Untersucht wurden diese Fragestellungen im Kontext von Fusionen, als geklärt kann die Frage nach der optimalen Unternehmensgröße aus der Perspektive der NIÖ – wie die Konnotation als „Puzzle“ suggeriert – nicht bezeichnet werden.55 54 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, 413, 13. 55 Vgl. Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl. 2010, 413. Nach diesen Autoren ist Williamson’s Antwort auf die Frage weniger abstrakt als die von Coase und basiert auf einer ausführlichen institutionenvergleichenden Untersuchung, die zeigt, dass erschwerende Faktoren bei Fusionen, sich verändernde Verfügungsrechte und sich damit ebenfalls ändernde Anrei-
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3. Fehlende Erklärung für „Merger-Waves“ Theorie wie Empirie weisen darauf hin, dass sich historisch immer wieder sog. Merger-Wellen („merger waves“; „demerger waves“) beobachten ließen. Entsprechende Forschungsergebnisse basieren zwar in ausgeprägtem Umfang auf Analysen der US-amerikanischen Volkswirtschaft, lassen sich indessen gleichwohl auf andere vergleichbar entwickelte Ökonomien übertragen. Im Schrifttum werden seit der Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert sechs Mergerwellen beschrieben, derzeit lassen sich Anzeichen für die siebte merger wave in entwickelten Volkswirtschaften anführen, die um die Jahre 2013/2014 begonnen hat und in den folgenden Jahren noch angedauert hat.56 Aus der Perspektive der ökonomischen Theorie in höchstem Maße verwunderlich dürfte sein, dass bislang eine überzeugende theoretische Erklärung für die in Wellenbewegungen auftretenden Übernahmeaktivitäten fehlt. Diese Problematik zählt einem Standardwerk57 zufolge zu den ungeklärten Bereichen der Corporate Finance-Theorie.
ze und ökonomisches Verhalten als institutionelle Erklärung der Probleme rund um eine Fusion interpretiert werden können. Angewendet wird das Problem bei Williamson auf Situationen, in denen ein Eigentümer-Unternehmer in einer größeren Einheit aufgeht, in der ein Zulieferer einem Käufer Vermögenswerte überträgt. Dabei wird argumentiert, dass die Nachbildung der starken wirtschaftlichen Anreize des Marktes von einem Unternehmen nicht ohne erhebliche zusätzliche Kosten möglich ist. Demzufolge wird als offensichtlicher Vorteil der Integration identifiziert, dass diese die F&E-Zusammenarbeit erleichtert. 56 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, Preface xi: „However, by 2013 and 2014, M&A volume rebounded strongly and has continued in the years that followed.“ Ähnlich Ching, What Drives Merger Waves? A Study of the Seven Historical Merger Waves in the U.S., 2019, Scripps Senior Theses, 1294: „Since we are in the midst of a merger wave, the new data could possibly help to identify a new pattern and clarify the causes of these waves.“ S. auch Deloitte (2019), S. 1: „76 percent of M&A executives at US-headquartered corporations and 87 percent of M&A leaders at domestic private equity firms expect the number of deals their organizations will close over the next year to increase.“ 57 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 888.
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Gleichwohl mangelt es nicht an Erklärungsansätzen von merger waves.58 Forschungsergebnisse weisen bislang auf eine Kombination von ökonomischen, regulatorischen und technologischen Schocks als Auslöser von merger waves hin.59 So weisen Mitchell/Mulherin60 auf folgenden empirisch zutage geförderten Befund hin: „The interindustry patterns in the rate of takeovers and restructurings are directly related to the economic shocks borne by the sample industries.“ Als durch entsprechende Forschungsergebnisse abgesichert dürfte aktuell gelten, dass merger waves zwar nicht ausschließlich, aber auch durch imitatives Verhalten, mithin durch einen Herdentrieb, verursacht sein könnten, die in der ökonomischen Theorie mitunter auch als „cascade“ bezeichnet werden.61 Da Finanzmärkte solche Unternehmen belohnen, die frühzeitig Chancen ergreifen („first-mover“), und umgekehrt der Kapitalmarkt diejenigen Unternehmen abstraft, die im Zyklus später folgen, erweist sich die Antizipation von merger waves als zentrale Management-Aufgabe.62 Dieser Befund erklärt, dass regelmäßig Unternehmenskäufe zu Beginn von Akquisitionswellen i.d.R. höhere Renditen als zu einem späteren Zeitpunkt erbringen.
V. Ökonomische Erklärungsansätze für Umstrukturierungen 1. Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsschwerpunkte betreffend unternehmerische Umstrukturierungen Schwerpunkte wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsansätze in Bezug auf unternehmerische Umstrukturierungsprozesse lassen sich in den Bereichen Umstrukturierungsmotive, Erklärung von Umstrukturierungsmaßnahmen sowie in der Umstrukturierungsperformance nach-
58 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisition, 6. Aufl. 2016, 168. 59 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 42. 60 Vgl. Mitchell/Mulherin, The impact of industry shocks on takeover and restructuring activity, Journal of Financial Economics 1996, 193–229. 61 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 889; einführend zu „cascades“ Bikhchandani/Hirschleifer/Welch, Learning from the Behavior of Others: Conformity, Fads, and Informational Cascades, Journal of Economic Perspectives 1998, 151–170. 62 Vgl. Kraft in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG 2019, Grundlagen Betriebswirtschaft, Rz. 428.
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weisen.63 Demzufolge sind zahlreiche Forschungsdisziplinen der Wirtschaftswissenschaften und insbesondere der Betriebswirtschaftslehre involviert. Die wirtschaftswissenschaftlichen Teilgebiete des Strategischen Managements, der Institutionellen Theorie sowie ausgesprochen prominent der Finanzierungstheorie sind explikativ in besonderem Maße präsent. Insbesondere der ökonomische Forschungsansatz „Corporate Finance“ interpretiert und modelliert M&A-Aktivitäten als Teil eines breiten „market for corporate control“, also eines Markts für Unternehmensgestaltung und Unternehmenssteuerung.64 Zu nennen sind schließlich noch personalwirtschaftliche, organisationswissenschaftliche sowie rechnungswesenbezogene Bereiche, die sich seit langem intensiv mit dem Forschungsfeld unternehmerischer Umstrukturierungen auseinandersetzen.
2. Nettobarwertmaximierung als Strategievorgabe für das Management bei einer Trennung von Eigentum und Kontrolle Trotz des Fehlens eines geschlossenen Theoriengebäudes hält die wirtschaftswissenschaftliche Theorie wertvolle Erklärungsansätze für Unternehmensumstrukturierungen bereit. Moderne ökonomische Erkenntnisse der Finanzierungstheorie stellen hierbei den zentralen explanativen Ansatz dar. Basierend auf der in kapitalmarktgetriebenen Systemen identifizierbaren Konfliktlage zwischen Management und Eigentümern des Unternehmens, mithin im Kontext einer Trennung von Eigentum und Kontrolle (Klassisches Paradigma: Seperation of ownership and control), lässt sich als Strategievorgabe für das Management die Nettobarwertmaximierung als strategische Handlungsmaxime ableiten.65 Synonym könnte auch von Nettokapitalwertmaximierung der Projekt-cash-flows
63 Vgl. Heugens/Schenk, Rethinking corporate restructuring, Journal of Public Affairs, Vol. 4 No. 1, 2004, pp. 87–101; Bowman/Singh, Corporate Restructuring: Reconfiguring the Firm, Strategic Management Journal 1993, 5. 64 „[T]he market for corporate control is best viewed as an arena in which managerial teams compete for the rights to manage corporate resources“, so die beiden maßgeblichen M&A-Theoretiker Michael C. Jensen und Richard S. Ruback im Jahr 1983. Vgl. Jensen/Ruback, Takeovers: The scientific evidence, Journal of Financial Economics 1983, 5. Der M&A-Markt wird seitdem traditionell als „Market for Corporate Control“ bezeichnet, also ein Markt, auf dem Rechte für Unternehmenskontrolle und -gestaltung gehandelt werden. 65 Vgl. Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 130–149.
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gesprochen werden.66 Die Nettobarwertmaximierung als strategische Handlungsvorgabe für das Management bewirkt, dass – unabhängig von den individuellen Präferenzen der Anteilsinhaber (Prinzipale bzw. Risikokapitalgeber) – der größte ökonomische Nutzen für die Anteilsinhaber in der Maximierung des „net present value“ zur Auswahl anstehender Investitionsprojekte der Unternehmung besteht. Das Net Present ValueKriterium, „the NPV rule“, wird im finanzierungstheoretischen Schrifttum auch als „golden rule of financial decision making“ bezeichnet.67 Umstrukturierungen bewirken veränderte cash-flows bzw. können Veränderungen der cash-flows im Verhältnis zum Zustand der Nicht-Umstrukturierung verursachen. Deshalb ist auf Zahlungsströme abzustellen, nicht auf sonstige Ersatzgrößen wie handelsbilanzielle Gewinne, kalkulatorische Erfolgsgrößen o.Ä. Die hier schlagwortartig zitierten „Glaubenssätze“ der modernen Investitions- und Finanzierungstheorie – „Cash is what matters“; „Cash is fact, earnings is just an opinion“ – legen hiervon beredtes Zeugnis ab. Formelhaft können aufgrund vorstehender Ausführungen für Umstrukturierungen die folgenden Handlungsmaximen abgeleitet werden. Allgemein gilt für jegliche unternehmerische Umstrukturierungsmaßnahme, dass diese dann aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnend ist, wenn sich ein „Umstrukturierungsgewinn“68 ergibt. Mit anderen Worten muss der „net present value“, der Nettobarwert der umstrukturierten Unternehmung A nach der Umstrukturierungsmaßnahme höher sein als vorher, um die Vorteilhaftigkeit einer Umstrukturierungsmaßnahme bei Firma A zu beschreiben. Dann muss gelten: PVA mit Umstrukturierung – PVA ohne Umstrukturierung . 0. 66 Dass der Begriff des Zahlungsstroms bzw. der „cash-flow“ auch im Steuerrecht verbreitet ist zeigen bespielsweise die nachfolgenden BFH-Entscheidungen: BFH, Beschl. v. 19.7.1995 – X R 48/94, BStBl. II 1995, 882; BFH, Beschl. v. 25.11.1996 – VI R 8/90, BStBl. II 1997, 215; BFH, Urt. v. 2.12.2015 – I R 83/ 13, BStBl. II 2016, 831; BFH, Urt. v. 13.10.2016 – IV R 33/13, BStBl. II 2018, 81; BFH, Urt. v. 6.7.2016 – I R 25/14, BStBl. II 2018, 124; BFH, Urt. v. 7.2.2018 – X R 10/16, BStBl. II 2018, 630; BFH, Urt. v. 11.10.2018 – III R 37/17, BStBl. II 2019, 275. Auch in der Finanzverwaltung wurde offenbar die Relevanz des Begriffs erkannt, vgl. BMF, Glossar „Verrechnungspreise“, BStBl. I 2014, 838. 67 Vgl. Berk/DeMarzo, Corporate Finance, 4th global ed., 2017, 59. 68 Gewinn ist dabei nicht im Sinne einer handelsbilanziellen Gewinngröße zu verstehen, sondern wurzelt aus der Übersetzung des originalsprachlichen Begriffs „gain“.
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Für den Spezialfall einer Verschmelzung gilt Analoges, anlässlich der Verschmelzung zweier Unternehmen A und B muss sich ein „Verschmelzungsgewinn“ einstellen, der finanzierungstheoretisch dann gegeben ist, wenn der Nettobarwert der nach Verschmelzung entstandenen Entität größer ist als die Summe der Nettobarwerte beider getrennter Unternehmen vor Verschmelzung. Dann muss gelten: PVAB – (PVA + PVB) . 0. Nach gleichem Muster kann die Vorteilhaftigkeit von Abspaltungs-, Aufspaltungs- oder „equity-carve-out“-Projekten formal als „Spaltungsgewinn“ ausgedrückt werden. Entstehen aus dem Einheitsunternehmen AB nach der Transaktion zwei separat operierende Unternehmen A und B, so ist diese unternehmerische Strategiemaßnahme dann vorteilhaft, wenn folgende Bedingung erfüllt ist. Dann muss gelten: (PVA + PVB) – PVAB . 0. Der Umstrukturierungs-, Verschmelzungs- oder Spaltungserfolg lässt sich jeweils leicht durch eine einfache arithmetische Umformung errechnen. Das skizzierte gedankliche Modell der „net present value maximization“ beansprucht im Übrigen auch in unternehmerischen Kontexten Gültigkeit, in denen Eigentum und Kontrolle nicht separiert sind, mithin ebenfalls in inhabergeleiteten Unternehmen. Auch hier erweist sich die Handlungsmaxime „Maximiere den Nettobarwert von Investitionsprojekten“ als präferenzfreies Vorteilhaftigkeitskriterium für sämtliche Risikokapitalgeber. Wird eine unternehmerische Umstrukturierung nun als Investitionsprojekt modelliert, so hat die Maxime der Nettobarwertmaximierung der umstrukturierungsbedingten cash-flows zur Folge, dass eine Umstrukturierung dann angezeigt ist, wenn eine bzw. mehrere Umstrukturierungsmaßnahmen den „net present value“ für die Anteilsinhaber maximieren. Dass es ökonomisch angezeigt ist, eine Umstrukturierung als Investition zu modellieren, findet seine Erklärung darin, dass Umstrukturierungen typischerweise mit einer oder mehreren Auszahlungen beginnen und ebenso typischerweise künftige Einzahlungsüberschüsse zu verschiedenen Zeitpunkten erwarten lassen. Damit unterfallen sie dem klassischen finanzwirtschaftlichen Investitionsbegriff. Die Orientierung an auf einen Bewertungszeitpunkt abdiskontierten Zahlungsströmen ermöglicht es, auch Steuerzahlungen oder sogar die
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im Kontext von Umstrukturierungsvorgängen mitunter relevant werdenden Missbrauchserwägungen formal und quantitativ abzubilden. So lassen sich umstrukturierungsbedingte Steuerzahlungen, seien es durch die Umstrukturierung ausgelöste Transaktionssteuern wie die Grunderwerbsteuer, seien es Ertragsteuern, die aus umstrukturierungsbedingt realisierten stillen Reserven resultieren, unschwer als sog. negative Zielbeiträge in dem relevanten Zahlungsstrom einpreisen, der die „cashflow“-Wirkungen einer unternehmerischen Umstrukturierungsmaßnahme abbildet. Die quantitative Berücksichtigung etwaiger Missbrauchsrisiken lässt sich – wie jede Art von Unsicherheit – durch entsprechende Hypothesen über die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Missbrauchsvorwurfs erfassen und demgemäß formal und quantitativ abbilden. Aus den vorstehenden Überlegungen lässt sich als Imperativ ableiten, dass es aus ökonomischer Sicht zu zentralen Daueraufgaben des Managements zählt, durch Umstrukturierungsprojekte jeglicher Couleur den Nettobarwert des Unternehmens zu maximieren. Entsprechende Umstrukturierungsprojekte können vielfältiger Natur sein, seien es interne Reorganisationsprojekte im Sinne eines gesellschaftsrechtsrechtlichen „streamlining“ einer Unternehmensgruppe, seien es Abspaltungs-, Aufspaltungs- oder „equity-carve-out-Projekte“, IPOs oder seien es M&A-Aktivitäten. Maximieren derartige Projekte den Nettobarwert des Unternehmens, sind sie – aus der Perspektive der modernen betriebswirtschaftlichen Theorie – für die Risikokapitalgeber unabhängig von deren subjektiven Präferenzen Wert optimierend. Da Umstrukturierungen veränderte cash-flows im Verhältnis zum Zustand der Nicht-Umstrukturierung verursachen, besteht für das mit Umstrukturierungen befasste Management die simple Handlungsanweisung, solche Umstrukturierungsmaßnahmen umzusetzen, die den „net present value“ – wohlgemerkt der Projekt-cash-flows – maximieren. Die naheliegende und mit „Structure follows strategy“ griffig formulierte Erklärungshypothese für unternehmerische Umstrukturierungen basiert bei näherem Hinsehen auf der Nettokapitalwertmaximierungshypothese. Denn in Analogie zu der 1962 von Chandler formulierten „Structure follows strategy“-Maxime erfordern unternehmerische Strategiemaßmaßnahmen angepasste Unternehmensstrukturen, deren rechtliche und organisatorische Ausgestaltung wesentlich durch die verfolgten Geschäftsmodelle bestimmt werden. Anders ausgedrückt determiniert das verfolgte unternehmerische Zielsystem – operationalisierbar mittels
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der unternehmerischen Zielfunktion – die unternehmerischen Strukturen. Sind diese am Nettobarwertmaximierungskriterium orientiert, führt die „Structure follows strategy“-Maxime zur gleichen Handlungsanweisung für das Management wie die Nettobarwertmaximierungshypothese.
3. Die Hybris-Hypothese (The Hubris Hypothesis of Corporate Takeovers) In einem sog. „seminal article“ formulierte Roll69 im Jahre 1986 die Selbstüberschätzungs- oder Hybris-Hypothese. Kernaussage ist, dass M&A-Transaktionen auf Grundlage der Selbstüberschätzung des Managements der „bidding firm“, also des übernehmenden Unternehmens, zustande kommen können und in der Folge nicht den Unternehmenswert steigern70. Die Hybris-Theorie basiert auf der Markteffizienzhypothese, wonach Unternehmen durch effiziente Kapitalmärkte korrekt bewertet werden. Die auf Eugene Fama zurückgehende Theorie effizienter Kapitalmärkte unterscheidet drei Formen von Kapitalmarkteffizienz, die schwache Kapitalmarkteffizienz (weak capital market efficiency), die halbstrenge Kapitalmarkteffizienz (semi-strong capital market efficiency) sowie die strenge Kapitalmarkteffizienz (strong capital market efficiency). Die schwache Kapitalmarkteffizienz basiert auf der Überlegung, dass sämtliche in den historischen Kursen eines Wertpapiers enthaltenen Informationen im aktuellen Kurs verarbeitet sind. Nach der halbstrengen Kapitalmarkteffizienz sind neben den historischen Kursen auch alle weiteren öffentlich zugänglichen bewertungsrelevanten Informationen bereits im aktuellen Kurs enthalten. Bei der strengen Kapitalmarkteffizienz wird angenommen, dass nicht nur öffentlich zugängliche Informationen, sondern darüber hinaus auch diejenigen bewertungsrelevanten Informationen, die nicht öffentlich zugänglich sind, im aktuellen Kurs berücksichtigt sind. Auch wenn die Annahme strenger Kapitalmarkteffizienz umstritten ist, stellt sie die Basis der Hybris-Hypothese und damit ein taugliches Erklärungsmuster dar. Denn unter den Bedingungen der strengen Kapitalmarkteffizienz kann gezeigt werden, dass der aus einer Unternehmensbewertung resultierende Unternehmens69 Vgl. Roll, The hubris hypothesis of corporate takeovers, Journal of Business 1986, 197–216. Online unter: https://www.jstor.org/stable/2353017 (abgerufen am 3.6.2020). 70 Vgl. Roll, The hubris hypothesis of corporate takeovers, Journal of Business 1986, 197–216. Online unter: https://www.jstor.org/stable/2353017 (abgerufen am 3.6.2020).
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wert eines Zielunternehmens identisch mit seinem Marktpreis sein muss71. Ist das Management des erwerbenden Unternehmens mithin bereit, eine Übernahmeprämie zu zahlen, so wird damit suggeriert, dass es eine bessere Einschätzung hat als der Markt. Anders gewendet lässt sich argumentieren, eine Übernahme könne dementsprechend nur dann begründet werden, wenn die Unternehmensführung des Käuferunternehmens die Überzeugung besitzt, auf Grundlage eigener Fähigkeiten zusätzliche Wertpotentiale des Akquisitionsobjekts zu realisieren72. Unter Berücksichtigung der Markteffizienzhypothese werden indessen sämtliche für den Preis relevanten Informationen bereits vom Kapitalmarkt antizipiert. Demzufolge ist nach Rolls Argumentation die Einschätzung des Managements des übernehmenden Unternehmens als eher unrealistisch einzustufen. Roll belegt das aus der Selbstüberschätzung resultierende übersteigerte Selbstvertrauen mit dem pejorativen Begriff der Hybris. Diese hat zur Folge, dass der eigenen subjektiven Einschätzung eher vertraut wird als den vom Markt antizipierten Preisen. Derartige Transaktionen sind regelmäßig nicht im Interesse der Anteilseigner, weshalb dahinter persönliche Motive des Managements vermutet werden müssen73.
VI. Umstrukturierungs-Performance 1. Grundlagen Unter dem Titel „Corporate Restructuring – Reconfiguring the firm“ entwickeln Bowman/Singh74 basierend auf identifizierbarem Forschungsinteresse eine Aufteilung des Phänomens in Studien zum strategischen Management (corporate strategy), zur Finanzierungstheorie (finance) und zu den Organisationswissenschaften (organizational studies). Dieser Ansatz hat im internationalen Schrifttum hohe Verbreitung im Kontext der wissenschaftlichen Durchdringung von Umstrukturierungen gefunden, 71 Vgl. Wirtz, Mergers & Acquisitions Management: Strategie und Organisation von Unternehmenszusammenschlüssen, 2016, 74 f. 72 Vgl. Witt, Unternehmen in Deutschland, Akquisitionsmotive und Integration in das Käuferunternehmen, 2019, 26. 73 Vgl. Roll, The hubris hypothesis of corporate takeovers, Journal of Business 1986, 197–216. Online unter: https://www.jstor.org/stable/2353017 (abgerufen am 3.6.2020); Schön, Mergers & Acquisitions als strategisches Instrument, 2013, 66. 74 Vgl. Bowman/Singh, Corporate Restructuring: Reconfiguring the Firm, Strategic Management Journal 1993, 5–14.
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wofür beispielsweise aus der französischsprachigen Literatur als Beleg genügen soll, dass dieser Methodik „trois grandes catégories de restructurations“ zugrunde liegen.75 Bemerkenswert ist, dass diese Autoren nicht nur kapitalmarktbezogene Umstrukturierungsmaßnahmen in den Blick nehmen, die auf öffentlich zugänglichen finanziellen Größen wie Aktienkursen und Aktienkursreaktionen basieren. Vielmehr fassen sie den Begriff der Umstrukturierung weit und verweisen dabei auf eine überaus breite Forschungsmethodik sowie auf verschiedene theoretische Perspektiven auf das Phänomen der Unternehmensumstrukturierung, seine auslösenden Kräfte sowie seine Konsequenzen. Im Gesamtergebnis nach Analyse weiterer Forschungsbeiträge gelangen sie zum – erwarteten – Ergebnis, dass Umstrukturierungsmaßnahmen für ein Unternehmen vorteilhaft sein können (Overall, the research presented in this issue reports on pattern of organizational restructuring that can be effective for the firm.). Bowman/Singh76 betonen, dass es nach dem Stand der Forschung unter Verweis auf den grundlegenden Beitrag von Jensen/Ruback77 im Bereich unternehmerischer Akquisitionen nunmehr ein gutbekanntes Ergebnis sei, dass Aktienkursentwicklungen für Erwerber im Durchschnitt gering und statistisch nicht signifikant ausfielen. Jensen/Ruback fassen ihre Ergebnisse wie folgt zusammen: „The evidence indicates that corporate takeovers generalte positive gains, that target firm shareholders benefit, and that bidding firm shareholders do not lose.“78 Im weiten Feld der Umstrukturierungsperformance geht es im Kern um die Messbarkeit des Erfolgs von Umstrukturierungsmaßnahmen und Umstrukturierungsprozessen. Die Frage konzentriert sich darauf, ob empirische Erkenntnisse zu den Erfolgsfaktoren von Umstrukturierungen auszumachen sind und ob diese den Sinn bestimmter Restrukturierungsstrategien zu substantiieren imstande sind. Bekannt ist insoweit, dass bestimmten betriebswirtschaftlichen Untersuchungen zu entnehmen ist, 75 Vgl. Bunel/Gonzalez/Duhautois, Effets de court terme des restructurations sur l’emploi: une analyse sur données françaises 1996-2005, Revue française d’économie 2009, 85–124; abrufbar unter https://www.persee.fr/doc/rfeco_ 0769-0479_2009_num_24_2_1730. 76 Vgl. Bowman/Singh, Corporate Restructuring: Reconfiguring the Firm, Strategic Management Journal 1993, 5 (9). 77 Vgl. Jensen/Ruback, Takeovers: The scientific evidence, Journal of Financial Economics 1983, 1–52. 78 Vgl. Jensen/Ruback, Takeovers: The scientific evidence, Journal of Financial Economics 1983, 1–52.
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dass nur etwa 30–40 % der Übernahmen von Unternehmen in einem Sinne gelingen, dass sie den Wert des Übernehmers erhöhen79, wie entsprechenden betriebswirtschaftlichen Untersuchungen80 sowie Berichten aus der Wirtschaftspresse81 zu entnehmen ist. Andere Studien weisen andere Ergebnisse aus. Allerdings dürften bestimmte robuste Grundaussagen belastbar sein. Angesichts der ökonomischen Bedeutung der Erfolgsmessung von M&ATransaktionen und ihres möglichen Einflusses auf Wettbewerbsvorteile überrascht es nicht, dass während der vergangenen Dekaden dieses Forschungsfeld eine beeindruckende Zahl von Publikationen generiert hat. Die Problematik und das Bedürfnis zur wissenschaftlichen Durchdringung kommen in den Titeln zahlreicher einschlägiger Untersuchungen82 zum Ausdruck. Gleichwohl kann bis heute nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Verästelungen der „post-acquisition performance“ vollumfänglich geklärt wären. Vielmehr kann man sich einer Ansicht83 anschließen, die die ungeklärten diesbezüglichen Problemfelder wie folgt zusammenfasst: „Thus, despite decades of research, what impacts the financial performance of firms engaging in M&A activity remains largely unexplained.“ Es dürfte kaum überraschen, dass sich die Messung des Erfolgs von Umstrukturierungsmaßnahmen primär auf kapitalmarktorientierte Reorganisationsprozesse stützen muss. Denn primär insoweit sind öffentlich zugängliche Datensätze verfügbar. Daher ist es ebenso naheliegend, dass der primäre Fokus der Umstrukturierungs-Performance nahezu systembedingt auf M&A-Transaktionen liegen muss. Insoweit stehen Unternehmenszusammenschlüsse sowie – empirisch weitaus geringer untersucht – Unternehmensaufspaltungen im Fokus. 79 Vgl. Kraft in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG 2019, Grundlagen Betriebswirtschaft, Rz. 428. 80 Z.B. Gerds/Schewe, Post-Merger-Integration – Unternehmenserfolg durch Integration Excellence, 2009; die Zahl entsprechender Untersuchungen weltweit ist unüberschaubar; vgl. Austmann, ZGR 2009, 277–309. 81 Z.B. Klesse, Schnelle Truppe, Wirtschaftswoche Nr. 30 v. 21.7.2008, 56–57; Köhler, Fusionen ohne Früchte, Handelsblatt Nr. 144 v. 28.7.2008, 27. 82 Beispielhaft statt vieler: Zhang, Do Mergers and Acquisitions Create Value: Evidence from Chinese Listed Companies, Economic Research Journal 2003; Chen/Lin, Performance of cross-border mergers and acquisitions (M&A) by Chinese firms, 2009; Zollo/Meier, What is M&A performance, Academic Manage Perfect, 55–77. 83 King et al 2004, 198.
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Keine Beweise können dafür erbracht werden, dass alternative Strategien – z.B. strategische Allianzen oder Joint Ventures – ein höheres Erfolgspotential haben als M&A-Transaktionen. Dies mag damit zusammenhängen, dass die wenigen verfügbaren deutschen Untersuchungen auf Befragungen von Managern der an Fusionen und Unternehmenskäufen beteiligten Unternehmen basieren. Hinzuweisen ist schließlich auf eine jüngere Untersuchung im deutschsprachigen Schrifttum, die eine starke positive Assoziation zwischen Synergieankündigungen bei Unternehmensübernahmen und positiven Kapitalmarktreaktionen zutrage fördert.84
2. „Wealth Destruction on a Massive Scale“/„Large Loss Deals“ – Hauptgründe für nicht erfolgreiche M&A-Transaktionen Unternehmenszusammenschlüsse wurden primär im angelsächsischen, partiell auch im deutschsprachigen Raum bezüglich des Erfolgs untersucht. Die einschlägigen Studien unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Methodik und der Erfolgsdefinition deutlich, gemeinsam ist ihnen, dass durchgängig quantitative Messzahlen für den Erfolg mit bestimmten „technischen“ Charakteristika des Deals korreliert werden. In der Tendenz zeigen sie von Jansen85 als alarmierend bezeichnete Ergebnisse auf. Insbesondere US-Amerikanische Studien kommen häufig zu dem Ergebnis, dass die überwiegende Zahl der Akquisitionen nicht erfolgreich ist. Diese häufig anzutreffende Schlussfolgerung basiert methodisch in erster Linie auf der Analyse der Kursentwicklungen des Käufer- und/oder des Verkäuferunternehmens.86 Tendenziell ergeben sich eher hohe Gewinne für die Anteilseigner des Targetunternehmens, etwa durchschnittlich i.H.v. 20 % bei freundlicher Übernahme und gar 30–35 % bei feindlicher Übernahme. Keine Gewinne oder gar leichte Verluste werden oftmals für die Anteilseigner des Käuferunternehmens nachgewiesen. In Einzelfällen wurden indessen positive ungewöhnliche und unerwartete Erfolge für das Käuferunternehmen beobachtet. Typische Ursachen waren dabei häufig besonders gelagerte Umstände. So konnte das Phänomen abnormaler Renditen für das Käuferunternehmen insbesondere dann identifiziert 84 Vgl. Keienburg/Kengelbach/Mehring/Sievers, Wertgenerierung bei M&A Transaktionen durch Bekanntgabe von Synergien?, Corporate Finance 2019, 76. 85 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 377. 86 Eingehend zum Folgenden DePamphilis, Mergers, Acquisitions, and Other Restructuring Activities, 2011, Kap. 1, Tabelle 1–5.
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werden, wenn das Target ein nicht börsennotiertes Unternehmen und/ oder im Vergleich zum Käuferunternehmen relativ klein war. Auch scheinen sog. „first-mover-advantages“ eine Rolle zu spielen. Insbesondere Transaktionen, die relativ früh während einer sich abzeichnenden M&AWelle stattgefunden haben, haben sich für das Käuferunternehmen als vorteilhaft erwiesen. Hinsichtlich der Ergebnisse sind die bei Jansen diskutierten Studien im Detail unterschiedlicher Natur, von der Tendenz her fördern sie eher pessimistische Einschätzungen des Erfolgs von Akquisitionen zutage. Anhand der vorliegenden Analysen können offenbar drei Kernursachen des Scheiterns identifiziert werden, nämlich zum ersten eine überoptimistische Einschätzung der Situation, zum zweiten ein unzureichender Planungsprozess und zum dritten personelle, kulturelle und organisatorische Integrationsprobleme. Die nach obigen Ausführungen zur Hybris-Hypothese nicht unbedingt überraschende überoptimistische Einschätzung der Situation äußert sich im Einzelnen in der Überschätzung der Synergiepotentiale, zum anderen in einem überhöhten Kaufpreis. Der unzureichende Planungsprozess manifestiert sich in unzureichenden Markt- und Unternehmensanalysen, in der fehlenden Vorbereitung und Planung der einzelnen Phasen einer Akquisition sowie in der mangelnden Koordination der Teilpläne mit der Konzernstrategie87. Personelle, kulturelle und organisatorische Integrationsprobleme können einerseits in der Unterschätzung der personellen Probleme dokumentiert werden, andererseits in einer fehlenden Integrationsplanung, in der Nichtberücksichtigung der unterschiedlichen Kulturen sowie im Kommunikations- und Entscheidungsverhalten. Eine stärkere Verankerung dieses Befunds im Bewusstsein der Entscheidungsträger und Investoren ließe erwarten, dass die übliche anfängliche Euphorie vermutlich in vielen Fällen gedämpfter zum Ausdruck käme. Möglicherweise würden M&A-Projekte dann auch noch kritischer besichtigt und manche würden erst gar nicht in die Nähe einer ernst zu nehmenden Projektierungsphase gelangen. Wenn sich Ertragserwartungen nicht erfüllen, beruht dies nach betriebswirtlichen Erkenntnissen häufig nicht in erster Linie auf schlechter Strategie, sondern eher auf schlechter Umsetzung einer an sich guten Strategie. Zusammenfassend scheint wohl viel darauf hinzudeuten, dass die Hauptgründe für nicht erfolgreiche Mergers and Acquisitions (M&A)87 Vgl. Jansen, Mergers & Acquisitions, 6. Aufl. 2016, 377.
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Transaktionen in einem zu hohen Kaufpreis wegen überschätzter Synergien sowie in einer zu langsamen Integration des Targetunternehmens liegen dürften. Verbunden damit ist die mangelhafte strategische Ausrichtung der Unternehmenskomplexe im Hinblick auf übergeordnete Unternehmensziele, ferner dürften konfligierende Unternehmenskulturen einen Misserfolgsfaktor darstellen. Daneben können die Zahlungsmodalitäten ebenso wie die mangelhafte Kommunikation nach dem Kauf sowie ein überschätztes, gleichwohl schwaches Kerngeschäft auf der Targetseite ursächlich sein. Einzelne Studien mit plastischen Titulierungen wie „Wealth Destruction on a Massive Scale“88 umschreiben plakativ die Schwierigkeiten bei der „post-acquisition-integration“ und belegen somit die empirische Evidenz des Phänomens von „Large Loss Deals“89. Moeller/Schlingemann/Stulz90 berichten in ihrer empirischen Studie, dass die Aktionäre übernehmender Firmen von 1991 bis 2001 (the 1990s) aggregiert 216 Milliarden US-Dollar verloren haben, sie diskutieren dabei auch den Erklärungswert der Hybris-Hypothese. Verglichen mit dem Zeitraum 1980 bis 1990 (the 1980s) belief sich dieser Verlust auf mehr als 50 mal den in dieser Periode identifizierten Viermilliardenbetrag. Indessen weisen die Autoren darauf hin, dass die enormen Verluste das Ergebnis einer kleinen Anzahl von Akquisitions-Umstrukturierungen mit extrem großen Verlusten darstellt. Statistisch handelt es sich dabei um den „bottom tail“ der Verteilung.91 Ferner wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass zahlreiche kombinatorische Umstrukturierungen aus wirtschaftlicher Perspektive sinnvoll sind, gleichwohl fallieren, weil die Manager die komplexe Aufgabe der Integration zweier Unternehmen mit unterschiedlichen Produktionsprozessen, differierenden Systemen und Methoden im Rechnungswesen sowie divergierender Unternehmenskulturen nicht bewältigen. Geradezu anekdotisch muten zwei im M&A-Schrifttum intensiv diskutierte Beispiele an, der Zusammenschluss dreier japanischer Banken sowie die Daimler/Chrysler-Übernahme. Im Kontext der apostrophierten 88 Vgl. Moeller/Schlingemann/Stulz, Wealth Destruction on a Massive Scale, Journal of Finance 2005, 757 (768). 89 Vgl. Shleifer/Vishny, Stock Market Acquisitions, Journal of Financial Economics 2003, 295–312. 90 Vgl. Moeller/Schlingemann/Stulz, Wealth Destruction on a Massive Scale, Journal of Finance 2005, 757 (768). 91 Vgl. Moeller/Schlingemann/Stulz, Wealth Destruction on a Massive Scale, Journal of Finance 2005, 757 (759).
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japanischen Bankenfusion verfügten die drei Partner über jeweils unterschiedliche IT-Systeme, die ursächlich dafür waren, dass Auszahlungsmaschinen nicht funktionierten, der Verbleib von Kundeneinlagen über längere Zeiträume nicht aufklärbar waren und unternehmerische Kunden der fusionierten Bank ihrerseits ihren Kunden keine präzisen Auskünfte über die Erfüllung ihrer jeweiligen Zahlungsverpflichtungen nachweisen konnten.92 Enorme Kultur- und Vergütungsunterschiede werden als ausschlaggebend für den letztlich gescheiterten sog. Daimler/Chrysler-Deal identifiziert.93
3. Demergers erfolgreicher als Mergers Als relativ robust lässt sich die These formulieren, dass tendenziell „demergers“94 erfolgreicher als „mergers“ sind.95 So ist in der Kapitalmarkttheorie anerkannt, dass häufig die Märkte die Gesamtheit aus vormaligem Mutterunternehmen und abgespaltenem Geschäft der Tochtergesellschaft insgesamt höher bewerten als die Gesamtbewertung des Konglomerats vor Abspaltung dies hätte erwarten lassen. Dies mag damit zusammenhängen, dass sowohl die Muttergesellschaft als auch das abgespaltene Geschäft der Tochtergesellschaft nach der Abspaltung ein deutlich höheres Maß an unternehmensstrategischer Freiheit genießen. Diese wird konkret darin bestehen, Strategien zu entwickeln, qualifizierte Spezialisten und Entscheidungsträger effizient einzusetzen und organisatorische Strukturen zu realisieren, die sich im Hinblick auf klarer definierte und konsensual akzeptierte und dementsprechend formulierte Unterneh92 Die Erschaffung der Mizuho Bank und ihre Startprobleme werden beschrieben in ohne Verf., „Undispensable: A Fine Merger Yields One Fine Mess,“ The Economist v. 27.4.2002, 72; „Big, Bold, but …“, Euromoney, Dezember 2000, 30–35; „Godzilla Bank,“ Forbes v. 20.3.2000, 132–133; Brealey/Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 809. 93 Vgl. Vlasic/Stertz, „Taken for a Ride,“ Business Week, June 5, 2000; Brealey/ Myers/Allen, Principles of Corporate Finance, 11th global edition 2014, 808. 94 Vgl. zur begrifflichen Problematik von „Demergers“ Wirtz, Mergers & Acquisitions Management: Strategie und Organisation von Unternehmenszusammenschlüssen, 2016, 428 f. 95 Vgl. Bowman/Singh/Useem/Bhadury, When Does Restructuring Improve Economic Performance?, California Management Review 1999, 33–54 (48): „Portfolio restructurings also work well, with spin-offs bringing the highest returns, followed by sell-offs. In five out of six studies, the results are positive, indicating that portfolio changes generally yiel financial benefits.“
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mensziele in höherem Maße als zielführend erweisen. Entsprechende Erfolgsgeschichten scheinen empirisch belegt und sind in der empirischen Literatur nachgewiesen.96 Schenkt man entsprechenden Ergebnissen Glauben, scheint das entscheidende Erfolgspotential eines erfolgreichen spin-offs darin zu liegen, die strategische Ausrichtung des abgespaltenen Betriebsteils zu ändern.97 Diese mutmaßlich zentrale Quelle der Performancesteigerung wird flankiert von einer weiteren vermuteten Verbesserung, die mit einem gelungenen spin-off einherzugehen scheint.98 Eine mutmaßliche Ursache könnte darin vermutet werden, dass vormals bestehende Konflikte aufgrund unterschiedlicher strategischer Ziele von Mutterunternehmen und abzuspaltender Gesellschaft nach der Abspaltung nicht mehr bestehen. Schließlich scheint die These begründet, dass die mit dem innovativen und dynamischen Image einer abgespaltenen Gesellschaft verknüpfte Wahrnehmung sich als tendenziell attraktiv für Managementtalente erweist. Im Kontext der Frage, ob ein Geschäftsbereich nicht mehr als sinnvolle Ergänzung des Portfolios des Mutterunternehmens beurteilt wird und deshalb entweder abgespalten oder verkauft werden soll, sind naturgemäß viele Fragestellungen von Bedeutung. Zu vermuten steht, dass die Steuerneutralität in etlichen Jurisdiktionen den spin-off dem Verkauf als überlegen erscheinen lässt. Dies dürfte der Intuition entsprechen, zumal die
96 Huyett/Koller, Finding the Courage to Shrink, Spinning off businesses can have real advantages in creating value – if executives understand how, McKinsey Quarterly, August 2011, 2. Erhältlich unter https://www.mckinsey.com/ business-functions/strategy-and-corporate-finance/our-insights/finding-the-cou rage-to-shrink, abgerufen am 3.6.2020. 97 Exemplarisch liest sich folgende Notiz in der Börsen-Zeitung v. 29.4.2017: „Der New Yorker Hedgefonds Third Point hat sich am US-Industriekonzern Honeywell beteiligt und drängt auf ein Spin-off der Flugzeugsparte. Das zuletzt schwächelnde Geschäft mit der Luftfahrtindustrie sei der entscheidende Grund dafür, dass Honeywell an der Börse mit einem Abschlag von knapp einem Drittel im Vergleich mit Konkurrenten wie Emerson Electric oder Rockwell Automation bewertet werde, heißt es in einem Schreiben an die Aktionäre. Eine Abspaltung könnte den Unternehmenswert für Aktionäre um mehr als 20 Mrd. Dollar in die Höhe treiben und würde Honeywell die Möglichkeit geben, sich ganz auf die Geschäftsfelder Automation und Produktivität zu konzentrieren. Die Aktie legte vor dem Wochenende um bis zu 4 % zu. Die Marktkapitalisierung von Honeywell liegt bei gut 100 Mrd. Dollar.“ 98 Vgl. Gertner/Powers/Scharfenstein, Learning about Internal Capital Markets from Corporate Spin-offs, Journal of Finance 2002, 2479–2506.
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Verpflichtung zur Auflösung und Versteuerung stiller Reserven anlässlich eines Verkaufs im Einzelfall durchaus prohibitiv zu wirken vermag. Es lässt sich daher zusammenfassend feststellen, dass ein spin-off in vielen Fällen Vorteile für die Anteilseigner vermitteln kann. Die Abspaltung eines Geschäftsbereiches erfordert zwar unternehmerischen Mut. Sie ist indessen – auch empirisch validiert – im Strategieportfolio flexibler Unternehmen in vielen Fällen als strategische Maßnahme zu einer wertgenerierenden Entflechtungsstrategie zu zählen.
4. Ergebnisse arbeitswissenschaftlicher Studien Der European Restructuring Monitor berichtet seit 2002 regelmäßig über große Umstrukturierungen in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie in Norwegen. In der Ausgabe 201899 verweist er auf Forschungsergebnisse100, die adverse Konsequenzen für Mitarbeiter identifizieren, die nach einer Umstrukturierung in der umstrukturierten Unternehmung verbleiben. So verweisen einzelne arbeitswissenschaftlich fokussierte Studien im Hinblick auf Arbeitsbedingungen nach umgesetzten Umstrukturierungsprozessen teilweise auf Phänomene wie „innere Kündigung“, erhöhte krankheitsbedingte Absentismus-Quoten, erhöhte kardiovaskulär bedingte Sterblichkeitsziffern, Schlafstörungen, erhöhtes Stressempfinden, gestiegenen Blutdruckwerten und gestiegenem Konsum von psychotropischen Drogen und Alkoholkonsum betroffener Unternehmensmitarbeiter.101 Hinsichtlich der Analyse von Beschäftigungsniveaus nach einer Umstrukturierung kommen Bunel/Gonzalez/Duhautois102 zu dem – auf den ersten Blick möglicherweise eher kontraintuitiv anmutenden – Forschungsergebnis, dass zumindest kurzfristig ein positiver Effekt auf die Beschäftigung nachgewiesen werden kann, allerdings mit der Einschränkung, dass dieser Effekt von der Art der jeweiligen M&A-Strategie abhängt. 99 Vgl. European Restructuring Monitoring report 2018, Impact of restructuring on working conditions 2018, 13. 100 Die einschlägigen Untersuchungen sind dort zitiert. 101 Vgl. European Restructuring Monitoring report 2018, Impact of restructuring on working conditions 2018, 13 mit Quellenangabe einschlägiger Studien. 102 Vgl. Bunel/Gonzalez/Duhautois, Effets de court terme des restructurations sur l’emploi: une analyse sur données françaises 1996-2005, Revue française d’économie 2009, 85–124; abrufbar unter https://www.persee.fr/doc/rfeco_ 0769-0479_2009_num_24_2_1730.
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In einer Studie zum Zusammenhang zwischen der umstrukturierungsbedingten Freisetzung von Arbeitnehmern und unternehmerischer Performance in börsennotierten und nicht-börsennotierten Gesellschaften gelangen Reynaud/Degorre103 je nach Unternehmenstyp zu unterschiedlichen Ergebnissen. Sie fördern zutage, dass der Zurückgang wirtschaftlichen Erfolgs, der zur Personalreduktion geführt hat, in gelisteten und privaten Firmen unterschiedlich ist. Anlass der „workforce reduction“ im Falle gelisteter Unternehmen sind häufig finanzielle Stresssituationen (financial distress), während nicht-gelistete Unternehmen regelmäßig mit schwacher ökonomischer Aufstellung zu kämpfen haben, bei denen sich die Reduktion von Arbeitnehmern (headcount reductions) als Verteidigungsantwort auf gesunkene Verkaufszahlen niederschlägt. Sie vermuten unterschiedliche Governance-Strukturen als Erklärungsursache und stellen fest, dass Maßnahmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten des ökonomischen Abschwungs eingeleitet werden. Gelistete Unternehmen leiten den Autoren zufolge Umstrukturierungsmaßnahmen ein, bevor sie von der Insolvenz bedroht sind, wohingegen nicht-gelistete Unternehmen Arbeitnehmerentlassungen als letzte Strategie zur Vermeidung der Insolvenz vornehmen.
5. „Post-Deal“-Übernahmeperformance von diversifizierten gegenüber fokussierten Unternehmen Eine weitere interessante Frage im Kontext der Performance-Messung von Umstrukturierungstransaktionen geht dahin, ob bestimmte Unternehmenstypen besser für bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen als andere Unternehmenstypen geeignet sind104. Es geht in diesem Zusammenhang darum, ob diversifizierte oder fokussierte Unternehmen bessere Umstrukturierungsergebnisse aufweisen. In einer umfangreich angelegten Studie, die 1.810 „deals“ im Zeitraum von 1981 bis 2010 untersuchte, gelangen die Autoren zum Ergebnis, dass diversifizierte Unternehmen um 1,5 % höhere Ankündigungsgewinne erzielen als Einsegmentunternehmen. Auf der Suche nach den Ursachen konnte zutage gefördert werden, dass Vertriebsgemeinkosten, sog. SG&A als Abkürzung für „Selling, 103 Vgl. Reynaud/Degorre, Workforce reduction and firm performance: a comparison between French publicly-listed and non-listed companies, 1994–2000, hal archives-ouvertes 2007; https://halshs.archives-ouvertes.fr/halshs00588011. 104 Vgl. Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 156.
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General and Administrative Expenses“, bei Unternehmen mit diversifizierten Erwerbern 1,8 % bis 2,6 % niedriger waren als bei Unternehmen mit fokussierten Erwerbern105. Die kombinierten Unternehmen, bei denen der Erwerber diversifiziert war, hatten höhere Gewinnmargen und niedrigere Kosten. Diese Ergebnisse implizieren, dass diversifizierte Unternehmen besser als fokussierte Unternehmen in der Lage zu sein scheinen, „post-deal“-Effizienzverbesserungen zu implementieren.
VII. Zusammenfassung Die Entwicklung der ökonomischen Theorie zu den Grundlagen von Umstrukturierungen hat ein hohes Maß an Ausdifferenzierung erfahren, gleichwohl ist sie noch nicht am Ende. Derzeit nur schwierig abzusehen sind aktuelle Entwicklungen auf das Phänomen der Unternehmensumstrukturierung. Genannt werden können exemplarisch die Konsequenzen der Digitalisierung sowie der Einfluss von „shareholder activism“ auf Umstrukturierungsprozesse in Unternehmen. Zusammenfassend ist hervorzuheben, dass sich die Wirtschaftswissenschaften eines weiten Umstrukturierungsbegriffs bedienten. Ebenso ist die Existenz valider, aber auch dubioser Umstrukturierungsmotive herauszustellen. Ein geschlossenes Theoriengebäude vermögen die ökonomischen Disziplinen nicht bereitzustellen, indessen kommt der ökonomischen Theorie zu Einzelfragen von Umstrukturierungen hoher explikativer Wert zu. Schließlich ist zu betonen, dass – insbesondere empirische – Forschungsbeiträge zum Erfolg unternehmerischer Umstrukturierungen hinsichtlich ihrer Ergebnisse eher als heterogen zu beurteilen sind.
105 Vgl. Cihan/Tice, Do Diversified or Focused Firms Make Better Acquisitions?, Arbeitspapier, präsentiert bei der Jahrestagung 2015 der Amecrican Finance Association; zitiert nach Gaughan, Mergers, Acquisitions, and Corporate Restructurings, Seventh Edition 2018, 156.
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Diskussion zu den Referaten von Dr. Dirk Pohl und Prof. Dr. Gerhard Kraft Prof. Dr. Gerhard Kraft, Halle-Wittenberg Ich möchte einen Aspekt nochmals hervorheben, nämlich den, dass stabile Erkenntnisse darauf hindeuten, dass Spaltungen – oder „demergers“ – tendenziell erfolgreicher sind als Zusammenschlüsse, also mergers. Bei Mergers verweist die Literatur durchaus auf zum Teil alarmierende Ergebnisse der post-merger-performance. Bei Spaltungen und vergleichbaren Transaktionen können Renditeerwartungen, zumindest soweit der Anteilskurs hierfür indiziell ist, viel häufiger erfüllt werden. Der Markt scheint somit intelligent konzipierte „demergers“ zu honiereren. Prof. Dr. Heribert M. Anzinger, Ulm Mit den ökonomischen und den steuer- und wirtschaftsrechtlichen Anlässen von Umstrukturieren haben die hervorragenden beiden ersten Vorträge wichtige Grundlagen für den weiteren Verlauf der Tagung gelegt. Es lohnt sich, Elemente daraus aufzugreifen und den Blick auf die gesellschaftsrechtlichen Anlässe und Durchführungswege zu vertiefen. Zur Beurteilung im Steuerrecht werden die gesellschafts- und umwandlungsrechtlichen Strukturen in ihrer Komplexität oft notwendig reduziert dargestellt. Umstrukturierungen erscheinen dann typisierend als Zusammenlegung oder Trennung von Gesellschaften unter dem gemeinsamen Dach eines Gesellschafters. In dieser Vorstellungswelt kommt es, auch mittelbar, zu keinem Übergang stiller Reserven zwischen verschiedenen Steuersubjekten. In der Praxis des Gesellschafts- und Umwandlungssteuerrechts zeigen sich aber auch andere Gestaltungen, in denen Umstrukturierungen zum Übergang der stillen Reserven auf bislang unbeteiligte Steuersubjekte führen können. Eine Verschmelzung setzt nämlich nicht voraus, dass die aufnehmende Gesellschaft oder ihre Gesellschafter bereits Anteile an der aufzunehmenden Gesellschaft halten. Ein Share Deal, in dem eine Verschmelzung zur Aufnahme mit einer Sachkapitalerhöhung beim übernehmenden Rechtsträger verbunden wird, ist so ein Fall. In dieser Variante der Umstrukturierung bekommen die (Alt-)Gesellschafter der aufgenommenen (übertragenden) Gesellschaft neue Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft, und zwar abhängig von der Bewertung der aufgenommenen (übertragenden) Gesellschaft. Wenn es dabei zur Überbewertung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers
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Diskussion – zu Pohl und Kraft
kommt, stellen sich gesellschaftsrechtliche Fragen, etwa die der Differenzhaftung der Gesellschafter. Im Steuerrecht müssten sie sich möglicherweise in den Fragen nach dem Übergang stiller Reserven, nach verdeckten Einlagen und verdeckten Gewinnausschüttungen fortsetzen. Jedenfalls gerät das Bild der steuerlichen Neutralität und des fehlenden Subjektwechsels ins Wanken. Meine Frage an die Praxis wäre daher, wieweit die ökonomischen, wirtschafts-, gesellschafts- und umwandlungsrechtlichen Anlässe, Einzelschritte und Wertungen bei der steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts nachvollzogen werden müssen. Prof. DDr. Gunter Mayr, Wien Zunächst vielen Dank für das Generalthema „Umstrukturierungen“, das auch in Österreich von großer praktischer Bedeutung ist. Umso wichtiger erscheint es mir daher, wenn dieses Thema auch wissenschaftlich durchdrungen wird. Herr Pohl, Sie machen natürlich einen Finanzbeamten hellhörig mit der Aussage, eine Umstrukturierung soll unabhängig davon möglich sein, ob sie betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Also, im Umkehrschluss, mit betriebswirtschaftlich nicht sinnvollem Umstrukturieren werden Sie in der Praxis auf Probleme stoßen. In Österreich gilt der Grundsatz, dass das Steuerrecht eine Umstrukturierung nicht behindern soll. Das Steuerrecht soll aber auch nicht der Auslöser für die Umstrukturierung sein. Wir kannten in Österreich vor allem bis zum Jahr 2005 modellhafte Gestaltungen, wobei man eingestehen muss, das Gesetz war lückenhaft. Hier waren das BMF und sodann der Gesetzgeber gefordert, diese Lücke zu schließen. Das haben wir dann auch getan und der Rechtsanwender hat insoweit weitgehend Klarheit. Wenn nun seither dennoch eine betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle Umstrukturierung geplant oder umgesetzt wird, schwingt das Thema Missbrauch mit. Glücklicherweise ist dies bei den jährlich in Österreich umgesetzten Umstrukturierungen von ca. 5.000 die große Ausnahme. Zudem kann in Österreich ein Vorweg-Ruling für Umstrukturierungen beantragt werden, das gerade in Zweifelsfällen regelmäßig genutzt wird. Allgemein kann ich aus österreichischer Perspektive der Praxis nur empfehlen, die Gründe für die Umstrukturierung darlegen zu können. Und bei betriebswirtschaftlich nicht sinnvollen Umstrukturierungen werden sich dann Probleme ergeben. Umstrukturierungen sind in der Praxis oftmals sehr komplex und umfassen mehrere Schritte, da ist ein wechselseitiges Verständnis sehr empfehlenswert.
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Diskussion – zu Pohl und Kraft
Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Bonn Herr Mayr, Ihr Beitrag provoziert mich zu einer Wortmeldung, weil mir Ihre Überlegungen nicht ganz zu den Ergebnissen zu passen scheinen, die Herr Kraft vorgetragen hat. Ich verstehe zwar, dass wir im Steuerrecht die Akzeptanz von steuerneutralen Umstrukturierungen mit den uns eigenen Überlegungen beurteilen und etwa bei der Verhinderung von Missbräuchen auch außersteuerliche Gründe für die Umstrukturierung einbeziehen. Gleichwohl muss Ausgangspunkt bleiben, dass die Rechtsformwahl frei ist und die Entscheidung, in welchem Rechtskleid man sich wohlfühlt, allein vom Unternehmensträger zu treffen ist. Wenn ich Herrn Kraft richtig verstanden habe, dann scheint es auch sehr schwierig zu sein, ex ante festzustellen, ob eine „Umgründung“ – um den österreichischen Begriff aufzunehmen – betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Wir können insoweit allenfalls die wirtschaftlichen Planungen und Vorstellungen der Verantwortlichen auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Darüber hinaus gibt es aber viele Anlässe für Umstrukturierungen, die überhaupt nicht betriebswirtschaftlicher Natur sind, sondern z.B. allein auf gesellschaftsrechtliche Änderungen abzielen. Vor diesem Hintergrund sollte meines Erachtens der Satz – nur was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, soll auch steuerrechtlich begünstigt werden – so nicht stehenbleiben. Dr. Dirk Pohl, München Vielen Dank für die Wortmeldungen. Die auch von Prof. Mayer und Prof. Hüttemann angesprochene Frage, ob nur betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen im Steuerrecht begünstigt sein sollen, ergab sich für mich aus einem Fall, der vom I. Senat des BFH im letzten Jahr entschieden wurde. Da ging es um die Verschmelzung einer notleidenden Gesellschaft und einen vorherigen Forderungsverzicht mit Besserungsschein. Es wurde dann auf eine andere, vermögende Gesellschaft verschmolzen und dadurch lebte der Besserungsschein wieder auf und was wollte man damit erreichen? Den Abzug des Verlustes aus dem Wiederaufleben des Besserungsscheins bei der aufnehmenden Gesellschaft. Das hat der I. Senat im Ergebnis abgelehnt. Ich kann darauf hier nicht im Detail eingehen. Er hat es aber abgelehnt mit einer Begründung, die sich am Ende gar nicht auf das Umwandlungssteuergesetz stützt, sondern auf die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Die Urteilsbegründung beginnt aber damit, dass das Umwandlungssteuergesetz für den Regelfall geschaffen worden sei, betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstruktu-
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Diskussion – zu Pohl und Kraft
rierungen nicht zu behindern. Das hatte mich nachdenklich gemacht. Aus dieser allgemeinen Aussage könnte man m.E. aber nichts ableiten, um die Anwendung einer Buchwertfortführung im Rahmen einer Verschmelzung wegen fehlender betriebswirtschaftlicher Gründe zu versagen. Wenn ich eine Gesellschaft auf eine andere verschmelze, dann mag das zu Steuerlasten in Folge der Umstrukturierung führen, wie im Urteilsfall durch Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, aber nicht zur Versagung einer Buchwertfortführung bei der Umstrukturierung nach dem UmwStG. Zu den von Prof. Anzinger angesprochenen gesellschaftsrechtlichen Fragen, vor allem von bisher nicht konzernverbundenen Unternehmen: Die Verschmelzung der einen Gesellschaft auf die andere oder eine Dritte wird unter Schlagworten wie „merger of equals“ abgehandelt. Das scheint, wie Prof. Kraft berichtet hat, nicht so besonders erfolgreich zu sein. Steuerrechtlich und als Projekt ist das natürlich noch anspruchsvoller als eine konzerninterne Umstrukturierung, auch wenn es sich nach den gleichen Regeln des UmwStG richtet. Im Moment geht der allgemeine Trend dabei weniger zur Schaffung neuer Einheiten, sondern zur Auflösung und Spaltung von Mischkonzernen, s. z.B. die Entwicklungen bei Siemens. Wie erfolgreich dieser Trend sein wird, bleibt abzuwarten. Prof. Dr. Gerhard Kraft, Halle-Wittenberg Die Wirtschaftswissenschaften arbeiten gerne mit Annahmen über die Zukunft. Allerdings sagte einer meiner akademischen Lehrer immer wieder, die Zukunft bleibt dem Sterblichen verschlossen. Was also geleistet werden kann, ist, eine Umstrukturierung unter gewissen Annahmen über die zukünftigen Umweltzustände zu modellieren. Hier kann mit wahrscheinlichkeitstheoretischen Annahmen gearbeitet werden, die können wir in den Zahlungsstrom mit einpreisen. Das können wir, aber wir wissen dann natürlich ex ante immer noch nicht, ob ein Umstrukturierungsprojekt betriebswirtschaftlich sinnvoll ist.
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Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ertragsteuerrechtliche Grundprinzipien von Umstrukturierungen Prof. Dr. Marc Desens Universität Leipzig
I. Steuerneutraler Übergang von stillen Reserven als Grundanliegen aller steuerrechtlichen Umstrukturierungstatbestände II. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) 1. Allgemeiner Gleichheitssatz, Leistungsfähigkeitsprinzip und Folgerichtigkeitsgebot a) Leistungsfähigkeitsprinzip b) Gebot der Folgerichtigkeit c) Konkretisierung der Fragestellung 2. Wann steigert sich bei stillen Reserven die Leistungsfähigkeit? a) Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Entstehen der stillen Reserven b) Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Realisation der stillen Reserven c) Bedingt taugliche Kompromissformeln d) Eigene Auffassung 3. Konkretisierung durch ertragsteuerliche Grundprinzipien a) Realisationsprinzip aa) Grundannahme für eine Geltung als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips
bb) Realisation oder Nichtrealisation bei Umstrukturierungen (1) Keine Realisation ohne Rechtsträgerwechsel (2) Keine Realisation bei unentgeltlichen Übertragungen (3) Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung? b) Entstrickungsprinzip c) Subjektsteuerprinzip aa) Grundannahme für eine Geltung als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips bb) Weitere Konkretisierung des Subjektsteuerprinzips d) Kontinuitätsprinzip 4. Anwendung auf die geltenden Umstrukturierungstatbestände a) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit bereits bei Entstehen der stillen Reserven b) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit erst bei Realisation der stillen Reserven und keine Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten
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Desens – Verfassungsrechtl. Rahmen, ertragsteuerrechtl. Prinzipien c) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit erst bei Realisation der stillen Reserven und Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten 5. Anforderungen an die Rechtfertigung a) Rechtfertigung einer Besteuerung trotz grundsätzlich gebotener Steuerneutralität aa) Anforderungen für den Gesetzgeber bb) Auswirkungen für die Rechtsanwendung cc) Veranschaulichung am Beispiel beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften b) Rechtfertigung einer Steuerneutralität trotz grundsätzlich gebotener Besteuerung
aa) Anforderungen für den Gesetzgeber (1) Gemeinwohlzweck (2) Zwecktaugliche Ausgestaltung bb) Auswirkungen für die Rechtsanwendung cc) Veranschaulichung am Beispiel von Übernahmeverlusten bei Verschmelzungen III. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am freiheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Verhaltenswirkung 1. Schutzbereich 2. Eingriff 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung IV. Thesenhafte Zusammenfassung
I. Steuerneutraler Übergang von stillen Reserven als Grundanliegen aller steuerrechtlichen Umstrukturierungstatbestände Die steuerrechtlichen Umstrukturierungstatbestände (§ 6 Abs. 3, 5, § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG, §§ 3–8, 9, 11–13, 15, 16, 20–23, 24, 25 UmwStG) beruhen ursprünglich – mit Ausnahme der Verschmelzungen, Abspaltungen und Aufspaltungen von Kapitalgesellschaften1 – auf Rechtsverord1 Verschmelzungen von Kapital- auf Personengesellschaften oder natürliche Personen: temporär kodifiziert im UmwStG 1934 (RGBl. I 1934, 572) i.V.m. der 1. UmwStDVO (RGBl. I 1934, 595) sowie vier weiteren UmwStDVO) v. 5.7.1934 bis 31.12.1936, im DM-Bilanzierungsergänzungsgesetz (BGBl. I 1950, 811) v. 28.12.1950 bis 20.6.1951; im UmwStG 1957 (BGBl. I 1957, 1713) v. 1.1.1957 bis 31.12.1959, dauerhaft seit 20.8.1969 in §§ 3 ff. UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163). Verschmelzungen von Kapital- auf Kapitalgesellschaften: Übergang des Betriebsvermögens steuerneutral seit 1920 in § 14 KStG (RGBl. I 1920, 393), seit 1925 in § 18 Abs. 3 Satz 1 KStG (RGBl. I 1925, 208), seit 1934 in § 15 Abs. 2 KStG (RGBl. I 1934, 1287), seit 20.8.1969 in § 15 UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163), seit 1977 in §§ 14, 15 UmwStG 1977 (BGBl. I 1976, 2641),
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Desens – Verfassungsrechtl. Rahmen, ertragsteuerrechtl. Prinzipien
nungen2, richterlichen Rechtsfortbildungen3 und Billigkeitsmaßnahmen seit 1995 in §§ 11, 12 UmwStG 1995 (BGBl. I 1994, 3267). Auf- und Abspaltungen von Körperschaften im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§§ 123 ff. UmwG) und (identitätswahrende) heterogene Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) wurden zivilrechtlich erst seit 1995 geregelt (BGBl. I 1994, 3210) und zeitgleich auch im UmwStG 1995 (BGBl. I 1994, 3267) steuerneutral ermöglicht. Ausnahmen (Ausweitung der Steuerneutralität durch richterliche Rechtsfortbildung): (1) Verschmelzung auf Kapitalgesellschaften: Steuerneutrale Gewährung neuer Anteile für die untergehenden Anteile an ursprüngliche Anteilseigner seit RFH v. 20.12.1928 – I A 417/28, RStBl. 1929, 66 (66); RFH v. 3.2.1932 – VI A 805/31, RStBl. 1932, 464 (465); RFH v. 6.10.1932 – VI A 822/ 30, RStBl. 1933, 97 (98); BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BStBl. IIII 1959, 30 Rz. 100 (Tauschgutachten); kodifiziert seit 20.8.1969 in § 16 UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163), seit 1977 in § 17 UmwStG 1977 (BGBl. I 1976, 2641), seit 1995 in § 13 UmwStG 1995 (BGBl. I 1994, 3267). (2) Steuerneutralität durch analoge Anwendungen des § 15 Abs. 2 KStG a.F.: bei Aufwärtsverschmelzungen (ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten) BFH v. 14.5.1969 – I R 77/67, BStBl. II 1969, 598 Rz. 14; BFH v. 13.10.1971 – I R 96/69, BStBl. II 1972, 97 Rz. 15 ff.; BFH v. 14.6.1984 – I R 79/80, BStBl. II 1985, 64 Rz. 28 ff.; von anderen Körperschaften als Kapitalgesellschaften BFH v. 25.5.1962 – I 155/59 U, BStBl. III 1962, 351 Rz. 8 ff. (Genossenschaften); BFH v. 25.5.1962 – I 182/60, BStBl. III 1962, 354 Rz. 8 (VVAG). 2 Unentgeltliche Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen: § 5 Abs. 1 EStDV 1949 (rechtmäßig: BFH v. 24.10.1951 – IV 233/ 51 U, BStBl. III 1952, 5 Rz. 7), § 7 Abs. 1 EStDV 1955; formal-gesetzlich kodifiziert seit 1999 in § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG (BGBl. I 1999, 402). 3 Unentgeltliche Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen oder eine Mitunternehmerschaft: steuerneutral schon nach BFH v. 21.6.1961 – I 32/61 U, BStBl. III 1961, 500 Rz. 12; kodifiziert seit 2001 in § 6 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 EStG (BGBl. I 2001, 3858). Übertragung von Wirtschaftsgütern in Mitunternehmerschaften: Wahlrecht zur Steuerneutralität schon nach BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 11 ff.; folgend BMF v. 20.12.1977, BStBl. I 1978, 8 (sog. Mitunternehmererlass); BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 Rz. 16 (auch Schwesterpersonengesellschaften); von VZ 1999–2000 nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerpflichtig (BGBl. I 1999, 402), seit VZ 2001 nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wieder steuerneutral (BGBl. I 1999, 1433, überholt durch BGBl. I 2001, 3858). Realteilung: Wahlrecht zur Steuerneutralität schon seit BFH v. 6.5.1952 – I 17/52 U, BStBl. III 1952, 183 Rz. 6; BFH v. 10.2.1972 – IV 317/65, BStBl. II 1972, 419 Rz. 9; BFH v. 21.12.1977 – I R 247/74, BStBl. II 1978, 305 Rz. 11; BFH v. 10.12.1991 – VIII R 69/86, BStBl. II 1992, 385 Rz. 18 ff., 25 (auch Einzelwirtschaftsgüter); kodifiziert seit 1999 für Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile (aber nicht für Einzelwirtschaftsgüter) in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG (BGBl. I 1999, 402), seit 2001 in § 16 Abs. 3 Satz 2-4 EStG auch für Einzelwirtschaftsgüter (BGBl. I 2001, 3858). Einbringungen bzw. (nicht identitätswahrender) Formwechsel in Kapitalgesellschaften: Wahlrecht zur
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Desens – Verfassungsrechtl. Rahmen, ertragsteuerrechtl. Prinzipien
der Verwaltung4, die erst im Laufe der Zeit formal-gesetzlich kodifiziert wurden5. Ihr Grundanliegen ist es, die erfassten Umstrukturierungen steuerneutral zu ermöglichen. Hauptinstrument hierfür ist der steuerneutrale Übergang von stillen Reserven, die sich im Saldo zwischen dem Verkehrswert (gemeiner Wert oder Teilwert) und Buchwert eines Wirtschaftsguts abbilden. Dabei wird auf eine Besteuerung der stillen Reserven nicht verzichtet. Sie wird nur zeitlich aufgeschoben und im Wege einer Buchwertverknüpfung auf den übernehmenden Rechtsträger verschoben. Stille Reserven entstehen in Wirtschaftsgütern durch Aktivierungsverbote dem Grunde und Aktivierungsbeschränkungen der Höhe nach. So dürfen selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagever-
Steuerneutralität schon seit RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999 (1002), RFH v. 12.4.1934 – VI A 1559/32, RStBl. 1934, 838 (839); BFH v. 24.3.1959 – I 205/57 U, BStBl. III 1959, 289 Rz. 8; BFH v. 28.7.1960 – IV 27/59 U, BStBl. III 1960, 403 Rz. 8; BFH v. 13.7.1965 – I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640 Rz. 13; BFH v. 29.3.1972 – I R 43/69, BStBl. II. 1972, 537 Rz. 7; kodifiziert seit 20.8.1969 in § 17 UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163), seit VZ 1977 in §§ 20 ff. UmwStG 1977 (BGBl. I 1976, 2641). Qualifizierter Anteilstausch: Steuerneutralität bei Nämlichkeit der Anteile nach BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BStBl. IIII 1959, 30 (Tauschgutachten); kodifiziert seit 20.8.1969 in § 17 Abs. 6 UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163), seit VZ 1977 in § 20 Abs. 6 UmwStG 1977 (BGBl. I 1976, 2641), seit VZ 1995 in § 20 Abs. 1 Satz 2, § 23 Abs. 7 UmwStG 1995 (BGBl. I 1994, 3267), seit 13.12.2006 in § 21 UmwStG (BGBl. I 2006, 2782); Einbringungen in Personengesellschaften: steuerneutral schon seit RFH v. 26.11.1931 – VI A 1978/31, RStBl. 1932, 624 (626); RFH v. 1.2.1934 – VI A 1856/ 32, RStBl. 1934, 540 (541); RFH v. 14.9.1935 – VI A 443/34, RStBl. 1936, 121 (121); RFH v. 20.10.1941 – VI 36/41, RStBl. 1942, 1 (2); BFH v. 3.7.1952 – IV 48/ 52 U, BStBl. III 1952, 256 Rz. 18 f.; BFH v. 21.8.1961 – I 32/61 U, BStBl. III 1961, 500 Rz. 12; BFH v. 4.4.1968 – IV R 122/66, BStBl. III 1968, 580 Rz. 8; BFH v. 8.12.1971 – I R 219/69, BStBl. II 1972, 377 Rz. 13 f.; kodifiziert seit 20.8.1969 in § 22 UmwStG 1969 (BGBl. I 1969, 1163), seit VZ 1977 in § 24 UmwStG 1977 (BGBl. I 1976, 2641). 4 Auf- oder Abspaltung von Körperschaften im Wege der Einzelrechtsnachfolge: seit 1992 aus Billigkeitsgründen anerkannt (BMF v. 9.1.1992, BStBl. I 1992, 47, sog. Spaltungserlass), kodifiziert seit 1995 in §§ 15, 16 UmwStG 1995 (BGBl. I 1994, 3267). Abwärtsverschmelzungen von Körperschaften: aus Billigkeitsgründen anerkannt (BMF v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 Rz. 11.2.4. ff.), inzident kodifiziert seit 13.12.2006 in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG (BGBl. I 2006, 2782). 5 Zur Entwicklungsgeschichte: Thiel in FS Flume, Bd. II 1978, S. 281 ff.; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1440 ff.).
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mögens überhaupt nicht aktiviert (§ 5 Abs. 2 EStG) und Wertsteigerungen von aktivierten Wirtschaftsgütern, die über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinausgehen, nicht in der Steuerbilanz abgebildet werden. Überdies entstehen stille Reserven durch steuerwirksame Abschreibungen, die höher sind als die tatsächlich eingetretene Wertminderung. Im geltenden Recht werden die stillen Reserven erst als Einkünfte erfasst, wenn sie durch einen entgeltlichen Leistungsaustausch und damit in einem Realisationsakt – etwa eine Veräußerung oder Betriebsveräußerung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) – realisiert werden. Gleiches gilt, wenn ein Ersatzrealisationstatbestand – etwa eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG), Entstrickung (§ 4 Abs. 1 Satz 3–5, § 6 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 EStG), Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), Betriebsverlegung ins Ausland (§ 16 Abs. 3a EStG) – verwirklicht wird und das Wirtschaftsgut mit seinem Verkehrswert (Teilwert [§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Alt. 1 EStG] oder gemeiner Wert [§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Alt. 2, § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG]) zu bewerten ist. Im Gegensatz dazu sind Umstrukturierungstatbestände vorrangige Sondervorschriften, nach denen etwaig6 zugrunde liegende Realisationen oder Ersatzrealisationen beim übertragenden Rechtsträger abweichend
6 Folgt man der Rspr. des BFH, liegt nicht allen Umstrukturierungstatbeständen ein Realisations- oder Ersatzrealisationstatbestand (z.B. Entnahme, Betriebsaufgabe) zugrunde, etwa nicht bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG (BFH v. 24.10.1951 – IV 233/51 U, BStBl. III 1952, 5 Rz. 7; BFH v. 27.7.1961 – IV 295/60 U, BStBl. III 1961, 514 Rz. 12; BFH v. 23.4.1971 – IV 201/65, BStBl. II 1971, 686 Rz. 9; BFH v. 26.4.1979 – IV R 108/75, BStBl. II 1979, 732 Rz. 12; BFH v. 19.2.1981 – IV R 116/77, BStBl. II 1981 Rz. 11; BFH v. 5.7.1990 – GrS 4-6/89, BStBl. II 1990, 847 Rz. 85; BFH v. 2.9.1992 – XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161 Rz. 8; BFH v. 9.5.1996 – IV R 77/95, BStBl. II 1996, 476 Rz. 11; BFH v. 22.9.2011 – IV R 33/08, BStBl. II 2012, 10 Rz. 17; BFH v. 12.12.2003 – IV R 17/ 10, BStBl. II 2014, 316 Rz. 19; a.A. Biergans in FS Schmidt, 1993, S. 75 [91]; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 14 f. m.w.N.) und auch nicht bei der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Gesamthands-Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen innerhalb derselben Mitunternehmerschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 und 3 EStG (BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76 Rz. 14; BFH v. 16.12.2015 – IV R 18/12, BStBl. II 2016, 346 Rz. 23; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/ 15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 28; a.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 8).
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mit dem Buchwert bewertet werden und zugleich eine Buchwertverknüpfung für den übernehmenden Rechtsträger angeordnet wird. In Betrieben oder Teilbetrieben kann neben den stillen Reserven, die sich einzelnen Wirtschaftsgütern zuordnen lassen, auch ein originärer7 Geschäftswert entstehen, der sich im Mehrwert des Betriebes ausdrückt und über den Verkehrswert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter hinausgeht8. Der Geschäftswert ist vom Fortbestand des Betriebes abhängig und drückt die Gewinnchancen aus, die durch den Betrieb eines lebenden Unternehmens gewährleistet erscheinen und sich aus dem Kundenstamm, dem Standort, dem Umsatz, Wettbewerbsverboten oder anderen wertbildenden Faktoren ergeben, soweit diese nicht selbstständig als immaterielle Wirtschaftsgüter aktivierungsfähig sind9. Folglich kann ein originärer Geschäftswert weder isoliert veräußert oder entnommen werden noch wird er bei einer Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), die zur Beendigung des Betriebes und damit auch zum Untergang des Geschäftswerts führt, ersatzrealisiert10. Stille Reserven bilden sich auch in Gesellschaftsrechten ab. Im Mitunternehmeranteil bilden sie den Saldo aus dem Verkehrswert des Mitunternehmeranteils und dem Kapitalkonto einschließlich des Buchwertes des jeweiligen Sonderbetriebsvermögens11. Die stillen Reserven werden durch diese „Spiegelung“ des anteiligen Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft (Gesamthands-Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen) im Mitunternehmeranteil, der steuerrechtlich kein
7 Abgrenzung: Vergütet der Erwerber eines Betriebes den Geschäftswert im Kaufpreis (sog. derivativer Geschäftswert), wird er beim Erwerber wie ein eigenständiges entgeltlich erworbenes Wirtschaftsgut behandelt, das auf 15 Jahre abzuschreiben ist (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). 8 BFH v. 27.3.1996 – I R 60/95, BStBl. II 1996, 576 Rz. 11; BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771 Rz. 12 m.w.N.; BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 Rz. 37. 9 BFH v. 14.1.1998 – X R 57/93, BFHE 185, 230 Rz. 19 m.w.N.; BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 Rz. 37. 10 BFH v. 27.3.2001 – I R 42/00, BStBl. II 2001, 771 Rz. 12 m.w.N.; BFH v. 30.1.2002 – X R 56/99, BStBl. II 2002, 387 Rz. 13 m.w.N.; BFH v. 2.9.2008 – X R 32/05, BStBl. II 2009, 634 Rz. 37 m.w.N.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz. 583 m.w.N. (Stand November 2018); Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 294. 11 BFH v. 19.3.1991 – VIII R 76/87, BStBl. II 1991, 635 Rz. 9 ff.
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selbständig aktivierbares Wirtschaftsgut ist12, nur einmal erfasst (sog. Transparenzprinzip). Für Erwerber eines Mitunternehmeranteils wird eine doppelte Erfassung durch eine Ergänzungsbilanz vermieden13. Dagegen bewirkt das bei Körperschaften geltende Trennungsprinzip14, dass sich die stillen Reserven im Kapitalanteil aufgrund der Verselbständigung der Anschaffungskosten trotz der quotalen Verkehrswertidentität ebenfalls verselbständigen. Stille Reserven können daher auf beiden Ebenen, nur auf Ebene der Körperschaft oder nur auf Ebene des Kapitalanteils verstrickt oder umgekehrt bereits realisiert sein. Die stillen Reserven sind zugleich auf beiden Ebenen verhaftet, wenn sie auf Ebene der Körperschaft entstanden sind und ihre Entstehung nicht zu einer Minderung der Buchwerte des Betriebsvermögens der Körperschaft geführt hat (Beispiel: Wertsteigerung eines Wirtschaftsguts im Betriebsvermögen der Körperschaft). Sie entstehen bzw. fortbestehen dagegen allein im Kapitalanteil, wenn die Körperschaft einen Gewinn realisiert. Letztlich können stille Reserven allein auf der Ebene der Körperschaft verstrickt bleiben, wenn auf Ebene der Körperschaft stille Reserven entstehen, die zugleich zu einer Minderung des Buchwerts geführt haben (Beispiel: überhöhte Abschreibungen), die Kapitalanteile zum Verkehrswert veräußert und angeschafft werden oder eine Gewinnausschüttung erfolgt, die ihrem Umfang nach die im Kapitalanteil verstrickten stillen Reserven nicht überschreitet15.
12 BFH v. 26.6.1990 – VIII R 81/85, BStBl. II 1994, 645 Rz. 48; BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/98, BStBl. II 1991, 691 Rz. 101; Kahle, FR 2013, 873 (875). 13 Niehus, StuW 2002, 116 (117); Kahle, FR 2013, 873 (875 f.): „klassischer Anwendungsfall“; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 1196 m.w.N. 14 Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KSt Rz. 90 ff. (Stand Februar 2020); Dorenkamp in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1349 (1352 ff.). 15 In diesem Fall werden durch die Gewinnausschüttung zugleich die stillen Reserven im Kapitalanteil realisiert. Abgrenzung: Sind im Kapitalanteil keine stillen Reserven vorhanden, bewirkt die Gewinnausschüttung, dass der Verkehrswert des Kapitalanteils unter den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten des Anteils sinkt. Dieser Verlust kann auf Anteilsebene – soweit zulässig – durch eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung oder spätestens durch einen Veräußerungsverlust realisiert werden, durch den die Gewinnausschüttung ebenso wieder neutralisiert wird.
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II. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) 1. Allgemeiner Gleichheitssatz, Leistungsfähigkeitsprinzip und Folgerichtigkeitsgebot Würdigt man die steuerliche Belastungswirkung, die bei einer Umstrukturierung entsteht oder vorerst nicht entsteht, bildet der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab. Dabei ist – auch unter Heranziehung ertragsteuerlicher Grundprinzipien – zunächst zu fragen, ob die Steuerneutralität einer Umstrukturierung grundsätzlich geboten oder rechtfertigungsbedürftig ist. Der Gleichheitssatz verlangt auch vom Gesetzgeber16, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, und fordert bei einer Ungleichbehandlung eine hinreichende Rechtfertigung. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen gelten dabei unterschiedliche Grenzen, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können17.
16 Seit BVerfG. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14 (52) st. Rspr. 17 Seit BVerfG v. 2.12.1992 – 1 BvR 296/88, BVerfGE 88, 5 (12) st. Rspr. vor allem zum Steuerrecht BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (110); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (291); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (30); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (29); BVerfG v. 17.4.2008 – 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108 (119); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (230); BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (119); BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (17); BVerfG v. 6.7.2000 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (277); BVerfG v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07, BVerfGE 126, 400 (416); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (244); BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (144).
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Im Steuerrecht bilden zwei eng miteinander verbundene Leitlinien den Vergleichsmaßstab: das Leistungsfähigkeitsprinzip und das Gebot der Folgerichtigkeit18. Im Interesse einer steuerlichen Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige mit gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit)19.
a) Leistungsfähigkeitsprinzip Leistungsfähigkeit meint Zahlungsfähigkeit im Sinne einer in Geldwert vorhandenen Ist-Leistungsfähigkeit20 und drückt sich am deutlichsten im Hinzuerwerb von Vermögen und damit im Einkommen aus21. Leistungsfähigkeit meint persönliche Leistungsfähigkeit, ist also stets auf das Steuersubjekt bezogen und untrennbar mit diesem als Träger von Leistungsfähigkeit verknüpft22.
18 BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (125 f.); BVerfG v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27 (46 f.); BVerfG v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (433); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180 f.); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (29); BVerfG v. 17.4.2008 – 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108 (119 f.); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (230 f.); BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (120); BVerfG v. 13.10.2009 – 2 BvL 3/05, BVerfG v. 13.10.2009 – 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282 (295 f.); BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 286 (295 f.); BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1 (30 f.); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245). 19 Vgl. nur BVerfG v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60 (89) mit Verweis auf Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 165, 170. 20 Ebenso Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 167; vgl. auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. 2000, S. 481, 497 f.; Tipke, StuW 1980, 281 (295); P. Kirchhof in VVDStRl 39 (1980), S. 213 (226 f.). 21 Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 60 ff.; Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 167; Lang, StuW 1978, 215 (216 f.); P. Kirchhof in VVDStRl 39 (1980), S. 213 (226 f.). 22 BVerfG v. 17.1.1957 – 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55 (67); BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 Rz. 65; Becker, Der „Grundsatz der Individualbesteuerung“ im Einkommensteuerrecht, 1970, S. 118 ff.; Tipke, StuW 1978, 193 (201); Biergans, FR 1982, 525 (526); P. Kirchhof, StuW 1985, 319 (323); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 97; MüllerFranken, StuW 2004, 109 (117); Riedel, StuW 2019, 225 (226).
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Der alte Streit, ob auch Körperschaften selbständige Träger von Leistungsfähigkeit sind, soll hier nicht erneut diskutiert werden23. Der Gesetzgeber hat sich jedenfalls dazu entschieden, indem er Körperschaften ein eigenständiges Einkommen zuweist (vgl. § 7 KStG)24. Auch das BVerfG erkennt in der abgeschirmten Vermögenssphäre von Körperschaften eine eigenständige Leistungsfähigkeit, die getrennt von der individuellen Leistungsfähigkeit der hinter der Körperschaft stehenden Personen besteuert werden darf 25.
b) Gebot der Folgerichtigkeit Nach dem Gebot der Folgerichtigkeit hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands einen weiten Entscheidungsspielraum. Jedoch muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden26. Ausnahmen bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes27. Dabei ist zu beachten, dass
23 Dazu Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KSt Rz. 33 f., 51 m.w.N. (Stand Februar 2020); Hennrichs, StuW 2002, 201 (205), jeweils m.w.N. 24 Drüen in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1317 (1322). 25 BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 184 (198 f.); BVerfGE v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (250); BVerfG v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11, BVerfGE 145, 106 (148). 26 BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (271); BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (136); BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95); BVerfG v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); BVerfG v. 29.10.1999 – 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132 (138); BVerfG v. 10.11.1999 – 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151 (155); BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (125 f.); BVerfG v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27 (46 f.); BVerfG v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (433); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180 f.); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (29); BVerfG v. 17.4.2008 – 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108 (119 f.); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (230 f.); BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (120); BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 286 (295 f.); BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1 (30 f.); BVerfG v. 13.10.2009 – 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282 (294 f.); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245); BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (40). 27 BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95); BVerfG v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (290); BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL
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die maßstabsbildende Ausgangsentscheidung nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen darf. Dem Folgerichtigkeitsgebot kommt daher nur eine eigenständige Bedeutung zu, wenn das Leistungsfähigkeitsprinzip einen wertungsoffenen Korridor anbietet und die maßstabsbildende Ausgangsentscheidung innerhalb dieses Korridors liegt. Anderenfalls wären beide Leitlinien weder eng miteinander verknüpft noch entstünde eine Folgerichtigkeit im Sinne der Belastungsgleichheit.
c) Konkretisierung der Fragestellung Legt man den soeben aufgezeigten Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) zugrunde, kommt es zunächst darauf an, ob die Steuerneutralität einer Umstrukturierung am Maßstab des Leistungsfähigkeitsprinzips geboten oder rechtfertigungsbedürftig ist. Ist das Hauptinstrument zur Herstellung der Steuerneutralität der steuerneutrale Übergang der stillen Reserven, lässt sich bereits vermuten, dass die Lösung von zwei Grundentscheidungen abhängt, die bei der weiteren Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips getroffen werden müssen. Das betrifft zunächst die Frage, ob stille Reserven bereits mit ihrem Entstehen oder erst mit ihrer Realisation eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen. Bejaht man Letzteres, muss weiter gefragt werden, welche Anforderungen an eine solche Realisation zu stellen sind, damit sie zugleich eine Steigerung der Leistungsfähigkeit ausdrückt. Dabei wird aufzuzeigen sein, dass die Antworten auch vorentscheidend dafür sind, welche ertragsteuerliche Grundprinzipien ihren Geltungsanspruch als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips begründen können.
17/99, BVerfGE 105, 73 (125 f.); BVerfG v. 4.12.2002 – 2 BvR 400/98 u.a., BVerfGE 107, 27 (46 f.); BVerfG v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 (433); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (180 f.); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (29); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (230 f.); BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111 (120); BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 286 (295 f.); BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1 (30 f.); BVerfG v. 13.10.2009 – 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282 (294 f.); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245); BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, (40).
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2. Wann steigert sich bei stillen Reserven die Leistungsfähigkeit? Zunächst muss die Frage beantwortet werden, ob sich Leistungsfähigkeit bereits beim Entstehen28 oder erst bei der Realisation29 von stillen Reserven steigert.
28 Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des BMF, Heft 17, S. 68, Abschnitt II ESt, LSt, Rz. 25; Luckey, Steuerliche Gewinnrealisierung bei Umwandlung von Unternehmungen und Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter, 1977, S. 120; Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (3); Thiel in DStJG 4 (1981), S. 183 (187 f.); Reich, Die Realisation stiller Reserven im Bilanzsteuerrecht, 1983, S. 52; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 171; Meyer-Scharenberg, Steuergestaltung durch Umwandlung, 1990, S. 67; Schmitt, Zur interpersonalen Übertragung stiller Reserven beim Erbfall im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 44; Costede, StuW 1996, 19 (23); Reinhardt, Übergang der stillen Reserven im Steuerrecht der Kapitalgesellschaft, 1998, S. 64; Schön in FS Widmann, 2000, S. 531 (533); van Lishaut, DB 2000, 1784 (1788); Sonneborn, DStZ 2001, 579 (585); Fasold, Die einkommensteuerliche Problematik der Buchwertfortführung, 2005, S. 145; Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (71); Baldauf, Das innere System der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung, 2009, S. 26 ff.; Busse, Die Besteuerung der stillen Reserven durch einen allgemeinen Steuerentstrickungstatbestand, 2009, S. 61 ff.; Crezelius, FR 2009, 881 (885); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 59; Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 84; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Einf. UmwStG Rz. 2. 29 Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, S. 231; Vogel, StuW 1974, 193 (199); Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (157); Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 269; P. Kirchhof in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 2 EStG Rz. A 98 ff. (Stand April 1993); V. Wendt, Das Verhältnis von Entnahme/Einlage zur Anschaffung/Veräußerung im Einkommensteuerrecht, 2003, S. 48 f.; Schaumburg in FS Herzig, 2010, S. 711 (715); Kredig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 63 f.; Geissler, FR 2014, 152 (155); Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz. 12 (Stand Januar 2019); Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1434); noch strenger BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 39, 41; Elicker, StuW 2002, 217 (219 f.); Blumers/Elicker, BB 2009, 1156 (1157): Leistungsfähigkeit nur bei Liquidität, da der Steuerzugriff zu einem Liquiditätsentzug führe.
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Für das Entstehen als auslösendes Moment spricht, dass die Wertsteigerung im Rechts- und Wirtschaftsverkehr bereits berücksichtigt wird, etwa bei einer Beleihung30. Das entspricht der Reinvermögenszugangstheorie, die bekanntlich den Gewinneinkünften zugrunde liegt und zumindest in der Theorie jeden Vermögenszugang unabhängig von seiner Realisation erfasst31. Für die Realisation als auslösendes Moment spricht dagegen, dass sich die Wertsteigerung erst durch den Leistungsaustausch vollständig bestätigt und sich anhand der Gegenleistung in Euro und Cent genau beziffern lässt. Das entspricht der Markteinkommenstheorie32. Das Problem an beiden Sichtweisen ist, dass jeweils merkwürdige Ergebnisse eintreten, wenn man das geltende Recht betrachtet.
a) Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Entstehen der stillen Reserven Stellt man auf das Entstehen ab, muss schon gerechtfertigt werden, warum die stillen Reserven nicht bereits bei ihrer Entstehung besteuert werden. Jedoch gelingt diese Rechtfertigung relativ einfach: Stellt man den Eigentumsschutz des Grundgesetzes (Art. 14 GG) neben das Leistungsfähigkeitsprinzip, lässt sich die vorläufige Nichtbesteuerung damit begründen, dass es im Sinne einer eigentumsschonenden Besteuerung unverhältnismäßig wäre, die stillen Reserven zu besteuern, solange deren Besteuerung gesichert bleibt33; anderenfalls könnte der Steuerpflichtige schlimmstenfalls gezwungen sein, das Wirtschaftsgut zu veräußern, um seine Steuerschuld zu begleichen34. Auch wenn man dem
30 Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (3); Meyer-Scharenberg, Steuergestaltung durch Umwandlung, 1990, S. 68; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 56. 31 von Schanz, Finanz-Archiv 13 (1896), 1 (12); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 38. 32 Dazu Desens in DStJG 37 (2014), S. 95 (122); grundlegend Ruppe in DStJG 1 (1978), S. 7 (16). 33 Deutlich Costede, StuW 1996, 19 (25): „Auflösung der Stillen Reserven heißt also, dass die Begünstigung nun endet […]“. 34 Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (10); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 173: „ökonomische Grundeinsicht […] einer maßvol-
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nicht folgt, bildet schlicht die Praktikabilität einen tauglichen Rechtfertigungsgrund, weil anderenfalls Bewertungsunsicherheiten35 erheblich gesteigert würden, wenn für die Zwecke der Ertragsbesteuerung alle Wirtschaftsgüter jährlich neu bewertet werden müssten.
b) Steigerung der Leistungsfähigkeit bei Realisation der stillen Reserven Stellt man auf die Realisation als auslösendes Moment ab, muss gerechtfertigt werden, warum bei einer Ersatzrealisation (etwa einer Entnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) eine Besteuerung durch Ansatz eines Verkehrswertes (etwa der Teilwert bei der Entnahme, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 Halbs. 1 EStG) stattfinden soll. Als Ultima Ratio lässt sich die Besteuerung nicht rechtfertigen, weil nach dieser Sichtweise bei einer Ersatzrealisation mangels Realisation keine gesteigerte Leistungsfähigkeit entsteht und zuvor keine entstanden sein soll36. Dem geltenden Recht liegt auch keine konsumorientierte Ertragsbesteuerung zugrunde, bei der gerade der Übergang von der Betriebs- in die Privatsphäre der maßgebliche Steuerzugriff wäre37. Für die im geltenden Recht erforderliche Abgrenzung beider Sphären würde es ausreichen, die Entnahme mit dem Buchwert anzusetzen, damit diese den betrieblichen Gewinn nicht mindert38.
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len Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“; im Ergebnis auch P. Kirchhof, StuW 1985, 319 (327); Schmitt, Zur interpersonalen Übertragung stiller Reserven beim Erbfall im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 44; Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (719); Busse, Die Besteuerung der stillen Reserven durch einen allgemeinen Steuerentstrickungstatbestand, 2009, S. 65 ff., 216; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 51; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Einf. UmwStG Rz. 5. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 174; Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (229). I.d.S. bereits Costede, StuW 1996, 19 (23); Crezelius, FR 2009, 881 (890): Entnahme ist keine echte Gewinnrealisierung, die Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dazu Desens in DStJG 37 (2014), S. 95 (100 ff.) m.w.N. Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (3); zutreffend auch Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (156): keine „Veräußerung an sich selbst“. Insoweit unterscheidet sich die einkommensteuerrechtliche Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) auch von der umsatzsteuerrechtlichen unentgeltlichen Wertabgabe (§ 3 Abs. 1b und 9a UStG); a.A. Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); Knobbe-Keuk, Bilanz- und
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Als Korrektur für steuerwirksame Abschreibungen, die sich im Nachhinein als überhöht herausstellen, wären alle Bewertungsvorschriften für Ersatzrealisationen überschießend, weil sie der Höhe nach nicht auf die Anschaffungskosten beschränkt sind. Der letzte Strohhalm wäre, in der Besteuerung von Ersatzrealisationen typisierende Missbrauchsvermeidungen zu sehen, die verhindern sollen, dass ein Wirtschaftsgut, das veräußert werden soll, nur deshalb in die nicht-steuerbare Sphäre überführt wird, um eine steuerbare Realisation der stillen Reserven zu verhindern39. In ihrer Reichweite wäre die geltende Besteuerung von Ersatzrealisationen dann ebenfalls überschießend40. Zudem wäre eine solche Missbrauchsverhinderung eher in § 23 EStG zu verorten und hat dort mit der Entnahmewertkorrektur nach § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG bereits eine ausbaufähige Grundlage.
c) Bedingt taugliche Kompromissformeln Zum Teil wird versucht, das Dilemma der Merkwürdigkeiten zu lösen, indem stille Reserven als „latente Leistungsfähigkeit“ und damit als potentielles Besteuerungssubstrat angesehen werden41. So wird das Problem aber nur umschifft und nicht gelöst. Die Formulierungen erklären nämlich nicht, warum sich auch bei einer Ersatzrealisation die Latenz plötzlich offenbart oder sich das Potential entfaltet. Sinn ergeben solche Kompromissformeln nur, wenn sich die Leistungsfähigkeit bereits beim
Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 270; Marchal, Die steuerrechtlichen Grundlagen der Ersatzbeschaffung, 2006, S. 48; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 12 – jeweils mit dem m.E. unzutreffenden Argument, dass es für den Gewinn des Betriebs keinen Unterschied machen soll, ob der Inhaber einem Dritten oder sich selbst die Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut verschafft. Dagegen spricht, dass die Steuerverstrickung keine Auswirkungen auf Verfügungsmacht eines Wirtschaftsguts hat. 39 Becker in Verhandlungen des 33. Juristentages, 1925, S. 442. 40 Kritisch bereits Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (156). 41 Vgl. Danz, FR 2018, 160 (162): „latente Leistungsfähigkeit“ (164): „noch nicht sichtbare Leistungsfähigkeit“; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 8: „latente Steuerlasten“; vgl. auch Thiel in StKongRep 1968, S. 273 (279); Costede, StuW 1996, 19 (25): „latente steuerliche Hypothek“; Schön in FS Widmann, 2000, S. 531 (532); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (71): „latente vorhandene Wertsteigerungen“.
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Entstehen der stillen Reserven gesteigert hat, aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder der Praktikabilität ein Steuerzugriff unterbleibt, solange die Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist. Stille Reserven steigern dann bereits die Leistungsfähigkeit, begründen aber aufgrund des Besteuerungsaufschubs erst ein „latentes Einkommen“42.
d) Eigene Auffassung Meines Erachtens ist es daher zutreffend, bereits beim Entstehen von stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit anzunehmen. Ausschlaggebend ist dabei, dass ich Ersatzrealisationen grundsätzlich für besteuerungswürdig halte. Das lässt sich nur dann widerspruchsfrei erklären, wenn bereits das Entstehen der stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit ausdrückt. Etwas anderes gilt meines Erachtens bei einem originären Geschäftswert, der sich isoliert weder veräußern noch entnehmen lässt. Als bloße Gewinnchance ist er nicht nur vom Fortbestand des Betriebes, sondern auch von einer zukünftigen Unternehmerleistung abhängig. Wird der originäre Geschäftswert etwa bei einer Betriebsveräußerung realisiert, wird in dieser Realisation keine schon entstandene Leistungsfähigkeit erfasst, sondern bereits eine zukünftig erwartete Leistungsfähigkeit antizipiert.
3. Konkretisierung durch ertragsteuerliche Grundprinzipien Wie bereits angedeutet wurde, hängt auch die Frage, ob sich die Geltung der weiteren ertragsteuerlichen Grundprinzipien als eine Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips begründen lässt, von der Antwort auf die soeben aufgezeigte Grundsatzfrage ab. Daher wird im Folgenden nicht nur dargelegt, welche Aussagen sich aus den einzelnen Prinzipien zu der Frage ergeben, ob die Steuerneutralität einer Umstrukturierung geboten oder rechtfertigungsbedürftig ist. Es wird auch aufgezeigt, welches Verständnis von Leistungsfähigkeit hinsichtlich der stillen Reserven zugrunde gelegt werden muss, um dem jeweiligen Prinzip einen Geltungsanspruch als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu verschaffen.
42 Thiel/Rödder, FR 1998, 401 (412); Biergans in FS Schmidt, 1993, S. 75 (83 f.); van Lishaut, DB 2000, 1784 (1788); Schmitt, Zur interpersonalen Übertragung stiller Reserven beim Erbfall im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 34 ff., 106 f.; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 59.
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a) Realisationsprinzip Das Realisationsprinzip ist eine Konkretisierung des handelsrechtlichen Vorsichtsprinzips und besagt, dass Gewinne nur zu berücksichtigen sind, wenn sie durch einen Umsatzakt realisiert worden sind (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 HGB)43. Als anerkannter Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung ist es auch für die steuerbilanzielle Gewinnermittlung maßgeblich (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 EStG).
aa) Grundannahme für eine Geltung als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips Sieht man – wie hier (dazu bereits II.2.d.) – bereits in der Entstehung der stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit (dazu bereits II.2.a.), lässt sich der Geltungsanspruch des Realisationsprinzips nicht aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip ableiten. Denn nach dieser Sichtweise führt eine Besteuerung ohne Realisation nicht zwangsläufig auch zu einem Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Sieht man dagegen in der Realisation das allein auslösende Moment für Leistungsfähigkeit (dazu bereits II.2.b.), ist das Realisationsprinzip die maßgebliche Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips. Es stellt sich dann aber die Frage, was unter einer Realisation als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu verstehen ist. Dabei liegt es nahe, mit der Markteinkommenstheorie das Markteinkommen als Indikator für Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Entscheidend ist dann ein Leistungsaustausch am Markt44. Allgemein setzt eine Realisation einen Realisationsakt voraus, also einen Leistungsaustausch, bei dem eine Leistung für eine Gegenleistung (also entgeltlich) erbracht wird. Ein solcher Realisationsakt bedingt daher einen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel, der auf der einen Seite zu einem Veräußerungs- und auf deren Seite zu einem Anschaffungsvorgang führt. Zeigt sich Leistungsfähigkeit nicht allein im Zugang von Geld, sondern auch im Zugang von geldwerten Gütern (dazu bereits II.1.a.), was nicht
43 Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, S. 207, 231; Vogel, StuW 1974, 193 (199); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, S. 268; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 883. 44 So auch Riedel, StuW 2019, 225 (227).
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notwendig einen Liquiditätszufluss voraussetzt45, lässt sich auch bei einem Tausch ein entsprechender Realisationsakt annehmen46, selbst wenn im Handelsbilanzrecht überwiegend von einem Wahlrecht ausgegangen wird, den Tausch erfolgsneutral oder als Gewinnrealisierung zu bilanzieren47. Im Lichte des Leistungsfähigkeitsprinzips lässt sich ein Tausch nämlich als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang sehen, bei dem die jeweiligen Geldansprüche in einem Akt verrechnet werden. Zutreffend führt ein Tausch daher nach § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zur Aufdeckung der stillen Reserven im hingegebenen Wirtschaftsgut durch den Ansatz seines gemeinen Wertes. Das zeigt zugleich, dass Bewertungsunsicherheiten48 auch dann entstehen können, wenn man erst in der Realisation von stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit sieht.
bb) Realisation oder Nichtrealisation bei Umstrukturierungen (1) Keine Realisation ohne Rechtsträgerwechsel Erfolgt im Rahmen einer Umstrukturierung schon keine Übertragung von Wirtschaftsgütern auf einen anderen Rechtsträger, liegt offensichtlich keine Realisation vor. Bloße Überführungen von Wirtschaftsgütern
45 Thiel in DStJG 4 (1981), S. 183 (187); Reich, Die Realisation stiller Reserven im Bilanzsteuerrecht, 1983, S. 52; Schmitt, Zur interpersonalen Übertragung stiller Reserven beim Erbfall im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 40; Beyschlag, Transfer von Einzelwirtschaftsgütern bei gewerblichen Personenunternehmen, 2010, S. 45; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 56; Blumers/Elicker, BB 2009, 1156 (1157); a.A. BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 39, 4: Leistungsfähigkeit nur bei Liquidität, da der Steuerzugriff zu einem Liquiditätsentzug führe. 46 Ebenso BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BStBl. III 1959, 30 (sog. Tauschgutachten, Ausnahme: Nämlichkeit der Tauschgegenstände); BFH v. 20.3.1980 – IV R 22/77, BStBl. II 1980, 439 Rz. 17 ff.; Beisse in DStJG 4 (1981), S. 13 (23); Biergans, FR 1982, 525 (525 f.); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 12. 47 Kahle/Eichholz in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2018, § 252 HGB Rz. 175; a.A. Krumm in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, 2018, § 255 HGB Rz. 27: handelsrechtliche Gewinnrealisierung zwingend. 48 Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 347, geht deshalb davon, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip bei Tauschvorgängen leichter eingeschränkt werden könne.
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zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG49) drücken daher keine gesteigerte Leistungsfähigkeit aus. Gleiches gilt zumindest für das Betriebsvermögen50 bei einem heterogenen (und identitätswahrenden) Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG, §§ 9, 25 UmwStG)51, bei dem ein Vermögensübergang nur für umwandlungssteuerrechtliche Zwecke wegen des Wechsels des Besteuerungskonzepts (Transparenzprinzip bei Personengesellschaften, Trennungsprinzip bei Körperschaften) fingiert wird52.
(2) Keine Realisation bei unentgeltlichen Übertragungen Bei Umstrukturierungen, denen unentgeltliche Übertragungen (§ 6 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 EStG53), Aufwärtsverschmelzungen oder -abspaltungen von Tochterkapitalgesellschaften auf 100-prozentige Muttergesellschaften nach §§ 3 ff., 11 ff. bzw. 15, 16 UmwStG54 zugrunde liegen, findet mangels Gegenleistung schon gar kein Leistungsaustausch statt55. Gleiches gilt bei einer Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) jenseits eines Spitzenausgleichs, wenn man mit dem BFH davon ausgeht, dass ihr ent-
49 Vor Geltung von § 6 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 EStG bereits BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 13; ebenso Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (555 f.); Reiß, StbJb. 2001/02, 281 (305); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 79. 50 Etwas anderes gilt m.E. aber zumindest steuerrechtlich auf Ebene der Gesellschafter: Diese erhalten trotz der zivilrechtlichen Wahrung der Identität (§ 190 UmwG) Gesellschaftsrechte an der neu entstehenden Personengesellschaft (§ 9 UmwStG) oder Kapitalgesellschaft (§ 25 UmwStG) als Gegenleistung für den Verzicht ihrer Anteile an der ursprünglichen Kapitalgesellschaft (§ 9 UmwStG) oder Personengesellschaft (§ 25 UmwStG); dazu noch II.3.a.bb.(3) sowie zu den Schlussfolgerungen II.4.c. 51 Klingberg/van Lishaut, FR 1999, 1209 (1224); Benecke/Schnitger, FR 2010, 555 (560); a.A. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Tz. 00.02; Schaumburg, GmbHR 1996, 668 (671); Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, Einf. B UmwStG Rz. 15. 52 So bereits die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6885, 15. 53 Bei § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG nur, soweit die Übertragung nicht gegen die Gewährung von Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt. 54 Zum Ausdruck kommt die Unentgeltlichkeit in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG („eine Gewährung nicht gewährt wird“); zur ausführlichen Begründung der Unentgeltlichkeit noch II.4.c. 55 Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (555).
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weder eine Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft (echte Realteilung)56 oder die Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (unechte Realteilung)57 und damit jeweils bloß Ersatzrealisationen zugrunde liegen58.
(3) Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung? Bei den meisten Umstrukturierungen bilden die Gewährung59 (zum Teil nur zugunsten Dritter60) oder die Minderung61 von Gesellschaftsrechten
56 BFH v. 19.1.1982 – VIII R 21/77, BStBl. II 1982, 456 Rz. 9; BFH v. 10.12.1991 – VIII R 69/86, BStBl. II 1992, 385 Rz. 21; BFH v. 11.4.2013 – III R 32/12, BStBl. II 2014, 242 Rz. 16 m.w.N; BFH v. 30.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 Rz. 33. 57 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37 Rz. 35; BFH v. 30.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24 Rz. 29; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 35; a.A. noch Wendt in FS Lang, 2011, S. 699 (707 f.) m.w.N. 58 Wendt, FR 2016, 536 (536, 539); a.A. Riedel, Ubg 2018, 148 (151). 59 Gesellschaftsrechte werden als Gegenleistung gewährt bei: Übertragungen von Wirtschaftsgütern in das Gesamthands-Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG [soweit die Übertragung nicht unentgeltlich erfolgt]); Sacheinbringungen in Kapitalgesellschaften (§ 20 UmwStG), Anteilstausch nach § 21 UmwStG, Einbringungen in Personengesellschaften (§ 24 UmwStG), Formwechsel von Personen- in Kapitalgesellschaften (§ 25 UmwStG). 60 Bei Verschmelzungen, Aufspaltungen oder Abspaltungen von Kapitalgesellschaften auf Kapital- oder Personengesellschaften (§ 3 ff., § 11 ff., §§ 15, 16 UmwStG) müsste – soweit es sich nicht um eine 100-prozentige Aufwärtsverschmelzung oder Aufwärtsabspaltung handelt (dazu noch ausführlich II.4.c.) – ein Leistungsaustausch in einem Dreiecksverhältnis angenommen werden; zutreffend Kredig, Besteuerung der stillen Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen 2013, S. 286 f.; FG Hamburg v. 21.5.2015 – 2 K 12/13, EFG 2015, 1876 Rz. 23 (nrkr.): Die übertragende Körperschaft leistet den Übertragungsgegenstand an den übernehmenden Rechtsträger, der als Gegenleistung Gesellschaftsrechte an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers ausgibt. Die Anteilseigner verzichten dafür zugunsten des übernehmenden Rechtsträgers auf ihre Anteile an der übertragenden Körperschaft. 61 Das betrifft die Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem GesamthandsBetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft auf ein (Sonder-)Betriebsvermögen eines Mitunternehmers gegen Minderung von Gesellschaftsrechten (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG [soweit die Übertragung nicht unentgeltlich erfolgt]).
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die „Gegenleistung“ für das übertragende Betriebsvermögen. Entscheidend ist daher, ob bereits eine Marktrealisation angenommen werden kann, wenn als Gegenleistung lediglich Gesellschaftsrechte gewährt oder gemindert werden. Gegen die Annahme eines Realisationsaktes spricht, dass die Gesellschaft selbst für die gewährten Gesellschaftsrechte nichts aufwendet62, da sie diese entweder durch eine Kapitalerhöhung (Kapitalgesellschaft) oder eine bloße Anpassung der Kapitalkonten (Personengesellschaft) generiert. Beides wirkt sich nicht zu Lasten der Gesellschaft selbst aus, sondern mindert allein den zukünftigen Gewinnanteil der übrigen Gesellschafter und begründet insoweit keine veräußerungsähnliche Realisation63. Entsprechend wird auch bei einer Bareinlage gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten kein Realisationsakt, sondern ein rein gesellschaftsrechtlicher Vorgang angenommen.
62 Schulze zur Wiesche, FR 1999, 519 (519): „kein Wertabgang“; Schmidt/Hageböke, DStR 2003, 1813 (1818); Weidmann, FR 2012, 344 (345). 63 BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 19; BFH v. 17.3.1987 – VIII R 293/82, BStBl. II 1987, 558 Rz. 30; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545 Rz. 28; BFH v. 20.9.2007 – IV R 70/05, BStBl. II 2008, 265 Rz. 21; Niehus, FR 2010, 1 (4).
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Gleichwohl gehen Rechtsprechung64, Finanzverwaltung65 und die wohl h.M.66 heute sowohl bei der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft, ei64 Sacheinlage eines Wirtschaftsguts in eine Personengesellschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten (heute § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG bei Herkunft aus BV): BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 14 f. (Bewertungswahlrecht, da zugleich Realisation durch Veräußerung [tauschähnlicher Vorgang] und gesellschaftsrechtlicher Vorgang); BFH v. 29.10.1987 – IV R 93/85, BStBl. II 1988, 374 Rz. 8; BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 Rz. 20 (§ 17 EStG-Beteiligung aus PV); BFH v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BStBl. II 2002, 420 Rz. 15; BFH v. 24.4.2007 – I R 35/07, BStBl. II 2008, 253 Rz. 15; BFH v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617 Rz. 33 ff. (WG aus PV); BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 Rz. 20; BFH v. 29.7.2005 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593 Rz. 29; BFH v. 4.2.2016 – IV R 46/12, BStBl. II 2016, 607 Rz. 28; Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten (heute §§ 3–8, 11–13 UmwStG): BFH v. 15.10.1997 – I R 22/96, BStBl. II 1998, 168 Rz. 8; BFH v. 19.8.2008 – IX R 71/07, BStBl. II 2009, 13 Rz. 19; BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45 Rz. 21; Einbringung in eine Personengesellschaft (heute § 24 UmwStG): BFH v. 11.8.1971 – VIII 13/ 65, BStBl. II 1972, 270 Rz. 11; BFH v. 25.11.1980 – VIII R 32/77, BStBl. II 1981, 419 Rz. 29; BFH v. 26.2.1981 – IV R 78/79, BStBl. II 1981, 568 Rz. 9; BFH v. 29.10.1987 – IV 93/85, BStBl. II 1988, 374 Rz. 8; BFH v. 21.6.1994 – VIII R 5/ 92, BStBl. II 1994, 856 Rz. 24; BFH v. 26.1.1994 – III R 39/91, BStBl. II 1994, 458 Rz. 25; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545 Rz. 28; BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BStBl. II 2016, 639 Rz. 43; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/ 15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 31; Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (heute § 20 UmwStG): BFH v. 13.7.1965 – I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640 Rz. 13 („an sich eine Betriebsveräußerung“); BFH v. 30.4.1975 – I R 41/73, BStBl. II 1975, 706 Rz. 9; BFH v. 24.3.1983 – IV R 138/80, BStBl. II 1984, 233 Rz. 7; BFH v. 23.1.1986 – IV R 335/84, BStBl. II 1986, 623 Rz. 9; BFH v. 11.9.1991 – XI R 15/90, BStBl. II 1992, 404 Rz. 14; BFH v. 25.9.1991 – I R 184/87, BStBl. II 1992, 406 Rz. 14; BFH v. 16.2.1996 – I R 183/94, BStBl. II 1996, 342 Rz. 11; BFH v. 7.7.1998 – VIII R 5/96, BStBl. II 1999, 209 Rz. 23; BFH v. 5.6.2002 – I R 6/01, BFH/NV 2003, 88 Rz. 10; BFH v. 17.9.2003 – I R 97/02, BStBl. II 2004, 686 Rz. 7; BFH v. 19.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568 Rz. 11 (Formwechsel auf Kapitalgesellschaft); a.A. noch (Realisation erst bei Veräußerung der erhaltenen Kapitalanteile): BFH v. 28.7.1960 – IV 27/59 U, BStBl. III 1960, 403 Rz. 8 m.w.N.; BFH v. 29.3.1972 – I R 43/69, BStBl. II. 1972, 537 Rz. 7 m.w.N. 65 BMF. v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 00.02 (Umwandlungsteuer-Erlass 2006); BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713; BMF v. 26.7.2016, BStBl. I 2016, 684, jeweils zur Einbringung von WG in eine Personengesellschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten als tauschähnlicher Vorgang. 66 Beisse in DStJG 4 (1981), S. 13 (26 f.); Benecke/Schnitger, FR 2010, 555 (557 ff.); Jacobsen, FR 2011, 973 (975); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitäts-
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ner Einbringung bzw. Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft sowie bei einer Einbringung bzw. Sacheinlage in eine Personengesellschaft (jeweils gegen die Gewährung [bzw. Minderung67] von Gesellschaftsrechten) von einem Realisationsakt als tauschähnlicher Vorgang aus. Zur Begründung wird dabei gerade auf den Unterschied zwischen einer Bar- und Sacheinlage abgestellt. Bei der Sacheinlage werde die Einlageforderung der Gesellschaft gegen den Einbringungsgegenstand des Gesellschafters getauscht68. Die Tauschähnlichkeit rechtfertige sich dann aus dem Umstand, dass der Gesellschafter das Wirtschaftsgut in einem ersten Schritt an die Gesellschaft hätte veräußern können und dann die Kaufpreisschuld mit der Einlageforderung hätte verrechnen können.69
prinzip, 2017, S. 79 ff.; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 44 ff.; 50 ff. Zur Sacheinlage eines Einzelwirtschaftsguts in eine Personengesellschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten (heute § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG bei Herkunft aus BV): Crezelius, FR 2011, 401 (408); Kulosa in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 6 EStG Rz. 698. Zur Verschmelzung, Auf- oder Abspaltungen von Körperschaften gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten (heute §§ 3–8, 11–13, 15, 16 UmwStG): Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, Vor §§ 3–9 UmwStG Rz. 6 sowie Vor §§ 11–13 UmwStG Rz. 2. Zur Einbringung in eine Personengesellschaft (heute § 24 UmwStG): Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, 7. Aufl. 2012, § 24 UmwStG Rz. 5; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, § 24 UmwStG Rz. 1; Rasche in Rödder/Herlinghaus/von Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 24 UmwStG Rz. 7. Zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (heute § 20 UmwStG): Pung, GmbHR 2012, 158 (161); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/von Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 14; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 8; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, Vor §§ 20–23 UmwStG Rz. 9. 67 Kulosa in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 6 EStG Rz. 698: ebenfalls tauschähnlicher Vorgang; krit. Weidmann, FR 2012, 344 (346); a.A. Brandenberg, FR 2000, 1182 (1186). 68 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 Rz. 21 ff.; BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 Rz. 20. 69 Groh, DB 1997, 1683 (1684); vgl. aber Groh, DB 2003, 1403 (1404), für den die zugrunde liegende Annahme eines tauschähnlichen Vorgangs nach der Gleichstellung von Überführung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG und Übertragung gegen Gesellschaftsrechte nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG durch das UntStFG (v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858) gesetzeskonzeptionell ausgeschlossen sein soll.
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Die Schwäche dieser Begründung erscheint offensichtlich70: Erst wird unterstellt, dass stets eine Bareinlage geschuldet wird. Dann wird auf der Grundlage der Unterstellung ein Alternativsachverhalt zugrunde gelegt, der so nicht stattgefunden hat. Unter Heranziehung der Markteinkommenstheorie wird eine Marktrealisation zum Teil mit dem Argument verneint, dass eine Umstrukturierung selbst nur eine Vorbereitungshandlung sei, die zur Erhaltung der Erwerbsgrundlage dazu diene, mit der geänderten Rechts- oder Kooperationsform zukünftig Markteinkommen zu erzielen71. Die Auffassung ist nicht neu, wurde aber im Laufe der Zeit unterschiedlich begründet72. Sie geht auf Werner Flume zurück, der bereits in den 1950er und 1960er vertreten hat, dass Umstrukturierungen gerade keine Realisations-, sondern rein gesellschaftsrechtliche Reorganisationsakte zugrunde liegen, die keine steuerlichen Folgen auslösen73. Von Brigitte Knobbe-Keuk wurde diese „Organisationsakttheorie“ später als ein „Prinzip der Buch-
70 Ausführlich zur Kritik Niehus, StuW 2017, 27 (42 f.); Weidmann, FR 2012, 344 (346); Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 10 Rz. 151b. 71 Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253 (255); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Einf. UmwStG Rz. 5; Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (70); Kredig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 301, 311; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1438, 1453); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 85; Riedel, Ubg 2018, 148 (149); Riedel, StuW 2019, 225 (228); vgl. bereits Albach in StbJb. 1970/71, S. 289 (298); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 347 f., der insoweit keinen „Umsatzakt auf dem Absatzmarkt“, sondern eine „interne Absatzvorbereitung“ annimmt; Reinhardt, Übergang der stillen Reserven im Steuerrecht der Kapitalgesellschaft, 1998, S. 87 ff.; Herzig, GmbHR 1987, 140 (142); Niehus, FR 2010, 1 (4); a.A. Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (227 f.). 72 Vgl. bereits Luckey, StuW 1979, 129 (142): keine Realisation wegen eines allgemeinen Rechtsgedankens aus § 15 Abs. 2 KStG a.F.; Beisse in DStJG 4 (1981), S. 13 (40): zwar Realisation, aber Besteuerungsverzicht wegen des Übermaßverbots; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 353: Kontinuitätsprinzip als Grundsatz der Buchwertfortführung zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung; Schaumburg in FS Herzig, 2010, S. 711 (715): Markteinkommensprinzip und Übermaßverbot; Weber-Grellet, DB 2019, 2201 (2202). 73 Flume, DB 1957, 804 (804 f.); Flume, ZfbF, 1968, 90 (94); folgend Böttcher/Beinert, DB 1968, 1961 (1962); Dornfeld/Rose, DB 1969, 1997 (1999).
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wertfortführung“ weiterentwickelt74. Begründet wurde der Ansatz damit, dass durch die Veränderung der Organisationsform der Bestand eines Unternehmens nicht beeinflusst werde75. Außerdem finde bei Übertragungen im Rahmen von Umstrukturierungen kein Leistungsaustausch am Markt statt76. Insbesondere der Erwerb von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung begründe daher auch noch keine Steigerung der Leistungsfähigkeit77. Rechtsmethodisch geht dieser Ansatz daher von einer teleologischen Reduktion des Realisationsprinzips auf der Grundlage der Markteinkommenstheorie aus78. Dagegen lässt sich einwenden, dass fremde Dritte bzw. Beteiligte mit Interessensgegensätzen den Umfang der gewährten oder geminderten Gesellschaftsrechte mit dem Verkehrswert des übertragenden Vermögens bewerten werden. Unternehmen können nicht nur Akteure, sondern auch Gegenstand von Markttransaktionen sein. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zwingend, bei einer Umstrukturierung gegen die Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten stets eine Marktrealisation und damit eine Steigerung der Leistungsfähigkeit zu verneinen79. Dadurch eröffnet sich bei der Konkretisierung des 74 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 820 f.; vgl. bereits Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (498); folgend Hölzle, Besteuerung von stillen Reserven bei der Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, 1993, S. 93 f. 75 Flume, ZfbF, 1968, 90 (100). 76 Flume, ZfbF, 1968, 90 (94); Böttcher/Beinert, DB 1968, 1961 (1962); Dornfeld/Rose, DB 1969, 1997 (1999). 77 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 820; Hügel, Verschmelzung und Einbringung, 1993, S. 471. 78 Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 88; ebenfalls eine teleologische Reduktion annehmend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 915; Knobbe-Keuk in FS 75 Jahre BFH, 2003, S. 303 (317); Baldauf, Das innere System der einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlung, 2009, S. 17; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1453); ähnlich Herzig in FS Widmann, 2000, S. 393 (398): BFH-Tauschgutachten als teleologische Reduktion der Gewinnrealisationstatbestände. 79 Den Rückgriff auf die Markteinkommenstheorie daher ablehnend Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (227 f.); vgl. bereits BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 14 f. (Einlage eines Wirtschaftsguts in eine Personengesellschaft – Wahlrecht, da zugleich Realisation durch Veräußerung [tauschähnlicher Vorgang] und gesellschaftsrechtlicher Vorgang); zur Unbestimmheit des Marktbegriffs in der Markteinkommenstheorie Marx/Kilincsoy, StuW 2019, 36 (38 ff.).
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Leistungsfähigkeitsprinzips ein Bewertungskorridor, den der Gesetzgeber über das Gebot der Folgerichtigkeit maßstabsbildend ausfüllen darf. Dabei lässt sich erkennen, dass der Gesetzgeber zumindest die Umstrukturierungstatbestände aus dem Umwandlungssteuergesetz für steuerrechtliche Zwecke konzeptionell so ausgestaltet hat, dass ihnen dem Grunde nach Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge80 und damit auch maßgebliche (Markt)-Realisationen zugrunde liegen. Auch in den Gesetzesbegründungen wird diese Grundannahme zum Ausdruck gebracht81. Soweit dennoch auf Antrag eine Steuerneutralität gewährt wird, entsteht am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) über das Gebot der Folgerichtigkeit ein Rechtfertigungsbedürfnis. Aber das kann man – wie aufgezeigt – auch anders sehen. Anders sehen sollte man es meines Erachtens bei einem originären Geschäftswert, der allein zukünftige Gewinnchancen zum Ausdruck bringt, die erst mit der geänderten Kooperationsform verwirklicht werden sollen82. Hier passt der Gedanke der bloßen Vorbereitungshandlung, um zukünftig Markteinkommen zu erzielen, uneingeschränkt. Im Folgenden werden daher die Auswirkungen für beide Rechtspositionen (Annahme keiner oder einer Realisation bei der Gewährung oder 80 Im Allgemeinen: Ansatz des gemeinen Wertes als Regel und steuerneutrale Buchwertfortführung nur auf Antrag (vgl. §§ 3, 11, 13, 20, 21, 24 UmwStG), BT-Drucks. 16/2710, 42; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1437); Riedel, StuW 2019, 225 (227): Im Besonderen etwa §§ 11–13 UmwStG: Mit der Anwendung des § 8b KStG auf einen Übertragungsgewinn (§ 12 Abs. 2 UmwStG) „wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Übertragungsvorgang insoweit einem Veräußerungsvorgang gleichsteht.“ (BT-Drucks. 16/3369, 10); § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG: „Der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile.“; § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG: „Auf einen bei der Sacheinlage entstehenden Veräußerungsgewinn […]“. 81 BT-Drucks. 14/23, 172: Tausch von Kapitalanteilen als „normales Umsatzgeschäft“; BT-Drucks. 14/23, 173 (implizite Aussage): § 6 Abs. 3 EStG erfasst in Abgrenzung zum UmwStG unentgeltliche Übertragungen; BT-Drucks. 14/ 23, 173: § 6 Abs. 5 (Satz 3) EStG als „normaler Veräußerungsvorgang“; BTDrucks. 14/6882, 32: § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG: „Spezialform des Tausches“, Vorrang vor § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG. 82 BFH v. 16.5.2002 – III R 45/98, BStBl. II 2003, 10 Rz. 28; a.A. BFH v. 24.3.1983 – IV R 138/80, BStBl. II 1984, 233 Rz. 12; BFH v. 5.6.2002 – I R 6/01, BFH/NV 2003, 88 Rz. 10.
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Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung) aufgezeigt (dazu noch II.4.b. und c.).
b) Entstrickungsprinzip Nach dem Entstrickungsprinzip sind stille Reserven spätestens beim Ausscheiden aus der einkommensteuerlichen83 Steuerverstrickung zu versteuern84, also bei einer Überführung vom Betriebs- ins Privatvermögen oder bei Verlust des deutschen Besteuerungsrechts durch Wegzug oder Überführung ins Ausland. Stellt man auf die Realisation als auslösendes Moment für die Steigerung von Leistungsfähigkeit ab (dazu II.2.b.), lässt sich die Geltung des Entstrickungsprinzips gerade nicht aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip entfalten, weil aus dieser Sicht eine Besteuerung von Ersatzrealisationen gerade dem Leistungsfähigkeitsprinzip widerspricht. Durch diesen Widerspruch erübrigt sich nach dieser Sicht auch, die Geltung des Entstrickungsprinzips über das Folgerichtigkeitsgebot zu begründen (dazu bereits II.1.b.). Mit anderen Worten lässt die Existenz einer Vielzahl von gesetzlichen Entstrickungstatbeständen (etwa § 4 Abs. 1 Satz 2, Satz 3–5, § 16 Abs. 3a EStG) nach dieser Sichtweise gerade keinen Induktionsschluss zu einem Entstrickungsprinzip als gesetzgeberische Ausgangsentscheidung im Sinne des Folgerichtigkeitsgebots zu, weil eine solche gesetzgeberische Ausgangsentscheidung nach dieser Sichtweise gerade dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechen würde. Vielmehr bedürfen die Entstrickungstatbestände nach dieser Sichtweise gerade einer gesetzlichen Normierung85 und müssen als Durchbrechungen des Leistungsfähigkeitsprinzips gerechtfertigt werden (dazu II.2.b.). 83 Entsprechendes gilt für die Körperschaftsteuer, aber nicht für die Gewerbesteuer: BFH v. 7.10.1974 – GrS 1/73, BStBl. II 1975, 168 Rz. 40 ff.; BFH v. 9.12.1986 – VIII R 26/80, BStBl. II 1987, 342 Rz. 16 ff.: weder Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) noch Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) bei einem „Strukturwandel“ (Wandel eines Gewerbebetriebes zu einem LuF- oder freiberuflichen Betrieb). 84 Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 9 Rz. 406; Riedel, StuW 2019, 225 (227). 85 Stoll in DStJG 4 (1981), S. 207 (244); Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz. 12 (Stand Januar 2019); vgl. bereits BFH v. 10.2.1972 – I R 205/66, BStBl. II 1972, 455 Rz. 17: kein allgemeiner Entstrickungsgrundsatz; BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 Rz. 44 ff. (Aufgabe der Theorie der finalen Entnahme für [vermeintliche] Entstrickungen durch Überführung von WG in eine ausländische DBA-Betriebstätte); BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08,
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Sieht man dagegen – wie hier (dazu II.2.d.) – das Entstehen der stillen Reserven als auslösendes Moment an (dazu II.2.b.), lässt sich die Geltung des Entstrickungsprinzips aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip als die notwendige Ultima-Ratio-Besteuerung ableiten86. Aus dieser Sicht ist es im Falle einer Entstrickung weder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit noch aus Gründen der Praktikabilität mehr zu rechtfertigen, die Besteuerung der stillen Reserven weiter aufzuschieben. Die zahlreichen Entstrickungstatbestände, welche die Steuerneutralität aller Umstrukturierungstatbestände einschränken (z.B. § 6 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 EStG jeweils a.E.; § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 a.E., Halbs. 2 EStG; § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 4 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 21 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 und 2, § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UmwStG), sind – ungeachtet unionsrechtlicher Grenzen aus den Grundfreiheiten87 – aus dieser Sicht geboten und nicht rechtfertigungsbedürftig.
c) Subjektsteuerprinzip Nach dem Subjektsteuerprinzip sind stille Reserven von demjenigen zu versteuern, bei dem sie entstanden sind88. Explizit im Gesetz wird ein so zu verstehendes Subjektsteuerprinzip zwar nur in der Rückausnahme zur Sperrfristregelung in § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zum Ausdruck gebracht, nach der die Sperrfrist gerade nicht gilt, wenn „die bis zur Übertragung entstan-
BStBl. II 2011, 1019 Rz. 19 ff. (Aufgabe der Theorie der finalen Betriebsaufgabe für [vermeintliche] Entstrickungen durch die Verlegung eines Betriebes ins DBA-Ausland). 86 Reiß, BB 2001, 1225 (1226); Costede, StuW 1996, 19 (25); i.d.S. die Theorie der finalen Entnahme, s. BFH v. 7.10.1974 – GrS 1/17, BStBl. II 1975 Rz. 35, 47 (bei Strukturwandel); BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175; BFH v. 24.11.1982 – I R 123/78, BStBl. II 1983, 113 (jeweils bei Überführung von WG in ausländische DBA-Betriebsstätte); BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630 (Betriebsverlegung ins DBA-Ausland); Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (557). 87 Dazu im Einzelnen Desens in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, Einf. UmwStG Rz. 33, § 3 UmwStG Rz. 38 ff.; § 11 UmwStG Rz. 36 ff.; § 20 UmwStG Rz. 61 ff.; § 21 UmwStG Rz. 35 ff.; § 24 UmwStG Rz. 35 ff. 88 BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 70 – Vorlage Großer Senat; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1434); Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 1202 m.w.N.; Reiß, BB 2001, 1225 (1226); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 25 f.
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denen stillen Reserven durch eine Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden“ sind89. Dennoch hat der BFH das Subjektsteuerprinzip bzw. dessen Kernaussage mittlerweile in mindestens 20 Entscheidungen herangezogen, wobei die Kernaussage anfangs – erstmals 1962 – noch als ein (beherrschender) Grundsatz bezeichnet wurde, der dem Einkommensteuerrecht zugrunde liegt90. Mittlerweile wird die Kernaussage – erstmals 2004 – unmittelbar dem Grundsatz der Individualbesteuerung entnommen91 und – seit 2005 – verselbständigt als Subjektsteuerprinzip92, Steuersubjektprinzip93 oder Subjektprinzip94 bezeichnet. Dabei hat das Subjektsteuerprinzip in der BFH-Rechtsprechung eine durchaus bedeutende Rolle gespielt. So wurde angenommen, dass Durchbrechungen des Subjektsteuerprinzips stets eine gesetzliche Grundlage
89 Anschaulich dazu die Gesetzesbegründung zur Sperrfristregelung in § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG, BT-Drucks. 14/6882, 33: „Durch den rückwirkenden Teilwertansatz erfolgt eine Rückkehr zu dem Grundsatz der Versteuerung der stillen Reserven bei demjenigen, bei dem sie entstanden sind.“; vgl. zum UmwStG 1995 auch BT-Drucks. 12/6885, 22: „Dagegen geht das Steuerrecht von dem Grundsatz aus, dass stille Reserven beim Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen eines Rechtsträgers bei dem zu erfassen sind, der sie erzielt hat.“ 90 BFH v. 25.5.1962 – I 155/59 U, BStBl. III 1962, 351 Rz. 10; BFH v. 14.5.1969 – I R 77/67, BStBl. II 1969, 598 Rz. 14; BFH v. 14.7.1993 – X R 74/90, BStBl. II 1994, 15 Rz. 29. 91 BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 23.6.2004 – X R 37/03, juris Rz. 12; BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 Rz. 81; BFH v. 6.5.2010 – IV R 52/08, BStBl. II 2011, 261 Rz. 18; BFH v. 22.12.2011 – III R 69/09, BStBl. II 2012, 888 Rz. 21; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/ 12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 41 (Vorlage BVerfG). 92 BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 Rz. 31; BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 17 ff.; BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 37; BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 10, 20; BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 ff. – BMF-Beitrittsaufforderung; BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34; BFH v. 15.4.2015 – I R 54/13, BStBl. II 2017, 136 Rz. 17; BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 70 ff. – Vorlage Großer Senat; BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, BStBl. II 2019, 730 Rz. 46. 93 BFH v. 20.5.2010 – IV R 42/08, BStBl. II 2010, 820 Rz. 16; BFH v. 12.10.2011 – I R 33/10, BStBl. II 2012, 445 Rz. 17. 94 BFH v. 23.1.2008 – I R 101/06, BStBl. II 2008, 719 Rz. 9 (Durchbrechung durch die Freistellung von Kapitalanteilsveräußerungen nach § 8b Abs. 2 KStG).
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bräuchten95, eng auszulegen96 oder als verfassungswidrig anzusehen seien97. Überdies wurde etwa im Anschluss einer Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Einmann-GmbH & Co KG durch den allein am Vermögen beteiligten Kommanditisten aufgrund des Subjektsteuerprinzips die Sperrfrist aus § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG nicht angewendet, obwohl die Rückausnahme ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig war98. Auch im Schrifttum werden Existenz und Geltung des Subjektsteuerprinzips ganz überwiegend bejaht99. Ursprünglich wurde es insbesonde95 BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 23.6.2004 – X R 37/03, juris Rz. 12. Keine durch das Subjektsteuerprinzip geforderte gesetzliche Grundlage für die sog. modifizierte Trennungstheorie bei der Ermittlung des unentgeltlichen Teils bei teilentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG: BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 ff. – BMF-Beitrittsaufforderung; BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 70 ff. – Vorlage Großer Senat. 96 Zu § 6 Abs. 3 EStG: BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 Rz. 31 (nicht bei verdeckter Einlage einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft); BFH v. 6.5.2010 – IV R 52/08, BStBl. II 2011, 261 Rz. 18 (Erforderlichkeit der Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen); BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, BStBl. II 2019, 730 Rz. 46 (nicht bei Vorbehaltsnießbrauch). 97 Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften: BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 17 ff. (verfassungskonforme Auslegung); BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 39 ff. (Vorlage BVerfG) – unmittelbar aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem Grundsatz der Individualbesteuerung abgeleitet; vgl. auch BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34. Umgekehrt wurde die zwischenzeitige Besteuerung der stillen Reserven nach § 6 Abs. 5 EStG i.d.F. StEntlG 1999/2000/2002 (1999-2000) wegen der Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips nicht als Verstoß gegen einen „Anspruch auf Gleichheit in der Zeit“ als verfassungswidrig angesehen, vgl. BFH v. 20.5.2010 – IV R 42/08, BStBl. II 2010, 820 Rz. 16. Auch die doppelte Verstrickung der stillen Reserven nach dem Konzept der einbringungsgeborenen Anteile wurde mit dem Argument als verfassungsgemäß angesehen, dass anderenfalls gegen das Leistungsund Subjektsteuerprinzip verstoßen würde, vgl. BFH v. 15.4.2015 – I R 54/13, BStBl. II 2017, 136 Rz. 17. 98 BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 20; BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34; ausführlich dazu Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 173 ff.; Reis, Die Einbringung eines Einzelwirtschaftsgutes in eine Mitunternehmerschaft aus einkommensteuerrechtlicher Sicht, 2019, S. 251 ff. 99 Chronologische Reihenfolge: Luckey, Steuerliche Gewinnrealisierung bei Umwandlung von Unternehmen und Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter, 1977, S. 119 f., 129, 136; Luckey, StuW 1979, 129 (136): „Grundgedanke“;
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re gegen die frühere Praxis in Stellung gebracht, einen steuerneutralen Vermögenstransfer bei Umstrukturierungen auch ohne formell gesetzliche100 bzw. bloß auf richterrechtlicher101 Grundlage zuzulassen102. Das Subjektsteuerprinzip lässt sich daher zugleich als Gegenthese zur sog. Organisationsakttheorie (dazu bereits II.3.a.bb.[3]) begreifen103.
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Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (10): „Subjekt- oder Individualprinzip“; Beisse in DStJG 4 (1981), S. 13 (14 f.): „Subjektsteuerprinzip“; Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (159); Biergans, FR 1982, 525 (526): „Prinzip der Personenidentität“; Wasmer, Die Zurechnung von Einkünften bei der unentgeltlichen Übertragung von Betriebsvermögen durch Erbfall und Schenkung, 1985, 48 ff.; Ruppe in DStJG 10 (1987), S. 45 (59); Althans, BB 1993, 1060 (1061); Reinhardt, Übergang der stillen Reserven im Steuerrecht der Kapitalgesellschaft, 1998, S. 61; Schmitt, Zur interpersonalen Besteuerung der stillen Reserven beim Erbfall im Einkommensteuerrecht, 1992, S. 34 ff.; Wassermeyer, BB 1994, 1 (2); Schön in FS Widmann, 2000, S. 531 (532 f.); Reiß, BB 2001, 1225 (1226); Geissler, FR 2001, 1029 (1033 f.); Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (719); Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253 (254): „Grundsatz der Steuersubjektidentität“; Wendt, EStB 2002, 137 (137); Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (222); Hölzle, Besteuerung der stillen Reserven bei der Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, 2005, S. 12; Vogt, Rechtsnachfolge im Steuerrecht, 2007, S. 124; Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (557); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (70 f.); Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395 (395); Kredig, Besteuerung der stillen Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 67 ff.; Mutscher in FS Frotscher, 2013, S. 479 (480); Cropp, Das Subjektsteuerprinzip als personaler Bezugspunkt einer Ertragsbesteuerung nach der Leistungsfähigkeit, 2016, S. 19 ff.; Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 84 ff.; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 43 ff.; Danz, FR 2018, 160 (162); Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1434); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 6 ff.; Riedel, StuW 2019, 225 (226); Holle/ Weiss, FR 2019, 833 (834); a.A. Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494 (494); KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 1993, S. 268 ff. Nachweise in Fn. 2. Nachweise in Fn. 3 sowie unter den Ausnahmen in Fn. 1. Exemplarisch Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (10 f.); a.A. Knobbe-Keuk in FS 75 Jahre BFH, 2003, S. 303 (316) als Beispiele für „geglückte Rechtsfortbildungen“. Anschaulich Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (10): „Die Metapher oder Metaphrase von der Fortführung des wirtschaftlichen Engagements in anderer Rechtsform, genauer: im Kleide eines anderen Rechtssubjekts, übersieht schlicht das Individual- oder Subjektprinzip“; scharf konternd Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 268 f.
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aa) Grundannahme für eine Geltung als Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips Hält man die Realisation für das auslösende Moment für die Steigerung von Leistungsfähigkeit (dazu II.2.b.), lässt sich die Geltung des Subjektsteuerprinzips schon deshalb nicht begründen, weil sich das Entstehen von stillen Reserven ohne ein gleichzeitiges Entstehen von Leistungsfähigkeit nicht persönlich zurechnen lässt. Stille Reserven sind nach dieser Sichtweise bis zu ihrer Realisation allein dinglich mit dem Wirtschaftsgut verknüpft, in dem sie entstehen104. Auf den Umstand, dass sich die Geltung eines Subjektsteuerprinzips nur begründen lässt, wenn bereits das Entstehen von stillen Reserven subjektiv zugerechnet werden kann, hat bereits Eckart Ratschow auf der DStJG-Tagung 2010 in Potsdam zutreffend hingewiesen105. Dieser Umstand wird oft übersehen, wenn ein Widerspruch zwischen dem Realisations- und dem Subjektsteuerprinzip konstatiert wird106. Ein solcher Widerspruch kann aber schon gar nicht entstehen, wenn man die Geltung der Prinzipien aus einer Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips gewinnt. Je nach Grundannahme zu den stillen Reserven gilt dann entweder das Realisations- oder das Subjektsteuerprinzip. Auf einen etwaigen „Vorgang“ eines Prinzips kommt es dann nicht mehr an. Ist dagegen bereits das Entstehen der stillen Reserven das auslösende Moment (dazu bereits II.2.a.), ist mit diesem Entstehen bereits die persönliche Leistungsfähigkeit gesteigert, die über den Grundsatz der Individualbesteuerung persönlich zuzurechnen ist (persönliche Verstrickung107). Entsprechend hergleitet wird die Geltung des Subjektsteuerprinzips bzw. 104 Albach in StbJb. 1970/1971, S. 287 (314); Felix in StKongRep. 1980 S. 129 (146); Woerner, DStZ (A) 1977, 299 (307); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 820; vgl. auch BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 Rz. 82 zur „Ausnahme“ § 6 Abs. 3 EStG: „Die stillen Reserven sind [bei § 6 Abs. 3 EStG, Anm. Verf.] unlösbar mit denjenigen Wirtschaftsgütern verknüpft, in deren Buchwertansätzen sie ruhen“. 105 Ratschow in DStJG 34 (2011), S. 35 ff.; zuvor bereits Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (10). 106 So etwa BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457 Rz. 31; BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, BStBl. II 2019, 730 Rz. 46; Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (719); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 76 ff. m.w.N. 107 Vgl. BFH v. 12.10.2011 – I R 33/10, BStBl. II 2012, 445 Rz. 17; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 60 f.; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1435).
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die Subjektbindung der stillen Reserven unmittelbar aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip108 bzw. aus dem Grundsatz der Individualbesteuerung109, der zum Ausdruck bringt, dass mit einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit eine Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts gemeint ist110.
bb) Weitere Konkretisierung des Subjektsteuerprinzips Bei der weiteren Konkretisierung des Subjektsteuerprinzips stellen sich zwei Folgefragen. Zunächst stellt sich die Frage, ob „derjenige“ den zivilrechtlichen Rechtsträger111 oder das Steuersubjekt112 meint, was bei Personengesell108 BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 – BMF-Beitrittsaufforderung; BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 70 – Vorlage Großer Senat; BFH v. 25.1.2017 – X R 59/14, BStBl. II 2019, 730 Rz. 46; Biergans in FS Schmidt, 1993, S. 75 (87); Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (719); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 61; Luckey, Steuerliche Gewinnermittlung bei Umwandlung von Unternehmungen und Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern, 1977, S. 119 ff.; Raupach in DStJG 2 (1979), S. 87 (104); Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (221); Kredig, Besteuerung der stillen Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 67 ff.; Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 90 f.; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1434). 109 BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 Rz. 81; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 41(Vorlage BVerfG); vgl. auch BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 23.6.2004 – X R 37/ 03, juris Rz. 12; BFH v. 6.5.2010 – IV R 52/08, BStBl. II 2011, 261 Rz. 18; BFH v. 22.12.2011 – III R 69/09, BStBl. II 2012, 888 Rz. 2; Graw in FS 100 Jahre BFH, Bd. II, 2018, S. 1433 (1435); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Einf. UmwStG Rz. 5. 110 BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 23.6.2004 – X R 37/03, juris Rz. 12; BFH v. 28.7.2004 – XI R 54/99, BStBl. II 2005, 262 Rz. 32 – Vorlage Großer Senat. 111 So BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 23.6.2004 – X R 37/03, juris Rz. 12; BFH v. 20.5.2010 – IV R 42/08, BStBl. II 2010, 820 Rz. 16; BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116; Troost, Die Buchwertfortführung im Steuerrecht auf den Weg zu einem allgemeinen Prinzip, 1996, S. 232. 112 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 17 ff.; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004; vgl. auch BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34; vgl. bereits BFH v. 14.7.1993 – X R 74/90, BStBl. II 1994, 15 Rz. 29; Niehus, FR 2010, 1 (5); Schmitt/Franz, Ubg 2012,
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schaften auseinanderfällt. Maßgeblich ist meines Erachtens das Steuersubjekt, das die Steuer schuldet, also bei einer Personengesellschaft der Mitunternehmer, dem auch im Übrigen die über die Mitunternehmerschaft gesteigerte Leistungsfähigkeit persönlich zugerechnet wird. Bei der Einkommensteuer bezieht sich das Subjektsteuerprinzip folglich allein auf die natürliche Person (§ 1 EStG) und bei der Körperschaft auf das von § 1 KStG erfasste Steuersubjekt113. Die zweite Frage ist, ob dem Subjektsteuerprinzip noch entsprochen wird, wenn zwar die konkrete „dingliche“ Verstrickung gelöst wird, aber eine „persönliche“ Verstrickung gewahrt bleibt, also die stillen Reserven zwar auf ein anderes Wirtschaftsgut überspringen, das andere Wirtschaftsgut aber beim selben Steuersubjekt verstrickt ist. Letzteres ist meines Erachtens zu bejahen, wenn sich die stillen Reserven nicht verdoppeln, also nicht zugleich bei einem anderen Steuersubjekt verstrickt werden. Denn das Subjektsteuerprinzip hat zwei Seiten. Es soll auch sicherstellen, dass stille Reserven nicht von einem Steuersubjekt besteuert werden müssen, bei dem sie nicht entstanden sind114. Nach dem Subjektsteuerprinzip gilt für Umstrukturierungen Folgendes: Ihre Steuerneutralität ist rechtfertigungsbedürftig, soweit bei nur einem Steuersubjekt, das an der Umstrukturierung beteiligt ist, nach der Umstrukturierung stille Reserven nicht im selben Umfang zugerechnet werden wie vor der Umstrukturierung oder diese nach der Umstrukturierung nicht nach denselben Regeln zu versteuern sind, die vor der Umstrukturierung galten.
395 (395); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 74. 113 Zutreffend zur Geltung des Subjektsteuerprinzips auch im KSt-Recht: Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253 (264); Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (223 ff.); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 91; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 7 f. 114 BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 – BMF-Beitrittsaufforderung; BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 71 – Vorlagebeschluss zum Großen Senat; Mutscher in FS Frotscher 2013, 479 (480); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 8; Riedel, StuW 2019, 225 (226); vgl. bereits BFH v. 23.8.1979 – IV R 95/75, BStBl. II 1980, 8 Rz. 14 im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung zum Nachteil, der beim Übernehmer eines Hofes entstünde, wenn dieser „Gewinne aus einer Ernte versteuern müsste, die nicht er, sondern der Übergeber eingebracht hat“.
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d) Kontinuitätsprinzip Erstmals definiert wurde das sog. Kontinuitätsprinzip von Joachim Lang als ein Grundsatz der Buchwertfortführung zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung115. Wählt man die aufgezeigte markteinkommenstheoretische Begründung zur Verneinung einer Marktrealisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung (dazu bereits II.3.a.bb.[3]), dürfte das Kontinuitätsprinzip nichts anderes besagen, als dass stille Reserven bei einer Umstrukturierung deshalb nicht zu besteuern sind, weil es sich um eine bloße Vorbereitungshandlung handelt, um zukünftig Markteinkommen zu erzielen116. Damit kann das Kontinuitätsprinzip nur dann eine aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abgeleitete Geltung beanspruchen, wenn man annimmt, dass erst eine Realisation der stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründet (dazu II.2.a.) und in der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten noch keine Marktrealisation zu sehen ist (dazu II.3.a.bb.[3]). Nur unter diesen zwei Bedingungen lässt sich das Kontinuitätsprinzip als eine taugliche Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips verstehen. Es enthält aber keine zusätzliche Aussage, die sich bei dieser Sichtweise nicht bereits durch eine negative Abgrenzung des Realisationsprinzips entnehmen lässt. Als Komplementär zum Realisationsprinzip erfasst das Kontinuitätsprinzip bei Zugrundelegung der aufgezeigten Sichtweise genau diejenigen Umstrukturierungsvorgänge, bei denen mangels Marktrealisation keine Besteuerung der stillen Reserven geboten ist, sondern gerade umgekehrt rechtfertigungsbedürftig wäre. Entsprechend lässt sich die Geltung des Kontinuitätsprinzips nicht aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip ableiten, wenn man für eine leistungsfähigkeitssteigernde Realisation die Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung ausreichen lässt (dazu II.3.a.bb.[3]). 115 Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 353; folgend Wendt in FS Lang, 2010, S. 699 (699); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 105; vgl. aber bereits die These von L. Schmidt, FR 1976, 452, nach der es einen ungeschriebenen Rechtssatz gebe, dass Vorgänge, die grds. eine Gewinnrealisation auslösten, diese Rechtsfolge nicht hätten, wenn die künftige Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sei und weitere einzelfallspezifisch zu bestimmende Voraussetzungen erfüllt seien. 116 I.d.S. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 88.
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Das gilt erst recht, wenn man – wie hier (dazu II.2.d.) – der Auffassung folgt, dass stille Reserven bereits mit ihrem Entstehen die persönliche Leistungsfähigkeit steigern (dazu II.2.a.). Insoweit kann es auch keinen Konflikt zwischen dem Subjektsteuer- und dem Kontinuitätsprinzip geben. Es gilt – je nach Grundannahme (dazu II.2.) – entweder das Subjektsteuerprinzip oder – unter der weiteren Annahme, dass die Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung noch keine Marktrealisation begründet (s. oben) – neben dem Realisations- das Kontinuitätsprinzip.
4. Anwendung auf die geltenden Umstrukturierungstatbestände Wendet man die gewonnenen Erkenntnisse auf die geltenden Umstrukturierungstatbestände an, ergeben sich völlig unterschiedliche Ergebnisse, die – wie aufgezeigt – davon abhängen, wie man sich bei den Grundsatzfragen zur Entstehung von Leistungsfähigkeit (dazu II.2.) und ggf. zur Realisation (II.3.a.bb.[3]) entscheidet. Je nach Perspektive lassen sich drei unterschiedliche Schlussfolgerungen ziehen, die nun aufgezeigt werden sollen.
a) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit bereits bei Entstehen der stillen Reserven Geht man – wie hier (dazu II.2.d.) – davon aus, dass bereits die Entstehung von stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit auslöst (dazu II.2.a.), gelten allein das Entstrickungsprinzip (dazu II.3.b.) und das Subjektsteuerprinzip (dazu II.3.c.). Aus dieser Sicht ist es nur in zwei Konstellationen weiterhin unverhältnismäßig, die stillen Reserven zu besteuern, da ihre Besteuerung nach wie vor allein beim selben Steuersubjekt im selben Umfang gesichert ist. Das betrifft zunächst alle Überführungen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen, soweit die stillen Reserven gesichert bleiben, es also nicht zu einer Entstrickung kommt (§ 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG)117.
117 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 18; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 41 (BVerfG-Vorlage); Reiß, StuW 2000, 399 (406); Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 72, 156.
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Etwas überraschend ist, dass es – unabhängig davon, ob ein Realisationsakt zugrunde liegt118 – auch die steuerliche Behandlung von Anteilseignern (§ 13 UmwStG oder § 20 Abs. 4a EStG) bei der Verschmelzung, Abspaltung oder Aufspaltung einer Kapital- auf eine andere bzw. auf andere Kapitalgesellschaft(en) betrifft, soweit die stillen Reserven gesichert sind. Zwar springen die stillen Reserven hier von den untergehenden auf die gewährten Kapitalanteile über, bleiben aber im selben Umfang persönlich beim Anteilseigner (steuerliche Rechtsnachfolge nach § 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG119 oder § 20 Abs. 4a Satz 1 und 7 EStG120) und unbeeinflusst davon gesichert, zu welchem Wert das Betriebsvermögen übertragen wird (vgl. § 11 Abs. 1 oder 2 UmwStG)121. Etwas anderes gilt nur dann, wenn 118 So etwa BT-Drucks. 14/23, 172: „normales Umsatzgeschäft“; BFH v. 19.8.2008 – IX R 71/07, BStBl. II 2009, 13 Rz. 19: Realisation durch Anteilstausch; BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 00.03; a.A. noch BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BStBl. IIII 1959, 30 Rz. 100 ff. (Tauschgutachten): keine Realisation bei Nämlichkeit bzw. wirtschaftlicher Identität (Art-, Wertund Funktionsgleichheit der Anteile). Insoweit sind Auswirkungen (keine Rechtfertigungsbedürftigkeit, sondern Gebotenheit der Steuerneutralität) nach dieser Sichtweise (dazu bereits II.2.a.) großzügiger im Vergleich zu der Sichtweise, nach der stille Reserven erst mit ihrer Realisation die Leistungsfähigkeit steigern (dazu II.2.b.), aber eine solche Relation erst angenommen wird, wenn Gesellschaftsrechte als Gegenleistung gewährt werden (dazu II.3.a.bb.[3]). Dann wäre § 13 UmwStG am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigungsbedürftig (zu den Schlussfolgerungen noch II.4.c.). 119 Das gilt grds. auch hinsichtlich der Beteiligungshöhe und der sich an diese anknüpfenden Steuerfolgen (etwa § 17 EStG, § 9 Nr. 2a GewStG), im Einzelnen Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, § 13 UmwStG Rz. 48; Neumann in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 13 UmwStG Rz. 79. Ausnahme: keine steuerliche Rechtsnachfolge hinsichtlich der ursprünglichen Beteiligungshöhe für die Anwendung des § 8b Abs. 1 Abs. 5 KStG auf Gewinnausschüttungen nach § 8b Abs. 4 Satz 2 KStG; dazu Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz. 113 (Stand Juni 2014). Kommt es insoweit zu einer Änderung des Besteuerungsregimes, kann es ausnahmsweise zu einer Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips kommen, wenn die Gewinnausschüttung den Umfang der im Kapitalanteil verstrickten stillen Reserven nicht überschreitet. In diesem Fall werden die stillen Reserven im Kapitalanteil bereits durch die Gewinnausschüttung realisiert (zum Effekt bereits I. insb. Fn. 15). 120 Im Einzelnen Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz. 583 (Stand Februar 2014); Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Anhang 12 UmwStG Rz. 41. 121 Vgl. bereits RFH v. 20.12.1928 – I A 417/28, RStBl. 1929, 66 (66) „Unterschied nur auf dem Papier“.
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die gewährten Kapitalanteile nicht mehr im selben Umfang steuerverstrickt sind wie die untergehenden Anteile, was durch § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwStG bzw. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG – unter Berücksichtigung von Art. 8 EU-Fusionsrichtlinie – sachgerecht umgesetzt wird122. Alle übrigen Umstrukturierungstatbestände sind dagegen zumindest in ihrer Reichweite rechtfertigungsbedürftig. Das gilt für Verschmelzungen (§§ 3 ff., 11 f. UmwStG)123, Abspaltungen und Aufspaltungen (§§ 15, 16 UmwStG)124 von Körperschaften, Sacheinbringungen in Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften (§ 20 UmwStG)125 und für heterogene 122 Dazu Desens in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 13 UmwStG Rz. 22 f. 123 Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personengesellschaften (§§ 3–8 UmwStG) oder auf andere Kapitalgesellschaften (§§ 11 f. UmwStG) zu Buchwerten: (1) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips bei der übertragenden Körperschaft durch Nichtbesteuerung der stillen Reserven trotz Auflösung der Gesellschaft, so bereits BFH v. 25.5.1962 – I 155/59 U, BStBl. III 1962, 351 Rz. 10. (2) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips bei den Mitunternehmern der übernehmenden Personengesellschaft (§§ 3–8 UmwStG) bzw. bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft (§§ 11 f. UmwStG) durch unmittelbare Zurechnung der stillen Reserven der übertragenden Körperschaft, soweit diese nicht ausnahmsweise identisch mit den stillen Reserven des untergegangenen Kapitalanteils waren und nach denselben Regeln besteuert werden, was höchstens bei Körperschaften i.S.d. § 8 Abs. 7 oder 8 KStG (bei §§ 3–8 UmwStG als Mitunternehmer der übernehmenden Personengesellschaft) möglich ist. 124 Auf- und Abspaltungen von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften (§ 15 UmwStG) oder Personengesellschaften (§ 16 UmwStG) zu Buchwerten: anteilig wie Fn. 123. Ebenso BT-Drucks. 12/6885, 22: Entgegen der §§ 15, 16 UmwStG „geht das Steuerrecht von dem Grundsatz aus, dass stille Reserven beim Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen eines Rechtsträgers bei dem zu erfassen sind, der sie erzielt hat.“ 125 Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen in Kapitalgesellschaften bei Buchwertansatz (§ 20 UmwStG) zu Buchwerten: (1) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips beim Einbringenden, soweit die gewährten Gesellschaftsrechte nicht der Vollbesteuerung (nur bei Körperschaften i.S.d. § 8b Abs. 7 oder 8 KStG als Einbringende), sondern dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG; vgl. § 17 Abs. 6 EStG) oder der 95 %-Freistellung nach § 8b Abs. 2 und 3 Satz 1 und 2 KStG unterliegen. (2) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft durch „Anschaffung“ der stillen Reserven aus dem Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil des Einbringenden (Verdoppelung der stillen Reserven). Ausnahme: anteilige (rückwirkende) Wahrung des Subjektsteuerprinzips bei Veräußerung der gewährten Anteile innerhalb der Sie-
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(und identitätswahrende) Formwechsel (§§ 9, 25 UmwStG)126. Beim Anteilstausch (§ 21 UmwStG) liegt das nur daran, dass sich die stillen Reserven doppelt verstricken, was zumindest zu einer zusätzlichen FünfProzent-Besteuerung nach der sog. „Schachtelstrafe“ (§ 8b Abs. 2 und 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 2127 KStG) führt128. Bei Übertragungen auf oder Einbringungen in Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG bzw. § 24 UmwStG) lässt sich zwar eine Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips129 teilweise130 durch Ergänzungsbilanzen verhindern131. Die jewei-
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benjahresfrist durch Besteuerung eines sog. Einbringungsgewinns I (§ 22 Abs. 1, § 23 Abs. 2 UmwStG). Ebenso Crezelius, FR 2009, 881 (888 f.). Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft (§ 9 UmwStG) zu Buchwerten: wie Fn. 123; Formwechsel von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft (§ 25 UmwStG) zu Buchwerten: wie Fn. 125. Zur Realisation von stillen Reserven im Kapitalanteil durch eine Gewinnausschüttung s. bereits I., insb. Fn. 15 sowie Fn. 119. Anteilstausch (§ 21 UmwStG) zu Buchwerten: (1) Wahrung des Subjektsteuerprinzips beim Einbringenden wegen der Identität der eingebrachten und gewährten Anteile, es sei denn, es ändert sich das Besteuerungsregime bei § 8b KStG durch Änderung der Beteiligungshöhe (§ 8b Abs. 4 KStG). (2) Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft durch „Anschaffung“ der stillen Reserven aus eingebrachten Kapitalanteilen des Einbringenden (Verdoppelung der stillen Reserven). BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 17; BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 37; BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 10; BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629 Rz. 116 f. (BMF-Beitrittsaufforderung); BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 Rz. 73 (Vorlage Großer Senat); BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 42; Reiß, StuW 2000, 399 (406); Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (227); überwiegend a.A. Crezelius, FR 2009, 881 (888), der nur bei § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG eine Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips sieht. Bei Übertragungen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG kann nach herkömmlichem Verständnis nur dann eine Ergänzungsbilanz gebildet werden, wenn das Wirtschaftsgut in das Gesamthands-Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft übertragen wird; krit. dagegen Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253 (256); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (75); Wendt, FR 2002, 53 (60, 63) mit Vorschlägen: Ergebnisrechnung bei § 4 Abs. 3 EStG, Ergänzungsbilanz zu SBV in derselben Mitunternehmerschaft; weitergehend Ley, DStR 2001, 1997 (2006): Ergänzungsbilanz auch bei Einzel-BV. BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 12; Schön in FS Widmann, 2000, 531 (536); Hüttemann in DStJG 25 (2002), S. 123 (135); Niehus, FR 2010, 1 (5); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwi-
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ligen Tatbestände in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG bzw. § 24 UmwStG machen das aber nicht zur zwingenden Voraussetzung für eine Steuerneutralität132 und bleiben insoweit rechtfertigungsbedürftig. Gleiches gilt für die Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG), soweit anteilig unversteuerte stille Reserven auf ein anderes Steuersubjekt überspringen133. Rechtfertigungsbedürftig aus dieser Sicht sind auch unentgeltliche Übertragungen von Wirtschaftsgütern innerhalb derselben Mitunternehmerschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 und 3 EStG) oder Betrieben nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG134 unabhängig davon, ob dem Grunde nach ein Ersatzrealisationstatbestand (Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG135 oder Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG136) einschlägig ist.
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schen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 95; vgl. auch Niehus, StuW 2002, 116 (116) sowie Kahle, FR 2013, 873 (874): Eine Ergänzungsbilanz „dient in erster Linie der Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips.“ Niehus, StuW 2002, 116 (117 f.); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (76); Bär/Merkle in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 24 UmwStG Rz. 5. Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (81 f.). Ebenso Crezelius, FR 2009, 881 (888). Keine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) bei der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern innerhalb derselben Mitunternehmerschaft zwischen Gesamthands-Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 oder 3 EStG): BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76 Rz. 14; BFH v. 16.12.2015 – IV R 18/12, BStBl. II 2016, 346 Rz. 23; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 28; a.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 8; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 72. Keine Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG): BFH v. 24.10.1951 – IV 233/51 U, BStBl. III 1952, 5 Rz. 7 zu § 5 EStDVO 1949; BFH v. 23.4.1971 – IV 201/65, BStBl. II 1971, 686 Rz. 9 zu § 7 EStDV a.F.; BFH v. 5.7.1990 – GrS 4-6/89, BStBl. II 1990, 847 Rz. 85; BFH v. 2.9.1992 – XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161 Rz. 8 zu § 7 EStDV a.F.; BFH v. 9.5.1996 – IV R 77/95, BStBl. II 1996, 476 Rz. 11; BFH v. 22.9.2011 – IV R 33/08, BStBl. II 2012, 10 Rz. 17; BFH v. 12.12.2003 – IV R 17/10, BStBl. II 2014, 316 Rz. 19; a.A. (Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG): Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Anhang 5 UmwStG Rz. 1.
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b) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit erst bei Realisation der stillen Reserven und keine Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten Geht man dagegen davon aus, dass erst die Realisation der stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit ausdrückt (dazu bereits II.2.a.), aber sieht man in der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten noch keine maßgebliche Marktrealisation (dazu bereits II.3.a.bb.[3]), kommt man zu einem nahezu diametralen Ergebnis. Wie bereits aufgezeigt wurde (dazu bereits II.3.a.bb.), führt dann kein einziger Umstrukturierungstatbestand zu einer Marktrealisation, in der zugleich eine Steigerung der Leistungsfähigkeit ausgedrückt wird. Die Folge ist, dass eine Steuerneutralität aller Umstrukturierungstatbestände grundsätzlich geboten ist und damit gerade umgekehrt eine Besteuerung rechtfertigungsbedürftig wird. Grenzfälle bilden höchstens die Tatbestände, die eine Steuerneutralität bereits bei der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern ermöglichen (§ 6 Abs. 5 Satz 3, § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG), weil sich dann daran zweifeln lässt, ob ausschließlich Umstrukturierungen von der Steuerneutralität erfasst werden137.
c) Schlussfolgerungen: Entstehung von Leistungsfähigkeit erst bei Realisation der stillen Reserven und Realisation bei der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten Geht man davon aus, dass erst die Realisation der stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit ausdrückt (dazu bereits II.2.a.) und sieht man in der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten auch eine maßgebliche (Markt-)Realisation, sind zumindest alle Umstrukturierungen rechtfertigungsbedürftig, bei denen die Übertragung gegen eine Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt (dazu bereits II.3.a.bb.[3]). 137 Eine Steuerneutralität daher ablehnend Luckey, StuW 1979, 129 (142, 147); ebenso soweit stille Reserven überspringen Hüttemann in DStJG 25 (2002), S. 123 (135); zweifelnd auch Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 100; Riedel, Ubg 2018, 148 (150); a.A. BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 13; BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 Rz. 16 zur Einbringung von Einzel-WG in eine Personengesellschaft; BFH v. 10.12.1991 – VIII R 69/86, BStBl. II 1992, 385 Rz. 18 zur Realteilung mit Einzel-WG.
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Das betrifft unabhängig von der zivilrechtlichen Betrachtung auch heterogene (und identitätswahrende) Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG, §§ 9, 25 UmwStG)138. Hier wird zwar hinsichtlich des Betriebsvermögens der Vermögensübergang für steuerrechtliche Zwecke nur fingiert (dazu bereits II.3.a.bb.[1]). Jedoch werden den Gesellschaftern Gesellschaftsrechte am entstehenden Rechtsträger gegen Verzicht von Gesellschaftsrechten am bisherigen Rechtsträger gewährt139. Nicht rechtfertigungsbedürftig, sondern grundsätzlich geboten ist dann nur die Steuerneutralität von bloßen Überführungen nach § 6 Abs. 5 Satz 1 oder 2 EStG (dazu bereits II.3.a.bb.[1]) oder unentgeltlichen Übertragungen (dazu bereits II.3.a.bb.[2]). Zu Letzteren gehören meines Erachtens auch alle Aufwärtsverschmelzungen und Aufwärtsabspaltungen von Tochtergesellschaften auf ihre 100-prozentige Mutterkapital- oder Mutterpersonengesellschaft, wobei hier die Unentgeltlichkeit nach der gesetzlichen Konzeption gerade in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG (auch: „keine Gegenleistung“) zum Ausdruck gebracht wird140. Insbesondere der Verzicht auf die Anteile an der übertra138 BFH v. 19.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568 Rz. 11; BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 00.02; Schaumburg, GmbHR 1996, 668 (671); Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, Einf. B UmwStG Rz. 15; a.A. Klingberg/van Lishaut, FR 1999, 1209 (1224); Benecke/Schnitger, FR 2010, 555 (560). 139 S. bereits Fn. 50. 140 BFH v. 27.6.1960 – I 113/59 S, BStBl. III 1960, 351 Rz. 18; BFH v. 14.5.1969 – I R 77/67, BStBl. II 1969, 598 Rz. 14; BFH v. 13.10.1971 – I R 96/69, BStBl. II 1972, 97 Rz. 15 ff.; BFH v. 1.10.1975 – I R 198/73, BStBl. II 1976, 113 Rz. 13; BFH v. 14.6.1984 – I R 79/80, BStBl. II 1985, 64 Rz. 30; FG Hamburg v. 21.5.2015 – 2 K 12/13, EFG 2015, 1876 Rz. 23 (nrkr.); Stangl, Ubg 2009, 698 (700); Hageböke, Ubg 2011, 689 (693 ff.); Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (754); Benz/Rosenberg, DB 2011, 1354 (1359 f.); Mutscher in Frotscher/ Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 109 (Stand August 2019); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, 7. Aufl. 2012, § 22 UmwStG Rz. 33a; Schmitt in JbFStR 2016/2017, S. 110 (116); Kortendick/Peters, DStR 2014, 1578 (1579 f.); Dreßler/Schwechel, Ubg 2018, 439 (442 f.); Rödder in Rödder/Herlinghaus/von Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 11 UmwStG Rz. 10, 300; Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 49; a.A. (Veräußerung bzw. tauschähnlicher Vorgang) BFH v. 17.1.1969 – VI 367/65, BStBl. II 1969, 540 Rz. 10; BFH v. 22.4.1998 – I R 83/ 96, BStBl. II 1998, 698 Rz. 9; BFH v. 23.1.2002 – XI R 48/99, BStBl. II 2002, 875 Rz. 13; BFH v. 16.5.2002 – III R 45/98, BStBl. II 2003, 10 Rz. 28; BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, BStBl. II 2018, 509 Rz. 14; BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45 Rz. 22 f.; BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 00.03;
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genden Tochtergesellschaft (Wegfall der Anteile) begründet dabei keine Gegenleistung141, weil der Verzicht hier weder die übertragende Tochtergesellschaft noch einen Dritten begünstigt (kein Leistungsaustausch im „Dreiecksverhältnis“)142, sondern allein der übernehmenden Muttergesellschaft als Verzichtende selbst zugutekommt. Es müssen auch keine eigenen Gesellschaftsrechte an neue Gesellschafter ausgegeben werden143. Auch die Annahme, die mit der Vermögensübertragung übernommenen Schulden als Gegenleistung anzusehen144, überzeugt mangels Vereinbarkeit mit der für die Übertragung von Sachgesamtheiten heranzuziehenden Einheitstheorie (Nettomethode)145 nicht. Mangels Abwicklung liegt auch kein liquidationsähnlicher Vorgang vor146. Eine Liquidation sollte durch die Umwandlung ja gerade vermieden werden.
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Benecke/Schnitger, FR 2010, 555 (558); Pung, GmbHR 2012, 158 (162); Heinemann in StbJb. 2016/2017, S. 241 (252). Insoweit zutreffend BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 3.21 und Rz. 11.10, jeweils im Widerspruch zu Rz. 00.03; BFH v. 13.10.1971 – I R 96/ 69, BStBl. II 1972, 97 Rz. 13; FG Hamburg v. 21.5.2015 – 2 K 12/13, EFG 2015, 1876 Rz. 23 (nrkr.); Benz/Rosenberg, DB 2011, 1354 (1359 f.); Rödder/Rogall, Ubg 2011, 753 (754); Kortendick/Peters, DStR 2014, 1578 (1579 f.); Dreßler/ Schwechel, Ubg 2018, 439 (443); Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 49; a.A. (Wegfall der Anteile an der übertragenden Körperschaft als Gegenleistung): BFH v. 23.1.2002 – XI R 48/99, BStBl. II 2002, 875 Rz. 13; BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45 Rz. 22 f.; Benecke/Schnitger, FR 2010, 555 (558); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, § 3 UmwStG Rz. 103 und § 11 UmwStG Rz. 129. So bereits zutreffend BFH v. 27.6.1960 – I 113/59 S, BStBl. III 1960, 351 Rz. 18; Dreßler/Schwechel, Ubg 2018, 439 (443). Stangl, Ubg 2009, 698 (700); Hageböke, Ubg 2011, 689 (693 ff.); Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG, GewStG, UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 109 (Stand August 2019); Dreßler/Schwechel, Ubg 2018, 439 (443); Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, Einf. B UmwStG Rz. 15. So etwa Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, Einf. B UmwStG Rz. 15; zutreffend a.A. bereits Böttcher/Beinert, DB 1968, 1961 (1962); Dornfeld/Rose, DB 1969, 1997 (1999). Dazu BFH v. 10.7.1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811 Rz. 18; Graw, FR 2015, 260 (260). Insoweit zutreffend BFH v. 23.1.2002 – XI R 48/99, BStBl. II 2002, 875 Rz. 14; Flume, DB 1957, 804 (804 f.); a.A. Schnitger/Rometzki, FR 2006, 845 (849) m.w.N.; Weber-Grellet in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 17 EStG Rz. 215.
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5. Anforderungen an die Rechtfertigung Je nachdem, ob man aufgrund der vorherigen Schlussfolgerungen zu dem Ergebnis kommt, dass eine Besteuerung trotz grundsätzlich gebotener Steuerneutralität oder eine Steuerneutralität trotz grundsätzlich gebotener Besteuerung rechtfertigungsbedürftig ist, ergeben sich unterschiedliche Rechtfertigungsanforderungen für den Gesetzgeber und Anforderungen für die Rechtsanwendung.
a) Rechtfertigung einer Besteuerung trotz grundsätzlich gebotener Steuerneutralität aa) Anforderungen für den Gesetzgeber Kommt man nach der zuvor vorgenommenen Einordnung zu dem Ergebnis, dass nach dem gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) eine Steuerneutralität der Umstrukturierung geboten ist, gelten grundsätzlich strenge Rechtfertigungsanforderungen, wenn der Gesetzgeber die Steuerneutralität nicht gewährt oder einschränkt. Kein tauglicher Rechtfertigungsgrund ist ein reiner Fiskalzweck147, weil dann jede Ungleichbehandlung mit dem Ziel staatlicher Einnahmenerhöhung begründet werden könnte. Soweit eine Einschränkung jedoch nur dazu dient, die Bedingungen sicherzustellen, die zur Annahme geführt haben, dass die Steuerneutralität der Umstrukturierung geboten ist, ist eine solche zulässig. Im Übrigen gelten die anerkannten Rechtfertigungsgründe, mit denen Durchbrechungen des Leistungsfähigkeitsprinzips gerechtfertigt werden können. In Betracht kommen etwa Vereinfachungen148 oder Missbrauchsvermeidungen149. Zur Verwirklichung beider Zwecke darf der Gesetzgeber aus 147 BVerfG v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60 (89); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (233); BVerfG v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 286 (299 f.); BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (150 f.); BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (40). 148 BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (375 f.); BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (225); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (313). 149 BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (255); BVerfG v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1 (43); ferner BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (97).
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Gründen der Praktikabilität typisieren150. Jedoch darf die Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren151. Die Typisierung muss geeignet152 und mit Blick auf die Ungleichbehandlung angemessen sein153. Vorteile müssen im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen154. Die konkrete Kontrolldichte hängt dabei vom Umfang und Ausmaß und damit von der Intensität der rechtfertigungsbedürftigen Abweichung
150 Vgl. BVerfG v. 25.9.1992 – 2 BvL 5/91 u.a., BVerfGE 87, 153 (170 ff.); BVerfG v. 10.11.1998 – 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246 (260 ff.); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (292); BVerfG v. 11.1.2005 – 2 BvL 167/02, BVerfGE 112, 164 (180 f.); BVerfG v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (280 f.); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182 f.); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (30); BVerfG v. 13.2.2008 – 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125 (155); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (232 f.); BVerfG v. 4.2.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 (19); BVerfG v. 13.10.2009 – 2 BvL 3/05, BVerfGE 124, 282 (294); BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (37); BVerfG v. 6.7.2000 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (278 f.); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245 f.); BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (148 ff.). 151 BVerfG v. 11.1.2005 – 2 BvL 167/02, BVerfGE 112, 164 (180 f.); BVerfG v. 16.3.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 (280 f.); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182 f.); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (30); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (232 f.); BVerfG v. 4.2.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 (19); BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (37); BVerfG v. 6.7.2000 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268 (278 f.); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245 f.); BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (375 f.); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (313). 152 BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (148 ff.). 153 BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (148 ff.); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (313). 154 BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (292); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31); BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/ 04, BVerfGE 120, 1 (30); BVerfG v. 4.2.2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 (19); BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (37); BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 (245 f.); BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (375 f.); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (313).
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ab155. Das führt tendenziell eher zu strengen Rechtfertigungsanforderungen.
bb) Auswirkungen für die Rechtsanwendung Die vorgenommene Einordnung hat auch Auswirkungen für die Rechtsanwendung. Ist nach dem gleichheitsrechtlichen Maßstab für die Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich eine Steuerneutralität einer Umstrukturierung geboten, sind Tatbestände, die zu einer Steuerneutralität führen können, im Zweifel weit auszulegen und gegebenenfalls sogar analogiefähig156. Umgekehrt sind Tatbestände, welche die grundsätzlich gebotene Steuerneutralität beschränken, im Zweifel eng auszulegen („singularia non sunt extendenda“). Beides wird durch die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfindung begrenzt. Das Ergebnis muss sich also als eine willkürfreie Anwendung der anerkannten Auslegungsmethoden begründen lassen. Die Grenze zur Willkür ist aber erst überschritten, wenn die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht und damit die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird157.
155 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (181); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (309 f.). 156 So bereits BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 20; BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34 zur Rückausnahme der Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 2 EStG; zu weitgehend Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 240 f.: teleologische Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG auf Familienpersonengesellschaften. 157 BVerfG v. 6.11.2008 – 1 BvR 2360/07, NJW 2009, 499 Rz. 20 zur Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG a.F.: „Formwechsel ist ein Vermögensübergang“ als zulässige und willkürfreie richterliche Rechtsfortbildung. Vgl. auch BVerfG v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1 (13): „Die Grenze zur Willkür ist aber erst überschritten, wenn die Auslegung und die Anwendung einfachen Rechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verständlich ist, es sich also um eine krasse Fehlentscheidung handelt.“; BVerfG v. 7.6.2005 – 1 BvR 1508/96, BVerfGE 113, 88 (104): Verstoß bei Auslegung, die „in krassem Widerspruch zu allen zur Anwendung gebrachten Normen steht und damit Ansprüche begründet werden, die keinerlei Grundlage im geltenden Recht finden.“
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cc) Veranschaulichung am Beispiel beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften Veranschaulichen lässt sich der aufgezeigte Maßstab am berühmten Beispiel einer unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften158, das derzeit noch beim BVerfG anhängig ist159. Beispiel: A ist zu 20 % und B ist zu 80 % sowohl an der X-KG als auch an der Y-KG beteiligt. Ein Wirtschaftsgut (Buchwert: 100, Teilwert: 300) wird aus dem Gesamthands-Betriebsvermögen der X-KG auf das Gesamthands-Betriebsvermögen der Y-KG übertragen.
Hier kommt man unabhängig davon, welches Grundverständnis man zugrunde legt, zu dem Ergebnis, dass nach dem gleichheitsrechtlichen Maßstab für die Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) eine Steuerneutralität der Übertragung geboten ist160. In dieser Frage besteht zwischen dem I. und dem IV. Senat des BFH auch kein Streit mehr. Beide sehen eine wesentliche Gleichheit zu bloßen Überführungen von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG161 und argumentieren mit dem Subjektsteuerprinzip162 bzw. mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung163. Streit 158 Ausführlich aufgearbeitet bei Krüger, Die Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften, 2019, S. 274–386; Cropp, Das Subjektsteuerprinzip als personaler Bezugspunkt einer Ertragsbesteuerung nach der Leistungsfähigkeit, 2016, S. 60–89; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 189–200. 159 Az. BVerfG 2 BvL 8/13 nach Vorlage (Art. 100 GG) von BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004. 160 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 15 ff.; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 34 ff. (BVerfG-Vorlage); a.A. BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471 Rz. 29; ebenso FG BadenWürttemberg v. 20.3.2012 – 11 K 11149/07, EFG 2012, 1235 Rz. 34 (rkr.); BMF v. 29.10.2010, BStBl. I 2010, 1206 (Nichtanwendungserlass, aber Gewährung von AdV); BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 18; Ehmcke in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 6 EStG Rz. 1347 (148 Lfg., Juli 2019); Brandenberg, FR 2010, 731 (735); Wißborn, NWB 2010, 4275 (4276 f.); Mitschke, FR 2013, 1077 (1078). 161 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 18; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 42 (BVerfG-Vorlage). 162 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 17. 163 BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 41 f. (BVerfG-Vorlage).
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besteht allein über die methodische Frage, ob sich die Steuerneutralität noch durch eine verfassungskonforme Auslegung über eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG erreichen lässt164. Zwar ist eine Übertragung aufgrund des zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsels keine Überführung165. Es überschreitet aber nicht die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfindung, bei der transparenten Besteuerung von Mitunternehmerschaften in einer Übertragung für steuerrechtliche Zwecke bloß eine Überführung zu sehen, wenn sich die persönliche Zurechnung der stillen Reserven wie bei einer echten Überführung nicht verändert166. 164 Bejahend BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 20; ebenso FG Nds. v. 31.5.2012 – 1 K 271/10, EFG 2012, 2106 Rz. 36 f. (Rev. BFH IV R 28/12); Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz. 1531 (Stand September 2015); Kulosa in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 6 EStG Rz. 704; Krumm in Kirchhof, 19. Aufl. 2020, § 15 EStG Rz. 388; Groh, DB 2002, 1904 (1906); Hoffmann, GmbHR 2002, 125 (131); Wendt, FR 2010, 386 (387); Wacker, NWB 2010, 2382 (2388); Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 900 (903 ff.); Bareis, FR 2011, 153 (163 ff.); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (79 f.); Siegel, FR 2011, 45 (54 ff.); Bernütz/Loll, DB 2013, 665 (667); Reiß in FS P. Kirchhof, 2013, S. 1925 (1933); Kamps/Stenert, FR 2015, 1058 (1059 f.); Maetz, Der Teilbetrieb des UmwStG im Spannungsfeld zwischen Realisations-, Subjektsteuer- und Kontinuitätsprinzip, 2017, S. 98 f.; Danz, Das Subjektsteuerprinzip in der Einkommensteuer, 2017, S. 189 ff.; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 1202; Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 10 Rz. 163; ähnlich Cropp, DStR 2014, 1855 (1856 ff.): schon keine (finale) Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG; verneinend BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 27, 52 (BVerfG-Vorlage); ebenso BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471 Rz. 29; FG Baden-Württemberg v. 20.3.2012 – 11 K 11149/07, EFG 2012, 1235 Rz. 34 (rkr.); BMF v. 29.10.2010, BStBl. I 2010, 1206 (Nichtanwendungserlass, aber Gewährung von AdV); BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 18; Ehmcke in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 6 EStG Rz. 1347 (148 Lfg., Juli 2019); Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 6 EStG Rz. L 66 (Stand Oktober 2004); Gosch, DStR 2010, 1173 (1175); Brandenberg, FR 2010, 731 (735); Wißborn, NWB 2010, 4275 (4276 f.); Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395 (398); Oellerich, NWB 2013, 3444 (3447); Strahl, KÖSDI 2003, 13918 (13926 f.); Krüger, Die Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften, 2019, S. 331 ff.; Reis, Die Einbringung eines Einzelwirtschaftsgutes in eine Mitunternehmerschaft aus einkommensteuerrechtlicher Sicht, 2019, S. 211 ff. 165 Insoweit zutreffend Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395 (398). 166 Zutreffend daher BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971 Rz. 20; vgl. bereits Wendt, FR 2002, 53 (65): „praeter legem möglich“.
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Ein etwaig entgegenstehender Wille des Gesetzgebers, die Konstellation bewusst nicht von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu erfassen, ist unerheblich167. Denn die hier maßgeblichen Überführungstatbestände nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG haben bereits eine Steuerneutralität gewährt, als die von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfassten Übertragungen zwischenzeitlich (1999 bis 2000) durch einen Teilwertansatz voll besteuert wurden168. Mit dem UntStFG (ab 2001) wurden dann allein § 6 Abs. 5 Satz 3 bis 5 EStG geändert169. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass die steuerneu-
167 Ebenso Wendt, FR 2002, 53 (65); Kamps/Stenert, FR 2015, 1058 (1059 f.); Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz. 1531 (Stand September 2015); Cropp, Das Subjektsteuerprinzip als personaler Bezugspunkt einer Ertragsbesteuerung nach der Leistungsfähigkeit, 2016, S. 74 ff.; a.A. BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 31 (BVerfG-Vorlage) mit dem Hinweis, dass der Gesetzgeber keine ausdrückliche Regelung aufgenommen habe, obwohl die steuerneutrale Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften im Gesetzgebungsverfahren zum UntStFG 2001 mehrmals diskutiert worden sei und Baden-Württemberg einen Änderungsantrag ausformuliert hatte (BR-Drucks. 638/3/01, S. 2 – jedoch ohne eine Beschränkung auf eine Beteiligungsidentität); BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471 Rz. 33 mit dem Hinweis auf einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 5 EStG 1997 auf die Übertragung zwischen Schwestergesellschaften zu erstrecken, der im Finanzausschuss des Bundestages keine Mehrheit gefunden hat (Beschlussempfehlung des BT-Finanzausschusses zum UntStFG v. 7.11.2001, BT-Drucks. 14/7343, 3 [unter C., Zweiter Spiegelstrich]); Mitschke, FR 2013, 1077 (1078 f.). 168 StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.1999, BGBl. I 1999, 402. Rechtslage bis zum VZ 1998 (keine gesetzliche Regelung weder für Überführungen noch für Übertragungen): BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 Rz. 16: Übertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften steuerneutral möglich als „Einbringung der betreffenden Wirtschaftsgüter durch alle Gesellschafter aus dem Betriebsvermögen der bisherigen Gesellschaft in das Betriebsvermögen der Schwestergesellschaft“; dagegen keine ausdrückliche Regelung der Konstellation im sog. Mitunternehmererlass (BMF v. 20.12.1977, BStBl. I 1978, 8 als Reaktion auf BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748). 169 UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (Rechtslage ab dem VZ 2001). Ursprünglich wurde § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 bereits durch das StSenkG v. 23.10.2000, BGBl. I 1999, 1433 geändert. Diese Änderung wurde aber durch die Wortlaut-Korrekturen durch das UntStFG überholt (dazu Wendt, FR 2002, 53 [54 f.]). Auch das StSenkG ließ den Wortlaut von § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG i.d.F. StEntlG 1999/2000/2002 unverändert.
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tralen Übertragungen in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG abschließend170 geregelt wurden. Verbieten würde sich daher höchstens eine Analogie zu § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG171, aber nicht zu § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG172.
b) Rechtfertigung einer Steuerneutralität trotz grundsätzlich gebotener Besteuerung aa) Anforderungen für den Gesetzgeber Kommt man nach der zuvor vorgenommenen Einordnung zum Ergebnis, dass nach dem gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) eigentlich die Besteuerung einer Umstrukturierung geboten ist, kehrt sich die Rechtfertigungslast um und die Steuerneutralität muss gerechtfertigt werden. Betrachtet man die jeweiligen Gesetzesbegründungen, soll die Steuerneutralität der Umstrukturierungstatbestände – mit Ausnahme von unentgeltlichen Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG173 – dazu dienen, betriebswirtschaftlich erwünschte bzw. sinnvolle Umstrukturierungen durch Beseitigung steuerlicher Hemmnisse nicht durch steuerliche Folgen zu behindern174. Der Gesetzgeber geht also selbst davon aus, dass sich 170 BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 32 (BVerfG-Vorlage); Ehmcke in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 6 EStG Rz. 1347 (148 Lfg., Juli 2019); Wendt, FR 2002, 53 (64). 171 Insoweit zutreffend BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 Rz. 30 (BVerfG-Vorlage); Krüger, Die Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften, 2019, S. 343 ff. 172 Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (80). 173 § 6 Abs. 3 EStG verfolgt das (m.E. ebenfalls außerfiskalische) Ziel, die Generationennachfolge für Personenunternehmen zu erleichtern, indem eine betriebliche Kontinuität dadurch sichergestellt wird, dass dem fortgeführten Betrieb durch den unentgeltlichen Rechtsträgerwechsel keine Liquidität durch Aufdeckung der stillen Reserven entzogen wird; vgl. BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 36; Wendt, FR 2005, 468 (472). 174 So BT-Drucks. 12/6685, 14 zum UmwStG 1995 sowie BT-Drucks. 16/2710, 25 zum UmwStG 2006. Der gleiche Zweck liegt auch den Umstrukturierungstatbeständen außerhalb des UmwStG zugrunde, vgl. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG: „[B]egünstigt werden soll nur die Fortführung des unternehmerischen Engagements in anderer Form“ (BT-Drucks. 14/6882, 33), „[…] um Umstrukturierungen an Personenunternehmen zu erleichtern“ (BT-Drucks. 14/ 7344, 14); § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG (Realteilung): „steuerneutral […], sofern das wirtschaftliche Engagement in anderer Form fortgesetzt“ wird. „Die Realteilung ist – wie die Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG – als Umstrukturierungsmaßnahme anzusehen“.
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die Steuerneutralität nur durch ein außerfiskalisches Förderungsziel rechtfertigen lässt175. Das ist – folgt man den hier vertretenen Grundentscheidungen – auch zutreffend. Nach der Judikatur des BVerfG ist es heute zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber mit Hilfe des Steuerrechts außerfiskalische Förderziele verfolgen darf 176. Jedoch werden besondere Anforderungen an das Förderungsziel und die konkrete Ausgestaltung gestellt.
(1) Gemeinwohlzweck Die Förderung muss daher zumindest aus Gründen des Gemeinwohls erfolgen177. Das BVerfG lässt hierfür bereits „sachbezogene Gesichtspunkte“ ausreichen, die sich „nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stütz(en)“178. Das Förderungsziel muss dabei mit hinreichender Bestimmtheit tatbestand-
175 Im Ergebnis ebenso BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 37 zu § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG; BFH v. 15.4.2015 – I R 54/13, BStBl. II 2017, 136 Rz. 17 zu § 20 UmwStG; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 42 zu § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG und § 24 UmwStG; Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (229); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (75); Graw, FR 2015, 260 (267); Danz, FR 2018, 169 (167); einschränkend a.A. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 78 f.; Riedel, StuW 2019, 225 (228). 176 BVerfG v. 14.11.1962 – 1 BvR 987/58, BVerfGE 15, 147 (161); BVerfG v. 24.9.1965 – 1 BvR 228/65, BVerfGE 19, 119 (125); BVerfG v. 18.12.1970 – 1 BvR 95/88, BVerfGE 29, 327 (331); BVerfG v. 2.10.1973 – 1 BvR 345/73, BVerfGE 36, 66 (70 f.); BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (284); BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (147); BVerfG v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296); BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (292); BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (181 f.). 177 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (147) mit Verweis auf BVerfG v. 17.7.1974 – 1 BvR 51/69 u.a., BVerfGE 38, 61 (79 ff.); BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (181 f.). 178 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182); vgl. bereits den insoweit „großen Spielraum“ bei BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (32); strenger Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 249: „Gemeinwohlgrundwert“; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 197: „verfassungsrechtlich bedeutsamer Stellenwert“.
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lich vorgezeichnet sein179, wozu es ausreichen soll, dass der Förderungstatbestand von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen ist180, was anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann.181 Die Zweckbestimmung aus den Gesetzesbegründungen ist zumindest missverständlich. Es geht nicht darum, eine gesetzgeberische Wertung vorzugeben, ob eine Umstrukturierung betriebswirtschaftlich wünschenswert bzw. sinnvoll ist oder nicht182. Insoweit sind die geltenden Umstrukturierungstatbestände auch völlig wertneutral183. Vielmehr liegt die Bewertung über die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Umstrukturierung stets beim Unternehmer. Daran anknüpfend unterstellen die Gesetzesbegründungen, dass eine Umstrukturierung überhaupt nur in Erwägung gezogen wird, wenn sie betriebswirtschaftlich wünschenswert bzw. sinnvoll ist. Der erkennbar legitime Zweck ist daher, Umstrukturierungen steuerlich nicht schlechterzustellen als eine Fortführung der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform. Insoweit zielt die Förderung darauf ab, bei der Wahl der jeweils effizientesten Unternehmensform eine steuerliche Entscheidungsneutralität184 zu gewährleisten.
179 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148); BVerfG v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296). 180 BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (112 f.); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 (182); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (31 ff.); BVerfG v. 17.4.2008 – 2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108 (120). Zurückgehend auf BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 (148); BVerfG v. 11.11.1998 – 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280 (296): „Lenkungszweck (muss) mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet (sein)“. 181 BVerfG v. 15.1.2014 – 1 BvR 1656/09, BVerfGE 135, 126 (151 f.); BVerfG v. 5.11.2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350 (367 f.). 182 Ebenso Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 78. 183 Ebenso Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 78 f. 184 Zum ökonomischen Postulat der steuerlichen Neutralität des Steuerrechts s. Desens in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KStG Rz. 55 ff. m.w.N. (Stand Februar 2020).
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(2) Zwecktaugliche Ausgestaltung Der Förderungstatbestand muss dabei zwecktauglich ausgestaltet, also insbesondere geeignet sein, um das Förderungsziel zu erreichen.185 Das BVerfG verlangt dafür lediglich ein Mindestmaß zweckgerechter Ausgestaltung186. Für die zugleich geforderte gleichheitsgerechte Umsetzung187 ist der Gesetzgeber bei der Entscheidung weitgehend frei, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen188. Er muss aber den Begünstigtenkreis sachgerecht abgrenzen189. Zwar ergibt sich die konkrete Kontrolldichte auch hier aus dem Ausmaß der Ungleichbehandlung, die durch die Verschonung bewirkt wird, was je nach ihrer Intensität zu einer strengeren Kontrolle der Förderziele bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung führen kann190. Liegt jedoch ein hinreichend legitimer Förderzweck vor, bestehen tendenziell eher mildere Rechtfertigungsanforderungen. Bei der Findung des Maßstabs für die Anforderungen an die zwecktaugliche Ausgestaltung bei der Verfolgung des außerfiskalischen Ziels (= keine Behinderung bei der Wahl der effizientesten Unternehmensform im Falle einer dazu erforderlichen Umstrukturierung) lassen sich Anleihen aus den Ausführungen des RFH und des BFH entnehmen, mit denen vor Schaffung der gesetzlichen Grundlagen durch richterliche Rechtsfortbildung eine Steuerneutralität von Umstrukturierungen begründet wurde (dazu bereits I.191). Mit Blick auf den aufgezeigten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wird den Anforderungen bereits genügt, wenn zwei notwendige Kontinuitätsbedingungen eingehalten werden:
185 Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 22. Aufl. 2019, Rz. 197. 186 BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 (113); BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (33); BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/ 07 u.a., BVerfGE 122, 210 (231); strenger Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 245 ff. 187 BVerfG v. 9.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210 (231 f.). 188 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (32); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182). 189 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 (32); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 (293); BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182). 190 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136 (182 f.); BVerfG v. 23.6.2015 – 1 BvL 13/11 u.a., BVerfGE 139, 285 (309). 191 Nachweise bereits in Fn. 3 und in den Ausnahmen in Fn. 1.
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Einerseits muss die Besteuerung der stillen Reserven in der neuen Kooperationsform gesichert bleiben192, was notwendig eine Buchwertverknüpfung bedingt193. Ansonsten würden Umstrukturierungen nicht nur die steuerlichen Hemmnisse genommen, sondern im Vergleich zu einer Fortführung der bisherigen Kooperationsform gezielt gefördert werden. Das würde aber einer steuerlichen Entscheidungsneutralität und damit ebenso dem erkennbaren Förderungsziel widersprechen. Andererseits muss abgesichert werden, dass es sich wirklich um eine Umstrukturierung als Gestaltungsalternative zur Fortführung der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform handelt. Das in der ursprünglichen Rechtsform eingegangene Engagement muss also in der neuen Rechtsform fortgeführt werden194. Auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums darf die Steuerneutralität meines Erachtens nur unter der Bedingung gewährt werden, dass die wirtschaftliche Verbundenheit zwischen dem Übertragungsobjekt und zumindest einem 192 So auch BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 37; Kredig, Das System der Besteuerung der stillen Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 312 ff.; Schaumburg in FS Herzig, 2010, S. 711 (716); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 89 ff.; Riedel, Ubg 2018, 148 (149). 193 So bereits RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999 (1002); BFH v. 8.12.1971 – I R 219/69, BStBl. II 1972, 377 Rz. 14, jeweils zur Einbringung in Kapitalgesellschaften; BFH v. 6.5.1952 – I 17/52 U, BStBl. III 1952, 183 Rz. 6; BFH v. 10.2.1972 – IV 317/65, BStBl. II 1972, 419 Rz. 13; BFH v. 21.12.1977 – I R 247/74, BStBl. II 1978, 305 Rz. 11, jeweils zur Realteilung; BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 14 zur Einbringung einzelner WG in eine Personengesellschaft; BFH v. 25.5.1962 – I 155/59 U, BStBl. III 1962, 351 Rz. 8 ff. zur Verschmelzung von Körperschaften. 194 Grundlegend bereits RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999 (1002): „Der bisherige Betriebsinhaber bleibt […] mit der weiteren Fortentwicklung des nunmehr durch die Kapitalgesellschaft betriebenen Unternehmens durch seine Beteiligung verknüpft, das durch den Betrieb des Einzelunternehmens eingegangene Engagement wird in einer anderen Form fortgeführt.“; BFH v. 28.7.1960 – IV 27/59 U, BStBl. III 1960, 403 Rz. 9: „Das durch den Betrieb des Einzelunternehmens eingegangene Engagement wird also nur in einer anderen Form fortgeführt.“; BFH v. 13.7.1965 – I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640 Rz. 13: „Das Einbringen des Betriebs der Personengesellschaft ist nur die Fortführung des durch den Betrieb des Personenunternehmens eingegangenen Engagements in anderer Form.“, BFH v. 29.3.1972 – I R 43/69, BStBl. II. 1972, 537 Rz. 7: „[D]as durch den eingebrachten Betrieb eingegangene Engagement [wird] nach der Einbringung in die Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nur in anderer Form fortgeführt […]“.
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Steuersubjekt fortbesteht. Diese wirtschaftliche Verbundenheit muss sich durch ein Fortbestehen einer Gewinnchance und eines Verlustrisikos in Bezug auf das Übertragungsobjekt ausdrücken. Diese Bedingung wird erfüllt, soweit die Gegenleistung für die Übertragung in Gesellschaftsrechten entsteht195, wobei es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, qualifizierte Anforderungen an die erhaltene Beteiligung zu stellen196. Besteht die Gegenleistung in der Minderung von Gesellschaftsrechten oder erfolgt die Übertragung unentgeltlich, gilt dasselbe, wenn die wirtschaftliche Verbundenheit mit dem Übertragungsobjekt auf eine andere Weise fortbesteht, etwa durch Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder Wirtschaftsgütern in das eigene Betriebsvermögen197. Im Rahmen des eröffneten Gestaltungsspielraums ist es dem Gesetzgeber aber unbenommen, weitere Kontinuitätsbedingungen zu verlangen, etwa qualifizierte Anforderungen an das Übertragungsobjekt zu stellen (Mindestanforderung „Teilbetrieb“ nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 15 Abs. 1, § 20 Abs. 1, § 24 Abs. 1 UmwStG; Mindestanforderung „qualifizierter Anteilstausch“ nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG), andere Gegenleistungen als Gesellschaftsrechte zu untersagen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG) bzw. zu beschränken (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, Satz 4, § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 4, § 24 Abs. 2 Satz 2 und 4 UmwStG)198 oder die Einhaltung von besonderen Haltefristen zu fordern (z.B. § 6 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 EStG [nur bei Teil eines Mitunternehmeranteils]199, § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG [nur ohne Ergänzungsbilanz]200,
195 S. dazu die Nachweise aus der st. Rspr. in Fn. 3; ebenso Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 124. 196 Strenger insoweit RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30, RStBl. 1933, 999 (Leitsatz 2): Beteiligung muss ausdrücken, dass der ursprüngliche Inhaber „im wesentlichen Herr des Betriebes“ bleibt; RFH v. 20.10.1941 – VI 36/41, RStBl. 1942, 1 (2): „bleibt wesentlich beteiligt“. 197 So etwa zur Realteilung BFH v. 6.5.1952 – I 17/52 U, BStBl. III 1952, 183 Rz. 6: „Weiterführung (Fortsetzung) des alten Unternehmens nunmehr in seinen Gliedern; BFH v. 10.2.1972 – IV 317/65, BStBl. II 1972, 419 Rz. 9. 198 Zutreffend Riedel, StuW 2019, 225 (231): gesetzliche Aufteilung sachgerecht. 199 Krit. Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (230 ff.); Crezelius, FR 2009, 881 (887). 200 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715 Rz. 37: Verhinderung einer Zweckverfehlung; zust. Krüger, Die Übertragung von Wirtschaftsgütern bei
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§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG [nur bei Einzelwirtschaftsgütern]201, § 22 Abs. 1 UmwStG202), die typisierend eine als missbräuchlich angesehene Zweckvereitelung (keine bloße Umstrukturierung bei Kontinuitätsverlust durch Aufgabe der wirtschaftlichen Verbundenheit) verhindern sollen203. Aus diesem Maßstab folgt auch, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist, die jeweils verlangten Kontinuitätsbedingungen bei verschiedenen Umstrukturierungstatbeständen zielgenau aufeinander abzustimmen204, auch wenn dies im Interesse einer Verbesserung der einfach-gesetzlichen Systematik rechtspolitisch wünschenswert wäre205. Solange die notwendigen Kontinuitätsbedingungen gewahrt sind, ist der Gesetzgeber auch frei, weitergehende Anforderungen abzusenken. Insoweit ist es ihm unbenommen, die Zwecktauglichkeit zu erhöhen, wenn sich herausstellt, dass sich eine nicht notwendige Kontinuitätsbedingung206 als Hemmschuh für die Inanspruchnahme der Steuerneutralität erweist. Das gilt etwa – unter Wahrung der unionsrechtlichen Grenzen aus Art. 2 Buchst. j Fusionsrichtlinie207 – auch für das Teilbetriebserfordernis208.
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Personengesellschaften, 2019, S. 394 f.; krit. Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (230 ff.). Krit. Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (230 ff.). Rechtfertigend Crezelius, FR 2009, 881 (886, 888 f.); krit. dagegen Riedel, StuW 2019, 225 (235). I.d.S. auch Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 124 ff., die zwischen einer „einfachen“ und „strengen“ Kontinuität unterscheidet; krit. zur fehlenden Rechtsfolgenabstimmung Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (92). A.A. Jacobsen, FR 2011, 973 (974 f.): sonst Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Vgl. zur zutreffenden Kritik an der fehlenden Abstimmung zwischen § 6 Abs. 5 Satz 3, § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, § 24 UmwStG: Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (85); Riedel, Ubg 2018, 148 (150 ff.). Vgl. etwa zur Wahrung der notwendigen Kontinuität bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern: BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BStBl. II 1976, 748 Rz. 13; BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229 Rz. 16 zur Einbringung von Einzel-WG in eine Personengesellschaft; BFH v. 10.12.1991 – VIII R 69/86, BStBl. II 1992, 385 Rz. 18 zur Realteilung mit Einzel-WG. Dazu im Einzelnen Desens in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, Einf. UmwStG Rz. 24, § 15 UmwStG Rz. 39 ff.; § 20 UmwStG Rz. 37 ff.; § 24 UmwStG Rz. 22 f. Krit. zu den Anforderungen Crezelius in FS Widmann, 2000, S. 241 (258); Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 123: „wesentliche Betriebsgrundlage ausreichend“; vgl. den Reformvor-
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Rechtfertigt sich die Steuerneutralität durch ein außerfiskalisches Förderungsziel, ist es auch sachgerecht, den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einzuräumen, ob und in welchem Umfang sie die Förderung in Anspruch nehmen wollen209. Niemand muss durch eine Steuervergünstigung zu seinem Glück gezwungen werden, wenn er sein Glück woanders findet, sei es in einem vorhandenen Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 EStG, § 10a Satz 6 GewStG), der durch Ansatz des gemeinen Wertes bzw. eines Zwischenwertes (§ 3 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 UmwStG) unter Berücksichtigung in den Grenzen der geltenden Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG, § 10a Satz 1 und 2 GewStG) als zukünftiges Abschreibungspotential nutzbar gemacht werden kann210. Umgekehrt führt ein verpflichtender Buchwertansatz (etwa bei § 6 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3, § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG) – obwohl ein Wahlrecht einfach-rechtlich sachgerechter wäre – nicht zur Verfassungswidrigkeit, weil eine „Zwangsbegünstigung“ leicht durch Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen vermieden werden kann. Im Übrigen gilt auch ein großzügiger Maßstab, wenn der Gesetzgeber die gewährte Steuerneutralität einschränken will211. Der großzügige Maßstab – der aber zumindest einer Willkürprüfung standhalten muss – gilt etwa für einhergehende Abzugsverbote für Umwandlungskosten (§ 4 Abs. 4 Satz 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG), den Untergang von Verlustvorträgen oder anderer Steuerminderungspositionen (§ 4 Abs. 2 Satz 2212,
209
210
211
212
schlag von Wacker, DStR 2019, 585 (593 f.): Ersetzung der gegenstands- durch tätigkeitsbezogene Anforderungen. So auch Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (229); Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (91 f.); a.A. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 141 ff. Vgl. Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 145, die einen Zwischenwertansatz zumindest bei Verschmelzungen als Kompensation für die asymmetrische Behandlung von stillen Reserven und Verlusten als gerechtfertigt ansieht. Zutreffend daher BFH v. 15.4.2015 – I R 54/13, BStBl. II 2017, 136 Rz. 17: „Folglich kann (der Gesetzgeber), wenn er sich aus verfassungsrechtlich ‚freien Stücken‘ dazu entschließt, die Umstrukturierung von Unternehmen aus wirtschaftspolitischen Gründen zu erleichtern und deswegen Besteuerungsverzicht zu üben, jedenfalls im Grundsatz auch die Modalitäten – den ‚Preis‘ – für seine fiskalische Zurückhaltung bestimmen.“ Krit. Riedel, StuW 2019, 225 (231 f.): Gleichbehandlung mit stillen Reserven geboten.
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§ 12 Abs. 3 Halbs. 2, § 15 Abs. 3213, § 18 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 9, § 23 Abs. 5, § 24 Abs. 6 UmwStG). Gleiches gilt für Regelungen, die weitergehende Steuerstundungseffekte verhindern sollen, die etwa durch ein Überspringen von stillen Reserven auf Kapitalgesellschaften entstehen können214 (so die sog. Körperschaftsklauseln in § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2215, Abs. 5 Satz 5 und 6216, § 16 Abs. 3 Satz 4217, Abs. 5 EStG, § 22 Abs. 2218, § 24 Abs. 5 UmwStG219). Dabei gilt gerade für Typisierungen aus Vereinfachungszwecken oder zur Missbrauchsvermeidung (neben den bereits aufgezeigten Haltefristen [s. oben] auch § 2 Abs. 4, § 4 Abs. 4 Satz 6220, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 3 UmwStG) ein großzügiger Maßstab221, was sich gezeigt hat, als das BVerfG § 18 Abs. 3 UmwStG trotz seiner offensichtlich überschießenden Tendenz noch als verfassungsgemäß angesehen hat222.
213 Mylich, FR 2019, 537 (539 ff.): Verstoß gegen Art. 3 GG selbst bei Anwendung des Willkürmaßstabes. 214 Zwar verdoppeln sich in diesem Fall die stillen Reserven. Eine Einmalbesteuerung wird aber erst in der Kombination mit dem niedrigen Körperschaftsteuersatz auf Ebene der Kapitalgesellschaft und dem Teileinkünfteverfahren beim letzten Anteilseigner hergestellt. Solange letztere Besteuerung nicht erfolgt, entsteht der Steuerstundungseffekt. 215 Krit. Wendt, FR 2005, 468 (478); Crezelius, FR 2009, 881 (889). 216 Vgl. BT-Drucks. 14/6882, 33: Vermeidung einer „Nutzung der Vorteile, die durch die Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren entstehen“; krit. dagegen Crezelius, FR 2009, 881 (889); Riedel, Ubg 2018, 148 (154): „Missbrauchsfall fraglich“; Krüger, Die Übertragung von Wirtschaftsgütern bei Personengesellschaften, 2019, S. 400, 405. 217 Vgl. BT-Drucks. 14/6882, 34: Zweck wie bei § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG (dazu Fn. 216); krit. Crezelius, FR 2009, 881 (889); Riedel, Ubg 2018, 148 (153 f.): „unverhältnismäßig“. 218 Krit. Desens, DStR 2010, Beihefter 46, 80 (87). 219 Krit. Herlinghaus in Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (93): fehlende Abstimmung. 220 Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1532); Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 300; krit. Desens FR 2008, 943 (952). 221 Soweit die Missbrauchsklausel in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL einschlägig ist (etwa bei § 15 Abs. 2 UmwStG, § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG), muss im Einzelfall die Möglichkeit eingeräumt werden, den typisierenden Missbrauchsvorwurf zu widerlegen, dazu ausführlich Desens in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 15 UmwStG Rz. 35 f., 62–66; § 22 UmwStG Rz. 19–25. 222 BVerfG v. 6.11.2008 – 1 BvR 2360/07, NJW 2009, 499 Rz. 28; a.A. Desens/ Wernsmann, DStR 2008, 221 (224 ff.); anhängige Verfassungsbeschwerde
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bb) Auswirkungen für die Rechtsanwendung Für die Rechtsanwendung bewirkt der Ausnahmecharakter, dass die Tatbestände, die eine Steuerneutralität gewähren, obwohl eine Besteuerung am Maßstab der gleichheitsrechtlichen Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich geboten wäre, im Zweifel eng auszulegen und nicht analogiefähig sind223.
cc) Veranschaulichung am Beispiel von Übernahmeverlusten bei Verschmelzungen Die Auswirkungen des aufgezeigten Maßstabs soll anhand der Abzugsverbote für Übernahmeverluste veranschaulicht werden, die mehrere Senate des BFH zu unterschiedlichen Konstellationen und Rechtslagen bereits verfassungsrechtlich gewürdigt haben224. Im geltenden Recht betrifft dies Verschmelzungen, Abspaltungen oder Aufspaltungen von Kapital- auf Personengesellschaften, Formwechsel von Kapital- auf Personengesellschaften sowie Aufwärtsverschmelzungen, -abspaltungen oder -aufspaltungen von Tochter- auf ihre Mutterkapitalgesellschaften, wenn die Muttergesellschaft ein Finanz- oder Versicherungsunternehmen i.S.d. § 8b Abs. 7 oder 8 KStG ist225. (Az. BVerfG 2 BvR 1144/13) gegen BFH v. 28.3.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122. 223 S. bereits die Nachweise aus der Rspr. in Fn. 96 zu § 6 Abs. 3 EStG sowie BFH v. 16.7.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378 Rz. 13; BFH v. 12.12.2012 – I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265 Rz. 20; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29 Rz. 42. Kritisch zu sehen ist daher m.E., dass Rechtsprechung und Verwaltung die Steuerneutralität von Umstrukturierungen ursprünglich ohne formal-gesetzliche Grundlage zugelassen haben (s. die Nachweise in den Fn. 2, Fn. 3 sowie in den Ausnahmen in Fn. 1). 224 BFH v. 22.2.2005 – VIII R 89/00, BStBl. II 2005, 624; zu § 5 Abs. 4, § 7 Abs. 3 Satz 3 UmwStG 1977; BFH v. 12.7.2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728; BFH v. 28.9.2017 – IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246 jeweils zu § 4 Abs. 6 UmwStG 1995; BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 jeweils zu § 4 Abs. 6 UmwStG 2002; BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919 zu § 4 Abs. 6 UmwStG 2006; BFH v. 30.7.2014 – I R 58/12, BStBl. II 2015, 199 Rz. 27 zu § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 bei Versicherungsunternehmen i.S.d. § 8b Abs. 8 KStG (Vb. anhängig, Az. des BVerfG: 2 BvR 84/17 [Az. neu vergeben, zuvor 2 BvR 2793/14]); BFH v. 5.11.2015 – III R 12/13, BStBl. II 2016, 420 zu § 18 Abs. 2 UmwStG 2002 (Gewerbesteuer). 225 Zu letzterer Konstellation ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig, Az. des BVerfG: 2 BvR 84/17 (Az. neu vergeben, zuvor 2 BvR 2793/14).
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Desens – Verfassungsrechtl. Rahmen, ertragsteuerrechtl. Prinzipien Beispiel (Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft): An der Y-GmbH (Betriebsvermögen: BW 1000, GW 2000; steuerliches Einlagekonto 100; übriges EK: 900) sind jeweils zu 50 % A (Y-GmbH-Anteile: AK/BW 100, GW 1000) und B (Y-GmbH-Anteile: AK/BW 1000, GW 1000) beteiligt. Die Y-GmbH wird zu Buchwerten in die Form der Y-KG gewechselt (§ 9 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 UmwStG). Y-KG nach Formwechsel: Betriebsvermögen: BW 1000, GW 2000; Kapitalkonto A: BW 500, GW 1000; Kapitalkonto B: BW: 500, GW 1000. Übertragungsergebnis (§ 3 Abs. 2 UmwStG) der Y-GmbH:
1000 – 1000 = 0
Gewinnausschüttung (Fiktion aus § 7 UmwStG): Bezüge i.S.d. § 7 UmwStG Teileinkünfteverfahren (60 %)226
A (50 %) 450 270
B (50 %) 450 270
Übernahmeergebnis Wert der übernommenen WG ./. Wert der Y-GmbH-Anteile Übernahmeergebnis: erste Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) ./. Bezüge i.S.d. § 7 UmwStG Übernahmeverlust: zweite Stufe (§ 4 Abs. 5 UmwStG) Steuerliche Behandlung (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG) Höchstgrenze: 60 %, aber max. 60 % von 450
A (50 %) 500 100 400 ./. 450 ./. 50
B (50 %) 500 1000 ./. 500 ./. 450 ./. 950
./. 30
./270
240
0
Gesamtergebnis
Lässt man die Gewinnausschüttungsfiktion (§ 7 UmwStG) und ihre Neutralisation im Übernahmeergebnis zweiter Stufe (§ 4 Abs. 5 UmwStG) außer Betracht, zeigt sich, dass bei A der Übernahmegewinn erster Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) von 400 letztlich nach dem Teileinkünfteverfahren (60 %), also mit 240 (Gesamtergebnis) besteuert wird. Bei B entsteht dagegen ein Übernahmeverlust erster Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) von – 500, der letztlich steuerlich unberücksichtigt bleibt (Gesamtergebnis: 0). Im weiteren Fokus steht daher allein dieses Übernahmeergebnis (erste Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG bzw. nach § 12 Abs. 2 UmwStG) und dessen steuerliche Behandlung. Weitere Verzerrungen, die durch die einge226 Bezieht man die Einlagefiktion (hier § 5 Abs. 2 UmwStG) auch auf die Gewinnausschüttungsfiktion nach § 7 UmwStG (so systematisch zutreffend BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 04.27, 07.07 und die h.M., etwa Börst in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 81 m.w.N.; a.A. Klingberg in Blümich, § 7 UmwStG Rz. 18 [Stand Januar 2018]), wird auch die Gewinnausschüttungsfiktion über die Y-KG bezogen und führt bei A und B jeweils zu Einkünften aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Vorrang nach § 20 Abs. 8 EStG), so dass nach § 3 Nr. 40 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Buchst. d EStG das Teileinkünfteverfahren anzuwenden ist.
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schränkte Reichweite der Einlagefiktion (§ 5 UmwStG) oder die überschießende Tendenz der Ausschüttungsfiktion (§ 7 UmwStG) entstehen, die in anderen Konstellationen sogar zu einer Besteuerung eines Übernahmeverlusts erster Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) führen können227, bleiben im Folgenden außer Acht. Übernahmeergebnisse (Übernahmegewinn oder ein Übernahmeverlust), die sich aus dem Saldo aus dem (anteiligen) Wert des übergehenden Betriebsvermögens und der wegfallenden Kapitalanteile ergeben, entstehen dadurch, dass durch den Übergang vom Trennungs- zum Transparenzprinzip oder durch die Verkürzung von Beteiligungsketten mit dem Wegfall der Kapitalanteile auch eine Besteuerungsebene wegfällt. Ein Übernahmegewinn erfasst also stille Reserven, die allein im wegfallenden Kapitalanteil verstrickt waren228. Im Beispiel entsteht bei A ein Übernahmegewinn von 400, was den stillen Reserven entspricht, die in seinem Y-GmbH-Anteil verhaftet waren (Y-GmbH-Anteile von A: GW 500 – AK/ BW 100). Ein Übernahmeverlust drückt dagegen regelmäßig229 aus, dass in den Anschaffungskosten der wegfallenden Kapitalanteile bereits stille Reserven realisiert wurden, die im übergehenden Betriebsvermögen wei-
227 Dieser Effekt entsteht bei Übernahmeverlusten einer Körperschaft (als Mitunternehmerin der übernehmenden Personengesellschaft), die keine Mindestbeteiligung von zehn Prozent an der übertragenen Körperschaft gehalten hat. In diesen Fällen ist die fingierte Gewinnausschüttung (§ 7 UmwStG) voll steuerpflichtig (wegen § 8b Abs. 4 KStG kein § 8b Abs. 1 und 5 KStG). Eine Neutralisation der fingierten Gewinnausschüttung durch Verrechnung mit einem Übernahmeverlust scheitert dann am Abzugsverbot nach § 4 Abs. 6 Satz 1 UmwStG. Im Übrigen entsteht der Effekt bei allen Anteilseignern der übertragenden Körperschaft, deren Beteiligung unter ein Prozent (kein § 17 EStG) lag und im Privatvermögen gehalten wurde. Da in diesen Fällen die Einlagefiktion (§ 5 UmwStG) nicht greift, wird für sie selbst kein Übernahmeergebnis ermittelt, wenn sie Mitunternehmer der übernehmenden Personengesellschaft werden. Es bleibt dann – auch im Falle eines Übernahmeverlusts – bei der Besteuerung der fiktiven Gewinnausschüttung (§ 7 UmwStG) mit der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1 EStG), dazu zu Recht krit. Börst in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 7 UmwStG Rz. 53. 228 Thiel, FR 2000, 493 (495). 229 Ausnahmen können entstehen, wenn ein negatives Betriebsvermögen übertragen wird oder die ausgewiesenen Anschaffungskosten der Kapitalanteile höher sind als ihr gemeiner Wert, was etwa geschehen kann, wenn keine Teilwertabschreibung auf die Kapitalanteile möglich ist, etwa bei Anteilen i.S.d. § 17 EStG oder bei einer Gewinnermittlung durch EÜR (§ 4 Abs. 3 EStG).
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terhin verstrickt sind230. Im Beispiel wurden bei B in den Y-GmbH-Anteilen bereits alle stillen Reserven realisiert (AK/BW 1000 und GW 1000), die aber im dem B nun anteilig zurechenbaren Betriebsvermögen der Y-KG i.H.v. 500 noch verstrickt sind (Kapitalkonto des B: BW 500, GW: 1000). Da es beim Übernahmeergebnis um den Wegfall der Kapitalanteile geht, müsste auf dieses bei natürlichen Personen das Teileinkünfteverfahren (60 %) anzuwenden sein231. Für Übernahmegewinne (erster Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG) wird das auch so umgesetzt (§ 4 Abs. 7 UmwStG232 bzw. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG233). Im Beispiel hat A daher den ihm zurechenbaren Übernahmegewinn mit 240 (= 60 % von 400) zu versteuern. Übernahmeverluste (nach erster Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG) bleiben dagegen generell außer Ansatz (§ 4 Abs. 6234 bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Das führt mehr oder weniger zufällig nur dann zum richtigen Ergebnis, wenn der Übernahmeverlust bei einer Kapitalgesellschaft entsteht, die dem Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 KStG unterliegt235. In allen übrigen Fällen führt das vollständige Abzugsverbot zu einem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip236. Zwar entsteht zum Zeitpunkt der Um-
230 Thiel, FR 2000, 493 (495). 231 So auch BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916 Rz. 26; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 66. 232 Regelmäßig wird der Übernahmegewinn bereits durch die Gewinnausschüttungsfiktion (§ 7 UmwStG) erfasst, die durch Gegenrechnung bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses (§ 4 Abs. 5 UmwStG) nach § 4 Abs. 6 UmwStG in dem Umfang wieder so reduziert wird, dass letztlich der Übernahmegewinn erster Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b KStG besteuert wird (zu Friktionen s. Fn. 227). 233 Unklar nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist jedoch, wie der quotale Anteil zu ermitteln ist, wenn keine 100-prozentige Beteiligung an der Tochtergesellschaft bestand; dazu Desens in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 12 UmwStG Rz. 11 ff. 234 Soweit nach § 4 Abs. 6 UmwStG ein Übernahmeverlust geltend gemacht werden kann, führt dies allein zu einer Neutralisation der fingierten Gewinnausschüttung. 235 BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 71; Hey, GmbHR 2001, 993 (996); Thiel, FR 2000, 493 (496). 236 Ebenso BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919 Rz. 36; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 62; BFH v. 5.11.2015 – III R 12/ 13, BStBl. II 2016, 420 Rz. 59; Stegner/Heinz, GmbHR 2001, 54, (58, 59).
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wandlung kein Aufwand237. Es fallen jedoch Anschaffungskosten weg238, in denen ein realer Aufwand gespeichert war, was sich spätestens bei der zukünftigen Realisierung der stillen Reserven auswirkt, etwa bei der Veräußerung des Mitunternehmeranteils. Im Beispiel müsste bei B der Übernahmeverlust (erster Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG) von 500 eigentlich i.H.v. 300 (60 % von 500) steuermindernd berücksichtigt werden239. Veräußert B nämlich seinen Mitunternehmeranteil an der Y-KG, entsteht ein voll steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn von 500 (1000 – 500). In einer Gesamtbetrachtung kommt es dann nicht zu einer Einmalbesteuerung der stillen Reserven auf zwei Besteuerungsebenen, wie dies im geltenden Körperschaftsteuersystem vorgesehen ist240, sondern zu einer 1,5fach-Besteuerung241. Andererseits können die Abzugsverbote für Übernahmeverluste auch als eine bloße Einschränkung der gewährten Steuerneutralität angesehen werden. Das wird deutlich, wenn man das Beispiel abwandelt und davon ausgeht, dass der Formwechsel zum gemeinen Wert (§ 9 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 UmwStG) vollzogen wird, also kein steuerneutraler Übergang der stillen Reserven erfolgt. Abwandlung des Beispiels (Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft): An der Y-GmbH (Betriebsvermögen: BW 1000, GW 2000; steuerliches Einlagekonto 100; übriges EK: 900) sind jeweils zu 50 % A (Y-GmbH-Anteile: AK/BW 100, GW 1000) und B (Y-GmbH-Anteile: AK/BW 1000, GW 1000) beteiligt. Die Y-GmbH wird zu gemeinen Werten in die Form der Y-KG gewechselt (§ 9 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 UmwStG). Y-KG nach Formwechsel: Betriebsvermögen: BW 1000, GW 2000; Kapitalkonto A: BW 500, GW 1000; Kapitalkonto B: BW: 500, GW 1000.
237 Daher einen Verstoß verneinend BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916 Rz. 22 f., 27, aber mit dem Hinweis, dass gleichwohl eine „Verwerfung“ oder eine „Unwucht“ vorliege. 238 Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 308: mittelbar Vernichtung tatsächlich getragener AK. 239 I.d.S. Kessler/Schmidt, DB 2000, 2088 (2091); Hey, GmbHR 2001, 993 (996), a.A. Thiel, FR 2000, 493 (496), der die Unterschiede zwischen natürlichen Personen (§ 3c Abs. 2 EStG) und Körperschaften (§ 8b Abs. 3 KStG) nicht nachvollzieht. 240 So aber die gesetzgeberische Intention, s. BT-Drucks. 14/2683, 128. 241 Förster/van Lishaut, FR 2000, 1189, (1194); Hey, GmbHR 2001, 993 (996).
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Desens – Verfassungsrechtl. Rahmen, ertragsteuerrechtl. Prinzipien Übertragungsergebnis (§ 3 Abs. 1 UmwStG) der Y-GmbH:
2000 – 1000 = 1000
Gewinnausschüttung (Fiktion aus § 7 UmwStG): Bezüge i.S.d. § 7 UmwStG Teileinkünfteverfahren (60 %)
A (50 %) 950 570
B (50 %) 950 570
Übernahmeergebnis Wert der übernommenen WG ./. Wert der Y-GmbH-Anteile Übernahmeergebnis: erste Stufe (§ 4 Abs. 4 UmwStG) ./. Bezüge i.S.d. § 7 UmwStG Übernahmeverlust: zweite Stufe (§ 4 Abs. 5 UmwStG) Steuerliche Behandlung (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG) Höchstgrenze: 60 %, aber max. 60 % von 450
A (50 %) 1000 100 900 ./950 ./. 50
B (50 %) 1000 1000 0 ./. 950 ./. 950
./. 30
./570
540
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Gesamtergebnis
In der Abwandlung des Beispiels entsteht bei B gar kein Übernahmeverlust (erster Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG) mehr. Besteht aber über die Buchwertverknüpfung ein kausaler Zusammenhang zwischen dem steuerneutralen Übergang der stillen Reserven einerseits und dem Entstehen eines Übernahmeverlusts anderseits, lässt sich das Abzugsverbot für Übernahmeverluste auch als eine bloße Einschränkung der Reichweite der grundsätzlich gewährten Steuerneutralität begreifen. Die Anforderungen, die an die Rechtfertigung des Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip zu stellen sind, hängen davon ab, ob man die Steuerneutralität des Formwechsels am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) als geboten oder als rechtfertigungsbedürftig ansieht. Hält man die Steuerneutralität für geboten, kann die Rechtfertigung nicht gelingen. Auch ein Hinweis auf Alternativgestaltungen, mit denen die Rechtsfolgen vermieden werden können242, mildert die Rechtfertigungsanforderungen dann meines Erachtens nicht ab, obwohl sich dieser Gedanke auch in der Rechtsprechung des BVerfG wiederfindet243. Ins242 So jeweils mit konkreten Gestaltungshinweisen BFH v. 22.2.2005 – VIII R 89/00, BStBl. II 2005, 624; BFH v. 12.7.2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728; BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919 Rz. 44 ff.; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 61, 75 ff. 243 Vgl. dazu BVerfG v. 15.1.2009 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (51 ff.) zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG; BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 (33) zum Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren; BVerfG
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besondere liegt keine sachgerechte Typisierung vor244. Der Verlust von Kapitalanteilen wird im geltenden Körperschaftsteuersystem nämlich bewusst rechtsformabhängig unterschiedlich behandelt, so dass das Abzugsverbot aus § 8b Abs. 3 KStG nicht als der typische Fall angesehen werden kann. Im Beispiel ließe es sich also nicht rechtfertigen, dass bei B der Übernahmeverlust (erster Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG) von 500 nicht zu 60 % (300) berücksichtigt wird. Hält man umgekehrt die Steuerneutralität des Formwechsels für rechtfertigungsbedürftig, verschiebt sich auch der Rechtfertigungsmaßstab für das Abzugsverbot der Übernahmeverluste. Es stellt sich dann die Frage, ob der Gesetzgeber die Steuervergünstigung (keine Besteuerung eines Übertragungsgewinns) im Falle eines Übernahmeverlusts durch dessen Nichtabziehbarkeit wieder beschränken darf. Die zugrunde liegende Annahme, dass ein Übernahmeverlust gerade dann entsteht, wenn stille Reserven steuerneutral übergehen, ist dann eine sachgerechte Typisierung, weil ein großzügigerer Maßstab gilt (dazu bereits II.5.b.aa.[2]). Zwar können Übernahmeverluste ausnahmsweise auch durch die Übertragung eines negativen Betriebsvermögens oder dadurch entstehen, dass die ausgewiesenen Anschaffungskosten der Kapitalanteile höher sind als ihr gemeiner Wert, weil keine Teilwertabschreibung auf die Kapitalanteile möglich war (etwa bei Anteilen i.S.d. § 17 EStG). Selbst wenn man solche Konstellationen nicht als hinreichend atypisch ansieht, ließe sich das Abzugsverbot insoweit mit dem Missbrauchsvermeidungsziel rechtfertigen, unerwünschte Verlustrealisierungsgestaltungen zu verhindern245. Der BFH hat die aufgezeigte Differenzierung ansatzweise erkannt246 und die Verfassungswidrigkeit in ständiger Rechtsprechung verneint247, jedoch jüngst darauf verwiesen, dass die weggefallenden Anschaffungskosten bei einer Veräußerung des Mitunternehmeranteils im Rahmen der
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(3. Kammer des II. Senats) v. 26.10.2004 – 2 BvR 246/98, HFR 2005, 56 zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. So aber BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919 Rz. 35, 39 ff.; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 58, 61, 67 ff. Dagegen geht BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916 Rz. 26 von einer nicht sachgerechten Typisierung aus, die aber nicht zur Verfassungswidrigkeit führen soll, sondern im Einzelfall zu einer Korrektur wegen sachlicher Unbilligkeit (§§ 163, 227 AO). So auch BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468 Rz. 78 zum Übergang von negativen Betriebsvermögen. BFH v. 12.7.2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728 Rz. 32. S. Nachweise in Fn. 224.
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Billigkeit (§§ 163, 227 AO) gegenzurechnen sein könnten248. Dass sich diese Berücksichtigung auf 60 % der weggefallenden Anschaffungskosten (vgl. § 3c Abs. 2 EStG) beschränken muss, dürfte selbstverständlich sein. Auch wenn das nach hier vertretener Auffassung nicht zwingend ist, wäre es unabhängig davon rechtspolitisch wünschenswert, wenn die Reichweite der Abzugsverbote vollständig an das geltende Körperschaftsteuersystem angepasst werden würde. Vermeintliche Missbrauchsfälle werden nach geltendem Recht bereits durch die Fünf-Jahre-Haltefrist nach § 4 Abs. 6 Satz 6 Alt. 2 UmwStG hinreichend erfasst.
III. Würdigung der steuerrechtlichen Behandlung von Umstrukturierungen am freiheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Verhaltenswirkung Zum Abschluss sollen Umstrukturierungen noch am freiheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Verhaltenswirkung gewürdigt werden. Hier lautet die zentrale Frage: Kann sich aus einem besonderen Freiheitsgrundrecht ein eigenständiger Anspruch auf eine steuerneutrale Umstrukturierung ergeben, obwohl ihre Besteuerung am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich geboten wäre?
1. Schutzbereich Die unternehmerische Entscheidung, ein Unternehmen in einer anderen Rechts- oder Kooperationsform fortzuführen, weist sowohl Bezüge zur Berufsfreiheit (Art. 12 GG) als auch zur Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) auf. Da jede unternehmerische Betätigung eine auf Erwerb gerichtete Betätigung ist, die sich nicht in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft, sondern der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient249, ist jede unternehmerische Tätigkeit auch ein von Art. 12 GG geschützter Beruf. Die Berufsfreiheit schützt als einheitliches Grundrecht nicht nur die
248 BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916 Rz. 26. 249 BVerfG v. 17.12.1998 – 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228 (253); BVerfG v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197 (212); BVerfG v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u.a., BVerfGE 105, 252 (265); BVerfG v. 20.4.2004 – 1 BvR 838/ 01, BVerfGE 110, 304 (321); BVerfG v. 9.6.2004 – 1 BvR 636/02, BVerfGE 111, 10 (28).
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Wahl, sondern auch die Ausübung des Berufs250. Die Änderung einer geeigneten Rechts- oder Kooperationsform betrifft dabei die Art und Weise der geschützten Berufsausübung251. Die Änderung der Form setzt wie ihre Wahl voraus, dass das Zivilrecht verschiedene Rechtsformen zur Verfügung stellt. Gewährleistet wird das durch die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), die als normgeprägtes Grundrecht auf eine Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber angewiesen ist252. Dem ist der Gesetzgeber nachgekommen, indem er im Gesellschaftsrecht eine Vielzahl von Rechtsformen sowie mit dem Umwandlungsgesetz ein Instrumentarium zur Verfügung gestellt hat, Änderungen der Formen zu erleichtern. Da der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) insoweit eine rein dienende Funktion zukommt und es im Kern um die wirtschaftliche Betätigung in einer anderen (zivilrechtlich bereit gestellten) Rechts- oder Kooperationsform geht, bleibt die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) meines Erachtens alleiniger Prüfungsmaßstab253. Art. 19 Abs. 3 GG sichert dabei ab, dass der Grundrechtsschutz nicht verloren geht, wenn die unternehmerische Tätigkeit durch eine juristische Person ausgeübt wird, soweit diese ein personelles Substrat aufweist254.
250 BVerfG v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377 (400 ff.); BVerfG v. 26.2.1997 – 1 BvR 1964/91 u.a., BVerfGE 95, 193 (214); Scholz in Maunz/Dürig, Art. 12 GG Rz. 22 ff. (Stand Juni 2006); Mann in Sachs, 8. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 14; Jarass in Jarass/Pieroth, 15. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 1. 251 Zur Freiheit der Rechtsformwahl als Teil der Berufsausübung BVerfG v. 15.3.1967 – 1 BvR 575/62, BVerfGE 21, 227 (232); zur Freiheit gemeinsamer Berufsausübung als Teil der Berufsausübung: BVerfG v. 1.7.1980 – 1 BvR 247/75, BVerfGE 54, 237 (245); BVerfG v. 4.7.1989 – 1 BvR 1460/85, BVerfGE 80, 269 (278); BVerfG v. 3.7.2003 – 1 BvR 238/01, BVerfGE 108, 150 (165). 252 BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77 u.a., BVerfGE 50, 290 (354 f.); BVerfG v. 9.10.1991 – 1 BvR 387/87, BVerfGE 84, 372 (378 f.). 253 Zum Vorrang von Art. 12 GG vor Art. 9 GG bei Fragen der wirtschaftlichen Betätigungen s. BVerfG v. 14.5.1985 – 1 BvR 449/82, BVerfGE 70, 1 (25); Manssen in Dreier, 7. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 285; im Ergebnis kein anderer Maßstab ergibt sich, wenn man bei Umstrukturierungen Art. 9 GG neben Art. 12 GG heranzieht, so etwa Scholz in Maunz/Dürig, Art. 12 GG Rz. 195 f. (Stand Juni 2006). 254 BVerfG v. 17.12.1998 – 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228 (253); BVerfG v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197 (212 f.); BVerfG v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 u.a., BVerfGE 105, 252 (265).
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2. Eingriff Löst die Änderung der unternehmerischen Kooperationsform eine Besteuerung aus, wird die Änderung nicht rechtlich verboten, sondern nur faktisch erschwert. Ob dadurch in die Berufsfreiheit eingegriffen wird, hängt von der Intensität der Steuerbelastung ab255. Diese Eingriffsschwelle wird meines Erachtens erst dann überschritten, wenn die Steuerbelastung die Umstrukturierung auf eine Weise betriebswirtschaftlich sinnlos macht, dass ein faktisches Umstrukturierungsverbot besteht. Dafür ist eine objektivierte Gesamtbetrachtung notwendig, die alle kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile steuerlicher und nichtsteuerlicher Art einbezieht. Bewirkt die Steuerbelastung nach dieser Gesamtbetrachtung ein faktisches Umstrukturierungsverbot, wird der Unternehmer faktisch gezwungen, seine unternehmerische Tätigkeit in der bisherigen Form weiterzuführen. In diesem Fall weist der Eingriff auch die vom BVerfG insbesondere bei abgabenrechtlichen Regelungen geforderte „objektiv berufsregelnde Tendenz“256 auf, weil eine Besteuerung von Umstrukturierungen typischerweise an die Änderung einer unternehmerischen Rechts- oder Kooperationsform anknüpft.
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Da ein faktisches Umstrukturierungsverbot nicht die Wahl des Berufes selbst, sondern lediglich die Art und Weise der Berufsausübung betrifft, lässt sich der Eingriff am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes257 bereits rechtfertigen, wenn er durch vernünftige Erwägungen des 255 BVerfG v. 30.10.1961 – 1 BvR 833/59, BVerfGE 13, 181 (186); BVerfG v. 1.4.1971 – 1 BvL 22/67, BVerfGE 31, 8 (29); BVerfG v. 17.7.1974 – 1 BvR 51/69 u.a., BVerfGE 38, 61 (79); BVerfG v. 11.10.1977 – 1 BvR 343/73 u.a., BVerfGE 47, 1 (21 f.); BVerfG v. 29.11.1989 – 1 BvR 1402/87, BVerfGE 81, 108 (121 f.); Manssen in Dreier, 7. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 285: „gewisse Erheblichkeit bei faktischen Eingriffen“. 256 BVerfG v. 17.12.1998 – 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228 (254); BVerfG v. 14.7.1998 – 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218 (258); BVerfG v. 13.7.2004 – 1 BvR 1298/94, BVerfGE 111, 191 (213); BVerfG v. 6.7.2005 – 2 BvR 2335/95 u.a., BVerfGE 113, 128 (145); BVerfG v. 12.5.2009 – 2 BvR 743/01, BVerfGE 123, 132 (139 f.); BVerfG v. 16.9.2009 – 2 BvR 852/07, BVerfGE 124, 235 (242 f.); BVerfG v. 24.11.2009 – 2 BvR 1387/04, BVerfGE 124, 348 (363). 257 BVerfG v. 22.5.1996 – 1 BvR 744/88, BVerfGE 94, 372 (389 f.); BVerfG v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197 (213); BVerfG v. 13.12.2000 –
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Gemeinwohls legitimiert ist258. Solche Gründe liegen jedoch grundsätzlich vor, wenn eine Besteuerung der Umstrukturierung nach dem gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) geboten ist259. Grundsätzlich gewährt daher die Berufsfreiheit – und auch kein anderes Freiheitsgrundrecht – keinen selbständigen Anspruch auf eine steuerneutrale Umstrukturierung. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn das faktische Umstrukturierungsverbot ursächlich dafür wird, dass die unternehmerische Tätigkeit insgesamt eingestellt werden muss, also faktisch wie ein objektives Berufsverbot wirkt260. In diesem Fall lässt sich eine Besteuerung der Umstrukturierung nur rechtfertigen, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut geboten ist261. Die Situation eines objektiven Berufsverbots tritt erst ein, wenn zum faktischen Umstrukturierungsverbot ein faktischer Umstrukturierungszwang in einer Weise hinzutritt, dass auch eine Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit in der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform betriebswirtschaftlich sinnlos ist. Auch hierfür ist eine objektivierte Gesamtbetrachtung notwendig, die alle kurz- und langfristigen Vor- und Nachteile steuerlicher und nicht-steuerlicher Art einbezieht. Erst der Erdrosselungseffekt262, der durch das kumulative Zusammentreffen eines faktischen Umstrukturierungszwangs und eines faktischen
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1 BvR 335/97, BVerfGE 103, 1 (10); BVerfG v. 29.10.2002 – 1 BvR 525/99, BVerfGE 106, 181 (191 f.); zur Konkretisierung durch die sog. Drei-StufenLehre s. BVerfG v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56, BVerfG 7, 377 (397 ff.); BVerfG v. 18.12.1968 – 1 BvL 5/64 u.a., BVerfGE 25, 1 (11 f.); Mann in Sachs, 8. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 125 ff. Zu den grds. Rechtfertigungsanforderungen bei reinen Berufsausübungsbeschränkungen s. BVerfG v. 14.5.1985 – 1 BvR 449/82, BVerfGE 70, 1 (28); BVerfG v. 10.5.1988 – 1 BvR 111/77, BVerfGE 78, 155 (162); BVerfG v. 13.12.2000 – 1 BvR 335/97, BVerfGE 103, 1 (10). I.d.S. bereits BVerfG v. 29.11.1989 – 1 BvR 1402/87, BVerfGE 81, 108 (121 f.). Zur Korrektur des Abwägungsmaßstabes der sog. Drei-Stufen-Theorie anhand der Gesetzeswirkung Mann in Sachs, 8. Aufl. 2018, Art. 12 GG Rz. 145 ff., 159. Zu den Rechtfertigungsanforderungen für sog. objektive Berufswahlbeschränkungen s. BVerfG v. 5.5.1987 – 1 BvR 981/81, BVerfGE 75, 284 (296); BVerfG v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197 (214). Zum Verstoß gegen Freiheitsgrundrechte durch eine „erdrosselnde“ Wirkung durch Geldleistungspflichten wie Steuern s. BVerfG v. 8.3.1983 – 2 BvL 27/
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Umstrukturierungsverbots entsteht, kann einen selbständigen Anspruch auf eine steuerneutrale Umstrukturierung aus der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) begründen. Ob der aufgezeigte Erdrosselungseffekt entsteht, lässt sich jedoch nicht allgemein, sondern nur im jeweiligen Einzelfall bestimmen. Durchsetzen lässt sich der Anspruch daher regelmäßig nur in einem Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO) zur Vermeidung einer sachlichen Unbilligkeit im jeweiligen Einzelfall263.
IV. Thesenhafte Zusammenfassung (1) Dem Folgerichtigkeitsgebot kommt nur eine eigenständige Bedeutung zu, wenn das Leistungsfähigkeitsprinzip einen wertungsoffenen Korridor anbietet und die maßstabsbildende Ausgangsentscheidung innerhalb dieses Korridors liegt. (2) Stille Reserven steigern bereits mit ihrem Entstehen die persönliche Leistungsfähigkeit, sind aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und der Praktikabilität nicht zu besteuern, soweit eine Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist. (3) Ein originärer Geschäftswert antizipiert erst eine zukünftig erwartete Leistungsfähigkeit und kann daher frühestens bei einer Betriebsveräußerung, bei sich der Veräußerer vollständig von dem Betrieb löst, eine gesteigerte Leistungsfähigkeit ausdrücken. (4) Geht man davon aus, dass sich Leistungsfähigkeit bereits mit der Entstehung von stillen Reserven als auslösendes Moment steigert, lässt sich die Geltung des Entstrickungs- und des Subjektsteuerprinzips jeweils als Konkretisierungen des Leistungsfähigkeitsprinzip begründen, nicht aber die Geltung des Realisationsprinzips. (5) Geht man dagegen davon aus, dass sich Leistungsfähigkeit erst mit der Realisation von stillen Reserven als auslösendes Moment steigert, lässt sich die Geltung des Realisationsprinzips als Konkretisierung des Leis81, BVerfGE 63, 312 (327); BVerfG v. 31.5.1988 – 1BvL 22/85, BVerfGE 78, 232 (243); BVerfG v. 31.5.1990 – 2 BvL 12/88 u.a., BVerfGE 82, 159 (190); BVerfG v. 25.9.1992 – 2 BvL 5/91 u.a., BVerfGE 87, 153 (169); BVerfG v. 8.4.1997 – 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267 (301). 263 Zum Grundrechtsschutz im Einzelfall durch sachliche Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 AO) s. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 227 AO Rz. 180 (Stand Januar 2016) m.w.N.
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tungsfähigkeitsprinzips begründen, nicht aber die Geltung des Entstrickungs- oder Subjektsteuerprinzips. (6) Nach dem Subjektsteuerprinzip ist die Steuerneutralität einer Umstrukturierung rechtfertigungsbedürftig, soweit bei nur einem Steuersubjekt, das an der Umstrukturierung beteiligt ist, nach der Umstrukturierung stille Reserven nicht im selben Umfang zugerechnet werden wie vor der Umstrukturierung oder diese nach der Umstrukturierung nicht nach denselben Regeln zu versteuern sind, die vor der Umstrukturierung galten. (7) Am gleichheitsrechtlichen Maßstab für die steuerliche Belastungswirkung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist von allen gesetzlichen Umstrukturierungstatbeständen allein die Steuerneutralität nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG sowie nach § 13 UmwStG nicht rechtfertigungsbedürftig; alle übrigen Umstrukturierungstatbestände sind aufgrund ihrer Reichweite zumindest partiell rechtfertigungsbedürftig. (8) Der erkennbar legitime außerfiskalische Förderungszweck der rechtfertigungsbedürftigen Umstrukturierungstatbestände ist, Umstrukturierungen steuerlich nicht schlechterzustellen als eine Fortführung der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform. Insoweit zielt die Förderung darauf ab, bei der Wahl der jeweils effizientesten Unternehmensform eine steuerliche Entscheidungsneutralität zu gewährleisten. (9) Die verfassungsrechtlich gebotene Zwecktauglichkeit von rechtfertigungsbedürftigen Umstrukturierungstatbeständen ist bereits gewahrt, wenn zwei notwendige Kontinuitätsbedingungen erfüllt sind: (a) Die Besteuerung der stillen Reserven muss auch in der geänderten Rechts- oder Kooperationsform gesichert sein. (b) Es muss eine wirtschaftliche Verbundenheit zwischen dem Übertragungsobjekt und mindestens einem Steuersubjekt fortbestehen, die sich nach wie vor in einer Gewinnchance und in einem Verlustrisiko in Bezug auf das Übertragungsobjekt ausdrückt. (10) Die Freiheitsgrundrechte – insbesondere die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) – gewähren keinen selbständigen Anspruch auf eine Steuerneutralität einer Umstrukturierung. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Steuerbelastung die Umstrukturierung in einer Weise betriebswirtschaftlich sinnlos macht, dass ein faktisches Umstrukturierungsverbot entsteht, und im konkreten Einzelfall eine Fortführung in der bisherigen Rechts- oder Kooperationsform auf einer Weise betriebswirtschaftlich sinnlos ist, dass zugleich ein Umstrukturierungszwang besteht (Erdrosselung durch Kumulation).
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Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen Prof. Dr. iur. Joachim Hennrichs Universität zu Köln
I. Kernthese II. Unternehmensrechtliche Grundlagen 1. Begriff und Arten der (hier behandelten) Umstrukturierungen a) Formwechselnde Umwandlungen nach dem UmwG b) Übertragende Umwandlungen nach dem UmwG c) Sonstige Umstrukturierungen 2. Kennzeichnung von Umstrukturierungen 3. Organisationsfreiheit III. Steuerrechtliche Grundlagen 1. Überblick über die einschlägigen Normen 2. Funktionsweise der Buchwertverknüpfung 3. Standort des Umstrukturierungssteuerrechts im System a) Herrschende Meinung: Umstrukturierungen als veräußerungsgleiche Vorgänge aa) Grundlagen bb) Zur Rechtfertigung des UmwStG vom Standpunkt der h.M. aus b) Andere Ansicht: Theorie vom Organisationsakt aa) Grundlagen bb) Umsatzgeschäft vs. gesellschaftsrechtlich begründete Umstrukturierungen
cc) Zur Rechtfertigung des UmwStG vom Standpunkt der Theorie vom Organisationsakt aus c) Insb.: Bedeutung des Subjektsteuerprinzips d) Einbettung: weitere Fälle einer aufgeschobenen Gewinnrealisierung e) Zwischenfazit IV. Bedingungen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen 1. Formwechsel zwischen strukturähnlichen Gesellschaften 2. Steuerrechtlich übertragende Umwandlungen a) Übertragende Umwandlungen nach dem UmwG b) Einbringungen c) Behaltefristen d) Umstrukturierungen bei Mitunternehmerschaften nach §§ 6 Abs. 5, 16 Abs. 3 Satz 2 EStG e) Zwischenbefund V. Ausgewählte Einzelaspekte 1. Steuerneutraler Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nur, wenn gleichzeitig auch das wesentliche Sonderbetriebsvermögen mitübertragen wird?
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Hennrichs – Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität 2. Einbringung einzelner WG aus einem BV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten 3. Übertragung von BV zwischen Schwester-Personengesellschaften 4. Verlustpositionen
5. § 42 AO: Wirtschaftliche Rechtfertigung vs. „rein steuerlich motivierte Umwandlungen“ VI. Thesen
I. Kernthese Umstrukturierungen sind ertragssteuerlich nicht besteuerungswürdig. Das ist meine Kernthese. Umstrukturierungen begründen kein besteuerungswürdiges Einkommen. Sie sind weder entgeltliche Veräußerungen noch veräußerungsgleiche Tauschgeschäfte. Sie generieren kein Markteinkommen und damit ertragsteuerlich keine Leistungsfähigkeit, die Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung sein könnte. Deshalb sollte die Buchwertverknüpfung die gesetzliche Regel sein. Rechtfertigungsbedürftig ist nicht die ertragssteuerliche Neutralität bei Umstrukturierungen, sondern umgekehrt die sofortige Besteuerung der stillen Reserven. Verehrte Damen und Herren, ich hoffe, ich habe mit dieser zugespitzten These Ihre Aufmerksamkeit für die nächsten rund 40 Minuten. Die Gliederung zu meinem Referat haben Sie vor sich. Lassen Sie mich einleitend kurz die unternehmensrechtlichen Grundlagen in Erinnerung rufen:
II. Unternehmensrechtliche Grundlagen 1. Begriff und Arten der (hier behandelten) Umstrukturierungen a) Formwechselnde Umwandlungen nach dem UmwG Zunächst: Über welche Fälle reden wir eigentlich? Der Grundfall einer Umstrukturierung ist der sog. Formwechsel nach dem UmwG. Hier wechselt ein Unternehmensträger seine Rechtsform, gleichsam sein „Rechtskleid“, wie man sagt. Zum Beispiel: Aus einer GmbH mach’ eine AG, aus einer KG eine GmbH. Das Handelsrecht drückt die Besonderheit des Formwechsels dadurch aus, dass es in § 190 Abs. 1 UmwG formuliert: „Ein Rechtsträger kann durch Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten.“ Über die Rechtsfolgen des Formwechsels heißt es sodann in § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG: „Der formwechselnde Rechtsträger besteht in der in dem Umwand-
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lungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter.“ Das ist mit Bedacht so formuliert. Nach dem Gesetz findet in diesen Fällen nicht einmal eine Rechtsnachfolge statt. Die vermögensrechtlichen Rechtsbeziehungen bleiben vielmehr schlicht vorher wie nachher dem einen identischen Rechtsträger zugeordnet. Früher war dieser Formwechsel allein zwischen strukturgleichen Rechtsträgern möglich, also zwischen etwa einer GmbH und einer AG oder zwischen Personengesellschaften untereinander, aber nicht gleichsam über die Strukturgrenze hinweg. Das ist heute anders. Mit der Reform des Umwandlungsrechts 1995 ist der Formwechsel nun auch beispielsweise von einer GmbH (oder AG) in eine KG (oder umgekehrt) möglich, ja sogar von einer GmbH (AG) in eine GbR (und umgekehrt). Dadurch trägt das Handelsrecht dem Umstand Rechnung, dass auch die unternehmenstragenden Personengesellschaften rechtsfähig sind. Dogmatisch ist das Identitätstheorem beim Formwechsel freilich eine Fiktion1. Das Bild, dass ein und derselbe Rechtsträger identitätswahrend „nur sein Rechtskleid wechsele“, leitet in die Irre. Man frage sich: „Was trägt die Dame denn zu Hause?“ Also: Was steckt unter dem „Rechtskleid“ der GmbH oder AG?2 Eine natürliche Person hat einen Körper, der sich neu einkleiden lässt, ohne dass die natürliche Person dadurch ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Der Rechtsträger GmbH besteht demgegenüber allein als gedankliches Konstrukt, die GmbH ist nur Rechtsträger dank und in Gestalt ihrer Rechtsverfassung. Anders formuliert: Die jeweilige rechtliche Verfassung konstituiert die juristische Person oder Personengesellschaft. Wird die Verfassung geändert, so liegt die Vorstellung viel näher, dass sich dadurch auch die rechtliche Identität ändert. Die A-GmbH ist deshalb, so verstanden, nicht derselbe Rechtsträger wie die A-AG (oder A-KG), in die die A-GmbH sich formwechselnd umwandelt. Dass das Gesetz beim Formwechsel auf eine Rechtsnachfolge verzichtet, ist gleichwohl sinnvoll. Denn es geht dem Gesetz um die möglichst vollständige Kontinuität der (Vermögens-)Rechtsbeziehungen des Rechtsträgers. Das gewährleistet die Rechtstechnik des Formwechsels lückenlos und ohne mit den Zweifelsfragen behaftet zu sein, die sich um die Reich-
1 Näher Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 33 f., 107 ff.; Reinhardt in FS für Bartholomeyczik, 1972, S. 307 (310 f.); Schilling, JZ 1953, 489 (493 f.); je m.w.N. 2 Reinhardt in FS für Bartholomeyczik, 1972, S. 307 (310 f.).
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weite der Gesamtrechtsnachfolge ranken. (Fingierte) Identität bewirkt vollständige rechtliche Kontinuität. Hohenwarter-Mayr meint demgegenüber in ihrer umfangreichen Habilitationsschrift3, die Fälle des Formwechsels gehörten „nicht hierher“ (sc. nicht zu ihrem Thema „Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht“), weil beim Formwechsel keine Rechtsnachfolge stattfinde. Diese gedankliche Verengung des Blicks ist dogmatisch in doppelter Hinsicht unglücklich: Zum einen ist die beim Formwechsel vom Gesetz angeordnete Identität des Rechtsträgers tatsächlich, wie angedeutet, nur eine Fiktion. Zum anderen und vor allem verstellt die Verengung des Themas den Blick auf Querverbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Instituten des Umwandlungsrechts, die vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch steuerrechtlich relevant sind. Richtig verstanden sind Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen nämlich nur unterschiedliche Rechtstechniken zur Erreichung des in beiden Fällen angestrebten Zwecks, die rechtliche Kontinuität der beteiligten Unternehmen möglichst umfassend zu wahren4. Unterschiedliche Rechtstechniken sind aber kein tauglicher Rechtfertigungsgrund für grundlegend unterschiedliche (Steuer-)Rechtsfolgen bei ansonsten wertungsmäßig im Wesentlichen gleichgelagerten Fällen.
b) Übertragende Umwandlungen nach dem UmwG Die zweite relevante Fallgruppe von Umstrukturierungen sind die übertragenden Umwandlungen nach dem UmwG, also die Verschmelzung und die Spaltung. An ihnen sind mindestens zwei, oft noch mehr Rechtsträger beteiligt. Bei der Verschmelzung vereinigen diese sich zu einem Rechtsträger, der entweder schon besteht – Verschmelzung durch Aufnahme – oder neu gegründet wird – Verschmelzung durch Neugründung. Die Spaltung ist das Gegenstück, bei ihr trennt sich ein Rechtsträger in mehrere auf oder spaltet einen oder mehrere Teile ab oder gliedert einen oder mehrere Teile aus. Verschmelzung und Spaltung sind handels- und steuerrechtlich übertragende Umwandlungen. Es kommt in diesen Fällen bereits zivilrechtlich 3 Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 65. 4 Vgl. dazu K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (506); Reinhardt in FS für Bartholomeyczik, 1972, S. 307 (313 f., 316 f.); Schilling, JZ 1953, 489 (493); Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 31, 96 ff.; je m.w.N.
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(anders als beim Formwechsel) zu einer Rechtsnachfolge. Immerhin erleichtert das UmwG die Sache dadurch erheblich, dass es insoweit eine Gesamtrechtsnachfolge anordnet. Das ist hier, anders als bei der aus dem Erbrecht bekannten Gesamtrechtsnachfolge, zwar keine gesetzliche, sondern eine rechtsgeschäftliche, weil die Umwandlung auf Beschlüssen beruht. Aber sie ist nichtsdestotrotz eine Gesamtrechtsnachfolge. Einzelübertragungsakte sind also nicht erforderlich. Auch Dritte müssen grundsätzlich nicht gefragt werden. Für Gläubigerschutz sorgt das UmwG mit eigenen Instrumenten. Die Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen ist teleologisch nicht allein eine Durchbrechung des sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips5. Vielmehr geht es dem Gesetz dabei vor allem darum, mittels der Rechtsfigur der (rechtsgeschäftlichen!) Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen sicherzustellen, dass die dem übertragenden Rechtsträger zugeordneten Rechtsbeziehungen möglichst lückenlos auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen und von diesem fortgeführt werden6. Das Gesetz bezweckt die Kontinuität der beteiligten Unternehmen bei Diskontinuität nur ihrer Organisation7. Dazu ist die Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen die Gesetzestechnik, ebenso wie es die Identitätsfiktion beim Formwechsel ist8. Kurzum: Aufgrund der bei übertragenden Umwandlungen nach dem UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge bewirken auch diese Umstrukturierungen im Ergebnis eine Kontinuität der Rechtsbeziehungen der beteiligten Rechtsträger. Nur das Instrument dazu ist ein anderes als im Fall des Formwechsels.
5 So aber Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 64. 6 Näher Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 107 ff.; s. ferner Zöllner, ZGR 1993, 334 (336); K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (506); Hahn, GmbHR 1991, 242 (245); je m.w.N. 7 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (506); Reinhardt in FS für Bartholomeyczik, 1972, S. 307 (313 f., 316 f.); Schilling, JZ 1953, 489 (493); Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 31, 96 ff.; je m.w.N. 8 Vgl. auch K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (506), der den Formwechsel gegenüber der Gesamtrechtsnachfolge sogar als die „fortgeschrittenere“ Gesetzestechnik und die Gesamtrechtsnachfolge als „ein rechtshistorisch erklärbares – und überwindbares! – Provisorium“ bezeichnet, weil der Formwechsel die gewollte rechtliche Kontinuität umfassend gewährleistet und nicht mit den Unsicherheiten und Zweifelsfragen einer Gesamtrechtsnachfolge behaftet ist.
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c) Sonstige Umstrukturierungen Schließlich gibt es auch Umstrukturierungen außerhalb des UmwG. Den Umwandlungen ähnlich sind insb. Sacheinlagen, z.B. die sog. Vergesellschaftung, das ist die Einbringung eines bisherigen Einzelunternehmens in eine Gesellschaft im Wege der Sacheinlage. Die Einbringungen sind nicht ohne Grund im UmwStG geregelt (§§ 20, 24 UmwStG). Auch Spaltungen lassen sich außerhalb des UmwG vollziehen. Das Steuerrecht regelt einen Ausschnitt davon für Personengesellschaften mit der sog. „Realteilung“ nach § 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG. Überhaupt stellt sich aus steuerrechtlicher Sicht das Problem der Kontinuität oder Diskontinuität von stillen Reserven bei jedem Transfer von Betriebsvermögen, der nicht klassische Veräußerung ist. Deshalb wird insb. § 6 Abs. 5 EStG zu Recht mit zum materiellen Umwandlungssteuerrecht (der Mitunternehmerschaft) gezählt, obwohl die Vorschrift im EStG und nicht im UmwStG geregelt ist. Andere Fälle, die man in einem weiteren Sinne ebenfalls unter den Begriff der Umstrukturierungen fassen kann, blende ich im Folgenden aus. Nicht behandelt werden insb.: –
Rekapitalisierungen, also Restrukturierungen der Kapital- und Finanzierungsstruktur (z.B. Tausch von Fremdkapital- gegen Eigenkapitalinstrumenten; Ausgabe neuer Instrumente; Refinanzierungen); einschließlich Börsengang oder De-Listing.
–
Insolvenz- und liquidationsinduzierte Umstrukturierungen (bankruptcy reorganizations), z.B. (Teil-) Betriebsschließungen.
–
Funktionsverlagerungen (ins Ausland) und grenzüberschreitende Sitzverlegungen.
2. Kennzeichnung von Umstrukturierungen Für das Verständnis der Besonderheiten von Umstrukturierungen ist es hilfreich, sich kurz nochmals die zivilrechtlichen Grundlagen vor Augen zu führen: Unternehmen und Unternehmensträger sind (entgegen landläufiger Wahrnehmung von juristischen Laien) nicht dasselbe. Unternehmen ist die sachlich-organisatorische Einheit. Unternehmensträger ist derjenige Rechtsträger, dem die Gegenstände und Rechtsbeziehungen subjektiv zugeordnet sind. Jeder Gegenstand braucht einen Träger9. Bei 9 Herrenlose Sachen (vgl. § 958 BGB) sind die Ausnahme, herrenlose Rechte oder „Verträge ohne Vertragspartner“ gar nicht möglich.
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unternehmerisch genutzten Gegenständen ist das der Unternehmensträger. Das kann eine natürliche oder eine juristische Person sein oder eine rechtsfähige Personengesellschaft. Umstrukturierungen zielen vor diesem Hintergrund im Kern darauf, nur die rechtliche Struktur zu ändern, dabei aber die (vermögens-)rechtliche Kontinuität zu wahren. Gewollt ist m.a.W.: vermögensrechtliche Kontinuität bei Diskontinuität allein der rechtlichen Unternehmensträgerorganisation10. Das ist besonders deutlich beim Formwechsel, gilt gleichermaßen aber auch für die anderen Umwandlungen nach dem UmwG (und übrigens ebenso für die Einbringungen causa societatis, also die Sacheinlagen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage). In allen diesen Fällen sollen allein die rechtlichen Strukturen des Unternehmens oder der Unternehmensteile geändert werden, sonst nichts. Die Regelungstechniken, mit denen das Gesetz diese gewollte rechtliche Kontinuität im UmwG zu erreichen versucht, sind der Formwechsel und die Gesamtrechtsnachfolge. Durch diese rechtstechnischen Vehikel kompensiert das Gesetz die fehlende Rechtsfähigkeit des Unternehmens und stellt sicher, dass die Rechtsbeziehungen, die bislang dem Unternehmensträger der alten Struktur zugeordnet waren, künftig solche des Rechtsträgers in der neuen Struktur sind11. In dem einen Fall findet nach der gesetzlichen Identitätsfiktion eine Rechtsnachfolge nicht einmal statt; die Rechtsbeziehungen des Rechtsträgers alter Rechtsform setzen sich vielmehr unverändert beim Rechtsträger neuer Rechtsform fort. Bei Verschmelzung und Spaltung ordnet das Gesetz demgegenüber zwar eine Rechtsnachfolge an, die aber immerhin eine Gesamtrechtsnachfolge ist. Gewollt ist in beiden Fällen die möglichst vollständige vermögensrechtliche Kontinuität der Rechtsbeziehungen. Dabei kann der Formwechsel gegenüber der Gesamtrechtsnachfolge bei übertragender Umwandlung sogar als die „fortgeschrittenere Regelungstechnik“12 bezeichnet werden (Karsten Schmidt). Denn die Identitätsfiktion bewirkt die vollständige rechtliche Kontinuität, während die Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen mit allerlei rechtlichen Zweifelsfragen behaftet ist.
10 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495, 506; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 107 ff. 11 Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, 1995, S. 35 f. 12 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495, 506.
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3. Organisationsfreiheit Unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel sichert das Umwandlungsrecht die unternehmerische Handlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 9, 12, 14 GG): Die Freiheit, selbst darüber entscheiden zu können, in welcher Rechtsform das Unternehmen organisiert werden soll, ist grundrechtlich geschützt, es besteht Organisationsautonomie. Diese Freiheit ist aber keine Einmal-Fahrkarte allein bei Gründung, sondern sie besteht auch im weiteren Zeitablauf. Veränderte tatsächliche, ökonomische oder rechtliche Rahmenbedingungen können eine Änderung der Organisationsstruktur angezeigt sein lassen. Die einmal gewählte Rechtsform später ändern zu können, Organisationsstrukturen flexibel veränderten Rahmenbedingungen anpassen zu können, ist ebenso grundrechtlich geschützt wie die ursprüngliche Rechtsformwahl.
III. Steuerrechtliche Grundlagen 1. Überblick über die einschlägigen Normen Übersetzt man die Fälle der identifizierten relevanten Umstrukturierungen in steuerrechtliche Normen, so sind zunächst die Vorschriften des UmwStG einschlägig, hier insb. –
–
§§ 9, 25 UmwStG für einen Formwechsel zwischen Kapital- und Personengesellschaften, und zwar –
§ 9 UmwStG für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und
–
§ 25 UmwStG für den umgekehrten Fall;
§§ 3 ff., 11 ff. UmwStG für Verschmelzungen, und zwar differenziert je nachdem, auf welchen übernehmenden Rechtsträger die Verschmelzung erfolgt, nämlich –
§§ 3 ff. UmwStG für die Verschmelzungen auf eine Personengesellschaft und
–
§§ 11 ff. UmwStG für Verschmelzungen auf eine Kapitalgesellschaft;
–
§§ 15 f. UmwStG für Spaltungen sowie
–
§§ 20 ff., 24 UmwStG für Einbringungen (nämlich §§ 20 ff. UmwStG für Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft und § 24 UmwStG für Einbringungen in eine Personengesellschaft).
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Vorschriften des „materiellen Umwandlungssteuerrechts“, also mit materiell umwandlungssteuerlichem Gehalt, finden sich außerdem im EStG, nämlich –
§ 6 Abs. 5 EStG für Vermögensübertragungen bei Mitunternehmerschaften und
–
§ 16 Abs. 3 Satz 2–4 EStG für die Realteilung.
Nach allen diesen Vorschriften sind Buchwertverknüpfungen (im Folgenden: BW-Verknüpfungen) entweder zulässig oder gar vorgeschrieben. Dadurch kann die umstrukturierungsbedingte Realisation der stillen Reserven im Vermögen des übertragenden Rechtsträgers vermieden werden. Die Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts flankieren damit die handelsrechtlich eröffnete Flexibilität zur Änderung der Organisationsstrukturen. Das ist rechtspolitisch auch vernünftig, weil anderenfalls die handelsrechtlich gewollte Flexibilität steuerrechtlich unterlaufen würde: Wäre eine Umstrukturierung nur um den Preis der sofortigen vollen Versteuerung der stillen Reserven zu erreichen, würden solche Umstrukturierungen vielfach ganz unterbleiben.
2. Funktionsweise der Buchwertverknüpfung Wie funktioniert die BW-Verknüpfung bei Umstrukturierungen? Die Technik bewirkt ein Mehrfaches: 1. Beim übertragenden Rechtsträger kommt es aufgrund des BW-Ansatzes nicht zur sofortigen Realisation der stillen Reserven. 2. Beim übernehmenden Rechtsträger kommt es korrespondierend nicht zu einer Buchwertaufstockung und damit – soweit abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter (im Folgenden: WG) in Rede stehen – nicht zur Generierung von zusätzlichem Abschreibungspotential. 3. Die in dem WG verhafteten stillen Reserven gehen auf den neuen Rechtsträger über und werden bei späterer Realisation bei ihm (sc. dem neuen Rechtsträger) besteuert. Nach geltendem UmwStG ist eine BW-Verknüpfung freilich nicht zwingend. Vielmehr gewährt das Gesetz jeweils Wahlrechte, die WG entweder zum gemeinen Wert anzusetzen und damit die stillen Reserven zu realisieren oder die Buchwerte fortzuführen und damit die Gewinnrealisation aufzuschieben. Möglich ist sogar der Ansatz eines Zwischenwertes. Die Ausübung dieses Wahlrechts ist dabei bei den Umwandlungen i.S.d. UmwG dem übertragenden Rechtsträger in die Hände gelegt: Er entschei-
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det in seiner Schlussbilanz über den Wertansatz (vgl. z.B. § 3 UmwStG) zum gemeinem Wert oder zum Buchwert (oder zu einem Zwischenwert); der übernehmende Rechtsträger ist sodann an diese Wertansätze gebunden (z.B. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Bei den Einbringungen (§§ 20 ff., 24 UmwStG) ist die Wahlrechtsausübung der übernehmenden Gesellschaft zugewiesen. Schon an dieser Stelle seien aber zwei systematische Unstimmigkeiten angemerkt: –
Zum einen ist die Kontinuität nach dem UmwStG steuerlich keine vollständige. Insbesondere latente Verlustverrechnungspotentiale, also steuerliche Verlustvorträge, gehen de lege lata nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 4 Abs. 2 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Das ist eine systematische Unwucht, auf die zurückzukommen sein wird.
–
Zum anderen ist die BW-Verknüpfung nicht in allen Fällen als Wahlrecht ausgestaltet. Die Wahlrechtslösung ist zwar die des UmwStG. Demgegenüber schreiben § 6 Abs. 5 und § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG für die dort geregelten Fälle eine BW-Verknüpfung zwingend vor. (Auch) Insoweit ist also zumindest auf den ersten Blick kein rechtes gesetzgeberisches Konzept erkennbar.
3. Standort des Umstrukturierungssteuerrechts im System Wo stehen die genannten Sondervorschriften im System der Unternehmensbesteuerung? Begründen sie konstitutiv eine sonst eigentlich nicht eröffnete Besteuerung oder mildern sie umgekehrt eine an sich eigentlich besteuerungswürdige Realisation stiller Reserven ab? Die Antworten auf diese Fragen sind umstritten:
a) Herrschende Meinung: Umstrukturierungen als veräußerungsgleiche Vorgänge aa) Grundlagen Die heute ganz h.M.13 ordnet Umstrukturierungen als veräußerungsgleiche und damit grundsätzlich gewinnrealisierende Vorgänge ein. Kennzeichnend ist etwa folgendes Zitat: 13 BMF, BStBl. I 2011, 1314 (UmwSt-Erlass), Tz. 00.02. Aus der Lit. statt aller Riedel, StuW 2019, 225 (227, 233 f., 240 und passim) m.umfangr.w.N. aus Rspr. und Lit.; ferner grdl. Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1434 f., 1440 ff.); Wendt
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Hennrichs – Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität „Ohne die Vorschriften des UmwStG würde der Vermögensübergang im Rahmen einer Verschmelzung oder Spaltung steuerlich als Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft erfasst bzw. im Falle eines restlosen Vermögensüberganges als Aufgabe des Betriebes (§ 16 EStG) bzw. als Liquidation und Abwicklung (§ 11 KStG) des übertragenden Rechtsträgers besteuert.“14
Pate steht dabei die Überlegung, dass Umstrukturierungen Tauschvorgänge (oder zumindest tauschähnliche Vorgänge) seien15. Und in der Tat weisen Umwandlungen ja auch Tauschelemente auf: Getauscht wird zum einen das Vermögen der übertragenden Gesellschaft gegen Gesellschaftsrechte an der übernehmenden Gesellschaft. Zum anderen tauschen die Gesellschafter alte gegen neue Anteile. Der Tausch ist aber anerkanntermaßen ein Realisationstatbestand, wie mittlerweile auch in § 6 Abs. 6 EStG ausgedrückt ist. So verstanden sind die Vorschriften des UmwStG, die eine BW-Verknüpfung erlauben, Sondertatbestände zu den Realisationstatbeständen der § 16 i.V.m. § 6 Abs. 6 EStG, § 11 KStG, die unter eng zu verstehenden Voraussetzungen ausnahmsweise auf eine sofortige Realisation der stillen Reserven verzichten. Steuerdogmatisch gründet diese Beurteilung auf einer spezifischen Sichtweise des sog. Steuersubjektprinzips. Dieses wird geradezu zum Ausgangspunkt der Erklärung des UmwStG. Kennzeichnend schreibt Rödder: „Für das Einkommensteuerrecht wie für das Körperschaftsteuerrecht gilt grundsätzlich das Prinzip der Individualbesteuerung (Subjektsteuerprinzip). Danach hat jedes Steuersubjekt das durch seine Tätigkeit und den Einsatz von Kapital erzielte Einkommen in eigener Person zu versteuern. Jedes Steuersubjekt ist aus einkommen- und körperschaftsteuerlicher Sicht gesondert zu betrachten, seine Einkünfte sind von den Einkünften anderer Steuersubjekte zu trennen. Auch stille Reserven […] unterliegen […] nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung einer Subjektbindung.16
in StbJb. 2018/19, S. 1 (56); Brandis in StbJb. 2018/19, S. 67 (102 f., 113); Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 9, 11; Dreßler/Schwechel, Ubg 2018, 439 (442 ff.), die jedoch den Fall der Aufwärtsverschmelzung ausnehmen. 14 Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 4 Rz. 2. 15 Riedel, StuW 2019, 225 (227 f.) m.w.N. 16 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2018, Einf. Rz. 1 f.; ebenso bereits Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253; Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1435); Herlinghaus in Dötsch/Herlinghaus/Hüttemann/Lüdicke/Schön, Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 69 (71); Schön in FS Widmann, 2000, S. 531 (532 f.).
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Von diesem gedanklichen Ausgangspunkt aus wird der Rechtsträgerwechsel und die versuchte Übertragung von stillen Reserven auf ein anderes Steuersubjekt zu einem grundsätzlichen Realisationstatbestand. Ebendas folgert denn auch sogleich Rödder: „Damit sind stille Reserven grundsätzlich immer dann zu realisieren, wenn sie die Sphäre eines Steuersubjektes verlassen.“17
bb) Zur Rechtfertigung des UmwStG vom Standpunkt der h.M. aus Fragt man vor diesem Hintergrund nach der Legitimation dafür, warum das UmwStG trotz des (angeblichen) Veräußerungsvorgangs auf eine sofortige Gewinnrealisation bei Umwandlungen verzichtet, so werden unterschiedliche Antworten gegeben. Häufig wird schlicht auf die allgemeine rechtspolitische Überlegung verwiesen, dass Flexibilität hinsichtlich der rechtlichen Strukturen volkswirtschaftlich sinnvoll sei und der Steuergesetzgeber Umstrukturierungen nicht mit Steuerlasten behindern wolle18. Der Akzent liegt also auf wirtschaftspolitischer Förderung. Für den Gesetzgeber hieße das: weiter Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Bedingungen für die Steuerneutralität bei Umstrukturierungen (wohl bis zur Willkürgrenze). In einer mehrfach preisgekrönten und lesenswerten Dissertation aus dem vergangenen Jahr hat Lisa Riedel demgegenüber stärker einkommensteuerdogmatisch das Markteinkommensprinzip für diese Legitimationsfrage fruchtbar gemacht: Da Umstrukturierungen nicht der Generierung von Markteinkommen dienen, sondern bezwecken, die Erwerbsgrundlagen umzustrukturieren und zu erhalten und dadurch die Grundlage für die weitere Einkommensgenerierung zu legen, sei es unter bestimmten (sogleich zu besprechenden) Voraussetzungen legitim, dass das Gesetz in diesen Fällen auf eine sofortige Besteuerung der stillen Reserven verzichte19. Die Vorschriften des EStG zur Gewinnrealisation bei Veräußerung, 17 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2018, Einf. Rz. 1 f.; ebenso bereits Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253; aus der Lit. außerdem z.B. Danz, FR 2018, 160 (163 ff.); Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1435, 1437); Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 9, 11, 42; je m.w.N. 18 Vgl. Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 4 Rz. 1. 19 Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft – Eine Analyse der § 6 Abs. 5 EStG, § 24 UmwStG und der Realteilung anhand der Prinzipien der Umwandlungs- und Mitunternehmerbesteuerung, 2018.
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Tausch oder Entnahme seien für solche Fälle im Hinblick auf das Markteinkommensprinzip teleologisch zu reduzieren20. In die gleiche Richtung weist der Begründungsansatz von Rödder: „Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Umwandlungen (wie auch andere Formen von Umstrukturierungen) idealiter dem Erhalt und der Verbesserung der Erwerbsgrundlagen dienen und nicht der Erzielung von Markteinkommen. […] Das übertragene unternehmerische Engagement wird bei der Übernehmerin fortgeführt. Steuerrechtlich kann deshalb das Markteinkommensprinzip (Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) als Rechtfertigung dafür herangezogen werden, dass bei Umwandlungen trotz [nur] technischen Vorliegens eines (allerdings wegen der nicht monetären bzw. fehlenden Gegenleistung besonderen) Umsatzaktes [!] auf eine Realisation verzichtet und ein Übergang der stillen Reserven im übertragenen Vermögen von einem auf das andere Steuersubjekt zu Buchwerten akzeptiert wird, so dass es erst bei einer Realisation durch die Übernehmerin zu einer Besteuerung kommt.“21
b) Andere Ansicht: Theorie vom Organisationsakt aa) Grundlagen Der markteinkommenstheoretische Denkansatz von Riedel, Rödder, Graw u.a. kann allerdings noch weitergedacht werden: Wenn man (zutreffend) erkennt, dass Umstrukturierungen nicht der Generierung von Markteinkommen dienen, so liegt die Frage nahe, ob es sich in diesen Fällen denn überhaupt um Einkommenstatbestände handelt. Insbesondere Flume22, in seinem Gefolge Knobbe-Keuk23 und neuerlich der Betriebswirt Niehus24 haben die These aufgestellt, bei Umwandlungen und Einbringungen liege „denn in Wirklichkeit […] ein Einkommenstatbestand [gar] nicht vor, sondern ein Organisationsvorgang“25. 20 Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft …, S. 86 ff. und passim; Riedel, StuW 2019, 225 (228); Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1438, 1453); je m.w.N. 21 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Einf. Rz. 5 (Hervorhebungen nicht im Original). Ebenso z.B. Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1438); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, S. 67 (70 f.); Herlinghaus in Dötsch/Herlinghaus/Hüttemann/Lüdicke/Schön, Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 69 (70). 22 Flume, DB 1957, 804 f.; Flume, ZfbF 1968, 94 ff.; Flume, DB 1967, 2050 f. 23 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, § 22 VII 1. 24 Niehus, FR 2010, 1. 25 Ebenso noch BFH v. 27.6.1969 – I 113/59 S, BFHE 71, 274 = juris Rz. 18. Diese frühere Rspr. hat der BFH später aufgegeben, s. BFH v. 15.10.1997 – I R 22/96,
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Hingewiesen wird auf die Unterschiede zwischen Veräußerung und Umstrukturierungen: Veräußerungen bewirken beim Veräußerer eine Stärkung seiner steuerlichen Leistungskraft. Das rechtfertigt bei ihm die Besteuerung des aus der Veräußerung an einen fremden Dritten erzielten Gewinns. Sie ist auch erforderlich, weil die stillen Reserven beim Erwerber, der die Buchwerte seines Vormannes nicht fortführt, steuerlich nicht mehr erfasst werden können. Ganz anders bei Umwandlungen oder Einbringungen, wenn die übernehmende Gesellschaft die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortführt: Bei dieser Sachlage ist (im Unterschied zur Veräußerung) eine Besteuerung beim bisherigen Betriebsinhaber weder erforderlich noch gerechtfertigt: Nicht erforderlich, denn die spätere steuerliche Erfassung der stillen Reserven ist gesichert.26 Und nicht gerechtfertigt, weil die „steuerliche Leistungskraft des bisherigen Betriebsinhabers [durch die Umstrukturierung] nicht erhöht“ wird27.
bb) Umsatzgeschäft vs. gesellschaftsrechtlich begründete Umstrukturierungen Diese – ich nenne sie einmal „Bonner Schule“ – hebt darauf ab, dass bei Umstrukturierungen –
weder etwas gewinnrealisierend veräußert28
–
noch die betriebliche Aktivität aufgegeben wird.
Und in der Tat: Veräußert wird nichts29. Der Hinweis auf die angebliche „Veräußerungsähnlichkeit“ von Umstrukturierungen verfängt nicht. Denn einer Veräußerung „ähnlich“ ist keine Veräußerung. Die Besteue-
26 27 28 29
BStBl. II 1998, 168; zur durchaus uneinheitlichen Rspr.-Entwicklung s. auch Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1440 ff.). Knobbe-Keuk, S. 820. Knobbe-Keuk, S. 820. Ebenso für die Fälle des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Niehus/Wilke in HHR, § 6 EStG Rz. 1502 („Fehlen eines Realisationstatbestands“) m.w.N. Insoweit a.A. Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1437), der meint, die Beurteilung, dass sich Umwandlungsvorgänge unter den Tatbestand der Betriebsveräußerung oder -aufgabe i.S.d. § 16 Abs. 1, 3 EStG subsumieren ließen, dürfte unstreitig sein.
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rung knüpft an verwirklichte Geschäftsvorfälle an, nicht an fiktive „alsob“-Vorfälle. Auch der Umstand, dass Umstrukturierungen Tauschelemente aufweisen, macht sie nicht zu einem gewinnrealisierenden Tauschgeschäft. Tausch und Verkauf sind dann äquivalent, wenn es jeweils um einen entgeltlichen Leistungsaustausch geht, um einen „Umsatzakt“30; ob der Umsatz gegen Geld (Kauf) oder gegen eine andere Sachleistung erfolgt (Tausch), soll keinen Unterschied machen. Das ist schon zivilrechtlich so ausgedrückt, denn gem. § 480 BGB finden auf den Tausch wegen der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung. Und es ist auch steuerrechtlich richtig, weil die Art der Gegenleistung vernünftigerweise keinen besteuerungswürdigen Unterschied machen kann. Dem Kauf entsprechend ist aber nur der Tausch, der – ebenso wie ein Kauf – auf den Umsatz eines individuellen Werts gegen einen anderen (hier:) unbaren Wert gerichtet ist. Diese Kennzeichnung des Tauschs i.S.d. (heutigen) § 480 BGB, also seine Umsatzbezogenheit, wird schon in den Motiven zum BGB ausgedrückt31. Umstrukturierungen enthalten demgegenüber zwar durchaus Tauschelemente, aber dadurch werden sie nicht zu einem kaufähnlichen Tauschgeschäft. Sie zielen nicht auf einen Umsatz – steuerrechtlich gesprochen: sie begründen kein Markteinkommen –, sondern es handelt sich vielmehr um gesellschaftsrechtliche Vorgänge. Diese werden zivilrechtlich von Kauf und Tausch i.S.d. §§ 433 ff., 480 BGB unterschieden, und sie sind auch steuerrechtlich von den Umsatzgeschäften zu unterscheiden. An diesem Befund ändert auch der Umstand nichts, dass auf mangelhafte Sacheinlagen die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften entsprechend angewendet werden. Dadurch, dass auf gesellschaftsrechtliche Einlagen oder Umwandlungen in einzelnen Beziehungen Kaufrecht angewendet wird, wo dies sinnvoll ist (wie bei mangelhaften Sacheinlagen), werden diese Geschäftsvorfälle nicht zu Umsatzgeschäften. Der Rechtsgrund der Transaktion bleibt ein gesellschaftsrechtliches Rechtsgeschäft, das keinen Umsatzbezug aufweist. Fraglich ist sodann, ob bei Umstrukturierungen denn der Entnahmetatbestand als Ersatzrealisationstatbestand erfüllt ist. Auch das kann man
30 Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 3; Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 9 Rz. 410. 31 Vgl. Weidenkaff in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 480 BGB Rz. 1.
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verneinen32, jedenfalls bei unbefangener Lesart des Gesetzes33. Denn die WG werden nicht aus dem betrieblichen Nexus entnommen, sondern für betriebliche Zwecke in neuer Struktur weiterverwendet. Dieses Verständnis liegt im Übrigen wohl auch der europäischen Fusionsund Spaltungsrichtlinie (RL 90/434/EWG) zugrunde. Denn nach deren Art. 4 ist es die europarechtliche Regel, dass die stillen Reserven nicht wegen der Fusion oder Spaltung realisiert werden. Zwar eröffnet die RL ein Mitgliedstaatenwahlrecht, das auch anders zu regeln. Aber das RegelAusnahme-Verhältnis ist nach der RL im beschriebenen Sinne. Für eine teleologische Reduktion der üblichen Realisationstatbestände34, d.h. für deren Nichtanwendung entgegen dem Gesetzeswortlaut, ist auf dem Boden der Bonner Schule eigentlich kein Raum. Denn danach ist schon der Wortlaut der einschlägigen Normen nicht erfüllt. Bisweilen wird denn auch gleichsam umgekehrt einer teleologisch begründeten „weite[n] Auslegung des Begriffs der ‚Veräußerung‘ im umwandlungssteuerrechtlichen Kontext“ das Wort geredet35. Für eine spezifisch umwandlungssteuerrechtliche Ausdehnung des üblichen Veräußerungsbegriffs gibt die Teleologie des Gesetzes aber nichts her. Im Gegenteil: Unter markteinkommenssteuerrechtlichen Gesichtspunkten spricht nichts für eine Ausdehnung des Veräußerungsbegriffs, sondern liegt ein Markteinkommen generierender Vorgang gerade nicht vor. Die rechtliche Unternehmensumstrukturierung geht nicht mit einem Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit einher36. Zwar wech32 BFH v. 7.10.1974 – GrS 1/73, BStBl. II 1975, 168 (170): „wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht“; BFH v. 22.9.2011 – IV R 33/08, BStBl. II 2012, 10 Rz. 15 f. (enger wegen der anders gearteten gesetzlichen Konzeption aber für die Entnahme nach § 4 Abs. 4a EStG); ferner Stoll in DStJG 4 (1981), S. 207 (219 f.); Ley, KÖSTI 2006, 15277 (15284); Reiß in Kirchhof, 14. Aufl. 2015, § 15 EStG Rz. 293; a.A. Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 9 (mit Fn. 44) und Rz. 35; Krumm in Kirchhof, 18. Aufl. 2019, § 15 EStG Rz. 292; Bode in Kirchhof, 18. Aufl. 2015, § 4 EStG Rz. 92 (die jeweils argumentieren, aus § 6 Abs. 5 EStG ergebe sich ein „enger Betriebsbegriff“); je m.w.N. 33 Zum Subjektsteuerprinzip in diesem Zusammenhang sogleich im Text unter III.3.b)cc). 34 Dafür Riedel, a.a.O., S. 86 ff. und passim; Riedel, StuW 2019, 225 (228); ferner Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1438, 1453); je m.w.N. 35 So Brandis in StbJb. 2018/19, S. 67 (103) (Hervorhebung nicht im Original); vgl. auch Riedel, S. 12. 36 Knobbe-Keuk in FS 75 Jahre RFH/BFH, 1993, 303 (316); Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1451).
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selt rechtlich der Rechtsträger, weil das Unternehmen als solches nicht rechtsfähig ist. Aber wirtschaftlich betrachtet ändert sich nichts, sondern wird die unternehmerische Initiative nur in anderer Struktur fortgeführt37. Das ist besonders deutlich beim Formwechsel, aber auch in den anderen Fällen der Umstrukturierungen so: Bei der Verschmelzung geht der übertragende Rechtsträger im Übernehmer auf und das Unternehmen setzt sich dort fort, bei der Spaltung geht der übertragene Teil im Übernehmer auf und das Teilunternehmen setzt sich dort fort, bei den Einbringungen gibt der Einbringende seine bisherige Alleinberechtigung auf, setzt dafür aber seine unternehmerische Tätigkeit in Form einer fortan gesellschaftsrechtlichen Berechtigung fort38.
cc) Zur Rechtfertigung des UmwStG vom Standpunkt der Theorie vom Organisationsakt aus Fragt man vom Ausgangspunkt der skizzierten Theorie vom Organisationsakt aus nach der Rechtfertigung des UmwStG, so stellt sich die Frage gleichsam umgekehrt wie vom Standpunkt der h.M.: Rechtfertigungsbedürftig ist nicht mehr die BW-Verknüpfung, sondern der Ansatz des gemeinen Werts. Dessen Rechtfertigung ist eigentlich nur in einem Fall einigermaßen selbsterklärend, nämlich wenn anderenfalls das Besteuerungsrecht der BRD ausgeschlossen oder eingeschränkt würde. Die Legitimationsbasis liegt also parallel zu den Fällen der Entnahme- bzw. Entstrickungsbesteuerung gem. § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG. In allen anderen Fällen ist ein Ansatz zum gemeinen Wert nicht recht erklärlich, sondern widerspricht dem Organisationscharakter der Umwandlung und der Dogmatik des Einkommenstatbestands. Erst recht nicht zu rechtfertigen, auch insoweit haben Marc Desens und ich einen Dissens, ist der Ansatz von Zwischenwerten. Soweit angeführt wird, die Möglichkeit, Zwischenwerte anzusetzen, sei für die Praxis notwendig, weil Verlustvorträge bei Umwandlungen nicht übergingen und durch den Ansatz von Zwischenwerten wenigstens etwaige Verlustvorträge beim übertragenden Rechtsträger noch genutzt werden könnten, ist 37 Knobbe-Keuk in FS 75 Jahre RFH/BFH, 1993, S. 303 (317); Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1453), der deshalb de lege ferenda für die Schaffung eines allgemeinen Buchwertfortführungstatbestands plädiert. 38 Knobbe-Keuk in FS 75 Jahre RFH/BFH, 1993, S. 303 (317); Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1453). Ebenso für die Fälle des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Niehus/ Wilke in HHR, § 6 EStG Rz. 1502 („Fehlen eines Realisationstatbestands“) m.w.N.
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hierauf zu erwidern: Das ist verständlich, aber das Problem sollte dort angegangen werden, wo es liegt, also an der Wurzel, d.h. hier bei dem rechtspolitisch fragwürdigen Ausschluss der Übertragbarkeit von Verlustvorträgen. Die Möglichkeit, Zwischenwerte ansetzen zu können, ist der „Fluch der bösen Tat“, die nur deshalb ihre praktische Relevanz hat, weil das Gesetz im ersten Schritt rechtspolitisch fehlerhaft die Rechtsnachfolge in Verlustvorträge ausschließt. Darauf ist zurückzukommen.
c) Insb.: Bedeutung des Subjektsteuerprinzips Viele werden den soeben angeführten Argumenten der Theorie vom Organisationsakt das Subjektsteuerprinzip entgegenhalten. Dieses war ja, wie angedeutet, nach h.M. geradezu der methodische Ausgangspunkt zur Erklärung des UmwStG. Vielfach wird denn auch argumentiert, unter dem Regime des Subjektsteuerprinzips seien stille Reserven grundsätzlich nicht auf andere Steuersubjekte übertragbar39. Das Subjektsteuerprinzip gehe, so kann man lesen, dem Realisationsprinzip vor; das Realisationsprinzip sei eine „eher technische Ausgestaltung des Leistungsfähigkeitsprinzips“, dem gegenüber das „Subjektsteuerprinzip als Subprinzip des Leistungsfähigkeitsprinzips den Vorrang“ genieße40. So verstanden mutiert der Versuch, stille Reserven auf ein anderes Steuersubjekt zu übertragen, zu einem außerordentlichen Realisationstatbestand41. Man kann auch argumentieren, der Entnahmetatbestand sei unter Rückgriff auf das Subjektsteuerprinzip zu interpretieren42. Bei dieser Lesart ginge der intersubjektiven Übertragung von WG stets eine Ent-
39 Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (222); Hölzle, Besteuerung stiller Reserven bei der Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, 2005, S. 12; Riedel, S. 8 f.; s. ferner Schön in FS Widmann, 2000, S. 531 (532 f.); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, S. 67 (70); Luckey, Steuerliche Gewinnrealisierung bei Umwandlung von Unternehmen und Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter, 1977, S. 119 f.; Danz, FR 2018, 160 ff.; Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 431, 454 ff. 40 Danz, FR 2018, 160 (166). 41 Vgl. namentlich Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2018, Einf. Rz. 1 f.; ebenso bereits Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253; außerdem z.B. Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1435, 1437); Riedel, S. 8; Danz, FR 2018, 160 (163 ff.) m.w.N. 42 In diese Richtung namentlich Riedel, StuW 2019, 225 (226) m.w.N.
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nahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4) EStG voraus43 (verbunden mit einer Einlage in das neue BV). Diese Einwände berühren die Frage, welche Bedeutung das Subjektsteuerprinzip hat. Das hat Marc Desens bereits angesprochen. Ich bin nicht in allen Punkten seiner Meinung. Aus meiner Sicht ist hierzu anzumerken: 1. Ein Subjektsteuerprinzip lässt sich einfachgesetzlich sicher mit dem Inhalt ableiten, dass Einkommen steuersubjektbezogen zu ermitteln und zuzuordnen ist. Also: Jede natürliche oder steuerjuristische Person hat die von ihr erwirtschafteten Einkünfte zu versteuern44. Das ergibt sich aus §§ 1, 2 EStG, § 1 KStG. Die h.M. entnimmt dem Subjektsteuerprinzip aber weitergehend zusätzlich die Aussage, dass stille Reserven nicht auf andere Steuersubjekte übertragbar seien. Dieser angebliche weitergehende Bedeutungsinhalt des Prinzips steht so explizit nicht mehr im Gesetz. Gesetzlich normiert sind vielmehr das grundsätzliche Realisationsprinzip und spezifische Ersatzrealisationstatbestände45 wie die Entnahme und die Betriebsaufgabe. Unter den Wortlaut dieser Vorschriften (gewinnrealisierende Veräußerung, Entnahme und Betriebsaufgabe) lassen sich Umstrukturierungen aber allenfalls in „weiter Auslegung“ oder in Anlehnung gerade an das behauptete Verbot der Übertragung stiller Reserven fassen. Ersteres, d.h. eine weite Auslegung des Veräußerungstatbestands, ist indessen, wie ausgeführt, teleologisch gerade nicht naheliegend. Und Letzteres, also die am Subjektsteuerprinzip orientierte Interpretation des Entnahmetatbestands, ist zirkelschlüssig. Denn sie setzt das voraus, was es erst zu beweisen gilt, dass nämlich das Steuersubjektprinzip so zu verstehen sei, dass es einer Übertragung stiller Reserven auf andere Steuersubjekte entgegenstehe und die Übertragung von WG deshalb stets eine Entnahme bewirke. 2. Versteht man das Steuersubjektprinzip in seiner aus dem Gesetz ableitbaren (engeren) Bedeutung – also: jede Person hat die von ihr er43 Vgl. zu diesem Denkansatz BMF, BStBl. I 2011, 1279 (Tz. 1, 8); ferner Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 35; Riedel, Das Umwandlungssteuerrecht der Mitunternehmerschaft, 2018, S. 73 f., 209; je m.w.N. 44 Statt aller Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 8 Rz. 22; Hey in HHR, Einf. EStG Rz. 46; je m.w.N. 45 Ersatzrealisation umschreibt den (steuerrechtlichen) Gewinnausweis trotz Fehlens einer Gewinnverwirklichung nach Maßgabe des Bilanzrechts, s. Meyer in HdJ Abt. IV/2 Rz. 1, 6 m.w.N.
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wirtschafteten Einkünfte gemäß individueller Tatbestandsverwirklichung zu versteuern –, so konzentriert sich die Problematik auf die Frage, wer den individuellen Steuertatbestand verwirklicht. Bezogen auf die stillen Reserven, die in den WG verhaftet sind, kann man die Frage auch wie folgt formulieren: Sind sie als latentes Einkommen schon beim bisherigen Inhaber des WG verwirklicht und deshalb bei ihm abzurechnen?46 Oder sind sie erst bei Realisation Einkommen, das dann dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen ist?47 Hier liegt denn wohl auch der Kern meines Dissenses mit Marc Desens. Aus meiner Sicht sind stille Reserven einkommensteuertatbestandlich zunächst ein Nullum. Zu steuerbaren Einkünften werden sie erst durch ihre Realisation48. Das folgt aus dem einkommensteuerrechtlichen49 Realisationsprinzip, wie es in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1 EStG normiert ist: Wirtschaftsgüter sind danach grundsätzlich 46 In diese Richtung BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61 Rz. 57: „Dass Wertsteigerungen erst im Zeitpunkt ihrer Realisation zu versteuern sind, findet seinen Grund aber allein im Prinzip einer vorsichtigen, substanzschonenden Besteuerung. Die Besteuerung ist nicht deshalb auf die Realisation bezogen, weil erst zu diesem Zeitpunkt der Wertzuwachs entsteht, sondern obwohl er bereits vorher beim Steuerpflichtigen entstanden ist. Es wird also im Zeitpunkt der Realisation ein über den vorangegangenen Zeitraum akkumulierter Zuwachs an Leistungsfähigkeit nachholend der Besteuerung unterworfen“. 47 So Ratschow in DStJG 34 (2011), S. 35 (56); vgl. ferner Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 268 f.; Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1434); Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (157). 48 Zutr. Ratschow in DStJG 34 (2011), S. 35 (56): „die Entstehung stiller Reserven [löst] noch keine Steuer aus […]. Stille Reserven bilden bei ihrer Entstehung lediglich eine Vorstufe der Verwirklichung des Besteuerungstatbestands. Dieser ist aber grundsätzlich erst erfüllt, wenn ein Realisationsereignis hinzutritt.“ Ebenso Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1434). A.A. Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (227 f.); a.A. ferner die Vertreter der Theorie, dass auch nicht realisierte Vermögenszuwächse bereits Einkommen seien, auf dessen Besteuerung nur aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsprinzips zunächst verzichtet werde (so namentlich Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (2 ff.); ihm folgend Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 434 ff. m.umfangr.w.N.); gegen diese Sichtweise zu Recht Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 268 f.; Knobbe-Keuk, DStR 1985, 494. 49 Wohlgemerkt: es geht hier nicht um das Maßgeblichkeitsprinzip gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG oder um die Rechtfertigung handelsrechtlicher GoB für die steuerliche Gewinnermittlung. Das Realisationsprinzip im hier relevanten Sinne ist in § 6 EStG selbst normiert.
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höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen; ruhende Wertsteigerungen ohne Realisation genügen also nicht, um steuerlich zuzugreifen. Dieses Realisationsprinzip ist, ganz anders als jüngst zu lesen war, kein bloß „technisches“ Prinzip50, sondern es transferiert erst latente, ruhende Wertsteigerungen zu steuerbaren Einkünften; vorher ist noch gar kein steuerbares Einkommen da51. Die abweichende Ansicht, die meint, schon jeder nicht-realisierte Vermögenszuwachs sei besteuerungswürdiges Einkommen52, proklamiert für den Einkommensteuertatbestand „eine Art ‚NichtRealisationsprinzip‘“53. Das Gegenteil ist der Fall: Es gilt das Realisationsprinzip, und dieses ist ein „Eckpfeiler“ des Rechts der steuerlichen Gewinnermittlung54 oder – in den Worten Joachim Langs – ein „Wesensmerkmal“ des steuerlichen Gewinnbegriffs55. Erst durch Realisation der stillen Reserven entsteht steuerbares Einkommen. Bei Realisation ist die subjektive Zurechnung der stillen Reserven aber klar, sie sind von demjenigen Stpfl. zu versteuern, der sie realisiert. 3. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Entnahme (und andere Sondersachverhalte wie die Betriebsaufgabe und Entstrickung) ausnahmsweise als Ersatzrealisationstatbestand regelt, d.h. an die Entnahme von WG die Besteuerung knüpft, lässt sich, hier bin ich ebenfalls anderer Meinung als Marc Desens, nicht zwingend folgern, stille Reserven seien nach der Vorstellung des Gesetzgebers schon Einkommen. Sie sind es nach der Regel-Ausnahme-Systematik56 der Gewinn50 So aber Danz, FR 2018, 160 (166). 51 Wie hier Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 268 f.; Graw in FS BFH, 2018, -S. 1433 (1434, 1452); a.A. wohl BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61 Rz. 57. 52 Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (2 ff.); ihm folgend Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 434 ff. 53 So die treffende Formulierung von Herlinghaus in Dötsch/Herlinghaus/Hüttemann/Lüdicke/Schön, Die Personengesellschaft im Steuerrecht, 2011, S. 67 (69) (der selbst allerdings ebenfalls dieser Schimäre anhängt und dies als „heutige[n] Erkenntnisstand“ bezeichnet). 54 Hennrichs in DStJG 24 (2001), S. 301 (315 ff.) m.w.N.; eing. Dauber, Das Realisationsprinzip als Grundprinzip der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, 2003. 55 J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 171 ff.; J. Lang in DStJG 4 (1981), S. 53 ff., 95 f. 56 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 268 ff.; a.A. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019, S. 452 f., die meint, dem Gesetz lasse sich kein Regel-Ausnahme-Verhält-
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ermittlungsvorschriften erkennbar nicht. Das ist auch nachvollziehbar und systematisch stimmig. Denn latente Steuerwürdigkeit (so die entlarvende Bezeichnung!) und steuerbares Einkommen sind nicht dasselbe. Ich denke, es liegt durchaus im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, als Einkommen grundsätzlich nur realisierte Wertsteigerungen des BV einzuordnen und dennoch stille Reserven dann abzurechnen, wenn sie aus dem steuerlichen Nexus ganz ausscheiden. Für die Entnahme durch Überführung von WG des BV in das PV lässt sich zur Legitimation der Besteuerung der Gedanke anführen, dass der Stpfl. dem BV einen Geldwert entzieht und diesen Geldwert dem PV einverleibt. Diesen Werttransfer von Geldwerteinheiten kann man als besteuerungswürdig ansehen. Aber: Eine so verstandene Entnahme liegt bei Umstrukturierungen ja nicht vor. Die WG werden nicht in das PV überführt, sondern ihr Geldwert bleibt im BV weiterhin verstrickt. Kurzum: Das Steuersubjektprinzip rechtfertigt m.E. nicht zwingend den Zugriff auf die stillen Reserven bei Umstrukturierungen57. Dass der Gesetzgeber das letztlich genauso sieht, beweisen eben die Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts sowie § 6 Abs. 5 Satz 3, § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG58, die das Individualsteuerprinzip, so wie es die h.M. verstehen will, bei Umwandlungen gerade durchbrechen. Im Übrigen sei angemerkt, dass das Subjektsteuerprinzip in erster Linie ein besonderes ESt-Prinzip und kein unternehmenssteuerrechtliches Prinzip ist. Es sichert die personalen Besteuerungsunterschiede bei der ESt (insb. Progressionsunterschiede). Die besondere Bedeutung des Prinzips für die ESt liegt, wie Johanna Hey zutreffend formuliert hat, „auch darin, Progressionsvorteile durch eine intersubjektive Verschiebung von Einkünften zu verhindern“59. In einem Unternehmenssteuersystem mit Einheitssteuersatz würde die intersubjektive Übertragung stiller Reserven weniger Störgefühl auslösen.
nis entnehmen, vielmehr seien Realisation durch Umsatzakt und „Realisationstatbestände ohne Umsatzakt“ gleichrangige Elemente eines einheitlichen steuerlichen Gewinnbegriffs. 57 Ebenso Ratschow in DStJG 34 (2011), S. 35 (57). 58 Wendt, FR 2016. 536 (538): „vom Gesetz beabsichtigte[r] Vorrang des Kontinuitätsgrundsatzes vor dem Subjektsteuerprinzip“. 59 Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (222).
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d) Einbettung: weitere Fälle einer aufgeschobenen Gewinnrealisierung Dass die BW-Verknüpfung bei Organisationsakten in der Tat methodisch ein vernünftiges, sachgerechtes Prinzip ist, zeigen im Übrigen auch andere Fälle, in denen die Rechtsprechung diesen Gedanken schon früh entwickelt hat60. Bereits RFH und BFH hatten in wertender Konkretisierung des Gesetzes entsprechende Fallgruppen einer BW-Verknüpfung entwickelt. (Sonstige) Anwendungsfälle (außerhalb des UmwStG) waren oder sind z.B.: –
Die schon vom RFH entwickelte Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wurde früher grundlegend auf das Argument gestützt, dass in diesen Fällen nur eine „nur formelle Vermögensmehrung“ vorliege, „die für den Stpfl. wirtschaftlich deshalb nichts bedeutet, weil sie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht berührt“61. Die fehlende Mehrung der Leistungsfähigkeit war dem RFH Anlass genug, den bloßen „Buchgewinn“ steuerfrei zu stellen. Das erinnert an das oben angeführte Zitat von Rödder, der die BW-Verknüpfung bei Umwandlungen damit rechtfertigt, dass in diesen Fällen „nur technisch“ ein Umsatzakt vorliege, der noch dazu ein „besonderer“ sei, weil eine (monetäre) Gegenleistung fehlt62.
–
Ähnliche Gedanken tragen die sog. Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. EStR 6.6 und die Vorschrift des § 6b EStG. Die RfE geht ebenfalls auf den RFH zurück und ist von dem Gedanken legitimiert, dass in den fraglichen Fällen die Erwerbsgrundlagen nur umstrukturiert werden, aber kein Markteinkommen erzielt wird. Mit dieser Überlegung dürfte die RfE übrigens auch vor den strengen Augen des Großen Senats des BFH zum Sanierungserlass63 weiterhin Bestand haben. Denn es handelt sich bei dieser Verwaltungsvorschrift nicht um eine freigebige Finanzverwaltung, die das Gesetz missachtet, son-
60 Umfassend und grdl. dazu Graw in FS BFH, 2018, S. 1433 (1440 ff.) m.w.N. 61 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, § 6 II 2. 62 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Einf. Rz. 5 (Hervorhebungen nicht im Original). Ebenso z.B. Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, S. 67 (70 f.). 63 BFH v. 28.11.2016 – GrS 1/15, BStBl. II 2017, 393; BFH v. 23.8.2017 – I R 52/ 14, DStR 2017, 2322; BFH v. 23.8.2017 – X R 38/15, DStR 2017, 2326; dazu Förster, FR 2017, 1002.
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dern um eine sachgerechte teleologische Anwendung des Einkommenstatbestands. –
Auf ähnlichen Überlegungen fußte schließlich das frühere sog. Tauschgutachten des BFH64: Der ausnahmsweise Verzicht auf die Gewinnrealisierung wurde für die Fälle des Tauschs bejaht, in denen bei wirtschaftlicher Betrachtung wegen der Wert-, Art- und Funktionsgleichheit der getauschten Gegenstände deren „Nämlichkeit“ angenommen werden konnte65. Das ist an sich nach wie vor ein sinnvoller Gedanke. Nach h.M. sollen die Grundsätze allerdings seit Einfügung des § 6 Abs. 6 EStG überholt sein66.
e) Zwischenfazit Folgt man Flume, Knobbe-Keuk und Niehus – und ich tue das –, so sind die Vorschriften des UmwStG, die einen Wertansatz der umwandlungsbedingt zu übertragenden WG mit dem gemeinen Wert vorsehen, sondergesetzliche zusätzliche Ersatzrealisationstatbestände. Nicht der Besteuerungsaufschub ist die legitimationsbedürftige Ausnahme, sondern die Besteuerung der stillen Reserven bei Umwandlungen. Die Möglichkeiten zur BW-Fortführung nach dem UmwStG sind nicht etwa Steuervergünstigungen, sondern Ausdruck des Umstands, dass Umstrukturierungen kein Markteinkommen generieren und damit an sich aus dem Einkommenstatbestand herausfallen67. Interessanterweise entspricht das österreichische UmgrStG der entwickelten Konzeption besser als das deutsche UmwStG. Nach dem öUmgrStG ist, wie uns Frau Kollegin Hohenwarter-Mayr morgen ausführlich vorstellen wird, die BW-Verknüpfung die Regel; der wahlweise Ansatz von Zwischenwerten ist in Österreich (zu Recht) nicht erlaubt. Und die Kontinuität hinsichtlich der steuerlichen Gewinnermittlung bezieht sich in Österreich zumindest im Grundsatz auch auf Verlustpositionen, die immerhin objektbezogen übergehen. Das öUmgrSG empfiehlt sich insoweit auch für Deutschland als rechtspolitisches Vorbild. 64 BFH v. 16.12.1958 – I D 1/57 S, BFHE 68, 78 = BStBl. III 1959, 30; dazu s. allerdings auch BFH v. 8.11.2005 – VIII R 11/02. 65 Dazu auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, § 6 II 3 a. Zum Tausch s. nunmehr § 6 VI EStG und § 21 UmwStG. 66 So Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz. 1391 m.w.N. zur h.M.; a.A. mit beachtlichen Argumenten aber Eckstein in HHR, § 6 EStG Rz. 1703 m.w.N.; Scholten/Griemla/Theunissen, Ubg 2009, 628 ff. 67 Knobbe-Keuk, S. 821.
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IV. Bedingungen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen Vor dem Hintergrund dieser konzeptionellen Grundlegung nun kurz zu den Bedingungen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen de lege lata:
1. Formwechsel zwischen strukturähnlichen Gesellschaften Betrachtet man die Vorschriften des UmwStG und vergleicht diese mit dem Katalog der o.g. Fälle von Umstrukturierungen, so fällt zunächst auf, dass Vorschriften zum Formwechsel zwischen Kapitalgesellschaften untereinander – also z.B. GmbH in AG und umgekehrt – und zwischen Personengesellschaften untereinander (OHG in KG und umgekehrt) im UmwStG fehlen. Das UmwStG regelt betreffend den Formwechsel allein den sog. „(über-)kreuzenden Formwechsel“, also den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und umgekehrt. Das hat seinen Grund darin, dass ein Formwechsel zwischen steuerlich strukturähnlichen Gesellschaftsformen – also zwischen Kapitalgesellschaften untereinander oder zwischen Personengesellschaften untereinander – keine steuerlichen Folgen zeitigt, und zwar: „weil der Rechtsträger seine rechtliche und wirtschaftliche Identität behält und lediglich sein Rechtskleid ändert“68. Nur (aber immerhin) für diese Fälle wird also das Identitätstheorem, das handelsrechtlich für alle Fälle des Formwechsels gilt, auch steuerrechtlich anerkannt und durchgehalten. Diese Umstrukturierungen sind deshalb bereits im Ansatz ertragsteuerlich neutral69 – präziser: steuerlich irrelevant70. Die BW-Verknüpfung ist insoweit zwingend71. Die Bilanz des handels- und steuerrechtlich identisch bleibenden Rechtsträgers bleibt schlicht unverändert. Auch Verlustpositionen bleiben weiterhin nutzbar.
68 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 45. 69 Vgl. BFH v. 21.6.1994 – VIII R 5/92, BStBl. II 1994, 856; BMF-UmwStE 01.47 m.w.N. 70 Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 1 UmwStG Rz. 31. 71 Abele in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 28 Rz. 22.
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2. Steuerrechtlich übertragende Umwandlungen a) Übertragende Umwandlungen nach dem UmwG Demgegenüber behandelt der Gesetzgeber die Fälle, bei denen aus steuerrechtlicher Sicht eine Vermögensübertragung stattfindet – das sind neben den schon handelsrechtlich übertragenden Umwandlungen aus steuerrechtlicher Perspektive auch die sog. überkreuzenden Formwechsel zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften –, de lege lata als besondere Realisationstatbestände. Das ist m.E., wie dargestellt, konzeptionell zwar schief, weil Umstrukturierungen richtigerweise keine Realisationstatbestände sind, nichtsdestotrotz aber geltendes Recht. Kennzeichnend sind §§ 3, 11 UmwStG für die Verschmelzung. Danach sind die übertragenen WG in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1 UmwStG). Auf Antrag können aber auch die BW fortgeführt oder Zwischenwerte angesetzt werden (§ 3 Abs. 2, § 11 Abs. 2 UmwStG). Der übernehmende Rechtsträger ist sodann an diese Wahlrechtsausübung beim übertragenden Rechtsträger gebunden (§§ 4, 12 UmwStG). Werden die Buchwerte fortgeführt, kommt es beim Übertrager nicht zur Realisation der stillen Reserven, diese springen vielmehr auf den Übernehmer über. Entsprechendes gilt kraft Verweisungen für die anderen Umwandlungsfälle (vgl. §§ 9, 15, 16 UmwStG). Die Wahl zur Buchwertfortführung machen § 3 Abs. 2, § 11 Abs. 2 UmwStG freilich von drei Bedingungen abhängig: 1. Erstens müssen die übergehenden WG beim übernehmenden Rechtsträger wieder BV werden und sichergestellt sein, dass sie später der Besteuerung unterliegen. 2. Zweitens darf das Recht der BRD hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen WG nicht ausgeschlossen oder beschränkt sein. 3. Drittens darf eine Gegenleistung nicht gewährt werden oder nur in Gesellschaftsrechten bestehen. Die Bedingungen eins und zwei lassen sich dahin zusammenfassen, dass die Besteuerung der stillen Reserven für die BRD sichergestellt sein muss. Bedingung drei ist Ausdruck der Besonderheit von Umstrukturierungen, dass es sich um Vermögensübertragungen causa societatis handelt, also eben um gesellschaftsrechtliche Organisationsakte, nicht um Markt-
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transaktionen zur Generierung von Einkommen. Vergleichbare Grundbedingungen gelten für die anderen Umwandlungen nach dem UmwG. Tatbestandlich setzen die Vorschriften des UmwStG, die an Umwandlungen nach dem UmwG anknüpfen, dabei von Hause aus die Übertragung betrieblicher Sachgesamtheiten voraus: (Überkreuzender) Formwechsel und Verschmelzung beziehen sich jeweils auf das gesamte Vermögen des formwechselnden bzw. übertragenden Rechtsträgers. Für die Fälle der Spaltung, bei denen handelsrechtlich theoretisch auch einzelne wenige Vermögengegenstände übertragen werden könnten, statuiert § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ein steuerrechtliches Teilbetriebserfordernis. Die BW-Verknüpfung ist, wie bereits angedeutet, in diesen Fällen nicht zwingend, sondern als Wahlrecht ausgestaltet. Das Wahlrecht zwischen Ansatz zum gemeinen Wert oder BW-Verknüpfung wird von der h.M. damit erklärt, dass Umwandlungen Veräußerungen gleichstünden. Von diesem Grundverständnis aus liegt es nicht fern, dass es dem Stpfl. freigestellt sein soll, sich so behandeln zu lassen, als habe er tatsächlich veräußert72. Über jeden Zweifel erhaben ist schon dieses Wahlrecht allerdings nicht. Erstens liegt tatsächlich ja keine entgeltliche Veräußerung vor. Und zweitens ist die Gleichstellungs- oder Ähnlichkeitsthese der h.M., wie dargelegt, schon im Ansatz ganz zweifelhaft. Vollends problematisch ist das Wahlrecht insoweit, als es auch den Ansatz von Zwischenwerten erlaubt73. Ein so weitgehendes Wahlrecht ist steuersystematisch nicht erklärbar. Rein praktisch gesehen ist die Möglichkeit, Zwischenwerte ansetzen zu können, zwar höchst willkommen, weil gem. § 4 Abs. 2 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG de lege lata vorhandene Verlustvorträge nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Bei einer reinen BW-Verknüpfung droht also der umwandlungsbedingte „finale Verlust des Verlustes“. Hier kann die Möglichkeit, Zwischenwerte anzusetzen, Milderung verschaffen, denn dadurch kann beim übertragenden Rechtsträger ein Übertragungsgewinn generiert werden, der noch mit den Verlustvorträgen verrechnet werden kann74. Allein: Praktische Vorzüge eines Wahlrechts sind keine Legitimationsbasis. Tatsächlich sind solche Vorzüge auch nur eine Abmilderung des „Fluchs der bösen Tat“. Denn die praktische Relevanz rührt nur daher, dass Ver-
72 In diese Richtung Riedel, StuW 2019, 225 (232 f.). 73 Insoweit auch Riedel, StuW 2019, 225 (233). 74 Riedel, StuW 2019, 225 (232); Montag in Tipke/Lang, § 14 Rz. 49.
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lustvorträge bei Verschmelzungen nicht übergehen. Das ist aber rechtssystematisch ganz angreifbar. Ich komme darauf zurück.
b) Einbringungen Etwas andere, aber doch letztlich ähnliche Bedingungen normieren §§ 20 und 24 UmwStG für die BW-Verknüpfung bei Einbringungen. Auch insoweit ist die gesetzliche Regel die Einbringung zum gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Wiederum eröffnet das Gesetz aber flankierend unter bestimmten Bedingungen ein Wahlrecht zur BWVerknüpfung (oder zum Ansatz von Zwischenwerten), das in diesem Fall freilich von der übernehmenden Gesellschaft ausgeübt werden kann. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG setzt die BW-Verknüpfung voraus: 1. Erstens muss wiederum sichergestellt sein, dass die WG später der Besteuerung unterliegen. 2. Zweitens dürfen die Passivposten des eingebrachten BV (ohne Eigenkapital) die Aktivposten nicht übersteigen. 3. Drittens darf das Recht der BRD hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen WG nicht ausgeschlossen oder beschränkt sein. 4. Viertens darf eine Gegenleistung entweder nur in neuen Anteilen bestehen oder sonstige Gegenleistungen dürfen bestimmte Grenzwerte nicht übersteigen. Die Bedingungen drei und vier finden sich in vergleichbarer Fassung auch in § 24 UmwStG. Auffällig ist zunächst, dass die Bedingungen eins und drei den schon bekannten Bedingungen gem. §§ 3, 11 UmwStG entsprechen. Man kann insoweit also von übergreifenden Grundbedingungen der Steuerneutralität von Umstrukturierungen nach dem UmwStG sprechen. Gegenüber den Bedingungen bei Verschmelzung, Spaltung und kreuzendem Formwechsel in eine Personengesellschaft gem. §§ 3, 9, 11, 15 UmwStG etwas anders ausgestaltet ist dagegen die Bedingung betreffend mögliche Gegenleistungen. Zwar sind gesellschaftsrechtliche Vorgänge (Übertragungen causa societatis gegen Gesellschaftsanteile) ebenfalls privilegiert. Nur in den Einbringungsfällen sind in bestimmtem Umfang aber außerdem sonstige Gegenleistungen unschädlich (während die Gegenleistung bei Umwandlungen nach dem UmwG nur Gesellschaftsrechte sein dürfen, soll die Umwandlung steuerneutral durchgeführt werden können).
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Tatbestandlich knüpfen die Einbringungsvorschriften ebenfalls allein an betriebliche Sachgesamtheiten an. Erfasst sind also nur Einbringungen von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, nicht von einzelnen WG.
c) Behaltefristen Hinzuweisen ist schließlich noch auf zusätzliche Bedingungen in Gestalt von Behaltefristen, die das Gesetz in bestimmten Umstrukturierungsfällen normiert. Geregelt ist das de lege lata für die Fälle, in denen durch die Umstrukturierung vom transparenten zum intransparenten System gewechselt wird. Das betrifft zum einen § 22 Abs. 1 UmwStG (siebenjährige Behaltefrist bei Einbringung oder Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft); zum anderen § 15 Abs. 2 Satz 3, 4 UmwStG. Der Grund für solche zusätzlichen Vorschriften ist die Missbrauchsangst des Gesetzgebers. Im transparenten System hätte eine Veräußerung die volle Gewinnbesteuerung ausgelöst. Im KSt-System ist die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften dagegen gem. § 8b KStG oder nach den Vorschriften über das Teileinkünfteverfahren „begünstigt“. Man will „missbräuchlichen“ Gestaltungen entgegenwirken, die darauf abzielen, hier Arbitragegewinne einzufahren, indem diese Systemunterschiede „ausgenutzt“ werden75. Aus steuersystematischer Sicht ist das nicht über jeden Zweifel erhaben76. Die Vorschriften des KSt-Systems, deren „missbräuchlicher Ausnutzung“ der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben will, sind im KSt-System systemkonform. Von einem „Missbrauch“ kann daher bei Betrachtung des Gesamtsystems schwerlich die Rede sein. Im Gegenteil blendet der Gesetzgeber bei § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG aus, dass es bei der BW-Übertragung auf eine Körperschaft zu einer Verdoppelung der stillen Reserven kommt, weil die stillen Reserven zum einen auf Ebene der Kapitalgesellschaft verstrickt sind, zum anderen aber auch in den Anteilen an der Gesellschaft. Eben diese Doppelbelastung soll mit dem Teileinkünfteverfahren und § 8b KStG bekanntlich abgefedert werden.
75 Riedel, StuW 2019, 225 (235). 76 So zu Recht Riedel, StuW 2019, 225 (235 f.).
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d) Umstrukturierungen bei Mitunternehmerschaften nach §§ 6 Abs. 5, 16 Abs. 3 Satz 2 EStG Zum materiellen Umwandlungssteuerrecht können schließlich noch diejenigen Vorschriften gezählt werden, die (nur) bei Mitunternehmerschaften eine BW-Übertragung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern ermöglichen. Es sind dies § 6 Abs. 5 EStG, der auf den früheren sog. Mitunternehmererlass zurückgeht, und § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zur sog. Realteilung. Interessant an diesen Vorschriften ist aus systematischer Sicht – auf Details wird ja Herr Wendt eingehen – Dreierlei: 1. Erstens ist die BW-Verknüpfung in diesen Fällen (anders als nach dem UmwStG) nicht zur Wahl gestellt, sondern zwingend angeordnet. 2. Zweitens erfassen diese Vorschriften des EStG jeweils auch die Übertragung einzelner WG, während das UmwStG de lege lata nur die Übertragung von betrieblichen Sachgesamtheiten regelt. 3. Drittens schließlich handelt es sich um Sondervorschriften nur für Mitunternehmerschaften. Die in diesen Vorschriften eröffnete steuerrechtliche Flexibilität für die BW-Übertragung von einzelnen WG zwischen den Sphären der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter ist nur Personengesellschaften vorbehalten, Kapitalgesellschaften und deren Gesellschafter gehen insoweit de lege lata leer aus. Auch diese Vorschriften sehen im Übrigen Behaltefristen vor (§ 6 Abs. 5 Satz 4, § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG), die wieder einer übertriebenen Angst des Gesetzgebers vor Missbrauch geschuldet sind.
e) Zwischenbefund Fasst man das Gesagte zusammen, so kann man konstatieren: 1. Mittels BW-Verknüpfung steuerneutral möglich sind Umwandlungen nach dem UmwG sowie gesellschaftsrechtliche Einbringungen von betrieblichen Sachgesamtheiten. Das UmwStG regelt dagegen nicht die Übertragung einzelner WG. Diese ist ausschnittsweise (nur) für Mitunternehmerschaften in § 6 Abs. 5 und § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erfasst. 2. Grundbedingungen für die ertragsteuerliche Neutralität von Umstrukturierungen nach dem UmwStG sind:
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a) es muss sichergestellt sein, dass die WG später der Besteuerung unterliegen, und zwar uneingeschränkt der Besteuerung durch die BRD; b) die Vermögensübertragung muss causa societatis erfolgen, d.h. die „Gegenleistung“ darf grds. nur in Gesellschaftsrechten bestehen. 3. In manchen Fällen, nämlich insb. bei umstrukturierungsbedingtem Übergang vom transparenten System zum KSt-System, werden als zusätzliche Bedingung noch Behaltefristen normiert. 4. Die BW-Verknüpfung bei Umstrukturierungen nach dem UmwStG ist nicht zwingend angeordnet, sondern bei den übertragenden Umwandlungen dem übertragenden Rechtsträger, bei den Einbringungen der übernehmenden Gesellschaft zu Wahl gestellt. Dabei können sogar Zwischenwerte angesetzt werden, was zur Rettung von sonst untergehenden Verlustvorträgen praktisch empfehlenswert sein kann, aber rechtssystematisch nicht wirklich stimmig ist. Demgegenüber ist die BW-Fortführung in den Fällen des § 6 Abs. 5 und § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG zwingend. 5. Verlustvorträge gehen bei übertragenden Umwandlungen nicht mit über.
V. Ausgewählte Einzelaspekte Lassen Sie mich nun noch einige ausgewählte Einzelaspekte beleuchten:
1. Steuerneutraler Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nur, wenn gleichzeitig auch das wesentliche Sonderbetriebsvermögen mitübertragen wird? Eine erste Frage, die ich ansprechen möchte, ist die, ob eine Einbringung eines Betriebs einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 UmwStG nur dann steuerneutral möglich ist, wenn zugleich auch die WG des sog. Sonder-BV der Gesellschafter eingebracht werden, die (zum Zeitpunkt der Übertragung noch) wesentliche Betriebsgrundlagen sind. Die h.M. bejaht das77. 77 Vgl. BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471 Rz. 15; BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, FR 2018, 506; BMF-UmwSt-Erl. Rz. 20.06; Wendt in StbJb. 2018/19, S. 1 (56); Brandis in StbJb. 2018/19, S. 67 (113); Götz/Widmayer in Böttcher/Habighorst/Schulte, Umwandlungsrecht, 2. Aufl. 2019, § 20
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Mich überzeugt das aus vor allem zwei Gründen nicht78: Erstens will § 20 UmwStG den erfolgsneutralen Wechsel der Rechtsform des Unternehmensträgers ermöglichen. Eben deshalb ist ja der kreuzende Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft hier eingeordnet (§ 25 UmwStG). Eingebrachter „Betrieb“ i.S.d. Vorschrift kann vor diesem Hintergrund dann aber nur der Betrieb sein, den der formwechselnde Rechtsträger trägt. Das ist der Betrieb der Personengesellschaft und nur dieser. „Wieso auch im Eigentum der Gesellschafter stehende Wirtschaftsgüter, wenn der Betrieb nicht mehr in Form der Personengesellschaft, sondern in Form der Kapitalgesellschaft geführt werden soll, übertragen werden müssen, ist nicht zu erklären und nicht zu rechtfertigen.“79 Es hinterlässt bei mir zweitens ein erhebliches Störgefühl, wenn dem Stpfl. als Gestaltungsoption der Ausweg gewiesen wird, er könne ja das fragliche Sonder-BV vorher so ausgliedern, dass es zum Zeitpunkt des Formwechsels nicht mehr zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der eingebrachten Sachgesamtheit gehört80. Dieser Ausweghinweis befördert den sog. Dummensteuereffekt81, denn nur der im Vorfeld gut und teuer Beratene strukturiert den Vorgang zeitlich und sachlich richtig und damit steuerunschädlich, andere laufen in die fiskalische Falle und sind die Dummen.
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81
UmwStG Rz. 79; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 80, 150 ff.; Nitzschke in Blümich, § 20 UmwStG Rz. 49 f.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwStG Rz. 69 ff.; Schramayer in Lippross/Seibel, Basiskomm. Steuerrecht, § 20 UmwStG Rz. 51, 53 (05.2019). Wie hier zu Recht Knobbe-Keuk, S. 828. Erneut treffend Knobbe-Keuk, S. 828. I.E. auch Trossen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 16 EStG Rz. C39. Diese sog. zeitpunktbezogene Betrachtung hat jüngst auch der I. Senat des BFH bestätigt, vgl. BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BFHE 260, 334 = FR 2018, 508; dazu auch Wendt in StbJb. 2018/19, S. 1 (53 ff., 55) m.w.N. aus der sonstigen Rspr. Der Begriff „Dummensteuer“ ist eine Schöpfung von Rose in FS Tipke, 1995, S. 153; zum Problem der Dummensteuer zu Recht krit. auch Seer in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 1 Rz. 23; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 7 Rz. 14.
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2. Einbringung einzelner WG aus einem BV gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten Die Einbringungsfälle bringen mich zu einem weiteren Detailaspekt, den ich ansprechen möchte: Die Vorschriften des UmwStG betreffen jeweils nur Fälle der Umstrukturierung von betrieblichen Sachgesamtheiten. Die Sacheinlage einzelner WG ist nicht erfasst82. Für diese Fälle ist de lege lata nach h.M. zu unterscheiden: –
Bei Sacheinlage einzelner WG aus einem anderen BV83 in eine Personengesellschaft gilt § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG, d.h. zwingende BW-Verknüpfung. Zwar wird oft gesagt, „eigentlich“ sei auch dies ein tauschähnlicher Vorgang und damit eine Veräußerung, die nach § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG beim Gesellschafter zur Gewinnrealisierung führen würde. Insoweit gehe aber § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vor, so dass im Ergebnis auf diesen Fall die Tauschgrundsätze nicht anwendbar seien84.
–
Bei Sacheinlage einzelner WG aus einem BV in Kapitalgesellschaften soll es nach h.M. demgegenüber bei den Tauschgrundsätzen bleiben. Die Sacheinlage sei als tauschähnlicher Vorgang zu beurteilen, was beim Einbringenden gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zwingend zur Gewinnrealisierung führe85.
Rechtspolitisch überzeugend ist das wiederum nicht. Erstens: Warum die Flexibilität, die das Gesetz gem. § 6 Abs. 5 EStG bei Mitunternehmerschaften gewährt, für die vergleichbaren Vorgänge bei Kapitalgesellschaften nicht gelten soll, ist nicht einzusehen. Unter dem Aspekt des Gleich82 BFH v. 12.12.2012 – I R 28/11, BStBl. II 2017, 1265 Rz. 18. 83 Die Rechtsfolgen bei Überführung einzelner WG aus dem PV in eine Personengesellschaft sind ebenfalls umstr. Nach h.M. soll insoweit ebenfalls ein tauschähnlicher Vorgang gegeben sein, der beim Einbringenden nach Maßgabe der §§ 17, 20 Abs. 2, § 23 EStG zur steuerbaren Realisation etwaiger stiller Reserven führen kann, die Personengesellschaft habe Anschaffungskosten i.H. des gemeinen Werts (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG). Richtigerweise sind Übertragungen einzelner WG in eine Personengesellschaft causa societatis aber keine tauschähnlichen Veräußerungen, sondern Einlagen. Sie lösen beim Gesellschafter keine Veräußerungsbesteuerung aus und sind bei der Gesellschaft zum Teilwert zu bewerten; vgl. Hennrichs in Tipke/Lang, § 10 Rz. 151 ff. (151b) m.w.N. 84 So z.B. Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz. 1388. 85 BFH v. 12.12.2012 – I R 28/11 – BStBl. II 2017, 1265 (Tz. 32); BFH v. 12.4.2017 – I R 36/15, DStR 2017, 2658; Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz. 1386 m.w.N.
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heitssatzes und der Rechtsformneutralität des Steuerrechts hinterlässt das jedenfalls bei mir ein Störgefühl. Zweitens: Erneut ist auch die Würdigung der Sacheinlage als veräußerungsgleicher tauschähnlicher Vorgang ganz schief. Es geht (auch) bei der Sacheinlage, also der Übertragung einzelner WG aufgrund gesellschaftsrechtlicher Einlagepflichten, nicht darum, durch ein Umsatzgeschäft Markteinkommen zu generieren, sondern darum, die sachlichen Strukturen der Erwerbstätigkeit neu zu ordnen86. Zugrunde liegt kein (umsatzbezogener) Tauschvertrag i.S.d. § 480 BGB, sondern eine gesellschaftsvertraglich begründete Einlagepflicht. Die unmittelbare Herrschaft über den Einlagegegenstand wird in eine vergesellschaftete Herrschaft transferiert. Die BV-Verstrickung bleibt bestehen, nur eben jetzt in einem anderen BV. Auch das ist ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsakt und kein Einkommenstatbestand. Dem sollte sich das Gesetz de lege ferenda durch eine BW-Verknüpfung auch für solche Fälle öffnen87.
3. Übertragung von BV zwischen Schwester-Personengesellschaften Ebenfalls zum Dunstkreis des § 6 Abs. 5 EStG gehört ein Detailproblem, das kürzlich zu „Zoff im BFH!“ geführt hat, nämlich zu einem Streit zwischen dem I.88 und dem IV. Senat89, mit dem sich demnächst sogar das BVerfG zu befassen hat90. Es geht um die unentgeltliche Übertragung von BV zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften.
86 Insoweit a.A. Riedel, StuW 2019, 225 (230, 237), die meint, eine Beschränkung des UmwStG auf Sachgesamtheiten sei mit Blick auf das Markteinkommensprinzip gerechtfertigt, weil „die lebensfähige, am Markt tätige Einheit […] besser geeignet“ sei, „den Kontinuitätsgedanken des UmwStG abzubilden als das einzelne Wirtschaftsgut. An ein einzelnes Wirtschaftsgut an sich kann nämlich regelmäßig noch kein unternehmerisches Engagement geknüpft werden“ (a.a.O., S. 230); im Hinblick auf das Markteinkommensprinzip sei eine „Ausdehnung auf einzelne Wirtschaftsgüter nicht verständlich“ (a.a.O., S. 237). 87 In diese Richtung auch Wacker, DStR 2019, 585 (593); s. ferner bereits Hennrichs, FR 2010, 721 (730); Hüttemann in DStJG 25 (2002), S. 123 (135); Prinz, FR 2010, 736 (744). 88 BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/ 12, BStBl. II 2013, 1004. 89 BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971; dazu Hennrichs, FR 2010, 722. 90 Az. beim BVerfG 2 BvL 8/13.
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Dieser Sachverhalt – unmittelbare unentgeltliche Übertragung von BV zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften – ist vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3–6 EStG nicht erfasst. Der I. Senat des BFH und das BMF wollen daher in diesen Fällen einen Realisationstatbestand annehmen, die stillen Reserven würden aufgedeckt. Der IV. Senat des BFH hält das für „ernstlich zweifelhaft“. Aus Sicht des Transparenzprinzips bliebe die personelle Zuordnung der stillen Reserven gewahrt. Der Streitfall berührt auf den ersten Blick Grundfragen der Steuerrechtsordnung: den Dualismus der Gesellschaftsbesteuerung, das Transparenzprinzip und das Subjektsteuerprinzip. Auf den zweiten Blick liegt der Fall demgegenüber recht einfach und ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie eine veraltete Steuerrechtsdogmatik auch einfache Fälle kompliziert machen kann: Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wäre der Vorgang zweifelsfrei steuerneutral, wenn die WG zunächst unentgeltlich aus dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft I in das Sonder-BV der Gesellschafter und von dort ins Gesellschaftsvermögen der Schwesterpersonengesellschaft II übertragen würden; eine solche Kettenübertragung der WG „über“ das Sonder-BV ist bereits vom Wortlaut der Norm erfasst. Die BW-Verknüpfung ist in diesen Fällen teleologisch auch sachgerecht, weil hierdurch das BV nur umstrukturiert, aber kein Markteinkommen generiert wird und die stillen Reserven verhaftet bleiben, deren Besteuerung also gesichert ist. Kurzum: kein Realisationsvorgang, auch kein Bedürfnis und keine Rechtfertigung für eine Ersatzrealisation. Die unentgeltliche unmittelbare Übertragung zwischen den Schwestergesellschaften kürzt diese Leistungskette aber doch nur ab. Wieso das nun plötzlich zu einem Realisationsvorgang mutieren und zu steuerbaren Einkommen führen soll, ist aus teleologischer Sicht unerfindlich. Dabei spielt das Transparenzprinzip nicht einmal die entscheidende Rolle. Es handelt sich schlicht um einen abgekürzten Umstrukturierungsvorgang, der als solcher nach hier vertretener Ansicht nicht steuerwürdig ist. Die Beteiligten als „Ausweg“ auf die „Gestaltungsoption“ der Kettenübertragung zu verweisen, zeigt nur wieder die Zweifelhaftigkeit des Tuns und befördert Dummensteuereffekte. Für diese Verkomplizierung gibt es keinen vernünftigen außersteuerrechtlichen Grund. Eine Kettenübertragung löst allein steuerinduziert ökonomisch ganz unsinnige Transaktionskosten aus. Eine Auslegung des Steuerrechts, die dazu Anreize auslöst, ist nicht vernünftig.
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Wer meint, für die BW-Verknüpfung in solchen Fällen brauche es eine gesetzliche Verankerung, der mag § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG in verfassungskonformer Ausdehnung analog anwenden91. Wirklich nötig wäre das m.E. nicht. Die BW-Verknüpfung ergibt sich schon daraus, dass diese Fälle als abgekürzte Umstrukturierung des weiterhin steuerverstrickten BV zu würdigen sind.
4. Verlustpositionen Besonders problematisch ist sodann die geltende Rechtslage betreffend Verlustpositionen bei übertragenden Umwandlungen. Wie schon angedeutet, gehen Verlustpositionen in diesen Fällen nach geltendem UmwStG nicht über. § 4 Abs. 2 Satz 2 und – kraft Verweisung – §§ 9, 12 Abs. 3, § 15 Abs. 1, § 16 UmwStG schließen seit 2007 die Übertragung von Verlusten für diese Fälle generell aus92. Herr Röder wird das morgen im Detail behandeln. Rechtssystematisch und rechtspolitisch überzeugend ist die geltende Rechtslage für mich wiederum nicht: 1. Erstens ist es widersprüchlich, dass zwar stille Reserven übergehen, nicht aber Verlustpositionen. Verlustpositionen sind nur die Kehrseite der Reservepositionen. Eine symmetrische Behandlung wäre systematisch mehr einleuchtend. 2. Zweitens ist ein Übergang von Verlustpositionen bei Umwandlungen auch aus Gründen des Leistungsfähigkeitsprinzips geboten. Idealiter sollte ein negatives zu versteuerndes Jahreseinkommen zu einem negativen Steueranspruch, also zu einem Erstattungsanspruch des Stpfl. führen (wie umgekehrt ein positives zu versteuerndes Einkommen zu einem Steueranspruch des Fiskus führt). Dass das EStG dies nicht vorsieht, sondern stattdessen einen überperiodischen Verlustausgleich regelt, mag aus Gründen der fiskalischen Haushaltskontinuität nachvollziehbar sein. Final untergehen sollten noch nicht verrechnete Verluste aber nicht. Der finale Verlust von Verlustvorträgen bewirkt betrachtet über die Totalperiode eine Übermaßbesteuerung. 3. Drittens schließt das Gesetz die Verlustnachfolge auch allein für die steuerlich übertragenden Umwandlungen aus. Beim Formwechsel zwischen systemähnlichen Gesellschaftsrechtsformen bleiben demgegenüber (zu Recht) auch Verlustvorträge unangetastet und können 91 So namentlich Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, S. 67 (79 f.) m.w.N. 92 Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 4 Rz. 4.
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vom Rechtsträger neuer Rechtsform genutzt werden93. Die jeweilige handelsrechtliche Rechtstechnik zur Gewährleistung der gewollten Rechtskontinuität sollte aber keinen besteuerungswürdigen Unterschied machen. Manche werden der hier vorgetragenen Forderung nach einer Berücksichtigung noch nicht verrechneter Verluste entgegenhalten, dem stehe das Subjektsteuerprinzip entgegen. Der Große Senat des BFH habe entschieden, dass Verluste wegen des Subjektsteuerprinzips nicht übertragbar seien94. Mich überzeugt das nicht95. Abgesehen davon, dass schon die Entscheidung des Großen Senats des BFH zur Unvererblichkeit von Verlustvorträgen nicht über jeden Zweifel erhaben ist96, wird das Subjektsteuerprinzip bei den Umstrukturierungen nach dem UmwStG (und bei § 6 Abs. 5 Satz 3 sowie § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG97) ohnehin durchbrochen. Es dann gleichsam „halb“, nämlich nur für die Verlustseite, doch wieder in Stellung zu bringen, leuchtet systematisch nicht ein. Wenn man ein Subjektsteuerprinzip anerkennen möchte, dann sollte es hinsichtlich der Realisierung von Gewinnen und Verlusten doch gleichermaßen gelten98. Im Übrigen stünde das Subjektsteuerprinzip einer Schlussabrechnung der bislang noch nicht verrechneten Verlustvorträge beim übertragenden Rechtsträger – im Sinne eines negativen Steueranspruchs des übertragenden Rechtsträgers gegen den Fiskus – ohnehin nicht entgegen. Denn dadurch würde das Subjektsteuerprinzip ja gerade gewahrt; die Verluste würden bei dem Steuersubjekt abgerechnet, das sie erlitten hat. Dass das geltende Recht einen solchen Mechanismus noch nicht vorsieht, kann einem rechtspolitischen Änderungsvorschlag naturgemäß nicht entgegengehalten werden.
93 Abele in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 28 Rz. 22. 94 BFH v 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 95 Vgl. auch Hölzle, Besteuerung stiller Reserven bei der Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, 2005, S. 270; Rödder in DStJG 26 (2002), S. 252 (273 f.). Differenzierend Riedel, StuW 2019, 225 (231). 96 Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 8 Rz. 63 m.w.N. 97 Dazu Wendt, FR 2016, 536 (538): „vom Gesetz beabsichtigte[r] Vorrang des Kontinuitätsgrundsatzes vor dem Subjektsteuerprinzip“. 98 Riedel, StuW 2019, 225 (231).
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5. § 42 AO: Wirtschaftliche Rechtfertigung vs. „rein steuerlich motivierte Umwandlungen“ Zuletzt möchte ich nochmals den Kreis schließen zu meinen einführenden Ausführungen zur dogmatischen Einordnung der Umwandlungsfälle in das System der Ertragsteuern. Die Rede sein soll von einem bizarr anmutenden Angriff gegen steuerneutrale Umwandlungen, nämlich vom Einwand des Gestaltungsmissbrauchs bei „rein steuerlich motivierten Umwandlungen“. Worum geht es? Das UmwStG fragt an sich nicht nach der Motivation der Beteiligten. Warum eine Umwandlung angestrebt wird, ist irrelevant. Bisweilen wird aber versucht, mittels § 42 AO doch eine Art Motivationskontrolle einzuführen: Da die Vorschriften des UmwStG eng beschriebene Ausnahmen zu den Realisierungstatbeständen der § 16 EStG, § 11 KStG seien, sei die Privilegierung nur sachgerecht, wenn eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Umstrukturierung vorhanden sei. Rein steuerlich motivierte Umwandlungen trügen keine ausreichende Rechtfertigung in sich und seien vor dem Hintergrund des Ausnahmecharakters der Umwandlungssteuervorschriften als rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 42 AO zurückzuweisen99. Das ist schon erstaunlich und keinesfalls überzeugend. Zum einen ist für die Anwendung der allgemeinen Missbrauchsvorschrift der § 42 AO im Sinne einer Motivationskontrolle von Umwandlungen nach der Teleologie des UmwStG kein Raum100. Das UmwStG ist „motivationsfrei“ und möchte die steuerliche Flexibilität ungeachtet der Motivation der Beteiligten gewähren. Ferner sorgt das UmwStG für einen Missbrauchsschutz schon selbst, indem es zahlreiche spezifische Missbrauchsvorschriften kodifiziert (s. insb. § 6 Abs. 3 Satz 1, § 15 Abs. 2, § 16 i.V.m. § 15 Abs. 2 und § 18 Abs. 3 UmwStG)101. Zum anderen trifft aber auch die gedankliche Prämisse dieser Missbrauchsthese nicht zu. Richtig verstanden sind nämlich die Tatbestände 99 Vgl. BMF-UmwStG-Erlass v. 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268 ff. Tz. 05.16 bis 05.24; BMF-Schreiben v. 3.2.1998, DStR 1998, 421; FM Brandenburg v. 17.3.2015, BeckVerw 313155. S. auch Art. 11 Abs. 1 Buchst. a Fusions-RL (RL 90/434/EWG); s. zur Problematik auch EuGH v. 8.3.2017 – C-14/16, juris. 100 Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 4 Rz. 10; Crezelius in FS Widmann, 2000, S. 241, 261; Fischer in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 42 AO Rz. 10; Schumacher in Lutter, Anh. nach § 151 UmwG Rz. 17. 101 Sagasser in Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, 5. Aufl. 2017, § 4 Rz. 11.
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des UmwStG eben keine eng auszulegenden Ausnahmen von den allgemeinen Realisationstatbeständen, sondern, wie dargelegt, Umwandlungen sind an sich gar keine Einkommenstatbestände und die Vorschriften des UmwStG damit Ersatzrealisationstatbestände, die mit der Möglichkeit des Wertansatzes zum gemeinen Wert von der eigentlich richtigen Regel der BW-Verknüpfung abweichen. Dies zeigt zugleich, dass Überlegungen zur richtigen dogmatischen Einordnung von Umstrukturierungen nicht nur systematisierende Erläuterung oder gar graue Theorie sind, sondern dass sie durchaus spürbare Rechtsfolgenrelevanz haben.
VI. Thesen 1. Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen sind handelsrechtliche Rechtstechniken zur Gewährleistung der gewollten rechtlichen Kontinuität des umstrukturierten Unternehmensträgers. Bezweckt ist die umfassende (vermögens-)rechtliche Kontinuität bei Diskontinuität nur der Unternehmensorganisation. 2. Für sämtliche Umstrukturierungen und Vermögensübertragungen auf der Grundlage von gesellschaftsrechtlichen Rechtsgeschäften (Umwandlungen nach dem UmwG; Einlagen aufgrund Gesellschaftsvertrags oder eines Gesellschafterbeschlusses) sollte de lege ferenda die Buchwertverknüpfung die gesetzliche Regel sein. –
Es handelt sich entgegen der h.M. nicht um „tauschähnliche“ oder „veräußerungsgleiche“ Realisationsvorgänge, sondern um gesellschaftsrechtliche Organisationsakte, durch die kein (Markt-) Einkommen generiert wird; vielmehr werden durch diese Geschäftsvorfälle nur die sachlichen Grundlagen für die weitere Erwerbstätigkeit neu strukturiert. Das ist für den Formwechsel strukturähnlicher Rechtsträger (AG in GmbH und umgekehrt; oHG in KG und umgekehrt) geltendes Steuerrecht, sollte de lege ferenda aber auch für die anderen Umstrukturierungen anerkannt werden.
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Stille Reserven sind noch kein steuerbares Einkommen. Zu Einkommen werden sie erst durch ihre Realisation oder aufgrund gesetzlich besonders angeordneter Ersatzrealisationstatbestände. Das Realisationsprinzip ist kein bloß „technisches Prinzip“, sondern ein Eckpfeiler der steuerlichen Gewinnermittlung.
3. Eine Ersatzrealisation durch Ansatz des übertragenen Vermögens mit dem gemeinen Wert ist – nur – gerechtfertigt, wenn und soweit
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durch die Umstrukturierung das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland gefährdet würde. 4. Einbringungen i.S.d. § 20 UmwStG (z.B. Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gem. § 25 i.V.m. § 20 UmwStG) sollten schon de lege lata auch dann steuerneutral möglich sein, wenn das sog. Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen wird. 5. Die Regel der Buchwertverknüpfung sollte auch bei Sacheinlagen einzelner Wirtschaftsgüter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage gelten, und zwar über den gegenwärtigen § 6 Abs. 5 EStG hinaus auch für Sacheinlagen einzelner Wirtschaftsgüter aus einem anderen Betriebsvermögen in Kapitalgesellschaften. 6. Verlustvorträge sollten bei Umwandlungen übergehen. Das ist für den Formwechsel zwischen Kapitalgesellschaften (AG in GmbH und umgekehrt) bereits geltendes Steuerrecht, sollte de lege ferenda aber auch für die anderen Umstrukturierungen (insb. bei Verschmelzungen und Spaltungen) anerkannt werden. Ein umstrukturierungsbedingter „finaler Verlust der Verluste“ verstößt gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip.
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Diskussion zu den Referaten von Prof. Dr. Marc Desens und Prof. Dr. Joachim Hennrichs Prof. Dr. Dietmar Gosch, Hamburg Ich danke sehr für die kreativen und tiefschürfenden Gedanken. Gestatten Sie mir dazu ein paar flankierende Bemerkungen, die das Gesagte aufgreifen. Umstrukturierungen sollen keine Gewinnrealisierungen auslösen. Zwar nimmt man an, dass jedwede Umwandlungsvorgänge fiktive Veräußerungen sind und als solche „eigentlich“ Realisierungen bewirken. Das ist denn auch die (an § 6 Abs. 5 und 6 EStG angelehnte) Grundidee. Sie löst sich aber weitgehend zugunsten einer vorgeblichen Ausnahme, tatsächlich aber eines umgekehrten Regelfalls, auf, nämlich zugunsten der Buchwertübertragung und damit einer (jedenfalls vorläufigen) steuerlichen Neutralität. Für diese „Ausnahme“ lassen sich gewiss gute Gründe suchen und auch finden: Oft haben jene fiktiven Veräußerungsvorgänge keinen Zufluss einer wirklichen Gegenleistung zur Folge und fehlt ein echter Realisierungsakt. Es werden Wirtschaftsgüter gegen Anteile „getauscht“, es werden Sacheinlagen auf einen anderen Rechtsträger getätigt, manches geschieht unentgeltlich, usf. Bei Licht betrachtet ziele das Umstrukturieren, so hört man, nicht auf Gewinnmaximierung ab, sondern beruhe auf innerbetrieblichen Notwendigkeiten. Gängig ist es zudem, wir haben das ja in den Vorträgen gehört, eine Rechtfertigung in dem betrieblichen Fortführungsgedanken zu sehen: Das „Markteinkommen“ als solches bleibe letztlich gewahrt und gesichert. Kurzum: Ökonomisch sinnvolles Umstrukturieren und Wirtschaften sollen nicht durch Steuerlasten konterkariert werden. Ob das alles so zutrifft, lässt sich indessen durchaus anzweifeln. Die Ursachen für die Umstrukturierungen mögen heterogen sein. Sie mögen Nachfolgeplanung, betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten und mehr betreffen. Oft geht es aber auch schlicht um das „Steuersparen“ oder das gezielte Einsetzen von „Realisationsgewinnen“, etwa, um Verlustpotentiale zu mobilisieren und zu transportieren. Mit der Erkenntnis, dass „echte“ Gewinnmaximierung häufig nicht im Vordergrund steht, ist sonach nicht viel gewonnen. Und ohnehin gilt es zu beachten, dass der Rea-
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Diskussion – zu Desens und Hennrichs
lisationsakt nur den Besteuerungszugriff öffnet und diesen administrativ handhabbar macht. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des einzelnen wurde aber gemeinhin bereits zuvor gesteigert, nämlich bei Entstehen der stillen Reserven. Schon von daher bedarf die regulative Steuerneutralität der Umwandlung einer besonderen Begründung. Es liegt nahe, solche Begründungsversuche in den gängigen Steuerrechtsprinzipien zu suchen. Ob man solche Begründungen dort – in jenen Prinzipien – dann tatsächlich auch findet, steht allerdings auf einem anderen Blatt: Denn das einschlägige steuerliche Subjektprinzip ebenso wie das nicht minder einschlägige steuerliche Realisationsprinzip werden im Umwandlungssteuerrecht stark relativiert, und das geschieht durch außersteuerliche Lenkungszwecke. Das Leistungsfähigkeitsprinzip, das Trennungsprinzip werden dadurch durchbrochen. Ungleichbehandlungen zu anderen „veräußernden“ Marktteilnehmern werden als gerechtfertigt angesehen. Ebenso wie der eigentlich auf der Hand liegende Verstoß gegen das wettbewerbsrechtlich fundierte unionsrechtliche Beihilfeverbot: verdrängendes Kontinuitätsprinzip vs. verdrängtes Subjektsteuerprinzip? Das erstaunt, hat der BFH doch immer wieder dem Steuersubjektprinzip eine fundamentale Bedeutung für das Individualsteuerrecht beigemessen. In Anbetracht dessen lautet meine These: Umwandlungssteuerrecht ist kein „klassisches“ Eingriffsrecht. Es ist auch kein Verteilungsrecht. Es öffnet vielmehr den ordnungsrechtlichen Rahmen für ein steuerlich unbeeinflusstes Wirtschaften: Das Umwandlungssteuergesetz nimmt so gesehen als Marktordnungsrecht steuerrechtlich Widersprüchliches und Systembrüchiges in Kauf und kreiert mit der grundsätzlichen Nichtbesteuerung der Umstrukturierung ein eigenständiges, neues Normtelos. In diesem Rahmen ist der Gesetzgeber als „Ordnungsgesetzgeber“ wesentlich freier, sein Gestaltungsfreiraum wird dadurch eminent erweitert. Konsequenz: Der Gesetzgeber kann weitgehend unbehelligt von irgendwelchen „Steuerprinzipien“ entscheiden. Steuerpolitik wird so zur Wirtschaftspolitik. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München Ich danke den Vortragenden für die Ausführungen, auch zu den öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Grundlagen. Es war dabei sehr viel von Prinzipien die Rede. Dabei kann es einerseits um steuerliche Systemprinzipien gehen und andererseits um verfassungsrechtliche Prinzipien. Herr Desens hat uns dazu im Grundsatz klargemacht: Man kann das ge-
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Diskussion – zu Desens und Hennrichs
samte Umwandlungssteuerrecht in zwei Richtungen lesen, nämlich als Anwendung der Einkommenszuwachstheorie unter dem Vorbehalt des Realisationsprinzips oder eben umgekehrt in der Annahme, dass es vor der Realisation kein steuerwürdiges Einkommen gibt. Das ist eine Art gedanklicher Kippfigur. Wir sollten daher vielleicht doch ein bisschen mehr Raum lassen für die rechtspolitischen Entscheidungen des Gesetzgebers. Es gibt meines Erachtens in den Grundsatzfällen, die wir besprochen haben, keine eindeutige rechtspolitische oder rechtsdogmatische Lösung, die wir aus eindeutigen Prinzipien herleiten können. Die Frage, ob man z.B. Übertragung stiller Reserven davon abhängig machen soll, ob ganze betriebliche Einheiten übertragen werden oder nur einzelne Wirtschaftsgüter, ist dem Gesetzgeber überlassen, auch soweit es um den Rechtsträgerwechsel zu Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften geht. Dies ist eine Entscheidung, die der Gesetzgeber zu treffen hat. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidungskompetenz sollten wir uns auf dasjenige Prinzip besinnen, das im weiteren Verlauf eine große Rolle spielen kann. Das ist das Folgerichtigkeitsprinzip. Die eigentliche steuerwissenschaftliche Aufgabe ist doch, die folgerichtige Durchsetzung der politischen Grundentscheidungen zu prüfen, und nicht von außen mit einem vorgefertigten Gedankengebäude an die Gesetzgebung heranzugehen und zu prüfen, ob diese dem Gedankengebäude entspricht. Und wenn der Gesetzgeber für einzelne Wirtschaftsgüter erlaubt, dass die stillen Reserven bei Umorganisationen übertragen werden können, dann sollte er das bei Kapitalgesellschaften auch tun. Ein letzter Punkt: Mehrfach von Herrn Gosch und von Herrn Desens ist das Thema des europäischen Beihilfenrechts angesprochen worden. Hier stellt sich ganz besonders die Frage nach der inneren Kohärenz unseres Steuerrechts. Wir haben seit kurzem das Urteil des EuGH in der Rechtssache „A-Brauerei“ zur Begünstigung der Umwandlung in der Grunderwerbsteuer. Da ist der deutsche Gesetzgeber dem Teufel gerade noch von der Schippe gesprungen. Aber der EuGH hat den Verzicht auf die Grunderwerbsteuer bei der Umwandlung nur deshalb akzeptiert, weil es bereits vorher einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang gegeben hatte. Ich bin mir nicht sicher, ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll ist, im Ertragsteuerrecht die Begünstigung von Umwandlungen von ihrer wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit abhängig zu machen.
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Diskussion – zu Desens und Hennrichs
Dr. Daniela Danz, Bonn Vielen Dank, Herr Prof. Desens. Es freut mich, dass wir in vielen Punkten übereinstimmen. Das Realisationsprinzip ist ein technisches Prinzip, das den Unterschied zwischen Leistungsfähigkeit und Einkünften markiert, welche dann der Besteuerung unterliegen. Der Gesetzgeber hat mit dem Realisationsprinzip den Zeitpunkt festgelegt, in dem der Steuerzugriff auf die Leistungsfähigkeit in Form der stillen Reserven erfolgt. Zu Entnahme: Die Frage, ob eine Entnahme innerhalb der Mitunternehmerschaft vorliegen kann, ist eine Vorfrage, da sonst § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht erforderlich wäre. Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift – aber Ausnahme wovon? Hier spielen das Subjektsteuerprinzip und die Entnahme die wichtige Rolle, d.h. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist eine Bewertungsvorschrift der erfolgten Entnahme, da die stillen Reserven personengebunden sind und Leistungsfähigkeit darstellen (Subjektsteuerprinzip). Dogmatisch kann es sich daher nur um eine abweichende Bewertung der Entnahme innerhalb der Mitunternehmerschaft handeln. Allein, dass diese Bewertungsvorschriften existieren zeigt, dass das Subjektsteuerprinzip existiert. Da, Herr Prof. Desens, bin ich ganz bei Ihnen, aber wir sollten die Entnahme stärker in den Fokus nehmen. Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Ich will den Streit um Prinzipien nicht weiter befeuern, zumal beide Referate die Differenzen im Ansatzpunkt und Konsequenzen so wunderbar dargestellt haben. Eine prinzipienorientierte Rekonstruktion, was der Grundsatz und was die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme ist, kann unterschiedlich ansetzen. Herr Schön hat schon die prinzipielle Freiheit des Gesetzgebers angesprochen, innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen diese Entscheidung zu treffen und folgerichtig umzusetzen. Dabei lassen sich zwischen den kollidierenden Prinzipien m.E. durchaus fallgruppenartig Übergangsstufen einbauen. Nach meinem Verständnis des Realisationsprinzips ist es für den Regelfall einer marktüblichen Transaktion das Grundprinzip, wonach erst Liquidität, Quantifizierbarkeit und Übertragungsfähigkeit von Vermögen den Steuerzugriff legitimieren. Rechtspolitisch hat Paul Kirchhof genau umgekehrt eine sukzessive Besteuerung der Vermögenswertentwicklung vorgeschlagen, indem die Bildung von stillen Reserven unterbunden wird. Darum meine verfassungsrechtliche Frage, wie frei der Gesetzgeber bei der Definition des Grundprinzips ist. Konkret: Dürfte der Gesetzgeber im Kirchhof’schen
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Diskussion – zu Desens und Hennrichs
Sinne eine marktgerechte Bewertung statt der vergangenheitsorientierten Unterbewertung im Steuerrecht einführen? Das führt dann zu der zweiten Folgefrage, wie ein solches alternatives System der latenten Steuerwürdigkeit des Vermögenswerts ausgestaltet werden kann, um die Vollzugsfähigkeit zu sichern. Prof. Dr. Matthias Valta, Düsseldorf Die von Herrn Drüen schon angesprochenen Konsequenzen für das Steuerbilanzrecht würden mich auch interessieren. Da die stillen Reserven ein Kind des Bilanzrechts sind: Kann ich das Steuerbilanzrecht entsprechend ändern, um stille Reserven zu vermindern? Welche verfassungsrechtlichen Grenzen gibt es dafür, insbesondere mit Blick auf das Realisationsprinzip? Rein aus Gleichheitsgesichtspunkten erscheint es nicht so recht schlüssig, wenn einerseits die Leistungsfähigkeit in Bezug auf den Vermögenszuwachs gleich sein soll, aber andererseits dennoch ein Steueraufschub gewährt wird, weil doch noch keine Leistungsfähigkeit vorliegen soll. Grundrechtsdogmatisch frage ich mich, ob nicht eine andere Begründung vorzugswürdig ist. Hier bietet sich Art. 14 GG an, bei dem man abschichten kann, ob ein Besteuerungsaufschub aus Verhältnismäßigkeitsgründen geboten ist. Wenn ich das Realisationsprinzip als solches verfassungsrechtlich hochzone, ist für eine solche Abschichtung kein Raum mehr. Daher ist es besser, den Besteuerungsaufschub freiheitsrechtlich aus Art. 14 GG abzuleiten, als gleichheitsrechtlich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Vielen Dank. Prof. Dr. Joachim Englisch, Münster Vielen Dank den Referenten für die beiden schönen Vorträge. Ich würde gerne den Part von Herrn Valta kommentieren und an das anknüpfen, was Kollege Schön gerade eben gesagt hat. Das Realisationsprinzip ist eigentlich eine Modifikation des Leistungsfähigkeitsprinzips oder – wenn Sie so wollen – eine Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips, die über Art. 14 GG, d.h. über freiheitsrechtliche Erwägungen an selbiges herangetragen wird. Es geht darum, die Gesetzgeber darauf zu verpflichten, nicht ohne Not die Besteuerung zur Unzeit durchzuführen. Wenn man das so sieht, dann ist es durchaus vertretbar und in das gesetzgeberische Ermessen gestellt, besteuerungswürdige Leistungsfähigkeit schon in dem Moment anzunehmen, in dem eine Entstrickung droht oder in dem stille Reserven von einem Steuersubjekt auf das andere übergehen. Darin liegt dann für sich genommen kein Verstoß gegen ein Grundprinzip der Ein-
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kommensbesteuerung bzw. gegen das Folgerichtigkeitsgebot, weil man das Realisationsprinzip nicht zum systemtragenden Prinzip erhebt, sondern einfach als eine kontextabhängige Konkretisierung des verhältnismäßigen Ausgleichs verschiedener von der Verfassung an das Leistungsfähigkeitsprinzip herangetragener Anforderungen begreift. Die Verhältnismäßigkeit läuft auf eine Abwägung hinaus, und dazu zählen eben auch Erwägungen wie diese: Droht der Verlust des Steuersubstrats, droht möglicherweise die Übertragung von stillen Reserven? Und dementsprechend kann das Leistungsfähigkeitsprinzip dann unterschiedlich zu konkretisieren sein, je nachdem, wie die Abwägung mit Blick auf bestimmte Konstellationen ausfällt. Auf dieser Basis komme ich über die Folgerichtigkeit dann zu differenzierten verfassungsrechtlichen Ergebnissen: Da, wo – etwa bei einer Umstrukturierung – keine solche Situation der Entstrickung droht, ist es möglicherweise unverhältnismäßig, stille Reserven bereits zu besteuern, jedenfalls eben nicht folgerichtig. Und umgekehrt: Wo eine solche Konsequenz droht, und sich der Gesetzgeber dementsprechend dafür entscheidet, das Steuersubstrat dann der Besteuerung zuzuführen, da ist dies nicht weiter rechtfertigungsbedürftig. Rechtfertigungsbedürftig sind dann nur die Inkonsistenzen im Detail, wie sie schon erwähnt worden sind, also etwa, dass in bestimmten Konstellationen die steuerfreie Übertragung stiller Reserven auf anderem Wege ermöglicht wird. Und so meine ich, hätten wir Struktur und gleichwohl auch Flexibilität für die Prüfung gewonnen. Prof. Dr. Heribert M. Anzinger, Ulm Den positiven Worten meiner Vorredner kann ich mich nur anschließen und möchte mit einer Frage an die Überlegungen zur Realisation anknüpfen. Darin ist die Unterscheidung zwischen einem Tausch und gesellschaftsrechtlichen Vorgängen in den Vordergrund gerückt worden. Mit den gebildeten Beispielen kam mir wieder der umwandlungsrechtliche Share Deal durch Verschmelzung zur Aufnahme mit Kapitalerhöhung beim übernehmenden Rechtsträger in den Sinn. Wie ist das, wenn zwei Rechtsträger beschließen, mit ihren beiden bestehenden Unternehmen zusammenzugehen? Oder anders formuliert, wenn die Gesellschafter des einen Rechtsträgers beschließen, ihr Unternehmen an den anderen Rechtsträger zu veräußern? Geht Geld für die Anteile über den Tisch, bestünde kein Zweifel an der Realisation. Was aber, wenn der Erwerber zwar kaufwillig ist, aber nicht genügend Bargeld in der Kasse hat und er deshalb anbietet, mit neuen eigenen Anteilen zu bezahlen, der Einfachheit halber gleich auf dem kürzesten Weg, der Verschmelzung durch Auf-
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nahme mit Sachkapitalerhöhung? Das ist ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang. Aber besteht wirtschaftlich ein Unterschied zum Anteilskauf oder Anteilstausch? Soll es hier nicht zur Realisation kommen? Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Köln Viele Dank für die Fragen und Anregungen. Zunächst zu Herrn Schön: Ja, die Rede war viel von Prinzipien und verfassungsrechtlichen Grundlagen, aber mein Anliegen war dennoch bescheiden: Ich denke nicht, dass wir aus der Verfassung ein konkretes Umwandlungssteuerrecht ableiten können, da bin ich ganz bei Ihnen. Daher gehe ich auch nicht so weit zu sagen, allein das von mir rechtspolitisch präferierte Modell sei verfassungsgemäß und der derzeitige Zustand verfassungswidrig. Ich meine aber, es ist steuersystematisch stimmiger, rechtspolitisch sinnvoller und näher am wirtschaftlichen Gehalt, Umstrukturierungen als grundsätzlich nicht steuerbare Organisationsakte zu beurteilen. Umstrukturierungen generieren kein Markteinkommen. Im Ergebnis gibt das ja auch die h.M. zu. Wenn das aber richtig ist, dann ist die umstrukturierungsbedingte Aufdeckung der stillen Reserven die begründungsbedürftige Ausnahme, nicht umgekehrt – wie es gegenwärtig gesehen wird – die Buchwertverknüpfung. Sodann zu Frau Danz: Wir haben einen fundamentalen Dissens betreffend das Verständnis des Realisationsprinzips und zur Frage des Inhalts des Subjektsteuerprinzips. Nach meiner Überzeugung ist das Realisationsprinzip kein bloß technisches Prinzip, wie Sie meinen, sondern ein Eckpfeiler des Rechts der steuerlichen Gewinnermittlung. Ohne Realisation gibt es grundsätzlich noch keinen steuerbaren Gewinn und deshalb kein steuerbares Einkommen. Ich kenne Ihren gegenteiligen Standpunkt und habe Ihre Arbeiten dazu gründlich gelesen. Sie überzeugen mich nur nicht. Sie unterlegen dem EStG einen Einkommensbegriff, der so nicht im Gesetz steht. Sie proklamieren, dem EStG liege eine Art Nicht-Realisationsprinzip zugrunde, weshalb eine Besteuerung nach Zeitwerten legitimiert sei. Das Gegenteil steht im Gesetz. Dasselbe gilt für das herrschende Verständnis des Subjektsteuerprinzips. So, wie Sie und die h.M. dieses Prinzip verstehen – stille Reserven seien subjektgebunden und der Versuch, Reserven durch Umwandlungen auf ein anderes Steuersubjekt zu übertragen, habe notwendig deren steuerliche Aufdeckung zur Folge –, steht es schlicht nicht im Gesetz. Dort steht im Gegenteil das Realisationsprinzip, und Umstrukturierungen sind keine Realisationsakte. Dass Umstrukturierungen Tauschelemente aufweisen, macht sie nicht zu be-
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steuerungswürdigen Tauschgeschäften. Mit einem dem Kauf ähnlichen Tausch, durch den Markteinkommen generiert wird und dessen Besonderheit nur darin besteht, dass die Gegenleistung nicht in Geld besteht, haben Umwandlungen nichts zu tun. Das Gerede von der angeblichen Tauschähnlichkeit von Umwandlungen verdeckt nur die fundamentalen Unterschiede zwischen Umwandlungen und Umsatzgeschäften. Im Übrigen zeigt die Debatte im Rahmen der International Financial Reporting Standards (IFRS), dass eine fair value-Orientierung mit allerlei Schwierigkeiten und Unsicherheiten behaftet ist. Sie in das Steuerrecht zu übertragen, ist keine gute Idee. Auch das Subjektsteuerprinzip taugt nicht zur Legitimation der Besteuerung stiller Reserven bei Umwandlungen. Das stellt wiederum die Dinge auf den Kopf. Es ist kein Wunder, dass KnobbeKeuk in ihrem großartigen Lehrbuch zum Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht weder das Stichwort Subjektsteuerprinzip noch das Individualsteuerprinzip behandelt. Mit dem heute für richtig gehaltenen Inhalt gibt es das Prinzip gar nicht, es ist eine Erfindung der Steuerverfassungsdogmatik, und eine wenig überzeugende dazu. Zu Joachim Englisch: Ja, mit Art. 14 GG vereinbar ist sowohl eine umwandlungsbedingte Besteuerung der stillen Reserven als auch eine Buchwertverknüpfung. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass man aus der Verfassung Konkretes für das Umwandlungssteuerrecht ableiten kann. Nur: Rechtspolitisch vernünftig ist nach meiner Überzeugung der Besteuerungsaufschub durch Buchwertverknüpfung als Regel, nicht die sofortige Besteuerung der stillen Reserven. Zu Herrn Anzinger: Mein Grundanliegen an dieser Stelle ist, darauf hinzuweisen, dass es ein Fehlschluss ist, aus dem Umstand, dass Umstrukturierungen Tauschelemente aufweisen, darauf zu schließen, dass es deshalb besteuerungswürdige Tauschgeschäfte seien. Tauschgeschäfte und Geschäfte mit einzelnen Tauschelementen sind nicht dasselbe. Erneut: Umwandlungen generieren kein Markteinkommen. Deshalb sollte man sie grundsätzlich nicht besteuern. Dass es in besonderen Konstellationen vielleicht auch einmal anders zu beurteilen sein mag, spricht nicht gegen diese Regel. Ich möchte das Gesetz nicht von irgendwelchen theoretisch denkbaren Ausnahmekonstellationen her verstehen, sondern vom Normalfall. Im Übrigen ergibt sich nach meinem Modell für den Fiskus kein Nachteil: Die Besteuerung der stillen Reserven ist ja nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.
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Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Zunächst zum Beitrag von Dietmar Gosch: Sie rechtfertigen die Steuerneutralität bei Umstrukturierungen marktordnungsrechtlich. Es sei kein Steuerrecht, sondern Wirtschaftsordnungsrecht. Das sind wir nicht weit auseinander. Nach meiner Auffassung bezweckt die Steuerneutralität bei Umstrukturierungen, bei der Wahl der effizientesten Unternehmensform eine steuerliche Entscheidungsneutralität zu gewährleisten. Beide Rechtfertigungsgründe sind – wenn sie schon nicht dasselbe meinen, es aber anders bezeichnen – jedenfalls außerfiskalisches Förderungsziele mit der Folge, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Umstrukturierungstatbestände einen weiten Spielraum hat. Des Weiteren erlauben Sie mir zu ihrer Kritik an der Geltung des Subjektsteuerprinzips eine kleine Ergänzung: Bekanntlich wurde die Geltung des Subjektsteuerprinzips bereits von Eckart Ratschow bei der DStJG-Tagung in Potsdam 2010 mit einer beachtungswürdigen Fundamentalkritik abgelehnt1. Ironischerweise hat das Subjektsteuerprinzip erst danach eine enorme praktische Wirksamkeit entfaltet. So hat etwa der BFH seit 2012 in 20 Entscheidungen, bei denen um die Frage der Realisierung von stillen Reserven ging, mit dem Subjektsteuerprinzip argumentiert. Beispielhaft hervorheben möchte ich eine Rechtsprechung, bei der es sogar eine Einigkeit zwischen dem I. und IV. Senat des BFH gab2: Beide Senate haben übereinstimmend unter Heranziehung des Subjektsteuerprinzips im Anschluss einer Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine EinmannGmbH & Co KG durch den allein am Vermögen beteiligten Kommanditisten die Sperrfrist aus § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG nicht angewendet, obwohl die ebenfalls dort geregelte Rückausnahme ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig war. Das zeigt: Eine Bedeutung hat das Subjektsteuerprinzip in der Rechtspraxis mittlerweile schon. Zum Beitrag von Wolfgang Schön: Ihr Bild von der „Kippfigur“ passt wirklich hervorragend. Mir ging es darum, gerade diese „Kippfigur“ in den Mittelpunkt meines Vortrags zu stellen. Gerade die Richtung, in welche man die Figur kippen lässt, ist entscheidend. Ich habe bei der Vorbereitung lange überlegt, ich welche Richtung ich sie kippen lasse. Das war eine knappe Entscheidung. Sie ist 51:49 für die Grundannahme ausgegangen, dass stille Reserven bereits mit ihrer Entstehung und nicht erst 1 Ratschow in DStJG 34 (2011), S. 35 ff. 2 BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450 Rz. 20; BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/12, BStBl. II 2015, 463 Rz. 34.
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bei ihrer Realisierung eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen. Dennoch bleibt dies die entscheidende Grundsatzfrage, über die wir diskutieren müssen. Die Entscheidung über die Grundannahme determiniert nämlich auch, welche weiteren Prinzipien wir widerspruchsfrei aus dem Leistungsfähigkeitsprinzips ableiten können und welche eben nicht. Geht man – wie ich – davon aus, dass die Entstehung von stillen Reserven bereits eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründet, dann lässt sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip die Geltung des Entstrickungs- und Subjektsteuerprinzips widerspruchsfrei ableiten, aber eben nicht die Geltung des Realisations- und des Kontinuitätsprinzips. Geht man dagegen davon aus, dass stille Reserven erst mit ihrer Realisation eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen, lässt sich die Geltung des Realisationsprinzips und des Kontinuitätsprinzips aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip widerspruchsfrei ableiten, aber nicht die Geltung des Entstrickungs- und Subjektsteuerprinzips. Beide Grundannahmen sind meines Erachtens gut vertretbar. Problematisch wird es dagegen, wenn wir beides vermengen, also die Geltung der Subprinzipien nicht widerspruchsfrei auf das Leistungsfähigkeitsprinzip zurückführen, sondern sagen, dass das Relationsund Kontinuitätsprinzip neben dem Entstrickungs- und Subjektsteuerprinzip Geltung beansprucht. Dann entstehen zwangsläufig Widersprüche, die die Ordnungsfunktion der Prinzipien untergraben. Die Prinzipien wirken dann nicht systembildend. Sie beschreiben so bestenfalls ein Konglomerat und führen schlimmstenfalls in Chaos. Mein Plädoyer ist daher, sensibler zu sein, wenn mit Prinzipien gerade im Rahmen der Rechtsanwendung argumentiert ist. Sich widersprechende Prinzipien kann es nicht geben, wenn diese widerspruchsfrei aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip abgeleitet werden und man sich zuvor darüber im Klaren ist, was man unter Leistungsfähigkeit besteht. Zu Ihrer weiteren Anmerkung, Herr Schön: In der Tat müssen wir uns die Frage stellen, ob das gesamte Umstrukturierungsrecht EU-rechtlich als eine Beihilfe angesehen werden muss, wenn man die Steuerneutralität von Umstrukturierungsvorgängen steuersystematisch als eine Ausnahme von der Regelbesteuerung deutet, die durch ein außerfiskalisches Förderungsziel – nämlich durch das Ziel, bei der Wahl der jeweils effizientesten Unternehmensform eine steuerliche Entscheidungsneutralität zu gewährleisten – gerechtfertigt werden muss. Das ist ein Problem. Aber am Ende des Tages glaube ich nicht, dass beihilferechtliche Bedenken hier durchgreifen werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Steuerneutralität von Umstrukturierungsvorgängen bereits durch die EU-Fusionsrichtlinie – also durch europäisches Sekundärrecht – vorgegeben wird. Be-
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kanntlich hält sich der EuGH sehr zurück, Regelungen am Maßstab der EU-Grundfreiheiten zu prüfen, wenn die Regelung durch EU-Sekundärrecht vorgegeben wird. Eine vergleichbare Zurückhaltung könnte ich mir auch beim EU-Beihilferecht vorstellen, wenn es darum geht, Regelungen zu überprüfen, die durch die Fusionsrichtlinie vorgegeben werden. Überdies halte ich es auch vor dem Hintergrund der EU-Fusionsrichtlinie nicht für zwangsläufig, dass steuerneutrale Umstrukturierungstatbestände als Ausnahmen vom Regelsystem im Sinne einer „Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ beim beihilfespezifischen Prüfungsmaßstab angesehen werden. Zu Daniela Danz: Ja, wir sind in zentralen Fragen einer Meinung. In der schriftlichen Fassung meines Vortrags wird Ihre Doktorarbeit zitiert. Klaus Tipke wird natürlich auch zitiert, der bereits bei seinem Eröffnungsvortrag zur DStJG-Tagung 1980 zutreffend ausgeführt hat, dass die zentrale Ausgangsfrage sei, ob stille Reserven bereits mit ihrer Entstehung oder erst mit ihrer Realisation eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen3. Das ist in der Folgezeit ein bisschen untergegangen und wurde in späteren Beiträgen kaum zitiert. Darum war es mir besonders wichtig, diese „Kippfigur“ – fast 40 Jahre später – wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Zu den Beiträgen von Klaus-Dieter Drüen, Mathias Valta und Joachim Englisch, die alle den verfassungsrechtlichen Maßstab betrafen: Wenn ich davon ausgehe, dass eine gesteigerte Leistungsfähigkeit bereits bei der Entstehung von stillen Reserven entsteht, folgt daraus verfassungsrechtlich noch nicht zwangsläufig, dass die stillen Reserven bereits mit ihrer Entstehung besteuert werden müssten. Eine Nichtbesteuerung zu diesem Zeitpunkt, also ein Aufschub der Besteuerung, rechtfertigt sich hier bereits aus Gründen der Praktikabilität. Man müsste ja nicht nur alle bilanzierten Wirtschaftsgüter zu ihrem Zeit- bzw. Verkehrswert bewerten, sondern auch alle steuerlich nicht aktivierungsfähigen Wirtschaftsgüter. Das würde zu erheblichen Bewertungsunsicherheiten führen. Ein weiteres Argument lässt sich der Eigentumsgarantie entnehmen, obwohl man hier vorsichtig sein muss, weil sie sich für die beiden diametralen Grundannahmen fruchtbar machen lässt. Geht man davon aus, dass bereits mit der Entstehung von stillen Reserven eine gesteigerte Leistungsfähigkeit entsteht, und stellt man die Eigentumsgarantie neben das Leistungsfähigkeitsprinzip, dann lässt sich die vorläufige Nichtbesteuerung der stillen
3 Tipke in DStJG 4 (1981), S. 1 (3).
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Reserven damit begründen, dass es im Sinne einer eigentumsschonenden Besteuerung unverhältnismäßig wäre, die stille Reserven zu besteuern, solange ihre Besteuerung gesichert bleibt; anderenfalls könnte der Steuerpflichtige schlimmstenfalls gezwungen sein, das Wirtschaftsgut zu veräußern, um seine Steuerschuld zu begleichen. Geht man dagegen von der diametralen Gegenthese aus, also davon, dass stille Reserven erst bei ihrer Realisation eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen, wird auch der Eigentumsgarantie dogmatisch eine andere Rolle zugewiesen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip selbst wird dann durch die Eigentumsgarantie konkretisiert, die zwar einen Substanz- und Verfügungsschutz, aber gerade keinen Werthaltigkeitsschutz bietet. Spiegelbildlich heruntergebrochen soll daher aus Art. 14 GG folgen, dass erst eine Verfügung über das Wirtschaftsgut (und damit erst eine Realisation der stillen Reserven) – nicht aber eine bloße Wertsteigerung des Wirtschaftsguts (und damit nicht die bloße Entstehung von stillen Reserven) – einen vor Art. 14 GG verfassungsrechtlich zulässigen Steuerzugriff begründen kann. Das mag der eine oder andere für plausibel halten, erklärt aber nicht, warum wir im geltenden Recht die stillen Reserven bei einer Entnahme besteuern. Folgt man dieser Position, lässt sich – wie ich in meinem Vortrag ausgeführt habe – auch kein anderer (Rechtfertigungs-)Grund finden, warum wir stille Reserven bei einer Entnahme besteuern sollten. Folgt man dieser Position, wirft das also die heikle Frage auf: Verstößt das geltende Recht gegen Art. 14 GG, weil es bei einer Entnahme auf die stillen Reserven zugreift, obwohl weder eine Verfügung noch eine Realisation stattfindet? – Ich meine nicht. Das ist ein wesentlicher Grund, warum ich der gegenteiligen Grundannahme folge, also davon ausgehe, dass stille Reserven bereits bei ihrer Entstehung eine gesteigerte Leistungsfähigkeit begründen. Zum Beitrag von Heribert Anzinger und damit zur Frage, ob die Gewährung von Gesellschaftsrechten als Gegenleistung für die Hingabe von Wirtschaftsgütern steuerrechtlich als ein tauschähnlicher Vorgang und damit als ein Realisationsakt zu qualifizieren ist: Das wird ja in ständiger Rechtsprechung, von der Finanzverwaltung und von der herrschenden Meinung bejaht. Meistens wird jedoch auf eine Begründung verzichtet. Sucht man eine Begründung, findet man folgende: Die Tauschähnlichkeit soll sich aus dem Umstand rechtfertigen, dass der Gesellschafter das Wirtschaftsgut in einem ersten Schritt an die Gesellschaft hätte veräußern können und dann die Kaufpreisschuld mit der Einlageforderung hätte verrechnen können. Betrachtet man die „Begründung“, lässt sich diese mit guten Gründen kritisieren, weil ihre Schwäche doch offen-
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sichtlich ist: Erst wird unterstellt, dass stets eine Bareinlage geschuldet wird. Dann wird auf der Grundlage der Unterstellung ein Alternativsachverhalt zugrunde gelegt, der so nicht stattgefunden hat. Eine solche Hätte-Hätte-Argumentation kann man also mit guten Gründen kritisieren. Verfassungsrechtlich betrachtet ist für mich hier aber ein anderes Argument entscheidend. Betrachtet man etwa die Ausgestaltung der Tatbestände im Umwandlungssteuergesetz, wird man kaum bestreiten können, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass diesen zumindest in den Fällen, in denen Wirtschaftsgüter gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten „getauscht“ werden, grundsätzlich Realisationsakte zugrunde liegen. Ansonsten hätte der Ansatz des gemeinen Werts kaum den Regeltatbestand bilden können und der steuerneutrale Buchwertansatz die antragsbedingte Ausnahme.
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Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften Michael Wendt Vorsitzender Richter am BFH, München
I. Einleitung 1. Eingrenzung des Themas 2. Überblick über den Gang der Untersuchung II. Umstrukturierungen durch unentgeltliche Vermögenstransfers 1. Transfer von Wirtschaftsgütern a) Behandlung unentgeltlicher Transfers als Entnahme und Einlage b) Transfer ohne Rechtsträgerwechsel (Überführung) aa) Gesellschaft oder Gesellschafter als überführender Rechtsträger bb) Begriff der Überführung cc) Überführung zwischen Sonder- und Einzelbetriebsvermögen dd) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen ee) Buchwertfortführung als Rechtsfolge c) Transfer mit Rechtsträgerwechsel (Übertragung) aa) Buchwertfortführung als Rechtsfolge auch bei Übertragungen bb) Transfer zwischen Gesellschafter und Gesellschaft cc) Transfer zwischen Schwestergesellschaften (1) Transfer zwischen Gesamthandsvermögen
(2) Transfer zwischen Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen dd) Transfer zwischen Gesellschaftern ee) Grenzen der Buchwertfortführung (1) Missbrauchsverhinderung durch Behaltefrist (2) Keine Verlagerung von Steuersubstrat in Bereich des Teileinkünfteverfahrens 2. Transfer von Sachgesamtheiten a) Übertragung einer Sachgesamtheit aa) Begriff der Übertragung i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG bb) Übertragung der ganzen Sachgesamtheit cc) Buchwertfortführung als Rechtsfolge b) Zum Buchwert übertragbare Sachgesamtheiten aa) Übertragung des Betriebs bb) Übertragung von Teilbetrieben (1) Echter Teilbetrieb (2) 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb cc) Übertragung von Mitunternehmeranteilen (1) Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils (2) Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils
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Wendt – Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften 3. Übertragung einzelner Gesellschafterrechte III. Umstrukturierungen durch entgeltliche Vermögenstransfers 1. Begriff der Entgeltlichkeit 2. Transfer von Wirtschaftsgütern a) Übertragung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter b) Übertragung zwischen Gesellschaftern c) Übertragung zwischen Schwestergesellschaften 3. Transfer von Sachgesamtheiten a) Allgemeine Rechtsgrundlagen und Rechtsfolgen b) Übertragung des Betriebs c) Übertragung von Teilbetrieben aa) Echter Teilbetrieb bb) 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb d) Übertragung von Mitunternehmeranteilen aa) Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils bb) Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils 4. Übertragung einzelner Gesellschaftsrechte IV. Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern 1. Eintritt von Gesellschaftern a) Gründung einer neuen Personengesellschaft aa) Gründung gegen Barund Sacheinlagen bb) Besonderheiten bei Aufnahme eines Gesellschafters in bisheriges Einzelunternehmen b) Eintritt in bestehende Personengesellschaft
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2. Ausscheiden von Gesellschaftern a) Bedeutung eines Entgelts oder einer Abfindung b) Ausscheiden einzelner Gesellschafter aa) Ausscheiden unter Fortbestand der Gesellschaft (1) Ausscheiden unter Anwachsung des Anteils auf einen Gesellschafter (2) Ausscheiden unter Anwachsung des Anteils auf mehrere Gesellschafter (3) Besonderheiten bei Abfindung mit Wirtschaftsgut des Gesellschaftsvermögens (unechte Realteilung) (4) Übertragung des Anteils auf neuen Gesellschafter bb) Ausscheiden unter Beendigung der Gesellschaft c) Ausscheiden aller Gesellschafter aa) Liquidation der Gesellschaft bb) Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens und steuerrechtliche Realteilung V. Umwandlung in eine andere Personengesellschaft 1. Umwandlungsvorgänge i.S.d. UmwStG 2. Formwechsel in andere Personengesellschaft 3. Anwachsung auf andere Personengesellschaft VI. Gewerbesteuerliche Sonderfragen VII. Zusammenfassung und Schluss
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Wendt – Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften
I. Einleitung 1. Eingrenzung des Themas Im Hinblick darauf, dass die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und die dogmatischen Grundlagen des Ertragsteuerrechts im Zusammenhang mit Umstrukturierungen von Personengesellschaften an anderer Stelle behandelt werden1, erscheint es zur Vermeidung von Überschneidungen sinnvoll, an dieser Stelle einen Überblick über die ertragsteuerrechtliche Beurteilung von Umstrukturierungsvorgängen de lege lata zu geben und auf die durchaus reizvolle Verprobung dessen, was gesetzlich geregelt ist und wie es von den Rechtsanwendern interpretiert wird, mit den Geboten des Verfassungsrechts und dogmatischen Strukturen des Ertragsteuerrechts zu verzichten. Ausgespart werden auch die gesondert behandelten Fragen zur Beteiligung von KSt-Subjekten an Umstrukturierungen2, zur Verlustnutzung3 und Umstrukturierungen mit Auslandsbezug4. Um den vorgesehen Umfang des Beitrags nicht zu sprengen, sind weitere Eingrenzungen notwendig. Deshalb wird auf Besonderheiten des Gewerbesteuerrechts nur kurz am Ende des Beitrags eingegangen. Rein vermögensverwaltende Personengesellschaften, für die ertragsteuerlich in vielen Punkten andere Grundsätze als für Mitunternehmerschaften gelten, bleiben ebenso ausgespart wie Vorgänge, in denen von Vermögensverwaltung zu einer Mitunternehmerschaft übergegangen wird oder umgekehrt. Personenzusammenschlüsse, die keine Personengesellschaft sind, aber gleichwohl eine Mitunternehmerschaft sein können, sind schon nach dem Wortlaut des Themas nicht Gegenstand dieses Referats. Nicht berücksichtigt werden außerdem Bezüge zu § 15a EStG, Sonderfragen von Steuerstundungsmodellen, Besonderheiten bei pauschaler Gewinnermittlung, wie etwa bei der Gewinnermittlung nach der Tonnage gem. § 5a EStG, Auswirkungen auf die begünstige Besteuerung nicht entnommener Gewinne nach § 34a EStG, auf Details der GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG sowie auf Einzelfragen des ESt-Tarifs. 1 Desens, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen und ertragsteuerrechtliche Grundlagen von Umstrukturierungen; Hennrichs, Grundlagen und Grenzen der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen. 2 Herlinghaus, Umstrukturierungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften; Beinert, Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt. 3 Röder, Umstrukturierung und Verlustnutzung. 4 Schön, Grenzüberschreitende Umstrukturierungen einschließlich EU-Recht; Benecke, Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug.
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Wendt – Umstrukturierungsvorgänge bei Personengesellschaften
2. Überblick über den Gang der Untersuchung Ausgangspunkt für die Gliederung des Beitrags ist nicht die Abarbeitung einschlägiger Normen im Stile eines Kommentars, sondern die Gliederung orientiert sich an den verschiedenen Formen von Umstrukturierungsmaßnahmen. Für diese wird nach der jeweils anwendbaren Regelung gesucht, weil diese Vorgehensweise auch ermöglicht, zu Zweifeln über die einschlägige Norm Stellung zu nehmen oder die Erkenntnis zu gewinnen, dass es für eine Umstrukturierungsform keine spezielle Norm gibt. Angesichts der Fülle des Stoffs kann nur eine deduktive Darstellung in Betracht kommen. Eine letzte Vorbemerkung ist noch erforderlich: Eine Darstellung de lege lata unter Ausgrenzung von dogmatischen Grundfragen kann keine kritische Auseinandersetzung mit den zahlreichen im Schrifttum vertretenen Ansichten sein. Sie muss sich vielmehr an einem main stream orientieren, wobei für den Verfasser schon wegen seiner beruflichen Tätigkeit die Perspektive der Rechtsprechung naheliegt. Das Verständnis der Rechtsprechung in den Vordergrund zu stellen, ist aber auch dogmatisch gerechtfertigt. Denn die Rechtsprechung bestimmt als Letztinterpret des Gesetzes dessen Auslegung, zumindest so lange, bis der Gesetzgeber eine aus seiner Sicht fehlerhafte Interpretation durch ein korrigierendes Gesetz beseitigt5. Der Verwaltung als demjenigen Teil der Staatsgewalt, dessen Gesetzesauslegung von der Rechtsprechung kontrolliert wird, ist die Nichtbefolgung der Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung nicht gestattet. Sie kann über Gesetzesinitiativen der Bundesregierung oder des Bundesrats aber jederzeit Gesetzesänderungen anstoßen. Soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte bei einer solchen Gesetzesänderung beachtet werden, kann der Auslegung durch die Rechtsprechung der Boden entzogen werden. Allerdings muss sich auch ein Änderungsgesetz in Übereinstimmung mit der Verfassung befinden6, weshalb für eine Gesetzesänderung genau analysiert werden muss, ob die geänderte Fassung des Gesetzes verfassungsrechtlich unangreifbar ist. Daran hat es in der Vergangenheit gelegentlich gefehlt, und auch aktuelle Gesetzesvorschläge werfen unter diesem Aspekt Bedenken auf.
5 Z.B. BVerfG v. 17.12.2003 – 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1. 6 Dies ist eine Selbstverständlichkeit, muss aber wohl gelegentlich ausdrücklich festgehalten werden, wie etwa im Beschluss des BVerfG v. 17.12.2003 – 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1.
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II. Umstrukturierungen durch unentgeltliche Vermögenstransfers Findet ein Vermögenstransfer unentgeltlich statt, schafft der Vorgang keine zusätzliche Liquidität, aus der Ertragsteuern finanziert werden könnten. Ziel solcher Gestaltungen ist es deshalb, die Realisierung eines Gewinns durch den Vorgang zu vermeiden. Dies gelingt, wenn das betreffende Vermögen unter Beibehaltung des bisher für die betriebliche Gewinnermittlung maßgebenden Werts transferiert werden kann. Versteht man unter einem Transfer den Wechsel des (zumindest) wirtschaftlichen Eigentums i.S.d. § 39 Abs. 2 AO, erscheint die Wertfortführung zumindest dann systemwidrig, wenn der Eigentumsübergang zwischen zwei Besteuerungssubjekten des Ertragsteuerrechts stattfindet. Das ertragsteuerlich geltende Subjektsteuerprinzip steht einer Wertfortführung in einem solchen Fall entgegen, wenn der bisher maßgebliche Wert von dem gemeinen Wert oder Teilwert des betreffenden Vermögens abweicht. Denn der Differenzbetrag (stille Reserven oder stille Lasten) ist noch Bestandteil der Einkunftserzielung des bisherigen wirtschaftlichen Eigentümers und müsste in dessen ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Dennoch sieht das Gesetz in bestimmten Fällen die Fortführung des Buchwerts nach einem solchen Transfer vor. Als Vermögenstransfer sollen im Folgenden aber auch solche Fälle verstanden werden, in denen das Vermögen nicht auf einen anderen wirtschaftlichen Eigentümer übergeht, sondern infolge der Rechtsgestaltung lediglich einer anderen betrieblichen Gewinnermittlungseinheit zugeordnet wird. Da kein Wechsel auf ein anderes Steuersubjekt stattfindet, könnte ein solcher Vorgang ertragsteuerrechtlich als irrelevant angesehen werden; er bedürfte dann hier keiner Erwähnung. Dem steht allerdings entgegen, dass das Gesetz ausdrücklich Regelungen für solche Fallgestaltungen trifft, also selbst von einem Regelungsbedarf ausgeht. Bei den Umstrukturierungen durch unentgeltliche Vermögenstransfers ist zwischen den Transfers von einzelnen Wirtschaftsgütern und von Sachgesamtheiten zu unterscheiden. Zwar könnte der Transfer einer Sachgesamtheit auch als Summe der Transfers aller zu der Gesamtheit gehörenden Wirtschaftsgüter betrachtet werden. Dabei würde aber etwa unberücksichtigt bleiben, dass Güter in ihrer sachlichen Verbundenheit eine übergeordnete Bedeutung haben können, dass ihr Wert innerhalb der Gesamtheit von dem des Guts als Einzelwirtschaftsgut abweichen kann und dass bewertbare und greifbare Vorteile, die evtl. die Eigenschaft als
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Wirtschaftsgut erfüllen, erst im Rahmen der Gesamtheit überhaupt entstehen können, wie etwa ein Geschäftswert. Dass der Gesetzgeber dieser Unterscheidung Bedeutung beimisst, lässt sich daran erkennen, dass er unterschiedliche Regelungen für Transfers von Einzelwirtschaftsgütern und Sachgesamtheiten geschaffen hat. Diese Erkenntnis lässt zugleich zweifelhaft erscheinen, ob eine fehlende Regelung für einen bestimmten Transfer einer Sachgesamtheit durch eine analoge Anwendung der für den vergleichbaren Transfer eines Einzelwirtschaftsguts existierenden Regelung im Sinne einer die Summe der Güter betreffenden Betrachtung ersetzt werden darf. Unabhängig davon, ob von der Planwidrigkeit der Gesetzeslücke ausgegangen werden kann, wird im Einzelfall geprüft werden müssen, ob die Rechtslage wirklich vergleichbar ist.
1. Transfer von Wirtschaftsgütern Wie ausgeführt sind die Transfers danach zu unterscheiden, ob ihnen ein Wechsel des (zumindest) wirtschaftlichen Eigentums i.S.d. § 39 Abs. 2 AO zugrunde liegt oder nicht. Das Gesetz knüpft an diese Unterscheidung an, indem es Regelungen für die „Überführung“ und die „Übertragung“ von Wirtschaftsgütern trifft. Übertragung setzt in diesem Zusammenhang den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger voraus, während Überführung den Übergang in eine andere betriebliche Gewinnermittlungseinheit desselben Rechtsträgers bedeutet.
a) Behandlung unentgeltlicher Transfers als Entnahme und Einlage Grundlegende Norm ist für diese Fälle § 6 Abs. 5 EStG, der in den Sätzen 1 und 2 Regelungen zur Buchwertfortführung bei Überführungen enthält, während Satz 3 die Buchwertfortführung bei Übertragungen betrifft. Aus seiner Stellung im Gesetz ergibt sich, dass § 6 Abs. 5 EStG eine Bewertungsvorschrift ist, also nicht selbst einen Besteuerungstatbestand regelt, sondern den Wert beschreibt, mit dem ein Wirtschaftsgut im Rahmen eines anderenorts geregelten Tatbestands zu berücksichtigen ist. Soweit es sich darum handelt, mit welchem Wert ein Wirtschaftsgut im Rahmen einer unentgeltlichen Transaktion zu berücksichtigen ist, muss zugrunde liegender Tatbestand eine Entnahme oder Einlage sein. Der steuerrechtliche Tatbestand einer Entnahme oder Einlage wird bei einer unentgeltlichen Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger in der Regel vorliegen, weil es an einer betrieblichen
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Veranlassung für die Unentgeltlichkeit fehlt. In diesem Sinne außerbetrieblich veranlasst ist auch eine Übertragung, die aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt7. Liegt der unentgeltlichen Übertragung allerdings ausnahmsweise eine betriebliche Veranlassung zugrunde, ist § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht anwendbar. Vielmehr findet sich für die Bewertung im Betriebsvermögen des Übertragungsempfängers in § 6 Abs. 4 EStG die Regelung, dass der gemeine Wert für ihn als Anschaffungskosten gilt. Besteht für den Übertragenden eine betriebliche Veranlassung, führt die Übertragung zu einer Betriebsausgabe, die nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten ist. Ein Wechsel des Rechtsträgers ist allerdings kein notwendiges Merkmal einer Entnahme oder Einlage. Wie man der Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG entnehmen kann, betrachtet das EStG auch den Wechsel von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuersubjekts als Entnahme im abgebenden und Einlage im aufnehmenden Betriebsvermögen. Denn wenn der Gesetzgeber dort eine ausdrückliche Regelung für die Bewertung bei Überführung eines Wirtschaftsguts zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen trifft, lässt dies den Schluss darauf zu, dass eine solche Überführung nach der Vorstellung des Gesetzgebers zur Verwirklichung eines Besteuerungstatbestands führt. Dieser kann nur in einer Entnahme bzw. Einlage liegen und müsste dann nach allgemeinen Regeln mit dem Teilwert bewertet werden. Diese Rechtsfolge vermeidet § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, indem die Bewertung mit dem bisherigen Buchwert angeordnet wird. Entnahme und Einlage liegen demnach bereits bei einem Transfer zwischen verschiedenen Gewinnermittlungseinheiten desselben Steuersubjekts vor. Dementsprechend müssen auch unentgeltliche Transfers zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft, die mit einem Wechsel der Gewinnermittlungseinheit verbunden sind8, ungeachtet des Transparenzprinzips und dessen Reichweite als Entnahme bzw. Einlage beurteilt werden. Aus der Rechtsfolgenanordnung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, auf die § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG verweisen, ergibt sich darüber hinaus, dass Transfers unter Beteiligung des Privatvermögens nicht von der Vorschrift erfasst sein können. Denn es ist „der Wert anzusetzen, der sich nach den 7 Gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist keine betriebliche Veranlassung i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG, BFH v. 19.7.2018 – IV R 14/16, BFHE 262, 124. 8 Anderenfalls fehlt es an einer Entnahme bzw. Einlage, s. näher dazu unter II.1.c)bb).
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Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt“. Einen solchen Wert kann es nur für Wirtschaftsgüter geben, die im Zeitpunkt des Transfers Gegenstand einer Gewinnermittlung sind, also zu einem Betriebsvermögen gehören. Die Fortführung dieses Werts setzt ebenfalls die Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen voraus.
b) Transfer ohne Rechtsträgerwechsel (Überführung) aa) Gesellschaft oder Gesellschafter als überführender Rechtsträger Bei den Transfers ohne Rechtsträgerwechsel ist zu trennen zwischen Transfers von Gesellschaftern und Transfers der Gesellschaft selbst. Ein Personengesellschafter kann ein Wirtschaftsgut zwischen dem Betriebsvermögen eines ihm zuzurechnenden Betriebs und seinem Sonderbetriebsvermögen transferieren oder auch Transfers zwischen zwei Sonderbetriebsvermögen bei verschiedenen Personengesellschaften vornehmen. Transfers zwischen zwei Sonderbetriebsvermögen sind auch bei einer Personengesellschaft selbst vorstellbar, wenn diese nämlich als Obergesellschaft an zwei Unterpersonengesellschaften beteiligt ist. Für die genannten Transfers ohne Rechtsträgerwechsel, im Terminus des Gesetzes also Überführungen, finden sich Regelungen in § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG.
bb) Begriff der Überführung Als Auslöser für eine solche Überführung kommen in erster Linie Änderungen tatsächlicher Art in Betracht. Diese müssen bewirken, dass das betreffende Wirtschaftsgut nicht mehr Betriebsvermögen der bisherigen Gewinnermittlungseinheit ist und unmittelbar mit der dortigen Entnahme Betriebsvermögen einer anderen Gewinnermittlungseinheit wird. Insbesondere eine Nutzungsänderung kann diese Wirkung haben, indem das Wirtschaftsgut nicht mehr dem bisherigen, sondern einem anderen Betrieb dient und dadurch aus dem bisherigen Sonderbetriebsvermögen entnommen und in das neue Sonderbetriebsvermögen eingelegt wird9. Dazu wird es insbesondere bei Sonderbetriebsvermögen I kommen können, wenn das Wirtschaftsgut der Mitunternehmerschaft zur Nutzung überlassen wird, bzw. umgekehrt, wenn die Nutzungsüberlassung endet. In Betracht kommen aber auch veränderte tatsächliche Umstände bei anderen Gütern, an deren rechtlichem Schicksal das betreffende Wirt9 Vgl. BFH v. 10.3.2016 – IV R 22/13, BFH/NV 2016, 1438.
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schaftsgut teilnimmt. Hier kann man sich etwa einen Fall vorstellen, in dem ein mit Fremdkapital finanziertes Grundstück zwischen dem Einzelund Sonderbetriebsvermögen transferiert wird, was dann auch für das zugehörige Darlehen einen Transfer auslöst10, weil dieses infolge des vom BFH angenommenen Zurechnungszusammenhangs11 das Schicksal des finanzierten Grundstücks teilt. Auch ganz ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse kann eine veränderte Rechtslage eine Überführung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG auslösen, etwa der Erwerb der Mitunternehmerstellung, der dazu führt, dass ein der Mitunternehmerschaft vom späteren Mitunternehmer im Rahmen seines Einzelbetriebs überlassenes Wirtschaftsgut ohne weiteres mit dem Erwerb der Mitunternehmerstellung zu Sonderbetriebsvermögen I wird. Nimmt man an, dass Sonderbetriebsvermögen ebenso wie Betriebsvermögen gewillkürt werden kann12, wird auch die Ausübung dieses Wahlrechts eine Überführung auslösen können13.
cc) Überführung zwischen Sonder- und Einzelbetriebsvermögen Der erste Halbsatz des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG betrifft Überführungen zwischen Einzel- und Sonderbetriebsvermögen und ordnet dafür die Buchwertfortführung an. Ausdrücklich gilt die Regelung für Überführungen vom Einzelbetriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen und umgekehrt, also für Überführungen in beide Richtungen. Anwendungsfälle sind etwa die Nutzungsüberlassung eines bisher im Einzelbetriebsvermögen gehaltenen Wirtschaftsguts an die Mitunternehmerschaft oder umgekehrt die Nutzung des bisher der Mitunternehmerschaft überlassenen Wirtschaftsguts im Einzelbetriebsvermögen.
10 Vgl. BFH v. 27.4.2017 – IV B 53/16, BFH/NV 2017, 1032 zum Transfer eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Schwestergesellschaft unter Zurückbehaltung der Anschaffungsverbindlichkeit. 11 BFH v. 4.7.1990 – GrS 2-3/88, BStBl. II 1990, 817. 12 Zu gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen II BFH v. 7.7.1992 – VIII R 2/87, BStBl. II 1993, 328; BFH v. 17.11.2011 – IV R 51/08, BFH/NV 2012, 723. 13 Beispiel: Der Gesellschafter nutzt einen Pkw zu 20 % eigenbetrieblich und zu 20 % im Rahmen der Personengesellschaft. Das Fahrzeug wurde zunächst als Betriebsvermögen des Einzelunternehmens, später aber als Sonderbetriebsvermögen behandelt.
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dd) Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen Nicht anders als Überführungen zwischen Einzel- und Sonderbetriebsvermögen werden nach dem zweiten Halbsatz des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG Überführungen zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen einer an mehreren Mitunternehmerschaften beteiligten Person beurteilt. Auch hier werden bei Sonderbetriebsvermögen I veränderte Nutzungsverhältnisse eines Wirtschaftsguts der Hauptanwendungsfall für die Regelung sein. Denkbar sind aber auch veränderte rechtliche Verhältnisse als Ursache für eine Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen. Keine Überführung im Sinne der von § 6 Abs. 5 EStG vorausgesetzten Entnahme und Einlage findet allerdings statt, wenn ein Wirtschaftsgut die Voraussetzungen für Sonderbetriebsvermögen bei zwei Personengesellschaften erfüllt, die zugunsten der einen Gesellschaft gelöste Bilanzierungskonkurrenz entfällt und dadurch die Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen der anderen Gesellschaft wieder zum Tragen kommt14. Dies ist etwa im Fall mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung denkbar, wenn das von der Besitzgesellschaft überlassene Wirtschaftsgut nicht in deren Eigentum, sondern im Eigentum eines oder mehrerer Doppelgesellschafter steht. Das Wirtschaftsgut bzw. die Miteigentumsanteile daran erfüllen in diesem Fall die Eigenschaft von Sonderbetriebsvermögen I bei beiden Gesellschaften, können aber nur bei einer Gesellschaft – nach Meinung des BFH bei der Besitzgesellschaft15 – bilanziert werden. Entfällt die Bilanzierungskonkurrenz z.B. dadurch, dass die personelle Verflechtung entfällt, tritt die bislang verdrängte Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebsgesellschaft (sog. latentes Sonderbetriebsvermögen) lediglich „wieder in Erscheinung“16. Dabei aber muss ein Wert angesetzt werden, der m.E. wiederum nur in analoger Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG bestimmt werden kann.
ee) Buchwertfortführung als Rechtsfolge Als Rechtsfolge ordnet § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG im Wege des Verweises auf § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG die Buchwertfortführung an. Diese steht mit dem Subjektsteuerprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip in voller 14 BFH v. 22.9.2011 – IV R 33/08, BStBl. II 2012, 10. 15 BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325; BFH v. 18.8.2005 – IV R 59/04, BStBl. II 2005, 830. 16 BFH v. 30.8.2007 – IV R 50/05, BStBl. II 2008, 129.
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Übereinstimmung. Weil ein Übergang stiller Reserven oder Lasten auf ein anderes Steuersubjekt nicht stattfindet und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts von der Überführung nicht tangiert wird, kann es keinen Grund für einen fiskalischen Zugriff anlässlich der Überführung geben. Gewerbesteuerliche Folgewirkungen bleiben dabei außer Betracht. Dies ist keine Besonderheit der Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG, sondern eine Folge des Umstands, dass auch bei einem Wechsel zwischen gewerblichen und nicht gewerblichen Einkünften für Zwecke der GewSt an die einkommensteuerliche Gewinnermittlung angeknüpft wird und das Ausscheiden aus ebenso wie der Eintritt in die gewerbesteuerliche Verstrickung keine unmittelbaren Besteuerungsfolgen auslöst. Im Zusammenhang mit der Buchwertfortführung bei Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen einem gewerbesteuerlich verstrickten und einem gewerbesteuerlich nicht verstrickten Betriebsvermögen ergeben sich insoweit keine Besonderheiten. Präzise lautet die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, dass bei der Überführung der Wert anzusetzen ist, „der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt“. Diese mit „Buchwertfortführung“ verkürzt bezeichnete Rechtsfolge bedeutet die Fortführung des im bisherigen Betriebsvermögen nach den Gewinnermittlungsvorschriften der §§ 4–7i EStG im Zeitpunkt der Überführung maßgebenden Werts im aufnehmenden Betriebsvermögen. Wird der Gewinn für beide Betriebe durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, scheint die Ausbuchung im abgebenden Betriebsvermögen und die Einbuchung im aufnehmenden Betriebsvermögen trivial zu sein. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Steuersubjekt, dem das Wirtschaftsgut zuzuordnen ist, unverändert bleibt, so dass letztlich der Wert im Zeitpunkt der Überführung bedeutungslos erscheint. Bedeutungslos ist der konkrete Wert aber etwa dann nicht, wenn die Gewinnermittlungszeiträume beider Betriebe voneinander abweichen, so dass Gewinnauswirkungen in verschiedenen Besteuerungsperioden eintreten können. Bedeutung kann der Wert auch für betriebsbezogene Steuervergünstigungen haben, die an den laufenden Gewinn oder das Betriebsvermögen der jeweiligen Gewinnermittlungseinheit anknüpfen. Schließlich können auch personenbezogene Steuervergünstigungen an ein bestimmtes Periodeneinkommen anknüpfen. Was ist also nun der maßgebende Wert, etwa bei einem abnutzbaren Wirtschaftsgut, das im Lauf des Wirtschaftsjahrs überführt wird: Ist die AfA zeitanteilig zu berücksichtigen, sind Teilwertabschreibung oder Wertaufholung vorzunehmen oder wird das Wirtschaftsgut schlicht zu
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dem bisherigen Eröffnungsbilanzwert in der Bilanz des abgebenden Betriebs überführt? Die Antwort auf diese Fragen lässt sich nicht aus allgemeinen Regeln zur buchmäßigen Behandlung von Entnahmen und Einlagen ableiten, denen § 6 Abs. 5 EStG als spezielle Regelung vorgeht. Denn werden Entnahme und Einlage nach allgemeinen Grundsätzen mit dem Teilwert bewertet, können sich diese Fragen nicht stellen: Im abgebenden Betriebsvermögen werden mit der Entnahme alle stillen Reserven und Lasten aufgedeckt. Sieht man den Zweck der Buchwertfortführung darin, die Aufdeckung stiller Reserven infolge des Transfers zu verhindern, käme eine Wertaufholung aus Anlass des Transfers beispielsweise nicht in Betracht. Darüber hinaus sollten auch Bilanzierungswahlrechte nicht auszuüben sein, denn die damit gebotene Möglichkeit zur Beeinflussung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage widerspricht der zwingend ausgestalteten Buchwertfortführung. Dementsprechend dürfte auf den Wert abzustellen sein, der sich bei planmäßiger Fortentwicklung des Buchwerts aus der Eröffnungsbilanz des abgebenden Betriebs ergibt. Dies kann aber nur der Leitgedanke bei einer Überführung zwischen Betrieben sein, die denselben Gewinnermittlungsgrundsätzen folgen. Werden verschiedene Grundsätze angewandt, müssen m.E. auch die Instrumentarien zur Anpassung berücksichtigt werden, die bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart gelten und die zu Übergangsgewinnen oder -verlusten führen. Wird etwa ein Wirtschaftsgut aus einem bilanzierenden Betrieb in einen Betrieb mit Einnahmenüberschussrechnung überführt, nachdem eine Teilwertabschreibung stattgefunden hat, muss diese Gewinnminderung m.E. im abgebenden Betriebsvermögen rückgängig gemacht werden. Dies widerspricht nicht dem Gedanken der Erfolgsneutralität der Überführung, sondern ist eine Folge des insoweit stattfindenden Wechsels der Gewinnermittlungsart. Entstehen solche Gewinnauswirkungen im Zusammenhang mit der Übertragung zwischen Betrieben mit verschiedenen Gewinnermittlungsarten, kann deren Eintritt auch Ziel einer Gestaltung sein. Dem wird nur unter den Voraussetzungen des § 42 AO entgegengetreten werden können.
c) Transfer mit Rechtsträgerwechsel (Übertragung) aa) Buchwertfortführung als Rechtsfolge auch bei Übertragungen Transfers mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen Rechtsträger – vom Gesetz als Übertragung bezeichnet – unterschei-
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den sich von den erwähnten Überführungen dadurch, dass bei Fortführung des Buchwerts17 stille Reserven und stille Lasten auf einen anderen Rechtsträger übergehen. Mehrere Varianten solcher Übertragungen sind denkbar, nämlich Übertragungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft und Übertragungen zwischen zwei Gesellschaften, an denen jeweils dasselbe Steuersubjekt beteiligt ist. Von der Regel, dass eine Buchwertübertragung mit dem Übergang von Steuersubstrat auf ein anderes Steuersubjekt verbunden ist, gibt es allerdings eine Ausnahme, und zwar dann, wenn der wirtschaftliche Eigentümer nicht selbst Steuersubjekt ist, sondern sich hinter diesem ganz oder teilweise derjenige verbirgt, der das Wirtschaftsgut aus seinem Betriebsvermögen übertragen hat. Vor dem Hintergrund der mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angeordneten Behandlung des Personengesellschafters als Subjekt der Einkommensbesteuerung kann sich die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums zwischen Gesellschafter und Gesellschaft als ein Vorgang darstellen, der im Fall einer Bewertung des Transfers mit dem Buchwert nicht zum Übergang stiller Reserven oder stiller Lasten auf ein anderes Steuersubjekt führt, etwa im Fall einer Ein-PersonenGmbH & Co. KG. Eine Übertragung könnte dann insoweit, wie der Übertragende bei transparenter Betrachtung mit dem Übertragungsempfänger identisch ist, als Überführung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG verstanden werden, wenn es eine Regelung wie die des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht gäbe. Indessen zeigt diese Vorschrift, dass der Gesetzgeber einem anderen Verständnis der Transparenz gefolgt ist, das die Existenz der Rechtsträgerschaft der Personengesellschaft nicht leugnet, sondern im Ausgangspunkt akzeptiert, aber im Ergebnis in bestimmten Fällen zu überwinden sucht, indem ähnlich wie bei einer Überführung dem unentgeltlichen Transfer keine Gewinnauswirkungen beigemessen werden. Während sich aber § 6 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EStG als Ausprägung des Subjektsteuerprinzips erweisen, beinhaltet § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG einen Verstoß gegen dieses Prinzip, soweit eine Buchwertfortführung auch in dem Umfang angeordnet wird, zu dem Übertragender und Übertragungsempfänger bei transparenter Betrachtung nicht das nämliche Steuersubjekt sind.
bb) Transfer zwischen Gesellschafter und Gesellschaft Unentgeltliche Transfers zwischen Gesellschafter und Gesellschaft werden einerseits dann stattfinden, wenn der Gesellschafter sämtliche Ver17 Zur näheren Erläuterung dieser Rechtsfolge s. oben unter II.1.b)ee).
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mögensanteile der Personengesellschaft hält, insbesondere etwa im Fall einer Ein-Personen-GmbH & Co. KG. Übertragungen in beiden Richtungen führen dann wirtschaftlich nicht zu einer veränderten Zuordnung des Vermögens. Dementsprechend hat die Fortführung des Buchwerts ertragsteuerrechtlich vergleichbare Wirkung wie im Fall der Überführung zwischen zwei verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen. Dass § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG ebenso wie § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG die Fortführung des Buchwerts anordnet, verletzt danach weder das Leistungsfähigkeitsprinzip noch das Subjektsteuerprinzip. Anders ist diese Form von Transfers zu beurteilen, wenn am Vermögen der Personengesellschaft mehrere Steuersubjekte beteiligt sind. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Einzelbetriebsvermögen eines Gesellschafters auf die Gesellschaft stünde mit den genannten Prinzipien nur dann in Übereinstimmung, wenn stille Reserven nicht auf andere Gesellschafter überspringen könnten. Die von § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zwingend angeordnete Buchwertfortführung bewirkt jedoch einen Übergang stiller Reserven auf Mitgesellschafter im Fall der Übertragung vom Gesellschafter auf die Gesellschaft und umgekehrt den Übergang der den anderen Mitgesellschaftern zustehenden stillen Reserven im Fall der Übertragung von der Gesellschaft auf den Gesellschafter. Zivilrechtlich wird solchen Transfers eine Schenkung zugrunde liegen, weshalb sie im Wesentlichen bei Familienpersonengesellschaften vorkommen. Die Bewertung derartiger Transfers mit dem Buchwert bewirkt eine Ungleichbehandlung gegenüber Schenkungen von Betriebsvermögen außerhalb von Personengesellschaften und ist deshalb vor dem Gleichheitssatz rechtfertigungsbedürftig. Als einziger Rechtfertigungsgrund kommt hier wohl nur in Betracht, dass die wirtschaftspolitisch beabsichtigte Erleichterung von Umstrukturierungen alle mitunternehmerschaftlich verbundenen Personen einbeziehen muss und deshalb auch das Überspringen stiller Reserven zwischen diesen Personen hinzunehmen ist. Rechtfertigungsbedürftig erscheint nicht nur die Übertragung zwischen dem Einzelbetriebsvermögen eines Gesellschafters und dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, sondern auch die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen bei dieser Gesellschaft und der Gesamthand. Auch bei solchen Übertragungen springen stille Reserven auf oder von anderen am Gesamthandsvermögen beteiligten Gesellschaftern über, wenn der Transfer mit dem Buchwert bewertet wird. Gegenüber dem Transfer unter Beteiligung eines Einzelbetriebsvermögens kommt allerdings bei Sonderbetriebsvermögen noch ein systematisches
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Argument zur Rechtfertigung hinzu. Denn zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft wird von der Rechtsprechung auch das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei dieser Gesellschaft gezählt18. Ein Transfer innerhalb desselben Betriebsvermögens erfüllt keinen ertragsteuerlichen Tatbestand, ist insbesondere nicht als Entnahme oder Einlage zu würdigen. Fehlt aber ein Gewinnrealisierungstatbestand, gibt es keinen bewertungsbedürftigen Vorgang und keinen Rechtsgrund, den bisherigen Buchwert zu ändern. Die Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG läuft deshalb insoweit ins Leere und wird als lediglich deklaratorisch anzusehen sein19.
cc) Transfer zwischen Schwestergesellschaften (1) Transfer zwischen Gesamthandsvermögen Unentgeltliche Transfers sind auch zwischen Schwestergesellschaften denkbar, wiederum insbesondere dann, wenn an den Gesellschaften dieselben Gesellschafter mit denselben Beteiligungsverhältnissen beteiligt sind. Wird ein Wirtschaftsgut aus dem einen Gesamthandsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft übertragen, ähnelt diese Transaktion der Überführung eines Wirtschaftsguts zwischen zwei Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers. Denn bei transparenter Betrachtung ändert sich an der wirtschaftlichen Zuordnung des Wirtschaftsguts nichts. Ein Buchwerttransfer würde dem Subjektsteuerprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechen. Gesetzlich angeordnet ist die Buchwertfortführung für diesen Fall der Entnahme aus dem abgebenden Gesamthandsvermögen und der Einlage in das aufnehmende Gesamthandsvermögen jedoch nicht. Da es sich bei dem Transfer wegen des Rechtsträgerwechsels um eine Übertragung handelt, wäre § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG die einschlägige Vorschrift. Eine Regelung dieser Übertragungsvariante findet sich dort nicht, obwohl derartige Umstrukturierungen bei Schaffung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht übersehen wurden. Vielmehr bestand über die Einbeziehung von Übertragungen zwischen Schwesterpersonengesellschaften in Bundestag und Bundesrat Streit20, der aber nicht zu einer ausdrücklichen 18 Z.B. BFH v. 30.3.1993 – VIII R 8/91, BStBl. II 1993, 864. 19 BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76. 20 BT-Drucks. 14/7343, 3; BR-Drucks. 638/1/01 und 638/3/01, BR-Plenarprotokoll 767, 511.
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Regelung in der einen oder anderen Richtung führte. Angesichts des abschließenden Katalogs von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG wird man daraus den Schluss ziehen müssen, dass die allgemeinen Regeln der Entnahme- und Einlagebewertung gelten. Die daraus folgende Aufdeckung der stillen Reserven steht aber im Widerspruch zum Subjektsteuer- und Leistungsfähigkeitsprinzip. Zugleich bedeutet sie eine gravierende Ungleichbehandlung gegenüber den Fällen, in denen § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG trotz wirtschaftlichen Übergangs auf ein anderes Steuersubjekt die Buchwertfortführung anordnet. Deshalb wäre eine Bewertung mit dem Teilwert nach heute übereinstimmender Ansicht des I. und IV. Senats des BFH eine nicht gerechtfertigte Verletzung des Gleichheitssatzes. Ob das die Ungleichbehandlung bewirkende Gesetz, nämlich § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in seiner Gesamtheit, deshalb als verfassungswidrig zu verwerfen ist, wie der I. Senat des BFH meint21, oder ob die Vorschrift mit der Maßgabe als verfassungsgemäß behandelt werden kann, dass im Wege verfassungskonformer Auslegung Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften mit dem Buchwert bewertet werden, wie es der IV. Senat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei summarischer Prüfung für denkbar gehalten hat22, wird das BVerfG23 auf Vorlage des I. Senats des BFH24 zu entscheiden haben. Diese ernsten verfassungsrechtlichen Bedenken gelten nicht bei Übertragungen zwischen nicht beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften, weil sich bei diesen in dem Umfang, wie die Vermögensanteile voneinander abweichen, stille Reserven anteilig verlagern würden, wenn die Übertragung zum Buchwert vorgenommen würde. Allerdings sieht § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG in den geregelten Fällen derartige Verlagerungen zwischen den Mitunternehmern ausdrücklich vor. Systematisch stimmig, wenn m.E. auch nicht verfassungsrechtlich geboten, wäre es deshalb gewesen, in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Buchwertübertragungen zwischen den Gesamthandsvermögen aller personenidentischen Personengesellschaften zu regeln. Bei fehlender Personenidentität verlangen weder Gleichheitssatz noch einfachrechtliche Systematik eine Buchwertübertragung. Denn soweit Personen nur an einer der Schwestergesellschaften beteiligt sind, würden bei der Bewertung mit dem Buchwert stille Reserven bzw. stille Las21 22 23 24
BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004. BFH v. 15.4.2010 – IV B 105/09, BStBl. II 2010, 971. BVerfG – 2 BvL 8/13. BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004.
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ten von oder auf diese Personen anteilig mit übergehen. Eine solche Verletzung des Subjektsteuerprinzips ließe sich mit den Erfordernissen steuerneutraler Umstrukturierungen vor dem Hintergrund des Transparenzgrundsatzes schwerlich rechtfertigen. Dass in diesem Zusammenhang bei dem Ansatz des Teilwerts zugleich auch eine Aufdeckung stiller Reserven in Bezug auf Doppelgesellschafter stattfindet, entspricht zwar nicht dem Subjektsteuerprinzip, ist aber durch die Vereinfachung gerechtfertigt, die eine einheitliche Bewertung des Wirtschaftsguts mit sich bringt25.
(2) Transfer zwischen Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen Überträgt ein Gesellschafter ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich auf die Schwesterpersonengesellschaft oder umgekehrt die Personengesellschaft unentgeltlich ein Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens auf einen Doppelgesellschafter mit der Folge, dass das Wirtschaftsgut dessen Sonderbetriebsvermögen bei der Schwestergesellschaft wird, liegt jeweils eine Entnahme im abgebenden und eine Einlage im aufnehmenden Betriebsvermögen vor, die beide grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten sind. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG macht aber auch davon eine Ausnahme, indem eine solche Übertragung zwingend mit dem Buchwert zu bewerten ist. Dies bewirkt ein Überspringen von stillen Reserven bzw. Lasten, soweit der betroffene Gesellschafter nicht sämtliche Anteile am betroffenen Gesamthandsvermögen hält. Sind die Gesellschaften personenidentisch, wird man dieselben Gründe für eine Rechtfertigung der Privilegierung heranziehen können wie bei Übertragungen zwischen Sonderbetriebsvermögen und Gesamthandsvermögen derselben Personengesellschaft. Anders liegen die Dinge aber, wenn es Gesellschafter gibt, die nur an einer der Schwestergesellschaften beteiligt sind. Übertragungen von oder auf solche Gesellschafter sind schon dem Wortlaut nach nicht privilegiert. Demgegenüber sind Übertragungen zwischen einem Doppelgesellschafter und der Schwestergesellschaft zwar wohl vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG erfasst. Ein Buchwerttransfer würde aber dann zum Überspringen stiller Reserven von bzw. auf am Gesamthandsvermögen nicht beteiligte Einfachge25 Die anteilige Bewertung mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG könnte es allerdings denkbar erscheinen lassen, dass der Gesetzgeber bei einer ausdrücklichen Regelung auch hier nur von einer anteiligen Aufdeckung stiller Reserven ausgeht.
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sellschafter führen. Dies lässt sich nicht mit dem Hinweis auf die mitunternehmerschaftliche Verbundenheit rechtfertigen, weshalb m.E. eine einschränkende Auslegung der Regelung dahin gehend angebracht ist, dass in Bezug auf den Einfachgesellschafter anteilig der Teilwert angesetzt wird. Dies verkompliziert zwar die Rechtsanwendung in der Praxis, vermeidet aber eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Keine unmittelbare Anwendung findet § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG in Fällen latenten Sonderbetriebsvermögens, die sich vorwiegend im Zusammenhang mit mitunternehmerischen Betriebsaufspaltungen ergeben können. Wird einer gewerblichen Personengesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage von einer GbR überlassen, deren Gesellschafter überwiegend oder ganz identisch mit denen der gewerblichen Gesellschaft sind, liegen nach der Rechtsprechung des BFH die Voraussetzungen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung vor. Die GbR qualifiziert als gewerbliche Besitzgesellschaft und hat das Wirtschaftsgut in ihrer Gewinnermittlung zu erfassen26. Würde man die GbR nach allgemeinen Grundsätzen als vermögensverwaltend behandeln, käme es zur Bruchteilsbetrachtung mit der Folge, dass die ideellen Anteile am Vermögen der GbR für die Doppelgesellschafter Sonderbetriebsvermögen bei der Ausgangsgesellschaft wären. Diese Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen soll nach heutiger Meinung des BFH27 latent während der Dauer der Betriebsaufspaltung bestehen und dann „in Erscheinung treten“, wenn die Betriebsaufspaltung wegen Wegfalls der personellen Verflechtung endet28. Eine Übertragung im Sinne eines Rechtsträgerwechsels findet dabei nicht statt. Für die Bestimmung des „in Erscheinung tretenden“ Werts ist m.E. aber analog auf § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG zurückzugreifen, so dass sich der Buchwert aus der Besitzgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen der Doppelgesellschafter anteilig fortsetzt. Dies gilt auch für mit dem überlassenen Gut zusammenhängende Verbindlichkeiten, die mangels eines Rechtsgeschäfts selbst vor dem Hintergrund der strengen Trennungstheorie nicht als Entgelt betrachtet werden können. Die Behaltefrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG gilt für diesen Fall nicht.
26 Grundlegend BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325, s. auch BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325; BFH v. 18.8.2005 – IV R 59/04, BStBl. II 2005, 830. 27 Früher ging der BFH auch im Fall mitunternehmerischer Betriebsaufspaltung vom Vorrang des Sonderbetriebsvermögens aus, vgl. etwa BFH v. 25.4.1985 – IV R 36/82, BStBl. II 1985, 622. 28 BFH v. 30.8.2007 – IV R 50/05, BStBl. II 2008, 129.
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dd) Transfer zwischen Gesellschaftern Ungeachtet der Beteiligung an der Personengesellschaft kann kein Zweifel daran bestehen, dass verschiedene Gesellschafter derselben Personengesellschaft auch verschiedene Steuersubjekte sind. Die unentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters auf einen anderen Gesellschafter derselben Personengesellschaft müsste deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zur Aufdeckung der stillen Reserven oder Lasten in dem betreffenden Wirtschaftsgut führen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Wirtschaftsgut in der Hand des Übertragungsempfängers weiterhin als Sonderbetriebsvermögen bei der nämlichen Personengesellschaft qualifiziert. Vor dem Hintergrund, dass als Betriebsvermögen der Personengesellschaft das Gesamthandsvermögen zzgl. aller Sonderbetriebsvermögen anzusehen ist29, fehlt es an der Verwirklichung eines Entnahmetatbestands infolge der Übertragung, weil das Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen nicht verlässt; es bleibt unverändert Betriebsvermögen der Personengesellschaft30. Sein Buchwert ist lediglich von der Sonderbilanz des übertragenden Gesellschafters in die Sonderbilanz des übernehmenden Gesellschafters zu verschieben. Wenn § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG ausdrücklich für derartige Übertragungen die Fortführung des Buchwerts anordnet, kann dies nur als deklaratorische Bestätigung der Bestimmung des umfassenden Kreises des Betriebsvermögens der Personengesellschaft verstanden werden. Dass die stillen Reserven und Lasten in dem übertragenen Wirtschaftsgut vollständig zwischen den Gesellschaftern verlagert werden, bedeutet zwar eine Verletzung des Subjektsteuerprinzips, ist aber eine notwendige Konsequenz des Mitunternehmerkonzepts des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und durch dieses gerechtfertigt.
ee) Grenzen der Buchwertfortführung (1) Missbrauchsverhinderung durch Behaltefrist Die durch eine Buchwertfortführung geschaffene Möglichkeit, stille Reserven und stille Lasten auf ein anderes Steuersubjekt zu verlagern, könnte nicht nur zur gewünschten Umstrukturierung des Unternehmens, sondern auch zur unerwünschten Steuerarbitrage genutzt wer29 BFH v. 30.3.1993 – VIII R 8/91, BStBl. II 1993, 864. 30 Insofern vergleichbar mit der Übertragung zwischen Sonderbetriebsvermögen und Gesamthandsvermögen, s. dazu BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76.
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den. Der Verlagerung stiller Reserven oder Lasten auf ein anderes Steuersubjekt mit dem Ziel der kurzfristigen Aufdeckung tritt das Gesetz jedoch mit einer in § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG geregelten Behaltefrist entgegen. Die Frist endet drei Jahre nach Abgabe derjenigen Steuererklärung, in der der Gewinn aus der Übertragung ohne Begünstigung durch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG hätte angegeben werden müssen. Innerhalb dieser Frist führt eine Entnahme oder Veräußerung des nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsguts zur rückwirkenden Bewertung der Entnahme bzw. der Übertragung gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten mit dem Teilwert. An dieser Regelung zeigt sich, dass eine Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips nur zu dem Zweck akzeptiert wird, der Personengesellschaft oder dem Unternehmen, zu dem sie gehört, eine Anpassung an die Erfordernisse des Marktes zu ermöglichen. Mit diesem wirtschaftspolitischen Zweck kann die Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips nach den Maßstäben des BVerfG in seiner Entscheidung zu der früheren Tarifbegünstigung für gewerbliche Einkünfte31 wohl gerechtfertigt werden. Dass es dem Gesetzgeber um eine weitgehende Erhaltung unternehmerischer Flexibilität geht, kann sogar an dieser Fristregelung selbst abgelesen werden. Denn entgegen ihrer Bezeichnung als Sperrfrist „sperrt“ sie nicht künftige Veräußerungen oder Entnahmen, sondern ordnet diesen lediglich ein rückwirkendes Entfallen der Buchwertvergünstigung zu. Auch wenn sich die mit den Begriffen Entnahme und Veräußerung gekennzeichneten schädlichen Handlungen auf den ersten Blick leicht identifizieren lassen sollten, ergeben sich auf den zweiten Blick diesbezüglich doch viele Fragestellungen. So ist etwa zu fragen, ob eine Veräußerung „des“ Wirtschaftsguts auch vorliegt, wenn dieses im Rahmen einer Sachgesamtheit veräußert wird, also etwa zusammen mit dem Betrieb oder Teilbetrieb. Dem Zweck der Sperrfrist folgend, stille Reserven nicht in Erwartung der Realisierung durch Dritte übergehen zu lassen, wird man auch eine Veräußerung der Sachgesamtheit als schädlich betrachten müssen. Wie ist andererseits ein Fall zu beurteilen, in dem ein übertragenes Grundstück anschließend geteilt und eine Teilfläche veräußert wird. Liegt darin die Veräußerung „des“, also des ganzen Wirtschaftsguts, oder muss man bei nachträglicher Teilung nicht besser von der fiktiven Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter ausgehen, von de-
31 BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164.
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nen dann nur eines unter Verletzung der Frist veräußert worden ist, so dass es nur insoweit zur Nachversteuerung stiller Reserven kommt32? Bei dem Begriff der Veräußerung ist fraglich, ob er auch Transfers einschließt, die ungeachtet einer Gegenleistung zum Buchwert stattfinden, wie insbesondere Einbringungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach dem UmwStG. In ähnlicher Weise ist zweifelhaft, ob als schädliche Entnahme Vorgänge anzusehen sind, die nicht zur Aufdeckung stiller Reserven führen, wie insbesondere weitere Übertragungen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG oder auch Überführungen von Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG. Da Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ausschließlich die Verhinderung einer zeitnahen Verwertung der stillen Reserven oder Lasten durch den Übertragungsempfänger ist, sind die Begriffe Entnahme und Veräußerung m.E. teleologisch dahin zu reduzieren, dass sie grundsätzlich nur gewinnrealisierende Handlungen erfassen. Bewirkt eine Veräußerung oder Entnahme ihrerseits wiederum nur die Fortführung des Buchwerts, verletzt sie die Behaltefrist grundsätzlich nicht, es sei denn, ausnahmsweise wäre der Zweck der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG durch die nachfolgende Maßnahme gefährdet. Dementsprechend verletzen weder eine Überführung des Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG noch eine unentgeltliche Übertragung bzw. eine Übertragung gegen Erhöhung oder Minderung von Gesellschaftsrechten nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG die Behaltefrist33. Anders ist es bei einer Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wenn diese infolge eines den Buchwert übersteigenden Entgelts zu einer teilweisen Gewinnrealisierung führt. Unschädlich sind außerdem buchwertwahrende Transfers der Sachgesamtheit, zu der das Wirtschaftsgut gehört, also eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG34, eine Realteilung zum Buchwert i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG35 und eine Einbringung gem. § 24 Abs. 1 UmwStG, wenn dort von der Buchwertfortführung Gebrauch gemacht wird36. Mehrere Transfers nach § 6 Abs. 5 32 M.E. vorzugswürdig; ebenso etwa Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Anm. 1622. 33 Insofern gl.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 23. 34 Gl.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 36. 35 Für Realteilung in Einzelwirtschaftsgüter gl.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 23 im Hinblick auf die dort ausgelöste Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG; eine Realteilung in Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile müsste nach BMF dann schädlich sein. 36 A.A BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 33: Vorgänge nach dem UmwStG sind immer schädlich, auch wenn der Buchwert fortgeführt wird.
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Satz 3 EStG können sich dann in einer Kette hintereinander reihen, ohne jeweils die vorangehende Behaltefrist zu verletzen, allerdings unter Ingangsetzung einer weiteren, zeitweise mit der vorhergehenden parallel laufenden Behaltefrist37 mit der Folge, dass eine spätere Verletzung der noch nach der ersten Übertragung laufenden Frist zum rückwirkenden Teilwertansatz für die erste Übertragung und damit zu einer Änderung des Buchwerts für die zweite Übertragung führt. Materiell-rechtlich bewirkt der rückwirkende Ansatz des Teilwerts im Fall einer unentgeltlichen Übertragung die Behandlung des Vorgangs als Entnahme, während im Fall entgeltlicher Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten von einem Veräußerungsgeschäft auszugehen ist. Im letztgenannten Fall kann deshalb bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 6b EStG der Gewinn nach dieser Vorschrift auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen oder zunächst in eine Rücklage eingestellt werden. Abgesehen von dieser Möglichkeit hat der Übertragende die bis zur Übertragung aufgelaufenen stillen Reserven rückwirkend zu versteuern. Dies betrifft grundsätzlich auch die stillen Reserven, die dem Übertragenden vor der Übertragung zuzurechnen waren und nachher weiter zugerechnet werden könnten. Bringt etwa der Gesellschafter ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Personengesellschaft ein, an der er zu einem Drittel beteiligt ist, müsste er bei einer Behaltefristverletzung auch das Drittel der stillen Reserven versteuern, das ihm als Gesellschafter der Übertragungsempfängerin weiterhin zustehen würde. Dies ist eine Folge der wirtschaftsgut- und nicht mitunternehmerbezogenen Funktionsweise des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG38. Diese ist auch der Grund dafür, dass Bedenken gegen die Vorschrift wegen eines Verstoßes gegen die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung bestehen39. Denn die rückwirkende Aufdeckung stiller Reserven durch Ansatz des Teilwerts trifft vielfach nicht denjenigen, dem die schädliche Handlung zuzurechnen ist. Besonders deutlich wird das in den Fällen des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG, wenn der beschenkte Gesellschafter das Wirtschaftsgut innerhalb der Frist veräußert und entnimmt: Der Schenker hat dann die stillen Reserven zu versteuern, die bis zum Zeitpunkt der Schenkung entstanden waren. Sind anschließend weitere stille 37 A.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 23: Ende der vorherigen Behaltefrist bei erneuter Auslösung der Frist durch Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. 38 Gl.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 25. 39 Kritisch dazu insbesondere Crezelius, FR 2002, 805.
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Reserven entstanden, hat diese der Beschenkte als Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn zu versteuern. Haben sich die stillen Reserven hingegen vermindert, erzielt der Beschenkte sogar einen Verlust – möglicherweise geradezu ein Anreiz, das Wirtschaftsgut zu entnehmen. Für den Übertragenden kann das weitere Schicksal des Übertragungsgegenstands also unkalkulierbare Risiken bergen. Denen zu entgehen, ist natürlich möglich, wenn das Geschäft voll entgeltlich abgewickelt wird, aber dann nur um den Preis, die Vergünstigung ganz zu verlieren. Eine Möglichkeit, das Risiko rückwirkender Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden, bietet auch § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG selbst. Die gegen die Vorschrift gerichteten Bedenken werden damit aber nicht ausgeräumt, weil die vom Gesetz vorgesehene Technik zur Vermeidung nicht bei allen Fällen der Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG eingesetzt werden kann und außerdem das Risiko, ohne eigene Handlung zur Versteuerung der stillen Reserven gezwungen zu sein, nicht ganz beseitigt. Eine Behaltefrist wird nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Halbs. 2 EStG nicht in Gang gesetzt, wenn die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven dem übertragenden Gesellschafter durch Bildung einer Ergänzungsbilanz zugeordnet worden sind. Die Bildung einer Ergänzungsbilanz ist nach deren Definition durch die Rechtsprechung des BFH nur möglich, wenn ein Wirtschaftsgut auf eine Gesamthand übertragen wird, denn die Ergänzungsbilanz enthält mitunternehmerbezogene Wertabweichungen zu Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens40. Soweit eine Ergänzungsbilanz aufgestellt wird, bewirkt sie eine „Konservierung“ der stillen Reserven für den übertragenden Gesellschafter bis zu einer späteren Veräußerung des Wirtschaftsguts oder des Gesellschaftsanteils bzw. bis zur Liquidation der Gesellschaft. Letzteres unterliegt nicht immer der Einflussnahme des Gesellschafters, weshalb auch bei Aufstellung einer Ergänzungsbilanz die Auslösung des Besteuerungstatbestands von Dritten abhängt. Gravierender erscheinen allerdings die gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift, weil überhaupt keine Vermeidung der Behaltefrist möglich ist, wenn das Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung bzw. Minderung von Gesellschaftsrechten in ein Sonder- oder Einzelbetriebsvermögen übertragen wird. Ob diese Bedenken de lege lata dadurch ausgeräumt werden können, dass die bislang nicht gesetzlich geregelte Definition der Ergänzungsbilanz ausgeweitet und zu einem Instrument der Konservierung stiller Reserven auch für in Einzel40 BFH v. 28.9.1995 – IV R 57/94, BStBl. II 1996, 68; BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/ 11, BStBl. II 2017, 34.
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und Sonderbilanzen ausgewiesene Wirtschaftsgüter fortentwickelt wird, musste in den der Rechtsprechung bisher vorgelegten Fällen noch nicht geprüft werden. Allerdings hat der BFH bereits einen Schritt in diese Richtung gemacht, indem er der restriktiven Handhabung der Finanzverwaltung, nach der Ergänzungsbilanzen bei Übertragungen in Ein-Personen-Fällen unzulässig seien und eine Behaltefrist deshalb immer laufe, mit einer teleologischen Reduktion des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG entgegengetreten ist. Bringt der Kommanditist einer Ein-Personen-GmbH & Co. KG ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen ein, wird eine Sperrfrist nicht in Gang gesetzt, weil die stillen Reserven vor wie nach der Transaktion vollständig demselben Steuersubjekt zustehen41. Bei konsequenter Fortentwicklung dieser Rechtsprechung dürfte eine Sperrfrist auch bei einer Ausbringung aus einer Ein-Personen-GmbH & Co. KG entfallen, bei der nach herkömmlicher Handhabung eine Ergänzungsbilanz nicht aufgestellt werden könnte. Ebenso müsste die Sperrfrist bei einer Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften entfallen, sofern man diese auf der Grundlage des geltenden Gesetzes als zulässig erachtet42. Eine Vorlage an das BVerfG mit der Begründung, § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG sei wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig, dürfte m.E. unzulässig sein, so lange sich die Rechtsprechung durch Korrektur der von ihr entwickelten Grundsätze mit einer zu verfassungskonformen Ergebnissen führenden Auslegung selbst helfen könnte43. Dies könnte auch durch Entwicklung eines neben der Ergänzungsbilanz stehenden Instruments geschehen, etwa durch die Bildung von Ausgleichsposten zur individuellen Zuordnung der stillen Reserven44. Würde man ein Wahlrecht zur Bildung eines solchen Postens einräumen, könnte dies neben das Wahlrecht zur Aufstellung einer Ergänzungsbilanz in den Fällen treten, in denen das Wirtschaftsgut nicht in das Gesamthandsvermögen übertragen wird.
41 BFH v. 31.7.2013 – I R 44/12, BStBl. II 2015, 450; BFH v. 26.6.2014 – IV R 31/ 12, BStBl. II 2015, 463. 42 Dazu oben unter II.1.c)cc)(1). 43 Vgl. zu derartigen Fällen verfassungskonformer Auslegung BVerfG v. 22.9.2009 – 2 BvL 3/02, BVerfGE 124, 251. 44 Näher dazu etwa Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Anm. 1586.
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(2) Keine Verlagerung von Steuersubstrat in Bereich des Teileinkünfteverfahrens § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG unterscheidet nicht danach, welche Rechtsform der Mitunternehmer hat. Eine Buchwertübertragung bei Beteiligung von KSt-Subjekten wird aber durch § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG eingeschränkt. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG sieht vor, dass der Teilwert insoweit anzusetzen ist, als durch die Übertragung der Anteil eines KSt-Subjekts an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder dieser sich erhöht. Damit soll verhindert werden, dass stille Reserven auf eine Kapitalgesellschaft und damit in das Regime des Teileinkünfteverfahrens übergehen. Für den umgekehrten Fall, dass der Kapitalgesellschaft bislang zustehende stille Reserven infolge des Transfers auf natürliche Personen oder Personengesellschaften übergehen, gilt die Regelung nicht. Die Vorschrift greift damit bei Übertragungen auf die Mitunternehmerschaft, wenn an dieser eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, und bei Übertragungen von der Mitunternehmerschaft bzw. in Fällen des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG von einem anderen Mitunternehmer auf eine an der Mitunternehmerschaft beteiligte Kapitalgesellschaft. Zum Teil steht die Regelung in Konkurrenz mit der Bewertungsvorschrift für verdeckte Einlagen in § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG, soweit nämlich der Übertragende oder einer der Übertragenden zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. § 6 Abs. 6 Satz 4 EStG regelt für diesen Fall, dass Abs. 5 unberührt bleibt. Soweit beide Vorschriften gleichzeitig gelten, wird eine doppelte Versteuerung der durch die Übertragung aufgedeckten stillen Reserven vermieden, denn der von § 6 Abs. 5 EStG verursachten Gewinnverwirklichung steht eine Erhöhung der Anschaffungskosten des verdeckt einlegenden Gesellschafters in gleicher Höhe gegenüber. Fehlt es aber an den Voraussetzungen einer verdeckten Einlage, kann § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven durch die Wertsteigerung der Anteile an der Kapitalgesellschaft bewirken, wenn der Beteiligungswert nicht gleichzeitig angehoben wird45. Bei der Übertragung eines Wirtschaftsguts von der Personengesellschaft auf eine an deren Vermögen beteiligte Kapitalgesellschaft ist nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG abweichend von Satz 3 der Vorschrift der Teilwert anzusetzen, so dass es sofort zur Aufdeckung der gesamten stillen Reserven oder Lasten in dem Wirtschaftsgut als Bestandteil des laufenden Gesamt45 Im Schrifttum wird deshalb eine teleologische Extension des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG erwogen, so etwa Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Anm. 1659.
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handsgewinns kommt. Überträgt ein Gesellschafter der Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut auf die Gesamthand, an der eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, muss der Teilwert anteilig im Umfang des prozentualen Anteils der Kapitalgesellschaft am Vermögen der Mitunternehmerschaft angesetzt werden. Für den Übertragenden kommt es dadurch insoweit zur Realisierung eines nicht tarifbegünstigten Gewinns, für die Personengesellschaft zu einem steuerbilanziell aufgestockten Buchwert des erhaltenen Wirtschaftsguts. Da die Aufstockung allerdings allein der Kapitalgesellschaft zuzuordnen ist, muss sie in einer Ergänzungsbilanz für die Kapitalgesellschaft vorgenommen werden. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, ob eine Ergänzungsbilanz nicht auch zu dem Zweck eingesetzt werden kann, die stillen Reserven dem Übertragenden allein oder zumindest den nicht der KSt unterliegenden Gesellschaftern zuzuordnen, um eine Gewinnrealisierung durch anteiligen Teilwertansatz zu verhindern. Im Unterschied zur Behaltefristregelung wird die Zuordnung stiller Reserven auf den Übertragenden durch Ergänzungsbilanz in § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG allerdings nicht erwähnt. Daraus muss man wohl schließen, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit bewusst nicht einräumen wollte. Eine solche Einschränkung ist allerdings für die angestrebte Missbrauchsverhinderung nicht erforderlich und kann auch nicht der Vereinfachung dienen, weil in jedem Fall eine Ergänzungsbilanz aufgestellt werden muss. Aus meiner Sicht spricht deshalb viel dafür, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot im Wege verfassungskonformer Auslegung die Zuordnung der stillen Reserven zumindest durch Zuordnung auf den Übertragenden entsprechend der von § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG vorgesehenen Methode zuzulassen. Große Anwendungsprobleme verursacht die Vorschrift bei mittelbaren Beteiligungen von Kapitalgesellschaften, denn der Teilwert ist auch anzusetzen, soweit der Anteil einer Kapitalgesellschaft mittelbar begründet wird oder sich erhöht. Wird ein Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine Mitunternehmerschaft übertragen, an der eine Personengesellschaft beteiligt ist, muss danach geforscht werden, ob an dieser (Ober)Gesellschaft oder an weiteren darüber stehenden Obergesellschaften eine Kapitalgesellschaft vermögensmäßig beteiligt ist. Egal wieviel Stufen über der Übertragungsempfängerin eine solche Beteiligung besteht, muss in Höhe des auf die Kapitalgesellschaft durchgerechneten Anteils der Teilwert angesetzt werden. Dies setzt Ergänzungsbilanzen auf jeder Stufe der Beteiligung voraus. Abgesehen davon, dass die Umsetzung technisch aufwendig ist, wird die praktische Anwendung der Vorschrift bei mehrstufigen Beteiligungen bereits daran scheitern, dass auf
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der Ebene der Untergesellschaft die Beteiligungsverhältnisse bei Obergesellschaften nicht bekannt sind. Ein Blick ins Handelsregister würde einerseits nur bei Personenhandelsgesellschaften weitere Aufklärung liefern, andererseits nicht davor schützen, dass ein dort eingetragener Gesellschafter die Beteiligung nur treuhänderisch für eine Kapitalgesellschaft hält. Die Annahme, dass es bei der Anwendung dieser Vorschrift zu einem strukturellen Vollzugsdefizit kommt, liegt m.E. nicht fern. Dies gilt in noch größerem Maß für § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG. Nach dieser Norm ist auch bei späterer Begründung oder Erhöhung eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils eines KSt-Subjekts an dem übertragenen Wirtschaftsgut der Teilwert rückwirkend anteilig anzusetzen46. Die Anpassungsfrist beträgt sieben Kalenderjahre vom Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs des Wirtschaftsguts an gerechnet. Bei der Übertragungsempfängerin selbst mag die Überwachung der Beteiligungsverhältnisse über den Zeitraum von sieben Jahren noch möglich sein. Bei mittelbaren Beteiligungen wird die Überwachung mit jeder Beteiligungsstufe schwieriger und dürfte in der Praxis nicht stattfinden. Es ist auch zu bezweifeln, dass Außenprüfungen solche Vorgänge rechtssicher zutage fördern können. Dies ist auf der Ebene der Untergesellschaft zweifelhaft, weil auch der Prüfer die Beteiligungsverhältnisse bei den Obergesellschaften nicht immer kennt und schon gar nicht über den Prüfungszeitraum hinaus nachvollziehen wird. Auf der Ebene der Obergesellschaften wird man nicht wissen, ob bei einer Untergesellschaft eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG innerhalb der letzten sieben Jahre stattgefunden hat. Sollte tatsächlich ein Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erkannt werden, müssten Ergänzungsbilanzen auf allen Stufen aufgestellt oder angepasst werden.
2. Transfer von Sachgesamtheiten Dass sich der Transfer einer Sachgesamtheit vom Transfer eines oder mehrerer Wirtschaftsgüter aus der Sicht des Gesetzgebers unterscheidet, wurde oben schon ausgeführt. Für unentgeltliche Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen enthält das Gesetz in § 6 Abs. 3 EStG eine spezielle Regelung. Diese verdrängt in ihrem Anwendungsbereich für alle zur Sachgesamtheit gehörenden Einzelwirtschafts46 Für Anwendung bei Formwechsel einer Personenobergesellschaft in eine Kapitalgesellschaft FG Nds. v. 26.10.2018 – 3 K 173/16, EFG 2019, 421 (Rev. IV R 36/18).
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güter die Regelungen in § 6 Abs. 5 EStG. Die Vorschrift gilt auch für Personengesellschaften; diese können in der Diktion des § 6 Abs. 3 EStG „bisheriger Betriebsinhaber (Mitunternehmer)“ und „Rechtsnachfolger“ sein.
a) Übertragung einer Sachgesamtheit aa) Begriff der Übertragung i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG Der Begriff der Übertragung meint auch bei einer Sachgesamtheit (mindestens) den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Dieser muss dem Wortsinn des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nach rechtsgeschäftlich erfolgen. Schuldrechtlich kann eine Sachgesamtheit unproblematisch Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein, während sachenrechtlich der Bestimmtheitsgrundsatz die Übertragung der einzelnen zur Sachgesamtheit gehörenden Sachen und Rechte verlangt, was nicht in jedem Fall eine verbundene Eigentumsverschaffung gestattet (z.B. im Fall der Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB). Da anzunehmen ist, dass mit dem Begriff der Übertragung auf die steuerrechtliche Zurechnung und damit auch auf den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums i.S.d. § 39 Abs. 2 AO Bezug genommen wird, kommen als Übertragungsvorgänge auch solche in Betracht, die ohne zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel einen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bewirken. Das ist etwa bei Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses der Fall, wie sich aus § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO entnehmen lässt. Zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kann in Ausnahmefällen auch die Bestellung eines Nießbrauchs führen, wenn nämlich dem Nießbraucher dem Wert nach die gesamte Substanz und die Früchte des Nießbrauchgegenstands zustehen. Nicht erfasst von § 6 Abs. 3 EStG sind Überführungen von Sachgesamtheiten. Anders als in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG für Einzelwirtschaftsgüter sah der Gesetzgeber wohl keinen Regelungsbedarf. Eine Überführung ist auch für einen Betrieb oder Mitunternehmeranteil nicht vorstellbar. In Betracht kommt aber die Überführung eines Teilbetriebs, wenn dieser einem anderen Einzelunternehmen desselben Steuerpflichtigen zugeordnet wird. Der Vorgang könnte als Aufgabe und anschließende Neueröffnung des Teilbetriebs angesehen werden und hätte eine umfassende Aufdeckung der im Teilbetrieb ruhenden stillen Reserven zur Folge. Der bloße Wechsel des betrieblichen Zusammenhangs dürfte aber eine solche Beurteilung nicht rechtfertigen. Da der Teilbetrieb als Sachgesamtheit gegenüber dem Betrieb steuerrechtlich eigenständig betrachtet wird, ist
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m.E. die Fortführung des Teilbetriebs das entscheidende Kriterium, so dass die „Überführung“ durch Zuordnung des Teilbetriebs zu einem anderen Betrieb demgegenüber in den Hintergrund tritt. Mithin gibt es tatbestandsmäßig auch keine Überführung von Teilbetrieben. Für Personengesellschaften käme ein solcher Transfer ohnehin schon deshalb nicht in Betracht, weil eine Personengesellschaft nur einen Betrieb haben kann. Über seinen Wortlaut hinaus wird § 6 Abs. 3 EStG auch auf die Gesamtrechtsnachfolge als Erbe von betrieblichen Einheiten angewendet. Derartigen Fallgestaltungen ist hier wegen der Beschränkung des Themas auf Umstrukturierungen, also willentliches Handeln, nicht nachzugehen.
bb) Übertragung der ganzen Sachgesamtheit Eine Sachgesamtheit wird grundsätzlich nur dann übertragen, wenn alle Wirtschaftsgüter, die ihr zuzuordnen sind, von dem Transfer umfasst werden. Von diesem Vollständigkeitsanspruch werden nach allgemeiner Meinung jedoch insoweit Abstriche gemacht, als nur alle wesentlichen (Betriebs-)Grundlagen der Sachgesamtheit übertragen werden müssen. Unwesentliche Betriebsgrundlagen können zurückbehalten oder anderweitig übertragen werden. Sind nicht alle Bestandteile der Sachgesamtheit übertragen worden, ist der Tatbestand der Übertragung der Sachgesamtheit nur erfüllt, wenn sich unter den nicht übertragenen Wirtschaftsgütern keine wesentliche Betriebsgrundlage befindet. Dabei ist auf die Perspektive des abgebenden Betriebsvermögens abzustellen. Im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG gilt dabei ein funktionaler Wesentlichkeitsbegriff 47. Streitig diskutiert wird die Frage, ob die Übertragung der Sachgesamtheit auch eine zeitliche Dimension hat. Dabei besteht im wesentlichen Einvernehmen darüber, dass die Übertragung auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen muss. Findet sie nicht in Gestalt eines einheitlichen Rechtsgeschäfts statt, müssen die Teilakte in einem zeitlichen Zusammenhang stehen. Wie eng der zeitliche Rahmen ist, kann wohl nicht abstrakt beschrieben werden, sondern ist vom Umfang des Geschäfts im Einzelfall abhängig. Kein Einvernehmen besteht aber darüber, ob auch der Umfang der Sachgesamtheit unter Betrachtung eines
47 BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl. II 2005, 173.
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Zeitraums zu bestimmen ist. Der BFH48 und große Teile des Schrifttums gehen von einer zeitpunktbezogenen Betrachtung aus und bestimmen den Umfang der zu übertragenden Sachgesamtheit nach dem Stand des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Übertragung. Bei einer zeitlich gestreckten Übertragung wird wohl auf den Zeitpunkt der ersten Ausführungshandlung nach Fassung des Entschlusses abzustellen sein. Demgegenüber folgte die Finanzverwaltung einer zeitraumbezogenen Betrachtung und sah vorherige Ausgliederungen von Betriebsvermögen – sogar ungeachtet einer damit einhergehenden Gewinnrealisierung – als schädlich49, ohne nähere Begründung dafür zum Teil gar als missbräuchlich50 an. Diese Haltung hat die Finanzverwaltung erst nach Redaktionsschluss mit BMF-Schreiben vom 20.11.201951 aufgegeben und wendet seither die Rechtsprechungsgrundsätze des BFH an. Werden zu der Sachgesamtheit gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen nicht vor der Übertragung ausgegliedert und dann von der Übertragung ausgenommen, ist der Tatbestand der Übertragung der gesamten Sachgesamtheit nicht erfüllt. Eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 EStG kann dann grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommen. Dies hat der BFH für einen Fall der entgeltlichen Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten bereits entschieden52. Für eine Kombination von unentgeltlicher Übertragung eines Mitunternehmeranteils und Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen an demselben Tag hat das FG Düsseldorf allerdings die Buchwertfortführung bejaht53. Kaum Zweifel dürften an der Buchwertfortführung bestehen, wenn eine Sachgesamtheit auf die Personengesellschaft übertragen und die zurückbehaltene wesentliche Betriebsgrundlage dadurch Sonderbetriebsvermögen bei dieser Personengesellschaft wird. Für den Fall einer Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten hat der BFH die Buchwertfortführung nicht daran scheitern lassen, dass eine wesentliche Betriebs48 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715; BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/ 14, BStBl. II 2019, 723; BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, BStBl. II 2019, 726; BFH v. 30.6.2016 – IV B 2/16, BFH/NV 2016, 1452; BFH v. 14.7.2016 – IV R 19/13, BFH/NV 2016, 1702. 49 BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 Rz. 7 und 8; BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164 unter II.2. 50 So Link, Umstrukturierung und Missbrauchsabwehr, in diesem Band. 51 BStBl. I 2019, 1291. 52 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BStBl. II 2019, 738. 53 FG Düsseldorf v. 19.4.2018 – 15 K 1187/17 F, EFG 2018, 1092 (Rev. IV R 14/ 18).
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grundlage Sonderbetriebsvermögen der Zielgesellschaft wurde54. Dementsprechend ist m.E. auch eine unentgeltliche Übertragung auf die Personengesellschaft zu behandeln.
cc) Buchwertfortführung als Rechtsfolge Als Rechtsfolge ordnet § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG an, dass bei der Ermittlung des Gewinns des Übertragenden der Buchwert anzusetzen ist. Konsequenterweise ist der Rechtsnachfolger nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG an diesen Wert gebunden. Ebenso wie bei Einzelwirtschaftsgütern müsste eine strikte Beachtung des Subjektsteuerprinzips davon abweichend eine Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge haben, soweit bei transparenter Betrachtung Übertragender und Übertragungsempfänger nicht identisch sind. Der Buchwertansatz ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG allerdings zwingend, und zwar ungeachtet dessen, inwieweit bei transparenter Betrachtung Personenidentität zwischen den Parteien der Übertragung besteht. Dennoch kommt es nicht in allen Fällen, in denen eine Sachgesamtheit i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG unentgeltlich übertragen wird, zur Fortführung des Buchwerts. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass § 6 Abs. 3 EStG in Satz 1 und Satz 2 tatbestandliche Einschränkungen für die Buchwertfortführung vorsieht. Andererseits konkurriert § 6 Abs. 3 EStG teilweise auch mit anderen Vorschriften und tritt hinter diese zurück. Eine tatbestandliche Beschränkung in Bezug auf natürliche Personen als Übertragungsempfänger enthält § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 EStG. Für eine Übertragung auf juristische Personen gilt die Buchwertfortführung in den genannten Fallkonstellationen danach nicht, so dass eine Überschneidung mit § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG zur verdeckten Einlage vermieden wird. Eine entsprechende Beschränkung fehlt allerdings in § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG, ohne dass den Gesetzesmaterialien ein Grund dafür entnommen werden kann. Überträgt der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft auf diese eine Sachgesamtheit im Sinne des Halbs. 1, ohne ein Entgelt oder neue Gesellschaftsrechte dafür zu erhalten, scheinen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG demgemäß erfüllt zu sein. Indessen liegt in diesem Fall eine verdeckte Einlage vor, die m.E. zu einer Aufgabe der Sachgesamtheit führt55, ungeachtet dessen, ob § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG auf verdeckte Ein-
54 BFH v. 17.4.2019 – IV R 12/16, BStBl. II 2019, 745. 55 Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG offengelassen in BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457.
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lagen von Sachgesamtheiten anzuwenden ist. Hält der Übertragende keine Anteile an der juristischen Person, kommt eine verdeckte Einlage nicht in Betracht. Für derartige Konstellationen, etwa für die Übertragung auf eine Stiftung, kommt es im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 2 EStG wegen der dortigen Beschränkung auf natürliche Personen wohl zu einer Aufgabe des übertragenen Teilmitunternehmeranteils. In allen anderen Fällen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG ist jedoch der Buchwert fortzuführen, denn eine analoge Anwendung der Beschränkung nach Halbs. 2 Alt. 2 kommt nicht in Betracht. Es ist schon keine planwidrige Lücke des Gesetzes zu erkennen, noch dazu käme selbst bei deren Bestehen das Verbot steuerverschärfender Analogie zum Tragen. Ertragsteuerliche Folgen hätte eine solche Übertragung allerdings nach der (umstrittenen) Rechtsprechung des BFH gleichwohl, denn die Kapitalgesellschaft als Übertragungsempfängerin hätte mangels außerbetrieblichen Bereichs eine Betriebseinnahme zu versteuern56. Wird die Sachgesamtheit nach § 6 Abs. 3 EStG durch Einzelrechtsnachfolge zum Buchwert übertragen, bedeutet dies nicht allein zahlenmäßig die Fortführung der vom Übertragenden bisher angesetzten Buchwerte57. Vielmehr tritt der Übertragungsempfänger auch in alle mit dem Buchwert mittelbar verbundenen Rechtspositionen ein, wie etwa den Lauf von Fristen oder die Folgen einer Buchwertänderung in Vorjahren infolge des formellen Bilanzenzusammenhangs.
b) Zum Buchwert übertragbare Sachgesamtheiten aa) Übertragung des Betriebs Unentgeltliche Übertragungen des Betriebs werden wie bei Einzelwirtschaftsgütern im Wesentlichen bei Familienpersonengesellschaften vorkommen, denn zivilrechtlich liegt dem Vorgang eine Schenkung zugrunde. Die Übertragung des Betriebs vom Gesellschafter auf die Personengesellschaft ist abzugrenzen von der im zweiten Halbsatz des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG geregelten Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen58. Während dort die Gesellschaft unter Übertragung des Betriebs durch den bisherigen Einzelunternehmer erstmals errichtet wird, betrifft 56 BFH v. 6.12.2016 – I R 50/16, BStBl. II 2017, 324. 57 Nicht nur für Wirtschaftsgüter, sondern auch für Bilanzierungshilfen, wie z.B. RAP, BFH v. 9.3.2016 – X R 46/14, BStBl. II 2016, 976. 58 S. hierzu unter IV.1.a)bb).
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der Halbs. 1 der Vorschrift Fälle, in denen die Gesellschaft, der der Gesellschafter seinen Einzelbetrieb überträgt, bereits existiert. Auch der umgekehrte Übertragungsweg ist denkbar, obwohl die Personengesellschaft im Unterschied zum Einzelunternehmer nach h.M. nur einen Betrieb haben kann, also mit der Übertragung auf den Gesellschafter immer auch die Aufgabe der gesamten bisherigen betrieblichen Einkunftserzielung verbunden sein wird. Die Einkunftserzielung insgesamt muss deshalb trotzdem nicht enden. Mit zurückbehaltenem Vermögen, das nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört, kann ein neuer Betrieb eröffnet werden. Eine Übertragung des Betriebs der Personengesellschaft setzt nicht zwingend ein gegenseitiges Rechtsgeschäft zwischen der Personengesellschaft als Übertragender und dem Übertragungsempfänger voraus. Zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums am Betrieb auf einen Gesellschafter kommt es auch im Fall der Anwachsung durch Austritt von Gesellschaftern mit der Folge, dass nur noch ein Gesellschafter verbleibt, und der Anteilsvereinigung in der Hand eines Gesellschafters. In beiden Fällen geht mit dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft auch deren Betrieb auf den Gesellschafter über.
bb) Übertragung von Teilbetrieben (1) Echter Teilbetrieb Ebenso wie ein Betrieb kann auch ein Teilbetrieb von einem Gesellschafter auf die Personengesellschaft unentgeltlich übertragen werden und umgekehrt. Hierfür wird Grundlage allerdings immer ein gegenseitiges Rechtsgeschäft zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sein. Sofern wirtschaftlich an der Personengesellschaft nicht allein der betreffende Gesellschafter beteiligt ist, liegt eine Schenkung an bzw. von den anderen Gesellschaftern vor. In den weitaus meisten Fällen wird ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Beteiligten bestehen. Erforderlich ist das für die Fortführung der Buchwerte nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG aber nicht. Dementsprechend können Teilbetriebsübertragungen auch zwischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert stattfinden. Anders als bei Einzelwirtschaftsgütern kommt es dafür auf eine Beteiligungs- oder Personenidentität nicht an. Grund dafür ist, dass die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG keine mit der Transparenz von Personengesellschaften zusammenhängende Regelung ist, sondern unentgeltliche Über-
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tragungen wegen des Fortbestands der betrieblichen Sachgesamtheit privilegiert. Welche Personen an der Übertragung beteiligt sind, ist ohne Bedeutung, sofern nur die spätere Einkommensbesteuerung der dadurch auf den Übertragungsempfänger übergehenden stillen Reserven sichergestellt ist. Der Begriff des Teilbetriebs i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG ist ähnlich wie der des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. Satz 1 EStG zu verstehen, allerdings insoweit normspezifisch auszulegen, als der Umfang der in die Sachgesamtheit einzubeziehenden Güter rein funktional und nicht quantitativ zu bestimmen ist. Die Regelungen der Fusionsrichtlinie59 strahlen auf § 6 Abs. 3 EStG nicht aus60.
(2) 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb Während im Rahmen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in Satz 2 der Vorschrift als Teilbetrieb die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt, enthält § 6 Abs. 3 EStG keine solche Fiktion. Dementsprechend ist eine solche Beteiligung im Fall unentgeltlicher Übertragung nicht als (fiktive) Sachgesamtheit, sondern als einzelnes Wirtschaftsgut zu behandeln61. Die Übertragung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter folgt mithin den Regelungen des § 6 Abs. 5 EStG.
cc) Übertragung von Mitunternehmeranteilen Der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unterfällt demgegenüber ausdrücklich § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG. Wie der Anteil beschaffen sein muss, bedarf allerdings weiterer Überlegungen. Zunächst fällt auf, dass der Gesetzeswortlaut von dem des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abweicht. Während dort der „gesamte Anteil […] eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist“ genannt ist, lautet die Formulierung in § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG „Anteil eines Mitunternehmers am Betrieb“. Dies könnte dafür sprechen, als Gegenstand des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nur den Anteil am Gesamthandsvermögen zu verstehen, Sonderbetriebsvermögen also als ausgespart anzusehen. Dies würde voraussetzen, dass der „Betrieb“ der Mitunternehmerschaft nur aus dem Gesamthandsvermögen besteht. Das Ver59 Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990. 60 Ebenso zum UmwStG BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467. 61 BFH v. 20.7.2005 – X R 22/02, BStBl. II 2006, 457.
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ständnis des BFH weicht davon jedoch ab. Wie dargelegt62 sieht der BFH als Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft die Summe des Gesamthandsvermögens und aller Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer an. Dann ist das Sonderbetriebsvermögen auch Bestandteil des „Betriebs“ der Mitunternehmerschaft i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG, so dass die Vorschrift den Anteil am Gesamthandsvermögen einschließlich des Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters meint63. Eine zweite Unklarheit der Gesetzesformulierung muss ebenfalls durch Auslegung beseitigt werden, nämlich die Unklarheit darüber, ob mit „dem“ Anteil der ganze Anteil oder auch ein Teil davon gemeint sein kann. Hier zeigt ein Blick in § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 EStG, dass auch der Teil eines Mitunternehmeranteils von der Regelung erfasst werden soll, allerdings ggf. mit Einschränkungen (dazu nachstehend unter (2)).
(1) Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils Die Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils setzt danach die Übertragung des gesamten Gesellschaftsanteils sowie des zugehörigen Sonderbetriebsvermögens voraus. Dabei wird der ganze Mitunternehmeranteil jedenfalls dann übertragen, wenn der Empfänger des Gesellschaftsanteils auch das gesamte Sonderbetriebsvermögen erhält. Noch nicht von der Rechtsprechung geklärt ist die Frage, ob es bei einer Übertragung des Gesellschaftsanteils auf eine Personengesellschaft ausreicht, dass das Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen, sondern vom Übertragenden in dessen Sonderbetriebsvermögen bei der nun zur Obergesellschaft werdenden Übertragungsempfängerin überführt wird. Bringt der Gesellschafter etwa einen Kommanditanteil in die Personengesellschaft ein, zu dem als Sonderbetriebsvermögen II die Beteiligung an der Komplementär-GmbH dieser KG gehört, ohne die GmbH-Beteiligung mit zu übertragen, und wäre der GmbH-Anteil von diesem Zeitpunkt an als Sonderbetriebsvermögen II bei der jetzigen Obergesellschaft zu behandeln, wäre er vom Sonderbetriebsvermögen bei der Untergesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen desselben Gesellschafters bei der Obergesellschaft überführt worden. In Bezug auf das Sonderbetriebsvermögen ist damit der Tatbestand der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 EStG erfüllt. Für den Kommanditanteil dürfte dieser Transfer der Buchwertfortführung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 EStG m.E. nicht ent62 BFH v. 30.3.1993 – VIII R 8/91, BStBl. II 1993, 864. 63 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715.
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gegenstehen. Schließlich ist auch für die Einbringung eines Mitunternehmeranteils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 24 Abs. 1 UmwStG eine Übertragung des bisherigen Sonderbetriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen nicht erforderlich, sondern es reicht aus, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen der Ausgangsgesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen der Zielgesellschaft überführt werden64. Unentgeltliche Übertragungen von Mitunternehmeranteilen werden in der Regel zwischen Gesellschaftern der Personengesellschaft bzw. zwischen einem Gesellschafter und einem von ihm beschenkten Nichtgesellschafter stattfinden. Überträgt der Gesellschafter einer mehrgliedrigen Personengesellschaft seinen ganzen Gesellschaftsanteil einschließlich des Sonderbetriebsvermögens schenkweise auf einen anderen Gesellschafter derselben Gesellschaft, greift § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 EStG ein und der Anteil geht ohne Aufdeckung stiller Reserven über. In der Hand des Erwerbers vereinigen sich sein bisheriger Anteil und der neue Anteil zu einem einzigen Anteil. Da ein Gesellschafter gesellschaftsrechtlich nur einen Personengesellschaftsanteil halten kann65, ist auch steuerrechtlich nur von einem Mitunternehmeranteil auszugehen. Verschenkt der Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft seinen Anteil an den anderen Gesellschafter, geht damit die Gesellschaft unter, denn eine Personengesellschaft muss mindestens zwei Gesellschafter haben. Zivilrechtlich wird der verbleibende Gesellschafter Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft66. Steuerrechtlich wird der Vorgang nicht von dem Ergebnis des Transfers aus betrachtet (Ende des Betriebs der Personengesellschaft), sondern vom Ursprung des Geschäfts, nämlich der Schenkung des ganzen Mitunternehmeranteils an den verbleibenden Gesellschafter. Deshalb unterfällt auch dieser Vorgang der Regelung in § 6 Abs. 3 EStG. Verschenkt ein Gesellschafter seinen Anteil an eine bisher nicht an der Gesellschaft beteiligte Person, findet ein Gesellschafterwechsel statt und der neue Gesellschafter tritt an die Stelle des Altgesellschafters. Geht der Mitunternehmeranteil auf eine juristische Person über, liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn der Übertragende an der juristischen
64 BFH v. 17.4.2019 – IV R 12/16, näher dazu unter III.3.d). 65 Vgl. dazu etwa BFH v. 14.9.1994 – I R 41/94, BFH/NV 1995, 766. 66 Z.B. BGH v 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203; und BGH v. 10.12.1990 – II ZR 256/89, BGHZ 113, 132.
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Person beteiligt ist. Eine Buchwertfortführung scheidet dann aus67. Hält der Übertragende keine Anteile an der juristischen Person, wird der Buchwert fortzuführen sein, soweit der Erwerb für die juristische Person nicht als Betriebseinnahme zu würdigen ist68.
(2) Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils Das Gesetz unterscheidet zwischen unentgeltlicher Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils und der Übertragung des Teils eines Mitunternehmeranteils, wie sich den Regelungen in den beiden Halbsätzen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG entnehmen lässt. Für den Teil eines Mitunternehmeranteils scheinen allerdings dieselben Rechtsfolgen zu gelten wie für den ganzen Mitunternehmeranteil, wenn das Gesetz formuliert „dies gilt auch …“. Dann könnte letztlich offenbleiben, ob der ganze Anteil oder nur ein Teil davon übertragen wird. Tatsächlich enthält aber § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG eine Sonderregelung für den Fall der Teilanteilsübertragung, so dass doch genau geprüft werden muss, ob eine Übertragung des ganzen oder eines Teilanteils vorliegt. Eine Teilanteilsübertragung kommt dabei nur in Betracht, wenn ein Teil der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen übertragen wird; die bloße Übertragung von Sonderbetriebsvermögen ohne einen Anteil am Gesellschaftsvermögen ist deshalb kein Anwendungsfall des § 6 Abs. 3 EStG. Sie unterliegt aber ggf. § 6 Abs. 5 EStG. Um Teilanteilsübertragungen handelt es sich danach etwa bei der Übertragung eines Bruchteils des Anteils am Gesamthandsvermögen auf einen Dritten, bei der Änderung von Beteiligungsverhältnissen am Gesamthandsvermögen zwischen Gesellschaftern, bei der Aufnahme eines weiteren Gesellschafters oder bei der Einräumung einer Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil. Wird Sonderbetriebsvermögen zusammen mit dem Anteil am Gesellschaftsvermögen übertragen, stellt sich die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang das Sonderbetriebsvermögen Bestandteil der Sachgesamtheit ist, für die § 6 Abs. 3 EStG eine Buchwertfortführung anordnet. Der BFH hat sich dafür entschieden, alles Sonderbetriebsvermögen, das zusammen mit dem Gesellschaftsanteil übertragen wird, als Bestandteil des von § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 EStG gemeinten Teilanteils anzusehen69. Die Finanzverwaltung war dieser Auffassung zunächst nicht gefolgt und behandelte Sonderbetriebsvermögen nur bis zu dem prozentualen Anteil, in Höhe 67 S. oben unter II.2.a)cc). 68 BFH v. 6.12.2016 – I R 50/16, BStBl. II 2017, 324. 69 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715.
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dessen der Gesellschaftsanteil übertragen worden ist, als Bestandteil des Teilanteils70. Überquotal mit übertragenes Sonderbetriebsvermögen sollte nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zum Buchwert übergehen71, was die Folge hat, dass insoweit die Haltefrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG gilt. Mit nach Redaktionsschluss veröffentlichtem BMF-Schreiben vom 20.11.201972 hat die Finanzverwaltung diese Auffassung aufgegeben und folgt jetzt auch in diesem Punkt der BFH-Rechtsprechung. Aber auch im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG gibt es eine Haltefrist. Diese folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG. Diese ihrem Wortlaut nach missglückte Vorschrift regelt nicht, wie es die Formulierung nahelegt, dass der Buchwert fortzuführen ist, sondern im Gegenteil, wann der Buchwert nicht fortzuführen ist. Die Norm will eine Behaltefrist für Teilanteilsübertragungen statuieren, bei denen Sonderbetriebsvermögen überhaupt nicht oder nur zu einem kleineren Teil als die Quote des übertragenen Gesellschaftsanteils mit übertragen wird. Daraus ist zunächst zu folgern, dass in Abweichung von der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung in § 7 Abs. 1 EStDV73 eine Übertragung des „ganzen“ Teilanteils i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG auch vorliegt, wenn Sonderbetriebsvermögen nicht quotal mit übertragen wird74. Die Buchwertfortführung ist dann aber zusätzlich davon abhängig, dass der Übertragungsempfänger den erhaltenen Anteil für die in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG genannte Frist behält. Er darf ihn in dieser Zeit weder veräußern noch aufgeben. Die Frist beträgt – trotz der missverständlichen Formulierung „mindestens“ – genau fünf Kalenderjahre seit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem Gesellschaftsanteil, endet allerdings spätestens mit der Übertragung des zunächst zurückbehaltenen Bruchteils am Gesellschaftsvermögen auf den Empfänger des ersten Bruchteils75. Für das überquotal zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen gibt es keine Behaltefrist76. Im Unklaren bleibt, welche Rechtsfolge eintritt, wenn diese Frist verletzt wird, weil das Gesetz nur regelt, dass der Buchwert anzusetzen ist, wenn die Frist nicht verletzt wird. Meines Erachtens lässt sich die Rechtsfolge einer Behaltefristverletzung auch bei größtem Bemühen aus dem Gesetz nicht bestimmen, weshalb ein Fristverstoß unter Beachtung des rechts70 71 72 73 74 75 76
BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 Rz. 9. BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 Rz. 10. BStBl. I 2019, 1291. BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl. II 2005, 173. BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, BStBl. II 2019, 726. BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BStBl. II 2019, 715. BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, BStBl. II 2019, 726.
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staatlichen Gebots der Normenklarheit letztlich ohne Folgen bleiben muss77. Die Finanzverwaltung geht bei einer Fristverletzung demgegenüber von einer rückwirkenden Bewertung des übertragenen Vermögens mit dem Teilwert aus78, wofür auf § 16 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 EStG Bezug genommen wird. Dies lässt vermuten, dass die Finanzverwaltung in dem Vorgang eine Teilanteilsaufgabe sieht, was aber nicht nur das unterquotal mit übertragene Sonderbetriebsvermögen, sondern auch das überquotal zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen einschließen müsste. Viele Fragen stellen sich auch in Bezug auf den Gegenstand und die Umstände einer Fristverletzung. Wie ist etwa ein Fall zu beurteilen, in dem der Übertragungsempfänger mehrere Teilanteile erworben hat und nur für einen Teil seiner Beteiligung eine Fristverletzung eintritt? Unklar ist auch, ob lediglich der übernommene Gesellschaftsanteil oder auch das mit übernommene Sonderbetriebsvermögen Gegenstand einer schädlichen Handlung sein kann. Schließlich muss geklärt werden, ob mit Veräußerung und Aufgabe nur im Ergebnis gewinnrealisierende Vorgänge gemeint sind oder auch solche, die wegen einer Privilegierung nicht zur Gewinnrealisierung führen, wie etwa eine Einbringung nach § 24 UmwStG oder eine unechte Realteilung79. Ergebnis der Fristverletzung ist jedenfalls, dass der Buchwert nicht fortgeführt wird, eine Rechtsfolge, die nachträglich und i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend eintritt und für den Übertragenden zur Aufdeckung stiller Reserven führt, obwohl er keinen Einfluss auf die letztlich gewinnrealisierende Tatbestandsverwirklichung hat.
3. Übertragung einzelner Gesellschafterrechte DieÜbertragung einzelner Mitgliedschaftsrechte an der Personengesellschaft auf Dritte wird gesellschaftsrechtlich nur insoweit in Betracht kommen, als nicht gegen das aus § 717 Satz 1 BGB abgeleitete sog. Abspaltungsverbot verstoßen wird. Zulässig dürfte danach gesellschaftsrechtlich etwa die Übertragung eines Teils des gesellschaftsvertraglich geregelten Gewinn- und Verlustanteils auf einen anderen Gesellschafter 77 Näher dazu Wendt, FR 2005, 468, 476. 78 BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 Rz. 11; daran festhaltend BMF-Schreiben v. 20.11.2019, BStBl. I 2019, 1291 Rz. 26. 79 Die Finanzverwaltung hält eine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum Buchwert nach §§ 20, 24 UmwStG nicht für schädlich, will aber dann die Behaltefrist auf den erworbenen Kapital- bzw. Mitunternehmeranteil und die eingebrachten Wirtschaftsgüter erstrecken. Eine Rechtsgrundlage dafür ist m.E. nicht ersichtlich.
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sein. Steuerrechtlich wird man eine solche Gestaltung wohl mit Wirkung für die Zukunft anerkennen und m.E. als Übertragung eines Teils der Einkunftsquelle des Übertragenden auf den anderen Gesellschafter beurteilen müssen80. Ein solches Teilrecht der Mitgliedschaft ist weder ein Wirtschaftsgut i.S.d. des § 6 Abs. 5 EStG noch eine von § 6 Abs. 3 EStG erfasste Sachgesamtheit. Gleichwohl kann m.E. nicht angenommen werden, dass in der unentgeltlichen Übertragung eines solchen Teilrechts eine gewinnrealisierende Entnahme zu sehen ist. Vielmehr erscheint eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 EStG möglich, sofern überhaupt Buchwerte von der Transaktion betroffen sind, wie etwa in einem Fall, in dem ein Teil des Kapitalkontos I auf einen anderen Gesellschafter übertragen wird81.
III. Umstrukturierungen durch entgeltliche Vermögenstransfers 1. Begriff der Entgeltlichkeit Von den unentgeltlichen Transfers sind entgeltliche Geschäfte zu unterscheiden, weil das Gesetz Transfers gegen Entgelt grundsätzlich als gewinnrealisierend behandelt, allerdings auch Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt. Entgelt ist jede Gegenleistung, die für den Transfer erbracht wird. Überführungen, also Transfers zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Rechtsträgers, scheiden unter diesem Aspekt aus, denn es fehlt an einem gegenseitigen Geschäft, für das ein Entgelt erbracht werden könnte. Im Rahmen eines gegenseitigen Geschäfts kann der Übertragungsempfänger dem Übertragenden Gegenleistungen verschiedener Art erbringen, wie Zahlung von Geld, Einräumung einer Forderung oder Befreiung von einer Verbindlichkeit betreffend Geld oder geldwerte Leistungen. Auch Transfers zwischen Gesellschafter und Gesellschaft können als entgeltliches Geschäft ausgestaltet sein. Ertragsteuerrechtlich wird die zivilrechtliche Verselbständigung der Personengesellschaft akzeptiert, so dass Gesellschafter und Gesellschaft miteinander entgeltliche Geschäfte mit ertragsteuerlicher Wirkung vornehmen können. Als Entgelt kommt neben den genannten Varianten, die dann auch Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschafter und Gesellschaft einschließen, die 80 So für ein entgeltliches Geschäft BFH v. 27.5.1981 – I R 123/77, BStBl. II 1982, 211. 81 BFH v. 27.5.1981 – I R 123/77, BStBl. II 1982, 211.
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Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten in Betracht. Überträgt der Gesellschafter ein Wirtschaftsgut auf die Personengesellschaft und vermehren sich im Zusammenhang damit seine gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschafts- und Vermögensrechte (z.B. Anteil am Gewinn, Stimmrechte), beurteilt die Rechtsprechung dies als ein entgeltliches Geschäft82. Soweit Gesellschaftsrechte zahlenmäßig durch ein bestimmtes Gesellschafterkonto dokumentiert werden, bedeutet eine Buchung auf diesem Konto eine Erhöhung oder Minderung der betreffenden Gesellschaftsrechte. In der Praxis ist dies häufig das gesellschaftsvertraglich vereinbarte Kapitalkonto I. Buchungen auf Gesellschafterkonten, die lediglich als Reflex bewirken, dass im Fall der Liquidation der Gesellschaft dem Gesellschafter ein absolut, aber nicht im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern höherer oder niedrigerer Betrag zusteht, bedeuten in diesem Sinne keine Veränderung der Gesellschafterrechte83. Allerdings wird bei der schematischen Anknüpfung an das Kapitalkonto I von einer Änderung der Gesellschafterrechte auch ausgegangen, wenn sich dieses Kapitalkonto des alleinigen Kommanditisten einer GmbH & Co. KG im Gegenzug für die Übertragung eines Wirtschaftsguts ändert, obwohl dem Gesellschafter vor wie nach der Transaktion sämtliche Stimm- und Gewinnbezugsrechte zustehen und alleinige Folge der Übertragung ist, dass sich der absolute Betrag des Liquidationserlöses erhöht oder mindert. Dies erscheint wenig folgerichtig und offenbart m.E. eine Schwäche des Denkansatzes von der Entgeltgewährung in Gestalt von Gesellschaftsrechten an einer Personengesellschaft84. Würde man Übertragungen, bei denen aus der Sicht der Personengesellschaft kein Fremdkapital betroffen ist, als unentgeltlich betrachten85, käme man insoweit zu folgerichtigen Ergebnissen. Das gilt auch für Fälle, in denen die Gegenbuchung für die Übertragung mehrere Gesellschafterkonten anspricht. Werden ein Eigenkapitalkonto und ein Fremdkapitalkonto angesprochen, ist von einem Entgelt in Höhe der Summe der Gegenbuchungen auszugehen, sofern das Eigenkapitalkonto Gesellschaftsrechte repräsentiert. Wird ein 82 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230; BFH v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617; BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464; BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593. 83 BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593; BFH v. 4.2.2016 – IV R 46/ 12, BStBl. II 2016, 607; im Anschluss daran auch BMF v. 26.7.2016, BStBl. I 2016, 684. 84 S. dazu eingehend die Beiträge von Desens und Hennrichs in diesem Band. 85 Es handelt sich dann um eine Einlage.
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anderes Eigenkapitalkonto angesprochen, liegt ein Entgelt nur in Höhe des Betrags vor, der auf dem Fremdkapitalkonto gebucht wird86. Werden aber zwei Eigenkapitalkonten angesprochen, von denen nur eines Gesellschaftsrechte repräsentiert, soll ein Entgelt in Höhe der Summe beider Buchungen angenommen werden87. Diese logischen Widersprüchlichkeiten treten nicht nur bei der akademischen Diskussion dogmatischer Grundsätze der Personengesellschaftsbesteuerung auf, sondern haben praktische Auswirkungen. Denn auf der Seite des Übertragenden liegt bei Entgeltlichkeit ein Veräußerungsgeschäft, auf der Seite des Erwerbers ein Anschaffungsvorgang vor. Gegenüber einem unentgeltlichen Geschäft ergeben sich auf beiden Seiten unterschiedliche Rechtsfolgen. Bei einem entgeltlichen Geschäft kommt es grundsätzlich auf Seiten des Übertragenden zu einer Gewinnrealisierung, die in der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Entgelt abzüglich ggf. anfallender Kosten besteht. Bleibt das Entgelt hinter dem Buchwert zurück, kommt es zu einem negativen Gewinn. Bei einem Geschäft unter Fremden wird die Angemessenheit eines Entgelts in der Regel nicht in Frage zu stellen sein, weil die Beteiligten das Entgelt unter Berücksichtigung ihrer gegenläufigen Interessen bestimmen. Im Verhältnis zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter ist dies allerdings anders, weil die Interessen dort auch gleichgerichtet sein oder nicht mit dem konkreten Austauschgeschäft verbundene Interessen Bedeutung haben können. Insofern besteht eine Ähnlichkeit zu Geschäften zwischen Angehörigen, bei denen ebenfalls außerbetriebliche Aspekte auf die Bestimmung der Gegenleistung einwirken. Eine Vermutung der betrieblichen Veranlassung gibt es danach für Geschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht. Im Gegenteil vermutet die Rechtsprechung unter bestimmten Aspekten eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung88. Wird für die Übertragung eine Gegenleistung erbracht, die nicht in Gesellschaftsrechten besteht, wird deren Umfang im Hinblick auf die Fremdüblichkeit zu untersuchen sein. Weicht die Gegenleistung von einer fremdüblichen ab, ist der Differenzbetrag außerbetrieblich veranlasst und dann Gegenstand einer Entnahme oder Einlage. Ist eine unentgeltliche Übertragung gesetzlich privilegiert, stellt sich in Fällen verbilligter Übertragungen die Frage nach der Reichweite der Privilegierung. 86 BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 713 unter II.2.d). 87 BFH v. 24.1.2008 – IV R 37/06, BStBl. II 2011, 617. 88 Z.B. bei Dienstleistungen, BFH v. 24.1.1980 – IV R 156-157/78, BStBl. II 1980, 271.
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Infolge unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen ist zwischen dem entgeltlichen Transfer von einzelnen Wirtschaftsgütern und Sachgesamtheiten zu unterscheiden. Eine dritte Fallgruppe sind Transfers einzelner Gesellschaftsrechte.
2. Transfer von Wirtschaftsgütern a) Übertragung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter Da entgeltliche Geschäfte zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ertragsteuerrechtlich anerkannt werden, kommt es bei beiden Beteiligten grundsätzlich zu denselben ertragsteuerlichen Auswirkungen wie bei Geschäften mit Dritten. Überträgt der Gesellschafter Güter seines Privatvermögens auf die Gesellschaft, liegt bei ihm unter den Voraussetzungen der §§ 17, 20 Abs. 2, § 23 EStG ein steuerbarer Vorgang vor. Findet die Übertragung aus einem Einzelbetriebsvermögen des Gesellschafters statt, entsteht im Betrieb des Gesellschafters ein Gewinn wie bei einem Geschäft mit Dritten. Bei einer Übertragung von Sonderbetriebsvermögen auf die Gesellschaft kommt es zu einem Sonderbetriebsgewinn. Entgeltliche Übertragungen von der Personengesellschaft auf den Gesellschafter führen bei dieser immer zu einem betrieblichen Gewinn. Soweit Betriebsvermögen übertragen wird, können ggf. bestehende Wahlrechte zur Bildung von Gewinnrücklagen oder zur Übertragung des Gewinns auf Reinvestitionsgüter genutzt werden. Weil § 6b EStG eine gesellschafterbezogene Steuervergünstigung ist, kann Reinvestitionsgut i.S.d. § 6b EStG sogar das veräußerte Gut selbst sein, soweit der betreffende Gesellschafter an dem Gut beteiligt ist und soweit der Veräußerungsgewinn auf ihn entfällt89. Eine Besonderheit gilt bei Übertragungen aus einem Betriebsvermögen des Gesellschafters auf die Gesellschaft und umgekehrt, wenn die Gegenleistung in der Gewährung bzw. Minderung von Gesellschaftsrechten besteht. Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG ist die Übertragung mit dem Buchwert zu bewerten. Der nach den vorstehenden Ausführungen vom BFH und der Finanzverwaltung als entgeltlich verstandene Vorgang wird damit einem unentgeltlichen Vorgang gleichgestellt und so behandelt, als wären weder Gewinn noch über den bisherigen Buchwert hinausgehende Anschaffungskosten entstanden. Der genaue Beweggrund des Gesetzgebers für diese Privilegierung von in Gesellschaftsrechten bestehenden Gegenleistungen lässt sich den Gesetzesmaterialien leider nicht 89 BFH v. 9.11.2017 – IV R 19/14, BStBl. II 2018, 575.
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entnehmen. Denkbar sind zwei Begründungen: Entweder war der Gesetzgeber im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH90 davon überzeugt, dass in der Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten an Personengesellschaften ein Entgelt zu sehen ist, wollte aber zur Erleichterung von derartigen Umstrukturierungen durch Vermeidung einer Substanzbesteuerung beitragen. Oder aber der Gesetzgeber war von dem Entgeltcharakter der Gesellschaftsrechte nicht überzeugt und wollte der insoweit für fehlerhaft gehaltenen Rechtsprechung des BFH91 mit Hilfe dieses gesetzgeberischen „Schachzugs“ dauerhaft den Boden entziehen. In gleicher Weise privilegiert sind nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG Übertragungen zwischen dem Sonderbetriebsvermögen bei der Gesellschaft und dem Gesamthandsvermögen sowie in umgekehrter Richtung. Während die auf unentgeltliche Transfers solcher Art gemünzte erste Alternative dieser Regelung rein deklaratorisch wirkt92, käme der Buchwertfortführung nach der zweiten Alternative eine konstitutive Bedeutung zu, wenn Gesellschaftsrechten ein echter Entgeltcharakter zugemessen würde. Sollte der Gesetzgeber nicht dieser Auffassung gewesen sein, würde die Regelung auch insoweit der Aushebelung der zumindest seinerzeit anderslautenden BFH-Rechtsprechung dienen. Noch ungeklärt ist die Frage, welche Auswirkungen eine Übertragung zu einer hinter dem Fremdüblichen zurückbleibenden Gegenleistung hat. Nach allgemeinen Grundsätzen wäre der Differenzbetrag auf Veräußerungsseite als Entnahme zu behandeln, sofern das Wirtschaftsgut dort zum Betriebsvermögen gehörte. Vice versa käme es im aufnehmenden Betriebsvermögen insoweit zu einer Einlage. Entnahme und Einlage sind nun aber nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG privilegiert, was die Frage aufwirft, ob und welche Bedeutung die Privilegierung für Fallgestaltungen hat, in denen nicht vollkommen unentgeltlich, sondern zu einem Entgelt übertragen wird, das um eine Entnahme bzw. Einlage zu ergänzen ist. Solche Übertragungen sind nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG mit dem Buchwert zu bewerten, „soweit“ das Wirtschaftsgut unentgeltlich übertragen wird. Die Privilegierung entfällt also nicht ganz, sondern reduziert sich auf den Teil der Transaktion, der unentgeltlich stattfindet. Zu der Frage, 90 BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230. 91 Nach der vom BFH v. 19.10.1998 – VIII R 69/95, BStBl. II 2000, 230 abgelehnten Auffassung der Finanzverwaltung war die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Einlage zu behandeln (BMF v. 20.12.1977, BStBl. I 1978, 8 Rz. 49, sog. Mitunternehmererlass). 92 S. oben unter II.1.c)bb).
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wie dieser Teil zu bemessen ist, werden im Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten, die schlagwortartig mit „strenger“ oder „modifizierter“ Trennungstheorie gekennzeichnet werden. Nach der insbesondere von der Finanzverwaltung93, aber auch dem X. Senat des BFH94 vertretenen strengen Trennungstheorie wird die Übertragung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Bestandteil zerlegt, denen jeweils ein Teil des Buchwerts gegenübergestellt wird. Die Aufteilung des Buchwerts folgt dem Verhältnis des Entgelts zum Teilwert des Wirtschaftsguts. Folge dieser Handhabung ist, dass aus dem entgeltlichen Teil immer ein Gewinn entsteht, egal wie niedrig das Entgelt ist und ob und wie weit es ggf. unter dem Buchwert des Wirtschaftsguts liegt. Der IV. Senat des BFH95 und der wohl überwiegende Teil des Schrifttums vertreten demgegenüber die Auffassung, dass eine Gewinnrealisierung nur und insoweit stattfindet, als das Entgelt den Buchwert übersteigt (sog. modifizierte Trennungstheorie). Für diese Auffassung sprechen m.E. sowohl die systematische als auch die teleologische Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG96. Der Versuch, die Frage durch einen Beschluss des Großen Senats des BFH für die Rechtspraxis klären zu lassen, ist im Jahr 2018 gescheitert97. Zur Handhabung bei einem überhöhten Entgelt gibt es derartige Meinungsverschiedenheiten nicht. M.E. ist der überhöhte Betrag weder als Entgelt auf Seiten des Übertragenden noch als Anschaffungskosten auf Seiten des Erwerbenden zu behandeln. Es handelt sich vielmehr um eine Einlage bzw. Entnahme, soweit der Mehrbetrag beim Veräußerer im Betriebsvermögen verbleibt bzw. beim Erwerber aus dem Betriebsvermögen geleistet wird. Eine vergleichbare Auslegungsfrage stellt sich, wenn ein Wirtschaftsgut gegen ein den Verkehrswert unterschreitendes Entgelt übertragen wird und zusätzlich Gesellschaftsrechte gewährt oder gemindert werden. Für diesen Fall des sog „Mischentgelts“ wird ähnlich argumentiert wie für den Fall der Verbilligung. Meines Erachtens müssen beide Fallgestaltungen gleich behandelt werden, weil § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Übertragungen gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten unentgeltlichen Übertragungen gleichstellt. Nur bei dieser Handhabung kann auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Gesellschaftsrechte nicht
93 BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 15. 94 BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 (Vorlagebeschluss). 95 BFH v. 19.9.2012 – IV R 11/12, BFHE 239, 76 und referiert im Vorlagebeschluss BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81. 96 Näher dazu Wendt, DB 2013, 834. 97 BFH v. 30.10.2018 – GrS 1/16, BStBl. II 2019, 70 (Einstellungsbeschluss).
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nach den absoluten Beträgen bewertet werden können, die anlässlich der Transaktion auf entsprechenden Eigenkapitalkonten gebucht werden.
b) Übertragung zwischen Gesellschaftern Bei entgeltlichen Übertragungen zwischen Gesellschaftern derselben Personengesellschaft ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber Geschäften mit Dritten, soweit nicht ein Wirtschaftsgut betroffen ist, das bei mindestens einem Gesellschafter zu seinem Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft gehört. Wird das Wirtschaftsgut aus dem Sonderbetriebsvermögen entgeltlich auf einen Mitgesellschafter übertragen, entsteht im Sonderbetriebsvermögen des Veräußerers ein Gewinn. Der Erwerber hat Anschaffungskosten, die in seiner Sonderbilanz zu aktivieren sind, soweit das Wirtschaftsgut in seiner Hand Sonderbetriebsvermögen ist. Das Wirtschaftsgut kann auch für beide Gesellschafter Sonderbetriebsvermögen bei derselben Personengesellschaft sein, wie etwa ein der Gesellschaft zur Nutzung überlassenes Wirtschaftsgut (Sonderbetriebsvermögen I) oder ein Anteil an der Komplementär-GmbH einer KG (Sonderbetriebsvermögen II). Der Veräußerer kann seinen Gewinn ggf. durch Nutzung der Übertragung nach § 6b EStG neutralisieren. Die Anschaffung des Erwerbers kann in diesem Zusammenhang allerdings nicht gleichzeitig eine Reinvestition sein, weil hier zwei verschiedene Steuersubjekte betroffen sind. Entspricht das Entgelt nicht dem Verkehrswert, wird unter Angehörigen wie auch sonst zu vermuten sein, dass außerbetriebliche Gründe für die Abweichung bestehen. In Höhe des Differenzbetrags liegt dann eine Entnahme bzw. Einlage vor. Fehlt es an einem Verwandtschaftsverhältnis, kann allein aus dem Umstand, dass die Beteiligten Gesellschafter derselben Personengesellschaft sind, nicht auf eine außerbetriebliche Veranlassung der Wertdifferenz geschlossen werden. Nur wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Gesellschaftsverhältnis Ursache für die Wertabweichung ist, muss das Entgelt um eine Entnahme bzw. Einlage ergänzt werden. Gehört ein unter Gesellschaftern verbilligt veräußertes Wirtschaftsgut bei beiden Beteiligten zum Sonderbetriebsvermögen bei derselben Personengesellschaft, stellt sich wegen der Privilegierung von unentgeltlichen Übertragungen dieser Art durch § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG auch in diesem Zusammenhang die Frage nach der Reichweite der Privilegierung. Die oben genannten Spielarten der Trennungstheorie98 98 S. vorstehend unter III.2.a).
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dürften in diesem Fall ebenfalls zu unterschiedlichen Antworten führen.
c) Übertragung zwischen Schwestergesellschaften Entgeltliche Transfers von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften können in Gestalt von Übertragungen zwischen den Gesamthandsvermögen der Gesellschaften oder zwischen dem Sonderbetriebsvermögen bei der einen und dem Gesamthandsvermögen der anderen Gesellschaft in Betracht kommen. Für die Gewinnrealisierung auf Veräußererseite und Anschaffungskosten auf Erwerberseite gelten grundsätzlich keine Besonderheiten im Verhältnis zu Geschäften unter Dritten. Die Fremdüblichkeit des Geschäfts wird ebenso wie unter Dritten vermutet werden können, wenn keine Personenidentität bei den Gesellschaftern besteht und die nur einer Gesellschaft angehörenden Gesellschafter nicht verwandtschaftlich mit den übrigen Gesellschaftern verbunden sind. Anderenfalls muss die Entgeltlichkeit der Übertragung geprüft werden. Abweichungen des Entgelts vom Verkehrswert können gesellschaftsrechtlich und damit außerbetrieblich veranlasst sein. Findet die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen bei der einen und dem Gesamthandsvermögen bei der anderen Schwestergesellschaft statt, ist im Fall eines verbilligten Kaufpreises die Privilegierung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG zu beachten. Soweit die Privilegierung bei unentgeltlichen Übertragungen tatbestandsmäßig reicht, wird die Reichweite der Privilegierung bei Verbilligung wiederum auf der Grundlage der strengen und der modifizierten Trennungstheorie99 unterschiedlich beantwortet werden.
3. Transfer von Sachgesamtheiten a) Allgemeine Rechtsgrundlagen und Rechtsfolgen Die Umstrukturierung einer Personengesellschaft kann entgeltliche Transfers von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen einschließen. Dabei kann das Entgelt – ebenso wie bei Einzelwirtschaftsgütern – nicht nur in Geld oder geldwerten Gütern, sondern auch in Gesellschaftsrechten bestehen. Besteht das Entgelt nicht in Gesellschaftsrechten, ergeben sich die einkommensteuerlichen Folgen aus § 16 EStG, der in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 nach überwiegender Auffassung nur 99 S. vorstehend unter III.2.a).
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deklaratorisch wiederholt, was sich für die betreffenden Veräußerungsund Aufgabevorgänge bereits aus dem allgemeinen Tatbestand gewerblicher Einkunftserzielung ergibt100. Der Umfang einer Sachgesamtheit i.S.d. § 16 EStG kann sich von dem in § 6 Abs. 3 EStG vorausgesetzten Umfang unterscheiden. Denn zu der Sachgesamtheit i.S.d. § 16 EStG werden nicht nur alle funktional, sondern auch quantitativ wesentlichen Betriebsgrundlagen gezählt101. Wird die Übertragung der Sachgesamtheit durch Gewährung von Gesellschaftsrechten entgolten, die Sachgesamtheit also in die Personengesellschaft gegen Gewährung zusätzlicher Gesellschaftsrechte eingebracht102, tritt § 24 UmwStG als das speziellere Gesetz an die Stelle von § 16 EStG103. Mindern sich im umgekehrten Fall die Gesellschaftsrechte des Gesellschafters als Gegenleistung für den Erhalt einer Sachgesamtheit aus dem Gesamthandsvermögen, lassen sich die Rechtsfolgen nicht aus § 24 UmwStG bestimmen. Es bleibt deshalb beim Grundtatbestand des § 16 EStG. Ob das Entgelt dem Verkehrswert entspricht oder diesen über- oder unterschreitet, ist für die Verwirklichung des Tatbestands von § 16 EStG nur insoweit von Bedeutung, als dem Geschäft die steuerrechtliche Anerkennung deshalb insgesamt zu versagen sein könnte. Von derartigen Fällen abgesehen errechnet sich der Gewinn aus dem Geschäft aus der Differenz von Veräußerungspreis und übertragenem Betriebsvermögen bzw. Anteil am Betriebsvermögen abzüglich der Veräußerungskosten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dabei ergibt sich das Betriebsvermögen aus dem Kapital bzw. Kapitalkonto des Veräußerers in der auf den Stichtag aufzustellenden Bilanz (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG). Da das Kapital bzw. Kapitalkonto den Saldo von Aktiv- und Passivposten repräsentiert, gilt insoweit die Nettobetrachtung; der Übergang von Schulden ist kein Entgelt, sondern mindert das übertragene Aktivvermögen104. Bleibt das Entgelt hinter dem Verkehrswert des übertragenen Betriebsvermögens zurück, gilt anders als bei der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach heute einhelliger Meinung die sog. Einheitstheorie, nach der das Entgelt dem
100 BFH v. 16.9.1966 – VI 118, 119/65, BStBl. III 1967, 70. 101 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 2.10.1997 – IV R 84/96, BStBl. II 1998, 104. 102 Zur erstmaligen Gewährung von Gesellschaftsrechten s. nachstehend unter IV.1. 103 Z.B. BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29. 104 BFH v. 17.10.2007 – I R 61/06, BStBl. II 2008, 555.
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gesamten Buchwert des übertragenen Betriebsvermögens gegenübergestellt wird105. Obwohl in einem solchen Fall nicht alle stillen Reserven der Besteuerung unterworfen werden, sondern anteilig auf den Erwerber übergehen106, wird nach bisheriger Handhabung die Tarifbegünstigung für diesen Gewinn gewährt107. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zur Versagung der Tarifbegünstigung, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen vor der Veräußerung ohne Aufdeckung stiller Reserven aus der dann veräußerten Sachgesamtheit herausgelöst worden sind. Diese unter dem Schlagwort „Gesamtplanrechtsprechung“ bekannte Handhabung des BFH beruht auf einer Auslegung des § 34 EStG, nach der tarifbegünstigte außerordentliche Einkünfte nur vorliegen, wenn alle stillen Reserven in der Sachgesamtheit geballt aufgedeckt werden108. Der BFH nimmt deshalb eine zeitraumbezogene Betrachtung vor und behandelt einen Veräußerungsgewinn nicht als tarifbegünstigt, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eine der veräußerten Sachgesamtheit zugeordnete wesentliche Betriebsgrundlage ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus der Sachgesamtheit ausgeschieden ist109. Dies betrifft insbesondere Umstrukturierungen von Personengesellschaften unter Nutzung der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG.
b) Übertragung des Betriebs Überträgt der Gesellschafter einen von ihm geführten Einzelbetrieb auf die Gesellschaft und erhält er dafür ein nicht in Gesellschaftsrechten bestehendes Entgelt, erfüllt dieser Vorgang den Tatbestand der Betriebsveräußerung gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Halbs. 1 EStG. Der vom Gesellschafter erzielte Gewinn ergibt sich aus dem Differenzbetrag von Kapitalkonto im Einzelbetrieb und Entgelt abzüglich der Veräußerungskosten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zwar ist ein solcher Veräußerungs105 Ständige Rechtsprechung seit BFH v. 10.7.1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811. 106 Eingehend dazu BFH v. 9.5.2017 – VIII R 1/14, BFH/NV 2017, 1418. 107 So schon BFH v. 16.9.1966 – VI 118, 119/65, BStBl. III 1967, 70; Zweifel aber in BFH v. 9.12.2014 – IV R 36/13, BStBl. II 2015, 529. 108 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123. 109 BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376; BFH v. 5.2.2014 – X R 22/12, BStBl. II 2014, 388; BFH v. 9.12.2014 – IV R 36/13, BStBl. II 2015, 529; BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015, 536.
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gewinn grundsätzlich tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Diese Begünstigung entfällt aber in den hier zu betrachtenden Fallvarianten teilweise, weil es sich im Umfang des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen um eine sog. Veräußerung an sich selbst handelt (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG). Die Übertragung des Betriebs auf den Gesellschafter wird in der Regel mit der Beendigung der Personengesellschaft einhergehen, denn eine Personengesellschaft kann zu einem bestimmten Zeitpunkt nur einen Betrieb unterhalten110. Nacheinander können aber auch verschiedene Betriebe unterhalten werden, so dass die Gesellschaft aus dem Erlös z.B. neues Betriebsvermögen beschaffen und erneut einen Betrieb aufnehmen kann111. Der Gewinn der Gesellschaft aus der Veräußerung unterliegt der Tarifbegünstigung, soweit er nicht auf den erwerbenden Gesellschafter entfällt. Wird der Betrieb vom Gesellschafter gegen Erhöhung bereits vorhandener Gesellschaftsrechte auf die Personengesellschaft übertragen, ist damit der Tatbestand der Einbringung nach § 24 Abs. 1 UmwStG erfüllt. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus ist nicht erforderlich, dass der Übertragende erstmals Mitunternehmer wird112. Regelmäßige Rechtsfolge der Einbringung ist die Aufdeckung aller stillen Reserven, weil die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert bewerten muss und dieser Wert für den Einbringenden als Veräußerungspreis gilt (§ 24 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Im rein nationalen Fall besteht jedoch für die Personengesellschaft ein Wahlrecht zur Bewertung mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) mit der Folge, dass der betreffende Wert auch zu einem geringeren Veräußerungspreis für den Einbringenden führt. Bei Bewertung mit dem bisherigen Buchwert ergibt sich kein Gewinn. Die Spannweite des Wahlrechts vom Buchwert bis zum gemeinen Wert eröffnet einen großen Spielraum für steueroptimale Gestaltungen. Große Flexibilität besteht auch in der bilanziellen Abbildung des gewählten Werts bei der Personengesellschaft, weil der Zuwachs an Gesellschaftsrechten 110 Vgl. etwa BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 zur gewerbesteuerlichen Unternehmensidentität. 111 Vgl. etwa BFH v. 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464; BFH v. 17.3.2010 – IV R 41/07, BStBl. II 2010, 977, allerdings jeweils zum gewerbesteuerlichen Betrieb und insoweit nach Redaktionsschluss eingeschränkt durch BFH v. 19.12.2019 – IV R 8/17. 112 BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BStBl. II 2016, 593.
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weder betragsmäßig absolut noch im Verhältnis zu anderen Gesellschaftsrechten des Einbringenden oder anderer Gesellschafter mit dem gewählten Wert des Betriebsvermögens korrespondiert. Wird bilanziell ein Zuwachs auf einem Kapitalkonto ausgewiesen, das Gesellschaftsrechte repräsentiert, kann der Restbetrag des gewählten Werts auf jedem anderen Kapitalkonto gebucht werden. Ist im Rahmen handelsrechtlicher GoB eine andere bilanzielle Darstellung zulässig, kann ungeachtet des § 24 UmwStG davon Gebrauch gemacht werden. Wertdifferenzen sind dann in Ergänzungsbilanzen abzubilden. Einer Erwähnung bedarf das Erfordernis der Einbringung des ganzen Betriebs, also aller bisherigen wesentlichen Betriebsgrundlagen. Diesem Erfordernis ist nicht nur genügt, wenn diese wesentlichen Betriebsgrundlagen vollständig auf die Personengesellschaft übertragen werden. Es wird auch als ausreichend betrachtet, wenn ein Teil der betreffenden Wirtschaftsgüter im Eigentum des Einbringenden verbleibt und Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft wird113. In Betracht kommt auch, den Betrieb gegen eine Mischung von Gesellschaftsrechten und sonstigem Entgelt zu übertragen. Letzteres wäre etwa der Fall, wenn mit den Gegenbuchungen für den eingebrachten Betrieb nicht nur Eigen-, sondern auch Fremdkapitalkonten des Einbringenden angesprochen werden. Nach der Rechtsprechung des BFH soll daraus keine Gewinnauswirkung für den Einbringenden entstehen, wenn bei Wahl des Buchwerts die Summe der Gegenbuchungen auf Eigen- und Fremdkapitalkonten den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt114. Anderenfalls müsste der Differenzbetrag grundsätzlich in voller Höhe zu Gewinn des Einbringenden führen. Seit 2015 trifft § 24 Abs. 2 UmwStG allerdings eine besondere Regelung für Einbringungen gegen Mischentgelt. Übersteigt die Gegenleistung relativ 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder absolut 500.000 t bzw. den darunterliegenden Gesamtbuchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, ist das Betriebsvermögen mindestens mit dem Betrag der sonstigen Gegenleistung anzusetzen (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Satz 4 UmwStG). In einem solchen Fall wird der nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG anzusetzende Betrag ins Verhältnis zum gemeinen Wert des gesamten eingebrachten Betriebs gesetzt und tritt dann an die Stelle des diesbezüglichen Teilbuchwerts. Im Übrigen kann der Buchwert gewählt 113 Vgl. zur Einbringung eines Mitunternehmeranteils BFH v. 17.4.2019 – IV R 12/16, BStBl. II 2019, 745. 114 BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BStBl. II 2016, 639.
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werden. Dann ergibt sich – vergleichbar der sog. strengen Trennungstheorie zu § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, die nach Meinung der Finanzverwaltung auch für Einbringungen nach § 24 UmwStG vor Einführung der Grenzwerte anzuwenden war115 – in Höhe der Differenz von anteiligem Buchwert und dem nach § 24 Abs. 2 Satz 4 UmwStG anzusetzenden Wert für den Einbringenden ein Gewinn. Wird der Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nicht nur für den Einbringenden, sondern auch für Dritte auf die Personengesellschaft übertragen, kann eine Buchwertfortführung in Bezug auf die fremden Gesellschaftsrechte nicht auf § 24 Abs. 2 UmwStG gestützt werden. Liegt der Einbringung in Bezug auf den Dritten zivilrechtlich eine Schenkung zugrunde, versteht der BFH den Vorgang als einen Fall der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 1 EStG und lässt die Verbindung dieser Buchwertfortführung mit dem Wahlrecht zur Buchwertführung in Bezug auf die dem Einbringenden selbst gewährten Gesellschaftsrechte nach § 24 Abs. 2 UmwStG zu116. Anders verhält es sich, wenn der Einbringende von dem Dritten für die diesem gewährten Gesellschaftsrechte ein Entgelt erhält. In diesem Fall geht die Rechtsprechung von einem Veräußerungsgeschäft in Bezug auf die dem Dritten gewährten Gesellschaftsrechte aus, aufgrund dessen der Einbringende seinen Betrieb insoweit für Rechnung des Dritten einbringt117. Es kommt diesbezüglich zur – nicht tarifbegünstigten – Aufdeckung anteiliger stiller Reserven. Überträgt die Personengesellschaft ihren Betrieb gegen Minderung von Gesellschaftsrechten auf den Gesellschafter, ohne dass dieser ganz aus der Gesellschaft ausscheidet, bedeutet dies eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe der Gesellschaft i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG.
c) Übertragung von Teilbetrieben aa) Echter Teilbetrieb Für die Übertragung von Teilbetrieben gelten dieselben Grundsätze wie für die Übertragung von Betrieben. Der Teilbetrieb ist dem Betrieb als Sachgesamtheit in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und § 24 Abs. 1 UmwStG vollständig gleichgestellt. Der Umfang des Teilbetriebs wird in 115 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 24.07. 116 BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BStBl. II 2016, 639. 117 BFH v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599; BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123; BFH v. 24.6.2009 – VIII R 13/07, BStBl. II 2009, 993; BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BStBl. II 2015, 717.
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diesem Rahmen nicht vom Teilbetriebsbegriff nach der Fusionsrichtlinie118 berührt119. Überträgt die Gesellschaft nicht den ganzen Betrieb, sondern nur einen Teilbetrieb auf einen Gesellschafter, behält sie in Gestalt des verbleibenden Teilbetriebs weiter einen eigenen Betrieb, so dass eine Betriebsaufgabe des Betriebs der Gesellschaft durch den Transfer nicht eintreten kann. Gewerbesteuerlich geht allerdings die Unternehmensidentität und damit ein evtl. Verlustvortrag anteilig verloren120. Erfolgt die Übertragung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten, ohne dass der Gesellschafter ausscheidet121, kommt es zwar ebenfalls nicht zur Betriebsaufgabe des Betriebs der Gesellschaft. Allerdings findet § 24 UmwStG auf derartige Vorgänge keine Anwendung, so dass sich die Rechtsfolge nur aus § 16 EStG ergeben kann und von einer tarifbegünstigten Teilbetriebsveräußerung i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ausgegangen werden muss.
bb) 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb Als Teilbetrieb gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Der Gewinn aus der Veräußerung einer solchen Beteiligung, die zum Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen gehört, ist schon nach allgemeinen Grundsätzen der betrieblichen Gewinnermittlung zu erfassen. Die Fiktion eines Teilbetriebs dient deshalb im Wesentlichen dazu, die Voraussetzungen für eine Tarifbegünstigung des Gewinns zu schaffen, indem der Gewinn Bestandteil der außerordentlichen Einkünfte nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG wird. Bei Veräußerung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter kann eine Tarifbegünstigung allerdings nicht vollständig erreicht werden. Denn in dem Umfang, in dem der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist, handelt es sich um einen Gewinn aus einer Veräußerung „an sich selbst“, der von der Tarifbegünstigung ausgenommen ist (§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG). Allerdings kann in einem solchen Fall von der Gewinnübertragung nach § 6b EStG Gebrauch gemacht werden, soweit bei transparenter Betrachtung der Gewinn auf den Gesellschafter entfällt und dieser zugleich an den Anschaffungskosten beteiligt ist. Das 118 119 120 121
Richtlinie 90/434/EWG des Rates v. 23.7.1990. BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467 zu § 15 UmwStG 1995. BFH v. 7.8.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012, 145. Dann liegt eine unechte Realteilung vor; dazu nachstehend unter IV.2.b)aa)(3).
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gilt auch bei Veräußerungen zwischen Schwestergesellschaften122. Gehört die Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters und wird sie an einen anderen Gesellschafter derselben Personengesellschaft veräußert, kommt eine Gewinnübertragung auf die Anschaffungskosten nicht in Betracht. Streit besteht über die Frage, ob eine 100%ige Kapitalbeteiligung Gegenstand einer Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG sein kann. Eine ausdrückliche Erwähnung findet sich in § 24 UmwStG nicht. Nach Meinung des BFH kommt auch eine entsprechende Anwendung der Fiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht123. Dem hat sich die Finanzverwaltung „im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der bisherigen Verwaltungsauffassung“ nicht angeschlossen124. Folgt man der Meinung des BFH, ist eine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zwar nicht nach § 24 UmwStG, aber doch nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert möglich. Denn die Beteiligung ist jedenfalls ein von dieser Vorschrift erfasstes Wirtschaftsgut. Damit fällt auch die Übertragung einer solchen Beteiligung aus dem Gesamthandsvermögen auf den Gesellschafter unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, sofern die Beteiligung dann zu einem Betriebsvermögen des Gesellschafters gehört.
d) Übertragung von Mitunternehmeranteilen Wie bereits fürunentgeltliche Übertragungen dargelegt, ist auch für entgeltliche Übertragungen zwischen der Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils und eines Teils des Mitunternehmeranteils zu unterscheiden. Teil eines Mitunternehmeranteils meint dabei wie dort125, dass zumindest auch ein Teil am Gesamthandsvermögen Gegenstand der Übertragung ist126.
122 123 124 125 126
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BFH v. 9.11.2007 – IV R 19/14, BStBl. II 2018, 575. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464. BMF v. 20.5.2009, BStBl. I 2009, 671. S. dazu unter II.2.b)cc)(2). A.A. BFH v. 6.11.1991 – XI R 41/88, BStBl. II 1992, 335 zur Rechtslage vor der erstmaligen Behandlung der Teilanteilsübertragung als Gesetzesbegriff; a.A. zur heutigen Rechtslage Wacker in Schmidt, 38. Aufl. 2019, § 16 EStG Rz. 408 unter m.E. nicht tragfähiger Berufung auf BFH v. 1.2.2017 – VIII B 15/16, BFH/NV 2017, 574 (dort war ein Anteil am Gesellschaftsvermögen übertragen worden).
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aa) Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils Die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils erfüllt den Tatbestand des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und führt damit zu einem außerordentlichen Gewinn i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Vorausgesetzt wird dabei, dass neben dem Gesellschaftsanteil auch alle wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters mitveräußert werden. Wesentlich sind dabei nach der Rechtsprechung nicht nur funktional für die Gesellschaft oder die Beteiligung des Gesellschafters bedeutsame Güter, sondern auch solche im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Güter, die erhebliche stille Reserven enthalten127. Der Veräußerungstatbestand des § 16 EStG ist außerdem nur erfüllt, wenn alle Bestandteile des Mitunternehmeranteils in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übergehen. Werden zum Sonderbetriebsvermögen gehörende Bestandteile des Mitunternehmeranteils auf eine andere Person als den Erwerber des Gesellschaftsanteils übertragen, wird der Vorgang insgesamt als Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG angesehen128, die allerdings zu denselben Rechtsfolgen führt wie die Veräußerung. Veräußern alle Gesellschafter ihre Anteile an einen Dritten, geht zwar der Betrieb der Personengesellschaft unter Anwachsung des Vermögens auf den Erwerber über. Gleichwohl ist der Vorgang nicht als Betriebsveräußerung, sondern als Summe mehrerer Anteilsveräußerungen zu behandeln. Für den Anteilserwerber entstehen Anschaffungskosten in Höhe des von ihm gezahlten Entgelts. Soweit diese auf das mit erworbene Sonderbetriebsvermögen entfallen, sind sie in der Sonderbilanz des Erwerbers zu erfassen. Die auf den Anteil am Gesamthandsvermögen entfallenden Anschaffungskosten haben auf die Bilanz der Gesellschaft keine Auswirkung. Stimmt das dafür geleistete Entgelt mit dem übernommenen Kapitalkonto nicht überein, muss die Differenz in einer Ergänzungsbilanz ausgewiesen werden. Ein Mehrbetrag ist den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens zuzuordnen, soweit diese stille Reserven enthalten können; ein Minderbetrag ist allen nicht mit dem Nominalwert bewerteten Aktivposten zuzuordnen. Verbleibt nach diesen Auf- bzw. Abstockungen noch ein Restbetrag, ist dieser nach der Rechtsprechung des BFH als Ausgleichsposten in die Ergänzungsbilanz aufzunehmen und
127 BFH v. 2.10.1997 – IV R 84/96, BStBl. II 1998, 104. 128 BFH v. 3.12.2015 – IV R 4/13, BStBl. II 2016, 544.
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dann gegen künftige Verlust- bzw. Gewinnanteile zu verrechnen129. Da die Posten in der Ergänzungsbilanz individuelle Mehr- und Minderanschaffungskosten des Gesellschafters zu den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens darstellen, sind sie ebenso wie die Posten der Gesamthandsbilanz weiterzuentwickeln, also etwa bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern auf die Nutzungsdauer zu verteilen130 und ganz aufzulösen, wenn die Bilanzierung des Wirtschaftsguts in der Gesamthandsbilanz endet131. Bringt der Gesellschafter der Personengesellschaft den Mitunternehmeranteil an einer anderen Personengesellschaft gegen Gewährung von weiteren Gesellschaftsrechten ein, wird die Personengesellschaft, in die der Anteil eingebracht wird, zur Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft. Wie bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 UmwStG von dem dortigen Bewertungswahlrecht Gebrauch gemacht werden. Das zum eingebrachten Anteil gehörende Sonderbetriebsvermögen muss dafür nicht auf die Gesamthand übertragen werden. Es reicht aus, wenn es nun Sonderbetriebsvermögen bei der Obergesellschaft wird132. Bleibt es hingegen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG mittelbares Sonderbetriebsvermögen bei der Untergesellschaft, ist nicht der ganze Mitunternehmeranteil eingebracht worden, mit dem Ergebnis, dass sich die einkommensteuerlichen Folgen der Transaktion dem Wortlaut nach nicht aus § 24 UmwStG ergeben können. Daraus allerdings zu schließen, der Vorgang sei eine zur Aufdeckung aller stillen Reserven im Gesellschaftsanteil und im Sonderbetriebsvermögen führende Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, erscheint vor dem Hintergrund, dass eine vorherige Ausgliederung des Sonderbetriebsvermögens unschädlich gewesen wäre, als zu weitgehend. Dies spricht m.E. dafür, § 24 UmwStG insoweit teleologisch zu reduzieren und auch dann anzuwenden, wenn das bisherige Sonderbetriebsvermögen künftig mittelbares Sonderbetriebsvermögen bleibt. Überträgt eine Obergesellschaft im umgekehrten Fall den von ihr gehaltenen Mitunternehmeranteil an der Untergesellschaft auf einen ihrer 129 BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745; BFH v. 19.2.1998 – IV R 59/96, BStBl. II 1999, 266. 130 BFH v. 28.9.1995 – IV R 57/94, BStBl. II 1996, 68; BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/11, BStBl. II 2017, 34. 131 BFH v. 20.10.2015 – VIII R 33/13, BStBl. II 2016, 596. 132 BFH v. 17.4.2019 – IV R 12/16, BStBl. II 2019, 745.
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Gesellschafter und leistet jener dafür ein nicht in der Minderung von Gesellschaftsrechten bestehendes Entgelt, erzielt die Obergesellschaft damit einen Gewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der tarifbegünstigt ist, soweit er nicht anteilig auf den erwerbenden Gesellschafter selbst entfällt. Verfügt die Obergesellschaft zugleich über Sonderbetriebsvermögen bei der Untergesellschaft – dies ist möglich, weil wegen des Vorrangs von Sonderbetriebsvermögen vor Betriebsvermögen auch Gesamthandsvermögen Sonderbetriebsvermögen bei einer Untergesellschaft sein kann133 –, setzt die Erfüllung des Veräußerungstatbestands voraus, dass auch die betreffenden Wirtschaftsgüter mit auf den Gesellschafter übertragen werden. Behält die Obergesellschaft die Wirtschaftsgüter zurück, verlieren sie mit der Übertragung des Anteils an der Untergesellschaft ihre Eigenschaft als dortiges Sonderbetriebsvermögen und sind anschließend als Betriebsvermögen der Obergesellschaft zu behandeln. Die Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft in das eigene Betriebsvermögen der Obergesellschaft erfüllt grundsätzlich die Voraussetzungen der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 EStG. Ist das Sonderbetriebsvermögen im Zeitpunkt der Übertragung des Gesellschaftsanteils aber noch Bestandteil des Mitunternehmeranteils, muss nach der vom BFH vertretenen zeitpunktbezogenen Betrachtung aber angenommen werden, dass infolge der Trennung von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen der Tatbestand der Aufgabe des Mitunternehmeranteils erfüllt ist, der eine Buchwertfortführung für das Sonderbetriebsvermögen ausschließt. Vielmehr sind die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des bisherigen Sonderbetriebsvermögens aufzudecken und die Buchwerte in der steuerlichen Gesellschaftsbilanz bzw. in Ergänzungsbilanzen für alle Gesellschafter aufzustocken. Besteht das Entgelt des Gesellschafters in der Minderung von Gesellschaftsrechten, ist ebenfalls § 16 EStG und nicht § 24 UmwStG einschlägig. Dabei muss der „Veräußerungspreis“ dann aus dem Wert der geminderten Gesellschaftsrechte ermittelt werden.
bb) Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils Für die Veräußerung von Teilmitunternehmeranteilen enthält § 16 EStG in Abs. 1 Satz 2 eine Sonderregelung. Derartige Gewinne sind danach 133 BFH v. 24.3.1999 – I R 114/97, BStBl. II 2000, 399.
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laufende Gewinne, also keine außerordentlichen Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Diese Regelung überlagert die Vorschriften zur „Veräußerung an sich selbst“, die nur teilweise zur Behandlung als laufende Einkünfte führen würden. Eine Regelung zur Definition der Teilanteilsveräußerung enthält das Gesetz nicht. Blendet man die an anderer Stelle behandelten Fälle des Ein- oder Austritts von Gesellschaftern aus134, bleibt als Anwendungsbereich für eine Teilanteilsveräußerung nur die entgeltliche Änderung des Verhältnisses der Beteiligungen am Vermögen der Gesellschaft zwischen den vorhandenen Gesellschaftern, die sich zivilrechtlich im Wege der An- und Abwachsung vollzieht135. Die Veränderung des Vermögensanteils ist m.E. zwingende Voraussetzung für eine Teilanteilsübertragung136. Keinerlei Anhaltspunkte enthält das Gesetz zur Bedeutung von Sonderbetriebsvermögen bei Veräußerung eines Teilanteils. Wird das Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten, behält es seine Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen unverändert bei, weil der übertragende Gesellschafter ja mit dem restlichen Anteil Mitunternehmer bleibt. Ein Bedarf für die zwangsweise Aufdeckung eines dem übertragenen Bruchteil des Gesellschaftsvermögens entsprechenden Anteils der stillen Reserven im Sonderbetriebsvermögen besteht nach heutiger Rechtslage137 wegen der nicht mehr möglichen Tarifbegünstigung nicht. Der Umstand, dass nicht auch anteiliges Sonderbetriebsvermögen mit übertragen wird, bedeutet deshalb m.E. keine Aufgabe des Teilmitunternehmeranteils, ganz abgesehen davon, dass § 16 EStG den Tatbestand der Teilanteilsaufgabe nicht enthält138. § 24 UmwStG kann demgegenüber entnommen werden, dass die Einbringung eines Teilmitunternehmeranteils von der Vorschrift umfasst
134 Dazu nachstehend unter IV. 135 BFH v. 14.9.1994 – I R 41/94, BFH/NV 1995, 766. 136 Zur a.A. s. BFH v. 6.11.1991 – XI R 41/88, BStBl. II 1992, 335; Wacker in Schmidt, 38. Aufl. 2019, § 16 EStG Rz. 408. 137 Für Teilanteilsveräußerungen bis zum Inkrafttreten von § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG im Jahr 2002 wurde die Tarifbegünstigung gewährt (BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123; BFH v. 16.9.2004 – IV R 11/03, BStBl. II 2004, 1068), allerdings nur unter der Voraussetzung der quotalen Mitübertragung des Sonderbetriebsvermögens (BFH v. 12.4.2000 – XI R 35/99, BStBl. II 2001, 26; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl. II 2005, 173; BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, BStBl. II 2003, 194). 138 § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG verweist nicht auf § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG.
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sein soll139. Das ergibt sich zwar nicht aus § 24 Abs. 1 UmwStG, aber im Umkehrschluss aus § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG, weil dort die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG und des ermäßigten Steuersatzes geregelt, davon aber die Einbringung eines Teilmitunternehmeranteils ausgenommen wird. Hier stellt sich die Frage nach der anteiligen Miteinbringung des Sonderbetriebsvermögens zwar vor dem Hintergrund der Vergünstigung durch das Bewertungswahlrecht, aber wiederum nicht vor dem Hintergrund einer Tarifermäßigung, weil Letztere ja durch § 24 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 EStG ausgeschlossen wird. Die Buchwertfortführung für den eingebrachten Bruchteil am Gesellschaftsvermögen könnte zwar Anlass für das Erfordernis der Mitübertragung von anteiligem Sonderbetriebsvermögen sein. Zieht man aber einen Vergleich mit der Buchwertfortführung bei unentgeltlicher Teilanteilsübertragung, muss man zu einem anderen Ergebnis kommen. Denn dort ist die Mitübertragung anteiligen Sonderbetriebsvermögens – wie ausgeführt140 – für die Buchwertfortführung nicht erforderlich. Dementsprechend besteht auch im Rahmen des § 24 UmwStG kein Bedarf für eine anteilige Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen141. Allenfalls ließe sich daran denken, die Behaltefrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG analog anzuwenden. Angesichts des Umstands, dass der Gesetzgeber die Einbringung von Teilmitunternehmeranteilen in § 24 UmwStG ausdrücklich berücksichtigt, aber keine § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ähnliche Regelung geschaffen hat, fehlt es jedoch an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke.
4. Übertragung einzelner Gesellschaftsrechte Für die Übertragung einzelner Gesellschaftsrechte gibt es keine ausdrücklichen Regelungen. Derartige Vorgänge können Teilmitunternehmeranteilsübertragungen sein, wenn zumindest auch ein Bruchteil des Anteils am Gesellschaftsvermögen übertragen wird142. Ein solcher Fall liegt auch bei einer durch einseitige Kapitalerhöhung eintretenden Änderung der Vermögensanteile vor143. Gehen zum Gesellschaftsanteil gehörende Mitgliedschafts- oder Vermögensrechte nicht alle zu demselben Teil über, ist der Vorgang gleichwohl insgesamt den Regelungen des § 16 139 Gl.A. im Ergebnis BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BStBl. II 2006, 847. 140 Unter II.2.b)cc)(3). 141 A.A die h.M im Schrifttum, vgl. etwa Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, § 24 UmwStG Rz. 71; und Rasche in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 24 UmwStG Rz. 62, jeweils m.w.N. 142 Dazu vorstehend unter III.3.d)bb). 143 BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BStBl. II 2006, 847.
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Abs. 1 Satz 2 EStG für eine Teilanteilsübertragung oder § 24 UmwStG für eine Teilanteilseinbringung zu unterwerfen. Anders verhält es sich, wenn kein Bruchteil des Gesellschaftsvermögens, sondern nur einzelne Rechte im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung übertragen werden. Dabei ist steuerrechtlich unbeachtlich, inwieweit eine solche Transaktion gesellschaftsrechtlich zulässig ist; entscheidend ist aus ertragsteuerlicher Sicht, ob die Beteiligten dieses Ergebnis wirtschaftlich erreichen. Eine solche entgeltliche Gestaltung unterliegt nicht dem § 16 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 EStG, was m.E. allerdings nicht bedeutet, dass der Vorgang ertragsteuerlich unbeachtlich wäre – vorausgesetzt natürlich wie immer, dass dem Geschäft nicht nach den für Verträge zwischen Angehörigen geltenden Grundsätzen die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen ist. Ist das Geschäft anzuerkennen, erzielt der leistende Gesellschafter einen Sondergewinn, während der Leistungsempfänger das geleistete Entgelt als Sonderbetriebsausgabe abzuziehen oder im Fall eines bilanzierbaren Vorteils als dessen Anschaffungskosten zu aktivieren hat. Die Gewinnauswirkung muss nicht auf das Jahr beschränkt sein, in dem das Geschäft vereinbart worden ist. Eine Periodisierung kann auf beiden Seiten evtl. durch Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten in der Sonderbilanz und auf Seiten des Erwerbers bei Annahme von Anschaffungskosten durch Abschreibungen in Betracht kommen.
IV. Eintritt und Ausscheiden von Gesellschaftern Auf den Ein- und Austritt von Gesellschaftern sind teils die erörterten Regelungen anzuwenden, teils gibt es besondere Vorschriften, insbesondere die Vorschriften zur Realteilung. Zivilrechtlich bedeutet der Eintritt oder Austritt des Gesellschafters einer bestehenden Personengesellschaft für die übrigen Gesellschafter eine Änderung in Bezug auf die Zuordnung des Gesellschaftsvermögens; ihnen wachsen Anteile ab oder zu. Alt- und Neugesellschafter übertragen oder erwerben damit Anteile am Gesellschaftsvermögen und können die Voraussetzungen der §§ 6, 16 EStG oder des § 24 UmwStG erfüllen.
1. Eintritt von Gesellschaftern Beim Eintritt von Gesellschaftern sind zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich die Beteiligung an einer neu gegründeten Personengesellschaft und der Eintritt in eine bestehende Personengesellschaft.
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a) Gründung einer neuen Personengesellschaft aa) Gründung gegen Bar- und Sacheinlagen Gründen mehrere Personen eine neue Personengesellschaft, hat dieser Vorgang zunächst keine Relevanz im Sinne einer Gewinnverwirklichung, wenn alle Gesellschafter nur Bareinlagen leisten. Bei Sacheinlagen kann jedoch Gewinn entstehen, wenn die erhaltenen Gesellschaftsrechte als Gegenleistung für die Sacheinlage verstanden werden. Dies ist die Sichtweise der Rechtsprechung und h.M.144, so dass die Sacheinlage von ertragsteuerlich verstricktem Vermögen als Veräußerung durch den betreffenden Gesellschafter angesehen wird. Bei verstricktem Privatvermögen kommt es dadurch zur Aufdeckung stiller Reserven. Bei Einbringung von Betriebsvermögen ist dies nicht der Fall, wenn insoweit eine Norm zur Buchwertfortführung greift. Für einzelne Wirtschaftsgüter ergibt sich die Buchwertfortführung aus § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG, weil in dem hier betrachteten Fall ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters bzw. einem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei einer anderen Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Gesamthand übertragen wird. Besteht die Einlage in einer Sachgesamtheit, greift § 24 UmwStG ein, der unter den erwähnten Voraussetzungen eine Buchwertfortführung ermöglicht.
bb) Besonderheiten bei Aufnahme eines Gesellschafters in bisheriges Einzelunternehmen Besondere Fragen stellen sich, wenn die Personengesellschaft durch Aufnahme eines Gesellschafters in ein bisheriges Einzelunternehmen entsteht. Aus der Sicht des bisherigen Einzelunternehmers bringt er seinen Betrieb und damit eine Sachgesamtheit i.S.d. § 24 UmwStG in die Personengesellschaft ein. Gesellschaftsrechte erhält aber nicht nur er, sondern auch der neue Gesellschafter. Erbringt der Eintretende keine Einlage in das Gesellschaftsvermögen und auch keine Leistung an den bisherigen Einzelunternehmer145, erweist sich die Gestaltung im Ergebnis als unentgeltliche Übertragung eines Teils der bisherigen Sachgesamtheit auf den neuen Gesellschafter, eine wohl nur unter Angehörigen vorkommende Gestaltung. Für diesen Fall regelt § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 1 EStG, 144 Dazu vorstehend unter III.1. 145 Eine solche Leistung liegt auch in der Übernahme einer privaten Verbindlichkeit, wie etwa der Verpflichtung aus Pflichtteilsansprüchen, BFH v. 16.12.2004 – III R 38/00, BStBl. II 2005, 554.
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dass der Buchwert fortzuführen ist, und zieht damit eine Parallele zur in der Alt. 2 der Vorschrift geregelten Schenkung eines Teilmitunternehmeranteils. Das Bild scheint stimmig, wenn man sich vorstellt, der bisherige Einzelunternehmer habe seinen Betrieb zunächst in eine Personengesellschaft mit dem Eintretenden eingebracht, dabei zunächst sämtliche Vermögensanteile erhalten und dann einen Teil davon auf den Eintretenden übertragen. Die Parallelwertung sollte dann auch zur Beantwortung der Frage herangezogen werden, inwieweit die Zurückbehaltung von wesentlichen Betriebsgrundlagen des bisherigen Einzelbetriebs schädlich ist. Bei einer Teilanteilsübertragung bedarf es nicht der Mitübertragung von im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen und dort verbleibenden wesentlichen Betriebsgrundlagen, so dass es auch bei der Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen ausreichen sollte, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mit eingebracht, sondern der Gesellschaft dann zur Nutzung überlassen und damit zu Sonderbetriebsvermögen werden. Wie bei der Teilanteilsübertragung müsste dann auch die Behaltefristregelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG gelten. Deren Wortlaut deckt im ersten Halbsatz auch den Fall der Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen ab, während sich der zweite Halbsatz („… sofern der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil … nicht veräußert oder aufgibt“) nur bei sehr großzügiger Auslegung auf diesen Fall beziehen lässt. Unklar ist, ob die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 1 EStG nur den Teil des Betriebs betrifft, der in Gestalt der gesamthänderischen Berechtigung auf den Hinzutretenden entfällt, oder auch den auf den bisherigen Einzelunternehmer entfallenden Teil erfasst, für den auch § 24 UmwStG anwendbar sein könnte. Meines Erachtens sollte allein § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden sein, weil er seinem Wortlaut nach zwanglos dahin verstanden werden kann, dass er den Gesamtvorgang abdeckt, und er die gegenüber § 24 UmwStG speziellere Norm ist146. Folgt man dieser Ansicht, besteht für den gegen Gewährung eigener Gesellschaftsrechte eingebrachten Teil des Betriebs kein Wertaufstockungswahlrecht. Unter Fremden wird bei Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen berücksichtigt werden, dass im Umfang der Beteiligung des Eintretenden am Gesellschaftsvermögen auch stille Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen anteilig auf ihn übergehen und dass dafür 146 Ebenso BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 01.47 a.E.; a.A. BFH v. 12.10.2005 – X R 35/04, BFH/NV 2006, 521; BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BStBl. II 2016, 639.
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ein angemessener Ausgleich stattfinden muss. Dies kann in der Weise geschehen, dass der Eintretende eine Einlage in Höhe des Verkehrswerts des auf ihn übergehenden Anteils am Einzelbetrieb leistet. Eine solche Gestaltung führt für den Einbringenden nicht zwingend zur Aufdeckung stiller Reserven, weil unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 UmwStG von der Möglichkeit zur Buchwertfortführung Gebrauch gemacht werden kann. Denn der bisherige Einzelunternehmer erhält nur Gesellschaftsrechte als Gegenleistung für die Einbringung seines Betriebs. Würde ihm allerdings eine kurzfristige Barentnahme gestattet sein, wäre dies ein Anhaltspunkt dafür, dass der Entnahmebetrag von Anfang an als Entgelt für die vom hinzutretenden Gesellschafter übernommenen stillen Reserven bestimmt war. Dies ist ebenso zu beurteilen, als hätte der Eintretende neben einer Bareinlage in das Gesellschaftsvermögen direkte Zahlungen an den bisherigen Einzelunternehmer in dessen Privatvermögen oder ein ihm zuzurechnendes anderes Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen147 geleistet148. Für solche Leistungen in das Vermögen des Einbringenden nimmt der BFH an, dass „die Tatbestände der Veräußerung und der Einbringung von Betriebsvermögen miteinander verbunden“ werden149. Im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern zueinander liege eine Veräußerung vor. Diese führt für den bisherigen Einzelunternehmer zu einem Gewinn und für den Hinzutretenden zu Anschaffungskosten, die für den Hinzutretenden die Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz erforderlich machen150. Der Gewinn des Einbringenden kann nicht durch eine negative Ergänzungsbilanz neutralisiert werden151. Weil eine Veräußerung an den Hinzutretenden angenommen wird, betrachtet der BFH die Einbringung des bisherigen Einzelbetriebs als Einbringung, die teils auf eigene und teils auf fremde Rechnung erfolgt. Dies reflektiert, dass es sich nicht um zwei Rechtsgeschäfte, sondern um einen Einbringungsvorgang handelt, wobei die Einbringung auf fremde Rechnung nicht die Voraussetzungen des § 24 UmwStG erfüllt, weil diese Vorschrift nur für den Erwerb eigener Gesellschaftsrechte gilt152. Für das Verständnis der nach Meinung des BFH eintretenden Rechtsfolgen kann die erwähnte 147 148 149 150
BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BStBl. II 2015, 717. BFH v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599. BFH v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599. BFH v. 18.2.1993 – IV R 40/92, BStBl. II 1994, 224; BFH v. 24.6.2009 – VIII R 13/07, BStBl. II 2009, 993. 151 BFH v. 8.12.1994 – IV R 82/92, BStBl. II 1995, 599. 152 BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BStBl. II 2015, 717.
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Vorstellung von zwei gedanklich aufeinanderfolgenden Einbringungsschritten helfen, nämlich zunächst die Einbringung gegen Gewährung sämtlicher Vermögensrechte und anschließend die Veräußerung eines Teils davon. Ist für die Einbringung des Betriebs der Buchwert angesetzt worden, entsteht auf der zweiten gedanklichen Stufe ein Gewinn in Höhe der Differenz des in das Vermögen des Einbringenden geleisteten Betrags und des seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens. Die Frage, ob der Gewinn tarifbegünstigt ist, wird nur beantwortet werden können, wenn die Rechtsgrundlage der Gewinnrealisierung bestimmt wird. Wäre Rechtsgrundlage eine Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, würde sich das Entgelt als ein Teilentgelt erweisen, das nach bisher h.M. einer Tarifvergünstigung nicht entgegensteht. Sieht man den Vorgang hingegen als eine Teilanteilsveräußerung an, wäre der Gewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht tarifbegünstigt. Ist von dem Wahlrecht des § 24 UmwStG kein Gebrauch gemacht worden, sind alle stillen Reserven bereits durch die Einbringung aufgedeckt worden, so dass die Veräußerung an den Hinzutretenden keine Gewinnauswirkung mehr hat. Der Gewinn ist, soweit er nicht auf den Einbringenden selbst entfällt, tarifbegünstigt (§ 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG)153. Bei Wahl von Zwischenwerten kommt es zu einer entsprechend geringeren Gewinnauswirkung, nicht aber zu einer Tarifbegünstigung.
b) Eintritt in bestehende Personengesellschaft Tritt ein neuer Gesellschafter in eine bestehende Personengesellschaft ein, sind wiederum unentgeltliche und entgeltliche Vorgänge sowie Beitritte unter Vergrößerung oder Beibehaltung des Gesellschaftsvermögens zu unterscheiden. Tritt ein neuer Gesellschafter in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung, also gegen Einlage in das Gesellschaftsvermögen in eine bestehende Personengesellschaft ein, entstehen neue Mitgliedschaftsrechte; die Mitgliedschaftsrechte der bisherigen Gesellschafter bleiben bestehen. Zwar verringern sich die Anteile der Altgesellschafter am Gesellschaftsvermögen und damit die anteiligen Vermögensrechte. Infolge der Einlage des Neugesellschafters bleibt der absolute Wert der Anteile aber unverändert. Obwohl sich die zivilrechtliche Identität der Personengesellschaft durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters nicht ändert, beurteilt der BFH einen solchen Fall steuerrechtlich als einen § 24 153 BFH v. 21.9.2000 – IV R 54/99, BStBl. II 2001, 178.
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UmwStG unterliegenden Sachverhalt: Die Altgesellschafter bringen ihre Anteile an der Personengesellschaft in eine mit dem neuen Gesellschafter errichtete neue Personengesellschaft ein154. Damit besteht in Bezug auf die Einbringung der Altgesellschafter bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 24 UmwStG ein Wertaufstockungswahlrecht155. Erbringt der Eintretende anstelle oder zusätzlich zu der Einlage Leistungen an die Altgesellschafter, verbinden sich Einbringung und Veräußerung in dem Sinne, dass die Altgesellschafter im Umfang der Minderung ihrer prozentuale Anteile Teilanteile an den Einbringenden veräußern156. Der hierdurch erzielte Gewinn in Höhe der Differenz von anteiligem Kapitalkonto und Entgelt kann nicht durch Aufstellung einer Ergänzungsbilanz neutralisiert werden. Er ist als Gewinn aus einer Teilanteilsveräußerung i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG auch nicht tarifbegünstigt. Während im Fall des mit einer Kapitalerhöhung verbundenen Eintritts des Neugesellschafters neue Mitgliedschaftsrechte entstehen, bleiben diese in der Summe unverändert, wenn der Neugesellschafter seinen Anteil von einem Altgesellschafter erwirbt. Gleichwohl vergrößert sich die Zahl der Gesellschafter, wenn der Altgesellschafter nur einen Teil seiner Beteiligung auf den Neugesellschafter überträgt. Geschieht die Übertragung unentgeltlich, liegt eine Teilanteilsübertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 2 EStG vor, die erfolgsneutral stattfindet. Ob und in welchem Umfang der Altgesellschafter Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft hat, ist für die Buchwertfortführung insoweit von Bedeutung, als für den Fall, dass vorhandenes Sonderbetriebsvermögen nicht mindestens zu demselben Anteil wie der Gesellschaftsanteil mit übertragen wird, eine fünfjährige Behaltefrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG in Gang gesetzt wird, deren Verletzung die Buchwertfortführung rückwirkend entfallen lässt157. Geschieht die Übertragung entgeltlich, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllt. Der Altgesellschafter erzielt einen nicht tarifbegünstigten Gewinn in Höhe der Differenz von anteiligem übergehenden Kapitalkonto und Entgelt, während der Erwerber den Differenzbetrag in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren hat.
154 Ständige Rechtsprechung, z.B. BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, BStBl. II 2016, 600. 155 Vgl. dazu BFH v. 20.9.2007 – IV R 70/05, BStBl. II 2008, 265. 156 Insofern gelten dieselben Grundsätze wie bei der entgeltlichen Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen, s. dazu vorstehend unter IV.1.a)bb). 157 Näher dazu oben unter II.2.b)cc)(2).
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Handelt es sich bei dem übertragenen Teilanteil um den Anteil eines Kommanditisten oder eines vergleichbar beschränkt haftenden Gesellschafters und sind für den Altgesellschafter verrechenbare Verluste nach § 15a EStG festgestellt, bleiben diese von der Teilanteilsübertragung nicht unberührt. Bei einer unentgeltlichen Übertragung geht der Teil der festgestellten verrechenbaren Verluste, der dem übertragenen Anteil am Gewinnbezugsrecht entspricht, auf den Übertragungsempfänger über158. Im Fall der entgeltlichen Übertragung wird der Veräußerungsgewinn mit dem betreffenden Teil der verrechenbaren Verluste verrechnet. Die übrigen verrechenbaren Verluste bleiben dem übertragenden Gesellschafter zur Verrechnung mit künftigen Gewinnanteilen erhalten. Tritt ein Gesellschafter in die Personengesellschaft ein, ohne eine Einlage zu erbringen und eine Vermögensbeteiligung zu erwerben und auch ohne Zahlungen an die Altgesellschafter zu leisten, wie es insbesondere bei der Aufnahme einer Komplementär-GmbH in eine Personengesellschaft vorkommen wird, entstehen zwar neue Mitgliedschaftsrechte. Die Vermögensrechte der Altgesellschafter bleiben aber unverändert. Unter steuerrechtlichen Aspekten kann der Vorgang weder zur Realisierung stiller Reserven bei den Altgesellschaftern noch zu Anschaffungskosten bei dem neuen Gesellschafter führen. Zwar bringen in der Sichtweise des BFH die Altgesellschafter ihre Anteile gemeinsam mit dem Neugesellschafter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine neue Personengesellschaft ein. Gleichwohl ist der Tatbestand des § 24 UmwStG für die Altgesellschafter nicht erfüllt, denn als Spezialregelung zu § 16 EStG enthält § 24 UmwStG die ungeschriebene Voraussetzung, dass ein Veräußerungsgeschäft vorliegen muss, woran es hier fehlt159. Den Altgesellschaftern ist es deshalb nicht möglich, den Eintritt eines nicht am Vermögen beteiligten Gesellschafters zu Wertaufstockungen unter Aufdeckung stiller Reserven zu nutzen.
2. Ausscheiden von Gesellschaftern Das Ausscheiden eines Gesellschafters hat sowohl für ihn als auch für die verbleibenden Gesellschafter ertragsteuerliche Konsequenzen. Dabei kann das Ausscheiden von Gesellschaftern zugleich zu einer Beendigung der Gesellschaft führen, was ggf. andere ertragsteuerliche Folgen als das Ausscheiden unter Fortbestand der Gesellschaft auslöst. 158 BFH v. 1.3.2018 – IV R 16/15, BStBl. II 2018, 527. 159 BFH v. 20.9.2007 – IV R 70/05, BStBl. II 2008, 265.
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a) Bedeutung eines Entgelts oder einer Abfindung Scheidet ein Gesellschafter aus der Personengesellschaft aus, steht ihm ein Anspruch auf Abfindung zu (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB), der sich gegen die Gesellschaft selbst richtet160. Nimmt der Gesellschafter eine ihm zustehende Abfindung nicht in Anspruch, wird der Vorgang als unentgeltlich zu beurteilen sein. Bei Inanspruchnahme der Abfindung wurde der Vorgang bisher von der Rechtsprechung und ihr folgend von der Finanzverwaltung und weiten Teilen des Schrifttums als Anteilsveräußerung an die verbleibenden Gesellschafter verstanden161. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH zur sog. unechten Realteilung162 muss m.E. jedoch jetzt über die damalige Grundsatzentscheidung hinaus von einer Aufgabe des Anteils ausgegangen werden, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gütern die Abfindung besteht und ob Abfindungsgüter in ein anderes Betriebsvermögen oder ins Privatvermögen des Ausscheidenden gelangen. Überträgt der Ausscheidende seinen Anteil auf einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten, kann dies gegen Entgelt geschehen, aber – vorwiegend unter Angehörigen – auch unentgeltlich.
b) Ausscheiden einzelner Gesellschafter aa) Ausscheiden unter Fortbestand der Gesellschaft (1) Ausscheiden unter Anwachsung des Anteils auf einen Gesellschafter Scheidet ein Gesellschafter aus einer fortbestehenden Gesellschaft aus, wachsen seine Anteile den verbleibenden Gesellschaftern an (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bleibt die Personengesellschaft nach dem Ausscheiden bestehen, geht der Anteil nur im Ausnahmefall auf lediglich einen verbleibenden Gesellschafter über, nämlich dann, wenn es neben dem Ausscheidenden mindestens zwei weitere Gesellschafter gibt, einem der verbleibenden Gesellschafter aber keine Anteile am Vermögen der Gesellschaft zustehen. Das ist etwa der Fall bei einer typischen GmbH & Co. KG mit zwei Kommanditisten, von denen einer ausscheidet. In einem solchen Fall kann Gegenstand der ertragsteuerlichen Betrachtung nur der 160 Z.B. BGH v. 12.7.2016 – II ZR 74/14, NJW 2016, 3597. 161 Z.B. BFH v. 14.10.1994 – I R 12/94, BStBl. II 1995, 407; BFH v. 24.10.1996 – IV R 90/94, BStBl. II 1997, 241; BFH v. 12.12.1996 – IV R 77/93, BStBl. II 1998, 180. 162 Grundlegend BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37; s. dazu nachstehend insbesondere unter IV.2.b)aa)(3).
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ganze Mitunternehmeranteil sein. Dieser ist als unentgeltlich übertragen i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG anzusehen, wenn der Ausscheidende auf eine Abfindung verzichtet. Die Voraussetzungen der Buchwertfortführung sind danach allerdings nur erfüllt, wenn entweder kein Sonderbetriebsvermögen des Ausscheidenden existiert oder wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen des Ausscheidenden auf den verbleibenden Kommanditisten oder die Gesellschaft übertragen werden. Wird derartiges Sonderbetriebsvermögen vom Ausscheidenden zurückbehalten, geht dieses entweder in dessen Privatvermögen oder ggf. auch in ein ihm zuzurechnendes anderes Betriebsvermögen über. Beim Übergang ins Privatvermögen werden alle stillen Reserven im Sonderbetriebsvermögen aufgedeckt, bei der Überführung in ein Betriebsvermögen sind die Buchwerte nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG fortzuführen. Beide Alternativen haben gravierende nachteilige Folgen, weil mangels Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils die Voraussetzungen der Buchwertfortführung nicht erfüllt sind, so dass von der Aufgabe des Mitunternehmeranteils auszugehen ist. Alle stillen Reserven im Anteil am Gesellschaftsvermögen und im Sonderbetriebsvermögen sind vom Ausscheidenden aufzudecken. Das gilt auch, wenn das Sonderbetriebsvermögen durch das Ausscheiden zwangsläufig in ein anderes Betriebsvermögen überführt wird. Vermeiden lässt sich diese Rechtsfolge nur dadurch, dass das Sonderbetriebsvermögen noch vor dem Ausscheiden vom Gesellschafter in ein anderes Betriebsvermögen transferiert oder notfalls auch in das Privatvermögen entnommen wird. Dies ist die negative Folge der dem Gesetz – jedenfalls nach Meinung des BFH – zugrunde liegenden zeitpunktbezogenen Betrachtung163. Scheidet der Gesellschafter gegen Abfindung aus, ist der Vorgang wie erwähnt auf der Grundlage der heutigen BFH-Rechtsprechung m.E. als Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu beurteilen, der zur Aufdeckung aller stillen Reserven führt. Im Fall einer reinen Barabfindung dürften sich die ertragsteuerlichen Rechtsfolgen der Aufgabe nicht von denjenigen einer Veräußerung des Mitunternehmeranteils unterscheiden. Bei Abfindung mit Sachgütern in ein Betriebsvermögen des Ausscheidenden ergeben sich jedoch Unterschiede, weil hier bei der jetzt vom BFH favorisierten dogmatischen Einordnung als Aufgabe die Regelungen über die Realteilung mit der Möglichkeit einer Buchwertfortführung anzuwenden sind164. Verfügt der Ausscheidende im Zeitpunkt des Ausscheidens über 163 S. dazu unter II.2.a)bb). 164 S. dazu nachstehend unter IV.2.b)aa)(3).
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Sonderbetriebsvermögen, wird dieses entweder unter Aufdeckung der darin gebundenen stillen Reserven ins Privatvermögen oder aber nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert in ein anderes Einzel- oder Sonderbetriebsvermögen des Ausscheidenden überführt. Eine vorherige Überführung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG oder Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG wäre unschädlich. Der Aufgabegewinn ist aber nur tarifbegünstigt, wenn alle stillen Reserven geballt aufgedeckt werden. Bei Buchwerttransfers von Sonderbetriebsvermögen im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden entfällt die Tarifbegünstigung.
(2) Ausscheiden unter Anwachsung des Anteils auf mehrere Gesellschafter Wächst der Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht einem, sondern mehreren verbleibenden Gesellschaftern an, kann der Vorgang m.E. nicht als Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils betrachtet werden, weil dieser nicht auf einen Erwerber übertragen, sondern auf mehrere Erwerber aufgeteilt wird165. In Betracht kommt stattdessen eine Würdigung des Vorgangs als Summe von mehreren Teilanteilsübertragungen oder aber als Aufgabe des Mitunternehmeranteils. Letzteres würde im Fall der Unentgeltlichkeit die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG ausschließen und die Zwangsaufdeckung aller stillen Reserven zur Folge haben. Meines Erachtens ist aber von der Summe mehrerer Teilanteilsübertragungen i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 2 EStG auszugehen. Allerdings muss eine Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen beinhaltet, dann als schädlich betrachtet werden. Der aus § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG entnommene Dispens von dem Erfordernis kongruenter Mitübertragung des Sonderbetriebsvermögens greift nicht, wenn der gesamte Mitunternehmeranteil in Teilanteile geteilt übertragen wird. Denn § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG fordert, dass der Übertragende Mitunternehmer bleibt, woran es in einem solchen Fall fehlt. Im Fall des Ausscheidens gegen Abfindung ist insgesamt von einer Aufgabe des Mitunternehmeranteils auszugehen. Ein im Zusammenhang damit durchgeführter Buchwerttransfer einer wesentlichen Betriebsgrund-
165 A.A. zu § 7 Abs. 1 EStDV a.F. BFH v. 6.5.2010 – IV R 52/08, BStBl. II 2011, 261; m.E. heute durch die gesetzliche Erwähnung des Teilmitunternehmeranteils in § 6 Abs. 3 EStG überholt.
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lage im bisherigen Sonderbetriebsvermögen steht der Tarifbegünstigung des Aufgabegewinns entgegen.
(3) Besonderheiten bei Abfindung mit Wirtschaftsgut des Gesellschaftsvermögens (unechte Realteilung) Wird die Abfindung von der Gesellschaft in der Weise geleistet, dass dem Ausscheidenden nicht (nur) Geld, sondern (auch) andere Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens übereignet werden, gelten nach der erwähnten jüngsten Rechtsprechung des BFH für Wirtschaftsgüter, die vom Ausscheidenden unmittelbar einem anderen Betriebsvermögen zugeführt werden, die Grundsätze der Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG. Diese Regelung wendet der BFH auf alle Fälle des Aufgabetatbestands in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG an und damit auch auf die Aufgabe des Mitunternehmeranteils166. Letztere wird mit dem Begriff „unechte Realteilung“ gekennzeichnet und damit von der historisch überkommenen „echten“ Realteilung abgegrenzt, die die Naturalteilung des gesamten Gesellschaftsvermögens und damit eine Betriebsaufgabe der Gesellschaft betrifft167. Aus § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG folgt die verpflichtende Fortführung des Buchwerts für die in ein Betriebsvermögen des Ausscheidenden übergehenden Wirtschaftsgüter bzw. die übertragene Sachgesamtheit in Gestalt eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils. Technisch wird dies durch Anpassung des Kapitalkontos des Ausscheidenden an die Buchwerte der Wirtschaftsgüter gewährleistet. Dies gilt grundsätzlich für alle Arten von Wirtschaftsgütern. Eine Ausnahme ist im Wege teleologischer Reduktion bei Barmitteln zu machen. Denn die Privilegierung durch Buchwertfortführung dient nur dem Zweck, die sofortige Realisierung stiller Reserven trotz weiterer Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen zu vermeiden. Für nicht zu einem vom Teilwert abweichenden Buchwert bewertbare Wirtschaftsgüter besteht eine solche Realisierungsgefahr nicht. Legt man die Regelung in dieser Weise aus, wird auch vermieden, dass es zu einer steuerneutralen „Versilberung“ der stillen Reserven kommt, die nach allgemeinen Grundsätzen zur Gewinnrealisierung führen muss. Umgekehrt gibt es allerdings keinen Anlass dafür, bei Auszahlung des dem ausscheidenden Gesellschafter nach seinem Anteil am Gesellschaftsvermögen zustehenden Betrags der Barmittel von einer Ge166 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37. 167 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24.
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winnrealisierung auszugehen. Dies kann sichergestellt werden, indem bei Barabfindungen das Kapitalkonto des Ausscheidenden bis zur Höhe des ihm zustehenden Betrags angepasst wird. Die Bestimmung desjenigen, was diesbezüglich als Barmittel anzusehen ist, bereitet allerdings Schwierigkeiten. Neben Bargeld müssten dazu m.E. auch Bankguthaben und andere zum Nennwert bewertete Forderungen gehören, bei denen grundsätzlich kein höherer Teilwert vorstellbar ist. Die Übertragung der Abfindungsgüter dient der Erfüllung des Abfindungsanspruchs. Soweit eine Buchwertfortführung wegen Übergangs in das Privatvermögen oder ein nicht qualifiziertes Betriebsvermögen nicht möglich ist, kommt es zu einer ähnlichen Gewinnverwirklichung wie nach der bislang vertretenen Theorie von der Veräußerung des Mitunternehmeranteils. In einem ersten Schritt werden die dem Ausscheidenden zustehenden stillen Reserven in allen Wirtschaftsgütern aufgedeckt, im zweiten Schritt folgt die zum Teilwert zu bewertende Entnahme, die dann zur Aufdeckung der den verbliebenen Gesellschaftern noch zustehenden stillen Reserven in dem Abfindungsgut führt168. Leistungen, die nicht aus dem bei Ausscheiden vorhandenen Gesellschaftsvermögen erfüllt werden, können bei der Kapitalkontenanpassung nicht berücksichtigt werden. Denn sie müssen entweder aus dem aktuellen Privatvermögen der übrigen Gesellschafter oder aus denen zustehenden künftigen Gewinnen der Mitunternehmerschaft erfüllt werden, betreffen also nicht in der Bilanz abgebildete Werte. Damit führen solche Leistungen immer in voller Höhe zu Gewinn des Ausscheidenden. Dieser ist entgegen dem Grundsatzurteil des BFH zur unechten Realteilung169 kein Veräußerungsgewinn, sondern Bestandteil des Aufgabegewinns. Für die verbleibenden Gesellschafter entstehen Anschaffungskosten bis zur Höhe der in den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens ruhenden stillen Reserven. Darüber hinausgehende Beträge dürften als Abfindung eines lästigen Gesellschafters anzusehen und demgemäß sofort abziehbare Betriebsausgaben sein170. Denkbar ist, dass der Ausscheidende ein Wirtschaftsgut erhält, dessen gemeiner Wert höher ist als sein Abfindungsanspruch. Der Ausscheidende wird dann den Mehrbetrag an die Gesellschaft zu erstatten haben. Eine solche Leistung des Ausscheidenden wird vom BFH als sog. Spitzenaus168 BFH v. 2.10.2018 – IV R 24/15, BFH/NV 2019, 516. 169 BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BStBl. II 2017, 37. 170 BFH v. 25.1.1979 – IV R 57/75; und BFH v. 30.3.1993 – VIII R 63/91, BStBl. II 1993, 706.
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gleich behandelt171. Sie führt in voller Höhe zu einem Gewinn der Personengesellschaft, der vom BFH bemerkenswerterweise als Aufgabegewinn behandelt wird, obwohl ja nicht die Gesellschaft, sondern der Gesellschafter eine Aufgabehandlung vornimmt und der Gewinn aus dem Spitzenausgleich von den verbleibenden Gesellschaftern als Bestandteil des Gesamthandsgewinns zu versteuern ist. Meines Erachtens handelt es sich um einen laufenden Gewinn, wobei die dogmatische Unterscheidung keine Besteuerungsunterschiede zur Folge hat, denn auch ein Aufgabegewinn wäre mangels Aufdeckung aller stillen Reserven nicht tarifbegünstigt. Eine in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang stehende unentgeltliche Übertragung von Sonderbetriebsvermögen auf einen Mitgesellschafter hätte grundsätzlich keine Gewinnauswirkung, weil der Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG fortzuführen wäre. Allerdings dürfte nur unter Angehörigen von einer ernst gemeinten Unentgeltlichkeit auszugehen sein. Unter Fremden wird demgegenüber zu vermuten sein, dass sich dahinter ein Spitzenausgleich verbirgt, so dass die Übertragung nicht unentgeltlich, sondern entgeltlich stattgefunden hat und deshalb eine Buchwertfortführung nicht in Betracht kommt.
(4) Übertragung des Anteils auf neuen Gesellschafter Erkennbar liegt eine Anteilsübertragung vor, wenn der Ausscheidende seinen Anteil auf einen neuen Gesellschafter oder einen der bisherigen Mitgesellschafter überträgt. Erhält der Ausscheidende kein Entgelt, ist der Buchwert unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG fortzuführen. Dazu müssen allerdings die bei wirtschaftlichem Übergang des Gesellschaftsanteils im Sonderbetriebsvermögen befindlichen wesentlichen Betriebsgrundlagen ebenfalls auf den Übertragungsempfänger übergehen. Anderenfalls handelt es sich um eine zur Aufdeckung der gesamten stillen Reserven im Mitunternehmeranteil führende Aufgabe des Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 EStG. Im Fall einer entgeltlichen Anteilsübertragung kommt es zu einem Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, allerdings ebenfalls vorausgesetzt, dass im Übertragungszeitpunkt vorhandenes Sonderbetriebsvermögen mit auf den Erwerber übergeht. Wird Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten, liegt wiederum eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils vor, die zur zusätzlichen Aufdeckung der stillen Reserven in dem Sonderbetriebsvermögen führt. Als Entgelt ist auch der Erhalt einer Beteiligung an einer anderen Personengesellschaft zu sehen. 171 BFH v. 2.10.2018 – IV R 24/15, BFH/NV 2019, 516.
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Die Grundsätze der Realteilung sind auf einen solchen Vorgang nicht anwendbar, weil der Ausscheidende nicht von der Gesellschaft, sondern von einem Dritten einen Mitunternehmeranteil erhält. Danach führt auch der Tausch von Anteilen an gesellschafteridentischen Schwesterpersonengesellschaften zur Aufdeckung der in dem jeweiligen Anteil gebundenen stillen Reserven172.
bb) Ausscheiden unter Beendigung der Gesellschaft Das Ausscheiden einzelner Gesellschafter kann auch zur Beendigung der Gesellschaft führen, nämlich dann, wenn infolge des Ausscheidens nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Die Gesellschaft wird in einem solchen Fall liquidationslos vollbeendet und das Gesellschaftsvermögen wächst dem verbleibenden Gesellschafter an. Dieser wird nach der Rechtsprechung des BGH Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft173. Ertragsteuerlich ist ein solcher Vorgang nicht als Betriebsaufgabe der Gesellschaft zu beurteilen; der Betrieb geht vielmehr auf den letzten Gesellschafter über. Wie beim Ausscheiden unter Fortbestand der Gesellschaft ist das Ausscheiden des bzw. der einzelnen Gesellschafter Anknüpfungspunkt der ertragsteuerlichen Betrachtung. Je nachdem, ob das Ausscheiden gegen Abfindung oder unter Verzicht auf eine solche erfolgt, sind die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG oder des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG einschlägig. Nutzt der Ausscheidende ein Abfindungsgut sogleich in einem ihm zuzurechnenden Betriebsvermögen (Einzelbetriebsvermögen, Sonderbetriebsvermögen oder Ein-Personen GmbH & Co. KG), sind die Voraussetzungen einer unechten Realteilung erfüllt174.
c) Ausscheiden aller Gesellschafter aa) Liquidation der Gesellschaft Scheiden alle Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, kommt es nicht nur zur Vollbeendigung der Gesellschaft, sondern auch zur Betriebsaufgabe der Gesellschaft. Die Betriebsaufgabe führt ebenso wie bei einem Einzelunternehmen zur Aufdeckung der stillen Reserven (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), indem die nicht im Zuge der Aufgabe veräußerten Wirt172 BFH v. 8.7.1992 – XI R 51/89, BStBl. II 1992, 946. 173 Z.B. BGH v 13.7.1967 – II ZR 268/64, BGHZ 48, 203; BGH v. 10.12.1990 – II ZR 256/89, BGHZ 113, 132. 174 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24.
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schaftsgüter zum gemeinen Wert in das Privatvermögen überführt werden. Gesellschaftsrechtlich ist die Liquidation der Personengesellschaft der Normalfall, was bedeutet, dass die Aktiva des Gesellschaftsvermögens veräußert und aus dem Erlös die Gesellschaftsschulden getilgt werden (§ 733 BGB). Der Restbetrag wird den Gesellschaftern ausgezahlt (§ 734 BGB).
bb) Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens und steuerrechtliche Realteilung Versilbern die Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen nicht vollständig, sondern teilen sie es – ggf. auch nur den nach Veräußerung eines Teils des Vermögens verbliebenen Rest – untereinander auf, handelt es sich um eine gesellschaftsrechtlich ebenfalls zulässige Naturalteilung. Ertragsteuerlich liegt in diesem Fall eine echte Realteilung vor, wenn mindestens ein Gesellschafter ein erhaltenes Wirtschaftsgut unmittelbar in ein ihm zuzurechnendes („jeweiliges“) Betriebsvermögen transferiert175. Dies kann ein Einzel- oder Sonderbetriebsvermögen, aber auch ein Gesamthandsvermögen sein, wenn an dem Gesamthandsvermögen nur Realteiler beteiligt sind176. Deshalb kommt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch eine Realteilung in mehrere Personengesellschaften in Betracht177. Sind Dritte an dem Vermögen der Gesamthand beteiligt, kommt eine Buchwertfortführung grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Ausnahme wird allerdings für Personen zu machen sein, denen der übernehmende Gesellschafter den Mitunternehmeranteil an der aufnehmenden Gesamthand unter Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG übertragen hat. Auch Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile können Gegenstand einer Realteilung sein. Rechtsfolge der Realteilung ist, dass für die in ein Betriebsvermögen übernommenen Realteilungsgegenstände der Buchwert fortzuführen ist. Zum Buchwert gehört nicht nur der Posten in der Gesellschaftsbilanz, sondern auch ein zugehöriger Posten in der Ergänzungsbilanz des übernehmenden Gesellschafters. Dieser Ergänzungsbilanz ist dann auch in Bezug auf die Abschreibungsdauer zu folgen. Sind für ein Wirtschaftsgut Ergänzungsbilanzposten von anderen Gesellschaftern gebildet worden, können diese 175 BFH v. 29.4.2004 – IV B 124/02, BFH/NV 2004, 1395; BFH v. 11.3.2013 – III R 32/12, BStBl. II 2014, 242. 176 BFH v. 2.10.2018 – IV R 24/15, BFH/NV 2019, 516 zur insoweit gleichen Regeln folgenden unechten Realteilung. 177 Vgl. den Fall des Urteils BFH v. 15.1.2019 – VIII R 24/15, BFHE 264, 122.
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m.E. nicht auf den Gesellschafter übergehen, der das Wirtschaftsgut erhält. Vielmehr handelt es sich wohl um Anschaffungskosten für die Wirtschaftsgüter, die der jeweilige Gesellschafter im Rahmen der Realteilung erhält, und erhöhen dann anteilig die Buchwerte dieser Güter. Werden im Zuge der Realteilung Grundstücke, Gebäude oder andere wesentliche Betriebsgrundlagen als Einzelwirtschaftsgüter übernommen, statuiert § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG eine Behaltefrist. Innerhalb von drei Jahren nach Abgabe der Gewinnfeststellungserklärung für den Veranlagungszeitraum der Realteilung darf das betreffende Wirtschaftsgut nicht entnommen oder veräußert werden. Wird die Frist verletzt, ist für das Wirtschaftsgut rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen. Der dadurch auf Ebene der Gesamthand entstehende Mehrgewinn ist m.E. unter entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG dem Gesellschafter zuzurechnen, der das Wirtschaftsgut erhalten hat. Diese Regelung gilt m.E. auch für die Gewinne aus vom übernehmenden Gesellschafter sofort ins Privatvermögen oder ein nicht qualifiziertes Betriebsvermögen übernommene Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Werden Wirtschaftsgüter des bisherigen Sonderbetriebsvermögens von dem Gesellschafter nach der Realteilung in einem anderen Betriebsvermögen genutzt, ergeben sich die Rechtsfolgen nicht aus § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, denn die Regelung betrifft nur „übertragene“ Wirtschaftsgüter, also solche des bisherigen Gesamthandsvermögens. In Bezug auf Sonderbetriebsvermögen sind dann die Regelungen für den Transfer von Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG bzw. im Fall der Einbringung in eine Gesamthand nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG einschlägig178. Ins Privatvermögen übernommenes Sonderbetriebsvermögen ist mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 7 EStG). Der Gewinn entsteht im Sonderbereich des Gesellschafters und ist nicht tarifbegünstigt. Die dargestellten Rechtsfolgen der Realteilung betreffen natürliche Personen als Gesellschafter der Realteilungsgesellschaft. Für Personengesellschaften als Obergesellschafter sind die Grundsätze entsprechend anzuwenden. Das „jeweilige“ Betriebsvermögen ist dann das Gesamthandsvermögen der Obergesellschaft oder ein Sonderbetriebsvermögen der Obergesellschaft bei einer anderen Personengesellschaft. Meines Erachtens wird auch das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Schwestergesellschaft Ziel einer zum Buchwert erfolgenden Übernahme von Realteilungsgütern sein können, weil die übergehenden 178 BFH v. 16.3.2017 – IV R 31/14, BStBl. II 2019, 24.
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stillen Reserven dann unverändert denselben Obergesellschaftern zustehen. Eine Personengesellschaft darf auch nur zu dem Zweck der Übernahme eines Realteilungsguts in ihr Gesamthandsvermögen kurzfristig vor der Realteilung zwischengeschaltet werden, wenn an dieser Gesellschaft nur Gesellschafter der real geteilten Gesellschaft oder andere zur Buchwertfortführung qualifizierte Personen beteiligt sind179. Sind an dem Vermögen der zwischengeschalteten Personengesellschaft nicht qualifizierte Gesellschafter beteiligt, muss die Zwischenschaltung nach Gesamtplangrundsätzen im Wege teleologischer Reduktion des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG als schädlich angesehen werden. Das betreffende Realteilungsgut wird dann als von dem zuvor beteiligten Gesellschafter ins Privatvermögen entnommen behandelt. Soweit zu den Realteilern ein KSt-Subjekt gehört oder soweit ein KStSubjekt an einer zu den Realteilern gehörenden Personengesellschaft beteiligt ist, gelten besondere Regeln. Für ein von dem KSt-Subjekt oder der Personengesellschaft übernommenes Einzelwirtschaftsgut ist der gemeine Wert anzusetzen, und zwar nach dem Wortlaut insgesamt auch dann, wenn an dem Vermögen der Oberpersonengesellschaft ein KSt-Subjekt nur anteilig beteiligt ist. Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile sind von dieser Restriktion nicht betroffen; sie werden in beiden genannten Fällen zum Buchwert übernommen. Für die Übernahme eines Teilbetriebs durch einen nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigten Realteiler oder eine Oberpersonengesellschaft, an der ein solches KSt-Subjekt beteiligt ist, gibt es dagegen eine in § 16 Abs. 5 EStG geregelte andere Restriktion: Gehört zu dem Teilbetrieb wiederum die Beteiligung an einem KSt-Subjekt, wird insoweit, wie vor der Realteilung unmittelbar oder mittelbar natürliche Personen an der Realteilungsgesellschaft beteiligt waren und durch die Realteilung Anteile an den KSt-Subjekten unmittelbar oder mittelbar auf nach § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Körperschaften übergehen, eine Behaltefrist von sieben Jahren ausgelöst. Kommt es innerhalb der Frist zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Veräußerung der Beteiligung oder zu einer unter dem gemeinen Wert bewerteten Einbringung in eine andere Kapitalgesellschaft nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1–5 UmwStG, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen. Diese Bewertung bezieht sich wohl nur auf die inkriminierte Kapitalbeteiligung, nicht auf den übrigen bei der Realteilung übernommenen Teilbetrieb. Der Gewinn wird dem KSt-Subjekt als unmittelbarer oder mittel179 BFH v. 16.12.2015 – IV R 8/12, BStBl. II 2017, 766; BFH v. 30.3.2017 – IV R 11/15, BStBl. II 2019, 29.
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barer Realteiler zuzurechnen sein und unterliegt einer über den Verlauf der Sieben-Jahre-Frist nach dem Muster des § 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG abgeschmolzenen Besteuerung. Die geschilderten Grundsätze gelten auch dann, wenn das Gesellschaftsvermögen in der Weise verteilt wird, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen nur auf wenige oder einen Gesellschafter übergehen. Ist hinreichend Geldvermögen vorhanden, das grundsätzlich nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zählt, werden die Abfindungsansprüche der anderen Gesellschafter durch Geldleistungen aus dem Gesamthandsvermögen erfüllt. Anderenfalls werden Gesellschafter, die wesentliche Betriebsgrundlagen erhalten, deren gemeiner Wert ihren Abfindungsanspruch übersteigt, einen Ausgleich in Höhe des Differenzbetrags zu leisten haben. Dieser sog. Spitzenausgleich führt nach Meinung des BFH beim Zahlungsempfänger in voller Höhe zu einem – mangels Aufdeckung aller stillen Reserven nicht tarifbegünstigten – Gewinn180 und beim Zahlenden zu Anschaffungskosten für die erhaltenen Wirtschaftsgüter. Dieser Handhabung des BFH liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Zahlungsempfänger dem Zahlenden einen Teil seines Abfindungsanspruchs verkauft181. Die Finanzverwaltung teilt diese Auffassung nicht182. Sie meint, der Zahlende erwerbe von dem Zahlungsempfänger dessen ideellen Anteile an den Wirtschaftsgütern. Der Zahlung sind dann die anteiligen Buchwerte vergleichbar der strengen Trennungstheorie zu § 6 Abs. 5 EStG gegenüberzustellen, so dass dem Zahlenden entsprechend geringere Anschaffungskosten entstehen und der Zahlungsempfänger einen entsprechend geringeren Gewinn erzielt. Diese Theorie versagt allerdings bei einer zweiten Form des Spitzenausgleichs, nämlich der Ausgleichszahlung für eine infolge des ungleichen Übergangs stiller Reserven ungleich verteilte latente Ertragsteuerbelastung. Hier erhält derjenige, der mit dem ihm zugewiesenen Wirtschaftsgut mehr stille Reserven übernimmt als nach seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen auf ihn entfallen, von den Gesellschaftern, die weniger als die ihnen zustehenden stillen Reserven übernehmen, einen Geldausgleich für die später anfallende ESt und ggf. GewSt auf die überschießenden stillen Reserven. Eine solche Zahlung kann m.E. für den Zahlungsempfänger nur in voller Höhe 180 BFH v. 1.12.1992 – VIII R 57/90, BStBl. II 1994, 607; BFH v. 11.3.2013 – III R 32/12, BStBl. II 2014, 242; BFH v. 20.10.2015 – VIII R 33/13, BStBl. II 2016, 596. 181 BFH v. 1.12.1992 – VIII R 57/90, BStBl. II 1994, 607. 182 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 Rz. 20 f.
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ein nicht tarifbegünstigter Gewinn im Zusammenhang mit der Aufgabe und für den Zahlenden ein Teil der „Aufgabekosten“ sein. Die unerfreulichen Gewinnauswirkungen eines Spitzenausgleichs lassen es ratsam erscheinen, die „Kriegskasse“ der Personengesellschaft rechtzeitig so zu füllen, dass die Abfindungsansprüche aller Gesellschafter unter Berücksichtigung der latenten Ertragsteuerbelastung auch dann mit Geld aus dem Gesamthandsvermögen erfüllt werden können, wenn die Wirtschaftsgüter ungleich aufgeteilt werden. Ein solches Ansammeln von Barvermögen ist etwa durch rechtzeitige Thesaurierung von Gewinnen möglich. Einlagen oder Kreditaufnahmen, die in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Realteilung vorgenommen worden sind, dürften demgegenüber nicht zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung führen. Entweder betrachtet man nach den Grundsätzen der Gesamtplanrechtsprechung im Wege einer teleologischen Reduktion des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG die entsprechenden Beträge nicht als Realteilungsgut oder man sieht die Einlage bzw. Kreditbeschaffung als Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO an. Wird eine Personengesellschaft dadurch beendet, dass ein Gesellschafter alle wesentlichen Betriebsgrundlagen erhält, mit denen er dann auf dem bisherigen Geschäftsfeld der Personengesellschaft weiter tätig wird, scheint dies rein äußerlich dem Fall vergleichbar zu sein, in dem alle Gesellschafter bis auf einen aus der Gesellschaft ausscheiden. Dennoch liegen beide Fallgestaltungen weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich gleich. Bei Beendigung der Gesellschaft kommt es zivilrechtlich nicht zur Gesamtrechtsnachfolge in das Gesellschaftsvermögen und steuerrechtlich nicht zur Fortführung des Betriebs. Welche der beiden Fallvarianten vorliegt, lässt sich leicht anhand der abgegebenen Willenserklärungen klären: Erklären alle Gesellschafter die Auflösung der Gesellschaft unter Naturalteilung des Gesellschaftsvermögens, kommt es mit der Verteilung des Vermögens zur Vollbeendigung der Gesellschaft ohne Rechtsnachfolge und steuerrechtlich zur echten Realteilung. Geben bis auf einen alle anderen Gesellschafter die Erklärung ab, aus der Gesellschaft auszuscheiden, wird die Gesellschaft mit dem Ausscheiden unter Gesamtrechtsnachfolge des verbleibenden Gesellschafters liquidationslos vollbeendet; steuerrechtlich geben die Ausscheidenden ihre Mitunternehmeranteile auf.
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V. Umwandlung in eine andere Personengesellschaft Umstrukturierungen durch Umwandlung sollen hier nur insofern angesprochen werden, als es sich um Umwandlungen von einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft handelt. Umwandlungen in Verbindung mit Kapitalgesellschaften sind Thema eines eigenen Beitrags183.
1. Umwandlungsvorgänge i.S.d. UmwStG Der Begriff der Umwandlung lässt zunächst an Vorgänge denken, die im UmwG ihren Niederschlag gefunden haben, also Gesamtrechtsnachfolgen durch Verschmelzung (§ 2 UmwG) und Spaltung (§ 123 UmwG), Letztere in Gestalt der Aufspaltung, Abspaltung oder Ausgliederung, sofern übertragender und übernehmender Rechtsträger jeweils Personenhandelsgesellschaften bzw. Partnerschaftsgesellschaften sind. Auf diese Vorgänge sind nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 Abs. 3 UmwStG die Vorschriften des sechsten bis achten Teils des UmwStG anzuwenden, also bei einer Personengesellschaft als übernehmender Rechtsträgerin § 24 UmwStG. Der Umwandlungsvorgang muss dazu die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG erfüllen, es muss also der Betrieb der übertragenden Rechtsträgerin, ein Teilbetrieb in deren Hand oder ein Mitunternehmeranteil auf eine übernehmende Rechtsträgerin übergehen. Im letztgenannten Fall muss die Gesamtrechtsnachfolge nicht auch vorhandenes Sonderbetriebsvermögen betreffen; es reicht aus, wenn dieses im Zusammenhang mit der Umwandlung Sonderbetriebsvermögen bei der übernehmenden Rechtsträgerin wird. Inwieweit bei der Spaltung die Gesellschafter an der übertragenden und übernehmenden Rechtsträgerin identische Anteile halten184, ist für die Anwendung des § 24 UmwStG so lange ohne Bedeutung, wie nicht Ausgleichszahlungen zwischen den Gesellschaftern geleistet werden.
2. Formwechsel in andere Personengesellschaft Der Formwechsel von einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft ist weder im UmwG noch anderenorts zivilrechtlich ausdrücklich geregelt, aber unstreitig möglich. Die Personengesellschaft 183 Beinert, Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt. 184 Nach § 128 UmwG ist auch eine nicht verhältniswahrende Auf- oder Abspaltung möglich.
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bleibt dabei als Rechtsträgerin erhalten185. Ertragsteuerlich kommt mangels Änderung des Steuersubjekts eine Gewinnrealisierung anlässlich eines solchen Formwechsels nicht in Betracht. Ertragsteuerliche Folgen können sich aber daraus ergeben, dass der Anwendungsbereich des § 15a EStG durch die Umwandlung eröffnet oder verlassen wird186.
3. Anwachsung auf andere Personengesellschaft Zur Umstrukturierung von einer in eine andere Personengesellschaft kann auch die von § 738 BGB geregelte Anwachsung genutzt werden. Zur Anwachsung kommt es etwa, wenn aus einer doppelstöckigen Personengesellschaft alle Untergesellschafter mit Ausnahme der Obergesellschaft ausscheiden. Das Vermögen der Untergesellschaft wächst dann der Obergesellschaft an und die doppelstöckige Struktur entfällt. Ertragsteuerlich ist zunächst das Ausscheiden der Untergesellschafter je nach dem, ob sie unentgeltlich oder gegen Abfindung ausscheiden, als unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils auf die Obergesellschaft oder als Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu behandeln. Die Buchwerte des Gesellschaftsvermögens der Untergesellschaft sind nach ggf. im Zusammenhang mit Abfindungen an ausscheidende Gesellschafter erforderlichen Anpassungen anschließend von der Obergesellschaft fortzuführen. Denn der Betrieb der Untergesellschaft vereinigt sich mit dem Betrieb der Obergesellschaft ähnlich wie bei einem Einzelunternehmer, der zwei bisher getrennte Einzelbetriebe zu einem Betrieb zusammenführt. Für den Einzelunternehmer ergibt sich die Buchwertfortführung aus § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG. Diese Vorschrift ist m.E. auf die Vereinigung der Betriebe von Unter- und Obergesellschaft analog anzuwenden. Steuerrechtlich lässt sich ein ähnliches Ergebnis auch unter Fortbestand einer zivilrechtlich doppelstöckigen Struktur erreichen. Diese Möglichkeit ist durch die von der Finanzverwaltung akzeptierte Rechtsprechung des BFH zum sog. Treuhandmodell geschaffen worden187. Aus der Regelung über die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Treugeber in § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO leitet der BFH ab, dass auch die Mitunternehmerstellung im Fall der fremdnützigen Treuhand dem Treugeber zuzurechnen ist. Erklärt danach der einzige Kommanditist einer KG, seinen Anteil treuhänderisch für den Komplementär zu halten, hat diese KG steuer185 Z.B. BFH v. 11.4.2013 – IV R 11/10, BFH/NV 2013, 1005. 186 Vgl. etwa BFH v. 20.9.2007 – IV R 10/07, BStBl. II 2008, 118. 187 BFH v. 3.2.2010 – V R 26/07, BStBl. II 2010, 751.
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rechtlich nur noch einen Mitunternehmer, nämlich den Komplementär. Ist Komplementärin einer mitunternehmerisch tätigen KG eine Personengesellschaft, muss der Abschluss der Treuhandvereinbarung mit dem Kommanditisten steuerrechtlich wie das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters behandelt werden, also als unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils auf die Obergesellschaft oder als Aufgabe des Mitunternehmeranteils gegen Abfindung. Die sog. erweiterte Anwachsung führt demgegenüber zivil- und steuerrechtlich zum Übergang des Vermögens einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft. Dies geschieht, indem alle Gesellschafter der Ausgangspersonengesellschaft ihre Gesellschaftsanteile in die Zielpersonengesellschaft einbringen. Die dadurch eintretende Anteilsvereinigung führt zivilrechtlich zur liquidationslosen Vollbeendigung der erstgenannten Personengesellschaft mit der Folge, dass deren Vermögen auf das der Zielgesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin übergeht188. Steuerrechtlich ist diese Umstrukturierung als Einbringung der Mitunternehmeranteile in die Zielgesellschaft zu beurteilen, die unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 UmwStG zur Buchwertfortführung berechtigt189. Infolge der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge wird steuerrechtlich anzunehmen sein, dass die Zielpersonengesellschaft den Betrieb der Ausgangsgesellschaft fortführt.
VI. Gewerbesteuerliche Sonderfragen Da der Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG an den nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelten Gewinn anknüpft, wirken sich anlässlich von Umstrukturierungen realisierte Gewinne grundsätzlich auch auf den Gewerbeertrag und damit auf die Höhe des GewStMessbetrags aus. Umgekehrt bedeutet das Fehlen einer einkommensteuerlichen Gewinnrealisierung infolge einer Buchwertfortführung, dass auch gewerbesteuerlich kein Gewinn besteuert werden kann. Das gilt – wie bereits ausgeführt190 – auch dann, wenn der Buchwerttransfer zwischen einem gewerblichen und einem nicht gewerblichen Betriebsvermögen stattfindet. Eine eigene gewerbesteuerliche Verstrickung stiller Reserven gibt es de lege lata nicht.
188 BGH v. 10.5.1978 – VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296. 189 Gl.A. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 01.44 a.E. 190 S. oben unter II.1.b)ee).
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Von der strikten Anknüpfung an den einkommensteuerlichen Gewinn wird allerdings seit langer Zeit eine Ausnahme gemacht, die mit dem Charakter der GewSt als Objektsteuer begründet wird. Der GewSt soll nur der Gewinn des aktiven Gewerbebetriebs unterliegen; ein Gewinn aus der Aufgabe oder Veräußerung des Gewerbebetriebs soll nicht gewerbesteuerbar sein. Dieser Grundsatz galt für Personenunternehmen bis zum Jahr 2002 uneingeschränkt und damit auch für den Betrieb einer Mitunternehmerschaft und für die Veräußerung oder Aufgabe von Mitunternehmeranteilen. Anders war es schon immer bei Kapitalgesellschaften: Deren Betrieb gilt von der Eröffnung bis zur Liquidation als Gewerbebetrieb, so dass auch alle anfallenden Gewinne der GewSt unterliegen. Wegen der mit § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geschaffenen Möglichkeit, Wirtschaftsgüter in Tochterpersonengesellschaften auszugliedern, hätten sich für Kapitalgesellschaften Gestaltungen zur Ausgliederung stiller Reserven auf Tochterpersonengesellschaften mit dem Ziel angeboten, die stillen Reserven anschließend durch Betriebsveräußerung der Personengesellschaft oder Veräußerung von Anteilen an der Personengesellschaft ohne GewSt-Belastung zu realisieren. Dem ist der Gesetzgeber mit Schaffung des § 7 Satz 2 EStG entgegengetreten, indem nun auch die Veräußerung des Betriebs oder Teilbetriebs durch eine Personengesellschaft und die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen der GewSt unterliegen, soweit der erzielte Gewinn nicht auf eine unmittelbar beteiligte natürliche Person entfällt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist vom BVerfG jüngst bestätigt worden191. Dementsprechend kommt es heute auch bei Veräußerung und Aufgabe von Sachgesamtheiten häufig zu gewerbesteuerbaren Gewinnen. Zum Gewerbeertrag wird nach Meinung der Rechtsprechung und der Verwaltung nicht nur der im Gesamthandsvermögen erzielte Gewinn gerechnet, sondern es werden auch Gewinne einbezogen, die einkommensteuerlich den Mitunternehmern aus Ergänzungsbilanzen oder aus deren Sonderbereich zugerechnet werden192, obwohl Schuldner der GewSt die Gesellschaft selbst ist (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Weil die GewSt aus dem Gesamthandsvermögen zu entrichten ist, tragen die wirtschaftliche Last der GewSt die am Ende des Erhebungszeitraums an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am Gesamthandsvermögen. Nach dem daran in der Regel anknüpfenden Gewinnverteilungsschlüssel ist gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 EStG auch 191 BVerfG v. 14.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BVerfGE 148, 217. 192 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616.
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die pauschale Anrechnung der GewSt auf die ESt vorzunehmen193, und zwar selbst dann, wenn in den Gewerbeertrag der Gewinn aus der unterjährigen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils eingegangen ist194. Von einzelnen Gesellschaftern verursachte GewSt-Belastungen werden danach wirtschaftlich häufig andere Gesellschafter belasten, die den zugrunde liegenden Gewerbeertrag nicht veranlasst und an diesem auch nicht partizipiert haben. Gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen sollen einen fairen Ausgleich sicherstellen, können dies aber nicht immer leisten. Außerdem können Ausgleichspflichten ihrerseits Einfluss auf den Gewerbeertrag haben195. Umstrukturierungsmaßnahmen werden danach häufig zu wirtschaftlichen Lastenverschiebungen beitragen. Aus dem Konzept der GewSt, die mit der sachlichen Steuerpflicht an den Betrieb anknüpft, den Mitunternehmer als Steuersubjekt betrachtet und die Personengesellschaft als Steuerschuldnerin bestimmt, ergeben sich bei Umstrukturierungen nicht nur Fragen zur Höhe des Gewerbeertrags, sondern auch in Bezug auf das Fortbestehen der sachlichen Steuerpflicht, der Unternehmensidentität, der Unternehmeridentität und der Steuerschuldnerschaft. In Bezug auf die Steuerschuldnerschaft handelt es sich dabei vorwiegend um Fragen des Verfahrensrechts, die hier nicht näher betrachtet werden sollen. Die anderen Problemfelder betreffen nahezu ausschließlich den Umfang des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags und damit ein eigens abgehandeltes Thema196.
VII. Zusammenfassung und Schluss Der kleine Überblick über ertragsteuerliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Umstrukturierung von Personengesellschaften zeigt, wie vielgestaltig die Handlungsmöglichkeiten sind und wie unterschiedlich die rechtlichen Folgen auf der Grundlage der derzeitigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausfallen. Dabei konnte im Rahmen dieses Beitrags auf viele Detailfragen sowie den Meinungsstand im Schrifttum nicht einmal ansatzweise eingegangen werden. Bietet dieser Rechtszustand dem gestaltenden Rechtsanwender auf der einen Seite umfangreiche Möglichkeiten zur Steueroptimierung, birgt die Komplexität der 193 BFH v. 7.4.2008 – IV B 109/08, BStBl. II 2010, 116; BFH v. 9.2.2011 – IV R 37/ 08, BFH/NV 2011, 1120. 194 BFH v. 14.1.2016 – IV R 5/14, BStBl. II 2016, 875; BFH v. 14.1.2016 – IV R 48/12, BFH/NV 2016, 1024. 195 Vgl. etwa BFH v. 7.3.2019 – IV R 18/17, BStBl. II 2019, 696. 196 Röder, Umstrukturierung und Verlustnutzung, in diesem Band.
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Materie auf der anderen Seite aber auch zahlreiche Fehlerquellen. Reduziert werden könnte die Komplexität vermutlich durch eine Zusammenfassung der einschlägigen Regelungen in einem Gesetz, etwa in Gestalt einer Erweiterung des UmwStG, verbunden mit einer folgerichtigen Umsetzung der beabsichtigten und wirtschaftspolitisch gerechtfertigten Privilegierungen. Eine wirkliche Vereinfachung lässt sich m.E. aber nur dann erreichen, wenn man die Komplexität der Ertragsbesteuerung von Personengesellschaften insgesamt reduziert, beginnend etwa mit der Abschaffung des Sonderbetriebsvermögens bis hin zu radikalen Lösungen wie die Abkehr vom Transparenzprinzip.
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Umstrukturierungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Richter am BFH, München
I. Einleitung II. Verschmelzung/Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft (§§ 11 ff. UmwStG) 1. Anwendungsbereich, Rückwirkung 2. Verhältnis zum allgemeinen Ertragsteuerrecht 3. Steuerfolgen bei der übertragenden Kapitalgesellschaft 4. Steuerfolgen bei der übernehmenden Körperschaft 5. Steuerfolgen bei den Gesellschaftern der umgewandelten Kapitalgesellschaft III. Ab- und Aufspaltungen (§ 15 UmwStG)
1. Doppeltes Teilbetriebserfordernis a) Originärer Teilbetrieb b) Fiktiver Teilbetrieb 2. Sonstige Voraussetzungen der Ertragsteuerneutralität IV. Einbringungen 1. Sacheinlagen a) Steuerfolgen beim Einbringenden b) Steuerfolgen bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft c) Sperrfristregelung 2. Anteilstausch a) Grundkonzept b) Sperrfristregelung V. Fazit
I. Einleitung Im Folgenden sollen „Umstrukturierungsvorgänge bei Kapitalgesellschaften“ beleuchtet werden. Da einerseits die „Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt“ von Stefanie Beinert und andererseits die „grenzüberschreitenden“ und „ausländischen Umstrukturierungen“ von Wolfgang Schön und Andreas Benecke behandelt werden, geht es um inländische Umstrukturierungsvorgänge, bei denen auf beiden Seiten Kapitalgesellschaften stehen. Angesprochen sind damit die §§ 11 ff. UmwStG betreffend die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, sodann § 15 UmwStG betreffend Ab- und Aufspaltungen auf Kapitalgesellschaften sowie §§ 20 ff. UmwStG betreffend die Einbringung von Unternehmensteilen in Kapitalgesellschaften bzw. den Anteilstausch. Ich werde mich darum bemühen, jeweils den wesentlichen Normgehalt zu beschreiben, um exemplarisch und ohne Anspruch
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auf Vollständigkeit einige besonders problematische bzw. praxisrelevante Einzelfragen zu bearbeiten. Mehr als ein buntes Sträußchen werde ich angesichts der knappen Zeit nicht flechten können, auch wenn doch eigentlich eine große Blumenwiese zu begehen wäre.
II. Verschmelzung/Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft (§§ 11 ff. UmwStG) 1. Anwendungsbereich, Rückwirkung Bei der sachlichen Anwendung des Dritten Teils des UmwStG (§§ 11 bis 13 UmwStG) wird ausweislich § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 UmwStG an einen gesellschaftsrechtlichen Umwandlungsvorgang angeknüpft, der sich aus dem UmwG (§ 2 bzw. § 174 UmwG) bzw. bei grenzüberschreitenden Umwandlungen bzw. solchen mit Auslandsbezug aufgrund vergleichbarer Vorschriften anderer EU-/EWR-Mitgliedstaaten oder aufgrund Art. 17 SE-VO1 bzw. Art. 19 SCE-VO2 ergeben kann. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG setzt insoweit voraus, dass an den von §§ 11 ff. UmwStG erfassten Umwandlungsvorgängen Körperschaften beteiligt sind3. Diese können nur dann übertragende und übernehmende Rechtsträger i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 11 UmwStG sein, wenn sie nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der EU oder eines EWR-Staates gegründete Gesellschaften i.S.d. Art. 54 AEUV bzw. Art. 34 EWR sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befinden. In den Fällen der §§ 11 ff. UmwStG erfolgt im Übrigen eine steuerliche Rückbeziehung der Umwandlung nach § 2 UmwStG. Dazu wird für steuerliche Zwecke ein Übertragungsstichtag fingiert, der von der zivilrechtlichen Regelung über die Wirksamkeit des Übertragungsvorgangs abweicht und sich stattdessen am Stichtag der letzten – nach § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG bis zu acht Monaten vor der Registeranmeldung liegenden – handelsrechtlichen Schlussbilanz orientiert. Die Fiktionswirkung erstreckt sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut allein auf die steuerliche Behandlung des angesprochenen übertragenen Vermögens, nicht hingegen auf die für das übertragene Vermögen er-
1 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001. 2 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003. 3 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 11 UmwStG Rz. 36 ff. m.w.N.
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brachten Gegenleistungen an die Anteilseigner der übertragenden Körperschaft4.
2. Verhältnis zum allgemeinen Ertragsteuerrecht Schwierigkeiten wirft die Frage auf, wie sich die §§ 11 ff. UmwStG zum allgemeinen Steuerrecht und insbesondere zu den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) verhalten: So hatte zuletzt der I. Senat des BFH über einen Fall zu entscheiden, in welchem die solvente A-GmbH im Jahr 02 sämtliche Anteile an der vermögenslosen und wirtschaftlich inaktiven B-GmbH zum Nennwert erworben hatte, um sodann die erworbene B-GmbH auf sich selbst zu verschmelzen. Hinter beiden Gesellschaften standen dieselben natürlichen Personen. Die B-GmbH, die vom FG als „leere Hülle“ bezeichnet worden war, verfügte über Verlustvorträge aus 00 und einen Gewinn aus 01, der ausschließlich aus Forderungsverzichten der zwei Hauptgesellschafter auf Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsabrede herrührte. Da die übernehmende A-GmbH finanziell gut ausgestattet war, sah sie nach der Verschmelzung die Besserung eingetreten und buchte die Verbindlichkeiten zur Freude der Gesellschafter zum Jahresende 02 wieder ein. Nun wurde darum gestritten, ob in Höhe der außerordentlichen Aufwendungen aus der Passivierung der Besserungsverbindlichkeiten jeweils vGA vorlägen, um so dem vermeintlichen „Gestaltungsmodell“5 der letztlich zugunsten der Gesellschafter erfolgten Upstream-Verschmelzung auf eine potente Schuldnerin den „Zahn zu ziehen“. Der I. Senat des BFH ging in seinem Urteil vom 21.2.20186 vom Vorliegen solcher vGA aus und begründete dies bezogen auf das allein problematische Tatbestandsmerkmal einer gesellschaftlichen Veranlassung7 wie folgt: In der Sache liege wirtschaftlich ein Schuldnerwechsel vor, der aus der maßgeblichen Sicht der Neuschuldnerin der Neubegründung einer Schuld gleichkomme und also – anders als in den Fällen des Wiederauflebens einer zwischen denselben Personen bestehenden Verbindlichkeit8
4 BFH v. 17.1.2018 – I R 27/16, BStBl. II 2018, 449. 5 Brandis, BFH/PR 2018, 212 (213); vgl. auch Unterberg, GmbHR 2018, 813 (815). 6 BFH v. 21.2.2018 – I R 46/16, FR 2018, 755. 7 Vgl. Klein, FR 2018, 748 (749 ff.). 8 BFH v. 30.5.1990 – I R 41/87, BStBl. II 1991, 588.
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bzw. des Gläubigerwechsels nach Wiederaufleben der Verbindlichkeit9 – das Fortwirken des ursprünglichen betrieblichen Veranlassungszusammenhangs ausschließe. Der Anlass für die Schuldbegründung sei jedenfalls dann, wenn keine neuen nutzbaren Finanzmittel zugeführt würden, neu zu würdigen10. Dies werde auch durch §§ 11 ff. UmwStG nicht ausgeschlossen. Zwar bestimme das UmwStG für die einbezogenen Umwandlungsvorgänge einen sondergesetzlichen Rechtskreis, der den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften vorgehe11. Deshalb könne der Vermögensübergang durch Verschmelzung grundsätzlich weder bei der übertragenden noch der übernehmenden Körperschaft eine vGA auslösen12. Dies gelte aber nicht, wenn die Verschmelzung ausschließlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und es also gerade nicht um den Regelfall einer Umwandlung aus betriebswirtschaftlich sinnvollen Gründen gehe, die der Gesetzgeber des UmwStG nicht habe behindern wollen. Vor allem liege im Streitfall die vGA-auslösende Vermögensminderung zeitlich und gegenständlich außerhalb des Umwandlungsvorganges, denn sie werde nicht durch den Geschäftsvorfall der Verschmelzung als solchen, sondern (erst) durch den „Eintritt des Besserungsfalls“, also durch einen Umstand ausgelöst, der der Verschmelzung nachfolge. Immerhin war die Vermögensminderung noch nicht mit dem zivilrechtlichen Wirksamwerden der Verschmelzung (Handelsregistereintragung im August 02) eingetreten, sondern erst mit Ablauf des Jahres 02, als bereits feststand, dass die A-GmbH tatsächlich einen Bilanzgewinn erzielt hatte13. Den vorstehenden Ableitungen ist für den entschiedenen Einzelfall zuzustimmen, denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte die Verschmelzung der vermögenslosen und inaktiven B-GmbH auf die finanziell gut ausgestattete A-GmbH sicherlich nicht hingenommen, wenn die bedingten Verpflichtungen gegenüber fremden Dritten bestan9 BFH v. 12.7.2012 – I R 23/11, BFHE 238, 344; zur Abgrenzung zum Streitfall vgl. Bodden, NZG 2018, 932 (934). 10 Zustimmend Klein, FR 2018, 748 (751); kritisch Kohlhepp, DB 2018, 2521 (2526), der allerdings die Annahme einer vGA unter dem Gesichtspunkt eines (mangels Berücksichtigung der alsbald wiederauflebenden Verbindlichkeiten) unangemessen hohen Kaufpreises für die Anteile für möglich hält. 11 BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, BStBl. II 2018, 509. 12 Vgl. etwa Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 11 UmwStG Rz. 23, § 12 UmwStG Rz. 24 und 176; Gosch3, § 8 KStG Rz. 1333a; Breuninger, JbFStR 2009/2010, 355 (361). 13 Klein, FR 2018, 748 (750).
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den hätten14. Etwas anderes müsste aber schon dann gelten, wenn beachtliche wirtschaftliche Gründe für die Verschmelzung erkennbar wären bzw. im Rahmen der Verschmelzung per Saldo positives Nettovermögen bzw. ein lebensfähiger Geschäftsbetrieb übergegangen wäre15. Das UmwStG sperrt aber vor allem die Anwendung der vGA-Grundsätze dann, wenn der verschmelzungsbedingte Vermögensübergang selbst die vGA-auslösende Vermögensminderung auslöst, beides also „zeitlich und gegenständlich“ wirklich zusammenfällt. Das gilt insbesondere im Fall des sog. Downstream-Merger mit Schuldenüberhang, und zwar entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung16 nicht nur, wenn kein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt17: Wird etwa eine Mutter-GmbH mit 20 Eigenkapital und 80 Fremdkapital, die nur eine Beteiligung an einer 100 %-Tochter-GmbH (Buchwert 100) hält, welche ihrerseits über ein Eigenkapital von 100 (Nennkapital 20, Rücklagen 80) verfügt, verschmolzen und die Anteile an der Tochter ohne Durchgangserwerb auf die Gesellschafter der Mutter ausgekehrt, so entsteht ein Verschmelzungsverlust i.H.v. 80, der gewissermaßen die Rücklagen der Tochter aufzehrt. In der Sache hat dann die Tochter lediglich das Fremdkapital der Mutter „übernommen“18. Da § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auch in Fällen anwendbar ist, in denen die Übernehmerin nicht an der Übertragerin beteiligt ist19, ist der Verschmelzungsverlust steuerunwirksam und liegt schon mangels Auswirkungen auf das Einkommen bzw. das steuerbilanziell zu erfassende Betriebsvermögen der Übernehmerin keine vGA vor20. Aus Sicht der Gesellschafter fehlt auch die Eignung, einen Vermögensvorteil i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, da sich
14 Klein, FR 2018, 748 (751). 15 Ebenso Klein, FR 2018, 748 (750 f.); Unterberg, GmbHR 2018, 813 (815); Bodden, NZG 2018, 932 (934). 16 Vgl. OFD Koblenz v. 9.1.2006 – S 1978 A – St 33 2, FR 2006, 439; OFD Hannover v. 5.1.2007 – S 1978b – 22 – StO 243, DB 2007, 428 f.; auch Wochinger in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (686 ff.) samt Erläuterung der zunächst noch restriktiveren Sicht der Finanzverwaltung. 17 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz8, § 12 UmwStG Rz. 23; Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rz. 416.3; Rödder in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (685); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 12 UmwStG Rz. 176. 18 Beispiel nach Rödder in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (685); ebenso Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 12 UmwStG Rz. 176; Rödder/Schaden, Ubg 2011, 40 (43). 19 BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, BStBl. II 2018, 509. 20 Rödder in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (685).
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durch Wegfall der Mutter nur die Beteiligungskette verkürzt, ohne dass sich die Vermögenspositionen verändern21. Vor allem aber ist § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG lex specialis zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, da in diesem Fall die Verringerung des Eigenkapitals der Übernehmerin bloßer Reflex der Verschmelzung ist und also mit ihr „zeitlich und gegenständlich“ zusammenfällt22.
3. Steuerfolgen bei der übertragenden Kapitalgesellschaft Mit dem SEStEG23 hat der Gesetzgeber die steuerneutrale Umwandlung von der Bedingung abhängig gemacht, dass die Besteuerung stiller Reserven der übertragenden Körperschaft sichergestellt sein muss. Daher ist bei der übertragenden Körperschaft der Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter einschließlich nicht entgeltlich erworbener oder selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz grds. mit dem gemeinen Wert vorgesehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) und sind nur auf Antrag (§ 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) die übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert anzusetzen, soweit die stillen Reserven betrieblich verstrickt bleiben und das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für Gewinne aus der Veräußerung der übergehenden Wirtschaftsgüter bei der Übernehmerin gewahrt ist24. Im Gesetzestext hat sich diese Zwecksetzung unmittelbar in § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UmwStG niedergeschlagen. Damit sind diese Regelungen zwar darauf gerichtet, die betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierung von Unternehmen zu erleichtern und für den nach allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen verwirklichten Realisationstatbestand einen Steueraufschub zu gewähren. Diese Milderung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sie mit keinem endgültigen Besteuerungsverzicht ver-
21 Wassermeyer, Konzern 2005, 424 (426); Rödder in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (685); Schießl in Widmann/Mayer, § 11 UmwStG Rz. 416.3; unzutreffend insoweit FG Münster v. 20.5.2005 – 9 K 3656/03 K, EFG 2005, 1561. 22 Rödder in Rödder/Wochinger, DStR 2006, 684 (685); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 12 UmwStG Rz. 176; Rödder/Schaden, Ubg 2011, 40 (43); im Ergebnis ebenso Wassermeyer, Konzern 2005, 424 (426). 23 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BStBl. I 2006, 2782, BStBl. I 2007, 4. 24 BT-Drucks. 16/2710, 27 sowie für die Verschmelzung S. 35.
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bunden ist25. Im Fall des Downstream-Merger erlauben insoweit § 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 UmwStG als den Satz 1 ergänzende Vorschriften26 zwar ausnahmsweise eine erweiterte Wertaufholung. Da in diesem Fall die zum Vermögen der Muttergesellschaft gehörende Beteiligung an der Tochtergesellschaft aber von der Muttergesellschaft auf deren Anteilseigner übergeht, kommt es für den Buchwertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz der Muttergesellschaft darauf an, ob beim Anteilseigner die stillen Reserven des auf ihn übergegangenen Wirtschaftsguts „Beteiligung“ weiterhin dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen. Ein Grund, warum dies ausgerechnet im Fall des Downstream-Merger anders sein sollte, ist nicht erkennbar und ist eine insoweit im Gesetzeswortlaut etwa angelegte Lücke jedenfalls im Wege der eine hinreichende „Binnenkonsistenz“ gewährleistenden Analogie zu schließen27. Man muss hier erkennen, dass es sich beim Buchwertprivileg insgesamt um eine Steuervergünstigung in Form eines Besteuerungsaufschubs handelt, die eben nur dann gerechtfertigt ist, wenn der deutsche Besteuerungszugriff auf die stillen Reserven sichergestellt ist.
4. Steuerfolgen bei der übernehmenden Körperschaft Die übernehmende Kapitalgesellschaft führt die Buchwerte aus der Schlussbilanz fort (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) und tritt grundsätzlich in die steuerliche Rechtsstellung der Übertragerin ein (§ 12 Abs. 3 Halbs. 1 UmwStG). Als wesentliche Ausnahme dazu gilt, dass dies nicht für einen steuerlichen Verlustvortrag sowie verrechenbare Verluste, nicht ausgeglichene negative Einkünfte und einen Zins- sowie EBITDA-Vortrag der Übertragerin gilt (§ 12 Abs. 3 Halbs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Eine Steuerbelastung der Verschmelzung kann sich nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 UmwStG daraus ergeben, dass die übernehmende an der übertragenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist und auf die Anteile an der Überträgerin eine steuerwirksame Teilwertabschreibung oder Abzüge nach § 6b EStG o.Ä. vorgenommen wurden. Wenn dadurch der Buchwert der Anteile an der Überträgerin unter dem gemeinen Wert liegt und nicht ohnehin eine Wertaufholung nach normalem Steuerbilanzrecht stattgefunden hat, kommt es zu einer Be25 Vgl. BFH v. 30.5.2018 – I R 31/16, DB 2018, 2907; zustimmend Schulz-Trieglaff, IStR 2019, 362 ff.; dazu auch Brandis, BFH/PR 2019, 31 ff.; Pfirrmann, HFR 2019, 52; Kempermann, FR 2019, 81 ff. 26 BFH v. 30.5.2018 – I R 31/16, DB 2018, 2907. 27 Kempermann, FR 2019, 85.
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steuerung der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert (sog. „erweiterte“ Wertaufholung). Weitere steuerliche Folgen ergeben sich bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft aus der steuerlichen Übernahmeergebnisermittlung, wenn die Übernehmerin auch an der umgewandelten Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Insofern bestimmt § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, dass bei der übernehmenden Körperschaft ein Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft28 und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzgl. der Kosten für den Vermögensübergang, außer Ansatz bleibt. Dieses Verlustabzugsverbot lässt die Bilanzierung der übergegangenen Wirtschaftsgüter unberührt29. § 8b KStG ist anzuwenden, soweit der Gewinn i.S.d. Satzes 1 abzgl. der anteilig darauf entfallenden Kosten für den Vermögensübergang, dem Anteil der übernehmenden Körperschaft an der übertragenden Körperschaft entspricht (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 UmwStG). Ein verschmelzungsbedingtes Übernahmeergebnis wird danach im Ergebnis auf der Ebene der übernehmenden Gesellschaft den Veräußerungsgewinnen i.S.v. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG gleichgestellt30 und ist im Grundsatz steuerbefreit. Das gilt nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG unabhängig davon, ob die aufnehmende Gesellschaft bereits vor dem Umwandlungsvorgang an der übergehenden Gesellschaft beteiligt gewesen ist, weil die Norm nach – allerdings vehement bestrittener31 – Auffassung des BFH32 die Voraussetzungen für das steuerliche „Außerachtlassen“ lediglich abstrakt und ohne Bezug zu einem konkreten Beteiligungsverhältnis beschreiben soll. Im Fall der Aufwärtsverschmelzung bestimmt sich die Reichweite des umwandlungssteuerrechtlichen „Außerachtlassens“ des Verschmelzungsergebnisses dabei im quotalen Umfang der Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft danach allein nach Maßgabe von § 8b KStG einschließlich der dortigen Einschränkungen. Das wiederum folgt aus dem insoweit ein28 Vgl. BFH v. 17.1.2018 – I R 27/16, BStBl. II 2018, 449. 29 BFH v. 15.3.2017 – I R 67/15, DB 2017, 1689. 30 Vgl. BT-Drucks. 16/2710, 41; BFH v. 26.9.2018 – I R 16/16, DStR 2019, 682; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 12 UmwStG Rz. 257. 31 Vgl. nur Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG Rz. 31; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 61; alle m.w.N. 32 BFH v. 9.1.2013 – I R 24/12, BStBl. II 2018, 509; BFH v. 30.7.2014 – I R 58/12, BStBl. II 2015, 199 in Bestätigung des BMF-Schreibens v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Tz. 12.05 f.
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deutigen Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG und bedeutet, dass zwar ein Übernahmegewinn, ein Übernahmeverlust im Grundsatz aber nicht in die Freistellung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG einzubeziehen ist33. Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG im Hinblick auf einen etwaigen Übertragungsgewinn auf der Ebene der aufnehmenden Körperschaft grundsätzlich auch die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG an. Jedoch besteht eine Besonderheit dann, wenn es sich bei dem aufnehmenden Rechtsträger um eine Organgesellschaft im Rahmen einer mit einer weiteren Gesellschaft als Organträgerin bestehenden Organschaft handelt, weil dann nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens bei Organschaft abweichend von den allgemeinen Vorschriften § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG nicht anzuwenden ist und in dem der Organträgerin zuzurechnenden Einkommen kein verschmelzungsbedingter Übernahmegewinn „enthalten“ ist, sondern er gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG von vornherein „außer Ansatz“ bleibt34.
5. Steuerfolgen bei den Gesellschaftern der umgewandelten Kapitalgesellschaft Konzeptionell abweichend von §§ 3 ff. UmwStG sind die steuerlichen Folgen bei den Gesellschaftern der auf eine andere Kapitalgesellschaft umgewandelten Kapitalgesellschaft geregelt. Insoweit ordnet § 13 Abs. 1 UmwStG grundsätzlich einen Anteilstausch zu gemeinen Werten an. Der Anteilstausch kann aber unter den in § 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bestimmten Voraussetzungen auch auf Antrag zu Buchwerten bzw. Anschaffungskosten erfolgen. Dafür ist vorausgesetzt, dass das deutsche Besteuerungsrecht für Anteilsveräußerungsgewinne nicht ausgeschlossen bzw. beschränkt wird oder ein Fall des Art. 8 FusionsRL vorliegt. Erfolgt ein Anteilstausch zu Buchwerten, treten die Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft steuerlich an die Stelle der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft (§ 13 Abs. 2 Satz 2 UmwStG).
33 BFH v. 30.7.2014 – I R 58/12, BStBl. II 2015, 199. 34 BFH v. 26.9.2018 – I R 16/16, DStR 2019, 682; dazu Märtens, jurisPR-SteuerR 19/2019 Anm. 4; Glahe, FR 2019, 565 ff.
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III. Ab- und Aufspaltungen (§ 15 UmwStG) 1. Doppeltes Teilbetriebserfordernis Geht Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften über, so gelten die §§ 11 bis 13 UmwStG nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG vorbehaltlich des Satzes 2 und des § 16 UmwStG entsprechend. Es muss also u.a. die (doppelte) Teilbetriebsbedingung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, welche Art. 2 Buchst. c FusionsRL35 entspricht36, erfüllt sein. Übertragen werden und im Fall der Abspaltung verbleiben muss danach ein originärer Teilbetrieb; § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist insoweit eindeutig und keiner teleologischen Reduktion zugänglich37. § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG fingiert zudem einen Mitunternehmeranteil bzw. eine 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb.
a) Originärer Teilbetrieb Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist unter einem (originären) Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist38. Die Teilbetriebsvoraussetzung muss dabei (spätestens) zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Übertragung, d.h. zum Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung in das Handelsregister der übertragenden Körperschaft, und entgegen der Verwaltungsauffassung39 nicht schon zum steuerlichen Übertragungsstichtag vorliegen. Dies folgt zwingend daraus, dass die Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1 UmwStG nur Rechtsfolge der Spaltung ist und nicht bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG herangezogen werden kann40. Die für die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG maßgebliche „Übertragung eines Teilbetriebs“ liegt nur dann vor, wenn auf den übernehmenden Rechtsträger alle Wirtschaftsgüter übertragen werden, die im 35 Richtlinie 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009, ABl. EU 2009, Nr. L 310, 34. 36 BFH v. 25.9.2018 – I B 11/18, BFH/NV 2019, 56; dazu Kraft, Ubg 2019, 95 ff. 37 BFH v. 25.9.2018 – I B 11/18, BFH/NV 2019, 56. 38 BFH v. 4.7.2007 – X R 49/06, BStBl. II 2007, 772; BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467. 39 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 15.03. 40 Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 15 UmwStG Rz. 169.
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Übertragungszeitpunkt zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des betreffenden Teilbetriebs gehören41. Daran fehlt es, wenn einzelne dieser Wirtschaftsgüter nicht übertragen werden, etwa weil der übernehmende Rechtsträger insoweit nur ein obligatorisches Nutzungsrecht erhält42. Dem steht – wie soeben erst der I. Senat des BFH ausgeführt hat43 – das zu § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG ergangene Urteil des IV. Senats des BFH vom 2.8.201244 nicht entgegen. Zwar scheidet nach dessen Leitsatz unter Geltung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EStG die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens „vorher bzw. zeitgleich“ zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen wird. Diese Aussage war indessen nicht entscheidungserheblich, weil dem dortigen Streitfall gerade keine zeitgleiche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen zugrunde lag45. Zwar lässt sich durchaus hören, dass auch beim Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlagen eine funktionsfähige Einheit übertragen werden kann46, allerdings ist nach dem Tatbestand de lege lata allein auf die Umstände im Einbringungszeitpunkt abzustellen47, mag dies auch das „Dilemma der juristischen Sekunde“48 (i.S.d. erforderlichen zeitlichen Staffelung der Übertragungsvorgänge) heraufbeschwören. Die zeitpunktbezogene Betrachtung der Übertragung hat dabei positive wie auch negative Folgen: So ist die vorherige Ausgliederung von Wirtschaftsgütern unschädlich, sofern nur eine funktionsfähige Sachgesamtheit verblieben ist, die übertragen werden kann; wann die Ausgliederung stattgefunden hat, ist dabei ohne Bedeutung. Wird allerdings nicht die ganze Sachgesamtheit übertragen, ist auch der die Übertragung der Sachgesamtheit fordernde
41 BFH v. 20.1.2005 – IV R 14/03, BStBl. II 2005, 395; BFH v. 29.11.2017 – I R 7/ 16, DStR 2018, 1014. 42 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014 unter Verweis auf BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467. 43 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014. 44 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118. 45 Vgl. dazu auch Märtens, jurisPR-SteuerR 27/2018 Anm. 5; Brühl/Weiss, GmbHR 2018, 649. 46 In diese Richtung Mielke, DStR 2015, 673 (677); Brühl/Weiss, GmbHR 2018, 649. 47 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014; Trossen, Ubg 2018, 358 (359); Bergmann, Ubg 2018, 359 (360). 48 Wacker, DStR 2018, 1019 (1020).
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Tatbestand nicht erfüllt49. Mit Erwägungen zum „Gesamtplan“ hat dies alles nichts zu tun50, denn diese Rechtsfigur ist im Zusammenhang mit zeitpunktbezogenen Tatbeständen nicht einschlägig51 und dürften sich die in diese Richtung gehenden Erwägungen der Verwaltung de lege lata kaum mehr durchsetzen lassen52. Von der gesetzgeberischen Fixierung einer „Ausgliederungssperre“ innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor und nach der Übertragung53 ist sehr wenig zu halten, denn diese würde nach Art einer „Zementierung des (Teil-)Betriebs“ betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen entgegen dem mit dem UmwStG verfolgten Zweck ganz erheblich erschweren und einschränken, ohne dass dafür eine Notwendigkeit erkennbar wäre. Skepsis ist auch gegenüber dem zu §§ 20, 25 UmwStG vorgebrachten liberalen Vorschlag von Roland Wacker54 angebracht, der von der Anknüpfung an den Übergang strukturierter unternehmerischer Einheiten ganz abrücken und auf ein rein tätigkeitsbezogenes Verständnis umstellen will. Durch eine solche Lösung würde der Grundsatz der personenbezogenen Zuordnung stiller Reserven betrieblicher Wirtschaftsgüter (Subjektsteuerprinzip) in qualitativer Hinsicht weitergehend als bisher durchbrochen und es entstünden ganz neue, keineswegs einfacher zu beantwortende Abgrenzungsfragen55. So lässt sich etwa fragen, auf welche Tätigkeit genau abzustellen sein soll, welche qualitativen Anforderungen diese Tätigkeit erfüllen und in welchem Zeitraum vor und nach der Übertragung sie bestehen muss. Derartige Fragen sind keinesfalls einfacher zu beantworten als diejenigen zum Bestehen eines funktionsfähigen Betriebs oder Teilbetriebs im Übertragungszeitpunkt. Im Gegenteil hat sich zu den Sachgesamtheiten eine jahrzehntelange gefestigte Rechtsprechung gebildet, auf welche sich die Praxis eingestellt hat und mit der sie erkennbar gut leben kann. Warum vor diesem Hintergrund eine Umstellung des Betriebsbegriffs auf eine tätigkeitsbezoge49 Wendt, FR 2018, 513 (514). 50 Für eine Gesamtschau der Teilakte im Umfeld von Einbringung oder unentgeltlicher Übertragung allerdings Wacker, DStR 2018, 1019 (1020); dazu kritisch Bergmann, Ubg 2018, 359 (360). 51 Dazu bereits Herlinghaus, FR 2014, 441 (451 ff.); auch Rödder in JbFStR 2016/17, 68 (74); Drüen in JbFStR 2016/17, 68 (77); Bergmann, Ubg 2018, 359 (360). 52 Micker, Ubg 2018, 354 (357). 53 Dies andeutend Micker, Ubg 2018, 354 (357). 54 Wacker, DStR 2019, 585 (593). 55 Wacker, DStR 2019, 585 (593).
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ne Sichtweise angezeigt sein soll, erschließt sich nicht recht. Es liegt auch auf der Hand, dass das Streitpotential über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Buchwerteinbringung gerade nicht gemindert würde56. Eine weitere Frage ist es, ob sich für die Interpretation des Teilbetriebsbegriffs Abweichendes aus der Perspektive des Europarechts ergeben kann: Aus Sicht des BFH zu § 15 UmwStG 199557 soll insoweit – allerdings nur bezogen auf die Frage der funktionalen Betrachtung58 – „nicht recht ersichtlich“ sein, dass Art. 2 Buchst. i FusionsRL (heute Buchst. j) ein abweichender Begriff des Teilbetriebs zugrunde liegen könnte. Teilbetrieb ist danach die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, die in organisatorischer Hinsicht einen selbständigen Betrieb darstellen, woraus der EuGH59 folgert, dass das selbständige Funktionieren des Betriebes in erster Linie unter einem funktionellen Aspekt zu beurteilen ist. Dies wiederum kann mit dem BFH60 durchaus so verstanden werden, dass eine Teilbetriebsübertragung nach der FusionsRL ebenfalls grundsätzlich die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt. Damit ist das Thema freilich noch nicht ausgeschöpft, weil sich die Frage stellt, ob mit der Finanzverwaltung61 gerade wegen Art. 2 Buchst. j FusionsRL neben den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auch die dem Teilbetrieb nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter übertragen werden müssen62 bzw. ein „Teilbetrieb im Aufbau“ nicht mehr anerkannt werden kann. Eine zur Bejahung der Fragen führende Berufung auf einen reinen europäischen Teilbetriebsbegriff ist schwerlich vertretbar und entbehrt die entsprechende Verwaltungsauffassung deshalb einer Rechtsgrundlage63: Immerhin wollte doch der Gesetzgeber mit dem SEStEG einheitliche Regelungen für inländische und grenzüberschreitende Umstrukturierungen schaffen. Deshalb
56 A.A. Wacker, DStR 2019, 585 (593). 57 BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467; kritisch dazu Blumers, DB 2010, 1670 (1671). 58 Brandis in JbFStR 2016/17, 68 (76). 59 EuGH v. 15.1.2002 – C-43/00 – Andersen og Jensen, Slg. 2002, I-379. 60 BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, BStBl. II 2011, 467. 61 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 15.02. 62 Zur Kritik daran etwa Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG8, § 15 UmwStG Rz. 71 m.w.N. 63 Ebenso etwa Rödder in JbFStR 2016/17, 68 (73); und Drüen in JbFStR 2016/ 17, 68 (77).
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darf der Teilbetriebsbegriff des § 15 UmwStG in Inlandsfällen nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen von dem Teilbetriebsbegriff der FusionsRL abweichen. Soweit allerdings der Teilbetriebsbegriff der FusionsRL enger ist als der des § 15 UmwStG nach der bisherigen Auslegung64, kann er nicht maßgebend sein, da die Rechtslage nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers materiell unverändert bleiben sollte65.
b) Fiktiver Teilbetrieb Den gesetzgeberischen Willen für eine solche Abweichung verdeutlicht auch die Beibehaltung der Regelung zu fiktiven Teilbetrieben in § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG, die über die Erfordernisse der FusionsRL hinausgeht, die gerade keine fiktiven Teilbetriebe kennt. Nach dieser Vorschrift gelten als Teilbetrieb auch ein Mitunternehmeranteil oder die 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Die Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG wird in keiner Weise von der FusionsRL beeinflusst, da der deutsche Gesetzgeber diese weitergehende Möglichkeit autonom regeln konnte. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn an fiktive Teilbetriebe, für die die FusionsRL nicht gelten kann, geringere Anforderungen gestellt würden als an originäre Teilbetriebe, denen sie ja gerade gleichgestellt werden sollen66.
2. Sonstige Voraussetzungen der Ertragsteuerneutralität Die Ertragsteuerneutralität der Spaltung für die Übertragerin (also die Anwendung des § 11 Abs. 2 UmwStG) erfordert außerdem die Unterlassung schädlicher Vorbereitungshandlungen zum Zwecke der Kreierung von fiktiven Teilbetrieben vor Spaltung. So ist die Norm auf Mitunternehmeranteile und Beteiligungen nicht anzuwenden, wenn sie innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag durch Übertragung von Wirtschaftsgütern, die kein Teilbetrieb sind, erworben oder aufgestockt worden sind (§ 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Ferner ist die sog. Nachspaltungs-Veräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 2–4 UmwStG zu beachten. Die Spaltung eines Rechtsträgers soll die Fortsetzung des bisherigen unternehmerischen Engagements in anderer Rechtsform ermöglichen. Die Steuerneutralität wird deshalb nicht ge64 Dazu etwa Blumers, BB 2011, 2204 ff. 65 Statt aller Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 15 UmwStG Rz. 141 m.w.N. 66 Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 15 UmwStG Rz. 142.
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währt, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen wird (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG) oder wenn die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Davon ist auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 Prozent der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden (§ 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG). Die starre 20 %-Grenze ohne Möglichkeit des Gegenbeweises dürfte mit den Vorgaben von Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FusionsRL schwerlich vereinbar sein67. Mit der Interpretation der Sperrfristregelung bei Spaltungen in § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UmwStG haben sich unlängst im Übrigen das FG Berlin-Brandenburg sowie das FG Hamburg befasst. Während das FG Hamburg in seiner Entscheidung vom 18.9.201868 zu dem Schluss gelangt ist, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG einen eigenständigen Anwendungsbereich unabhängig von § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG besitzt und die Sperrfrist in § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG nicht abschließend ist, vertritt das FG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 31.5.201869 die gegenteilige Auffassung. Danach bilden die Sätze 3 und 4 des § 15 Abs. 2 UmwStG einen einheitlichen Ausschlusstatbestand. Gegen beide Urteile sind beim I. Senat des BFH Revisionen eingelegt70. Schließlich setzt die Anwendung des § 11 Abs. 2 UmwStG bei der Trennung von Gesellschafterstämmen voraus, dass die Beteiligungen an der übertragenden Körperschaft mindestens fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag bestanden haben (§ 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG). Die Anwendung des § 13 Abs. 2 UmwStG auf Gesellschafterebene hängt dagegen nur von der Erfüllung des § 15 Abs. 1 UmwStG ab, das Vorliegen von Teilbetrieben gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist also Voraussetzung für die Ertragsteuerneutralität auf Gesellschafterebene.
IV. Einbringungen Einbringungen in inländische Kapitalgesellschaften sind unter den Voraussetzungen der §§ 20 ff. UmwStG ertragsteuerneutral durchführbar. 67 Vgl. dazu etwa die Ausführungen des EuGH v. 8.3.2017 – C-14/14 – Euro Park Service, IStR 2017, 409. 68 FG Hamburg v. 18.9.2018 – 6 K 77/16, EFG 2019, 140; dazu Wissing, DB 2019, 273. 69 FG Berlin-Brandenburg v. 31.5.2018 – 9 K 9143/16, EFG 2018, 1681. 70 BFH I R 39/18; BFH I R 27/18.
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Seit dem SEStEG differenziert das UmwStG dabei zwischen Sacheinlagen i.S.d. Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen (§ 20 UmwStG) und dem Anteilstausch (§ 21 UmwStG).
1. Sacheinlagen Damit Sacheinlagen von § 20 UmwStG erfasst werden, muss Einbringungsgegenstand ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil (bzw. Teil eines Mitunternehmeranteils) mit allen funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sein. Die Einbringung muss zumindest auch gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsrechten an der übernehmenden Kapitalgesellschaft erfolgen (vgl. § 20 Abs. 1 UmwStG). Sacheinlagen in diesem Sinne können steuerlich gem. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG zurückbezogen werden, wobei die nachträgliche Änderung eines nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG einmal gestellten Antrags unzulässig ist, weil durch den Antrag nicht nur die Rechtsfolgenseite betroffen ist, sondern der Zeitpunkt der Veräußerung bestimmt und damit auf den Besteuerungssachverhalt selbst eingewirkt wird71.
a) Steuerfolgen beim Einbringenden Auch die unter § 20 UmwStG fallende Sacheinlage erfolgt im Regelfall zum gemeinen Wert (§ 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG), so dass der Einbringende einen Einbringungsgewinn realisiert. Der Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem gemeinen Wert bei der Übernehmerin gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Anteile (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG). Damit bei der Übernehmerin das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag einheitlich mit dem Buchwert (oder einem Zwischenwert) angesetzt und dadurch beim Einbringenden das Entstehen eines Einbringungsgewinns vermieden werden kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein (§ 20 Abs. 2 Satz 2 und 4 UmwStG): Der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens darf nicht negativ sein72, der Wert sonstiger Gegenleistungen darf nicht über der im Gesetz geregelten Grenze, nämlich 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder 500.000 t, höchstens je71 BFH v. 19.12.2018 – I R 1/17, DStR 2019, 1259. 72 Allerdings kann die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum zu einem negativen Wert führen, vgl. BFH v. 7.3.2018 – I R 12/16, DStR 2018, 1560; zustimmend Hageböke, Ubg 2019, 97 ff.; kritisch hingegen Mitschke, FR 2018, 1155 f.
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doch der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, liegen, es muss ferner sichergestellt sein, dass das übernommene Betriebsvermögen später bei der Übernehmerin der Körperschaftsteuer unterliegt, und es darf schließlich das deutsche Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Übernehmerin weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Außerdem darf der gemeine Wert des Einbringungsgegenstandes nicht geringer sein als die Summe der Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter. Die Übernehmerin übt das Wahlrecht aus, d.h. in ihrer Steuerbilanz müssen die übernommenen Wirtschaftsgüter mit ihren Buchwerten (oder Zwischenwerten) angesetzt werden. Erfolgt danach die Einbringung zu Buchwerten (oder Zwischenwerten), gelten auch die im Gegenzug erhaltenen Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft als zu diesen Werten (ggf. abzgl. sonstiger Gegenleistungen) angeschafft, d.h. es verdoppeln sich die eingebrachten stillen Reserven; sie sind nun auch in den Anteilen an der Übernehmerin enthalten und bleiben nach § 17 Abs. 6 EStG dem Grunde nach steuerverhaftet. Aus der übergroßen Zahl von Anwendungsfragen zu den genannten Voraussetzungen für einen Buch- bzw. Zwischenwertansatz soll bezogen auf die Zulässigkeit sonstiger Gegenleistungen nur eine besonders praxisrelevante Frage herausgegriffen werden: Es geht darum, ob einerseits die Vorabentnahme von Wirtschaftsgütern, die nicht wesentliche Betriebsgrundlage sind, bzw. andererseits die Einlagerückgewähr nach der Einbringung von der Gewährung sonstiger Gegenleistungen zu unterscheiden ist73. Wenn etwa bei der Einbringung eines Teilbetriebes in eine 100%ige Tochter-Kapitalgesellschaft Verbindlichkeiten dieser Tochtergesellschaft übernommen werden sollen, stellt sich aufgrund der von der Finanzverwaltung gestellten Anforderung, dass bei der Einbringung von Teilbetrieben alle wirtschaftlich zuordenbaren Wirtschaftsgüter, d.h. auch Verbindlichkeiten, mit übertragen werden müssen74, die Frage, ob eine Verbindlichkeit zurückbehalten werden darf. Die Verwaltung würde insoweit darauf abstellen, ob eine Veranlassung der Verbindlichkeit durch den einzubringenden Teilbetrieb bejaht werden kann.75 Sie würde in einem solchen Fall die Miteinbringung verlangen und bei einer „falschen“ Zuordnung einer durch den Teilbetrieb veranlassten Verbindlichkeit eine schädliche sonstige Gegenleistung annehmen. Dazu würde sie vermut73 Vgl. dazu Schumacher in JbFStR 2016/17, 79 ff. 74 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 20.06 i.V.m. 15.07. 75 Vgl. dazu Schumacher in JbFStR 2016/17, 79 (82).
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lich unter zeitlichen Gesichtspunkten unterstützend auch Gesamtplanerwägungen „aus dem Hut ziehen“.76 Dem ist allerdings entgegenzutreten: Letzterem liegt – wie bereits gezeigt wurde – schon ein grundlegend falsches Verständnis des „Gesamtplans“ zugrunde77, denn diese Rechtsfigur ist in § 20 UmwStG, der auf den Übertragungszeitpunkt abstellt, gerade nicht angelegt. Es spricht insoweit vielmehr alles dafür, die Lösung aus § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Satz 4 UmwStG selbst zu gewinnen. § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG spricht davon, dass „der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen auch sonstige Gegenleistungen“ erhält. Durch diesen Wortlaut wird deutlich, dass die sonstigen Gegenleistungen zwar eine sachliche Verknüpfung mit der Einbringung aufweisen müssen, diese Verknüpfung sich aber eben nur und allein auf den Akt der Einbringung und den betreffenden Einbringungszeitpunkt bezieht.78 Immerhin hat der Gesetzgeber in dem hier in den Blick genommenen Regelungsbereich auf eine positiv geregelte „Vor- bzw. Nachbetrachtung“, die das UmwStG ansonsten ja durchaus kennt, verzichtet.79 Entsprechend liegt in Fällen der „Vorabentnahme“ nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen keine sonstige Gegenleistung vor.80 Das gilt entsprechend auch für die Situation einer Einlagenrückgewähr nach Einbringung: Immerhin hat der Gesetzgeber diese Konstellation durchaus gesehen, aber typisierend nur in § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG geregelt.81 Weshalb § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG ohne entsprechende Reglung insoweit Vorrang zukommen sollte82, erschließt sich nicht.83 Auch insoweit fehlt es an der in § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG vorausgesetzten Verknüpfung mit dem Einbringungsvorgang.84
76 77 78 79 80
81 82 83
84
Möhlenbrock in JbFStR 2016/17, 78 (85). Zutreffend insoweit Drüen in JbFStR 2016/17, 78 (86). Drüen in JbFStR 2016/17, 78 (86); Brandis in JbFStR 2016/17, 86 f. Drüen in JbFStR 2016/17, 78 (86). Brandis in JbFStR 2016/17, 78 (87); Rogall/Dreßler, DB 2015, 1981; Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513; Möllmann in Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (748); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz8, § 20 UmwStG Rz. 366c; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 20 UmwStG Rz. 350. Möllmann in Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (748); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 20 UmwStG Rz. 351. So Benecke in Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (747). Rödder in JbFStR 2016/17, 78 (87); Möllmann in Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (748); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 20 UmwStG Rz. 351; a.A. Benecke in Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (747). Brandis in JbFStR 2016/17, 78 (87).
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b) Steuerfolgen bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft Da die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen wie beschrieben in ihrer Steuerbilanz anzusetzen hat, wird dies nach § 23 Abs. 1 und 3 UmwStG bei Buch- bzw. Zwischenwertansatz weitgehend begleitet von dem Eintritt der Übernehmerin in die steuerliche Rechtstellung des Einbringenden; dies gilt allerdings nicht für einen evtl. steuerlichen Verlustvortrag und einen evtl. Zinsvortrag respektive EBITDA-Vortrag.
c) Sperrfristregelung Die für Einbringungen unterhalb des gemeinen Werts eingreifende Sperrfristkonzeption ist durch das SEStEG grundlegend neu geregelt worden85: Nunmehr führt eine Veräußerung der als Gegenleistung für eine Einbringung unter dem gemeinen Wert erhaltenen Anteile oder die Realisierung eines Ersatztatbestandes nach § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG gem. § 22 Abs. 1 UmwStG zu einer rückwirkenden Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns I beim Einbringenden, soweit sie innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung stattfindet (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Der Einbringungsgewinn I entspricht der Differenz zwischen dem gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt und dem bei der Einbringung angesetzten Buch- oder Zwischenwert, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG). Der Einbringungsgewinn I gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 4 UmwStG als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, mindert also den Gewinn aus der Anteilsveräußerung, auf den § 8b Abs. 2 KStG oder § 3 Nr. 40 i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG anzuwenden ist. Des Weiteren ist bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 und 2 UmwStG auf Antrag im Jahr der Veräußerung – insoweit also nicht rückwirkend – und bei Nachweis der Entrichtung der Steuer auf den Einbringungsgewinn in Höhe des versteuerten Einbringungsgewinns ein „Erhöhungsbetrag“ gewinnneutral anzusetzen. Dies gilt jedoch nur, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen entweder noch zum Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft gehört oder zum gemeinen Wert übertragen wurde, d.h. nicht bei einer Weiterübertragung unter dem gemeinen Wert. Aus dem Ansatz des Erhöhungsbetrags folgt eine wirtschaftsgutbezogene Buchwertaufstockung bzw. bei erfolgter Weiterüber85 Vgl. dazu Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG3, Einleitung Rz. 97 m.w.N.; auch Schmitt in JbFStR 2016/17, 110 (113 f.).
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tragung zum gemeinen Wert sofort abziehbarer Aufwand. Das Konzept des Einbringungsgewinns I gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 5 UmwStG grundsätzlich nicht, soweit das eingebrachte Betriebsvermögen Anteile an Kapitalgesellschaften enthält; insoweit kommt die Regelung für den Anteilstausch in § 22 Abs. 2 UmwStG zur Anwendung. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist insoweit, dass der Einbringende gem. § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwStG innerhalb der Siebenjahresfrist jeweils bis zum 31.5. den Nachweis zu erbringen hat, wem die erhaltenen Anteile zuzurechnen sind. Wenn der Nachweis nicht rechtzeitig erbracht wird, gelten die Anteile als veräußert und der entsprechende Einbringungsgewinn I ist zu besteuern. Nach der systematischen Stellung der Regelung gilt die Veräußerungsfiktion allerdings richtigerweise86 nur für die Anwendung des § 22 UmwStG und führt nicht etwa auch zur Besteuerung des Gewinns aus einer fiktiven Veräußerung87. Umwandlungen und Einbringungen stellen dabei nach Verwaltungsauffassung88 grundsätzlich auf Ebene sowohl des übertragenden Rechtsträgers als auch auf Ebene der Gesellschafter der Übertragerin Veräußerungen i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG dar, die die rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung auslösen. Diese Sicht hat der BFH89 unlängst zu § 21 UmwStG und den Fall einer Aufwärtsverschmelzung bestätigt und legt den Begriff der Veräußerung im umwandlungssteuerrechtlichen Kontext ebenfalls weit aus90: Während zur Aufwärtsverschmelzung noch von der Vorinstanz die verbreitete Auffassung vertreten worden war, dass es an einer Veräußerung fehle, da kein Wirtschaftsgut gegen Entgelt auf einen Dritten übertragen werde, weil die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger schlichtweg durch die Auflösung der Übertragerin untergehen91, 86 Vgl. Förster/Wendland, BB 2007, 631 (638); Rödder/Schumacher, DStR 2007, 369 (375); Desens, Beihefter zu DStR 46/2010, 80 (88); Graw, Ubg 2011, 603 (608); Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 22 UmwStG Rz. 535; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG8, § 22 UmwStG Rz. 167, alle m.w.N. 87 So aber BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 22.32. 88 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 22.07 a.E., 22.22 Satz 1. 89 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, DStR 2018, 1366. 90 Märtens, jurisPR-SteuerR 41/2018 Anm. 4. 91 FG Hamburg v. 21.5.2015 – 2 K 12/13, EFG 2015, 1876; zustimmend Schmitt in JbFStR 2016/17, 110 (116); Drüen in JbFStR 2016/17, 110 (118); vgl. auch Hageböke, Ubg 2011, 689 (695); Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/ UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 109; Bilitewski in Haritz/Menner4, § 22 UmwStG Rz. 49; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 22 UmwStG Rz. 33a.
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sieht das der BFH92 jetzt – entgegen seiner sonstigen Tendenz im Bereich des UmwStG – weniger technisch: Im Falle einer Aufwärtsverschmelzung komme es aus Sicht der Muttergesellschaft deshalb zu einer Veräußerung der Anteile an der Tochtergesellschaft, weil der Anteilseigner im Zuge einer Verschmelzung der Körperschaft, an der er beteiligt sei, auf eine andere Körperschaft Anteile dieser (anderen) Körperschaft, erhalte, so dass dies – obwohl die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger untergingen und es insoweit zu keinem Rechtsträgerwechsel komme – aus der Sicht dieses Anteilseigners einem Tausch der Anteile an der übertragenden Körperschaft gegen die Anteile an der übernehmenden Körperschaft gleichzustellen sei und damit – in Bezug auf die Anteile am übernehmenden Rechtsträger – als entgeltlicher Erwerb sowie – soweit die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger betroffen seien – als entgeltliche Veräußerung zu beurteilen sei. Dies ist in der Sache deshalb einigermaßen überraschend, weil durch den beschriebenen Vorgang eigentlich nur die Einbringung „zurückgedreht“ wird93, weshalb die Verwaltung derartige Vorgänge vor Inkrafttreten des UmwStE 2011 gerade nicht aufgegriffen hat. Etwas dünn muten insbesondere auch die Ausführungen des BFH zum Thema „Statusverbesserung“ an, denn eine solche tritt bei der Aufwärtsverschmelzung nicht ein und gehen dem Fiskus gerade keine stillen Reserven „durch die Lappen“94. Deshalb leuchtet es auch nicht recht ein, warum eine teleologische Reduktion des Veräußerungsbegriffs für den beschriebenen Einzelfall ausgeschlossen sein sollte95, geht es doch immerhin bei § 22 UmwStG richtigerweise um Missbrauchsvermeidung96 und nicht um einen „Auffangtatbestand“97.
92 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, DStR 2018, 1366; zustimmend Märtens, jurisPR-SteuerR 41/2018 Anm. 4; Moritz, DB 2018, 1829 (1831); von Glasenapp, BB 2018, 1649; Martini, HFR 2018, 736 f.; kritisch demgegenüber Dreßler/ Schwechel, Ubg 2018, 439 ff.; Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 ff. 93 Rödder in JbFStR 2016/17, 110 (118 f.); Brühl/Weiss, Konzern 2018, 306 (307); dies auch einräumend Möhlenbrock in JbFStR 2016/17, 110 (119). 94 Zutreffend Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut3, § 22 UmwStG Rz. 235 f.; Goebel/Ungemach/Busenius, DStZ 2011, 426 (429); Kortendick in Kortendick/Peters, DStR 2014, 1578 (1581, 1584); Glahe, FR 2018, 754 (755); Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1796 ff.); ähnlich zum Formwechsel Haarmann in JbFStR 2016/17, 190 (194 f.). 95 Schön in JbFStR 2016/17, 190 (199). 96 Zutreffend Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1798) m.w.N. 97 So aber Möhlenbrock in JbFStR 2016/17, 110 (119).
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Störend und wenig nachvollziehbar98 erscheint es darüber hinaus, wenn die Verwaltung das Gesetz zuerst bezogen auf den Veräußerungsbegriff weit auslegt, um sodann im aus ihrer Sicht geeigneten Einzelfall qua Billigkeitslösung überschießende Triebe wieder zurückzuschneiden. Von der Einbringungsgewinnbesteuerung kann nämlich aus Sicht der Verwaltung99 aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise abgesehen werden, wenn ein übereinstimmender Antrag aller Personen vorliegt, bei denen ansonsten ein Einbringungsgewinn zu besteuern wäre, es zu keiner schädlichen Statusverbesserung kommt, keine Verlagerung stiller Reserven von sperrfristbehafteten Anteilen auf Anteile eines Dritten in Rede steht, das deutsche Besteuerungsrecht weder ausgeschlossen noch beschränkt wird und eine Einverständniserklärung der Antragsteller vorliegt, dass auf alle unmittelbaren oder mittelbaren Anteile an einer an der Umwandlung beteiligten Gesellschaft § 22 Abs. 1 UmwStG entsprechend anzuwenden ist. Außerdem muss der konkrete Einzelfall in jeder Hinsicht mit den in § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 UmwStG enthaltenen Ausnahmetatbeständen vergleichbar sein.
2. Anteilstausch a) Grundkonzept Wegen der Parallelen zur Sacheinbringung nur noch kurz darzustellen ist der Anteilstausch, der nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG grds. ebenfalls zum gemeinen Wert erfolgt. Voraussetzung für den Ansatz des Buch- oder Zwischenwerts ist es demgegenüber, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung unmittelbar Anteile mit der Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hält (§ 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG; sog. qualifizierter Anteilstausch) und nicht über die im Gesetz geregelte Grenze, d.h. 25 % des Buchwerts der eingebrachten Anteile oder 500.000 t, höchstens jedoch der Buchwert der eingebrachten Anteile, hinausgehende sonstige Gegenleistungen gewährt werden (§ 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG). Einem qualifizierten Anteilstausch steht es dabei weder entgegen, dass die übernehmende Gesellschaft vor der Einbringung keine Anteile an der erworbenen Gesellschaft innehatte, noch, dass jeweils hälftige Beteiligungen – nicht aber eine einheitliche Mehrheitsbeteiligung – eingebracht wurden; erforderlich ist insoweit lediglich, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung – und damit unter Be98 Drüen in JbFStR 2016/17, 110 (118). 99 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 22.23.
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rücksichtigung sämtlicher eingebrachter Anteile – insgesamt die Stimmrechtsmehrheit hat100. Bei einer Einbringung in eine inländische Kapitalgesellschaft, bei der das deutsche Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen unverändert fortbesteht und auch für die als Gegenleistung gewährten neuen Anteile das deutsche Besteuerungsrecht weder ausgeschlossen noch beschränkt ist, ist der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft für die Besteuerung des Einbringenden maßgeblich (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Auch beim Anteilstausch tritt die übernehmende Gesellschaft bei Buch- oder Zwischenwertansatz hinsichtlich der eingebrachten Anteile in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden ein (§ 23 Abs. 1 und 3 UmwStG). Eine steuerliche Rückbeziehung des Anteilstauschs ist allerdings – anders als im Fall der Sacheinlage – seit dem SEStEG nicht mehr möglich.
b) Sperrfristregelung Im Rahmen des SEStEG ist für Anteilstausche unterhalb des gemeinen Werts ebenfalls das Konzept der rückwirkenden Besteuerung des Einbringenden eingeführt worden (§ 22 Abs. 2 UmwStG). Wenn der Einbringende nicht von § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Anteile eingebracht hat, führt eine Veräußerung der unter dem gemeinen Wert eingebrachten Anteile durch die übernehmende Gesellschaft bzw. die Realisierung der im Gesetz genannten Ersatztatbestände innerhalb von sieben Jahren zu einer rückwirkenden Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns II beim Einbringenden. Der Einbringungsgewinn II ist dabei als Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern und entspricht der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der eingebrachten Anteile im Einbringungszeitpunkt und dem bei der Einbringung angesetzten Buch- oder Zwischenwert, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Der Einbringungsgewinn II gilt gem. § 22 Abs. 2 Satz 4 UmwStG als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erhöht er bei Nachweis der Steuerentrichtung die Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile bei der übernehmenden Gesellschaft und mindert deren Gewinn aus der Anteilsveräußerung, auf den normalerweise § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist. § 22 Abs. 2 UmwStG ist nicht anwendbar, wenn der Einbringende von § 8b Abs. 2 KStG begünstigte Anteile eingebracht hat. Die Norm greift überdies nicht, soweit der Einbringende die erhaltenen Anteile bereits veräußert hat (§ 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG). Die Sperr100 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, DStR 2018, 1366.
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fristkonzeption des Einbringungsgewinns II ist schon deshalb teleologisch fragwürdig, weil eine Verbesserung des Steuerstatus nur temporär erreicht wird und wieder entfällt, wenn die Übernehmerin den Gewinn an den Einbringenden ausschüttet. Bei der Sacheinlage durch einen Einkommensteuerpflichtigen wird ein solcher Vorteil hingegen nicht zum Anlass für eine Sperrfrist genommen, wenn die Übernehmerin die Sacheinlage veräußert. Dies hat allerdings – wie zur Einbringung gezeigt – den BFH101 unlängst wenig gerührt.
V. Fazit Es hat sich gezeigt, dass der Teufel im Bereich des beschriebenen Normenbestandes im Detail steckt. Dort lauern zahlreiche Anwendungsund Auslegungsprobleme, von denen hier nur einige wenige beschrieben werden konnten. Nichtsdestotrotz sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem UmwStG ein technisch ebenso ausgereiftes wie hinreichend handhabbares Gesetz vorliegt, mit dem die Unternehmensteuerrechtspraxis gut leben kann und dessen „Unwuchten“ die Rechtsprechung erfolgreich korrigieren konnte. Bei aller Sympathie für kreative Reformvorschläge würde ich dem Gesetzgeber daher von einer größeren Umgestaltung des UmwStG im hier beschriebenen Normbestand abraten.
101 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, DStR 2018, 1366.
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Diskussion zu den Referaten von Michael Wendt und Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Köln Vielen Dank für die schönen Referate! Eine Frage an Herrn Wendt zur Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwestergesellschaften: Ich denke, wir sind uns einig, dass der Fall unproblematisch wäre, wenn ein Wirtschaftsgut im Wege der Kettenübertragung zunächst aus dem Gesellschaftsvermögen 1 auf den Gesellschafter und von diesem sodann in das Gesellschaftsvermögen 2 übertragen würde. Da der Gesellschafter zugleich an beiden Gesellschaften beteiligt ist, wäre diese Gestaltung schon vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG erfasst und steuerneutral. Warum soll es dann aber steuerlich anders zu beurteilen sein, wenn das gleiche wirtschaftliche Ergebnis unter Abkürzung der Leistungskette durch unmittelbare Übertragung zwischen den Schwestergesellschaften erzielt wird? Zivilrechtlich kann man das als abgekürzte Leistungskette verstehen. So betrachtet ist das vielleicht gar kein verfassungsrechtliches Problem und auch mit dem Transparenzprinzip hat es nicht unbedingt etwas zu tun. Es ist vielmehr schlicht eine abgekürzte, unmittelbare Leistung statt über das Dreieck zu gehen. In der zivilrechtlichen Ausbildung werden junge Juristen darin geschult, einerseits in Dreiecken zu denken, andererseits aber auch nach unmittelbaren Leistungsbeziehungen zu sehen, bei denen die Dreieckskette abgekürzt wird. So scheint es mir hier zu liegen: Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften ist, nach § 6 Abs. 5 EStG beurteilt, schlicht eine abgekürzte Leistungskette, nämlich die Abkürzung der unzweifelhaft steuerneutralen Übertragungsmöglichkeit „übers Dreieck“. Im Übrigen leuchtet mir auch nur diese Lösung – Steuerneutralität dieser unmittelbaren Übertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften – unter steuerteleologischen Aspekten ein. Die Übertragung „übers Dreieck“ steuerneutral zu ermöglichen, die unmittelbare Übertragung aber steuerlich durch zwingende Aufdeckung aller stillen Reserven zu sanktionieren, leuchtet überhaupt nicht ein. Solch eine Rechtsanwendung würde nur zu wirtschaftlich sinnlosen Übertragungsketten anreizen oder hätte Dummensteuereffekte – wenn die Beteiligten sich nämlich nicht vorab haben beraten lassen.
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Diskussion – zu Wendt und Herlinghaus
Eine Anmerkung sodann zur Übertragungen „gegen Gewährung (oder Minderung) von Gesellschaftsrechten“ nach § 6 Abs. 5 EStG: Ich meine, hier sind sämtliche Kapitalkonten relevant. Eine Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in diesem Sinne erfolgt, wenn die Gegenbuchung zugunsten der Kapitalkonten des Gesellschafters erfolgt. Welches Kapitalkonto dabei angesprochen wird, ist richtigerweise unerheblich. Jedes Kapitalkonto drückt Gesellschaftsrechte aus, nicht nur das sog. Kapitalkonto I. Auch Übertragungen gegen Kapitalkonto II oder gegen eine Rücklagenkonto sind deshalb richtigerweise von § 6 Abs. 5 EStG erfasst. Prof. Dr. Dr. Michael Preißer, Lüneburg Eine Frage muss ich hier gleich anschließen an Herrn Wendt: Ist der Buchwert wirklich der einzige Wert, von dem in der Einkommensteuer – wie hier nach § 6 Abs. 5 bzw. § 6 Abs. 3 EStG – auszugehen ist, wenn davon die Rede ist, dass der Wert anzusetzen ist, der sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt. Ist das in Stein gemeißelt? Jedenfalls habe ich das so Ihren Worten entnommen Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Ich habe zwei Fragen an jeden Referenten. Zunächst die Fragen an Michael Wendt. Bei den strittigen Fällen zur Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften ging es bisher nur um unentgeltliche Übertragungen. Würde man die Fälle anders beurteilen, wenn die Wirtschaftsgüter zwischen den beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen werden würden? Es entstünde dann nach der Übertragung zum Teil eine doppelstöckige Personengesellschaft. Zudem liegt ein tauschähnlicher Vorgang zugrunde. Blickt man jedoch bis auf die steuerpflichtigen Gesellschafter durch, besteht nach wie vor eine Beteiligungsidentität. Es kommt also zu keiner Veränderung bei der Zuordnung der stillen Reserven zu den jeweiligen Steuersubjekten. Würden Sie hier auch für Steuerneutralität plädieren? Die zweite Frage: Sie hatten die Sperrfrist in § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG angesprochen, die ausdrücklich nicht gilt, wenn die stillen Reserven, die bis zur Übertragung gebildet wurden, durch die Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet werden, es also bei der Zuordnung der stillen Reserven bei dem Steuersubjekt bleibt, bei dem sie auch entstanden sind. Nach bisher geltendem Recht funktioniert die-
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Diskussion – zu Wendt und Herlinghaus
se Rückausnahme nur, wenn die Wirtschaftsgüter auf das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft übertragen werden, weil Ergänzungsbilanzen bekanntlich nur auf Ebene der Personengesellschaft als Wertkorrektur zur Gesamthandsbilanz gebildet werden dürfen. Was machen wir aber im umgekehrten Fall, der nach dem Grundtatbestand in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gleichgestellt wird, also bei einer Übertragung vom Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft auf das Betriebsvermögen des Gesellschafters oder sogar auf dessen Sonderbetriebsvermögen zu einer anderen Gesellschaft? Auch in diesen Fällen könnte man sich ja vorstellen, dass so eine Art „Ergänzungsbilanz“ auch zum Ziel-(Sonder-)Betriebsvermögen gebildet wird, die sicherstellt, dass keine stillen Reserven auf ein anderes Steuersubjekt „überspringen“. Könnte und müsste man eine solche „Ergänzungsbilanz“ (man kann sie auch anders nennen) nicht erfinden? Ich kommen zu meinen beiden Fragen an Andreas Herlinghaus. Zunächst eine Frage zur Zurückbehaltung von Verbindlichkeiten bei der Abspaltung oder Einbringung eines Teilbetriebs. Das Thema ist ja kompliziert. Je länger man darüber nachdenkt, was ein Teilbetrieb begrifflich voraussetzt, desto weniger weiß man. Jedoch scheint mir ein Aspekt nach der Rechtsprechung des EuGH zum europäischen Teilbetriebsbegriff in der Fusionsrichtlinie klar zu sein: Wenn ich die Verbindlichkeit von dem Wirtschaftsgut trenne, das ich mit der Verbindlichkeit angeschafft habe, dann übertrage ich keinen Teilbetrieb mehr. Zumindest so habe ich den EuGH in der Rechtssache Andersen og Jensen verstanden. Das scheint mir nach jetzigem Stand der EuGH-Rechtsprechung die bisher einzige, aber zwingende Mindestanforderung des europäischen Teilbetriebsbegriffs zu sein. Daraus folgt meines Erachtens aber nicht die allgemeine Aussage des BMF-Umwandlungssteuererlasses, dass die Übertragung eines Teilbetriebs nicht nur die Zuordnung der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen, sondern zwingend auch die Zuordnung aller nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter voraussetzt. Der EuGH hat dies allein für den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen einem Wirtschaftsgut und einer Verbindlichkeit entschieden, nicht aber für alle denkbaren wirtschaftlichen Zusammenhänge. Zuletzt zu der Frage, ob allen Umwandlungsvorgängen nach dem Umwandlungssteuergesetz veräußerungs- oder tauschähnliche Vorgänge zugrunde liegen. Einfach-rechtlich ist dies etwa für die Frage relevant, ob durch einen Umwandlungsvorgang ein sog. Einbringungsgewinn nach
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§ 22 UmwStG ausgelöst werden kann, was tatbestandlich eine „Veräußerung“ voraussetzt. Der Erste Senat des BFH nimmt hier sogar bei einer 100 %-Aufwärtsverschmelzung eine „Veräußerung“ an. Das lässt sich vielleicht damit erklären, dass das Umwandlungssteuergesetz konzeptionell auch bei einer solchen Aufwärtsverschmelzung von einer „Veräußerung“ ausgeht (Grundsatz: Ansatz des gemeinen Wertes). In der Sache ist das aber bei einer Aufwärtsverschmelzung nicht nachvollziehbar. Für die Annahme einer „Veräußerung“ oder zumindest eines tauschähnlichen Vorgangs fehlt es bei einer Aufwärtsverschmelzung schlicht an einer Gegenleistung, wie dies explizit auch in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG (auch: „keine Gegenleistung“) zum Ausdruck gebracht wird. Insbesondere der Verzicht auf die Anteile an der übertragenden Tochtergesellschaft (Wegfall der Anteile) begründet keine Gegenleistung, weil der Verzicht hier weder die übertragende Tochtergesellschaft noch einen Dritten begünstigt; es entsteht also auch kein Leistungsaustausch im „Dreiecksverhältnis“. Vielmehr kommt der Verzicht allein der übernehmenden Muttergesellschaft als Verzichtende selbst zugute. Dann kann der Verzicht aber keine Gegenleistung begründen. Überdies müssen von der übernehmenden Muttergesellschaft auch keine eigenen Gesellschaftsrechte an neue Gesellschafter als Gegenleistung ausgegeben werden. Auch die Annahme, die mit der Vermögensübertragung übernommenen Schulden als Gegenleistung anzusehen, überzeugt nicht, weil eine solche Sicht nicht mit der Einheitstheorie bzw. Nettomethode vereinbar ist, die bei der Übertragung von Sachgesamtheiten heranzuziehen ist. Mangels Abwicklung liegt auch kein liquidationsähnlicher Vorgang vor. Eine Liquidation sollte durch die Umwandlung ja gerade vermieden werden. Bei einer Aufwärtsverschmelzung liegt daher mangels Gegenleistung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine „Veräußerung“ oder ein gleichgestellter tauschähnlicher Vorgang vor. Thomas Müller, Düren Ich habe eine Frage an Professor Herlinghaus zu seinem vorgenannten Vortrag. Ein Kommanditist gibt seiner Kommanditgesellschaft ein Darlehen über 10 Mio. Danach findet eine Umwandlung der KG in eine GmbH statt. Damit wird aus Eigenkapital (bei der KG) Fremdkapital (bei der GmbH). Sie haben das eben ja schon angesprochen. Führt diese Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital zu einer Gegenleistung i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG?
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Michael Wendt, München Herr Müller, Ihre Frage kann vielleicht Professor Herlinghaus beantworten. Ich fange mal mit den Schwesterpersonengesellschaften an, Herr Hennrichs. Natürlich ist dem Wortlaut des Gesetzes genügt, wenn man über die Ecke überträgt. Das ist ein Gestaltungsvorschlag, den man am Anfang gemacht hat, um das Problem zu vermeiden, dass Schwesterpersonengesellschaften nicht ausdrücklich im 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erwähnt sind. Sie haben gesagt, die Direktübertragung sei sozusagen ein abgekürzter Weg. Ich würde es genau umgekehrt sagen: Die Übertragung über einen anderen Vermögensbereich ist ein verlängerter Weg. Wenn ich eigentlich zwischen den beiden Gesamthandsvermögen übertragen will, dann würde ich es für problematisch halten, dass ich mich auf den verlängerten Weg begebe. Wenn die Übertragung unmittelbar rechtlich zulässig wäre, dann würde ich mir die Frage stellen, ob das nicht ein Fall von § 42a AO ist. Aber nachdem sowohl der I. Senat als auch der IV. Senat der Auffassung sind, dass Direktübertragungen bei beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zulässig sein müssen, kann es kein Gestaltungsmissbrauch sein, wenn ich das mache. Und es entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes. Indem ich über Sonderbetriebsvermögen übertrage, erfülle ich den Wortlaut des Gesetzes. Es gibt nichts daran auszusetzen und es kann kein Gestaltungsmissbrauch sein, weil es ja auch direkt zulässig sein muss. Auf welchem Weg auch immer, selbst wenn das Gesetz verfassungswidrig sein sollte – wenn das Verfassungsgericht zu diesem Ergebnis käme –, dann wäre die Direktübertragung ebenfalls auch nicht ein Gestaltungsmissbrauch. Das wäre meine Meinung dazu. Zum Thema Schwesterpersonengesellschaften, soweit es Herr Desens angesprochen hatte, Sie meinen den Fall, dass ich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertrage, das geht genauso, meiner Meinung nach. Das Gesetz stellt die Gewährung gegen Gesellschaftsrechte eben der Unentgeltlichkeit gleich. Ich habe vorhin in meinem Vortrag offengelassen, woran das eigentlich liegt. Der Ausgangspunkt dafür ist eine Entscheidung des VIII. Senats aus dem Jahr 1997, in dem der VIII. Senat entschieden hat, dass die Einbringung einer wesentlichen Beteiligung an einer Personengesellschaft für den Einbringenden ein Veräußerungsgeschäft ist. Das hatte die Finanzverwaltung bis dahin anders gesehen. Dann hat der VIII. Senat es so entschieden, und zwar deshalb, weil sonst die stillen Reserven bei der wesentlichen Beteiligung weg gewesen wären. Wenn sie das nicht so entschieden hätten, hätte man die Steuerverstrickung gewissermaßen aushebeln können. Die Finanzverwaltung hat damals einen
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Nichtanwendungserlass zu diesem Urteil gemacht und gesagt, das wollen wir nicht. Das ist kein Veräußerungsgeschäft, sondern das ist eine Einlage. Und dann kommt das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 und geht letztlich auf diesen Fall ein. Ursprünglich war ja für diese Fälle vorgesehen, wie Sie wissen, überall den Teilwert anzusetzen. Im Jahr 2001 umgekehrte Rechtslage: da war jetzt übrig, was machen wir mit den Fällen von Übertragungen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten? Man kann zwei Positionen vertreten: Entweder die Verwaltung ist von der Richtigkeit der BFH-Rechtsprechung überzeugt, möchte aber in diesem Fall eine Ausnahme schaffen. Oder aber sie ist nicht überzeugt und bringt das mit dieser Regelung zum Ausdruck, die sie dem Gesetzgeber empfohlen hat. Beides wäre denkbar. Also deswegen Unentgeltlichkeit und Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach meiner persönlichen Einschätzung identisch zu behandeln. Damit sind wir dann auch bei den Gesellschaftsrechten. Ich teile Ihre Auffassung, Herr Hennrichs, dass das keine unentgeltliche Übertragung sein soll. In der Rechtsprechung des BFH ist das eben seit 1997 so gemacht worden. Es entwickelt sich weiter. Und dann stellt sich die Frage, was ist denn Gewährung von Gesellschaftsrechten, wie messe ich das? Und dann kam es zu der Diskussion, ist das die Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital? Mein Senat hat sich für eine andere Lösung entschieden. Er hat danach gefragt: Woran messen sich die Gesellschafterrechte? Denn die haben etwas zu tun mit den Rechten gegenüber den anderen Gesellschaftern, also im Gesellschaftsverhältnis, wie setze ich mich durch? Es geht also nicht darum, wieviel Vermögen hat die Gesellschaft und wieviel bekomme ich nachher absolut bei der Liquidation heraus. Sondern es geht darum: Wie viele Gewinnansprüche habe ich? Wie hoch ist mein Anteil am Liquidationserlös? Wieviel Prozent sind meine Stimmrechte? Und wenn der Gesellschaftsvertrag in Abweichung vom HGB regelt, wie fast immer, dass die Stimmrechte nach dem Kapitalkonto I bemessen werden, wird man erkennen können, dass das das maßgebliche Kriterium ist, um eine Bereicherung um Gesellschafterrechte festzustellen. Dann sind alle anderen Eigenkapitalkonten raus aus der Diskussion. Sowohl das Kapitalkonto II als auch gesamthänderisch gebundene Rücklagen. Das alles sind keine Konten, an denen man Gesellschafterrechte festmacht. Deswegen würde ich diese Auffassung auch vertreten wollen, dass es nicht allein mit der Eigen- und Fremdkapitalkontenabgrenzung getan ist.
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Dann, ich darf noch zu der Buchwertthematik kommen. Herr Desens, Ergänzungsbilanzen und Sperrfrist, das ist ein sehr interessantes Thema, in der schriftlichen Fassung meines Vortrags werden Sie dazu auch etwas finden, das konnte ich eben nicht weiter ausführen. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG sieht vor, dass die Sperrfrist nicht läuft, wenn man in einer Ergänzungsbilanz die stillen Reserven dem Einbringenden vorbehalten sind. Aus der Definition der Ergänzungsbilanz, wie sie der BFH entwickelt hat, ergibt sich, dass die Ergänzungsbilanz Wertkorrekturen zu Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens enthält. Derartige Wertkorrekturen betreffen also immer Gesamthandsvermögen, was bedeutet, nach der bisherigen Lesart der Ergänzungsbilanz funktioniert das nur bei Einbringungen ins Gesamthandsvermögen. Sie schlagen jetzt vor, ich habe viel Verständnis dafür, eine Sonderergänzungsbilanz zu machen, also im Sonderbetriebsvermögen. Was machen wir aber dann im umgekehrten Fall bei der Ausbringung z.B. in einen Einzelbetrieb? Wollen wir da auch eine Ergänzungsbilanz zulassen? Dann stellt sich aber das Gleichheitssatzproblem. Warum kann man dann die Sperrfirst beim Einbringen vermeiden, beim Ausbringen aber nicht vermeiden? Da sehe ich überhaupt keinen Grund zur Abgrenzung. Man müsste in allen Fällen vermeiden können und deswegen habe ich die Idee, ob wir nicht viel weiter gehen und diesen Begriff der Ergänzungsbilanz zu einem größeren Instrument fortentwickeln müssen, mit dem man stille Reserven personenbezogen konservieren kann in solchen Fällen. Das würde Sonderbetriebsvermögen betreffen und Einzelbetriebsvermögen. Wenn man es gleichheitsgerecht ausgestaltet – ich kann es jeweils verhindern –, entspricht es auch perfekt dem Subjektsteuerprinzip, weil jeder die vom ihm erwirtschafteten stillen Reserven versteuern müsste. Das wäre aus meiner Sicht die richtige Lösung. Die Frage ist, ob wir das machen können, sozusagen unter dem geltenden Wortlaut des Gesetzes. Aber was wäre die Alternative? Wenn wir das als verfassungswidrig vorlegen würden, dann würde das BVerfG mutmaßlich sagen: Es ist doch eure eigene BFH-Rechtsprechung, was eine Ergänzungsbilanz ist. Das liegt doch an euch. Also ändert doch eure Rechtsprechung. Das haben wir schon mal gesehen bei der Rentenbesteuerung. Da ist die Vorlage als unzulässig zurückgekommen. Ich glaube nicht, dass mein Senat den Versuch machen würde, den § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG vorzulegen beim BVerfG. Was bleibt uns also übrig, wenn wir es gleichheitsgerecht machen wollen? Nach Auswegen zu suchen, die möglichst verfassungskonform sind. Ich kann mich so äußern, weil wir keinen Fall haben, aber sobald wir einen Fall haben, wird es schwierig werden.
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Schließlich letzte Frage zum Buchwert. Das habe ich ja eben versucht auszuführen. Wir sagen immer Buchwert. Aber was ist das eigentlich? Das sind die Vorschriften über die Gewinnermittlung §§ 4–7i EStG. Ich muss mich fragen, wie dieses Wirtschaftsgut unter Beachtung dieser Gewinnermittlungsvorschriften zu bewerten ist. Das nennen wir Buchwert. Das prüfe ich in jedem einzelnen Fall, das kann aber eben nur der Wert sein, der sich aus diesen Vorschriften ergibt, nicht irgendein anderer Wert. Ich muss jeweils gucken, was wäre der richtig entwickelte Wert. Deswegen hatte ich darauf hingewiesen: Wie ist es denn, wenn ein Wirtschaftsgut im Laufe des Jahres transferiert wird, muss ich da noch AfA nehmen, was ist mit Wertaufholung zu dieser Zeit. Diese Fragen stellen sich jeweils vor dem Hintergrund des Begriffs Buchwert. Das wäre es, was ich dazu zu sagen hätte. Ich hoffe, Sie sind mit dieser Antwort zufrieden. Prof. Dr. Andreas Herlinghaus Herr Desens, ich habe Ihre erste Frage so verstanden, dass Sie wissen wollen, ob man bei Teilbetriebseinbringungen die Verbindlichkeiten von den anderen Wirtschaftsgütern trennen kann. Es gibt da zwei Aspekte: 1.) Was gehört überhaupt zum Teilbetrieb? Dazu gehören die wesentlichen Betriebsgrundlagen, aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht, es sei denn, man folgt der Auffassung der Verwaltung, wonach unter Geltung des europäischen Teilbetriebsbegriffs auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zuordenbare Wirtschaftsgüter zwingend mit eingebracht werden müssen. Ich persönlich habe in meinem Vortrag deutlich gemacht, dass es für diese Auffassung der Verwaltung keine Rechtsgrundlage gibt. 2.) Die andere Frage ist, in welchem Zeitpunkt muss überhaupt der Teilbetrieb vorliegen? Dazu schauen sowohl der IV. als auch der I. Senat des BFH auf den Einbringungszeitpunkt. Was Sie vorher aus dem Teilbetrieb rausnehmen, ist also grundsätzlich Ihre Sache, soweit noch ein funktionsfähiger Betrieb verbleibt. Von daher sehe ich kein großes Problem in der von Ihnen beschriebenen „Auftrennung“. Zu Ihrer weiteren Frage zur Aufwärtsverschmelzung bei 100 %-Beteiligung: In solchen Fällen gibt es m.E. überhaupt keine Gegenleistung, weshalb ich persönlich das auch nicht als Fall des § 20 UmwStG sehe. Zu dem von Ihnen insoweit angesprochenen und in eine andere Richtung gehenden Urteil des I. Senats des BFH möchte ich mich zurückhalten, ich finde dieses nicht wirklich überzeugend. Herr Müller, ich habe den von Ihnen beschriebenen Fall so verstanden, dass ein Kommanditist seiner KG ein Darlehen gibt. Danach findet eine
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Einbringung der KG-Anteile, wohl samt dem Darlehen, in eine GmbH statt und Sie wollen nun wissen, ob damit eine sonstige Gegenleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG verbunden sein kann. Ich würde zunächst ähnlich antworten wie bei der ersten Frage von Herrn Desens: Das Darlehen dürfte bei der KG keine wesentliche Betriebsgrundlage sein und müsste also gar nicht mit eingebracht werden. Soweit im Rahmen von Einbringungen aber Verbindlichkeiten mit übertragen werden, sind diese grundsätzlich als Bestandteil der eingebrachten Sachgesamtheit und nicht etwa als „sonstige Gegenleistung“ i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG anzusehen. Man liest aber, dass dies – insbesondere bei Teilbetriebseinbringungen – von der Finanzverwaltung anders gesehen wird.
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Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt Dr. Stefanie Beinert, LL.M. Rechtsanwältin/Steuerberaterin Frankfurt/M.
I. Umwandlung von Personenin Kapitalgesellschaft 1. Umwandlung (oder Einbringung) 2. Ausgewählte Regelungsgedanken der §§ 20 bis 23 UmwStG a) Durchbrechung des Steuersubjektprinzips b) Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels aa) Dualismus der Unternehmensbesteuerung bb) Konstitutive Anordnung eines tauschähnlichen Vorgangs? cc) Verdoppelung der stillen Reserven und Missbrauchsvermeidung 3. Perspektive der übertragenden Personengesellschaft/Mitunternehmer a) Formwechsel als Veräußerungs- oder Aufgabetatbestand? b) Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen c) Auswirkungen auf „alte“ Sperrfristen? 4. Perspektive der übernehmenden Kapitalgesellschaft 5. Perspektive der Gesellschafter der übernehmenden Kapitalgesellschaft a) Verdoppelung der stillen Reserven b) Negative Anteils-Anschaffungskosten
aa) Kein Verbot negativer Anteils-Anschaffungskosten bb) Mitunternehmeranteilsbezogene Betrachtung cc) Unschädlichkeit von Entnahmen im Rückwirkungszeitraum c) Siebenjährige Sperrfrist aa) Unwiderlegbarer Missbrauchstatbestand bb) Einbringungsgewinn I 6. Antrag auf Rückwirkung II. Umwandlung von Kapital- in Personengesellschaft 1. Umwandlung 2. Ausgewählte Regelungsgedanken der §§ 3 ff. UmwStG a) Durchbrechung des Steuersubjektprinzips und Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels b) Grundsatz der Einmalbesteuerung vs. Vernichtung von Anteils-Anschaffungskosten c) Sicherung der Gewerbesteuerverstrickung der stillen Reserven 3. Perspektive der übertragenden Kapitalgesellschaft 4. Perspektive der übernehmenden Personengesellschaft 5. Perspektive des Gesellschafters der übertragenden Kapitalgesellschaft
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt a) Umwandlung (inkl. Formwechsel) als tauschähnlicher Vorgang? b) Berücksichtigung des Übernahmeverlusts (und des damit verbundenen Verlusts der Anteils-Anschaffungskosten)?
c) Fiktive Ausschüttung der offenen Rücklagen nach § 7 UmwStG 6. Missbrauchsvorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG
I. Umwandlung von Personen- in Kapitalgesellschaft 1. Umwandlung (oder Einbringung) Als Umwandlung (oder Einbringung) einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft wird nachfolgend ein Vorgang verstanden, infolge dessen das (gesamte) Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft1 einer Kapitalgesellschaft gehört, an der die bisherigen Mitunternehmer beteiligt sind. Es handelt sich um eine in der Praxis sehr häufige Umwandlungsart, um z.B. Organschaften zu ermöglichen oder eine im internationalen Kontext „einfachere“ Rechtsform zu haben. Es gibt aber immer auch Aspekte, die gegen die Umwandlung sprechen, so dass es im konkreten Fall einer Abwägungsentscheidung bedarf. Im Folgenden wird nicht auf die vielfältigen Gründe für eine Umwandlung eingegangen, sondern auf ausgewählte Aspekte der Umwandlung als solche.2 Eine Personengesellschaft kann ihr Betriebsvermögen durch Verschmelzung auf die Kapitalgesellschaft übertragen oder durch Einbringung in eine Tochterkapitalgesellschaft (im Wege der Gesamt- oder der Einzelrechtsnachfolge). Häufig werden aber auch schlicht sämtliche Mitunternehmeranteile in die Kapitalgesellschaft eingebracht mit der Folge, dass es wegen der dadurch bedingten Anteilsvereinigung zum Erlöschen der Personengesellschaft und zur Anwachsung ihres Vermögens auf die Kapitalgesellschaft kommt (§ 738 BGB).3 Daneben steht der gesellschafts1 Sofern nachfolgend von einer Personengesellschaft die Rede ist, ist eine Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (gewerblich tätige Personengesellschaft) gemeint. 2 Insbesondere Grunderwerbsteuerfragen werden nachfolgend nicht behandelt. 3 Soll eine GmbH & Co. KG auf eine andere Kapitalgesellschaft als die Komplementär-GmbH umgewandelt werden, bedarf es ergänzend eines Austritts der kapitalmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH, um die Anwachsung herbeizuführen. Die Anwachsung qualifiziert ertragsteuerlich als „Nullum“, da die Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft bereits nach der Übertragung der
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
rechtlich identitätswahrende Formwechsel der Personen- in eine Kapitalgesellschaft (§ 190 UmwG). Nachfolgend wird nur auf Maßnahmen nach UmwStG eingegangen.
2. Ausgewählte Regelungsgedanken der §§ 20 bis 23 UmwStG a) Durchbrechung des Steuersubjektprinzips Durch die Umwandlung (Einbringung) einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft wird das Prinzip der Individualbesteuerung bzw. das Subjektsteuerprinzip tangiert, wonach stille Reserven einer Subjektbindung unterliegen. Nach diesem Grundsatz sind stille Reserven von dem Steuersubjekt zu versteuern, welches sie erwirtschaftet hat, und dürfen grundsätzlich nicht auf andere Steuersubjekte übertragen werden.4 Dahinter steht die Erkenntnis, dass ein Übergehen stiller Reserven auf ein anderes Steuersubjekt zwar eine steuerliche Entlastung desjenigen bewirkt, der die stillen Reserven erwirtschaftet hat. Gleichzeitig kommt es aber zu einer latenten Belastung desjenigen, dem die stillen Reserven erstmals zugeordnet werden. Das bedarf einer besonderen Rechtfertigung.5 Diese Rechtfertigung wird mit dem UmwStG gegeben. Der Gesetzgeber will wirtschaftlich notwendige Umstrukturierungen erleichtern6 und erlaubt dafür einen temporären Besteuerungsverzicht durch steuerneutralen Reserventransfer.7 Es soll verhindert werden, dass notwendige strukturelle Veränderungen in der Fortführung des unternehmerischen Engagements durch steuerrechtliche Folgen belastet werden.8 Unterstützend wird darauf hingewiesen, dass Betriebe für kontinuierliche Steuereinnahmen sorgen und damit Staatsaufgaben finanzieren9 und es bei
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Mitunternehmeranteile zuzurechnen sind; vgl. OFD Berlin v. 19.7.2002 – St 122 - S 2241 - 2/02, DStR 2002, 1811. Anders (§ 6 Abs. 3 BGB analog) BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269 (zu § 7 EStDV). U.a. BFH v. 25.5.1962 – I 155/59 U, BStBl. III 1962, 351; BFH v. 14.5.1969 – I R 77/67, BStBl. II 1969, 598. Aus dem Schrifttum u.a. Graw in FS 100 Jahre BFH, 2018, S. 1433 (1434 f.). Zu § 6 Abs. 5 EStG BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BStBl. II 2014, 629. BT-Drucks. 12/126885, 22. BFH v. 25.8.2010 – I R 21/10, BFH/NV 2011, 258. BT-Drucks. 12/6885, 14. Aus der BFH-Rechtsprechung u.a. BFH v. 13.7.1965 – I 167/59 U, BStBl. III 1965, 640; BFH v. 19.12.2007 – I R 111/05, BStBl. II 2008, 536; BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BStBl. II 2019, 738. Hennrichs, FR 2010, 721 (730).
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
Umwandlungen (Einbringungen) um den Fortbestand der Erwerbsgrundlagen geht und nicht um die Erzielung von Markteinkommen.10 Das Instrument ist die Buchwertfortführung, durch die es zu einem Transfer der stillen Reserven auf die übernehmende Kapitalgesellschaft kommt (zur eintretenden Verdoppelung der stillen Reserven s. unter 5.). Die Rechtfertigung führt zu Anforderungen an die Ertragsteuerneutralität der Umwandlung, wie die fortbestehende Steuerverhaftung der stillen Reserven und das Erfordernis der Gewährung von Gesellschaftsanteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft, so dass sich der Steuerpflichtige nicht endgültig von seinem betrieblichen Engagement trennt, sondern mittelbar beteiligt bleibt.11 Da es keine überzeugenden Gründe gibt, warum das Steuersubjektprinzip gegen den Willen des Steuerpflichtigen durchbrochen werden sollte, ist es richtig, die Buchwertfortführung nur wahlweise auf Antrag des Steuerpflichtigen zuzulassen, sie also nicht als verpflichtend auszugestalten.12
b) Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels aa) Dualismus der Unternehmensbesteuerung Hinzu tritt der durch die Umwandlung (Einbringung) eintretende steuerrechtliche Regimewechsel, der bewältigt werden muss. Während bei einer Personengesellschaft die Gewinne bei den Mitunternehmern der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterworfen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) und ihnen die Wirtschaftsgüter nach der Spie10 U.a. Riedel, StuW 2019, 225 (228); Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Einführung in das Umwandlungssteuerrecht Rz. 5; Graw in FS 100 Jahre BFH, 2018, S. 1433 (1435 ff.); Herlinghaus in GS Knobbe-Keuk, 2011, S. 67 (70); Rödder in DStJG 25 (2002), S. 253 (255); Lang in DStJG 4 (1981), S. 45 (91 f.). 11 Nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 UmwStG sind in gewissem Maße sonstige Gegenleistungen möglich. Werden die gesetzlich vorgesehenen Grenzen überschritten, wird bei typisierender Betrachtung in Höhe der Differenz das bisherige unternehmerische Engagement nicht mehr fortgesetzt und der über die gewährten (neuen) Anteile gegebene Zusammenhang zwischen den stillen Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen und dem Einbringenden gelöst, so dass insoweit die stillen Reserven im übertragenen Vermögen realisiert werden, vgl. u.a. Herlinghaus in Rödder/Herlingaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 320; Benecke/Möllmann, FR 2016, 741 (745). 12 Riedel, StuW 2019, 225 (232 f.); Danz, FR 2018, 160 (169).
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
gelbildmethode (anteilig) zugerechnet werden, bestehen nach der Umwandlung mit der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern jeweils eigene Steuersubjekte.13 Zwar wird der Regimewechsel durch eine Entscheidung des Steuerpflichtigen herbeigeführt; er beruht aber auf dem gesetzlich vorgegebenen Dualismus der Unternehmensbesteuerung. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung des UmwStG kann der Steuerpflichtige die Rechtsform frei wechseln („keine Einbahnstraße“), was dann aber grundsätzlich auch ohne Erschwernisse, die über eine „technische“ Abwicklung des Rechtsformwechsels hinausgehen, möglich sein sollte.
bb) Konstitutive Anordnung eines tauschähnlichen Vorgangs? Der Rechtsformwechsel muss auch dann bewältigt werden, wenn es wie beim Formwechsel zu keinem Wechsel des (zivilrechtlichen) Rechtsträgers kommt und damit auch zu keiner tatsächlichen Vermögensübertragung. Eine gesetzliche Regelung, wonach Umwandlungen (Einbringungen) als Fälle einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe i.S.v. § 16 Abs. 1, 3 EStG qualifizieren, gibt es nicht. Das UmwStG beruht zwar auf der Grundidee eines gewinnrealisierenden Vorgangs, da die Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind und die Buchwertfortführung (oder ein Zwischenwertansatz) nur unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag zugelassen wird. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass der Gesetzgeber in allen Fällen einer Umwandlung vom Vorliegen eines Tatbestands des § 16 Abs. 1, 3 EStG ausgeht oder einen solchen (konstitutiv) anordnet. Zwar spricht der Gesetzgeber nicht nur vom gemeinen Wert14, sondern konkret in § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG auch vom Veräußerungsgewinn; beim Formwechsel „gelten“ diese Regelungen aber nur entsprechend (§ 25 Satz 1 UmwStG).15 Eine Umwandlung, die wie z.B. die Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft mit einer Vermögensübertragung gegen Gewäh-
13 BT-Drucks. 12/6885, 14. 14 Was für einen Tauschvorgang spricht, arg. ex § 6 Abs. 6 EStG. 15 Die pauschale Aussage in BT-Drucks. 12/6885, 14 „Dadurch werden […] Umstrukturierungen […] nicht durch steuerliche Folgen behindert, die ohne die besonderen Regelungen des Umwandlungssteuerrechts eintreten würden“ ändert daran nichts.
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
rung von Gesellschaftsrechten verbunden ist,16 fällt unter § 16 EStG. Es handelt sich steuerrechtlich um einen Einbringungssachverhalt (§ 20 UmwStG). Dieser wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH als tauschähnlicher Vorgang verstanden, der einem entgeltlichen (Veräußerungs-)Vorgang i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG vergleichbar ist.17 Durch die Einbringung ändert sich – ebenso wie bei einer Veräußerung – der Rechtsträger des Betriebs infolge eines entgeltlichen Vorgangs. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft gewährt zwar als Gegenleistung kein Wirtschaftsgut aus ihrem Betriebsvermögen, aber – einem Tauschvorgang ähnlich – (neue) Gesellschaftsanteile. An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn die Einbringung zu Buchwerten durchgeführt wird.18 Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG vor, so bestimmen sich die Rechtsfolgen allerdings nicht nach § 16 EStG.19 Anders beim Formwechsel. Der eintretende steuerrechtliche Regimewechsel bringt es mit sich, dass sich trotz (zivilrechtlicher) Rechtsträgeridentität das Steuersubjekt ändert. Das muss steuerrechtlich bewältigt werden, was derart geschieht, dass nach § 25 Satz 1 UmwStG die §§ 20 bis 23 UmwStG entsprechend „gelten“. Es besteht die Möglichkeit, die Norm als eine ausschließlich privilegierende Regelung zu verstehen, die – bei unterstelltem (aber nicht durch das UmwStG angeordnetem) Vorliegen des Tatbestands einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe i.S.v. § 16 Abs. 1, 3 EStG – eine Buchwertfortführung ermöglicht. Es kommt aber auch in Betracht, in § 25 Satz 1 UmwStG eine konstitutive Regelung zu sehen, die eine Gewinnrealisierung (erstmals) anordnet, wobei sich dann die Frage stellt, ob ein tauschähnlicher Vorgang angeordnet wird. Hierauf wird unter 3.a) näher eingegangen.
16 Zu dieser Differenzierung auch Graw in FS 100 Jahre BFH, 2018, S. 1433 (1437). 17 U.a. BFH v. 7.7.1998 – VIII R 5/96, BStBl. II 1999, 209; BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BStBl. II 2019, 738. Aus dem jüngeren Schrifttum u.a. Seer in Kirchhof, 19. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 18; Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 413; Trossen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 16 EStG Rz. A 152 (November 2017). Zur dogmatischen Herleitung des tauschähnlichen Vorgangs Kredig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 279 ff. 18 BFH v. 14.4.2015 – GrS 2/12, BStBl. II 2015, 1007. 19 BFH v. 11.9.1991 – XI R 15/90, BStBl. II 1992, 404; BFH v. 29.11.2017 – I R 7/ 16, BStBl. II 2019, 738.
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cc) Verdoppelung der stillen Reserven und Missbrauchsvermeidung Der Gesetzgeber will Missbräuche vermeiden. Dabei ist zweierlei zu unterscheiden: zum einen der „Transport“ der stillen Reserven auch auf die gewährten Anteile an der Kapitalgesellschaft als zusätzlich geschaffener Besteuerungsebene, so dass diese auch beim bisherigen Steuersubjekt gebunden bleiben.20 Das ist der Eintritt in die Besteuerungssystematik für Kapitalgesellschaften, wobei über die normalen Regelungen hinausgehend alle Anteile steuerverstrickt werden (§ 17 Abs. 6 EStG). Zum anderen, und davon zu trennen, ist die rückwirkende Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns I bei Veräußerungs- (und gleichgestellten) Vorgängen innerhalb von sieben Jahren nach der Umwandlung (Einbringung) (§ 22 Abs. 1 UmwStG). Der Gesetzgeber hält für diesen Zeitraum die durch die Verdoppelung der stillen Reserven erreichte Doppelbelastung21 für nicht ausreichend. Hintergrund ist die pauschalierte, im Zeitablauf abnehmende Vermutung eines missbräuchlichen Ausnutzens des steuerrechtlichen Regimewechsels durch den Gesellschafter. An der Berechtigung einer solchen Pauschalierung ist zu zweifeln, zumal ein Anteilserwerber die Steuerlatenz auf Gesellschaftsebene in den Anteilskaufpreis einpreisen wird. Auf den Einbringungsgewinn I wird unter 5.c) näher eingegangen.
3. Perspektive der übertragenden Personengesellschaft/Mitunternehmer a) Formwechsel als Veräußerungs- oder Aufgabetatbestand? Nach Verwaltungsauffassung stellt unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 19.10.200522 und „abweichend von den zivilrechtlichen Wertungen im UmwG“ für ertragsteuerliche Zwecke auch der (identitätswahrende)
20 BFH v. 16.6.2004 – X R 34/03, BStBl. II 2005, 378. U.a. auch Patt in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, KSt, Vor §§ 20–23 UmwStG Rz. 17 (November 2019); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 35. Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 UmwStG wird die Werteverknüpfung durchbrochen, wenn und soweit kein deutsches Besteuerungsrecht an dem Betriebsvermögen besteht. 21 Abgemildert durch die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bzw. des § 8b Abs. 2 KStG. 22 BFH v. 19.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568.
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Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft einen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang dar.23 Dem ist nicht zu folgen. Abweichend von der übertragenden Umwandlung kommt es beim Formwechsel zu keinem (zivilrechtlichen) Rechtsträgerwechsel. Nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG besteht der Rechtsträger in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten neuen Rechtsform fort.24 Der Formwechsel ist durch die Identität des Rechtsträgers und die Kontinuität seines Vermögens bei Diskontinuität seiner Verfassung gekennzeichnet.25 Ertragsteuerlich kann dies nicht nachvollzogen werden.26 Wegen des steuerrechtlichen Regimewechsels bedarf es der Annahme eines Vermögensübergangs auf die Kapitalgesellschaft.27 Der BFH spricht insoweit auch von einer Sachgründung der Gesellschaft in neuer Rechtsform.28 Dementsprechend ordnet der Gesetzgeber in § 25 Satz 1 UmwStG die entsprechende Geltung der §§ 20 bis 23 UmwStG und in § 25 Satz 2 UmwStG die Aufstellung einer Übertragungsbilanz durch die Personengesellschaft an. Damit ist aber nicht über die Frage entschieden, ob es bereits nach § 16 EStG zu einer steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven kommt29 und, wenn nicht, welche Bedeutung § 25 Satz 1 UmwStG hat. Die steuerrechtliche Rechtsnatur eines Formwechsels wird öfter relevant, u.a. stellen sich folgende Fragen: –
Qualifiziert der Formwechsel einer Personengesellschaft, die sperrfristverhaftete Anteile an einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 22 UmwStG hält, als Anteilsveräußerung i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG?30
23 UmwStE 2011 Rz. 00.02. 24 BFH v. 8.10.2008 – I R 3/06, BStBl. II 2010, 186. 25 Zum umgekehrten Formwechsel BFH v. 4.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, 661. 26 BT-Drucks. 12/6885, 22. 27 Vgl. (wenngleich zum Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft) insbesondere BFH v. 11.12.2001 – VIII R 23/01, BStBl. II 2004, 474. 28 BFH v. 8.6.2011 – I B 15/11, BFH/NV 2011, 1748. 29 Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 25 UmwStG Rz. 3 („nicht ganz klar“). 30 Für das Vorliegen einer Veräußerung Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 22 UmwStG Rz. 56 (März 2016); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 22 UmwStG Rz. 33d (Februar 2020). A.A. Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 46; Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (564), die insoweit allerdings § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG anwenden.
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
–
Qualifiziert der Formwechsel innerhalb von fünf Jahren nach einem Vermögensübergang auf bzw. einem Formwechsel in die Personengesellschaft als Betriebsveräußerung i.S.v. § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG?31
–
Zählt der Formwechsel bei der Dreiobjektgrenze des gewerblichen Grundstückshandels?32
–
Hat der Formwechsel Auswirkungen auf die Fortführung des Gewerbeverlusts nach § 10a GewStG einer (Unter-)Personengesellschaft?33
–
Hat der Formwechsel einer Organträger-Personengesellschaft Auswirkungen auf die ertragsteuerliche Organschaft?34
Im Schrifttum wird der Formwechsel überwiegend als tauschähnlicher Vorgang i.S.v. § 16 Abs. 1 EStG verstanden (Tausch der Mitunternehmeranteile gegen die Anteile an der Kapitalgesellschaft).35 Diese Auffassung ist kritisch zu hinterfragen.
31 Für das Vorliegen einer Veräußerung aus jüngerer Zeit u.a. Trossen in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 66; Schnitter in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 18 UmwStG Rz. 89 (Januar 2019); Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 18 UmwStG Rz. 38 (Juni 2018); Bartelt in Eisgruber, § 18 UmwStG Rz. 96 (November 2017); Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 12, 62 (20.2.2017). A.A. Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 157. Zweifelnd Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 18 UmwStG Rz. 54. 32 Für das Vorliegen einer Veräußerung Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 25 UmwStG Rz. 24 (April 2017). A.A. Dorn/Langeloh, DStR 2016, 1455 (1457 ff.). Zum gewerblichen Grundstückshandel infolge eines Formwechsels auch Korff/Erdem, FR 2019, 1000, 1003. 33 Dazu OFD Düsseldorf v. 12.10.2000, GmbHR 2000, 18. 34 Nach UmwStE 2011 Rz. Org.10 Satz 2 i.V.m. Org.02 will die Finanzverwaltung eine durchgehende Organschaft wohl nur dann anerkennen, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag auf das Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft fällt. Zu Recht kritisch Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 25 UmwStG Rz. 77. 35 U.a. Geissler in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 EStG Rz. 103 (November 2018); Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 EStG Rz. 288 (November 2018); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 25 UmwStG Rz. 2 (April 2017); Jäschke in Lademann, EStG, § 25 UmwStG Rz. 1 (Juli 2016). Vgl. auch Kubik/Münch, BB 2019, 1194; Schumacher in Lutter, 6. Aufl. 2019, Anh. nach § 304 UmwG Rz. 2; Nizschke in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, § 25 UmwStG 2006 Rz. 6 (Januar 2018); Hageböke, Ubg 2011, 689 (702).
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Tauschähnlicher Vorgang meint nach der unter 2.b)bb) wiedergegebenen BFH-Rechtsprechung zur übertragenden Umwandlung (Einbringung) die Übertragung von Wirtschaftsgütern auf einen anderen Rechtsträger gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Beim Formwechsel fehlt es aber bereits an einer (zivilrechtlichen) Vermögensübertragung.36 Zwar gibt es tauschähnliche Vorgänge auch ohne Vorliegen einer zivilrechtlichen Vermögensübertragung. Das zeigt der Fall der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung eines Dritten an einem Einzelunternehmen, die trotz „Übergangs“ des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens in die atypisch stille Innengesellschaft keinen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel auslöst.37 Das wurzelt aber in den Spezifika einer Innengesellschaft, die steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft qualifiziert, und lässt sich nicht auf den nach außen wirkenden Formwechsel übertragen. Es fehlt zudem und vor allem an einer Gegenleistung. Diese wird bei Umwandlungsmaßnahmen nach tradierter Auffassung in der Gewährung von Gesellschaftsrechten, nach jüngerer Auffassung in der Hingabe einer Einlageforderung (gegen Empfang des Sachwerts) gesehen.38 Ein Formwechsel erfüllt diese Voraussetzung nicht.39 Es bedarf daher einer konstitutiven Anordnung. Der BFH führt im Urteil vom 19.10.2005 aus,40 dass bei der formwechselnden Umwandlung nach der Regelungskonzeption des UmwStG ein tauschähnlicher entgeltlicher Rechtsträgerwechsel stattfinde, weshalb eine steuerliche Übertragungsbilanz aufzustellen sei. Daraus ist wohl zu schließen, dass § 25 UmwStG auch nach dem Verständnis des BFH konstitutive Wirkung hat. § 25 Satz 1 UmwStG ordnet die entsprechende Geltung der Regelungen der §§ 20 bis 23 UmwStG an. Das ist (wohl) so zu verstehen, dass der 36 Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.69. 37 Pyszka/Brauer, Ausländische Personengesellschaften im Unternehmenssteuerrecht, 2004, Rz. 162 Fn. 310. Zur Errichtung einer atypisch stillen Beteiligung u.a. Levedag in Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 8. Aufl. 2016, Rz. 26.14 f. 38 BFH v. 20.4.2007 – I R 35/05, BStBl. II 2008, 253; BFH v. 20.4.2011 – I R 2/10, BStBl. II 2011, 761. 39 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 46. 40 BFH v. 19.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568; wohl auch BFH v. 17.10.2007 – I R 96/06, BStBl. II 2008, 953, allerdings auch mit alternativer Begründung für den Streitfall.
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
Formwechsel zur Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels als Vermögensübertragung besteuert und die Gewährung neuer Anteile als gesetzlich gegeben erachtet wird. Das bedeutet aber nicht, dass generell ein (steuerrechtlicher) Gleichklang zur Einbringung anzunehmen ist. Ein solcher wird gesetzlich nicht angeordnet. Die allgemeine Qualifikation einer Einbringung als tauschähnlicher und damit entgeltlicher (Veräußerungs-)Vorgang i.S.v. § 16 EStG ist also nicht zwangsläufig auf den Formwechsel zu erstrecken.41 Die Tatsache, dass das Vermögen nach dem Formwechsel nicht mehr den Mitunternehmern zur gesamten Hand zusteht, ändert daran nichts.42 Richtigerweise bleibt es auch steuerrechtlich beim Grundprinzip der (zivilrechtlichen) Rechtsidentität.43 Anders gesagt: Die Fiktion des § 25 Satz 1 UmwStG erstreckt sich allein auf das UmwStG, und dies auch nur insoweit, wie es zur Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels zwingend erforderlich ist. Ein Grund für ein weitgehendes Verständnis des § 25 Satz 1 UmwStG ist nicht ersichtlich. Verschiedene Umwandlungstechniken (wie z.B. die Verschmelzung auf eine Kapitalgesellschaft und der Formwechsel) müssen steuerrechtlich nicht zwingend gleich behandelt werden. Die Tatsache des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens einer Vermögensübertragung unterscheidet diese. Die neuere Rechtsprechung des BFH gibt besonderen Anlass für ein enges Verständnis des § 25 Satz 1 UmwStG. Der Formwechsel wäre dann von den Vorschriften in- und außerhalb des UmwStG nicht erfasst, die Rechtsfolgen an eine Veräußerung anknüpfen, und zwar unabhängig davon, ob der Formwechsel zu Buchwerten stattfindet oder nicht. Es käme für den Formwechsel nicht darauf an, ob der Veräußerungsbegriff jeweils normspezifisch ausgelegt werden kann unter Berücksichtigung des Te41 Anders u.a. Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 416 (gilt gem. § 25 UmwStG als Veräußerung); FG München v. 23.3.2004 – 7 K 4036/01, DStRE 2004, 1078. 42 Zum umgekehrten Formwechsel BFH v. 4.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, 661. Anders FG Köln v. 11.7.2019 – 13 K 2469/17, EFG 2019, 1967 (Revision anhängig, Az. I R 39/19) unter Verweis auf Kubik/Münch, BB 2019, 1194, weil qua Fiktion (§ 25 i.V.m. § 20 UmwStG) Mitunternehmeranteile durch die Mitunternehmer als Einbringende in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden, so dass in ertragsteuerlicher Hinsicht eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise vorzunehmen und folglich kein identitätswahrender Vorgang gegeben sei. 43 Im Ergebnis ähnlich Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (395), der von einem Gewinnausweistatbestand in Abgrenzung zu einem Realisationstatbestand spricht.
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
los der jeweiligen Norm.44 Der BFH ist im Urteil vom 24.1.2018 (Az. I R 48/15) für die Fallgruppe einer Aufwärtsverschmelzung einer Tochterkapitalgesellschaft (an der nach § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG sperrfristverhaftete Anteile bestanden) auf ihre Mutterkapitalgesellschaft auf normspezifische Überlegungen nicht eingegangen und hat diesen so für die konkrete Fallkonstellation eine Absage erteilt.45 Die kurze Urteilsbegründung legt nahe, dass der BFH dies auch für andere Umwandlungsarten so sehen könnte.46 Bei anderen Vorschriften des UmwStG, die an Veräußerungsvorgänge anknüpfen, müsste das Ergebnis grundsätzlich gleich sein. Sollte der BFH seine Aussagen so weitgehend verstanden wissen, könnte eine Herausnahme jedenfalls des Formwechsels durch eine enge Interpretation des § 25 Satz 1 UmwStG helfen. Zu einer Aufdeckung der stillen Reserven bei einem Formwechsel bereits nach allgemeinen Vorschriften kommen auch die Autoren, die wegen des Wechsels des Steuersubjekts von einer Aufgabe der Mitunternehmeranteile i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG ausgehen.47 Eine Betriebsaufgabe kann auch ohne (zivilrechtliche) Vermögensübertragung vorliegen, wenn eine steuerliche Erfassung der stillen Reserven nicht mehr gewährleistet ist.48 Eine Betriebsaufgabe liegt aber nicht vor bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung auf ein anderes Steuersubjekt. Der Gesetzgeber geht bei unentgeltlichen Übertragungen nicht davon aus, dass die stillen Reserven von dem zu versteuern sind, bei dem sie entstanden sind.49 Das ergibt sich nicht (erst) aus § 6 Abs. 3 EStG als einer Sonderregelung zu § 16
44 So u.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 140 f.; Glahe, FR 2018, 752 (755); Kutt/Jehke, BB 2010, 474 (478). 45 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45. 46 So auch Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 133 Fn. 5; Weiss/Brühl, GmbHR 2018, 951 (956); Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1799). 47 Seer in Kirchhof, 19. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 133; Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.15; Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (560, 563). 48 U.a. BFH v. 29.10.1981 – IV R 138/78, BStBl. II 1982, 381; BFH v. 13.12.1983 – VIII R 90/81, BStBl. II 1984, 474; Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 175. 49 Seer in Kirchhof, 19. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 17; Geissler in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 EStG Rz. 21 (November 2018); Trossen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 16 EStG Rz. A 67 (November 2017). Vgl. auch Wassermeyer, BB 1994, 1; Trzaskalik in DStJG 4 (1981), S. 145 (152 ff.).
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Abs. 3 EStG, sondern unmittelbar aus § 16 Abs. 3 EStG.50 Sieht man im Formwechsel eine zur Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels fingierte Vermögensübertragung, kann diese – bei Ablehnung eines tauschähnlichen Vorgangs – nur unentgeltlicher Art sein. Dann aber sollte analog zur Fallgruppe der unentgeltlichen Übertragung die Annahme einer Betriebsaufgabe ausscheiden.51 Hinzu kommt, dass es an der grundsätzlichen Zeitraumbezogenheit einer Betriebsaufgabe52 fehlt.53
b) Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen Das UmwStG verlangt die Übertragung einer privilegierten Sachgesamtheit. § 20 UmwStG (ggf. i.V.m. § 25 UmwStG) setzt voraus, dass der Mitunternehmeranteil mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen übergeht. Der Mitunternehmeranteil ist die ertragsteuerliche Beteiligung eines Gesellschafters an einer Mitunternehmerschaft und umfasst neben dem Anteil am Gesamthandsvermögen auch das Sonderbetriebsvermögen.54 Daraus folgt, dass – beim Formwechsel im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Umwandlungsbeschluss stehend55 – auch alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögensbereich übertragen werden müssen.56 Maßgeblicher Zeitpunkt, zu dem der Mitunternehmeranteil vorliegen muss, ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Umwandlungsvertrags bzw. des Umwandlungsbeschlusses. Die Verwaltungsauffassung stellt zwar 50 A.A. Meyer in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, Handbuch des Jahresabschlusses, Ersatzrealisation Rz. 63 (Oktober 2018). 51 Gegen das Vorliegen einer Betriebsaufgabe auch Hageböke, Ubg 2011, 689 (695) (zur Aufwärtsverschmelzung). Vgl. auch Klingberg/van Lishaut, FR 1999, 1209 (1224). 52 Zu dieser u.a. Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 260. Zur Betriebsaufgabe vgl. auch Stoll in DStJG 4 (1981), S. 207 (230 ff.). 53 Jäschke/Staats in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 6.160. 54 Ständige Rspr., u.a. BFH v. 8.1.1975 – I R 142/72, BStBl. II 1975, 437; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376. 55 Die Miteinbringung des Sonderbetriebsvermögens sollte vorsorglich im Formwechselbeschluss dokumentiert werden, Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 25 UmwStG Rz. 35 (April 2017). Zur Begründung von Sonderbetriebsvermögen im Rückwirkungszeitraum Grashoff/Schwetlik, GmbHR 2018, 680. 56 BFH v. 8.6.2011 – I B 15/11, BFH/NV 2011, 1748. § 20 Abs. 2 UmwStG ist gleichwohl für den Mitunternehmer anzuwenden, der über kein (wesentliches) Sonderbetriebsvermögen verfügt.
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auf den steuerlichen Übertragungsstichtag ab.57 Nach zutreffender h.M. im Schrifttum hat eine steuerrechtliche Rückbeziehung nach § 20 Abs. 5 oder 6 UmwStG aber keine Auswirkungen auf die Frage des Vorliegens der privilegierten Sachgesamtheit.58 Der BFH hat zum UmwStG 1995 die Auffassung vertreten, dass auf die tatsächliche Einbringung abzustellen sei.59 Im Schrifttum wird auch das Urteil vom 29.11.2017 zum UmwStG 200260 so verstanden;61 der BFH spricht dort allerdings nur vom Einbringungszeitpunkt, ohne diesen näher zu erläutern. Dies wird durch erstinstanzliche Rechtsprechung bestätigt. Nach dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 29.1.2019, gegen das Revision anhängig ist (Az. I R 13/19), ist die Umwandlung einer OHG in eine GmbH mit steuerrechtlicher Rückwirkung ausgeschlossen, wenn die OHG im Zeitpunkt des Umwandlungsbeschlusses bereits keiner Tätigkeit mehr nachgeht.62 Zwar könne der Einbringungsstichtag vorverlegt werden. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG eröffne aber erst die Möglichkeit einer Umwandlung mit Rückbezug. Der Übertragungsstichtag habe keine Auswirkung auf die Tatbestandsmäßigkeit der Sacheinlagevoraussetzungen als solche. Insbesondere könnten durch die Verhältnisse am rückbezogenen Übertragungsstichtag nachträglich nicht die Voraussetzungen einer Sacheinlage geschaffen werden. Bleibt eine wesentliche Betriebsgrundlage beim Übertragenden zurück, ohne dass er sie zuvor entnommen oder in ein anderes Betriebsvermögen transferiert hat, ist nicht die Sachgesamtheit i.S.v. § 20 UmwStG eingebracht. Durch das BFH-Urteil vom 29.11.2017 ist hinreichend geklärt,
57 UmwStE 2011 Rz. 20.06 i.V.m. Rz. 15.03. 58 U.a. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 104; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 70; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwStG Rz. 20, 31; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 113 (August 2015); Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. 30 (Januar 1992). 59 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638. 60 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BStBl. II 2019, 738. 61 Ott, Ubg, 2019, 129 (132); Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 70. 62 FG Nds. v. 29.1.2019 – 8 K 163/17, EFG 2019, 628 (Az. des BFH: I R 13/19). Die OHG hatte einen von ihr gehaltenen Kommanditanteil als einzigen Vermögenswert nach dem Stichtag, aber vor dem Beschluss veräußert.
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dass eine vorherige Herauslösung einzelner Wirtschaftsgüter unschädlich ist (keine Gesamtplanbetrachtung).63
c) Auswirkungen auf „alte“ Sperrfristen? Das UmwStG sieht (auf Antrag) die Möglichkeit der Buchwertfortführung vor, sofern bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Flankiert wird dies durch die Sperrfrist nach § 22 Abs. 1 UmwStG, um Missbräuche zu vermeiden. Es stellt sich die in der Praxis wichtige Frage, ob und ggf. welche Auswirkungen eine Umwandlung (Einbringung) auf Sperrfristen hat, die aufgrund vorangehender Maßnahmen bestehen und die isoliert gesehen durch die Umwandlung (Einbringung) – und die dadurch herbeigeführte Beteiligung eines Körperschaftsteuersubjekts an dem betroffenen Wirtschaftsgut – verletzt werden könnten. Diese Frage hat bei der Umwandlung von Personen- in Kapitalgesellschaften große Relevanz, da bei Personengesellschaften häufig von den Möglichkeiten der § 6 Abs. 3, § 6 Abs. 5 und § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG Gebrauch gemacht wird. So setzt z.B. die Buchwertfortführung bei einer unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmerteilanteilen (bzw. der Aufnahme in ein Einzelunternehmen) unter Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG voraus, dass der Übernehmer den Mitunternehmeranteil fünf Jahre lang weder veräußert noch aufgibt. Eine Veräußerung ist nach Verwaltungsauffassung auch eine Einbringung nach §§ 20, 24 UmwStG und als Veräußerung „gilt“ ein Formwechsel nach § 25 UmwStG. Aus Billigkeitsgründen64 wird eine Buchwerteinbringung nach §§ 20, 24 UmwStG als unschädlich erachtet; die Fünfjahresfrist läuft für den neu gewährten Anteil weiter.65 Für den Formwechsel nach § 25 UmwStG sollte Gleiches gelten. Auf das Thema, ob ein Formwechsel als Veräußerung qualifiziert (meines Erachtens nein), wurde bereits unter 3.a) eingegangen. Aber auch eine übertragende Umwandlung zu Buchwerten sollte unschädlich sein, da sie nicht gegen die zentrale Regelungsidee der Sperrfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG (das Verbot „Kasse zu machen“) verstößt. Dogmatisch ist dies eine 63 BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, BStBl. II 2019, 738. Vgl. u.a. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 110, 186; Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 16 EStG Rz. 200. 64 OFD Rheinland-Pfalz v. 18.12.2007, DStR 2008, 775. 65 BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 Rz. 13.
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teleologische Reduktion des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG i.V.m. dem Regelungsziel des UmwStG66 und keine Billigkeit. Anders gelagert sind die Vorschriften, die nicht auf eine Veräußerung abstellen, sondern es für schädlich halten, wenn der Anteil einer Körperschaft an dem Wirtschaftsgut (unmittelbar oder mittelbar) begründet wird oder sich erhöht. Das geschieht grundsätzlich durch die Umwandlung (Einbringung). Die Finanzverwaltung geht daher von einer Verletzung der Sperrfrist aus und sieht weder für die Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG im Anschluss an eine Realteilung67 noch für die Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG im Anschluss an eine Übertragung eines Wirtschaftsguts68 eine Ausnahme für Buchwertumwandlungen vor. Das FG Niedersachsen hat die Verwaltungsauffassung zu § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG mit Urteil vom 26.10.2018, gegen das Revision anhängig ist, bestätigt (Az. IV R 36/18).69 Nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen, wenn innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung eines Wirtschaftsguts der Anteil einer Körperschaft an dem Wirtschaftsgut (unmittelbar oder mittelbar) begründet wird oder dieser sich erhöht. Im konkreten Fall wurde ein Wirtschaftsgut steuerlich zu Buchwerten in eine Tochterpersonengesellschaft eingebracht. Einige Zeit später wurde die Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten in eine GmbH formgewechselt. Das FG Niedersachen geht davon aus, dass nicht nur der Formwechsel der Personengesellschaft, auf die (unter Buchwertfortführung) das Wirtschaftsgut übertragen worden ist, einen rückwirkenden Teilwertansatz auslöst, sondern auch der Formwechsel der Personenobergesellschaft. Die Frage der Mittelbarkeit soll nachfolgend nicht beleuchtet werden. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG solle, so das FG Niedersachsen, nicht nur missbräuchliche Gestaltungen verhindern, durch welche das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG) erlangt wird, sondern generell die Verlagerung der stillen Reserven aus dem für Personengesellschaften maßgebenden einkommensteuerlichen Besteuerungsregime in den Körperschaftsteuerbereich verhindern. Die Buchwertfortführung nach § 20
66 Vgl. u.a. auch Crezelius, FR 2011, 401 (408). 67 BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, 6 Rz. 26. 68 OFD Frankfurt/M. v. 10.4.2019 – S 2241 A-117-St 213, Rz. 34; UmwStE 2011 Rz. 34. 69 FG Niedersachsen v. 26.10.2018 – 3 K 173/16, EFG 2019, 421 (Az. des BFH: IV R 36/18).
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Abs. 2 Satz 2 UmwStG sei unerheblich, weil an unterschiedliche Vorgänge unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft werden. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG werde nicht deswegen suspendiert, weil das UmwStG für den Formwechsel eine eigene Sperrfrist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) enthalte. Nach dem Gesetzeszweck gehe die Sperrfristregelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG über die Behaltensfrist in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hinaus und solle insbesondere auch verhindern, dass die in den nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgütern liegenden stillen Reserven bei einer nachfolgenden Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter anstatt mit Einkommensteuer nun mit Körperschaftsteuer belastet werden. Dem ist nicht zu folgen.70 Bei der Umwandlung (Einbringung) kommt es zu einem gesetzlich ausdrücklich erlaubten (Weiter-)Transfer stiller Reserven bei gleichzeitiger Verdoppelung derselben. Diese Verdoppelung überführt die stillen Reserven adäquat in das System der Körperschaftbesteuerung, flankiert von der Missbrauchsregelung des § 22 UmwStG. Es bedarf eines Wegs, wie die „alte“ Sperrfrist damit in Einklang gebracht werden kann. Die Lösung liegt in der umwandlungssteuerlichen Rechtsnachfolge, da das sperrfristverhaftete Einzelwirtschaftsgut auf die übernehmende Kapitalgesellschaft übergeht. Durch die Abbildung der stillen Reserven auch bei den Anteilen an der Kapitalgesellschaft wird dem steuerrechtlichen Regimewechsel ausreichend Rechnung getragen. Das bedeutet, dass die Buchwertumwandlung zu keiner Verletzung einer laufenden Sperrfrist führt (teleologische Reduktion),71 die übernehmende Kapitalgesellschaft aber in die laufende Sperrfrist eintritt. Das führt insbesondere dazu, dass das Wirtschaftsgut nicht (ohne Sperrfristverstoß) an eine weitere Kapitalgesellschaft „weitergeben“, werden kann.72 Im Schrifttum wird – weitergehend – vorgeschlagen, die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG als durch die Sperrfrist des § 22 Abs. 1 UmwStG abge-
70 Vgl. Weiss/Brühl, DStR 2019, 1065 (1069 f.); Riedel, GmbHR 2019, 558 (563); Ortmann-Babel/Bolik/Wernicke, SteuK 2011, 335 (338); Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (731). A.A. u.a. FG Sachsen v. 4.11.2010 – 6 K 963/10, juris; Heerd, Ubg 2018, 70 (73); Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz. 503.12 (April 2017); Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6 EStG Rz. 1676 (September 2015); Schulze in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 16 Rz. 775, 776 (September 2014); Blaas/Sombeck, DStR 2012, 2569 (2573). 71 Crezelius, FR 2011, 401 (408 f.). 72 In diese Richtung auch Weiss/Brühl, DStR 2019, 1065 (1070).
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löst anzusehen.73 Auch dadurch würde der Wille des Gesetzgebers des UmwStG zum Tragen kommen. Dagegen spricht allerdings, dass die beiden Sperrfristen auf unterschiedlichen Ebenen (Anteile bzw. Betriebsvermögen) ansetzen.
4. Perspektive der übernehmenden Kapitalgesellschaft Die übernehmende Kapitalgesellschaft tritt bei Buchwertfortführung in die Reservenposition der Personengesellschaft ein. Das UmwStG ordnet in § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG (ggf. i.V.m. § 25 UmwStG) auch den Eintritt der übernehmenden Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden ein, und zwar hinsichtlich der objektbezogenen steuerrechtlich relevanten Umstände, die den übergehenden Wirtschaftsgütern anhaften.74 Diese (steuerliche) Rechtsnachfolge ergibt sich konstitutiv aus dem UmwStG und nicht aus einer etwaigen zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge.75 Sie gilt auch bei einer Umwandlung (Einbringung) zum gemeinen Wert, die sich so von einer Veräußerung unterscheiden kann.76 Es stellt sich die Frage, ob die Anordnung der (steuerlichen) Rechtsnachfolge ein Argument gegen das Vorliegen eines Anschaffungsvorgangs ist,77 ob die Rechtsnachfolge die Folgen des (angenommenen) Anschaf-
73 So Riedel, GmbHR 2019, 558 (563). 74 BFH v. 14.4.2015 – GrS 2/12, BStBl. II 2015, 1007. Vgl. auch BFH v. 7.6.2016 – VIII R 23/14, BFH/NV 2016, 1684. Nicht von dieser (steuerlichen) Rechtsnachfolge erfasst wird der allgemeine persönliche Steuerstatus des Rechtsträgers. Daher kann die übernehmende Kapitalgesellschaft z.B. Schachtelprivilegien nach DBA beanspruchen, auch wenn dies die Personengesellschaft nicht konnte. 75 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 281; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 8. Aufl. 2018, § 4 UmwStG Rz. 55. 76 Van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 67. 77 So u.a. Bogenschütz, Ubg 2011, 393 (394 f.); Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 140. Vgl. auch BT-Drucks. 12/6885, 17 zum Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft nach UmwStG 1995 („Dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge widerspricht eine Fiktion der Anschaffung der übergegangenen Wirtschaftsgüter, wie sie in § 5 Abs. 2 UmwStG 1977 enthalten gewesen ist.“).
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fungsvorgangs einschränkt78 oder ob die Rechtsnachfolge schlicht unabhängig von der dogmatischen Einordnung der Umwandlung gilt.79 Im bereits erwähnten Urteil vom 24.1.2018 (Az. I R 48/15) entschied der BFH, dass in der Aufwärtsverschmelzung einer Tochterkapital- auf ihre Mutterkapitalgesellschaft aus Sicht der Mutterkapitalgesellschaft ein tauschähnlicher Vorgang liegt.80 Damit sollte – bei übertragenden Umwandlungen – aus der Perspektive der übernehmenden Gesellschaft von einem Anschaffungsvorgang auszugehen sein.81 Dazu darf sich die Rechtsnachfolge nicht in Widerspruch setzen. Es erscheint inkonsequent,82 einerseits einen Anschaffungsvorgang anzunehmen und diesen andererseits wieder zu verneinen, indem z.B. die übergehenden Wirtschaftsgüter nicht als Reinvestitionsobjekte i.S.v. § 6b EStG angesehen werden, sofern sie von der übertragenden Gesellschaft nicht innerhalb des letzten Wirtschaftsjahres vor der Umwandlung erworben wurden (§ 6b Abs. 1 Satz 1 EStG).83 Anders gesagt: Das Vorliegen eines Anschaffungsvorgangs hat als das grundlegendere Prinzip Vorrang. Die Rechtsnachfolge kann nur innerhalb dieses Prinzips gelten, aber nicht, soweit sie sich zu diesem in Widerspruch setzt.
5. Perspektive der Gesellschafter der übernehmenden Kapitalgesellschaft a) Verdoppelung der stillen Reserven Es kommt zu einer Verdoppelung der stillen Reserven. Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG (ggf. i.V.m. § 25 UmwStG) gilt der Wert, mit dem die übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen 78 Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 4 UmwStG Rz. 21 (Juni 2018); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 54. 79 Van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 67. 80 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45. 81 Vgl. nur BFH v. 17.9.2003 – I R 97/02, BStBl. II 2004, 686; BFH v. 20.4.2011 – I R 2/10, BStBl. II 2011, 76 (jeweils zur Frage der Aktivierung von Grunderwerbsteuer). 82 Kritisch auch Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 289; Klingberg in Blümich, § 4 UmwStG Rz. 22 (November 2017). 83 So aber UmwStE 2011 Rz. 12.04, 04.14 (die Vermögensübernahme stellt für Zwecke des § 6b EStG und des § 7g EStG keine begünstigte Anschaffung dar).
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ansetzt (abzgl. etwaiger sonstiger Gegenleistungen) als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.
b) Negative Anteils-Anschaffungskosten aa) Kein Verbot negativer Anteils-Anschaffungskosten Die Anschaffungskosten für Gesellschaftsanteile können auch negativ sein. Die Finanzverwaltung selbst bejaht die Möglichkeit negativer Anteils-Anschaffungskosten in ihrem Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer.84 Ein späterer (steuerpflichtiger) Veräußerungsgewinn fällt dann umso größer aus. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich nicht ableiten, dass es dem Gesetzgeber um die Vermeidung negativer Anschaffungskosten geht.85 Lediglich der Neuregelung von Einbringungsfällen mit sonstigen Gegenleistungen gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG könnte die Überlegung zugrunde liegen, negative Anschaffungskosten zu vermeiden;86 dies aber nicht als generalisierender Rechtsgedanke.
bb) Mitunternehmeranteilsbezogene Betrachtung Bezogen auf den Einbringungsstichtag gilt allerdings, dass nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG (ggf. i.V.m. § 25 UmwStG) eine Einbringung nur ertragsteuerneutral möglich ist, wenn die Passivposten (ohne das Eigenkapital) die Aktivposten nicht übersteigen. Übersteigen die Passivposten die Aktivposten, sind die im eingebrachten Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven so weit aufzudecken, als dies zum Ausgleich des Negativkapitals erforderlich ist („Wertaufstockung des steuerlichen Eigenkapitals auf null“).87 Dies führt beim Einbringenden über § 20 Abs. 3
84 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 Rz. 92. 85 Hageböke, FR 2019, 97 (105 f.). A.A. Mitschke, FR 2018, 1153 (1155). 86 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 372; Mitschke, FR 2018, 1153 (1156); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 218b (Januar 2017). 87 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 289; Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 328; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 216 (Juni 2017).
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Satz 1 UmwStG zu einem entsprechenden (Einbringungs-)Gewinn nach § 16 EStG.88 Werden mehrere Mitunternehmeranteile eingebracht, ist dies ausweislich des BFH-Urteils vom 13.9.2018 (Az. I R 19/16) für jeden Mitunternehmeranteil gesondert zu prüfen.89 Zu denken ist z.B. an den Fall, dass (nur) ein Mitunternehmer wegen seines Sonderbetriebsvermögens über ein negatives steuerliches Eigenkapital verfügt. Der BFH stützt sich dabei auf den Gesetzeswortlaut. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG beziehe sich auf das „eingebrachte Betriebsvermögen“, zu dem nach § 20 Abs. 1 UmwStG u.a. „ein“ Mitunternehmeranteil gehöre. Daher seien die Voraussetzungen des § 20 UmwStG für jeden eingebrachten Mitunternehmeranteil eigenständig zu würdigen. Dem ist zuzustimmen. Der BFH verweist auch auf die Gesetzgebungsmaterialien. Die Gewinnverwirklichung bei Einbringung von negativen Sacheinlagegegenständen sei danach dadurch gerechtfertigt, dass der Einbringende neben den Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft auch den Ausgleich seines negativen Kapitals erhielte. Der Wert dieser neuen Anteile könne nur die Gegenleistung für die eingebrachten stillen Reserven abzgl. des bilanzmäßig ausgewiesenen negativen Kapitals sein.90 Auch nach Ansicht des Gesetzgebers läge mithin „hinsichtlich eines jeden Mitunternehmeranteils ein gesonderter Einbringungsvorgang vor“.91 Es bedarf daher ggf. Vorbereitungsmaßnahmen, zu denen bei der Einbringung mehrerer Mitunternehmeranteile auch deren vorherige „Vereinigung“ gehören kann.92 Die Möglichkeit solcher Vorbereitungsmaßnahmen ergibt sich aus der Ablehnung der Gesamtplanbetrachtung bei
88 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 298; Weiss, FR 2019, 278 (281); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 216a (Januar 2017). 89 BFH v. 13.9.2018 – I R 19/16, BStBl. II 2019, 385. Zustimmend u.a. Weiß, EStB 2019, 79; Maetz, HFR 2019, 217; Graw, EFG 2016, 954 (956). A.A. (Möglichkeit einer Saldierung bzw. Gesamtbetrachtung verschiedener Sacheinlagegegenstände eines Gesellschafters) aus der Zeit vor dem BFH-Urteil u.a. FG Sachsen v. 28.7.2010 – 2 K 322/10, EFG 2011, 2027. 90 BT-Drucks. V/3186, 15. 91 BT-Drucks. 16/2710, 43. 92 Wacker in Arbeitsbuch 70. Steuerrechtliche Arbeitstagung Unternehmen 2019, S. 347 f.; Bünning, BB 2019, 496 (498).
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Umwandlungsmaßnahmen (s. oben 3.b)). Dauerhafte Gestaltungen qualifizieren auch nicht als Gestaltungsmissbrauch i.S.v. § 42 AO.93
cc) Unschädlichkeit von Entnahmen im Rückwirkungszeitraum Entnahmen, die im Rückwirkungszeitraum zu einem negativen Eigenkapital führen oder dieses erhöhen, müssen nicht ausgeglichen werden. Nach § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG gilt die Rückwirkung des „Übergangs“ des Betriebsvermögens nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Die Finanzverwaltung sieht im Umwandlungssteuererlass94 vor, dass das eingebrachte Betriebsvermögen durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum nicht negativ werden dürfe und andernfalls eine Wertaufstockung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG zu erfolgen habe. Im Widerspruch dazu entschied der BFH mit Urteil vom 7.3.2018 (Az. I R 12/16) zum UmwStG 2002, dass nur übersteigende Passivposten am steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustocken sind,95 nicht aber auch Minderungen des Betriebsvermögens durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum. § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 (nunmehr § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG) regle lediglich die Korrektur der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile hinsichtlich der Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum, beinhalte aber keine Vorgabe eines „Mindestansatzes“ des eingebrachten Betriebsvermögens. Dem Normtext sei nicht zu entnehmen, dass das Ergebnis der Rechenoperation nicht ggf. negativ werden könne.96 Dem ist zuzustimmen.97 Bei § 2 Abs. 1 und § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG handelt es sich der Sache nach um steuerliche Zurechnungsvorschriften.98 Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum werden ertragsteuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet. Der Zeitpunkt der 93 Zum Aspekt der Dauerhaftigkeit BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471; BFH v. 20.5.2010 – IV R 74/07, BStBl. II 2010, 1104; BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638. 94 UmwStE 2011 Rz. 20.19. 95 Dies kann nach dem BFH wohl durch bloße Aktivierung einer Forderung der Gesellschaft gegen den Einbringenden erfolgen. 96 BFH v. 7.3.2018 – I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063. 97 Zustimmend u.a. Hageböke, FR 2019, 97 (105); Hellmann/Krinninger, DStR 2018, 2565; Gänsler, BB 2018, 2539 (2542); Bünning, BB 2018, 2160 (2162); Brühl, FR 2018, 448 (451 f.). Vgl. auch Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 291, 467, 488. 98 BFH v. 7.3.2018 – I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/ 12, BStBl. II 2013, 1004; Brühl, FR 2018, 448 (451); Brühl, Ubg 2016, 586.
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Verwirklichung des jeweiligen steuerlichen Sachverhalts wird aber auf der Zeitachse nicht verschoben, d.h. nicht auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurückbezogen.99 Entnahmen im Rückwirkungszeitraum können daher auch nicht unqualifiziert werden.100 Als Folge der Anerkennung negativer Anteilsanschaffungskosten101 (s. oben) wird die Besteuerung stiller Reserven in jedem Fall sichergestellt und im Ergebnis lediglich bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile aufgeschoben.102 Praktische Konsequenz dieser Rechtsprechung ist allerdings auch, dass der Steuerpflichtige ein am steuerlichen Übertragungsstichtag bestehendes negatives Eigenkapital im Rückwirkungszeitraum nicht durch Einlagen ausgleichen kann, um die Folgen des § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG abzuwenden.103 Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber hier nicht ändernd eingreifen wird.104 Die Systematik gilt auch, wenn eine Kapitalgesellschaft eine Tochter-Personengesellschaft formwechselt. Nach im Schrifttum vertretener Auf-
99 U.a. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 488; Hageböke, FR 2019, 97 (101); Brühl, FR 2018, 448 (451); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 313 (Juni 2018); Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwStG Rz. 246; Hruschka/Hellmann in Haase/Hruschka, 2. Aufl. 2017, § 20 UmwStG Rz. 183; Krohn/Schell, Ubg 2015, 197 (205). 100 Zur Frage, ob bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft in einer im Rückwirkungszeitraum vorgenommenen Gewinnausschüttung einer Tochter-Kapitalgesellschaft (neben der Zurechnung der Gewinnausschüttung zur übernehmenden Kapitalgesellschaft) eine „Weiterausschüttung“ im Verhältnis zwischen der übernehmenden Gesellschaft und dem Einbringenden liegt oder – richtigerweise – eine (steuerneutrale) Entnahme vgl. FG Münster v. 11.10.2019 – 10 K 2506/17 Kap, EFG 2019, 2015 (Revision anhängig, Az. VIII R 35/19). 101 Zu den Konsequenzen für die Steuerbilanz Demuth, DStR 2019, 1959 (1961 f.): Darstellung der Entnahme in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft wie eine Vorabgewinnausschüttung. Allerdings fällt keine Kapitalertragsteuer an. 102 BFH v. 7.3.2018 – I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063. 103 Demuth, DStR 2019, 1959 (1959); Brühl/Herkens, Ubg 2019, 516 (518). 104 Aus Verwaltungsreihen sind Vorschläge zu einer Gesetzesänderung bekannt geworden, vgl. Mitschke, FR 2018, 1155 (1156).
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fassung sind § 20 Abs. 5 Sätze 2 und 3 UmwStG nicht anwendbar, wenn Einbringender eine Kapitalgesellschaft ist.105 Richtig ist aber, dass der Entnahme- und Einlagebegriff in § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG im sachlichen Kontext steht zum „eingebrachten Betriebsvermögen“ i.S.v. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG, das auf Antrag mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags dem übernehmenden Rechtsträger für Zwecke des Einkommens und des Vermögens steuerlich zuzurechnen ist (§ 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG). Auch eine Kapitalgesellschaft kann aber Entnahmen aus dem eingebrachten Betriebsvermögen tätigen. Auf die Frage, wer Einbringender ist, kommt es nicht an.106
c) Siebenjährige Sperrfrist aa) Unwiderlegbarer Missbrauchstatbestand Damit der Steuerpflichtige den Umwandlungsvorgang nicht nutzt, um anschließend nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. nach § 8b Abs. 2 KStG (oder unter der Freistellung eines DBA) steuergünstig(er) die erhaltenen Anteile – und damit mittelbar das übertragene Vermögen – zu veräußern, hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 UmwStG eine Sperrfrist festgelegt, innerhalb derer eine Anteilsveräußerung oder ein gleichgestelltes Ereignis zu einer (ganz oder teilweise) rückwirkenden Versagung der Steuerneutralität des Einbringungsvorgangs führt.107 Nach zutreffender Ansicht handelt es sich um eine (unwiderlegbare) Missbrauchsregelung.108 Das lineare Abschmelzen des Einbringungsgewinns I über den Siebenjahreszeitraum spiegelt einen abnehmenden
105 Menner in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 668 Satz 1; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 20 UmwStG Rz. 319a Satz 1 (Dezember 2014); Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 323 (April 2007). 106 Hageböke, FR 2019, 97 (107 f.). 107 BT-Drucks. 16/2710, 46. Auf den Einbringungsgewinn II (§ 22 Abs. 1 Satz 5 Halbs. 1 UmwStG i.V.m. § 22 Abs. 2 UmwStG) wird nachfolgend nicht eingegangen. 108 U.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 27; Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 1; Jäschke in Lademann, EStG, § 22 UmwStG Rz. 1 (Juli 2016); Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 22 UmwStG Rz. 1 (Dezember 2011). A.A. Eisgruber in Eisgruber, § 22 UmwStG Rz. 5 (September 2018).
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Missbrauchsgedanken wieder.109 Es ist allerdings zu bezweifeln, ob dies mit Art. 11 Abs. 1 Buchst. a FRL in Einklang gebracht werden kann.110
bb) Einbringungsgewinn I Rechtstechnisch bleibt die Steuerneutralität der Einbringung bei einem Sperrfristverstoß unberührt. Es kommt zu einer auf den Einbringungszeitpunkt rückwirkenden Besteuerung des in § 22 Abs. 1 UmwStG definierten Einbringungsgewinns I als Gewinn i.S.v. § 16 EStG. Der Einbringungsgewinn I entspricht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Mitunternehmeranteils im Einbringungszeitpunkt (nach Abzug der Kosten) und dem Wert, mit dem die übernehmende Kapitalgesellschaft den Mitunternehmeranteil angesetzt hat, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr.111 Der Einbringungsgewinn I ist rückwirkend im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der Mitunternehmerschaft zu erfassen, deren Anteile eingebracht wurden.112 § 22 UmwStG versucht, eine volle Versteuerung der so verdoppelten stillen Reserven abzumildern. Zum einen gilt gem. § 22 Abs. 1 Satz 4 UmwStG der Einbringungsgewinn I als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile, mindert also den Gewinn aus der Anteilsveräußerung (auf den das Teileinkünfteverfahren oder § 8b Abs. 2 KStG Anwendung findet). Zum anderen ermöglicht § 23 Abs. 2 UmwStG unter bestimmten Voraussetzungen bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft einen step up der Buchwerte des eingebrachten Vermögens in Höhe des versteuerten Einbringungsgewinns I. Bei dem Einbringungsgewinn I handelt es sich um einen „Gewinn eigener Art“.113 Mittels § 22 Abs. 1 UmwStG wird der Einbringende im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt, als hätte er die Beteiligung an der Personengesellschaft zu gemeinen Werten nach § 20 Abs. 1 UmwStG in die Kapitalgesellschaft eingebracht. Der Gesetzeswortlaut geht von einem 109 Heerdt, Ubg 2018, 70 (73); Gille, IStR 2007, 194 (197). 110 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 3. 111 Eine materiell-rechtliche Verknüpfung mit der Höhe des erzielten Veräußerungserlöses ist gesetzlich nicht vorgesehen, FG Düsseldorf v. 21.6.2017 – 2 K 4074/15 F, EFG 2017, 1326. 112 OFD Frankfurt/M. v. 22.7.2014, DK 2014, 424. 113 Eisgruber in Eisgruber, § 22 UmwStG Rz. 6 (September 2018).
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Gewinn nach § 16 EStG aus und stellt so den Einbringungsgewinn I einem originär durch die Einbringung entstehenden Gewinn gleich („Alsob-Betrachtung“). Dies gilt auch für Gewerbesteuerzwecke. Wenn und soweit ein originärer Einbringungsgewinn nach § 7 Satz 2 GewStG nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätte, weil er unmittelbar auf eine natürliche Person entfallen wäre, ist auch der Einbringungsgewinn I gewerbesteuerfrei.114 Der BFH geht – abweichend von der Verwaltungsauffassung115 – mit Urteil vom 11.7.2019 von einer Gewerbesteuerfreiheit des Einbringungsgewinns I auch dann aus, wenn die Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft nicht vollständig, sondern teilweise oder sukzessiv veräußert werden. Die Veräußerung der erhaltenen Anteile sei nicht selbst der Besteuerungsgegenstand des § 22 Abs. 1 UmwStG, sondern lediglich das auslösende Moment für die (rückwirkende) Besteuerung des Einbringungsvorgangs.116 Dies überzeugt.117 Zwar wird durch diesen Einbringungsgewinn I nur ein Teil der zunächst bei der Einbringung nicht aufgedeckten stillen Reserven aufgedeckt. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG wird aber auch bei einer teilweisen Veräußerung der erhaltenen Anteile die Veräußerung des eingebrachten Mitunternehmeranteils zum Einbringungszeitpunkt fingiert und nicht nur die Veräußerung eines Bruchteils dieser Sachgesamtheit. Es ergibt sich somit ein Gleichlauf mit einem Zwischenwertansatz, bei dem Gewerbesteuer ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG entsteht.118
114 U.a. Pitzal, DStR 2018, 985 (986). 115 UmwStE 2011 Rz. 22.07 Abs. 1 Satz 5. 116 BFH v. 11.7.2019 – I R 26/18, BFH/NV 2020, 439. Zur ähnlich gelagerten Frage beim Einbringungsgewinn II BFH v. 11.7.2019 – I R 13/18, juris. 117 U.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 291; Pitzal, DStR 2018, 985 (988); Riedel, GmbHR 2018, 1224 (1227). Vgl. auch Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 61a; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 22 UmwStG Rz. 59d (März 2018). A.A. u.a. Jäschke in Lademann, EStG, § 22 UmwStG Rz. 9 (Juli 2016). 118 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwStG Rz. 433; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 1088 (März 2016).
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6. Antrag auf Rückwirkung Bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils (einschließlich zugehörigem Sonderbetriebsvermögen) in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten sieht § 20 Abs. 5, 6 UmwStG sowohl bei Gesamt- als auch bei Einzelrechtsnachfolge eine antragsgebundene achtmonatige Rückbeziehungsmöglichkeit vor. Beim Formwechsel ergibt sich dies aus dem Verweis in § 25 Satz 2 UmwStG auf § 9 Sätze 2 und 3 UmwStG. Obwohl die einzelnen Mitunternehmeranteile jeweils den Sacheinlagegegenstand bilden (s. oben), kann der steuerliche Einbringungsstichtag nur einheitlich bestimmt werden, um eine nicht denkbare „Teilexistenz“ der Kapitalgesellschaft zu verhindern.119 Der Antrag nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG ist gesetzlich nicht befristet, weshalb der BFH – wohl abweichend von der bisherigen Verwaltungsauffassung120 – im Urteil vom 19.12.2018 (Az. I R 1/17) davon ausgeht, dass der Antrag bis zur Beendigung der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden kann, in welcher über die Besteuerung des Vermögensübergangs entschieden wird. Davon zu trennen ist allerdings der Antrag auf Buchwertfortführung, der nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen ist.121 Eine nachträgliche Änderung eines einmal gestellten Antrags ist allerdings unzulässig.122 Durch den Antrag werde – so der BFH – nicht nur die Rechtsfolgenseite betroffen, sondern der Zeitpunkt der Veräußerung bestimmt und damit auf den Besteuerungssachverhalt selbst eingewirkt. Eine nachträgliche Einwirkung auf den Steueranspruch sei der übernehmenden Gesellschaft aber verwehrt. Zudem würde es dem mit § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG verfolgten Vereinfachungszweck widersprechen, wenn ein einmal gestellter Antrag – ggf. wiederholt – geändert werden könnte. Letzteres entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung123 und Stimmen im Schrifttum,124 stößt aber auch berechtigt auf Kritik, insbesondere weil Besteuerungstatbestand der tatsächliche Vorgang der 119 Patt, GmbH-StB 2015, 235 (238). 120 UmwStE 2011 Rz. 20.14. Vgl. aber Pohl, Ubg 2019, 414. 121 Zur Frage, ob eine vor Wirksamwerden der Umwandlung eingereichte Bilanz über § 175 AO geändert werden kann, Stenert, Ubg 2019, 411 (412 f.). 122 BFH v. 19.12.2018 – I R 1/17, BStBl. II 2019, 709. 123 UmwStE 2011 Rz. 20.24 Abs. 1 und 03.29 Satz 1. 124 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 456; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 20 UmwStG Rz. 259; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock,
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Einbringung ist, auf den durch den Antrag nicht ändernd eingewirkt wird.125 Es bleibt die Möglichkeit, das Wahlrecht möglichst spät auszuüben.
II. Umwandlung von Kapital- in Personengesellschaft 1. Umwandlung Eine Kapitalgesellschaft kann in eine Personengesellschaft umgewandelt werden, z.B. durch Verschmelzung (§§ 3 ff. UmwStG) oder Formwechsel (§ 9 UmwStG). Davon zu unterscheiden ist der Fall des Übergangs eines Betriebs auf eine Mitunternehmerschaft unter Fortbestand des Einbringenden (§ 24 UmwStG). Dieser Fall bleibt nachfolgend ausgeklammert. Die Umwandlung einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist in der Praxis relativ selten, da sie in der Regel nicht ertragsteuerneutral durchgeführt werden kann. Als Hemmschuh erweist sich die Beteiligung ausländischer Gesellschafter, wenn die Kapitalgesellschaft eine ausländische Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat oder in einem DBA-Staat mit Anrechnungsmethode unterhält, da in diesem Fall ein Buchwertansatz nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG ausscheidet. Zudem führt der Wegfall einer Besteuerungsebene zur fiktiven Ausschüttung der „offenen Rücklagen“ (§ 7 UmwStG) und zur Ermittlung eines Übernahmeergebnisses (§ 4 Abs. 4 UmwStG) mit der häufigen Folge, dass es zur Vernichtung der Anteils-Anschaffungskosten kommt. Wegen § 18 Abs. 3 UmwStG kann eine Veräußerung innerhalb eines Fünfjahreszeitraums teuer werden, da der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Hinzu kommt der Untergang von Verlustvorträgen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG).
2. Ausgewählte Regelungsgedanken der §§ 3 ff. UmwStG a) Durchbrechung des Steuersubjektprinzips und Bewältigung des steuerrechtlichen Regimewechsels Wie bei der Umwandlung einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft kommt es zu einem Wechsel des Steuersubjekts, bei dem etwaige stille Reserven zu besteuern wären, und der Notwendigkeit einer RechtfertiKSt, § 20 UmwStG Rz. 305a (Juni 2017). A.A. zumindest bis zur Abgabe der Schlussbilanz Koch, BB 2011, 1067 (1070). 125 Stenert, Ubg 2019, 411 (413 f.); Pohl, Ubg 2019, 414 (415); Intemann, Ubg 2019, 415 (416).
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gung für den Reserventransfer. Auf die Überlegungen unter I.2. kann verwiesen werden. Während es bei der Umwandlung einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft (zu Buchwerten) zu einer Verdoppelung der stillen Reserven kommt (eingebrachtes Vermögen und gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG im Anteilswert), müssen in dem umgekehrten Fall die auf zwei Ebenen bestehenden stillen Reserven auf eine Ebene reduziert werden. Die Anteile müssen „abgerechnet“ werden. Die Gesellschafterebene führt dazu, dass trotz Reserventransfers die Umwandlung im Regelfall nicht ertragsteuerneutral ist. Zentrale (wenngleich nicht alleinige) Ursache sind die in der Kapitalgesellschaft thesaurierten Gewinne, die bei der Umwandlung – und damit quasi in der letzten Sekunde – einer Ausschüttungsbesteuerung unterworfen werden.
b) Grundsatz der Einmalbesteuerung vs. Vernichtung von Anteils-Anschaffungskosten Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Anteile an der Kapitalgesellschaft grundsätzlich als in die Personengesellschaft eingelegt (Anteile i.S.v. § 17 EStG, § 5 Abs. 2 UmwStG) bzw. als in die Personengesellschaft überführt (Anteile im Betriebsvermögen, § 5 Abs. 3 UmwStG) gelten.126 Das durch eine gedachte anschließende Aufwärtsverschmelzung entstehende Übernahmeergebnis wird um den separat besteuerten „Dividendenanteil“ gekürzt. Im Regelfall ergibt sich kein Übernahmegewinn mehr.127 Ergibt sich ein Übernahmeverlust, ist dieser nach § 4 Abs. 6 UmwStG grundsätzlich nur von natürlichen Person (eingeschränkt) nutzbar,128 soweit die Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden. Das Kapitalkonto bei der Personengesellschaft spiegelt daher nicht die tatsächlichen („historischen“) Anteils-Anschaffungskosten des Gesellschafters wieder. Das führt dazu, dass die stillen Reserven zu ver126 BFH v. 28.9.2017 – IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246. 127 Anders z.B., wenn nicht der deutschen Besteuerung unterliegendes ausländisches Betriebsstättenvermögen gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 UmwStG für Zwecke der Ermittlung des Übernahmeergebnisses mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist. 128 Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG i.H.v. 60 %, höchstens i.H.v. 60 % der als ausgeschüttet geltenden Bezüge i.S.v. § 7 UmwStG. In den Fällen des § 8b Abs. 7 und 8 KStG ist der Verlust bis zur Höhe der Bezüge i.S.v. § 7 UmwStG abziehbar.
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steuern sind, wenn sie bei der Personengesellschaft aufgelöst werden, und berücksichtigt so den Gedanken des Reserventransfers und der „Einmalbesteuerung“ der im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft vorhandenen stillen Reserven.129 Gleichzeitig werden aber die Anteils-Anschaffungskosten – ersatzlos – vernichtet. Dies erscheint allenfalls dann systemgerecht, wenn man den Effekt im Zusammenhang mit einer (fehlenden) Besteuerung des Anteilsverkäufers sieht. Ist der Anteilsverkauf in Deutschland steuerpflichtig, erschiene es im Gesamtergebnis aber richtig, die Anteils-Anschaffungskosten steuerlich verwertbar zu machen, und sei es auch nur im Weiterverkaufsfall.130 Das würde allerdings einen Konnex zur Besteuerung eines anderen Steuersubjekts (Verkäufer) bedeuten, der gesetzgeberisch nicht vorgesehen ist. § 4 Abs. 6 UmwStG wird vor diesem Hintergrund als „pragmatischer Mittelweg“ bezeichnet,131 den der BFH auch vor dem Hintergrund möglicher Ausweggestaltungen des Gesellschafters nicht als problematisch beurteilt.132
c) Sicherung der Gewerbesteuerverstrickung der stillen Reserven Die in §§ 3, 4 UmwStG geregelten Gewinnermittlungsgrundsätze einschließlich der Wertverknüpfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gelten auch für die Gewerbesteuer. Hinzu tritt die Missbrauchsvorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG, die das Thema adressiert, dass ein Betriebsveräußerungsgewinn bei der Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer unterliegt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), von den Fällen des § 7 Satz 2 GewStG abgesehen aber nicht bei einer Personengesellschaft. Es soll verhindert werden, dass die Umwandlung genutzt wird, um durch anschließende Betriebsveräußerung oder -aufgabe den hierbei erzielten Gewinn der Gewerbesteuer zu entziehen.133 Es soll also die Gewerbesteuerverstrickung der stillen Reserven gesichert werden. Dies aber nur zeitlich begrenzt, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich die aus der Kapitalgesellschaft stam-
129 BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919. 130 Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, Einf. UmwStG Rz. 78. Vgl. auch van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 117. 131 Van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 186. 132 U.a. BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919. 133 Vgl. nur BFH v. 26.4.2012 – IV R 24/09, BStBl. II 2012, 703.
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menden stillen Reserven über die Zeit regelmäßig abbauen.134 Seit der Änderung durch das JStG 2008 erfasst die Vorschrift auch die stillen Reserven in dem Betriebsvermögen, das bereits vor der Umwandlung bei der Übernehmerin vorhanden war. Es kommt zur „Infizierung“135 des bereits vorhandenen sowie des noch hinzukommenden Vermögens, was die Frage aufwirft, ob dies noch der Missbrauchsabwehr dient oder ob hier nicht der Schritt hin zu einer erweiterten Gewerbesteuerpflicht von Personengesellschaften getan wurde.136 Jedenfalls erwachsen daraus ganz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.137 Es bedarf einer teleologischen Reduktion der Vorschrift insbesondere, wenn die Umwandlung zum gemeinen Wert durchgeführt wurde unter Aufdeckung aller stiller Reserven138 oder wenn es bei der Kapitalgesellschaft an einer gewerblichen Verstrickung fehlt, etwa bei der Umwandlung einer ausländischen Kapitalgesellschaft ohne inländischen Gewerbebetrieb. Eine gewerbesteuerliche Verstrickung stiller Reserven in solchen Fällen stünde im Widerspruch zum Zweck des § 18 Abs. 3 UmwStG, eine bestehende gewerbesteuerliche Verstrickung zu sichern.139 Die Frage der Steuerschuldnerschaft 134 Bei entgeltlicher Veräußerung endet die Frist. Bei teilentgeltlicher Veräußerung soll der Erwerber in die laufende Sperrfrist eintreten, und zwar auch dann, wenn das Entgelt den Buchwert der Sachgesamtheit übersteigt (UmwStE 2011 Rz. 474); zu Recht kritisch Förster, DB 2016, 789 (793). 135 Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 79; Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 4 (28.5.2018), Rz. 50 (21.5.2019). 136 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 247 (Juni 2018). 137 Für Verfassungswidrigkeit zu Recht u.a. Schnitter in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 18 UmwStG Rz. 125 (Januar 2019); Beutel in Lenski/Steinberg, GewStG, Anhang Gewerbesteuer und Umwandlungen nach dem UmwStG Rz. 113 (August 2018); Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 247 (Juni 2018); Wernsmann/Desens, DStR 2008, 221. A.A. Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 79 (zweifelnd in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 24.2 (20.2.2017)); Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 18 UmwStG Rz. 56 (Juni 2018). Vgl. auch BFH v. 28.2.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122. 138 Vgl. nur Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 56; Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 50 (21.5.2019). A.A. Bartelt in Eisgruber, § 18 UmwStG Rz. 107 (November 2017). 139 Vgl. (mit Abweichungen im Detail) u.a. Trossen in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 59; Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 50 (21.5.2019); Beutel in Lenski/Steinberg, GewStG, Anhang Gewerbesteuer und Umwandlungen nach dem UmwStG Rz. 112 (August 2018); Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 250 (Juni
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(der Personengesellschaft) gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG140 dürfte das BVerfG nach dem Urteil vom 10.4.2018 zur vergleichbaren Rechtsfrage bei § 7 Satz 2 GewStG141 als verfassungsrechtlich unbedenklich ansehen.142
3. Perspektive der übertragenden Kapitalgesellschaft Die Finanzverwaltung sieht in Umwandlungen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge.143 Das ist bei übertragenden Umwandlungen auch die Auffassung der Rechtsprechung.144 Unklar ist aber wiederum die steuerliche Qualifizierung des (identitätswahrenden) Formwechsels. Die Finanzverwaltung ordnet auch den Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft als Veräußerungsund Anschaffungsvorgang ein145 unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 19.10.2005 zu § 25 UmwStG.146 Dem ist nicht zu folgen. Der Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft hat keinen Bezug zu § 16 EStG.147 Teile der Literatur stimmen der Verwaltungsauffassung zu,148 da es auch beim Formwechsel zu einem (fiktiven) Übergang des Betriebsvermögens von der Ebene der Kapitalgesellschaft auf diejenige der Mitunternehmer-
140 141 142 143 144 145 146 147 148
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2018); Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 18 UmwStG Rz. 57 f. (Juni 2018); Förster, DB 2016, 789 (791). Az. des BVerfG: 2 BvR 1444/13. Aus der BFH-Rechtsprechung vgl. auch BFH v. 7.3.2019 – IV R 18/17, BStBl. II 2019, 696. BVerfG v. 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11, BStBl. II 2018, 303. So auch Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 24.1 (28.5.2018). UmwStE 2011 Rz. 00.02. Vgl. nur BFH v. 16.5.2002 – III R 45/98, BStBl. II 2003, 10. UmwStE 2011 Rz. 00.02. BFH v. 10.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568. Trossen in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 16 EStG Rz. A 167 (November 2017). Vgl. u.a. Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 108 (November 2019); Dürrschmidt in BeckOK UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 474 (15.10.2019); Bartelt in Eisgruber, § 18 UmwStG Rz. 96 (November 2017); Jäschke in Lademann, EStG, § 22 UmwStG Rz. 19c (Juli 2016); Kredig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, S. 105; Bauernschmitt/Blöchle, BB 2007, 743 (746). Vgl. auch Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 22 UmwStG Rz. 33d (Februar 2020) (allerdings keine Veräußerung i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG bei Buchwertfortführung mangels Übertragungsgewinn).
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schaft komme (Wechsel des Steuersubjekts).149 Aus dem Wechsel des Besteuerungsregimes folgt aber nicht zwingend die Qualifizierung des Vorgangs als Betriebsveräußerung oder -aufgabe. § 9 Satz 1 UmwStG ordnet nur die „entsprechende“ Anwendung der §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG an. Der Formwechsel wird folglich so behandelt, als hätte ein Vermögensübergang stattgefunden.150 Es wird aber – insofern der Umwandlung einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft entsprechend – kein tauschähnlicher und damit entgeltlicher (Veräußerungs-)Vorgang i.S.v. § 16 EStG angeordnet.151 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis im Urteil des BFH vom 25.11.2014152 auf die Aussage im Urteil vom 19.10.2005, es handle sich beim Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft nach § 25 UmwStG um einen tauschähnlichen entgeltlichen Rechtsträgerwechsel, und die Aussage, „entsprechendes“ gelte für den (umgekehrten) Fall eines Formwechsels einer Kapital- in eine Personengesellschaft.153 Wie oben unter I.3.a) ausgeführt, ist das Urteil vom 19.10.2005 nicht zwingend so zu verstehen, dass ein Veräußerungsvorgang nach § 16 EStG vorliegt. Einige Autoren qualifizieren den Formwechsel als Betriebsaufgabe (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), weil der Betrieb zwar noch vom selben Rechtssubjekt, aber nicht mehr vom gleichen Steuersubjekt
149 Jäschke/Staats in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 6.160. 150 BVerfG v. 6.11.2008 – 1 BvR 2360/07, HFR 2009, 302; BFH v. 11.12.2001 – VIII R 23/01, BStBl. II 2004, 474; BFH v. 26.6.2007 – IV R 58/06, BStBl. II 2008, 73; BFH v. 25.11.2014 – I R 78/12, BFH/NV 2015, 523. Vgl. auch Birkemeier in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 9 UmwStG Rz. 2; Möhlenbrock in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 9 UmwStG Rz. 14 (Dezember 2011). 151 Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.14. Vgl. u.a. auch Weiss/Kahlenberg, DStR 2019, 2057 (2061); Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 56; Nitzschke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 22 UmwStG Rz. 38c (Mai 2019); Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 41; Hageböke, Ubg 2011, 689 (698). 152 BFH v. 25.11.2014 – I R 78/12, BFH/NV 2015, 523 = juris Rz. 20. 153 BFH v. 19.10.2005 – I R 38/04, BStBl. II 2006, 568.
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betrieben werde.154 Dagegen sprechen aber die unter I.3.a) vorgetragenen Argumente. Auch andere Normen außerhalb des UmwStG sollten nicht einschlägig sein. § 11 KStG (Liquidation) ist nicht einschlägig, da es an der dort geforderten Abwicklung der Kapitalgesellschaft fehlt. § 12 Abs. 1 KStG (Entstrickung) erfasst seinem eindeutigen Wortlaut nach (Besteuerungsrecht „bei der Körperschaft […] ausgeschlossen oder beschränkt“) nur Fälle, bei denen ein Wirtschaftsgut auch nach der Beschränkung noch demselben Rechtsträger zuzurechnen ist.155 Dies ist allerdings nicht unstreitig. Teile des Schrifttums wollen gestützt auf die Gesetzesbegründung156 § 12 Abs. 1 KStG jedenfalls bei solchen Umwandlungen anwenden, bei denen es zu einer Auflösung des übertragenden Rechtsträgers kommt, wie eben beim Formwechsel in eine Personengesellschaft.157 BFH-Rechtsprechung dazu fehlt. Im bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 24.1.2018 (Az. I R 48/15) entschied der BFH, dass in der Aufwärtsverschmelzung einer Tochterkapitalauf ihre Mutterkapitalgesellschaft eine Veräußerung der (im konkreten Fall sperrfristverhafteten) Anteile an der Tochtergesellschaft i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG liegt und damit ein zur Besteuerung des Einbringungsgewinns II führender Sperrfristverstoß. Das Vermögen der übertragenden Tochtergesellschaft gehe – so der BFH – im Rahmen der Aufwärtsverschmelzung auf die Muttergesellschaft über; „im Gegenzug“ gingen die von ihr gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft unter.158 Aus Sicht der Muttergesellschaft liege ein tauschähnlicher Vorgang vor, der einer Veräußerung gleichzustellen sei. Zu der Frage, ob die Aufwärtsverschmelzung aus Sicht der Tochtergesellschaft eine Veräußerung des über154 Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.15; Benecke/ Schnittker, FR 2010, 555 (560). 155 U.a. Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 12 KStG Rz. 16 f. (November 2018); Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/ KStG, § 12 KStG Rz. 33 (Januar 2017). 156 BT-Drucks. 16/2710, 31. 157 Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 12 KStG Rz. 334 (Juni 2017); Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.18. Vgl. auch Hackemann in Ernst & Young, § 12 KStG Rz. 23 (April 2018) (ohne Bezugnahme auf den Formwechsel). 158 BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45. Zustimmend u.a. Martini, HFR 2018, 734 (737) (Aufwärtsverschmelzung als actus contrarius zur Sachgründung); Moritz, DB 2018, 1829 (1831); Glasenapp, BB 2018, 1650.
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tragenen Vermögens darstellt, hat sich der BFH nicht geäußert.159 Rückschlüsse auf die Perspektive der übertragenden Gesellschaft erlaubt das Urteil daher nicht. Die fehlende Annahme eines Veräußerungstatbestands erlaubt die zwanglose Einordnung erstinstanzlicher Rechtsprechung. Das FG Schleswig-Holstein hat sich im Urteil vom 28.9.2016160 mit der Frage auseinandergesetzt, wie gewerbesteuerliche Verlustvorträge beim Formwechsel einer an der Untergesellschaft (Personengesellschaft) beteiligten Kapitalgesellschaft zu behandeln sind. Es meint zu Recht, dass mangels einer anderslautenden Regelung die steuerrechtliche Behandlung des Verlustvortrags den zivilrechtlichen Regelungen des Umwandlungsrechts folge, so dass der Formwechsel keinen Einfluss auf die Höhe des Verlusts und die Verlustnutzung habe. § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG sei nicht (analog) anwendbar, weil die Vorschrift (nur) eine Aussage zur Nutzung des Verlustvortrags der übertragenden Körperschaft träfe. Aus § 10a GewStG selbst ergebe sich, dass die Vorschriften des UmwStG nur den eigenen Verlust des übertragenden Rechtsträgers und nicht auch den anteilig auf diesen entfallenden Fehlbetrag der Mitunternehmerschaft beträfen. Das FG Berlin-Brandenburg entschied mit Urteil vom 14.2.2017161 zu Recht, dass der nach § 9 UmwStG fingierte Vermögensübergang keine „Übertragung“ i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist. Durch § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG soll verhindert werden, dass Grundbesitz zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs überführt oder übertragen und sodann auf der Grundlage der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Ergebnis steuerfrei veräußert wird. § 9 UmwStG trage, so das FG Berlin-Brandenburg, dem Regimewechsel zwischen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer Rechnung; die Fiktion lasse jedoch nicht die Annahme einer tatsächlichen Überführung bzw. Übertragung aus einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG zu.162
159 So auch Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 53. 160 Schleswig-Holsteinisches FG v. 28.9.2016 – 2 K 41/16, EFG 2016, 1977. 161 FG Berlin-Brandenburg v. 14.2.2017 – 6 K 6283/15, EFG 2017, 744 m. Anm. Tiede. Zweifelnd zum umgekehrten Fall des Formwechsels einer KG in eine GmbH FG Köln v. 11.7.2019 – 13 K 2469/17, EFG 2019, 1697 (Revision anhängig, Az. I R 39/19). 162 Zustimmend u.a. auch Roser in Lenski/Steinberg, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 217 (Mai 2019); Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, 2019, § 9
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4. Perspektive der übernehmenden Personengesellschaft Die übernehmende Personengesellschaft führt die Buchwerte aus der Schlussbilanz fort (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) und tritt nach § 4 Abs. 2 UmwStG grundsätzlich163 in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Kapitalgesellschaft ein. Auf die Ausführungen unter I.4. wird verwiesen.164 In der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Personengesellschaft bilden sich zudem die Steuerfolgen für die Gesellschafter ab. Hierauf wird nachfolgend eingegangen.
5. Perspektive des Gesellschafters der übertragenden Kapitalgesellschaft a) Umwandlung (inkl. Formwechsel) als tauschähnlicher Vorgang? Im Schrifttum wird die übertragende Umwandlung teilweise als ein tauschähnlicher Vorgang gesehen.165 Dies wird auch bei einem (identitätswahrenden) Formwechsel so vertreten.166 Dem ist nicht zu folgen. § 5 Abs. 2 und 3 UmwStG fingieren eine Einlage/Überführung derjenigen Anteile an der Kapitalgesellschaft in die übernehmende Personengesellschaft, die nach § 17 EStG steuerverstrickt sind oder zu einem anderen Betriebsvermögen gehören. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG werden die Werte der übergehenden Wirtschaftsgüter
163 164
165 166
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Nr. 1 GewStG Rz. 136; vgl. auch Glutsch/Meining, Ubg 2015, 405 (408 f.). A.A. Güroff in Glanegger/Güroff, 9. Aufl. 2017, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 35. Eine wesentliche Ausnahme ist der Untergang steuerlicher Verlustvorträge, Zins- und EBITDA-Vorträge. Die Rechtsnachfolge ist ein weiteres Argument für den Erhalt gewerbesteuerlicher Verluste bei einer (Unter-)PersG, da die Eigenschaft als Mitunternehmer der (Unter-)PersG auf die übernehmende PersG übergeht, vgl. Lahl/Pedak, GmbHR 2017, 207 (209); Hierstetter, DB 2010, 1089 (1090 f.). Zur Frage, ob die Aufzinsung eines Guthabens i.S.v. § 37 KStG bei der PersG steuerwirksam ist, BFH v. 28.11.2018 – I R 56/16, BStBl. II 2020, 104. Vgl. u.a. Jäschke/Staats in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 6.159. Schumacher in Lutter, 6. Aufl. 2019, Anh. nach § 304 UmwG Rz. 2; Jäschke/Staats in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2013, Rz. 6.161; Kredig, Das System der Besteuerung stiller Reserven bei Unternehmensumstrukturierungen, 2013, 165. Vgl. auch Mutscher in Frotscher/ Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 118 f. (November 2019) sowie Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 22 UmwStG Rz. 33d (Februar 2020).
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mit den Werten der (untergehenden) Kapitalgesellschaftsanteile saldiert. Es ergibt sich ein Übernahmeergebnis (zu § 7 UmwStG s. unten). Dieses wird den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft personenbezogen zugerechnet und ist von ihnen im Gewinnfall – letztlich wie ein Veräußerungsgewinn – zu versteuern. Der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG liege – so der BFH im Urteil vom 9.5.2019 (Az. IV R 13/17) zur Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung – „jedenfalls gedanklich“ die Vorstellung einer Veräußerung bzw. eines Tauschs der Anteile an der untergehenden Kapitalgesellschaft gegen die übernommenen Wirtschaftsgüter zugrunde.167 Es ist aber keine „echte“ Veräußerung/Tausch.168 Dagegen spricht, dass sich der beschriebene Vorgang (erst) bei der Personengesellschaft abspielt. Dem ist aus Sicht des Gesellschafters der Kapitalgesellschaft ein (fingierter) Einlagevorgang (oder Überführungsvorgang) vorgeschaltet. Eine (fingierte) Einlage qualifiziert aber nicht als Veräußerung. Anschließend gehen die Anteile an der Kapitalgesellschaft in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses ein und damit unter. Sie gehen nicht auf einen fremden Dritten über.169 Der BFH betont im Urteil vom 28.9.2017 (Az. IV R 51/15) zum Verlustabzugsverbot des § 4 Abs. 6 UmwStG, dass der Gesetzgeber nicht von einem tauschähnlichen Anschaffungsvorgang des Gesellschafters ausgehe, sondern eine Einlage in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft fingiere (§ 5 Abs. 2, 3 UmwStG).170 An anderer Stelle spricht der BFH von einer „privilegierten Liquidationsbesteuerung“.171 167 BFH v. 9.5.2019 – IV R 13/17, BStBl. II 2019, 754. 168 BFH v. 9.5.2019 – IV R 13/17, BStBl. II 2019, 754 lässt dies dahinstehen. 169 So auch Stimmen im Schrifttum zu § 22 UmwStG. Zur übertragenden Umwandlung des Rechtsträgers, an dem sperrfristverhaftete Anteile bestehen, u.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 143, 231; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 36. Zum Formwechsel u.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 232; Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 56; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 22 UmwStG Rz. 40; Hageböke, Ubg 2011, 689 (702). 170 BFH v. 28.9.2017 – IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246. 171 BFH v. 12.7.2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728. Vgl. auch van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 8 („Liquidation zu Buchwerten“).
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Mit Beschluss vom 5.5.1998 entschied der BFH zum UmwStG 1995, dass der Formwechsel einer GmbH aus Sicht des GmbH-Gesellschafters keine Veräußerung von einbringungsgeborenen (GmbH-)Anteilen i.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 5 UmwStG 1995 ist.172 Es stellt sich die Frage, ob sich eine geänderte Sichtweise anbahnt. Der BFH entschied im Urteil vom 24.1.2018 über die Aufwärtsverschmelzung einer Tochterkapital- auf ihre Mutterkapitalgesellschaft. Die Anteile an der Tochterkapitalgesellschaft waren in die Muttergesellschaft eingebracht worden und daher sperrfristverhaftet nach § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG. Der BFH entschied, dass in der Aufwärtsverschmelzung eine Veräußerung der (sperrfristverhafteten) Anteile an der Tochtergesellschaft i.S.v. § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG liegt und damit ein zur Besteuerung des Einbringungsgewinns II führender Sperrfristverstoß. Der Vorgang stelle sich aus der Sicht der Muttergesellschaft als ein tauschähnlicher Vorgang dar, der einer Veräußerung der (sperrfristverhafteten) Anteile gleichzustellen sei.173 Das Urteil ist auf Kritik gestoßen. Der BFH stützt sich auf die BFHRechtsprechung zur (Seitwärts-)Verschmelzung auf eine andere Körperschaft,174 um zu begründen, warum der Untergang der Anteile an der Tochtergesellschaft der Annahme eines tauschähnlichen Vorgangs nicht entgegensteht. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Rechtsprechung nicht die Perspektive des Gesellschafters als „Verkäufer“ der Anteile an der übertragenden Gesellschaft beleuchtet hatte.175 Im vorliegenden Zusammenhang geht es um die Reichweite des BFH-Urteils und die Frage, ob und ggf. welche Schlüsse sich daraus für die Fallgruppe des Formwechsels ergeben. Die kurze Urteilsbegründung legt den Schluss nahe, dass der BFH auch bei anderen Umwandlungen eine sperrfristverstoßende Veräußerung annehmen würde.176 Im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass die Strukturmerkmale eines Formwechsels aus umwandlungssteuerrecht172 173 174 175 176
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BFH v. 5.5.1998 – I B 24/98, BStBl. II 2000, 430. BFH v. 24.1.2018 – I R 48/15, BStBl. II 2019, 45. Insbesondere BFH v. 11.7.2012 – I R 47/11, BFH/NV 2013, 18. Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1797). U.a. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 133 Fn. 5; Weiss/Brühl, GmbHR 2018, 951 (956); Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1799). Explizit zum Formwechsel Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 118 f. (November 2019); Nitzschke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 22 UmwStG Rz. 38c (Mai 2019).
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licher Sicht mit denen einer Aufwärtsverschmelzung vergleichbar seien. In beiden Fällen gehe das Vermögen (tatsächlich oder fiktiv) über und die Anteile an der Kapitalgesellschaft unter. Es wird daher eine Auseinandersetzung des BFH mit dem oben erwähnten BFH-Urteil vom 5.5.1998 vermisst.177 Die Vergleichbarkeit der Strukturmerkmale führt aber auch zu der Frage, ob nunmehr auch bei einem Formwechsel von einer (Anteils-)Veräußerung auszugehen ist. Dies ist meines Erachtens zu verneinen. Zwar misst der BFH dem Untergang der Anteile an der Tochtergesellschaft keine Bedeutung bei. Es bleibt aber der Umstand, dass bei einem Formwechsel ein (fingierter) Einlagevorgang (oder Überführungsvorgang) vorgeschaltet ist, der nicht als tauschähnlicher Vorgang qualifiziert. Der Einlagevorgang (oder Überführungsvorgang) verhindert es meines Erachtens, in der anschließenden (gedachten) Aufwärtsverschmelzung einen Veräußerungstatbestand zu sehen. Bei der Aufwärtsverschmelzung handelt es sich um ein Gedankenkonstrukt. Übertragender ist und bleibt allein die Kapitalgesellschaft und deren Gesellschafter. Das Gesetz fingiert zur Ermittlung des Übernahmeergebnisses keine (weitere) Übertragung innerhalb der übernehmenden Personengesellschaft (fiktiv eingelegte Anteile gegen Vermögen), weshalb auch kein Tausch vorliegen kann.178 Es bleibt die Fallgruppe, bei der die Anteile an der Kapitalgesellschaft bereits Betriebsvermögen der aufnehmenden Personengesellschaft sind. Hier gibt es keinen fingierten Einlagevorgang des Gesellschafters. Das ändert aber nichts daran, dass keine (tatsächliche oder fingierte) Übertragung innerhalb der übernehmenden Personengesellschaft vorliegt. Der BFH erhält durch die anhängige Revision gegen zwei Urteile des Hessischen FG (Az. I R 25/18 und I R 24/18) Gelegenheit, sich zum Formwechsel zu äußern. Das Hessische FG entschied am 10.7.2018 über den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft, die sperrfristverhaftete Anteile an Tochterkapitalgesellschaften hielt. Der Formwechsel würde, so das Hessische FG, eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II (§ 22 Abs. 2 UmwStG) auslösen. Da die Mitunternehmeranteile steuerrechtlich etwas völlig anderes seien als die (sperrfristverhafteten) Kapitalgesellschaftsanteile, könnten sie nicht in deren Rechtsstellung
177 Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1797). Die Parallele Aufwärtsverschmelzung und Formwechsel sieht z.B. auch Hageböke, Ubg 2011, 689 (702). 178 Anders Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, 5. Aufl. 2019, § 22 UmwStG Rz. 50.
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eintreten, weshalb ein Veräußerungsvorgang vorliege.179 Das überzeugt nicht. Das Hessische FG geht offenbar von einem Tausch der sperrfristverhafteten Kapitalgesellschaftsanteile gegen Mitunternehmeranteile aus. Diese Sichtweise scheitert aber daran, dass die sperrfristverhafteten Kapitalgesellschaftsanteile von der (formgewechselten) Gesellschaft gehalten werden und nicht von den Gesellschaftern derselben.180 Wie unter 3. und oben ausgeführt qualifiziert der Formwechsel weder aus der Perspektive der übertragenden Gesellschaft noch aus der Perspektive der Gesellschafter als Veräußerungsvorgang. Zwar kann die Sperrfristverhaftung des § 22 Abs. 2 UmwStG nicht fortgesetzt werden; die Konsequenz daraus ist aber nicht die (zwingende) Annahme eines Veräußerungsvorgangs, sondern schlicht der Untergang der – nicht mehr benötigten – Sperrfristverhaftung. Da die (ehemals) sperrfristverhafteten Anteile nach dem Formwechsel wieder dem Teileinkünfteverfahren unterfallen,181 von § 8b KStG also kein Gebrauch mehr gemacht werden kann, besteht auch kein Grund, die Sperrfristverhaftung quasi in letzter Sekunde (Umwandlung) auszulösen.182 Es bleibt die Frage, ob auf Gesellschafterebene die Entstrickungsregelungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AStG (Privatvermögen) bzw. des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (Betriebsvermögen) oder § 12 Abs. 1 KStG Anwendung finden. Es wird die Auffassung vertreten, dass es zum Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile komme.183 Wegen des „Untergangs“ der Kapitalgesellschaftsanteile ist dem aber nicht zu folgen,184 zumal die Reservenverhaftung des Betriebsvermögens in Deutschland bestehen bleibt.
179 FG Hessen v. 10.7.2018 – 2 K 406/16, EFG 2019, 941 (Az. des BFH: I R 25/ 18); FG Hessen v. 10.7.2018 – 2 K 881/15, EFG 2019, 1045 (Az. des BFH: I R 24/18). Kritisch Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht aktuell, Juli 2019. Auf weitere Aspekte der Urteile wie § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG und Billigkeitsüberlegungen wird nicht eingegangen. 180 Zur Argumentation auf der „falschen Ebene“ auch Weiss/Kahlenberg, DStR 2019, 2057 (2061). 181 § 3 Nr. 40 Buchst. a oder b EStG. Vor dem Anteilstausch galt § 17 i.V.m. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG. 182 Jordan, NWB 2019, 3296 (3297 f.). 183 So Benecke/Schnittker in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 13.29; Schönfeld, IStR 2011, 497 (502 f.); Benecke/Schnittker, FR 2010, 555 (560 f.). 184 Wissenschaftlicher Beirat Ernst & Young tax, DB 2010, 1776 (1789).
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b) Berücksichtigung des Übernahmeverlusts (und des damit verbundenen Verlusts der Anteils-Anschaffungskosten)? Sollte der BFH künftig von einem Veräußerungsvorgang ausgehen, müssten die Rechtsfolgen, die der BFH in der Vergangenheit an das Fehlen eines Anschaffungsvorgangs knüpfte, neu bewertet werden. Der BFH lehnt die Bildung einer Ergänzungsbilanz wegen der untergehenden Anteils-Anschaffungskosten ab. Eine Ergänzungsbilanz käme nur in Betracht, wenn die formwechselnde Umwandlung als ein tauschähnlicher Anschaffungsvorgang zu verstehen wäre. In diesem Fall wäre der gemeine Wert der „tauschweise“ hingegebenen Kapitalgesellschaftsanteile zum steuerlichen Übertragungsstichtag, soweit dieser den Betrag des Kapitalkontos in der Steuerbilanz der Personengesellschaft übersteigt, in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz zu aktivieren. Die formwechselnde Umwandlung basiere jedoch wegen der Einlagefiktion nicht auf der Annahme eines Anschaffungsvorgangs.185 Wie unter 5.a) ausgeführt, wäre es meines Erachtens eine Überinterpretation des UmwStG, in der Ermittlung des Übernahmeergebnisses eine (fingierte) Übertragung innerhalb der Personengesellschaft zu sehen (Tausch der fingiert eingelegten Anteile an der Kapitalgesellschaft gegen deren Vermögen). Würde man das anders sehen wollen, wäre über eine Abbildung der untergehenden Anschaffungskosten neu nachzudenken. Der BFH meint, dass die in der Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlusts (und des damit verbundenen Verlusts der Anteils-Anschaffungskosten) liegende Verletzung des objektiven Nettoprinzips hingenommen werden müsse, um eine mindestens einmalige Besteuerung stiller Reserven sicherzustellen.186 § 4 Abs. 6 UmwStG sei eine Typisierungs- und Vereinfachungsvorschrift, jedoch keine typisierende Missbrauchsvorschrift, so dass trotz der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips das Verlustabzugsverbot verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.187 Ob eine Billigkeitsregelung nach den §§ 163, 227 AO möglich ist, wird (stark) bezweifelt.188 Es erscheint jedenfalls zweifelhaft, ob diese, meines 185 BFH v. 28.9.2017 – IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246; BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919. 186 Wendt, FR 2016, 718 (722 ff.). 187 BFH v. 28.9.2017 – IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246; BFH v. 5.11.2015 – III R 13/13, BStBl. II 2016, 468; BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919; BFH v. 12.7.2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728. 188 Mit Urteil BFH v. 24.6.2014 – VIII R 35/10, BStBl. II 2016, 916 meinte der VIII. Senat, dass ggf. geprüft werden könnte, ob eine Billigkeitsregelung in
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Erachtens an den Einlagevorgang anknüpfenden Ausführungen Bestand haben können, wenn – ergänzend – ein (fingierter) Tauschvorgang innerhalb der Personengesellschaft angenommen würde.
c) Fiktive Ausschüttung der offenen Rücklagen nach § 7 UmwStG Den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft werden nach § 7 Satz 1 UmwStG anteilig zum steuerlichen Übertragungsstichtag189 Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe des „in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals“ abzgl. des Bestands des steuerlichen Einlagekontos i.S.v. § 27 KStG (der sich nach Anwendung des § 29 Abs. 1 KStG ergibt) zugerechnet. In der Praxis resultieren daraus oftmals erhebliche Liquiditätsprobleme, zumal die Einnahmen nach § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG der Kapitalertragsteuer i.H.v. 25 % zzgl. SolZ unterliegen, die mit dem Wirksamwerden der Umwandlung anfällt.190 Zweck des § 7 Satz 1 UmwStG ist es, das deutsche Besteuerungsrecht an den offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft auch gegenüber solchen Gesellschaftern sicherzustellen, bei denen ein Übernahmegewinn i.S.v. § 4 Abs. 4 UmwStG nicht in Deutschland besteuert werden könnte.191 Dies vor dem Hintergrund, dass Gewinnrücklagen nach dem Formwechsel von den Gesellschaftern ohne ertragsteuerliche Belastung entnommen werden können.192 Da diese Einnahmen im Wert des übergehenden Vermögens enthalten sind, werden sie nach § 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG von dem nach § 4 Abs. 4 UmwStG ermittelten Übernahmegewinn/-verlust abgezogen, um eine doppelte Erfassung zu vermeiden. Die Einlagefiktion nach § 5 Abs. 2 UmwStG hat zur Folge, dass der Gewinn nach § 7 Satz 1 UmwStG der nun als Anteilseignerin geltenden Personengesellschaft zuzurechnen ist. Damit werden, so der BFH im Urteil
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Betracht komme. Der IV. Senat hat sich im Urteil BFH v. 22.10.2015 – IV R 37/13, BStBl. II 2016, 919 nicht abschließend geäußert. Nach Wendt, FR 2016, 718 (724) ist eine Billigkeitsregelung wegen der Vorhersehbarkeit der Steuerfolgen und deren Inanspruchnahme zweifelhaft; vgl. auch Levedag, GmbHR 2016, 261 (269 f.). UmwStE 2011 Rz. 07.06. Zweifelnd Klingberg in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 7 UmwStG 2006 Rz. 21 (Januar 2018) (in Ermangelung eines Schuldners der Bezüge). BT-Drucks. 16/2710, 40. BFH v. 11.4.2019 – IV R 1/17, BStBl. II 2019, 501.
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vom 11.4.2019 (Az. IV R 1/17), die Einkünfte Bestandteil der betrieblichen Einkünfte der Personengesellschaft (sog. weite Einlagefiktion).193 Zur Begründung verweist der BFH auch auf § 18 Abs. 2 UmwStG, wonach der Gewinn nach § 7 Satz 1 UmwStG in den Fällen des § 5 Abs. 2 UmwStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht zu erfassen sei. Daraus sei zu folgern, dass es sich um betriebliche und grundsätzlich gewerbesteuerbelastete Einkünfte handle. Bei einer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf eine Mitunternehmerschaft mit abweichendem Gesellschafterkreis muss ggf. sichergestellt werden, dass (nur) die Alt-Gesellschafter der übertragenden Kapitalgesellschaft die Beträge zu versteuern haben. Dies kann meines Erachtens durch die Erstellung von Ergänzungsbilanzen geschehen.194 Es stellt sich die Frage, ob über einen Antrag nach § 34a EStG eine günstigere Besteuerung erreicht werden kann (unter Hinnahme einer späteren Nachversteuerung). Dazu hat der BFH jüngst mit Urteil vom 9.5.2019 (Az. IV R 13/17) entschieden.195 Der nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelte Gewinn i.S.d. § 34a Abs. 2 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahrs und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Danach ansetzende, außerbilanziell vorzunehmende Gewinnkorrekturen sind – so der BFH – hierbei nicht zu berücksichtigen. Beim Ansatz der nach § 7 UmwStG zu berücksichtigenden Einnahmen und deren Abrechnung nach § 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG vom Übernahmegewinn i.S.d. § 4 Abs. 4 UmwStG handele es sich um außerbilanzielle Gewinnkorrekturen. Allerdings sei – so der BFH – der Übernahmegewinn i.S.v. § 4 Abs. 4 UmwStG als Bruttogröße Bestandteil des nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG ermittelten Gewinns der Personengesellschaft. Zwar sei dieses Verständnis bei reiner Wortlautinterpretation des § 34a Abs. 2 EStG nicht zwingend, aber nach Sinn und Zweck des § 34a EStG geboten. Der BFH folgt hier der überzeugenden Auffassung im Schrifttum,196 wonach der Gewinn aus dem Vermögensübergang als „Gewinn eigener Art“
193 194 195 196
BFH v. 11.4.2019 – IV R 1/17, BStBl. II 2019, 501. Mayer, DStR 2019, 1789. BFH v. 9.5.2019 – IV R 13/17, BStBl. II 2019, 754. Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 34a EStG Rz. 57 (Oktober 2017); Ley/Bodden in Korn, § 34a EStG Rz. 63.2 (Juli 2015); Ley, Ubg 2008, 13 (17).
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Bestandteil des Betriebsvermögensvergleichs der Personengesellschaft ist.197 In dem Fall des BFH ging es um eine Aufwärtsverschmelzung einer Kapital- auf eine Mutterpersonengesellschaft. Dem gefundenen Ergebnis lasse sich – so der BFH – nicht entgegenhalten, dass der Übernahmegewinn i.S.d. § 4 Abs. 4 UmwStG im Betrieb der übertragenden Kapitalgesellschaft erwirtschaftet worden sei. Es hätten sich stille Reserven in den Anteilen gebildet, die im Betrieb der aufnehmenden Personengesellschaft entstanden seien. Es stellt sich die Frage, ob der BFH § 34a EStG nicht anwenden würde, wenn die Anteile an der Kapitalgesellschaft als überführt oder eingelegt gelten. Da es auch dann zur Ermittlung eines Übernahmeergebnisses kommt, dürfte nichts anderes gelten.198 § 7 Satz 1 UmwStG knüpft an das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital an. Es stellt sich die Frage, ob das Eigenkapital i.S.d. § 7 Satz 1 UmwStG um einen außerbilanziell gebildeten Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG zu mindern ist. Der BFH hält im bereits erwähnten Urteil vom 11.4.2019 (Az. IV R 1/17) eine teleologisch einschränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts für geboten. Bei Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags sei eine Besteuerung sichergestellt. Entweder finde die Besteuerung rückwirkend noch auf der Ebene der Kapitalgesellschaft statt, wenn und soweit der Investitionsabzugsbetrag mangels ausreichender Investitionen nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG rückgängig zu machen ist, oder die Besteuerung erfolge nach dem Formwechsel im Jahr der Investition durch Hinzurechnung zum Gewinn der Personengesellschaft nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG. Durch einen Abzug bei der fiktiven Dividende des § 7 Satz 1 UmwStG werde eine nur einmalige Erfassung also gerade sichergestellt.199 Das überzeugt. Auf andere außerbilanzielle Korrekturen (z.B. Steuerfreiheit nach § 3a EStG oder wegen Freistellung der Einkünfte nach DBA) lässt sich dies allerdings nicht übertragen.200
197 Daraus folgt meines Erachtens nicht die Annahme eines (fingierten) Tauschs, dazu unter 5.a). 198 Ohne Einschränkung Wacker in Schmidt, 39. Aufl. 2020, § 34a EStG Rz. 25. 199 BFH v. 11.4.2019 – IV R 1/17, BStBl. II 2019, 501. 200 Micker, NWB 2019, 2281 (2282).
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6. Missbrauchsvorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG Bei einer Betriebs- (oder Anteils-)veräußerung oder -aufgabe innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung unterliegt der Veräußerungsoder Aufgabegewinn nach § 18 Abs. 3 UmwStG der Gewerbesteuer.201 Aus der Regelungsidee einer fortdauernden gewerbesteuerlichen Verstrickung des durch die Umwandlung übergegangenen Vermögens (s. unter 2.c)) folgert der BFH im Urteil vom 28.4.2016, dass nicht die im Zeitpunkt der Umwandlung im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft ruhenden stillen Reserven nachversteuert werden, sondern die im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. Aufgabe beim übernehmenden Rechtsträger vorhandenen stillen Reserven des in anderer Rechtsform fortgeführten Betriebs der Gewerbesteuer unterworfen werden (betriebsbezogenes Verständnis). Die gewerbesteuerliche Verstrickung im Betrieb der umgewandelten Gesellschaft werde erst durch die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven innerhalb der Fünfjahresfrist gelöst.202 Daraus folgt, dass auch die stillen Reserven erfasst werden, die zwischenzeitlich – seit der Umwandlung – bei der Personengesellschaft neu gebildet wurden. Daraus folgt aber auch, dass bei einer nachfolgenden Umwandlung zum gemeinen Wert die Sperrfrist enden müsste.203 Wie unter 2.c) ausgeführt, ist § 18 Abs. 3 UmwStG überschießend, potentiell verfassungswidrig und in vielerlei Aspekten teleologisch zu reduzieren. Das betrifft auch den Umstand, dass Veräußerungs- oder Aufgabeverluste nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 3 UmwStG gewerbesteuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Eine teleologische Korrektur ist hier angebracht.204 Der Missbrauchstatbestand bezieht sich auf die Veräußerung bzw. Aufgabe als solche und nicht auf den Gewinnanfall.205
201 Zum Abzug von gem. § 18 Abs. 3 UmwStG anfallender Gewerbesteuer als Veräußerungskosten (Verkauf der KG-Beteiligung) BFH v. 7.3.2019 – IV R 18/17, BStBl. II 2019, 696. 202 BFH v. 28.4.2016 – IV R 6/13, BStBl. II 2016, 725. 203 U.a. Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 62 (20.2.2017). A.A. UmwStE 2011 Rz. 18.07. 204 Anders UmwStE 2011 Rz. 18.10 sowie u.a. auch Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 55, 75; Pung in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, KSt, § 18 UmwStG Rz. 48 (April 2016). 205 Roser in Lenski/Steinberg, § 7 GewStG Rz. 249 (Juni 2018). Zweifelnd auch Levedag in Widmann/Bauschatz, eKomm, § 18 UmwStG Rz. 56 (21.5.2019); Beutel in Lenski/Steinberg, GewStG, Anhang Gewerbesteuer und Umwandlungen nach dem UmwStG Rz. 114 (August 2018).
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Beinert – Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt
Ein Bedürfnis für eine (weitgehende) teleologische Reduktion besteht auch angesichts der teuren Rechtsfolgen. Eine Gewerbesteueranrechnung findet grundsätzlich nicht statt.206 Dies erklärt sich damit, dass mit § 18 Abs. 3 UmwStG eine Gewerbesteuerbelastung nachvollzogen wird, die an sich auf der Ebene der umgewandelten Kapitalgesellschaft entstanden und dort neben die Körperschaftsteuerbelastung getreten wäre.207 Demzufolge darf auch ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG bei der Ermittlung des nach § 18 Abs. 3 UmwStG in den Gewerbeertrag einzubeziehenden Gewinns nicht zum Abzug gebracht werden.208 Nach dem Gesetzeszweck des § 18 Abs. 3 UmwStG kommt es nicht auf den Veräußerer des Mitunternehmeranteils an, sondern auf die (umgewandelte) Kapitalgesellschaft selbst. Persönliche Verhältnisse des Betriebsinhabers – wie sie in § 16 Abs. 4 EStG normiert sind – bleiben daher unberücksichtigt.209 Dies spricht für eine enge Anwendung des betriebsbezogenen Verständnisses des BFH.
206 Zu Organschaftsfällen vgl. aber BFH v. 28.5.2015 – IV R 27/12, BStBl. II 2015, 837. 207 Wendt, FR 2016, 169 (172). 208 BFH v. 26.3.2015 – IV R 3/12, BStBl. II 2016, 533. 209 U.a. Trossen in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 73; Beutel in Lenski/Steinberg, GewStG, Anhang Gewerbesteuer und Umwandlungen nach dem UmwStG Rz. 118 (August 2018).
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Diskussion zum Referat von Dr. Stefanie Beinert, LL.M. Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Bonn Vielen Dank, Frau Beinert, für diesen sehr klaren Vortrag. Sie haben die Frage angesprochen, wie gehen wir mit dem Formwechsel, den wir steuerrechtlich als Regimewechsel behandeln, bei Tatbeständen um, wo eine Veräußerung steuerlich schädlich ist. Grundsätzlich leuchtet mir ein, dass Sie sagen: Vorrangig sollte die zivilrechtliche Bewertung sein, dass sich durch den Formwechsel in der Sache nichts ändert, und die abweichende ertragsteuerrechtliche Behandlung dieser Vorgänge kann letztlich nicht entscheidend sein. Könnte diese Bewertung auch davon abhängen, in welchem Steuertatbestand sich die Frage stellt, und haben wir es hier mit einer Art Ausstrahlungswirkung des Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrechts zu tun? Möglicherweise ist im ertragsteuerlichen Kontext die ertragsteuerrechtliche Behandlung des Regimewechsels relevant, das mag aber in den Fällen der Erbschaftsteuer oder anderer zivilakzessorischer Steuertatbestände anders sein. Dr. Stefanie Beinert, Frankfurt/M. Ich habe mich auch gefragt, wie weit eine Ausstrahlung des UmwStG gehen könnte. Meines Erachtens ist der Anwendungsbereich der Regelungen auf das UmwStG beschränkt. Ich wüsste nicht, wie man über das UmwStG in andere Steuerarten reinkommen könnte, ohne eine Norm zu haben, die genau dies anordnet. Es geht um die Bewältigung des ertragsteuerlichen Regimewechsels, was insbesondere für andere Steuerarten wie die Grunderwerbsteuer oder die Erbschaftsteuer keine Rolle spielt. Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Frau Beinert, Sie haben § 18 Abs. 3 UmwStG kurz schon angesprochen. Verfassungsrechtlich leitet das über zu der Thematik zielgenauer Missbrauchsabwehr im Umstrukturierungssteuerrecht, die morgen vertieft werden soll. Der Gesetzgeber will zwar betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen nicht erschweren. Dabei hat Herr Kraft anschaulich belegt, dass es die externe betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierung gar nicht geben kann. Aber, das hat Herr Mayr bekräftigt, das Steuerrecht sollte auch nicht der Treiber für die Umstrukturierung sein.
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Diskussion – zu Beinert
Nimmt man diese Bausteine zusammen, so geht es darum, dass das Steuerrecht nicht als sinnvoll erachtete Umstrukturierungen behindern soll, aber zugleich auch kein Vorteil und keine Statusverbesserung durch die Umstrukturierung ermöglicht werden soll. Daran gemessen ist § 18 Abs. 3 UmwStG verfehlt, weil deutlich überschießend. Er soll, Sie haben das anschaulich dargestellt, das Gewerbesteueraufkommen sichern, das bei Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft ausgelöst würde. Wenn man mit dem Wortlaut von der gewerbesteuerlichen Infektionswirkung auch für das Alt-Betriebsvermögen des Personenunternehmens ausgeht, so verlässt das Gesetz die Rechtfertigung der Missbrauchsabwehr. Ich meine, das wäre ein Fall, wo das BVerfG den Nutzen und Schaden von vermeintlichen Missbrauchsregelungen in den Blick nehmen sollte. § 18 Abs. 3 UmwStG überschreitet aus meiner Sicht im Übergriff auf in der Vorzeit der Umwandlung entstandenen stillen Reserven den im Ausganspunkt berechtigten Missbrauchsansatz und ist verfassungsrechtlich angreifbar. Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Das BVerfG hat – allerdings nur in einer Kammerentscheidung – die Verfassungskonformität des § 18 Abs. 3 UmwStG bereits bejaht1. Die offensichtlich überschießende Tendenz soll sich noch im Rahmen der gesetzgeberischen Typisierungsbefugnis bewegen. Ich persönlich halte die Entscheidung für falsch und hatte zuvor bereits Gegenteiliges in einem Aufsatz geschrieben2. Aber man muss wohl akzeptieren, dass das BVerfG bei Umstrukturierungen einen großzügigeren Maßstab zugrunde legt. Mittlerweile ist eine neue Verfassungsbeschwerde zu § 18 Abs. 3 UmwStG anhängig3. Vor dem aufgezeigten Hintergrund schätze ich die Erfolgsaussichten als gering ein. Dr. Stefanie Beinert, Frankfurt/M. Bei einer überschüssigen Norm stellt sich auch die Frage nach den Möglichkeiten einer teleologischen Auslegung. Bei § 18 Abs. 3 UmwStG wäre meines Erachtens in wesentlichen Aspekten eine teleologische Reduktion möglich, wovon Gebrauch gemacht werden sollte.
1 BVerfG v. 6.11.2008 – 1 BvR 2360/07, NJW 2009, 499. 2 Desens/Wernsmann, DStR 2008, 221 (224 ff.). 3 Az. BVerfG 2 BvR 1144/13 gegen BFH v. 28.3.2013 – IV R 33/09, BFH/NV 2013, 1122.
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Diskussion – zu Beinert
Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Nochmal zu der angesprochenen und schon seit einigen Jahren anhängigen Verfassungsbeschwerde zu § 18 UmwStG4. Es stellt sich die Frage, das hat bereits Marc Desens angesprochen, einer verfassungskonformen Auslegung und ihrer Grenzen. Selbst wenn das Verfassungsgericht diese Sache nicht mehr aufgreift, wäre denn nicht der BFH in der Lage, im Wege verfassungskonformer Auslegung insoweit das rechte Maß zu finden? Ich meine, er ist dazu aufzurufen. Dabei kommt es zu derselben Frage, wie bei den Schwesterpersonengesellschaften bei § 6 Abs. 5 EStG. Herr Desens meint, wenn ich ihn richtig verstanden habe, dass die Richtervorlage unzulässig ist, weil der Rechtsanwender schon durch ein verfassungskonformes Verständnis der Prinzipienkollision zu dem richtigen Ergebnis kommen könnte. Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Korrekt! Die Frage ist nur, wo die Grenze der verfassungskonformen Auslegung liegt. Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Aber, wo die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung verlaufen, das bestimmt die Rechtsprechung und letztlich das Verfassungsgericht. Da könnten die Fachgerichte sehr viel mutiger sein. Der Fall, dass der Entzug des gesetzlichen Richters gerügt wird, weil das Fachgericht in seiner verfassungskonformen Auslegung zu weit gegangen sein soll, sollte nicht schrecken. Der Vorwurf der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist theoretisch denkbar, aber nachdem das BVerfG die FG bei der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 EStG a.F. zur offensiven Verfassungskonformität ermutigt bzw. gezwungen hat, wird es sich im Zweifel darauf zurückziehen können, es gehe nur um die Auslegung des einfachen Rechts. Ich sehe insoweit einen deutlichen Impuls zur richterlichen Gewähr von Verfassungskonformität durch das BVerfG. „Whatever it takes“ wäre übertrieben, aber Karlsruhe fordert in diesem Punkt weitreichende „Auslegungsanstrengungen“ der Fachgerichte.
4 BVerfG – 2 BvR 1444/13 gegen BFH – IV R 33/09 zu § 18 Abs. 4 Satz 2 UmwStG 1995.
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Diskussion – zu Beinert
Michael Wendt, München Also ich glaube, dass uns der „§ 7 Satz 2 GewStG“-Fall nicht entmutigen kann, das zu tun. Das ist ja sehr bedauerlich. Wir haben gehofft, dass das Verfassungsgericht sich anders äußert. Mein Senat hat alle Parallelfälle zum Ruhen gebracht und gewartet, was wird das BVerfG sagen. Ich verstehe die Entscheidung so: Kollateralschäden sind zulässig, wenn der Gesetzgeber Missbrauchsbekämpfung betreiben will und nur einen Fall hat, in dem tatsächlich Missbrauch vorliegen kann. Dann darf er mit dem ganz großen Hammer draufhauen und dann gehen auch andere Sachen damit unter. Das ist für den § 7 Satz 2 GewStG z.B. von meinem Senat auch schon jetzt so entschieden worden. Wir haben schon zwei Fälle entschieden, in denen wir gesagt haben: Da können wir nicht mehr eingrenzen. Im Gegenteil fühlen wir uns also nicht nur mutig, sondern wir sind sehr vorsichtig damit, in diesen Fällen einzugrenzen, wenn es eine Missbrauchsmöglichkeit gibt. Soweit wir die nicht sehen, ist es natürlich etwas anderes.
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Umstrukturierung und Verlustnutzung PD Dr. Erik Röder Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München
I. Einleitung II. Verlustnutzung im Spannungsfeld von tatsächlicher Kontinuität des Unternehmens und rechtlicher Kontinuität des Unternehmensträgers III. Kritik an der lex lata 1. Anteiliger Verlustuntergang bei Abspaltung (§ 15 Abs. 3, § 19 Abs. 2 UmwStG)
2. Ausgestaltung der Verlustnutzung nach Umstrukturierungen bei der Gewerbesteuer 3. Ausschluss des intersubjektiven Verlustübergangs zwischen Kapitalgesellschaften bei Verschmelzung und Spaltung IV. Fazit
I. Einleitung Der Erhalt steuerlicher Verlustpositionen ist neben der Nichtaufdeckung stiller Reserven die zweite zentrale Voraussetzung für eine ertragsteuerneutrale Umstrukturierung von Unternehmen. Eine Umstrukturierung kann sich sowohl auf den tatsächlichen Fortbestand des verlustverursachenden Unternehmens als auch auf den rechtlichen Fortbestand des Unternehmensträgers auswirken, dem dieses Unternehmen zugeordnet ist. De lege lata sind beide Ebenen für die weitere Möglichkeit zur Verlustnutzung relevant. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld aus Anforderungen, die einerseits an die tatsächliche Identität des Unternehmens und andererseits an die rechtliche Identität des Unternehmensträgers anknüpfen (II.). Diese Anforderungen sind zum Teil inkonsistent ausgestaltet und schränken die Möglichkeit zur Verlustnutzung unnötig stark ein. Nachfolgend wird auf drei insofern besonders problematische Aspekte vertieft eingegangen: erstens auf den anteiligen Verlustuntergang im Falle einer Abspaltung (III.1.); zweitens auf die Ausgestaltung der Verlustnutzung bei der Gewerbesteuer (III.2.) und drittens auf die fehlende Möglichkeit eines intersubjektiven Verlustübergangs bei der Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften (III.3). Der Beitrag schließt mit einem kurzen Fazit (IV.).
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II. Verlustnutzung im Spannungsfeld von tatsächlicher Kontinuität des Unternehmens und rechtlicher Kontinuität des Unternehmensträgers Die Frage, worauf es für die weitere Nutzbarkeit von Verlusten nach einer Umstrukturierung ankommt, ist eng mit einer grundlegenden steuersystematischen Weichenstellung verknüpft: der Ausgestaltung einer Ertragsteuer als Subjekt- bzw. Personensteuer oder als Objektsteuer. Einkommen- und Körperschaftsteuer sollen als Subjektsteuern die individuelle Leistungsfähigkeit einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person erfassen.1 Für die Verlustverrechnung folgt daraus, dass es primär auf die rechtliche Kontinuität des Unternehmensträgers ankommt.2 Führt eine Umstrukturierung dazu, dass ein Unternehmensträger untergeht, wie etwa der übertragende Rechtsträger im Rahmen einer Verschmelzung, so trifft seine Verlustpositionen grundsätzlich das gleiche Schicksal. Wenn ein anderes Steuersubjekt die fremden Verluste geltend machen könnte, würde dessen individuelle Leistungsfähigkeit nicht mehr zutreffend erfasst. Daher ist es beispielsweise steuersystematisch konsequent, dass der Große Senat des BFH 2007 entschieden hat, dass die in einem Einzelunternehmen entstandenen Verluste nicht im Erbgang übertragen werden können.3 Umgekehrt folgt aus dem Subjektsteuercharakter der Einkommen- und Körperschaftsteuer, dass der tatsächliche Fortbestand des die Verluste verursachenden Unternehmens grundsätzlich keine Rolle spielen darf.4 Dementsprechend kann eine Kapitalgesellschaft nacheinander oder parallel ganz unterschiedliche Unternehmungen betreiben und diese in tatsächlicher Hinsicht be1 Siehe dazu Hey in GS Trzaskalik, 2005, S. 219 (221 ff.); Hey in Schön/Osterloh-Konrad (Hrsg.), Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, S. 1 (4 ff.). 2 Siehe dazu Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 283 ff. 3 Großer Senat des BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 ff. Problematisch ist diesem Zusammenhang allerdings, dass § 6 Abs. 3 EStG im Falle der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils eine zwingende Buchwertverknüpfung vorsieht. Eine konsequente Verwirklichung des Subjektsteuerprinzips würde eine Auflösung der stillen Reserven in Höhe der noch vorhandenen Verlustpositionen beim Erblasser erfordern. Siehe dazu Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 283 ff. 4 Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 376 ff.
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liebig umgestalten oder auch einstellen, ohne dass hierdurch ihre Möglichkeit zur weiteren Nutzung ihrer körperschaftsteuerlichen Verlustpositionen in Frage gestellt würde.5 Durch welche unternehmerische Aktivität ein bestimmter Verlust verursacht worden ist, spielt im Rahmen der Körperschaftsteuer schlicht keine Rolle.6 Bei der Gewerbesteuer handelt es sich demgegenüber nach wohl überwiegender Auffassung nach wie vor um eine Objektsteuer, wenngleich der Objektsteuercharakter aufgrund des Wegfalls von Lohnsumme7 und Gewerbekapital8 als Besteuerungsgrundlage sowie durch subjektive Einsprengsel9 bei der Bemessung des Gewerbeertrags stark verwässert wurde.10 Steuergegenstand ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der inländische stehende Gewerbebetrieb. Die Ertragskraft jedes einzelnen Gewerbebetriebs soll grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Person des Unternehmers erfasst werden.11 Dementsprechend kann eine natürliche Person nebeneinander mehrere Gewerbebetriebe unterhalten, die jeweils einzeln der Gewerbesteuer unterliegen und deren Gewinne und Verluste dementsprechend nicht intraperiodisch miteinander verrechnet werden dürfen.12 5 Siehe bspw. BFH v. 29.10.1986 – I R 202/82, BStBl. II 1987, 308 ff.; BFH v. 29.10.1986 – I R 318-319/83, BStBl. II 1987, 310 ff. 6 Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn eine Kapitalgesellschaft nach einem substantiellen Anteilseignerwechsel i.S.v. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG einen Antrag nach § 8d KStG stellt. 7 Aufgrund des Steueränderungsgesetzes 1979 v. 30.11.1978, BGBl. I 1978, 1849. 8 Aufgrund des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. 9 Siehe bspw. § 2 Abs. 5 Satz 1, § 10a Satz 4 und 8, § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 GewStG. 10 Den Objektsteuercharakter nach wie vor bejahend bspw. BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 (28); Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, S. 106 ff.; Selder, FR 2014, 174 (174 f.); Hey, Beihefter zu DStR 34/2019, 109 (114 f.); Kahle/Braun, DStZ 2019, 332 (334); Krauß, Gewerbeverlust gem. § 10a GewStG, 2019, S. 74; Drüen in Blümich, § 2 GewStG Rz. 30 (Stand Juli 2019). Demgegenüber geht bspw. Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 12 Rz. 3, davon aus, dass der Objektsteuercharakter „mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer gänzlich weggefallen ist“. Zustimmung verdient die Einschätzung von Hey, StuW 2011, 131 (135), wonach sich die Einordnung der Gewerbesteuer als Objektsteuer jedenfalls zunehmend als „Lebenslüge“ erweist. 11 Hey in GS Trzaskalik, 2005, 219 (224 f.); Hey, Beihefter zu DStR 34/2019, 109 (114); Kahle/Braun, DStZ 2019, 332 (334). 12 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 12 Rz. 12.
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Ferner leitet die Rechtsprechung aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer das Erfordernis der Unternehmensidentität als Voraussetzung für die interperiodische Verlustverrechnung ab.13 Danach muss der Gewerbebetrieb, dessen Gewerbeertrag im Wege des Verlustvortrags gekürzt werden soll, mit dem Gewerbebetrieb identisch sein, in dem die vorgetragenen Verluste ursprünglich entstanden waren.14 Wenn daher beispielsweise eine KG ein zunächst von ihr betriebenes Kaufhaus veräußert und sich stattdessen fortan der Vermittlung von Immobilien widmet, so kann sie mangels Unternehmensidentität die gewerbesteuerlichen Verluste des Gewerbebetriebs „Kaufhaus“ nicht mit Gewinnen aus dem Maklergeschäft verrechnen.15 Betrachtet man diese Ausgangslage, so erkennt man, dass sich die Verlustnutzung nach Umstrukturierungen zwangsläufig in einem Spannungsfeld von rechtlicher und tatsächlicher Kontinuität bewegt. Denn der Gesetzgeber hat nun einmal die Grundentscheidung getroffen, Unternehmen mit der Einkommen- oder Körperschaftsteuer einerseits und der Gewerbesteuer andererseits parallel zwei Unternehmenssteuern zu unterwerfen, die einer unterschiedlichen steuersystematischen Logik folgen. Hinzu kommt, dass auch innerhalb der einzelnen Ertragsteuern die jeweilige Binnenlogik nicht konsequent durchgehalten wird. So gilt etwa gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb – genauer gesagt als ein Gewerbebetrieb. Eine GmbH könnte daher gewerbesteuerliche Verluste aus dem Betrieb eines Kaufhauses völlig unproblematisch mit Gewinnen aus der Vermittlung von Immobilien verrechnen. Eine solche Abweichung vom steuersystematischen Ideal einer Ertragsteuer ist nicht per se problematisch. Die gerade skizzierte steuersystematische Ausgangslage beschreibt keinen Idealzustand der Unternehmensbesteuerung und sie ist erst recht nicht verfassungsrechtlich in Stein gemeißelt. Es handelt sich vielmehr um eine Grundlinie oder einen 13 Ständige Rechtsprechung, s. bspw. BFH Großer Senat v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 (619) m.w.N.; BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 (1141 f.) m.w.N.; BFH v. 30.10.2019 – IV R 59/16, DStR 2020, 211 (214); BFH v. 19.12.2019 – IV R 8/17, DStR 2020, 978 (980 f.); s. auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 18 ff. (Stand April 2017); Hey, Beihefter zu DStR 34/2019, 109 (117); Kahle/Braun, DStZ 2019, 380 (382). 14 Ständige Rechtsprechung, s. bspw. BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 (1141 f.) m.w.N.; s. ferner Kahle/Braun, DStZ 2019, 380 (382 f.). 15 BFH v. 28.4.1977 – IV R 165/76, BStBl. II 1977, 666.
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Eichstrich, der einen Zustand beschreibt, der keiner weiteren Rechtfertigung bedarf. Dieser Eichstrich der Systemkonformität ist auch und gerade aus steuerverfassungsrechtlicher Perspektive relevant. Denn die Ausgestaltung einer Ertragsteuer als Subjektsteuer oder als Objektsteuer gehört zu den Grundentscheidungen, die der Gesetzgeber folgerichtig umsetzen muss.16 Das bedeutet nicht, dass Abweichungen per se unzulässig wären. Sie indizieren allerdings eine Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG und bedürfen daher einer Rechtfertigung. Die Anforderungen sind dabei nicht allzu hochgesteckt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG genügt grundsätzlich ein besonderer sachlicher Grund.17 Ein solcher Grund ist etwa darin zu sehen, dass konzernierte Gesellschaften trotz ihrer rechtlichen Selbständigkeit eine wirtschaftliche Einheit bilden. Daher ist die Durchbrechung des körperschaftsteuerlichen Subjektsteuerprinzips durch das Rechtsinstitut der Organschaft völlig unproblematisch – zumal es in Gestalt von Gewinnabführung und Verlustübernahme mit einem tatsächlichen Leistungsfähigkeitstransfer verbunden ist.18
III. Kritik an der lex lata Das grundsätzliche Spannungsverhältnis, das sich aus dem Nebeneinander von Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuer als Subjektsteuern und Gewerbesteuer als Objektsteuer ergibt, wirkt sich auch auf die Möglichkeit zur Verlustnutzung nach einer Umstrukturierung aus. Wenn etwa ein Einzelunternehmer sein Unternehmen auf eine GmbH ausgliedert, kann er in dem Unternehmen angefallene einkommensteuerliche Verluste weiterhin mit positiven Einkünften aus anderen Quellen verrechnen. Der gewerbesteuerliche Verlust ist hingegen an das Unternehmen gebunden und kann daher vom bisherigen Inhaber nicht mehr genutzt werden. Wesentlich problematischer ist jedoch, dass innerhalb der einzelnen Ertragsteuern die jeweilige Binnenlogik vielfach nicht durchgehalten wird, ohne dass sich hierfür überzeugende sachliche Gründe 16 Hey in Schön/Osterloh-Konrad (Hrsg.), Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, 1 (5); Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 282 ff. und S. 377. 17 Siehe bspw. BVerfG v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60 (89); BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 (95). 18 Siehe dazu Hey in Schön/Osterloh-Konrad (Hrsg.), Kernfragen des Unternehmenssteuerrechts, 2010, 1 (17); Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 32.
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ausmachen lassen. Dies gilt zum einen für den anteiligen Verlustuntergang im Falle einer Abspaltung von einer Kapitalgesellschaft gem. § 15 Abs. 3 UmwStG (1.) und zum anderen für die Ausgestaltung der Verlustnutzung nach Umstrukturierungen bei der Gewerbesteuer (2.). Umgekehrt ist es im Falle der Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften sachlich geboten, entgegen der lex lata vom Subjektsteuerprinzip der Körperschaftsteuer abzuweichen, um steuerneutrale Umstrukturierungen zu ermöglichen (3.).
1. Anteiliger Verlustuntergang bei Abspaltung (§ 15 Abs. 3, § 19 Abs. 2 UmwStG) § 15 Abs. 3 UmwStG durchbricht sowohl die Binnenlogik der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer. Nach dieser Vorschrift sind im Falle der Abspaltung von einer Kapitalgesellschaft die körperschaftsteuerlichen Verlustpositionen des übertragenden Rechtsträgers anteilig in dem Verhältnis zu kürzen, in dem durch die Abspaltung Vermögen auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht. Aufgrund von § 19 Abs. 2 UmwStG gilt Gleiches auch für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag. Zur Illustration das folgende Beispiel: Beispiel: Die X-GmbH hat zwei Teilbetriebe A und B mit einem gemeinen Wert von jeweils 100. Außerdem verfügt die X-GmbH über einen Verlustvortrag i.H.v. ebenfalls 100. Teilbetrieb B wird zur Aufnahme auf die Y-GmbH abgespalten. Im Gegenzug werden die Gesellschafter der X-GmbH zu 10 % an der Y-GmbH beteiligt. Da die X-GmbH mit dem Teilbetrieb B 50 % ihres Vermögens auf die Y-GmbH übertragen hat, wird ihr Verlustvortrag gem. § 15 Abs. 3 UmwStG ebenfalls um 50 % gekürzt.
§ 15 Abs. 3 UmwStG war Teil einer umfassenden Einschränkung der Verlustverrechnung im Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen durch das SEStEG19. Das Umwandlungssteuergesetz 1995 hatte im Falle der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a.F. noch einen intersubjektiven Verlustübergang zugelassen. Nach dieser Vorschrift trat der übernehmende Rechtsträger bezüglich des verbleibenden Verlustabzugs i.S.v. § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG20 in die Rechtsposition des übertragenden Rechtsträgers ein. Die weitere Ver19 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782. 20 Damals noch § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG.
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lustnutzung setzte ursprünglich lediglich voraus, dass der übertragende Rechtsträger seinen Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensübergangs im Handelsregister noch nicht eingestellt hatte. 1997 wurden die Anforderungen verschärft.21 Seither musste der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust verursacht hatte, über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fünf Jahre lang fortgeführt werden. Im Falle einer Auf- und Abspaltung unter ausschließlicher Beteiligung von Kapitalgesellschaften ging ein Verlustvortrag des übertragenden Rechtsträgers gem. § 15 Abs. 4 UmwStG a.F. anteilig im Verhältnis der jeweils übertragenen Vermögenswerte auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über und konnte von dieser unter den gleichen Voraussetzungen wie bei einer Verschmelzung genutzt werden. Lediglich für die dritte zivilrechtliche Spaltungsart, die Ausgliederung,22 sah das Umwandlungssteuerecht keinen Verlustübergang vor.23 Mit dem SEStEG vollzog der Gesetzgeber in der Frage des intersubjektiven Verlustübergangs zwischen Kapitalgesellschaften mit Wirkung ab 2006 eine Kehrtwende. Sämtliche Möglichkeiten für eine Nutzung der Verluste des übertragenden Rechtsträgers durch den übernehmenden Rechtsträger wurden gestrichen. Regelungstechnisch wurde dies dadurch umgesetzt, dass § 12 Abs. 3 Halbs. 2 UmwStG seither auf § 4 Abs. 2 UmwStG verweist. Unmittelbar gilt diese Vorschrift lediglich für die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person sowie für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ordnet an, dass u.a. verrechenbare Verluste, verbleibende Verlustvorträge und vom übertragenden Rechtsträger nicht ausgeglichene negative Einkünfte nicht übergehen. Die Überlegungen, die den Gesetzgeber zu einem Ausschluss des Verlustübergangs bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft erwogen haben, passen jedoch nicht für Umstrukturierungen, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind.
21 Durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, 2590. 22 § 123 Abs. 3 UmwG. 23 Ritzer in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 23 UmwStG Rz. 62.
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Der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 199524 lässt sich entnehmen, dass der Verlustübergang von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft aufgrund des damit verbundenen Wegfalls der körperschaftsteuerlichen Besteuerungsebene und des Übergangs zur Einkommensteuer ausgeschlossen wurde.25 Wenn ein Steuersatzgefälle besteht, ist eine uneingeschränkte steuerartenübergreifende Verlustverrechnung in der Tat problematisch. So würde sich etwa der Wert eines körperschaftsteuerlichen Verlustvortrags de lege lata verdreifachen, wenn er mit Einkünften verrechnet werden könnte, die anderenfalls dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer unterlägen.26 Es bestünde ein massiver Anreiz zur Steuersatzarbitrage. Dieses Problem ließe sich zwar auch dadurch bewältigen, dass der steuerartspezifische Wert von Verlustpositionen konserviert wird, etwa mittels einer Umrechnung in eine Steuergutschrift. Unbestreitbar ist allerdings, dass auch der vollständige Ausschluss einer steuerartübergreifenden Verlustverrechnung die gestalterische Ausnutzung eines Steuersatzgefälles effektiv verhindert. Im direkten Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG würde ein Verlustübergang zudem dazu führen, dass Verluste im wirtschaftlichen Ergebnis doppelt berücksichtigt werden könnten. Denn ein Verlustvortrag spiegelt eine Vermögensminderung der Kapitalgesellschaft wider, die sich im Wert ihrer Anteile niederschlägt und daher beim Anteilseigner im wirtschaftlichen Ergebnis mittelbar im Übernah24 Die Vorschrift war materiell im Kern inhaltsgleich zur aktuellen Fassung. Durch das SEStEG wurde lediglich die Einzelaufzählung der betroffenen Verlustpositionen durch eine generalklauselartige Regelung ersetzt. Hierdurch kam es zugleich in Randbereichen zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift. Siehe dazu Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 201. 25 Siehe BT-Drucks. 12/6885, S. 17 f.: „§ 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG schließt die Berücksichtigung eines verbleibenden Verlustabzugs i.S.d. § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG (Verlustvortrag) bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft aus. Bei dem Verlustvortrag handelt es sich um Verluste der übertragenden Körperschaft, die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstanden sind und das Vermögen der übertragenden Körperschaft vermindert haben. Dieser Verlustvortrag kann nicht von der Ebene der Körperschaftsteuer auf die Ebene der Einkommensteuer (Ebene des Anteilseigners) übertragen werden. Eine Berücksichtigung dieser Verluste beim Anteilseigner ist nur möglich, wenn sich bei den Gesellschaftern der übernehmenden Personengesellschaft ein Übernahmeverlust ergibt, vgl. § 4 Abs. 6 UmwStG.“ 26 Angesichts eines Körperschaftsteuersatzes von 15 % und eines Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer von 45 % und unter Ausblendung der Gewerbesteuer und des Solidaritätszuschlages.
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meergebnis gem. § 4 Abs. 4, 6 UmwStG berücksichtigt wird.27 Beide Gesichtspunkte – Wechsel der Steuerart und Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung – spielen bei Verschmelzungen und Spaltungen, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind, keine Rolle. Die vollständige Beseitigung des intersubjektiven Verlustübergangs zwischen Kapitalgesellschaften war eine drastische Maßnahme mit erheblichen praktischen Implikationen.28 Man hätte daher erwarten können, dass in den Gesetzesmaterialien dazu ausführlich Stellung genommen wird. Das Gegenteil ist der Fall. Die Begründung zum Entwurf des SEStEG geht über diesen Gesichtspunkt hinweg, ohne sich auch nur mit einem Wort inhaltlich dazu zu äußern. Stattdessen wird in der maßgeblichen Passage lediglich apodiktisch festgestellt, dass ein verbleibender Verlustabzug nicht auf die Übernehmerin übergeht.29 Außerdem findet sich der Hinweis, dass § 12 Abs. 3 UmwStG durch den Verweis auf § 4 Abs. 2 und 3 UmwStG „redaktionell gestrafft“ worden sei.30 Ungeachtet dieses ohrenbetäubenden Schweigens ist der Hintergrund für den Sinneswandel des Gesetzgebers allgemein bekannt: Es sollte verhindert werden, dass im Falle einer Hereinverschmelzung ausländischer Kapitalgesellschaften auch deren ausländische Verluste im Inland berücksichtigt werden müssen.31 Aufgrund des Ausschlusses des intersubjektiven Verlustübergangs gehen seit dem SEStEG bei der Verschmelzung und Aufspaltung von Kapitalgesellschaften verbleibende Verlustpositionen des übertragenden 27 Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2019, § 4 UmwStG Rz. 202 (ausführlicher Benkert in Haritz/Benkert/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl. 2000, § 4 UmwStG Rz. 72 f.); Hackemack, Der Verlustabzug im Umwandlungssteuerrecht, 2010, S. 82 ff. 28 Siehe bspw. Herfort/Viebrock in Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, § 12 UmwStG Rz. 197 („wesentliche Verschlechterung“); Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533) („nicht akzeptabel“); Werra/Teiche, DB 2006, 1455 (1460) („gravierender Rückschritt“); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (275 f.) („gravierender Nachteil ggü. der bisherigen Rechtslage“). 29 BT-Drucks. 16/2710, S. 41. 30 Ebenda. 31 Siehe bspw. Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 788.1 (Stand Oktober 2013); Herfort/Viebrock in Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, § 12 UmwStG Rz. 198; Wisniewski in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 101; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 341; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533).
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Rechtsträgers endgültig verloren. Denn der übertragende Rechtsträger fällt in diesen Fällen ersatzlos weg und kann die Verluste daher selbst nicht mehr nutzen. Anders verhält es sich bei der Abspaltung, die praktisch bedeutsamer ist als die Aufspaltung.32 Eine Abspaltung hat keine Auswirkungen auf die rechtliche Identität des übertragenden Rechtsträgers. Seine körperschaftsteuerlichen Verlustpositionen würden daher grundsätzlich ungeschmälert fortbestehen. Dies unterbindet § 15 Abs. 3 UmwStG. Der von dieser Vorschrift angeordnete partielle Verlustuntergang beim übertragenden Rechtsträger durchbricht zunächst das objektive Nettoprinzip, das für sämtlich Ist-Ertragsteuern gleichermaßen Geltung beansprucht.33 Darüber hinaus steht § 15 Abs. 3 UmwStG weder mit dem Subjektsteuerprinzip der Körperschaftsteuer noch mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer in Einklang. Da eine Abspaltung die rechtliche Existenz des übertragenden Rechtsträgers nicht berührt, sondern lediglich zu einem Transfer von Vermögenswerten auf einen anderen Rechtsträger führt, streitet das Subjektsteuerprinzip für einen vollständigen Erhalt des Verlustvortrags.34 Auch mit dem Objektsteuerprinzip ist § 15 Abs. 3 UmwStG inkompatibel. Denn der Verlustuntergang tritt mechanisch im Verhältnis der übergehenden und zurückbleibenden Vermögenswerte ein. Ob hierdurch der tatsächliche Fortbestand des Unternehmens beeinträchtigt wird, das die Verluste erlitten hat, spielt keine Rolle.35 Ein überzeugender sachlicher Grund, der den von § 15 Abs. 3 UmwStG angeordneten anteiligen Verlustuntergang rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Regelung ist jedenfalls nicht notwendig, um einen Verlustimport zu verhindern.36 Der Übergang von Verlusten auf den übernehmenden Rechtsträger ist bereits ganz unabhängig von § 15 Abs. 3 UmwStG dadurch ausgeschlossen, dass § 15 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 UmwStG auf § 12 Abs. 3 Halbs. 2 UmwStG verweist. Dadurch, dass beim übertragenden Rechtsträger Verlustvorträge ungekürzt erhalten bleiben, kann es nicht zu einem Verlustimport aus dem Ausland kommen. Der anteilige Verlustuntergang lässt sich auch nicht mit einem wertungsmäßigen 32 Schwanna in Semler/Stengel, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2017, § 123 UmwG Rz. 14; Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 12. 33 Siehe bspw. Hey, Beihefter zu DStR 34/2019, 109 ff. 34 Mylich, FR 2019, 537 (541). 35 Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 UmwStG Rz. 516.12 f. (Stand Juli 2018). 36 Mylich, FR 2019, 537 (539).
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Gleichlauf zu Verschmelzung und Aufspaltung begründen.37 Denn der vollständige Verlustuntergang beim übertragenden Rechtsträger ist in diesen Fallkonstellationen kein vom Gesetzgeber bewusst verfolgtes Regelungsziel. Es handelt sich vielmehr um eine rein mechanische Konsequenz des Untergangs des übertragenden Rechtsträgers. Dass der anteilige Verlustuntergang bei einer partiellen Vermögensübertragung kein Naturgesetz ist, lässt sich auch dem Umwandlungssteuergesetz selbst entnehmen. Denn bei der Ausgliederung, die steuerrechtlich als ein Unterfall der Einbringung behandelt wird,38 werden die Verlustpositionen des übertragenden Rechtsträgers nicht gekürzt.39 Wie bei der Abspaltung wird im Fall der Ausgliederung Vermögen übertragen, ohne dass sich etwas an der rechtlichen Identität des übertragenden Rechtsträgers ändert. Es gibt nur einen strukturellen Unterschied: Im Gegenzug für die Vermögensübertragung erhalten im Fall der Abspaltung die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers Anteile am übernehmenden Rechtsträger.40 Im Fall der Ausgliederung gehen die Anteile dagegen an den übertragenden Rechtsträger selbst.41 Es ist allerdings nicht ersichtlich, inwiefern dieser Gesichtspunkt für die Frage der Verlustverrechnung beim übertragenden Rechtsträger relevant sein sollte.42 Das Umwandlungssteuerrecht sieht somit für tatbestandlich strukturell vergleichbare Vorgänge eine unterschiedliche Rechtsfolge vor. Diese Inkonsistenz sollte de lege ferenda beseitigt werden, indem § 15 Abs. 3 UmwStG ersatzlos gestrichen wird. Dies ist zuallererst ein rechtspolitisches Postulat. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive verstößt § 15 Abs. 3 UmwStG zwar nach hier vertretener Auffassung zudem gegen
37 Vorsichtiger Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 286: „Dies entspricht der Behandlung der Abspaltung als teilweise Verschmelzung, ist aber systematisch nicht zwingend […].“ 38 Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 1. 39 Ritzer in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 23 UmwStG Rz. 62 und 257. 40 § 123 Abs. 2 UmwG. Schwanna in Semler/Stengel, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2017, § 123 UmwG Rz. 15; Lieder in Lutter, Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 123 UmwG Rz. 54. 41 § 123 Abs. 3 UmwG. Schwanna in Semler/Stengel, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2017, § 123 UmwG Rz. 15; Lieder in Lutter, Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 123 UmwG Rz. 57. 42 So auch Mylich, FR 2019, 537 (541).
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Art. 3 Abs. 1 GG und ist damit verfassungswidrig.43 Allerdings wäre es aus der Sicht des Verfassers dieses Beitrags wünschenswert, wenn wir in Deutschland dahin kämen, dass der Gesetzgeber als unsachgemäß erkannte Regelungen korrigiert, ohne dass es zuvor stets des Verdikts der Verfassungswidrigkeit aus Karlsruhe bedarf. Damit wäre nicht zuletzt eine erhebliche Entlastung der BVerfG verbunden.
2. Ausgestaltung der Verlustnutzung nach Umstrukturierungen bei der Gewerbesteuer Der zweite im Rahmen dieses Beitrags zu vertiefende Kritikpunkt an der lex lata betrifft die Ausgestaltung der Verlustnutzung nach Umstrukturierungen bei der Gewerbesteuer. Wie bereits erwähnt, soll die Gewerbesteuer als Objektsteuer die Ertragskraft eines bestimmten Gewerbebetriebs erfassen. Konsequenterweise ist laut der Rechtsprechung daher für die Nutzung gewerbesteuerlicher Verluste grundsätzlich Unternehmensidentität erforderlich (s. dazu bereits unter II). Allerdings gilt dies nur für Einzelunternehmen und Personengesellschaften.44 Kapitalgesellschaften sind nach der Auffassung des BFH vom Erfordernis der Unternehmensidentität befreit, da ihre Tätigkeit gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und im vollen Umfang als ein Gewerbebetrieb gilt.45 Kapitalgesellschaften können daher – in gleicher Weise wie im Rahmen der als Subjektsteuer ausgestalteten Körperschaftsteuer – gewerbesteuerliche Gewinne und Verluste aus ganz unterschiedlichen unternehmerischen Betätigungen beliebig miteinander verrechnen.46 Im Schrifttum war lange Zeit die Auffassung weit verbreitet, dass das Erfordernis der Unternehmensidentität auch bei gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG gewerblich geprägten Personengesellschaften nicht anwendbar sei.47 Dem hat der BFH
43 So auch Mylich, FR 2019, 537 (539 ff.). 44 Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 29 m.w.N. (Stand April 2017); Kahle/Braun, DStZ 2019, 380 (382). 45 BFH v. 29.10.1986 – I R 318-319/83, BStBl. II 1987, 310 (312); s. dazu und zur Gegenauffassung im Schrifttum Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 60 (Stand August 2019). 46 BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 (1020). 47 Gleiches wurde auch für den Fall einer gewerblichen Infektion gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vertreten; s. zum Ganzen Kleinheisterkamp in Lenski/ Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 25 (Stand April 2017); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 56 (Stand August 2019), jeweils m.w.N.
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2017 zwar eine Absage erteilt.48 Dessen ungeachtet wird der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer bereits durch die gesetzliche Fiktion eines einheitlichen Gewerbebetriebs für Kapitalgesellschaften für den Bereich der Verlustverrechnung stark ausgehöhlt. Endgültig ad absurdum geführt wird das Objektsteuerprinzip dadurch, dass die Nutzung gewerbesteuerlicher Verluste für Einzelunternehmen und Personengesellschaften zusätzlich Unternehmeridentität49 voraussetzt.50 Dieses Erfordernis ergibt sich nach der Auffassung des BFH aus § 2 Abs. 5 GewStG i.V.m. § 10a Satz 8 GewStG.51 Laut § 2 Abs. 5 GewStG gilt ein Gewerbebetrieb als eingestellt, wenn er im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht. § 10a Satz 8 GewStG ordnet für diesen Fall ausdrücklich an, dass der Rechtsnachfolger einen Gewerbeertrag, den er mit dem fiktiv eingestellten Unternehmen erzielt, nicht um Altverluste kürzen darf, die im selben Unternehmen noch unter der Ägide des Rechtsvorgängers angefallen sind. Dass Verluste im Falle der Veräußerung oder unentgeltlichen Übertragung eines Unternehmens nicht auf den Erwerber übergehen, entspricht der Rechtslage bei der als Subjektsteuer ausgestalteten Einkommensteuer.52 Allerdings bleibt die Subjektivierung der gewerbesteuerlichen Verlustnutzung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften – anders als bei Kapitalgesellschaften – auf halbem Weg stehen. Denn anders als bei der Einkommensteuer kann auch der bisherige Inhaber des Unternehmens den gewerbesteuerlichen Verlust nicht mehr geltend machen. Für Personengesellschaften läge es angesichts ihrer fehlenden gewerbesteuerlichen Transparenz nahe, das Erfordernis der Unternehmeridentität auf die Gesellschaftsebene zu beziehen.53 Die Unternehmeridentität 48 BFH v. 4.5.2017 – IV R 2/14, BStBl. II 2017, 1138 ff. Siehe auch BFH v. 19.12.2019 – IV R 8/17, DStR 2020, 978 (980). 49 Siehe dazu Großer Senat des BGH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 (620). 50 Kritisch bzgl. des Erfordernisses der Unternehmeridentität bspw. auch Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 44, 47 (Stand April 2017); Hey, Beihefter zu DStR 34/2019, 109 (117) („Fremdkörper in der Gewerbesteuer“); Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 62 (Stand August 2019). 51 Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 61 (Stand August 2019). 52 Wie der BFH 2007 geklärt hat, gilt dies auch beim Übergang eines Unternehmens im Erbfall gem. § 1922 Abs. 1 BGB; s. Großer Senat des BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 ff. 53 In diesem Sinne etwa auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 755 f.
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wäre unter dieser Prämisse nur dann zu verneinen, wenn die Gesellschaft das Unternehmen auf ein anderes Rechtssubjekt überträgt. Stattdessen werden Personengesellschaften de lege lata eigens zum Zwecke der Vernichtung gewerbesteuerliche Verluste als semitransparent behandelt, indem für das Erfordernis der Unternehmeridentität auf die Ebene der Gesellschafter abgestellt wird.54 Daher gehen beispielsweise die Verluste eines von einer Personengesellschaft getragenen Unternehmens anteilig unter, wenn einer der bisherigen Gesellschafter ausscheidet.55 Der von der Personengesellschaft nicht mehr nutzbare Teil der Verluste wird auch nicht etwa – wie es ein vollständiger Übergang zum Transparenzprinzip erfordern würde – im Gegenzug dem ausscheidenden Gesellschafter zugewiesen. Der Verlustuntergang ist vielmehr endgültig. Lediglich in einer Konstellation wirkt sich das Abstellen auf die Gesellschafterebene aus Sicht der Steuerpflichtigen positiv aus: Ein Unternehmen kann zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften übertragen werden, ohne dass die Unternehmeridentität in Frage gestellt wäre.56 Für Kapitalgesellschaften hat das Erfordernis der Unternehmeridentität hingegen wiederum keine Relevanz. Stattdessen steht die Verlustnutzung im Falle eines substantiellen Anteilseignerwechsels gem. § 10a Satz 10 GewStG unter dem Vorbehalt der körperschaftsteuerlichen Mantelkaufregelung in den §§ 8c, 8d KStG. Diese allgemeinen gewerbesteuerlichen Grundsätze schlagen auch auf Umstrukturierungen im Sinne des Umwandlungsrechts durch. Für die Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften führt § 19 Abs. 2 UmwStG die Subjektivierung der Verlustnutzung konsequent zu Ende. Danach gilt der Ausschluss des Übergangs körperschaftsteuerlicher Verlustpositionen auch für gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Im Fall der Verschmelzung und Spaltung von Personengesellschaften kommen die allgemeinen Grundsätze von Unternehmens- und Unternehmeridentität hingegen nach wie vor zur Anwendung, da der für diese Vorgänge einschlägige § 24 UmwStG zum Schicksal gewerbesteuerlicher Verluste kei54 Großer Senat des BGH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 (621); dies kritisierend bspw. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 756; Drüen in Blümich, § 10a GewStG Rz. 62 (Stand August 2019). 55 Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 49 ff. (Stand April 2017); Kahle/Braun, DStZ 2019, 380 (383 f.). 56 Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a GewStG Rz. 63 (Stand April 2017). Bei teilweiser Personenidentität bleiben gewerbesteuerliche Verlustpositionen anteilig erhalten. Siehe dazu auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, 755 f.
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ne Regelung enthält.57 So sind nach der Auffassung des BFH beispielsweise im Falle der Verschmelzung von Personengesellschaften sowohl Unternehmer- als auch Unternehmensidentität zu bejahen, wenn alle Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auch an der aufnehmenden Gesellschaft beteiligt sind und die Identität des bisherigen Gewerbebetriebs der übertragenden Gesellschaft innerhalb der Gesamttätigkeit des aufnehmenden Betriebs gewahrt bleibt.58 An einer spezialgesetzlichen Regelung im UmwStG fehlt es auch für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb gem. § 123 Abs. 3 UmwG auf eine Personengesellschaft ausgliedert. Ob auch in dieser Konstellation die aufnehmende Personengesellschaft einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der übertragenden Kapitalgesellschaft nutzen kann, sofern Unternehmer- und Unternehmensidentität gewahrt sind, ist seit langem umstritten.59 Zumindest für den Fall, dass sich die übertragende Kapitalgesellschaft nach der Ausgliederung nicht ausschließlich auf die Verwaltung des Mitunternehmeranteils beschränkt, hat der BFH 2019 entschieden, dass ein Verlustübergang nicht in Betracht kommt, da der Gewerbebetrieb der Kapitalgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG selbst dann als fortbestehend fingiert wird, wenn sie fortan nur noch als Holding fungiert.60 Als Zwischenfazit lässt sich also festhalten, dass die Verlustnutzung nach Umstrukturierungen bei der Gewerbesteuer in hohem Maße inkonsistent ausgestaltet ist. Objektive und subjektive Anforderungen werden in wenig überzeugender Weise kombiniert. Diese Inkonsistenz kann auf zwei Wegen aufgelöst werden. Erstens wäre es denkbar, für die Verlustnutzung konsequent zum Objektsteuerprinzip zurückzukehren. Dazu müsste die Möglichkeit zur weiteren Verlustnutzung auch bei Kapitalgesellschaften vom Erfordernis der Unternehmensidentität abhängig gemacht werden. Aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtsicherheit ist dies jedoch nicht zu empfehlen. Denn dazu müsste auch bei Kapitalgesellschaften die tatsächliche Kontinuität des von der Gesellschaft getragenen Unternehmens fortlaufend überwacht werden. Bislang ergibt sich ein solches Erfordernis nur aus § 8d KStG. Nach dieser Vorschrift können Verluste trotz eines schädlichen Anteilseignerwechsels i.S.v. § 8c 57 Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 24 UmwStG Rz. 164 ff. 58 BFH v. 14.9.1993 – VIII R 84/90, FR 1994, 511 (513). 59 Siehe dazu Suchanek, FR 2012, 296 ff.; Suchanek, FR 2019, 645 ff. 60 BFH v. 17.1.2019 – III R 35/17, BStBl. II 2019, 407 (409 f.); s. dazu auch Suchanek, FR 2019, 645 ff.
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KStG auf Antrag der Kapitalgesellschaft weiterhin genutzt werden, solange sie ihren Geschäftsbetrieb fortführt.61 Sobald die betroffenen Verluste verrechnet wurden, entfällt auch die Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb fortzuführen. Trotz seines somit nur sehr eingeschränkten sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereichs wurde das Erfordernis der Geschäftsbetriebsfortführung im Rahmen von § 8d KStG im Schrifttum teils heftig kritisiert.62 Unabhängig davon, ob diese Kritik berechtigt ist oder nicht,63 wäre jedenfalls ein generelles Tatbestandsmerkmal der Unternehmensidentität als Voraussetzung für einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag bei Kapitalgesellschaften mit erheblicher Rechtsunsicherheit für die Steuerpflichtigen und mit einem erheblichen Kontrollaufwand für die Finanzverwaltung verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es vorzugswürdig, den Weg zur Subjektivierung der Verlustnutzung bei der Gewerbesteuer konsequent zu Ende zu gehen. Zu diesem Zweck müsste auch bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften de lege ferenda auf das Erfordernis der Unternehmensidentität verzichtet werden. Dies hätte zur Folge, dass auch ein Einzelunternehmer Gewinne und Verluste aus unterschiedlichen Gewerbebetrieben miteinander verrechnen kann. Im Falle von Personengesellschaften müssten die Gesellschafter Zugriff auf die gewerbesteuerlichen Verluste der Gesellschaft erhalten. Dies wäre gewährleistet, wenn der Gesetzgeber im Rahmen einer großen Lösung Personengesellschaften für gewerbesteuerlich transparent erklären würde. Mit dem damit hergestellten Gleichlauf zum Einkommensteuerrecht wäre zugleich eine erhebliche Steuervereinfachung verbunden. Falls an der gewerbesteuerlichen Intransparenz von Personengesellschaften festgehalten werden soll, wäre es alternativ denkbar, auf Gesellschaftsebene angefallene Verluste zumindest dann den Gesellschaftern zuzuweisen, wenn sie aus der Gesellschaft ausscheiden bzw. wenn die Gesellschaft aufgelöst wird. Die steuertechnischen Voraussetzungen hierfür sind bereits heute gegeben, da gem. § 10a Satz 4 GewStG der gewerbesteuerliche Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen ist.64 Mittels dieser Vorschrift, die bislang der Verlustvernichtung bei einem partiellen Wegfall der Unternehmeridentität 61 Siehe zu den Hintergründen von § 8d KStG Schön/Röder, FR 2017, 113 ff. 62 Siehe bspw. Zinowsky/Jochimsen, StBp 2017, 35 (37); Moser/Witt, DStZ 2017, 235 (239); Crezelius, NZI 2017, 256 (258 f.). 63 Siehe dazu Röder, DStR 2017, 1737 (1739 f.). 64 Siehe zur Durchführung des Verlustabzugs gem. § 10a Satz 4 und 5 GewStG Kahle/Braun, DStZ 2019, 380 (384 f.).
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dient, ließe sich alternativ völlig problemlos eine Verlustmitnahme durch ausscheidende Gesellschafter organisieren. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung würde durch die hier vorgeschlagene Subjektivierung die Möglichkeit zur weiteren Nutzung gewerbesteuerlicher Verluste im Falle von Unternehmensumstrukturierungen erheblich ausgeweitet. So könnte beispielsweise ein Einzelunternehmer einen verlustbringenden Gewerbebetrieb ausgliedern, ohne dass dadurch der gewerbesteuerliche Verlustvortrag verfiele. Bei einem Verzicht auf das Erfordernis der Unternehmensidentität bliebe der gewerbesteuerliche Verlustvortrag vielmehr ebenso wie ein einkommensteuerlicher Verlustvortrag beim Einzelunternehmer und könnte von diesem mit einem zukünftigen Gewerbeertrag aus einer anderen Quelle verrechnet werden.
3. Ausschluss des intersubjektiven Verlustübergangs zwischen Kapitalgesellschaften bei Verschmelzung und Spaltung Drittens ist die Verlustnutzung bei der Verschmelzung oder Spaltung von Kapitalgesellschaften de lege lata unbefriedigend geregelt. Der generelle Ausschluss eines intersubjektiven Verlustübergangs durch das SEStEG ab 2006 steht zwar mit dem körperschaftsteuerlichen Subjektsteuerprinzip in Einklang. Allerdings handelt es sich um eine Fallkonstellation, in der dieser Grundsatz aus wirtschaftspolitischen Gründen durchbrochen werden sollte, da das pauschale Verbot jeglicher intersubjektiven Verlustverrechnung wirtschaftlich sinnvolle Unternehmensumstrukturierungen behindert. Gerade aus diesem Grund hatte der Gesetzgeber im Umwandlungssteuergesetz 1995 den Verlustübergang bei der Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften zunächst zugelassen: „Durch die umfassendere Regelung handelsrechtlicher Umwandlungsvorgänge wird […] die Möglichkeit eröffnet, diese Umstrukturierungen stärker als bisher steuerneutral zu stellen und Verlustvorträge zuzulassen, soweit dem nicht spezifische Belange des Steuerrechts entgegenstehen. Dadurch werden betriebswirtschaftlich erwünschte und handelsrechtlich zukünftig mögliche Umstrukturierungen der Wirtschaft nicht durch steuerliche Folgen behindert, die ohne die besondere Regelung des Umwandlungssteuerrechts eintreten würden.“65
Durch den Ausschluss eines intersubjektiven Verlustübergangs wurde 2006 wieder ein massives steuerliches Hindernis für Umstrukturierun-
65 BT-Drucks. 12/6885, S. 14. Hervorhebung durch den Verfasser.
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gen geschaffen.66 Vollständig gleichwertige gestalterische Alternativen existieren nicht. So liegt es zwar nahe, vor einer Verschmelzung oder Spaltung stille Reserven aufzudecken, um die anderenfalls untergehenden Verluste noch beim übertragenden Rechtsträger zu nutzen. Aufgrund der Möglichkeit, Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert oder einem Zwischenwert anzusetzen,67 können zu diesem Zweck noch in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gezielt Gewinne realisiert werden.68 Allerdings kann die Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG einer vollständigen Verlustverrechnung entgegenstehen.69 Zudem scheitert eine passgenaue erfolgsneutrale Gewinnrealisierung in der Regel daran, dass die körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvorträge unterschiedlich hoch sind.70 Am schwersten wiegt jedoch, dass eine Verlustnutzung durch die Aufdeckung stiller Reserven von vornherein ausscheidet, wenn der übertragende Rechtsträger nicht über ausreichende stille Reserven verfügt. Auch eine Umkehr der Verschmelzungsrichtung ist keine befriedigende Lösung. Denn dadurch würde ja gerade die eigentlich betriebswirtschaftlich präferierte Gestaltung aufgrund eines steuerlichen Hindernisses vereitelt. Hinzu kommt, dass im Falle einer Verschmelzung der Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft § 8c KStG einer weiteren Nutzung der Verluste des übernehmenden Rechtsträgers entgegenstehen kann, wenn anschließend die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers mehrheitlich am übernehmenden Rechtsträger beteiligt sind.71 Eine Umkehr der Verschmelzungsrichtung steht zudem unter dem Damoklesschwert des § 42 AO. Im sog. Thüringer-Autohaus-Fall hatte der BFH für das Streitjahr 2003 einen Gestaltungsmissbrauch verneint, da ein Rückgriff auf § 42 AO a.F. durch § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a.F. und § 8 Abs. 4 KStG a.F. gesperrt sei.72 Allerdings ist das Verhältnis von speziellen Missbrauchsvorschriften zu 66 In diesem Sinne auch Wisniewski in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 102. 67 § 11 Abs. 1, 2 UmwStG. 68 Hagemann/Jakob/Ropohl/Viebrock, NWB 2007, 2 (26); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (275). 69 Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533); Hagemann/Jakob/Ropohl/ Viebrock, NWB 2007, 2 (26); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (276). 70 Hagemann/Jakob/Ropohl/Viebrock, NWB 2007, 2 (26); Ley/Bodden, FR 2007, 265 (276). 71 Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 62, Fn. 170; Ley/ Bodden, FR 2007, 265 (275 f.) (damals noch unter Verweis auf § 8 Abs. 4 KStG a.F.). 72 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605 ff.
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§ 42 AO nach wie vor umstritten.73 Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll jedenfalls die Neufassung des § 42 AO durch das Jahressteuergesetz 200874 der bisherigen Rechtsprechung des BFH die Grundlage entzogen haben.75 Demgegenüber steht das FG Hessen auf dem Standpunkt, dass der durch das SEStEG neu gefasste § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG und der an die Stelle von § 8 Abs. 4 KStG a.F. getretene § 8c KStG auch gegenüber § 42 AO n.F. Abschirmwirkung entfalten.76 Es wäre somit nach wie vor möglich, eine Gewinngesellschaft zum Zwecke der Verlustnutzung auf eine Verlustgesellschaft zu verschmelzen. Klarheit in dieser Frage wird erst eine erneute Entscheidung des BFH bringen.77 Im Ergebnis werden somit durch die gegenwärtige Rechtslage betriebswirtschaftlich sinnvolle Verschmelzungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften erschwert. Das muss natürlich auch den Verfassern des SEStEG bewusst gewesen sein. Der Gesetzgeber nahm dieses Ergebnis jedoch offensichtlich in Kauf, um der Gefahr eines Verlustimports aus dem Ausland vorzubeugen. Bei genauer Betrachtung ist dies jedoch kein überzeugender Grund für einen generellen Ausschluss des Verlustübergangs bei der Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften. In der Literatur wird bereits seit langem zu Recht darauf hingewiesen, dass die Befürchtung eines unkontrollierbaren Verlustimports durch Hereinverschmelzungen überzogen war.78 Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass das Sekundärrecht keine entsprechende Verpflichtung kennt. Nach Art. 6 Fusionsrichtlinie79 muss ein Mitgliedstaat, der im Inland einen Verlustübergang bei Verschmelzungen zulässt, bei grenzüberschreitenden Vorgängen lediglich Verluste der übertragenden Gesell73 74 75 76 77
Siehe bspw. Hey, Beihefter zu DStR 3/2014, 8 ff.; Meier, DStR 2019, 2231 ff. Jahressteuergesetz 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150. AEAO zu § 42 Tz. 1. FG Hessen v. 29.11.2017 – 4 K 127/15, EFG 2018, 486 (489). Anlass dafür bieten die Revisionsverfahren gegen die erwähnte Entscheidung des FG Hessen (I R 2/18) sowie gegen eine Entscheidung des FG Hamburg v. 27.6.2017 – 6 K 127/16, EFG 2017, 1718 ff. (I R 52/17). 78 Siehe bspw. Herfort/Viebrock in Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, § 12 UmwStG Rz. 199; Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533). 79 Richtlinie 2009/133/EG des Rates vom 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABl. EU Nr. L 310 v. 15.11.2009, 34.
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schaft einer in seinem Hoheitsgebiet belegenen Betriebstätte der übernehmenden Gesellschaft zuordnen. Ein Verlustimport durch den Ansässigkeitsstaat der übernehmenden Gesellschaft ist nach der Fusionsrichtlinie gerade nicht vorgesehen.80 Dessen ungeachtet können sich natürlich aus dem Primärrecht weitergehende Verpflichtungen ergeben. Welche Anforderungen die Grundfreiheiten an die grenzüberschreitende Verlustverrechnung stellen, ist nach wie vor nicht abschließend geklärt.81 Der Rechtsprechung des EuGH lässt sich immerhin entnehmen, dass Verluste primär in dem Mitgliedstaat zu berücksichtigen sind, in dem sie entstanden sind, und dass Verluste ausländischer Tochtergesellschaften und Freistellungsbetriebsstätten allenfalls dann im Inland berücksichtigt werden müssen, wenn sie im Ausland unter keinen Umständen mehr genutzt werden können.82 Wann dies der Fall ist und Verluste daher im Sinne der sog. Marks-&-Spencer-Rechtsprechung des EuGH endgültig oder „final“ sind, ist bis heute eines der größten Mysterien des Europäischen Steuerrechts. Auch die jüngsten einschlägigen Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Memira Holding83 und Holmen84 bringen kein endgültiges Licht ins Dunkel.85 Möglicherweise kommt es hierauf im Falle der Verschmelzung einer ausländischen auf eine inländische Kapitalgesellschaft aber auch gar nicht an. In der Rechtssache Aures hat der EuGH unlängst entschieden, dass im Falle des steuerlichen Zuzugs einer Kapitalgesellschaft durch Verlegung des Verwaltungssitzes der Aufnahmestaat nicht verpflichtet ist, zuvor im Wegzugsstaat entstande-
80 Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533). 81 In diesem Sinne bspw. auch Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 788.4 (Stand Oktober 2013); Schulz-Trieglaff, IStR 2017, 777 ff.; s. ferner Brandis, DStR 2018, 2051 ff.; a.A. offenbar Ismer/Kandel, IStR 2019, 717 ff. 82 EuGH v. 13.12.2005 – C-446/03, ECLI:EU:C:2005:763 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837; EuGH v. 15.5.2008 – C-414/06, ECLI:EU:C:2008:278 – Lidl Belgium, Slg. 2008, I-3601; EuGH v. 21.2.2013 – C-123/11, ECLI:EU:C: 2013:84 – A Oy, FR 2013, 370 ff.; EuGH v. 3.2.2015 – C-172/13, ECLI:EU:C: 2015:50 – Europäische Kommission/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, DStR 2015, 337 ff.; EuGH v. 17.12.2015 – C-388/14, ECLI: EU:C:2015:829 – Timac Agro, FR 2016, 126 ff.; EuGH v. 12.6.2018 – C-650/ 16, ECLI:EU:C:2018:424 – Bevola, FR 2018, 643 ff. 83 EuGH v. 19.6.2019 – C-607/17, ECLI:EU:C:2019:510 – Memira Holding, FR 2019, 722 f. 84 EuGH v. 19.6.2019 – C-608/17, ECLI:EU:C:2019:511 – Holmen, DStR 2019, 1345 ff. 85 So auch Kopec/Wellmann, IWB 2019, 702 ff.
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ne Verluste zu berücksichtigen.86 Aufgrund des Wechsels der Steuerhoheit zwischen Verlustentstehung und beantragtem Verlustabzug fehle es bereits an der Vergleichbarkeit mit einem rein innerstaatlichen Sachverhalt.87 Ob die Verluste im Wegzugstaat „final“ waren oder nicht, spielte dementsprechend keine Rolle. Es liegt nahe, diese Grundsätze auf den wertungsmäßig vergleichbaren Fall88 der Hereinverschmelzung einer ausländischen Verlustgesellschaft zu übertragen. Denn auch in dieser Konstellation wechselt die Steuerhoheit nach Verlustentstehung. Auch der vom EuGH ergänzend ins Feld geführte Wertungswiderspruch zur grundsätzlich zulässigen Besteuerung der nicht unter seiner Steuerhoheit verbleibenden stillen Reserven durch den Wegzugsstaat bestünde in gleicher Weise.89 Vor diesem Hintergrund ist zumindest nach derzeitigem Stand davon auszugehen, dass sich aus den Grundfreiheiten keine Verpflichtung zur grenzüberschreitenden Berücksichtigung ausländischer Verluste ergibt, die für den deutschen Fiskus mit substantiellen fiskalischen Risiken verbunden wäre.90 Sollte sich dies in Zukunft ändern, müsste über die Ausgestaltung der Verlustverrechnung insgesamt neu nachgedacht werden. Denn die Notwendigkeit, potentiell „finale“ ausländische Verluste berücksichtigen zu müssen, ist kein Spezifikum grenzüberschreitender Verschmelzungen oder Spaltungen. Auch die ertragsteuerliche Organschaft und die Anwendung der Freistellungsmethode auf ausländische Betriebsstätten bei grundsätzlich bestehender unbeschränkter Steuerpflicht sind potentielle Einfallstore für definitive
86 EuGH v. 27.2.2020 – C-405/18, ECLI:EU:C:2020:127 – Aures, FR 2020, 370 ff. Siehe dazu auch die Anmerkung von Dauzenberg, FR 2020, 374 ff. 87 EuGH v. 27.2.2020 – C-405/18, ECLI:EU:C:2020:127 – Aures, FR 2020, 370 ff. Rz. 39 ff. Im Sachverhalt bestand zum Zeitpunkt der Verlustentstehung im Wegzugsstaat noch keine Betriebsstätte im Zuzugsstaat. Darüber, ob der EuGH die Vergleichbarkeit anderenfalls bejaht hätte, kann nur spekuliert werden (in diesem Sinne auch Dauzenberg, FR 2020, 374 [375 f.]). Da auch bei einer über eine Betriebsstätte vermittelten beschränkten Steuerpflicht im späteren Zuzugsstaat die Verluste im Wegzugsstaat außerhalb der Steuerhoheit des Zuzugsstaats entstanden wären, sollte sich am Ergebnis nichts ändern. Ob der EuGH dies genauso sieht, bleibt abzuwarten. 88 In diesem Sinne auch Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1525 (1533); Werra/ Teiche, DB 2006, 1455 (1460). 89 EuGH v. 27.2.2020 – C-405/18, ECLI:EU:C:2020:127 – Aures, FR 2020, 370 ff. Rz. 50 ff. 90 In diesem Sinne bspw. auch Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 12 UmwStG Rz. 344; Haase, Ubg 2020, 232.
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Auslandsverluste.91 So ließe sich etwa die Gefahr eines erzwungenen Verlustimports in Konzernsachverhalten wohl nur dadurch weitgehend eliminieren, dass auch für rein nationale Sachverhalte konsequent auf jede Form von Gruppenbesteuerung verzichtet wird. Angesichts der bis dato überschaubaren fiskalischen Risiken hat der deutsche Gesetzgeber jedoch bislang zu Recht am Rechtsinstitut der Organschaft festgehalten – und sollte dies auch angesichts des von der Kommission 2019 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens92 weiterhin tun. Vor diesem Hintergrund stellt sich der Ausschluss jeglicher intersubjektiven Verlustverrechnung durch das SEStEG zumindest im Nachhinein als eine Überreaktion des Gesetzgebers dar, die de lege ferenda korrigiert werden sollte. Wenn es zukünftig wieder zugelassen wird, dass bei der Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften Verluste vom übertragenden auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, so bedarf es auch wieder einer speziellen umwandlungssteuerrechtlichen Regelung zur Verhinderung von Mantelkaufgestaltungen. Anderenfalls wäre es beispielsweise problemlos möglich, einen Verlustmantel gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine Gewinngesellschaft zu verschmelzen. Sofern die neu hinzukommenden Gesellschafter anschließend nicht mehr als 50 % der Anteile am übernehmenden Rechtsträger halten, wird dieser Vorgang beim übernehmenden Rechtsträger bislang nicht von § 8c KStG erfasst.93 Um solche Gestaltungen zu unterbinden, ist es allerdings nicht möglich, schlicht zu der entsprechenden Regelung des Umwandlungssteuergesetzes 1995 zurückzukehren. Denn diese Vorschrift war wertungsmäßig auf § 8 Abs. 4 KStG a.F. abgestimmt. Für eine Neuregelung müsste hingegen das heutige Grundkonzept der §§ 8c und 8d KStG maßgebend sein. Im Ausgangspunkt wäre dann der Verlustübergang zu versagen, wenn die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers nach der Verschmelzung oder Spaltung weniger als 50 % der Antei91 Siehe zur Organschaftsproblematik bspw. Maack/Kersten, DStR 2019, 2281 ff. Zur strittigen Frage der Vergleichbarkeit im Hinblick auf die Verluste von Freistellungsbetriebsstätten s. Heckerodt, IStR 2019, 171 ff.; Ismer/Kandel, IStR 2019, 717 (719 ff.). 92 Verfahrensnummer 2019/4053; s. dazu Boller/Hackemann, IStR 2020, 41 ff. 93 § 8c KStG ist in dieser Situation lediglich auf den übernehmenden Rechtsträger unmittelbar anwendbar und kann zu einem Untergang von dessen Verlustpositionen führen, s. Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Vor § 11 UmwStG Rz. 149 (Stand April 2012); Herfort/Viebrock in Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl. 2017, § 12 UmwStG Rz. 194.
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le am übernehmenden Rechtsträger halten. Wie bei der direkten Anwendung von § 8c KStG wäre damit das Schicksal der Verluste des übertragenden Rechtsträgers jedoch noch nicht besiegelt. Vielmehr müssten auch die Rückausnahmen zum Grundtatbestand des § 8c KStG in eine spezielle umwandlungssteuerrechtliche Mantelkaufregelung inkorporiert werden. Die Verluste würden daher übergehen, wenn der übertragende Rechtsträger über ausreichende stille Reserven verfügt94 oder wenn beide Kapitalgesellschaften zum gleichen Konzern gehören.95 Auch eine entsprechende Anwendung der Sanierungsklausel96 ist denkbar. Schließlich müssten die Verluste des übertragenden Rechtsträgers auf Antrag auch durch eine Geschäftsbetriebsfortführung i.S.v. § 8d KStG erhalten werden können. § 8d KStG setzt voraus, dass eine Kapitalgesellschaft nur einen Geschäftsbetrieb unterhält.97 Diese Einschränkung ist jedoch weniger gravierend, als von Teilen der Literatur befürchtet wird.98 Ein Geschäftsbetrieb umfasst gem. § 8d Abs. 1 Satz 3 KStG sämtliche „von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen“ einer Kapitalgesellschaft. Ein solcher Förderzusammenhang wäre beispielweise zu bejahen bei einem Autohaus und einer angeschlossenen Reparaturwerkstatt. Beide Tätigkeitsfelder bilden daher einen einheitlichen Geschäftsbetrieb. Übertragen auf den Fall der Verschmelzung oder Spaltung von Kapitalgesellschaften ist das Erfordernis der Fortführung eines einheitlichen Geschäftsbetriebs gewahrt, wenn die Verlustgesellschaft vor der Umstrukturierung noch einen Geschäftsbetrieb unterhält und beim übernehmenden Rechtsträger anschließend ein einheitlicher Geschäftsbetrieb entsteht. Es wäre daher möglich, eine Werkstatt-GmbH auf eine Autohaus-GmbH zu verschmelzen. An einem einheitlichen Geschäftsbetrieb würde es hingegen mangels eines Förderzusammenhangs beispielsweise fehlen, wenn eine Textilfabrik auf einen Spirituosenhandel verschmolzen würde.99 Eine solche Umstrukturierung könnte aber auch nur schwerlich als betriebswirtschaftlich sinnvoll angesehen werden.
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§ 8c Abs. 1 Satz 5 ff. KStG. § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG. § 8c Abs. 1a KStG. Siehe Schön/Röder, FR 2017, 113 (125 f.); Röder, DStR 2017, 1737 (1740). Siehe dazu Röder, DStR 2017, 1737 (1739 f.). Ein solcher Branchenwechsel von der Textilproduktion zur Herstellung und zum Vertrieb von Spirituosen lag der ersten Mantelkaufentscheidung des BFH zugrunde; s. BFH v. 8.1.1958 – I 131/57 U, BStBl. III 1958, 97 ff.
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IV. Fazit Die Fähigkeit von Unternehmen, Verluste nach einer Umstrukturierung weiter zu nutzen, ist de lege lata von zahlreichen Inkonsistenzen geprägt und unnötig restriktiv ausgestaltet. Wünschenswert wären eine Rückkehr zu einer größeren Systemorientierung sowie insgesamt eine Liberalisierung der Verlustnutzungsmöglichkeiten. Dann könnte das Umwandlungssteuerrecht sein zentrales Ziel, betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen zu erleichtern, noch besser erreichen.
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Umstrukturierung und Missbrauchsabwehr Cornelius Link Berlin
I. Einführung II. Das Konkurrenzverhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsregelungen 1. Sperrwirkung spezialgesetzlicher Missbrauchsregelungen gegenüber § 42 AO 2. Monetarisierung von Verlusten a) Vermeidung einer Liquidationsbesteuerung b) Transfer von Verlusten 3. Ausblick III. Gesamtplan IV. Sperrfristregelungen 1. Wirkung der umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen a) Einbringung
b) Spaltung 2. Vereinbarkeit der umwandlungssteuerrechtlichen Sperrfristregelungen mit Unionsrecht a) Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie b) Art. 15 Fusionsrichtlinie aa) Steuerumgehung bb) Steuerumgehung als hauptsächlicher Beweggrund cc) Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Fusionsrichtlinie als unwiderlegbare Vermutung dd) Entbehrlichkeit der Einzelfallprüfung ee) Fortsetzung der Harmonisierung des europäischen Umwandlungssteuerrechts
I. Einführung „Das Steuergesetz kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden.“ So apodiktisch, wie § 42 Abs. 1 Satz 1 AO jeglichen missbräuchlichen Gestaltungen die steuerliche Anerkennung versagt, so deutlich wird angesichts der Vielzahl spezialgesetzlicher Regelungen im Bereich der Umstrukturierungen, dass dem Gesetzgeber diese allgemeine Missbrauchsabwehrregelung allein nicht ausreicht, um allen denkbaren Varianten missbräuchlicher, möglicherweise missbräuchlicher oder auch nur missbilligter Steuergestaltungen angemessen zu begegnen. Grundsätzlich wird es von der Rechtsordnung nicht beanstandet, wenn sich der Steuerpflichtige unter mehreren Möglichkeiten, ein wirtschaftlich vergleichbares Ziel zu erreichen, für die steuerlich günstigste entscheidet. Bei betrieblichen Umstrukturierungen ist die subjektbezogene vollständige oder temporäre Vermeidung ei-
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ner Besteuerung bisweilen sogar nicht nur akzeptiert oder erwünscht, sondern – wie z.B. im Fall des § 6 Abs. 3 und 5 EStG – gesetzlich angeordnet. Mit solchen Begünstigungen geht stets aber auch das Risiko einher, dass auch andere Steuerpflichtige als diejenigen, die der Gesetzgeber eigentlich im Blick hatte und deren Begünstigung weder steuerpolitisch noch steuersystematisch geboten ist, versuchen, den damit verbundenen steuerlichen Vorteil zur Senkung der eigenen Steuerbelastung zu nutzen. Damit solche Gestaltungen nicht zu einem Verstoß der Begünstigungsregelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG führen, ist einerseits der Gesetzgeber aufgerufen, die Verfassungskonformität durch entsprechende allgemeine oder spezielle Regelungen sicherzustellen. Andererseits obliegt es auch den Finanzbehörden und -gerichten, bei der Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts – und namentlich des § 42 AO – Gestaltungspraktiken entgegenzuwirken, die sonst zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen würden.1 Das Konkurrenzverhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsregelungen, auf das im II. Teil dieses Beitrags näher einzugehen sein wird, ist aktuell erneut Gegenstand eines vor dem BFH anhängigen Revisionsverfahrens.2 In diesem Verfahren wird der BFH Gelegenheit erhalten, erstmals3 zur Sperrwirkung spezialgesetzlicher Regelungen zu § 42 AO in der seit dem Jahressteuergesetz 2008 geltenden Fassung Stellung zu nehmen. Zu § 42 AO a.F. hat der BFH mehrfach entschieden, dass die Existenz einer spezialgesetzlichen Missbrauchsregelung selbst dann die Anwendung des § 42 AO a.F. ausschließen kann, wenn der Tatbestand der spezialgesetzlichen Regelung nicht erfüllt ist. Obwohl der Gesetzesbegründung zu § 42 AO n.F. zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber § 42 AO einen weiteren Anwendungsbereich als bislang zukommen lassen wollte,4 wird im 1 BVerfG v. 17.12.2014 zur Unvereinbarkeit der Privilegierung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht – 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015, 50, Rz. 254 f. 2 BFH – I R 2/18; vorgehend Hessisches FG v. 29.11.2017, EFG 2018, 486. 3 Offengelassen vom VIII. Senat im Urteil BFH v. 7.5.2019 – VIII R 29/15, DB 2019, 1772. 4 BT-Drucks. 16/6290, 81: „Der spezielleren Vorschrift in den Einzelsteuergesetzen soll im Hinblick auf die allgemeine Regelung in § 42 Abs. 1 AO keine Abschirmwirkung zukommen. Durch die Ergänzung in Abs. 2 soll klargestellt werden, dass Abs. 1 des § 42 AO als gleichrangige Vorschrift neben anderen Vorschriften, die Steuerumgehungen regeln, anwendbar bleibt. Sie hebt die Intention des Gesetzgebers hervor, dass es keinen Wertungsvorrang dieser anderen Vorschriften gibt, der den Tatbestand des § 42 Abs. 1 AO ausschließen könnte, und zwar insbesondere dann nicht, wenn die Voraussetzungen dieser anderen Vorschriften im Einzelfall nicht vorliegen.“
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Schrifttum5 – ebenso wie von der Vorinstanz – bezweifelt, ob dieser gesetzgeberische Wille hinreichend im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommen ist. Sollte der BFH nach wie vor die Sperrwirkung spezialgesetzlicher Regelungen gegenüber § 42 AO bejahen, stellt sich die weitere Frage, ob die im Streitjahr geltenden Verlustverrechnungsbeschränkungen (insbesondere § 8c KStG a.F. und § 12 Abs. 3 UmwStG i.d.F. des SEStEG) als spezialgesetzliche Regelungen demselben „missbrauchsgeneigten Feld“ wie die streitgegenständliche Gestaltung zur entgeltlichen Übertragung stiller Reserven zuzuordnen sein sollte. Den im weiteren Sinne missbräuchlichen Gestaltungen hat die Finanzverwaltung bislang auch solche Gestaltungen zugeordnet, bei denen der Steuerpflichtige zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang zu einer steuerbegünstigten Umwandlung oder unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG funktional wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder unentgeltlich übertragen hat. In diesen Fällen hat die Finanzverwaltung bislang in sinngemäßer Anwendung der sog. Gesamtplanrechtsprechung wie im Fall der Zurückbehaltung einer wesentlichen Betriebsgrundlage die steuerliche Begünstigung (zwingender oder optionaler Buchwertansatz des übergehenden Betriebsvermögens) versagt. Der BFH hat sich dieser Auffassung der Finanzverwaltung nicht angeschlossen, sofern die begünstigte Übertragung der betrieblichen Einheit und die Absonderung des Wirtschaftsguts zeitlich auseinanderfallen. Nach Auffassung des IV. Senats ist sogar die zeitgleiche Übertragung nach § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG unschädlich, wohingegen nach Auffassung des I. Senats die Zurückbehaltung eines Wirtschaftsguts nach wie vor – jedenfalls in Einbringungsfällen – nicht mit dem Erfordernis der Übertragung eines (gesamten) Betriebs in Einklang zu bringen ist. Mit möglichen Konsequenzen aus diesen Entscheidungen wird sich der III. Teil dieses Beitrags befassen. Gegenstand des IV. Teils ist schließlich die vor allem im Schrifttum geäußerte Kritik an den typisierenden Missbrauchsregelungen. Anhand der umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen (u.a. § 15 Abs. 2 und § 22 UmwStG) soll hier insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob diese Regelungen, die nicht nur missbräuchliche oder – insbesondere unter Anlegung besonderer steuerethischer Maßstäbe – zu missbilligende Gestaltungen erfassen und keine Möglichkeit zum Gegenbeweis vorsehen, mit 5 Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 42 AO Rz. 61 ff., Drüen, Ubg 2008, 31 ff., Hey, StuW 2008, 167 (173), Ratschow in Klein, § 42 AO Rz. 2, einschränkend Wendt in DStJG 33 (2010), S. 117 (136).
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der Fusionsrichtlinie (im Folgenden: FRL) in Einklang stehen, die eine Besteuerung stiller Reserven infolge einer Umwandlung grundsätzlich untersagt.
II. Das Konkurrenzverhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsregelungen 1. Sperrwirkung spezialgesetzlicher Missbrauchsregelungen gegenüber § 42 AO Mit dem Jahressteuergesetz 2008 wurde § 42 AO grundlegend geändert und der Missbrauchsbegriff in § 42 Abs. 2 AO legal definiert. Danach liegt ein Missbrauch – mit dem das Steuergesetz nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO nicht umgangen werden kann – vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt, und der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe nachweisen kann.6 Die bis dahin unmittelbar an den Begriff des Missbrauchs anknüpfende Frage zu Reichweite und Grenzen des § 42 AO hat sich damit auf die Merkmale Unangemessenheit und gesetzlich nicht vorgesehener Steuervorteil verlagert, ohne dass damit nach der überwiegenden Auffassung im Schrifttum eine wesentliche qualitative Änderung einhergegangen wäre.7 Dies betrifft insbesondere das Verhältnis von § 42 AO zu speziellen Missbrauchsregelungen, die nach ständiger zu § 42 AO a.F. ergangener BFH-Rechtsprechung auch dann eine Sperrwirkung entfalten können, wenn der Tatbestand der speziellen Missbrauchsnorm selbst nicht bzw. nicht vollumfänglich erfüllt ist.8 Der BFH hat hier stets auf das „missbrauchsverdächtige Feld“ verwiesen, das der Gesetzgeber gesichtet, auf dem er einen bestimmten Bereich abgesteckt und für den er eine spezielle Rechtsfolge zur Missbrauchsverhinderung vorgesehen hat. Der – nicht abgesteckte – Rest des Feldes soll danach aufgrund der in der Segmentierung zum Ausdruck kommenden 6 Zur Entstehungsgeschichte des § 42 AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vorbemerkungen zur Neufassung durch das JStG 2008 § 42 (seit 1.1.2008) Rz. 1. 7 Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 42 AO Rz. 61 ff.; Drüen, Ubg 2008, 31 ff.; Hey, StuW 2008, 167 (173); Ratschow in Klein, § 42 AO Rz. 2; einschränkend Wendt in DStJG 33 (2010), S. 117 (136). 8 Vgl. dazu ausführlich Hey in DStJG 33 (2010), S. 139.
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Wertung des Gesetzgebers, die nicht unterlaufen werden dürfe, für § 42 AO a.F. versperrt sein. Denn eine dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Gestaltung könne weder unangemessen sein, noch zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führen.9 Selbst wenn der Gesetzgeber die konkrete Gestaltung nicht vor Augen gehabt haben sollte, müsse er sich dies im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung zurechnen lassen. In diesem Fall sei es allein Aufgabe des Gesetzgebers, der mittels der speziellen Missbrauchsbekämpfungsnormen die Grenzen des Missbrauchs gezogen hat, verbleibende Rechtsfolgelücken zu schließen.10 Im Prinzip könnte somit die Einführung oder Änderung spezieller Missbrauchsabwehrregelungen den ggf. unbeabsichtigten Nebeneffekt mit sich bringen, dass bislang als unangemessen einzustufende Gestaltungen aus dem Anwendungsbereich des § 42 AO a.F. herausfallen – sofern die Gestaltung nunmehr dem abgesteckten Feld und nicht einem benachbarten, noch von Missbrauchsregelungen unberührten Feld zuzuordnen ist. Insoweit konsequent hat der BFH im sog. „Thüringer Autohausfall“11 entschieden, dass bei einer Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft die Verluste der übernehmenden Gesellschaft auch dann nicht nach § 42 AO a.F. wegfallen, wenn der einfachere Weg die Verschmelzung der Verlust- auf die Gewinngesellschaft gewesen wäre. Im Streitfall hatte sich die übernehmende Gesellschaft im Anschluss an die Verschmelzung – in zivilrechtlich zulässiger Weise – durch Umfirmierung, Sitzverlegung und Übernahme der Verwaltung und Geschäftsführung de facto in die ehemalige Gewinngesellschaft „zurückverwandelt“. Entscheidend war für den BFH, dass im Streitjahr Missbrauchsregelungen – insbesondere § 12 Abs. 3 UmwStG a.F. – existierten, die den Untergang von Verlusten nur unter bestimmten Voraussetzungen anordneten. Mit der Frage, ob die Wahl der umgekehrten Verschmelzungsrichtung ggf. eine missbräuchliche Umgehung einer Missbrauchsregelung darstellen könnte, die eine Sperrwirkung gegenüber § 42 AO wieder hätte aufheben können, hat sich der BFH nicht näher auseinandergesetzt. Demgegenüber weist das FG Hamburg12 in einer jüngeren Entscheidung zur Anwendbarkeit des § 42 AO n.F. im Fall der Umgehung des § 8b 9 10 11 12
BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605 (606) Rz. 16 ff. BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605 (606) Rz. 18. BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605. FG Hamburg v. 27.6.2017, EFG 2017, 1718 (Rev. I R 52/17) unter Verweis auf Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rz. 20b und Fischer, FR 2000, 451.
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Abs. 4 KStG a.F. darauf hin, dass eine Missbrauchsregelung dann keine Sperrwirkung gegenüber § 42 AO auslöst, wenn die Missbrauchsregelung selbst missbräuchlich umgangen wird. Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen, wirft allerdings – mit Blick auf den „Thüringer Autohausfall“ und den dort umgangenen § 12 Abs. 3 UmwStG a.F. – insbesondere die Frage auf, ob und warum für die Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen die Umgehung einer Missbrauchsregelung als missbräuchlich einzustufen ist, andere Maßstäbe gelten sollen als für die missbräuchliche Umgehung anderer Regelungen.
2. Monetarisierung von Verlusten Einen Sonderfall der seitens der Finanzverwaltung als missbräuchlich eingestuften Gestaltungen stellt die sog. Monetarisierung von Verlusten dar. Dabei sollen – vom Steuerpflichtigen mangels entsprechender Gewinnaussichten selbst nicht verrechenbare – Verluste nutzbar gemacht werden, indem sie mit Gewinnen eines Dritten verrechnet werden, der dem Steuerpflichtigen für die dadurch ersparte Steuer ein Entgelt zahlt. Die Verschmelzungsrichtung der Gestaltungen kann dabei je nach Ausgestaltung variieren.
a) Vermeidung einer Liquidationsbesteuerung Die dem beim BFH aktuell anhängigen Verfahren I R 2/18 zugrunde liegende Gestaltung (Verschmelzung einer Gewinn- auf eine Verlustgesellschaft unter Ausnutzung des steuerlichen Rückwirkungszeitraums) betrifft einen „Altfall“. Durch die zwischenzeitliche Ergänzung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG wurde die Verrechenbarkeit der Verluste zwischen nicht bereits miteinander verbundenen Unternehmen insoweit nunmehr ausdrücklich ausgeschlossen.13 Ausgangspunkt dieser Gestaltungsvariante waren Gesellschaften, die ihre Geschäftstätigkeit im Prinzip bereits beendet hatten, jedoch noch 13 Eine weitergehende Beschränkung der Möglichkeit zur Verrechnung übergehender stiller Reserven mit Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers war in dem von den Vertretern der Koalitionsfraktionen am 14.2.2012 vorgestellten Maßnahmenkatalog „Zwölf Punkte zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts“ angelegt. Zu den nicht von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG erfassten Gestaltungsmöglichkeiten vgl. Frotscher in Frotscher/Drüen, Kommentar zum Körperschaft-, Gewerbe- und Umwandlungssteuergesetz, § 2 UmwStG Rz. 173; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, § 2 UmwStG Rz. 132.
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über stille Reserven verfügten, die im Fall der Liquidation eine Besteuerung ausgelöst hätten. Diese Gesellschaften wurden in einem ersten Schritt an eine Verlustgesellschaft oder deren Gesellschafter veräußert und anschließend auf die Verlustgesellschaft verschmolzen. Anders als die Finanzverwaltung sieht die Vorinstanz14 weder in der Änderung des Verlustverrechnungskonzepts im KStG15 und UmwStG16 noch in der Tatsache, dass es im Streitfall nicht wie im Thüringer Autohausfall um die Optimierung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten im Unternehmensverbund, sondern um die Vermeidung einer Besteuerung stiller Reserven durch Übertragung auf einen Dritten mit Verlustverrechnungspotential ging, einen entscheidenden Unterschied. Vielmehr sah sich das FG durch die Formulierungen in der Begründung des Bundesrats zum Jahressteuergesetz 2013 zu § 2 Abs. 4 Satz 3 ff. UmwStG,17 der das Gericht eine indizielle Wirkung für den Inhalt der bisherigen Rechtslage zuschreibt, darin bestärkt, dass die steuerliche Anerkennung der Gestaltung vom Willen des ursprünglichen Gesetzgebers getragen war. Der Gesetzgeber – ganz besonders aber der bei der Erstellung des Gesetzentwurfs die Feder führende Ministerialbeamte – muss sich danach stets darüber im Klaren sein, dass die Gesetzesbegründung nicht nur Bedeutung für die Auslegung der jeweiligen Neuregelung hat, sondern seitens der Rechtsprechung unter Umständen auch zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens in Bezug auf bestehendes oder geändertes Recht herangezogen werden könnte. Im Fall der Änderung des § 2 Abs. 4 UmwStG kam insoweit der Verwendung eines Indikativs sowie dem Ausweis im Finanztableau entscheidende Bedeutung zu. Eine andere Frage ist, ob bei einem bereits sehr umfangreichen Regelungsgeflecht wie dem der steuerlichen Verlustverrechnungsbeschränkungsnormen sowohl im Allgemeinen18 als auch speziell in Bezug auf
14 Hessisches FG v. 29.11.2017, EFG 2018, 486. 15 Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde § 8 Abs. 4 KStG a.F. durch § 8c KStG ersetzt. 16 Mit dem SEStEG wurden die Möglichkeiten zum Verlustübergang weiter eingeschränkt und die bislang in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a.F. vorgesehene Möglichkeit, Verluste des übertragenden Rechtsträgers weiterhin nutzen zu können, sofern der für den Verlust ursächliche Betrieb vom übernehmenden Rechtsträger fortgesetzt wird, aufgehoben. 17 BT-Drucks. 17/13033, 90 = BR-Drucks. 139/13 (Beschluss), 176. 18 Vgl. z.B. § 10d Abs. 1 und 2 EStG, §§ 8c und 8d KStG, § 4 Abs. 2 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 3, § 15 Abs. 3, § 20 Abs. 9, § 23 Abs. 5 UmwStG.
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den steuerlichen Rückwirkungszeitraum19 – sollte der BFH seine Rechtsprechung zu § 42 a.F. auf § 42 n.F. übertragen – überhaupt noch ein Anwendungsbereich für § 42 AO besteht oder ob die Vielzahl an „abgesteckten Feldern“ im Bereich der Verlustverrechnung mittlerweile flächendeckend eine Sperrwirkung entfaltet. Folge wäre, dass der Gesetzgeber möglicherweise unbeabsichtigt der Gestaltungsberatung eine Art Freibrief für alle denkbaren Gestaltungen in diesem Bereich ausgestellt haben könnte – selbst wenn es, wie im Verfahren I R 2/18, nicht um eine Verlustverrechnungsbeschränkung beim übernehmenden Rechtsträger geht, sondern um die Besteuerung stiller Reserven beim übertragenden Rechtsträger. Angesichts der unter I. dargestellten Vorgaben des BVerfG ist diese Frage m.E. allerdings schon deshalb zu verneinen, weil bei der Ermittlung des gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils i.S.d. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO n.F. grundsätzlich davon ausgegangen werden muss, dass der Gesetzgeber verfassungskonforme Gesetze schaffen möchte. Infolgedessen muss selbst in weitgehend regulierten Normbereichen Raum für die Anwendung des § 42 AO bleiben. Dies betrifft insbesondere solche Gestaltungen, die auf einen vom Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem Subjektsteuerprinzip abweichenden, vom Gesetzgeber nicht offensichtlich gewollten Steuervorteil abzielen und bei denen einander Fremde zusammenwirken, die ohne den steuerlichen Vorteil nie zueinander gefunden hätten. In diesen Fällen, in denen nach AEAO zu § 89, Nr. 3.5.4 auch die Erteilung einer verbindlichen Auskunft von vornherein ausscheidet, ist ein besonderes Schutzbedürfnis derjenigen nicht zu erkennen, die sich des Risikos ihrer Gestaltung vollauf bewusst sind. Dies wird im folgenden Beispiel des Transfers von Verlusten besonders augenfällig.
b) Transfer von Verlusten Die Monetarisierung in Form eines echten Transfers von Verlusten unterscheidet sich von der unter II. 2. a) beschriebenen Gestaltung darin, dass es keiner funktionslos gewordenen Gesellschaft mit hohen stillen Reserven bedarf, die – anstatt liquidiert zu werden – veräußert und auf eine Verlustgesellschaft verschmolzen wird. Vielmehr kann die Initiative hier unmittelbar von jeder Gesellschaft mit steuerlichen Verlustvorträgen ausgehen. Da steuerliche Verluste kein handelbares Wirtschaftsgut 19 Vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1–6 UmwStG.
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sind und somit nicht unmittelbar veräußert werden können, erwerben zwei von der Verlustgesellschaft gegründete Tochterkapitalgesellschaften T(g) und T(v) einander gegenläufige Zertifikate. Sobald zu einem bestimmten Stichtag feststeht, welches der Zertifikate seinen Wert am Ende der Laufzeit verdoppelt haben und welches einen Totalverlust erleiden wird, veräußert die Verlustgesellschaft die Gesellschaft mit dem VerlustZertifikat (T(v)) an eine fremde Gesellschaft, die T(v) rückwirkend auf sich verschmilzt. Aufgrund der für den steuerlichen Rückwirkungszeitraums geltenden Vereinfachungsregelung wird das im Rückwirkungszeitraums angeschaffte Zertifikat nicht bei T(v) nach § 3 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG mit dem unter dem Buchwert liegenden gemeinen Wert angesetzt,20 sondern gilt nach § 2 Abs. 1 bzw. 2 UmwStG von vornherein als von der übernehmenden Gesellschaft angeschafft, die nach § 6 Abs. 1 Satz 3 EStG zunächst die ursprünglichen Anschaffungskosten fortführt und im Fall der Veräußerung des Zertifikats einen Verlust in Höhe seines Wertverlusts erzielt. Zugleich wird T(g) auf die Verlustgesellschaft verschmolzen und der aus der Veräußerung des Gewinn-Zertifikats erzielte Gewinn mit den Verlustvorträgen der Verlustgesellschaft verrechnet, so dass auch bei dieser keine Steuer anfällt. Würde das Modell funktionieren, könnten Verluste beliebig zwischen gewerblichen Unternehmen hin und her transferiert werden. Dies würde offenkundig einen besonders eklatanten Verstoß gegen steuerliche Grundprinzipien (Subjektsteuerprinzip, Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und damit – angesichts der allein bei der Körperschaftsteuer bis 2014 angehäuften Verlustvorträge i.H.v. 675 Mrd. Euro21 – für eine erhebliche Anzahl potentieller Steuerpflichtiger eine gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigende Begünstigung qua weitgehender Nichtbesteuerung (im Rahmen der Mindestgewinnbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG, § 10a Satz 2 GewStG) bedeuten.
3. Ausblick Ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, mit dem Jahressteuergesetz 2008 die Sperrwirkung spezialgesetzlicher Missbrauchsregelungen gegenüber § 42 AO generell aufzuheben oder zumindest abzuschwächen, bleibt ab20 Nach Rz. 3.12 des AEUmwStG 2011 bildet der gemeine Wert der Sachgesamtheit stets die Obergrenze für den Ansatz der übergehenden Sachgesamtheit; zum Meinungsbild im Schrifttum vgl. Holle/Weiss, FR 2019, 833 (836). 21 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 7.2 (Körperschaftsteuerstatistik), 2014, 6.
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zuwarten. Speziell in den Fällen, in denen eine Gestaltung wie die unter II. 2. beschriebenen die Verfassungskonformität einer gesetzlichen Regelung in Frage stellt, verbleibt der Rechtsprechung jedoch aufgrund der Vorgaben des BVerfG, der Gesetzesbegründung sowie des Wortlauts des § 42 AO n.F. hinreichend Spielraum (insb. hinsichtlich der Bestimmung des missbrauchsverdächtigen Feldes, der missbräuchlichen Umgehung einer Missbrauchsregelung und der Sperrwirkung rein künstlicher Gestaltungen), im Rahmen des ihr selbst erteilten Gestaltungsauftrags22 solchen Gestaltungen, die in einer gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Weise auf die Erzielung eines steuerlichen Vorteils abzielen, den erstrebten Erfolg zu versagen.
III. Gesamtplan Die Finanzverwaltung hat bislang unter Bezugnahme auf die vom BFH zur Tarifbegünstigung nach den §§ 16, 34 EStG entwickelte Gesamtplanrechtsprechung auch unentgeltlichen Übertragungen oder Einbringungen von Sachgesamtheiten (Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen) das Buchwertprivileg nach § 6 Abs. 3 EStG23 oder den §§ 20 und 24 UmwStG24 versagt, wenn der Steuerpflichtige kurz zuvor wesentliche Betriebsgrundlagen entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder in ein anderes Betriebsvermögen überführt hat. Die Finanzverwaltung will damit eine Gleichbehandlung mit den Fällen herstellen, bei denen der Steuerpflichtige eine wesentliche Betriebsgrundlage zurückbehalten25 hat. Nach der Rechtsprechung des BFH schließt die Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen die Buchwertfortführung der Wirtschaftsgüter der übertragenen Sachgesamtheit aus.26 22 23 24 25
Vgl. Fischer, FR 2008, 306 (312). BMF-Schreiben v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 456. Vgl. Rz. 20.07 AEUmwStG 2011. Nicht abschließend geklärt ist – jedenfalls in Einbringungsfällen – die Frage, ob auch eine zeitgleiche Veräußerung oder Verlagerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage dem Buchwertansatz entgegenstehen kann. Während der IV. Senat die zeitgleiche Übertragung einer wesentlichen Betriebsgrundlage nach § 6 Abs. 5 EStG als für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unschädlich erachtet (vgl. BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118), hat der I. Senat dies im Urteil BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014 (1018) Rz. 35, ausdrücklich offengelassen. 26 Vgl. BFH v. 7.4.2010 – I R 96/08, DStR 2010, 1517 (zu § 15 UmwStG); BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014 m. Anm. Wacker (zu § 20 UmwStG); BFH v. 11.12.2011 – VIII R 23/01, BStBl. II 2004, 474 (zu § 20 UmwStG).
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Die Rechtsprechung hat sich dieser Auffassung der Finanzverwaltung nicht angeschlossen. Vielmehr legt der BFH den Betriebsbegriff insoweit streng zeitpunktbezogen aus und erachtet die Vorabauslagerung als von der Gestaltungsfreiheit gedeckt, solange die letztlich übergehende Sachgesamtheit bei isolierter Betrachtung noch die Voraussetzungen für das Buchwertprivileg erfüllt.27 Bislang nicht abschließend entschieden ist die Frage, ob auch eine zeitgleich mit der Übertragung der Sachgesamtheit erfolgende Veräußerung, Entnahme, Übertragung etc. für die Buchwertübertragung der Sachgesamtheit schädlich ist. In Bezug auf die zeitgleiche unentgeltliche Übertragung oder Überführung nach § 6 Abs. 5 EStG hat sich der IV. Senat des BFH auf den Standpunkt gestellt, dass diese der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegensteht, da § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG gleichberechtigt nebeneinander stünden.28 Weil § 6 Abs. 5 EStG allerdings lediglich den Wertansatz eines unentgeltlich übertragenen oder überführten Einzelwirtschaftsguts regelt, darüber hinaus aber ebenso wenig eine Aussage zur Schädlichkeit oder Unschädlichkeit für den Buchwertansatz bei einer zeitgleichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG enthält wie die Regelungen zum Wertansatz dieses Wirtschaftsguts im Fall einer zeitgleichen Veräußerung, Entnahme oder Zurückbehaltung, ist fraglich, ob sich andere Senate des BFH dieser Auffassung anschließen würden, die bislang wie der I.29 und X.30 Senat grundsätzlich die Zeitpunktbezogenheit des Betriebsbegriffs hervorgehoben haben, für die jedoch die Bewertung eines (wie auch immer) nicht mit übertragenden Wirtschaftsguts keine Rolle spielen kann.31 Weder der Gesetzgeber noch die Finanzverwaltung haben zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags auf die – noch nicht im BStBl. veröffentlichten – Urteile des IV. Senats reagiert. Es bleibt damit zunächst abzuwarten, 27 Vgl. BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638 (Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage vor Einbringung nach § 24 UmwStG); BFH v. 25.11.2009 – I R 72/08, BStBl. II 2010, 471 (Übertragung einer wesentlichen Betriebsgrundlage auf eine KG vor einer Einbringung nach § 20 UmwStG); sowie BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11 (unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils nach Übertragung von Sonderbetriebsvermögen in eine kurz zuvor gegründete KG); BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14 (unentgeltliche Übertragung nach Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen). 28 BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 (2120) Rz. 19. 29 Vgl. z.B. BFH v. 29.11.2017 – I R 7/16, DStR 2018, 1014 (1017) Rz. 33 m. Anm. Wacker. 30 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638. 31 Vgl. insoweit auch die Verweise in BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 (2124) Rz. 43.
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ob die Finanzverwaltung den Begriff der begünstigten Sachgesamtheit künftig zunächst nur in Bezug auf § 6 Abs. 3 EStG oder generell, d.h. auch im Anwendungsbereich des UmwStG,32 rein zeitpunktbezogen auslegen und wie sie mit den Fällen der zeitgleichen Verlagerungen/Veräußerungen umgehen wird.33 Die Rechtsprechung des BFH gibt daneben m.E. auch Anlass, über gesetzgeberischen Handlungsbedarf nachzudenken. Akzeptiert der Gesetzgeber die strenge Zeitpunktbezogenheit des Betriebsbegriffs dem Grunde nach und verankert den Gesamtplangedanken nicht – z.B. in Gestalt einer Sperrfristregelung entsprechend § 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG – ausdrücklich im Gesetz, wäre zu überlegen, ggf. sämtliche Fälle der zeitgleichen „Nicht-Mitübertragung“34 sowohl im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG als auch im UmwStG einheitlich für unschädlich zu erklären, sofern die übertragene Sachgesamtheit zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erfüllt.35 In diesem Fall wäre auch § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG anzupassen und der darin enthaltene Sperrfristvorbehalt aufzuheben.
IV. Sperrfristregelungen Ein besonderes Augenmerk legt der Gesetzgeber auf Sachverhalte, bei denen die Veräußerung betrieblicher Einheiten im Anschluss an eine Umstrukturierung steuerlich günstiger wäre als wenn diese unmittelbar, d.h. ohne die Umstrukturierung veräußert worden wären. Dies betrifft in erster Linie Gestaltungen, bei denen zunächst Betriebe steuerneutral auf eine andere Körperschaft ausgelagert werden, etwa durch Abspaltung oder Ausgliederung, und im Anschluss anstelle des Betriebs die abgespaltene oder übernehmende Körperschaft unter Inanspruchnahme von § 8b KStG 32 D.h. über die mit der Veröffentlichung des Urteils BFH v. 9.11.2011 – X R 60/ 09, BStBl. II 2012, 638, bereits anerkannten Fälle der Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage unter Aufdeckung der stillen Reserven hinaus. 33 Zwischenzeitlich hat die Finanzverwaltung die Urteile BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11 (BStBl. II 2019, 715), BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14 (BStBl. II 2019, 723) und BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15 (BStBl. II 2019, 726) nebst einem erläuternden BMF-Schreiben (BStBl. I 2019, 1291) veröffentlicht. Aussagen, ob die Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 EStG auch auf Umwandlungen i.S.d. UmwStG entsprechend anzuwenden ist, enthält das BMF-Schreiben nicht. 34 Dies betrifft neben den Fällen des § 6 Abs. 5 EStG auch die zeitgleiche Veräußerung, Entnahme und auch die schlichte Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen. 35 So auch Wacker, DStR 2019, 585 (594).
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bzw. § 3 Nr. 40 EStG veräußert wird (sog. Statusverbesserung). Entsprechendes gilt auch im Fall der Realteilung, wenn im Anschluss an eine begünstigte Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen auf eine Körperschaft Anteile an dieser veräußert werden. Einen umgekehrten Fall der Statusänderung betrifft die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine natürliche Person, bei der die anschließende Betriebsaufgabe oder -veräußerung nach § 7 Satz 2 GewStG grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer unterliegen würde. Der Gesetzgeber hat sich hier für einen Mittelweg entschieden und sieht diverse Sperrfristen vor, nach deren Ablauf er den steuerlichen Vorteil aufgrund der Statusveränderung ganz oder teilweise akzeptiert. Wenngleich die hier beispielhaft dargestellten umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen alle das Ziel verfolgen, für eine begrenzte Zeit ganz oder teilweise die Umwandlung regulär besteuerter Gewinne in nach § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 oder § 32d EStG (§ 15 Abs. 2 und § 22 Abs. 1 UmwStG) bzw. § 7 Satz 2 GewStG (§ 18 Abs. 3 UmwStG) begünstigte Veräußerungsgewinne zu verhindern, unterscheiden sich diese sowohl hinsichtlich des Tatbestands als auch der Rechtsfolge zum Teil erheblich. § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG
§ 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG
§ 18 Abs. 3 UmwStG
§ 22 Abs. 1 UmwStG
Tatbestandsvoraussetzungen Sperrfrist
entfällt (FinV)
5 Jahre
5 Jahre
7 Jahre
schädliches Ereignis
Vorbereitung Veräußerung
20 % der Anteile
Veräußerung Betrieb
Veräußerung eines Anteils
nicht erforderlich
nicht erforderlich
unschädlich
Veräußerungs- (ggf.) absicht schädlich
Rechtsfolge (Aufdeckung stiller Reserven) Umfang
alle, in voller Höhe
alle, in voller Höhe
alle – auch nicht an Umwandlung beteiligte
Zeitpunkt
Spaltung
Spaltung Veräußerung (rückwirkend)
anteilig, zeitanteilig
Einbringung (rückwirkend)
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1. Wirkung der umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen Typisierende Regelungen wie die zuvor genannten Sperrfristregelungen sehen sich regelmäßig dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie nicht nur Gestaltungen erfassen, die in – im weitesten Sinne – missbräuchlicherweise darauf abzielen, Sachgesamtheiten steuerbegünstigt an außenstehende Dritte zu veräußern, sondern dass auch wirtschaftlich sinnvolle und ggf. sogar notwendige Maßnahmen im Nachgang zu einer begünstigten Umstrukturierung Sperrfristverletzungen und damit erhebliche Besteuerungsfolgen auslösen können. Im Einzelfall könnte die Ungewissheit, die Sperrfrist unbeschadet zu überstehen, möglicherweise sogar dazu führen, dass Steuerpflichtige – entgegen der eigentlichen gesetzgeberischen Intention – von vornherein auf die Ausübung eines Bewertungswahlrechts oder gar eine Umstrukturierung insgesamt verzichten. Offenkundig ist dies z.B. bei § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, der eine steuerneutrale Spaltung börsennotierter Gesellschaften mit hohem Streubesitzanteil de facto von vornherein verhindert. Die Bandbreite an Vorschlägen für Änderungen an diesen Regelungen ist dementsprechend weit gefächert und reicht von Modifikationen auf Tatbestands- und Rechtsfolgenebene wie z.B. der Einführung einer Börsenklausel36 oder einer Verkürzung der Sperrfristen37 bis hin zur Ausgestaltung der Regelungen als echte Missbrauchsregelungen mit widerlegbaren Vermutungen38 oder einem vollständigen Verzicht auf spezielle Missbrauchsregelungen neben § 42 AO.39 Losgelöst von den praktischen Schwierigkeiten, die mit einer von subjektiven Merkmalen40 abhängigen Missbrauchsregelung verbunden wären, 36 BDI – Zehn Vorschläge für eine strukturelle Verbesserung der Ertragsbesteuerung, Vorschlag Nr. 4, abrufbar unter https://bdi.eu/publikation/news/vor schlaege-strukturelle-verbesserungen-der-ertragsbesteuerung/. 37 Lienecke, Die ertragsteuerlichen Behaltefristen bei Unternehmensumstrukturierungen, 2017, S. 336. 38 BDI – Zehn Vorschläge für eine strukturelle Verbesserung der Ertragsbesteuerung, Vorschlag Nr. 4, abrufbar unter https://bdi.eu/publikation/news/vor schlaege-strukturelle-verbesserungen-der-ertragsbesteuerung/; Lienecke, Die ertragsteuerlichen Behaltefristen bei Unternehmensumstrukturierungen, S. 336. 39 Lienecke, Die ertragsteuerlichen Behaltefristen bei Unternehmensumstrukturierungen, S. 338. 40 Nach Auffassung der Finanzverwaltung enthält § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG insoweit ein subjektives Element, als das Tatbestandsmerkmal „Schaffung der Voraussetzungen für eine Voraussetzung“ insbesondere Fälle erfasst, in denen
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stellt sich allerdings die Frage, ob reine Missbrauchsregelungen oder eine Verkürzung der Sperrfristen zu gerechteren Ergebnissen führen würden als die bestehenden Regelungen. Dies soll im Folgenden beispielhaft an den in der Praxis wohl relevantesten Sperrfristen nach § 15 Abs. 2 Satz 4 und § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG untersucht werden.
a) Einbringung Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG führt die Veräußerung von im Rahmen einer Einbringung unterhalb des gemeinen Werts erhaltenen Anteilen innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren zu einer zeitanteiligen, rückwirkenden Aufdeckung der im Zeitpunkt der Einbringung unversteuerten stillen Reserven. Gleichzeitig erhält die übernehmende Gesellschaft die Möglichkeit, einen entsprechenden Erhöhungsbetrag anzusetzen (§ 23 Abs. 2 UmwStG). Ziel der Regelung ist es, zu verhindern, dass der Veräußerer eines Betriebs durch eine vorherige Buchwerteinbringung die Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG umgehen und stattdessen die für die Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften geltenden günstigeren Regelungen in Anspruch nehmen kann, während die Besteuerung der stillen Reserven in den eingebrachten Wirtschaftsgütern bis zur deren tatsächlicher Veräußerung hinausgeschoben würde. Nicht nur temporärer, sondern sogar definitiver Natur wären die Folgen bei beschränkt Steuerpflichtigen als Einbringenden, da Deutschland hier regemäßig kein Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus einer späteren Veräußerung der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft (2. Ebene) zusteht. Das aus fiskalischer Sicht wohl zufriedenstellendste Ergebnis würde erzielt, wenn die Veräußerung der Beteiligung nach Einbringung in gleicher Weise der Besteuerung unterliegt wie die unmittelbare Veräußerung des Betriebs. Dies gelingt bei ausländischen Einbringenden allerdings auch mit § 22 UmwStG nur im ersten Jahr nach der Einbringung, da eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns anschließend nur noch anteilig bzw. nach sieben Jahren überhaupt nicht mehr erfolgt. Dass der Gesetzgeber grundsätzlich die Möglichkeit hätte, diese Besteuerungslücke zu schließen, ergibt sich unmittelbar aus Art. 9 FRL, der für Einbringungen allein auf die Art. 4–6 FRL verweist, nicht aber auf Art. 8 FRL, im Zeitpunkt der Spaltung eine Absicht besteht, anschließend Anteile an den aus der Spaltung hervorgegangenen Gesellschaften an außenstehende Dritte zu veräußern; vgl. FG Hamburg v. 18.9.2018 – 6 K 77/16, DStR 2019, 260 (263).
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der bei den anderen Umwandlungsarten die Besteuerung der Zuteilung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft im Zuge der Umwandlung ausdrücklich verbietet. Sollte sich der Gesetzgeber dazu entscheiden, diese Lücke zu schließen, wäre in diesem Zusammenhang auch eine ausdrückliche Regelung innerhalb der FRL sinnvoll, nach der der andere Staat – entsprechend der Regelung in Art. 5 Abs. 5 der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD)41 – verpflichtet wird, den gemeinen Wert (Marktwert) der Anteile im Zeitpunkt der Einbringung seiner Besteuerung im Veräußerungsfall als Anschaffungskosten zugrunde zu legen. Aus Sicht des Einbringenden ist zu differenzieren. Ein Einzelunternehmer, dessen eingebrachter Betrieb auch nach der Einbringung gute Erträge abgeworfen hat, die auch die ggf. anfallenden Nachzahlungszinsen nach § 233a AO kompensieren, wird mit der rückwirkenden Einbringungsbesteuerung grundsätzlich leben können.42 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Kaufpreis der veräußerten Anteile regelmäßig auch eine Vergütung für den Steuervorteil der übernehmenden Gesellschaft in Form des Erhöhungsbetrags nach § 23 Abs. 2 UmwStG (höheres AfA-Volumen) enthalten sein wird. Auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit besteht insoweit kein Grund, den Unternehmer, der seinen Betrieb nach der Einbringung auch in anderem Rechtskleid nicht fortführt, besserzustellen als einen Unternehmer, der sein Unternehmen unmittelbar veräußert.43 Anders verhält es sich, wenn sich der Betrieb weniger profitabel entwickelt hat und der erzielte Kaufpreis nicht ausreicht, die auf den Einbringungsgewinn (nebst des aus der Veräußerung der Anteile ggf. resultierenden Veräußerungsverlusts nach § 17 EStG) entfallende Steuer zu bezahlen, oder wenn einer der Ersatztatbestände des § 22 Abs. 1 Satz 6 UmwStG greift, bei dem der Einbringende keine Gegenleistung in Geld erhalten hat. Zwar hat es der Einbringende in der Regel selbst in der Hand zu entscheiden, ob er die durch sein Verhalten ausgelöste Sperrfristverletzung in Kauf nehmen will. Dies ist allerdings nicht bei allen Ersatzrealisationstatbeständen der Fall. Keinen unmittelbaren Einfluss hat der Ein41 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, ABl. EU Nr. L 193 v. 19.7.2016, 1; geändert und ergänzt durch die Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates v. 29.5.2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, ABl. EU Nr. L 144 v. 7.6.2017, 1. 42 Vgl. zu den praktischen Schwierigkeiten Nitzschke in Blümich, UmwStG 2006, § 22 UmwStG Rz. 53 m.w.N. 43 Zu den Vorgaben der FRL vgl. IV. 2.
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bringende z.B. in den Fällen der Auflösung, Kapitalherabsetzung oder Einlagenrückgewähr44 der übernehmenden Gesellschaft nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG oder der Ketteneinbringung nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 4 UmwStG. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen eine Personengesellschaft ihren Betrieb in eine Kapitalgesellschaft eingebracht hat oder selbst in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt wurde. Hier kann die Veräußerung des Mitunternehmeranteils bzw. der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft durch einen Gesellschafter auch Auswirkungen auf die Besteuerung der anderen (ehemaligen) Mitunternehmer haben.45 Zwar hätten der Einbringende bzw. die Gesellschafter der Personengesellschaft hier grundsätzlich die Möglichkeit, sich im Innenverhältnis durch entsprechende Steuerklauseln für den Fall einer Sperrfristverletzung durch die übernehmende Gesellschaft oder einen anderen Gesellschafter abzusichern. Das Risiko einer (ggf. sogar endgültigen46) Inanspruchnahme durch die Finanzverwaltung können diese Klauseln aber nicht vollumfänglich beseitigen. Grundsätzlich wäre es denkbar, anstelle einer rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung mittels spezieller Korrespondenzregelungen und der Einräumung von Wahlrechten eine vergleichbare Besteuerung stiller Reserven erst und bei demjenigen vorzunehmen, dem auch tatsächlich ausreichend Liquidität zugeflossen ist. Letztlich würde dies das Besteuerungsverfahren allerdings – speziell bei Einbringungen mit mehreren Einbringenden – erheblich verkomplizieren.
b) Spaltung Etwas anders stellt sich die Situation im Fall der Spaltung dar. Hier bewirkt die Sperrfristregelung in § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, dass Publikumsgesellschaften, insbesondere börsennotierte Kapitalgesellschaften mit hohem Streubesitzanteil und Handelsvolumen, praktisch keine Möglichkeit zur steuerneutralen Spaltung haben. Wollte man dies ändern, kä44 Nach Rz. 22.24 AEUmwSt 2011 kommt es in den Fällen der Kapitalherabsetzung und der Einlagenrückgewähr nur insoweit zu einer rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung, als der tatsächlich aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.v. § 27 KStG ausgekehrte Betrag den Buchwert bzw. die Anschaffungskosten der sperrfristbehafteten Anteile im Zeitpunkt der Einlagenrückgewähr übersteigt. 45 Vgl. zur Problematik Stangl, GmbHR 2012, 253. 46 Z.B. im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des die Sperrfrist auslösenden Gesellschafters.
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me entweder eine Börsenklausel wie seinerzeit in § 50c EStG oder aktuell im Zusammenhang mit den Verschärfungen in § 1 GrEStG diskutiert oder auch eine generelle Außerachtlassung der Motive bzw. des späteren Handelns des Gesellschafters in Betracht. Eine solche – unionsrechtlich zwar m.E. nicht gebotene (vgl. hierzu IV.2.) – in jedem Fall aber wohl von der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gedeckte stärkere Akzentuierung des Trennungs- und Realisationsprinzips ließe sich insbesondere damit rechtfertigen, dass anders als im Fall des § 22 UmwStG durch die Spaltung keine echte Statusverbesserung eintritt und aufgrund von § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 UmwStG sicherstellt ist, dass auf Ebene des Anteilseigners keine Besteuerungsrechte beschränkt werden. Andererseits wird speziell in diesen Fällen die betriebliche Einheit vollständig aufgehoben. Die übertragende und die übernehmende(n) Gesellschaft(en) verbindet – jedenfalls im Zeitpunkt der Spaltung – nur noch die Gesamtheit der gemeinsamen Gesellschafter (Aktionäre), deren Interesse sich i.d.R. auf die Erwartung künftiger Wertsteigerungen und Dividendenausschüttungen beschränkt. Selbst wenn die Spaltung in diesen Fällen durchaus wirtschaftlich und strategisch sinnvoll sein kann, fehlt es an der vom Gesetzgeber für die umwandlungssteuerrechtliche Begünstigung grundsätzlich vorausgesetzten Fortführung der betrieblichen Tätigkeit in lediglich anderem Rechtskleid.
2. Vereinbarkeit der umwandlungssteuerrechtlichen Sperrfristregelungen mit Unionsrecht Höchst umstritten ist die Frage, ob § 15 Abs. 2 Satz 2–547 und § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG mit Unionsrecht zu vereinbaren sind.48 47 Gegen die Vereinbarkeit des § 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG, der sog. „fiktiven Teilbetrieben“ das Buchwertprivileg versagt, wenn diese innerhalb von drei Jahren vor der Spaltung durch Übertragung von Wirtschaftsgütern, die kein Teilbetrieb sind, erworben oder aufgestockt worden sind, bestehen dagegen keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der FRL, da die FRL ausschließlich die Übertragung tatsächlicher Betriebe und Teilbetriebe im Rahmen von Spaltungen erfasst (vgl. Art. 2 Buchst. c und g FRL). 48 Trotz zum Teil abweichender Auffassungen im Schrifttum begegnen die umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu § 18 Abs. 3 UmwStG BVerfG v. 6.11.2008 – 1 BvR 2360/07, u.a. Rz. 27 ff.); wegen Bedenken hinsichtlich der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung insbesondere in den Fällen der §§ 15 und 22 UmwStG vgl. Lienicke, Die ertragsteuerlichen Behaltefristen bei Unternehmensumstrukturierungen, S. 113 ff., (139) m.w.N.
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Sekundärrechtlich bewegen sich diese Sperrfristregelungen mittlerweile im Spannungsfeld zwischen Art. 6 ATAD, der die Mitgliedstaaten ausdrücklich dazu verpflichtet, Missbräuche und unangemessene Gestaltungen zu verhindern, und der FRL, die neben der Beseitigung von Nachteilen grenzüberschreitender Umwandlungen gegenüber vergleichbaren rein nationalen Vorgängen49 auch auf eine Harmonisierung insoweit abzielt, als eine Besteuerung stiller Reserven aufgrund einer Umwandlung weitgehend – unter gleichzeitiger Wahrung der finanziellen Interessen der betroffenen Mitgliedstaaten – verhindert werden soll. Im Schrifttum wird die Vereinbarkeit des § 15 Abs. 2 Satz 2–5 UmwStG und des § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG mit der FRL nahezu einhellig in Frage gestellt,50 da beide Regelungen eine (zum Teil rückwirkende) Besteuerung der stillen Reserven im Fall der Spaltung bzw. der Einbringung und des Anteilstauschs anordnen, was durch Art. 4 FRL (Spaltung), Art. 8 FRL (Anteilstausch) und Art. 9 FRL (Einbringung) grundsätzlich untersagt ist. Eine Berufung auf Art. 15 FRL, der den Mitgliedstaaten das Recht einräumt, die Anwendung dieser Artikel zu versagen, wenn die Umwandlung als hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung hat, wird dabei regelmäßig unter Verweis auf die typisierenden Tatbestandsmerkmale der nationalen Regelungen und die Rechtsprechung des EuGH, insbesondere das Urteil in der Rechtssache Leur-Bloem,51 als unzulässig angesehen. Danach verstoßt eine Vorschrift, mit der bestimmte Gruppen von Vorgängen automatisch und unabhängig davon, ob tatsächlich eine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt, von ihrem Steuervorteil ausgeschlossen werden, gegen die FRL. Vielmehr müssten die Finanzbehörden bei der Prüfung, ob ein Vorgang als hauptsächlichen Beweggrund oder einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung hat, in jedem Einzelfall eine globale Untersuchung dieses Vorgangs vornehmen.
49 Erwägungsgrund 3 der FRL. 50 Z.B. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 15 UmwStG Rz. 243 m.w.N.; nach Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 UmwStG Rz. 408.3 sei § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG richtlinienkonform dahin gehend auszulegen, dass der Überträgerin der Gegenbeweis ermöglicht wird. 51 EuGH v. 17.7.1997 – C-28/95 – Leur-Bloem, Slg. 1995, I-4161.
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Aufgrund der Besonderheiten der Veräußerung begünstigt umgewandelter betrieblicher Einheiten tragen dieses und auch die weiteren Urteile des EuGH zu Art. 15 bzw. dessen Vorgängerregelung Art. 11 jedoch nicht die Schlussfolgerung, daraus ergebe sich die Unionsrechtswidrigkeit der §§ 15 und 22 UmwStG. Insoweit ist zunächst zu differenzieren: Während im Fall des § 15 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 UmwStG die Umwandlung selbst die Besteuerung auslöst, bedarf es in den Fällen des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG52, des § 18 Abs. 3 UmwStG und des § 22 Abs. 1 und 2 UmwStG eines weiteren, erst später hinzutretenden Ereignisses (Veräußerung der Anteile am übertragenden oder übernehmenden Rechtsträger, des Betriebs bzw. die Erfüllung eines anderen Ersatzrealisationstatbestands). In den vom EuGH entschiedenen Fällen war demgegenüber stets die Umwandlung selbst unmittelbarer Anknüpfungspunkt für die Versagung der Steuerbegünstigung. Zu den Rechtsfolgen, die die Mitgliedstaaten aus einer der Umwandlung nachfolgenden Veräußerung ziehen können (bzw. müssen), enthält die FRL abgesehen von Art. 8 Abs. 6 FRL keine Aussage. Schon deshalb kann die Besteuerung der Umwandlung und die Besteuerung einer nachfolgenden Veräußerung nicht gleichgesetzt werden, auch wenn die Rechtsfolge der umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen (Abgesehen von § 18 Abs. 3 UmwStG) aufgrund der rückwirkenden Besteuerung an die Umwandlung selbst anknüpft. Andererseits wäre es aber auch verfehlt, die Anwendbarkeit der FRL in diesen Fällen per se in Frage zu stellen, wenn die Sperrfristregelung dazu führt, dass das Ziel der Richtlinie (hier: die grundsätzliche Steuerneutralität von Umwandlungen) praktisch nicht erreicht werden kann und die Sperrfrist damit dieselbe Wirkung entfaltet wie die Anordnung der Besteuerung aufgrund der Umwandlung selbst.
a) Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie Trotz der nicht unmittelbar an die Umwandlung anknüpfenden Besteuerungsfolgen dürfte daher der Anwendungsbereich der FRL z.B. bei Publikumsgesellschaften als spaltenden Rechtsträgern i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG eröffnet sein. Ähnliches dürfte bei Einbringungen oder Form-
52 Zum Verhältnis von § 15 Abs. 2 Satz 3 und 4 UmwStG vgl. BFH I R 27/18 und I R 39/18 (anhängig).
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wechseln von Personengesellschaften gelten, da die Veräußerung der erhaltenen Anteile auch Auswirkungen auf Gesellschafter haben würde, die ihre Anteile nicht veräußern, auch wenn in diesen Fällen das Zivilrecht Möglichkeiten vorhält, alle Beteiligten zur Einhaltung der Sperrfrist zu verpflichten. Haben die an einer Spaltung beteiligten Rechtsträger nur einen Gesellschafter oder bringt ein Einzelunternehmer seinen Betrieb in seine eigene Kapitalgesellschaft ein, dürfte es dagegen zumindest bei kurzen Sperrfristen zweifelhaft sein, ob allein diese geeignet wären, die Ziele der Richtlinie zu gefährden, zu denen nicht gehört, Veräußerungen steuerlich zu begünstigen. Bei längeren Sperrfristen besteht dagegen auch in diesen Fällen die Gefahr, dass Unternehmer, die im Zeitpunkt der Umwandlung lediglich die Fortführung der unternehmerischen Betätigung in anderem Rechtskleid beabsichtigen, allein durch die drohende rückwirkende Besteuerung in ihrer Entscheidungsfindung beeinträchtigt werden. Bei den umwandlungssteuerlichen Sperrfristen von fünf bzw. sieben Jahren wird man dies wohl zumindest nicht ausschließen können, so dass auch insoweit der Anwendungsbereich der FRL eröffnet sein könnte, obwohl hier die Besteuerung der stillen Reserven nicht unmittelbar durch die Fusion ausgelöst wird.
b) Art. 15 Fusionsrichtlinie Auch § 15 Abs. 2 Satz 2–5 UmwStG, § 18 Abs. 3 UmwStG und § 22 UmwStG stehen allerdings nicht in Widerspruch zur FRL, sondern füllen deren Lücken hinsichtlich der Regelungen zu Veräußerungen in angemessener Weise aus. Wie im Folgenden aufgezeigt wird, erfüllen alle unter diese Regelungen fallenden Sachverhalte den Tatbestand der Steuerumgehung i.S.d. Art. 15 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 FRL, so dass die Steuerumgehung – unabhängig von der tatsächlichen Motivation der Beteiligten – stets zumindest einen der hauptsächlichen Beweggründe darstellt. Damit kommt es auf Art. 15 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 FRL, der lediglich ein typisierendes, unwiderlegbares Regelbeispiel enthält, nicht an, so dass eine Einzelfallprüfung – anders als vom EuGH u.a. in der Rechtssache LeurBloem gefordert – nicht geboten ist.
aa) Steuerumgehung Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Steuerumgehung“ (engl. Sprachfassung „avoidance“) sieht die FRL nicht vor. Nach zutreffender Auffassung handelt es sich bei einer Steuerumgehung um eine regelmäßig legale
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Handlung, die darauf gerichtet ist, durch Abweichen vom direkten Weg die Anwendung einer (belastenden) Norm zu vermeiden oder eine günstigere Rechtsfolge zu erreichen.53 Eine Steuerumgehung setzt kein strafbares oder missbräuchliches Verhalten54 voraus.55 Insoweit unterscheidet sich Art. 15 FRL u.a. von Art. 1 Abs. 2 der Mutter-Tochter-Richtlinie56, der eine Ausnahme lediglich für „Steuerhinterziehungen und Missbräuche“ („fraud or abuse“), nicht aber für Umgehungen vorsieht. Dies lässt sich mit den unterschiedlichen Zielrichtungen beider Richtlinien erklären. Anders als die Mutter-Tochter-Richtlinie, die eine mehrfache Besteuerung bereits versteuerter Gewinne auf Ebene der Körperschaftsteuer verhindern will, zielt die FRL in erster Linie darauf ab – als wirtschafts- bzw. binnenmarktpolitische Maßnahme – eine Sofortbesteuerung bei betrieblichen Umstrukturierungen zu vermeiden. Dagegen hätte eine auch bei Ansatz gemeiner Werte im Regelfall nicht eintretende, in den Erwägungsgründen der FRL allerdings auch erwähnte57 Doppelbesteuerung minimalinvasiver – z.B. durch eine dem Art. 5 Abs. 5 ATAD vergleichbare Wertverknüpfungsregelung – verhindert werden können. Auch eine besondere subjektive Komponente wie eine Umgehungsabsicht oder eine besondere verwerfliche Intention setzt der Begriff
53 Vgl. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 42 AO Rz. 135; Schön, Gestaltungsmissbrauch im europäischen Steuerrecht, IStR 1996, Beihefter zu Heft 2, 1 (4 f.). 54 Vgl. hierzu auch Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 2003/49/EG (Zins- und Lizenzrichtlinie v. 3.6.2003, ABl. EU Nr. L 157 v. 26.6.2003, 49), der die Steuerumgehung neben der Steuerhinterziehung und dem Missbrauch nennt; Linn, Missbrauchsverhinderungsnormen und Standortwahl, 2007, S. 26, m.w.N. 55 Zum Begriff „tax avoidance“ vgl. Briefing Paper des House of Commons (UK) Number 7948 v. 9.5.2019 (http://researchbriefings.files.parliament.uk/docu ments/CBP-7948/CBP-7948.pdf), S. 3 „Tax avoidance is to be distinguished from tax evasion, where someone acts against the law.“; OECD-Glossar der Steuerbegriffe: „Der Begriff [avoidance] ist schwer zu definieren, wird aber in der Regel zur Beschreiung einer Gestaltung benutzt, die darauf abzielt, die Steuerlast auf zwar möglicherweise legale, aber für gewöhnlich in Widerspruch zur Intention des Gesetzes stehende Weise zu mindern.“; www.taxjustice.net/ faq/tax-avoidance: „the traditional definitions say that tax avoidance is legal, in contrast to ‚tax evasion‘ which is illegal.“ 56 Richtlinie 2011/96/EU des Rates v. 30.11.2011 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 345 v. 29.12.2011, 8. 57 Vgl. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2009/133/EG v. 19.10.2009.
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„Steuerumgehung“ in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL nicht voraus,58 dessen Zweck darin besteht, die finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten zu wahren.59 Ob eine Steuer in bewusster Vermeidungsabsicht oder nur „beiläufig“ umgangen wird, macht mit Blick auf die finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten jedoch im Ergebnis keinen Unterschied.60
bb) Steuerumgehung als hauptsächlicher Beweggrund Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL setzt voraus, dass die Steuerumgehung zumindest einer der hauptsächlichen Beweggründe für die Umwandlung ist. Da den umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen allerdings ein subjektives Element fremd ist, können diese – die Anwendbarkeit der FRL vorausgesetzt – nur dann vollumfänglich mit dieser in Einklang stehen, wenn das Tatbestandsmerkmal „hauptsächlicher Beweggrund“ allein durch die Veräußerung der Anteile ungeachtet der Motive der Beteiligten erfüllt wird. Weil Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL ausdrücklich nicht nur die Steuerhinterziehung erwähnt, sondern auch die Steuerumgehung, würde es weder dem Wortlaut noch dem Willen des Unionsgesetzgebers gerecht, beschränkte man Art. 15 FRL in seiner Zielrichtung und Wirkung darauf, lediglich den allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts widerzuspiegeln, wonach Rechtsmissbrauch verboten und eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf die Normen des Gemeinschaftsrechts nicht gestattet ist.61 Dazu hätte es der Bezugnahme auf die Steuerumgehung nicht bedurft. Vielmehr wäre, wie z.B. in der Mutter-Tochter-Richtlinie, die Beschränkung auf Steuerhinterziehung und Missbrauch ausreichend gewesen. Mit Blick auf die jüngsten Urteile des EuGH in der Rechtssache C-115/18 u.a. wäre Art. 15 FRL sogar entbehrlich, da der EuGH klargestellt hat, dass sich ein Steuerpflichtiger im Fall eines Steu-
58 Auch die speziellen Regelungen der Anti-Steuerumgehungsrichtlinie ATAD (Zinsabzug, Entstrickung, CFCs und Hybride Gestaltungen) setzen keine Umgehungsabsicht voraus. 59 EuGH v. 10.11.2011 – C-126/10 – Foggia-SGPS, Slg. 2011, I-10923 Rz. 49. 60 Vgl. bereits Saß, DB 1990, 2340 ff.: „Diese und ähnliche Gestaltungen könnten je nach Sachlage an Art. 11 [der FRL 1990] scheitern […]. Versagt werden kann namentlich dann, wenn die erhaltenen Anteile in rascher Zeitfolge wieder verkauft werden.“ 61 Vgl. EuGH v. 20.5.2010 – C-352/08 – Modehuis A. Zwijnenburg, Slg. 2010, I-4303 Rz. 38.
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erbetrugs (Steuerhinterziehung) oder Missbrauchs ohnehin nicht auf die Richtlinien berufen kann.62 Hat der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Umwandlung bereits die Absicht, die erhaltenen Anteile unter Inanspruchnahme steuerlich günstigerer Regelungen als im Fall der direkten Veräußerung zu veräußern, wird allein infolge der bewussten Wahl des niedrigen steuerlichen Wertansatzes in Verbindung mit der Veräußerungsabsicht der hauptsächliche Beweggrund der Steuerumgehung zu bejahen sein (§ 15 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG). Entscheidet sich der Anteilseigner (bzw. im Fall des § 18 Abs. 3 UmwStG der Betriebsinhaber) erst im Anschluss an die Umwandlung zur Veräußerung, kann sich der hauptsächliche Beweggrund der Steuerumgehung nur aus dem Zusammenspiel von steuerbegünstigter Umwandlung und anschließender Veräußerung ergeben. Insoweit besteht ein Konnex zur Frage, ob im Fall der Veräußerung nach Umwandlung der Anwendungsbereich der FRL überhaupt eröffnet ist. So wie es mit den Zielen der FRL schwer zu vereinbaren wäre, deren Vorgaben „Die Fusion, Spaltung oder Abspaltung darf […]“ bzw. „Die Zuteilung von Anteilen […] darf für sich allein keine Besteuerung auslösen“, streng zeitpunktbezogen allein auf die Umwandlung zu beschränken, wäre es umgekehrt verfehlt, im Rahmen der Prüfung des Art. 15 FRL allein die Motive des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Veräußerung oder im Zeitpunkt der Umwandlung zu betrachten. Denn letztlich sollte es für die Besteuerung keinen Unterschied machen, ob z.B. im Fall der Veräußerung sperrfristbehafteter Anteile nach Einbringung zu Buchwerten der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Einbringung –
die feste Absicht hatte, die Anteile zu veräußern, und sich dabei für die steuerlich günstigste Variante entschied,
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die Veräußerung nur als wahrscheinlich, möglich oder unwahrscheinlich erachtet oder sich darüber überhaupt keine Gedanken gemacht hat,
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lediglich dem Wunsch des Käufers nachgekommen ist, der einen Share-Deal gegenüber einem Asset-Deal bevorzugte,
62 Vgl. EuGH v. 26.3.2019 – C-115/16, C-118/16, C-119/16 und C-299/16, ECLI: EU:C:2019:134 – N Luxembourg 1 u.a. (zu Art. 5 Zins- und Lizenzrichtlinie) sowie C-116/16 und C-117/16, ECLI:EU:C:2019:135 – T Danmark und Y Denmark (zu Art. 1 Abs. 2 Mutter-Tochter-Richtlinie).
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überhaupt keine Veräußerungsabsicht hatte, jedoch kurz nach der Einbringung ein attraktives Angebot eines Kaufinteressenten erhält.
Hat sich der Steuerpflichtige in all diesen Fällen im Zeitpunkt der Einbringung bewusst (im Einvernehmen mit dem übernehmenden Rechtsträger) zur Fortführung der Buchwerte entschieden und insoweit in der Absicht gehandelt, Steuern zu sparen, erscheint es aus den genannten Gründen sachgerecht, im Rahmen der Auslegung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL, die offensichtlich nicht die Veräußerung betrieblicher Einheiten an außenstehende Dritte begünstigen will,63 diese Absicht für eine gewisse Dauer fortwirken zu lassen mit der Folge, dass der nachfolgenden Veräußerung zwangsläufig – ungeachtet der tatsächlichen Motive des Steuerpflichtigen – der Beweggrund der Steuerumgehung anhaftet. Die entscheidende Frage ist dann, welcher Zeitraum zwischen Umwandlung und Veräußerung für die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL noch als angemessen anzusehen ist. Denn wie bereits unter IV. 2. a) ausgeführt, können zu lange Sperrfristen dazu führen, dass auch Steuerpflichtige ohne Veräußerungs- und Umgehungsabsicht aufgrund des mit der rückwirkenden Besteuerung der stillen Reserven verbundenen finanziellen Risikos von einer steuerneutralen Umstrukturierung abgehalten werden. Einen Sonderfall stellen hier insbesondere börsennotierte Gesellschaften dar. Hier dient die Börsennotierung gerade dem Zweck, dass die Anteile möglichst einfach veräußert werden können. Spaltungen solcher Gesellschaften zu Buchwerten dürfte, da die zeitnahe Veräußerung zumindest großer Teile der Anteile statistisch vorhersehbar64 ist, somit per se der Beweggrund der Steuerumgehung im o.g. Sinne innewohnen. Ob die Rechtsprechung in anderen Fällen die gesetzlich vorgesehene Zeitspanne von mehreren Jahren noch als angemessen ansieht, bleibt abzuwarten. Angesichts der Schwierigkeiten, in der Praxis festzustellen, aus welchen Beweggründen die Umwandlung tatsächlich vorgenommen wurde, erscheint es allerdings nicht ratsam, seitens des Gesetzgebers die Sperrfris63 Hätte der europäische Gesetzgeber dies gewollt, hätte er dies ausdrücklich regeln können bzw. müssen. 64 Die Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft weisen in ihrer Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (BT-Drucks. 19/13427) darauf hin, dass das Handelsvolumen bei im DAX notierten Unternehmen regelmäßig bereits nach etwas über einem Jahr die Schwelle von 90 % des jeweiligen Gesamtkapitals überschreitet.
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ten maßgeblich zu verkürzen, da dann in der Tat der Anreiz für entsprechende Gestaltungen erheblich steigen dürfte. Auch andere EuGH-Entscheidungen – die im Übrigen allesamt keine Veräußerung im Anschluss an eine Umwandlung zum Gegenstand hatten – geben keinen Anlass, die Unionsrechtskonformität der Sperrfristregelungen anzuzweifeln. Dem Urteil C-14/16 (Euro Park Service)65 lag eine französische Regelung zugrunde, nach der Steuerpflichtige bei grenzüberschreitenden Umwandlungen generell im Rahmen eines Vorabbewilligungsverfahrens den Nachweis erbringen mussten, dass die Umwandlung nicht als hauptsächlichen Beweggrund die Steuerhinterziehung oder – umgehung hat. Dieses Erfordernis eines Vorabbewilligungsverfahrens stellt eine Verfahrensmodalität dar, die nach Auffassung des EuGH – und darum ging es in dem Verfahren – ohne sachlichen Grund nicht allein auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränkt werden darf. Entsprechendes gilt auch für das zur doppelten Buchwertverknüpfung nach § 23 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG a.F. ergangene Urteil C-285/07 (A.T.)66, wo allein der Anteilstausch und der Ansatz der übergehenden Anteile – und nicht eine geplante oder tatsächliche Veräußerung der erhaltenen Anteile – die Besteuerung ausgelöst hat. Anders als im Urteilsfall C-352/08 (Modehuis A. Zwijnenburg – Vermeidung von Grunderwerbsteuer)67 sollen die §§ 15 und 22 UmwStG gerade die Umgehung einer in den Geltungsbereich der Richtlinie fallenden Steuer verhindern, und anders als im Urteilsfall C-321/05 (Kofoed)68 enthält das deutsche Recht mit § 15 und § 22 UmwStG gerade anders als das seinerzeit anzuwendende dänische Recht spezifische Bestimmungen zur Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL, so dass es gerade keines Rückgriffs auf § 42 AO oder unmittelbar unionsrechtliche Bestimmungen zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung ankommt.
65 EuGH v. 8.3.2017 – C-14/16, ECLI:EU:C:2017:177 – Euro Park Service. 66 EuGH v. 11.12.2008 – C-285/07 – A.T., Slg. 2008, I-9329. 67 EuGH v. 20.5.2010 – C-352/08 – Modehuis A. Zwijnenburg, Slg. 2010, I-4303. 68 EuGH v. 5.7.2007 – C-321/05 – Kofoed, Slg. 2007, I-5795.
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cc) Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Fusionsrichtlinie als unwiderlegbare Vermutung Eine Unionsrechtswidrigkeit der umwandlungssteuerlichen Sperrfristregelungen ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 1 Satz 2 FRL. Dieser sieht lediglich eine unwiderlegbare Vermutung für den Fall vor, dass die Umwandlung selbst nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen – insbesondere der Umstrukturierung oder der Rationalisierung der beteiligten Gesellschaften – beruht. Eines konkreten (vom Mitgliedstaat nachzuweisenden) Beweggrundes „Steuerhinterziehung“ oder „Steuerumgehung“ bedarf es in diesem Fall per se nicht. Beruht die Umwandlung dagegen auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen, obliegt es dem Mitgliedstaat, eine Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung nachzuweisen. Dies ist bei § 15 Abs. 2 Satz 2–5 UmwStG und § 22 UmwStG aber immer der Fall, da die Veräußerung (oder ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang) zusammen mit einer steuerneutralen Umwandlung wie zuvor ausgeführt stets eine Umgehung i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 FRL darstellt. Anderen Auslegungen ist die Formulierung „kann“, die grammatikalisch lediglich eine Möglichkeit beschreibt und daher nicht für eine Einschränkung des Satzes 1 geeignet ist, m.E. nicht zugänglich. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber anderenfalls eine andere Formulierung (z.B. „darf nur“ oder „ist nur“) gewählt oder sogar ganz auf Satz 1 verzichtet hätte.
dd) Entbehrlichkeit der Einzelfallprüfung Die u.a. im Urteil Leur-Bloem an die Mitgliedstaaten gerichtete Vorgabe, sich bei der Prüfung, ob der beabsichtigte Vorgang als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder die Steuerumgehung hat, nicht auf die Anwendung vorgegebener, allgemeiner Kriterien zu beschränken, kann daher im Fall des § 15 Abs. 2 Satz 2–5, § 18 Abs. 3 und § 22 UmwStG zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn hier liegt die Besonderheit darin, dass die Veräußerung (bzw. der einer Veräußerung gleichgestellte Vorgang) selbst die Steuerumgehung darstellt, die der Gesetzgeber – entsprechend der Ermächtigung in Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL – verhindern wollte. Eine Einzelfallprüfung ist daher – da sie immer zum Ergebnis führen würde, dass die Steuerumgehung einen der hauptsächlichen Beweggründe darstellt – entbehrlich.
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ee) Fortsetzung der Harmonisierung des europäischen Umwandlungssteuerrechts Infolge des BEPS-Projekts hat der EU-Gesetzgeber mit den EU-Richtlinien ATAD und DAC 669 den Mitgliedstaaten ein Paket an Werkzeugen sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht an die Hand gegeben, missbräuchliche bzw. als missbräuchlich eingestufte Steuergestaltungen frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Darunter auch Regelungen wie die zur Zinsschranke und zu hybriden Gestaltungen, die den Mitgliedstaaten bis ins kleinste Detail auch in rein nationalen Sachverhalten vorgeben, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Aufwendungen vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen werden müssen. Diese Detailtiefe ist der seit 1990 in wesentlichen Teilen unveränderten70 FRL fremd, die zwar nach Art. 1 FRL ausdrücklich nur auf Umwandlungen unter Beteiligung von Körperschaften aus mindestens zwei Mitgliedstaaten Anwendung finden soll, die sich aber praktisch auch auf rein nationale Umwandlungen auswirkt, wenn die Mitgliedstaaten – wie Deutschland – rein nationale Umwandlungen nicht schlechter71 behandeln.72 Besonders zwei Aspekte im Zusammenhang mit Veräußerungen im Nachgang einer steuerbegünstigten Umwandlung werden m.E. nicht hinreichend von der FRL behandelt. Dies betrifft zum einen die bereits im Zusammenhang mit der Unionsrechtskonformität von § 15 Abs. 2 und § 22 UmwStG angesprochene Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Weise im Fall der Veräußerung an außenstehende Dritte eine Vergünstigung versagt werden kann – oder sogar soll. Hier wäre eine eindeutige und abgestimmte Regelung in der FRL m.E. wünschenswert. 69 Richtlinie (EU) 2018/822 v. 25.5.2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/ EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen. 70 Zur seither erfolgten Aufnahme insbesondere der Abspaltung und der Regelungen zur SE und SEC vgl. Richtlinie 2005/19/EG v. 17.2.2005, ABl. EU Nr. L 58 v. 4.3.2005, 19. 71 Eine einseitige Besserstellung nationaler Umwandlungen kommt bereits aus primärrechtlichen Gründen nicht in Betracht. 72 Zur Zulässigkeit von rein nationale Umwandlungen betreffenden Vorabentscheidungsersuchen vgl. EuGH v. 22.3.2018 – C-327/16 und C-421/16, ECLI: EU:C:2018:210 – Jacob und Lassus, Rz. 32 ff. m.w.N.
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Zum anderen betrifft dies die Abstimmung der FRL mit den Doppelbesteuerungsabkommen. Derzeit sieht zwar Art. 8 Abs. 6 FRL für den Fall des Anteilstauschs vor, dass die FRL die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, den Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile in gleicher Weise besteuern zu können wie den Gewinn aus einer Veräußerung der vor dem Erwerb vorhandenen Anteile. DBA-Konflikte können sich hier allerdings z.B. dann ergeben, wenn der Staat der übernehmenden Gesellschaft ebenfalls Besteuerungsrechte an dieser besitzt (z.B. weil diese neben den eingebrachten Anteilen auch über Immobilien verfügt, die mehr als 50 % ihres Wertes ausmachen oder das DBA dem Belegenheitsstaat aus anderen Gründen ein Besteuerungsrecht zuweist). Auch hier wäre über eine Klarstellung nachzudenken, wie sich der andere Staat zu verhalten hat. In Betracht käme z.B. an eine Regelung entsprechend dem bereits angesprochenen Art. 5 Abs. 5 ATAD, der im Fall der Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung ausdrücklich eine Wertverknüpfung vorsieht. Entsprechendes gilt für den Fall der Veräußerung der aufgrund einer Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft erhaltenen Anteile. Hierzu enthält die FRL überhaupt keine Aussage. Auch der Richtlinien-Vorschlag für eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage73 enthält bislang keine Regelungen zu Umwandlungen. Hier wäre mit Blick auf das angestrebte Ziel der Harmonisierung ebenfalls eine einheitliche und klare Regelung wünschenswert.
73 Vorschlag v. 25.10.2016, COM/2016/0683 final – 2016/0336 (CNS).
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Verlustnutzung und Missbrauchsabwehr bei Umgründungen aus österreichischer Sicht Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, LL.M. Privatdozentin Wien
I. Deutsches Umwandlungssteuergesetz vs. österreichisches Umgründungssteuergesetz: eine Standortbestimmung 1. Terminologische Vorbemerkungen und Abgrenzungen 2. Grundsätze des öUmgrStG a) Umgründungen als Realisationsakte nach allgemeinem Steuerrecht b) Steuerneutralität als Leitgedanke des UmgrStG c) Sonstige Prinzipien des UmgrStG 3. Systematische Unterschiede und Gemeinsamkeiten II. Verlustnutzung bei Umgründungen 1. Eckpfeiler der Verlustnutzung im österreichischen Ertragsteuerrecht im Vergleich zur deutschen Rechtslage a) Besteuerung nach dem individuell erzielten Einkommen b) Quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkungen c) Beschränkung der Verlustverrechnung auf eine Schedule d) Verlustausgleichsverbote bei Einkünften aus sonstigen Leistungen und Spekulationseinkünften e) Periodenübergreifender Verlustabzug und dessen Beschränkungen
f) Beschränkung des Verlustabzugs im KStG g) Subjektbezogene Verlustverrechnung 2. Regelungskonzept von § 4 öUmgrStG a) Grundsatz des objektbezogenen Verlustvortragsüberganges b) Qualifizierte Umfangsminderung c) Eigene Verluste der übernehmenden Körperschaft d) Verhinderung von Doppelverlustverwertungen im Konzern e) Umgründungsbezogener Mantelkauf f) Gruppenbezogene Betrachtungsweise bei Umgründungen von Unternehmensgruppen i.S.d. § 9 öKStG 3. Verluste und Rechtsnachfolge: a never ending story a) Normative Wirkung von § 4 Z 1 lit. a öUmgrStG für den Übergang von Verlustvorträgen auf den Rechtsnachfolger b) Intersubjektive Verrechnung von „anderen“ Verlusten c) Verfassungsrechtliche Aspekte der Verlustverrechnung d) Europarechtliche Aspekte der Verlustverrechnung 4. Würdigung vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage III. Missbrauchsabwehr bei Umgründungen
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Hohenwarter-Mayr – Verlustnutzung, Missbrauchsabwehr: Österreich 1. Missbrauchsabwehr am Beispiel von § 16 Abs. 1a öUmgrStG zur „Exporteinbringung“ von Kapitalanteilen a) Nationale Besteuerung im Spannungsfeld von FusionsRL und DBA-Recht b) Buchwerteinbringung trotz Einschränkung des Besteuerungsrechts c) Pauschale Missbrauchsregelung vs. richtlinienkonforme Anwendung von § 16 Abs. 1a TS 2 öUmgrStG
d) Vergleich zur deutschen Rechtslage 2. Missbrauchsabwehr durch allgemeine Anti-Missbrauchsregelungen: die doppelte Anknüpfung von § 44 öUmgrStG an § 22 öBAO und Art. 15 FusionsRL IV. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
I. Deutsches Umwandlungssteuergesetz vs. österreichisches Umgründungssteuergesetz: eine Standortbestimmung 1. Terminologische Vorbemerkungen und Abgrenzungen „Was Deutschland und Österreich voneinander trennt, ist die gemeinsame Sprache“. Dieses allseits bekannte – fälschlicherweise Karl Kraus zugeschriebene1 – Zitat passt perfekt zum Umgründungs- bzw. „zu Deutsch“ Umwandlungssteuerrecht. Blickt man allerdings hinter die Kulissen der unterschiedlichen Terminologien, kommen die inhaltlichen Gemeinsamkeiten zum Vorschein, wie dieser Beitrag aufzeigen wird. Das österreichische Pendant zum Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ist also das Umgründungssteuergesetz (UmgrStG). So wie das UmwStG in Deutschland, regelt auch das UmgrStG in Österreich als lex specialis (in erster Linie2) die ertragsteuerlichen Folgen von bestimmten Formen 1 Dieses Zitat wurde jahrzehntelang Karl Kraus zugeschrieben, doch weder dieser Satz noch eine seiner vielen Abwandlungen dürfte tatsächlich von ihm stammen. Viele haben nach dem wahren Urheber gesucht, Robert Sedlaczek hat ihn 2011 offenbar gefunden: Der österreichische Kabarettist Karl Farkas prägte 1957 eine Variante dieses Zitats nach dem englischen Bonmot: „Britain and America Are Two Nations Divided by a Common Language“. Dieses wird wiederum wahlweise Bernhard Shaw oder Oscar Wilde zugeschrieben. 2 Anders als in Deutschland enthält das österreichische UmgrStG auch Bestimmungen, in denen Begünstigungen für den Bereich der Grunderwerbsteuer normiert werden und kursorisch auch die Umsatzsteuer angesprochen wird.
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der Umstrukturierung von Unternehmen.3 Diese vom UmgrStG erfassten Umstrukturierungsvorgänge werden insgesamt als Umgründungen bezeichnet. Historisch ist der Begriff der „Umgründung“ dabei ein originär steuerrechtlicher. Er hat sich ab den 1960er Jahren als prägender Ausdruck für all jene gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen entwickelt, bei denen vorhandene unternehmerische Erscheinungsformen umgestaltet werden. Nicht die „(Neu-)Gründung“ von Unternehmen steht im Vordergrund, sondern die Umgründung von bestehenden Unternehmen.4 Bis zu einem gewissen Grad hat man mit diesem Begriff auch eine Abgrenzung zu dem aus dem deutschen Recht stammenden Begriff der „Umwandlung“ angestrebt, der über das dAktG 19375 und dUmwG 19346 im Jahr 1938 und 1945 „austrifiziert“ in das österreichische Recht Eingang fand.7 Es sollte eine generelle Bedeutung zum Ausdruck gebracht werden, die über die in den genannten Gesetzen tatbestandlich erfassten Vorgänge hinausgeht.8 Versteht man die Gesellschafts- und Rechtsform eines Unternehmens als rechtliches Kleid, dessen sich ein von mehreren Personen oder einer Person geführtes Unternehmen bedient,9 beschreiben Umgründungen alle jene Änderungen dieses Rechtskleides, bei denen sich der Rechtsträger ändert und es zu einer Übertragung von Vermögen kommt, der prinzipielle Fortstand des Unternehmens selbst jedoch nicht in Frage gestellt wird.10 Anlässlich der Einführung des UmgrStG im Jahr 1991 hat der Gesetzgeber an dieses Verständnis von Umgründungen angeknüpft und den Begriff so zum Rechtsbegriff gemacht.11 Das UmgrStG erfasst somit nur 3 Im Unterschied zu Deutschland umfasst der Oberbegriff der Ertragsteuern in Österreich nur noch die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer. Die Gewerbesteuer wurde im Rahmen der Steuerreform 1993/1994 endgültig abgeschafft. 4 Vgl. Staringer, Einlagen und Umgründungen, 1994, S. 135 f.; Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung Rz. 1 (16. Lfg. 2017). 5 §§ 263 ff. dAktG 1937 über die formwechselnde Umwandlung. 6 UmwG 1934, RGBl. I 1934, 569. 7 Vgl. Kalss/Burger/Eckert, Die Entwicklung des österreichischen Aktienrechts, 2003, S. 328 ff. m.w.N. 8 Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung Rz. 1. 9 Kastner, Aufhebung des Umwandlungsgesetzes, NZ 1952, 151 (151 f.). 10 Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, 12. Aufl. 2019, Rz. 1107; Staringer, Einlagen und Umgründungen, S. 136. 11 Umgründungssteuergesetz – UmgrStG, BGBl. 699/1991.
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übertragende Unternehmensumstrukturierungen, denen aus ertragsteuerrechtlicher Sicht eine Änderung in der subjektiven Vermögenszurechnung zugrunde liegt. Bloße Formwechsel unter Beibehaltung der Identität des Rechtsträgers (formwechselnde Umwandlungen) sind dagegen nicht Gegenstand des UmgrStG. Sie sind ertragsteuerlich ohnedies irrelevant und bedürfen daher auch keiner besonderen Regelung.12 Ist im UmgrStG von Umwandlungen die Rede, wird damit nur eine ganz bestimmte Form der Vermögensübertragung angesprochen. Es ist dies die unter Ausschluss der Abwicklung erfolgende Übertragung des gesamten Vermögens einer Kapitalgesellschaft13 auf ihren Hauptgesellschafter (verschmelzende Umwandlung) oder eine neu zu errichtende Personengesellschaft (errichtende Umwandlung) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.14 Gesellschaftsrechtliche Grundlage dieser Übertragungsform ist das öUmwG, das als solches wiederum keine unmittelbare Parallelvorschrift im deutschen Recht hat. Ein UmwG als einheitliches gesellschaftsrechtliches Regelwerk für Unternehmensumstrukturierungen wie in Deutschland, fehlt dem österreichischen Recht. Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die den Umgründungen i.S.d. UmgrStG zugrunde liegen, sind in Österreich vielmehr verstreut über das gesamte Gesellschaftsrecht in Einzelgesetzen zu finden.15
12 Anwendungsfälle des bloßen Formwechsels unter Beibehaltung der Identität der betroffenen Rechtsträger sind die formwechselnden Umwandlungen von Kapitalgesellschaften auf Kapitalgesellschaften (nach § 239 öAktG von AG auf GmbH oder umgekehrt nach § 245 öAktG von GmbH auf AG) sowie von Personengesellschaften auf Personengesellschaften (wie etwa nach § 139 UGB von OG auf KG). Im Unterschied zur Rechtslage in Deutschland bewirken „inkongruente Formwechsel“ von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften und umgekehrt nach österreichischem Gesellschaftsrecht einen Rechtsträgerwechsel, weshalb diese schon alleine deshalb als übertragende Umgründungen im Sinne des UmgrStG zu behandeln sind. 13 AG, GmbH und SE; andere Körperschaften kommen als übertragende Rechtsträger nicht in Betrag. Vgl. UmgrStR 2002, Rz. 426; Wellinger in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 7 Rz. 31. 14 § 1 öUmwG. 15 Beispielsweise AktG, GmbHG, SpaltG, UmwG, EU-VerschmG, SparkassenG, VersicherungsaufsichtsG, GenossenschaftsverschmelzungsG, ABGB, UGB u.v.m.
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2. Grundsätze des öUmgrStG a) Umgründungen als Realisationsakte nach allgemeinem Steuerrecht Ausgangspunkt für das UmgrStG ist das EStG und KStG mit ihren allgemeinen Umgründungstatbeständen. Danach führt eine übertragende Umstrukturierung dem Subjektsteuerprinzip der Ertragsteuern16 und dem entgeltlichen Charakter von Umgründungen entsprechend17 zur Gewinnrealisation: entweder durch Annahme eines Tausches oder einer Liquidation. In diesem Sinne dehnt § 6 Z 14 lit. b EStG den ertragsteuerlichen Tauschgrundsatz ex lege auf Einlagen oder Einbringungen von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in Körperschaften aus, sofern diese Vorgänge nicht unter das UmgrStG fallen oder das UmgrStG dies vorsieht.18 Da Einbringungen oder Einlagen die Wesenselemente einer Veräußerung erfüllen,19 das Entgelt aber nicht in Geld besteht,20 ist die Einordnung als tauschähnliche Veräußerung vorgezeichnet. § 6 Z 14 lit. b EStG greift diese Einordnung auf und erklärt das Bewertungskonzept des Tausches gem. § 6 Z 14 lit. a EStG für anwendbar. Dementsprechend sind als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen. Die bislang in den stillen Reserven abgebildeten Wertsteigerungen werden realisiert und abgeschöpft. Kommt es umgründungsbedingt zur Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, sind, ergänzend dazu, die Regelungen über die Veräußerungsgewinnbesteuerung nach Maßgabe von § 24 EStG anzuwenden. Auch hiervon darf nur insoweit abgewichen werden, als das UmgrStG die Steuerneutralität durch Buchwertfortführung vorsieht.21 16 Umfassend zur dogmatischen Begründung Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, 2019, S. 430 ff. und 502 ff. m.w.N. 17 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 476 ff. m.w.N. 18 § 6 Z 14 lit. b EStG lautet: „Die Einlage oder die Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft […] gilt als Tausch im Sinne der lit. a, wenn sie nicht unter das Umgründungssteuergesetz fällt oder das Umgründungssteuergesetz dies vorsieht.“ 19 Diese sind in der intersubjektiven Übertragung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen gegen Entgelt festzumachen. 20 Zum Entgeltcharakter in diesen Fällen vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 478 ff. m.w.N. 21 § 24 Abs. 7 EStG.
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In Fortführung des allgemeinen Gedankens der Einordnung von Umgründungen als Realisationsakte, enthält auch das KStG mit § 20 eine eigene Vorschrift für „Umgründungen“.22 Nach deren Abs. 1 Z 1 werden Verschmelzungen, Umwandlungen, Aufspaltungen und vergleichbare Vermögensübertragungen als liquidationsähnlich eingestuft, was angesichts des Unterganges der übertragenden Rechtsträger als gemeinsamer Nenner dieser Umgründungsformen naheliegend ist. Die Regelungen über die Liquidation sind anzuwenden, wobei die Ermittlung des Liquidationsgewinnes durch § 20 Abs. 2 KStG modifiziert wird. Erfolgt die Vermögensübertragung unter Gewährung einer Gegenleistung, ist der Liquidations- bzw. Umgründungsgewinn aus der Gegenüberstellung des Umgründungsvermögens und dem gemeinen Wert der für die Vermögensübertragung gewährten Gegenleistungsanteile oder Mitgliedschaftsrechte zu ermitteln. Obwohl das Gesetz in § 20 Abs. 1 Z 1 KStG zunächst die Liquidationsbesteuerung anordnet, rückt es mit der Gegenüberstellung von Wert der Leistung und Wert der Gegenleistung zwecks Gewinnermittlung die Tauschähnlichkeit dieser Vorgänge in den Vordergrund. Gleichwohl weicht das KStG insoweit von § 6 Z 14 lit. b EStG ab, als der Wert der Gegenleistung den Realisationsmaßstab bildet und nicht der des hingegebenen Vermögens.23 Fehlt es an einer Gegenleistung in Form von Gesellschaftsrechten oder anderen Mitgliedschaftsrechten, ist der Teilwert der übertragenen Wirtschaftsgüter einschließlich selbstgeschaffener unkörperlicher Wirtschaftsgüter heranzuziehen.24 Anzusetzen ist mithin der Gesamtwert des übertragenen Vermögens, wodurch die Schlussbesteuerung sichergesellt wird. Mit dem Untergang der übertragenden Gesellschaft gehen ebenso die an ihr bestehen Gesellschaftsanteile unter. Wird der Anteilseigner dafür mit Anteilen an der übernehmenden Körperschaft abgefunden, stellt sich auch auf dieser Ebene die Realisationsfrage. Obwohl der verschmelzungsbedingte Anteilstausch als Bestandteil des verbandsrechtlichen Umgrün22 § 20 Abs. 2 KStG. Zur modifizierten Liquidationsbesteuerung bei Umgründungen außerhalb des UmgrStG umfassend Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, Körperschaftsteuergesetz Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 20 KStG Rz. 53 ff.; Renner/Strimitzer/Vock in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer, § 20 KStG Rz. 77 ff. (29. Lfg. 2017). 23 Ergebnisbezogen lässt sich dieser Widerspruch allerdings auflösen, wenn man den gemeinen Wert der Gegenleistung aus dem gemeinen Wert des übertragenen Vermögens ableitet und auf diese Weise zu einer Übereinstimmung kommt. 24 § 20 Abs. 2 letzter Satz KStG.
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dungsvorganges keinen Tauschvertrag i.S.d. Zivilrechts begründet, ist vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Regelungsbestandes ertragsteuerlich dennoch von einem Tausch auszugehen.25 Für die Tauschbesteuerung selbst kann dann allerdings – untermauert durch den Verweis auf § 19 KStG – auf die Technik der Gewinnermittlung bei Liquidationen zurückgegriffen werden. Ähnlich wie bei einer liquidationsbedingten Sachauskehr bildet so der Wert der Gegenleistung i.S.d. § 20 Abs. 2 Z 1 KStG den Realisationsmaßstab auf Ebene der Anteilseigner.26 Unterbleibt eine Anteilsgewähr, bildet der Teilwert des übertragenen Vermögens nach § 20 Abs. 2 Z 2 letzter Satz KStG das Umgründungsendvermögen, das wiederum als Maßstab für die Gewinnrealisierung auf Anteilseignerebene heranzuziehen ist.27 Das für Verschmelzungen geltende Regelungskonzept greift sodann gleichermaßen im Bereich der Umwandlungen und Aufspaltungen. Einbringungen und Abspaltungen werden nach Maßgabe von § 20 Abs. 1 Z 2 KStG ex lege als Tausch i.S.d. § 6 Z 14 EStG eingestuft, während § 20
25 Zur Begründung dieser Ansicht s. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 506 ff. m.w.N; vgl. weiters Hügel, Verschmelzung und Einbringung: Unternehmensübertragung auf verbandsrechtlicher Grundlage im österreichischen und deutschen Gesellschafts-, Bilanz- und Ertragsteuerrecht der Kapitalgesellschaften, 1993, S. 457 und 507 m.w.N. 26 Diese Sichtweise entspricht im Übrigen § 27 Abs. 6 Z 3 EStG, der letztlich jeden Untergang von Anteilen anlässlich der Beendigung einer Körperschaft auf Anteilseignerebene als Veräußerung fingiert und damit dem Bewertungskonzept von § 27a Abs. 3 Z 2 lit. c EStG unterwirft. Als Gewinn wird danach die Differenz zwischen dem Abwicklungsguthaben und den Anschaffungskosten der Anteile bestimmt. Dieses Bewertungskonzept greift nach § 27a Abs. 6 EStG ebenso im betrieblichen Bereich. 27 Vgl. Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, § 20 KStG Rz. 17. Sowohl bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen als auch bei außerbetrieblich gehaltenen Anteilen tritt auf diese Weise nach den Bestimmungen des EStG eine vollständige (steuerpflichtige) Gewinnrealisierung ein. Diese Steuerpflicht setzt sich im Anwendungsbereich des KStG fort. Schließlich gilt dort die Besonderheit des § 10 Abs. 1 KStG, Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften sowie Liquidationserlöse im Unterschied zu laufenden Beteiligungserträgen nicht von der Körperschafsteuer zu befreien. Substanzgewinne aus der Veräußerung oder Liquidation von Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften, unterliegen demgegenüber nur dann der Körperschaftsteuer, wenn die betroffene Beteiligung nicht als „internationale Schachtelbeteiligung“ i.S.d. § 10 Abs. 2 KStG qualifiziert oder im Jahr der Anschaffung nach § 10 Abs. 3 Z 1 KStG zur Steuerpflicht optiert wurde.
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Abs. 1 Z 3 KStG abschließend für Realteilungen und Zusammenschlüsse die Veräußerungsgewinnbesteuerung i.S.d. § 24 EStG absichert.28 Sieht man von gewissen Unschärfen bei der konkreten Bewertung des Vermögens ab, ist die inhaltliche Stoßrichtung des allgemeinen Umgründungssteuerrechts klar: Umgründungen sind als Realisationsakte einer Gewinnbesteuerung zuzuführen.29 Auf eine Aufdeckung und Abschöpfung der Wertzuwächse in der Vermögenssubstanz wird auch im Anwendungsbereich des § 20 KStG nur insoweit verzichtet, als das UmgrStG die Steuerneutralität anordnet.30 Auf diese Weise manifestiert sich zugleich die steuersystematische Stellung des UmgrStG im Regelungsgefüge des Ertragsteuerrechts. Das UmgrStG ist ein sachverhaltsbezogenes Sonderrecht, das mit dem allgemeinen Steuerrecht verbunden ist, auf dessen Prinzipien aufbaut und dieses für bestimmte Vorgänge weiterentwickelt.31 Greift man auf das Bild des rechtlichen Kleids zurück, das die Rechtsform eines Unternehmens ist, dient das UmgrStG letztlich dazu, den Kleiderwechsel zu erleichtern. Schließlich können auch Kleider im Laufe der Zeit zu klein, zu groß, zu aufwendig oder zu schlicht werden und müssen deshalb wieder passend gemacht werden. In diesem Sinne soll auch das UmgrStG Anpassungen an die äußeren Umstände der wirtschaftlichen Wirklichkeit erleichtern, indem es die steuerlichen Hürden der Realisation zurücknimmt. Dies ergibt zugleich den Leitgedanken des UmgrStG.
b) Steuerneutralität als Leitgedanke des UmgrStG Das UmgrStG ist vom Grundsatz der Neutralität getragen. Die Umgründung als solche soll keine sofortige Gewinnrealisierung auslösen. Indem der übernehmende Rechtsträger das übertragene Vermögen zu den Buchwerten des übertragenden Rechtsträgers übernimmt, wird vielmehr die steuerliche Erfassung der bisher erwirtschafteten Wertsteigerungen auf28 Ausführlich dazu Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 508 ff. m.w.N. 29 Mit der Vermögensübertragung auf entgeltlicher Grundlage wird die subjektive Bindung der stillen Reserven gelöst, was im Lichte des Individualsteuerprinzips und der subjektiven Zurechnung von stillen Reserven die Abrechnung und Besteuerung beim übertragenden Steuersubjekt zur Folge hat. Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 430 ff. m.w.N. 30 § 20 Abs. 1 letzter Satz KStG. 31 So auch Wiesner in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung Rz. 15.
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geschoben. Damit entspricht das UmgrStG nicht nur rechtsfolgenseitig den unentgeltlichen Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen i.S.d. § 6 Z 9 lit. a EStG,32 ihnen liegt auch ein ähnlicher Begünstigungszweck zugrunde. Die Fortführung der bisherigen Tätigkeit, infolge einer Anpassung an geänderte rechtliche Strukturen, soll nicht behindert werden.33 Während bei den unentgeltlichen Betriebsübertragungen die für Zwecke der Generationennachfolge notwendigen Änderungen der subjektiven Zurechnung des Vermögens nicht behindert werden sollen,34 stehen bei den Umgründungen betriebswirtschaftlich sinnvolle Unternehmensumstrukturierungen im Vordergrund.35 Das UmgrStG will in seinem Grundgedanken bloße Änderungen des Rechtskleides eines Unternehmens ohne steuerliche Zusatzbelastungen ermöglichen.36 Begünstigt wird die Fortführung betrieblicher Einheiten in geänderter Rechtsform zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.37 Die bisherige unternehmerische Betätigung soll, in der Substanz unverändert, in einer neuen Rechtsform effizienter fortgesetzt werden können.38 Letzten Endes steht damit, wie in § 6 Z 9 lit. a EStG, die Förderung des Fortbestandes von Unternehmen trotz Änderung des Rechtsträgers im Fokus.39 Wie bereits der Titel des Vorläufergesetzes des UmgrStG – das Strukturverbesserungsgesetz – zu erkennen gegeben hat, soll dazu die rechtliche Struktur bestehender Unternehmenseinheiten ohne steuerliche Zusatzbelastungen an geänderte wirtschaftliche Bedürf32 Vergleichbar § 6 Abs. 3 dEStG. 33 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 536 ff. m.w.N. 34 So bereits die Begründungserwägungen zu § 20 dEStG 1925 als unmittelbarer Vorläuferbestimmung von § 6 Z 9 lit. a EStG. Verhandlungen des Reichstags, III. Wahlperiode 1924, RT-Drucks. 1924/25, 795, 24. 35 Vgl. Wiesner, in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung Rz. 2; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, 12. Aufl. 2018, Rz. 11. 36 Vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV) zum UmgrStG, 266 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates (BlgNR) XVIII. GP, S. 15. Steuerliche Sonderregelungen für Umgründungen lassen sich danach insbesondere dadurch rechtfertigen, dass Umgründungen wirtschaftlich betrachtet lediglich einen Formwechsel der Unternehmensorganisation darstellen. 37 So bereits die ErlRV zum StruktVG 1969, 1029 der BlgNR XI. GP, S. 5. 38 Zum Gedanken der Fortsetzung des unternehmerischen Engagements ähnlich bereits RFH v. 9.5.1933 – VI A 434/30. 39 Vgl. auch Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1107.
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nisse angepasst werden können, um dadurch insgesamt besser für den Wettbewerb sowohl am inländischen als auch am ausländischen Markt gerüstet zu sein.40 Die Steuerneutralität durch Zurückdrängung des Realisationsgedankens des allgemeinen Ertragsteuerrechts sieht das UmgrStG dabei für sechs genau bestimmte Umgründungstypen vor, die jeweils in eigenen Artikeln geregelt sind.41 Vereinfacht gesagt hängen jeweils zwei Artikel inhaltlich zusammen, die Umgründung und „Umkehr-Umgründung“ (Gegenakt oder Komplementärvorgang) vorsehen: –
Verschmelzung (Art. I) und Spaltung (Art. VI) von Körperschaften (Kapitalgesellschaften),
–
Zusammenschluss (Art. IV) zu und Realteilung (Art. V) einer Personengesellschaft,
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Einbringung (Art. III) in und Umwandlung (Art. II) von einer Körperschaft (Kapitalgesellschaft).42
Art. I zur Verschmelzung von Körperschaften, insbesondere Kapitalgesellschaften,43 findet seine deutsche Schwesterbestimmung am ehesten im Dritten Teil des UmwStG (§§ 11–13 UmwStG), während als Parallelbestimmung zu Art. II UmgrStG über die Umwandlungen von Kapitalgesellschaften44 der Zweite Teil des UmwStG (§§ 3–9 UmwStG) aus40 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 537. 41 Die Reihenfolge der Artikel im UmgrStG ist historisch erklärbar, weil erst mit dem UmgrStG die bestehenden vier Artikel nach dem zuvor geltenden Strukturverbesserungsgesetz um die Realteilung (Art. V) und die Spaltung (Art. VI) erweitert wurden. Vgl. Helbich/Wiesner, Umgründungen: auf Grundlage des Umgründungssteuergesetzes, 5. Aufl. 1993, S. 205 und S. 225. 42 Die jeweiligen Komplementärumgründung folgt dabei dem Grundsatz, dass sich das, was zusammengeführt wird, auch wieder trennen lassen soll. Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1102. 43 Was eine Verschmelzung i.S.d. UmgrStG ist, wird in § 1 Abs. 1 Z 1 bis 4 UmgrStG in Anknüpfung an das Gesellschaftsrecht definiert. 44 Wie die Verschmelzung knüpft auch die Umwandlung nach Art. II UmgrStG an das Gesellschaftsrecht, konkret das öUmwG, an. Nach § 1 öUmwG können Kapitalgesellschaften unter Ausschluss der Abwicklung durch Übertragung des Unternehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge errichtend in eine Personengesellschaft (OG, KG) oder verschmelzend auf den Hauptgesellschafter umgewandelt werden. Hauptgesellschafter kann dabei grundsätzlich jeder Rechtsträger sein (vor allem auch natürliche Personen, Personengesellschaften, aber ebenso Körperschaften wie Genossenschaften oder Stiftungen)
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zumachen ist. Als rechtstypenübergreifende Umgründungsform erfasst die Umwandlung i.S.d. UmgrStG idealiter den Weg hinaus aus der Kapitalgesellschaft.45 Den steuerneutralen Weg hinein in die Kapitalgesellschaft ebnet sodann Art. III über die Einbringung von Vermögen in Kapitalgesellschaften oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Immerhin wird unter der Einbringung i.S.d. Art. III definitionsgemäß die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen und qualifizierten Kapitalanteilen auf eine Körperschaft verstanden, wofür der Einbringende als Gegenleistung Anteile an der übernehmenden Körperschaft erhält.46 Art. III UmgrStG findet sein Pendant im Sechsten Teil des UmwStG (§§ 20–23 UmwStG). Art. IV UmgrStG beinhaltet in Fortführung des Einbringungsrechts die steuerlichen Regelungen über den Zusammenschluss als Form der Vereinigung von Personen zu einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), bei der Vermögen auf die Personengesellschaft übertragen wird und hierfür als Gegenleistung ausschließlich Gesellschaftsrechte gewährt werden. Die Parallelbestimmung des UmwStG zu Art. IV UmgrStG ist der Siebte Teil (§ 24 UmwStG). Als Komplementärakt zu Art. IV UmgrStG umfasst Art. V UmgrStG mit der Realteilung danach die Auf- oder Abspaltung einer Mitunternehmerschaft, bei der Vermögen der Personengesellschaft auf ihre Gesellschafter übertragen wird. Ein unmittelbares Pendant zu Art. V UmgrStG ist dem UmwStG nicht zu entnehmen. Ganz im Gegensatz zur Spaltung, die in Art. VI UmgrStG geregelt wird47 und im Vierten Teil des UmwStG (§§ 15–16 UmwStG) ihre deutsche Parallelbestimmung hat. mit Ausnahme der explizit in § 2 Abs. 1 UmwG ausgeschlossenen EU/EWRKapitalgesellschaften. 45 Im Falle der errichtenden Umwandlung auf eine Personengesellschaft ist der rechtstypenübergreifende Charakter der Vermögensübertragung (von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft) systemimmanent. Bei den verschmelzenden Umwandlungen ergibt sich diese Konsequenz aus dem beschränkten Kreis an Hauptgesellschaftern i.S.d. § 2 Abs. 1 öUmwG. Österreichische Kapitalgesellschaften sowie Kapitalgesellschaften in der EU und im EWR scheiden als Hauptgesellschafter für Zwecke einer verschmelzenden Umwandlung aus, weshalb auch verschmelzende Umwandlung vielfach rechtstypengreifend (auf natürliche Personen oder Personengesellschaften) erfolgen. 46 Die den Einbringungen zugrunde liegenden Vermögensübertragungen werden mangels spezieller Umgründungsvorschriften als Sacheinlagen i.S.d. §§ 20 ff. öAktG oder § 6 ff. öGmbHG behandelt. 47 Das UmgrStG kennt zwei Spaltungstypen. Zum einen sind dies die Spaltungen nach dem SpaltG (sog. „Handelsspaltungen“ gem. § 32 Abs. 1 Z 1 UmgrStG i.V.m. SpaltG) sowie vergleichbare Spaltungen ausländischer Körperschaften im Ausland (§ 32 Abs. 1 Z 2 UmgrStG). Zum anderen erfasst Art. VI auch
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c) Sonstige Prinzipien des UmgrStG Betrachtet man die Regelungen des UmgrStG in ihrer Gesamtheit, erkennt man trotz ihrer unterschiedlichen Anwendungsbereiche rasch bestimmte Bauprinzipien, die allen Artikeln immanent sind. Es lassen sich mithin allgemeine Grundsätze abstrahieren, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte UmgrStG ziehen. Zum Teil entsprechen diese den Grundprinzipien des UmwStG, zum Teil weichen sie jedoch davon ab. So ist das UmgrStG zwar seinem Charakter nach wie das UmwStG ein begünstigendes Sondergesetz, eine wahlweise Anwendbarkeit ist dennoch nicht vorgesehen. Liegen die Anwendungsvoraussetzung für einen Artikel des UmgrStG vor, treten dessen neutralisierende Wirkungen zwingend ein. Sind dagegen die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG nicht erfüllt, greift zwingend das allgemeine Steuerrecht mit seinen Realisationsfolgen (Grundsatz der zwingenden Anwendung).48 Als Konsequenz der zwingenden Anwendung, entweder des UmgrStG oder des allgemeinen Steuerrechts, schließen sich die beiden in den Rechtsfolgen grundsätzlich aus. Nichtsdestoweniger ist das UmgrStG mit dem EStG und KStG in besonderer Weise verknüpft. Denn als Sondersteuergesetz greift es immer wieder auf das allgemeine Ertragsteuerrecht zurück und regelt nicht alle Bereiche eigenständig (Grundsatz der Verknüpfung mit dem allgemeinen Ertragsteuerrecht).49 Ist für das Zustandekommen einer Umgründung die Eintragung der Umgründung in das Firmenbuch erforderlich, liegt auch steuerlich eine Vermögensübertragung nur dann vor, wenn die Umgründung unternehmensrechtlich zulässig ist und in das Firmenbuch eingetragen wird. Daraus ergibt sich der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Unternehmens- oder Gesellschaftsrechts.50 Obwohl das Ertragsteuerrecht im Allgemeinen rückwirkungsfeindlich ist,51 erlaubt
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Steuerspaltungen (§ 38a bis 38f UmgrStG). Diese Zweiteilung in Spaltungen nach dem SpaltG und Steuerspaltungen hat historische Gründe. Die Regelungen über die Steuerspaltung sind an sich befristet und sollen nur noch für Spaltungen zur Anwendung kommen, denen ein Stichtag vor dem 1.1.2023 zugrunde liegt (3. Teil 6 h). Vgl. Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1110. Vgl. Wiesner, in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung, Rz. 17; Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1110. Vgl. Wiesner, in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung, Rz. 19; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 17. Für viele Stoll, Steuer(Satzungs)klauseln, ÖStZ 1972, 158 (158); Stoll, Das Schuldverhältnis, 1972, S. 62; Staringer, Das Schuldverhältnis, in Holoubek/ Lang (Hrsg.), Die allgemeinen Bestimmungen der BAO, 2012, S. 223 (227 ff.);
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das UmgrStG im Hinblick auf die unternehmensrechtlichen Rückwirkungsmöglichkeiten dennoch, Umgründungen auf einen zurückliegenden Bilanzstichtag zu beziehen. Die durch die Umgründung bewirkte Vermögensübertragung wird solcherart mit ertragsteuerlicher Wirkung auf einen in der Vergangenheit liegenden Stichtag zurückbezogen. Der Stichtag darf dabei höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Umgründung zur Eintragung in das Firmenbuch oder der Meldung der Umgründung beim Finanzamt liegen (Grundsatz der ertragsteuerlichen Rückwirkungsfiktion).52 Den Kerngrundsatz des UmgrStG bildet jedoch zweifelsohne die steuerliche Buchwertfortführung. Das Vermögen wird zu steuerlichen Buchwerten (oder Anschaffungskosten) übertragen, wodurch beim Übertragenden die Realisierung der bis dahin erwirtschafteten stillen Reserven unterbleibt. Der Rechtsnachfolger hat die steuerlichen Buchwerte seines Rechtsvorgängers zwingend zu übernehmen und fortzuführen. Es kommt weder zu einer Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes noch zu einer (steuerpflichtigen) Aufwertung des Vermögens. Dies gilt überdies unabhängig davon, ob der Übernehmende unternehmensrechtlich vom Aufwertungswahlrecht des § 202 UGB Gebrauch gemacht hat oder nicht (Grundsatz der Buchwertfortführung). Eng mit der Steuerneutralität durch Buchwertfortführung verbunden ist auch der Grundsatz der Steuerneutralität von Buchgewinnen und Buchverlusten (in der Terminologie des UmwStG Übernahmegewinne und Übernahmeverluste). Umgründungsbedingte Buchgewinne und Buchverluste sind nicht steuerpflichtig.53 Davon ausgenommen sind lediglich Unterschiedsbeträge, die sich aus einer Vereinigung (Confusio) von Aktiva und Passiva ergeben.54 Grundvoraussetzung für die Steuerneutralität durch Buchwertfortführung ist wiederum die weitere Steuerverfangenheit der stillen Reserven beim Rechtsnachfolger. Denn mit der zwingenden Buchwertfortführung allein ist die effektive Besteuerung beim Rechtsnachfolger noch nicht geKruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Band I Allgemeiner Teil, 1991, S. 122, jeweils m.w.N. 52 Vgl. Wiesner, in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, Einführung, Rz. 21; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 15; Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1115. 53 Vgl. Hirschler in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 3 Rz. 52 ff. (16. Lfg. 2017); Kofler/Six in Kofler, Umgründungssteuergesetz Jahreskommentar, 8. Aufl. 2019, § 3 UmgrStG Rz. 86 ff. jeweils m.w.N. 54 Zu den einzelnen Confusiotatbeständen s. Kofler/Six in Kofler, § 3 UmgrStG Rz. 96 ff. m.w.N.
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währleistet. Zu diesem Zweck muss die Besteuerungsbefugnis über die stillen Reserven auch rechtlich ausgeübt werden können. Diese weitere Steuerhängigkeit der stillen Reserven wird im UmgrStG über Ent- bzw. Verstrickungsklauseln sichergestellt. Ihre systematische Stellung ist zwar nicht bei allen Umgründungstypen gleich – zum Teil sind sie als zwingende Anwendungsvoraussetzungen formuliert,55 zum Teil als bloße Bewertungsregelungen,56 in der Rechtsfolge der Realisierung oder deren Unterdrückung stimmen sie jedoch überein. Umgründungen können in diesem Sinne nur insoweit steuerneutral erfolgen, als das Besteuerungsrecht der Republik Österreich an den bis zur Umgründung entstandenen stillen Reserven einschließlich eines allfälligen Firmenwertes durch die Umgründung nicht eingeschränkt wird (Grundsatz der weiteren Steuerhängigkeit oder Steuerverstrickung).57 Kommt es umgründungsbedingt zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts, sind die stillen Reserven in dem Ausmaß zu realisieren, als sie dem entstrickten Vermögen zuzurechnen sind. Eine darauf entfallende Steuer kann jedoch im Verhältnis zu EU/EWR-Staaten auf Antrag in Raten58 oder ausnahmsweise bis zur späteren tatsächlichen Realisation aufgeschoben59 entrichtet werden. Spiegelbildlich dazu wird Vermögen ohne steuerlichen Inlandsnexus, das umgründungsbedingt in die österreichische Besteuerungshoheit hineinwächst, zwecks Abgrenzung der Besteuerungshoheiten (steuerneutral) mit dem gemeinen Wert angesetzt. Denkt man den 55 Als Anwendungsvoraussetzung ist die weitere Steuerhängigkeit des übertragenen Vermögens in den Art. I (§ 1 Abs. 2 UmgrStG), Art. II (§ 7 Abs. 2 UmgrStG) und Art. VI (32 Abs. 1 Z 2 UmgrStG) formuliert. 56 Als Bewertungsvorschriften sind die Verstrickungsklauseln in Art. III (§ 16 Abs. 1, 1a und Abs. 2 sowie § 17 Abs. 1 und 1a UmgrStG), Art. IV (§ 24 Abs. 1 Z 3 UmgrStG) und Art. V (§ 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG) ausgestaltet. 57 Umfassend dazu m.w.N. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 538 ff. 58 § 1 Abs. 2 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. d bis e EStG; § 5 Abs. 1 Z 4 und 5 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. d bis e EStG; § 7 Abs. 2 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. d bis e EStG; § 9 Abs. 1 Z 2 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG; § 16 Abs. 1 i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG; § 24 Abs. 1 Z 3 i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG; § 29 Abs. 1 Z 3 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG; § 36 Abs. 3 Z 1 und 2 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG. 59 § 16 Abs. 1a TS 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 und 1a UmgrStG; § 17 Abs. 1 und 1a UmgrStG (zum Nichtfestsetzungskonzept i.S.d. § 27 Abs. 6 Z 1 lit. a bis c EStG s. auch Marschner in Jakom EStG 2019, 12. Aufl. 2019, § 27 EStG Rz. 358 ff.; Brugger in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer, § 27 EStG Rz. 11 ff. (56. Lfg. 2014); Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 998 ff. m.w.N.).
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Grundsatz der weiteren Steuerhängigkeit und der Abgrenzung der Steuerhoheiten im Falle der Steuerverstrickung konsequent weiter, ergibt sich daraus die internationale Ausrichtung des UmgrStG. Das UmgrStG erfasst nicht nur reine Inlandsumgründungen, sondern ebenso grenzüberschreitende Umgründungen (Export- und Importumgründungen) und Auslandsumgründungen mit entsprechendem Inlandsbezug (Grundsatz der Internationalität). Ein UmgrStG, das wirtschaftlich begründete Unternehmensumstrukturierungen ohne steuerliche Zusatzbelastungen ermöglichen will, ohne dabei zugleich Steuersubstrat zu vernichten, wäre ohne Regelungen über die Verwertung von Verlusten unvollständig. Denn eines dürfte unbestritten sein: Verlusten haftet ein enormes Gestaltungspotential an, das sich, gerade in Zusammenhang mit Umgründungsvorgängen zeigen kann; nämlich dann, wenn diese ihre Motivation in der Erzielung einer optimalen Verlustverwertung finden. Die Verlustverwertungsregelungen des UmgrStG greifen die unterschiedlichen Interessenslagen auf und versuchen sie in Ausgleich zu bringen. Obwohl das österreichische Ertragsteuerrecht vom Grundsatz der Individualbesteuerung geprägt ist, ermöglicht das UmgrStG davon abweichend eine subjektübergreifende Verlustverwertung. Geleitet vom Grundsatz der Objektbezogenheit gehen danach Verlustabzüge bei Umgründungen insoweit auf den Rechtsnachfolger über, als auf ihn auch das verlustverursachende Vermögen zu Buchwerten übergeht (Grundsatz des objektbezogenen Übergangs von Verlustabzügen).60 Zugleich sieht das UmgrStG aber zusätzliche Schranken beim Verlustabzug vor, um so verlustgetriebenen Gestaltungen Einhalt zu gebieten. Das Bestreben, unerwünschte und missbräuchliche Gestaltungen hintanzuhalten, manifestiert sich abschließend auch im Grundsatz der wirtschaftlichen Begründung. Demgemäß ist das UmgrStG nicht anzuwenden, wenn die Umgründung der missbräuchlichen Umgehung oder Minderung der Abgabenpflicht dient.61
3. Systematische Unterschiede und Gemeinsamkeiten Bisweilen wird das Umgründungssteuerrecht in Österreich als „Königsdisziplin“ des Steuerrechts bezeichnet. Königlich ist das UmgrStG zumindest insoweit, als es sich wie eine Krone auf sämtliche Gebiete des allgemeinen (Ertrag-)Steuerrechts setzt und die darin enthaltenen Rechts60 Ausführlich dazu noch unter II. 61 Ausführlich dazu noch unter III.
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folgen modifiziert oder unterdrückt. In diesem Punkt unterscheiden sich das deutsche UmwStG und das österreichische UmgrStG nicht voneinander. Auch sonst sind viele Gemeinsamkeiten und Parallelen erkennbar. Und dennoch bestehen systematische Unterschiede, allen voran solche, die sich in den hier zu behandelnden Fragen der Verlustnutzung und Missbrauchsabwehr widerspiegeln. Ins Auge sticht zunächst der scheinbar unterschiedliche Blickwinkel, aus dem das UmwStG und das UmgrStG die Vermögensübertragungen beurteilt. Während das UmgrStG vom Grundsatz der Steuerneutralität getragen ist, sieht das UmwStG die Realisation als Regelfall vor.62 Dieser Unterschied verflüchtigt sich jedoch, wenn man das UmgrStG in seinem Zusammenspiel mit dem allgemeinen Steuerrecht würdigt, das ebenso die Realisation als primäre Rechtsfolge der Umgründung bestimmt. Wesentlich ist an dieser Stelle vielmehr das Fehlen eines Bewertungswahlrechts im österreichischen UmgrStG. Das UmgrStG ist durch eine Entweder/Oder-Sichtweise geprägt, die, bei Erfüllung der Anwendungsvoraussetzungen, zudem nicht in der Disposition des Steuerpflichtigen steht. Dem Steuerpflichtigen steht es weder zu, durch gänzliche Anwendung des allgemeinen Steuerrechts auf die Steuerneutralität durch Buchwertfortführung zu verzichten, noch hat er die Möglichkeit zum Ansatz von Zwischenwerten. Abweichungen bestehen weiters im Bereich der grenzüberschreitenden und internationalen Umgründungen. Nicht nur vergleichbare „europäische“ Umgründungen fallen in den Anwendungsbereich des UmgrStG, sondern auch solche mit Drittstaatsbezug.63 Unterschiede ergeben sich hier nur im Rahmen der Entstrickungsbesteuerung hinsichtlich des Zugangs zur aufgeschobenen Steuerentrichtung durch Ratenzahlung oder Nichtfestsetzung der Steuerschuld. Diese Erleichterungen sind auf den EU/EWR-Raum beschränkt. In diesem Punkt unterscheidet sich das UmgrStG auch vom UmwStG, das für den Fall der umwandlungsbedingten Entstrickung im Regelfall die Sofortbesteuerung anordnet.64 Auch im gesetzgeberischen Zugang zur allgemeinen Verhinderung von Missbräu62 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG Kommentar, 3. Aufl. 2019, Einführung Rz. 71; Montag in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 14 Rz. 48. 63 Zur deutschen Rechtslage vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Einführung Rz. 120 f. 64 Vgl. Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Einführung Rz. 120 i.V.m. 132 ff. m.w.N.
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chen sind Unterschiede auszumachen. Während in § 44 UmgrStG missbräuchliche Umgründungen i.S.v. § 22 BAO (vergleichbar § 42 dAO) oder Art. 15 FusionsRL allgemein von den Begünstigungen des UmgrStG ausgenommen werden, verzichtet das UmwStG von vornherein auf eine derartige Vorschrift. Die noch im Entwurf zum UmwStG 2006 vorgesehene allgemeine Missbrauchsregelung wurde nicht übernommen.65 Zugleich ist der bis dahin bestehende § 26 UmwStG 1995 zur Verhinderung von Missbräuchen weggefallen, wenngleich dessen Abs. 2 modifiziert in § 22 UmwStG integriert wurde.66 Gerade in der Besteuerung von „einbringungsgeborenen“ oder „einbringungsbedingt erhaltenen“ Anteilen und im Umgang mit der zeitnahen Veräußerung solcher Anteile, unterscheiden sich das österreichische UmgrStG und das deutsche UmwStG deutlich voneinander. Sperrfristenregelungen, wie sie in § 22 UmwStG verankert sind, kennt das UmgrStG nicht. Zur Vermeidung von missbräuchlichen oder missbrauchsverdächtigen Gestaltungen bei Einbringungen beschreitet das UmgrStG vielmehr andere Wege.67 Tendenziell andere Wege schlägt das UmgrStG auch im Bereich der Rechtsnachfolge ein. Eine allgemeine umwandlungssteuerrechtliche Rechtsnachfolge, wie sie in § 4 Abs. 2 und 3, § 12 Abs. 3 sowie in § 23 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwStG verankert ist, kennt das UmgrStG nicht. Allfällige Kontinuitäts- oder Zäsurwirkungen der Vermögensübertragung, mit anderen Worten die Möglichkeit einer Rechtsnachfolge, haben aus dem Sinn und Zweck der jeweiligen rechts- oder pflichtenbegründenden Normen der Materiengesetze, im Lichte übergeordneter Prinzipien und ihrem systematischen Standort innerhalb der gesamten Steuerrechtsordnung unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Grundpfeiler des Steuerschuldrechts abgeleitet zu werden.68 Eine besondere Rolle spielt hierbei zweifelsohne die durch die Steuerneutralität der Buchwertfortführung bewirkte Kontinuität der Einkunftsquelle, wie ein Blick auf die Regelung des § 18 Abs. 1 Z 4 UmgrStG zeigt.69 Im Zusammenhang mit zivilrechtlich im Regelfall als Einzelrechtsnachfolge ausgestalteten 65 Entwurf der Bundesregierung zum SEStEG, 16. Wahlperiode 2006, BT-Drucks. 16/2710, 21 (§ 26). 66 Vgl. Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rz. 14 ff. 67 Dazu unter III.1. 68 § 19 Abs. 1 BAO (vergleichbar § 45 dAO) hat darauf keinen Einfluss. Umfassend dazu Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 292 ff. 69 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 609 ff.
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Einbringungen i.S.d. Art. III ordnet diese Bestimmung eine Art „Gesamtrechtsnachfolgefiktion“ für Zwecke der Gewinnermittlung an.70 Erfolgt die Einbringung steuerneutral zu Buchwerten (Buchwerteinbringung), ist die übernehmende Körperschaft für Zwecke der Gewinnermittlung so zu behandeln, als wäre sie Gesamtrechtsnachfolgerin.71 Ungeachtet des apodiktischen Wortlauts von § 18 Abs. 1 Z 4 UmgrStG, kommt der Regelung keine konstitutive Wirkung zu, sondern macht lediglich explizit, was sich nach allgemeinem Steuerrecht (insbesondere aus § 6 Z 9 lit. a EStG zur unentgeltlichen Übertragung von betrieblichen Einheiten)72 ohnehin schon aus dem Grundsatz der Buchwertfortführung ergibt.73 Damit schließt sich wiederum der Kreis zu den Umgründungstypen, die keine vergleichbare Anordnung enthalten. Denn mit dem in § 18 Abs. 1 Z 4 UmgrStG angesprochenen Umfang der Rechtsnachfolge ist zugleich der Nachfolgeumfang für die anderen Umgründungstypen abgesteckt; selbst, wenn diese zivilrechtlich mit den Wirkungen einer Gesamtrechtsnachfolge verbunden sind. Ergibt sich die Nachfolge in gewinnermittlungsrechtliche Rechtspositionen als notwendige Konsequenz der Buchwertfortführung, ist die Buchwertfortführung mit anderen Worten nicht nur die Rechtsgrundlage für den Eintritt, sondern bestimmt ebenso Art und Umfang der erfassten Rechtspositionen, sind sämtliche Umgründungen zu Buchwerten gleich zu behandeln. Ergebnisbezogen stimmen die Rechtsfolgen in Österreich und Deutschland für den Bereich der Gewinn- und Einkünfteermittlung im engeren Sinn bei Buchwertfortführung – die Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Bestimmungen des materiellen Steuerrechts vorausgesetzt – zwar vielfach überein. Systembedingte Unterschiede im Umfang der Nachfolgewirkungen ergeben sich jedoch zum einen als Folge der Möglichkeit zur partiellen Realisation durch den Ansatz von Zwischenwerten, die in Österreich unzulässig ist. Zum anderen dürfte dem „Fußstapfenprinzip“74 des § 4 Abs. 2 und 70 Ähnliche Regelungen finden sich weiters in § 25 Abs. 1 Z 3 UmgrStG im Hinblick auf die zusammenschlussbedingte Vermögensübertragung zu Buchwerten und § 30 Abs. 1 Z 3 UmgrStG für die Realteilung zu Buchwerten (Buchwertteilung). 71 § 18 Abs. 1 Z 4 UmgrStG lautet: „Sie [die übernehmende Körperschaft] ist im Rahmen einer Buchwerteinbringung für Zwecke der Gewinnermittlung so zu behandeln, als ob sie Gesamtrechtsnachfolger wäre.“ 72 Vergleichbar § 6 Abs. 3 dEStG. 73 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 609 ff. i.V.m. 302 ff. und 501 ff. 74 Vgl. BFH v. 14.4.2015 – GrS 2/12; BFH v. 7.6.2016 – VIII R 23/14; BFH v. 28.11.2018 – I R 56/16; BFH v. 29.2.2012 – I R 16/11; zur Fußstapfentheorie all-
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§ 12 Abs. 3 UmwStG insgesamt ein weiterer Inhalt beigemessen werden als dies in Österreich in Bezug auf den Grundsatz der Buchwertfortführung der Fall ist. Verbindet man die allgemeine Rechtsnachfolgeanordnung des UmwStG, die dem Grunde nach von der konkreten Bewertung unabhängig ist,75 mit dem Wahlrecht zur vollen oder bloß teilweisen Gewinnrealisierung, tritt ein weiterer systematischer Unterschied deutlicher zu Tage. Dies ist der Zäsurgedanke, den eine gewinnrealisierende Umgründung nach dem Regelungskonzept des österreichischen Rechts hat. Scheidet etwa eine Buchwertfortführung mangels weiterer Steuerhängigkeit anlässlich einer Verschmelzung aus, ist Art. I UmgrStG insoweit gar nicht anwendbar. Es greift das allgemeine Umgründungssteuerrecht, das die Vorgänge der Liquidation gleichstellt, indem es eine modifizierte Liquidationsbesteuerung anordnet. Damit wird gewissermaßen ein steuerrechtlicher Schlussstrich gezogen. Die Aufdeckung und Abschöpfung der stillen Reserven im übertragenen Vermögen bewirkt solcherart eine Sphärentrennung zwischen den Umgründungspartnern; eine gewinnermittlungsrechtliche Zäsur. Intersubjektive Betrachtungen oder ein Weiterwirken von Besteuerungsmerkmalen des Rechtsvorgängers beim Rechtsnachfolger scheiden damit im Regelfall aus.76 Der vordergründig wohl größte Unterschied zwischen UmgrStG und UmwStG ist jedoch im Bereich der intersubjektiven Verlustverwertung auszumachen, die das UmgrStG in der Form des objektbezogenen Übergangs von Verlustvorträgen im Unterschied zum UmwStG erlaubt. Als Kehrseite dazu enthält das UmgrStG aber anders als das UmwStG ebenso Regelungen, die die weitere Verwertbarkeit von „eigenen“ Verlustabzügen der übernehmenden Rechtsträger beschränken, um so verlustgetriebene Gestaltungen mit umgekehrten Vorzeichen durch die Übertragung von gewinnträchtigen Unternehmenseinheiten auf verlustbehaftete Steuersubjekte zu vermeiden.
gemein van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rz. 66 ff.; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 12 UmwStG Rz. 280 ff.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 4 UmwStG Rz. 57 ff., jeweils m.w.N. 75 Vgl. van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 4 UmwStG Rz. 67. 76 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, insb. S. 616 ff. i.V.m. 460 ff. und 498 ff.
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II. Verlustnutzung bei Umgründungen 1. Eckpfeiler der Verlustnutzung im österreichischen Ertragsteuerrecht im Vergleich zur deutschen Rechtslage a) Besteuerung nach dem individuell erzielten Einkommen Wie sein deutsches Gegenüber folgt auch das österreichische Ertragsteuerrecht dem Grundsatz der Individualbesteuerung.77 Dem Dogma der Individualbesteuerung entsprechend hat jede Person nur die von ihr erzielten Einkünfte zu versteuern, und zwar entsprechend des Grundsatzes der persönlichen und sachlichen Universalität.78 Sowohl das Einkommenals auch das Körperschaftsteuerrecht sind damit auf die Erfassung der im Einkommen zu Tage tretenden individuellen Leistungsfähigkeit hin ausgerichtet.79 Was als Einkommen der Besteuerung zu unterwerfen ist, de77 Auch als Subjektsteuerprinzip bezeichnet. Dabei werden die Begriffe Individualsteuerprinzip oder Subjektsteuerprinzip wie hier meist synonym verwendet. Vgl. z.B. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 8 Rz. 22; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer, § 2 EStG Anm. 15 (270. Lfg. 2015); Lehner/Waldhoff in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuer, § 1 EStG A 89 ff. (100. Lfg. 2000) m.w.N.; J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 201 und S. 624 ff.; Kirchhof in Kirchhof/Söhn, § 2 EStG A 84, A 640 ff., B 210 (121. Lfg. 2002); weiters Ratschow, Prinzipien der Einkünfteermittlung – Subjektsteuerprinzip, in Hey (Hrsg.), Einkünfteermittlung, DStJG 34 (2011), S. 35 (36 ff.); dogmengeschichtlich Reimer, Dogmengeschichte der ertragsteuerlichen Grundprinzipien, StuW 2014, 29 (34); für Österreich s. Kirchmayr, Verfassungsrechtliche Überlegungen zur Gruppenbesteuerung, in Akyürek/Baumgartner/Jahnel/Lienbacher/Stolzlechner (Hrsg.), Staat und Recht in europäischer Perspektive – FS Schäffer, 2006, S. 374 (374) m.w.N.; Fuchs in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer, § 2 EStG Rz. 9 f. (53. Lfg. 2012). 78 Alle natürlichen Personen oder Körperschaften i.S.d. 1 Abs. 2 KStG sind mit ihrem gesamten Einkommen zu erfassen. Vgl. J. Lang, Prinzipien und System der Besteuerung von Einkommen, in Ebling (Hrsg.), Besteuerung von Einkommen, DStJG 24 (2001), S. 49 (61); J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 167 ff.; Ruppe in Herrmann/Heuer/Raupach, Einführung Einkommensteuer Anm. 36 (162. Lfg. 1990). 79 Vgl. nur BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04; weiters J. Lang, Gewinnrealisierung – Rechtsgrundlagen, Grundtatbestände und Prinzipien im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG, in Ruppe (Hrsg.), Gewinnrealisierung, DStJG 4 (1981), S. 45 (46 f.); Tipke, Rechtfertigung des Themas; Ziel der Tagung, in Ruppe (Hrsg.), DStJG 4, S. 1 (10 f.); Ruppe in Herrmann/Heuer/Raupach, Einführung Einkommensteuer Anm. 2 (162. Lfg. 1990). In Österreich ist die Orientierung an der individuellen Leistungsfähigkeit im EStG, mangels
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finieren das öEStG und öKStG wie ihre deutschen Parallelbestimmungen in pragmatischer Weise.80 Sowohl im EStG als auch im KStG ist der Verlustausgleich dabei Teil der Einkommensdefinition.81 Ungeachtet dessen kennt (auch) das österreichische Ertragsteuerrecht zahlreiche Bestimmungen, die den Ausgleich von Verlusten innerhalb einer Besteuerungsperiode beschränken. Den Beginn macht das Verlustausgleichsverbot des § 2 Abs. 2a öEStG, das im Zuge der Steuerreform 200082 nach dem Vorbild des deutschen § 2b dEStG a.F. eingeführt wurde und daher in vielen Aspekten dem gegenwärtigen § 15b dEStG ähnelt.83
b) Quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkungen Gemäß § 2 Abs. 2a öEStG sind negative Einkünfte aus Beteiligungen an Gesellschaften oder Gemeinschaften, bei denen das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht (beteiligungsbezogenes Ausgleichsverbot), sowie solche aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten von unkörperlichen Wirtschaftsgütern oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern liegt (branchenbezogenes Ausgleichsverbot), weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig. Verluste, die die Tatbestände des § 2 Abs. 2a TS 1 und 2 öEStG erfüllen, sind allerdings in Folgejahren mit positiven Einkünften aus „dieser Beteiligung“ oder „diesem Betrieb“ frühestmöglich zu verrechnen. § 2 Abs. 2a öEStG normiert somit eine quellenbezogene Verrechnungsbeschränkung. Die Verrechnung in Folgejahren stellt einen nachgeholten Verlustausgleich dar, der allerdings sowohl zeitlich als auch umfänglich vom Anfall von Gewinnen oder Überschüssen aus der konkreten Investition oder Betätigung abhängt.84 Ist eine Verrechnung mit laufenden positiven Einkünften aus der Investition oder Betätigung nicht möglich, kann sie mit einem allfälligen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn des Betriebes oder der Betei-
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Ehegattensplittings oder ähnlichen Maßnahmen, sogar noch stärker ausgeprägt als in Deutschland. Vgl. m.w.N. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 430 ff. § 2 Abs. 2 EStG und § 7 Abs. 2 KStG. BGBl. I 106/1999. Vgl. Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, 2010, S. 28 ff. m.w.N. Allgemein zu § 2 Abs. 2a öEStG jeweils m.w.N. Doralt/Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG Kommentar, § 2 EStG Rz. 176 ff. (14. Lfg. 2010); Laudacher in Jakom EStG 2019, § 2 EStG Rz. 136 ff.; Prechtl, Verlustausgleichsbeschränkungen im Einkommensteuerrecht, 2005, S. 82 ff.
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ligung durchgeführt werden. Ausschließlich dann, wenn nach einer Veräußerung oder Aufgabe des gesamten Betriebes (der Beteiligung) noch aufgestaute Verrechnungsverluste vorhanden sind, die keiner quellenbezogenen Verrechnung zugänglich waren, werden die als „Wartetastenoder Schwebeverluste“ bezeichneten Verluste des § 2 Abs. 2a öEStG zu voll ausgleichsfähigen Verlusten, die auch mit Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgeglichen werden können. Der Wandel in einen voll ausgleichfähigen Verlust ist mit anderen Worten an die endgültige Unmöglichkeit einer weiteren quellenbezogenen Verrechnung gebunden. Ein nach dem Ausgleich verbleibender Verlust wird sodann zum vortragsfähigen Verlust.85 Einen ähnlich strikten Quellenbezug wie § 2 Abs. 2a öEStG normiert § 23a Abs. 4 öEStG für die Verrechnung von Verlusten aus der Beteiligung eines kapitalistischen Mitunternehmers mit beschränkter Haftung i.S.d. § 23a öEStG.86 Um ihrer Funktion als „Verlustverrechnungsbremse“87 gerecht zu werden, dürfen nach dieser Bestimmung Verluste aus der Beteiligung von natürlichen Personen als kapitalistische Mitunternehmer88 in dem Umfang nicht mehr ausgeglichen und vorgetragen werden,89 als dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder erhöht wird. Soweit solche Verlustanteile nicht durch ein positives Kapitalkonto gedeckt sind,90 werden sie also auf „Wartetaste“ gelegt und sind erst mit künftigen Gewinnen aus dieser Beteiligung oder mit Einlagen verrechenbar. Durch die 85 Vgl. auch Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 756 ff. 86 § 23a EStG wurde im Rahmen des SteuerRefG 2015/2016 (wieder) eingeführt und reagierte damit auf Gestaltungsmöglichkeiten mit Verlustbeteiligungsmodellen, die bis dahin an den bestehenden Wartetasteninstrumenten des EStG „vorbei entwickelt“ wurden. ErlRV zum SteuerreformG 2015/2016, 684 BlgNR, XXV. GP, S. 16 f. 87 So die Bezeichnung der Steuerreformkommission 2014, S. 56 (abrufbar unter www.bmf.gv.at/services/publikationen/bericht_steuerreformkommission. pdf). 88 Der Begriff des kapitalistischen Mitunternehmers wird in § 23a Abs. 2 öEStG definiert. 89 Die Verlustverrechnungsbremse des § 23a öEStG betrifft sowohl den horizontalen als auch den vertikalen Verlustausgleich sowie den Verlustabzug. Vgl. Bergmann, § 23a EStG: Verlustverwertungsbeschränkung für kapitalistische Mitunternehmer, GeS 2015, 354 (362). 90 Ausführlich zur Entwicklung des steuerlichen Kapitalkontos i.S.d. § 23a Abs. 3 öEStG Lachmayer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 23a EStG Rz. 41 ff. (18. Lfg. 2016); Stanek in Hirschler et al (Hrsg.), Steuerreform 2015/ 2016, ÖStZ Spezial 2015, 18 f.; EStR 2000, Rz. 6033 ff.
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Wartetastenregelung des § 23a öEStG wird die Verlustverwertung daher nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern wie in § 2 Abs. 2a öEStG bloß zeitlich hinausgeschoben. Vorerst von der Verrechnung ausgeklammerte Verluste sind gem. § 23a Abs. 4 Z 1 öEStG ehestmöglich und im höchstmöglichen Ausmaß mit Gewinnen späterer Wirtschaftsjahre (einschließlich Übergangs- und Veräußerungsgewinnen) aus derselben kapitalistischen Mitunternehmerbeteiligung zu verrechnen.91 Zudem ist eine „Aktivierung“ der auf Wartetaste liegenden Verluste durch nachträgliche Einlagenüberhänge vorgesehen. Auch für den Fall, dass ein kapitalistischer Mitunternehmer zu einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter wird,92 entfällt die Verlustwertungsbeschränkung.93 Über weite Strecken ist die Verrechnungsschranke des § 23a öEStG daher mit dem Verrechnungsverbot des § 15a dEStG vergleichbar. Eine weitere Facette einer Verrechnungsbremse von Verlusten, die ebenso auf ein Pendant im deutschen EStG verweisen kann,94 ist in § 27 Abs. 8 Z 2 öEStG für Verlustanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters normiert. Derartige Verlustanteile dürfen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Sie sind, ähnlich wie Verluste i.S.d. § 2 Abs. 2a und § 23a öEStG, auf „Wartetaste“ zu legen und in Folgejahren mit Gewinnanteilen aus derselben Beteiligung zu verrechnen. Verrechnungsfähig sind dabei, neben späteren laufenden Gewinnanteilen, ebenso allfällige Veräußerungs- oder Abschichtungsgewinne aus der Beteiligung. Im Unterschied zu den Verrechnungsbeschränkungen der § 2 Abs. 2a und § 23a öEStG greift die Regelung des § 27 Abs. 8 Z 2 öEStG jedoch nur im Anwendungsbereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zählt die Beteiligung zu einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, gilt die Verrechnungsbeschränkung des § 27 Abs. 8 Z 2 öEStG nicht, weshalb auch die Entstehung von Wartetastenverlusten ausgeschlossen ist.
c) Beschränkung der Verlustverrechnung auf eine Schedule Weitere Verlustverwertungsbeschränkungen ergeben sich aus der gesonderten und schedulenhaften Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 27 öEStG. In diesem Sinne sind Verluste aus Kapitalver91 Zur Verrechnung allgemein auch Lachmayer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/ Zorn, § 23a EStG Rz. 59 ff. 92 Vollhafter gem. § 128 UGB. 93 § 23a Abs. 4 Z 2 letzter Satz öEStG. 94 § 20 Abs. 1 Z 4 dEStG i.V.m. § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 und § 15a dEStG.
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mögen mit anderen betrieblichen oder außerbetrieblichen Einkünften nicht verrechenbar. Ein Verlustausgleich ist nur innerhalb derselben Einkunftsart möglich; und auch dieser Ausgleich wird mehrfach eingeschränkt. So können Verluste aus Kapitalvermögen, die dem besonderen Steuersatz unterliegen (27,5 % i.S.d. § 27a Abs. 1 Z 2 öEStG oder allenfalls 25 % i.S.d. § 27a Abs. 1 Z 1 öEStG), nur mit anderen begünstigt besteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden.95 Umgekehrt sind der progressiven Einkommensteuer unterliegende Kapitaleinkünfte nur mit Verlusten aus ebensolchen Kapitaleinkünften verrechenbar. Es bestehen daher zwei separate „Verrechnungstöpfe“.96 Darüber hinaus wird selbst innerhalb dieser Verrechnungstöpfe die Verlustverrechnung weiteren Beschränkungen unterworfen. Demnach dürfen begünstigt besteuerte Verluste aus der Veräußerung des Vermögenswertes sowie Verluste aus Derivaten nicht mit Zinsen aus Geldeinlagen oder sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten sowie mit Zuwendungen von bestimmten Stiftungen ausgeglichen werden.97 Und ganz allgemein sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen.98 Sie stehen damit nicht als Verrechnungssubstrat für Verluste aus anderen Einkunftsarten zur Verfügung. Aufgrund der Subsidiarität der außerbetrieblichen Einkunftsarten liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen allerdings nur dann vor, wenn das Kapitalvermögen zum Privatvermögen gehört. Wird es hingegen im Betriebsvermögen gehalten, sind die daraus resultierenden Einkünfte der entsprechenden betrieblichen Einkunftsart zuzurechnen. Die Regelungen über den besonderen Steuersatz und die Ermittlung der Bemessungsgrundlage i.S.d. § 27a Abs. 1 bis 5 EStG gelten jedoch sinngemäß auch hier.99 Dennoch können im betrieblichen Bereich Teilwertabschreibungen vorgenommen werden. Weitere Unterschiede bestehen im Bereich der Verrechnung von Verlusten. So sind Verluste aus betrieblich gehalte95 § 27 Abs. 8 Z 3 EStG. 96 Die „Topfbeschränkung“ hinsichtlich des Verlustausgleichs besteht gem. § 27 Abs. 8 letzter Satz öEStG auch bei Inanspruchnahme der Regelbesteuerungsoption i.S.d. § 27a Abs. 5 öEStG, wonach alle Kapitaleinkünfte der progressiven Einkommensteuer unterliegen. 97 § 27 Abs. 8 Z 1 i.V.m. § 27a Abs. 1 Z 1 und § 27 Abs. 5 Z 7 öEStG. 98 Sofern nicht zur Regelbesteuerung i.S.d. § 27a Abs. 5 öEStG optiert wurde. § 27a Abs. 1 Z 2 öEStG. 99 § 27a Abs. 6 öEStG.
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nem Kapitalvermögen zwar vorrangig mit Veräußerungsgewinnen aus Kapitalvermögen einschließlich Zuschreibungsbeträgen innerhalb desselben Betriebes zu verrechnen. Ist dies jedoch nicht (zur Gänze) möglich, kann ein verbleibender negativer Überhang im Ausmaß von 55 % ausgeglichen werden. Nicht lange nach der Neustrukturierung der Besteuerung von Kapitalvermögen im Jahr 2011 hat der österreichische Gesetzgeber 2012 gleichermaßen die Besteuerung von Grundstücksveräußerungen reformiert. Im Rahmen dieser Neugestaltung wurde auch die Verrechnung von Verlusten aus derartigen Veräußerungsgeschäften grunderneuert. Führen private Grundstücksveräußerungen, auf die der besondere Steuersatz i.H.v. 30 % anwendbar ist, in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, ist dieser auf 60 % zu kürzen und gleichmäßig auf das Jahr der Verlustentstehung und die folgenden vierzehn Jahre zu verteilen und ausschließlich mit bestimmten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung100 auszugleichen. Alternativ kann der Steuerpflichtige den gekürzten Verlust bereits im Verlustentstehungsjahr mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung101 verrechnen. Wählt er den Sofortausgleich, geht ein nach einem solchen vertikalen Ausgleich verbleibender Verlustüberhang verloren; ein Verlustvortrag ist für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen nicht vorgesehen.102 Entscheidet sich der Steuerpflichtige hingegen für die Verteilung der Veräußerungsverluste, ist ein zeitlich gestreckter oder phasenverschobener Verlustausgleich möglich. Soweit in einem Veranlagungszeitraum die Verrechnung des zugehörigen 15tel-Betrages mangels ausreichender Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausscheidet, verfällt der überschießende Ausgleichsbetrag dieses Jahres.103 Gewinne aus der privaten Grundstückveräußerung, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, sind wie im Bereich der Besteuerung von Kapitalvermögen, nicht im Gesamtbetrag der Einkünfte oder im Einkommen zu berücksichtigen. Und wie im Bereich der Kapitalvermögensbesteuerung, sind auch betriebliche Grundstückveräußerungen 100 Soweit diese unter § 28 Abs. 1 Z 1 bis 4 öEStG fallen. 101 Ebenso limitiert auf solche Einkünfte, die unter § 28 Abs. 1 Z 1 bis 4 öEStG fallen. 102 Zur Verfassungskonformität eines derart beschränkten Verlustausgleichs s. VfGH v. 30.11.2017 – G 183/2017-11 Rz. 19–25 (zu § 30 Abs. 7 öEStG i.d.F. BGBl. 112/2012). Vgl. dazu auch Lachmayer, Verluste sind nicht gleich Verluste, ÖStZ 2017, 495 (497 ff.). 103 Vgl. bereits die ErlRV zum SteuerreformG 2015/2016, 684 der BlgNR, XXV. GP, S. 11 (mit Beispielen).
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zunächst nicht vom Regime des § 30 öEStG erfasst. Veräußerungsgewinne sind – unabhängig von der Art der Gewinnermittlung – den betrieblichen Einkünften zuzurechnen, wobei der Veräußerungsgewinn ebenso dem besonderen Steuersatz i.H.v. 30 % unterliegt. Besonderheiten bestehen weiters bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes.104 Verluste aus Grundstücksveräußerungen sowie Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert von Grundstücken sind, infolge der besonderen Besteuerung, vorrangig mit anderen Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen oder Zuschreibungen solcher Grundstücke desselben Betriebes im selben Wirtschaftsjahr zu verrechnen. Ein verbleibender Überhang ist auf 60 % zu reduzieren und darf sodann mit dem übrigen Betriebsergebnis oder anderen Einkünften ausgeglichen werden. Ist dies nicht zur Gänze möglich, kann der Verlust (anders als bei privaten Grundstücksveräußerungen) vorgetragen werden.
d) Verlustausgleichsverbote bei Einkünften aus sonstigen Leistungen und Spekulationseinkünften Zwei weitere Verlustausgleichsverbote finden sich abschließend im Bereich der Spekulationseinkünfte sowie der Einkünfte aus sonstigen Leistungen. Ähnlich wie in § 22 Z 3 dEStG unterliegen auch in Österreich Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus der gelegentlichen Vermietung beweglicher Gegenstände nach § 29 Z 3 öEStG,105 der Einkommensteuer, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften im Sinne der Z 1, 2 oder 4 des § 29 öEStG gehören und den Betrag von 220 t im Kalenderjahr übersteigen. Ebenso lange wie Einkünfte aus sonstigen Leistungen der Einkommensteuer unterworfen werden, besteht für korrespondierende Verluste ein (relatives)106 Ausgleichsver104 § 4 Abs. 3a öEStG. 105 Zum gemeinsamen historischen Ursprung der Regelung des § 29 Z 3 öEStG und § 22 Z 3 dEStG im EStG 1925 und EStG 1934 s. etwa Kofler, Einkommen – Einkünfte – Einkunftsermittlung, 19. ÖJT Band IV/1, 2015, S. 94 ff.; Lang, Leistungen nach § 29 Z 3 EStG, SWK 2010, 117 (117 ff.). 106 Aufgrund der im Vergleich zu anderen Verlustausgleichsverboten unterschiedlichen Textierung von § 29 Z 3 öEStG ist nach wie vor unklar, ob das Verlustausgleichsverbot des § 29 Z 3 öEStG als absolutes oder relatives Ausgleichsverbot zu verstehen ist. Die überzeugenderen Argumente sprechen jedoch für die Annahme eines relativen Ausgleichsverbots. Vgl. Prechtl, Verlustausgleichsbeschränkungen im Einkommensteuerrecht, 2005, S. 251 ff.; ebenso Kanduth-Kristen in Jakom EStG 2019, § 29 EStG Rz. 43; Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 29 EStG Rz. 63 (60. Lfg. 2015).
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bot. Einem relativen Verlustausgleichsverbot unterliegen schließlich ebenso die Verluste aus Spekulationsgeschäften i.S.d. § 31 öEStG. Führen derartige Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt107 zu einem Verlust, ist dieser nach Maßgabe von § 31 Abs. 4 EStG nicht ausgleichsfähig.108
e) Periodenübergreifender Verlustabzug und dessen Beschränkungen Ist der Einkommen- und Körperschaftsteuer, wie in § 2 Abs. 1 EStG und § 7 Abs. 1 KStG angeordnet, jenes Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat, wird damit zugleich das Prinzip der Abschnittsbesteuerung positivrechtlich verankert.109 Der Grundsatz der Periodizität der Einkommen- und Körperschaftsteuer kommt allerdings wie in Deutschland nicht in Reinform zum Tragen, sondern kennt – u.a. – mit dem Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 EStG und § 8 Abs. 4 Z 2 KStG Ausnahmen. Anders als in Deutschland kennt das österreichische Ertragsteuerrecht jedoch keinen Verlustrücktrag in vergangene Veranlagungszeiträume, sondern einzig und allein den Verlustvortrag in zukünftige Veranlagungsperioden. In diesem Sinne sind bei der Ermittlung des Einkommens Verluste aus vorangegangenen Jahren, die in diesen Jahren keine steuerliche Berücksichtigung gefunden haben, als „Sonderausgabe“ abzugsfähig. Der Verlustabzug unterscheidet sich freilich insofern von den anderen Sonderausgaben, als er keine „Ausgabe“ im Sinne von außerhalb der Einkünfteerzielung liegenden Aufwendungen darstellt. Seine Einordnung als Sonderausgabe beruht auf anderen Überlegungen: Der im Verlustabzug berücksichtigte Verlust stammt zwar aus der Gewinnermittlung einer früheren Periode, er geht jedoch 107 VwGH v. 27.5.2003 – 98/14/0065. 108 Der VfGH hegt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Beschränkung. VfGH v. 9.6.1998 – B 822/98; VfGH v. 2.12.2008 – B 816/08; Kirchmayr/Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 31 EStG Rz. 142 (17. Lfg. 2014); kritisch Kempf, Die Berücksichtigung von Verlusten aus Spekulationsgeschäften, RdW 2009, 141 (141 ff.). Ist bei einem Spekulationsgeschäft im Veräußerungsjahr ein Gewinn erzielt und besteuert worden, sind nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen darüber hinaus im Abflussjahr bis zum Betrag dieses Gewinnes zum Ausgleich mit anderen Einkünften zuzulassen (vgl. VfGH v. 11.12.2002 – B 941/02; VwGH v. 27.5.2003 – 98/14/ 0065 sowie in der Folge UFS v. 24.7.2003 – RV/0336-L/03). 109 Vgl. z.B. VwGH v. 16.12.1999 – 97/15/0121; VfGH v. 3.3.1987 – G 170/86, G 171/68, G 172/86.
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über die Gewinnermittlung hinaus. So ergibt sich die Höhe des Verlustabzugs im Verlustentstehungsjahr erst nach dem Ausgleich mit anderen, auch nicht betrieblichen, Einkünften. Aber auch eine spätere Verrechnung beschränkt sich nicht nur auf betriebliche Einkünfte; schon gar nicht auf die jeweilige Einkunftsquelle. Materiell gehört der Verlustabzug somit zu den Vorschriften der Einkommensermittlung. Er kann sich auf Einkünfte aller Einkunftsarten gleichermaßen auswirken. Systematisch ist der Verlustabzug daher nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte anzusetzen. Diese Loslösung von der Gewinn- oder Einkünfteermittlung bringt der Gesetzgeber durch die Einreihung des Verlustabzugs in den Sonderausgaben zum Ausdruck.110 Ganz allgemein ist der Verlustabzug in § 18 Abs. 6 EStG geregelt; darauf verweist auch § 8 Abs. 4 Z 2 KStG. Er ist an mehrere Voraussetzungen gebunden. Eine davon ist die Ermittlung des Verlusts durch ordnungsmäßige Buchführung oder bei „§ 4 Abs. 3“-Gewinnermittlern111 durch ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Damit wird die interperiodische Verlustverrechnung durch Verlustabzug auf die betrieblichen Einkunftsarten beschränkt. Unter welchen Voraussetzungen von einer Ordnungsmäßigkeit der Buchführung oder Einnahmen-AusgabenRechnung auszugehen ist, beantworten Rechtsprechung und Lehre unterschiedlich.112 Keine einheitliche Auffassung besteht ebenso darüber, ob die Ordnungsmäßigkeit des Rechenwerkes in jedem Verrechnungsjahr erneut zu prüfen ist oder mit der Feststellung der Höhe des abzugsfähigen Verlusts in der Veranlagung des Verlustentstehungsjahres gleichzeitig auch über die Ordnungsmäßigkeit entschieden wird.113 Unabhängig davon ist der Verlustabzug von Amts wegen im ersten Jahr vorzunehmen, in welchem dem Verlust ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug von anderen Sonderausgaben gegenübersteht. Unterbleibt ein Ver110 Vgl. Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 154 m.w.N. 111 Vereinfachte Gewinnermittlung vergleichbar mit § 4 Abs. 3 dEStG. 112 Vgl. Büsser/Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 18 Abs. 6 und 7 EStG Rz. 16 ff. (65. Lfg. 2017); Peyerl in Jakom EStG 2019, § 18 EStG Rz. 169 ff.; Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 18 EStG Rz. 286/1 ff. (20. Lfg. 2018); weiters beispielsweise VfGH v. 3.3.1987 – G 170-172/86; VfGH v. 26.2.1996 – B 370/95; VwGH v. 18.2.1970 – 1577/68; VwGH v. 15.10.1975 – 479/75; VwGH v. 6.12.1977 – 1177/77; VwGH v. 17.12.2014 – 2011/13/0103; VwGH v. 29.1.2015 – 2013/15/0166 und 2012/15/0228. 113 Vgl. Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 18 EStG Rz. 289 ff.; Peyerl in Jakom EStG 2019, § 18 EStG Rz. 171 ff.; VwGH v. 14.4.1994 – 92/15/0169; VwGH v. 29.6.2005 – 2002/14/0132; VwGH v. 19.9.2013 – 2012/15/0014; VwGH v. 28.5.2015 – 2012/15/0106; dagegen VfGH v. 12.10.1987 – B 27/86.
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lustabzug, obwohl eine Verrechnungsmöglichkeit bestünde, darf in den Folgejahren nur noch der fiktive Restbetrag berücksichtig werden.114 Im Jahr der Verrechnung selbst brauchen zudem weder betriebliche Einkünfte vorzuliegen noch muss der verlusterzeugende Betrieb noch vorhanden sein. Für Körperschaften gilt dies allerdings nur außerhalb des Mantelkauftatbestandes i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG. Damit ist zugleich eine wesentliche Einschränkung des Verlustabzuges im Anwendungsbereich des KStG angesprochen.
f) Beschränkung des Verlustabzugs im KStG Mit dem Ziel, rechtsgeschäftliche Verlustverwertungen außerhalb wirtschaftlich begründeter Fälle zu unterbinden, wurde mit dem KStG 1988 nach dem Vorbild der deutschen Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 dKStG a.F. ebenso eine Regelung zur Bindung des Verlustabzugs an die wirtschaftliche Identität des verlusterleidenden Steuersubjekts im österreichischen KStG verankert.115 Dies wurde vor allem aufgrund der von § 22 BAO getragenen Rechtsprechung des VwGH in den 1980er Jahren notwendig, der im Gesellschafterwechsel keinen Vorgang erkannte, der zu einem Untergang der Verlustvorträge führen konnte.116 Das Körperschaftsteuerrecht stelle auf die zivilrechtliche Rechtssubjektivität ab und folge dem Trennungsprinzip. Konsequenterweise haften die Verlustvorträge am jeweiligen Steuersubjekt und bleiben unabhängig davon verwertbar, ob dieses Steuersubjekt wirtschaftlich betrachtet seine Identität verliert. Durchbrechungen dieser Subjektbindung bedürfen einer explizi-
114 Vgl. VwGH v. 20.9.1977 – 931/77; VwGH v. 19.9.2013 – 2012/15/0014; dazu auch Büsser/Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 18 Abs. 6 und 7 EStG Rz. 23. 115 Die Bestimmung soll für „für Extremfälle, in denen eine vollkommene Strukturänderung einer Körperschaft mit einer Veränderung der Eigentümerstellung auf entgeltlicher Grundlage im Zusammenhang steht, eine Rechtsgrundlage zur Versagung des Verlustvortragsrechtes bei der zivilrechtlich ident bleibenden Körperschaft“ schaffen. So die ErlRV, 622 der BlgNR, XXV. GP, S. 18; vgl. dazu auch VwGH v. 9.7.2008 – 2005/15/0045; zum Regelungsziel weiters Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, 2007, S. 12; weiters Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz. 275/1 (27. Lfg. 2015), jeweils m.w.N. 116 VwGH v. 4.6.1986 – 84/13/0251; VwGH v. 22.9.1987 – 87/14/0063; dazu auch Doralt, VwGH und BFH: Formale Auslegung gegen teleologische Auslegung, RdW 2009, 127 (129).
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ten Regelung.117 Diese wurde mit § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG geschaffen. Danach steht der Verlustabzug „ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf).“118
Dies gilt allerdings dann nicht, wenn diese Änderungen zum Zweck der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles der betrieblichen Arbeitsplätze erfolgen.119 Verluste sind darüber hinaus „in jedem Fall insoweit abzugsfähig, als infolge der Änderungen der wirtschaftlichen Struktur bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Änderungen stille Reserven steuerwirksam aufgedeckt werden.“120
Der letzte Satz der Bestimmung stellt somit sicher, dass die durch die Aufdeckung stiller Reserven im Zuge der wirtschaftlichen Strukturänderung entstandenen Gewinne jedenfalls mit den ursprünglich versagten Verlustvorträgen verrechnet werden können. Jener Teil der Verlustvorträge, der zur Neutralisierung der in diesem Jahr durch die wirtschaftliche Strukturänderung steuerpflichtig aufgedeckten stillen Reserven dient, soll, mit anderen Worten, steuerwirksam bleiben.121 In ihrer Gesamtheit betrachtet, zielt die Regelung des § 8 Abs. 4 Z 2 KStG somit darauf ab, ein Zusammenführen von Verlusten mit dem Gewinnpotential aus anderen wirtschaftlichen Aktivitäten, die neue Gesellschafter in die Mantelgesellschaft verlagern, zu unterbinden.122
117 VwGH v. 4.6.1986 – 84/13/0251; VwGH v. 22.9.1987 – 87/14/0063. 118 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c Satz 1 KStG. Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen s. umfassend Resser/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, § 8 KStG Rz. 245 ff.; Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, § 8 KStG Rz. 545 ff.; Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz. 271 ff. und 278 ff.; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, 2007, S. 13 ff. 119 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c Satz 2 KStG. 120 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c Satz 3 KStG. 121 Vgl. Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, § 8 KStG Rz. 605 f. m.w.N. 122 Vgl. Hügel, Verlustvortrag bei Verschmelzungen in- und außerhalb von Unternehmensgruppen – Zugleich eine steuersystematische und rechtspolitische Kritik der Antiverlustverwertung-Gesetzgebung, in König/Wallentin/ Wiesner (Hrsg.), Privatstiftungen und Umgründungen – GS Helbich, 2014, 189 (204).
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In der technischen Ausgestaltung des Mantelkauftatbestands unterscheiden sich das österreichische KStG und das gegenwärtige deutsche KStG mit seinem § 8c und § 8d doch deutlich voneinander. Ein Stück weit zusammen rücken die beiden Rechtskreise allerdings wieder im Bereich der „Mindestbesteuerung“. Denn nach § 8 Abs. 4 Z 2 lit. a KStG steht der Verlustabzug nur im Ausmaß von 75 % des Gesamtbetrages der Einkünfte zu.123 Da die Begrenzung durch die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte definiert wird, kann sie nur dann zur Anwendung kommen, wenn der bestehende Verlustabzug die „Vortragsgrenze“ – also 75 % des Gesamtbetrags der Einkünfte – übersteigt.124 Sind in den positiven Einkünften außerdem Sanierungsgewinne,125 Gewinne aus einem Insolvenzverfahren,126 Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen127 oder Liquidationsgewinne gem. § 19 KStG128 enthalten, greift die Verrechnungsgrenze insoweit ebenso nicht. Dies gilt gleichermaßen für Beträge aus der Nachversteuerung von Auslandsverlusten129 sowie für entstrickungsbedingt aufgedeckte stille Reserven i.S.d. § 6 Z 6 EStG.130 Die Anwendung von § 8 Abs. 4 Z 1 lit. a KStG führt weiters zu keinem Untergang der nicht abzugsfähigen Verlustteile, sondern – da die übersteigenden Beträge in nachfolgende Veranlagungszeiträume vorgetragen werden können – lediglich zu einer zeitlichen Streckung des Abzugs. Gleichwohl sind diese aufgeschobenen Verlustabzüge in den Folgejahren ebenfalls nur insoweit ab123 Für natürliche Personen im Anwendungsbereich des EStG gilt die Verrechnungsgrenze seit dem AbgÄG 2014 nicht mehr (BGBl. I Nr. 13/2014). Die Beibehaltung der Verrechnungsbeschränkung im Bereich des KStG dürfte dabei letztlich nur aus budgetären Erwägungen erfolge sein. Schlager/Titz, Ertragsteuerliche Änderungen im AbgÄG 2014 – ein Überblick, RWZ 2014, 65 (65). 124 Umfassend zu dieser Regelung Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 2 EStG Rz. 177/13 ff. (20. Lfg. 2018) m.w.N.; weiters Raab/Renner in Renner/ Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz. 268/2; Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, § 8 KStG Rz. 241a f. 125 I.S.d. § 23a KStG; § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 1 KStG. 126 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 2 KStG. 127 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 3 KStG. 128 § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 4 KStG. 129 Die im Rahmen der grenzüberschreitenden Gruppenbesteuerung nach § 9 Abs. 6 Z 6 KStG oder allgemein nach § 2 Abs. 8 Z 3 EStG vorübergehend bei der Besteuerung in Österreich berücksichtigt wurden; § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 5 KStG. 130 Ausgenommen davon sind Gewinne aus der sinngemäßen Anwendung von § 6 Z 6 lit. a EStG auf sonstige Leistungen. § 8 Abs. 4 Z 2 lit. b TS 6 KStG.
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zugsfähig, als sie in der jeweiligen Vortragsgrenze der betroffenen Jahre Deckung finden.
g) Subjektbezogene Verlustverrechnung Führt man die Grundsätze der Verlustverwertung im österreichischen Ertragsteuerrecht zusammen, manifestiert sich auch in ihnen das Prinzip der Individualbesteuerung und der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit. So wie der Abzug von Drittaufwendungen nicht zulässig ist,131 steht auch die Verlustverrechnung grundsätzlich nur dem Steuerpflichtigen zu, der den Verlust erlitten und ihn wirtschaftlich getragen hat.132 Abweichungen von diesem Grundsatz der subjektbezogenen Verlustverwertung bedürfen einer gesetzlichen Regelung, wie dies etwa im Bereich der Gruppenbesteuerung der Fall ist.133 In diesem Punkt stimmen das österreichische und das deutsche Recht daher überein. Aus dem Grundsatz der Individualbesteuerung und der individuellen Einkommenszurechnung ergibt sich in letzter Konsequenz auch die Einstufung des Verlustabzugs als subjektbezogene Rechtsposition des materiellen Steuerrechts. Er ist rechtsgeschäftlich nicht disponibel und grundsätzlich nicht übertragbar. Diese Eigenschaft tritt insbesondere dann auf den Plan, wenn das verlustbehaftete Steuersubjekt wegfällt; sei 131 Vgl. VwGH v. 31.1.2019 – Ro 2017/15/0037; VwGH v. 19.10.2016 – Ra 2014/ 15/0039; VwGH v. 12.12.2007 – 2006/15/0123; VwGH v 22.12.2005 – 2002/ 15/0169; VwGH v. 28.11.2002 – 2001/13/0257; VwGH v. 6.11.1991 – 91/13/ 0074; VwGH v. 29.6.1982 – 82/14/0054; dazu auch Zorn, Drittaufwand nicht absetzbar, RdW 2019, 267 (267 f. m.w.N.); Zorn., Nutzungseinlagen in Körperschaften – steuerneutral, RdW 2016, 423 (426); kritisch Peyerl, VwGH zur persönlichen Zurechnung von Betriebsausgaben, ÖStZ 2016, 564 (567 f. m.w.N.). 132 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 873 f. m.w.N.; weiters Müller-Franken, Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfall und einkommensteuerliche Verluste, StuW 2004, 109 (117); Stadie, Die persönliche Zurechnung von Einkünften, 1983, S. 77; VwGH v. 15.9.2016 – 2015/15/0003; in diesem Sinne auch BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04. 133 Zum Ausnahmecharakter und seiner Rechtfertigung vgl. Staringer, Kann die Gruppenbesteuerung wieder abgeschafft werden, ÖStZ 2006, 493 (493 f.); Achatz/Tumpel in Quantschnigg et al (Hrsg.) Gruppenbesteuerung – Kommentar und systematische Darstellung, 2005, § 9 Abs. 1 KStG Rz. 36 ff.; Kirchmayr, Verfassungsrechtliche Überlegungen zur Gruppenbesteuerung, in Akyüriek et al (Hrsg.), Staat und Recht in europäischer Perspektive – FS Schäffer, 2006, S. 374 (379 ff.); weiters Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, S. 233 ff. m.w.N.
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es durch Tod oder im Rahmen einer Umgründung. Denn ein intersubjektiver Übergang von Verlustabzügen, also eine Rechtsnachfolge in Verlustabzüge, qua Gesamtrechtsnachfolge kann auch dem österreichischen Recht nicht entnommen werden.134 Dies hat der VwGH jüngst in zwei Erkenntnissen – auf den Spuren des GrS des BFH135 – bestätigt.136
2. Regelungskonzept von § 4 öUmgrStG a) Grundsatz des objektbezogenen Verlustvortragsüberganges Vom Prinzip der Individualbesteuerung abweichend regelt das UmgrStG die Behandlung von Verlustabzügen im Zusammenhang mit umgründungsbedingten Vermögensübertragungen. Die Grundsätze werden dabei in § 4 UmgrStG für die Verschmelzung bestimmt. In den anderen Artikeln wird danach lediglich auf die Bestimmungen des § 4 UmgrStG verwiesen und, sofern dies durch Besonderheiten des jeweiligen Umgründungstyps begründet ist, modifiziert.137 In einem ersten Schritt normiert § 4 UmgrStG den grundsätzlichen Übergang des Verlustabzugs gem. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG der übertragenden Körperschaft auf die übernehmende Körperschaft. Verluste der übertragenden Körperschaft, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind,138 können nach § 4 Z 1 lit. a UmgrStG auf die übernehmende Körperschaft übergehen.139 Allerdings verknüpft § 4 Z 1 lit. a UmgrStG die „Verlustnachfolge“ an die Buchwertübertragung der verlustverursachenden (verlustproduzierenden) Einkunftsquelle. Daraus ergibt sich der Grundsatz
134 Ausführlich dazu Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 863 ff. 135 BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04. 136 VwGH v 25.4.2013 – 2010/15/0131, 2011/15/0143; VwGH v. 15.9.2016 – Ra 2015/15/0003. Für eine Analyse dieser Erkenntnisse vgl. HohenwarterMayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 867 ff. 137 Etwa bei der Umwandlung auf eine Personengesellschaft, an der mehrere Gesellschafter beteiligt sind, oder bei der Einbringung, die auch eine einzelne Beteiligung als begünstigtes Vermögen betreffen kann. 138 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 21 ff. m.w.N. 139 Allgemein zu Regelung des § 4 Abs. 1 lit. a Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 21 ff.; Peklar, Verluste im Umgründungssteuerrecht, 2001, S. 82 ff.; Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 16 ff.; Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG, 5. Aufl. 2015, § 4 UmgrStG Rz. 10 ff.; UmgrStR 2002, Rz. 192 ff.
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des objektbezogenen Verlustvortragsüberganges.140 Nur im Rahmen der Buchwertfortführung ist ein Übergang überhaupt denkbar, und dies auch nur insoweit, als der Verlust den übertragenen Betrieben, Teilbetrieben oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen zugerechnet werden kann.141 Soweit Verluste daher mit zwangs- oder wahlweise aufgewertetem Vermögen in Zusammenhang stehen, scheidet ein Übergang aus.142 Überdies muss das übertragene Vermögen am Verschmelzungs-
140 ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 17 f („objektverknüpfter Verlustvortragsübergang“). Die Verluste sind insofern „objektbezogen“ als ihr Übergang an die Übertragung der entsprechenden Verlustentstehungsquelle geknüpft ist. So bereits VwGH v. 31.1.1995 – 94/14/0171; ebenso VwGH v. 18.7.2001 – 99/13/0194, wonach das Recht des Verlustabzuges durch diese Regelung „mit der Übertragung der verlustproduzierenden Einkunftsquelle gekoppelt“ ist. 141 Zu den Detailfragen hinsichtlich der Zuordnung der Verluste zur verlustverursachenden Einkunftsquelle Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 50 ff.; Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 49 ff.; Peklar, Verluste im Umgründungssteuerrecht, S. 83 ff.; Zwick, Verlustzuordnung im Rahmen des umgründungssteuerlichen Objektbezugs, ÖStZ 2017, 509 (509 ff.); Ambrosch/Wild, VwGH: Keine willkürliche Zuordnung und Verrechnung von Verlusten bei Spaltungen gem. Art. VI UmgrStG, RWZ 2018, 393 (393 ff.); Rzepa/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 21 Rz. 5; Furherr in Kofler, § 21 UmgrStG Rz. 21 ff.; UmgrStR 2002, Rz. 197 ff. und 1184 f. 142 Damit ist zunächst Aufwertungsoption des § 2 Abs. 2 UmgrStG angesprochen (vgl. Kofler/Six in Kofler, § 2 UmgrStG Rz. 26 ff. m.w.N.). Eine Aufwertung zur Ermöglichung einer Steueranrechnung von Auslandsvermögen verhindert daher den Übergang der aus dem Inlandsvermögen stammenden Verluste nicht. Dagegen scheidet ein Übergang der Verluste bei einer Aufwertung des Inlandsvermögens aus. Die betroffenen Verluste können zwar mit dem Liquidationsgewinn i.S.d. § 20 KStG verrechnet werden, ein danach verbleibender Verlust geht jedoch unter (vgl. Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 20 ff.; Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 22; kritisch dazu Hügel, Grenzüberschreitende und nationale Verschmelzungen im Steuerrecht, 2009, § 4 Rz. 32; das Erfordernis der Buchwertfortführung als Voraussetzung für den Übergang als systematisch gerechtfertigt erachtend dagegen Peklar, Verluste im Umgründungssteuerrecht, S. 58 f.). Die Bedingung der Buchwertfortführung ist allerdings auch in den Fällen einer „Importumgründung“ nicht erfüllt, in denen Vermögen in die österreichische Steuerhoheit hineinwächst und deshalb (zwingend) nach § 3 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG aufzuwerten ist (dazu und zu den damit verbundenen unionsrechtlichen Bedenken vgl. Wild, Importverschmelzung, 2018, S. 233 ff. i.V.m. S. 188 ff.).
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stichtag tatsächlich vorhanden sein.143 Ist das verlustverursachende Vermögen am Verschmelzungsstichtag nicht mehr vorhanden (z.B. nach Verkauf, Liquidation, Stilllegung oder einem sonstigen Untergang), gehen die Verlustvorträge durch die Verschmelzung unter; wiewohl sie ohne Verschmelzung weiterhin vortragsfähig gewesen wären. Wird daher eine in diesem Sinne „vermögenslose“ Körperschaft verschmolzen, gehen alle Verlustvorträge verloren.144 Als „verlustverursachendes Vermögen“ nennt § 4 Z 1 lit. a UmgrStG Betriebe, Teilbetriebe sowie nicht einem Betrieb zurechenbare Vermögensteile. Mitunternehmeranteile werden nicht explizit genannt, sind jedoch für Zwecke der Verlustzuordnung ebenso als Beurteilungsobjekt heranzuziehen.145 Losgelöst von der Gewerblichkeitsfiktion des 7 Abs. 3 KStG (vergleichbar mit § 8 Abs. 2 dKStG) wird materiell zwischen betriebsführenden und vermögensverwaltenden Körperschaften unterschieden. Bei betriebsführenden (operativen) Körperschaften erfolgt die Verlustzuordnung grundsätzlich zu Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen; und nur ausnahmsweise zu nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen.146 Dagegen ist bei vermögensverwaltenden (nicht-ope143 Zum Kriterium des tatsächlichen Vorhandenseins des Vermögens vgl. Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 40. 144 Vgl. Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 38; Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 11; UmgrStR 2002, Rz. 195; kritisch dazu Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 49. 145 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 56 f.; Zöchling in Wundsam/ Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 19; Hirschler/Zwick in Wiesner/ Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 50; Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 40. 146 Diese Zuordnung kommt dann in Frage, wenn ein Vermögensteil von nicht untergeordneter Bedeutung weder notwendiges noch gewillkürtes Vermögen darstellt (vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 58 m.w.N.). Die Gesetzesmaterialien zum AbgÄG 1998 (BGBl. I 1999/28) nennen hier als Beispiel ein mit dem Betriebszweck der Kapitalgesellschaft nicht zusammenhängendes und nicht bewirtschaftetes Schloss, das veräußert wurde (ErlRV zum AbgÄG 1998, 1471 der BlgNR, XX. GP, S. 21). Im genannten Beispiel stellt sich m.E., aber vorgelagert eher die Frage, ob hier nicht Liebhabereivermögen vorliegt und deshalb von vornherein keine Verluste im ertragsteuerlichen Sinne bestehen. Die UmgrStR nennen dagegen ein verlustverursachendes Patent, das in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb der Körperschaft steht (UmgrStR 2002, Rz. 203). Von einem verschmelzungsbedingten Übergang ausgeschlossen sind ebenso Verluste aus der außerbetrieb-
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rativen) Körperschaften die Verlustzuordnung immer zu den einzelnen Vermögensteilen von nicht untergeordneter Bedeutung vorzunehmen.147 Vor diesem Hintergrund ist bei betriebsführenden Körperschaften für die Frage, ob der Wegfall von Vermögensteilen des übertragenen Betriebes vor der Verschmelzung zu einer Kürzung der Verluste führt, auf (weggefallene) Teilbetriebe als kleinste wirtschaftliche Einheit abzustellen. Entscheidend ist, dass der verlustverursachende Teilbetrieb oder – sofern keine Teilbetriebe existieren – der verlustverursachende Betrieb148 am Verschmelzungsstichtag als eigenständiges Verlustzuordnungsobjekt tatsächlich nicht mehr vorhanden ist149 oder seine Identität als eigenständige Einheit verloren hat.150 Der Wegfall von (auch bedeutenden) betriebsbezogenen Wirtschaftsgütern führt demgegenüber zu keiner Kürzung der übergangsfähigen Verlustvorträge, solange durch den Wegfall die Qualifikation als Teilbetrieb oder Betrieb nicht in Frage gestellt und keine qualifizierte Umfangsminderung von § 4 Z 1 lit. c UmgrStG151 verur-
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lichen Sphäre einer „§ 7 Abs. 3 KStG“-Körperschaft (zur Rechtsfigur der außerbetrieblichen Sphäre zusammenfassend Mair, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften, RdW 2012, 623 [323 ff. m.w.N.]; allgemein zum außerbetrieblichen Vermögen im Kontext von § 4 UmgrStG Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 44). Vgl. Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 46; Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 24; UmgrStR 2002, Rz. 208. Der Betriebs- und Teilbetriebsbegriff sind dabei nach ertragsteuerlichen Kriterien auszulegen. Statt aller Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 53. Aus diesem Grund kann etwa auch die nachträgliche Wiederaufnahme eines zum Verschmelzungsstichtag einstellten Betriebes nichts am Wegfall der damit verbundenen Verlustvorträge zum Verschmelzungsstichtag ändern (vgl. VwGH v. 29.9.2010 – 2007/13/0012; VwGH v. 26.6.2014 – 2010/15/0140; VwGH v. 20.12.2016 – Ro 2015/15/0020). Keine Betriebsaufgabe liegt hingegen vor, wenn ein Betrieb bloß „ruht“; d.h. bloß vorübergehend mit der Absicht eingestellt wird, ihn in absehbarer Zeit wiederaufzunehmen (vgl. BFG v. 24.11.2015 – RV/5100439/2011). Weil er etwa nach einer Vorumgründung mit dem Betrieb der nunmehr übertragenden Gesellschaft vereinigt wurde. Nach Ansicht der Finanzverwaltung bestehen jedoch keine Bedenken, den Verlustübergang anzuerkennen, wenn nachgewiesen wird, dass der verlustverursachende (Teil-)Betrieb infolge der Eingliederung zwar seine Identität als eigenständige Einheit verloren hat, die verlustverursachenden Aktivitäten aber im Rahmen des Gesamtbetriebs der übertragenden Körperschaft noch in vergleichbarem Umfang (i.S.d. § 4 Abs. 1 lit. c UmgrStG) vorhanden sind. Vgl. UmgrStR 2002, Rz. 207a. Dazu sogleich.
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sacht wird.152 Bei Mitunternehmeranteilen ist darüber hinaus im Lichte der VwGH-Rechtsprechung eine „Zwei-Ebenen-Betrachtung“ anzustellen.153 Zum einen ist der Mitunternehmeranteil für Zwecke der Verlustzurechnung ein eigenständiges Zuordnungsobjekt. Zum anderen stellt der VwGH zusätzlich auf den Betrieb der Personengesellschaft ab und betrachtet den Mitunternehmeranteil insofern als Zurechnungsvehikel der betrieblichen Verluste der Personengesellschaft.154 Sowohl der Wegfall des verlustverursachenden Vermögens auf Ebene der Mitunternehmerschaft (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil) als auch der Wegfall des Zurechnungsvehikels „Mitunternehmeranteil“ auf Ebene der an der Verschmelzung beteiligten Körperschaft führen (insoweit) zum Entfall des Verlustvortrages.155 Bei ausschließlich vermögensverwaltenden Körperschaften, die über kein Betriebsvermögen im ertragsteuerrechtlichen Sinn verfügen, ist die kleinste Verlustzuordnungseinheit für die Beurteilung des objektbezogenen Verlustvortragsüberganges der einzelne „Vermögensteil“. Allerdings stellt die Verwaltungspraxis hier, im Einklang mit den Gesetzesmaterialen zum AbgÄG 1998, auf einen „Vermögensteil von nicht untergeordneter Bedeutung“ als Verlustzuordnungseinheit ab. Als Beispiele werden in diesem Zusammenhang die Liegenschaft einer vermögensverwaltenden Körperschaft und eine wesentliche Beteiligung einer Holdinggesellschaft genannt.156 152 Vgl. beispielsweise Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 21; UmgrStR 2002, Rz. 202; Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, 2009, § 4 Rz. 45. 153 VwGH v. 18.11.2009 – 2006/13/0160. 154 VwGH v. 18.11.2009 – 2006/13/0160. Dazu auch Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 56 f. m.w.N. 155 Dies gilt auch dann, wenn der Mitunternehmeranteil bei der umzugründenden Körperschaft selbst betriebs- oder teilbetriebszugehörig ist (vgl. Titz/ Wild, Aktuelles aus dem UmgrStR-Wartungserlass 2015, RWZ 2016, 37 (38); UmgrStR 2002, Rz. 202, 1191 und 1711a). Nicht gänzlich klar sind die Auswirkungen auf den Verlustvortrag, wenn der Mitunternehmeranteil vor dem Verschmelzungsstichtag lediglich vermindert wird. Die Verwaltungspraxis geht in diesem Fall davon aus, dass jener Teil der Verlustvorträge, der anteilig der übertragenen (z.B. veräußerten) Quote zuzurechnen ist, vom fortgesetzten Abzug auszuschließen sei (UmgrStR 2002, Rz. 200; Wiesner, Vorsorge für Verluste und Vortragsfähigkeit von Verlusten im Ertragsteuerrecht, RWZ 2010, 14 (16); Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 112; kritisch Hirschler, Anmerkungen zum Umgründungssteuerrichtlinien-Wartungserlass 2011 (Art. I), taxlex 2012, 10 (11). 156 UmgrStR 2002, Rz. 208; ErlRV zum AbgÄG 1998, 1471 der BlgNR, XX. GP, S. 21; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 112; zu den damit verbun-
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Die Verluste sind den einzelnen Verlustquellen nach der Vorstellung des Umgründungssteuergesetzgebers primär direkt zuzuordnen, was jedoch, aufgrund der Ausgestaltung des Verlustabzuges als einkommensbezogene Größe, einer Fiktion gleichkommt.157 Eine anteilsmäßige Aufteilung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Lediglich dann, wenn eine eindeutige Zurechnung nicht möglich ist, soll eine sachgerechte Aliquotierung zulässig sein.158
b) Qualifizierte Umfangsminderung Gelingt eine Verlustzurechnung im beschriebenen Sinne, ist damit aber noch keine endgültige Entscheidung über den tatsächlichen Übergang der Verlustabzüge getroffen. Dafür ist nämlich zusätzlich die umfängliche Vergleichbarkeit der Verlustquelle zum Zeitpunkt der Umgründung bezogen auf den Zeitpunkt der Verlustentstehung gefordert. So schließt § 4 Z 1 lit. c i.V.m. lit. a UmgrStG den Übergang und damit Abzug der Verluste aus, wenn „der Umfang der Betriebe, Teilbetriebe oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteile am Verschmelzungsstichtag gegenüber jenem im Zeitpunkt des Entstehens der Verluste vermindert ist, dass nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben ist“ (sog. qualifizierte Umfangsminderung).159
denen Auslegungsschwierigkeiten Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 81; Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 54a ff.; Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 46 i.V.m. 48 jeweils m.w.N. 157 Der in den umgründungssteuerrechtlichen Verlustbestimmungen normierte betriebsbezogene Verlustübergang basiert auf einer Fiktion der Zurechenbarkeit zur Einkunftsquelle. Bei Bestehen eines einzigen Betriebes ist die verlustverursachende Quelle auch unproblematisch zu identifizieren. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Zuordnung bei mehreren Einkunftsquellen. Zu den Schwierigkeiten und Zweifelsfragen jüngst Zwick, Verlustzuordnung im Rahmen des umgründungssteuerlichen Objektbezugs, ÖStZ 2017, 509 (510 ff.). 158 VwGH v. 13.9.2018 – Ro 2016/15/0010; BFG v. 16.7.2019, RV/7100916/ 2011; UmgrStR 2002, Rz. 198; Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 54; Bruckner, Änderung beim Verlustabzug bei Umgründungen durch UmgrStR und BBG 2003, ÖStZ 2004, 358 (359). 159 UmgrStR 2002, Rz. 218; allgemein zu diesem Kriterium Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 42 ff.; Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 101 ff.; Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, 2009, § 4 Rz. 51; BFG v. 24.11.2015 – RV/5100439/2011.
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Die Bestimmung der lit. c sichert den Grundsatz der Objektbezogenheit ab, indem sie den Übergang von Verlusten in jenen Gestaltungsfällen verhindert, in denen z.B. ein unrentabler, verlustverursachender Betrieb zur Verwertung der Verluste bis zum Umgründungsstichtag nur mehr auf „Sparflamme“ geführt wird.160 Für diese Zwecke ist, ausgehend vom Umfang des Vermögens zum Verschmelzungsstichtag im Rahmen einer fraktionierten Rückwärtsbetrachtung für jedes vergangene Wirtschaftsjahr, die Vergleichbarkeit zu prüfen.161 Verluste an und vor einem Bilanzstichtag, zu dem eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben ist, gehen nicht auf die übernehmende Körperschaft über. Die Vergleichbarkeit selbst ist anhand von quantitativen betriebswirtschaftlichen Kriterien zu beurteilen, die für den Umfang des jeweiligen verlustverursachenden Vermögens repräsentativ sind; also Kriterien, die den Umfang des Vermögens im betriebswirtschaftlichen Sinn widerspiegeln. Welche Kriterien hierfür in Frage kommen, ist betriebs- oder unternehmensbezogen individuell zu bestimmen. In Frage kommen Erfolgskennzahlen wie der Umsatz, EBIT, EBITDA, aber auch das Auftragsvolumen, der Umfang des Anlagevermögens, das Produktionsvolumen, die Bilanzsumme, die Beschäftigtenzahl oder das Umlaufvermögen.162 Die Vergleichbarkeit ist nach dem Konzept des § 4 Z 1 lit. c UmgrStG nicht mehr gegeben, wenn diese maßgeblichen Parameter nach dem Gesamtbild der Verhältnisse qualifiziert abgesunken sind, was in der Praxis bei einer Verminderung um mehr als 75 % angenommen wird.163 Das Absinken eines einzigen Parameters auf 25 %, oder weniger, reicht für eine qualifizierte Umfangsminderung 160 Quantschnigg, Die ertragsteuerliche Behandlung der Verschmelzung im Strukturverbesserungsrecht, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg.), Die Besteuerung der Kapitalgesellschaft – FS Bauer, 1986, S. 255 (274); Farmer, Verlustübergangs- und Verlustvortragsbeschränkungen im Umgründungssteuerrecht – Missbrauchsbekämpfung oder Steueranknüpfung?, in Pülzl/Partl (Hrsg.), Steuerberatung im Synergiebereich von Praxis und Wissenschaft – FS Pircher, 2007, S. 99 (108 und 112). 161 Zu dieser fraktionierten Rückwärtsbetrachtung UmgrStR 2002, Rz. 218 ff. 162 Vgl. mit einem Beispiel Mayr/Wellinger, Verschmelzung, in Mayr/Wellinger (Hrsg.), Handbuch der Sonderbilanzen II: Umgründungen, 2010, 13 (39 f.); weiters UmgrStR 2002, Rz. 222. 163 UmgrStR 2002, Rz. 222; Wiesner/Mayr, UmgrStG: Aktuelles zur Verschmelzung, RdW 2007, 345 (440); Quantschnigg in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/ Quantschnigg (Hrsg.), FS Bauer, 1986, S. 255 (274); kritisch beispielsweise Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 105; Hirschler/Zwick in Wiesner/ Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 46, die erst bei einem Absinken von 90 % oder mehr von einer qualifizierten Umfangsminderung ausgehen wollen.
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nicht aus. Entscheidend ist vielmehr das Gesamtbild der betriebs- oder unternehmensbezogenen Kriterien, was letztlich eine Gewichtung der Parameter notwendig macht, bei der es auf den jeweiligen Geschäftsgegenstand der betreffenden Körperschaft ankommt.164 Neben dem Grundsatz des objektbezogenen Verlustvortragsüberganges regelt § 4 Z 1 lit. a UmgrStG abschießend auch noch den Zeitpunkt, an dem die an sich übergangsfähigen Verluste bei der übernehmenden Körperschaft erstmals verrechnet werden dürfen. Der Verlust der übertragenden Körperschaft des Verschmelzungsjahres und die Verlustvorträge aus vorangegangenen Jahren können bei der übernehmenden Körperschaft nicht bereits im Verschmelzungsjahr verrechnet werden, sondern erst „ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum“. Der Veranlagungszeitraum ist jedoch – unabhängig vom Wirtschaftsjahr der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft – stets das Kalenderjahr. Eine Verwertung des übergegangenen Verlustabzuges ist daher erst in jenem Wirtschaftsjahr der übernehmenden Körperschaft möglich, dessen Ende in dem Kalenderjahr liegt, das jenem Kalenderjahr, in das der Verschmelzungsstichtag fällt, folgt. Der übergegangene Verlust kann somit erst im folgenden Kalenderjahr (Folgeveranlagungszeitraum) geltend gemacht werden. Dies gilt selbst dann, wenn ein mit dem übertragenen Vermögen erwirtschafteter Gewinn bei der übernehmenden Körperschaft noch im selben Jahr zu erfassen ist.165 Mit dieser Regelung soll dem bis zum Verschmelzungsstichtag geltenden Trennungsprinzip Rechnung getragen und erreicht werden, dass die Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft im gleichen Veranlagungszeitraum nicht auch schon von der übernehmenden Körperschaft geltend gemacht werden können.166 Sie kann allerdings, je nach Wahl der Wirtschaftsjahre und Verschmelzungsstichtage, auch Verzögerungen bewirken.167
c) Eigene Verluste der übernehmenden Körperschaft Ganz im Sinne von „Wer A sagt, muss auch B sagen“, überträgt § 4 Z 1 lit. b UmgrStG die Grundsätze der objektbezogenen Verlustverwertung 164 Vgl. Wiesner/Mayr, UmgrStG: Aktuelles zur Verschmelzung, RdW 2007, 345 (440). 165 VwGH v. 27.6.2018 – Ro 2017/15/0044. 166 ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 17 f. 167 Vgl. mit Beispielen Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 25 ff.; Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 25 ff.
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der lit. a auf die Verlustabzüge der übernehmenden Körperschaft. Ausgehend vom Subjektsteuerprinzip würden die „eigenen“ Verluste und das Recht auf deren Verwertung bei der übernehmenden Körperschaft durch die verschmelzungsbedingte Vermögenübertragung nicht berührt. Der gem. § 8 Abs. 4 Z 1 KStG zustehende Verlustabzug bliebe der übernehmenden Körperschaft – mangels Unterganges oder Änderung ihrer Steuersubjektivität – erhalten. Um nun zu verhindern, dass durch eine bloße Umkehr der Verschmelzungsrichtung eine Verlustverwertung erreicht werden könnte, die sonst gem. § 4 Z 1 lit. a UmgrStG ausgeschlossen wäre, verknüpft auch § 4 Z 1 lit. b UmgrStG die weitere Verwertbarkeit der „eigenen“ Verluste – inhaltlich übereinstimmend mit der lit. a – an das Vorhandensein des verlustverursachenden Vermögens zum Verschmelzungsstichtag. Auch die Einschränkung des § 4 Z 1 lit. c UmgrStG im Hinblick auf eine qualifizierte Umfangsminderung des verlustverursachenden Vermögens gilt gleichermaßen für die übernehmende Körperschaft.168 Der weitere Verlustabzug bei der übernehmenden Körperschaft ist konsequenterweise nur insoweit möglich, als die Betriebe, Teilbetriebe oder die nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteile, die den Verlust verursacht haben, am Verschmelzungsstichtag tatsächlich und bezogen auf den Zeitpunkt der Verlustentstehung noch in vergleichbarem Umfang vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, gehen sämtliche Verluste, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet wurden, ersatzlos unter.169 § 4 Z 1 lit. b UmgrStG trägt somit der im Lichte von lit. a offenkundigen Gestaltungsalternative einer umgekehrten Verschmelzungsrichtung explizit Rechnung. Das war jedoch historisch betrachtet nicht immer so. Zumindest in der Ursprungsversion des StruktVG 1969170 – als Vorläufer des UmgrStG – war eine derartige Regelung noch nicht enthalten. § 1 Abs. 5 StruktVG sah zunächst nur den Übergang der Verlustabzüge der übertragenden Körperschaft vor, schwieg jedoch zum umgekehrten Fall. Mit dem AbgÄG 1980171 hat der Gesetzgeber dieses Schweigen beendet und seither ist die spiegelbildliche Regelung von eigenen Verlustabzügen 168 UmgrStR 2002, Rz. 216, zum StruktVG auch VwGH v. 18.12.2002 – 98/13/ 0064; Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 46; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 124. 169 Zu den damit verbundenen Zweifelsfragen, insbesondere in Fällen, in denen der Bilanzstichtag der übernehmenden Körperschaft nach dem Verschmelzungsstichtag liegt, s. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 92. 170 BGBl. 69/1969. 171 BGBl. 563/1980.
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der übernehmenden Körperschaft und Verlustabzügen der übertragenden Körperschaft fixer Bestandteil des österreichischen Umgründungssteuerrechts. Liegt der Gesetzeszweck von § 4 Z 1 lit. b UmgrStG in der Verhinderung einer Umgehung der in § 4 Z 1 lit. a UmgrStG untersagten Verlustverwertung durch Aufnahme einer Verlustgesellschaft, lässt sich dieser Gesetzeszweck nur dadurch erreichen, dass Sachverhalte nach § 4 Z 1 lit. b UmgrStG fiktiv so behandelt werden, als läge der umgekehrte Fall vor.172 Betrachtet man abschließend die Bestimmungen des § 4 Z 1 lit. a und b UmgrStG jeweils i.V.m. lit. c zusammen, bleiben bei einer Verschmelzung unabhängig von der Verschmelzungsrichtung nur jene Verluste bzw. Verlustvorträge erhalten, die dem am Verschmelzungsstichtag bei beiden Körperschaften tatsächlich und umfangsmäßig vergleichbar vorhandenen Vermögen zugerechnet werden können; d.h. von diesem Vermögen verursacht worden sind. Demgegenüber zielt § 4 Z 1 UmgrStG nicht darauf auf ab, bei bestimmten Arten von Verlusten die weitere Verwertung auszuschließen. Konsequenterweise ist es auch unerheblich, ob die wirtschaftliche Betätigung der übernehmenden Gesellschaft mit jener der übertragenen Gesellschaft vergleichbar ist.173
d) Verhinderung von Doppelverlustverwertungen im Konzern Mit der Verankerung der objektverknüpften Verlustverwertung in § 4 Z 1 lit. a bis c UmgrStG hat es der Gesetzgeber allerdings nicht bewenden lassen. Flankiert werden diese Regelungen außerdem durch eine Bestimmung zur Verhinderung von Doppelverlustverwertungen anlässlich der Verschmelzung von verbundenen Körperschaften.174 Dahinter steht folgender Gedanke: Wenn eine Muttergesellschaft infolge nachhaltiger Verluste ihrer Tochtergesellschaft zwingend den Beteiligungsansatz auf den niedrigeren Teilwert korrigieren musste und anschließend eine Verschmelzung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft stattfindet, würde durch das Zusammenfallen175 von der an sich abzugsfähigen Teil172 173 174 175
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So ausdrücklich VwGH v. 18.12.2002 – 98/13/0064. VwGH v. 18.7.2001 – 99/14/0194. § 4 Z 1 lit. d UmgrStG. Dazu bedarf es nicht zwingend den Zusammenfall von der teilwertabgeschriebenen Beteiligung mit dem verlustbehafteten Steuersubstrat der untergeordneten Beteiligungskörperschaft selbst. Entscheidend ist der Zusammenfall des um die Teilwertabschreibung geminderten Steuersubstrates des übergeordneten Rechtsträgers mit dem verlustbehafteten Substrat des unter-
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wertabschreibung und dem Verlustabzug176 eine doppelte Verwertung vorliegen. Um eine solche Kumulation zu verhindern, ordnet § 4 Z 1 lit. d UmgrStG eine (weitere) Kürzung bestehender Verlustvorträge an. Während bei einer Verschmelzung up-stream die übergehenden Verlustvorträge der übertragenden (Tochter-)Körperschaft um die Teilwertabschreibungen (vermindert um zwischenzeitliche Zuschreibungen) der Muttergesellschaft gekürzt werden, sind es bei einer Down-stream-Verschmelzung die vortragsfähigen eigenen Verluste der übernehmenden Körperschaft, die um die Teilwertabschreibungen177 zu kürzen sind. Zudem eröffnet § 4 Z 1 lit. d UmgrStG die Möglichkeit, bisher aufgrund der Siebentelverteilung des § 12 Abs. 3 Z 2 KStG noch nicht steuerwirksame Beträge aus der Teilwertabschreibung zeitlich vorzuziehen. Diese vorgezogenen Beträge sind wiederum mit der Differenz zwischen dem Kürzungsbetrag und den bisher steuerlich berücksichtigten Beträgen begrenzt.178 Die Bestimmung des § 4 Z 1 lit. d UmgrStG ist an Komplexität kaum zu übertreffen. Im Ergebnis soll jedoch lediglich der höhere der beiden Beträge – Betrag der Teilwertabschreibung der Muttergesellschaft und Betrag des Verlustvortrages der Tochtergesellschaft – zum Abzug zugelassen werden; nicht jedoch ihre Summe.179
e) Umgründungsbezogener Mantelkauf Abgeschlossen wird das Verlustverwertungsregime des UmgrStG durch eine Erweiterung der körperschaftsteuerlichen Mantelkaufregelung im Sinne einer sowohl die übertragende als auch die übernehmende Körperschaft umfassenden Gesamtbetrachtung. Dementsprechend liegt ein schädlicher Mantelkauf i.S.d. KStG auch dann vor, wenn die wesentlichen Änderungen der Struktur zu einem Teil bei der übertragenden und
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geordneten Rechtsträgers bei einem Steuersubjekt. In diesem Fall kann die doppelte Verlustverwertung aus der Zeit vor der Umgründung nach der Umgründung nicht mehr über eine spiegelbildliche Verdoppelung der Gewinnbesteuerung ausgeglichen werden. Dies zu vermeiden, ist Regelungsgegenstand von § 4 Z 1 lit. d UmgrStG. Als ultimative Ursache der Wertminderung. Wiederum vermindert um zwischen der Abschreibung und der Umgründung eingetretene Zuschreibungen. Umfassend dazu mit Beispielen Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 119 ff.; weiters Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, 2009, § 4 Rz. 86 ff. jeweils m.w.N. Zur (teilweisen) systematischen Rechtfertigung dieser Regelung s. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 896 ff.
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zum anderen Teil bei der übernehmenden Körperschaft erfolgen.180 Die verschmolzenen Körperschaften sind insofern eben als Einheit anzusehen.181 Auf diese Weise wird dem objektbezogenen Verlustvortragsübergang bzw. der objektbezogenen Verlustabzugsfortsetzung in gewisser Weise auch zukunftsorientiert Rechnung getragen.182 Der in § 4 Z 2 UmgrStG verankerte umgründungsbezogene Mantelkauf soll letztlich verhindern, dass ein den Kriterien des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c KStG entsprechender Mantelkauf nur deshalb nicht wirksam wird, weil er mit einer Umgründung kombiniert wird und § 4 Z 1 als Spezialnorm die allgemeinen Mantelkaufbestimmung des KStG überlagern würde.183 Zugleich erweitert die Bestimmung des § 4 Z 2 UmgrStG auch die Escape-Klausel des körperschaftsteuerlichen Mantelkauftatbestandes. Denn Änderungen zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept der übernehmenden Körperschaft stehen Sanierungen des § 8 Abs. 4 Z 2 lit. c Satz 2 KStG gleich. Neben der Sanierung kann also auch die Rationalisierung das Vorliegen eines an sich schädlichen Mantelkaufs zurücknehmen.184
180 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 148 ff.; UmgrStR 2002, Rz. 242 ff.; Hügel Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 112 ff.; Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 95 ff.; Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 126 ff.; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, 52 ff. 181 Die Gesetzesmaterialen bringen dazu folgendes Beispiel: Die X-GmbH erwirbt einen Monat vor der Verschmelzung alle Anteile an der verlustbehafteten Y-GmbH. Nach der Up-stream-Verschmelzung der Y-GmbH auf die XGmbH wird der Geschäftsführer der Y-GmbH abberufen, der übernommene Betrieb verkauft oder stillgelegt und das Personal abgebaut. Der Mantelkauftatbestand ist gesamthaft betrachtet gegeben. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 18. 182 ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 18. 183 BMF v. 9.11.1992, RdW 1993, 52; Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/ Khun, § 4 UmgrStG Rz. 38; Peyerl, Die Verlagerung von Einkünften: Einkünftezurechnung im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2015, S. 662 f. 184 Eine „Rationalisierung“ dient vorwiegend der Verbesserung der Ergebnissituation durch Kosteneinsparung, eine „Verbesserung“ insbesondere der Optimierung von Unternehmensabläufen (vgl. Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 57). Vom Rationalisierungstatbestand des § 4 Z 2 Satz 2 UmgrStG ist den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge auch die Erzielung von Synergieeffekten als Verschmelzungszweck erfasst. Darunter werden vor allem Wertsteigerungen aufgrund von Verbundeffekten verstanden. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 18.
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f) Gruppenbezogene Betrachtungsweise bei Umgründungen von Unternehmensgruppen i.S.d. § 9 öKStG Keine eigenständige Regelung beinhaltet § 4 UmgrStG für den Verlustabzug in einer steuerlichen Unternehmensgruppe i.S.d. § 9 KStG. Im Rahmen einer Unternehmensgruppe sind beim übertragenden und übernehmenden Rechtsträger für den Objektbezug des Verlustabzuges und die Vergleichbarkeit des verlustverursachenden Vermögens vielmehr die allgemeinen Grundsätze zu beachten. Bei der Prüfung, ob das verlustverursachende Vermögen noch in vergleichbarem Ausmaß vorhanden ist, hat allerdings zusätzlich eine „gruppenbezogene Betrachtung“ angestellt zu werden.185 Durch die infolge der gruppenbedingten Ergebniszurechnung verursachte Trennung von Verlust, verlustverursachendem Vermögen und Verlust(verrechnungs-)subjekt würde eine am nackten Wortlaut von § 4 UmgrStG orientierte subjektbezogene Anwendung zu unsachlichen Ergebnissen führen. Ob allerdings die zur „gruppenbezogenen Betrachtungsweise“ bestehende Verwaltungspraxis in sämtlichen Konstellationen dem Regelungskonzept, der Systematik und Teleologie von sowohl § 4 UmgrStG als auch § 9 KStG entspricht und nicht vereinzelt doch die Grenzen der Auslegung gesprengt werden,186 erscheint mitunter zweifelhaft; soll an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft werden.187
185 Zur Forderung einer gruppenbezogenen Betrachtung bereits Hohenwarter/ Staringer, Umgründungen und Gruppenbesteuerung, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 385 (408 ff.); vgl. die nunmehrige Verwaltungspraxis in UmgrStR 2002, Rz. 351e, 352e, 353d, 353g, 353k, 354d (für die Verschmelzung). 186 Schwierigkeiten treten vor allem bei Umgründungen eines Gruppenmitglieds auf, dessen Verluste noch beim Gruppenträger im Verlustvortrag enthalten sind, das verursachende Vermögen selbst aber nicht mehr besteht. Hier im Rahmen einer gruppenbezogenen Betrachtung zur Kürzung der Verlustabzüge beim Gruppenträger (der nicht an der Umgründung teilnimmt) zu gelangen, bedarf einiges an „interpretativer Phantasie“. 187 Ausführlich zur gruppenbezogenen Betrachtungsweise bei Umgründungen Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 60 ff.; Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 26 ff.; Mayr, Gruppenbesteuerung und Umgründungen: Das Schicksal des Verlustvortrages, in Kirchmayr/Mayr/Hirschler (Hrsg.), Gruppenbesteuerung – Aktuelle Praxisfragen und Fallbeispiele, 2014, S. 13 (15 ff.); Jann/Rittsteuer/Schneider in Kofler, UmgrStG, § 9 KStG Rz. 490 ff.; Gonaus, Verlustvorträge bei gruppenbezogenen Umgründungen, 2019, insbesondere S. 61 ff.
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3. Verluste und Rechtsnachfolge: a never ending story a) Normative Wirkung von § 4 Z 1 lit. a öUmgrStG für den Übergang von Verlustvorträgen auf den Rechtsnachfolger Die Rechtsnachfolge von Verlustabzügen gehört zweifelsohne zu den dogmatischen Zankäpfeln des Ertragsteuerrechts; auch in Österreich. Im Unterschied zum GrS des BFH hat der österreichische VwGH sein Schlussurteil in Sachen intersubjektiver Verlustverwertung bei Fehlen einer expliziten positiv-rechtlichen Verankerung im Gesetz jedoch noch nicht gesprochen. Klar ist nach den Erkenntnissen 2010/15/0131 vom 25.4.2013 und Ra 2015/15/0003 vom 15.9.2016 nur, dass der VwGH einen gesamtrechtsnachfolgebedingten Übergang von Verlustabzügen ablehnt.188 So könne ein Steuerpflichtiger „nicht bloß aufgrund seiner Stellung als Gesamtrechtsnachfolger“ in das Recht auf Geltendmachung von Verlustabzügen des Rechtsvorgängers nachfolgen.189 Unbeantwortet lässt der VwGH in diesen Fällen jedoch die darüber hinausgehende Frage, ob bei (gleichzeitiger) Übernahme des verlusterzeugenden Betriebes oder Teilbetriebes zu Buchwerten ein Übergang zu erfolgen hätte.190 Nichtsdestoweniger stellt der VwGH die Argumentationsfigur eines „reservenverknüpften“ Verlustvortragsüberganges zumindest in den Raum.191 Der 188 Vgl. zu dieser Rechtsprechung Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 866 ff. m.w.N. 189 VwGH v. 25.4.2013 – 2010/15/0131. 190 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 876 f. 191 Immerhin schließt der VwGH seine Ausführungen im Erkenntnis aus 2013 mit der Feststellung, dass „[d]er Fall einer unentgeltlichen Betriebsübernahme durch den Erben zu Buchwerten i.S.d. § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 [gegenständlich] nicht vor[liegt].“ Für sich genommen könnte dieses obiter dictum im Umkehrschluss tatsächlich als Hinweis auf die Zulässigkeit einer Rechtsnachfolge in Verlustabzüge durch Betriebsübertragungen zu Buchwerten gedeutet werden; zumindest bei Erwerb von Todes wegen. Nur der Kontext, in dem diese Aussage eingebettet ist, trägt diese Schlussfolgerung nicht. Der VwGH zitiert nämlich neben den Befürwortern eines buchwertverknüpften Verlustübergangs genauso seine Gegner und verweist ausdrücklich auf den Beschluss des BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04, in dem der BFH den Konnex zwischen stillen Reserven, ihrer intersubjektiven Übertragung durch Buchwertfortführung und dem Verlustabzug eindeutig ablehnt. Auf diese Weise lässt der VwGH die Frage eines buchwertbezogenen Verlustvortragsüberganges letztlich (noch) offen, wie er es auch im nachfolgenden Erkenntnis aus dem Jahr 2016 tut. Zunächst wiederholt der VwGH die Ausführung aus dem 2013er-Erkenntnis, ergänzt diese aber nunmehr um folgenden Satz: „Da ein
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Konnex zwischen stillen Reserven und nicht ausgenutzten Verlustabzügen erweist sich allerdings (auch)192 nach den allgemeinen Bestimmungen des österreichischen EStG als nicht ausreichend eng genug, um daraus auf einen buchwertverknüpften Übergang schließen zu können.193 Der Verlustabzug ist systematisch eine gesamteinkommensbezogene Maßnahme und keine rein betriebsbezogene.194 In Übereinstimmung mit dem GrS des BFH wird das Recht auf Verlustabzug in seiner gegenwärtigen rechtlichen Ausgestaltung vielmehr als subjektbezogene Position einzuordnen sein, die ohne anderslautende gesetzliche Regelung nachfolgefeindlich ist.195 Weder § 8 Abs. 4 Z 2 KStG noch § 18 Abs. 6 EStG enthalten eine positivrechtliche Aussage zur Frage der Zulässigkeit des interpersonellen Verlustabzugs im Sinne eines Überganges auf andere Steuerpflichtige. Die Antwort darauf kann daher nur aus der Interpretation dieser Regelungen in ihrem Zusammenwirken mit den Prinzipien und übergeordneten Wertungen des Einkommensteuerrechts gewonnen werden. Die allgemeine Nachfolgeregelung des § 19 Abs. 1 BAO, die im Kern vergleichbar ist mit § 45 dAO, reicht dafür nicht aus.196 Ebenso wenig Platz besteht für eine unmittelbare oder analoge Anwendung der zivil- oder gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolgebestimmungen als Rechtsgrund für einen möglichen Übergang des Verlustabzuges.197 Das Individualsteuerprinzip
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derartiger Fall [der Buchwertfortführung] nicht vorliegt, ist hier nicht zu prüfen, ob gegebenenfalls durch analoge Anwendung anderer Bestimmungen zur Rechtsnachfolge ein Verlustabzug übertragen werden kann.“ Am Ende lässt der VwGH somit erneut offen, ob er bei einer Buchwertfortführung des verlustverursachenden Betriebes durch den Erwerber den subjektübergreifenden Verlustabzug bejahen würde, deutet aber an, dass er ein solches Ergebnis nicht unmittelbar aus den ertragsteuerlichen Prinzipien in ihrem Zusammenspiel mit § 6 Z 9 lit. a EStG ableiten, sondern dafür eine analoge Anwendung von anderen Bestimmungen zur Rechtsnachfolge notwendig erachten würde. Vgl. BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04. Zur Begründung dieser Ansicht vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 874 ff. Selbst wenn dies die umgründungssteuerrechtlichen Verlustbestimmungen i.S.d. § 4 UmgrStG suggerieren. Für eine ausführliche Begründung s. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 870 ff. Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 312 ff. In diesem Sinne kann auch der potentiellen Vermögensqualität des Verlustabzuges keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Dies stellt nunmehr auch der VwGH in seinem Verlust-Erkenntnis aus 2016 klar (VwGH v.
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sowohl der Einkommen- als auch der Körperschaftsteuer steht einem Übergang entgegen.198 Die einzelne natürliche oder juristische Person ist das Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte. Übertragende Körperschaft und übernehmende Körperschaft sind verschieden Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Körperschaftsteuer herangezogen und deren Einkünfte getrennt ermittelt und dem jeweiligen Körperschaftsteuerrechtsubjekt zugerechnet werden. Verknüpft man den Grundsatz der Individualbesteuerung außerdem mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip, dient auch der Verlustabzug nur dazu, die individuelle Leistungsfähigkeit periodenübergreifend zu berücksichtigen.
15.9.2016 – 2015/15/0003): „Die Frage, ob eine steuerrechtliche Position einen Vermögenswert verkörpert, bestimmt sich danach, ob diese Positionen nach den Bestimmungen des Steuerrechts übertragbar ist.“ Und dies hat „materienspezifisch steuerrechtlich“ gelöst zu werden. Seinen ökonomischen Wert erhält ein Verlust dadurch, dass er steuerlich anerkannt und durch einen Verlustvortrag verwertbar ist. Sollte die Verwertbarkeit mit dem Untergang der Steuersubjektivität des Steuerpflichtigen wegfallen, verliert er dadurch seinen Wert. Damit der Verlust im Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge einen Wert aufweisen kann, bedarf es seiner Verwertbarkeit beim Rechtsnachfolger. Dies setzt wiederum seinen Übergang voraus. Ohne Übergang kein Vermögenswert. Solcherart kann der vermögenswerte Charakter des im Verlustvortrag verkörperten potentiellen Einkommensminderungsanspruchs zugleich kein Argument für den Übergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sein. Schließlich würde diese Begründung in einen Zirkelschluss münden. Wie hier BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04; ebenso bereits Heinrich, Verluste im Fall der Rechtsnachfolge und des Gesellschafterwechsels, in von Groll (Hrsg.), Verluste im Steuerrecht, DStJG 28 (2005), S. 121 (145); weiters Beiser, Die „Vererbbarkeit“ von Verlustvorträgen im Rechtsvergleich zwischen Österreich und Deutschland, RdW 2000, 571 (572): „Die Frage nach einem Vermögenswert […] stellt sich nur dann, wenn die Übertragbarkeit ertragsteuerlich bejaht wird“; ebenso bereits Keuk, Die neuere EinkommensteuerRechtsprechung des BFH zur Gewinnrealisierung, zur Abwicklung eines Erbfalls und zur Behandlung der Beziehungen zwischen Familienangehörigen, StuW 1973, 74 (85); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 307; a.A. offenbar Frye, Gesamtrechtsnachfolge im Verwaltungsrecht, insbesondere im Einkommensteuerrecht, Leipziger Habilitationsschrift 2009, S. 324 ff. 198 Ebenso Müller-Franken, Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfall und einkommensteuerliche Verluste, StuW 2004, 109 (117); Stadie, Die persönliche Zurechnung von Einkünften, 1993, S. 77.
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Hohenwarter-Mayr – Verlustnutzung, Missbrauchsabwehr: Österreich „Eine steuersubjektübergreifende Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit ist […] nicht geboten, da Verluste, die der Rechtsvorgänger erlitten hat, im Allgemeinen nicht die Leistungsfähigkeit des Rechtsnachfolgers beeinträchtigen.“199
Die von einem Steuersubjekt bis zu dessen Ende nicht verbrauchten Verlustabzugsbeträge sind auf dessen Betriebsausgaben oder Werbungskosten beruhende Aufwandsüberschüsse. Für den Rechtsnachfolger sind diese Verluste Aufwendungen eines Dritten. Lehnt man die Abzugsfähigkeit von Drittaufwendungen allgemein im EStG und KStG ab,200 müsste schon daraus auf die Nichtabzugsfähigkeit von Verlustabzügen eines anderen Steuersubjekts geschlossen werden.201 So unbefriedigend dieses Ergebnis auch sein mag, erweist sich letzten Endes die synthetische Einkommensermittlung und die Ausgestaltung des Verlustabzugs als einkommensbezogene Rechtsposition, als „Schubumkehr“ für eine ausschließlich steuersystematische Herleitung der Rechtsnachfolge in Verlustabzüge i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG und § 18 Abs. 6 EStG.202 Auf diese Weise manifestiert sich zugleich der rechtsbegründende Charakter der Verlust-Regelungen des UmgrStG.203 Die Bestimmung des § 4 199 VwGH v. 15.9.2016 – 2015/15/0003. 200 Vgl. Zorn, VwGH: Drittaufwand nicht absetzbar, RdW 2019, 207 (207 f.); VwGH v. 31.1.2019 – Ro 2017/15/0037; weiters VwGH v. 19.10.2016 – Ra 2014/15/0039; VwGH v. 12.12.2007 – 2006/15/0123; VwGH v. 22.12.2005 – 2002/15/0169; VwGH 28.11.2002 – 2001/13/0257; VwGH v. 6.11.1991 – 91/ 13/0074; mit zahlreichen Hinweise auf die Judikatur des BFH auch Zorn, Nutzungseinlagen in Körperschaften – steuerneutral, RdW 2016, 423 (426). 201 Eine steuersubjektübergreifende Betrachtung als Ergebnis der Durchbrechung des Grundsatzes der Individualbesteuerung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die im Verlustabzug verkörperten Aufwandsüberschüsse dem Rechtsnachfolger persönlich als Einkünfte zugerechnet werden könnten, was allerdings ebenso ausscheidet. Abseits von § 32 Z 2 EStG (vergleichbar § 24 Z 2 dEStG) ist eine derartige Überbindung nur auf Basis des Gedankens der Tatbestandsverklammerung bei gespaltener Tatbestandsverwirklichung möglich. Da der Verlustabzug eines Steuersubjekts auf dessen negative Einkünfte zurückzuführen ist, die entsprechenden Tatbestände der Einkünfteerzielung daher bereits in der Sphäre des übertragenden Steuersubjekts vollendet worden sind, scheidet eine solche Verklammerung jedoch aus. Vgl. bereits Ruppe, Einkommensteuerrechtliche Positionen bei Rechtsnachfolge, in Schulze-Osterloh (Hrsg.), Rechtsnachfolge im Steuerrecht, DStJG 10 (1987), S. 47 (95); BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04. 202 Näher Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 878 ff. 203 § 4 Z 1 lit. a UmgrStG sowie die darauf aufbauenden Bestimmungen der § 10 Z 1 lit. a, § 21 Z 1 und § 35 UmgrStG.
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Z 1 lit. a UmgrStG ist zur Gänze konstitutiver Natur. Ihr normativer Charakter beschränkt sich mit anderen Worten nicht – wie von Teilen des Schrifttums vertreten wird204 – auf eine Einschränkung der Verwertbarkeit an sich durch Gesamtrechtsnachfolge ohnedies übergehender Verlustabzüge, sondern ermöglicht die Rechtsnachfolge erst. Ohne sie wäre ein Übergang der Verluste auf ein anderes Steuerrechtssubjekt ungeachtet einer etwaigen Buchwertfortführung beim Rechtsnachfolger ausgeschlossen. Die Einordnung der Verlustregelungen des UmgrStG als Normen, die den Übergang erst begründen, entspricht gleichermaßen der Auffassung des VfGH, den „im UmgrStG vorgesehene[n] Übergang von Verlusten einer Kapitalgesellschaft auf den Rechtsnachfolger [als] Ausnahme“
von der grundsätzlichen Unübertragbarkeit des Verlustabzuges zu werten.205 Sie fügt sich letztlich auch stimmig in die Doktrin ein, dass über den Verlustabzug als solchen nicht rechtgeschäftlich verfügt werden kann;206 sind doch die Formen der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge als Universalsukzession kraft Rechtsgeschäft einzustu-
204 Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 18 ff.; Hügel in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 189 (196 ff.); ebenso Peklar, Verluste im Umgründungssteuerrecht, S. 56 f. 205 VfGH v. 24.2.2009 – B 1275/08-7. Diese Auffassung liegt letztlich auch dem Erkenntnis des VwGH v. 14.10.2010 – 2008/15/0212 zum „Übergang“ offener Verrechnungssiebentel aus einer Teilwertabschreibung i.S.d. § 12 Abs. 3 Z 2 KStG anlässlich einer Spaltung zugrunde. Darin setzt der VwGH nicht abgereifte Verlustsiebentel i.S.d. § 12 Abs. 3 Z 2 KStG mit Verlustabzügen i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG gleich und kommt so zum Ergebnis, dass sich der spaltungsbedingte „Übergang [der Verluste] erst aus der entsprechenden Anwendung der Anordnung der §§ 35 und 21 UmgrStG ergibt“. 206 Ruppe in Schulze-Osterloh (Hrsg.), DStJG 10 (1987), S. 94; Trzaskalik, Personal gebundene Einkommensteuerpflicht und Gesamtrechtsnachfolge, StuW 1979, 97 (103); Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10d EStG Anm. 21 f. (276. Lfg.); Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 10d EStG A 225 (230. Lfg.); Ergenzinger in Lademann, § 10d EStG Rz. 159 und 165 (228. Lfg.); Lindberg in Frotscher, § 10d EStG Rz. 16 (152. Lfg.); Gassen in Littmann/Bitz/Pust, § 10d EStG Rz. 16 (99. Lfg.); Heinicke in Schmidt (Hrsg.), EStG, 36. Aufl., § 10d EStG Rz. 14; Vogt, Rechtsnachfolge im Steuerrecht, S. 143; ähnlich bereits RFH v. 7.11.1934 – VI A 875; vgl. auch VwGH v. 19.9.1984 – 84/13/0059.
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fen.207 Solcherart bedarf es einer ausdrücklichen Norm, die den Grundsatz der Unübertragbarkeit durchbricht.208 Mindestens gleich normativ wie die lit. a sind die anderen Bestimmungen von § 4 UmgrStG. Dies betrifft insbesondere die Behandlung von eigenen Verlusten der übernehmenden Körperschaft. Denn hier würde zweifelsohne das Subjektsteuerprinzip des KStG einer umgründungsbedingten Kürzung entgegenstehen.209 Mehr noch: Das Fehlen einer solchen Norm würde im Lichte der Rechtsprechung des VwGH auch eine Berufung auf die allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift des § 22 BAO i.V.m. § 44 UmgrStG ausschließen, um Gestaltungen durch Umkehr der Verschmelzungsrichtung zu vermeiden.210 Schließlich hat der Steuerpflichtige immer dann keinen Gestaltungsmissbrauch zu verantworten, wenn er zur Erreichung eines Ziels lediglich jenen Weg beschreitet, den das Gesetz hierfür selbst vorzeichnet; mag auch die Steuerersparnis das Ziel der Gestaltung sein. Schränkt das Gesetz ausschließlich den Übergang von Verlustabzügen der übertragenden Körperschaft, die ohne Verschmelzung weiterhin bei dieser verwertbar wären, anlässlich der Verschmelzung ein, kann in der nicht geregelten Umkehr der Verschmelzungsrichtung auf die verlustbehaftete Gesellschaft kein Missbrauch erblickt werden.211 Der Steuerpflichtige nimmt in solchen Fällen bloß eine Steuerbegünstigung (die weitere Verwertbarkeit der eigenen Verluste mit Einkünften aus dem 207 Für viele Schmidt, Universalsukzession kraft Rechtsgeschäft, AcP 1991, 495 (510 ff.); Flume, Vermögenstransfer und Haftung, 2008, S. 78 ff.; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, 2015, S. 722 f.; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen einschließlich Verschmelzung und Spaltung, 1995, S. 36; Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis: Untersuchung im Spannungsfeld von Umstrukturierungsfreiheit und vertraglicher Bindung nach dem Inkrafttreten des Umwandlungssteuergesetzes, 1997, S. 12 ff., jeweils m.w.N. 208 So im Ergebnis auch VwGH v. 8.11.1989 – 88/13/0112 (wonach § 6 Abs. 3 StruktVG [als Vorgängerregelung von § 10 Z 1 lit. a UmgrStG) eben als „Ausnahme von dieser Regel [der Unübertragbarkeit von Verlustabzügen]“ eingestuft wird). 209 Lediglich im Nachgang zur Umgründung könnte infolge des Vorliegens eines Mantelkaufs i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 3 KStG ein Untergang der Verluste bewirkt werden. Dazu müssten aber alle Tatbestände des Mantelkaufs bei ihr selbst erfüllt sein. 210 In diesem Sinne VwGH v. 13.9.1988 – 87/14/0128 (noch zum StruktVG vor Inkrafttreten der Novellierung von § 1 Abs. 5 durch das AbgÄG 1980). 211 Vgl. auch Riedel, Neues zur Anwendung von § 42 AO neben spezialgesetzlichen Missbrauchsvorschriften, insb. im Umwandlungssteuerrecht, Der Konzern 2018, 245 (247 f.).
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verschmelzungsbedingt erworbenen Vermögen) auf dem vom Gesetz selbst hierfür vorgesehenen Weg in Anspruch.212 Diese Argumentationslinie entspricht letztlich der Sichtweise des BFH, wie er sie im „Thüringer-Autohausfall“ zum Ausdruck gebracht hat.213
b) Intersubjektive Verrechnung von „anderen“ Verlusten Da die Verlustregelungen des UmgrStG ausdrücklich nur Verluste i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG oder § 18 Abs. 6 EStG erfassen, ist die Qualifikation von Aufwandsüberhängen als „Verlustabzüge“ im Sinne dieser Vorschriften von besonderer Bedeutung. Dies kann nicht nur im Zusammenhang mit „ausländischen Verlusten“ zum Thema werden,214 sondern ist immer dann zentral, wenn negative Einkünfte im Jahr ihres Entstehens – wie etwa Verluste i.S.d. § 2 Abs. 2a EStG – einem Ausgleichsverbot unterliegen, der fehlende Ausgleich im Entstehungsjahr jedoch zeitversetzt und auf die jeweilige Einkunftsquelle bezogen nachgeholt werden kann.215 Ähnliche Fragen tauchen ebenso bei Verlusten oder Aufwendungen auf, die bloß zeitlich gestaffelt über mehrere Jahre hinweg berücksichtigt werden dürfen.216 Kommt es vor Ablauf des Verrechnungszeitraumes oder vor der Verrechnung mit positiven Einkünften zu einer umgründungsbedingten Vermögensübertragung, gilt es, den Eintritt des Rechtsnachfolgers in die laufende Verrechnung des Rechtsvorgängers zu beantworten. Mit der Verneinung eines buchwertverknüpften Übergangs von Verlustabzügen (Verlustvorträgen) ist allerdings noch keine Aussage über die intersubjektive Verwertung von „anderen“ Verlusten oder Verlustkomponenten gemacht. Denn auch hier gilt: Verlust ist nicht gleich Verlust. Und so wie in allen anderen Fällen, in denen die Bestimmungen 212 VwGH v. 13.9.1988 – 87/14/0128. 213 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12; i.d.S. auch FG Hessen v. 29.11.2017 – 4 K 127/15 (anhängig beim BFH unter I R 2/18); anders, allerdings im insoweit anders gelagerten Fall der gezielten Umgehung der spezialgesetzlichen Umgehungsvorschrift („Missbrauch der Missbrauchsvorschrift“) FG Hamburg v. 27.6.2017 – 6 K 127/16 (anhängig beim BFH unter I R 52/17). 214 Siehe sogleich. 215 Vgl. unter II.1.b) zu den quellenbezogenen Verlustausgleichsbeschränkungen. 216 Wie etwa die Siebenjahresverteilung von Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverlusten von bestimmten Beteiligungen gem. § 12 Abs. 3 Z 2 KStG. Nach dieser Bestimmung sind abzugsfähige Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (i.S.d. § 6 Z 2 lit. a EStG) oder Verluste aus der Veräußerung einer zum Anlagevermögen gehörenden Beteiligung nicht sofort vollständig, sondern über sieben Wirtschaftsjahre gestreckt zu berücksichtigen.
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der Materiengesetze keine ausdrücklichen Rechtsnachfolgeanordnungen enthalten, muss die Antwort im Auslegungsweg aus der Natur und rechtlichen Ausgestaltung der jeweiligen rechts- oder pflichtenbegründenden Rechtsnorm abgeleitet werden. Spätestens an dieser Stelle ist man erneut an der Rechtsfigur der Buchwertfortführung als Ausdruck für die Kontinuität der damit verbundenen Einkunftsquellen angelangt. Daran anknüpfend stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine zu Buchwerten, also ohne ertragsteuerliche Zäsur durch Besteuerung der stillen Reserven, übertragene Einkunftsquelle als Vehikel für den intersubjektiven „Transport“ der durch diese Einkunftsquelle verursachten Rechtspositionen dienen kann. Mittels Buchwertfortführung soll die Einkunftsquelle, das Unternehmen, vom Unternehmerwechsel unberührt bleiben. Der Buchwertfortführung liegt der Gedanke einer gewinnermittlungsrechtlichen Kontinuität des Gewinnermittlungsobjekts „Betrieb“ zugrunde.217 Die Einkunftsquelle wird durch die Buchwertfortführung für gewinnermittlungsrechtliche Zwecke identisch gehalten. Genau dieser Aspekt rechtfertigt nun für „Wartetastenverluste“218 eine von den klassischen „Verlustvorträgen“ abweichende Beurteilung. Wartetastenverluste sind schließlich streng quellenbezogen ausgestaltet. Ihre Verrechnung ist in Folgejahren nur mit positiven Einkünften aus dieser Beteiligung oder diesem Betrieb möglich.219 Wenn durch eine Übertragung zu Buchwerten die Einkunftsquelle steuerlich identitätswahrend auf den Erwerber übersehen soll – mit anderen Worten das Objekt „Betrieb“ oder „Beteiligung“ nicht berührt werden soll – ist der Übergang von Wartetastenverlusten die notwendige Konsequenz der steuerlich unveränderten Fortführung der Einkunftsquelle. Dies entspricht nicht nur der h.M.,220 sondern wurde bereits in den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift sowie zum UmgrStG vertreten.221 Der Verlust
217 Zur gewinnermittlungsrechtlichen Kontinuitätsfunktion der Buchwertführung vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 511 ff. und insb. S. 616. 218 Wie jene des § 2 Abs. 2a EStG; zur Rechtsfigur der Wartetasten- oder Schwebeverluste s. bereits unter II.1.b). 219 Siehe unter II.1.b). 220 Vgl. etwa Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 2 EStG Rz. 177/16; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 1993, § 10 Rz. 89; Laudacher in Jakom EStG 2019, § 2 EStG Rz. 138; EStR 2000, Rz. 157; im Ergebnis auch VwGH v. 29.7.2014 – 2010/13/0076. 221 ErlRV zum EStG 1988, 621 der BlgNR XVII. GP, S. 73; ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 26.
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haftet unter diesen Umständen gewissermaßen an der Beteiligung, dem Betrieb. Geht diese Beteiligung, dieser Betrieb steuerneutral, d.h. ohne gewinnermittlungsrechtliche Zäsur, auf eine andere Person über, gehen auch die aufgestauten Verluste mit über.222 Besteht hingegen weder eine hinreichend enge Verknüpfung mit den stillen Reserven der zu übertragenden Einkunftsquelle noch ist die Verlustposition selbst quellenbezogen ausgestaltet, kann ein Übergang nur im Wege der Rechtsfortbildung durch analoge Anwendung bestehender steuerlicher Rechtsnachfolgeregelungen begründet werden. In diesem Sinne wendete etwa der VwGH in seinem Erkenntnis 2008/15/0212 vom 14.10.2010 die umgründungssteuerrechtlichen Nachfolgeregelungen zum Verlustabzug analog auf die planwidrig ungeregelten Verlustpositionen (offene Siebentel) aus Teilwertabschreibungen i.S.d. § 12 Abs. 3 Z 2 KStG an, um so anlässlich einer Umgründung insgesamt einen Übergang auf den Rechtsnachfolger herzuleiten.223 Ohne Bestehen einer echten Gesetzeslücke bleibt dieser Weg freilich verschlossen. Der fehlende Übergang führt mit dem Untergang des Rechtsträgers zum Untergang der betroffenen Verluste.
c) Verfassungsrechtliche Aspekte der Verlustverrechnung Die Verlustverwertungsbestimmungen des UmgrStG sind seit jeher steuerpolitischer und steuersystematischer Kritik ausgesetzt. Zum Teil werden sie als überschießend und damit unverhältnismäßig diskriminierend eingestuft, weil sie auch Sachverhalte erfassen, in denen entweder keine Verlustverwertungsabsicht vorliegt oder eine solche ausgeschlossen ist.224 Wird etwa eine große Kapitalgesellschaft mit hohen Verlustvorträgen aus einem stillgelegten (Teil-)Betrieb aus Gründen der Kostenersparnis mit einer völlig unbedeutenden Tochtergesellschaft verschmolzen, gehen die hohen Verlustvorträge unabhängig davon verloren, dass eine Verrechnung mit Gewinnen der Tochtergesellschaft aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit kaum oder nur in sehr geringem Ausmaß möglich
222 Vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 756 ff. 223 Für eine Analyse dieses Erkenntnisses und der dahinterstehenden Argumentation vgl. Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 887 ff. m.w.N. 224 Vgl. Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 5 m.w.N.; weiters auch Farmer in Pülzl/Partl (Hrsg.), FS Pircher, 2007, S. 99 (112 ff.).
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ist.225 Bedenken werden auch im Hinblick auf die Anwendung der Verrechnungsschranken bei Konzernumgründungen geäußert. Sind Verluste im Konzern entstanden und sollen sie im Konzern selbst verwertet werden, liege kein Einkauf in „fremde“ Verluste vor, der im Lichte eines Mantelkauftatbestandes sanktioniert werden müsste.226 Mehr noch. Vor allem seit Einführung der Gruppenbesteuerung, wird darin sogar ein „gravierender Wertungswiderspruch“ zu den Bestimmungen des § 9 KStG gesehen, die eine laufende Verlustverwertung innerhalb von Konzernen gerade bezwecken.227 § 4 Z 1 lit. d UmgrStG sei wiederum asymmetrisch und deshalb systematisch verfehlt.228 Kurzum, § 4 UmgrStG stünde in Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip, sei infolge der Unbestimmtheit einzelner Tatbestandsmerkmale mit dem Legalitätsprinzip unvereinbar,229 und schränke aber in jedem Fall die unternehmerische „Bewegungsfreiheit“ erheblich ein.230 Im Hinblick auf den Verlustvortragsübergang, mit anderen Worten in Bezug auf § 4 Z 1 lit. a und c UmgrStG, vermögen die verfassungsrechtlichen Bedenken im Lichte der Judikatur des VfGH allerdings nicht zu überzeugen. Schließlich steht es dem Gesetzgeber nach Ansicht des VfGH frei, „das Recht auf Verlustabzug zur Erzielung sachgerechter Ergebnisse und zur Vermeidung von Missbräuchen – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, ohne dabei auf das Motiv der
225 Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 10. 226 Hügel in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 189 (204 f.) unter Verweis auf Bruckner in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 10 (1. Lfg. 2002). 227 Hügel in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 189 (205). 228 Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 10; das Argument der scheinbar fehlenden Symmetrie der Regelung (die lediglich die Doppelverwertung von Verlusten ins Ziel nimmt, ohne zugleich die Doppelbesteuerung von Gewinnen anzugehen) relativierend bereits Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 896 ff. 229 Im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Umfangsminderung i.S.d. § 4 Z 1 lit. c UmgrStG; Hirschler/Zwick in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 4 Rz. 10. 230 Farmer in Pülzl/Partl (Hrsg.), FS Pircher, 2007, S. 99 (103 f., 107 ff. und 119).
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Hohenwarter-Mayr – Verlustnutzung, Missbrauchsabwehr: Österreich Umgründung Bedacht zu nehmen, zumal ein solcher Rechtsformwechsel im freien Belieben der handelnden Personen steht“.231
Der Verlustabzug ist als höchstpersönliches Recht ausgestaltet, das grundsätzlich nicht übertragbar ist. Die Regelungen des UmgrStG bilden konsequenterweise eine Ausnahme von diesem Grundsatz.232 Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist im Lichte des Subjektsteuerprinzips eben als individuelles Leistungsfähigkeitsprinzip ausgestaltet. Ein Recht auf Verlustvortragsübergang ist daraus nicht abzuleiten.233 Sieht der Gesetzgeber jedoch einen (verfassungsrechtlich nicht gebotenen) intersubjektiven Übergang von Verlustabzügen vor,234 hat er dies in gleichheitskonformer Weise zu tun.235 Der Grundsatz des Objektbezugs und der Vergleichbarkeit des übertragenen Vermögens zur Begründung des ausnahmsweisen Übergangs von Verlustabzügen sind für sich genommen allerdings weder unsachlich noch unverhältnismäßig. Immerhin sieht der VfGH die inhaltliche Schrankenfunktion des Gleichheitssatzes in seiner jüngeren Judikatur primär darin, „sachlich nicht begründbare Regelungen“ zu verbieten. „Innerhalb dieser Schranken ist es jedoch dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art und Weise zu verfolgen […]. Dabei ist unter der Sachlichkeit
231 VfGH v. 24.2.2009 – B 1275/08-7; Wiesner, Keine Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 10 UmgrStG betreffend Verlustvortragsübergang, RWZ 2009, 137 (137). 232 VfGH v. 24.2.2009 – B 1275/08-7. 233 Dazu bereits unter II.3.a) m.w.N. 234 Wie der VfGH in seinem Beschluss VfGH v. 24.2.2009 – B 1275/08-7 zu Recht anmerkt, lässt sich aus dem Erkenntnis VfGH v. 5.3.1988 – G 248/87 nichts Gegenteiliges entnehmen. Darin stand nämlich die „Vererbbarkeit“ von Gewerbesteuerfehlbeträgen im Lichte einer Bestimmung des GewStG auf dem Prüfstand. Nachdem die Gewerbesteuer als Objektsteuer ausgestaltet war, scheidet bereits aus diesem Grund eine Übertragbarkeit auf den Bereich des Verlustabzugs i.S.d. EStG (und KStG) aus. Und noch weniger kann dieses Erkenntnis auf Umgründungen als entgeltliche Rechtsgeschäfte übertragen werden. I.d.S. bereits Taucher, Erbschaften und Ertragsteuern – Erblasserische Rechtspositionen, Ruhender Nachlaß, Erbauseinandersetzungen, 1991, S. 141 f.; weiters Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 868 f m.w.N.; a.A. Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 20. 235 In diesem Sinne VfGH v. 30.6.2011 – G 15/11 (im Hinblick auf den intersubjektiven Übergang von Mindestkörperschaftsteueranrechnungsguthaben im Rahmen einer Umwandlung).
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Hohenwarter-Mayr – Verlustnutzung, Missbrauchsabwehr: Österreich einer Regelung nicht deren ‚Zweckmäßigkeit‘ zu verstehen.236 Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind […]“.237
Auch der Vorwurf des gravierenden Wertungswiderspruchs zwischen dem Verlustregime des § 4 UmgrStG und jenem der Gruppenbesteuerung entpuppt sich bei näherer Betrachtung als schwächer ausgeprägt, als dies auf den ersten Blick erscheinen mag. Während die Gruppenbesteuerung i.S.d. § 9 KStG das Subjektsteuerprinzip im Hinblick auf die Verwertung von laufenden Verlusten durchbricht, wird beim verschmelzungsbedingten Übergang auf in der Vergangenheit entstandene Verluste abgestellt. Im Anwendungsbereich der Gruppenbesteuerung werden Verluste, die vor der Begründung einer Unternehmensgruppe – bevor also die Besteuerung als Gruppe im Sinne eines einheitlichen Verrechnungskreises Platz greifen konnte – entstanden sind, zumindest auf Ebene der Gruppenmitglieder als Vorgruppenverluste kanalisiert und scheiden für eine Verrechnung innerhalb der Gruppe aus. Dasselbe gilt für Verluste, die umgründungsbedingt durch ein Gruppenmitglied übernommen wurden (Außergruppenverluste).238 Solche Verluste sind nur mit eigenen laufenden Gewinnen des jeweiligen Gruppenmitglieds verrechenbar.239 Durch die Verschmelzung von zwei Gesellschaften wird wiederum erst mit der Verschmelzung eine Einheit gebildet, die unter gedanklicher Fortführung der Umgründungspartner eine subjektübergreifende Ergebnisverrechnung zulässt. Ab der Verschmelzung ist die gemeinsame Besteuerung möglich. Davor greift das Subjektsteuerprinzip. Ähnlich wie die Kanalisierung von Vorgruppenverlusten im Rahmen der Gruppenbesteuerung, erfolgt daher auch im UmgrStG durch die Einschränkungen des § 4 Z 1 lit. a bis c UmgrStG eine Kanalisierung von „Vorumgründungsverlusten“. Durch die Objektverknüpfung der Verluste soll die Möglichkeit einer Verrechnung mit „eigenem“ Gewinnpotential, also dem Gewinnpotential aus der verlustverursachenden Quelle selbst, gewahrt bleiben. Dies wird invers dadurch erzielt, dass die „vertikale“ Verrechnung der jeweils vorhandenen Verluste mit Gewinnen bzw. dem Ge236 „Ob eine Regelung zweckmäßig ist oder gar, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschritten wird, sind keine Fragen, die vom Verfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes zu beurteilen sind.“ VfGH v. 9.12.2014 – G 136/2014 u.a. m.w.N. 237 VfGH v. 9.12.2014 – G 136/2014 u.a. m.w.N. 238 § 9 Abs. 6 Z 4 KStG. 239 Vgl. Pinetz/Stefaner in Lang/Rust/Schuch/Staringer, § 9 KStG Rz. 170 ff.; Urtz in Achatz/Kirchmayr, § 9 KStG Rz. 287 ff.
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winnpotential aus anderen Einkunftsquellen und Aktivitäten, die umgründungsbedingt hinzutreten, eingedämmt wird.240 Der Übergang von der Individualbesteuerung zur „gemeinsamen“ Besteuerung wird also in beiden Fällen mit Beschränkungen bedacht. Dass die Kanalisierung der „Vorumgründungsverluste“ im Rahmen von Verschmelzungen und ähnlichen „Vernichtungsumgründungen“ ihren Untergang zur Konsequenz haben, liegt am umgründungsbedingten Untergang des Steuersubjekts. Betrachtet man die Situation beim Gruppenträger, für den die Einschränkungen für die Verrechnung von Vor- und Außergruppenverlusten nicht gelten,241 besteht dieser Gleichklang nicht. Auf Ebene des Gruppenträgers können Vor- und Außergruppenverluste mit zugerechneten Ergebnissen im Rahmen der Gruppenbesteuerung verrechnet werden. Darin liegt zweifelsohne eine Unstimmigkeit, die ihre Ursache allerdings einzig und allein im Regime der Gruppenbesteuerung in Gestalt der nach § 9 Abs. 6 Z 4 KStG vorgesehen Verrechnungsbeschränkung auf Gruppenmitglieder hat. Die Verrechenbarkeit von Vor- und Außergruppenverlusten des Gruppenträgers mit zugerechneten Verlusten aus der Unternehmensgruppe stellt allerdings schon innerhalb der Gruppenbesteuerung einen systematischen Fremdkörper dar.242 Sie ist daher für sich kritikwürdig und völlig losgelöst vom Verlustverwertungsregime bei Umgründungen durch den Gesetzgeber anzugehen.243 Problematisch erscheint bei einer Ex-post-Betrachtung daher nur jene Situation, in der trotz Möglichkeit zur Gruppenbesteuerung von diesem Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht wurde und deshalb bei einer späteren Umgründung Verluste verloren gehen, die bei Geltendmachung der Gruppenbesteuerung verrechnet werden hätten können. Ob dies jedoch für eine Verfassungswidrigkeit des Verlustregimes von § 4 Z 1 lit. a bis c UmgrStG ausreicht, ist zu bezweifeln. Immerhin ist die Gruppenbesteuerung als Wahlrecht ausgestaltet. Von diesem Wahlrecht werden Steuerpflichtige naturgemäß nur dann Gebrauch machen, wenn sie diese Form der Besteuerung insgesamt und wohl auch über einen längeren Zeitraum als günstiger erachten. Konsequenterweise müssen sie nach der Recht240 Vgl. zu diesem Zweck Hügel in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 189 (205). 241 Vgl. Pinetz/Stefaner in Lang/Rust/Schuch/Staringer, § 9 KStG Rz. 168; Urtz in Achatz/Kirchmayr, § 9 KStG Rz. 287 i.V.m. Rz. 264. 242 Kritisch auch Staringer, Der Einfluss der Gruppenbesteuerung auf die Unternehmensorganisation, ÖStZ 2005, 495 (500). 243 Vgl. dazu bereits Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, S. 244 f.
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sprechung des VfGH auch jene Nachteile in Kauf nehmen, die mit der Wahl dieses Systems verbunden sind.244 Da die Nichtausübung eines Wahlrechts ebenso als Wahl zu verstehen ist, müssen die Überlegungen des VfGH gleichermaßen für die umgekehrte Konstellation gelten, in denen sich Steuerpflichtige ebenso unter Günstigkeitsgesichtspunkten gegen die Gruppenbesteuerung entschieden haben. Der Nachteil der laufenden Individualbesteuerung liegt im Entstehen von Verlustvorträgen, die anlässlich einer späteren (freiwilligen) Umgründung untergehen können. Dem Argument einer verdünnten Prüfintensität bei optionalen Besteuerungsregimen, deren Schlagendwerden von privatautonomen Gestaltungen des Steuerpflichtigen abhängt, lässt sich freilich entgegenhalten, dass auch Wahlrechte insgesamt nur dann in Einklang mit dem Gleichheitsgrundsatz stehen können, wenn die dem Steuerpflichtigen eingeräumten Wahlmöglichkeiten jeweils für sich genommen verfassungskonform sind,245 und sich die Vor- und Nachteile der Alternativen bei einer generalisierten Betrachtungsweise annähernd die Waage halten.246 Gerade diese generalisierte Betrachtung dürfte dem Gesetzgeber hier aber einen weiten Gestaltungsspielraum eröffnen. Denn isoliert betrachtet dürften sowohl die Gruppenbesteuerung als auch das UmgrStG in Bezug auf ihre Beschränkungen und Ausnahmen von der subjektübergreifenden Besteuerung verfassungskonform sein. Das allenfalls nachteilige Zusammenwirken beider Regime ist als Konsequenz der Dispositionen des Steuerpflichtigen hinzunehmen. Für die Beurteilung des Untergangs von eigenen Verlusten der übernehmenden Körperschaft nach Maßgabe von § 4 Z 1 lit. b UmgrStG ist wiederum der Sinn und Zweck von § 4 Z 1 lit. b UmgrStG entscheidend. Dieser liegt im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH in der Verhinderung einer Umgehung der in § 4 Z 1 lit. a untersagten Verlustverwertung und lässt sich folglich nur dadurch erreichen, dass Sachverhalte nach § 4 Z 1 lit. b UmgrStG fiktiv so behandelt werden, als läge der umgekehrte Fall vor.247 Die Verluste beider Verschmelzungspartner müssen unabhängig von der Verschmelzungsrichtung gleichbehandelt werden. Nur so lässt sich der Gesetzeszweck von § 4 Z 1 lit. b UmgrStG erreichen. Wenn nun 244 In diesem Sinne etwa VfGH v. 3.3.1987 – G 170/86, G 171/86, G 172/86. 245 Ähnlich Haslinger, Die Veräußerung von Beteiligungen, S. 93. 246 Vgl. zu dieser Gesamtschau der Vor- und Nachteile auch Drüen, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung als verfassungsrechtlicher Imperativ, GmbHR 2008, 393 (400). 247 So ausdrücklich VwGH v. 18.12.2002 – 98/13/0064.
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aber an der Verfassungskonformität der Beschränkung des Übergangs von Verlustabzügen anlässlich der Verschmelzung keine grundsätzlichen Zweifel bestehen, sind diese wohl auch für den spiegelbildlichen Fall zu verneinen. Denn immerhin räumt der VfGH dem Gesetzgeber bei der Umsetzung seiner rechtspolitischen Ideen und Überlegungen einen weiten Spielraum ein, allen voran in Situationen, in denen es darum geht, unerwünschte Gestaltungen zu vermeiden. Die Auslegungsschwierigkeiten, die bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen, insbesondere im Falle von § 4 Z 1 lit. c UmgrStG, zweifellos bestehen, wiegen insgesamt aber wohl zu wenig schwer, um daraus eine Verfassungswidrigkeit ableiten zu können. Denn einen Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 B-VG nimmt der VfGH erst dann an, „wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist“.248
Davon kann in Bezug § 4 Z 1 lit. c UmgrStG im Lichte der mittlerweile ergangenen Judikatur zu dieser Bestimmung aber kaum noch gesprochen werden.249 Allfällige Schwierigkeiten, die sich im Einzelfall bei der Interpretation ergeben können, machen eine Regelung nicht gleich verfassungswidrig.250
d) Europarechtliche Aspekte der Verlustverrechnung Weniger aus verfassungsrechtlicher Sicht,251 sondern aus unionsrechtlicher Sicht wird die Kritik an der Mantelkaufregelung des § 4 Z 2
248 Beispielsweise VfGH v. 28.9.1984 – B 536/83; VfGH v. 13.12.1991 – G 280/ 91, G 281/91, G 325/91; VfGH v. 28.6.2013 – G 10/2013 u.a., V 4/2013 u.a., jeweils m.w.N. 249 Z.B. UFS v. 23.11.2005 – RV/2403-W/02; UFS v. 12.12.2006 – RV/1995-W/ 04; BFG v. 24.11.2015, RV/5100439/2011; BFG v. 28.9.2018, RV/4100519/ 2013; vgl. weiters unter II.2.b). 250 Vgl. dazu nur VfGH v. 29.9.1978 – G 60/78. 251 Kritisiert wird hier letztlich nur die Differenzierung zwischen allgemeinem Körperschaftsteuerrecht und Umgründungssteuerrecht in Bezug auf die Rationalisierungsklausel des § 4 Z 2 Satz 2 UmgrStG, die dem Mantelkauftatbestand des KStG fehlt. Die Sachlichkeit dieser Differenzierung wird bezweifelt. Vgl. Hügel, Verschmelzungen im Steuerrecht, § 4 Rz. 120; ähnlich Peklar, Objektbezogener Verlustübergang, umgründungssteuerrechtlicher Mantelkauf und Ausnahme vom Mantelkauf für Rationalisierung/Sanierung, RdW 2001, 312 (312 f.); Kofler, Bruchstellen im Konzernsteuerrecht, in 18. ÖJT Band IV/ 2, 2013, S. 56 (75 f.).
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UmgrStG formuliert.252 Der umgründungsbezogene Mantelkauf würde aufgrund seiner typisierenden Missbrauchsvermutung gegen Art. 15 Abs. 1 lit. a FusionsRL verstoßen.253 Nun verbietet die Richtlinie zwar pauschale Missbrauchsbestimmungen im nationalen Recht,254 dies jedoch nur im Zusammenhang mit Begünstigungen aus der Anwendung der Art. 4 bis 14 FusionsRL.255 Die Vorteile der Richtlinie beziehen sich im Kern auf die Unterdrückung der sofortigen Besteuerung von Wertzuwächsen anlässlich der Umgründung und damit vor ihrer tatsächlichen Realisation.256 Hinsichtlich der Behandlung von Verlusten beinhaltet Art. 6 FusionsRL lediglich ein an den Quellenstaat der Verluste adressiertes Gleichbehandlungsgebot.257 Jene Mitgliedstaaten, die nach ihrem nationalen Recht eine Übernahme von Verlusten der übertragenden Gesellschaft durch die übernehmende Gesellschaft gestatten, haben diese Vorschriften auf die Übernahme von Verlusten aus in ihrem Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätten der übernehmenden Gesellschaft auszudehnen.258 An diesem Gleichbehandlungsgebot wird durch den Mantelkauftatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG nicht gerüttelt, genauso wenig, wie die Verwirklichung eines Mantelkaufs die Gewinnneutralität der Umgründung selbst in Frage stellt. Ein erfolgter Verlustübergang wird auch nicht 252 So etwa Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 71 ff. 253 Ein Verstoß gegen die Grundfreiheiten des primären Unionsrechts ist mangels Differenzierung zwischen nationalen Sachverhalten und Sachverhalten mit grenzüberschreitendem Bezug nicht auszumachen. Und auch aus beihilferechtlicher Sicht dürfte der Mantelkauf nach der Entscheidung des EuGH v. 28.6.2018 – C-203/16 P, ECLI:EU:C:2018:505 weitgehend unproblematisch sein. 254 Vgl. dazu auch noch unter III.1.c). 255 Die Bestimmung des Art. 15 Abs. 1 lit. a FusionsRL bezieht sich als solche nur auf die Versagung oder Rückgängigmachung der Anwendung der Art. 4 bis 14, sofern einer der in Art. 1 genannten Vorgänge „als hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung hat“. 256 Siehe nur die Erwägungsgründe 5 bis 7 FusionsRL; weiters Calleja Borg, Non-exhausted Losses and the Merger Directive: What it Fails to Say, intertax 2011, 557 (558). 257 Vgl. umfassend zu Art. 6 van den Broek, Cross-border Mergers within the EU, 2012, S. 230 ff.; Boulogne, A Proposal to Expand and Improve Article 6 of the EU Merger Directive, intertax 2014, 70 (81 ff.); weiters Wild, Importverschmelzungen, 2018, S. 187 f.; indirekt bestätigend EuGH v. 21.2.2013 – C-123/11, ECLI:EU:C:2103:84 – A Oy, Rz. 22. 258 Vgl. Boulogne, intertax 2014, 70 (81 ff.); van den Broek, Cross-border Mergers within the EU, S. 232 ff.
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nachträglich rückgängig gemacht (was vor allem bei der Einbringung oder Abspaltung eine Rolle spielen kann).259 Lediglich die weitere Verwertbarkeit der Verlustabzüge im Anschluss an die Umgründung wird bei nachfolgendem Eintritt bestimmter Parameter beschränkt. Der Mantelkauftatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG betrifft dabei entweder eigene Verluste der übernehmenden Körperschaft,260 die von vornherein nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 FusionsRL fallen,261 oder er setzt – sofern die Verluste der übertragenden Gesellschaft betroffen sind – zeitlich erst nach der Umgründung und somit auch nach dem Übergang dieser Verluste auf die übernehmende Körperschaft an. Und genau diese weitere (laufende) Besteuerung im Anschluss an die Umgründung dürfte im Lichte der Rs. 3D I Srl262 nicht von Art. 6 FusionsRL erfasst sein.263 Aber selbst wenn 259 Vgl. Rzepa/Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 21 Rz. 14 m.w.N. 260 So man den erweiterten Mantelkauftatbestand des § 4 Z 2 UmgrStG auf eigene Verluste der übernehmenden Körperschaft für anwendbar erachtet, auch wenn es bei dieser selbst zu keiner wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage gekommen ist. Von dieser Ansicht geht die Finanzverwaltung seit dem Wartungserlass 2018 aus. Vgl. UmgrStR 2002, Rz. 243; kritisch Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 150 f.; ablehnend Waitz-Ramsauer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 331 (334 ff.). 261 Vgl. Thömmes, Commentary on the Merger Directive, in IBFD, EC Corporate Tax Law, 5 Rz. 198 (28. Lfg. 2004); Bezzina, The Treatment of Losses under the EC Merger Directive 1990, European Taxation 2002, 57 (61); Calleja Borg, intertax 2011, 557 (559); van den Broek, Cross-border Mergers within the EU, S. 234. 262 EuGH v. 19.12.2012 – C-207/11, ECLI:EU:C:2012:818 – 3D I Srl. 263 Der Untergang von Verlustvorträgen im Kontext einer Umgründung steht natürlich in einem Spannungsverhältnis zum allgemeinen Ziel der Richtlinie, Behinderungen für (grenzüberschreitende) Umgründungen zu beseitigen und wettbewerbsneutrale Regelungen für diese Vorgänge zu schaffen. Zum Teil wird Art. 6 FusionsRL daher auch als Mittel zur Erreichung der steuerlichen Neutralität von Umgründungen i.S.d. Richtlinie angesehen (in diesem Sinne etwa Bezzina, European Taxation 2002, 57 [57]). Wie der EuGH jedoch in der Rs. 3D I Srl klar hervorgestrichen hat, gilt das Gebot der steuerlichen Neutralität nicht uneingeschränkt (EuGH v. 19.12.2012 – C-207/11, ECLI: EU:C:2012:818 – 3D I Srl Rz. 27). Auch nach den SA von GA Jääskinen in dieser Rs. bezieht sich das Neutralitätsgebot der Richtlinie ausschließlich auf die steuerliche Behandlung im Zeitpunkt der grenzüberschreitenden Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensanteilen oder eines grenzüberschreitenden Austauschs von Anteilen und nicht auf andere Zeitpunkte (SA von GA Jääskinen v. 10.7.2012 – C-207/11, ECLI:EU:C:433 – 3D I Srl
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man Art. 6 FusionsRL auf „Mantelkaufverluste“ für anwendbar erachtete, wird das von der Richtlinie Geforderte, nämlich die Gleichbehandlung mit dem Inlandsfall, zur Gänze erfüllt.264 Die Anwendung der Art. 4 bis 14 FusionsRL wird auch bei Verwirklichung eines Mantelkaufs weder ganz noch teilweise versagt, weshalb letztlich der Vorwurf der Richtlinienwidrigkeit von § 4 Z 2 UmgrStG in sich zusammenfällt. Ein unionsrechtliches „Sorgenkind“ bleibt ungeachtet dessen bestehen: Es ist dies die grenzüberschreitende Verwertung von „ausländischen Verlusten“; also der umgründungsbedingte „Import“ von Verlusten, die bis zur Umgründung keinen qualifizierten Nexus zur österreichischen Steuerhoheit hatten.265 Der Übergang derartiger Auslandsverluste wird sowohl von der Verwaltungspraxis266 als auch von der Rechtsprechung des VwGH abgelehnt.267 Als Begründung für diese restriktive Ansicht führen vor allem die UmgrStR den Einleitungssatz von § 4 UmgrStG ins Treffen. Danach sind ausschließlich Verluste i.S.d. § 8 Abs. 4 Z 2 KStG
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Rz. 39). Dieser Ansicht ist der EuGH gefolgt. Dementsprechend steht es den Mitgliedstaaten frei, in Situationen, die nicht ausdrücklich von der Richtlinie geregelt sind, zusätzliche Bedingungen an die Gewährung von Begünstigungen knüpfen, solange diese Bedingungen nicht zu einer unmittelbaren Besteuerung der Wertzuwächse aufgrund der von der Richtlinie erfassten Umgründung als solcher führen (EuGH v. 19.12.2012 – C-207/11, ECLI: EU:C:2012:818 – 3D I Srl, Rz. 30). Diese Anforderungen erfüllt auch der umgründungsbezogene Mantelkauf i.S.d. § 4 Z 2 UmgrStG. Ganz in diesem Sinne geht etwa Tumpel davon aus, dass Einschränkungen des Verlustvortrages, die bei vergleichbaren rein innerstaatlichen Umgründungen zur Anwendung gelangen können (wie z.B. bei Mantelkäufen), auch bei grenzüberschreitenden Unternehmenszusammenschlüssen zulässig sind. Tumpel, Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der EU, 1994, S. 180; aufgrund der Gleichbehandlung von In- und Auslandsfall keinen Verstoß gegen die FusionsRL annehmend auch Hügel in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 189 (207). Das sind allen voran Verluste aus in Österreich nicht der sachlichen Steuerpflicht unterliegenden Einkunftsquellen wie Verluste einer im Ausland ansässigen Körperschaft ohne Inlandsbezug. UmgrStR 2002, Rz. 160a und 194. VwGH v. 28.4.2017 – 2015/15/0004. Die Entscheidung ist somit nach dem Urteil in der Rs. Timac Agro (EuGH v. 17.12.2015 – C-33/14, ECLI:EU:C: 2015:829), aber vor den Entscheidungen in den Rs. Bevola (EuGH v. 12.6.2018 – C-650/16, ECLI:EU:C:2018:424) und Memira Holding (EuGH v. 19.6.2019 – C-607/17, ECLI:EU:C:2019:510) ergangen. Vgl. Kofler, Kein Verlustübergang bei Hereinverschmelzung, GeS 2017, 161 (163 ff.); Zorn, VwGH zu finalen Verlusten aus der beschränkten Steuerpflicht, RdW 2017, 333 (333 f.).
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einem umgründungsbedingten Übergang auf ein anderes Steuersubjekt zugänglich.268 Ausländische Verluste ohne sachliche Inlandsanknüpfung können diese Eigenschaft mangels Anwendbarkeit des KStG per se nicht erfüllen.269 Hinzu tritt der Umstand, dass bei Entstehen des österreichischen Besteuerungsrechts am übertragenen Vermögen – etwa an einer ausländischen Betriebsstätte – angesichts der zwingenden Neubewertung dieses Vermögens (steuerneutraler Step-up) gem. § 3 Abs. 1 Z 2 TS 1 UmgrStG eine Verlustverwertung schon wegen des Buchwertfortführungserfordernisses in § 4 UmgrStG nicht in Betracht kommt.270 Der VwGH stützt seine ablehnende Haltung zur „Verlusthereinnahme“ zudem auf die Rechtsprechung des EuGH in den Rs. Timac Agro271 und Futura Participations272.273 So konnte jedenfalls aus der Rs. Timac Agro der Schluss gezogen werden, Inlands- und Auslandssachverhalte, respektive die reine Inlandsverschmelzung und die grenzüberschreitende Importverschmelzung, wären schon deshalb objektiv nicht miteinander vergleichbar, weil symmetrisch zur Versagung der Verlustberücksichtigung im grenzüberschreitenden Fall auch korrespondierende Auslandsgewinne keiner Besteuerung im Inland unterlägen.274 Zu einem ähnlichen Ergebnis führt auch die konsequente Übertragung der Grundsätze aus dem Futura-Urteil auf den Fall der Importverschmelzung. Ist nämlich die Berücksichtigung von laufenden Auslandsverlusten ohne sachlichen Nexus 268 UmgrStR 2002, Rz. 160a und 194. 269 Vgl. auch Zöchling in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 4 UmgrStG Rz. 8. 270 UmgrStR 2002, Rz. 194; Wiesner/Mayr, Aktuelles zur Verschmelzung, RdW 2007, 435 (436 f.). Gleichwohl könnte die zwingende Neubewertung in diesen Fällen unionsrechtlich hinterfragt werden; zumindest im Falle von finalen Verlusten (dazu sogleich). Vgl. Blum/Spies, Ausländische Verluste im Lichte des Unionsrechts – Die Rs. A Oy und ihre Implikationen für Österreich, SWI 2013, 213 (220); Pinetz/Schaffer, Die Verwertbarkeit von ausländischen Verlustvorträgen bei der EU-Importverschmelzung, ecolex 2013, 460 (462 f.); Wild, Importverschmelzungen, S. 219 ff. 271 EuGH v. 17.12.2015 – C-33/14, ECLI:EU:C:2015:829 – Timac Agro. 272 EuGH v. 15.5.1997 – C-250/95, ECLI:EU:C:1997:239 – Futura Participations. 273 VwGH v. 28.4.2017 – 2015/15/0004; ähnlich bereits VwGH v. 28.5.2009 – 2008/15/0034, im Hinblick auf den Zuzug einer natürlichen Person (Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich) mit ausländischen Verlustvorträgen, die in Zeiten entstanden sind, in denen der Steuerpflichtige weder sachlich noch persönlich im Inland steuerpflichtig war. 274 EuGH v. 17.12.2015 – C-33/14, ECLI:EU:C:2015:829 – Timac Agro, Rz. 59 ff.
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im Rahmen der beschränken Steuerpflicht nicht geboten,275 liegt es nahe, auch den Abzug von aufgelaufenen Verlusten einer gebietsfremden Körperschaft aus Zeiten vor der Umgründung mangels sachlichen und persönlichen Nexus zur inländischen Steuerhoheit zu verneinen. Ob allerdings auch die jüngsten Entwicklungen in der EuGH-Rechtsprechung eine derartige temporäre wie territoriale Verknüpfung mit der eigenen Steuerhoheit als Voraussetzung für eine grenzüberschreitende Verlustverwertung zu tragen vermögen, darf hingegen bezweifelt werden.276 Eindeutig erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur, dass sich eine „Verlusthereinnahmeverpflichtung“ nicht auf Art. 6 FusionsRL gründen lässt.277 Alles andere als eindeutig erweisen sich hingegen die Vorgaben, die die Grundfreiheiten in ihrer Interpretation durch den EuGH an die grenzüberschreitende Verlustverwertung stellen.278 Mit den Entscheidungen in den Rs. Bevola279 und nachfolgend Memira Holding280 hat der EuGH die Tür für eine theoretisch mögliche Berücksichtigung von Verlusten gebietsfremder (Tochter-)Gesellschaften zwar wieder ein Stück weit geöffnet,281 ein grenzüberschreitender Verlustabzug kommt allerdings nach wie vor nur im Falle von „finalen Verlusten“ i.S.d. Rs. Marks & Spencer282 in Betracht. Und unter welchen Bedingungen solche finalen Verluste vorliegen, ist nach wie vor unklar.283 275 EuGH v. 15.5.1997 – C-250/95, ECLI:EU:C:1997:239 – Futura Participations, Rz. 18–22. 276 Ebenso Kofler/Six in Kofler, § 4 UmgrStG Rz. 33. 277 EuGH v. 21.2.2013 – C-123/11, ECLI:EU:C:2013:84 – A Oy, Rz. 22; SA von GA Kokott v. 19.7.2012 – C-123/11, ECLI:EU:C:2012:488 – A Oy, Rz. 25 ff. 278 Für einen Überblick über und Konsolidierung der Rechtsprechungslinien des EuGH zur grenzüberschreitenden Verlustverwertung s. beispielsweise Ismer/Kandel, Der Abzug ausländischer Verluste nach Bevola und Sofina, IStR 2019, 717 (717 ff.); Lachmayer, Noch kein Finale für finale Verluste, BFGjournal 2019, 386 (386 ff.). 279 EuGH v. 12.6.2018 – C-650/16, ECLI:EU:C:2018:424 – Bevola. 280 EuGH v. 19.6.2019 – C-607/17, ECLI:EU:C:2019:510 – Memira Holding. 281 Vgl. Lachmayer, BFGjournal 2019, 386 (389 ff.); Kopec/Wellmann, Kein Finale für die finalen Verluste – Berücksichtigung von definitiven Betriebsstättenverlusten nach dem EuGH-Urteil Bevola, ISR 2019, 7 (11 ff.). 282 EuGH v. 13.12.2005 – C-446/03, ECLI:EU:C:2005:763 – Marks & Spencer, Rz. 55. 283 Vgl. nur Kahlenberg/Schindler/Micker, Abzug von Verlusten gebietsfremder Tochtergesellschaften, Ubg 2019, 450 (452 ff.); Kahlenberg, Nichtberücksichtigung von sog. tatsächlich finalen Verlusten ist unionsrechtlich unverhältnismäßig, ISR 2019, 329 (331 f.); Schlücke, Abzug von finalen Verlusten einer Enkelgesellschaft kann unionsrechtlich geboten sein, ISR 2019, 332 (334 f.),
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Sieht man einmal von den Schwierigkeiten bei der Bestimmung und dem Nachweis der Finalität von Auslandsverlusten im Rahmen von Umgründungen ab, dürfte sich die Hereinnahme von Auslandverlusten bei EUImportverschmelzungen aus den Anforderungen der Niederlassungsfreiheit284 auch sonst nur auf einen Minimalbereich erstrecken. Denn durch das von § 4 Z 1 lit. a i.V.m. lit. c UmgrStG für reine Inlandssachverhalte gleichermaßen geforderte tatsächliche Vorhandensein des verlustverursachenden Vermögens in vergleichbarem Umfang, wird die Hereinnahme meist schon am Vorliegen einer Diskriminierung scheitern. Ist das verlustverursachende Vermögen im Ausland dagegen zum Verschmelzungszeitpunkt noch in vergleichbarem Umfang vorhanden, werden wiederum kaum alle Möglichkeit einer Verlustverwertung ausgeschöpft worden sein, um vom Vorliegen finaler Verluste i.S.d. EuGH-Rechtsprechung ausgehen zu können.285 Damit verbleibt am Ende des Tages die doch einigermaßen kuriose Situation, dass bei Umgründungen eine Nachfolge in Verlustabzüge trotz Entgeltlichkeit der Vermögensübertragung möglich ist, im Anwendungsbereich des EStG eine intersubjektive Verlustverwertung dagegen ausscheidet. Dies obwohl über die Buchwertfortführungen beide Typen der Vermögensübertragung – Umgründungen i.S.d. UmgrStG und unentgeltliche Übertragungen betrieblicher Einheiten i.S.d. EStG – rechtsfolgenseitig gleichbehandelt werden.286 Dennoch scheidet eine analoge Anwendung der umgründungssteuerrechtlichen Verlustbestimmungen zur Begründung eines Übergangs im EStG aus. Zwar wird man dem österreichischen UmgrStG im Unterschied zum deutschen UmwStG kein
Lachmayer, BFGjournal 2019, 386 (393 ff.); Heckerodt, Zum Abzug von Verlusten ausländischer EU-Tochtergesellschaften nach deren Auflösung als endgültige (finale) Verluste – Skatteverket/Memira Holding AB, IStR 2019, 597 (600 ff.). 284 Zumindest im Zusammenhang mit Verschmelzungen dürfte die Niederlassungsfreiheit als vorrangig anwendbare Grundfreiheit zu qualifizieren sein, was wiederum eine Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit ausschließt. Verschmelzungen unter Beteiligung von Drittstaatsgesellschaften genießen dementsprechend keinen primärrechtlichen Schutz. Vgl. van den Broek, Crossborder Mergers within the EU, S. 92 f.; Kofler/Six in Kofler, § 1 UmgrStG Rz. 155, jeweils m.w.N. 285 Für mögliche Konstellationen s. beispielsweise Blum/Spies, SWI 2013, 213 (218 ff.). 286 Dazu bereits unter I.2.b).
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generelles Analogieverbot entnehmen können,287 was die Möglichkeit einer Gesamtanalogie zumindest methodisch nicht von vornherein ausschließt.288 Dieser Lösungsansatz scheitert jedoch angesichts der Historie des Verlustabzugs im EStG am Vorliegen einer planwidrigen Lücke.289 Verneint man die Planwidrigkeit der Lücke, besteht keine Legitimation zur Rechtsfortbildung. Es ist vielmehr der Gesetzgeber gefordert, die insgesamt unbefriedigende Asymmetrie in der Behandlung von Verlustabzügen im EStG und UmgrStG zu beseitigen. Ein verfassungsrechtlich begründeter Handlungszwang ist dafür allerdings kaum auszumachen.290
4. Würdigung vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage Die Regelungen des österreichischen UmgrStG zur Verlustverwertung bei Umgründungen erscheinen auf den ersten Blick insofern großzügiger als ihre deutschen Schwesterbestimmungen, als sie, wenngleich in mancher Hinsicht eingeschränkt, eine Rechtsnachfolge von Verlustabzügen zulassen. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Und mit der spiegelbildlichen Anwendung der Regelungen zum Übergang von Verlustabzügen 287 Allgemein Jochum/Hemmelrath, Der grenzüberschreitende Hinausformwechsel in Europa, IStR 2019, 517 (523); Baldauf, Das innere System der einkommensteuerrechtlichen Gewinnrealisierung, 2009, S. 96 unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zum UmwStG (BT-Drucks. 14/23, 172); für den Verlustabzug ablehnend auch BFH v. 17.12.2007 – GrS 2/04; weiters Strnad, Zur Vererbung des Verlustabzuges (§ 10d EStG 1997), 1998, S. 105 ff. m.w.N.; Frye, Gesamtrechtsnachfolge im Verwaltungsrecht, S. 327 f. 288 Die Möglichkeit der Analogie andeutend VwGH v. 15.9.2016 – Ra 2015/15/ 0003; dazu auch Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 882 f. 289 Immerhin besteht die Nichtregelung des Übergangs von Verlustabzügen in Österreich seit Anbeginn des österreichischen EStG. Seit dem EStG 1953 ist die zwingende Buchwertfortführung bei unentgeltlichen Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen im EStG normiert, ohne dass zugleich die Möglichkeit eines buchwertverknüpften Verlustüberganges geschaffen wurde. An dieser Rechtslage wurde bis zum heutigen Tag trotz Einführung des StruktVG 1969 und später des UmgrStG 1991, die jeweils Möglichkeiten der intersubjektiven Verlustübertragung kannten und kennen, festgehalten. Schon aufgrund der zeitlichen Dimension dieser Entwicklung fällt es schwer, die Nichtregelung als planwidrige Unvollständigkeit einzustufen und damit vom Vorliegen einer echten Gesetzeslücke auszugehen. 290 Zwischen unentgeltlichen und entgeltlichen Vermögensübertragungen bestehen immerhin gewisse Unterschiede im Tatsächlichen, die eine Differenzierung tragen.
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auf die eigenen vortragsfähigen Verluste der übernehmenden Rechtsträger ist die österreichische Rechtslage durchaus restriktiver. Da die „Verlustregelungen“ des UmgrStG nur Verluste i.S.d. § 18 Abs. 6 EStG oder § 8 Abs. 4 Z 2 KStG erfassen, sind sie auf den Verlustvortrag (Verlustabzug) beschränkt. Für andere Verluste, wie Schwebe- oder Wartetastenverluste i.S.d. § 2 Abs. 2a EStG, die bis zum Zeitpunkt der Umgründung vom übertragenden Steuerpflichtigen noch nicht vollständig verwertet wurden, gilt es aus dem bestehenden Regelungsgefüge gesonderte Lösungen abzuleiten. Gerade in den Fällen der quellenbezogenen Verluste ist vielfach die Steuerneutralität der Vermögensübertragung durch Buchwertfortführung entscheidend, um einen quellenverknüpften Übergang der Verluste auf das übernehmende Steuersubjekt zu begründen. Der Untergang der weiteren Verwertbarkeit von „eigenen“ Verlusten (abseits von § 18 Abs. 6 EStG oder § 8 Abs. 4 Z 2 KStG) beim übernehmenden Steuersubjekt ist umgekehrt aber nicht angezeigt. Die Verlustquelle wird schließlich nicht bewegt, weshalb auch eine quellenverknüpfte Änderung des Zurechnungssubjekts der Verluste ausscheidet. Und eine analoge Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG zum Verlustabzug scheidet m.E. schon mangels Rechtslücke aus.291 Die weitere Nutzung eigener (Teil-)Verluste bei Umkehr der Verschmelzungsrichtung lässt sich grundsätzlich auch nicht unter Berufung auf die allgemeine Missbrauchsregelung i.S.d. § 22 BAO versagen.292 Hier ist vielmehr der Gesetzgeber gefordert. Über weite Strecken zielen die Regelungen zur Verlustverwertung im Zusammenhang mit Umgründungen auf die Vermeidung von un291 Dies ergibt sich seit dem AbgÄG 2015 deutlich aus der in § 21 letzter Satz UmgrStG für Einbringungen angeordneten Anwendung des umgründungssteuerrechtlichen Verlustregimes auf Wartetastenverluste i.S.d. § 23a EStG. Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber gezeigt, dass er das Problem einer übermäßigen Nutzung von Verrechnungs- oder Wartetastenverlusten auch im UmgrStG gesehen hat, er die Anwendbarkeit des Verlustregimes aber trotzdem nur auf diese ganz bestimmte Form der Wartetastenverluste, nämlich jener von kapitalistischen Mitunternehmern, beschränkt hat. Hätte der Gesetzgeber die Verlustklauseln des UmgrStG auf sämtliche Wartetastenverluste angewendet wissen wollen, hätte er dies durch eine allgemeinere Formulierung oder eine explizite Nennung der jeweils zugrunde liegenden Regelungen zum Ausdruck gebracht, zumal das Schrifttum wie auch die Verwaltungspraxis bis zur Einführung von § 21 letzter Satz UmgrStG nahezu einhellig davon ausgegangen ist, dass Wartetastenverluste allgemein nicht unter das Verlustregime des UmgrStG fallen. 292 Ähnlich BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12.
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erwünschten Gestaltungen ab. Sofern damit auch missbrauchsverdächtige Gestaltungen erfasst werden, übernehmen sie bis zu einem gewissen Grad die Funktion von speziellen Anti-Missbrauchsregelungen. Ganz losgelöst vom Themenbereich der Verlustverwertung enthält das UmgrStG aber auch tatsächliche Spezialvorschriften zur Missbrauchsabwehr. Eine davon findet sich in § 16 Abs. 1a UmgrStG im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Einbringung von Kapitalanteilen.
III. Missbrauchsabwehr bei Umgründungen 1. Missbrauchsabwehr am Beispiel von § 16 Abs. 1a öUmgrStG zur „Exporteinbringung“ von Kapitalanteilen a) Nationale Besteuerung im Spannungsfeld von FusionsRL und DBA-Recht Um die Regelung des § 16 Abs. 1a UmgrStG erfassen zu können, ist es zunächst erforderlich, sich das System der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungen nach den Regelungen des österreichischen Ertragsteuerrechts vor Augen zu führen. Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften sind danach im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht grundsätzlich steuerpflichtig. Dies gilt sowohl für natürliche Personen als auch für Körperschaften. Hingegen werden „internationale Schachtelbeteiligungen“ von Körperschaften im gesetzlichen Regelfall auch in der Substanz steuerneutral gehalten.293 Aus der fehlenden nationalen Beteiligungsneutralität im KStG erklärt sich auch die besondere Stellung, die der Absicherung von bestehenden Besteuerungsrechten an der Substanz von Beteiligungen im Kontext von Umgründungen beigemessen wird. Ganz allgemein sind Einbringungen nach dem System des österreichischen UmgrStG vom Grundsatz der Verdoppelung der stillen Reserven getragen.294 Diese Verdoppelung 293 § 10 Abs. 2 KStG. 294 Durch den Ansatz der Buchwerte gem. § 16 Abs. 1 UmgrStG wird die Gewinnrealisierung beim Einbringenden unterdrückt und die Steuerneutralität des Vorganges bewirkt. § 18 Abs. 1 Z 1 UmgrStG stellt sodann die weitere Steuerverstrickung der stillen Reserven des übertragenen Vermögens beim Rechtsnachfolger sicher, indem dieser die Werte des Einbringenden fortzuführen hat. Da der Buchwert des eingebrachten Vermögens nach § 20 Abs. 2 Z 1 UmgrStG zudem als Anschaffungskosten für die als Gegenleistung gewährten Anteile gilt, werden die stillen Reserven des übertragenen Vermögens auch in den Anteilen an der übernehmenden Kapitalgesellschaft gespiegelt. Es kommt zur Verdoppelung der stillen Reserven. Die Verdoppelung der stillen Reserven
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der stillen Reserven ist auch systematisch notwendig, was sich anschaulich am Beispiel einer Einbringung von Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers in einem reinen Inlandsfall aufzeigen lässt: Bringt eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person im Inland steuerhängiges Betriebsvermögen i.S.d. § 12 UmgrStG in eine inländische Körperschaft gegen die Gewährung von Anteilen ein, wird die bis zur Einbringung voll zum progressiven Einkommensteuertarif (bis zu 55 %) steuerverfangene stille Reserve des eingebrachten Vermögens einbringungsbedingt auf zwei Besteuerungsebenen aufgeteilt; auf die Ebene der übernehmenden Körperschaft zum 25%igen KöSt-Satz und die Gegenleistungsebene zum linearen ESt-Satz i.H.v. 27,5 %. Wäre es nun möglich, die Gegenleistungsanteile steuerneutral mit dem gemeinen Wert anzusetzen, könnte der Einbringende seinen Betrieb ohne Ertragsteuerbelastung einbringen, die erhaltenen Anteile sogleich steuerfrei veräußern, während die stillen Reserven auf Gesellschaftsebene beim Rechtsnachfolger nur noch zum reduzierten KöSt-Satz steuerverfangen wären.295 Mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit, verbunden mit der grundsätzlichen Gewinnqualität von stillen Reserven wäre dies nicht vereinbar. Mehr noch: Die Verdoppelung der stillen Reserven sichert die Einfachbesteuerung in diesen Fällen erst ab.296 Der Vermeidung von Steuergestaltungen wird weitgehend auch die Anwendung des Grundsatzes der Verdoppelung der stillen Reserven auf Einbringungen zugeschrieben, bei denen Vermögen übertragen wird, das schon vor der Einbringung beim Einbringenden nur dem reduzierten linearen Steuersatz von 25 % oder 27,5 % unterliegt; also bei Einbringungen durch Körperschaftsteuersubjekte oder im Zusammenhang mit der Einbringung von Kapitalanteilen durch natürliche Personen.297 Meines Erachtens kann die Verdoppelung der stillen Reserven aber auch in diesen Fällen als konsequenter Ausfluss des Subjektsteuerprinzips und der Betritt gleichermaßen ein, wenn im Einklang mit § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG auf eine Anteilsgewähr verzichtet wird. In dem Fall wird schließlich der Wert der Sacheinlage nach § 16 (Buchwert des eingebrachten Vermögens) dem Buchwert oder den Anschaffungskosten der bestehenden Anteile an der übernehmenden Körperschaft zugeschrieben oder von diesen abgeschrieben. 295 Vgl. dazu auch Mayr in Doralt/Ruppe/Kirchmayr/Mayr, Steuerrecht Band I, Rz. 1182. 296 Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 565 ff. 297 Vgl. Mair, Grenzüberschreitende Einbringungen, 2016, S. 340.
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steuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit im Zusammenspiel mit der einbringungsbedingten Entstehung einer weiteren Besteuerungsebene verstanden werden. Denn der Einbringende erhält, im Unterschied zu unentgeltlichen Vermögensübertragungen, eine Gegenleistung. Seine Leistungsfähigkeit wird daher keinesfalls gemindert, was wiederum die steuerneutrale Bewertung mit dem gemeinen Wert suggerieren würde. Die entgeltliche (!) Übertragung von stillen Reserven auf eine andere Person ohne entsprechende spätere Realisationsmöglichkeit beim bestehenbleibenden Übertragenden, (mit anderen Worten beim Einbringenden) widerspräche den Grundsätzen des österreichischen Ertragsteuerrechts. Durch die Übertragung der stillen Reserven auf die Gegenleistungsanteile wird bewirkt, dass der Gewinn aus der späteren Veräußerung der Anteile gleich hoch ist wie der Gewinn aus der Veräußerung des Einbringungsvermögens und bei der Einbringung durch natürliche Personen unter Einbeziehung der Gesellschaftsebene im Interesse einer Totalgewinnerfassung abstrakt auch gleich hoch besteuert werden kann. Im Einbringungszeitpunkt ist die Buchwertfortführung auf beiden Ebenen daher systematisch konsequent.298 Verknüpft man dieses Mehrebenensystem mit einem weiteren Bauprinzip des UmgrStG, nämlich dem Grundsatz der weiteren Steuerhängigkeit als Voraussetzung für die Buchwertfortführung, stellt sich bei grenzüberschreitenden Einbringungen naturgemäß die Frage, auf welcher der beiden Besteuerungsebenen die weitere Steuerhängigkeit des Vermögens sicherzustellen ist, um insgesamt von der Steuerneutralität profitieren zu können. Im Lichte der Ausführungen zur Verdoppelung der stillen Reserven liegt es geradezu auf der Hand, die Buchwertfortführung konzeptionell immer dann zu versagen, wenn entweder eine Entstrickung des übertragenen Vermögens bei der übernehmenden Körperschaft eintritt oder das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Gegenleistungsanteile beschränkt ist. Bemerkenswerterweise ist der Gesetzgeber diesen Schritt erst relativ spät gegangen. Noch in der Stammversion des UmgrStG299 und auch zuvor im Anwendungsbereich des StruktVG300 wurde die Steuerneutralität einzig von der Steuerverstrickung der Gegenleistungsanteile abhängig gemacht. Die weitere Steuerhängigkeit des
298 Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 569 f. 299 BGBl. 699/1991. 300 In § 8 Abs. 2 StruktVG.
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übertragenen Vermögens war irrelevant.301 Beginnend mit dem AbgÄG 2004 wurde allerdings auch das Einbringungsvermögen ins Visier genommen und § 16 UmgrStG um einen Entstrickungstatbestand für einbringungsbedingt „wegziehendes“ Vermögen ergänzt. Dieser erfasst nunmehr sämtliche Arten der einbringungsbedingten „Entsteuerung“ von in Österreich bis zur Einbringung entstandenem Steuersubstrat im übertragenen Vermögen und verknüpft dieses Verstrickungserfordernis mit der Steuerhängigkeit auf Gegenleistungsebene.302 Aus unionsrechtlichen Gründen wird das Erfordernis der doppelten Steuerhängigkeit bei Einbringungen mit grenzüberschreitendem Bezug jedoch insoweit zurückgenommen, als bei Fehlen eines Besteuerungsrechts an der Gegenleistung im Verhältnis zu EU/EWR-Staaten nur das übertragene Vermögen der Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der weiteren Steuerhängigkeit als Voraussetzung für die Buchwerteinbringung ist.303 Eine Einbringung kann infolgedessen nur insoweit zu Buchwerten stattfinden, als „das Besteuerungsrecht der Republik Österreich“ „im Rahmen der Einbringung“ nicht eingeschränkt wird.304 Führt die Einbringung zu ei301 Für viele Hügel, Verstrickung und Entstrickung stiller Reserven bei internationalen Einbringungen, ÖStZ 1996, 74 (79); Staringer in Wiesner/Hirschler/ Mayr, Handbuch der Umgründungen, Q2 Rz. 55 f. (1. Lfg. 2002). 302 Für einen historischen Überblick über die Entwicklung der Entstrickungstatbestände des § 16 Abs. 1 und 2 UmgrStG s. Mair, Grenzüberschreitende Einbringungen, S. 240 ff. m.w.N.; zu den jüngsten Änderungen durch das SteuerreformG 2020 (BGBl. I Nr. 103/2019; 984/A XXVI. GP – Initiativantrag, S. 36 und 35 ff.) etwa Knesl/Knesl, Ausgewählte Änderungen im Körperschaftsteuerrecht und bei Umgründungen durch das StRefG 2020, ÖStZ 2019, 526 (534 ff.); Schlager/Titz/Wild, Umgründungen im Steuerreformgesetz I 2019/20, RWZ 2019, 198 (198 ff.). 303 § 16 Abs. 2 Z 1 i.V.m. Abs. 1 UmgrStG. 304 Diese „Einschränkungsprüfung“ hat dabei anhand einer Gesamtbetrachtung angestellt zu werden. Das vor der Einbringung bestehende Besteuerungsrecht am Einbringungsvermögen dem Grunde und der Höhe nach ist abstrakt mit den nach der Einbringung bestehenden Besteuerungsrechten am Einbringungsvermögen und an den Gegenleistungsanteilen zu vergleichen. In einem ersten Schritt gilt es daher zu prüfen, ob das am Einbringungsvermögen vor der Einbringung bestehende Besteuerungsrecht nach der Einbringung dem Grunde wie der Höhe nach fortbesteht (für Beispiele s. Furherr in Kofler, § 16 UmgrStG Rz. 44; weiters UmgrStR 2002, Rz. 856 ff.). Von einer Einschränkung des Besteuerungsrechts ist infolgedessen auch dann auszugehen, wenn Österreich das Einbringungsvermögen nach der Einbringung abstrakt deshalb nicht mehr im selben Ausmaß wie vor der Einbringung besteuern kann, weil der nach der Einbringung auf das Einbringungsvermögen anzuwendende
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ner Einschränkung des Besteuerungsrechts, hat der Einbringende die betroffenen Vermögensteile mit dem Fremdvergleichswert anzusetzen. Die auf die entstrickten stillen Reserven entfallende Steuerschuld kann jedoch im Verhältnis zu EU/EWR-Staaten in Raten entrichtet,305 oder seit dem SteuerreformG 2020 ausnahmsweise bei der Einbringung durch natürliche Personen mittels Nichtfestsetzung bis zur tatsächlichen Realisation überhaupt von einer Einhebung verschont werden.306 Gleichwohl wird die Einbringung als Auslöser für die Besteuerung herangezogen und die Steuerschuld entsteht im Veranlagungszeitraum der Einbringung. Soweit das übertragene Vermögen Kapitalanteile betrifft, steht eine solche Besteuerung in einem Spannungsverhältnis zu Art. 8 FusionsRL. Immerhin darf nach Art. 8 Abs. 1 FusionsRL der Anteilstausch „für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns dieses Gesellschafters ausSteuersatz niedriger ist als vor der Einbringung. Diesfalls gilt es in einem zweiten Schritt zu klären, ob ein österreichisches Besteuerungsrecht an der Gegenleistung besteht, das strukturell geeignet ist, das eingeschränkte Besteuerungsrecht am Einbringungsvermögen zu kompensieren. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der Wegfall des „vollen“ Besteuerungsrechts am Einbringungsvermögen im Rahmen des progressiven ESt-Regimes durch das auf zwei Ebenen aufgeteilte Besteuerungsrecht – 25 % KöSt bei der übernehmenden Körperschaft und 27,5 % auf Gegenleistungsebene – ersetzt wird. Soweit daher das Einbringungsvermögen i.S.d. § 12 Abs. 2 Z 1 und 2 UmgrStG (Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile) vor der Einbringung dem progressiven ESt-Tarif unterlegen ist, führt eine Einbringung immer dann zur Einschränkung des Besteuerungsrechts i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG, wenn nach der Einbringung zwar ein auf 25 % KöSt reduziertes Besteuerungsrecht am Einbringungsvermögen bei der übernehmenden Körperschaft vorhanden ist, es aber zugleich aufgrund des Auslandsbezugs generell an einer Möglichkeit zur Besteuerung der Gegenleistungsanteile fehlt. Als Paradefall für diese „teilweise Einschränkung des Besteuerungsrechts“ gilt die Einbringung von steuerhängigem Betriebsvermögen oder inländischen Mitunternehmeranteilen durch im Ausland ansässige natürliche Personen, bei denen hinsichtlich der Gegenleistung aufgrund des Auslandsbezugs kein abstraktes Besteuerungsrecht der Republik Österreich besteht. In allen anderen Fällen bezieht sich die Einschränkungsprüfung des § 16 Abs. 1 Satz 2 UmgrStG nach wie vor nur auf das Einbringungsvermögen und dessen qualitativ unveränderte Steuerhängigkeit bei der übernehmenden Körperschaft im Inland. 305 § 16 Abs. 1 UmgrStG i.V.m. § 6 Z 6 lit. c bis e EStG. 306 Konkret im Zusammenhang mit der Einbringung von Kapitalanteilen durch natürliche Personen gem. § 16 Abs. 1a TS 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 und Abs. 1a UmgrStG i.d.F. SteuerreformG 2020 (BGBl. I Nr. 103/2019) anwendbar auf Einbringungen, die nach dem 31.12.2019 beschlossen oder vertraglich unterfertig werden (Z 35).
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lösen“. Lediglich der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der erworbenen Anteile darf in gleicher Weise besteuert werden wie der Gewinn aus einer Veräußerung der vor dem Erwerb vorhandenen Anteile, mithin der eingebrachten Anteile.307 Vor diesem Hintergrund sieht daher § 16 Abs. 1a UmgrStG für die Einbringung von Kapitalanteilen durch Körperschaftsteuersubjekte308 ein alternatives Besteuerungskonzept vor.
b) Buchwerteinbringung trotz Einschränkung des Besteuerungsrechts Für die Einbringung von Kapitalanteilen i.S.d. § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG in Gesellschaften, die in einem EU- oder EWR-Staat ansässig sind, sieht § 16 Abs. 1a UmgrStG eine Ausnahme von Abs. 1 einschließlich der darin enthaltenen Entstrickungsbesteuerung vor. Sofern dem Einbringenden eine Gegenleistung gewährt wird, bleibt es unabhängig vom Vorliegen einer Beschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich hinsichtlich der übertragenen Kapitalanteile bei der Buchwerteinbringung (TS 1). Genau diese Steuerneutralität der Einbringung von Kapitalanteilen durch Körperschaftsteuersubjekte hat jedoch in der Vergangenheit, verbunden mit dem auf die Gegenleistungsanteile anwendbaren internationalen Schachtelprivileg gem. § 10 KStG, zu missbräuchlichen Gestaltungen geführt. Über den Weg der steuerneutralen Einbringung von bislang im Inland steuerverstrickten Kapitalanteilen (insbesondere Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften) in eine ausländische 307 Art. 8 Abs. 6 FusionsRL. 308 Für natürliche Personen als Einbringende wurde aufgrund der EuGH-Entscheidung in der Rs. Jacob und Lassus (EuGH 22.3.2018 – C-327/16 und C421/16, Marc Jacob und Marc Lassus, ECLI:EU:C:2018:210) mit dem SteuerreformG 2020 ein Aufschub der Steuererhebung durch Nichtfestsetzung der Steuerschuld bis zur tatsächlichen Realisation der Gegenleistungsanteile durch den Einbringenden eingeführt (§ 16 Abs. 1a TS 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 und 1a UmgrStG). Gleichzeitig wurde im Einklang mit den Forderungen des EuGH eine Möglichkeit zur Berücksichtigung von nachträglichen Wertminderungen geschaffen. Zu einer Festsetzung der einbringungsbedingt entstandenen Steuerschuld kommt es nach § 17 Abs. 1a UmgrStG nur im Fall der tatsächlichen Veräußerung, des sonstigen Ausscheidens oder des steuerneutralen Untergangs der Gegenleistungsanteile. Zwischenzeitlich eingetretene Wertminderungen können unter sinngemäßer Anwendung von § 27a Abs. 3 Z 1 lit. b letzter Satz EStG im Ausmaß der Bemessungsgrundlage zum Einbringungsstichtag berücksichtigt werden, sofern diese nicht bereits im Ausland verwertet wurden. Diese Regelung bezieht sich jedoch nicht auf die Einbringung durch Körperschaften.
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übernehmende Körperschaft war es möglich, die stillen Reserven im Anschluss an die Einbringung steuerfrei zu veräußern und den dabei lukrierten Veräußerungsgewinn ebenso steuerfrei als Dividende an die einbringende Körperschaft auszuschütten. Möglich war dies im Verhältnis zu solchen Staaten, die die Veräußerungsgewinne deshalb nicht besteuerten, weil sie infolge des erstmaligen Eintritts in die nationale Besteuerungshoheit einen steuerneutralen Step-up auf den gemeinen Wert (Neubewertung) gewährten oder Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen generell von der Körperschaftsteuer befreiten (allgemeine Beteiligungsneutralität). In Österreich war eine Besteuerung dieses Veräußerungsgewinnes ebenso ausgeschlossen, wenn mit dem betreffenden Staat der veräußernden Kapitalgesellschaft ein OECD-MA konformes DBA bestand, das, nach Maßgabe von Art. 13 Abs. 5, dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers (der übernehmenden ausländischen Kapitalgesellschaft) das alleinige Besteuerungsrecht zugewiesen hat. Die Ausschüttung der „Veräußerungsgewinne“ war über die Dividendenbefreiung des § 10 KStG (im Einklang mit den Vorgaben der Mutter-Tochter-RL) von der inländischen Körperschaftsteuer zu befreien. Auf diese Weise konnte die bei direkter Veräußerung der Kapitalanteile – also ohne Zwischenschaltung einer grenzüberschreitenden Einbringung – sonst anfallende Gewinnbesteuerung vermieden werden. Zwar waren die stillen Reserven über den Buchwertansatz i.V.m. § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG bei der einbringenden österreichischen Körperschaft formal weiterhin steuerhängig,309 infolge der Ausschüttung waren sie jedoch de facto nicht mehr in der Beteiligung vorhanden und konnten daher auch nicht mehr realisiert werden. Insbesondere dann nicht, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft bloß als Veräußerungsvehikel gedient hat.310 Dass derartige Gestaltungen auch im Anwendungsbereich der FusionsRL nicht hingenommen werden müssen, sondern als missbräuchlich
309 § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG nimmt im Falle des einbringungsbedingten Entstehens oder Erweiterns einer internationalen Schachtelbeteiligung i.S.d. § 10 Abs. 2 KStG beim Einbringenden den Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und höherem Teilwert im Zeitpunkt der Einbringung von der Befreiung des § 10 Abs. 3 KStG aus. Die bis zur Einbringung entstandene stille Reserve wird dadurch auf Gegenleistungsebene weiterhin steuerhängig gehalten. 310 Vgl. dazu auch die ErlRV zum AbgÄG 2005, 1187 der BlgNR XXII. GP, S. 16 f.; weiters Hohenwarter, Internationale Einbringungen nach dem AbgÄG 2005 – Teil 1: Der Anwendungsbereich von § 16 UmgrStG, RdW 2006, 596 (598 f.) m.w.N.
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eingestuft werden können, zeigt die Rs Kofoed.311 Auch in Österreich hat man diese Fälle zunächst über die allgemeine Missbrauchsregelung des § 22 BAO i.V.m. § 44 UmgrStG einzufangen versucht.312 Mit dem AbgÄG 2005 hat sich der Gesetzgeber jedoch im Sinne der Rechtssicherheit für eine spezialgesetzliche Missbrauchsregelung in TS 2 von § 16 Abs. 1a UmgrStG entschieden.313 Bei der Umsetzung dieser Norm ist er jedoch – zumindest ihrem bloßen Wortlaut nach – über das Ziel hinausgeschossen.
c) Pauschale Missbrauchsregelung vs. richtlinienkonforme Anwendung von § 16 Abs. 1a TS 2 öUmgrStG Entsteht als Folge der Einbringung beim Einbringenden eine internationale Schachtelbeteiligung gem. § 10 Abs. 2 KStG an der übernehmenden Körperschaft oder wird ihr Ausmaß durch Zurechnung zur bestehenden Beteiligung erweitert, sieht § 16 Abs. 1a TS 2 Satz 1 UmgrStG einen zusätzlichen Besteuerungstatbestand hinsichtlich der im eingebrachten Kapitalanteil enthaltenen stillen Reserven (definiert als Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem gemeinem Wert zum Einbringungsstichtag) vor. Dieser Tatbestand wird allerdings nur dann schlagend, wenn die eingebrachten Kapitalanteile von der übernehmenden Gesellschaft „in weiterer Folge“ veräußert werden oder sonst aus ihrem Betriebsvermögen ausscheiden. Im Ergebnis normiert § 16 Abs. 1a TS 2 311 EuGH v. 5.7.2007 – C-321/05, ECLI:EU:C:2007:408 – Kofoed, im Hinblick auf die zeitnahe Kombination eines steuerneutralen Anteilstausches mit einer Veräußerung der eingebrachten Anteile und einer anschließenden (DBA-)befreiten Ausschüttung; allgemein auch EuGH v. 26.2.2019 – C-116/ 16 und C-117/16, ECLI:EU:C:2019:135 – T Danmark und Y Danmark Aps. 312 BMF v. 27.11.2002 – EAS 2165, SWI 2003, 51. Darin wird die grenzüberschreitende Down-Stream-Einbringung in eine Tochtergesellschaft mit nachfolgendem (im Ausland steuerfreien) Verkauf der Beteiligung an Dritte und daran anschließender Ausschüttung des Veräußerungserlöses an die österreichische Muttergesellschaft als missbräuchlich eingestuft, weil im Ergebnis eine inländische Beteiligung mit Gewinn veräußert werde und solcherart im Lichte von § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG ein nicht intendierter Besteuerungsaufschub von wesentlichem wirtschaftlichem Gewicht erreicht würde. Vgl. auch BMF v. 27.12.2004 – EAS 2528, SWI 2005, 107 im Zusammenhang mit der Zwischenschaltung einer ausländischen Zwischenholding zur Ermöglichung einer steuerneutralen Übertragung einer Inlandsbeteiligung im Rahmen einer verschmelzenden Umwandlung zum anschließenden steuerfreien Verkauf im Ausland und Vollausschüttung an die österreichische Muttergesellschaft. 313 BGBl. I Nr. 161/2005.
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UmgrStG daher eine nachgelagerte Entstrickungsbesteuerung oder Entstrickungsbesteuerung ex nunc.314 Die Steuerschuld entsteht erst im Zeitpunkt der späteren Veräußerung oder des sonstigen Ausscheidens; dies jedoch beim Einbringenden. Zwischen dem Einbringungsstichtag und der Veräußerung (dem Ausscheiden) eingetretene Wertminderungen können im Ausmaß der stillen Reserven zum Einbringungsstichtag berücksichtigt werden.315 Darüber hinaus wird diese Form der aufgeschobenen Besteuerung in dem Maße zurückgenommen, als die als Gegenleistung gewährten Anteile an der übernehmenden Körperschaft vom Einbringenden noch vor dem Entstehen der Abgabenschuld infolge der Realisation des Einbringungsvermögens „entgeltlich“ übertragen werden.316 Vergleichbare Regelungen wie § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG, die bei einer „nachfolgenden“ Veräußerung der eingebrachten Anteile zur (rückwirkenden) Versagung der Steuerneutralität auf Ebene der einbringenden Gesellschaft führen, sind auch anderen Rechtsordnungen innerhalb der EU nicht fremd. Ein Blick nach Deutschland auf § 22 Abs. 2 UmwStG genügt dafür. Zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen stützen sich die Mitgliedstaaten regelmäßig auf Art. 15 Abs. 1 lit. a FusionsRL.317 Nun wird man 314 Zur Bezeichnung als Entstrickungsbesteuerung ex nunc vgl. etwa Mair/ Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 16 Überschrift 6.2 (16. Lfg. 2017). 315 Sofern sie nicht bereits im Ausland berücksichtigt wurden. 316 Veräußert der Einbringende die Anteile an der übernehmenden Körperschaft bevor das eingebrachte Vermögen realisiert wird, greift § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG und die dort normierte Ausnahme von der Steuerfreiheit der stillen Reserven. § 16 Abs. 1a TS 2 letzter Satz UmgrStG unterdrückt sodann die nochmalige Erfassung anlässlich der Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Kapitalgesellschaft. Spiegelbildlich dazu normiert § 20 Abs. 7 Z 1 Satz 2 UmgrStG, dass die Ausnahme von der Steuerneutralität nach § 20 Abs. 7 Z 1 Satz 1 UmgrStG im Hinblick auf die stillen Reserven der eingebrachten Kapitalanteile für den Fall des Entstehens einer Steuerschuld nach § 16 Abs. 1a UmgrStG nicht gilt. Auf diese Weise wird wechselseitig sichergestellt, dass es auf Ebene der einbringenden Körperschaft nicht zur doppelten Erfassung ein und derselben stillen Reserven kommt. 317 Im Lichte der allgemeinen Missbrauchsregelung des Art. 15 Abs. 1 lit. a FusionsRL können die Mitgliedstaaten die Anwendung der Begünstigungen der Richtlinie ganz oder teilweise versagen oder rückgängig machen, wenn der Anteilstausch „als hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung hat.“ Vom Vorliegen eines solchen Beweggrundes kann ausgegangen werden, „wenn der Vorgang nicht auf vernünftigen wirtschaftlichen Gründen – insbesondere der
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zwar im Sinne der FusionsRL von einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Begünstigungen der Richtlinie ausgehen können, wenn sich aus dem Gesamtplan des Einbringenden erkennen lässt, dass die Einbringung hauptsächlich im Hinblick auf eine spätere Veräußerung der eingebrachten Anteile erfolgt und die Vorgänge insgesamt der Steuerersparnis dienen, mit anderen Worten ein an sich nach innerstaatlichem Recht steuerbelasteter Vorgang „internationalisiert“ wird, um mit Hilfe der Begünstigungen der FusionsRL die Besteuerung zu vermeiden.318 Nur muss die Missbrauchsklausel nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH so in das nationale Recht umgesetzt werden, dass sie eine Einzelfallbetrachtung ermöglicht. Generelle Missbrauchsvermutungen für typisierende Fallgruppen sind somit nur dann zulässig, wenn sie im Einzelfall einen Gegenbeweis ermöglichen; die Missbrauchsvermutung also wiederlegbar ist.319 Genau dies scheint im Hinblick auf § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG auf den ersten Blick aber nicht möglich zu sein. Außerdem sind die Tatbestandsmerkmale der Bestimmung dem bloßen Wortlaut nach nicht unbedingt auf jene Fälle zugeschnitten, in denen die Missbrauchsgefahr auch „am wahrscheinlichsten“ ist. Sobald die 10 %-Grenze für das Vorliegen einer internationalen Schachtelbeteiligung überschritten ist, kommt die Bestimmung unabhängig von der Höhe der Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft zur Anwendung und kann daher auch dann greifen, wenn die einbringende Gesellschaft keinen maßgeblichen Einfluss Umstrukturierung oder der Rationalisierung der beteiligten Gesellschaften – beruht“, wobei das bloße Streben nach einem rein steuerlichen Vorteil nach der Rechtsprechung des EuGH nicht als vernünftiger wirtschaftlicher Grund gilt. Vgl. z.B. EuGH v. 17.7.1997 – C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369 – LeurBloem, Rz. 50 ff.; EuGH v. 10.11.2011 – C-126/10, ECLI:EU:C:2011:718 – Foggia, Rz. 34 ff. 318 In diesem Sinne geht auch aus dem Ratsprotokoll Nr. 9a zur FusionsRL hervor, dass eine Weiterveräußerung der eingebrachten Anteile „in rascher Zeitfolge“ als Missbrauch i.S.d. Art. 11 FusionsRL (nunmehr Art. 15 FusionsRL) gelten solle. Vgl. Wassermeyer, DStR 1992, 57 (61); Tumpel, Harmonisierung der direkten Unternehmensbesteuerung in der EU, 1994, S. 200; Züger, Missbrauch im europäischen Unternehmenssteuerrecht, in Gassner/Lang (Hrsg.), Besteuerung und Bilanzierung international tätiger Unternehmen, 1998, S. 549 (566) m.w.N. 319 Vgl. EuGH v. 10.11.2011 – C-126/10, ECLI:EU:C:2011:718 – Foggia, Rz. 37; EuGH v. 8.3.2017 – C-14/16, ECLI:EU:C:2017:177 – Euro Park Services, Rz. 54 ff.; in diesem Sinne bereits EuGH v. 17.7.1997 – C-28/95, ECLI:EU:C: 1997:369 – Leur-Bloem, Rz. 41 ff.
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auf deren Entscheidungen hat (z.B. auf die Veräußerung der eingebrachten Anteile). Zudem wird auch nicht auf die Höhe der Besteuerung anlässlich der Veräußerung der eingebrachten Anteile abgestellt. Gerade diese Umstände stellen jedoch, in Verbindung mit einer Veräußerung relativ kurz nach der Einbringung, Indizien für eine erhöhte Missbrauchsgefahr dar. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, würde § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG eine pauschale Missbrauchsregelung darstellen, die dem sekundären Unionsrecht widerspräche.320 Genau aus diesem Grund soll die nachgelagerte Entstrickungsbesteuerung i.S.d. § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG nach der im Vordringen befindlichen Meinung nur dann einsetzen, wenn dies zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen tatsächlich notwendig ist.321 Dazu wird das Tatbestandsmerkmal der Veräußerung oder des Ausscheidens „in weiterer Folge“ richtlinienkonform nicht nur rein zeitlich verstanden,322 sondern auch vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der Bestimmung gewürdigt.323 In zeitlicher Hinsicht soll eine Realisierung der eingebrach320 So bereits Hohenwarter, Internationale Einbringungen nach dem AbgÄG 2005 – Teil 2: DBA- und Gemeinschaftsrechtliche Betrachtung, RdW 2006, 725 (731 f.). 321 Die Möglichkeit der richtlinienkonformen Interpretation bejahend Mair/ Mayr in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 16 Rz. 75; weiters Mair, Grenzüberschreitende Einbringungen, S. 331 f. m.w.N.; vgl. auch Furherr in Kofler UmgrStG, § 16 Rz. 63. 322 Würde man das Merkmal „in weiterer Folge“ rein zeitlich auslegen, müsste letztlich jede zeitlich nach der Einbringung erfolgende Realisierung zur Besteuerung nach § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG führen. Solcherart läge aber jedenfalls eine den Anforderungen der FusionsRL widersprechende pauschale Missbrauchsvorschrift vor. 323 Die auslegungsbedürftige Formulierung „in weiterer Folge“ soll dafür nach einem Teil des Schrifttums „flexibel“ genug sein. So Mayr, Exporteinbringung, Missbrauch und Fusionsrichtlinie, in Blasina/Kirchmayr-Schliesselberger/ Knörzer/Mayr/Unger (Hrsg.), Die Bedeutung der BAO im Rechtssystem – FS Tanzer, 2014, S. 171 (178 f.); zustimmend Mair, Grenzüberschreitende Einbringungen, S. 331 f. Ob das tatsächlich der Fall ist, mag durchaus kritisch gesehen werden. Die methodische Grenze der richtlinienkonformen Interpretation liegt nach h.A. jedenfalls dort, wo nach nationalem Recht kein Beurteilungsspielraum mehr besteht; also die grammatikalische Interpretation einschließlich logisch-systematischer Überlegungen und die historisch-teleologische Auslegung zu einem der Richtlinie widersprechenden Ergebnis führen. Fraglich ist im gegebenen Zusammenhang daher in erster Linie, ob dieser Beurteilungsspielraum nach nationalem Recht im Falle von § 16 Abs. 1a UmgrStG tatsächlich vollständig ausgeschöpft ist. Immerhin ist § 16 Abs. 1a
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ten Anteile zehn oder mehr Jahre nach der Einbringung jedenfalls keine Besteuerung mehr auslösen. Bei Veräußerungen innerhalb dieses Zeitraumes soll das Entstehen der Steuerschuld von einer Einzelfallbetrachtung abhängen, bei der das Vorliegen vernünftiger wirtschaftlicher Gründe für die Einbringung, die Höhe des Beteiligungsausmaßes der einbringenden Körperschaft an der übernehmenden Körperschaft, die Einflussmöglichkeiten der einbringenden Körperschaft auf die Ausschüttung des Veräußerungsgewinnes sowie die zeitliche Nähe zwischen Einbringung und Veräußerung zu berücksichtigen sind.324 Nicht zufällig entsprechen diese Kriterien im Großen und Ganzen genau jenen Voraussetzungen, die der EuGH an nationale Missbrauchsnormen stellt, um sie mit Art. 15 Abs. 1 lit. a FusionsRL vereinbar zu erachten.325 Der entsprechende Kriterienkatalog ist mittlerweile Bestandteil der UmgrStR des BMF.326 Verneint man hingegen die dargestellte Möglichkeit einer richtlinienkonformen Anwendung von § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG, ist die Regelung infolge des Anwendungsvorranges des Unionrechts insoweit verdrängt. Im Anwendungsbereich der FusionsRL darf sie daher nicht angewendet werUmgrStG nach dem Willen des Gesetzgebers vor dem Hintergrund von Art. 8 FusionsRL und zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen zu sehen. Damit bestünde zumindest ein denkbarer Anhaltspunkt für ein teleologisch reduziertes Verständnis dieser Bestimmung, zumal „Auslegung“ im unionsrechtlichen Sinn nicht nur die Rechtsauslegung i.e.S. bedeutet. Vgl. Ehrke-Rabel, Steuerrechtsauslegung im Spannungsfeld zwischen unionsrechtlichen Vorgaben und nationalen Normen, in Schön/Röder (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts II, 2014, S. 39 (46) m.w.N. 324 UmgrStR 2002, Rz. 860h. Nach Mayr/Petrag/Titz ist aus diesem Kriterienkatalog abzuleiten, dass Einbringungen umso „verdächtiger“ sind (und damit umso eher unter die Bestimmung des § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG fallen), je höher das Beteiligungsausmaß, je größer die Einflussmöglichkeiten der einbringenden Körperschaft und je kürzer die Zeitspanne zwischen Einbringung und Veräußerung ist. Dennoch bedeutet das Vorliegen von (starken) Verdachtsmomenten nicht zwangsläufig, dass sich der Verdacht erhärten muss. Entscheidend sei letztlich immer das Gesamtbild der Umstände im konkreten Einzelfall. Mayr/Petrag/Titz, Grenzüberschreitende Einbringungen im Lichte des UmgrStR-Wartungserlasses 2013, RdW 2013, 762 (765); weiters Mayr in Blasina/Kirchmayr-Schliesselberger/Knörzer/Mayr/Unger (Hrsg.), FS Tanzer, 2014, S. 178 f. 325 EuGH v. 17.7.1997 – C-28/95, ECLI:EU:C:1997:369 – Leur-Bloem, Rz. 36 ff.; EuGH v. 10.11.2011 – C-126/10, ECLI:EU:C:2011:718 – Foggia, Rz. 33 ff.; EuGH v. 5.7.2007 – C-321/05, ECLI:EU:C:2007:408 – Kofoed, Rz. 36 ff.; EuGH v. 16.7.2009 – C-352/08, ECLI:EU:C:2010:282 – Zwijnenburg, Rz. 42 ff. 326 UmgrStR 2002, Rz. 860h.
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den. Dies dürfte unbestritten sein. Unklar sind jedoch die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Anwendbarkeit der allgemeinen Missbrauchsregelung des § 22 BAO i.V.m. § 44 UmgrStG. So wurden Fälle der Einbringung von Kapitalanteilen mit anschließender Veräußerung vor Inkrafttreten der Regelung des § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG im Lichte der allgemeinen Missbrauchsbestimmung gewürdigt. Sobald es aber spezielle Missbrauchsregelungen gibt, hindern diese die Anwendbarkeit von allgemeinen Missbrauchsregelungen. Spezielle Missbrauchsregelungen entfalten, mit anderen Worten, eine Abschirmwirkung. Denn mit der Spezialvorschrift hat der Gesetzgeber einen missbrauchsverdächtigen Bereich als solchen erkannt und gesetzlich abgesteckt. Er hat für diesen Bereich einen Beurteilungsmaßstab festgelegt und sichert damit eine einheitliche Rechtsanwendung ab. Der missbrauchsanfällige Bereich wird damit abschließend konkretisiert.327 Ein Rückgriff auf die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 44 UmgrStG i.V.m. § 22 BAO scheidet aus. Geht man allerdings davon aus, dass § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG aufgrund seiner Richtlinienwidrigkeit verdrängt ist, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit von § 22 BAO in einem anderen Licht dar. Soweit die Spezialregelung des § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG aufgrund des Anwendungsvorranges gar nicht zur Anwendung gelangen kann, ist insoweit – also soweit der Anwendungsvorrang die Anwendung der speziellen Regelung verdrängt – methodisch auch ihre Abschirmwirkung nicht mehr in der Form zu argumentieren. Denn insoweit gibt es keine spezielle Norm mehr. Gleichwohl hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er vergleichbare Fällen als missbrauchsverdächtig ansieht. Im Anwendungsbereich der FusionsRL ist die spezielle Missbrauchsvorschrift des § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG schon durch den Anwendungsvorrang sinnentleert, weshalb auch nicht gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit verstoßen werden kann,328 wenn die allgemeine Missbrauchsvorschrift zur Anwendung gelangen würde. Darüber hinaus sind die Maßstäbe der allgemeinen Missbrauchsvorschrift im konkreten Fall des Anteilstausches weder strenger noch führen sie materiell zu anderen Rechtsfolgen 327 Vgl. Drüen in Tipke/Kruse, Vor § 42 AO Rz. 12 ff. (145. Lfg. 2016) m.w.N.; Gosch, Missbrauchsabwehr im Internationalen Steuerrecht, in Achatz (Hrsg.) Internationales Steuerrecht, DStJG 36 (2013), S. 201 (212); Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 42 AO Rz. 292 (200. Lfg. 2008); BFH v. 18.12.2003 – I R 25/12. 328 Zum Gebot der Widerspruchsfreiheit beispielsweise Drüen in Tipke/Kruse, § 42 AO Rz. 20b; im Kontext von § 22 UmwStG Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 10 m.w.N.
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als die Spezialregelung. Ein Nebeneinander von spezieller und allgemeiner Missbrauchsvorschrift ist in dieser Konstellation also streng genommen gar nicht gegeben. Es kann nur die allgemeine Missbrauchsregelung zur Anwendung gelangen. Und die Anwendung dieser allgemeinen Missbrauchsnorm führt letzten Endes zu einem Ergebnis, das der richtlinienkonformen und insoweit reduzierten Anwendung von § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG gleichkommt.
d) Vergleich zur deutschen Rechtslage Der deutsche Gesetzgeber ist zur Lösung des § 16 Abs. 1a UmgrStG zugrundliegenden Problems mit der Sperrfristenregelung des § 22 Abs. 2 UmwStG zwar im Detail einen anderen Weg gegangen, gewisse Parallelen sind dennoch unverkennbar: So wie in § 16 Abs. 1a UmgrStG löst auch nach § 22 Abs. 2 UmwStG die spätere Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Körperschaft die Besteuerung beim Einbringenden aus. Maximale Bemessungsgrundlage ist da wie dort der Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile die Anschaffungskosten oder den Buchwert zum Einbringungsstichtag überstiegen hat. Die Bemessungsgrundlage ist somit in beiden Fällen mit den stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen beschränkt. Auf eine Besteuerung dieser stillen Reserven wird ebenso verzichtet, wenn die Gegenleistungsanteile oder die erhaltenen Anteile durch den Einbringenden zuerst veräußert werden. Und eine doppelte Erfassung der stillen Reserven auf Ebene des einbringenden Steuersubjekts wird desgleichen in beiden Rechtsordnungen vermieden. Im Unterschied zur deutschen Regelung kennt die österreichische Regelung allerdings weder eine fix vorgegebene Sperrfrist von sieben Jahren noch sieht sie eine Verringerung des Einbringungsgewinnes durch Zeitablauf vor. Ein lineares Abschmelzen von 1/7 pro Jahr, das seit der Einbringung (Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums) vergangen ist, ist der Regelung des § 16 Abs. 1a UmgrStG fremd. Allerdings können im Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1a UmgrStG nachträgliche, d.h. nach dem Einbringungsstichtag eingetretene, Wertminderungen berücksichtigt werden.329 Im Unterschied zur deutschen Regelung sieht die österreichische Regelung auch keine rückwirkende Besteuerung der Einbringung vor, sondern der „Einbringungsgewinn“ wird erst im Zeitpunkt der Ver329 Eingeschränkt auf Wertminderungen, die nicht bereits im Ausland berücksichtigt wurden.
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äußerung durch die übernehmende Körperschaft realisiert; von der Belastungswirkung her freilich gleichlaufend mit der Besteuerung der Einbringung selbst. Noch weniger als die österreichische Regelung stellt § 22 Abs. 2 UmwStG auf eine missbräuchliche Absicht der Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die übernehmende Körperschaft ab. Innerhalb der Sperrfrist führt die Veräußerung zur rückwirkenden Besteuerung; unabhängig davon, ob dafür vernünftige wirtschaftliche Gründe vorliegen oder nicht. Die vom Gesetz in der nachlaufenden Veräußerung aufgestellte Missbrauchsvermutung ist unwiderlegbar. Aus diesem Grund wird auch für Deutschland die Richtlinienkonformität dieser Regelung nahezu einhellig bezweifelt.330 Im Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie wird die Regelung daher als verdrängt anzusehen sein, was wiederum – ähnlich wie dies soeben für das Verhältnis zwischen § 16 Abs. 1a TS 2 UmgrStG und § 22 BAO argumentiert wurde – die Frage nach der Anwendbarkeit von § 42 dAO aufwirft.
2. Missbrauchsabwehr durch allgemeine Anti-Missbrauchsregelungen: die doppelte Anknüpfung von § 44 öUmgrStG an § 22 öBAO und Art. 15 FusionsRL Im Unterschied zum deutschen UmwStG verfügt das österreichische UmgrStG neben § 16 Abs. 1a UmgrStG und anderen speziellen Regelungen zur Vermeidung von unerwünschten Gestaltungen mit § 44 UmgrStG zusätzlich auch über eine allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift im UmgrStG. Die Sinnhaftigkeit dieser Regelung steht allerdings auf einem anderen Blatt. Nach § 44 UmgrStG ist die Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG zu versagen, wenn die Umgründungsmaßnahmen der Umgehung oder Minderung einer Abgabenpflicht i.S.d. § 22 BAO dienen oder wenn die Umgründungsmaßnahmen als hauptsächlichen Beweggrund oder als einen der hauptsächlichen Beweggründe die Steuerhinterziehung oder -umgehung i.S.d. Art. 15 FusionsRL haben.331 330 Für viele Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG UmwStG, § 22 UmwStG Rz. 11; Stangl in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 22 UmwStG Rz. 37; Benecke/Schnitger, Neuregelung des UmwStG und der Entstrickungsnormen durch das SEStEG, IStR 2006, 765 (777); Dötsch/Pung, SEStEG: Die Änderungen des UmwStG (Teil I), DB 2006, 2704 (2707); Drüen, Unternehmensumstrukturierung als Steuerumgehung, DStZ 2006, 538 (542); Graw, Zur Europarechtswidrigkeit des § 22 UmwStG 2006, FR 2009, 837 (838 ff.). 331 Der Verweis auf Art. 15 FusionsRL (zuvor Art. 11 FusionsRL) wurde erst mit dem AbgÄG 2005 in § 44 UmgrStG aufgenommen. BGBl. I Nr. 161/ 2005.
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Diese Vorschrift wird gemeinhin als Ausdruck des Grundsatzes der wirtschaftlichen Begründung von Umgründungen verstanden.332 Abgesehen davon ist ihr konkreter Regelungsgehalt aber höchst unklar. Dies liegt zunächst daran, dass sich § 44 UmgrStG den Inhalt der allgemeinen Missbrauchsvorschrift des § 22 BAO, vergleichbar § 42d AO, zu eigen macht und daher für ihre Sinnerschließung unmittelbar auf die Auslegung von § 22 BAO zurückzugreifen ist.333 Und schon der Inhalt von § 22 BAO ist – Stichwort: Innen- oder Außentheorie – umstritten.334 Daran hat auch die Neuregelung des § 22 BAO durch das JStG 2018 nichts geändert.335 Mit dem JStG 2018 wurde der Missbrauchsbegriff in Abs. 2 von § 22 BAO erstmals definiert. Diese Definition soll einerseits die höchstgerichtliche Rechtsprechung widerspiegeln, so dass bestehende Auslegungstraditionen so weit wie möglich beibehalten werden können.336 Zugleich soll die Neuregelung aber jedenfalls die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 6 ATAD erfüllen.337 Zu diesem Zweck greift der Gesetzgeber bei der Umschreibung von missbräuchlichen Gestaltungen das sowohl in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu § 22 BAO a.F. als auch im Wortlaut von Art. 6 ATAD angelegte Merkmal der „Unangemessenheit“ auf.338 Missbrauch i.S.v. § 22 BAO n.F. liegt danach vor, 332 Vgl. Walter, Umgründungssteuerrecht 2018, Rz. 19. 333 Vgl. Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 2; Tanzer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 219 (322). 334 Zu diesem Theorienstreit s. nur Gassner, Interpretation und Anwendung der Steuergesetze, 1972, S. 88 ff.; Kofler, Die steuerliche Abschirmwirkung ausländischer Finanzierungsgesellschaften und ihre Durchbrechung aus österreichischer Sicht, 2002, S. 209 ff.; Lang, Der Normgehalt von § 22 BAO, ÖStZ 2001, 65 (66); Lang/Massoner, Die Grenzen steuerlicher Gestaltung in der österreichischen Rechtsprechung, in Lang/Schuch/Staringer (Hrsg.), Die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten im Internationalen Steuerrecht, 2009, S. 15 (18 ff.); zusammenfassend mit Vorschlag einer eigenen „Zwischentheorie“ Bergmann, Umgehungs- und Missbrauchsverbot im Steuerrecht, in Holoubek/Lang (Hrsg.), Die allgemeinen Bestimmungen der BAO, 2012, S. 153 (156 ff.). 335 Zum unterschiedlichen Verständnis der Neuerungen von § 22 BAO durch das JStG 2018 vgl. Lang, Die Neuregelung des Missbrauchs in § 22 BAO, ÖStZ 2018, 419 (431 ff.); Kirchmayr/Franke, Missbrauch neu – Eine „Synthese“ sekundären Unionsrechts und der VwGH Judikatur, taxlex 2018, 238 (239 ff.). 336 ErlRV zum JStG 2018, 190 der BlgNR, XXVI. GP, S. 42. 337 ErlRV zum JStG 2018, 190 der BlgNR, XXVI. GP, S. 42. 338 Für einen Vergleich s. beispielsweise Langer/Orzechowski, Die General Anti Abuse Rule (Art. 6 Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie) in Lang/Rust/
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Hohenwarter-Mayr – Verlustnutzung, Missbrauchsabwehr: Österreich „wenn eine rechtliche Gestaltung […] oder eine Abfolge rechtlicher Gestaltungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung unangemessen ist“.
Als unangemessen werden dabei wiederum jene Gestaltungen angesehen, „die unter Außerachtlassung der damit verbundenen Steuerersparnis nicht mehr sinnvoll erscheinen, weil der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft“.339
Fußen derartige Gestaltungen allerdings auf „triftigen wirtschaftlichen Gründen, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln“, sieht der letzte Satz von § 22 Abs. 2 BAO eine Ausnahme vom Missbrauch vor. Nun liegt dem UmgrStG die Überlegung zugrunde, dass Umgründungen wirtschaftlich betrachtet lediglich einen Formwechsel der Unternehmensorganisation darstellen, die deshalb nicht mit den Folgen einer Gewinnrealisierung sanktioniert werden sollen. In diesem Sinne führen bereits die ErlRV zum UmgrStG aus, dass wirtschaftlich begründete Umgründungen jedenfalls von der Zielsetzung des UmgrStG erfasst und somit keinesfalls missbräuchlich sind.340 Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit obliegt letztlich der subjektiven Einschätzung des Gesetzesanwenders. In diesem Punkt dürften sich auch durch die Neufassung des § 22 BAO die Gewichte kaum verschoben haben.341 Denn einerseits braucht es einen Steuervorteil, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Rechts zuwiderläuft. Andererseits liegt kein Missbrauch vor, wenn es für die Gestaltung oder Abfolge von Gestaltungen triftige wirtschaftliche Gründe gibt, die die Realität widerspiegeln; selbst wenn der wesentliche Zweck oder einer der wesentlichen Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen.342 Die vom Steuerpflichtigen geforderte wirtschaftliche Begründung muss zwar – so der Wortlaut der Bestimmung – „triftig“ sein, was vordergründig den Eindruck eines strengeren Maßstabes gegenüber der bisherigen Sichtweise erwecken könnte.343
339 340
341 342 343
Schuch/Staringer (Hrsg.), Die Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie, 2017, S. 78 (80 ff.). § 22 Abs. 2 Satz 2 BAO i.d.F. JStG 2018. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 41; weiters Hirschler/ Sulz, in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 44 Rz. 12 ff. (17. Aufl. 2018). So Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 7. Vgl. Lang, ÖStZ 2018, 419 (432). In diesem Sinne Drüen, Missbrauch nach Art. 6 der Anti-BEPS-Richtlinie, in Kirchmayr/Mayr/Hirschler/Kofler (Hrsg.), Anti-BEPS-Richtlinie: Kon-
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Gleichwohl hat der VwGH bereits im Anwendungsbereich von § 22 BAO a.F. bloß thesen- oder floskelhafte Aussagen zur außersteuerlichen Begründung oder wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit als unzureichend abgelehnt (z.B. Allgemeines zur Finanzierungsfreiheit oder zum Liquiditätseinsatz im Konzern).344 Auch die gesetzliche Verwendung des Plurals – triftige wirtschaftliche Gründe – sollte nicht im Sinne eines strengeren „Escape-Maßstabes“ überbewertet werden. Vielfach lassen sich einzelne Gründe nämlich in weitere Teilgründe oder -effekte zerlegen, womit am Ende des Tages erneut ein einziger triftiger Grund zur Rechtfertigung ausreichen dürfte. Dass dieser triftige Grund zudem die wirtschaftliche Realität widerspiegeln muss, schließt wohl wie bisher im Wesentlichen (und selbstverständlich) Scheingeschäfte und anderen Scheinhandlungen aus.345 Seit seiner Novellierung im Rahmen des JStG 2018 spricht § 22 BAO allerdings erstmals rechtliche Gestaltungen an, die einen oder mehrere Schritte umfassen können. In dieser Wendung ist durchaus ein Unterschied zur bisherigen Rechtslage auszumachen. Während nämlich nach dem bisherigen Verständnis ein einzelner Rechtsakt (Realakt) oder die Vornahme eines einzelnen Umgründungsschrittes nicht als Missbrauch eingestuft wurde,346 dürfte es nunmehr irrelevant sein, ob zur Erreichung eines bestimmten Zieles ein einzelner Umgründungsschritt oder eine Kette an Rechtshandlungen getätigt wird. Dennoch wird für die Missbrauchsbeurteilung im Zusammenhang mit Umgründungen auch weiterhin das Ziel und der Zweck des geltenden Steuerrechts, und damit die Teleologie des UmgrStG, von zentraler Bedeutung sein. Richtzernsteuerrecht im Umbruch?, 2017, 76 (82); Haug, Das „Anti Tax Avoidance Package“ der EU: Der Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken und die Auswirkungen auf das inländische Steuerrecht, DStZ 2016, 446 (453). Bislang hätten die außersteuerlichen Gründe schließlich bloß beachtlich, vernünftig, stichhaltig oder einsichtig zu sein gehabt (vgl. dazu auch Ritz, BAO 2017, 6. Aufl. 2017, § 22 Rz. 4). 344 Vgl. Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 7. 345 Dazu auch Lang, ÖStZ 2018, 419 (433). 346 Vgl. Hirschler in Hügel/Mühlehner/Hirschler, § 44 UmgrStG Rz. 2; Hirschler/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 44 Rz. 14; Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 44 UmgrStG Rz. 8 ff.; m.w.N. auch Hohenwarter-Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, S. 674 f. Selbst die Gesetzesmaterialien fokussieren in diesem Zusammenhang auf mehrstufige Umgründungsmaßnahmen (vgl. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 41); differenzierend Tanzer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 319 (329).
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schnur ist und bleibt damit die Überlegung, dass Umgründungen wirtschaftlich betrachtet eine Änderung der Rechtsform bei Kontinuität der wirtschaftlichen oder unternehmerischen Betätigung abbilden. Dieser Gedanke rechtfertigt letztlich auch das Absehen von einer Besteuerung anlässlich der Vermögensübertragung. Im Lichte dessen sind Gestaltungen daher immer dann einem besonderen Missbrauchsverdacht ausgesetzt, wenn (1) beabsichtige Realisierungsvorgänge,347 also die Aufgabe, Beendigung oder Diskontinuität der wirtschaftlichen Betätigung, in steuerneutrale Vorgänge gekleidet werden, oder (2) wenn mehrfache Umgründungen zeitnah wieder zum Ausgangspunkt zurückführen.348 Vom Telos des UmgrStG gedeckt ist demgegenüber der Rechtsformwechsel zur Erzielung von laufenden Steuervorteilen (z.B. in Form einer niedrigeren individuellen Steuerbelastung nach einer Umwandlung), solange die Steuerhängigkeit der stillen Reserven aufrechterhalten bleibt. Aber auch Umgründungen vor Veräußerungsvorgängen (z.B. Umwandlungen vor einer Veräußerung) können nicht generell als unangemessen eingestuft werden; vor allem dann nicht, wenn durch die Umgründung eine vom Käufer gewünschte Transaktionsstruktur hergestellt werden soll (beispielsweise „asset deal“ anstelle eines „share
347 Die ErlRV zum UmgrStG nennen in diesem Zusammenhang den kurzfristigen Zusammenschluss zweier Einzelunternehmer zu einer Personengesellschaft, die in der Folge wieder geteilt wird, und zwar so, dass jeder Einzelunternehmer ohne Realisierung der stillen Reserven in den Besitz jenes Betriebes kommt, der zuvor dem anderen gehört hat. Auch die unmittelbar an eine Einbringung anschließende Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile, lediglich um dadurch eine tarifbegünstigte Veräußerung zu erzielen, wird in den Gesetzesmaterialien als missbrauchsverdächtig beschrieben. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 41. Kritisch zum zuletzt genannten Fall der Tarifbegünstigung Hirschler/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 44 Rz. 16. 348 Wenn etwa auf eine Einbringung eines Einzelunternehmens nach Art. III eine Rückumwandlung der Körperschaft gem. Art. II auf den Hauptgesellschafter folgt oder nach einer Verschmelzung eine Spaltung vorgenommen wird, ohne dass sich die wirtschaftlichen Strukturen geändert haben, um umgründungsbedingt eine Verlustverwertung zu erreichen. Die Rückabwicklung einer Umgründung, weil sich die angestrebte Kooperation als Misserfolg herausstellt, wird allerdings bereits in den Gesetzesmaterialen als nicht missbräuchlich eingestuft. Genauso wenig kann eine Rückkehr zur ursprünglichen Struktur nach Ablauf einer gewissen Zeit des unternehmerischen Handelns als missbräuchliche Gestaltung eingestuft werden. ErlRV zum UmgrStG, 266 der BlgNR XVIII. GP, S. 41.
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deals“).349 Hier wird jeder Einzelfall in seiner Gesamtheit betrachtet werden müssen. Genau dieser Aspekt macht generelle Aussagen zum Missbrauch auch so schwierig. Folgen Umgründungen dem vom Gesetz vorgezeichneten Weg und weisen eine wirtschaftliche Begründung auf, kann insgesamt kein Missbrauch vorliegen.350 Denn wenn im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH die Anwendung eines Gesetzes per se nicht missbräuchlich sein kann, ist auch in der Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG und Nutzung der damit verbundenen Vorteile kein Missbrauch zu erblicken.351 Wurde der Bestimmung des § 44 UmgrStG schon bislang nur eine geringe Bedeutung beigemessen,352 kann seit Inkrafttreten des JStG 2018 gänzlich auf sie verzichtet werden. Soweit nämlich in § 44 UmgrStG auf § 22 BAO verweisen wird, hat die Bestimmung ohnehin seit jeher nur eine klarstellende oder hervorhebende Bedeutung.353 Schließlich gilt § 22 BAO für das gesamte Abgabenrecht; somit auch für das UmgrStG. Dies trifft gleichermaßen auf die Neufassung von § 22 BAO zu. Da Verweisungen des UmgrStG auf andere Bundesgesetze nach § 45 UmgrStG generell dynamisch zu verstehen sind, hat das UmgrStG auch die Neuregelung des § 22 BAO durch das JStG 2018 unmittelbar rezipiert.354 Und gerade im Lichte dieser Neuregelung ist wiederum der Verweis auf den Missbrauchsstandard von Art. 15 FusionsRL zu hinterfragen. Denn zwischen Art. 15 FusionsRL und Art. 6 ATAD sowie § 22 BAO i.d.F. JStG 2018 dürfte eine weitgehende inhaltliche Parallele bestehen, die den Verweis auf Art. 15 FusionsRL obsolet macht.355 Er erweckt vielmehr den Anschein, 349 Vgl. Hirschler/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 44 Rz. 16; Tanzer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 319 (323); Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 8. 350 Ebenso Tanzer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 319 (320). 351 Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 1. 352 Unter anderem deshalb, weil verschiedene gestaltungsanfällige Tatbestände ohnehin nach den Einzelregelungen des UmgrStG in bestimmte Bahnen gelenkt werden. 353 Vgl. Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun (Hrsg.), UmgrStG, § 44 Rz. 1; Hirschler/Sulz in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, § 44 Rz. 2; Gruber, Die Missbrauchsbestimmung des § 44 Umgründungssteuergesetz, ÖStZ 2010, 157 (160); Tanzer in König/Wallentin/Wiesner (Hrsg.), GS Helbich, S. 319 (321 f.); Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 2. 354 Ebenso Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 3. 355 In diesem Sinne auch Hübner-Schwarzinger/Kofler in Kofler, § 44 UmgrStG Rz. 2.
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ein Missbrauch i.S.d. Art. 15 FusionsRL, der zu einer Versagung der Begünstigungen des UmgrStG berechtigt, könnte auch dann vorliegen, wenn im konkreten Fall ein Missbrauch i.S.d. § 22 BAO ausgeschlossen wäre.356 Diese Annahme dürfte allerdings spätestens seit der Novellierung von § 22 BAO mit dem JStG 2018 unzutreffend sein. Insofern hat der deutsche Gesetzgeber durchaus gut daran getan, auf die Aufnahme der Art. 15 FusionsRL nachgebildeten allgemeinen Missbrauchsvorschrift, wie sie noch im Entwurf zum UmwStG 2006 vorgesehen war, zu verzichten. Einen Mehrwert, der über die berühmte Rute im Fenster hinausgeht, schafft § 44 UmgrStG jedenfalls nicht.
IV. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick Zieht man abschließend ein Resümee, wird deutlich, wie ähnlich, und doch wieder verschieden das öUmgrStG und das dUmwStG sind. Gerade bei der Verlustverwertung oder Missbrauchsabwehr zeigt der Rechtsvergleich, dass die jeweiligen Gesetzgeber zur Lösung vergleichbarer Probleme durchaus unterschiedliche Lösungsansätze gewählt haben. Ein besonders plakatives Beispiel dafür ist der „Anteilstausch“ samt nachfolgender Veräußerung durch die übernehmende Körperschaft. Während das öUmgrStG die zugrunde liegende Problematik der Entsteuerung mit einer Entstrickungsbesteuerung ex nunc im Zeitpunkt der Veräußerung „in weiterer Folge“ einzufangen versucht, geht das UmwStG mit der Sperrfristenregelung des § 22 Abs. 2 UmwStG zwar im Detail einen anderen Weg. Dennoch sind auch Parallelen der beiden Regelungen unverkennbar. Kein Unterschied ist wiederum in der Diskussion um das Verhältnis zwischen speziellen Missbrauchsregelungen zur allgemeinen Missbrauchsnorm der öBAO bzw. AO auszumachen. Die Frage stellt sich in Deutschland wie Österreich gleichermaßen. Einen völlig anderen Ansatz wählt das öUmgrStG bei der intersubjektiven Verwertung von Verlustvorträgen. Im Unterschied zum UmwStG ist nach den Grundwertungen des UmgrStG eine solche subjektübergreifende Verwertung in Form des objektbezogenen Übergangs von Verlustvorträgen erlaubt. Als Kehrseite dazu enthält das UmgrStG aber, anders als 356 Zu dieser Diskussion vor der Novellierung von § 22 BAO vgl. etwa Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, § 44 UmgrStG Rz. 6; weiters Gruber, ÖStZ 2010, 157 (160 ff., insb. 162 f.). Im umgekehrten Fall (Vorliegen eines Missbrauches i.S.d. § 22 BAO, nicht jedoch i.S.d. Art. 15 FusionsRL) würde der Anwendungsvorrang des Unionsrechts greifen und das Vorliegen eines Missbrauchs insgesamt ausscheiden.
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das UmwStG, Regelungen, welche die weitere Verwertbarkeit von eigenen Verlustabzügen der übernehmenden Rechtsträger beschränken, um so verlustgetriebene Gestaltungen in umgekehrter Richtung durch die Übertragung von gewinnträchtigen Unternehmenseinheiten auf verlustbehaftete Steuersubjekte zu vermeiden. Während also das dUmwStG in Bezug auf die Verlustverwertung strikt am Subjektsteuerprinzip festhält, dehnt das UmgrStG die Grundidee des „steuerneutralen Rechtskleidwechsels“ systematisch konsequent auf die Rechtsposition „Verlustvorträge“ aus. Mit der spiegelbildlichen Behandlung der eigenen Verluste von Umgründungspartnern wird dieser Weg m.E. ebenso konsequent fortgeführt und abgesichert. Die fehlende Verwertbarkeit von Verlusten wirkt vielfach als „Umgründungsbremse“. Wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen werden nicht durchgeführt oder die Steuerpflichtigen weichen auf weniger sinnvolle Alternativrouten aus. Beides kann nicht Ziel der Steuerpolitik sein. Verlusten haftet zwar ein enormes Steuergestaltungspotential an, sie gehören aber letztlich ebenso zum Wirtschafsleben wie Gewinne. Gerade weil der noch vor 15 Jahren befürchtete Dammbruch einer grenzüberschreitenden Verlustverwertung durch grenzüberschreitende Umgründungen infolge der restriktiven Rechtsprechung des EuGH ausgeblieben ist, mag es an der Zeit sein, die bestehenden Beschränkungen in der Verlustverwertung neu zu bewerten. Der Vergleich mit anderen Rechtsordnungen kann hierfür Anregungen liefern; denn der Rechtsvergleich zeigt die Stärken und Schwächen der jeweils eigenen Rechtsordnung besonders deutlich auf.
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Diskussion zu den Referaten von Dr. Erik Röder, Cornelius Link und Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, LL.M. Prof. Dr. Johanna Hey, Köln Zuerst einmal mein ganz herzlicher Dank für die sehr schönen Vorträge. Sie spiegeln allesamt den unternehmensteuerrechtlichen Zwiespalt zwischen Subjekt- und Objektprinzip wider. Ob Besteuerung stiller Reserven in der Umstrukturierung oder Verlustübergang, stets stellt sich die Frage, inwiefern es auf die Rechtszuständigkeit der einzelnen Körperschaft ankommt oder ob es ausreicht, dass einmal in der unternehmerischen Sphäre besteuert wird. Wenn stille Reserven beim übernehmenden Rechtsträger weiterhin steuerverstrickt sind, dann muss auch der mit ihrer Entstehung möglicherweise in Zusammenhang stehende Verlust weiterhin genutzt werden können. Technisch braucht es aus Gründen der Rechtssicherheit die Anknüpfung an die einzelne juristische Person. Aber es handelt sich eben nur um eine mehr oder weniger beliebig einsetzbare, aufspalt- und verschmelzbare wirtschaftliche Organisationseinheit. Das Subjektsteuerprinzip hat im Unternehmensteuerrecht eine ganz andere Bedeutung als bei der Besteuerung der natürlichen Person. Mir hat daher der Objektbezug, den sowohl Herr Röder als auch Frau HohenwarterMayr für die Verlustnutzung gefordert haben, sehr eingeleuchtet. Prof. Dr. Simon Kempny, Bielefeld Auch von meiner Seite ganz herzlichen Dank für die wunderbaren Vorträge. Ich würde gerne unmittelbar daran anschließen, was Frau Hey gesagt hat, und vielleicht etwas zuspitzen wollen: Sahen wir nicht in den Vorträgen auch so etwas wie ein Lehrstück über die Begrenztheit der Aussagekraft von sog. Prinzipien? [längere Tonaufzeichnungstörung] Sind wir da nicht wieder bei der „Kippfigur“ Ihres verehrten akademischen Lehrers, also: Kann man das nicht auch jedes Mal anders sehen; hilft das so viel weiter? Verluste kleben überhaupt nicht irgendwo, sondern die werden vom Gesetzgeber irgendworan geklebt oder eben auch nicht. [Tonaufzeichnungstörung] … zeigt nicht auch der Blick nach Österreich: Wenn die Rechtsprechung großzügiger ist, werden die Gesetze eher kürzer und besser? Dieses Hase-und-Igel-Spiel kann am Ende niemand gewinnen. Ist nicht eigentlich 16 und 34 das Problem? Können wir das nicht streichen,
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Diskussion – zu Röder, Link und Hohenwarter-Mayr
dann können wir uns den ganzen anderen Kram sparen. Sollte man nicht lieber großzügiger stunden, wenn es wirklich hart wird? Prof. Dr. Hanno Kube, LL.M., Heidelberg Herr Röder, Sie haben unseren Blick auf die Grundfrage gerichtet, welche legitimierende Kraft das Subjektsteuerprinzip hat. Sie haben Abweichungen vom Subjektsteuerprinzip konsequent als rechtfertigungsbedürftige Ausnahme behandelt. Nun hat uns aber schon gestern Herr Hennrichs gezeigt, dass selbst das harte Gesellschaftsrecht nicht nur das Rechtskleid sieht, sondern auch die Unternehmenssubstanz und die Erwerbstätigkeit. Frau Hohenwarter-Mayr hat dargelegt, dass bei Umgründungen in Österreich teilweise ebenfalls auf den Unternehmensgegenstand Bezug genommen wird. Und auch Herr Desens hat gestern, bei der grundrechtlichen Prüfung nach Art. 12 GG, letztendlich auf die natürliche Person zurückgegriffen und umwandlungssteuerrechtliche Regelungen als Berufsausübungsregelungen, bezogen auf die natürliche Person, betrachtet, nicht dagegen als Berufswahlregelungen bezogen auf die juristische Person. Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage, welche legitimierende Kraft das Subjektsteuerprinzip tatsächlich hat und ob Abweichungen von diesem Prinzip tatsächlich so konsequent als rechtfertigungsbedürftig angesehen werden müssen wie Sie es tun; oder anders gesagt: Ist eine Norm wie § 8d KStG nicht ebenfalls systemausgestaltend mit der Konsequenz, dass sich die Begründungslast, die Rechtfertigungslast hier im Verfassungsrecht und vielleicht auch im Zusammenhang des Beihilfenrechts verschiebt? Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, Wien Zunächst vielen Dank für die Fragen. Zur Gewerbesteuer: Ja, damit müssen wir uns in Österreich nicht mehr „plagen“, da haben Sie recht. Was allerdings an dieser Stelle von Interesse ist, ist der Umgang des österreichischen Verfassungsgerichtshofs mit dem „Identitätskriterium“ als Voraussetzung für die Verlustverwertung im Rahmen der Gewerbesteuer. Ähnlich wie dies § 2 Abs. 5 dGewStG heute noch tut, sah auch § 4 Abs. 2 der mittlerweile abgeschafften österreichischen Gewerbesteuer vor, dass der Übergang des Gewerbebetriebes im Ganzen auf einen anderen Unternehmer zur Einstellung des Gewerbebetriebes beim bisherigen Unternehmer und zur Neugründung beim anderen Unternehmer führte. Eine intersubjektive Verlustverwertung war dementsprechend per se ausgeschlossen. Diese Verlustübergangsbremse des § 4 Abs. 2 öGewStG wurde im Jahr 1988 vom öVfGH als gleichheits- und damit verfassungswidrig
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aufgehoben. Allerdings will der öVfGH die im Erkenntnis herangezogenen Überlegungen nicht auf den Bereich der Körperschaftsteuer übertragen. Der systematische Zusammenhang sei ein anderer. Bei der Gewerbesteuer handelt es sich eben um eine Objektsteuer und nicht um eine Subjektsteuer, wie sie die KöSt ist. Das heißt, wir sehen auch hier ganz deutlich eine Differenzierung zwischen Objektbezug und Subjektbezug. Nun zur Frage, die Sie aufgeworfen haben, Frau Hey, ob Verluste nicht auch eine Objekthaftung haben und deshalb mit dem Objekt, soweit es steuerneutral übertragen wird, mit übergehen können: Wird die Einkunftsquelle, das Gewinnermittlungsobjekt, steuerneutral zu Buchwerten übertragen, wird diese Einkunftsquelle eben genau durch die Buchwertfortführung mit einer Kontinuitätswirkung verknüpft. Durch die Buchwertfortführung wird schließlich auf eine finale (subjektbezogene) Besteuerung verzichtet. Ob die so zum Ausdruck gebrachte Kontinuität der Einkunftsquelle als Begründung für einen Verlustübergang ausreicht? Ich meine ja als Begründung für einen Übergang, wie er in § 4 UmgrStG und den entsprechenden Regelungen des UmgrStG normiert ist. Ohne eine dahin gehende Norm wäre ich beim Verlustabzug allerdings skeptisch und stimme daher im Ergebnis der Rechtsansicht des BFH zur Unvererbbarkeit des Verlustabzugs zu. Dieser Ansicht hat sich im Übrigen m.E. unlängst auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof angeschlossen. Die einzige Frage, die es in Österreich deshalb noch zu klären gilt, ist jene, ob man aus dem UmgrStG, in dem der intersubjektive Verlustübergang ausdrücklich geregelt ist, Rückschlüsse auf das KStG oder EStG (vor allem für den Fall des Betriebsüberganges von Todes wegen) ziehen kann. Zwar ist man in Österreich wohl insgesamt etwas großzügiger, was das Ziehen von Analogien im Steuerrecht anbelangt – nur, weil das UmgrStG ein Sondergesetz ist, bedeutet dies nicht automatisch dessen Analogiefeindlichkeit –, dennoch würde ich die Zulässigkeit einer analogen Anwendung der umgründungssteuerrechtlichen Verlustregelungen im EStG oder KStG verneinen. Hier fehlt es m.E. schlichtweg am Vorliegen einer Rechtslücke. Denn immerhin besteht das Regelungsgefüge zur streng subjektiven Verwertung von Verlusten in Österreich seit 1938 durchgehend. Und angesichts dieser zeitlichen Dimensionen von einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auszugehen, fällt mir dann doch schwer.
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Dr. Erik Röder, München Die drei an mich gerichteten Fragen gehen alle in die gleiche Richtung. Liebe Frau Hey, lieber Herr Kempny, lieber Herr Kube, ich stimme Ihnen im Grunde genommen ganz zu: Das Subjektsteuerprinzip ist kein Naturgesetz, und dass wir gerade in Konzernsachverhalten an der Subjekteigenschaft der Konzerngesellschaften und am Trennungsprinzip festhalten, erst recht nicht. Für meinen Vortrag musste ich mir insofern die Frage stellen: Wie weit gehe ich zurück? Wo setze ich an? Im Hinblick auf den Zuschnitt des Themas habe ich mich dafür entschieden, die bestehende Grundentscheidung für das Trennungs- und das Subjektsteuerprinzip bei der Körperschaftsteuer als gegeben hinzunehmen. Allerdings könnte man aus meiner Sicht auch bei einer grundlegenden Neukonzeption des Unternehmenssteuerrechts hierauf nicht ganz verzichten. Ich glaube nicht, dass wir in absehbarer Zeit Wertänderungen jedweder unternehmerischen Beteiligung einer natürlichen Person jährlich für steuerliche Zwecke zielgenau erfassen oder alternativ vollständig zu einer transparenten Besteuerung übergehen können. Daher werden wir im Verhältnis natürliche Person/juristische Person weiterhin eine Trennung vornehmen müssen. Über die darin liegende steuersystematische Grundentscheidung wäre dann auch das Subjektsteuerprinzip im Unternehmenssteuerrecht weiterhin verfassungsrechtlich relevant – in dem Sinne, dass eine Abweichung einer Rechtfertigung bedarf. In Konzernsachverhalten wäre es denkbar, die Ergebnisse der einzelnen Konzerngesellschaften für steuerliche Zwecke vollständig zu konsolidieren, wie dies beispielsweise in den Niederlanden praktiziert wird. Allerdings stellt sich auch dann die Frage, ob hierdurch das Subjektsteuerprinzip wirklich überwunden wird. Die zivilrechtliche Rechtssubjektivität spielt dann zwar für steuerliche Zwecke keine Rolle mehr. Gleichzeitig schafft sich das Steuerrecht ein neues Subjekt, nämlich den Gesamtkonzern. Das ist letztlich eine philosophische Frage. Worauf es mir ankommt, ist etwas anderes: Wollen wir in dem steuersystematischen Rahmen, in dem wir uns bewegen, hin zu einer stärkeren Objektorientierung? Wäre das wirklich eine gute Idee? Wollen wir fortwährend prüfen, ob das Unternehmen, das die Verluste geltend macht, noch mit dem Unternehmen identisch ist, das sie erlitten hat? Hierzu wären grobe Typisierungen erforderlich, die wiederum gestaltungsanfällig wären – wie etwa die von Frau Hohenwarter-Mayr beschriebenen betriebswirtschaftlichen Kriterien. In Deutschland hatten wir etwas Ähnliches früher in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a.F. Danach war Voraussetzung für die weitere Verlustnutzung, dass der Betrieb in vergleichbarem Umfang fortgeführt wird.
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Die Finanzverwaltung hat hierfür darauf abgestellt, ob es bei einer Reihe von leicht überprüfbaren quantitativen Kriterien zu einem Rückgang von mehr als 50 Prozent gekommen ist. Das kann man natürlich sehr gut gestalten. Für Mantelkaufgestaltungen verfolgen wir in Deutschland mit den §§ 8c, 8d KStG jetzt einen anderen Ansatz. Grundsätzlich kommt es für die Verlustverrechnung allein auf die rechtliche Kontinuität der Kapitalgesellschaft an. Nur im Falle eines substantiellen Anteilseignerwechsels ist im Rahmen von § 8d KStG die Fortführung des Geschäftsbetriebs relevant. Hierfür kommt es nicht auf quantitative, sondern auf qualitative, auf die unternehmerische Tätigkeit bezogene Kriterien an. Der von Herrn Kempny gebildete Fall ist insofern ein gutes Beispiel: Jägermeister vertreibt T-Shirts mit dem Firmenlogo. Da das T-Shirt-Geschäft von der Bekanntheit der Marke Jägermeister profitiert und jeder T-Shirt-Träger umgekehrt Werbung für den von Jägermeister hergestellten Kräuterlikör macht, liegt aus meiner Sicht unproblematisch ein einheitlicher Geschäftsbetrieb i.S.d. § 8d KStG vor. Aufgrund des Förderzusammenhangs zwischen den beiden Geschäftsfeldern unterscheidet sich das Beispiel deutlich vom ersten Mantelkauffall des BFH, in dem die Textilproduktion vollständig eingestellt worden war und keinerlei Relevanz für das später aufgenommene Spirituosengeschäft hatte. Natürlich stimmt es, dass auch beim tätigkeitsbezogenen Ansatz des § 8d KSG schwierige Abgrenzungsfragen auftreten können. Aber irgendeinen Tod müssen wir sterben; irgendein Kriterium müssen wir verwenden, wenn wir Mantelkaufgestaltungen entgegenwirken wollen. Ich plädiere dafür, dass wir für alle unproblematischen Fälle beim Subjektsteuerprinzip bleiben. § 8d KStG führt nur speziell für potentielle Mantelkaufgestaltungen zu einer beschränkten Objektorientierung. Sobald die betroffenen Verluste verrechnet sind, fällt das Erfordernis, die Fortführung des Geschäftsbetriebs zu überwachen, wieder weg. Die Grundentscheidung für das Subjektsteuerprinzip im Rahmen der Körperschaftsteuer wird also nur punktuell durchbrochen. Das ist für mich insgesamt stimmig. Prof. DDr. Gunter Mayr, Wien Vielen Dank. Wir haben gestern ja schon über betriebswirtschaftlich sinnvolle und nicht sinnvolle Umstrukturierungen gesprochen. Betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen sollten steuerliche jedenfalls nicht behindert werden. Deshalb ist es auch unbefriedigend, wenn die steuerlichen Konsequenzen von der Verschmelzungsrichtung abhängen. Wenn man etwa aus steuerlichen Gründen eine große Gesellschaft auf eine Verlustgesellschaft verschmilzt. Vor diesem Hintergrund wird in
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Österreich auch die Gegenrichtung mit umfasst. Sehr spannend finde ich die systematische Diskussion über den Objektbezug. Anschließend an den Vortrag von Herrn Röder hat in Österreich der Verwaltungsgerichtshof sogar fürs EStG und den Verlustübergang bei der unentgeltlichen Betriebsübertragung das österreichische Umgründungssteuerrecht mit seinem starken Objektbezug angesprochen. Im Ergebnis erscheint dies durchaus sachgerecht, wenngleich es dafür einer ausdrücklichen gesetzlichen Verankerung im EStG bedürfte. In dem Zusammenhang verweise ich gerne auf einen Praxisfall, der den Übergang des Verlustvortrags sehr plakativ darstellt: Ein Unternehmer ist völlig überraschend verstorben, der Unternehmer hatte offene Verluste aus dem Betrieb, im Betrieb steckten aber stille Reserven. Der Betrieb ging unentgeltlich auf den Neffen über, weil sich Sohn des Unternehmers, der Erbe, nicht für das Unternehmen interessierte und studieren wollte. Wenn nun der Verlustvortrag und die stillen Reserven auf unterschiedliche Personen übergehen, erscheint dies unbefriedigend. Vor diesem Hintergrund überlegen wir, den Objektbezug auch im österreichischen EStG klar zu verankern. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München Ein herzlicher Dank an alle Vortragenden. Wir haben insgesamt ein sehr gutes Bild von der Problematik gewonnen. Ich würde gerne etwas zu dem sagen, was Frau Hohenwarter-Mayr und Herr Link zum Missbrauch vorgetragen haben. Dieses Konzept ist zu den Grundfreiheiten weiterentwickelt worden. Dabei können weite und pauschale Lösungen, wie sie etwa der deutsche Gesetzgeber im § 22 UmwStG gewählt hat, im Kern nicht akzeptiert werden. Für die Feststellung eines Missbrauchs sind sowohl subjektiv als auch objektiv Tatbestandsmerkmale zu erfüllen. Dabei wird bei grenzüberschreitenden Reorganisationen nach Maßgabe der Niederlassungsfreiheit das Motiv der Ersparnis von Steuern im Grundsatz akzeptiert. Es kommt nur darauf an, ob eine „künstliche Konstruktion“ gegeben ist. Konkret ist Art. 11 Fusionsrichtlinie (heute: Art. 15 Fusionsrichtlinie) für Fälle geschaffen worden, in denen innerhalb von kurzer Zeitfolge nach der Einbringung von Anteilen Weiterveräußerungen vorgenommen werden. Daher möchte ich hier die These in den Raum stellen, dass der Missbrauch sich konzentriert auf Fälle von vorab hintereinander geschalteten Geschäften oder solchen, die sich selbst zirkulär wieder aufheben können.
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Zum Thema des Fortbestands von Verlusten bei Umwandlungen ist die Frage, was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, nicht in der Umwandlungssituation zu erörtern. In Wahrheit setzt diese Frage ein bei der Gründung der Gesellschaft, die später die Verluste erleidet. Für die Gründer der Gesellschaft geht es nämlich darum, ob sie damit rechnen müssen, dass künftige Gewinne besteuert werden, künftige Verluste aber bei ihnen hängen bleiben. Und deswegen muss hier zunächst mal ein großzügiger Verlustausgleich geschaffen werden, und hätten wir sogar eine „Negativsteuer“, so wäre das ganze Problem nicht existent. Das bedeutet: Alle Aussagen zum Fortbestand von Verlusten bei späteren Umwandlungen oder Veräußerungen, werden deshalb getroffen, um aus betriebswirtschaftlicher oder noch weiter gesehen volkswirtschaftlicher Sicht dem ursprünglichen Investor zu erlauben, Risiken einzugehen, von denen er weiß, dass der Steuerstaat sich daran beteiligt. Deswegen darf man dann an diesem letzten Punkt nicht zu kleinlich sein. Wenn den Unternehmen vorgeworfen wird, im Zuge von Veräußerungen oder Umwandlungen Verluste zu „monetarisieren“, so steckt darin nur der „privatautonome“ Versuch, selbstgestrickt die Effekte einer Negativsteuer zu erzeugen. Und das sollte nicht nur für Kapitalgesellschaften greifen, sondern z.B. auch im Gewerbesteuerrecht für betriebsbezogene Verluste. So lange keine grundlegende systematische Erwägung dagegen spricht, spricht alles dafür, einen Verlust im Unternehmen weiter verwertbar zu halten. Nicht um den künftigen Inhaber in irgendeiner Weise reicher zu machen, sondern um dem ursprünglichen Investor eine Chance zu lassen, das Risiko des Scheiterns seines Projekts abzufedern. Cornelius Link, Berlin Der EuGH hat bislang nicht zu einer Regelung Stellung genommen, die – wie § 15 Abs. 2 Satz 4 oder § 22 UmwStG – im Fall einer der Umwandlung nachfolgenden Veräußerung die Aufdeckung stiller Reserven anordnet. Dies ist deshalb wichtig zu betonen, weil der EuGH generell sehr einzelfallbezogen urteilt und allgemeine Ausführungen zu anderen Lebenssachverhalten in den Entscheidungsgründen in der Regel keine vergleichbaren Rückschlüsse zulassen wie z.B. ein Obiter Dictum des BFH. Dies gilt hier umso mehr, als die Veräußerung geradezu das Gegenteil dessen ist, was der europäische Richtliniengeber mit der Fusionsrichtlinie bezweckt hat – die Fortführung der betrieblichen Einheit in lediglich anderem Rechtskleid von steuerlichen Belastungen zu verschonen. Daher kann m.E. auch aus den angesprochenen Urteilen Kofoed oder Leur Bloem kein
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Präjudiz für Veräußerungsfälle herausgelesen werden. Zudem ist zu beachten, dass bei den Veräußerungsfällen nicht die Umwandlung selbst die Besteuerung der stillen Reserven auslöst, sondern erst die spätere Veräußerung der Anteile. Will man diese Fälle aber gleichwohl unter den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie fassen, ist es nur konsequent, den von Art. 15 verwendeten Begriff der Steuerumgehung in Veräußerungsfällen nicht allein auf die Umwandlung selbst zu beziehen, sondern Umwandlung und Veräußerung – jedenfalls innerhalb einer angemessenen Zeitspanne – als Einheit zu betrachten. Auch wenn sich also die Absicht zur Veräußerung der Anteile möglicherweise erst kurz nach der Umwandlung hinreichend konkretisiert, schließt dies den Beweggrund der Steuerumgehung nicht aus. Der Steuerpflichtige muss sich somit auch eine erst später gefasste Veräußerungsabsicht bei einem gewissen zeitlichen Bezug – der Gesetzgeber geht hier von fünf bzw. sieben Jahren aus – zurechnen lassen. Daher steht auch die Fusionsrichtlinie dem Ausschluss des Buch- oder Zwischenwertansatzes in diesen Fällen nicht entgegen. Dr. Erik Röder, München Ich kann Herrn Schön nur zustimmen. Wenn wir eine Negativsteuer hätten, würden sich sämtliche Probleme, über die ich gesprochen habe, erledigen. Im Hinblick auf den von Herrn Mayr angesprochenen Fall des Betriebsübergangs im Erbfall möchte kurz auf § 6 Abs. 3 des deutschen EStG eingehen. Diese Vorschrift schreibt für unentgeltliche Betriebsübertragungen zwingend eine Buchwertverknüpfung vor. Man kann sicherlich darüber nachdenken, ob man im Erbfall die in einem Unternehmen entstandenen Verluste gemeinsam mit dem Unternehmen auf den Erben übergehen lassen sollte, wie dies gerade in Österreich erwogen wird. Vorher würde ich aber in jedem Fall etwas anderes tun: Ich würde eine gezielte Aufdeckung stiller Reserven noch beim Erblasser zulassen. Hierdurch könnten die Verluste noch bei der Veranlagung des Erblassers berücksichtigt werden und das Subjektsteuerprinzip bliebe gewahrt. Sofern ausreichend stille Reserven vorhanden sind, würde sich die Frage nach einem Verlustübergang gar nicht mehr stellen. Nicht sachgerecht ist es jedenfalls, dass in Deutschland derzeit gem. § 6 Abs. 3 EStG stille Reserven des Erblassers zwingend auf den Erben übergehen, Verluste des Erblassers hingegen nicht.
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Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, Wien Zum Missbrauchsthema im Zusammenhang mit § 22 Abs. 2 UmwStG möchte ich nur kurz auf die österreichische Parallelregelung in § 16 Abs. 1a UmgrStG eingehen. Hintergrund für die Einführung dieser Regelung war ein ganz großer Einbringungsfall, bei dem im Inland steuerhängige Kapitalanteile zunächst steuerneutral in eine EU-Tochtergesellschaft eigebracht wurden und diese sodann steuerfrei veräußert wurden. Im Ausland steuerfrei, weil dort entweder infolge einer allgemeinen Beteiligungsneutralität generell keine Steuer erhoben wird, oder aufgrund eines Step-ups anlässlich der Einbringung in dieser Konstellation keine Besteuerungsgrundlage besteht. In Österreich steuerfrei, weil nach den meisten österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen entsprechend Art. 13 Abs. 5 OECD-MA der Ansässigkeitsstaat des Veräußerers das ausschließliche Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen zugewiesen bekommt. Dieser steuerfrei lukrierte Veräußerungsgewinn wurde anschließend in einem weiteren Schritt steuerfrei nach Maßgabe der Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 Abs. 2 KStG i.S.d. EU-Mutter-Tochter-Richtlinie nach Österreich an die einbringende Muttergesellschaft rückausgeschüttet. Derartige Fälle sollten durch § 16 Abs. 1a UmgrStG verhindert werden. In der legistischen Umsetzung dieser Regelung ist man dann allerdings zumindest ihrem Wortlaut nach über das Ziel hinausgeschossen. Und dieses Überschießen versucht man nun im Auslegungsweg einzufangen und zurückzunehmen. Die Anwendung der Regelung soll im Wesentlichen auf Fälle beschränkt sein, in denen ein Zusammenhang zwischen der Einbringung und der Veräußerung besteht; also auf Fälle, in denen ein nationaler Veräußerungsvorgang internationalisiert worden ist, um eine Besteuerung im Inland zu vermeiden, und dies in einem Gesamtplan ersichtlich ist. Genau diese Fälle wären m.E. aber auch schon vor Inkrafttreten der Regelung des § 16 Abs. 1a UmgrStG als missbrauchsverdächtig im Lichte der allgemeinen Anti-Missbrauchsregelung des § 22 BAO (i.V.m. § 44 UmgrStG) einzustufen gewesen. Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Der letzte Fall führt zu meiner Eingangsbemerkung zurück, ob es um veräußerungsgleiche Umstrukturierungen oder um Umstrukturierungen allgemein geht. Wie und wann die Besteuerung erfolgen soll, dafür sind rechtsvergleichend die Regelungen im österreichischen Steuerrecht erhellend, ist primär Aufgabe des Gesetzgebers, freilich in den Grenzen des höherrangigen Rechts. Dabei darf der Gesetzgeber selbstredend auch
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greifbare Missbräuche verhindern. Ich stimme Herrn Link ausdrücklich zu: Ausgangspunkt ist, dass Umstrukturierungen gestaltunganfällig sind und dass es in diesem missbrauchsgeneigten Feld Abwehrregeln geben muss. Insoweit teile ich Ihre Ausgangsthese. § 42 AO dient dem Schutz der anderen Mit-Steuerpflichtigen, allerdings zuerst und allein im Rahmen des Steuergesetzes. Darum möchte ich Ihnen ausdrücklich widersprechen, was die Frage der Spezialität von besonderen Missbrauchsvorschriften angeht. Es ist nicht nur diese schöne Formel von Peter Fischer vom abgesteckten claim des Staates, mit dem der Gesetzgeber den erkennbaren Fall aufnimmt und unterbindet. Zugleich steckt dahinter, dass der Missbrauch immer eine Angemessenheitswertung voraussetzt. Wenn der Gesetzgeber für Umstrukturierungen speziell solche Fälle vor Augen hat, z.B. dass Vermögen ins Ausland verlagert wird und das gleiche später zurückgeholt wird, und dafür eine spezielle Regelung schafft, dann hat er für dieses Feld eine Angemessenheitswertung gesetzt. In diesem Feld nicht erfasste Fälle sind keine Missbrauchsfälle. Dieser Wertungsrückschlag bei der Frage, was angemessen i.S.v. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO ist, ist unvermeidbar. Ich will dem Gesetzgeber insoweit keine weiteren, externen Fesseln anlegen. Die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO schützt das „umgangene Gesetz“, enthält aber keine eigene Wertung zur Unangemessenheit. Darum kommt es zum Wertungsrückschlag. Zur Diskussion, ob man die Verlustübertragung objektiv oder subjektiv angehen sollte, haben wir gestern schon viel gehört. Das ist im Ausgangspunkt die Entscheidung des Gesetzgebers, die er aber konsequent umsetzen muss. Herr Röder, Sie haben wunderbar dargelegt, dass bei der Gewerbesteuer ein bunter Mix zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen der Verlustverwertung besteht. Die von Ihnen angesprochene doppelte Identitätsforderung von Unternehmen und Unternehmern ist eine fiskalfreundliche Verlustabtötung, die sachlich nicht gerechtfertigt ist. Ein schönes Beispiel fehlender Folgerichtigkeit ist § 15 Abs. 3 UmwStG bei der Abspaltung. Wenn immer beim Übergang anteilig die Verlustposition untergeht, wie Sie es dargestellt haben, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass auch verlustbegründendes Vermögen übertragen wird, dann liegt darin ein Rückschlag auf die Ebene des übertragenden Rechtsträgers. Man könnte diese Regelung im Sinne einer objektbezogenen Verlustverwertung, wie für Österreich vorgestellt, nur rechtfertigen, soweit abgespaltene Verluste an der Verlustquelle ansetzen würden. Wenn aber die Verlustvorträge dem Rechtsträger nach einer Abspaltung ohne Rücksicht darauf verlorengehen, woher der Verlust stammt und
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welches Vermögen abgespalten wird, liegt darin quasi eine Abspaltungsstrafe, aber keine Missbrauchsbekämpfung. Dr. Falk Mylich, Dresden Ich fasse mich kurz, daher nur zu Herrn Link: Es geht um eine allgemeine Frage. Müssen wir allgemeine Vorgaben des Zivilrechts einfließen lassen, wozu auch die speziellen aus dem Umwandlungsrecht gehören? Zum Beispiel: Geht es um Rechtsträgernachfolge oder bloße Vermögensnachfolge? Beispiele dazu hat Herr Röder gebracht, weswegen ich das nicht vertiefe, sondern nur das Beispiel von Herrn Link: Da haben wir diese Missbrauchsgeschichte. Die eine Gesellschaft wird auf die andere Gesellschaft verschmolzen und Verlustvorträge bleiben erhalten, weil der übernehmende Rechtsträger davon reichlich hat. Das klingt im ersten Moment wirklich nach Missbrauch, weil auch die Firma wieder geändert wird, nämlich der übernehmende Rechtsträger bekommt jene des übertragenden. Aber der § 18 UmwG sieht das vor. Das dürfen wir machen. Das steht im Umwandlungsgesetz ganz klar drin. Der übernehmende Rechtsträger darf auch die Firma des übertragenden Rechtsträgers annehmen. Meine These ist: Wertungsvorgaben allgemeiner oder auch spezieller Art aus dem Zivilrecht, z.B. 18 UmwG, sind einzubeziehen. Und wenn das Umwandlungsgesetz so etwas erlaubt, dann sehe ich da eigentlich keine Missbräuchlichkeit. Michael Wendt, München Vielen Dank, ich habe zwei Punkte: Der erste betrifft das Thema verrechenbare Verluste. Das ist nicht so stark zum Vorschein gekommen heute. Das wäre in Deutschland § 15a EStG. Bei Ihnen, Frau Hohenwarter-Mayr, habe ich das so gehört, dass die verrechenbaren Verluste da bleiben, wo sie sind. Ich kenne das Umgründungssteuergesetz nicht und kann nicht beurteilen, ob es sich insoweit auf Personengesellschaften bezieht. Wenn ich das richtig verstehe, würde es bedeuten, dass die Verluste bei den alten Gesellschaftern bleiben, dass sie nicht mit übergehen. Das kann ich mir gesellschaftsrechtlich schwer vorstellen. Aber vielleicht verstehe ich es nur falsch. In Deutschland würde man sagen: Die verrechenbaren Verluste gehen mit den Gesellschaftsanteilen über. Das ist vielleicht in Österreich auch so. Es ist wahrscheinlich nur ein Missverständnis von mir. Zweiter Punkt: Das geht an Herrn Link. Ich bin einigermaßen entsetzt, dass § 6 Abs. 3 EStG unter dem Thema Missbrauch läuft, das ist mir unbegreiflich. Die Fälle, die Sie aufgezählt haben, die kann ich Ihnen jetzt
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vom Sachverhalt her nicht vollständig vortragen, dafür fehlt die Zeit. Ich will zwei von den Fällen erwähnen: Das ist der IV R 29/14, da ist Folgendes passiert. Da hat eine GmbH & Co. KG aus Vater und Sohn bestanden. Die hatte zwei Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen des Vaters. Das eine wurde nicht mehr gebraucht. Das andere wurde noch gebraucht. Da hat der Vater gesagt: Ich höre auf zu arbeiten. Mein Sohn soll alles bekommen, ich übertrage ihm alles. Aber dieses Grundstück, das wir nicht mehr brauchen, das verkaufe ich. Das Grundstück wurde verkauft, wenige Monate vorher. Der Gewinn ist als Entnahmegewinn voll zum Tarif besteuert worden. Anschließend hat der Vater alles, was er hatte, seinem Sohn übertragen. Das fällt eindeutig unter § 6 Abs. 3 EStG, hat der BFH entschieden. Das Finanzamt ist der Meinung, dass in diesem Fall alle stillen Reserven im Gesamthandsvermögen und im Sonderbetriebsvermögen aufzudecken sind. Also diejenigen des Grundstücks, das weiter betrieblich genutzt ist. Das ist unbegreiflich. Das hat mit Missbrauch nichts zu tun. Wenn man das so macht, dann wird es eine Dummensteuer, denn der Vater hat gemacht, was jeder vernünftige Mensch tut. Im Fall IV R 12/15 war es so, dass wiederum Vater und Sohn an einer GmbH & Co. KG beteiligt waren. Der Vater überträgt dem Sohn einen Anteil am Gesamthandsvermögen und hat ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen. Er bringt das Grundstück im Sonderbetriebsvermögen anschließend nach § 6 Abs. 5 EStG in eine neue zweite GmbH & Co. KG ein. Diesen Fall macht das Finanzamt zu einer Behaltefristverletzung des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG und deckt alle stillen Reserven in dem Unternehmen auf. Der komplette Firmenwert im Unternehmen wird aufgedeckt. Der ganze Rechtsstreit bezieht sich auf die Bewertung des Unternehmens und wie man das macht. Auch ein völlig unbegreiflicher Fall, vor allem vor dem Hintergrund, dass das Gesetz in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG regelt, dass eine Behaltefrist für denjenigen gilt, der den Anteil übertragen bekommen hat. Aber hier wird plötzlich diese Frist auf den erstreckt, der übertragen hat. Das steht nicht im Gesetz. Auch das ein völlig unbegreiflicher Fall und ich kann einfach nur den Kopf darüber schütteln, sowas als Missbrauch anzusehen. Dann muss man an andere Fälle herangehen. Ich glaube, der Fehler im System liegt darin, dass sich die Finanzverwaltung nicht mit der Gesamtplanrechtsprechung auseinandersetzt. Sie haben heute den dogmatischen Umgang damit nicht vertiefen wollen, darauf kommt es aber genau an. Wann liegt denn Missbrauch vor? Was bedeutet Gesamtplan? Diese Gesamtplanrechtsprechung beruht auf einer teleologischen Auslegung der jeweiligen Steuernorm. Und d.h., ich muss mich fragen, was will der Gesetzgeber mit dieser Norm erreichen? Bei § 6 Abs. 3 EStG
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ist klar die Erleichterung der Generationennachfolge beabsichtigt. Und wenn man so denkt, dann fragt man nach dem Zweck des Gesetzes. Dann will man erkennen, wann der Zweck nicht erreicht ist. Die Gesamtplanrechtsprechung erstreckt sich nicht nur auf §§ 16, 34 EStG, sondern auf jede Steuerbegünstigungsnorm, wenn deren Zweck nicht erreicht wird. Dann gibt es eine teleologische Reduktion. So sieht es jedenfalls der BFH. Zwei Senate haben so entschieden. Eine letzte Bemerkung: Sie haben gesagt, der I. Senat habe sich noch nicht geäußert. Das hat er: Im Urteil I R 17/16 war es, da hat der I. Senat diese Rechtsprechung adaptiert. Für den Fall des § 20 UmwStG hat er den „§ 6 Abs. 3 EStG“-Ansatz des IV. Senats übernommen. Prof. Dr. Johanna Hey, Köln Ganz kurz eine Frage an Herrn Link. Herr Link, Sie haben versucht, die überschießende Wirkung der Sperrfristen als typisierende Missbrauchsregeln zu rechtfertigen. Ich finde das angesichts der noch dazu sehr unterschiedlichen Länge der Fristen problematisch. Aber meine Frage ist eine andere: Warum ist es in Fällen, wie etwa dem des § 18 UmwStG, nicht möglich, dem Steuerpflichtigen den Beweis des Gegenteils einzuräumen? Es geht um Umwandlungssteuerrecht und nicht um steuerliches Massengeschäft, so dass nicht widerlegliche Vermutungen auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Finanzverwaltung nicht überlastet werden darf, unverhältnismäßig scheinen. Dr. Erik Röder, München Ich möchte kurz auf Herrn Mylich eingehen. Ich würde nicht sagen, dass das Umwandlungssteuerrecht zwingend dem Zivilrecht folgen muss; wenn es aber grundsätzlich dem Zivilrecht folgt, dann muss es dies auch konsequent tun. In diesem Punkt sind wir, so glaube ich, vollkommen einer Meinung. Cornelius Link, Berlin Frau Prof. Hey, Sie hatten die Frage aufgeworfen, ob nicht daran gedacht werden könnte, die pauschalierenden Regelungen im Umwandlungssteuergesetz generell aufzuheben mit der Folge, dass lediglich „echten“ Missbräuchen der Aufschub der Besteuerung stiller Reserven versagt würde. Dies würde m.E. allerdings dazu führen, dass die Veräußerung betrieblicher Einheiten – für die mit dem entsprechenden Begründungsaufwand wohl immer auch wirtschaftlich sinnvolle Gründe zu finden sein
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werden – grundsätzlich steuerbegünstigt über eine vorherige Umwandlung möglich wäre. Die steuerliche Begünstigung von Veräußerungen ist aber weder steuerpolitisch geboten, wenn man den Grundfall der grundsätzlich steuerpflichtigen Veräußerung als Maßstab nimmt, und war auch vom europäischen Richtliniengeber – ungeachtet der Frage, ob dieser dafür überhaupt eine Regelungskompetenz hätte – nie beabsichtigt. In den Fällen der Einbringung durch ausländische Betriebsinhaber oder Mitunternehmer wäre eine solche Öffnung zudem nicht nur mit einer Verlagerung der Besteuerung der stillen Reserven verbunden, sondern es würden dadurch echte Besteuerungsrechte verloren gehen. All dies spricht m.E. eher gegen eine weitergehende Öffnung des Umwandlungssteuerrechts. Herr Wendt, ich stimme Ihnen zu, dass den von Ihnen genannten Gestaltungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung betrieblicher Einheiten nach § 6 Abs. 3 EStG per se nichts „Anrüchiges“ im Sinne eines engen Missbrauchsbegriffs anhaftet. Dies ändert m.E. aber nichts daran, dass durch § 6 Abs. 3 EStG – so auch die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung – nur die Übertragung bestimmter betrieblicher Einheiten steuerlich begünstigt werden sollte. Betriebe, die durch eine steuerbegünstigte Verlagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen kurz zuvor bedeutend verändert wurden, gehörten danach ebenso nicht dazu wie Fälle der Zurückbehaltung und der zeitgleichen Verlagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen – unabhängig davon, ob Letztere nach § 6 Abs. 3 EStG steuerlich begünstigt ist oder unter Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt. Dementsprechend wären steuerpolitische Überlegungen, derartigen Gestaltungen entgegenzutreten, m.E. durchaus auch dem Bereich der Missbrauchsabwehr – im Sinne einer Versagung von vom Gesetzgeber nicht intendierten Begünstigungen – zuzuordnen. Dr. Daniela Hohenwarter-Mayr, Wien Zur Verständnisfrage von Herrn Wendt: Ganz allgemein gilt: Man muss sich immer den Sinn und Zweck der Regelung und ihre Ausgestaltung ansehen, um daraus die Übergangsfähigkeit der zugrunde liegenden Verluste beurteilen zu können. Die Regelung des § 15a dEStG beschränkt, wenn ich mich recht erinnere, die Verlustverrechnung bei „kapitalistischen“ Mitunternehmern. Eine vergleichbare Verlustausgleichsschranke enthält das österreichische EStG in § 23a. Hinsichtlich der weiteren Verwertbarkeit solcher Verluste im Kontext von Umgründungen, insbesondere Einbringungen der Beteiligung, hat es sich der österreichische Gesetzgeber einfach gemacht und angeordnet, dass die Regelungen über den objektbezogenen Übergang von Verlustabzügen (Verlustvorträgen) des § 21Z 2
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UmgrStG auch für solche „Wartetastenverluste“ i.S.d. § 23a EStG gilt. Ein Übergang kommt daher (nur) bei Buchwertübertragungen der Verlustquelle in Frage. Es gibt aber auch andere Verluste, die nicht sofort im Veranlagungszeitraum ihres Entstehens mit anderen Einkünften ausgeglichen werden können, sondern nur mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar sind (z.B. Verluste aus bestimmten Verlustbeteiligungsmodellen). Und hier geht der Gesetzgeber sogar in der Gesetzesbegründung davon aus, dass derartige Verluste an der Quelle „haften“ und deshalb mit der Buchwertfortführung auf den Rechtsnachfolger übergehen. Solche quellenbezogenen Wartetastenverluste sind mit anderen Worten ein Paradebeispiel dafür, wie aus der Buchwertfortführung, aus der Ausgestaltung der Rechtsnorm und den Grundprinzipien des zugrunde liegenden Gesetzes der Übergang von Verlusten, eine intersubjektive Verlustverwertung, abgeleitet werden kann. Beim Verlustabzug als gesamteinkommensbezogene Maßnahme fällt eine derart quellenbezogene Argumentation allerdings schwer.
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Umstrukturierung und Grunderwerbsteuer Prof. Dr. Matthias Loose Richter am BFH München
I. Einführung II. Steuerbare Umwandlungen III. Nichtsteuerbare – formwechselnde – Umwandlungen
1. Rechtsentwicklung 2. Begünstigte Umwandlungsvorgänge V. Zusammenfassung und Ausblick
IV. Steuerbefreiung von Umwandlungsvorgängen
I. Einführung Umwandlungen sind steuerlich in vielfacher Hinsicht begünstigt. Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ist darauf ausgelegt, Umwandlungen nicht aus steuerlichen Gründen zu behindern und gleichzeitig das Steuersubstrat, also insbesondere die stillen Reserven, zu sichern. Bei vielen Umstrukturierungen liegt der Fokus allein beim Ertragsteuerrecht. Es gilt natürlich bei der Umstrukturierung Einkommen- oder Körperschaftsteuer sowie Gewerbesteuer zu vermeiden. Dabei gerät nicht selten die Grunderwerbsteuer aus dem Blick. Angesichts hoher Steuersätze und zugleich hoher Grundstückswerte kann dies im schlimmsten Fall dazu führen, dass eine vermeintlich günstige Umstrukturierung in eine steuerlich ungünstige umschlägt. Der Beitrag soll hier den Blick auf die Problematik schärfen. Nicht behandelt wird die Umstrukturierung zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer. Dabei handelt es sich um einen eigenen Bereich der gestaltenden Steuerberatung, der in den letzten Jahren angesichts neuer Ergänzungstatbestände, hoher Bemessungsgrundlagen, hoher Steuersätze und – nicht zu unterschätzen – einer besseren Schulung der Betriebsprüfer erheblich an Bedeutung zugenommen hat. Bei Umwandlungsvorgängen ist in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht grundsätzlich zwischen den (steuerbaren) übertragenden Umwandlungen (z.B. Verschmelzung, Spaltung, Ausgliederung und Vermögens-
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übertragung), und den (nichtsteuerbaren) formwechselnden Umwandlungen zu unterscheiden. Bei übertragenden Umwandlungen kommt es zu einem Rechtsträgerwechsel in Bezug auf die Vermögenswerte, die Gegenstand der Umwandlung sind. Sind inländische Grundstücke betroffen, kann dadurch ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang verwirklicht werden. Etwas anderes gilt bei der (bloß) formwechselnden Umwandlung. Diese berührt nicht die Identität der Gesellschaft hinsichtlich des Gesellschafterbestandes und der Zuständigkeit für das Gesellschaftsvermögen. Es findet keine Rechtsnachfolge statt. Der formwechselnde Rechtsträger bleibt identisch.1 Führt die Umwandlung zu einem steuerbaren Erwerbsvorgang, stellt sich die Frage nach der Anwendung von speziellen Steuerbefreiungsvorschriften. § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) regelt die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer bei bestimmten, genau definierten Umwandlungsvorgängen innerhalb eines Konzerns. Die Auslegung dieser Vorschrift birgt eine Reihe von Unklarheiten, die in der Norm selbst angelegt sind. Beim Bundesfinanzhof (BFH) sind dazu eine Reihe von Revisionsverfahren anhängig.
II. Steuerbare Umwandlungen Bei Umwandlungen aufgrund § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 des Umwandlungsgesetzes (UmwG), also bei Verschmelzungen (Nr. 1), bei Aufspaltungen, Abspaltungen, Ausgliederungen (Nr. 2) oder bei Vermögensübertragungen (Nr. 3) kommt es zu einem Rechtsträgerwechsel in Bezug auf die Vermögenswerte, die Gegenstand der Umwandlung sind. Gehen auf diese Weise inländische Grundstücke von einem Rechtsträger auf den anderen über, ist i.d.R. der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt. § 1 Abs. 1 GrEStG erfasst zunächst Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen (Nr. 1) oder – wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist – die Auflassung des Grundstücks als solche (Nr. 2). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums aber auch dann, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Dies ist bei den o.g. Umwandlungsvorgängen der Fall. Nach der Umwandlung kommt es lediglich zu einer Grundbuchberichtigung, nicht jedoch zu einer Umschreibung im Sinne einer Übertragung von Grundstücken. 1 Meßbacher-Hönsch in Boruttau, 19. Aufl., § 1 GrEStG Rz. 355.
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III. Nichtsteuerbare – formwechselnde – Umwandlungen Ein Rechtsträger kann durch Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 190 UmwG). Welche formwechselnden Umwandlungen zulässig sind, ist in § 191 UmwG abschließend geregelt.2 Die formwechselnde Umwandlung führt nicht zum Erlöschen des ursprünglich bestehenden und zum Entstehen eines neuen Rechtsträgers (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Im Anschluss an die formwechselnde Umwandlung besteht der formwechselnde Rechtsträger in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform fort.3 Folglich erfüllt der Formwechsel auch keinen steuerbaren Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG, da kein Rechtsträgerwechsel vorliegt.4 Die Grundstücke des in eine andere Form gewechselten Rechtsträgers sind diesem zivilrechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich auch nach dem Formwechsel weiterhin zuzurechnen. In der Praxis wird leider häufig übersehen, dass die formwechselnde Umwandlung zwar selbst keinen grunderwerbsteuerbaren Vorgang auslöst, allerdings sehr wohl zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG führen kann. Geht ein Grundstück von einem Alleineigentümer oder von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der einbringende Gesamthänder am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG). Die Steuerbefreiung gilt jedoch nicht, soweit sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand vermindert (§ 5 Abs. 3 GrEStG). § 5 Abs. 3 GrEStG kann sowohl bei formwechselnden Umwandlungen auf der Ebene der erwerbenden Gesamthand als auch bei formwechselnden Umwandlungen des übertragenden Gesamthänders zu einer nachträglichen Besteuerung des steuerbaren aber zunächst nach § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG befreiten Erwerbsvorgang führen. Entscheidet ist, ob durch den Umwandlungsvorgang der übertragende Gesamthänder seine Beteiligung am Gesamthandsvermögen verliert.5 Der sog. homogene Formwechsel von einer Gesamthand in eine andere Gesamthand lässt die gesamthänderische Mitberechtigung des grund2 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/10001/2011/0903665, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 01.12. 3 BFH v. 30.9.2003 – III R 6/02, BFHE 203, 553 = BStBl. II 2004, 85; BFH v. 8.10.2008 – I R 3/06, BFHE 223, 115 = BStBl. II 2010, 186. 4 Nienhaus in Behrens/Wachter, § 1 GrEStG Rz. 93. 5 Viskorf in Boruttau, 19. Aufl., § 5 GrEStG Rz. 94.
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stücksübertragenden Gesellschafters unberührt. Ein solcher Formwechsel führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG. Anders jedoch der sog. heterogene Formwechsel von einer Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft und umgekehrt. Dieser Formwechsel führt sowohl auf der Ebene der erwerbenden Gesamthand als auch auf der Ebene der übertragenden Gesamthänder zu einem Wegfall der gesamthänderischen Beteiligung. Geschieht dies innerhalb von fünf Jahren seit der Übertragung/ Einbringung des Grundstücks in die Gesamthand, fällt nach § 5 Abs. 3 GrEStG durch den Formwechsel die Steuerbefreiung rückwirkend weg.6
IV. Steuerbefreiung von Umwandlungsvorgängen 1. Rechtsentwicklung Umwandlungsvorgänge bleiben aufgrund der Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) ertragsteuerrechtlich weitgehend neutral. Die Belastung mit Grunderwerbsteuer stellt in vielen Fällen jedoch ein Umwandlungshindernis dar.7 Bis zur Reform des GrEStG 1983 enthielt § 27 UmwStG eine Steuerbefreiung für steuerbare Erwerbsvorgänge aufgrund von Umwandlungs- und Einbringungsvorgängen – und zwar ohne weitere Voraussetzungen. Aus der Praxis wurden in der Folgezeit immer wieder Stimmen laut, die eine Steuerbefreiung für Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns gefordert haben. Mehrere Änderungsversuche scheiterten im politischen Diskurs. Unter den Vorzeichen der Finanzkrise wurde schließlich durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.20098 der § 6a GrEStG neu in das GrEStG eingefügt. Man hatte erkannt, dass die Belastung mit Grunderwerbsteuer bei Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen notwendig ist, um aus wirtschaftlichen Gründen notwendig gewordene Umstrukturierungen nicht zu behindern. Nach § 6a Satz 1 Halbs. 1 GrEStG in seiner ursprünglichen Fassung wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögensübertragung. 6 Einzelheiten mit Beispielen vgl. Viskorf in Boruttau, 19. Aufl., § 5 GrEStG Rz. 93 ff. 7 Viskorf in Boruttau, 19. Aufl., § 6a GrEStG Rz. 2. 8 BGBl. I 2009, 3950.
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Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG). Durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz vom 26.6.20139 und durch das Kroatienanpassungsgesetz vom 25.7.2014 wurde der Tatbestand um Einbringungsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erweitert. § 6a GrEStG verstößt nicht gegen Unionsrecht. In den Revisionsverfahren, die den Anwendungsbereich der Norm näher abgrenzen sollten, wurde die Frage der Vereinbarkeit mit Unionsrecht erstmalig aufgeworfen. Als die Norm eingefügt wurde, war man vielleicht noch nicht sensibel genug, in steuerlichen Begünstigungsnormen möglicherweise eine sog. verbotene staatliche Beihilfe zu sehen. Der BFH hat dann die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.10 Zwischenzeitlich ist geklärt, dass § 6a GrEStG keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) darstellt.11 Die Vorschrift wirkt zwar selektiv, weil sie bestimmte Gesellschaften im Hinblick auf die bei einem Rechtsträgerwechsel anfallende Grunderwerbsteuer begünstigt; dies ist jedoch durch die Natur und den Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt.12 Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Anwendung des § 6a GrEStG im Einzelfall eine doppelte Besteuerung innerhalb des Konzerns vermieden wird. Ausreichend ist vielmehr, dass die Vorschrift generell einer im System angelegten, möglichen übermäßigen Besteuerung bei Umwandlungsvorgängen innerhalb eines Konzerns entgegenwirkt.13
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BGBl. I 2013, 1809. BFH v. 30.5.2017 – II R 62/14, BFHE 257, 381 = BStBl. II 2017, 916. Urteil A-Brauerei, EuGH v. 19.12.2018 – C-374/17, ECLI:EU:C:2018:1024. Urteil A-Brauerei, EuGH v. 19.12.2018 – C-374/17, ECLI:EU:C:2018:1024. BFH v. 22.8.2019 – II R 62/14 Rz. 16.
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2. Begünstigte Umwandlungsvorgänge § 6a GrEStG setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang eine oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften i.S.d. § 6a Satz 3 i.V.m. Satz 4 GrEStG beteiligt sind. Mangels näherer Eingrenzung steht der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG damit zunächst allen Rechtsträgern offen, die wirtschaftlich tätig sind und ist nicht auf Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes beschränkt.14 § 6a Satz 3 und 4 GrEStG verlangen nach ihrem Wortlaut den Bestand des dort bestimmten Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist). Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 GrEStG an dem Umwandlungsvorgang auch (mindestens) eine Gesellschaft beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der Nachbehaltensfrist (im Falle des Erlöschens) bzw. der Vorbehaltensfrist (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen „abhängig“ wäre.15 Nach dem Wortlaut des § 6a Satz 3 und 4 GrEStG wären sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. UmwG), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a GrEStG begünstigt. § 6a GrEStG hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Begünstigungsfähig wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteils oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamt14 BFH v. 25.11.2015 – II R 63/14, BFHE 251, 509 = BStBl. II 2016, 170 Rz. 12 ff.; BFH v. 30.5.2017 – II R 62/14, BFHE 257, 381 = BStBl. II 2017, 916; BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 17. 15 BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 20.
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heit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 UmwG).16 Der Wortlaut der Vorschrift enthält also einen inneren Widerspruch, der jeden Rechtsanwender vor eine besondere Herausforderung stellt. Die Finanzverwaltung versucht, den Widerspruch zwischen § 6a Satz 1 GrEStG einerseits und den Sätzen 3 und 4 der Vorschrift andererseits mittels eines eigenen Verbundbegriffs zu lösen.17 Danach ist für den jeweiligen Umwandlungsvorgang ein entsprechender „Verbund“ aus dem herrschenden Unternehmen und der oder den am Umwandlungsvorgang beteiligten abhängigen Gesellschaft(en) sowie den dieses Beteiligungsverhältnis vermittelnden abhängigen Gesellschaften zu bestimmen. Umwandlungsvorgänge, durch die ein solcher „Verbund“ begründet oder beendet wird, sind danach nicht von § 6a GrEStG begünstigt.18 Die früher vertretene Auffassung, wonach die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen zulässig sein sollte,19 hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich aufgegeben. Die herrschende Literaturauffassung löst den inneren Widerspruch im Wortlaut des § 6a GrEStG durch eine teleologische Reduktion des § 6a Satz 4 GrEStG. So soll im Falle der Verschmelzung nur die übernehmende Gesellschaft fünf Jahre fortbestehen müssen; die Nachbehaltensfrist müsse in Bezug auf die verschmolzene Gesellschaft nicht eingehalten werden.20 Der BFH hat die Vorschrift dahin gehend (weit) ausgelegt, dass die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. Bei Umwandlungsvorgängen zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden Unternehmen müsse in Fällen der Verschmelzung nur die Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehal-
16 BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 21. 17 Gleich lautende Ländererlasse v. 19.6.2012, BStBl. I 2012, 662 Tz. 2.1 Abs. 2. 18 Gleich lautende Ländererlasse v. 19.6.2012, BStBl. I 2012, 662 Tz. 2.1 Abs. 3. 19 Gleich lautende Ländererlasse v. 1.12.2010, BStBl. I 2010, 1321 Tz. 5 Abs. 1. 20 Viskorf in Boruttau, 19. Aufl., § 6a GrEStG Rz. 105; Pahlke, 6. Aufl., § 6a GrEStG Rz. 70; Hofmann, 11. Aufl., § 6a GrEStG Rz. 16; Lieber in Behrens/ Wachter, § 6a GrEStG Rz. 48; vgl. auch BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 26, m.w.N. aus der Literatur.
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tensfrist eingehalten werden.21 Entsprechendes gelte, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. In diesem Fall müsse bei der Verschmelzung die Nachbehaltensfrist nur in Bezug auf die aufnehmende Gesellschaft und die Vorbehaltensfrist in Bezug auf die beiden abhängigen Gesellschaften eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung müsse die Vorbehaltensfrist nur in Bezug auf die abgebende Gesellschaft und die Nachbehaltensfrist in Bezug auf beide abhängigen Gesellschaften eingehalten werden.22
V. Zusammenfassung und Ausblick Die potentielle Belastung mit Grunderwerbsteuer stellt in vielen Fällen ein Umwandlungshindernis dar. Um Umwandlungen innerhalb von Konzernen zu erleichtern, hat der Gesetzgeber § 6a GrEStG eingeführt. Bislang wurde die Vorschrift in der Praxis kaum angewandt. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Auslegung der Norm zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen umstritten war und sich die klärenden Revisionsverfahren wegen einer Beitrittsaufforderung des BFH an das BMF und wegen eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH zur Europarechtmäßigkeit der Norm verzögert hatten. Zwischenzeitlich hat der BFH entschieden und § 6a GrEStG zugunsten der Steuerpflichtigen weit ausgelegt. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Erlasse an die BFH-Rechtsprechung anpassen wird oder der Gesetzgeber § 6a GrEStG entweder neu fassen, durch eine andere Regelung ersetzen oder ggf. ganz abschaffen wird. In Zeiten, in denen über die Verschärfung der sog. Ergänzungstatbestände nachgedacht wird, ist eine Norm wie der § 6a GrEStG von großer Bedeutung. Die Steuerbefreiung ermöglicht die Umsetzung dringend notwendiger Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen. Gleichzeitig darf sie nicht den Weg für eine allein zum Zwecke der Vermeidung von Grunderwerbsteuer durchgeführte Umwandlung ebnen.
21 BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 28. 22 BFH v. 22.8.2019 – II 18/19 (R 62/14) Rz. 29.
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Verfahrensrechtliche Aspekte von Umstrukturierungen – Voraussetzungen und steuerrechtliche Absicherung Dr. Achim Dannecker Rechtsanwalt, Steuerberater, Stuttgart
I. Einführung II. Hinweise zum Verfahrensrecht bei Umwandlungen 1. Regel-Ausnahme-Prinzip bei Buchwertfortführung 2. Billigkeitslösungen der Finanzverwaltung 3. Unabänderbare Wahlrechtsausübung 4. Unabgestimmter Regelungskanon III. Verbindliche Auskunft 1. Allgemeines und verfahrensrechtlicher Anspruch auf verbindliche Auskunft
2. Inhalt von verbindlichen Auskünften 3. Zulässigkeit und Zuständigkeit 4. Zeitliche Voraussetzungen und Verzögerungen 5. Rechtsmittel 6. Rechtssicherheit und Bindungswirkung 7. Gebühren IV. Informationsaustausch V. Verbindliche Auskunft und Beihilfe VI. Zusammenfassung und steuerpolitische Anliegen
I. Einführung Bei der Umstrukturierung von Unternehmen gilt es, verschiedenste verfahrensrechtliche Aspekte und Anforderungen zu klären, die sich neben dem Umwandlungsrecht im Vertragsrecht, im Gesellschaftsrecht, im Registerrecht, im Arbeitsrecht und natürlich auch im Steuerrecht finden. Bei speziellen Umstrukturierungen, die nicht primär auf umwandlungsrechtlicher Grundlage vorgenommen werden, kommen weitere Rechtsbereiche einschließlich deren verfahrensrechtlicher Vorgaben hinzu, z.B. das Erbrecht und das Familienrecht bei der Nachfolge oder das Insolvenzrecht bei Sanierungen. Nachfolgend werden unter II. lediglich einige besonders erwähnenswerte steuerverfahrensrechtliche Aspekte herausgegriffen, die in der Praxis besondere Schwierigkeiten bereiten oder unbefriedigend gelöst sind. Danach geht es unter III. vor allem um die Fragen rund um die verbindliche Auskunft, das zentrale, vom Gesetzgeber seit
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Dannecker – Verfahrensrechtliche Aspekte
2006 in § 89 Abs. 2 AO normierte Instrument, um geplante Vorhaben wie Umstrukturierungen im Hinblick auf ihre Steuerfolgen abzusichern. Eigens behandelt im Teil IV. werden sodann Fragen rund um die europarechtlich getriebenen Felder von Informationsaustausch und Mitteilungspflichten. Dem Europarecht weiter folgend widmet sich Teil V. der Frage, ob eine Beihilfe in Form einer verbindlichen Auskunft vorliegen kann. Da die derzeitigen gesetzlichen Grundlagen und die Praxis von Finanzgerichten einige für die Praxis nur schwer verdauliche Aspekte enthalten, enden die Ausführungen mit steuerpolitischen Forderungen (Teil VI.).
II. Hinweise zum Verfahrensrecht bei Umwandlungen 1. Regel-Ausnahme-Prinzip bei Buchwertfortführung Das Umwandlungssteuergesetz hat zwar das Ziel, betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen steuerneutral zu ermöglichen.1 Die Regelungen sehen aber vor, dass im Grundfall eine steuerpflichtige Realisation der stillen Reserven stattzufinden hat. Lediglich bei Vorliegen bestimmter qualifizierter Voraussetzungen (u.a. keine Veräußerung oder Veräußerungsvorbereitung; kein Verlust des deutschen Besteuerungsrechts) wird auf Antrag Buchwertfortführung oder auch Zwischenwertansatz gewährt.2 Dieses System ist störanfällig, da es eine Antragstellung voraussetzt und im Zweifel schon bei Verletzung gewisser formaler Formen und Fristen Rechtsfolgen mit Strafcharakter festlegt. So ist z.B. in § 23 Abs. 3 UmwStG geregelt, dass eine voll realisierende Einbringung und Veräußerung als Fiktion stattzufinden hat, wenn innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen die Zurechnung der Anteile nicht nachgewiesen wird. Diese Rechtsfolge ist meines Erachtens überschüssig und unnötig. Eine angemessene Sanktionierung der Fristversäumnis selbst sollte ausreichend sein. Jedenfalls bedürfte es einer Regelung, dass Nachweise mit heilender Wirkung auch nachgeholt werden können.
2. Billigkeitslösungen der Finanzverwaltung Die Finanzverwaltung legt im Erlass zum Umwandlungssteuergesetz vom 11.11.20113 Missbrauchsvorschriften eher extensiv aus. Deren Anwendungsbereich wird dann durch sog. Billigkeitslösungen zurückge1 BR-Drucks. 132/94, Allgemeiner Teil. 2 Rödder in UmwStG, 2. Aufl. 2013, Einführung Rz. 50. 3 BStBl. I 2011, 1314.
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nommen. Ein derartiges Vorgehen findet sich z.B. in Ziff. 11.08, 15.08 und Ziff. 22.23 UmwStE. Bei Ziff. 22.23 UmwStE geht es darum, dass Folgeumwandlungen bei Vorliegen bestimmter qualifizierter Voraussetzungen auf übereinstimmenden Antrag aller Beteiligter zu keiner Realisation nach § 22 Abs. 1 UmwStG führen. Diese fast tatbestandlich ausgestaltete Billigkeitslösung unterliegt systematischen Bedenken4, wirft rechtstaatliche Fragen auf 5 und ist vor allem in der Praxis bei widerstreitenden Interessen der Beteiligten oftmals nur schwer zu erreichen. Oft bleibt den Steuerpflichtigen nichts anderes übrig, als diesen Weg zu gehen, sofern sie Folgeumwandlungen ohne gravierende Steuerfolgen umsetzen wollen. Dringend anzuraten ist, mit allen Beteiligten im Vorhinein abzustimmen und zu vereinbaren, wie mit den steuerlichen Folgen umgegangen wird, um bei auftretenden Problemen eine vertragliche Regelung und Handhabe zu haben.
3. Unabänderbare Wahlrechtsausübung Wahlrechte wie z.B. der Ansatz von Zwischenwerten müssen nach Meinung der Finanzverwaltung spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz ausgeübt werden und sind danach nicht mehr änderbar.6 Dies ist in der Praxis oft misslich, insbesondere in Fällen, in denen zur vollständigen Nutzung von vom Untergang bedrohten Verlustvorträgen ein Zwischenwertansatz gewählt wurde. Kommt dann eine nachfolgende Betriebsprüfung zu einem Mehrergebnis, wird dadurch eine Steuerlast ausgelöst. Diese hätten vermieden werden können durch Ansatz eines niedrigeren Zwischenwerts. Die Praxis hofft hier schon lange auf Abhilfe, bislang allerdings vergeblich.
4. Unabgestimmter Regelungskanon Die materiellen Rechtsnormen des Umwandlungsrechts und deren Steuerfolgen sind an ganz unterschiedlichen Regelungsorten zu finden. Die steuerlichen Folgen vieler Umwandlungen sind im Umwandlungssteuergesetz geregelt. Insbesondere zu Personengesellschaften finden sich jedoch zahlreiche Regelungen im Einkommensteuergesetz, allen voran in den § 6 Abs. 3, § 6 Abs. 5 und § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG. Die unterschiedlichen Normen und deren unterschiedliche Missbrauchsvermeidungs4 Drüen, DStR 2012, Beihefter zu Heft 2, 22. 5 BVerfG v. 28.2.2017 – 1 BvR 1103/15, HFR 2017, 544. 6 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 03.28 f.
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vorschriften (z.B. § 6 Abs. 5 Satz 4 ff. EStG7) sehen auch verfahrensrechtlich jeweils ganz unterschiedliche Fristen und Erfordernisse zur Erreichung der Steuerneutralität vor. Die Regeln sind nicht abgestimmt. Auch dem Missbrauchsvorwurf, z.B. ein Ausnutzen einer Statusverbesserung8, wird in unterschiedlichen Normen eine unterschiedliche Rechtsfolge beigelegt. Es ist de lege ferenda deshalb zu fordern, hier eine konsistente und abgestimmte Gestaltung von verfahrensrechtlichen Vorschriften zu bekommen. Freilich wäre allen Beteiligten gedient, nicht nur die Verfahrensvorschriften abzustimmen, sondern insgesamt die Mitunternehmerbesteuerung zu verbessern und auch international kompatibel auszugestalten. Das ist freilich ein sehr weites, weit über den hier zu ziehenden Rahmen hinausgehendes steuerpolitisches Anliegen.
III. Verbindliche Auskunft 1. Allgemeines und verfahrensrechtlicher Anspruch auf verbindliche Auskunft Die verbindliche Auskunft ist ein verfassungsrechtlich gebotenes Instrument, um die Steuerfolgen wirtschaftlichen Handelns für die geplanten Steuerbürger vorhersehbar zu machen.9 Die Zersplitterung des deutschen Steuersystems und die extrem komplexe Ausgestaltung von Missbrauchsnormen macht ein Instrument dringend notwendig, das es dem einzelnen Steuerpflichtigen ermöglicht, die Steuerfolgen seines Tuns verlässlich zu kennen, bevor er zu irreversiblem Handeln schreitet.10 Wünschenswert wäre natürlich ein einfaches und normenklares Steuersystem, das eine derartige Klärung unnötig macht. Das würde die Freiheitsrechte der Bürger nicht vom Verwaltungshandeln abhängig machen und in viel besserer Weise zur Wirkung bringen.11 Dies ist allerdings Wunschdenken und dürfte in der näheren Zukunft nach aller Wahrscheinlichkeit nicht erreichbar sein. Deshalb ist die einzige Möglichkeit, dem Steuerbürger Planungssicherheit zu verschaffen, ihm ein effektives 7 Schulze/Seite in Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, Anhang 16, Rz. 76 f. (September 2014). 8 Jehke, DStR 2012, 677; Stangl/Binder, DStR 2018, 1793 (1797 f.). 9 Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, Habil. 2002, S. 133 ff.; Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, Habil. 1996, S. 310 f.; Spilker, StuW 2013, 19, 20; F. Kirchhof in FS Spindler, 2011, S. 463 (469 f.). 10 Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, Habil. 1996, S. 167 f.; Seer in StbJb. 2012/2013, S. 557 (559). 11 Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, Habil. 2002, S. 809.
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Instrument der verbindlichen Auskunft an die Hand zu geben. Ansonsten sind gerade im Bereich unternehmerischer Umstrukturierungen mit der drohenden Realisierung stiller Reserven (manchmal in Milliardenhöhe) im Hinblick auf Firmenwerte existenzvernichtende Eingriffe, jedenfalls als Drohszenario in der Betriebsprüfung, nicht ausgeschlossen.12 Das darf und kann dem Steuerbürger nicht zugemutet werden. Auch ein Verweis auf die Beraterhaftung ist ein schlechter Rat, da die Berater regelmäßig über die Risiken aufklären und daher nicht haften, jedenfalls aber der Umfang ihrer Haftung in der Regel vertraglich begrenzt ist oder die Leistungsfähigkeit der Berater beziehungsweise der Umfang ihrer Berufshaftpflichtversicherungen nicht ausreicht. Auf eine ausführliche Darstellung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Notwendigkeit eines klaren und berechenbaren Rechtsausschusses für den Bürger wird hier verzichtet, hinzuweisen ist aber auf eine Reihe erstklassiger Veröffentlichungen dazu.13 Zu betonen ist, dass das Instrument der verbindlichen Auskunft sich schon seit Jahrzehnten (und nicht erst seit der gesetzlichen Normierung in § 89 Abs. 2 AO im Jahr 2006) bewährt hat, gerade auch dank der in vielen Fällen kooperativen Finanzverwaltung.14 Dies ist aber nicht immer der Fall und für die Konfliktfälle führt die derzeit gegebene gesetzliche Lage zu erheblichen Nachteilen, was nachfolgend gezeigt wird.15 Die weiteren Absicherungsmöglichkeiten (Zusage im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 204 AO, Lohnsteuerauskunft, Zoll- und Tarifauskunft) spielen im Kontext von Umwandlungen nur eine untergeordnete Rolle und werden hier nicht behandelt.
12 Werder/Dannecker, BB 2015, 1687 (1689). 13 Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, Habil. 1996; Seer, Chancen und Risiken von verbindlichen Auskünften, in StbJb. 2012/2013, S. 557; Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, Habil. 2002; Spilker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an eine gesetzliche Regelung der verbindlichen Auskunft, StuW 2013, 19; F. Kirchhof in FS Spindler, 2011, Die Methoden zur Sicherung zukünftigen Verwaltungshandelns, S. 463 (469 f.). 14 Vor der gesetzlichen Normierung zuletzt auf Basis des sog. „Auskunftserlasses“ des BMF v. 29.12.2003, BStBl. I 2003, 742. 15 Siehe insgesamt Dannecker/Werder, BB 2011, 2268 f.; Dannecker/Werder, BB 2011, 2903 f.; Werder/Dannecker, BB 2013, 284 f.; Werder/Dannecker, BB 2014, 926 f.; Werder/Dannecker, BB 2015, 1687 f.; Werder/Dannecker, BB 2017, 284 f.
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2. Inhalt von verbindlichen Auskünften Ein erster Punkt betrifft die zahlreichen formalen Vorgaben für die Antragstellung, wie sie in der Steuerauskunftsverordnung vorgegeben werden. Dies ist fehleranfällig.16 Der vielleicht wichtigste Punkt betrifft die Zielrichtung der verbindlichen Auskunft. § 89 Abs. 2 AO spricht davon, dass ein genau bestimmter und noch nicht verwirklichter Sachverhalt steuerlich zu beurteilen ist. Es geht also um die konkrete Entscheidung in einem dargestellten, geplanten Einzel-Sachverhalt. In § 1 Abs. 1 Nr. 5 der Steuerauskunftsverordnung vom 30.11.2007, die aufgrund der Verordnungsermächtigung des Gesetzgebers ergangen ist, wird dann lediglich erwähnt, dass konkrete Rechtsfragen zu stellen sind. Dies wird in der Praxis der Finanzämter teilweise so verstanden, dass nur Rechtsfragen das Recht für eine verbindliche Auskunft begründen, und zwar nur dann, wenn sie ungelöst sind. Teilweise wird sogar vertreten, dass nur diese Rechtsfragen zu beantworten sind, nicht jedoch der Einzelfall beurteilt wird. Beides ist nicht richtig17 und entspricht auch nicht der Mehrheit der Fälle in der Praxis. Regelmäßig werden die Einzelfälle tatsächlich entschieden. Dies ist auch notwendig, insbesondere bei sachverhaltsgetriebenen Tatbeständen und Tatbestandsmerkmalen, z.B. dem Begriff des Teilbetriebs. Oftmals geht es aber auch um Entstrickungsfragen oder Fragen der Feststellung des Werts von Wirtschaftsgütern, die einer für die jeweiligen Bedürfnisse gesicherten Behandlung zugeführt werden müssen. Teils behilft sich die Praxis damit, Bewertungsregeln abzusichern. Letztlich sollte die Finanzamtspraxis aber dahin gehen, schlicht den Fall auf der Basis des vorgetragenen Sachverhalts zu entscheiden.
3. Zulässigkeit und Zuständigkeit Nach dem Wortlaut des § 89 Abs. 2 AO kann eine verbindliche Auskunft erteilt werden. Obwohl dies darauf hindeutet, dass die Entscheidung des „Ob“ im (qualifizierten) Ermessen des Finanzsamts steht, ergibt sich bei entsprechender steuerlicher Auswirkung regelmäßig ein Anspruch auf Erteilung der verbindlichen Auskunft.18 Das ist im Regelfall in der Pra16 Lichtinghagen/Verpoorten, StuB 2008, 753 (753 f.); Bodden, KÖSDI 2016, 19652 (19655 f.). 17 Dahin gehend Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 89 AO, Rz. 244 f. (August 2016). 18 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 40 (Februar 2018); Seer in StbJb. 2012/2013, S. 557 (567); Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 89 AO Rz. 237a (August 2016); Volquardsen in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 89
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xis meist auch unproblematisch. Allerdings will die Verwaltung nach Ziff. 3.5.4. AEAO keine Auskünfte erteilen, wenn Steuersparmodelle abgefragt oder die Grenzpunkte des rechtmäßigen Handelns eines Geschäftsleiters ausgelotet werden sollen. So nachvollziehbar es ist, dass die Finanzverwaltung zu kritischen Gestaltungen keine Stellung nehmen will, so entschieden sind diese Einschränkungen abzulehnen. Gerade mit der verbindlichen Auskunft soll es doch möglich sein, das steuerlich günstige und verfassungsrechtlich erlaubte Handeln eines ordnungsgemäß handelnden Geschäftsleiters zu klären.19 Aber auch sog. Steuersparmodelle sollten der verbindlichen Auskunft zugänglich sein. Der Begriff des Steuersparmodells ist unklar. Vielen sog. Modellen wohnen schließlich wirtschaftlich inhärente Gründe inne, die sie rechtfertigen können. Deshalb vergibt sich die Finanzverwaltung meines Erachtens eine auf der Hand liegende Chance, ungeliebte Steuergestaltung in der Sache zu beurteilen und als Missbrauch zu qualifizieren. Genau der Missbrauch sollte die Messlatte für die Ablehnung einer Auskunft sein, und zwar als Sachentscheidung.20 Die Finanzverwaltung hätte ein gutes Instrument, noch vertretbare von nicht vertretbaren Gestaltungen zu unterscheiden. Die verbindliche Auskunft könnte sich ähnlich wie in anderen Ländern als Qualitätsmerkmal positiver Art für bestimmte Investitionsformen entwickeln. So ist es z.B. in Australien.21 Ähnliches lässt sich sagen über die Einschränkung der Zulässigkeit bei zu erwartenden gesetzlichen Neuregelungen, zu erwartenden höchstrichterlichen Entscheidungen und in Vorbereitung befindlichen Verwaltungsanweisungen. Diese Einschränkungen vertritt die Finanzverwaltung in Ziff. 3.5.4. AEAO. Gerade in diesen Fällen besteht indessen eine ungeklärte Rechtslage. Steuerpflichtige haben deshalb das große Bedürfnis zu wissen, wie ihr Fall behandelt wird. Und es sind keine nur theoretischen Fälle, so vergingen vom Erlass des geänderten Umwandlungssteuergesetzes durch das SEStEG in 2007 bis zum Erlass des Umwandlungssteuererlasses am 11.11.2011 viele Jahre, in denen im Bereich von Umstrukturierungen die meisten verbindlichen Auskünfte unter Hinweis auf die anstehende Verwaltungsanweisung nicht erteilt wur-
AO Rz. 54 (Juli 2017); Bruschke, DStZ 2007, 267 (268); Stemplewski, BB 2012, 2220 (2224); a.A. Hagen, StWa 2007, 219 (224). 19 Seer in StbJb. 2012/2013, S. 557 (567). 20 Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, Habil. 2002, S. 705 f. 21 Osterloh-Konrad/Heber/Beuchert, Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle in Deutschland, 2016, S. 159 f.
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den.22 Meines Erachtens ist es geboten und rechtlich möglich, dass in allen drei Fallgruppen verbindliche Auskünfte erteilt werden. Jede Auskunft bezieht sich nur auf die geltende Rechtslage, was im Standardtext der Finanzverwaltung auch seinen Ausdruck findet. Tritt eine neue Rechtslage in Kraft, verliert die verbindliche Auskunft ihre Bindungswirkung.23 Die anstehende gesetzliche Neuregelung bedeutet ein Risiko für den Antragsteller, falls er mit der anstehenden Umstrukturierung oder seinen sonstigen Plänen in den zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung kommt. Es ist aber per se sein Risiko. Deshalb sollte das nicht von vornherein dazu führen, dass keine verbindlichen Auskünfte gewährt werden. Bei anstehenden Entscheidungen der Rechtsprechung ist zu unterscheiden: Entspricht die Entscheidung später der verbindlichen Auskunft, gibt es kein Problem. Weicht die spätere Entscheidung von der Verwaltungspraxis oder aber jedenfalls von der erteilten verbindlichen Auskunft ab, ist die verbindliche Auskunft falsch geworden.24 Der Steuerpflichtige darf sich im konkreten Fall auf die Auskunft berufen und auf sie verlassen, die Verwaltung hat die in der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegte Rechtsauffassung in den Bescheiden zu berücksichtigen und umzusetzen.25 Andere Steuerpflichtige dürfen sich hingegen nicht darauf verlassen und können sich auch nicht darauf berufen, da es keine Gleichbehandlung im Unrecht gibt.26 Der Steuerpflichtige indessen, der im Vertrauen auf die frühere Rechtslage und die verbindliche Auskunft disponiert hat, ist geschützt.27 Das Gleiche muss dann auch gelten für anstehende Verwaltungsanweisungen.28 Die Verwaltung ist in den Grenzen des Vertrauensschutzes nicht gehindert, ihre Meinung zu ändern. Auf die
22 Eilers/Nosthoff, FR 2017, 170 (171). 23 So in § 2 Abs. 3 StAuskV angeordnet. 24 Die Finanzverwaltung geht im AEAO zu § 89, Nr. 3.6.6 Abs. 3 von einer Unrichtigkeit von Anfang an aus. Roser in Gosch, AO/FGO, § 89 AO Rz. 64 (August 2018), Seer, FR 2017, 161 (166) und Blumers, DB 2018, 1108 (1111 f.) sehen die Auffassung der Finanzverwaltung als zu weitgehend an. 25 Der AEO zu § 89, Nr. 3.6.6 Abs. 5 schränkt seine zunächst weitreichende Aussage selbst wieder ein, indem er eine Korrektur ausschließt, wenn der Stpfl. seine Disposition getätigt und den kongruenten Sachverhalt bereits verwirklicht hat. 26 BVerfG v. 17.1.1979 – 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142; BVerwG v. 19.1.2005 – 6 C 9/04, BVerwGE 122, 331; BVerwG v. 17.7.2009 – 5 C 25/08, BVerwGE 134, 206. 27 Horst, Die verbindliche Auskunft nach § 89 AO, Diss. 2010, S. 728 f.; Seer, FR 2017, 161 (166). 28 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 56 (Februar 2018).
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alte Verwaltungsmeinung hat dann niemand mehr Anspruch. Deshalb ist es, abgesehen vom Auskunftsadressaten, für einen Dritten im Hinblick auf diese „falsch gewordene“ frühere Meinung Dritter auch nicht mehr möglich, sich auf diese und eine auf dieser Basis ergangene verbindliche Auskunft zu berufen. Er kann also, unabhängig von der Bindung der Auskunft für den Adressaten, sich nicht unter Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz eine gleichgelagerte verbindliche Auskunft „besorgen“. Zum Schluss sei § 89 Abs. 2 Satz 6 AO erwähnt, der seit 2016 die Möglichkeit einer Zuständigkeitskonzentration schafft, was vor allem in Organschafts- und Mitunternehmerfällen große Erleichterungen bringt, auch bei den Gebühren. Nicht angewandt wird diese Vorschrift von der Verwaltung indessen für Umwandlungsfälle, da hier keine einheitliche Erteilung vorgesehen sei.29 Der Wortlaut der Vorschrift macht es meines Erachtens aber möglich, dass nicht nur formal als gesonderte und einheitliche Feststellung ausgestaltete oder zwingend gesetzlich gleichlaufende Vorgänge, sondern auch eine auf einer einheitlichen Rechtsmeinung basierende einheitliche Erteilung zur Konzentrationswirkung führt.
4. Zeitliche Voraussetzungen und Verzögerungen Im Grundsatz sind verbindliche Auskünfte nach dem klaren Wortlaut von § 89 Abs. 2 AO nur für zukünftig noch nicht verwirklichte Sachverhalte möglich, bei denen der Antragsteller noch die Umsetzung vorbereitet und noch nicht in die unumkehrbare Verwirklichung eingetreten ist. Der relevante Zeitpunkt soll nach Meinung der Finanzverwaltung der Zeitpunkt der Erteilung und nicht derjenige der Antragstellung entscheidend sein.30 Dies bringt den Steuerpflichtigen in eine missliche Lage: Er kann oftmals schlecht vorhersehen, wie lange es bis zur Erteilung der verbindlichen Auskunft braucht, mitunter steht die Umsetzung geplanter Sachverhalte aber unter mehr oder weniger großem Zeitdruck31, so z.B. bei einem kritischen Gesundheitszustand eines die Unternehmensnachfolge anstrebenden Unternehmers, bei Transaktionen oder bei Börsenrelevanz. Oftmals gibt es auch eine Konzernvorgabe oder internationale Belange, die ein rasches Handeln erfordern. In all diesen Situationen ist es oftmals nicht möglich, an sich gebotene verbindliche Auskünfte einzuholen, da nicht mit einer rechtzeitigen Bearbeitung gerechnet werden
29 Brühl/Süß, DStR 2016, 2617 (2621 f.). 30 AEAO zu § 89, Nr. 3.5.2, Satz 3. 31 Gläser/Schöllhorn, DStR 2016, 1577 (1580).
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kann.32 Sofern verbindliche Auskünfte unverzichtbar sind, ergibt sich oftmals eine Situation, in der großer Druck auf die beteiligten Steuerberater oder die Steuerabteilung entsteht, für eine zügige Erteilung der verbindlichen Auskunft zu sorgen. Dies alles auch vor dem Hintergrund, dass oftmals nicht ganz klar ist, wann ein Sachverhalt noch nicht verwirklicht ist:33 Ist dies der Fall bis kurz vor Vollendung einer Transaktion, dürfen wesentliche Verfahrensschritte noch nicht eingeleitet sein oder gar mit Vorbereitungshandlungen überhaupt noch nicht begonnen worden sein? Hier zeigt sich eine der größten Schwachstellen der verbindlichen Auskunft: Sie ist zeitlich nicht kalkulierbar und der Steuerpflichtige hat keinerlei rechtlich wirksame Mittel, für eine Beschleunigung zu sorgen.34 Die im Hintergrund laufende Verwaltungsabstimmung ist oftmals komplex, da zwar die örtlichen Finanzämter zuständig sind, bei großen und wirtschaftlich bedeutenden verbindlichen Auskünften regelmäßig aber die Oberbehörden (Oberfinanzdirektionen oder gar die Finanzministerien) eingeschaltet werden.35 Geht es noch um verschiedene Steuerarten und örtlich zuständige Finanzämter, sind oftmals eine Vielzahl von behördlichen Stellen und Beamten eingebunden, die koordiniert werden müssen. Das schwächste und langsamste Glied in der Kette bestimmt dann den Gesamtverfahrensablauf. Mittlerweile ist es daneben so, dass immer mehr Finanzämter die im Gesetz vorgegebene Maximalfrist von sechs Monaten bis zur Erteilung unter Hinweis auf den durch das Gesetz gewährten zeitlichen Rahmen ausnutzen.36 Dies war vom Gesetzgeber anders gedacht, er wollte eine Beschleunigung erreichen.37 Die gutgemeinte Norm ohne echte Sanktion38 hat jedoch umgekehrt gewirkt39. Früher übliche Bearbeitungszeiten von drei bis sechs Wochen gibt es zwar 32 Ein dahin gehendes Bedenken äußert auch Roser in Gosch, AO/FGO, § 89 AO Rz. 48 (August 2018). 33 Aus § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV ergibt sich lediglich, dass die Verwirklichung zeitlich nach der Antragstellung liegen muss. 34 Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 89 AO Rz. 248a (August 2016); Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 45 (Februar 2008); Thiele, FR 2016, 947 (950); Steinhauff, jurisPR-SteuerR 34/2016, Anm. 1. 35 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 36 f. (Februar 2018). 36 Nach einer Erhebung von Bruns, DStR 2017, 2360 (2361), über ein Hamburger Finanzamt wird allerdings nach wie vor der Großteil der verbindlichen Auskünfte binnen ein bis zwei Monaten erteilt. 37 BT-Drucks. 18/8434, 109. 38 Der BT-Finanzausschuss hat dies in der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 18/ 8434, 109 ausdrücklich klargestellt. 39 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 45 (Februar 2018) spricht von einem „kontraproduktivem Signal“.
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noch, gerade in großen und schwierigen Fällen sind sie nach meiner Erfahrung aber eher die Ausnahme geworden.
5. Rechtsmittel Der soeben geschilderte unbefriedigende Befund über eine mitunter verzögerte Erteilung setzt sich nahtlos bei der Analyse fort, wie gegen ablehnende verbindliche Auskünfte oder aber bei längerer Zeit nicht erteilten verbindlichen Auskünften vorgegangen werden kann. Untätigkeitsklagen sind von vornherein erfolglos. Aber auch Klagen gegen abgelehnte verbindliche Auskünfte sind praktisch zum Scheitern verurteilt. Die Rechtsprechung hat sich, ausgehend von der Entscheidung des 9. Senats vom 29.2.201240, mittlerweile darauf festgelegt, dass es sich bei der Begründung einer abgelehnten verbindlichen Auskunft lediglich um eine vorläufige Meinungsäußerung der Finanzverwaltung handle, die gerichtlich lediglich auf Schlüssigkeit und evidente Rechtsfehler überprüfbar sei. Allenfalls gehe es bei der Überprüfung noch um elementare rechtsstaatliche Grundsätze, deren Verletzung einer Klage zum Erfolg verhelfen kann. Dieser Meinung haben sich einige weitere BFH-Senate angeschlossen41, sodass sie als gefestigt bezeichnet werden muss. Mittlerweile gilt dieser Maßstab selbst für die Lohnsteueranrufungsauskunft.42 Die Vertreter der Rechtsprechung begründen die zurückhaltende Haltung bei der Justiziabilität abgelehnter verbindlicher Auskünfte oftmals mit der Aussage, dass nur „echte Fälle“ entschieden werden sollten, die Gerichte seien keine Gutachter. Teilweise werden auch Kapazitätsprobleme genannt, sofern hier die Tür zum Rechtsmittel zu weit aufgemacht werde. Meines Erachtens ist jedenfalls die fehlende Justiziabilität ein großer Nachteil nicht nur für eine konkrete verbindliche Auskunft, sondern für die allgemeine Entwicklung des Steuerrechts. In der Praxis werden heute bedeutende und wichtige offene Streitfragen des Unternehmenssteuerrechts oft nicht oder nur mit sehr großer zeitlicher Verzögerung von den Gerichten entschieden, weil die meisten Fälle nicht zu Gericht gehen, sondern im Rahmen der Betriebsprüfung entschieden werden. Die Unternehmen können es sich nicht leisten, von der Betriebsprüfung aufgegriffene Fälle mit im Konfliktfall oft sehr großen Streitwerten vor Ge40 BFH v. 29.2.2012 – IX R 11/11, BStBl. II 2012, 651. 41 BFH v. 5.2.2014 – I R 34/12; BFH/NV 2014, 1014; BFH v. 14.7.2015 – VIII R 72/13, juris. 42 BFH v. 27.2.2014 – VI R 23/13, BStBl. II 2014, 894; BFH v. 7.5.2014 – VI R 28/ 13, BFH/NV 2014, 1734.
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richt auszutragen. Der komplette Streitwert der drohenden bzw. festgesetzten Steuer wäre in einer gewinnmindernden Rückstellung zu passivieren und die daraufhin festgesetzte Steuer regelmäßig sofort zu bezahlen. Erst viele Jahre später kann dann eine gerichtliche Entscheidung, die regelmäßig nicht sicher vorhersehbar ist, Entlastung bringen. Deshalb gibt es in den meisten Betriebsprüfungen ein einvernehmliches Ergebnis, in dem die Unternehmen sich Rechtssicherheit „erkaufen“. Sie haben dann zwar Aufwand, bei weitem aber nicht in der Höhe wie bei einem Rechtsstreit. Deshalb wäre es auch im Sinn der allgemeinen Rechtsfortbildung eine wichtige Aufgabe, Rechtssicherheit durch verbindliche Auskünfte bekommen zu können. Dies geht nur bei funktionierenden Rechtsmitteln. Als Nebeneffekt würden viele offene Streitfragen geklärt. Zwar ist einzuräumen, dass dies zu einer Entscheidung über (noch) nicht wirkliche, echte Fälle führt. Das ist aber kein Fehler, im Gegenteil: Die Rechtslage wird geklärt, ohne dass Steuerpflichtige in zum Teil erhebliche, oftmals nicht tragbare finanzielle Risiken gehen müssen. Für die Rechtsprechung ist es zumutbar, in derartiger Weise „gutachterlich“ tätig zu sein. Schließlich wird die Rechtslage zum Nutzen aller Rechtsanwender in der Praxis geklärt. Meines Erachtens widerspricht es dem Rechtsstaatprinzip, den Steuerbürger auf den nachgelagerten Rechtsschutz zu verweisen. Er muss finanzielle Risiken eingehen, die er oftmals nicht sicher kalkulieren kann und die ihn in vielen Fällen in den wirtschaftlichen Ruin bringen43, meist jedoch eine ganz große und starke emotionale persönliche Belastung darstellen. Mehr noch: Um effektiven Rechtsschutz zu gewähren, muss es auch die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes geben.44 Nur so ist es möglich, in dringenden oder zeitlich zwingenden Fällen eine Klärung der anstehenden Rechtsfragen zu erzielen.
6. Rechtssicherheit und Bindungswirkung Wird die verbindliche Auskunft erteilt, entfällt die Bindungswirkung nur dann, wenn der verwirklichte Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht.45 In der Praxis ist es regelmäßig möglich, sich die Wesentlichkeit einer Abweichung mit der Frage zu beantworten: Hätte die Finanzbehörde bei Kenntnis des abweichenden Sachverhaltes noch eine positive 43 Flick, Die verbindliche Auskunft in der Steuerberatungspraxis, in FS Offerhaus, 1999, S. 849 (853). 44 Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, Art. 19 Abs. 4 GG Rz. 273 (März 2019). 45 § 2 Abs. 1 Satz 1 StAuskV; AEAO zu § 89, Nr. 3.6.1.
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verbindliche Auskunft erteilt? Es ist zunächst nötig, den Sachverhalt umfassend zu schildern.46 Nicht angezeigt ist es indessen, allzu viele Details über den wesentlichen Inhalt hinaus aufzubereiten und zu schildern. Denn dann besteht die Gefahr von Abweichungen bei der Umsetzung, deren Auswirkungen nicht sicher beurteilt werden können. Die Kunst eines Antrags besteht also nicht nur darin, die richtigen Rechtsfragen zu stellen, sondern auch darin, den wesentlichen Sachverhalt in der notwendigen, aber nicht zu großen Tiefe zu schildern. In der Praxis hat sich bewährt, vor oder nach der Erteilung festgestellte Abweichungen des Sachverhalts mit der Finanzverwaltung abzustimmen.47 Auch sollte es möglich sein, im einen oder anderen Fall den Sachverhalt mit einer möglichen Alternative zu schildern, z.B. wenn es um Betriebsübergang und die Ausübung von Widerspruchsrechten der Arbeitnehmer nach § 613a BGB geht. Das Verhalten der Arbeitnehmer ist schlicht nicht vorhersehbar. Es sollte sich auch nicht um einen alternativen Sachverhalt handeln, der nicht zulässig wäre48, es geht lediglich um mögliche Ausprägungen des einen geplanten Sachverhalts. Misslich ist in der Praxis, dass bei Dauersachverhalten eine Auskunft für die Zukunft widerrufen werden kann, wenn sich z.B. die Rechtslage geändert oder der Sachverhalt verändert hat.49 In vielen Fällen hat der Steuerpflichtige Dispositionen getroffen, an denen er nichts mehr ändern kann. Dieses Thema dürfte indessen schwer zu lösen sein, da die verbindliche Auskunft zukunftsgerichtet ist und zukünftige Rechtsentwicklungen nur schwer abzuschätzen sind. Eine Ausweitung des Vertrauensschutzes böte zwar größere Sicherheit für den Einzelnen, macht aber auch das Rechtssystem schwerfällig. Ebenfalls misslich ist es, dass verbindliche Auskünfte auf die geltende Rechtslage beschränkt sind. Bei einer gesetzlich stärkeren Ausprägung der verbindlichen Auskunft könnten diese auch eine stärkere Rechtswirkung entfalten, so wie dies Bauvorbescheiden im Baurecht eigen ist.50 Da 46 § 1 Abs. 1 Nr. 2 StAuskV fordert eine „umfassende und in sich geschlossene Darstellung“; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 31 (Februar 2018), Birk in FS Pöllat, 2008, S. 163 (166) und Misera/Baum, Ubg 2008, 221 (223) mahnen hierbei „höchste Akribie“ an. 47 Seer in StbJb. 2012/2013, S. 557 (570). 48 AEAO zu § 89, Nr. 3.5.1. 49 Da das BMF die verbindliche Auskunft als Verwaltungsakt qualifiziert, verweist § 2 Abs. 4 StAuskV auf §§ 129–131 AO als Korrekturvorschriften. 50 Werder/Dannecker, BB 2015, 1687 (1689 f.); Werder/Dannecker, BB 2013, 284 (287).
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die verbindliche Auskunft insgesamt indessen als relativ schwaches Instrument ausgestaltet ist, manche Autoren sprechen von „bescheidenem Regelungsgehalt“51, wäre zu wünschen, dass bei einer gesetzlichen Änderung die Bestandskraft der verbindlichen Auskünfte erhöht wird. Dann gäbe es auch nicht das vom BVerfG für die derzeitige Rechtslage bestätigte Problem, dass bei unechter gesetzlicher Rückwirkung der Steuerpflichtige mit einer verbindlichen Auskunft keinen Vertrauensschutz genießt.52
7. Gebühren Die zunächst im Schrifttum breit vorgebrachte Kritik53 an den 2007 eingeführten Gebühren hat sich durch die gefestigte Rechtsprechung54 zur Zulässigkeit der Gebühren erübrigt. Die Gebühren sind indessen ein Grund, dem Steuerpflichtigen eine besonders starke Stellung im Verfahren zu geben. Schließlich zahlt er für die von ihm angestrebte Rechtssicherheit.55 Allerdings ist die Gebührenpraxis der Finanzämter uneinheitlich. Zwar ist der Gegenstandswert die Regel, mitunter gibt es aber Ämter, die relativ großzügig Zeitgebühren festsetzen, die bei verbindlichen Auskünften mit hohem Gegenstandswert regelmäßig günstiger sind. Auch die Berechnung des Gegenstandswerts wird nach meinen Beobachtungen in der Praxis recht unterschiedlich gehandhabt. Ärgerlich ist, dass die Rechtsprechung entschieden hat, nur die unmittelbar abgedeckten Steuerfolgen zur Berechnung der Gebühr heranzuziehen.56 In vielen Fällen einer Realisation stiller Reserven liegt die wirtschaftliche Belastung, die der Gebühr zugrunde gelegt werden könnte, wegen der gegenläufigen Steuereffekte (z.B. Abschreibung aufgestockter Buchwerte in der Zukunft) in der Gesamtbetrachtung deutlich geringer. Schließlich könnte auch an dieser Stelle die neue Regelung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO weiter verstanden werden. Im Einklang mit § 89 Abs. 2 Satz 6 AO ist bei mehreren Antragstellern nur noch eine Gebühr 51 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 89 AO Rz. 21 (Februar 2018) verwendet die Formulierung „rudimentäre, bruchstückhafte Regelung“. 52 BVerfG v. 11.5.2015 – 1 BvR 741/14, HFR 2015, 882. 53 Lahme/Reißer, BB 2007, 408 (410); Simon, DStR 2007, 557 (563); Dißars/Bürkle, StB 2007, 54 (59); Stark, DB 2007, 2333; Knüffer/Zugmaier, DStR 2007, 2307; Hans, DStZ 2007, 421 (424); Keß/Zillmer, DStR 2008, 1466 (146)7. 54 BFH v. 30.3.2011 – I R 61/10, BStBl. II 2011, 536; BFH v. 30.3.2011 – I B 136/ 10, BFH/NV 2011, 1042; BFH v. 22.4.2015 – IV R 13/12, BStBl. II 2015, 989; BFH v. 9.3.2016 – I R 66/14, BStBl. II 2016, 706. 55 Werder/Dannecker, BB 2011, 1447. 56 BFH v. 22.4.2015 – IV R 13/12, BStBl. II 2015, 989.
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festzusetzen, sofern die Auskunft „einheitlich“ ergeht. Dies wird von der Praxis der Finanzverwaltung auf Fälle der einheitlichen und gesonderten Feststellung bei Organschaften oder Mitunternehmerschaften begrenzt.57 Es könnte auf weitere Fälle ausgedehnt werden. Insgesamt wäre zu wünschen, dass die Finanzämter bereitwilliger der Vorgabe des Gesetzes folgen und bei der Berechnung der Gebühren das zugrunde legen, was von den Steuerpflichtigen vorgetragen wird.
IV. Informationsaustausch Durch die Richtlinien der EU58 ist in den letzten Jahren innerhalb Europas ein sehr intensiver Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsländern, vermittelt durch die Institutionen der EU, etabliert worden. Seit 2015 bezieht sich der Informationsaustausch auch auf grenzüberschreitende Tax Rulings, unter die auch verbindliche Auskünfte fallen. Das in Deutschland zuständige Bundeszentralamt für Steuern übermittelt halbjährlich die in der Richtlinie normierten Basisinformationen an das eigens geschaffene EU-Zentralregister. Darauf haben die Mitgliedsstaaten Zugriff, die Kommission hat keine materielle Prüfkompetenz. Allerdings kann die Kommission Informationen über die Steuerpraxis der Länder gewinnen.59 Zu konstatieren ist, dass die frühere Vertraulichkeit bei verbindlichen Auskünften nicht mehr gegeben und gewahrt ist. Der Steuerpflichtige muss mit fast gläsernen Verhältnissen rechnen. Meines Erachtens ist dies misslich und kritikwürdig vor allem vor dem Hintergrund, dass der Staat viele Informationen nimmt und das ehemals strenge Steuergeheimnis Öffnungen und Lockerungen erfahren hat, dem Steuerpflichtigen aber im Gegenzug keine Rechtssicherheit gewährt. Diese Situation wird noch verstärkt durch die steuerstrafrechtlichen Verschärfungen, die eine erhöhte Transparenz von den Steuerpflichtigen in vielen Bereichen erfor-
57 AEAO zu § 89, Nr. 4.1.2 Abs. 1 Satz 4 verweist auf § 1 Abs. 2 StAuskVO. 58 RL 2011/16/EU v. 15.2.2011; RL 2014/107/EU v. 9.12.2014; RL 2015/2376/ EU v. 8.12.2015; RL 2016/881/EU v. 25.5.2016; RL 2018/822/EU v. 25.5.2018. 59 Die RL 2015/2376/EU v. 8.12.2015 sowie die RL 2016/881/EU v. 25.5.2016 wurden mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Änderung der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen“ v. 20.12.2016 umgesetzt, BGBl. I 2016, 3000.
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dern60, sofern sie nicht steuerstrafrechtliche Risiken eingehen wollen. Dazu müssen Unternehmen steuerlich relevante Tatsachen und Gestaltungen offenlegen, sofern deren steuerrechtliche Beurteilung durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht zweifelsfrei geklärt ist.61 In vielen Fällen ist dies der Fall. Schließlich droht durch die seit Mitte 2018 geltende, national noch umzusetzende Richtlinie zum Informationsaustausch62, dass die Steuerpflichtigen sehr weitgehende Mitteilungspflichten zu erfüllen haben. Hier kann die steuerpolitische Forderung nur sein, dass die Finanzbehörden im Gegenzug Rechtssicherheit für die geoffenbarten Sachverhalte gewähren sollen. Zumindest muss es für die Steuerpflichtigen möglich sein, eine verbindliche Klärung dieser Sachverhalte zu erlangen. Meines Erachtens wäre die Einführung der Mitteilungspflichten der ideale Zeitpunkt, um das von der Verwaltung immer wieder propagierte kooperative Verwaltungshandeln einen zentralen und wichtigen Schritt voranzubringen. Das Max-Planck-Institut in München hat dies in einer entsprechenden Forderung in seinem großen Gutachten zum Thema erhoben.63 Leider wurde bei der Umsetzung der DAC-6-Richtlinie zunächst nur diskutiert, ob und gegebenenfalls wie sie auch auf innerstaatliche Sachverhalte angewandt werden soll.64 Von dieser Ausweitung wurde im aktuellen Gesetzentwurf zum Glück abgesehen, allerdings wurde nicht auf die steuerpolitische Forderung nach einer Stärkung der verbindlichen Auskunft eingegangen.65 Die Diskussion sollte meines Erachtens deshalb darüber gehen, dem Steuerpflichtigen als Kompensation für die gesteigerten Offenlegungs- und Mitteilungspflichten einen Anspruch auf verbindliche Auskunft zur Klärung der Rechtslage zu gewähren.
60 So etwa durch das „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz v. 23.6.2017, BGBl. I 2017, 1682. 61 RL 2015/2376/EU v. 8.12.2015. 62 RL 2018/822/EU v. 25.5.2018 („DAC 6“). 63 Osterloh-Konrad/Heber/Beuchert, Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle in Deutschland, 2016. 64 Der Referentenentwurf des BMF v. 30.1.2019 sah in § 138j AO-E eine Mitteilungspflicht für bestimmte innerstaatliche Steuergestaltungen vor, wobei weitgehend auf die entsprechende Anwendung der Regelungen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen verwiesen wurde. 65 BR-Drucks. 489/19 v. 10.10.2019.
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V. Verbindliche Auskunft und Beihilfe Seit 2013 untersucht die EU-Kommission vermehrt sog. Tax Rulings, vor allem in den Ländern Luxemburg, Niederlande und Irland und hat viele Fälle aufgegriffen mit dem Ziel, Beihilfe durch steuerliche Bevorzugung einzelner Steuerpflichtiger festzustellen.66 Zu nennen sind die in der Öffentlichkeit durch Veröffentlichung der Kommission bekannten Fälle wie Amazon,67 Apple68 und Starbucks69. Mittlerweile ist der Tatendrang der Kommission aber wohl etwas abgeflaut. Zumindest hat sie neben verlorenen Verfahren auch schon Verfahren zurückgenommen, am meisten Beachtung fand das Verfahren gegen McDonald’s.70 Verbindliche Auskünfte nach § 89 Abs. 2 AO sind, soweit ersichtlich, bislang von der EU-Kommission noch nicht aufgegriffen worden. Dies ist auch richtig, da es in Deutschland nicht um die Gestaltung des Steuerverhältnisses, sondern nur um die Bestätigung einer gesetzlichen Rechtslage geht. Hier könnte allenfalls die der Beauskunftung zugrunde liegende Norm Anlass für eine Beihilfeprüfung sein. Der Beihilfecharakter materieller Steuernormen ist ein breites Thema, das von der hier behandelten Thematik streng zu trennen ist und auf das nachfolgend nicht weiter eingegangen wird. Allerdings hat sich die Kommission noch nicht zur deutschen verbindlichen Auskunft erklärt. Deshalb droht, zumindest theoretisch, auch das Damoklesschwert der beihilferechtlichen Rückforderung. In diesem Fall hilft dann weder die verbindliche Auskunft selbst noch die Bestands- oder Rechtskraft der darauf ergangenen Steuerbescheide. Wegen des Effektivitätsgrundsatzes des Beihilferechts wäre Deutschland verpflichtet, über seine Finanzverwaltung Vorteile zurückzufordern, die als Beihilfe im steuerlichen Kleid unter dem Schutzmantel einer verbindlichen Auskunft gewährt wurden, unabhängig von jeder materiellen oder formellen Bestandskraft. Voraussetzung wäre allerdings, dass die verbindliche Auskunft sich als Bevorzugung eines Steuerpflichtigen gegenüber anderen bei rechtlich 66 Pressemitteilung der Europäischen Kommission v. 4.10.2017, S. 3 f. 67 Bekanntmachung der Europäischen Kommission v. 6.2.2015, ABl. EU 2015 Nr. C 44, 13. 68 Bekanntmachung der Europäischen Kommission v. 17.10.2014, ABl. EU 2014 Nr. C 369, 22. 69 Bekanntmachung der Europäischen Kommission v. 19.12.2014, ABl. EU 2014 Nr. C 460, 11. 70 Bekanntmachung der Europäischen Kommission v. 23.7.2019, ABl. EU 2019 Nr. L 195, 20.
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oder tatsächlich vergleichbarer Lage darstellt.71 Dies ist bei einer verbindlichen Auskunft eigentlich nur dann möglich, wenn die zugrunde liegende rechtliche Würdigung unzutreffend ist, weil sich die Rechtslage geändert hat, die angenommenen Tatsachen falsch waren oder aber sich die Finanzbehörde bei Erteilung der verbindlichen Auskunft schlicht rechtlich geirrt hat. Denn dann erwächst dem Steuerpflichtigen, der die Zusage erhalten hat, ein Vorteil, der das Selektivitätskriterium bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen könnte. Meines Erachtens ist eine derartige falsche verbindliche Auskunft aber abzugrenzen von einer gezielten steuerlichen Privilegierung aufgrund außersteuerlicher Motive, die ihre Ursache z.B. in Wirtschafts-, Branchen- oder Standortförderung haben kann. Allein aufgrund einer derartigen außersteuerlichen Motivation ergangene verbindliche Auskünfte verdienen es, als Beihilfe in Betracht gezogen zu werden. Wenn man die von der Kommission aufgegriffenen Fälle zu Tax Rulings anschaut, betreffen sie auch gerade derartige Fälle. Deshalb ist die verbindliche Auskunft grundsätzlich unproblematisch, lediglich die gezielte steuerliche Privilegierung im Einzelfall wäre kritisch zu beurteilen. Möchte man dieses Ergebnis in die vom EuGH immer noch praktizierte Drei-Stufen-Prüfung bei steuerlichen Beihilfen72 überführen, so wäre die Selektivität jedenfalls durch zwingende steuerimmanente Notwendigkeiten gerechtfertigt: Die Bestandskraft von Entscheidungen ist Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips und damit notwendiger Verfahrensbestandteil eines jeden Steuerrechtssystems.73 Wenn es keine Bestands- oder Rechtskraft gäbe, müssten rechtsstaatliche Systeme kollabieren. Jede Entscheidung wäre für immer anfecht- und änderbar, ein für alle Seiten untragbarer Zustand. Rechtskraft ist deshalb eine notwendige Voraussetzung für das rechtsstaatliche Handeln des Staates. Dies muss dann auch für verbindliche Auskünfte gelten. Sie dienen gerade der Besei71 In der Mitteilung der Europäischen Kommission v. 10.12.1998 über die Anwendung der staatlichen Beihilfe auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Steuereinnahmeverlust, der einer Verwendung staatlicher Mittel gleichsteht, auch durch lokale Einrichtungen der Mitgliedsstaaten gewährt werden kann, ABl. EU 1998 Nr. C 384, 3. 72 EuGH v. 19.10.2016 – C 148/15, NVwZ 2016, 1793; EuGH v. 15.11.2011 – C 106/09 P, juris; EuGH v. 8.9.2011 – C 78/08, EuZW 2011, 878. 73 BVerfG v. 20.4.1982 – 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Vor §§ 172–177 AO Rz. 1 (November 2016); Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 172 AO Rz. 2 (April 2017).
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tigung von dem Steuerrecht inhärenten Unsicherheiten. Deshalb kommen sie ohne Bestandskraft nicht aus, weil sie ansonsten die durch sie allein intendierte Planungssicherheit nicht geben können. Nur ausnahmsweise, bei gezielter gesetzwidriger Bevorzugung eines Steuerpflichtigen, kann etwas anderes gelten. Jedenfalls ist wichtig, dass es um die Beurteilung der verbindlichen Auskunft aus einer anderen Perspektive geht: War die Entscheidung der Finanzbehörde zum Zeitpunkt der Erteilung der verbindlichen Auskunft vertretbar? Dann kommt Beihilfe nicht in Betracht.
VI. Zusammenfassung und steuerpolitische Anliegen Die Bestandsaufnahme zeigt, dass trotz einer gewissen Praxiserprobung und „Alltagstauglichkeit“ der verbindlichen Auskunft eine Reform notwendig ist. In den vergangenen 13 Jahren seit Einführung des § 89 Abs. 2 AO hat sich insbesondere die Rechtsprechung in vielen Bereichen in eine Richtung entwickelt, die für Steuerpflichtige einen effektiven Einsatz der verbindlichen Auskunft zur verlässlichen Klärung der Rahmenbedingungen seines geplanten Handelns schwierig oder gar unmöglich macht. Deshalb hilft nur eine gesetzgeberische Reform. Diese ist auch aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit angezeigt, da es die Aufgabe des Staates ist, seinen (Steuer-)Bürgern Rechtssicherheit zu gewähren und einen verlässlichen, vorhersehbaren Rahmen für ihr wirtschaftliches Handeln zu schaffen. Der Staat ist unabhängig davon aber auch gut beraten, wenn er starke Instrumente zur vorgängigen Klärung der Rechtslage schafft: Die Rechtssicherheit kann der Staat ohne Zusatzbelastung gewähren, da die Verwaltung für die zu beurteilenden Fälle Gebühren erhält und diese meistens später im Rahmen der Betriebsprüfung ohnehin entscheiden müsste. Vor allem aber ist davon auszugehen, dass Steuerpflichtige Gestaltungsmöglichkeiten nicht bis an die vielleicht gerade noch vertretbare, letzte Grenze ausnutzen, wenn sie ein Projekt zur Auskunft stellen. Die Etablierung einer Kultur der verbindlichen Auskunft könnte also zu einer Abnahme von aggressiven Gestaltungen führen. Für eine gesetzgeberische Reform sind folgende Punkte wichtig: 1. Der Steuerpflichtige muss einen an keine weiteren Bedingungen geknüpften Anspruch auf zeitnahe und bestandssichere Beurteilung der zur Auskunft gestellten Planung haben. Dies muss auch dann gelten, wenn die Auslegung von Normen in Klärung ist, z.B. die Finanzverwaltung einen Erlass vorbereitet.
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2. Der Steuerpflichtige muss einen Anspruch auf volle gerichtliche Überprüfung bekommen, bei eilbedürftigen Fällen sollte es ein Eilverfahren im einstweiligen Rechtsschutz geben. 3. Schließlich sollte der Gesetzgeber die beihilferechtliche Unbedenklichkeit in geeigneter Form absichern.
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Diskussion zu den Referaten von Prof. Dr. Matthias Loose und Dr. Achim Dannecker Prof. Dr. Gerhard Kraft, Halle-Wittenberg Vielen Dank für die beiden sehr kenntnisreichen Vorträge. Herrn Dannecker kann ich bestätigen. Wir sollten vielleicht mal nach Holland gucken. Da haben wir eine „Ruling-Praxis“ in einem „Ruling-Office“ in Rotterdam. Da ist alles erfüllt, was Sie an Desiderata formuliert haben. Aber das ist nicht mein Hauptanliegen. Herr Loose hat wunderbar die Probleme bei Inbound-Umstrukturierung im Ausland illustriert. Meine Frage wäre eine an Sie, Herr Loose, ist das nicht ein verfassungsrechtliches Problem? Sie haben da den Begriff des Vollzugsdefizits glaube ich genannt, dass der eine Buchhalter Kenntnis hat, zeigt an, wird grunderwerbsteuerlich belastet. Der andere, der weiß gar nichts davon. Genauso ist es, wenn man die Praktiker aus der Betriebsprüfung fragt. Tja, das ist irgendwie ein Zufallsspiel. Und dann würde ich an Herrn Dr. Dannecker die Frage anschließen: Hat der Berater, der ein Dauermandat hat, nicht eine ständige Beobachtungspflicht, ob irgendwo im Konzern im Ausland sich die Anteilseignerstruktur so geändert hat, dass ein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand erfüllt ist? Also wie man den BGH verstehen könnte, halte ich das nicht für völlig abwegig. Prof. Dr. Johanna Hey, Köln Ich kann es ganz kurz machen, weil sich meine Frage gut anschließt. Wie soll man der Anzeigepflicht bei mittelbarer Tatbestandsverwirklichung nachkommen? Anders gefasst: Hier haben wir es nicht nur mit einem verfassungsrechtlichen Erhebungsdefizit zu tun, sondern mit einer Deklarationsunmöglichkeit. Es ist aus meiner Sicht fraglich, ob sich die Rechtsprechung des BVerfG zu Zinsen bzw. Veräußerungsgewinnen wiederholen lässt, denn ihr lag das sehr spezielle Vollzugshindernis des § 30a AO zugrunde. Hier haben wir es aber mit einer neuen Kategorie von Vollzugsunmöglichkeit zu tun, die letztlich genauso schwer wiegt. Der Steuerpflichtige muss einen Sachverhalt erklären, der von einem Dritten verwirklicht wird, und zwar unabhängig davon, ob er überhaupt (zivil)rechtlich in der Lage ist, sich die entsprechenden Informationen
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zu besorgen. Eine zutreffende Deklaration ist vielfach unmöglich. Wenn schon dem Steuerpflichtigen die Sachverhaltskenntnis fehlt, wird auch die Finanzverwaltung in der Regel zum Vollzug nicht in der Lage sein. Sollte der Sachverhalt später doch – zufällig – zur Kenntnis der Finanzverwaltung gelangen, dürfen aus der Nichterklärung keine strafrechtlichen Konsequenzen gezogen werden, wenn der Steuerpflichtigen gar nicht in der Lage war, seine Pflichten zu erfüllen. Dr. Hans-Hermann Bowitz, Frankfurt/M. Dankeschön, ich möchte eine Anmerkung zu Ihrem Vortrag machen, Herr Dannecker, und ich tue mal so, als ob ich aufgrund meiner Biographie wüsste, wovon ich rede. Nämlich zu den psychologischen Rahmenbedingen: Ich glaube, man muss sehr würdigen, wenn ein Finanzamt tatsächlich bereit ist, einem Antrag auf verbindliche Auskunft zu entsprechen, weil es für einen Vorsteher eines Finanzamtes eigentlich völlig reizlos ist, so etwas zu tun, denn er kann sich damit latent kaum Lob und Anerkennung, sondern nur Sorgen und Nöte einhandeln. Das war schon so, bevor das Ganze in den Bereich der Beihilfe eingeordnet wurde. Das beginnt mit der eigenen Betriebsprüfung, die nach Erteilung einer verbindlichen Auskunft Jahre später kommen und sagen kann: Was hast Du Vorsteher denn hier eigentlich gemacht? Und warum ist das für einen Vorsteher zudem noch sehr schwierig? Weil er, selbst wenn er steuerlich interessiert unterwegs ist, auf Fachleute in seinem Amt angewiesen bleibt. Er braucht diese Fachleute, zumeist aus der Körperschaftsteuerstelle, die die ausgeprägte Bereitschaft mitbringen müssen, nicht nur das zu tun, was Finanzbeamte auszeichnet, nämlich irgendwann einmal hinterher den gewachsenen Erkenntnissen der Rechtsgemeinschaft folgend die Rechtslage zu prüfen, sondern die die Bereitschaft und die Fähigkeit haben, sich auch im ganz aktuellen Steuerrecht und in den ihm eigenen Unsicherheiten zu bewegen. Und dann muss man sagen, dieses Sich-Bewegen im aktuellen Steuerrecht wird in keiner Statistik erfasst. Es wird nicht belohnt. Es ist eine Zusatzaufgabe, eine zusätzliche Arbeit, der man sich stellt, weil ihre Bewältigung einem persönlich Spaß und Freude bereitet. Die Erfüllung dieser Zusatzaufgabe führt jedoch in keiner Weise zu einer besonderen Anerkennung. Diese Aktivität ist folglich eine sehr ungewöhnliche Aktivität für einen Finanzbeamten, der sich mit seinem Vorsteher als Dienstleister der Unternehmen verstehen muss, um diese Aktivität überhaupt zu rechtfertigen. Und das ist dann eben für viele nicht wirklich einfach. Die Gefahr ist groß, dass man bei der Einschätzung von Sachverhalten Jahre später zu einer anderen rechtlichen Er-
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kenntnis gelangt als zum Zeitpunkt der Erteilung der verbindlichen Auskunft. Ich glaube deshalb nicht, dass die Verweigerung einer (gewünschten) verbindlichen Auskunft einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip darstellen kann. Der Rechtsstaat gewährleistet nur eine gerichtliche Überprüfung, er ist aber nicht dazu berufen, dem Steuerpflichtigen in jedem Fall das Risiko seiner Steuergestaltung abzunehmen. In der Praxis ist die Erteilung einer verbindlichen Auskunft freilich gerade für große Unternehmen, die beispielsweise bei Umstrukturierungen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko eingehen, ganz wichtig. Das kann ich nur unterstreichen. Aber im Gegenzug müsste dazu die Finanzverwaltung die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellen. Und dass sie das tun wird, da habe ich meine Zweifel. Prof. Dr. Matthias Loose, München Genau. Ich antworte zunächst Herrn Kraft und Johanna Hey. Die Fragen hängen zusammen. Herr Kraft, ich glaube, ich habe den Begriff des strukturellen Vollzugsdefizits nicht in den Mund genommen. Aber es ist natürlich so, wie auch Johanna Hey es angesprochen hat. Jemand wird verpflichtet, eine Anzeige zu machen über Rechtsvorgänge, die gar nicht in seinem Wissensbereich stattfinden, und das ist natürlich ein echtes Problem. Ich weiß nicht, wie wir künftig mit solchen Fällen umgehen wollen. Wir kommen häufig beim § 16 Abs. 5 GrEStG zu der Frage, ob vor der Rückabwicklung ordnungsgemäß angezeigt wurde. Oder das Problem der ordnungsgemäßen Anzeigen taucht im Rahmen der Festsetzungsverjährung auf. Bei der Festsetzungsverjährung waren wir bisher relativ streng. Bei der Frage des § 16 Abs. 5 GrEStG waren wir eigentlich großzügig, wurden aber vom Gesetzgeber korrigiert. Der II. Senat des BFH ist nicht nur für Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer zuständig, sondern hat auch die sog. Auffangzuständigkeit. Vor einigen Jahren hatten wir über einen Auskunftsanspruch gegen ein großes Internetunternehmen zu entscheiden. Das Unternehmen sollte der Finanzverwaltung mitteilen, wer auf der Plattform entsprechende Umsätze, die über den Kleinunternehmer hinausgehen, durchgeführt hatte. Das Unternehmen hat vorgetragen, dass es die Auskunft nicht erteilen könne und deshalb das Sammelauskunftsersuchen unzulässig sei. Die Daten lägen bei irgendeiner Gesellschaft in z.B. Luxemburg. Wir waren in diesem Fall streng und haben entschieden, dass man gesellschaftsrechtlich oder sonst wie Vorkehrungen treffen müsse, damit man die Auskünfte erteilen könne. Aber die Anzeigepflichten, über die wir bei der Grunderwerbsteuer sprechen, haben noch eine andere Qualität. Man müsste als Geschäftsführer in den
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Anstellungsvertrag reinschreiben lassen: „Ich bitte, mich von jeglicher Haftung freizustellen, die aufgrund welcher Verschmelzungsvorgänge im Konzern auch immer entsteht.“ Der Geschäftsführer einer GmbH kann ja gar nicht wissen, was drei Stufen über ihm im Konzern passiert. Es ist schwierig, ob wir tatsächlich zu einem systematischen oder zu einem strukturellen Vollzugsdefizit kommen. Die Problematik wird sich aber im Einzelfall stellen. Noch eine Anmerkung zu Ihnen, Herr Dannecker. Wir stellen uns mal vor, jemand habe eine Schwestergesellschaft auf eine andere verschmelzen wollen, und zwar vor den beim BFH anhängigen Verfahren zu § 6a GrEStG. Er wollte aber sicher sein, ob das denn mit den Erlassen der Finanzverwaltung passt. Dann wäre man zur Finanzverwaltung gegangen und hätte dort eine verbindliche Auskunft beantragt. Die Finanzverwaltung hätte nach ihren eigenen Erlassen entscheiden müssen: Ja, der Fall ist begünstigt, und hätte eine positive verbindliche Auskunft erteilt. Man hätte dort die Gebühr bezahlt. Der Mandant hätte die auch gerne gezahlt, weil er ja dafür Rechtssicherheit bekommen hätte. Anschließend hätte man diese Verschmelzung vorgenommen. Nun kommt der BFH, legt einen anderen Fall dem EuGH zur Prüfung vor, ob § 6a GrEStG eine verbotene Beihilfe darstellt. Angenommen der EuGH – zum Glück ist es nicht geschehen – käme zum Ergebnis: Ja, das ist tatsächlich eine Beihilfe, und die Kommission segnet die auch nicht nachträglich ab. Wie wollen Sie das dem Mandanten erklären? Er muss nun für eine Verschmelzung Grunderwerbsteuer zahlen, die er ohne die verbindliche Auskunft vielleicht gar nicht durchgeführt hätte. Zum Glück sind das nur theoretische Überlegungen. Sie unterstützen aber genau das, was Sie gesagt haben. Dr. Achim Dannecker, Stuttgart Wir haben in Fällen für große Konzerne Umstrukturierungen mit Ausgliederung von Grundstücken auf eine Tochterkapitalgesellschaft unter Anwendung von § 6a GrEStG umgesetzt, obwohl wir die Ausgliederung auch auf Tochter-Personengesellschaften hätten vornehmen können. Als dann völlig überraschend und aus dem Nichts die Vorlage von § 6a GrEStG an den EuGH kam, war das für den Mandanten und uns überraschend. Die mögliche Beihilfeeigenschaft von § 6a GrEStG wurde auch erst relativ kurz vor der Vorlage in der Literatur erst thematisiert, sinnigerweise durch Viskorf, der damals noch dem vorlegenden Senat des BFH vorstand. Ansonsten gab es keine Hinweise. Dabei wurde § 6a GrEStG bei vielen großen Konzernumstrukturierungen angewandt, die ansonsten fällige Grunderwerbsteuer wäre teilweise bis in den dreistelligen Millio-
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nenbereich gegangen. Im Hinblick auf internationale Fälle und die steuerstrafrechtliche Brisanz nicht erkannter Grunderwerbsteuer bei ausländischen Umstrukturierungen kann ich von einem etwa 20 Jahre zurückliegenden Fall berichten, mit dem ich während einer halbjährigen Tätigkeit bei einer Londoner Anwaltskanzlei beschäftig war. Ein amerikanischer Konzern hatte ein alteingesessenes deutsches Industrieunternehmen bereits vor längerer Zeit erworben. Nunmehr waren in den USA in zwei Schritten zwei zusätzliche Zwischenholdings in den Konzernaufbau eingezogen worden. Dadurch wurde nicht nur einmal, sondern zweimal Grunderwerbsteuer ausgelöst. Die Größenordnung waren 50 Millionen DM damals. Es war den amerikanischen Mandanten kaum zu vermitteln, dass durch eine US-Umstrukturierung deutsche Grunderwerbsteuer ausgelöst wurde. Am Ende haben Sie es aber eingesehen. Zur Bindungswirkung von verbindlichen Auskünften kann ich noch von einem Fall berichten, der über 20 Jahre zurückliegt. Vor meiner Anwaltstätigkeit war ich zwei Jahre als Assessor bei der Finanzverwaltung tätig. Das Finanzamt hatte eine verbindliche Auskunft erteilt und ich sollte prüfen, ob deren Bindungswirkung im konkreten Fall wirklich eingreift. Es wollte gerne eine andere Entscheidung in der Sache treffen. Dies ist die andere Seite der Medaille, der Steuerpflichtige möchte regelmäßig wie beschrieben eine möglichst umfassende und weitgehende Bindungswirkung. Letztlich spricht aber auch diese Begebenheit für mein Petitum, dass die Finanzverwaltung die Voraussetzungen schaffen kann und auch schaffen muss, um leistungsfähige personelle Ressourcen zu haben, damit verbindliche Auskünfte zeitnah und in der gebotenen Qualität bearbeitet werden können. Derzeit sachlich zuständig sind die Sachgebietsleiter, oft gute und bewährte Beamte aus dem gehobenen Dienst. Diese sind aber oftmals überfordert, wenn verbindliche Auspunkte mit großer finanzieller Tragweite und kompliziertem Sachverhalt sowie schwierigen Rechtsfragen bei Ihnen ankommen. Ich bin deshalb dafür, dass es Spezialzuständigkeiten gibt mit entsprechend geschultem und qualifiziertem Personal, das eng mit der Betriebsprüfung zusammenarbeiten sollte, um qualifizierte Antworten auf die Anfragen geben zu können. Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Herr Dannecker, ich möchte Ihnen in einem Punkt zustimmen, in einem anderen Punkt bin anderer Meinung. Zustimmen möchte ich Ihnen bei Ihrer Kritik, dass die Finanzverwaltung keine verbindlichen Auskünfte
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bei Steuervorteilen gibt oder wenn es darum geht, die Grenze der Rechtmäßigkeit einer Gestaltung auszuloten. Man muss sich fragen, was für ein Rechtsverständnis hinter dieser ablehnenden Haltung steht. Augenscheinlich geht die Finanzverwaltung davon aus, dass das Recht keine klaren Grenzen zieht, also nicht schwarz oder weiß ist. Vielmehr soll es dazwischen einen Graubereich geben, der von den Steuerpflichtigen möglichst nicht betreten werden soll. Meine Vorstellung von Recht ist das nicht. Eine Gestaltung löst entweder die gewünschten steuerlichen Rechtsfolgen aus oder eben nicht. Schwarz oder weiß. Wenn man dazwischen einen Graubereich im Sinne eines „Sicherheitsabstandes“ hineindefiniert, was zur Folge haben kann, dass Steuerpflichtige auch von rechtlich zulässigen Gestaltungen abgeschreckt werden, halte ich das rechtsstaatlich für bedenklich. Dagegen teile ich Ihre Auffassung nicht bei Ihrer Kritik, dass die Justiz die inhaltliche Richtigkeit einer ablehnenden verbindlichen Auskunft nicht voll überprüft. Wir haben hier ein Dilemma. Auf der einen Seite ist die ablehnende verbindliche Auskunft eine Entscheidung der Finanzverwaltung und damit eine staatliche Entscheidung, gegen die wir gerichtlichen Rechtsschutz gewähren müssen. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch: Wenn die Gerichte die inhaltliche Richtigkeit verbindlicher Auskünfte voll überprüfen würden, hätten wir am Ende Gutachten der Gerichte zu noch nicht verwirklichten Sachverhalten. Die primäre und genuine Aufgabe der Gerichte ist es aber, über bereits verwirklichte Sachverhalte zu entscheiden, und gerade nicht, vorab durch Gutachten noch nicht verwirklichte Sachverhalte rechtlich zu bewerten. Vor dem Hintergrund hat der BFH meines Erachtens einen ganz klugen Kompromiss gefunden, wenn er sagt: Die evidenten Fehler, die überprüfen wir, aber eine Vollkontrolle machen wir nicht. Michael Wendt, München Ja, Herr Desens hat fast schon alles gesagt, was ich sagen wollte. Zu der Frage der Überprüfbarkeit dieser Auskünfte: Ich hätte jetzt noch erwähnen können, dass das Land Nordrhein-Westfalen ja beabsichtigt, den BFH wieder mit Gutachten zu beauftragen. Es ist vielleicht bekannt, dass das bei Gründung des Reichsfinanzhofs so war, dass der Reichsfinanzhof Gutachten erstatten konnte und das ging bis zur Einführung der Finanzgerichtsordnung so. Deswegen heißt der Bundesfinanzhof auch heute noch Bundesfinanzhof und nicht Bundesfinanzgerichtshof, weil es sich für ein Gericht nicht gehört Gutachten zu erstatten. Und wenn es denn so
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wäre, dass wir Gutachten erstatten würden, dann müssten für beide Seiten Gutachten möglich sein. Also deswegen halte ich den Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen nicht für zielführend. Dann müsste auch der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Gutachten haben. Dann könnte Herr Dannecker sich natürlich anschließen und dann würde er sein Gutachten bekommen. Aber das, was Herr Bowitz zur Kapazität der Finanzverwaltung gesagt hat, das würde selbstverständlich für die Rechtsprechung auch gelten. Wenn man solche Gutachten machen lassen will, braucht man auch Personal dafür. Der zweite Punkt, den ich kurz erwähnen wollte: Herr Dannecker, Sie haben nicht erwähnt eine Entscheidung des BFH zur verbindlichen Auskunft für Personengesellschaften. Da gibt es ein Urteil des III. Senats, der gesagt hat: Die Personengesellschaft hatte den Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt und nachher waren sich die Gesellschafter nicht mehr einig, wie sie damit umgehen sollen, und da hat der BFH gesagt: Dann ist die verbindliche Auskunft unwirksam. Die erzeugt keine Wirkung. Mit anderen Worten: Nur, wenn die Gesellschafter zusammenbleiben nach dem Antrag und sich weiter grün sind, hat die verbindliche Auskunft eine Wirkung und ansonsten kann man sie einfach auf den Müllhaufen werfen. Das ist ziemlich teuer, wenn man 90.000 t für die verbindliche Auskunft gezahlt hat. Dr. Achim Dannecker, Stuttgart Ja, ich meine das war der Fall, Herr Wendt, von dem Sie sprechen, in dem eine falsche Auskunft erteilt wurde und dann war die Frage: Kann, wenn einer der Gesellschafter diese falschen Rechtswirkungen nicht mehr will, das dazu führen, dass die Bindungswirkung entfällt? Das ist in der Tat ein schwieriges Thema, da die Interessen der Beteiligten auseinandergehen können. Ich hatte es bei sonstigen Anträgen usw. erwähnt. Zum Beispiel auch im Umwandlungssteuerrecht gehen die steuerlichen Interessen der Beteiligten teilweise erheblich auseinander. Deshalb muss man sich im Vorfeld genau überlegen, ob ggf. vertragliche Abmachungen zwischen den Beteiligten über die Ausübung von Gestaltungsrechten oder aber die Einholung und Umsetzung verbindlicher Auskünfte getroffen werden. Das ist dann eine verbindliche Grundlage, die abweichendes Verhalten auch sanktionieren kann. Bitte erlauben Sie mir zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von verbindlichen Auskünften noch Folgendes zu sagen: Natürlich ist das ein Ressourcenthema für die Gerichte. Ich hätte persönlich aber nichts dagegen, wenn der BFH mehr im „luftleeren Raum“ tätig wird, denn dann werden
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wieder die Rechtsfragen, die uns vor allem im Unternehmenssteuerrecht in der Praxis beschäftigen, vermehrt, verstärkt und auch zeitnäher entschieden. Diese Entscheidungen wären in aller Regel nicht nur für den Papierkorb, sondern unabhängig vom entschiedenen Fall für die Praxis sehr relevant. Heute wird ja üblicherweise vieles in der Betriebsprüfung „weggedealt“, weil die Unternehmen sich schlicht nicht leisten können oder wollen, ins Rechtsmittel zu gehen. Ein Unternehmen zahlt regelmäßig lieber 10 Millionen Euro, als dass es einen Rechtsstreit über 50 Millionen Euro über viele Jahre führt, der das Ergebnis in dieser Höhe zunächst unmittelbar und regelmäßig für die gesamte Verfahrensdauer belastet. Selbst wenn dann nach vielleicht zehn Jahren eine positive Entscheidung des BFH zugunsten des Unternehmens getroffen wird, haben die damals beteiligten Mitarbeiter des Unternehmens oftmals nichts mehr davon, insbesondere, wenn sie nicht mehr da oder an anderer Stelle tätig sind. Die Mitarbeiter von Unternehmen neigen deshalb oft dazu, Kompromisse einzugehen, ohne dass wichtige Rechtsfragen gerichtlich entschieden würden. Alles andere würde ihnen zum Vorwurf. Die interessanten Rechtsfragen kommen deshalb oft nicht zu Gericht. Das würden sie allerdings verstärkt, wenn wir eine Kultur der Vorabklärung im Wege der verbindlichen Auskunft und deren gerichtlicher Überprüfung hätten. Die Entscheidungen sind den Gerichten auch zumutbar, da sie zum einen der allgemeinen (und notwendigen) Rechtentwicklung dienen und zum anderen vermeiden, dass die Steuerpflichtigen im konkreten Fall einer unklaren Rechtslage ins volle Risiko müssten. Das ist ihnen – ich hatte es ja bereits ausgeführt – nicht zumutbar.
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Grenzüberschreitende Umstrukturierungen von Unternehmen zwischen deutschem, internationalem und Europäischem Steuerrecht Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, München
I. Einführung 1. Fragestellung 2. Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung a) Gesetzgebung in Deutschland b) Deutsche Rechtsprechung c) Europäische Rechtsprechung d) Europäische Gesetzgebung e) Doppelbesteuerungsabkommen II. Verlagerung von Betriebsvermögen 1. Verlagerungen im EStG a) Verlagerung in einen NichtDBA-Staat aa) Entstrickungsregeln im EStG bb) § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 AStG cc) Ausgleichsposten nach § 4g EStG b) Verlagerung in einen DBAStaat aa) Ausschluss und Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts bb) Auslegung der älteren Doppelbesteuerungsabkommen cc) Der Authorized OECD Approach c) Europarechtliche Restriktionen aa) Grundsatz bb) Überführung in NichtDBA-Betriebsstätte
cc) Überführung in eine DBABetriebsstätte (1) Die Rolle der Doppelbesteuerungsabkommen für die Anwendung der Grundfreiheiten (2) Grenzüberschreitende Steuerkonkurrenz (3) Differenzierung zwischen Anrechnungs- und Freistellungsmethode? (4) Territorialität und Steuervollzug dd) Nachträgliche Entwicklungen d) Verlagerung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte eines ausländischen Steuerpflichtigen 2. Verlagerungen im KStG a) Grundlagen b) ATAD-Richtlinie III. Wegzug von Steuerpflichtigen 1. Wegzug einer einkommensteuerpflichtigen Person a) Inländisches Betriebsvermögen b) Ausländisches Betriebsvermögen 2. Wegzug einer körperschaftsteuerpflichtigen Person a) Gesellschaftsrechtliche Vorfragen b) Steuerliche Konsequenzen für die Gesellschaft
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Schön – Grenzüberschreitende Umstrukturierungen einschl. EU-Recht c) Steuerliche Konsequenzen für die Gesellschafter IV. Grenzüberschreitende Einbringung von Betriebsvermögen 1. Einbringung durch inländische Steuerpflichtige a) Einbringung inländischen Betriebsvermögens aa) Inländische Empfänger bb) Ausländische Empfänger (1) Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens (2) Gewährte Anteile b) Einbringung ausländischen Betriebsvermögens aa) Inländische Empfänger
bb) Ausländische Empfänger 2. Einbringung durch ausländische Steuerpflichtige V. Grenzüberschreitender Anteilstausch 1. Inländische Anteilseigner a) Inländische Anteile aa) Inländische Empfänger bb) Ausländische Empfänger (1) Ebene der Gesellschaft (2) Ebene des Anteilseigners b) Ausländische Anteile 2. Ausländische Anteilseigner VI. Schluss
I. Einführung 1. Fragestellung Die steuerlichen Konsequenzen grenzüberschreitender Umstrukturierungen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht sind vielfältiger Natur. Sie betreffen die Grenzen zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Sie betreffen die Aufteilung von Besteuerungsrechten zwischen Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat. Sie betreffen die Zuordnung von Geschäftsvorfällen zwischen in- und ausländischen Buchungskreisen. Es geht um die Anwendung in- und ausländischen Steuerbilanzrechts ebenso wie um die Fortführung von Bilanzpositionen nach einem Umwandlungsvorgang. Vor allem aber geht es in immer neuen Variationen um die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die grenzüberschreitende Umstrukturierung eines Unternehmens zur Aufdeckung stiller Reserven in den Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens oder in den Anteilen an Kapitalgesellschaften führt. Der Frage nach den rechtlichen Grundlagen und Grenzen der Realisierung latenter Wertsteigerungen ist dieser Vortrag gewidmet. Die Darstellung ist darauf angelegt, vom „einfachen“ Grundfall zu immer komplizierteren Einzelfällen voranzuschreiten. Sie beginnt mit der grenzüberschreitenden Verlagerung von Betriebsvermögen in der Hand ei-
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nes einzelnen Steuerpflichtigen im Rahmen des Einkommensteuerrechts und des Körperschaftsteuerrechts. Diesen Fällen einer „objektbezogenen“ Entstrickung folgen Fälle der „subjektbezogenen“ Entstrickung, nämlich der grenzüberschreitenden Verlegung der Ansässigkeit von natürlichen und juristischen Personen1. Beiden Konstellationen ist gemeinsam, dass sie sich durch eine lediglich „horizontale“ Verschiebung von Steuergut zwischen verschiedenen Jurisdiktionen auszeichnen. Das steuerpflichtige Subjekt bleibt identisch. Eine zusätzliche „vertikale“ Dimension eröffnet sich indessen, wenn grenzüberschreitend Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile von natürlichen Personen oder Körperschaften in Kapitalgesellschaften eingebracht werden oder Kapitalgesellschaftsanteile als Sacheinlage dienen. Hier geht es nicht nur darum, ob das Steuergut die Gebietshoheit eines Staates überhaupt verlässt, sondern auch um die Wahl zwischen der Sicherung des Zugriffs auf die nicht realisierten Wertsteigerungen auf der Ebene der einbringenden Steuerpflichtigen oder die Sicherung des Zugriffs auf der Ebene der erwerbenden Kapitalgesellschaft. Beispielhaft hierfür ist die Frage nach der Notwendigkeit einer „doppelten Buchwertfortführung“ oder nach der Anwendbarkeit von § 8b KStG. Kein Raum ist in diesem Vortrag für Verschmelzung und Spaltung. Doch lässt sich sagen, dass bei deren Behandlung vielfach für die Gesamtrechtsnachfolge nachvollzogen wird, was in den behandelten Fällen der Einzelrechtsnachfolge durch Einbringung und Anteilstausch für richtig erkannt worden ist. In den vergangenen Jahrzehnten war ein Großteil der Fälle grenzüberschreitender Umstrukturierungen nicht nur in steuerlicher Hinsicht grundsätzlichen Fragen ausgesetzt. Nicht minder bedeutsam waren in rechtspraktischer und rechtswissenschaftlicher Hinsicht Vorfragen des internationalen Gesellschaftsrechts und ihr europarechtlicher Rahmen2. An dieser Front ist weitgehend Entspannung eingetreten. Inzwischen hat der Europäische Gerichtshof der Niederlassungsfreiheit sowohl für die Verlegung des Verwaltungssitzes3 als auch für den grenzüberschreitenden
1 Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 6.372 ff.; Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (426). 2 Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2019, § 3; Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 ff. 3 EuGH v. 9.3.1999 – C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126 – Centros; EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632 – Überseering; EuGH v. 30.9.2003 – C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 – Inspire Art.
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Formwechsel4 zum Durchbruch verholfen, und auch die lange erhoffte Richtlinie zur Sitzverlegung ist verabschiedet5. Für grenzüberschreitende Verschmelzungen haben zunächst die SE-VO aus dem Jahre 20026 und anschließend eine gesellschaftsrechtliche Angleichungsrichtlinie aus dem Jahre 20057 den nationalen Rechtsrahmen präfiguriert8. Anderen Umstrukturierungen – etwa der Verbringung von Wirtschaftsgütern zwischen in- und ausländischen Betriebsstätten oder der grenzüberschreitenden Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Unternehmensteilen, aber auch dem grenzüberschreitenden Anteilstausch – stehen und standen letztlich zu keiner Zeit ernsthafte unternehmensrechtliche Hindernisse entgegen. Die grenzüberschreitende Umstrukturierung von Unternehmen – so lässt sich heute sagen – trifft (jedenfalls im Anwendungsbereich des europäischen Primär- und Sekundärrechts) auf Hindernisse eher im Steuerrecht und weniger im Gesellschaftsrecht oder im Internationalen Privatrecht.
2. Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung Der Versuch, die maßgeblichen Fallgestaltungen grenzüberschreitender Umstrukturierungen angemessen zu erfassen, muss in einem ersten Schritt herausarbeiten, dass und wie (nahezu) jede solche Gestaltung auf drei Regelungsebenen gewürdigt werden muss: dem deutschen Steuerrecht, dem Recht der Doppelbesteuerungsabkommen und dem Recht der Europäischen Union. Auf allen drei Regelungsebenen haben wir in den vergangenen Jahren dynamische Entwicklungen und echte Brüche erlebt. Zum besseren Verständnis der Einzelfälle empfiehlt es sich daher, einen kurzen Blick auf den „Zeitstrahl“ der vergangenen 50 Jahre zu werfen: 4 EuGH v. 16.12.2008 – C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723 – Cartesio; EuGH v. 12.7.2012 – C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440 – Vale; EuGH v. 25.10.2017 – C106/16, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud; Schön, ZGR 2013, 333. 5 Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen v. 27.11.2019, ABI. EU Nr. 321 v. 12.12.2019, 1. 6 Verordnung EG Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2011 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 1 ff. 7 Richtlinie 2005/56/EG v. 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 310 v. 25.11.2005, 1. 8 Siehe auch zur Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für die grenzüberschreitende Verschmelzung EuGH v. 13.12.2005 – C-411/03, ECLI:EU:C:2005:762 – Sevic.
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a) Gesetzgebung in Deutschland Blicken wir zunächst auf die deutsche Gesetzgebung, so stellen wir fest, dass der Bundesgesetzgeber die sachangemessene Behandlung grenzüberschreitender Umstrukturierungen über viele Jahrzehnte der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung überlassen hat9. Namentlich ein allgemeiner Tatbestand der „Entstrickung“ stiller Reserven war über Jahrzehnte nicht Gegenstand legislatorischer Initiativen10. Für die Belange der Praxis sorgten breit und durchaus großzügig angelegte Verwaltungsvorschriften11. Erst mit dem UmwStG 199512 und vor allem mit dem SEStEG 200613 wurde ein gesetzlicher Rahmen für die heutige steuerliche Praxis bereitgestellt. Auch wenn diese Gesetzesinitiativen ihren Ausgangspunkt in der Umsetzung europäischer Vorgaben hatten14, nutzte der Gesetzgeber diese Anlässe, auch außerhalb des zwingend harmonisierten Bereichs weitergehende und systematische Anordnungen zu 9 Ausführlich Schaumburg/Piltz, Internationales Umwandlungssteuerrecht, 1996; aus richterlicher Sicht: Buciek in Piltz/Schaumburg, Internationale Betriebsstättenbesteuerung, 2001, S. 43 ff. 10 Zur Entwicklung Schaumburg in Schaumburg/Piltz, Internationales Umwandlungssteuerrecht, 1996, S. 1 (18 ff.); Eisgruber in Lüdicke, Brennpunkte im deutschen internationalen Steuerrecht, 2010, S. 119 ff.; Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, 2013, S. 16 ff.; Förster in FS Gosch, 2016, S. 83 ff.; Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, BetriebsstättenHandbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.10 ff. 11 BMF, Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen (VWG Betriebsstätten) v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076. 12 Dazu ausführlich Schaumburg/Rödder, UmwG/UmwStG: Strukturierte Textausgabe des Umwandlungsgesetzes und des Umwandlungssteuergesetzes mit Materialien und ergänzenden Hinweisen, 1995. 13 Dazu ausführlich Blumenberg/Schäfer, Das SEStEG: Steuer- und gesellschaftsrechtliche Erläuterungen und Gestaltungshinweise, 2007. 14 Der steuerlichen Fusions-Richtlinie von 1990 (Richtlinie 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABl. EU Nr. L 310 v. 25.11.2009, 34, geändert durch Richtlinie 2013/13/EU des Rates v. 13.5.2013, ABl. EU Nr. L 141 v. 28.5.2013, 30) und der SE-VO von 2002 (Verordnung EG Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2011 über das Statut der Europäischen Gesellschaft [SE], ABl. EG Nr. L 294 v. 10.11.2001, 1 ff.).
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treffen. Eine zusätzliche Quelle der Inspiration für den deutschen Gesetzgeber bildet das Doppelbesteuerungsrecht. Zuletzt veränderte der deutsche Gesetzgeber im Jahre 2013 den gesetzlichen Rahmen, als er auf der Grundlage der Arbeiten der OECD zur Gewinnzuordnung bei Betriebsstätten in § 1 AStG die Fiktion der Selbständigkeit von Betriebsstätten für die grenzüberschreitende Gewinnaufteilung einführte15.
b) Deutsche Rechtsprechung Blicken wir des Weiteren auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung, so liegt der systembildende Ausgangspunkt in einem Urteil des I. Senats aus dem Jahre 196916. In diesem Urteil formulierte der Senat erstmals die „finale Entnahmetheorie“. Diese legitimierte die Aufdeckung stiller Reserven bei der Verlagerung von Betrieben und Betriebsvermögen ins Ausland mit der Begründung, dass andernfalls das Recht der Bundesrepublik Deutschland verfallen würde, die im Inland entstandenen stillen Reserven zu besteuern17. Nahezu vierzig Jahre später erklärte der I. Senat in zwei vielbeachteten Entscheidungen aus den Jahren 200818 und 200919 die Grundannahmen dieser „Theorie“ für obsolet20. Der deutsche Fiskus könne ohne weiteres auch nach der Überführung von Betriebsvermögen ins Ausland weiterhin auf die „Altreserven“ zugreifen und sei daher nicht zu einer Sofortbesteuerung gezwungen. Diese Urteile beeindruckten durch ihre systematische und teleologische Konsequenz, ihnen haftete aber auch der seltsame Geschmack der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ (Ernst Bloch) an. Denn nur wenige Jahre zuvor hatte der Gesetzgeber des SEStEG in diesem Punkt die frühere Rechtsprechung kodifiziert – eine Festlegung, die er unter dem Eindruck der nunmehr eingetretenen
15 Siehe unten II. 1. a) bb). 16 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175 ff.; BFH v. 28.4.1971 – I R 55/ 66, BStBl. II 1971, 630 ff.; dazu auch Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (431 ff.); zur Qualifikation eines Finanzierungsbeitrags des inländischen Stammhauses zur ausländischen Betriebsstätte s. bereits RFH v. 21.10.1936 – VI A 473/35, RStBl. 1937, 424 f. 17 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175 (176 f.). 18 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 ff. 19 BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BFHE 227, 83 ff.; Vorinstanz: FG Köln v. 18.3.2008 – 1 K 4110/04, EFG 2009, 259 f. 20 Zuvor bereits Wassermeyer, DB 2006, 1176 ff.; Wassermeyer, IStR 2008, 176 (180).
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Wende in der Rechtsprechung des BFH im Jahre 2010 noch einmal ausdrücklich gegen Auslegungszweifel des Schrifttums21 absicherte22.
c) Europäische Rechtsprechung Während der BFH vor gut 10 Jahren mit der Aufgabe der „finalen Entnahmetheorie“ in der Praxis Hoffnung auf eine Liberalisierung der steuerlichen Vorgaben für grenzüberschreitende Umwandlungen erzeugt hatte, bewegte sich der Europäische Gerichtshof nahezu zeitgleich in die Gegenrichtung23. Dabei hatte alles so hoffnungsfroh begonnen. In den Jahren nach der Jahrtausendwende hatten die frühen Entscheidungen des Gerichtshofs zur Wirkung der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit auf die Steuerfolgen des grenzüberschreitenden Anteilstauschs (X und Y24) und des Wegzugs natürlicher Personen (Hughes de Lasteyrie des Saillant25 und N26) für den massiven Abbau steuerlicher Hindernisse für grenzüberschreitende Wohnsitzwechsel und die Verlagerung von Beteiligungen gesorgt. Aus deutscher Sicht wurde daraufhin vor allem § 6 AStG angepasst (der auf Einzelsteuerpflichtige und nicht auf Unternehmen bezogen ist und daher in diesem Referat nicht weiter behandelt wird). Diese Judikate waren von der Erkenntnis getrieben, dass es mit dem Geist des Europäischen Binnenmarkts zutiefst unvereinbar ist, den Wechsel einer Person oder eines Wirtschaftsguts über eine Binnengrenze innerhalb der Europäischen Union zum Anlass für einen steuerlichen Zugriff zu nehmen. Schaut man näher hin, so lässt sich diese liberale Argumentation zum freien Personen- und Kapitalverkehr bruchlos auf die systemprägende „Urzelle“ des Europäischen Steuerrechts zurückführen, nämlich das Verbot von Ein- und Ausfuhrzöllen auf Waren (Art. 28 Abs. 1, Art. 30 AEUV)27. So wie der Grenzübertritt von Waren nicht zum Anlass für steu-
21 Siehe unten II. 1. a) aa). 22 BR-Drucks. 318/10 (Beschluss), S. 8. 23 Näher: Dobratz, ISR 2014, 198 ff.; Linn, IStR 2016, 103 (105 ff.); Mechtler/ Spies, ISR 2016, 430 ff.; Mechtler/Spies, ISR 2017, 9 ff.; Mössner, IStR 2015, 768 ff. 24 EuGH v. 21.11.2002 – C-436/00, ECLI:EU:C:2002:704 – X und Y. 25 EuGH v. 11.3.2004 – C-9/02, ECLI:EU:C:2004:138 – Hughes de Lasteyrie de Saillant. 26 EuGH v. 7.9.2006 – C-470/04, ECLI:EU:C:2006:525 – N. 27 Schön in Schön/Heber, Grundfragen des Europäischen Steuerrechts, 2015, S. 109 (134 f.).
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erliche Lasten genommen werden darf, darf auch der Grenzübertritt von Personen und Unternehmen steuerlich nicht behindert werden. Umso größer war die Enttäuschung, als der Gerichtshof im Jahre 2011 in dem Verfahren National Grid Indus aus Anlass der Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft einem Mitgliedstaat vor dem Hintergrund des Binnenmarktes gestattete, den Grenzübertritt einer juristischen Person als eigenständigen Steuertatbestand festzulegen28. Es müsse lediglich der steuerpflichtigen Gesellschaft aus Gründen der Liquiditätsschonung die Wahl zwischen einer sofortigen oder einer zeitlich begrenzt gestreckten Erfüllung der Steuerschulden eingeräumt werden29. Flankierend wurde dem Herkunftsstaat das Recht zur Erhebung von Zinsen und Sicherheitsleistungen ab Grenzübertritt zugestanden; für die Verrechnung späterer Wertminderungen sollte jedoch nur der Zuzugsstaat zuständig sein. Diese wenig liberale Rechtsprechungslinie hat der Gerichtshof in den Folgejahren konsequent auf die grenzüberschreitende Verlagerung von Wirtschaftsgütern30, die Übertragung von stillen Reserven zwischen in- und ausländischen Wirtschaftsgütern31 und andere Formen des Besteuerungsaufschubs für stille Reserven32 übertragen und inzwischen (im Hinblick auf betriebliches Vermögen) auch auf die Besteuerung natürlicher Personen ausgedehnt33.
d) Europäische Gesetzgebung Eine ähnlich unerfreuliche Entwicklung findet sich auf der Ebene der europäischen Gesetzgebung, die sich bisher in zwei zentralen Richtlinien mit grenzüberschreitenden Umstrukturierungen befasst: in der steuerlichen Fusions-Richtlinie aus dem Jahre 1990 (neu gefasst im Jahre
28 Wacker, IStR 2017, 926 nennt dies die „zweite Phase“ der EuGH-Rechtsprechung. 29 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus. 30 EuGH v. 21.5.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331 – Verder LabTec. 31 EuGH v. 16.4.2015 – C-591/13, ECLI:EU:C:2015:230 – Kommission ./. Deutschland; s. auch das Schlussurteil des BFH v. 22.6.2017 – VI R 84/14, BFHE 258, 413 ff. 32 EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12, ECLI:EU:C:2014:20 – DMC. 33 EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 52 f.; dazu Henze, ISR 2016, 247 (250); Musil, EuZW 2017, 187 ff.; Wacker, IStR 2017, 926.
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2009)34 und in der ATAD-Richtlinie aus dem Jahre 201635. Der Unterschied zwischen den Zielsetzungen, von denen diese beiden Richtlinien beherrscht sind, könnte größer nicht sein: –
Die Fusions-Richtlinie aus dem Jahre 1990 ist ganz vom optimistischen Geist des Binnenmarkts beseelt. Sie untersagt den Mitgliedstaaten, internationale Verschmelzungen, Spaltungen, Einbringungen und Anteilstausche zu besteuern, wenn und soweit stille Reserven (bzw. die sie tragenden Wirtschaftsgüter) in ihrer bisherigen Jurisdiktion gefangen bleiben und daher dort auch zu einem späteren Zeitpunkt erfasst werden können36. Sie trifft keine Aussagen zur Aufdeckung stiller Reserven von solchen Wirtschaftsgütern, die im Zuge einer Umorganisation des Unternehmens die bisher maßgebliche Jurisdiktion verlassen. In diesem Punkt werden aus der Sicht der Steuerpflichtigen die liberalisierenden Vorgaben der Fusions-Richtlinie durch die unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten ergänzt37.
–
Die ATAD-Richtlinie aus dem Jahre 2016 ist demgegenüber von der Sorge beherrscht, Steuervermeidungsstrategien und Fälle doppelter Nichtbesteuerung von Kapitalgesellschaften bekämpfen zu müssen38. Sie verpflichtet in ihrem Art. 5 die Mitgliedstaaten explizit dazu, die steuerfreie Verlagerung von stillen Reserven aus Anlass grenzüberschreitender Umstrukturierungen durch Einführung einer mitgliedstaatlichen Exit Tax aktiv zu verhindern39. Anders gewendet: Das,
34 Richtlinie 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes eines Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABl. EU Nr. L 310 v. 25.11.2009, 34, geändert durch Richtlinie 2013/13/EU des Rates v. 13.5.2013, ABl. EU Nr. L 141 v. 28.5.2013, 30. 35 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, ABl. EU Nr. L 193 v. 19.7.2016, 1. 36 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016, ABl. EU Nr. L 193 v. 19.7.2016, 1, Erwägungsgründe 5–7. 37 Siehe bereits Schön, Tax Issues and Constraints on Reorganizations and Reincorporations in the European Union, 34 Tax Notes International, 2004, 197. 38 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016, ABl. EU Nr. L 193 v. 19.7.2016, 1, Erwägungsgrund 3–5. 39 Zu diesem Paradigmenwechsel Peeters, EC Tax Review 2017, 122 ff.; eine gleichartige Vorschrift ist bereits in Art. 29 des Richtlinienentwurfs zur GKKB
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was der BFH vor 10 Jahren noch für fiskalisch überflüssig erklärt und was der Europäische Gerichtshof bis zu seiner Rechtsprechungswende in National Grid Indus noch für europarechtswidrig gehalten hatte, soll nunmehr in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht nur erlaubt, sondern kraft europäischen Sekundärrechts geboten sein40. Allerdings müssen sich auch diese Richtlinien an den Grundfreiheiten des Primärrechts messen und auch in deren Lichte auslegen lassen41. Soweit sie den Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Rechtsfolgen Spielräume belassen oder bestimmte Sachverhalte von vornherein nicht regeln, bleibt es bei der Kontrolle des nationalen Rechts am Maßstab der Grundfreiheiten42.
e) Doppelbesteuerungsabkommen Im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen liegt der bedeutendste Einschnitt für unsere Thematik in der Entwicklung und Umsetzung des Authorized OECD Approach für Betriebsstätten nach dem OECD-MA 201043. Nachdem der Steuerausschuss der OECD im Jahre 2008 den über einen mehrjährigen Zeitraum erarbeiteten „Bericht über die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten“44 angenommen hatte, wurde Art. 7 Abs. 2 OECD-MA im Jahre 2010 in der Weise neu gefasst, dass die Betriebsstätte für die Gewinnabgrenzung zum Stammhaus und namentlich für die „Anerkennung“ unternehmensinterner Geschäftsbeziehungen einer selbständigen Tochtergesellschaft nahezu vollständig gleichgestellt wird – mit der Folge der Fiktion von steuerrelevanten Transaktionen und
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enthalten (Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage v. 25.10.2016 COM(2016) final). Einen Alternativvorschlag für eine europäische Harmonisierung der Exit Taxation bietet Röder, British Tax Review 2014, 574. Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 2 Rz. 92. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 (469). Zur früheren Rechtslage s. monographisch Haiß, Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten im Internationalen Steuerrecht, 2000; Ditz, Internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2004; Levedag in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2012, Rz. 11.1 ff. OECD, Bericht über die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten von 2010, abrufbar unter http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/attributes-ofprofits-permanent-establishments-german.pdf (letzter Abruf am 7.10.2019).
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der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf nahezu alle Geschäftsvorfälle zwischen Stammhaus und Betriebsstätte45. Das Bundesfinanzministerium hat diesen Ansatz in seine im Jahre 2013 veröffentlichte „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen“46 übernommen und auch in einigen seit 2010 geschlossenen oder ergänzten Abkommen bereits implementiert. Nicht verkannt werden darf allerdings, dass der Authorized OECD Approach noch weit davon entfernt ist, als globaler Standard etabliert zu sein: Namentlich das UN-MA ist ihm nicht gefolgt und auch die Bundesrepublik Deutschland hat ihn nicht in allen neu verhandelten Abkommen durchgesetzt. Bezeichnend ist etwa sein Fehlen in den jüngeren Abkommen mit der Türkei aus dem Jahre 2011 und der Volksrepublik China aus dem Jahre 2014. Unabhängig von der Entwicklung der Abkommenspraxis hat der deutsche Gesetzgeber indessen im Jahre 2013 die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte in § 1 Abs. 5 AStG für die Anwendung des Fremdvergleichs ganz generell angeordnet, und zwar auch für den Fall, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem jeweils anderen Staat gar nicht existiert.
II. Verlagerung von Betriebsvermögen Der erste Sachverhalt, der nähere Betrachtung verdient, ist die Verlagerung von Betriebsvermögen zwischen Inland und Ausland47. Diese soll zunächst für einkommensteuerpflichtige Personen und anschließend für körperschaftsteuerpflichtige Personen behandelt werden. Der Grund für diese abgestufte Darstellung liegt darin, dass die ATAD-Richtlinie für körperschaftsteuerpflichtige Personen zu diesem Sachverhalt auf europäischer Ebene Anordnungen trifft, die für Personenunternehmen nicht gelten48. 45 Kobetsky, International Taxation of Permanent Establishments, 2011, S. 351 ff.; Schön in Lüdicke, Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 2007, S. 71 ff.; monographisch Kindich, Erfolgs- und Vermögensabgrenzung bei Betriebsstätten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz, 2018. 46 Abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Stan dardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informa tionen/2013-08-22-Verhandlungsgrundlage-DoppelbesteuerungsabkommenSteuern-vom-Einkommen-und-Vermoegen.html (letzter Abruf am 7.10.2019). 47 Zur Rechtslage vor den maßgeblichen Gesetzesänderungen ausführlich Kessler/Huck, StuW 2005, 193 ff. 48 Musil in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, Art. 5 ATAD Rz. 3.
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1. Verlagerungen im EStG Aus der Sicht des Einkommensteuerrechts soll zunächst der Fall der Verlagerung eines Wirtschaftsguts aus einem inländischen Betriebsvermögen in eine ausländische Betriebsstätte analysiert werden.
a) Verlagerung in einen Nicht-DBA-Staat Rechtsprechung und Literatur behandeln die Verlagerung von Wirtschaftsgütern vor allem im Hinblick auf die in den von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig vereinbarte steuerliche Freistellung von ausländischen Betriebsstätten. Was passiert, wenn ein Wirtschaftsgut vom Inland in eine „freigestellte“ ausländische Betriebsstätte verbracht wird? Es lohnt sich jedoch, eine Stufe früher zu beginnen und sich die Frage zu stellen, wie eine solche Verlagerung von Wirtschaftsgütern bei Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens schlicht nach dem Einkommensteuergesetz zu behandeln ist.
aa) Entstrickungsregeln im EStG Wird ein Wirtschaftsgut aus einem inländischen Betriebsvermögen in eine ausländische Betriebsstätte überführt49, kommen zwei Vorschriften in den Blick, die eine Aufdeckung stiller Reserven begründen können: § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist bei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen der Buchwert anzusetzen (d.h. die stillen Reserven sind nicht aufzudecken), „sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist“. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG stellt den „Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts“ ei49 Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu Stammhaus und Betriebsstätte richtet sich im Kern nach dem Veranlassungsprinzip (BFH v. 29.11.2017 – I R 58/ 15, BFHE 260, 209 Rz. 27); Schaumburg in Lüdicke, Zurechnung von Wirtschaftsgütern im Internationalen Steuerrecht, 2000, S. 53 (74 ff.); Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.52 ff.; zur neuen Sicht des Authorized OECD Approach monographisch Hansen, Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu Betriebsstätten im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2015; sowie Andresen in Wassermeyer/Andresen/ Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 4.58 ff.
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ner „Entnahme“ zum Teilwert gleich. Der Unterschied zwischen beiden Vorschriften liegt lediglich darin, dass im Tatbestand des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG die ausländische Betriebsstätte zu einem anderen – zweiten – Betrieb desselben Steuerpflichtigen gehört, während § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (auch) den Fall behandelt, dass die ausländische Betriebsstätte mit dem inländischen Betriebsvermögen einen einheitlichen Gewerbebetrieb bildet50. Diese Binnendifferenzierung ist indessen nicht bedeutsam. Entscheidend ist vielmehr, ob die Verlagerung des Wirtschaftsguts in die ausländische Betriebsstätte das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland an den stillen Reserven in irgendeiner Weise beschränkt oder gar ausschließt, so dass eine spätere Besteuerung der stillen Reserven nicht mehr gesichert erscheint. Ein „Ausschluss“ setzt eine Freistellung der ausländischen Einkünfte, eine „Beschränkung“ setzt eine Anrechnungspflicht für ausländische Steuern voraus51. Auf den ersten Blick möchte man diesen Tatbestand im Nicht-DBA-Fall verneinen – und zwar aus drei Gründen. –
Der erste Grund liegt darin, dass nach dem in § 1 Abs. 1 EStG verankerten Welteinkommensprinzip die ausländische Betriebsstätte, die ihr zuzuordnenden Wirtschaftsgüter und die dort erzielten Gewinne bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen dem vollen Zugriff des deutschen Einkommensteuerrechts unterliegen52. Eine möglicherweise parallel bestehende Besteuerungshoheit des Betriebsstättenstaates schränkt dieses Recht im Ausgangspunkt nicht ein.
–
Eine fiskalische Einbuße kann der deutsche Fiskus nur erleiden, wenn und soweit § 34c Abs. 1 EStG, der unilateral die Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Einkommensteuer vorsieht, bei einer späteren Gewinnrealisierung durch Veräußerung oder Verbrauch eingreift. Hier kommt das zweite Argument ins Spiel: Ergibt es Sinn, von einer „Beschränkung“ des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland zu sprechen, wenn der deutsche Gesetzgeber aus freien Stücken unilateral die Anrechnung ausländischer Steuern
50 Zur Differenzierung zwischen „Betrieb“ und „Betriebsstätte“ s. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 1.4. 51 Für eine Interpretation der Norm als bloßen abstrakten „Gefährdungstatbestand“ hingegen Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 4 EStG Rz. 228 (Stand Juni 2016). 52 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175 (176).
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anordnet? Die h.M.53 bejaht dies, auch wenn die innere Logik der Gesetzessprache sich dagegen sperrt. –
Noch bedeutsamer ist aber das dritte Gegenargument: § 34c Abs. 1 EStG beschränkt den unilateral gewährten Anrechnungsanspruch auf „ausländische Einkünfte“, d.h. auf Einkünfte, die nicht in Deutschland erzielt worden sind, sondern aus dem anderen Staat „stammen“. Sie müssen – wie § 34d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für gewerbliche Auslandseinkünfte festlegt – „durch eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte […] erzielt“ werden. Voraussetzung ist ein „wirtschaftlicher Zusammenhang“ mit der ausländischen Tätigkeit54. Trifft diese Qualifikation die Aufdeckung von „Altreserven“, wenn zu einem der Überführung des Wirtschaftsguts nachfolgenden Zeitpunkt dieses in der ausländischen Betriebsstätte veräußert oder verbraucht wird? Der BFH hat diese Frage in seinem Grundsatzurteil aus dem Jahre 2008 klar verneint55: Die im Buchansatz des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt seiner Überführung liegenden stillen Reserven repräsentieren vor und auch nach der Überführung „inländische Einkünfte“. Sie werden im Zeitpunkt der späteren Gewinnrealisierung daher nicht „durch“ die ausländische Betriebsstätte „erzielt“. Weder § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG noch § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG geben somit im Fall der Verlagerung von Betriebsvermögen in einen Nicht-DBAStaat eine gesetzliche Grundlage für die sofortige Aufdeckung stiller Reserven – die latenten Wertsteigerungen können zu einem späteren Zeitpunkt voll erfasst und ohne Anrechnungspflicht besteuert werden.
Der Gesetzgeber sieht dies anders. In § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG (auf den auch § 6 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 EStG Bezug nimmt) wird zur „Klarstellung“ statuiert56: „Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn 53 Siehe nur Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4 EStG Rz. 25. 54 Prokisch in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 34d EStG Rz. B 15 (Stand September 2017); allgemein zum Veranlassungsprinzip im Bereich der Gewinnabgrenzung s. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 1.31. 55 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 (469 f.). 56 Eingeführt durch JStG 2010 v. 8.12.2018, BGBl. I 2010, 1768 ff.; s. bereits vorher das Nichtanwendungs-Schreiben des BMF v. 20.5.2009, BStBl. I 2009, 671.
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Schön – Grenzüberschreitende Umstrukturierungen einschl. EU-Recht ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.“
Diese Vorschrift ist vielfach kritisiert worden57 – und zwar zu Recht. Sie kümmert sich nicht um die Frage, ob unilateral oder bilateral das Recht zur Besteuerung von im Inland entstandenen stillen Reserven tatsächlich mit rechtlicher Wirkung beschränkt oder ausgeschlossen wird. Sie bietet daher keine Konkretisierung oder gesetzliche Auslegung des vorausgehenden Satz 3 des § 4 Abs. 1 EStG. Sie statuiert (oder fingiert) vielmehr die Aufdeckung stiller Reserven bei Grenzübertritt coûte que coûte. Sie gibt vor, einen konkreten Anwendungsfall für eine im vorausgehenden Satz statuierte Regel zu beschreiben, verfehlt den Sinn dieser Regel jedoch im Kern58. Dennoch möchte ich die Vorschrift entgegen gewichtigen Stimmen nicht für unanwendbar halten. Es wäre mit den Prinzipien loyaler Gesetzesauslegung unvereinbar, der Vorschrift wegen ihrer unglücklichen Selbstdarstellung ihre sachliche Wirksamkeit schlicht abzusprechen59. Akzeptiert man diese Vorschrift zum Nennwert, so kommt es daher im Fall der Verlagerung eines betrieblichen Wirtschaftsguts in eine ausländische, nicht von einem DBA „geschützte“ Betriebsstätte zur Aufdeckung der stillen Reserven. Das dahinter liegende Sachproblem wird uns allerdings im Rahmen der europarechtlichen Würdigung wieder begegnen. Nichts anderes gilt schließlich für den Fall, dass ein komplettes Betriebsvermögen vom Inland ins Ausland überführt wird. § 16 Abs. 3a EStG stellt diesen Fall in sprachlicher Parallelität zum Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG einer Betriebsaufgabe gleich – und zwar auch dann, wenn der Steuerpflichtige selbst seine Ansässigkeit im Inland behält. Erneut wird auch § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG explizit in Bezug genommen. Eine Prüfung, 57 Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 6.382 m.w.N.; a.A. Musil, FR 2011, 545 ff. 58 Gosch in Kirchhof, 18. Aufl. 2019, § 49 EStG Rz. 16; Gosch, IStR 2015, 709 (715); Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, 2013, S. 25. 59 FG Düsseldorf v. 19.11.2015 – 8 K 3664/11 F, EFG 2016, 209 Rz. 49 f.; Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.58; Förster in FS Gosch, 2016, S. 83 ff. (94); Levedag in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2012, Rz. 11.26 ff.; Mitschke, IStR 2016, 395 ff.; Musil in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4 EStG Rz. 240; Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4 EStG Rz. 26 und § 12 KStG Rz. 19; Seiler in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, § 4 EStG Rz. B 118 (Stand Oktober 2012); Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (442).
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Schön – Grenzüberschreitende Umstrukturierungen einschl. EU-Recht
ob und in welchem Umfang tatsächlich durch die Verlagerung der Wirtschaftsgüter in das Ausland Steuersubstrat verloren geht, findet daher prinzipiell nicht (mehr) statt.
bb) § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 5 AStG Zu diesen schon recht brachialen Rechtsfolgen des Grenzübertritts von Wirtschaftsgütern im Rahmen des EStG tritt seit dem VZ 2013 die Vorschrift des § 1 Abs. 5 AStG hinzu, der die Selbständigkeit für inländische und ausländische Betriebsstätten gesetzlich fingiert und damit mittelbar festlegt, dass jede Verlagerung von Wirtschaftsgütern zwischen in- und ausländischen Betriebsteilen wie unter fremden Dritten zum Marktwert abgerechnet werden muss60. Die Vorschrift ist eigenartig konzipiert61: –
Sie beruht auf dem in der neuen Fassung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA konkretisierten Authorized OECD Approach, findet jedoch auch auf ausländische Betriebsstätten Anwendung, die entweder gar nicht im Anwendungsbereich eines deutschen DBA liegen oder einem DBA unterworfen sind, das den „AOA“ (noch) gar nicht rezipiert hat.
–
Sie wirkt weiterhin (anders als die Doppelbesteuerungsabkommen) ausschließlich zugunsten des Fiskus, nicht jedoch „symmetrisch“ zum Vorteil des Steuerpflichtigen62. Diese Einseitigkeit kann jedoch im konkreten Fall von einem Abkommen, das den vollen AOA implementiert, überspielt werden63.
–
Und schließlich verdrängt sie nicht andere existierende Gewinnkorrekturnormen im EStG oder KStG (wie etwa § 4 Abs. 1 Satz 3, 4 EStG), sondern ergänzt diese lediglich um „weitergehende Berichtigungen“ (§ 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 AStG)64.
60 Zur früheren Rechtslage Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 4.234 ff. 61 Grundsatzkritik bei Ditz in Lüdicke, Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 2013, S. 109 (125 ff.); Leonhardt, IStR 2019, 677 ff.; ausführliche Darstellung bei Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 4.30 ff. 62 Dazu ausführlich Kindich, Erfolgs- und Vermögensabgrenzung bei Betriebsstätten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz, 2018, S. 255 f., 336 ff. 63 Leonhardt, IStR 2019, 677 (678 ff.). 64 Zur Frage, ob der bei „Entnahmen“ nach § 4 Abs. 1 EStG anzusetzende Teilwert mit dem im Fremdvergleichsgrundsatz angelegten Verkehrswert übereinstimmt, s. Ditz in Lüdicke, Vermeidung der Doppelbesteuerung und ihre Grenzen, 2013, S. 132 f.; Kindich, Erfolgs- und Vermögensabgrenzung bei Betriebsstätten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz, 2018, S. 339 ff.
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Vor diesem Hintergrund kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Weg eines Wirtschaftsguts über die Grenze in eine ausländische Betriebsstätte auch nach § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG zur Gewinnrealisierung führt65. Es handelt sich bei dieser Überführung nämlich um einen „Geschäftsvorfall“ zwischen dem Stammhaus eines Unternehmens und dessen in einem anderen Staat belegener Betriebsstätte i.S.v. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG66. Für die daraus resultierende fiktive „Geschäftsbeziehung“ muss ein Preis angesetzt werden, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht – eine Bewertung bloß zum Buchwert wird dafür regelmäßig nicht ausreichen. Näher konkretisiert wird diese gesetzliche Anordnung in § 16 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV, der den Ansatz von Verrechnungspreisen für „anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“ anordnet und dazu auch „Vorgänge“ rechnet, „die im Verhältnis zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen eine Änderung der Zuordnung [Ergänzung des Verf.: „von Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen“] nach den §§ 5 bis 11 erforderlich machen“67. In diesem Sinne bezeichnen bereits der Betriebsstättenbericht der OECD aus dem Jahre 200868 und der Musterkommentar zu Art. 7 OECD-MA seit 201069 die Überführung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder des Umlaufvermögens zwischen Stammhaus und Betriebsstätte als Beispiele für zum Marktwert verrechnungspflichtige dealings. Bemerkenswert an dem Tatbestand des § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AStG ist aus meiner Sicht zunächst, dass die Frage nach dem Ausschluss oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts für dieses Ergebnis keine Rolle spielt. Das hat seine Grundlage darin, dass die Gleichstellung der Betriebsstätte mit der Tochtergesellschaft nach dieser Norm ganz generell zu einer Aufspaltung des Gesamtunternehmens in zwei (fiktiv) steuerpflichtige Einheiten führt. Die aus Anlass des Grenzübertritts eintretende Verschiebung von Einzelwirtschaftsgütern wird ei65 Ausführlich Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, § 1 AStG Rz. 2816, 2856 (Stand April 2017); einschränkend Berner, IStR 2015, 274 (278): Nur Modifikation des Betriebsstättengewinns. 66 BMF v. 22.12.2016, BStBl. I 2017, 182 ff. (Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung) Rz. 164 ff. 67 Förster in FS Gosch, 2016, S. 83 ff. (88). 68 Betriebsstättenbericht: OECD, Bericht über die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten von 2010, Rz. 175 ff., abrufbar unter http://www.oecd.org/ ctp/transfer-pricing/attributes-of-profits-permanent-establishments-german. pdf (letzter Abruf am 7.10.2019). 69 Art. 7 OECD-Musterkommentar Rz. 21 ff.
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ner Veräußerung zwischen zwei Körperschaften mit der Folge gleichgestellt, dass ein fiktiver Veräußerungsgewinn realisiert werden muss. Die zweite Auffälligkeit der Konstruktion von dealings liegt darin, dass sie – anders als von § 1 Abs. 1 AStG beansprucht – nicht lediglich den vorhandenen Gesamtgewinn des grenzüberschreitend tätigen Unternehmens nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zwischen den betrieblichen Einheiten aufteilt. Vielmehr erhöht sie künstlich den Gesamtgewinn durch vorzeitige Realisierung stiller Reserven aus Anlass eines unternehmensinternen Vorgangs. Der Zielsetzung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte, nämlich der einer vollständigen und irredundanten Aufteilung des betrieblichen Gesamtgewinns, würde es aber auch entsprechen, die stillen Reserven zunächst lediglich buchungstechnisch durch eine Rücklage zu neutralisieren und erst später – im Gleichlauf mit der tatsächlichen Gewinnrealisierung durch Veräußerung, Verbrauch oder Gebrauch im Betriebsstättenstaat – zu besteuern. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Fall der Verlagerung eines Wirtschaftsguts von einem inländischen Stammhaus zu einer ausländischen Betriebsstätte sowohl nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG als auch nach § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG zu einer Aufdeckung der stillen Reserven führt, obwohl weder völkerrechtliche Verpflichtungen noch auch nur die internen Vorgaben des deutschen Einkommensteuerrechts den deutschen Fiskus daran hindern, diese stillen Reserven zu einem späteren Zeitpunkt zu erfassen.
cc) Ausgleichsposten nach § 4g EStG Eine gewisse Mäßigung der Steuerlast ergibt sich im Fall der Verlagerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ins Ausland daraus, dass nach § 4g EStG für die aufgedeckten stillen Reserven in der Steuerbilanz des abgebenden Unternehmensteils ein Ausgleichsposten gebildet werden kann, der über fünf Jahre gestreckt aufgelöst werden muss und damit eine zeitliche Streckung erzeugt, die dem Steuerpflichtigen einen begrenzten Liquiditäts- und Zinsvorteil verschafft. Je nach Einkommenshöhe des Steuerpflichtigen kann diese Verteilung auf mehrere Jahre auch den Progressionseffekt der Aufdeckung stiller Reserven mäßigen. Der Geltungsbereich dieser Vorschrift beschränkt sich im Ausgangspunkt auf die Verbringung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen
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Union70. Der Ausgleichsposten ist jedoch bei Eintritt bestimmter schädlicher Umstände (Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen oder aus der Besteuerungshoheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Realisationsakt im Ausland oder Änderung der Zuordnung des Wirtschaftsguts) in vollem Umfang aufzulösen. Dieser Besteuerungsaufschub wird übrigens nicht durch die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte beeinträchtigt (§ 1 Abs. 5 Satz 6 AStG)71. Keine Anwendung findet § 4g EStG jedoch bei Verbringungen in Staaten außerhalb der Europäischen Union, bei Verlagerungen zwischen zwei unterschiedlichen Betrieben nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG oder bei der Verlagerung eines kompletten Betriebes ins Ausland nach § 16 Abs. 3a EStG. Doch kann im letztgenannten Fall die Steuerschuld nach § 36 Abs. 5 EStG in „fünf gleichen Jahresraten“ entrichtet werden, wenn die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zugeordnet sind und der andere Staat Rechts- und Amtshilfe bei der Festsetzung und Beitreibung der Steuern auf der Grundlage oder jedenfalls in Übereinstimmung mit den maßgeblichen europäischen Richtlinien gewährt.
b) Verlagerung in einen DBA-Staat aa) Ausschluss und Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts Wie ist die Rechtslage, wenn das Wirtschaftsgut in eine Betriebsstätte im Ausland überführt wird, für die in einem Doppelbesteuerungsabkommen das vorrangige Besteuerungsrecht dem Belegenheitsstaat zugewiesen wird? In diesem Fall ist die Bundesrepublik Deutschland völkervertraglich verpflichtet, eine Doppelbesteuerung durch Freistellung des Betriebsstättengewinns oder Anrechnung der im Ausland entrichteten Steuern72 zu vermeiden.
70 Ein europarechtliches Defizit liegt in der Vernachlässigung von Transfers in Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums in dieser Vorschrift, Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4g EStG Rz. 45. 71 Näher Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 2888. 72 Dies betrifft auch Fälle abkommensrechtlicher oder unilateraler „Rückfallklauseln“ (näher Ditz/Quilitzsch in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 3.68 ff. und Rz. 3.71 ff.
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Die Unterschiede zwischen der oben behandelten Konstellation der Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat, für den § 34c Abs. 1 EStG unilateral die Anrechnung ausländischer Steuern zulässt, und der Betriebsstätte in einem DBA-Staat, für die bilateral Anrechnung oder Freistellung vereinbart sind, sind gewichtig: Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Bundesrepublik Deutschland im DBA-Fall völkerrechtlich gebunden hat und damit das in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG vorausgesetzte Merkmal eines „Ausschlusses“ oder einer „Beschränkung“ des deutschen Besteuerungsrechts unmittelbar passt. Vor allem besteht aber ein Unterschied im Anwendungsbereich der Anrechnungs- bzw. Freistellungspflicht. § 34c Abs. 1 EStG verlangt eine Anrechnung der Steuern auf die nach deutschem Recht definierten ausländischen Einkommensteile; demgegenüber stellen die Vorschriften über die Anrechnungsmethode und die Freistellungsmethode nach den Doppelbesteuerungsabkommen darauf ab, ob „diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in [anderer Vertragsstaat] besteuert werden (können)“
und ob im anderen Vertragsstaat eine Steuer „nach (dessen) Recht und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen für diese Einkünfte gezahlt“
wird. Auch aus § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG ergibt sich für die Anrechnung im DBA-Fall, dass nicht das Einkommensteuergesetz, sondern das Doppelbesteuerungsabkommen bestimmt, ob die Gewinnerhöhungen durch Aufdeckung der stillen Reserven im Falle einer späteren Realisierung als Einkünfte gelten, welche vorrangig im Belegenheitsstaat besteuert werden dürfen und für welche sich die Bundesrepublik Deutschland zur Anrechnung verpflichtet hat.
bb) Auslegung der älteren Doppelbesteuerungsabkommen Das führt in die intrikate Frage der Auslegung der Verteilungsnormen der Doppelbesteuerungsabkommen und damit auch zu Art. 7 OECD-MA. Der I. Senat hatte seine ursprüngliche „finale Entnahmetheorie“ auf die Annahme gegründet, dass nach den deutschen Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Wechsel eines Wirtschaftsguts in die ausländische Betriebsstätte die Besteuerungshoheit auf den Belegenheitsstaat übergehe, so dass eine Schlussbesteuerung aus Anlass der Überführung aus Sicht des deutschen Fiskus zeitlich die letzte Möglichkeit bietet, Zugriff auf die
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bis dahin entstandenen stillen Reserven zu nehmen73. Dahinter stand wohl in erster Linie die bilanzrechtliche Vorstellung, dass das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Überführung „aus den Bereichen aller Gewinnermittlungsordnungen“74 ausscheidet und daher auch die stillen Reserven nicht mehr nachgehalten werden können. In seinen Grundsatzurteilen aus den Jahren 200875 und 200976 meinte der BFH demgegenüber, dass der Grenzübertritt des Wirtschaftsguts die Bundesrepublik Deutschland lediglich von der Teilhabe an künftigen Wertsteigerungen ausschließen würde, dass aber das Recht, die bis dahin entstandenen Wertzuwächse bei ihrer Realisierung in den Folgejahren zu besteuern, durch das Doppelbesteuerungsabkommen nicht eingeschränkt werde. Die neue Rechtsprechung differenziert damit zwischen dem Wirtschaftsgut als Objekt, das im Ausland in einen neuen Verstrickungszusammenhang geführt wird, und den bisher angefallenen stillen Reserven, die in der inländischen Steuerhoheit verbleiben und buchungstechnisch nachgehalten werden können77. Aus der Sicht des deutschen Rechts ändert eine nachträgliche Aufdeckung dieser Reserven nämlich nichts an dem Bestehen eines Veranlassungszusammenhangs mit der inländischen Erwerbstätigkeit, der ihre Qualifikation als inländische Einkünfte nach dem EStG legitimiert. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Als Test für die Richtigkeit dieser Annahme erweist sich nämlich die Frage, ob der ausländische Fiskus durch das Doppelbesteuerungsabkommen seinerseits gehindert ist, bei einer späteren Veräußerung des Wirtschaftsguts die ursprünglichen Anschaffungskosten zum Ausgangspunkt für die Gewinnberechnung zu nehmen und damit auch die vor dem Grenzübertritt entstandenen stillen Reserven zu besteuern. Der BFH scheint dies in seinen Urteilen ohne weiteres anzunehmen78 und auch der Europäische Gerichtshof hat in mehre73 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175 (176); BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630 (630 f.); BFH v. 13.10.1976 – I R 261/70, BStBl. II 1977, 76 ff.; BFH v. 19.2.1998 – IV R 38/97, BStBl. II 1998, 509 ff. (511). 74 BFH v. 13.4.1972 – IV R 207/69, BStBl. II 1972, 760 ff. (761). 75 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 (468 ff.). 76 BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BFHE 227, 83 (90). 77 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 ff.; Gosch in Kirchhof, 18. Aufl. 2019, § 49 EStG Rz. 16 m.w.N.; zur gewinnwirksamen Auflösung einer Rückstellung aus einer bereits abgewickelten Auslandsbetriebsstätte s. nunmehr BFH v. 20.5.2015 – I R 75/14; zur Differenzierung zwischen zeitlicher und materieller Komponente näher Dürrschmidt in Vogel/Lehner, DBA-Kommentar, 6. Aufl. 2015, Vor Art. 6–22 OECD-MA Rz. 8b. 78 BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175 (177).
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ren Urteilen unbekümmert formuliert, dass zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der aufnehmende Mitgliedstaat nur die nach der Überführung anwachsenden stillen Reserven besteuern dürfe79. Eindeutig ist diese Auslegung jedoch nicht. Aus der ausländischen Praxis ist kein klares Signal zu vernehmen80 und unter den deutschen Gerichten hat zuletzt das FG Düsseldorf im Jahre 2015 eine solche eindeutige Aufteilung der Besteuerungshoheiten zwischen dem Stammhausstaat und dem Betriebsstättenstaat bezweifelt81. Schaut man näher hin, so verlangen die Doppelbesteuerungsabkommen an dieser Stelle anders als § 34c Abs. 1 EStG keine eindeutige technische Abgrenzung zwischen inländischen und ausländischen Einkünften. Vielmehr besteht aus der Sicht des Ansässigkeitsstaates bereits und immer dann eine Anrechnungs- oder Freistellungspflicht, wenn der Quellenstaat bei seiner Anwendung des Abkommens berechtigterweise bestimmte Einkommensteile steuerlich erfasst82. Kommt es zwischen den beteiligten Staaten dann zu einem „objektiven Zurechnungskonflikt“, in dem sowohl der Ansässigkeitsstaat als auch der Betriebsstättenstaat für die Altreserven das Besteuerungsrecht beanspruchen, reicht es für die Anrechnungspflicht des Ansässigkeitsstaates aus, dass der Betriebsstättenstaat sich in methodisch vertretbarer Weise auf ein eigenes Besteuerungsrecht berufen kann83.
79 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 47 f.; EuGH v. 21.5.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331 – Verder LabTec Rz. 47; EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 57; Dobratz, ISR 2014, 198 (201 f.). 80 Mitschke, IStR 2016, 127 ff.; Musil, FR 2011, 545 (549); Musil in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 4 EStG Rz. 229; Schön in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Die SE im Steuerrecht, Rz. 104; von der Laage, StuW 2012, 182 (187 f.). 81 FG Düsseldorf v. 19.11.2015 – 8 K 3664/11 F, EFG 2016, 209 Rz. 45: „Ein international anerkannter Grundsatz, wonach der überführende Staat das Besteuerungsrecht für die stillen Reserven behält, lässt sich jedoch nicht feststellen.“; in dem Vorabentscheidungsersuchen zum Verfahren National Grid Indus hatte der vorlegende Hoge Raad der Niederlande das DBA zwischen den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich so interpretiert, dass die stillen Reserven nach der Überführung voll und ganz dem Zuzugsstaat zustehen würden (GA Kokott, Schlussanträge v. 8.9.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:563 – National Grid Indus Rz. 48. 82 Ismer in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 23 OECD-MA Rz. 38 ff. 83 Ismer in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 23 OECD-MA Rz. 40; zurückhaltend Schönfeld/Häck in Schönfeld/Ditz, DBA, 2013, Art. 23A/B Rz. 37 f.;
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Ein solcher Zurechnungskonflikt hätte zur Folge, dass zwar der Herkunftsstaat nach seinem eigenen Abkommensverständnis die spätere Gewinnrealisierung zum Anlass für eine Besteuerung nehmen darf, er andererseits aber dann und deshalb die Altreserven freistellen oder die im Quellenstaat auf diesen Teil des Veräußerungsgewinns entfallende Steuer anrechnen muss, wenn und weil auch der Quellenstaat sich in Übereinstimmung mit dem Doppelbesteuerungsabkommen bewegt. Projiziert man dieses Zwischenergebnis wiederum auf die Formulierung in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, so lässt sich kaum bestreiten, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen, wenn es Deutschland verpflichtet, die Altreserven zu befreien oder im Ausland die in Übereinstimmung mit dem Abkommen erhobene Steuer anzurechnen, die deutsche Besteuerungshoheit insoweit beschränkt84. Daher muss festgehalten werden, dass der deutsche Gesetzgeber bei Verabschiedung des SEStEG im Jahre 2006 und noch im Jahre 2010 durchaus berechtigt war, den Fortbestand der deutschen Besteuerungshoheit im Hinblick auf die Altreserven in DBA-Fällen zu bezweifeln.
cc) Der Authorized OECD Approach Diese „abstrakte Gefährdungslage“ existiert jedoch nicht im Geltungsbereich der heutigen Fassung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, welche die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte festlegt. Die Annahme eines fremdüblich entgoltenen Geschäfts bei Verlagerung des Wirtschaftsguts zwischen Stammhaus und Betriebsstätte legitimiert nämlich nicht nur die Besteuerung stiller Reserven durch den Stammhausstaat, sie verlangt auch vom Betriebsstättenstaat zwingend eine entsprechende Gegenbuchung des in die ausländische Buchführung eintretenden Wirtschaftsguts zum Verkehrswert. Dass damit eine Korrespondenz nicht nur faktisch hergestellt, sondern eine Doppelbesteuerung rechtlich zwingend vermieden wird, ergibt sich nicht nur aus der materiellen Abgrenzungsfunktion des neu formulierten Art. 7 Abs. 2 OECD-MA, sie wird zugleich nachdrücklich durch den 2010 eingeführten Art. 7 Abs. 3 OECDMA bestätigt, der bei einer Adjustierung des fiktiven Kaufpreises im Stammhausstaat eine entsprechende Gegenbuchung im Betriebsstätten-
Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 19.79 ff. 84 Dieses Problem eines Qualifikationskonflikts ist der berechtigte Kern der Vorstellung, § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bildete eine „Gefährdungslage“ ab.
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staat mit dem expliziten Ziel mandatiert, Doppelbesteuerungen zu vermeiden85. Zumindest für alle Abkommen, die seit 2010 dem Authorized OECD Approach verpflichtet sind, kann daher festgehalten werden, dass der Belegenheitsstaat der Betriebsstätte nicht berechtigt ist, die Altreserven überführter Wirtschaftsgüter im Veräußerungszeitpunkt zu erfassen86. Damit entfällt aus prinzipiellen Erwägungen die Annahme des „Ausschlusses“ oder einer „Beschränkung“ des deutschen Besteuerungsrechts i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Erneut ist es lediglich der tatbestandlichen Fiktionswirkung des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG dieser Vorschrift geschuldet, dass nach innerstaatlichem Recht eine sofortige steuerliche Erfassung eintritt. Das hat – wie nunmehr zu zeigen sein wird – vor allem Konsequenzen unter dem Blickwinkel des Europarechts.
c) Europarechtliche Restriktionen aa) Grundsatz Auf der Ebene des deutschen Einkommensteuergesetzes, des Außensteuergesetzes und der einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen lässt sich somit festhalten, dass der deutsche Fiskus bei Überführung von Wirtschaftsgütern in ausländische Betriebsstätten berechtigt bleibt, die auf deutschem Hoheitsgebiet entstandenen stillen Reserven auch in einem späteren Veräußerungsfall zu erfassen. Dies gilt mit großer Klarheit bei Fehlen eines Abkommens sowie bei Bestehen eines Doppelbesteuerungsabkommens, das den Authorized OECD Approach umsetzt, und zwar unabhängig von der gewählten Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Die Entnahmefiktion nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG ist in diesen beiden Konstellationen konstitutiv (und zwar auch im Rahmen der Verweisungen nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 16 Abs. 3a EStG). Hinzu tritt die Annahme eines fiktiven Leistungsaustauschs nach § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG. Lediglich in Fällen, die einem Doppelbesteuerungsabkommen unter dem „alten“ Wortlaut des Art. 7 OECD-MA unterworfen sind, ist der konstitutive Charakter des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG im Hinblick auf die unsichere Rechtslage im jeweils anderen Staat zweifelhaft.
85 Kobetsky, International Taxation of Permanent Establishments, 2011, S. 377 ff.; Roth in Baumhoff/Schönfeld, Doppelbesteuerungsabkommen – Nationale und internationale Entwicklungen, 2012, S. 91 (100 ff.). 86 Dies erkennt auch Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (441).
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Die Vereinbarkeit dieser Rechtslage mit den Grundfreiheiten – namentlich der mit der Gründung einer ausländischen Betriebsstätte angesprochenen sekundären Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEUV87, aber auch der Kapitalverkehrsfreiheit – ist seit langem umstritten. Dabei gilt als Ausgangspunkt, dass die Grundfreiheiten immer dann Schutz gewähren, wenn eine grenzüberschreitende Umorganisation schlechter behandelt wird als eine auf das Inland beschränkte Umorganisation.88 Die Sachdiskussion richtet sich darauf, ob das steuerliche Territorialitätsprinzip in Gemeinschaft mit dem Ziel der ausgewogenen Aufteilung der Steuergrundlagen den Steuerzugriff auf die stillen Reserven im Zeitpunkt der Überführung legitimiert. Im Kern stehen sich dazu zwei Rechtsprechungslinien gegenüber89. –
Die frühere Linie des Gerichtshofs sah in der Steuererhebung qua Grenzübertritt eine Sünde wider den heiligen Geist des Binnenmarkts. Sie erlaubte dem Fiskus des Herkunftsstaats – wenn überhaupt – erst bei einer späteren Realisierung der stillen Reserven einen steuerlichen Zugriff 90. Dieser Ansatz bewirkt, dass im Zeitpunkt der Überführung allenfalls die aktuellen Steuerwerte buchungstechnisch festgestellt werden dürfen – eine sofortige Besteuerung oder auch nur eine zeitlich limitierte Ratenzahlung ist demgegenüber unzulässig91. Er bestätigt weiterhin, dass es für eine Verzinsung der Steuerschuld
87 Zur grundlegenden Bedeutung der Niederlassungsfreiheit im Bereich der „Wegzugsbesteuerung“ s. Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 5 Rz. 68 f.; zum Verständnis der Niederlassungsfreiheit als Organisationsfreiheit s. Schön, ECFR 2006, 122. 88 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 35 ff.; EuGH v. 12.7.2012 – C-269/09, ECLI:EU:C:2012:439 – Kommission ./. Spanien Rz. 59; EuGH v. 21.5.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331 – Verder LabTec Rz. 36–38. 89 Nicht im Vordergrund steht an dieser Stelle die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf konzerninterne Leistungsverhältnisse (EuGH v. 21.1.2010 – C-311/08, ECLI:EU:C:2010:26 – SGI und dazu Schön, IStR 2011, 777). Diese betrifft Rechtsgeschäfte zwischen selbständigen juristischen Personen und kann auf unternehmensinterne Verlagerungen von Wirtschaftsgütern – trotz der Fiktion der Selbständigkeit für Betriebsstätten im neueren Abkommensrecht – nicht ohne massive Diskriminierung von Auslandssachverhalten übertragen werden, Schön in Lüdicke, Besteuerung von Unternehmen im Wandel, 2007, 84 ff.; Röder, British Tax Review 2014, 574 (580). 90 Siehe oben I. 2. c). 91 Siehe zuletzt wieder EuGH v. 26.2.2019 – C-581/17 – Wächtler Rz. 64, 68.
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bereits ab dem Zeitpunkt der Überführung keine Legitimation gibt, und er kann schließlich auch zur Konsequenz haben, dass spätere Wertverluste der überführten Wirtschaftsgüter die Bemessungsgrundlage noch mindern können92. –
Im Gefolge des bereits erwähnten Grundsatzurteils National Grid Indus93 entschied der Gerichtshof jedoch im Jahre 2015 auf Vorlage des FG Düsseldorf 94 in der Rechtssache Verder LabTec95, dass die sofortige Aufdeckung stiller Reserven durch den Stammhausstaat jedenfalls im Grundsatz binnenmarktkonform sei. Der Europäische Gerichtshof statuierte explizit, dass der Mitgliedstaat nicht lediglich auf eine stichtagsbezogene Wertfeststellung der angelaufenen stillen Reserven beschränkt ist. Vielmehr ist der mitgliedstaatliche Gesetzgeber nach Ansicht des Gerichtshofs befugt, den Grenzübertritt des Wirtschaftsguts als solchen zum Steuertatbestand zu erklären96. Um die Liquidität des Steuerpflichtigen zu schonen, müsse diesem allerdings die Wahl zwischen einer Sofortzahlung und einer zeitlich limitierten Verteilung der Steuerlast auf mehrere Steuerjahre gewährt werden97. Auf dieser Grundlage wird von der h.M. inzwischen die
92 So FG Rheinland-Pfalz v. 17.1.2008 – 4 K 1347/03, EFG 2008, 6808 f.; FG Köln v. 18.3.2008 – 1 K 4110/04, EFG 2009, 259 (260). 93 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus. 94 FG Düsseldorf v. 5.12.2013 – 8 K 3664/11 F, EFG 2014, 119 ff. (Vorabentscheidungsersuchen) und dazu Berner, IStR 2015, 274 ff.; FG Düsseldorf v. 19.11.2015 – 8 K 3664/11 F, EFG 2016, 209 (Endurteil) und dazu Mitschke, IStR 2016, 126 ff. 95 EuGH v. 21.5.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331 – Verder LabTec Rz. 36–52; dazu Kahle/Beinert, FR 2015, 585 ff.; Kudert/Kahlenberg, DB 2015, 1377 ff.; Mitschke, IStR 2015, 443 f. 96 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 52; ausführliche Erläuterungen bei GA Kokott v. 8.9.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:563 – National Grid Indus Rz. 55 f.; GA Jääskinen, Schlussanträge v. 26.2.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:132 – Verder LabTec Rz. 56, 58, 64 und 67; kritisch Linn, IStR 2016, 103 (106 f.). 97 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 73; EuGH v. 6.9.2012 – C-38/10, ECLI:EU:C:2012:521 – Kommission ./. Portugal Rz. 32; EFTA-Gerichtshof v. 3.10.2012 – E-15/11 – Arcade Drilling Rz. 94–105; EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12, ECLI:EU:C:2014:20 – DMC Rz. 60–64; EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 58–59; EuGH v. 14.9.2017 – C-646/15, ECLI:EU:C:2017: 682 – Panayi Rz. 56 f.; EuGH v. 23.11.2017 – C-292/16, ECLI:EU:C:2017:888 – A Oy Rz. 37.
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Rechtslage nach § 4 Abs. 1 Satz 3, 4 EStG i.V.m. § 4g EStG für binnenmarktkonform gehalten98. Der entscheidende Unterschied zwischen dieser Rechtsprechungslinie und der früheren binnenmarktfreundlichen Auslegung liegt darin, dass der Gerichtshof nunmehr den Grenzübertritt als solchen als steuerlichen Ersatzrealisationstatbestand akzeptiert. Unter dieser Prämisse wird ein Steueraufschub nicht etwa wie früher angeordnet, um eine gebotene Gleichstellung des Auslandsfalls mit dem erst später besteuerten Inlandsfall zu erzeugen. Vielmehr gilt die Steuerstundung nunmehr als liquiditätsschonendes Zugeständnis, das sich die Steuerbehörden über eine Verzinsung entgelten lassen können99 und dessen fiskalische Risiken sie über das Verlangen nach Sicherheitsleistung abfedern dürfen. Und schließlich hält der Gerichtshof in diesen Urteilen fest, dass der Herkunftsstaat spätere Wertminderungen des Wirtschaftsguts nicht gegen sich gelten lassen muss – diese fielen in die alleinige Verantwortung des aufnehmenden Betriebsstättenstaats100.
bb) Überführung in Nicht-DBA-Betriebsstätte Betrachtet man unter diesem Blickwinkel zunächst den Fall der Verlagerung eines Wirtschaftsguts in eine Nicht-DBA-Betriebsstätte, so bedürfen die konstitutiven Gewinnrealisierungstatbestände sowohl in § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG als auch in § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG der Überprüfung. Diese Vorschriften implementieren weder eine völkervertragliche Verpflichtung noch lässt sich sagen, dass der deutsche Gesetzgeber hier unilateral seinen vollen Zugriff auf die spätere Realisierung von latenten Ge98 Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 9 Rz. 477; Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 6.389 (s. aber auch im selben Band die Kritik bei Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.25); Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 4.261 ff. m.w.N.; Bode in Kirchhof, 18. Aufl. 2019, § 4 EStG Rz. 106a; Schönfeld/Quilitzsch in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 12.28 m.w.N.; Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (317 ff.); Oellerich in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 8.89 ff., 8.94 ff. 99 Zum Zusammenhang mit der Festlegung des Steuertatbestandes und der Verzinsungspflicht sehr klar GA Mengozzi, Schlussanträge v. 28.6.2012 – C-38/ 10, ECLI:EU:C:2012:391 – Kommission ./. Portugal Rz. 72–77; kritisch Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (319). 100 Siehe unten II. 1. c) dd).
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winnen im Ausland eingeschränkt habe101. Vor diesem Hintergrund fällt es aus der Sicht der Grundfreiheiten schwer, bei Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Berechtigung für die im deutschen Recht angelegte Sofortbesteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG und § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG zu finden. Es reicht vielmehr in diesen Fällen zweifelsfrei aus, wenn der Fiskus aus Anlass der Überführung den Verkehrswert der verlagerten Wirtschaftsgüter festhält und die angelaufenen stillen Reserven im späteren Realisationszeitpunkt besteuert102. Lediglich insoweit, als nach der Überführung weitere stille Reserven im Betriebsstättenstaat anwachsen, kann der Steuerpflichtige insoweit eine Anrechnung der ausländischen Steuern nach § 34c Abs. 1 EStG verlangen. Auch der Europäische Gerichtshof würde hier wohl einen Verstoß gegen die europäische Niederlassungsfreiheit bejahen müssen.
cc) Überführung in eine DBA-Betriebsstätte Ein Stück schwieriger ist das Urteil über die Europarechtskonformität der Verlagerungsbesteuerung in DBA-Fällen – sei es im Rahmen der Anrechnungsmethode, sei es im Rahmen der Freistellungsmethode. Das hängt mit der gewandelten Rolle der Doppelbesteuerungsabkommen für die Anwendung der Grundfreiheiten zusammen.
(1) Die Rolle der Doppelbesteuerungsabkommen für die Anwendung der Grundfreiheiten Betrachtet man die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, so lässt sich sagen, dass der Gerichtshof die Existenz solcher Doppelbesteuerungsabkommen zunächst zugunsten des Steuerpflichtigen, später aber zugunsten des Fiskus gewürdigt hat. In einer aus den 90er Jahren stammenden Rechtsprechungslinie – begründet im Urteil Wielockx103 zu grenzüberschreitenden Alterseinkünften – hatte der Gerichtshof die Haltung eingenommen, dass der Verzicht auf Besteuerungsrechte im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens als freiwillige Preisgabe des Steuerzugriffs durch einen Mitgliedstaat qua101 Die „ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen“ kann auch unilateral geschehen (GA Jääskinen v. 26.2.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015: 132 – Verder LabTec Rz. 41), bedarf aber eines eindeutigen Besteuerungsverzichts des jeweiligen Mitgliedstaats. 102 Siehe oben II. 1. a) aa). 103 EuGH v. 11.8.1995 – C-80/94, ECLI:EU:C:1995:271 – Wielockx Rz. 24.
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lifiziert werden müsse. Ein solcher freiwilliger Verzicht könne diesen Mitgliedstaat nicht im Gegenzug zur Anordnung steuerlicher Nachteile berechtigen. Vor diesem Hintergrund hatte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache X und Y aus dem Jahre 2002 aus Anlass eines grenzüberschreitenden Anteilstauschs festgestellt, dass ein Staat, der aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens das Recht zur Besteuerung stiller Reserven verliere, dem nicht mit einer vorgezogenen Schlussbesteuerung entgegentreten könne104. Das zwischenstaatliche Geben und Nehmen im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens verlagere vielmehr das mitgliedstaatliche Anliegen einer kohärenten Erfassung von Besteuerungsgrundlagen auf eine Ebene der „Makro-Kohärenz“, in der ein Mitgliedstaat auf eine großflächige fiskalische Kompensation durch den anderen Vertragsstaat bei gegenläufigen Sachverhalten verwiesen sei. Ganz anders wird heute argumentiert105. Seit dem Urteil „Marks & Spencer“106 betont der Gerichtshof den Wert der unilateralen oder bilateralen „ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen“ und rechtfertigt damit zugleich Sonderbelastungen für Steuerpflichtige, die sich im Vollzug dieser Aufteilung ergeben. Diese Argumentation hat der Gerichtshof in National Grid Indus auf die Besteuerung stiller Reserven im Grenzverkehr zwischen den Mitgliedstaaten erstreckt107. Hier – so der Gerichtshof – kann der Fiskus für sich in Anspruch nehmen, einvernehmlich mit dem anderen Staat eine „ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen“ vorgenommen zu haben; diese könne wiederum als Rechtfertigungsgrund für den steuerlichen Zugriff dienen.
104 EuGH v. 21.11.2002 – C-436/00, ECLI:EU:C:2002:704 – X und Y Rz. 53–56. 105 Zur Unterscheidung zwischen dem Rechtfertigungsgrund der „Kohärenz“ und der Sicherung stiller Reserven näher Englisch in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 7.229. 106 EuGH v. 13.12.2005 – C-446/03, ECLI:EU:C:2005:763 – Marks & Spencer. 107 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 45–49; EuGH v. 12.7.2012 – C-269/09, ECLI:EU:C:2012:439 – Kommission ./. Spanien Rz. 76–82; EFTA-Gerichtshof v. 3.10.2012 – E-15/11 – Arcade Drilling Rz. 84–86; EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12, ECLI:EU:C:2014:20 – DMC Rz. 45–49; EuGH v. 21.5.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:331 – Verder LabTec Rz. 41–47; die Abgrenzung zur früheren Rechtsprechung erläutert GA Wathelet, Schlussanträge v. 12.5.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:335 – Kommission ./. Portugal Rz. 75.
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(2) Grenzüberschreitende Steuerkonkurrenz Doch bedarf es dafür natürlich einer konkreten Aussage darüber, in welcher Weise diese „Aufteilung“ vonstattengegangen ist. Der Europäische Gerichtshof erteilt uns dazu zutiefst widersprüchliche Auskünfte: Zum einen meint der Gerichtshof, dass das Wirtschaftsgut im Anschluss an die Überführung nur noch der Steuerhoheit des Aufnahmestaats unterliege und dieser Umstand aus Sicht des abgebenden Staats eine sofortige steuerliche Erfassung erforderlich mache. Die Besteuerungsbefugnis des Wegzugsstaats „ende“108 mit dem Überführungsvorgang. Zum anderen unterstellt der Gerichtshof in National Grid Indus und mehreren Folgeentscheidungen, dass der Aufnahmestaat einen step-up vornehmen werde, das verlagerte Wirtschaftsgut also mit seinem Verkehrswert ansetzen und somit auf die Altreserven ohnehin nicht zugreifen werde109. Wie lässt es sich aber erklären, dass der Gerichtshof einerseits die „ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen“ zwischen dem Stammhausstaat und dem Betriebsstättenstaat dahin versteht, dass dem Stammhausstaat im Doppelbesteuerungsabkommen die „Altreserven“ zur Besteuerung zugewiesen sind, und andererseits annimmt, dass der Stammhausstaat dieses Recht im Überführungszeitpunkt ausüben müsse? Der Gerichtshof scheint an dieser Stelle den fundamentalen Unterschied zwischen den zeitlichen Grenzen der Besteuerungsbefugnis und ihren räumlichen oder sachlichen Grenzen nicht wirklich verstanden zu haben110. Die Europäische Kommission hatte diese Differenzierung im Verfahren Verder LabTec zugunsten einer aufgeschobenen Besteuerung ins Feld geführt und dafür auch auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen111. Bereits der Generalanwalt hat sich in seinen Schlussanträgen dieser Argumentation allerdings mit der Begründung verweigert, der Gerichtshof könne nicht zur Auslegung des mitgliedstaatlichen Rechts bzw. des Doppelbesteuerungsrechts Stellung nehmen112. Das ist richtig, entkräftet die 108 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 46. 109 Siehe oben II. 1. b) bb). 110 Dazu mit Beispielen: Kofler/Rust in Haslehner/Kofler/Rust, Time and Tax: Issues in International, EU and Constitutional Law, 2019, S. 1 ff. 111 Siehe auch Schönfeld/Quilitzsch in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 12.29; Gosch, IWB 2014, 183 (186). 112 GA Jääskinen v. 26.2.2015 – C-657/13, ECLI:EU:C:2015:132 – Verder LabTec Rz. 53 f.; Mechtler/Spies, ISR 2016, 430 (434); daher lässt sich der Entscheidung des EuGH auch keine Bestätigung des Verständnisses des deutschen
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Argumentation aber nur zur Hälfte. Denn ganz unabhängig von der Auslegung der maßgeblichen Vorschriften muss sich der besteuernde Mitgliedstaat im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung stets fragen lassen, ob er ein „milderes Mittel“ hätte wählen können, um seinen legitimen territorialen Besteuerungsanspruch durchzusetzen. Ein solches „milderes Mittel“ könnte eben in einer dem Grenzübertritt des Wirtschaftsguts „nachgelagerten“ Erfassung stiller Reserven liegen113. Nicht angesprochen im Urteil Verder LabTec ist aber vor allem die „neue Tatsache“, dass nach dem Authorized OECD Approach das Recht zur Besteuerung der bisherigen Wertsteigerungen eindeutig ausschließlich bei dem Stammhausstaat liegt und der Betriebsstättenstaat zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen den Marktwert des Wirtschaftsguts ansetzen muss. Wenn und soweit ein deutsches Doppelbesteuerungsabkommen den Authorized OECD Approach umsetzt, steht somit bindend fest, dass der Zuzugsstaat keinen Zugriff auf die Altreserven besitzt. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Argumentation des Gerichtshofs in Verder LabTec dann noch greifen sollte. Das Doppelbesteuerungsabkommen lässt den Steuerzugriff des Wegzugsstaats glasklar zu, ohne dass das EU-Recht intervenieren muss. Dann besteht aber auch aus Sicht des EU-Rechts keine Notwendigkeit, den Steuerzugriff sofort zu vollziehen. Es muss ausreichen, die stillen Reserven im Zeitpunkt der Überführung buchungstechnisch festzuhalten und in einem späteren wirklichen Realisationszeitpunkt zu besteuern. Für eine Sofortbesteuerung, eine lediglich zeitlich begrenzte Zahlungsstreckung oder gar eine Verzinsung der Steuerschuld ab Verlagerung ist – entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – kein Raum. Daher kann auch § 4g EStG – wenn er überhaupt eingreift – den Konflikt nicht abschließend lösen. Lediglich dann, wenn eine überperiodische Teilrealisierung der stillen Reserven in typisierender Weise die spätere tatsächliche Gewinnrealisierung abbildet, mag dies anders bewertet werden114. Man wüsste daher gerne, wie der Gerichtshof entscheiden würde, wenn ihm ein Verbringungsfall noch einmal aus dem Geltungsbereich
Einkommensteuerrechts entnehmen (so aber Mitschke, IStR 2016, 126 [128]). 113 So der Vorlagebeschluss des FG Düsseldorf v. 5.12.2013 – 8 K 3664/11 F, EFG 2014, 119 (121); Mechtler/Spies, ISR 2016, 430 (437). 114 Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (591 f.); dagegen Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4g EStG Rz. 44.
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des Authorized OECD Approach (etwa zum neugefassten DBA Deutschland-Niederlande) vorgelegt würde.
(3) Differenzierung zwischen Anrechnungs- und Freistellungsmethode? Eine nicht unwichtige Sonderfrage ist schließlich darauf gerichtet, ob die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur „ausgewogenen Aufteilung der Steuerhoheit“ sich auf die Anwendung der Freistellungsmethode beschränken oder auch für die Anwendung der Anrechnungsmethode Geltung beanspruchen können115. Die deutschen Normen zur Gewinnrealisierung im EStG und AStG differenzieren in ihren nachteiligen Rechtsfolgen nicht zwischen diesen beiden Methoden, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Bedeutsam ist dies aus deutscher Sicht nicht zuletzt für diejenigen Fälle, in denen gesetzliche oder abkommensrechtliche „subject-to-tax“-Klauseln oder „switch-over“-Klauseln die abkommensrechtlich vereinbarte Freistellung von Auslandseinkünften aushebeln und eine bloße Anrechnung vorsehen. Der Gerichtshof hat in seinen Urteilen zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung die Annahme gestützt, dass bei Vereinbarung der Anrechnungsmethode der Stammhausstaat seine Besteuerungshoheit über die ausländische Betriebsstätte eben nicht vollständig aufgeben würde und daher Nachteile für Auslandsgewinne nicht gerechtfertigt seien116. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass im Anrechnungsfall der Stammhausstaat ohnehin verpflichtet ist, die Entwicklung des ausländischen Betriebsvermögens und die Realisierung von Gewinnen nachzuverfolgen. Dann aber kann dem Stammhausstaat (und auch dem Steuerpflichtigen) auch zugemutet werden, das Schicksal der stillen Reserven aus verlagerten Wirtschaftsgütern weiter zu beobachten und entsprechende Gewinne erst im Zeitpunkt der Realisierung zu erfassen.
(4) Territorialität und Steuervollzug Erkennt man, dass das Argument der „ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen“ nicht in allen Fällen eine sofortige Aufdeckung der stillen Reserven in den verlagerten Wirtschaftsgütern legitimiert, kommen unilaterale Fiskalinteressen in den Blick. Roland Wacker hat vor zwei Jahren auf der Tagung der DStJG in Wien eine solche Lesart des 115 Mechtler/Spies, ISR 2016, 430 (438). 116 EuGH v. 17.7.2014 – C-48/13, ECLI:EU:C:2014:2087 – Nordea Bank Rz. 24.
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Urteils Verder LabTec vorgestellt, die letztlich den unilateralen Schutz der territorialen Besteuerungshoheit, verbunden mit dem Hinweis auf die Verwaltungszwänge eines gleichheitskonformen Steuervollzugs bei Auslandssachverhalten in den Mittelpunkt stellt117. Dem ist zuzugestehen, dass mit der Verlagerung einzelner Wirtschaftsgüter oder ganzer Betriebsvermögen über die Grenze ein praktischer Kontrollverlust der mitgliedstaatlichen Steuerbehörden droht, der auch nicht jederzeit durch die Instrumente der Amtshilfe-Richtlinie und der Beitreibungs-Richtlinie kompensiert werden kann118. Doch bleibt der Ausweg, dem Steuerpflichtigen zuzumuten, den Verbleib der verbrachten Wirtschaftsgüter periodisch und nachvollziehbar zu dokumentieren, und bei konkreten Gefährdungen des Steueranspruchs eine Sicherheitsleistung zu erbringen. In diesem Sinne hatte Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache National Grid Indus argumentiert. Der Gerichtshof ist ihr bekanntlich nicht gefolgt – wie ich meine: zu Unrecht.
dd) Nachträgliche Entwicklungen Die neuere Judikatur des Europäischen Gerichtshofs ist so zu verstehen, dass die Überführung des Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte nicht nur eine vorläufige Berechnung der Altreserven legitimiert, sondern weitergehend einen eigenständigen Steuertatbestand bildet. Der Besteuerungsanspruch ist bereits entstanden, doch kann (und muss) dessen Erfüllung für mehrere Besteuerungsabschnitte gestundet werden. Das hat erhebliche Konsequenzen. Zunächst führt dies in die Frage, ob nachträgliche Rechtsänderungen im Hinblick auf die Qualifikation der maßgeblichen Einkünfte eine Rolle spielen können. In der Welt des Gerichtshofs ist dies nicht der Fall, wird doch lediglich der einmal entstandene Steueranspruch für einige Zeit gestundet und in Ratenbeträgen abgelöst. Unter Geltung des § 4g EStG wird hingegen die Bemessungsgrundlage im Rahmen der jährlichen Gewinnermittlung durch ratierliche Auflösung eines Rücklagenpostens modifiziert; dies kann etwa bei nachträglichen Änderungen der anwend-
117 Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (446 f., 450); Wacker, IStR 2017, 926 (928); s. auch Dobratz, ISR 2014, 198 (202 f.); in der Tendenz auch Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 5 Rz. 70 und 72; anders Musil, FR 2011, 545 (549). 118 Englisch in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 7.236 f.
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baren Steuersätze oder bei der Verrechnung mit künftigen Verlusten eine mildernde oder verschärfende Wirkung haben. Paradigmatisch für dieses Problem erscheint der vom FG Köln119 vor wenigen Jahren entschiedene Fall, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils (unter Geltung der alten Verwaltungsgrundsätze zu Betriebsstätten) für 10 Jahre gestundet wurde und während des Stundungszeitraums mit dem Halbeinkünfteverfahren für derartige Veräußerungsgewinne ein deutlich günstigerer steuerlicher Rahmen geschaffen wurde. Das FG hat sich in einem rechtskräftigen Urteil aus dem Jahre 2016 dafür ausgesprochen, diese neue, günstigere Regelung auch auf die Auflösung des alten Merkpostens auszudehnen. Dies erscheint aus europarechtlicher Sicht schon deshalb geboten, weil eine spätere Veräußerung im Inlandsfall von dieser Verbesserung der Rechtslage ebenfalls profitiert hätte. Mit der Grundannahme des Gerichtshofs, dass bereits der Grenzübertritt den endgültigen Steuertatbestand erfüllt, ist eine solche dynamische Betrachtungsweise allerdings nicht vereinbar. Die Idee eines „Wahlrechts“ zwischen Sofortbesteuerung und limitierter Steuerstundung unterstellt, dass der Steuertatbestand ein für alle Mal erfüllt und die Steuerschuld entstanden ist – allenfalls ist deren Durchsetzung für eine begrenzte Zeit gehemmt. Die schwierigste Frage ist darauf gerichtet, in welchem Umfang der Wegzugsstaat, wenn er bis zur tatsächlichen Realisierung warten muss, auch spätere Wertverluste des Wirtschaftsguts in Abzug bringen muss. Die frühere Rechtsprechung des Gerichtshofs wollte eine solche Wertminderung für Gesellschaftsanteile im Privatvermögen dem Wegzugsstaat zum Abzug aufgeben120. Eine voll am Binnenmarkt und an der Vergleichbarkeit mit dem Inlandsfall orientierte Betrachtung würde das befürworten. Der Gerichtshof verneint dies jedoch und versagt dem Steuerpflichtigen diese Berücksichtigung auch dann, wenn der Zuzugsstaat seinerseits überhaupt nicht bereit ist, für einen Ansatz der späteren Wertminderungen zu sorgen121.
119 FG Köln v. 16.2.2016 – 10 K 2335/11, EFG 2016, 793 ff. Rz. 54–57; kritisch Mitschke, IStR 2016, 395 ff. 120 EuGH v. 7.9.2006 – C-470/04, ECLI:EU:C:2006:525 – N Rz. 54. 121 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 61 f.; EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 55; EuGH v. 22.3.2018 – C-327/16 und C-421/16, ECLI: EU:C:2018:210 – Jacob und Lassus Rz. 82.
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Schaut man näher hin, so erweist sich diese Thematik als parallel gelagert zu dem hinlänglich bekannten Problem der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung unter Geltung der Grundfreiheiten122. Ausgangspunkt muss sein, dass die der Überführung nachfolgenden Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts nach allgemeiner Ansicht nur im Betriebsstättenstaat steuerpflichtig sind. Wendet man nun die zu Auslandsverlusten praktizierte „Symmetriethese“ des BFH123 und des Europäischen Gerichtshofs124 auf die Situation der Wertminderung verlagerter Wirtschaftsgüter an, so lässt sich ein Zusammenhang zwischen der fehlenden Steuerbarkeit der Wertzuwächse und der fehlenden Abzugsfähigkeit der Wertverluste nicht verneinen. Mit einem gewissen Recht hatte die Finanzverwaltung bereits vor dem BFH auf diesen Umstand hingewiesen125. Für die Praxis würde es sich daher anbieten, mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung eine „mittlere Linie“ zu den späteren Wertminderungen einzuschlagen und die inländische Berücksichtigung dieser unter ausländischer Besteuerungshoheit eingetretenen Wertverluste immer dann zu akzeptieren, wenn diese Wertminderungen im Betriebsstättenstaat dauerhaft nicht mehr verwertet werden können.
d) Verlagerung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte eines ausländischen Steuerpflichtigen Nicht viel anders ist die Rechtslage, wenn der Steuerpflichtige von vornherein im Ausland ansässig ist und ein Wirtschaftsgut aus dem Inland in ein ausländisches Betriebsvermögen überführt126. Die Tatbestände der Vorschriften der § 4 Abs. 1 Satz 3, 4 EStG, § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG und § 1 122 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 58 f. („Gefahr doppelter Verlustnutzung“); Röder, British Tax Review 2014, 574 (590 f.); Englisch in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 7.235; Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (315). 123 Zuletzt BFH v. 11.7.2018 – I R 52/16 Rz. 24. 124 Zuletzt EuGH v. 19.6.2019 – C-607/17, ECLI:EU:C:2019:510 – Memira; EuGH v. 19.6.2019 – C-608/17, ECLI:EU:C:2019:511 – Holmen). 125 BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 (471); BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BFHE 227, 83 (91). 126 Bode in Kirchhof, 18. Aufl. 2019, § 4 EStG Rz. 107; Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (443); Schönfeld/Quilitzsch in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 12.43; zu dieser Situation s. EuGH v. 6.9.2012 – C-38/10, ECLI:EU:C:2012:521 – Kommission ./. Portugal; ausführlich GA Mengozzi, Schlussanträge v. 28.6.2012 – C-38/10, ECLI:EU: C:2012:391 – Kommission ./. Portugal Rz. 83 ff.
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Abs. 5 Satz 1 AStG finden auch in diesen Fällen Anwendung. Keine Hilfe bietet indessen § 4g EStG, der nur unbeschränkt Steuerpflichtigen eine Zahlungsstreckung gewährt127. Daher stellt sich in einem solchen Fall auch in besonderer Schärfe die Problematik der Vereinbarkeit mit Europarecht. Materiell-rechtlicher Ausgangspunkt für diese Entstrickungsnormen ist der Umstand, dass bei der Verbringung eines Wirtschaftsguts aus einer inländischen Betriebsstätte in das ausländische Stammhaus diese Verlagerung unabhängig vom Inhalt des deutschen Einkommensteuerrechts und unabhängig von den Vorgaben eines Doppelbesteuerungsabkommens zu einem Verlust des deutschen Besteuerungsrechts für das betroffene Wirtschaftsgut führt128. Denn bereits die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts zum „genuine link“ verhindern, dass der deutsche Fiskus den künftigen Gewinn eines ausländischen Steuerpflichtigen aus einem im Ausland befindlichen und dort zu einem späteren Zeitpunkt veräußerten Wirtschaftsgut steuerlich erfasst. Dieser völkerrechtliche Vorbehalt betrifft allerdings nur die nach der Überführung entstehenden stillen Reserven. Für die vor der Überführung entstandenen stillen Reserven gilt nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts dasselbe wie in der oben beschriebenen umgekehrten Situation – der deutsche Fiskus darf weiterhin auf diese Altreserven zugreifen. Im Hinblick auf das auch vom Europäischen Gerichtshof festgestellte Erfordernis der Liquiditätsschonung stellt sich das Fehlen der Zahlungsstreckung nach § 4g EStG als zusätzliches substantielles Hindernis für die grenzüberschreitende Umorganisation dar129. Dieser Nachteil kann noch weniger gerechtfertigt werden als der Zugriff als solcher. Denn der Gerichtshof hat bereits zu mehreren vergleichbaren Fallgestaltungen die mitgliedstaatlichen Informationsrechte der Amtshilfe-Richtlinie und die mitgliedstaatlichen Vollstreckungsrechte der Beitreibungs-Richtlinie be-
127 Die Vorschrift kann allerdings eingreifen, wenn lediglich der Verwaltungssitz, nicht aber der Satzungssitz ins Ausland verlegt wird, Förster in FS Gosch, 2016, S. 83 ff. (87); Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 4g EStG Rz. 15. 128 Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.61. 129 Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (590); Kudert/Kahlenberg, DB 2015, 1377 (1378); Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (318); Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (450 f. bei Fn. 81/82).
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tont130. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs mag schließlich bei der Durchsetzung von Steuerforderungen gegen im Ausland ansässige Steuerpflichtige das Verlangen des Fiskus nach einer Sicherheitsleistung gerechtfertigt sein, die allerdings eine konkrete Gefährdung der Steuerforderung voraussetzt131. Schließlich ist der Fall zu behandeln, dass ein Wirtschaftsgut von einer ausländischen Betriebsstätte in eine andere ausländische Betriebsstätte überführt wird und dabei das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland reduziert wird – etwa von einer Pflicht zur Anrechnung ausländischer Steuern gegenüber dem ersten Staat zu einer Pflicht zur Freistellung der ausländischen Einkünfte gegenüber dem zweiten Staat. Hier kann allenfalls der Grundtatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG eingreifen, den Wacker sogar im Lichte des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG auslegen und daher unabhängig von dem konkret nachweisbaren Verlust steuerlichen Zugriffs anwenden möchte132. In der Sache überzeugt dies nicht. Man kann – aus Loyalität gegenüber dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber – akzeptieren, dass § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG in seinem expliziten Anwendungsbereich trotz systematischer und teleologischer Bedenken nicht leerläuft133. Aber es würde die Logik des Gesetzes umkehren und seine Teleologie verfremden, wenn man § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG zum archimedischen Ausgangspunkt der Interpretation der vorausgehenden Hauptnorm erklären würde.
2. Verlagerungen im KStG a) Grundlagen Ändert sich die Rechtslage, wenn die steuerpflichtige Person nicht der Einkommensteuer, sondern der Körperschaftsteuer unterliegt134? Im Grundsatz nicht. Der maßgebliche § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KStG entspricht inhaltlich weitgehend § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und auch die konsti130 Beispielhaft: EuGH v. 12.7.2012 – C-269/09, ECLI:EU:C:2012:439 – Kommission ./. Spanien Rz. 68–75; EuGH v. 23.11.2017 – C-164/12, ECLI:EU:C: 2014:20 – DMC Rz. 39. 131 GA Mengozzi v. 28.6.2012 – C-38/10, ECLI:EU:C:2012:391 – Kommission ./. Portugal Rz. 78–82. 132 Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (443 f.); dazu auch Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 6.386. 133 Siehe oben II. 1. a) aa). 134 Zu den Konkurrenzen bei der Beteiligung von Kapitalgesellschaften an Personengesellschaften s. Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (430 m.w.N.
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tutive Anordnung der Aufdeckung der stillen Reserven bei Verbringung in eine ausländische Betriebsstätte nach § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG findet in § 12 Abs. 1 Satz 2 KStG ihre Parallele135. Schließlich verweist § 12 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KStG auf § 4g EStG und ermöglicht damit eine fünfjährige Zahlungsstreckung. In rechtstechnischer Hinsicht liegt der wichtigste Unterschied zum Einkommensteuerrecht wohl darin, dass die h.M. bei Kapitalgesellschaften keine „Privatsphäre“ und damit auch keine „Entnahmen“ anerkennt136. Daher qualifiziert § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG die Verbringung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte als fiktiven Veräußerungsakt. Ebenfalls keine Anwendung findet im Körperschaftsteuerrecht die in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG niedergelegte Regelung über die Verbringung eines Wirtschaftsguts zwischen zwei Betriebsvermögen – dies wird damit begründet, dass nach h.M. unter Geltung der Gewerblichkeitsfiktion nach § 8 Abs. 2 KStG jede Kapitalgesellschaft über ein einheitliches Betriebsvermögen verfüge und daher der Tatbestand einer Verlagerung von Wirtschaftsgütern zwischen mehreren Betriebsvermögen nicht in Betracht kommen soll137.
b) ATAD-Richtlinie Die Besonderheit dieser Konstellation ist darin begründet, dass für Körperschaften anders als für natürliche Personen Art. 5 ATAD-RL ab dem 1.1.2020138 genaue Vorgaben für die steuerliche Behandlung trifft139, die weitgehend mit denen übereinstimmen, welche die Rechtsprechung des Gerichtshofs seit dem Urteil National Grid Indus vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit akzeptiert hat: Sofortbesteuerung der stillen Reserven oder wahlweise Streckung der Zahlungen auf bis zu fünf Jahre, Verzinsung des Steuerbetrags bei Zahlungsaufschub sowie ein Anspruch des Fiskus auf Sicherheitsleistung bei konkret aufgezeigten Zahlungsrisiken. Im Verhältnis zur Gesetzeslage in Deutschland mag man sogar eine Verschärfung darin finden, dass die ATAD-Richtlinie nicht lediglich wie § 4g EStG eine Verteilung des Gewinnbetrags auf mehrere Jahre 135 Zu den Konkurrenzen näher Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 12 KStG Rz. 3. 136 Kritisch Schön in FS Flume, 1998, S. 265 (267 ff.). 137 Siehe aber § 8d KStG. 138 Art. 11 Abs. 5 ATAD-RL; dazu Mechtler/Spies, ISR 2017, 9 (18). 139 Zur Entwicklung der Gesetzesfassungen s. Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, 2019, Art. 5 ATAD Rz. 15 ff.
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vorsieht, sondern eine mehrjährige Stundung des fix festgestellten Steuerbetrags140. Milder als das deutsche Recht erscheint die Richtlinie insoweit, als sie für die Verlagerung von Wirtschaftsgütern in Anrechnungsbetriebsstätten den Mitgliedstaaten die Entscheidung über die steuerliche Erfassung stiller Reserven überlässt141. Die einzige Verbesserung, welche Art. 5 Abs. 5 ATAD-RL gegenüber der Rechtsprechung für den Steuerpflichtigen bereit hält, liegt in der sekundärrechtlichen Festlegung, dass der empfangende Staat den vom Stammhaus angesetzten Wert übernehmen muss – wenn dieser nicht vom Verkehrswert abweicht142. Dieses Erfordernis hatte der Europäische Gerichtshof nicht schon auf der Grundlage der Grundfreiheiten aufstellen können, weil es eben nicht den besteuernden Stammhausstaat betrifft, sondern mit der Beseitigung der Doppelbesteuerung zwischen Ansässigkeitsstaat und Betriebstättenstaat zusammenhängt. Solche Probleme der Doppelbesteuerung können nur durch unilaterale Gesetzgebung, bilaterale und multilaterale Abkommen oder europäisches Sekundärrecht bereinigt, aber nicht a priori aus den Grundfreiheiten bewältigt werden143. Was bedeutet das für das Gesamtbild? Art. 5 Abs. 5 ATAD-RL beinhaltet nunmehr die vor dem Europäischen Gerichtshof durchsetzbare Garantie, dass die Verbringung eines Wirtschaftsguts zwischen Betriebsstätten in zwei verschiedenen Staaten der EU (und des EWR) nicht doppelt besteuert werden darf. Der Betriebsstättenstaat muss das Wirtschaftsgut zum Verkehrswert in die nach seinem Recht geführte Steuerbilanz aufnehmen. Damit erweist sich aber die avisierte Hauptrechtsfolge des Art. 5 Abs. 1 ATAD-RL, nämlich die sofortige Besteuerung der Altreserven, im Grunde als überflüssig. Indem die ATAD-Richtlinie explizit den Zugriff des Betriebsstättenstaates auf diese stillen Reserven verhindert, entzieht sie einer Vorabbesteuerung dieser stillen Reserven im Stammhausstaat die sachliche Rechtfertigung. Es wäre ohne Rechtsverlust mög-
140 Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (458. 141 Musil in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, Art. 5 ATAD-RL Rz. 14; gegen eine Differenzierung zwischen Freistellungs- und Anrechnungsbetriebsstätte Mayr in Kirchmayr/Mayr/Hirschler/Kofler, AntiBEPS-Richtlinie: Konzernsteuerrecht im Umbruch?, 2017, S. 61 (67). 142 Peeters, EC Tax Review 2017, 122 (131 f.). 143 Siehe aber Dobratz, ISR 2014, 198 (201), der der Rechtsprechung des EuGH eine eigenständige Entscheidung über die „Aufteilung“ von Besteuerungsrechten zwischen Wegzugsstaat und Zuzugsstaat entnimmt; ebenso Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 2 Rz. 149.
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lich, die stillen Reserven zu dokumentieren und bei einem späteren Realisationsakt im Wegzugsstaat zu erfassen. Dies muss in die Frage führen, ob die ATAD-Richtlinie insoweit gegen Primärrecht, namentlich die Niederlassungsfreiheit verstößt144. Das wäre ein hartes Urteil. Daher sollte man zunächst die Möglichkeit einer grundfreiheitenkonformen Auslegung des Art. 5 ATAD-RL diskutieren. Denn diese Vorschrift ordnet in ihrem Abs. 1 Buchst. a eine Exit Tax nur „insofern“ an, als „der Mitgliedstaat des Hauptsitzes aufgrund der Übertragung nicht mehr das Besteuerungsrecht für die übertragenen Vermögenswerte hat“. Es wird in den Erwägungsgründen der Richtlinie zwar unterstellt, dass der Stammhausstaat im Verbringungszeitpunkt „das Recht zu Besteuerung der übertragenen Vermögenswerte verloren (hat)“145. Diese Aussage ist aber schon deshalb wacklig, weil sich nach dem Willen des Richtliniengebers die Feststellung eines Besteuerungsrechtsverlusts nach nationalem Recht (Körperschaftsteuerrecht und DBA-Recht) richten soll146. Bedenkt man, dass einerseits Abs. 5 den Belegenheitsstaat zu einem Step Up verpflichtet und dass andererseits das nationale Recht in Verbindung mit dem Abkommensrecht einen Besteuerungsrechtsverlust nicht anordnet, dann lässt sich im Ergebnis eine reduzierte Interpretation der Norm vertreten, die den Anforderungen der Grundfreiheiten entspricht, auch wenn sie letztlich zu ihrem weitgehendem Leerlauf führt. Das wäre problematisch, wenn dieses Ergebnis der Zielsetzung der Vorschrift fundamental entgegenstehen würde. Doch dies ist nicht der Fall. Die Vorschrift soll nämlich ausweislich der Erwägungsgründe „der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage (Gewinnverkürzung) im Binnenmarkt und der Verlagerung von Gewinnen in Drittländer entgegen(zu)wirken.“147 Eine solche Gefahr besteht aber gar nicht, wenn das Recht zur Besteuerung der stillen Reserven unzweifelhaft dem Stammhausstaat erhalten bleibt.
144 Zur Prüfung des Art. 5 ATAD am Maßstab der Grundfreiheiten s. Bizioli, EC Tax Review 2017, 167 (173 f.); Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, 2019, Art. 5 ATAD Rz. 35 ff. 145 ATAD-Richtlinie: Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016, ABl. EU Nr. L 193 v. 19.7.2016, 1, Erwägungsgrund 10; s. auch Wacker in DStJG 41 (2018), S. 423 (456 f.; zu den Auslegungssschwierigkeiten näher Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, 2019, Art. 5 ATAD Rz. 95 ff. 146 Mechtler/Spies, ISR 2017, 9 (16 f.). 147 ATAD-Richtlinie: Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016, ABl. EU Nr. L 193/1 v. 19.7.2016, Erwägungsgrund 5.
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III. Wegzug von Steuerpflichtigen 1. Wegzug einer einkommensteuerpflichtigen Person a) Inländisches Betriebsvermögen Der Wegzug einer einkommensteuerpflichtigen Person in das Ausland ist als solcher im Einkommensteuergesetz nicht geregelt148. Er wird jedoch von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG mit erfasst, soweit durch einen solchen Wegzug das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt wird149. Für das in Deutschland zurückbleibende Betriebsvermögen kommt es nach dieser Norm jedenfalls dann nicht zu einer Aufdeckung stiller Reserven, wenn die betroffenen Wirtschaftsgüter weiterhin einer inländischen Betriebsstätte zugerechnet werden können. Wird hingegen der inländische Betrieb im Zuge des Ansässigkeitswechsels in den Staat des neuen Wohnsitzes verlegt und werden in diesem Zusammenhang die Wirtschaftsgüter in das Ausland verbracht, gelten die oben bereits geschilderten gesetzlichen Vorgaben150. Zwar wäre auch bei einem solchen gleichzeitigen „subjektiven“ und „objektiven“ Wechsel ins Ausland eine Aufdeckung stiller Reserven schon deshalb nicht geboten, weil die Möglichkeit besteht, die mit den „Altreserven“ verbundenen Gewinne noch zu einem späteren Zeitpunkt als „nachträgliche Einkünfte“ aus der inländischen Betriebsstätte zu besteuern151. Doch hat der deutsche Gesetzgeber dieser Möglichkeit in § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG auch für den Fall des Wohnsitzwechsels einen Riegel vorgeschoben. Und schließlich fordert § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG auch für diesen Fall eine Aufdeckung stiller Reser148 BFH v. 26.1.1977 – VIII R 109/75, BStBl. II 1977, 283 (287 ff.). 149 Loschelder in Schmidt, 38. Aufl. 2019, § 4 EStG Rz. 248; zur Verlagerung von Privatvermögen ins Ausland aus Anlass eines Wohnsitzwechsels wird in diesem Referat nicht Stellung genommen; zu § 6 AStG s. zuletzt EuGH v. 26.2.2019 – C-581/17 – Wächtler. 150 Ein Großteil der vom BFH in seiner Judikatur behandelten Wohnsitzwechsel natürlicher Personen betrifft die simultane Verlegung des Betriebes in den neuen Wohnsitzstaat (BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630 ff.; BFH v. 13.10.1976 – I R 261/70, BStBl. II 1977, 76 ff.; BFH v. 24.11.1982 – I R 123/78, BStBl. II 1983, 113 ff.; BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BFHE 227, 83 ff.); s. auch aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung FG Köln v. 18.3.2008 – 1 K 4110/04, EFG 2009, 259 (259 f.); FG Köln v. 17.1.2008 – 4 K 1347/03, EFG 2008, 680 f. 151 BFH v. 29.10.2009 – I R 99/08, BFHE 227, 83 (89).
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ven im Rahmen eines fiktiven Austauschgeschäfts. Die Streckungsregel des § 4g EStG findet wegen der künftigen ausländischen Ansässigkeit des Steuerpflichtigen keine Anwendung – es kommt zur Sofortbesteuerung aus Anlass des Umzugs. Legitim erscheint diese vorzeitige Gewinnrealisierung – entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs – dennoch nicht. Deutschland hätte die Möglichkeit, die stillen Reserven aus Anlass des Umzugs festzustellen und mit Hilfe der Amtshilfe-Richtlinie und der Beitreibungs-Richtlinie zu einem späteren Zeitpunkt die darauf entfallende Steuer zu erheben. Vor allem aber hat der Gerichtshof selbst dem Steuerpflichtigen in National Grid Indus und mehreren Folgeverfahren für den Fall des Ausscheidens aus der unbeschränkten Steuerpflicht unter gleichzeitiger „Mitnahme“ werthaltiger Wirtschaftsgüter ein Wahlrecht auf zeitliche Streckung des Besteuerungszugriffs zugestanden. Auch wenn man der dem Fiskus günstigen jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgt, wird man daher jedenfalls eine umfassende Sofortbesteuerung für unverhältnismäßig halten müssen152.
b) Ausländisches Betriebsvermögen Im Zusammenhang mit dem Ansässigkeitswechsel interessanter ist die Frage nach dem steuerlichen Schicksal ausländischen Betriebsvermögens. Soweit dieses bisher in einer Betriebsstätte gehalten wurde, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Freistellungsmethode profitiert hat, ändert sich durch den Wegzug des Inhabers ins Ausland nichts – die bis zum Ansässigkeitswechsel entstandenen stillen Reserven wurden außerhalb der deutschen Besteuerungshoheit begründet und dabei bleibt es auch nach dessen Umzug. Anders kann die Beurteilung einer Betriebsstätte ausfallen, für die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen aus Sicht des bisherigen Wohnsitzstaates (nach § 34c Abs. 1 EStG oder nach einem Abkommen) die Anrechnungsmethode Anwendung findet. Denn hier verliert der deutsche Fiskus sein Recht zur Besteuerung durch den Wegzug vollständig, mag dieses auch vorher durch eine Anrechnungspflicht beschränkt worden sein. Insoweit sprechen gute Gründe für eine Aufdeckung stiller Reserven. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG erfasst daher auch diesen Fall. Die stillen Reserven sollten allerdings entgegen dem Gesetz erst bei späterer Realisierung be152 Oellerich in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 12 KStG Rz. 42.
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steuert werden, und zwar nach Maßgabe der durch das Doppelbesteuerungsabkommen gebotenen Anrechnung der auf die steuerlichen Altreserven entfallenden Steuern im anderen Staat. Kommt es mit dem Gesetz zu einer vorzeitigen Realisierung, so sollte zumindest eine „fiktive“ ausländische Steuer zur Anrechnung kommen153.
2. Wegzug einer körperschaftsteuerpflichtigen Person a) Gesellschaftsrechtliche Vorfragen Die Frage, ob und in welcher Weise die Sitzverlegung einer juristischen Person in das Ausland zur Aufdeckung stiller Reserven führt, war für lange Zeit von der gesellschafts- und kollisionsrechtlichen Vorfrage geprägt, ob ein solcher Wegzug zur automatischen Auflösung einer solchen Gesellschaft führen kann und ob die Herrschaft des Gründungsstaates über den privatrechtlichen Bestand einer solchen Gesellschaft diesem auch das Recht gibt, bei Wegzug eine steuerliche Schlussabrechnung zu verlangen. Eben dies hatte der Europäische Gerichtshof in seinem berühmten Urteil in der Rechtssache Daily Mail im Jahre 1988154 behauptet und damit für mehr als zwanzig Jahre nicht nur im Gesellschaftsrecht, sondern auch im Steuerrecht den Wegzugsstaaten weitgehend freie Hand gelassen. Dies änderte sich auf der Ebene des Gesellschaftsrechts im Jahre 2008 durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Cartesio155, in dem der Gerichtshof dem Gründungsstaat untersagte, den Formwechsel einer inländischen Gesellschaft in eine vergleichbare ausländische Rechtsform generell zu unterbinden. Es bleibt allerdings dabei, dass der Gründungsstaat nach wie vor berechtigt ist, die bloße Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland zum Anlass für eine Auflösung der Gesellschaft zu nehmen. Dies spielt jedoch aus zwei Gründen keine praktische Rolle. Zum einen hat sich der deutsche Gesetzgeber vor einigen Jahren entschieden, inländischen Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) zu gestatten, ihren Verwaltungssitz abweichend vom Satzungssitz im Ausland zu nehmen156.
153 Näher Schön in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Die SE im Steuerrecht, Rz. 93. 154 EuGH v. 27.9.1988 – 81/87, ECLI:EU:C:1988:456 – Daily Mail. 155 EuGH v. 16.12.2008 – C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723 – Cartesio. 156 § 4a GmbHG und § 5 AktG verlangen lediglich einen „Satzungssitz“ im Inland.
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Zum zweiten hat der Gerichtshof in den Rechtssachen VALE157 und Polbud158 die Mitgliedstaaten verpflichtet, zur Verlegung des Satzungssitzes einen grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel zu ermöglichen. Und schließlich hat der Gerichtshof in der Rechtssache National Grid Indus am Fall der Sitzverlegung einer niederländischen Gesellschaft ins Vereinigte Königreich festgestellt, dass die Frage nach der Binnenmarktkonformität steuerlicher Hindernisse nicht (mehr) durch die Einflussmöglichkeiten des Gründungsstaats auf gesellschaftsrechtlicher Ebene präjudiziert wird159. Mit anderen Worten: Die Zulässigkeit steuerlicher Wegzugshindernisse muss gegenüber den Grundfreiheiten aus sich selbst heraus gerechtfertigt werden und folgt nicht mehr a maiore ad minus aus einer fortbestehenden Zulässigkeit privatrechtlicher Vorbehalte.
b) Steuerliche Konsequenzen für die Gesellschaft Die steuerlichen Konsequenzen der Sitzverlegung sind auf der Grundlage von § 12 KStG im Grundsatz nicht anders zu ziehen als bei dem Wegzug einer natürlichen Person. Die Vorschrift differenziert allerdings zwischen der Sitzverlegung in einen EU/EWR-Staat und einen Drittstaat. Für die Sitzverlegung in einen Mitgliedstaat der EU und des EWR über § 12 Abs. 1 KStG ist eine Aufdeckung stiller Reserven nur insoweit angelegt, als die Sitzverlegung zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung der Besteuerungshoheit des deutschen Fiskus führt und damit vor allem inländisches Betriebsvermögen unberührt lässt. Demgegenüber hat nach § 12 Abs. 3 KStG die Sitzverlegung in einen Drittstaat aus steuerlicher Sicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge und damit eine Liquidationsbesteuerung nach § 11 KStG einschließlich der Aufdeckung sämtlicher (auch der inländischen) stillen Reserven. Da eine Sitzverlegung als solche nur von der Niederlassungsfreiheit geschützt wird und nicht auch
157 EuGH v. 12.7.2012 – C-378/10, ECLI:EU:C:2012:440 – Vale. 158 EuGH v. 25.10.2017 – C-106/16, ECLI:EU:C:2017:804 – Polbud. 159 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus Rz. 28–33; EFTA-Gerichtshof v. 3.10.2012 – E-15/11 – Arcade Drilling Rz. 44–46; EuGH v. 14.9.2017 – C-646/15, ECLI:EU:C:2017:682 – Panayi Rz. 36–39; ausführlich GA Kokott v. 8.9.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011: 563 – National Grid Indus Rz. 19–36; GA Mengozzi v. 28.6.2012 – C-38/10, ECLI:EU:C:2012:391 – Kommission ./. Portugal Rz. 49–54; Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (314 f.); Schön in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Die SE im Steuerrecht, Rz. 57 f.
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von der Kapitalverkehrsfreiheit160, bestehen keine europarechtlichen Bedenken gegen diese Rechtsfolge. Für die Sitzverlegung innerhalb der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums steht die deutsche Rechtslage auch in Übereinstimmung den maßgeblichen Richtlinien. Konkret wird in Art. 12 Abs. 1 Fusions-RL für die Sitzverlegung einer Europäischen Aktiengesellschaft und einer Europäischen Genossenschaft angeordnet, dass „diese Verlegung des Sitzes oder die Aufgabe des Steuersitzes in dem Mitgliedstaat, aus dem der Sitz verlegt wurde, keine Besteuerung des nach Artikel 4 Absatz 1 berechneten Veräußerungsgewinns aus dem Aktiv- und Passivvermögen einer SE oder SCE auslösen [darf], das in der Folge tatsächlich einer Betriebsstätte der SE bzw. der SCE in dem Mitgliedstaat, von dem der Sitz verlegt wurde, zugerechnet bleibt, und das zur Erzielung des steuerlich zu berücksichtigenden Ergebnisses beiträgt.“
Während diese Formulierung lediglich darauf ausgerichtet ist, eine Besteuerung der im Inland verbleibenden Wirtschaftsgüter zu untersagen, und das Recht zur Besteuerung überführter Wirtschaftsgüter lediglich andeutete161, ändert sich die Zielrichtung des Sekundärrechts mit Art. 5 Abs. 1 Buchst. c ATAD-Richtlinie. Diese Vorschrift verlangt nämlich explizit die Aufdeckung aller stillen Reserven mit Ausnahme derjenigen Wirtschaftsgüter, die effektiv in einer inländischen Betriebsstätte verbleiben. Dies gründet sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seit dem Grundsatzurteil National Grid Indus162. Letztlich stellt sich hier ebenso wie zur Verbringung von Wirtschaftsgütern die Frage, ob die ATAD-Richtlinie insoweit mit den Anforderungen des Binnenmarkts vereinbar ist oder grundfreiheitenkonform ausgelegt werden 160 Ausführlich zur Abgrenzung zwischen Niederlassung und Kapitalverkehr in der Rechtsprechung des Gerichtshofs s. Schön in FS Wulf-Henning Roth, 2015, S. 551 ff. 161 GA Kokott v. 8.9.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:563 – National Grid Indus Rz. 50. 162 EuGH v. 29.11.2011 – C-371/10, ECLI:EU:C:2011:785 – National Grid Indus; EuGH v. 6.9.2012 – C-38/10, ECLI:EU:C:2012:521 – Kommission ./. Portugal; EFTA-Gerichtshof v. 3.10.2012 – E-15/11 – Arcade Drilling; EuGH v. 25.4.2013 – C-64/11, ECLI:EU:C:2013:264 – Kommission ./. Spanien; EuGH v. 18.7.2013 – C-261/11, ECLI:EU:C:2013:480 – Kommission ./. Dänemark; nicht als hinreichendes Besteuerungsrecht sieht der Gerichtshof die Möglichkeit an, nach Wegzug eines Rechtsträgers ins Ausland die späteren Einkünfte der begünstigten Teilhaber zu erfassen, EuGH v. 14.9.2017 – C-646/15, ECLI: EU:C:2017:682 – Panayi Rz. 54–56 für die Begünstigten eines in einen anderen Mitgliedstaat verzogenen Trusts.
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kann163. Jedenfalls ist der Verzicht auf eine Streckung i.S.v. § 4g EStG mit den Grundfreiheiten nicht vereinbar164. Diese Rechtsfolge sieht die Richtlinie – anders als § 12 Abs. 3 KStG – auch für die Sitzverlegung in einen Drittstaat vor. Man könnte daher zu dem Schluss kommen, dass § 12 Abs. 3 KStG insoweit in Widerspruch zur Richtlinie steht, als eine Gewinnrealisierung auch für die in einem inländischen Betriebsvermögen verbleibenden Wirtschaftsgüter erfolgt. Allerdings sieht Art. 3 ATAD-RL vor, dass es sich insoweit nur um einen Mindestschutz handelt und die Mitgliedstaaten frei darin sind, ein höheres Schutzniveau festzulegen.
c) Steuerliche Konsequenzen für die Gesellschafter Steuerliche Konsequenzen für die Gesellschafter sind durch die Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft im Grundsatz nicht veranlasst, denn diese Personen bleiben am Ort ihrer Ansässigkeit mit ihrem Welteinkommen steuerpflichtig; dazu gehören auch künftige Gewinne aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen165. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA und Art. 13 Abs. 5 der deutschen Verhandlungsgrundlage ordnen den Fortbestand dieses Besteuerungsrechts des Ansässigkeitsstaates auch abkommensrechtlich an. Lediglich dann, wenn das jeweilige Abkommen dem Sitzstaat der Gesellschaft das Recht zur Besteuerung von Anteilsveräußerungen zuweist (z.B. bei Immobiliengesellschaften), können durch den Wegzug einer Kapitalgesellschaft auch die in den Anteilen verhafteten stillen Reserven verloren gehen. Für Anteile im Betriebsvermögen greift dann § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, für Anteile im Privatvermögen § 17 Abs. 5 EStG. Da Art. 14 Fusions-RL eine derartige Sofortbesteuerung für Anteile an Europäischen Aktiengesellschaften und Genossenschaften untersagt, hat der deutsche Gesetzgeber für diese Anteile einen treaty override angeordnet und eine Besteuerung im späteren Realisationszeitpunkt vorgesehen (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG, § 17 Abs. 5 Satz 2–3 EStG)166. Bemerkenswert erscheint, dass im Rahmen von Art. 13 OECD-MA die vom BFH für Betriebsvermögen entwickelte Theorie einer Aufspaltung der 163 Siehe oben II.2.b. 164 Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.105; FG Rheinland-Pfalz v. 7.1.2011 – 1 V 1217/10, DStRE 2011, 1065 ff. 165 Dazu Förster in FS Gosch, 2016, S. 83 ff. (88). 166 Schön in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Die SE im Steuerrecht, Rz. 118 ff.
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stillen Reserven nach Entstehungszeitpunkt nicht greifen soll – hier wäre auch eine differenzierende Abkommensregelung denkbar167.
IV. Grenzüberschreitende Einbringung von Betriebsvermögen Die grenzüberschreitende Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft lässt sich in vielfältige Alternativszenarien untergliedern: Der einbringende Steuerpflichtige kann beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtig sein, das eingebrachte Betriebsvermögen kann im Inland oder im Ausland belegen sein und die empfangende Kapitalgesellschaft kann ihren Sitz im Inland oder Ausland haben. Gemeinsam ist allen diesen Situationen, dass im Unterschied zu den vorgenannten Szenarien mit der Einbringung von Betriebsvermögen eine Verdoppelung der Ebenen eintritt: Das bisher von dem einbringenden Steuerpflichtigen gehaltene Betriebsvermögen gehört künftig einer Kapitalgesellschaft, an welcher die einbringende Person wiederum Anteile erhält. Konzentriert man sich erneut auf die stillen Reserven, so muss eben auch geprüft werden, auf welcher Ebene diese stillen Reserven fortgeführt werden können und müssen.
1. Einbringung durch inländische Steuerpflichtige a) Einbringung inländischen Betriebsvermögens aa) Inländische Empfänger Der Referenzfall – gerade auch im Hinblick auf die Anwendung von europarechtlichen Diskriminierungsverboten – ist die Einbringung inländischen Betriebsvermögens durch einen inländischen Steuerpflichtigen in eine inländische Kapitalgesellschaft. Der Fall liegt im Zentrum des § 20 UmwStG, der für die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen als Sacheinlagen in Kapitalgesellschaften den Verzicht auf eine sofortige Realisierung der stillen Reserven im Zuge eines tauschähnlichen Vorgangs ermöglicht, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte des eingebrachten Vermögens fortführt (Abs. 2). Der von der übernehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Wert gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten für die erhaltenen Gesellschaftsanteile (Abs. 3 Satz 1). Der Ver167 Zum Problem Kofler/Rust in Haslehner/Kofler/Rust, Time and Tax: Issues in International, EU and Constitutional Law, 2019, 8 ff.
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zicht auf eine Aufdeckung der stillen Reserven wird gleichsam „erkauft“ durch eine Verdoppelung der stillen Reserven, nämlich ihren Ansatz sowohl bei den Anschaffungskosten der Anteilseigner für die „erhaltenen Anteile“ als auch bei der aufnehmenden Gesellschaft für das „erworbene Betriebsvermögen“.
bb) Ausländische Empfänger (1) Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens Ändert sich die Beurteilung, wenn die Empfängerin eine ausländische Kapitalgesellschaft ist? Der Grundtatbestand des § 20 Abs. 1 UmwStG unterscheidet in seinem Wortlaut nicht zwischen inländischen und ausländischen Körperschaftsteuersubjekten. Vielmehr wird in § 1 UmwStG der Anwendungsbereich sowohl für inländische als auch für in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum ansässige Gesellschaften und Gesellschafter eröffnet168. Das entspricht europäischem Recht: In der Rechtssache Kommission ./. Portugal hat der Europäische Gerichtshof im Jahre 2016 eine Einbringung von Betriebsvermögen durch eine natürliche Person in eine ausländische Kapitalgesellschaft unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit gestellt und die in National Grid Indus begründete Rechtsprechungslinie auf diese Fälle angewandt169, nach der jedenfalls eine Sofortbesteuerung der stillen Reserven als unzulässig erscheint170. Schranken setzt der Buchwertfortführung lediglich § 20 Abs. 2 UmwStG in seinen Nr. 1 und 3: Zunächst muss sichergestellt sein, dass das eingebrachte Betriebsvermögen später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegt. Diese subjektive Steuerpflicht ist bei ausländischen Kapitalgesellschaften nach § 2 KStG zweifelsfrei gegeben171. Wichtiger ist nach Nr. 3, dass durch den Einbringungsvorgang „das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des eingebrachten Be168 Zur „Europäisierung“ des persönlichen Anwendungsbereichs des § 20 UmwStG s. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 28 ff. und Rz. 194. 169 EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 79–81. 170 EuGH v. 21.12.2016 – C-503/14, ECLI:EU:C:2016:979 – Kommission ./. Portugal Rz. 87 f. 171 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314 Rz. 20.19 i.V.m. Rz. 03.17; Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 12.
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triebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird“. Für inländische Betriebsvermögen treten diese Rechtsfolgen nicht ein, solange die Voraussetzungen einer inländischen Betriebsstätte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG oder nach dem maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen gegeben sind. Das Umwandlungsgesetz erfüllt damit für Kapitalgesellschaften zugleich die Vorgaben, die Art. 9 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Fusions-RL bereits seit dem Jahre 1990 für sämtliche Mitgliedstaaten trifft. Dort wird die Buchwertfortführung garantiert, wenn und soweit Betriebsvermögen „tatsächlich einer Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft im Mitgliedstaat der einbringenden Gesellschaft zugerechnet wird und zur Erzielung des steuerlich zu berücksichtigenden Ergebnisses dieser Betriebsstätte beiträgt.“ (Art. 4 Abs. 2 Buchst. b Fusions-RL). Die in § 20 Abs. 2 und 3 UmwStG vorausgesetzte Buchwertfortführung findet dann eben in der Buchführung der inländischen Betriebsstätte der übernehmenden ausländischen Gesellschaft statt. Vorgaben für die Behandlung dieses Betriebsvermögens in der Bilanz der ausländischen Gesellschaft nach ausländischem Recht treffen weder das deutsche noch das europäische Recht. Was passiert aber, wenn im Zuge der Einbringung des inländischen Betriebsvermögens in eine ausländische Kapitalgesellschaft einzelne oder alle bisher im Inland eingesetzten Wirtschaftsgüter in das Ausland verbracht werden? Dieser Sachverhalt kann in besonderem Maße bei solchen Wirtschaftsgütern eintreten, die nach h.M. notwendig der Geschäftsleitung einer steuerpflichtigen Körperschaft zugeordnet werden – wie bestimmte Beteiligungen oder Immaterialgüter172. Finanzverwaltung und Schrifttum haben sich weitgehend darauf verständigt, die jeweiligen Zuordnungsvorgänge sauber voneinander zu trennen: Am maßgeblichen Stichtag nach dem Umwandlungssteuerrecht ist bei der Prüfung nach § 20 Abs. 2 UmwStG nur zu prüfen, ob der Rechtsvorgang der Einbringung in die ausländische Gesellschaft das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsgründen aufhebt oder einschränkt. Das zeigt sich in besonderem Maße, wenn der Stichtag für diese Einbringung mit steuerlicher Wirkung rückwirkend angesetzt wird. Eine gleichzeitige oder bald nachfolgende tatsächliche Verlagerung von Wirtschaftsgütern in das Ausland ist demgegenüber gesondert im Rahmen von § 12 Abs. 1
172 Kritisch Prinz in Prinz, Umwandlungen im Internationalen Steuerrecht, 2012, Rz. 1.29.
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KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG zu beurteilen173. Diese Aufspaltung des Vorgangs hat zur Folge, dass die tatsächliche Verlagerung einzelner Wirtschaftsgüter aus der inländischen Betriebsstätte in ein ausländisches Betriebsvermögen nicht zum Anlass genommen werden darf, der gesamten Einbringung die Steuerneutralität zu versagen. Eine solche Vorgehensweise würde auch – im Lichte des o.g. Urteils Kommission ./. Portugal – als unverhältnismäßige Einschränkung der Niederlassungsfreiheit gelten.
(2) Gewährte Anteile Die dem Einbringenden gewährten Anteile sind ebenfalls mit den Buchwerten des eingebrachten Betriebsvermögens der inländischen Steuer verhaftet: Eine spätere Veräußerung wäre nach § 17 Abs. 1 EStG steuerpflichtig; dieses Besteuerungsrecht wird dem Ansässigkeitsstaat des Einbringenden auch in Art. 13 Abs. 5 OECD-MA und Art. 13 Abs. 5 der deutschen Verhandlungsgrundlage garantiert. Bei einer Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren nach dem Umwandlungsvorgang ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG der ursprüngliche „Einbringungsgewinn I“ rückwirkend zu erfassen. Dass der deutsche Gesetzgeber hier den Missbrauchsvorbehalt des Art. 11 Fusions-RL in sehr großzügiger Weise anwendet, ist hinreichend bekannt174. Ob die Sicherung der stillen Reserven bei der einbringenden steuerpflichtigen Person buchungstechnisch durch eine Buchwertübernahme der Bilanzansätze oder durch einen entsprechenden Rücklagenposten erfolgt, ist – wie der Gerichtshof in der Rechtssache 3D I Srl festgestellt hat175 – durch die Fusions-Richtlinie nicht präjudiziert.
173 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 303; Kahle/Beinert, FR 2015, 585 (587 Fn. 36); Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 19; Möhlenbrock in FS Gosch, 2016, S. 307 (319); Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.120. 174 Ganz h.M.; s. die Nachweise bei Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 22 UmwStG Rz. 19–23; zur „gewöhnungsbedürftigen“ Vorstellung eines jährlich „abschmelzenden“ Missbrauchstatbestands kritisch auch Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 13. 175 EuGH v. 19.12.2012 – C-207/11, ECLI:EU:C:2012:818 – 3D I Srl Rz. 30–34.
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b) Einbringung ausländischen Betriebsvermögens aa) Inländische Empfänger Wir bleiben in diesem System, wenn der Einbringende ausländisches Betriebsvermögen auf eine inländische Kapitalgesellschaft überträgt176. Dies gilt auch für die Ausschlusstatbestände des § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Typischerweise wird nämlich durch einen solchen Vorgang im Hinblick auf das ausländische Betriebsvermögen das deutsche Besteuerungsrecht weder eingeschränkt noch begründet177. Fehlt es an einem Doppelbesteuerungsabkommen, so bleibt der Auslandsgewinn steuerpflichtig und § 34c Abs. 1 EStG findet Anwendung. Existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen, so differenziert es nach allgemeiner Praxis für den subjektiven Anwendungsbereich der Verteilungsnormen im Hinblick auf die grenzüberschreitenden Einkünfte nicht zwischen einer natürlichen Person (als einbringender Steuerpflichtiger) und einer juristischen Person (als erwerbende Steuerpflichtige). Eine beim Einbringenden „freigestellte“ Betriebsstätte bleibt auch bei der empfangenden inländischen Kapitalgesellschaft freigestellt, eine „Anrechnungsbetriebsstätte“ bleibt entsprechend im Anwendungsbereich der Anrechnungsmethode.
bb) Ausländische Empfänger Wir kommen zu dem Fall, dass ein inländischer Steuerpflichtiger ausländisches Betriebsvermögen in eine ausländische Kapitalgesellschaft einbringt und im Gegenzug Anteile an der ausländischen Gesellschaft erhält. Das ausländische Betriebsvermögen verlässt mit einem solchen Vorgang dauerhaft den Zugriff des deutschen Ertragssteuerrechts. Das bereitet keine Schwierigkeiten, wenn es bereits vorher im Zuge einer freigestellten Betriebsstätte dem deutschen Fiskus entzogen war. Dann fehlt von vornherein das Recht zur Schlussbesteuerung und der Anteilseigner darf als Anschaffungskosten für die einbringungsgeborenen Anteile den gemeinen Wert ansetzen, ohne dass im Gegenzug eine Gewinnrealisierung im Betriebsvermögen erforderlich ist. In diesem Fall hat der inländische Einbringende auch ein Interesse daran, nicht über ei-
176 Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.115. 177 Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 14 f.
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nen zu niedrigen Ansatz für die erhaltenen Anteile die ausländischen stillen Reserven letztlich doch „mittelbar“ im Inland zu verstricken178. Wie aber ist die Lage, wenn die Gewinne der ausländischen Betriebsstätte der deutschen Steuerhoheit bis zur Einbringung unterliegen und lediglich – auf der Grundlage des § 34c Abs. 1 EStG oder eines Doppelbesteuerungsabkommens – die Anrechnung der ausländischen Steuer verlangt werden kann? § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UmwStG qualifiziert dies als Fall der Aufdeckung stiller Reserven179. Art. 10 Abs. 2 Fusions-RL erlaubt für diesen Fall dem deutschen Fiskus, den Gewinn des Einbringenden zu besteuern, und verpflichtet ihn aber im Gegenzug, die (fiktive) Steuer im Betriebsstättenstaat anzurechnen. Dem ist das Umwandlungssteuergesetz in § 20 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 3 UmwStG nachgekommen. Doch bedarf diese Versagung der Buchwertfortführung nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG trotz Konformität mit der Fusions-Richtlinie einer eigenständigen Rechtfertigung als Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit. Der Europäische Gerichtshof hat auch diese Konstellation der in National Grid Indus begründeten Rechtsprechungslinie unterworfen. In der Rechtssache A Oy entschied der Gerichtshof im Jahre 2017180, dass nicht nur die Verbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Territorium eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaat, sondern auch der Verlust „jeglicher Verbindung“ zu einer Auslandsbetriebsstätte durch deren Überführung auf eine ausländische Tochtergesellschaft zum Anlass für einen steuerlichen Zugriff genommen werden dürfe, allerdings wiederum nur – zur Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit – unter Einräumung eines Stundungswahlrechts für den einbringenden Steuerpflichtigen. In ihren vorbereitenden Schlussanträgen ergänzte GA Kokott diese Aussagen dahin, dass der Fiskus für diesen steuerlichen Zugriff nicht auf eine tatsächliche Realisation bei der übernehmenden Gesellschaft warten müsse; auch müsse sich der Fiskus nicht auf sein Recht zur Besteuerung späterer Veräußerungsgewinne aus den erworbenen Anteilen verweisen lassen181. Einig waren sich der Gerichtshof und die General178 Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 9. 179 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 313. 180 EuGH v. 23.11.2017 – C-292/16, ECLI:EU:C:2017:888 – A Oy; Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 5 Rz. 67. 181 GA Kokott v. 13.7.2017 – C-292/16, ECLI:EU:C:2017:555 – A Oy Rz. 36 und 46; Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 18.
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anwältin indessen darin, dass die Anrechnungspflicht für fiktive ausländische Steuer nach Art. 10 Abs. 2 Fusions-RL zwar das Problem der Doppelbesteuerung durch zwei konkurrierende Steuerhoheiten lösen, nicht aber den zugleich gegebenen Verstoß einer Sofortbesteuerung gegen die Grundfreiheiten heilen könne182. Die in § 20 UmwStG angelegte Vorgabe, dass bei Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts im Zuge einer Einbringung die stillen Reserven nicht nur sofort aufgedeckt, sondern auch sofort steuerlich zu belasten sind, ist vor diesem Hintergrund mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar183.
2. Einbringung durch ausländische Steuerpflichtige Nicht viel anders ist die Lage bei der Einbringung von Betriebsvermögen durch einen im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen. Hier besteht die wichtigste Besonderheit in der Behandlung der im Zuge der Einbringung erhaltenen Anteile: –
Für die Einbringung der inländischen Betriebsstätte gilt, dass sie sowohl bei einem inländischen als auch bei einem ausländischen Empfänger der deutschen Steuer verhaftet bleibt und damit kein Anlass für eine Aufdeckung stiller Reserven besteht.
–
Für die Einbringung einer ausländischen Betriebsstätte stellen sich keine besonderen Fragen, wenn und soweit diese schon vorher nicht der deutschen Besteuerungshoheit unterlag. Allerdings kann dies dazu führen, dass die ausländische Betriebsstätte jetzt erstmals „passiv verstrickt“ wird, etwa bei fehlender Freistellung des Betriebsstättengewinns aus deutscher Sicht184.
Die eigentliche Problematik liegt darin, dass bei der Einbringung einer inländischen Betriebsstätte durch einen im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen zwar die Betriebsstätte der deutschen Steuer verhaftet bleibt, der Einbringende mit den erworbenen Anteilen jedoch die deutsche Steuerhoheit verlässt. Jedenfalls dann, wenn das konkrete Doppelbesteuerungsabkommen den Vorgaben des Art. 13 Abs. 5 in der Fassung des 182 EuGH v. 23.11.2017 – C-292/16, ECLI:EU:C:2017:888 – A Oy Rz. 34–37; GA Kokott, Schlussanträge v. 13.7.2017 – C-292/16, ECLI:EU:C:2017:555 – A Oy Rz. 47–53; Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 20 UmwStG Rz. 61. 183 Zum Streitstand Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 301 Fn. 4. 184 Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.117.
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OECD-MA und der deutschen Verhandlungsgrundlage entspricht, steht dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zu. Nach dem im Jahre 2014 ergangenen EuGH-Urteil in der Sache DMC185 zu § 20 Abs. 3 und 4 UmwStG 1995 darf der deutsche Fiskus diesen Umstand jedoch nicht zum Anlass für eine Schlussbesteuerung nehmen, solange die inländische Besteuerung der Betriebsstätte gesichert bleibt186. Der Zwang zur „doppelten Buchwertfortführung“ ist daher in diesen Fällen kraft Europarechts aufgehoben187. Seit dem SEStEG enthält das deutsche Recht eine solche Vorgabe ohnehin nur noch für Drittstaatsangehörige188 und nicht mehr für EU-Steuerpflichtige189. Dennoch wird der ausländische Steuerpflichtige nicht ohne weiteres einer solchen Einbringung nach § 20 Abs. 1 UmwStG kurzfristig eine Anteilsveräußerung folgen lassen: Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG muss er den Einbringungsgewinn nämlich dann rückwirkend versteuern, wenn er innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung die im Gegenzug erhaltenen Anteile veräußert, wenn auch für jedes Haltejahr gemindert um 1/7 des Gewinnbetrages. Dass hier erneut die europarechtlichen Grenzen zulässiger Missbrauchstypisierung überschritten sind, sei abschließend erwähnt190.
V. Grenzüberschreitender Anteilstausch 1. Inländische Anteilseigner a) Inländische Anteile aa) Inländische Empfänger Wenn ein inländischer Steuerpflichtiger Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft in eine andere inländische Kapitalgesellschaft ein185 EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12, ECLI:EU:C:2014:20 – DMC; Vorinstanz FG Hamburg v. 26.1.2012 – 2 K 224/10, IStR 2012, 305 ff.; Benecke in Lüdicke, Aktuelle Problemfelder im Internationalen Steuerrecht, 2016, S. 129 (131 ff.). 186 EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12, ECLI:EU:C:2014:20 – DMC Rz. 56 f. 187 FG Hamburg v. 15.4.2015 – 2 K 66/14, IStR 2015, 521 ff.; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde verworfen in BFH v. 30.9.2015 – I B 66/15; kritisch Mitschke, IStR 2015, 526 ff. 188 § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG; näher Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.116. 189 So genannte „Wegzugsprämie“ (BR-Drucks. 542/06, 10); näher Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 3. Aufl. 2019, § 20 UmwStG Rz. 302. 190 Desens in Weber-Grellet/Musil, Europäisches Steuerrecht, 2019, § 22 UmwStG Rz. 24.
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bringt, die bereits vor oder spätestens nach der Einbringung die Mehrheit der Anteile hält, kann nach § 21 Abs. 1 UmwStG Steuerneutralität hergestellt werden. Voraussetzung ist, dass die aufnehmende Gesellschaft die erworbenen Anteile mit dem Buchwert ansetzt, der seinerseits die Anschaffungskosten des Einbringenden für die erhaltenen Anteile bestimmt. Um einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass Kapitalgesellschaftsanteile, die bei dem Einbringenden steuerbar waren, bei der aufnehmenden Gesellschaft binnen Kurzem nach § 8b KStG steuerbefreit weiterveräußert werden können, sieht § 22 Abs. 2 EStG für einen solchen Fall die rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns II innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren vor.
bb) Ausländische Empfänger (1) Ebene der Gesellschaft Wenn ein Steuerpflichtiger Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft in eine ausländische Kapitalgesellschaft einbringt, ist dieser Vorgang – bei einbringenden Kapitalgesellschaften – zunächst durch die Fusions-Richtlinie geschützt. Nach Art. 8 Fusions-RL darf die „Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an einen Gesellschafter der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital […] für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns dieses Gesellschafters auslösen“. Die neuen Anteile treten somit in den Buchwert der eingebrachten Anteile ein. § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zwingt den Einbringenden daher nur dann zum Gewinnausweis, wenn die eingebrachten Anteile durch ihren Wechsel zu der ausländischen Kapitalgesellschaft der inländischen Steuerpflicht nicht mehr unterliegen, z.B. auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 5 OECD-MA. Der sofortige Gewinnausweis kann jedoch nach § 21 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 UmwStG vermieden werden, wenn „das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist“. Das wird in der Regel der Fall sein, wenn ein inländischer Steuerpflichtiger seine Anteile an der eingebrachten Gesellschaft gegen Anteile an der – ausländischen – erwerbenden Gesellschaft einbringt. Das UmwStG 1995 hatte hierzu als weitere Voraussetzung noch statuiert, dass die ausländische Gesellschaft die Buchwerte der erhaltenen Anteile ebenfalls fortführt. In der Sache hätte dies eine Verpflichtung des
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Sitzstaats der erwerbenden Gesellschaft bedeutet, die „deutschen“ Buchwerte fortzuführen. Eine solche Verpflichtung des Aufnahmestaats steht jedoch – wie der Europäische Gerichtshof in der Sache „A.T.“ entschieden hat191 – nicht im Einklang mit der Fusions-Richtlinie; sie würde grenzüberschreitende Umstrukturierungen durch zusätzliche – in der Richtlinie nicht angelegte – Voraussetzungen übermäßig erschweren. Schließlich besteht aus der Sicht des Ansässigkeitsstaats der einbringenden Person kein sachlich schützenswertes Interesse daran, dass im Sitzstaat der aufnehmenden Kapitalgesellschaft von dem dortigen Fiskus später einmal die stillen Reserven erfasst werden192. Nimmt man die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen DMC und A.T. zusammen, so lässt sich festhalten, dass die Idee einer doppelten Buchwertfortführung jedenfalls aus der Sicht des EU-Rechts und damit für grenzüberschreitende Umstrukturierungen grundsätzlich problematisch erscheint. Sie geht über das hinaus, was die Fusions-Richtlinie in ihrem Anwendungsbereich erlaubt, und sie geht über das hinaus, was aus der Sicht des Binnenmarkts mit der Sicherung der nationalen Besteuerungsrechte begründet werden kann. Ein aus Deutschland heraus ausgeübter Druck auf ausländische Fisci, im Rahmen ihrer Besteuerungshoheit deutsche Buchwerte fortzuführen, kann systematisch nicht akzeptiert werden.
(2) Ebene des Anteilseigners Für einen inländischen Anteilseigner bleibt es dabei, dass die stillen Reserven aus der früheren Veräußerung im Rahmen der erhaltenen Anteile der deutschen Steuer verhaftet bleiben. Das deutsche Recht sieht dazu zwei Möglichkeiten vor: Veräußert ein unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner die erhaltenen Anteile, so unterliegt der entstandene Veräußerungsgewinn (einschließlich der fortgeführten „Altreserven“) der Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG. Daneben steht die Möglichkeit der Besteuerung des ursprünglichen Einbringungsgewinns II nach § 22 Abs. 2 UmwStG, wenn die erwerbende Gesellschaft innerhalb von sieben Jahren die erworbenen Anteile veräußert. Der Unterschied liegt darin, dass im Falle des § 17 Abs. 1 EStG schlicht und einfach der Gewinn aus der Veräußerung der erworbenen Anteile durch eine Gegenüberstellung des Kaufpreises und der fortgeführten Buchwerte aus dem Anteilstausch er191 EuGH v. 11.12.2008 – C-285/07, ECLI:EU:C:2008:705 – A.T. Rz. 26–32. 192 EuGH v. 11.12.2008 – C-285/07, ECLI:EU:C:2008:705 – A.T. Rz. 37 f.
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mittelt wird. Der Einbringungsgewinn II hingegen bezieht sich auf den ursprünglichen Einbringungsvorgang und den damals festgestellten Einbringungsgewinn. Für den letztgenannten Fall – die nachträgliche Besteuerung des ursprünglichen Einbringungsgewinns – hat der Gerichtshof im Jahre 2018 in dem französischen Verfahren Jacob und Lassus festgehalten, dass die spätere Erfassung des Einbringungsgewinns im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile durch den Gesellschafter nicht gegen Art. 8 Fusions-RL verstößt193; dieser steht lediglich einer sofortigen Gewinnbesteuerung zu dessen Lasten entgegen. Daran ändert sich nach diesem Urteil auch nichts, wenn der Steuerpflichtige nach dem Anteilstausch das Hoheitsgebiet des Staates durch Wegzug verlässt: Der ursprünglich für die Besteuerung des Anteilstauschs zuständige Staat darf den ursprünglich festgestellten Einbringungsgewinn nach wie vor besteuern194. Fraglich ist nur, ob im Lichte der Richtlinie auch ein Vorgang auf Gesellschaftsebene, nämlich die Veräußerung der erworbenen Anteile durch die Gesellschaft unter Nutzung der Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 KStG, ausreichen kann, um diese Nachversteuerung hervorzurufen. Dagegen spricht, dass der Gesellschafter diesen Vorgang im Ausgangspunkt nicht beeinflussen kann. Die Besteuerung des Einbringungsgewinns II kann daher allenfalls über den Missbrauchsvorbehalt nach Art. 15 Fusions-RL gerechtfertigt werden – insoweit geht die Norm jedoch weit über das hinaus, was der Gerichtshof den Mitgliedstaaten zum Zwecke der Typisierung gestattet.
b) Ausländische Anteile Bringt ein inländischer Steuerpflichtiger Anteile an einer ausländischen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen ein, so gelten im Prinzip dieselben Regeln. Ein Anteilstausch ist möglich, wenn der Einbringende die erworbenen Anteile mit dem Buchwert der bisherigen Anteile führt.
2. Ausländische Anteilseigner Bringt ein in der EU/im EWR ansässiger ausländischer Anteilseigner Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft in eine andere inländi193 EuGH v. 22.3.2018 – C-327/16 und C-421/16, ECLI:EU:C:2018:210 – Jacob und Lassus Rz. 49 ff. 194 EuGH v. 22.3.2018 – C-327/16 und C-421/16, ECLI:EU:C:2018:210 – Jacob und Lassus Rz. 57–66.
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sche Kapitalgesellschaft ein, so kommt es zur Anwendung von § 21 Abs. 1 UmwStG. Auch für die Anwendbarkeit der Fusions-Richtlinie kommt es auf die Ansässigkeit des Anteilseigners nicht an195. Entscheidend für das konkrete Vorgehen ist dabei die Frage der inländischen Steuerverstrickung dieser Anteile, die entweder auf der Zugehörigkeit der Anteile zu einer inländischen Betriebsstätte beruhen kann oder – bei Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens – auf der beschränkten Steuerpflicht für die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e i.V.m. § 17 EStG. Sind die Anteile in dieser Weise steuerverstrickt, so kann eine Buchwerteinbringung der Anteile nur dann erfolgen, wenn der Einbringende die erhaltenen Anteile ebenfalls mit den Buchwerten ansetzt. Ist das Besteuerungsrecht hinsichtlich der eingebrachten Anteile allerdings von vornherein nach Art. 13 Abs. 5 OECDMA/Deutsche Verhandlungsgrundlage dem ausländischen Ansässigkeitsstaat des einbringenden Anteilseigners zugewiesen, so kommt es für den Ansatz bei der erwerbenden Gesellschaft nicht auf eine Buchwertfortführung der Anteile an. Gar kein Besteuerungsrecht besitzt der deutsche Fiskus an Anteilen, die ein im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger an einer im Ausland ansässigen Gesellschaft in eine deutsche Kapitalgesellschaft einbringt. Es kann daher aus Anlass der Einbringung auch nicht zu einem Aufdecken von stillen Reserven kommen196.
VI. Schluss Die Rechtslage zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung im deutschen, europäischen und internationalen Steuerrecht erscheint gleichermaßen gefestigt und unbefriedigend. Zwar hat der Gesetzgeber im SEStEG und mehreren Nachfolgegesetzen der Praxis eine weitgehend verlässliche Handhabe für die steuerlichen Konsequenzen der Verlagerung unternehmerischen Vermögens an die Hand gegeben. Auch im Bereich des Doppelbesteuerungsrechts haben die abkommensrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen Stück für Stück mehr Konturen angenommen. Dennoch bleibt unerfreulich, dass der europarechtliche Schwung, der noch vor 10 bis 20 Jahren die Öffnung der (Steuer-)Grenzen zwischen 195 EuGH v. 22.3.2018 – C-327/16 und C-421/16, ECLI:EU:C:2018:210 – Jacob und Lassus Rz. 38–41. 196 Näher Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 20.130.
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den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums vorantrieb, einer Kultur der Sorge und Abgrenzung gewichen ist. Mit seiner Anerkennung des Territorialitätsprinzips als Fundamentalsatz des Europäischen Steuerrechts hat namentlich der Europäische Gerichtshof (und in dessen Windschatten auch der Europäische Steuergesetzgeber) nicht nur an einer „Festung Europa“ mitgebaut, sondern zugleich den Mitgliedstaaten das Recht geben, auf ihrem Hoheitsgebiet ihrerseits steuerliche Mauern zu errichten197. Dies entspricht sicherlich einem globalen, auf „Renationalisierung“ gerichteten „Megatrend“. Und doch wollen wir hoffen, dass die neueren Tendenzen in Gesetzgebung aus Brüssel und Judikatur aus Luxemburg schon bald wieder einer optimistischeren, auf die freie Entfaltung unternehmerischer Kräfte gerichteten Sichtweise weichen werden.
197 Siehe die Grundsatzkritik bei Schön in Schön/Heber, Grundfragen des Europäischen Steuerrechts, 2015, S. 129 ff.
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Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug „Stolpersteine“ auf dem Weg von der Europäisierung zur Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes
Andreas Benecke Bundesministerium der Finanzen, Berlin
I. Einführung in das Thema und Fokussierung II. Überlegungen zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr de lege ferenda: Gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge 1. Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften – state of play 2. Überlegungen zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr de lege ferenda a) Wegfall des steuerlichen Einlagekontos i.S.d. § 27 KStG (Option 1) aa) Einkünfteermittlung und Ersatztatbestände bb) Mehr-/Minderabführungen cc) Umwandlungen von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung dd) Verfassungsrecht b) Globalisierung des steuerlichen Einlagekontos in § 27 Abs. 8 KStG (Option 2) aa) Ausweitung des § 27 Abs. 8 KStG und Ersatztatbestände bb) Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung cc) Folgewirkung auf Drittstaatsumwandlungen (Ausland zu Ausland)
c) Gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge (Option 3) aa) Eckpunkte einer Neuregelung (1) Gesellschafterbezug (2) Pauschalierte Verwendung (3) Mehr-/Minderabführungen (4) Verfahren (5) Übergang von einer gesellschafts- zur gesellschafterbezogenen Einlagenrückgewähr bb) Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung 3. Zwischenfazit III. Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke 1. Vorüberlegungen a) Zum Vorliegen einer sog. Entstrickungslücke (mittelbare Entstrickung) b) Formen der Entstrickung aa) Aktive und passive Entstrickung bb) Mittelbare Entstrickung c) Zur Vereinbarkeit des Ausschlusses der Einbringung in eine Drittstaatskapitalgesellschaft mit der Kapitalverkehrsfreiheit
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Benecke – Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug aa) Unionsrechtswidrigkeit des § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 – C-164/12 (DMC) bb) Bedeutung des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) für das geltende Recht (1) § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG (2) § 50i Abs. 2 EStG
2. Überlegungen für eine Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke a) Eckpunkte einer möglichen Regelung b) Vereinbarkeit mit Primärrecht c) Vereinbarkeit mit Sekundärrecht IV. Fazit
I. Einführung in das Thema und Fokussierung Die zunehmende Globalisierung und Digitalisierung der Wirtschaft führt stetig und unaufhaltsam zu tiefgreifenden Änderungen im nationalen Steuerrecht. Auch wenn sich diese Änderungen in den einzelnen Teilbereichen des Steuerrechts mit unterschiedlichem Tempo und unterschiedlicher Intensität vollziehen, dürfte es nach Auffassung des Verfassers unbestritten sein, dass eine Neuausrichtung des deutschen Umwandlungssteuerrechts hin zu einem global ausgerichteten Umwandlungssteuerrecht fällig – wenn nicht gar überfällig – ist. Die letzte substantielle Änderung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende und ausländische Umstrukturierungen im deutschen Umwandlungssteuerrecht liegt nunmehr fast 14 Jahre zurück. Mit dem SEStEG1 erfolgte maßgebend der Schritt von einem binnenorientierten hin zu einem europäischen Umwandlungssteuerrecht. Für den Bereich der EU bzw. des EWR erfolgte seitdem zudem rechtsformübergreifend eine zunehmende Verbesserung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Umstrukturierungen durch die Rechtsprechung des EuGH sowie Sekundärrecht. Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende und ausländische Umstrukturierungen sind bislang – mit Ausnahme der Einbringung in Personengesellschaften nach § 24 UmwStG – durch die sog. Europäisierung des Umwandlungssteuerrechts geprägt. Für die eigentlich nicht globalisierten Umwandlungen von Körperschaften i.S.d. §§ 3 bis 16 UmwStG und die Einbringung in Kapitalgesell1 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 7.12.2006, BGBl. I 2006, 2782, ber. BGBl. I 2007, 68.
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schaften i.S.d. § 20 UmwStG sowie den Anteilstausch i.S.d. § 21 UmwStG kommt es dabei aktuell zu der Situation, dass diese – unter den Voraussetzungen des § 8 Nr. 10 AStG – für Zwecke der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG bereits globalisiert sind; d.h. mit anderen Worten: Ausländische Umstrukturierungen von Drittstaatsgesellschaften werden in Abhängigkeit davon privilegiert, ob der inländische Anteilseigner direkt oder indirekt an der umstrukturierten Drittstaatsgesellschaft beteiligt ist. Diese Situation mag man als paradox bezeichnen, da aufgrund der Entstrickungsregelungen des UmwStG und vorbehaltlich einer sog. SEStEG-Entstrickungslücke dem deutschen Fiskus kein Verlust deutschen Besteuerungssubstrats drohen dürfte. Hinzu kommt, dass zumindest der Bereich der Drittstaatsverschmelzung von Körperschaften über § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Gesellschafterebene weitgehend globalisiert ist. Nach der Änderung2 der Rz. 13.04 UmwSt-Erlass 20113 dürfte sich hier damit auch die Streitfrage4 der Anwendung des materiellen Korrespondenzprinzips des § 8b Abs. 1 KStG auf Drittstaatsverschmelzungen von Körperschaften erledigt haben. Insofern liegt der Fokus der steuerpolitischen Diskussionen hier aktuell nur noch auf den Folgen einer Drittstaatsspaltung/-abspaltung mit inländischem Anteilseigner. Das Paradoxon des Begünstigungsausschlusses, dass – bei Einhaltung der sonstigen strukturellen umwandlungssteuerrechtlichen Erfordernisse (z.B. doppeltes Teilbetriebserfordernis) – grundsätzlich die umwandlungssteuerrechtlichen Vergünstigungen bei der übertragenden und übernehmenden Drittstaatskörperschaft über § 8 Nr. 10 AStG zur Anwendung gelangen können, während beim inländischen Anteilseigner wegen des Meinungsstreits5 zur Rückausnahme des § 8b Abs. 1 Satz 4 KStG ein steuerpflichtiger Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG mangels Anwendbarkeit von § 13 i.V.m. § 15 UmwStG droht, lässt sich steuerpolitisch und auch unter Berücksichtigung der fortschreitenden Rechtsprechung des EuGH zur Kapitalverkehrsfreiheit einschließlich seiner zunehmend restriktiven Auslegung der sog. Standstill-Regelung sachlich kaum noch rechtfertigen. Dies insbesondere auch deshalb, weil zwischen der verdeckten Gewinnausschüttung als Folge ei-
2 BMF-Schreiben v. 10.11.2016, BStBl. I 2016, 1252. 3 BMF-Schreiben v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 4 So z.B. Hruschka, IStR 2012, 844; a.A. z.B. Becker/Kamphaus/Loose, IStR 2013, 328. 5 Siehe hierzu z.B. Holle/Keilhoff, IStR 2017, 245 m.w.N.
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ner Drittstaatsspaltung/-abspaltung und der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG in solchen Fällen eine grundlegende Gemeinsamkeit im Hinblick auf die „Umleitung“ einer Ausschüttung über den inländischen Anteilseigner (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vs. § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 AStG) besteht. Wer aber die Begrenzung des Umwandlungssteuergesetzes mit Blick auf den EU-/EWR-Bezug kritisiert und Forderungen für eine vollständige Globalisierung des Umwandlungsteils unterstützt, muss sich in der Konsequenz auch der Folgefrage stellen, was dies wegen § 29 KStG für Auswirkungen auf das steuerliche Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG hätte, sowie hieran anschließend, welche weiteren Folgewirkungen sich hieraus wiederum für Nennkapitalrückzahlungen ergeben würden. Unabhängig davon ist der Gesetzgeber in diesem Bereich aber auch aktuell wegen der BFH-Rechtsprechung zur Einlagenrückgewähr von Drittstaatskörperschaften zum kurzfristigen Handeln aufgefordert.6 Bei einer vollständigen Globalisierung des Umwandlungsteils stellt sich in der weiteren Konsequenz dann aber steuerpolitisch auch die Frage nach einer vollständigen Globalisierung des Einbringungsteils. Dies könnte es bereits auch deshalb, weil ein Ausschluss der Einbringung in eine Drittstaatskapitalgesellschaft mit den unionsrechtlichen Vorgaben zur Kapitalverkehrsfreiheit nicht zu vereinbaren sein könnte. Mit Blick auf das SEStEG-Entstrickungskonzept, welches nur die „aktive“ und – zumindest nach der Auffassung der Finanzverwaltung – auch die „passive“ Entstrickung kennt, stellt sich hier das Problem der sog. mittelbaren Entstrickung bzw. der sog. SEStEG-Entstrickungslücke7 und wie diese Lücke unter Beachtung der Vorgaben des primären und sekundären Unionsrechts geschlossen werden kann. Da mein Thema offen für jedweden gesellschafts-, gesellschafter- oder anderweitigen sachbezogenen Auslandsbezug der Umstrukturierung ist, möchte ich mich auf diese zwei vorgenannten „Stolpersteine“ bei ausländischen Umstrukturierungsvorgängen mit Drittstaatsbezug und auf mögliche Lösungsansätze für eine Gesetzesänderung de lege ferenda mit dem Ziel einer vollständigen Globalisierung des Umwandlungssteuerrechts fokussieren. Eine vollständige Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes erfordert meines Erachtens 6 BFH v. 20.10.2010 – I R 117/08, IStR 2011, 227; BFH v. 13.7.2016 – VIII R 47/ 13, IStR 2016, 899; BFH v. 13.7.2016 – VIII R 73/13, IStR 2016, 897; BFH v. 10.4.2019 – I R 15/16, IStR 2019, 825. 7 Auch sog. Wegzugsprämie, vgl. BT-Drucks. 16/2710, 60.
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–
die Neujustierung der Einlagenrückgewähr hin zu einem global einheitlich und einfach zu administrierenden Rechtsinstitut (hierzu unter II.) sowie
–
die Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke (hierzu unter III.).
II. Überlegungen zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr de lege ferenda: Gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge 1. Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften – state of play Wegen des Verweises in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auf § 27 KStG sowie dessen territorialer Beschränkung auf das Gebiet der EU ist die steuerliche Behandlung der Einlagenrückgewähr von nicht in der EU ansässigen Kapitalgesellschaften Gegenstand eines fast zwei Jahrzehnte währenden steuerwissenschaftlichen Diskurses. Dabei geht es um die Frage, ob sich die Steuerneutralität der Einlagenrückgewähr aufgrund modifizierter Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 KStG wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts bzw. des EWR-Abkommens (geltungserhaltende Reduktion8) oder infolge richterlicher Rechtsfortbildung praeter legem ergibt. Indirekt war damit immer die Frage verbunden, ob das Richterrecht einen sog. Direktzugriff unter Rückgriff auf das ausländische Gesellschaftsrecht erlaubt, während sich nach § 27 KStG eine Einlagenrückgewähr nach einer bestimmten Verwendungsreihenfolge und unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung ergibt. In seiner jüngsten Entscheidung ist der I. Senat des BFH9 dogmatisch zwar dem Institut der richterlichen Rechtsfortbildung weiterhin treu geblieben, er hat jedoch dem Direktzugriff eine klare Absage erteilt und somit die bisherige zum sog. Spin-off i.S.d. der Sec. 355 IRC10, der grundsätzlich als Sachausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG quali-
8 Zum Begriff Gosch, DStR 2007, 1553 (1555). 9 BFH v. 10.4.2019 – I R 15/16, IStR 2019, 825. 10 Der Begriff Spin-off ist kein Fachbegriff des deutschen Steuerrechts, dem eindeutig entnommen werden kann, welche Vorgänge hierunter zu subsumieren und wie diese nach deutschem Steuerrecht zu beurteilen sind. Je nach Verständnis dieses Begriffs kann es sich hier um eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen handeln, die auch steuerlich unterschiedlich zu beurteilen sind (sog. Spin-off-Dilemma, Port/Steinlein, Kapitalmaßnahmen, S. 69).
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fiziert, ergangene BFH-Rechtsprechung11, wonach dieser Spin-off grundsätzlich auch eine Sacheinlagenrückgewähr i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darstellen kann, entscheidend fortentwickelt. Die Finanzverwaltung hat sich bislang zu den Folgen dieser Rechtsprechung auf die steuerliche Beurteilung der Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften sowie EWR-Gesellschaften nicht geäußert, so dass derzeit Unsicherheiten hierüber bestehen. Geklärt ist, dass eine Differenzrechnung zu erstellen und das Wohnsitz-Finanzamt des Anteilseigners und nicht das BZSt das Vorliegen einer Einlagenrückgewähr zu beurteilen hat. Auch dürfte damit das BMF-Schreiben12 zur Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG auf EWR-Gesellschaften de facto obsolet sein. Die Unsicherheiten fangen jedoch schon bei der Differenzrechnung und der Frage an, ob diese allein auf Basis der ausländischen Handelsbilanz zu erstellen ist oder ob eine Überleitungsrechnung analog § 60 EStDV erforderlich ist.13 Für Anteile i.S.d. § 17 EStG dürfte z.B. unklar sein, ob es – sofern die Einlagenrückgewähr die Anschaffungskosten übersteigt – zu negativen Anschaffungskosten oder zur Anwendung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Alt. 3 EStG kommt. Eine Erfassung der Einlagenrückgewähr in § 17 Abs. 4 Satz 1 Alt. 3 EStG könnte als Neuschöpfung bzw. Erweiterung des Steuertatbestands gelten und damit die die Kompetenzen von Judikative und Exekutive überschreiten.14 Zwar hatte der BFH bei der grenzüberschreitenden Körperschaftsteueranrechnung auch die ausländische Körperschaftsteuer als steuererhöhende Einnahme im Rahmen der Steuerfestsetzung als unabdingbare Anrechnungsvoraussetzungen für erforderlich gehalten15, dies lässt sich jedoch auf die grenzüberschreitende Einlagenrückgewähr nicht gleichermaßen übertragen. Denn die (zunächst) steuererhöhende Erfassung der anrechenbaren Körperschaftsteuer ist integraler Bestandteil des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens. Bei einer Einlagenrückgewähr ist integraler Bestandteil hingegen nur die Minderung der Anschaffungskosten. Es hängt dann von der Vermögenszugehörigkeit der Anteile ab, ob negative Anschaffungskosten zulässig oder Beteiligungserträge zu erfassen sind. Eine Ausweitung des Tatbestands in § 17 Abs. 4 Satz 1 Alt. 3 EStG auf die grenzüberschreitende 11 BFH v. 20.10.2010 – I R 117/08, IStR 2011, 227; BFH v. 13.7.2016 – VIII R 47/ 13, IStR 2016, 899; BFH v. 13.7.2016 – VIII R 73/13, IStR 2016, 897. 12 BMF-Schreiben v. 4.4.2006, BStBl. I 2016, 468. 13 Wacker, FR 2019, 910. 14 Im Ergebnis auch Levedag, RdF 2017, 130 (135). 15 BFH, Urt. v. 15.1.2015 – I R 69/12, IStR 2015, 475, unter Punkt B.III.2.
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Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften extra legem wäre jedoch wohl unzulässig. Entsprechend dem verfassungsrechtlichen Kompetenzgefüge ist eine solche Ausweitung ausschließlich der Legislative vorbehalten. Gleiches dürfte dann auch für den Veräußerungsersatztatbestand in § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 Alt. 3 UmwStG gelten. Unklar ist bislang auch, wie sich das Richterrecht auf die steuerliche Behandlung der Nennkapitalrückzahlungen auswirkt. So sieht § 27 Abs. 8 KStG vor, dass sich die Einlagenrückgewähr in entsprechender Anwendung von § 28 KStG ermittelt. Auch § 27 Abs. 1 KStG berücksichtigt § 28 KStG bei der Differenzrechnung. Bei einer entsprechenden Anwendung des § 27 KStG würde es zum Konflikt mit § 7 Abs. 2 KapErhStG kommen. § 7 Abs. 2 Satz 3 KapErhStG regelt zwar das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander. Das Richterrecht führt jedoch nicht dazu, dass die grenzüberschreitende Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften als „Fall des § 27 Abs. 8 KStG“ i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 3 KapErhStG anzusehen ist. § 7 Abs. 2 Satz 3 KapErhStG wurde auf der Grundlage eines abschließenden Verständnisses des § 27 Abs. 8 KStG erlassen. Insoweit besteht bei § 7 Abs. 2 Satz 3 KapErhStG keine Gesetzeslücke. Er kann daher meines Erachtens nicht über den Wortsinn hinaus ausgelegt werden. Eine geltungserhaltende Reduktion im Sinne einer Geltung des § 28 KStG extra legem würde – sofern die Nennkapitalrückzahlung nicht innerhalb von fünf Jahren erfolgt – eine Neuschöpfung bzw. Ausweitung eines Steuertatbestands darstellen, denn in Höhe des „Sonderausweises“ liegen Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vor. Die Schaffung von Steuertatbeständen ist aber allein der Legislative vorbehalten. Das heißt, auf Nennkapitalrückzahlungen von Drittstaatsgesellschaften (und EWR-Gesellschaften) dürfte de lege lata weiterhin allein § 7 Abs. 2 KapErhStG und nicht § 28 KStG anwendbar sein.16
2. Überlegungen zur Besteuerung der Einlagenrückgewähr de lege ferenda Bei einer Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes und nicht zuletzt auch wegen der Unsicherheiten der Folgen der richterlichen Rechtsfortbildung bei der Einlagenrückgewähr von Drittstaatsgesellschaften ist nunmehr der Gesetzgeber gefordert, die Einlagenrückgewähr einheitlich und unionsrechtskonform auszugestalten. Wie bereits im Gesetzge-
16 In diesem Sinne auch Kölbl/Keilen, Ubg 2019, 700.
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bungsverfahren zum SEStEG angedacht17, stehen ihm hierfür grundsätzlich zwei Optionen zur Auswahl: die Abschaffung des steuerlichen Einlagekontos oder dessen Ausweitung auch auf Drittstaatsgesellschaften. Beides ist nicht unproblematisch. Nachfolgend sollen die Auswirkungen dieser beiden Lösungsansätze in „technischer“ Hinsicht skizziert und Folgefragen identifiziert werden. Bei Ausweitung des steuerlichen Einlagekontos sind insbesondere die Abhängigkeit des Anteilseigners von der Antragstellung durch die Kapitalgesellschaft und die Nachweiserfordernisse sowie die Verwendungsreihenfolge Hauptpunkte ständiger Kritik.18 Deshalb soll als dritte Option untersucht werden, ob bzw. wie die Einlagenrückgewähr auch gesellschafterbezogen und unabhängig von der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns der Kapitalgesellschaft ausgestaltet werden könnte.
a) Wegfall des steuerlichen Einlagekontos i.S.d. § 27 KStG (Option 1) Eine mögliche Option wäre die ersatzlose Streichung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und § 27 KStG und damit die Rückkehr zur Ausgangsrechtslage, also zur Rechtslage vor dem 1.1.1977. Da das steuerliche Einlagekonto jedoch in vielfacher Hinsicht in den Steuergesetzen von Bedeutung ist, hätte eine ersatzlose Streichung Auswirkungen in diversen Bereichen. Zudem stellte sich die Frage, ob eine Streichung bestehender Bestände des steuerlichen Einlagekontos verfassungsrechtlich zulässig ist.
aa) Einkünfteermittlung und Ersatztatbestände Durch die Aufhebung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG und § 27 KStG würde der Dividendenbegriff nur noch ausschließlich gesellschaftsrechtlich19 zu verstehen sein und demzufolge die Einlagenrückgewähr zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen. Insofern blieben auch die Anschaffungskosten bzw. der Buchwert der Beteiligung hiervon unberührt, d.h. die Veräußerungsfiktion in § 17 Abs. 4 Satz 1 Alt. 3 EStG wäre ebenfalls obsolet. Zur steuerlichen Berücksichtigung der Einlagen des 17 BT-Drucks. 16/2710, 58. 18 Zur Kritik an den enormen praktischen Hürden vgl. z.B. Endert, IStR 2017, 185 (189 f.). 19 Siehe hierzu grundlegend BFH v. 1.12.1967 – VI 379/65, BStBl. II 1968, 145; sowie zur wirtschaftlichen Betrachtung der Einlagenrückgewähr Thiel, DB 1967, 309, als Grundlage für die Differenzrechnung.
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Anteilseigners käme es dann grundsätzlich erst bei Veräußerung der Anteile. Einlagen des Anteilseigners hingegen würden nach wie vor die Anschaffungskosten an der Beteiligung erhöhen. Bedeutung hätte die Änderung insbesondere für Anteilseigner, die nicht unter die Steuerbefreiung der Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG fallen oder die von der Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzugs betroffen sind. Bei Umwandlungen würde sich der Wegfall des steuerlichen Einlagekontos mittelbar auf die Berechnung ausschüttungsgleicher Beträge i.S.d. § 7 und § 12 Abs. 5 UmwStG auswirken. Für Umwandlungen i.S.d. §§ 3 ff. UmwStG dürfte sich dies jedoch nur für Anteile im Privatvermögen steuererhöhend auswirken, wenn keine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 17 EStG vorliegt, denn hier können die Anschaffungskosten (und die darin enthaltenen Einlagen) nicht bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses steuermindernd berücksichtigt oder ggf. ein Übernahmeverlust gem. § 4 Abs. 6 UmwStG mit den Bezügen i.S.d. § 7 UmwStG verrechnet werden. Der Wegfall des steuerlichen Einlagekontos hätte aber auch Einfluss auf Veräußerungsersatztatbestände. Insbesondere würde die Einlagenrückgewähr nicht mehr gem. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 Alt. 3 UmwStG zu einem schädlichen Ereignis führen. Auch die Möglichkeit zum Widerruf der Stundungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 AStG entfiele diesbezüglich. Insofern stellte sich hier die Frage, ob diese ersatzlos entfallen sollten oder andere zweckgerechte Ersatzregelungen eingeführt werden müssten. So könnte z.B. auch ein schädliches Ereignis i.S.d. § 22 UmwStG angenommen werden, soweit die Ausschüttungen des übernehmenden Rechtsträgers innerhalb von sieben Jahren nach der Einbringung den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens zzgl. des rechnerischen Anteils des Einbringenden an den stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft übersteigen. Dies z.B. als Indiz dafür, dass mittels steuerbegünstigter Gewinnausschüttung Wertdifferenzen zwischen dem eingebrachten Betriebsvermögen und dem gemeinen Wert der Beteiligung des Einbringenden ausgeglichen und eine Unternehmensveräußerung „verdeckt“ werden.
bb) Mehr-/Minderabführungen Für die Auswirkungen eines Wegfalls des steuerlichen Einlagekontos auf Mehr-/Minderabführungen ist zwischen den organschaftlichen und den vororganschaftlichen Mehr-/Minderabführungen zu differenzieren. Beide
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Formen betreffen zwar die Abgrenzung der Organschaftsbesteuerung von der Dividendenbesteuerung – dies jedoch mit unterschiedlicher Zielsetzung. Die vororganschaftlichen Mehr-/Minderabführungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG stellen die Dividendenbesteuerung für Gewinne sicher, die vor der Wirksamkeit der Organschaft erzielt worden sind.20 Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze. Eine Abschaffung des steuerlichen Einlagekontos würde dazu führen, dass bei Gewinnausschüttungen i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG keine Einlagenrückgewähr mehr möglich wäre. Minderabführungen i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 2 KStG stellen Einlagen dar, die dementsprechend die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöhen. Diese Wirkung der Einlagen bliebe bei Abschaffung des steuerlichen Einlagekontos unverändert, so dass kein Anpassungsbedarf bestünde. Die organschaftlichen Mehr-/Minderabführungen in § 14 Abs. 4 KStG sollen hingegen eine Doppel- oder Nichtbesteuerung von Gewinnen verhindern, die während der Zeit der Organschaft erwirtschaftet worden sind.21 Das war insbesondere zu einer Zeit wichtig, in der noch die Veräußerungsgewinne der Organschaftsbeteiligung voll steuerpflichtig waren. Durch die Einführung des Halb- bzw. später des Teileinkünfteverfahrens hat sich insoweit zwar die Notwendigkeit zur Verhinderung einer Doppel- oder Nichtbesteuerung geändert, sie ist jedoch dennoch nicht gänzlich entbehrlich.22 Mit § 14 Abs. 4 KStG, der den Organträger betrifft, korrespondiert auf Ebene der Organgesellschaft § 27 Abs. 6 KStG. Dieser regelt fiktive Bestandsveränderungen des steuerlichen Einlagekontos. Mit Abschaffung des steuerlichen Einlagekontos wäre diese Regelung ebenfalls obsolet. Die Doppel- oder Nichtbesteuerung würde davon unabhängig aber weiterhin über § 14 Abs. 4 KStG vermieden. Dies wäre mit der Rechtslage vor dem 1.1.1977 vergleichbar.23 Weitergehender Anpassungsbedarf bestünde insoweit auch hier nicht.
20 Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 870 f. (Stand 94. EL Oktober 2018). 21 Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 915, 932 (Stand 94. EL Oktober 2018). 22 Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG Rz. 936 (Stand 94. EL Oktober 2018). 23 FM Baden-Württemberg, Erlass v. 18.4.1961, BStBl. II 1961, 79.
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cc) Umwandlungen von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung Aufgrund der engen Verbindung des steuerlichen Einlagekontos mit § 28 KStG wären beim Wegfall des steuerlichen Einlagekontos die steuerliche Behandlung der Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital sowie die Nennkapitalrückzahlung anzupassen bzw. fortzuentwickeln. So könnte eine komplette Neuausrichtung erfolgen, die in der Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital wieder eine Doppelmaßnahme24 (d.h. Ausschüttung der Rücklagen und Einlage in die Kapitalgesellschaft) sieht. Weitere (Missbrauchs-)Regelungen zum Sonderausweis bei inländischen EU-Kapitalgesellschaften und die dazugehörigen Feststellungen sowie § 7 Abs. 2 KapErhStG bei Drittstaatsgesellschaften könnten dann entfallen. Sollte eine solche Neuausrichtung nicht erfolgen, würde sich die Frage der Einführung eines „einheitlichen“ Sonderausweises entsprechend § 28 KStG für alle in- und ausländischen Kapitalgesellschaften oder einer „einheitlichen“ Missbrauchsregelung analog § 5 KapErhStG a.F. oder § 7 Abs. 2 KStG stellen. Bei Einführung eines einheitlichen Sonderausweises wäre dieser dann natürlich nicht mehr um den Betrag der Einlagen zu vermindern.25 Das System des Sonderausweises bedürfte allerdings weitergehender verfahrensrechtlicher Begleitregelungen. Wollte man hierauf – wie auch auf die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos – gänzlich verzichten, käme z.B. die Einführung einer einheitlichen Missbrauchsregelung mit einer Fünfjahresfrist analog § 5 KapErhStG a.F. oder § 7 Abs. 2 KapErhStG in Betracht.
dd) Verfassungsrecht Fraglich ist, ob ein Wegfall bestehender Bestände des steuerlichen Einlagekontos gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen könnte. Vergleicht man die Aufhebung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 KStG mit der Einführung der Steuerpflicht bei Streubesitzdividenden gem. § 8 Abs. 4 KStG, drängt sich diese Thematik nicht unbedingt auf. Es wurde auch in diesem Zusammenhang nicht thematisiert, denn das Verfassungsrecht gebietet keinen Schutz, dass das
24 Martini in Blümich, Vorbemerkungen zu § 1 KapErhStG Rz. 5 f. (Stand 142. EL Juni 2018). 25 So aber im geltenden Recht, vgl. § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG.
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geltende Recht unverändert fortbestehen wird.26 Das gilt aber dann nicht, wenn eine konkret verfestigte Vermögensposition besteht. Im Zusammenhang. mit der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG führt das BVerfG hierzu Folgendes aus: „[…] Mit dem Entstehen zwischenzeitlicher Wertzuwächse von Beteiligungen, die die 25 %-Grenze nicht überschritten, erfüllten sich ursprünglich beim Erwerb der Beteiligung vertrauensrechtlich nicht besonders geschützte Erwartungen in Gestalt eines konkret vorhandenen Vermögensbestands im grundrechtlich geschützten Verfügungsbereich, der nach altem Recht – soweit auch die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts nicht vorlagen – nicht der Einkommensteuer unterlag. Daraus ergibt sich ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf, soweit die rückwirkende Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze eine solche konkret verfestigte Vermögensposition nachträglich entwertet. Dabei kommt es allein darauf an, ob diese schon vor dem Wirksamwerden des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/ 2002 mit seiner Verkündung am 31. März 1999 objektiv entstanden war. […]“.27
Die Frage ist also, ob im Bestand des steuerlichen Einlagekontos schon eine konkret verfestigte Vermögensposition gesehen werden kann, die durch dessen Wegfall nachträglich entwertet würde. Im Beschluss des BVerfG vom 17.11.200928 zu den steuerlichen Übergangsregelungen vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren musste nicht entschieden werden, inwiefern das Körperschaftsteuerguthaben, dessen Erstattung von weiteren Maßnahmen wie z.B. Gewinnausschüttungen abhängt, ein eigentumsähnliches Recht i.S.d. Art. 14 GG oder eine konkret verfestigte Vermögensposition darstellt, da der vollständige Wegfall des Körperschaftsteuerguthabens nicht zur Debatte stand. Aufgrund des Umstands, dass die Einlagen des Anteilseigners in den Anschaffungskosten der Beteiligung enthalten und bei Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Kapitalgesellschaft berücksichtigt werden, würde die Streichung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 KStG wohl aber nicht schon als Entwertung einer Vermögensposition gewertet werden können. Es ist überhaupt fraglich, ob der Bestand des steuerlichen Einlagekontos eine Vermögensposition darstellt. Bislang hat das BVerfG für die Feststellung einer konkreten Vermögensposition bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nur auf die Steuerpflicht der stillen Reserven in den Anteilen selbst abgestellt. Genau diese Vermögensposition würde aber 26 BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, unter Punkt B.I.1.c) m.w.N. 27 BVerfG v. 7.7.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, unter Punkt B.I.2.b)aa) (Hervorhebung durch Verf.). 28 BVerfG v. 17.11.2009 – 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1.
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durch den Wegfall des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 27 KStG nicht entwertet, da die Höhe der Anschaffungskosten auf Anteilseignerebene hiervon nicht berührt würde. Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes ist daher nicht ersichtlich.
b) Globalisierung des steuerlichen Einlagekontos in § 27 Abs. 8 KStG (Option 2) Eine weitere und womöglich für den Gesetzgeber die naheliegendste Option ist die Erstreckung des § 27 Abs. 8 KStG auch auf Drittstaatsgesellschaften. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass § 27 Abs. 8 KStG mit Unionsrecht vereinbar ist. Denn in der Fachliteratur29 wurden Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität des Antragsverfahrens nach § 27 Abs. 8 KStG geäußert. Diese Bedenken hat die Rechtsprechung30 – auch mit Blick auf die Ausschlussfrist in § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG – für EU-Kapitalgesellschaften als nicht für durchgreifend erachtet, so dass derzeit von der Vereinbarkeit des § 27 Abs. 8 KStG mit Unionsrecht ausgegangen werden kann.
aa) Ausweitung des § 27 Abs. 8 KStG und Ersatztatbestände Infolge der gesetzlichen Ausweitung des § 27 Abs. 8 KStG auch auf Drittstaatsgesellschaften (und EWR-Gesellschaften) würde die grenzüberschreitende Einlagenrückgewähr nach einheitlichen Maßstäben abgewickelt. Dies wird jedoch wegen der hohen Nachweisanforderungen, die insbesondere vom Portfolioanleger nur schwerlich erbracht werden können, kritisch gesehen.31 Aufgrund dieser Schwierigkeiten wäre daher den Anteilseignern für im Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Änderungsgesetzes abgelaufene und noch nicht festsetzungsverjährte Veranlagungszeiträume wegen des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes eine angemessene Übergangsfrist zu gewähren.32 Bei einer Vereinheitlichung der grenzüberschreitenden Einlagenrückgewähr wären – nicht zuletzt auch mit Blick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG 29 Spilker/Peschke, DStR 2011, 385 (388). 30 FG München v. 22.11.2016 – 6 K 2548/14, EFG 2017, 234; BFH v. 27.2.2018 – I B 37/17, IStR 2018, 699. 31 Z.B. Endert, IStR 2017, 185 (189 f.). 32 Analog der Problematik bei Einführung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO, vgl. EuGH v. 30.6.2011 – C-262/09 – Meilicke u.a., Slg. 2011, I-5669 Rz. 54 ff.; sowie des Stundungsantrags nach § 6b Abs. 2a EStG, vgl. BFH v. 22.6.2017 – VI R 84/14, BStBl. II 2018, 171.
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abgeleitete Folgerichtigkeitsgebot – auch die Veräußerungsersatztatbestände in § 17 Abs. 4 und § 20 Abs. 2 EStG aufeinander abzustimmen. Es sind seit der Einführung der Abgeltungssteuer meines Erachtens keine sachlichen Gründe erkennbar, weshalb bei Anteilen i.S.d. § 17 EStG und bei Anteilen im Betriebsvermögen die Einlagenrückgewähr über die Höhe der Anschaffungskosten bzw. des Buchwerts hinaus sofort steuerwirksam ist, während dies bei Anteilen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG mangels einer mit § 17 Abs. 4 Satz 1 Alt. 3 EStG vergleichbaren Regelung hier nicht der Fall ist.
bb) Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung Eine Globalisierung des steuerlichen Einlagekontos würde auch dazu führen, dass der Anwendungsbereich des § 28 KStG entsprechend ausgeweitet und § 7 Abs. 2 KapErhStG obsolet würde. Dies würde nach der Auffassung der Finanzverwaltung bedeuten, dass die Nennkapitalrückzahlung nur noch dann steuerneutral erfolgen kann, wenn zuvor ein Feststellungsverfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchgeführt würde.33
cc) Folgewirkung auf Drittstaatsumwandlungen (Ausland zu Ausland) Nach § 27 Abs. 8 Satz 2 KStG ist aber nicht nur § 28 KStG, sondern auch § 29 KStG für die Ermittlung der Einlagenrückgewähr zu beachten. Dies hätte zur Folge, dass für die Ermittlung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos auch für Drittstaatsumwandlungen (hier: Übertragung zwischen ausländischen Rechtsträgern ohne Übertragung auf einen inländischen Rechtsträger; Ausland zu Ausland) eine fiktive Herabsetzung des Nennkapitals nach § 29 Abs. 1 KStG und eine Hinzurechnung des sich nach Herabsetzung des Nennkapitals ergebenden Bestands des steuerlichen Einlagekontos nach § 29 Abs. 2 und 3 KStG vorzunehmen wären. Hierbei ist unklar, ob der Verweis in § 27 Abs. 8 auf § 29 KStG auch dessen Abs. 6 umfasst. § 29 Abs. 6 KStG betrifft eigentlich die Hereinumwandlung und regelt die Fälle, in denen für den ausländischen übertragenden Rechtsträger bislang kein steuerliches Einlagekonto festzustellen war. Für das Verfahren zur Feststellung der nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen wird in § 29 Abs. 6 Satz 2 KStG wiederum auf § 27
33 BMF-Schreiben v. 4.4.2016, BStBl. I 2016, 468 Rz. 3.
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Abs. 8 KStG verwiesen. Dies umfasst auch die Ausschlussfrist in § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG.34 Die Frist wird nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag berechnet.35 Sollte also der Verweis in § 27 Abs. 8 KStG auf § 29 KStG auch dessen Abs. 6 umfassen, hätte dies zur Folge, dass zum Zeitpunkt des Vermögensübergangs eine Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos beantragt werden müsste. Wird innerhalb der Ausschlussfrist kein Antrag gestellt, wäre der nach § 29 KStG zuzurechnende Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit 0 t anzusetzen. Sollte der Verweis in § 27 Abs. 8 KStG hingegen nicht § 29 Abs. 6 KStG umfassen, käme es für die Fristberechnung dann nicht mehr auf die Umwandlung, sondern gem. § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung durch die Drittstaatsgesellschaft an. Für die Ermittlung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos wären dann zeitlich vorhergehende Umwandlungen entsprechend § 29 KStG zu berücksichtigen. Für die letztere Auffassung spricht insbesondere der Aspekt, dass sich die Notwendigkeit zur Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos bei einer Hereinumwandlung anders darstellt als bei einer Drittstaatsumwandlung. Denn die inländische Kapitalgesellschaft ist anders als die ausländische Kapitalgesellschaft zur Führung des steuerlichen Einlagekontos verpflichtet.
c) Gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge (Option 3) Neben den beiden genannten Optionen gibt es aber auch noch andere Optionen, sofern ein System einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr grundsätzlich beibehalten werden soll. Die Einlagenrückgewähr sollte idealiter für in- und ausländische Sachverhalte einheitlich ausgestaltet sein und der Nachweisproblematik bei ausländischen Sachverhalten in zweckmäßiger Weise begegnen. Eine Option, die im Schwerpunkt der Möglichkeit zur Nachweisführung durch den Anteilseigner selbst Rechnung trägt, wäre es, die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen nicht gesellschaftsbezogen (d.h. auf Ebene der Kapitalgesellschaft), sondern gesellschafterbezogen (d.h. auf Ebene des Anteilseigners) festzustellen. Die Rückgewähr der Einlagen sollte dann in typisierter Form unabhängig von der Ermittlung eines ausschüttbaren Gewinns bei der 34 BT-Drucks. 16/2710, 32. 35 Schießl, DStZ 2008, 852 (853).
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Kapitalgesellschaft erfolgen. Dabei wären die Interessen des Anteilseigners und des Fiskus in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.
aa) Eckpunkte einer Neuregelung (1) Gesellschafterbezug Bei gesellschafterbezogener Ermittlung wären die Einlagen und die korrespondierende Erhöhung der Anschaffungskosten bzw. des Buchwerts der Beteiligung auf der Ebene des betreffenden Anteilseigners gesondert festzustellen. Eine solche gesellschafterbezogene Ermittlung würde zwingend bedeuten, dass nur derjenige Anteilseigner eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr erhielte, der auch Einlagen erbracht hatte. Ein Anteilseigner, der keine Einlagen geleistet hat, erhielte dann denklogisch auch keine Einlagenrückgewähr. Dies dürfte insbesondere Portfolioanleger betreffen und eine grundlegende Neuausrichtung der Einlagenrückgewähr darstellen. Bei Veräußerung der Beteiligung würden die bisher geleisteten Einlagen, soweit keine Einlagenrückgewähr (hierzu im Folgenden) erfolgt ist, dann über die Anschaffungskosten bzw. den Buchwert der Beteiligung berücksichtigt. Bei Anteilen, die im Rahmen der Erbfolge oder vorweggenommen Erbfolge unentgeltlich erworben werden, träte der Rechtsnachfolger in die Rechtsstellung des bisherigen Anteilseigners ein. Insofern bliebe der Gesellschafterbezug gewahrt. In den Fällen des § 13 Abs. 2 UmwStG ginge der Bestand des steuerlichen Einlagekontos auf die erhaltenen Anteile über. Hierbei würde es dann – da andernfalls wiederum ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit drohte – erforderlich sein, dass § 13 UmwStG für sämtliche Umwandlungsvorgänge (also Verschmelzung, Auf- und Abspaltung) auf Drittstaaten ausgeweitet würde. Bislang ist dies in § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG nur für die Verschmelzung erfolgt.
(2) Pauschalierte Verwendung Eine weitere grundlegende Neuausrichtung, die mit der gesellschafterbezogenen Ermittlung verbunden ist, läge darin, dass die Einlagenrückgewähr nur noch in Abhängigkeit von den Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG und unabhängig vom ausschüttbaren Gewinn der leistenden Kapitalgesellschaft ermittelt würde. Hier wären unterschiedlichste Varianten denkbar, die die Interessen des Anteilseigners und des Fiskus in angemessener Weise berücksichtigen. So könnte der Teil der Einlagenrückgewähr mit einem festen Prozentsatz der Einnahmen i.S.d.
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§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG, maximal in Höhe des Bestands des steuerlichen Einlagekontos des vorangegangenen Veranlagungszeitraums, festgelegt werden. Bei einer Dividende von z.B. 100 t und einem typisierten Prozentsatz von 25 % würde die Einlagenrückgewähr 25 t betragen und sich dementsprechend der Bestand des steuerlichen Einlagekontos sowie die Anschaffungskosten bzw. der Buchwert der Beteiligung mindern. Eine pauschalierte Bestimmung der Einlagenrückgewähr wäre zwar gewissermaßen immer irgendwie willkürlich, sie wäre aber ein möglicher Kompromiss zwischen einem rein gesellschaftsrechtlichen und einem rein wirtschaftlichen Verständnis der Einlagenrückgewähr. Es könnte – da nur diejenigen Anteilseigner eine Einlagenrückgewähr erhalten können, die auch tatsächlich Einlagen geleistet haben – aber auch sogar eine vorrangige Verrechnung der Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG mit dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos festgelegt werden. Insbesondere aus fiskalischen Erwägungen könnten aber auch verdeckte Gewinnausschüttungen von der Einlagenrückgewähr ausgeschlossen und eine Verrechnung auf Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (also offene Gewinnausschüttungen) begrenzt werden. Dies könnte gleichzeitig auch die Administrierbarkeit der Einlagenrückgewähr für die in der Praxis meist erst nachträglich festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen verbessern, da auf diese Weise Folgeanpassungen beim steuerlichen Einlagekonto vermieden würden.
(3) Mehr-/Minderabführungen Im Rahmen der gesellschafterbezogenen Einlagenrückgewähr könnten auch die organschaftlichen Mehr-/Minderabführungen Berücksichtigung finden. Insoweit könnte hier eine dem § 27 Abs. 6 KStG vergleichbare Sonderregelung für die Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos und bei der Verwendungsreihenfolge vorgesehen werden. Die vororganschaftlichen Mehr-/Minderabführungen würden weiterhin nach den allgemeinen Grundsätzen behandelt. Vororganschaftliche Minderabführungen würden das steuerliche Einlagekonto erhöhen und für vororganschaftliche Mehrabführungen würde dementsprechend auch die pauschalierte Verwendungsreihenfolge gelten.
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(4) Verfahren Die Ermittlung und Feststellung des Bestands der Einlagen sowie der Anschaffungskosten der Beteiligung würden beim inländischen Anteilseigner mit der Steuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum erfolgen, in dem die Einlagen geleistet worden sind. Für den ausländischen Anteilseigner wäre das Feststellungsverfahren idealiter zentral beim BZSt anzusiedeln, da dies bereits für die Erstattung der Kapitalertragsteuer zuständig ist. Beim ausländischen Anteilseigner wäre eine Feststellungsfrist abhängig von der Erbringung der Einlage und nicht wie im geltenden Recht von der Erbringung der Leistung durch die Kapitalgesellschaft festzulegen. Aus unionsrechtlichen Gründen wäre – wie beim inländischen Anteilseigner auch – die reguläre Festsetzungsfrist des § 169 AO maßgebend. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos des Anteilseigners wäre ausgehend vom Bestand des Vorjahres entsprechend dem geltenden § 27 KStG unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge im Kalenderjahr jährlich fortzuentwickeln. Weitergehende Regelungen zur Bescheinigung der Einlagenrückgewähr sowie Regelungen bei fehlerhafter Bescheinigung wären nicht mehr erforderlich. Eine derartige Vervielfachung des Feststellungsverfahrens auf Anteilseignerebene könnte – gegenüber bisher nur einer einzigen Feststellung auf Ebene der Kapitalgesellschaft – als zu bürokratisch und aufwendig erachtet werden. Jedoch muss hier auch berücksichtigt werden, dass die genaue Entwicklung der Anschaffungskosten einer Beteiligung in den Steuergesetzen vielfach von Bedeutung ist (z.B. §§ 17, 20 EStG und § 6 AStG). Eine fortlaufende Ermittlung der Anschaffungskosten könnte somit auch weiteren Nachweisschwierigkeiten vorbeugen, die sich spätestens bei Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Kapitalgesellschaft oder Wegzug des Anteilseigners stellen.
(5) Übergang von einer gesellschafts- zur gesellschafterbezogenen Einlagenrückgewähr Bei einer grundlegenden Neuausrichtung der Einlagenrückgewähr würde sich die Frage der Ausgestaltung des Systemwechsels stellen. Dieser sollte so ausgestaltet sein, dass die bisherigen Bestände des steuerlichen Einlagekontos weitestgehend in das neue System überführt würden. Dazu könnten z.B. die Bestände des steuerlichen Einlagekontos entsprechend der Beteiligung der Anteilseigner auf einen Stichtag „ausgekehrt“
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werden. Hierzu könnte die inländische Kapitalgesellschaft zur Ausstellung einer Bescheinigung analog § 27 Abs. 3 KStG verpflichtet werden, welcher Anteil des steuerlichen Einlagekontos auf den jeweiligen Anteilseigner entfällt. Im weitesten Sinne wäre diese „Zwangsauskehrung“ mit einer Vollausschüttungsfiktion vergleichbar. Bei der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos könnte dann der Betrag des „ausgekehrten“ anteiligen Einlagekontos als Ausgangswert des steuerlichen Einlagekontos beim Anteilseigner gelten. Ausländischen Kapitalgesellschaften würde entsprechend § 29 Abs. 6 KStG eine vergleichbare Möglichkeit eingeräumt werden müssen, die mit einer Ausschlussfrist versehen werden sollte.
bb) Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital und Nennkapitalrückzahlung Neben der steuerlichen Behandlung der Einlagenrückgewähr stellte sich die Frage der steuerlichen Behandlung der Nennkapitalrückzahlung bei vorhergehender Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital. Hier könnte einerseits das System des Sonderausweises analog § 28 KStG auch auf Ebene des Anteilseigners etabliert werden. Dies dürfte jedoch administrativ aufwendig sein. Eine komplette Neuausrichtung, die in der Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital wieder eine Doppelmaßnahme36 (d.h. Ausschüttung der Rücklagen und Einlage in die Gesellschaft) sieht, wäre die gegensätzliche Möglichkeit. Weitergehende (Missbrauchs-)Regelungen zum Sonderausweis bei inländischen EU-Kapitalgesellschaften einschließlich der dazugehörigen Feststellungen sowie § 7 Abs. 2 KapErhStG bei Drittstaatsgesellschaften könnten dann entfallen. Eine vermittelnde Lösung könnte z.B. sein, das System des Sonderausweises aufzugeben und wieder allgemein zu einer Fünfjahresfrist in § 5 KapErhStG a.F. oder § 7 Abs. 2 KapErhStG zurückzukehren.
3. Zwischenfazit Dem Gesetzgeber stehen für eine globale und einheitliche Ausgestaltung der steuerlichen Behandlung der Einlagenrückgewähr verschiedene Optionen zur Verfügung. Drei hiervon wurden im vorstehenden Kapitel skizziert.
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Der Wegfall des steuerlichen Einlagekontos (Option 1) würde denklogisch die Nachweisproblematik in den ausländischen Sachverhalten entschärfen und wäre daher mit dem geringsten Administrierungsaufwand verbunden. Ein solcher Wegfall würde nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, da sich im Bestand des steuerlichen Einlagekontos für den Anteilseigner noch keine konkrete Vermögensposition verfestigt hat. Im Übrigen wird die Einlagenrückgewähr spätestens bei Veräußerung über den geringeren Veräußerungsgewinn bzw. höheren -verlust berücksichtigt. Die verbesserte Administrierbarkeit ginge jedoch zu Lasten der Systematik, denn die Besteuerung der Einlagenrückgewähr wurde und wird als systemwidrig empfunden. Die hieraus resultierende steuerliche Belastung würde allerdings bei Anteilseignern, bei denen die Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei sind, nur zu einer geringen steuerlichen Belastung führen. Beim Wegfall des steuerlichen Einlagekontos könnte für die Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital erwogen werden, diese als Doppelmaßnahme anzusehen. Dann entfielen auch die Feststellungen zum Sonderausweis in § 28 KStG sowie § 7 Abs. 2 KapErhStG. Alternativ käme anstelle des Sonderausweises auch die Einführung einer einheitlichen Missbrauchsregelung mit einer Fünfjahresfrist analog § 5 KapErhStG a.F. oder § 7 Abs. 2 KapErhStG in Betracht. Eine Globalisierung des steuerlichen Einlagekontos i.S.d. § 27 Abs. 8 KStG (Option 2) würde zwar der bestehenden Systematik entsprechen, sie würde jedoch die bestehenden Probleme beim Nachweis vervielfachen. Insbesondere Portfolioanleger dürften faktisch von der steuerneutralen Einlagenrückgewähr ausgeschlossen sein. Hinzu kommt, dass gerade auch die entsprechende Anwendung des § 29 KStG (also die Zurechnung des steuerlichen Einlagekontos bei ausländischen Umwandlungsvorgängen) sehr komplex ist. Sie hätte aber auch, da auch § 28 KStG entsprechend anzuwenden ist, nach Auffassung der Finanzverwaltung Auswirkungen für Nennkapitalrückzahlungen. Diese wären nur noch dann der Vermögensebene zuzuordnen, wenn formal eine Einlagenrückgewähr i.S.d. § 27 Abs. 8 KStG festgestellt würde. Eine andere Möglichkeit bestünde in der Neuausrichtung der Einlagenrückgewähr zu einer gesellschafterbezogenen Einlagenrückgewähr mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge (Option 3). Diese Option würde insbesondere der Nachweisproblematik in ausländischen Sachverhalten Rechnung tragen. Denn hier wären „nur“ die Einlagen durch den Anteilseigner selbst nachzuweisen und in einem steuerlichen Einlagekonto auf
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Anteilseignerebene festzustellen. Der inländische Anteilseigner wäre nicht mehr auf die Mitwirkung einer ausländischen Kapitalgesellschaft angewiesen. Die Einlagenrückgewähr würde gesetzlich in Abhängigkeit vom Zufluss von Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG festgelegt. Hier bestünden diverse Stellschrauben, die die fiskalischen Auswirkungen beeinflussen. Wichtigste Stellschraube wäre die Festlegung des Prozentsatzes, nach dem sich der Betrag der Einlagenrückgewähr im Verhältnis zur Dividende bestimmt. Dabei dürfte der Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht überschritten werden. Außerdem könnte die Administrierbarkeit vereinfacht werden, wenn verdeckte Gewinnausschüttungen von der steuerneutralen Einlagenrückgewähr ausgeschlossen würden. Dies würde Folgeanpassungen vermeiden. Die für die Organschaft bestehende Sonderregelung in § 27 Abs. 6 KStG könnte analog fortgeführt werden. Bei einer gesellschafterbezogenen Einlagenrückgewähr würde allerdings von der bestehenden Systematik abgewichen, wonach eine Einlagenrückgewähr davon unabhängig erfolgt, ob der Anteilseigner selbst auch eine Einlage in die Kapitalgesellschaft erbracht hat. Gesellschafterbezug bedeutet, dass nur für den Anteilseigner, der eine Einlage geleistet hat, ein steuerliches Einlagekonto festgestellt und fortentwickelt würde. Dieses entfiele grundsätzlich bei Veräußerung und ginge nur bei Erbfolge oder in den Fällen des § 13 Abs. 2 UmwStG auf einen Rechtsnachfolger oder andere Anteile beim selben Anteilseigner über. Aus unionsrechtlichen Gründen würde dies auch eine Globalisierung des § 13 UmwStG für die Auf- und Abspaltung erfordern. Der Übergang vom jetzigen gesellschaftsbezogenen System zu einem gesellschafterbezogenen System könnte durch „Zwangsauskehrung“ der Bestände des steuerlichen Einlagekontos auf einen bestimmten Stichtag erfolgen. Hierzu könnten die inländischen Kapitalgesellschaften gesetzlich zu einer „Schlussbescheinigung“ des auf den jeweiligen Anteil entfallenden Bestands verpflichtet werden. Ausländischen Kapitalgesellschaften wäre aus unionsrechtlichen Gründen analog § 29 Abs. 6 KStG eine vergleichbare Möglichkeit einzuräumen, die mit einer Ausschlussfrist versehen werden sollte. Eine gesellschafterbezogene Einlagenrückgewähr würde auch Anpassungen bei der Nennkapitalrückzahlung bzw. beim Sonderausweis nach § 28 KStG erforderlich machen. Das System des Sonderausweises könnte aufgegeben und allgemein eine Fünfjahresfrist entsprechend § 5 KapErhStG a.F. oder § 7 Abs. 2 KapErhStG eingeführt werden.
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III. Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke 1. Vorüberlegungen a) Zum Vorliegen einer sog. Entstrickungslücke (mittelbare Entstrickung) Durch das SEStEG wurde das Modell der Sonderregelungen für die Besteuerung einbringungsgeborener Anteile durch ein Modell für eine nachträgliche Besteuerung des zugrunde liegenden Einbringungsvorgangs abgelöst, wenn die erhaltenen Anteile bei Einbringung nach § 20 UmwStG oder die eingebrachten Anteile beim Anteilstausch nach § 21 UmwStG innerhalb von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt veräußert werden.37 Dabei wurde für EU- und EWR-Einbringende das bisherige Erfordernis in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 – sog. Erfordernis der Doppelverhaftung der stillen Reserven oder auch mittelbare Entstrickung – hinsichtlich des deutschen Besteuerungsrechts an den erhaltenen Anteilen aufgegeben. Ursächlich hierfür waren Bedenken, ob das bisherige Regelungskonzept und insbesondere § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 in einem europäisierten deutschen Umwandlungssteuerrecht mit primärem wie auch sekundärem Unionsrecht vereinbar sei. Der Bundesrat sah in der Aufgabe von § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 eine Entstrickungslücke (sog. Wegzugsprämie38) und sprach sich in der Folge für eine eingehende Überprüfung des neuen Einbringungskonzepts aus.39 Den Gesetzesmaterialien40 zum SEStEG lässt sich das Ergebnis dieser Prüfung nicht entnehmen. Es lässt sich daher nur vermuten, dass der Gesetzgeber diese Entstrickungslücke für EU- und EWR-Einbringende akzeptierte und die Sperrfrist in § 22 UmwStG zur Verhinderung von Steuergestaltungen als ausreichend erachtete. In Bezug zu Einbringenden aus Drittstaaten hielt der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG 2006 hingegen an dem Erfordernis der Doppelverhaftung der stillen Reserven unverändert fest.41 Erst Jahre später kam es mit Einführung des § 50i Abs. 2 EStG zu einer für den Rechtsanwender erkennbaren Reaktion des Gesetzgebers in Bezug auf diese Entstrickungslücke bei EU- und EWR-Einbringungen. Denn mit 37 38 39 40 41
BT-Drucks. 16/2710, 42. BT-Drucks. 16/2710, 60. BT-Drucks. 16/3369, 2. Siehe insbesondere BT-Drucks. 16/2710 und 16/3369. BT-Drucks. 16/2710, 36.
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§ 50i Abs. 2 EStG sollen bestimmte Steuergestaltungen verhindert werden, die genau diese – durch das SEStEG entstandene und vom Bundesrat monierte – Entstrickungslücke ausnutzen. Insofern kann unterstellt werden, dass der Gesetzgeber die Entstrickungslücke nicht ausnahmslos akzeptiert. Angesichts der Einführung des § 50i Abs. 2 EStG und der sich hieran anschließenden Diskussion zur Anwendung auf Inlandssachverhalte42, die dann wiederum in eine Änderung des § 50i Abs. 2 EStG führte, ist daher die Lösung der Frage virulent geworden, inwiefern § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 mit Unionsrecht vereinbar ist.
b) Formen der Entstrickung Von den allgemeinen SEStEG-Entstrickungsregelungen sind nach nicht unumstrittener Auffassung der Finanzverwaltung sowohl Fälle der aktiven als auch passiven Entstrickung erfasst. Nicht von den allgemeinen SEStEG-Entstrickungsregelungen erfasst sind hingegen die Fälle der mittelbaren Entstrickung.43
aa) Aktive und passive Entstrickung Die Differenzierung zwischen aktiver und passiver Entstrickung basiert auf der ursprünglichen BFH-Rechtsprechung zur sog. finalen Entnahmetheorie. Denn diese Theorie beruhte auf der Auslegung des Begriffs Entnahme in § 4 Abs. 1 Satz. 2 EStG, die zwingend eine Entnahmehandlung voraussetzt (aktive Entstrickung).44 Fehlte die Entnahmehandlung, kam es nach der sog. finalen Entnahmetheorie – trotz eines Verlustes des deutschen Besteuerungsrechts (passive Entstrickung) – mangels eines allgemein kodifizierten Entstrickungstatbestandes zu keiner Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG. Aufgrund der Kodifizierung allgemeiner Entstrickungstatbestände durch das SEStEG ist eine solche Entnahmehandlung nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht mehr erforderlich, denn die SEStEG-Entstrickungsregelungen definieren eigenständige Gewinnrealisationstatbestände (z.B. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG: „Einer Entnahme […] steht […] gleich.“) und stellen abstrakt nur auf den Ausschluss oder die 42 Z.B. Kudert/Kahlenberg, ISR 2014, 257 (262 f.); Rödder/Kuhr/Heimig, Ubg 2014, 477 (479). 43 Schnitger, Die Entstrickung im Steuerrecht, IFSt-Schrift Nr. 487, 2013, S. 127. 44 Zu den vom BFH entschiedenen Fällen aktiver Entstrickung vgl. Benecke/ Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 KStG Rz. 204 (Stand 76. EL Dezember 2012).
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Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ab. Darüber hinaus wurde mit dem SEStEG ausweislich der Gesetzesmaterialien das bis dato ausschließlich von der Rechtsprechung entwickelte Entstrickungskonzept der sog. finalen Entnahmetheorie nicht einfach nur kodifiziert, sondern darüber hinaus fortentwickelt.45 Diese Fortentwicklung umfasst zum einen die Erweiterung des Katalogs der aktiven Entstrickungssachverhalte (z.B. um die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter in ausländische DBA-Anrechnungsbetriebsstätten46) als auch zum anderen – zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung – auch die Fälle der sog. passiven Entstrickung. Als für die Praxis bedeutsamsten Beispielsfall passiver Entstrickung sei hier nur der Abschluss eines DBA genannt.47
bb) Mittelbare Entstrickung Klassischer Beispielsfall einer mittelbaren Entstrickung ist die Einbringung von (inländischem steuerverhaftetem) Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft, wenn der Einbringende steuerlich im Ausland ansässig ist. Die Steuerneutralität der Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft basiert(e) auf zwei zentralen Grundsätzen. Es sind dies der Grundsatz der –
Verdopplung der stillen Reserven und
–
Doppelverhaftung der stillen Reserven.
Der Grundsatz der Verdopplung der stillen Reserven betrifft die steuersystematische Problematik der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von stillen Reserven auf der Ebene des Veräußerers sperrfristverhafteter Anteile sowie auf der Ebene der das eingebrachte Betriebsvermögen veräußernden Kapitalgesellschaft. Das Konzept der nachgelagerten Besteuerung des Einbringungsgewinns in § 22 UmwStG betrifft nur diesen erstgenannten Grundsatz, weil nach diesem Konzept eine von den Grundsätzen des Teileinkünfteverfahrens abweichende doppelte Besteuerung stiller Reserven konsequent vermieden wird.48 Der Grundsatz der Doppelverhaftung der stillen Reserven betrifft hingegen die Problematik des Ausschlusses oder der Beschränkung des deut45 BT-Drucks. 16/2710, 26. 46 BT-Drucks. 16/2710, 28. 47 Zum Fehlen der für die finale Entnahmetheorie erforderlichen Entnahmehandlung bei Abschluss eines DBA s. BFH v. 16.12.1975 – VIII R 3/74, BStBl. II 1976, 246. 48 BT-Drucks. 16/2710, 27.
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schen Besteuerungsrechts hinsichtlich der aufgrund der Einbringung des Betriebsvermögens erhaltenen Anteile. Der Gesetzgeber sah in dem Ausschluss oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich dieser Anteile einen „mittelbaren“ Verlust des Besteuerungsrechts an dem eingebrachten Betriebsvermögen, weil bei Veräußerung der erhaltenen Anteile durch im Ausland ansässige Einbringende die Besteuerung der stillen Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen durch den deutschen Fiskus nicht mehr sichergestellt sei.49 Aus diesem Grund wurde bereits im UmwStG 196950 die Steuerneutralität einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft versagt, wenn das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt war.51
c) Zur Vereinbarkeit des Ausschlusses der Einbringung in eine Drittstaatskapitalgesellschaft mit der Kapitalverkehrsfreiheit aa) Unionsrechtswidrigkeit des § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 – C-164/12 (DMC) Die bislang ungelöste Frage, ob das Erfordernis der Doppelverhaftung der stillen Reserven in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 mit Unionsrecht vereinbar ist, wurde durch das EuGH-Urteil in der Rs. C-164/12 (DMC)52 beantwortet. Danach ist die Beschränkung in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 nur dann unionsrechtlich53 gerechtfertigt, wenn der Mitgliedstaat seine Besteuerungsbefugnis hinsichtlich der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen bei einer späteren Realisierung dieser stillen Reserven auch tatsächlich verliert. Dies zu prüfen sei Aufgabe des nationalen Gerichts.54 In der Folge wurde im Fachschrifttum55 über das zutreffende Verständnis der Rz. 57 des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) diskutiert:
49 BT-Drucks. V/3186, 15 zu § 15 Abs. 3 UmwStG-Entwurf. 50 Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform v. 14.8.1969, BGBl. I 1969, 1163. 51 In diesem Sinne s. z.B. § 17 Abs. 3 UmwStG 1969 und § 20 Abs. 3 UmwStG 1995. 52 EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12 – DMC Beteiligungsgesellschaft mbH, IStR 2014, 106. 53 Für die Einbringung nach § 20 UmwStG 1995 wurde vom EuGH konkret die Kapitalverkehrsfreiheit für einschlägig erachtet. 54 Vgl. die Antwort des Gerichtshofs zur ersten Frage in EuGH v. 23.1.2014 – C164/12 – DMC Beteiligungsgesellschaft mbH, IStR 2014, 106. 55 Vgl. hierzu auch die umfangreichen Literaturnachweise in BFH v. 30.9.2015 – I B 66/15, IStR 2015, 974.
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Benecke – Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug „Im vorliegenden Fall ist aber aus dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht zweifelsfrei ersichtlich, dass die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich jedes Recht verliert, die nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit den Anteilen an einer Personengesellschaft zu besteuern, sobald diese gegen Anteile einer Kapitalgesellschaft ausgetauscht werden. Es scheint nämlich nicht ausgeschlossen, dass diese nicht realisierten Wertzuwächse im Zusammenhang mit den in das Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft eingebrachten Anteilen bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer berücksichtigt werden können, der die aufnehmende Kapitalgesellschaft, hier die DMC GmbH, in Deutschland unterliegt. Dies festzustellen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.“
Dabei ging es um die Frage, ob bezüglich der Prüfung des Verlustes des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen auf die erhaltenen Anteile oder auf die eingebrachten (Mitunternehmer-)Anteile abzustellen sei. Das FG Hamburg56 und dieses bestätigend der BFH57 stellen für die erforderliche unionsrechtliche Prüfung des Verlustes des deutschen Besteuerungsrechts auf das eingebrachte Betriebsvermögen ab. Damit wurde fast zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des SEStEG die Frage gelöst, ob § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 in den EU- und EWR-Sachverhalten mit Unionsrecht vereinbar sei. Im Ergebnis ist also eine Entstrickungsbesteuerung bei einer „nur“ mittelbaren Entstrickung von stillen Reserven unionsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
bb) Bedeutung des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) für das geltende Recht Auch wenn das EuGH-Urteil in der Rs. C-164/12 (DMC) zu § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 ergangen ist, hat diese Entscheidung auch Bedeutung für geltendes Recht. Dies betrifft zum einen die in § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG fortbestehende Beschränkung für in Drittstaaten ansässige Einbringende. Zum anderen betrifft dies die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 50i Abs. 2 EStG bei Einbringung nach den §§ 20, 25 UmwStG durch im Ausland ansässige Einbringende.
(1) § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des Umwandlungssteuergesetzes in § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG entspricht vom Wortlaut und vom Regelungszweck dem bisherigen § 20 Abs. 3 UmwStG 56 FG Hamburg v. 15.4.2015 – 2 K 66/14, IStR 2015, 521. 57 BFH v. 30.9.2015 – I B 66/15, IStR 2015, 974.
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1995.58 Aufgrund des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) stellt sich nunmehr die bislang ungelöste Frage, ob es sich bei der Beschränkung in § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG um eine ausnahmsweise zulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit in Bezug zu Drittländern i.S.d. Art. 64 AEUV handelt (sog. Stillhaltevorschrift oder Stand-stillKlausel). Die Anwendung der Stillhaltevorschrift hängt von der kumulativen Erfüllung jeweils eines persönlichen, zeitlichen und materiellen Kriteriums ab. In persönlicher Hinsicht muss die in Rede stehende Maßnahme ein oder mehrere Drittländer betreffen. Die Erfüllung des persönlichen Kriteriums steht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass mit dem Drittland keine weitergehenden vertraglichen Liberalisierungsverpflichtungen auf dem Gebiet des Kapitalverkehrs bestehen.59 In zeitlicher Hinsicht müssen die auf einzelstaatlichen oder unionsrechtlichen Rechtsvorschriften beruhenden Beschränkungen am 31.12.1993 bestanden haben. In materieller Hinsicht bezieht sich die Ausnahme von der Kapitalverkehrsfreiheit auf Maßnahmen im Zusammenhang mit –
Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien,
–
der Niederlassung,
–
der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder
–
der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten.
Die vorgenannten Begrifflichkeiten sind in den Verträgen nicht weiter definiert und ausschließlich unionsrechtlich zu verstehen.60 Maßgebend für die Auslegung dieser materiellen Kriterien durch den EuGH ist nach wie vor die Gliederung des Kapitalverkehrs entsprechend der Nomenklatur in Anhang 1 der sog. Kapitalverkehrs-Richtlinie aus dem Jahre 1988.61 Dabei ist es meines Erachtens wahrscheinlich, dass die Einbringung von Betriebsvermögen gegen Gewährung von neuen Anteilen vom EuGH als (Sach-)Kapitalbewegung im Zusammenhang mit einer Direktinvestition oder einer Niederlassung beurteilt würde.
58 Vgl. auch BT-Drucks. 16/2710, 36. 59 So im EWR-Abkommen; vgl. z.B. EuGH v. 23.9.2003 – C-452/01 – Ospelt u. Schlössle Weissenberg, Slg. 2003, I-9743 Rz. 30. 60 Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 64 AEUV Rz. 10 (Stand 62. EL Juli 2017). 61 RL 88/361/EWG des Rates v. 24.6.1988 zur Durchführung von Art. 67 des Vertrags, ABl. EG Nr. L 178 v. 8.7.1988, 5.
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Damit käme es für die Anwendung der Stillhaltevorschrift bezogen auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG maßgebend auf die Prüfung des zeitlichen Tatbestandsmerkmals an. Hierbei ist die Lösung der Frage entscheidend, ob die Beschränkung seit dem 31.12.1993 unverändert bestanden hat. Aufgrund des Umstands, dass diese Beschränkung gegenüber Drittländern bereits seit dem UmwStG 1969 in § 17 Abs. 3 UmwStG 1969 bzw. später in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 und § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG unverändert bestanden hat, könnte dies zu bejahen sein. Nach anderer Auffassung soll aber für diese Betrachtung nicht isoliert auf die umwandlungssteuerliche Rechtslage für den Einbringungsvorgang abgestellt werden können, sondern es müsste darüber hinaus auch die Wirkung des § 8b Abs. 2 KStG im Fall der Veräußerung der erhaltenen Anteile in die Betrachtung einbezogen werden.62 Als Folge dieser Auffassung hätte dann die Beschränkung in § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 und § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG aufgrund des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halb- bzw. später zum Teileinkünfteverfahren nicht unverändert seit dem 31.12.1993 bestanden. Aufgrund der jüngsten EuGH-Rechtsprechung zu § 9 Nr. 7 GewStG, in der der EuGH nicht nur Änderungen in der Norm selbst, sondern auch die Änderungen des gesamten Regelungszusammenhangs63 (bei § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG: Umstellung des Körperschaftsteuersystems sowie Neuausrichtung des Einbringungsteils durch das SEStEG) in die Prüfung des zeitlichen Tatbestandsmerkmals einbezogen hat, dürfte das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals mit guten Argumenten bezweifelt werden können.
(2) § 50i Abs. 2 EStG Durch § 50i Abs. 2 EStG sollen bekannt gewordene Steuergestaltungen verhindert werden, die die durch das SEStEG entstandene Entstrickungslücke ausnutzen. Insofern hat das EuGH-Urteil in der Rs. C-164/12 (DMC) darüber hinaus auch Bedeutung für die Lösung der Frage, ob die Schließung dieser Entstrickungslücke für bestimmte Sachverhalte durch Einführung einer „Einbringungssperre“ in § 50i Abs. 2 EStG mit Unionsrecht vereinbar sei. Dies wäre zweifelsfrei dann der Fall, wenn § 50i Abs. 2 Satz 1 EStG für im In- und Ausland ansässige Einbringende gleichermaßen Anwendung fände.
62 In diesem Sinne Lüdicke, IStR 2014, 537. 63 EuGH v. 20.9.2018 – C-685/16 – EV, BStBl. II 2019, 111, 80 ff.
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Ein auf im Ausland ansässige Einbringende beschränkter Anwendungsbereich des § 50i Abs. 2 EStG dürfte nicht mit Unionsrecht vereinbar sein.64 Aufgrund des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) dürfte ein solcher Verstoß gegen Unionsrecht auch evident sein. Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs könnte jedoch entsprechend dem EuGH-Urteil in der Rs. C-182/0865 betreffend die Hinzurechnung eines Sperrbetrags i.S.d. § 50c EStG a.F. beim Doppelumwandlungsmodell allenfalls dann unionsrechtlich noch gerechtfertigt sein, wenn hierdurch rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindert würden, die allein zu dem Zweck geschaffen wurden, ungerechtfertigt in den Genuss eines Steuervorteils zu gelangen. Ungelöst ist hierbei die Frage, ob allein der Umstand, dass das deutsche Besteuerungsrecht an den aufgrund der Einbringung erhaltenen Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt ist, für sich genommen die Annahme einer solchen missbräuchlichen Gestaltung rechtfertige oder ob hierfür nicht noch weitere Umstände hinzutreten müssten (z.B. ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Einlage i.S.d. § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG, dem Wegzug des Steuerpflichtigen und der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft).
2. Überlegungen für eine Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke Für den Fall einer Globalisierung des Einbringungsteils oder sollte § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG aufgrund des EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) als nicht mit Unionsrecht vereinbar angesehen werden können, stellt sich die bislang ungelöste Frage, ob es zum „Konzept“ der mittelbaren Entstrickung entsprechend § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 unionsrechtlich kompatible Alternativen gibt, wenn das Fehlen eines Besteuerungsrechts an den aufgrund einer Einbringung erhaltenen Anteilen vom Gesetzgeber unverändert als Entstrickungslücke gesehen wird, die es – unter Beachtung der Vorgaben des Unionsrechts – zu schließen gilt.
a) Eckpunkte einer möglichen Regelung Sofern eine „Zwangsrealisation“ stiller Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen bei einer nur mittelbaren Entstrickung wegen Unions64 Z.B. Liekenbrock in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50i EStG Rz. 46, 140 (Stand 83. EL Oktober 2017); und Moldenhauer, ISR 2016, 70, 71 f., jeweils m.w.N. 65 EuGH v. 17.9.2009 – C-182/08 – Glaxo Wellcome, Slg. 2009, I-8591.
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recht ausscheidet, könnte diese Entstrickungslücke ggf. durch eine Entstrickungsbesteuerung hinsichtlich der in den erhaltenen Anteilen – als Folge des weiterhin geltenden Grundsatzes der Verdopplung der stillen Reserven – enthaltenen stillen Reserven de lege ferenda geschlossen werden. Eine solche Entstrickungsbesteuerung könnte rechtstechnisch auf Basis der Grundsätze in § 6 Abs. 1 AStG erfolgen, wobei eine Veräußerungsfiktion nicht den Tatbestand des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 200666 erfüllen sollte. Dafür wären u.a. aufgrund der abkommensrechtlichen Lage zum einen ein sog. treaty-override und aufgrund der Rechtslage in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. bb EStG zum anderen eine Erweiterung des Katalogs der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte bei Einbringung inländischen Betriebsvermögens in eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland erforderlich. Aufgrund der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auf einen fiktiven Veräußerungsgewinn der erhaltenen Anteile würde sich die Bedeutung einer solchen Regelung jedoch auf einkommensteuerpflichtige Einbringende beschränken.
b) Vereinbarkeit mit Primärrecht Die Vereinbarkeit einer solchen Entstrickungsbesteuerung hinsichtlich der aufgrund der Einbringung erhaltenen Anteile mit Unionsrecht hängt von der bislang ungelösten Frage ab, ob eine solche „direkte“ Entstrickungsbesteuerung der stillen Reserven in den erhaltenen Anteilen durch die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten unionsrechtlich gerechtfertigt werden kann. Entscheidend für das Rechtfertigungsargument der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis der Mitgliedstaaten in den Fällen der Einbringung von Betriebsvermögen, bei denen das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist die Lösung der Frage, ob der EuGH – aus unionsrechtlicher Sicht – dem Betriebsstättenstaat einen Besteuerungsanspruch an den betreffenden stillen Reserven in den erhaltenen Anteilen zuerkennt. Hierzu hat der EuGH in der Rz. 54 des 66 Vgl. im Einzelnen Benecke/Staats in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 12 KStG Rz. 362 (Stand 90. EL Juni 2017); anders die Finanzverwaltung zur Sperrfristverletzung nach § 6 Abs. 5 EStG bei Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, vgl. BMF-Schreiben v. 8.12.2012, BStBl. I 2011, 1279 Rz. 23 – dies jedoch m.E. insofern widersprüchlich zur Rückausnahme von der Aufwandsverteilung in § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG bei Entstrickung nach § 16 Abs. 3a EStG.
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EuGH-Urteils in der Rs. C-164/12 (DMC) zumindest anerkannt, dass es zwischen den stillen Reserven im eingebrachten Betriebsvermögen und den erhaltenen Anteilen einen unmittelbaren Zusammenhang gibt: „Zweitens ist es aus dem Blickwinkel der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten nicht ausschlaggebend, dass die nach § 20 Abs. 3 und 4 UmwStG 1995 besteuerten Wertzuwächse nach der Umwandlung der betroffenen Anteile etwa einen Zusammenhang mit andersartigem Vermögen aufweisen, nämlich zunächst einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft und dann einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Die mit den Anteilen an der Kommanditgesellschaft zusammenhängenden Wertzuwächse finden sich nämlich zwangsläufig in den Anteilen an der Kapitalgesellschaft wieder, die für die Einbringung der Kommanditgesellschaftsanteile gewährt wurden.“
Für eine Legitimität der Entstrickungsbesteuerung reicht dem EuGH dabei allein der Umstand aus, dass die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft bewirkt, dass Einkünfte der Ausübung der Steuerhoheit des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie entstanden sind, entzogen werden, soweit danach die Steuer auf diese Einkünfte zum Zeitpunkt der Einbringung festgesetzt wird.67 Eine Ausweitung der Einkünftetatbestände um eine „direkte“ Entstrickungsbesteuerung der erhaltenen Anteile analog § 6 AStG sollte diesem Grundsatz genügen. Von dem Verständnis, dass die stillen Reserven in den erhaltenen Anteilen im Zeitpunkt der Einbringung dem Betriebsstättenstaat zuzuordnen sind, geht im Übrigen auch § 20 Abs. 3 Satz 2 UmwStG aus.
c) Vereinbarkeit mit Sekundärrecht Selbst wenn eine Entstrickungsbesteuerung hinsichtlich der stillen Reserven in den erhaltenen Anteilen primärrechtlich zulässig sein sollte, wäre dessen ungeachtet zwingend die Vereinbarkeit einer solchen Besteuerung mit den Vorgaben der Fusionsrichtlinie (Fusions-RL)68 zu beachten. Die Einbringung von Unternehmensteilen regelt Art. 9 FusionsRL. Danach gelten die Art. 4, 5 und 6 FusionsRL entsprechend. Es wird jedoch keine entsprechende Geltung von Art. 8 Fusions-RL angeordnet, 67 EuGH v. 23.1.2014 – C-164/12 – DMC Beteiligungsgesellschaft mbH, IStR 2014, 106, Rz. 55. 68 RL 2009/133/EG des Rates v. 19.10.2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat, ABl. EU Nr. L 310 v. 25.11.2009, 34.
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Benecke – Ausländische Umstrukturierungen mit Inlandsbezug
der die Besteuerung stiller Reserven in den erhaltenen Anteilen verbietet. Insofern ist eine Besteuerung stiller Reserven in den erhaltenen Anteilen im Zeitpunkt der Zuteilung sekundärrechtlich nach der FusionsRL meines Erachtens nach nicht verboten.
IV. Fazit In einer Zeit, in der aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und Digitalisierung der Wirtschaft auf Ebene der OECD und dem Inclusive Framework über die globale Verteilung von Besteuerungsrechten an Marktstaaten intensiv nachgedacht wird, ist es an der Zeit die geltende „Europäisierung“ des Umwandlungssteuergesetzes zu überdenken und an die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hin zu einer Globalisierung anzupassen. Hierzu bedarf es nicht nur einer Änderung des § 1 UmwStG, sondern insbesondere auch einer Lösung der offenen Fragen zur grenzüberschreitenden Einlagenrückgewähr sowie einer Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke. Dies mag gegenüber dem aktuell vom Bundesfinanzministerium propagierten Optionsmodell für Personengesellschaften zur Besteuerung als Kapitalgesellschaften als zu „kleinteilig“ wirken. Es sind jedoch zwei wichtige Problembereiche oder „Stolpersteine“, deren zufriedenstellende Lösung die Vorzüge eines solchen Optionsmodell erst vollends zur Entfaltung bringen können. Ein gesellschafterbezogenes Einlagekonto mit pauschalierter Verwendungsreihenfolge hätte enormes Vereinfachungspotential und würde damit signifikant zur Verbesserung der Administrierbarkeit des Einlagekontos – insbesondere in grenzüberschreitenden Sachverhalten – beitragen können. Der Übergang hin zu einem System, dass nur der Anteilseigner eine Einlagenrückgewähr erhält, der eine Einlage erbracht hat, wäre gerecht und könnte auch aus fiskalischen Gründen interessant sein. Die Schließung der SEStEG-Entstrickungslücke dürfte für Umstrukturierungen in Kapitalgesellschaftskonzernen weniger von Relevanz sein. Sie wäre jedoch ein letzter Baustein in den SEStEG-Entstrickungsregelungen, um steuerlich motivierten Wegzugsgestaltungen natürlicher Personen besser vorbeugen zu können.
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Diskussion zu den Referaten von Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön und Andreas Benecke, LL.M. Prof. Dr. Johanna Hey, Köln Ich habe eine Frage bzw. einen Kommentar zu Wolfgang Schön: Die Auslegung von Art. 5 ATAD, der sich sozusagen selbst zerlegt, hat mir sehr gut gefallen. Verstehe ich Dich richtig, dass Abs. 5 die Sofortbesteuerung nach Abs. 1 ausschließt, d.h. also, die Mitgliedstaaten sind auch nach der ATAD nicht gezwungen, den Wegzug zum Anknüpfungspunkt der Besteuerung zu machen? Der EuGH hat lediglich gesagt: Die Mitgliedstaaten dürfen die bis zum Wegzug entstandenen stillen Reserven besteuern. Deshalb kann Art. 5 nicht so verstanden werden, dass die Mitgliedstaaten zur Sofortbesteuerung verpflichtet sind. Dennoch stellt sich mir die Frage: Was ist die Konsequenz daraus? Denn wir haben auch noch Art. 3 ATAD mit dem Mindestschutzkonzept. Selbst wenn man Art. 5 ATAD einschränkend auslegt, könnten sich die Mitgliedstaaten nach wie vor auf die Rechtsprechung des EuGH berufen, und dann eben auf dieser Grundlage eine Sofortversteuerung anordnen, sei es auch mit Besteuerungsaufschub wie in § 4g EStG. Selbst wenn man Art. 5 ATAD einschränkend auslegt, bleibt also die Frage, ob und wie der EuGH aus seiner Rechtsprechungsecke, die er auch in der Rechtssache Wächtler noch einmal bestätigt hat, wieder herauskommt. Das dürfte umso schwieriger sein, als auch der Sekundärgesetzgeber im Regelfall von Sofortversteuerung ausgeht. Letztlich lässt sich die Sofortbesteuerung nur mit den Vollzugsproblemen der Nachverfolgung eines späteren Realisationsaktes rechtfertigen. Andererseits kümmern den EuGH auch sonst die Vollzugsprobleme eher nicht, jedenfalls reicht eine Beweislastumkehr, wie sie auch jetzt in § 6 Abs. 5 AStG vorgesehen ist, aus, um die spätere Besteuerung sicherzustellen. Prof. DDr. Gunter Mayr, Wien Ja, Herr Schön, Sie haben zunächst mit dem BFH und dem EuGH noch hoffnungsvoll begonnen. Aus wissenschaftlicher Sicht konnte ich die Entscheidungen des EuGH in der Rechtssache Lasteyrie du Saillant und kurz darauf Rechtssache N gut nachvollziehen. Für uns in Österreich war daher in den Jahren 2004/2005 völlig klar, dass das, was für die natürliche Person gilt, auch für Gesellschaften gelten sollte. Wir haben daher auch
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Diskussion – zu Schön und Benecke
in unserem steuerlichen Umstrukturierungsgesetz, dem Umgründungssteuergesetz, allgemein ein Nichtfestsetzungskonzept verankert. Vereinfacht gesagt waren Umstrukturierungen im EU/EWR-Raum steuerneutral, erst wenn im EU/EWR-Ausland realisiert wurde, kam es auch in Österreich zur Festsetzung der Steuerschuld. Wir wollten nur die EuGHVorgaben konsequent umsetzen. Bei der Jahrestagung vor zwei Jahren in Wien diskutierten wir, wie die ATAD zu verstehen ist. Ich berichtete dabei auch von den Erfahrungen in Österreich. Denn im Jahr 2012 evaluierten wir das großzügige österreichische Regime, also nach sieben Jahren Praxiserfahrung. Das Ergebnis war leider ernüchternd; das Ergebnis des aus Österreich abgezogenen Steuersubstrats war erheblich höher als die zwischenzeitlich nachversteuerten Beträge. Das also in der Theorie überzeugend klingende Wegzugsbesteuerungskonzept vermochte den Praxistest nicht zu bestehen. Leider führen solche Konzepte zu einem strukturellen Vollzugsdefizit, was sodann auch politischen Druck erzeugt. Solche Hintergründe machen Umkehrschwünge beim EuGH oder die ATAD-Vorgaben etwas nachvollziehbarer. In Österreich haben wir zwischenzeitlich das Ratenzahlungskonzept der ATAD umgesetzt. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München Ja, das waren schon zwei Fragen, über die ich mich sehr freue, weil sie mein Anliegen wirklich aufgegriffen haben. Herr Mayr, ich bin ja richtig ins Schwitzen gekommen, als Sie gesagt haben: „Sie haben vor zwei Jahren gesagt …“. Da habe ich gedacht: „Hoffentlich habe ich nicht das Gegenteil gesagt.“. Offensichtlich waren meine heutigen mit meinen früheren Überlegungen noch kohärent. Aber zunächst zu der Frage von Johanna Hey. Es geht mir um folgenden Fall: Ein Wirtschaftsgut wird vom deutschen Stammhaus in eine niederländische Betriebsstätte verlagert. Es gilt ein neues DBA, das den „Authorized OECD Approach“ explizit verwirklicht. Ein deutsches Gericht wird feststellen: „Es gibt kein Besteuerungsrecht des Zuzugsstaats“ und kann den Fall dann vorlegen und damit sowohl die Richtlinie aufbohren als auch die Grundfreiheiten prüfen lassen. Das ist natürlich ein gewaltiger Schritt, aber wo kann man so etwas diskutieren, wenn nicht bei der DStJG? Dahinter steht auch noch ein anderes Anliegen, das mir sehr wichtig ist: Wir haben es uns seit langem angewöhnt, den BFH zu kritisieren. Genau, wie wir uns seit Jahrzehnten angewöhnt haben, im Privatrecht den BGH oder im Öffentlichen Recht das BVerwG oder das Verfassungsgericht zu
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Diskussion – zu Schön und Benecke
kritisieren. Aber die Rechtsprechung des EuGH wird immer als gegeben hingenommen. Und das ist falsch: Auch der EuGH trifft Fehlentscheidungen. Der EuGH trifft auch Fehlentscheidungen zugunsten des Steuerpflichtigen. Das alles gibt es auch und ich finde, wir brauchen eine europäische Diskussionskultur, die eine solche Kritik hervorbringt und zulässt. Dazu kommt Folgendes: Es geht mir im Grundsatz gegen den Strich, dass man den Grenzübertritt einer Person oder eines Wirtschaftsguts zum Steuertatbestand erklärt und damit der „Territorialisierung“ der EU Vorschub leistet. Doch habe ich, Herr Mayr, nicht alle Überlegungen des EuGH seit National Grid Indus abgelehnt. Ich halte z.B. den Anspruch des Fiskus auf Sicherheitsleistung für zulässig, wobei das Interessante ist, dass die ATAD dies vorsieht wie auch der EuGH in seiner neueren Rechtsprechung, dass aber konkret das Sicherungsbedürfnis nachgewiesen werden muss. Wenn z.B. jemand ein einzelnes Patent in eine Betriebsstätte im Ausland auslagert, dann ist das kein Grund, automatisch eine Sicherheitsleistung von dem Unternehmen zu verlangen, dessen Hauptsitz im Inland bleibt. Wenn aber konkret nachgewiesen werden kann, dass wegen der schweren Überschaubarkeit einer Vielzahl von Transfers oder aus anderen Gesichtspunkten die spätere Durchsetzung problematisch ist, dann habe ich da nichts gegen. Nur glaube ich nicht an ein generelles Prinzip, dass von den großen Fällen, bei denen Tausende von Wirtschaftsgütern bei einer Betriebsverlegung übergehen, bis hin zur Verlagerung einer einzelnen Beteiligung, eines einzelnen Immaterialguts, einer einzelnen wertvollen Maschine, alles für so kompliziert gehalten wird, dass der Steuerbetrag sofort und unveränderbar festgesetzt werden muss. Das Thema des gleichheitsgerechten Vollzugs ist sicher existent, bedarf aber vielleicht doch einer differenzierten Lösung. Andreas Benecke, Berlin Eine andere Frage ist natürlich, wann wir die Steuer erheben. Aber in der Finanzverwaltung denken wir in Verwaltungsakten. Wenn wir im Entstrickungszeitpunkt nicht festsetzen, verlagern ja nur Probleme in die Zukunft. Also wenn ich jetzt keine Steuerfestsetzung mache, wie hoch war der gemeine Wert im Entstrickungszeitpunkt? Das ist dieselbe Diskussion wie beim SEStEG mit der Siebenjahresregelung. Wie hoch waren die stillen Reserven? Wie ermittle ich den Einbringungsgewinn I, II? Wie dokumentiere ich das alles? Und deswegen halte ich es nach wie vor für äußerst legitim und richtig, dass man hier diesen Grenzübertritt als An-
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Diskussion – zu Schön und Benecke
lass für eine Steuerfestsetzung macht im Sinne von Gewinnabgrenzung durch Gewinnermittlung, um hier einfach nur die Besteuerungshoheiten abzustecken. Prof. Dr. Marc Desens, Leipzig Ich habe an beide Referenten jeweils eine Frage. Meine erste Frage geht an Wolfgang Schön. Sie haben in Ihrem Vortrag sehr schön aufgezeigt, dass die Entstrickungstatbestände im Umwandlungssteuergesetz nur die rechtliche Entstrickung fassen, also keine tatsächlichen Vorgänge, die zur Entstrickung führen. In diesem Zusammenhang stellt eine schwierige Frage. Vielleicht haben Sie eine Antwort oder zumindest eine Inspiration für mich. Deutlich machen will ich das an einem einfachen Fall: Eine deutsche Kapitalgesellschaft wird auf eine EU-ausländische Kapitalgesellschaft hinausverschmolzen. Dabei soll die deutsche Kapitalgesellschaft Patente oder andere immaterielle Wirtschaftsgüter halten, die wir über die Figur der sog. Zentralfunktion des Stammhauses dem Ort der inländischen Geschäftsleitung zuordnen. Parallel zur Hinausverschmelzung muss ja nun die Geschäftsleitung ins Ausland verlegt werden, so dass auch die Zentralfunktion des Stammhauses ins Ausland übergehen würde. Diese Verlegung ist ein tatsächlicher Vorgang, mit dem auch die Patente und die anderen immateriellen Wirtschaftsgüter entstricken, was sich dann nicht nach den rechtlichen Entstrickungsregeln des Umwandlungssteuerrechts, sondern nach allgemeinen Entstrickungsregeln für Wirtschaftsgüter richten dürfte. Aus diesem Zwiespalt von rechtlicher und tatsächlicher Entstrickung entsteht dann ein zweites Problem, weil die rechtliche Entstrickung nach dem Umwandlungssteuergesetz zeitlich rückbezogen wird, die tatsächliche Entstrickung dagegen nicht. Maßgeblich sind insoweit zwei verschiedene Zeitpunkte. Meine Frage ist nun: Entsteht dadurch ein Konflikt mit dem AOA? Lässt sich die Figur der Zentralfunktion des Stammhauses, die – soweit ich das überblicke – eine ziemlich deutsche Idee ist, nämlich eine Idee der deutschen Finanzverwaltung, mit dem AOA in Einklang bringen? Meine zweite Frage ist eine Verständnisfrage an Andreas Benecke. Am Ende Ihres Vortrags haben Sie eine Besteuerungslücke beschrieben, bei der Sie erwogen haben, dieser mit einer Entstrickungsbesteuerung zu begegnen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, lässt sich das Problem auf den Fall herunterbrechen, dass ein (mittlerweile) im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger seine inländische Betriebsstätte in eine inländische
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Diskussion – zu Schön und Benecke
GmbH einbringt. Die Folge ist, dass die stillen Reserven nach der Einbringung in der GmbH steuerverstrickt sind und nicht mehr im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Einbringenden. Unter Geltung des alten Umwandlungssteuerrechts, das dem Konzept der einbringungsgeborenen Anteile folgte, hätte ich sofort verstanden, wo die Besteuerungslücke liegt. Nach diesem Konzept sollten die stillen Reserven vollumfänglich beim Einbringenden in den Anteilen gesichert haben. Diese Besteuerung wäre beim ausländischen Anteilseigner in einem DBA-Fall bei Veräußerung der gewährten Anteile nicht mehr gesichert. Seit dem SEStEG 2006 verfolgt das UmwStG meines Erachtens aber ein anderes Konzept. Die stillen Reserven sollen gerade auf Ebene der übernehmenden GmbH gesichert bleiben, was durch § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UmwStG auch zum Ausdruck gebracht wird. Beim Anteilseigner gelten dann – jenseits der zeitlich limitierten Missbrauchsregeln zum sog. Einbringungsgewinn I – die allgemeinen Regeln des deutschen Körperschaftsteuersystems, das in DBA-Fällen grundsätzlich vorsieht, den Gewinn des ausländischen Anteilseigners aus der Veräußerung seiner inländischen Kapitalgesellschaft steuerlich nicht zu erfassen. Ich frage mich also, warum hier gerade in Folge einer Einbringung eine Besteuerungslücke entstehen soll. Der einzige Aspekt, der mir einfällt, wäre, dass es vor der Umwandlung zu einer „vollen“ Besteuerung der stillen Reserven nach EStG gekommen wäre. Nach der Umwandlung bleiben die stillen Reserven nur bei der GmbH verstrickt, unterliegen dort allerdings – meines Erachtens aber systematisch durchaus folgerichtig – nur dem niedrigeren Körperschaftsteuersatz. Sehen Sie also im niedrigeren Körperschaftsteuersteuersatz die Besteuerungslücke, aus der folgt, dass noch eine „Entstrickungsbesteuerung“ beim im Ausland ansässigen Anteilseigner nach dem Teileinkünfteverfahren erfolgen müsste? Habe ich Sie da richtig verstanden? Andreas Benecke, Berlin Vielleicht die letzte Frage, weil sie gerade frisch ist. Das Problem ist natürlich bei Kapitalgesellschaften weniger virulent, weil da wären ja Veräußerungsgewinn, Besteuerung mit Ausnahme 5 % steuerfrei. Aber man sieht an einigen Fällen in der Praxis, auch 5 % sind ab einer gewissen Größenordnung von Relevanz. Dennoch fokussiert sich das Problem auf natürliche Personen in der Tat. Wir haben eine Verdoppelung der stillen Reserven und wir wollen auch eine Doppelverhaftung der stillen Reserven. Das sind alte Einbringungsgrundsätze und die hatte man nur auf-
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Diskussion – zu Schön und Benecke
grund der Vorgaben der Fusionsrichtlinie für EU-EWR-Einbringungen abgeschwächt und jetzt ist genau zu Ihrer Frage: Wir hatten einen Prüfauftrag des Landes NRW. Das neue SEStEG-Konzept der gestaffelten Besteuerung der Einbringungsgewinne bei Zulassung der Steuerneutralität auch für Einbringungen, bei denen Deutschland für die erhaltenen Anteile nicht das Besteuerungsrecht hat, führt zu einer Wegzugsprämie oder Entstrickungslücke. Und wie es mit Prüfaufträgen so ist: Wir prüfen. Wir hatten aber mit Blick auf die Vorgaben der Fusionsrichtlinie keine schnelle Lösung dieses Problems parat. Und dann hatten wir natürlich auch noch andere Themen beim SEStEG (z.B. Verlustuntergang bei Umwandlung von Körperschaften etc.). Aber 13 Jahre später haben wir im BMF auch dazugelernt. Die Rechtsprechung des EuGH hat sich fortentwickelt und wir hätten möglicherweise Werkzeuge, um genau diesen zu entgegnen, dieser, aus Ihrer Sicht vielleicht vermeintlichen Entstrickungslücke. Aber Sie haben ja gesehen, dass genau Wegzugsgestaltungen darauf aufsetzen und insofern ist das auch bis jetzt im EU-EWR-Raum nicht zufriedenstellend gelöst aus unserer Sicht. Last but not least bestätigen aber § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b UmwStG und § 50i Abs. 2 EStG, dass der Gesetzgeber eigentlich an dem Grundsatz der Doppelverhaftung stiller Reserven festhalten möchte. Danke sehr. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München Ja, Herr Desens, das ist ein echtes Problem mit der automatischen Zuordnung von Wirtschaftsgütern an die Zentralfunktion. Meines Erachtens muss man das mal ganz neu durchdenken. Das konnte ich jetzt in diesem Zusammenhang nicht tun. Richtig ist zunächst mal: Wir müssen sauber die Stichtage bzw. die Ereignisse voneinander trennen. Das ist schon deshalb bedeutsam, weil Umwandlungen ja typischerweise rückdatiert werden und der Stichtag der Rückdatierung ist dann immer ein anderer Zeitpunkt als der, zu dem tatsächlich Geschäftsleitungsfunktionen übergehen können und damit auch Beteiligungen verlagert werden können. Deswegen ist die analytische Sauberkeit ja so wichtig. Ob der AOA hier etwas ändert (auch das wird ja im Schrifttum diskutiert), dass man nämlich die Betriebsstätte wie eine Tochtergesellschaft denken muss mit der weiteren Folge, dass die Betriebsstätte ihre eigene Zentralfunktion hat, das wäre noch ein weiterer Schritt.
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Diskussion – zu Schön und Benecke
Andreas Benecke, Berlin Danke sehr. Dürfte ich nur eine Anmerkung machen zu Ihrem Fall 1, Herr Professor Schön? Der Fall, der so harmlos daherkommt, da wird ein Wirtschaftsgut in eine Nicht-DBA-Betriebsstätte überführt. Und jetzt unterhalten wir uns mal nicht über Vollzugsdefizite. Ich will nur nicht, dass sich da etwas verfestigt. Wir haben auch zu § 6 AStG gerade Verfahren beim BFH anhängig, wo sie de facto sagen: Wir haben gar keine Entstrickung. Was passiert aber da? Wir haben hier eine unilaterale Anrechnungsverpflichtung und was der Gesetzgeber bislang noch nicht so richtig gelöst hat, ist ein System der Anrechnung in § 26 KStG. Denn es stellt sich letztendlich die Frage: Wie hoch rechnen wir später denn die ausländische Steuer betreffend stiller Reserven an, die in einer inländischen Betriebsstätte entstanden sind? Was sind die Rechtsfolgen aufgrund der fiktiven Entnahme? Sie haben Step-up, den würden Sie grundsätzlich sofort versteuern. Vielleicht würden wir einen § 4g Ausgleichsposten haben. Das ist jetzt hier aber nicht von Relevanz, weil wir einen Nicht-DBA-Fall haben. Sie bekommen aber dennoch erhöhte AfA über die Anrechnung der Betriebsstätte ins Inland rein mit der Folge, dass Ihre ausländischen Einkünfte gemindert werden. Sie haben somit weniger Anrechnungspotential. Das wäre so ein Trigger, dass man eine zutreffende ausländische Steuer anrechnet. Aber möglicherweise könnte man das System auch außerhalb des Festsetzungsverfahrens lösen, nämlich für Zwecke des § 26 KStG in einer Schattenrechnung. Das bedürfte zwar keiner Entstrickung, ist aber auch nicht minder komplex. Danke. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München Das setzt voraus, dass es sich überhaupt um ausländische Einkünfte i.S.d. §§ 34c, 34d EStG handelt. Und das ist bei den Altreserven nach Ansicht des BFH so nicht gegeben. Das leuchtet mir auch ein. Andreas Benecke, Berlin Gut, o.k. Der BFH hat aber ein Besteuerungsrecht losgelöst von der physischen Präsenz statuiert. Das lernen wir jetzt erst in der digitalen Besteuerung. Also wir hätten dann hinsichtlich der Afa nach Entstrickung doch entsprechende ausländische Einkünfte. Deswegen sollte sich auch das Anrechnungspotential infolge der Afa mindern.
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Diskussion – zu Schön und Benecke
Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, München Lieber Herr Hufeld, vielen Dank für die souveräne Tagungsleitung. Den beiden Referenten unser herzlicher Dank für die äußerst anregenden Referate, über die wir noch sicherlich länger diskutieren könnten, aber das plan- und programmmäßige Ende der Tagung liegt schon hinter uns. Darum möchte ich jetzt zum Abschluss auch nicht mehr über Umstrukturierungen im Steuerrecht sprechen, sondern über Umstrukturierungen unserer Steuerjuristischen Gesellschaft. Denn bereits am Sonntagabend kam es zu einer Verschmelzung der Mitglieder und der Begleitpersonen im Hafen zu dieser Tagungsgruppe. Gestern Abend im Rathaus wurden dann leider die Begleitpersonen ausgegliedert. Heute mussten wir auch schon feststellen, dass es zu einigen Abspaltungen gekommen ist, bevor es jetzt zur Realteilung kommt, und zwar unter Mitnahme der stillen Reserven. Jeder von Ihnen nimmt sicherlich einen steuerjuristischen Mehrwert aus dieser Tagung mit nach Hause. Er ist im nächsten Jahr im roten Band nachzulesen, den Herr Kollege Hennrichs dankenswerterweise herausgeben wird. Darum möchte ich diese Veranstaltung an dieser Stelle schließen, mich bei den örtlichen Hilfskräften und bei allen, die zum Gelingen dieser Tagung beigetragen haben, herzlich bedanken. Ich würde mich freuen, Sie im nächsten Jahr in Augsburg wiederzusehen, und wünsche allen eine gute Heimreise.
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Resümee Prof. Dr. Joachim Hennrichs Universität zu Köln
I. Umwandlungssteuerrecht – ein Thema auch für die DStJG!
II. Anregende Vorträge spannen einen breiten Bogen III. Ausblick
I. Umwandlungssteuerrecht – ein Thema auch für die DStJG! Das Umwandlungssteuerrecht gilt gemeinhin als Praktikermaterie. In der steuerjuristischen Forschung und Lehre kommt es allenfalls am Rande und in ausgewählten Einzelaspekten vor. Immerhin einige Vorschriften des EStG, die sich materiell dem Umwandlungssteuerrecht zuordnen lassen (namentlich § 6 Abs. 5 EStG, die Vorschriften zur Realteilung u.a.), erfahren breitere Aufmerksamkeit und werden auch in der steuerlichen universitären Lehre behandelt. Um das UmwStG selbst machen dagegen sowohl Hochschullehrer als auch Studenten des Steuerrechts meist eher einen Bogen. Letzteres ist nicht verwunderlich, denn wer sollte in Studenten die Begeisterung für das UmwStG entfachen, wenn nicht die Hochschullehrer? Dabei hat die Materie eine kaum zu überschätzende praktische Bedeutung. Umstrukturierungen gehören zum Alltag der Unternehmen. Deren Steuerfolgen sind dabei naturgemäß von besonderer Wichtigkeit. Nachteilige Steuerfolgen können als „Deal Breaker“ wirken und also Umstrukturierungsüberlegungen entweder ganz verhindern oder doch jedenfalls in andere Bahnen lenken. Praktische Relevanz und wissenschaftliche Durchdringung des Umwandlungssteuerrechts gehen mithin nicht im Gleichschritt, vielmehr sprintet Erstere voran, während Letztere sich behaglich zurückhält und sich eher anderen Aspekten des Steuerrechts zuwendet. Dieser Zustand ist in mehrfacher Hinsicht bedauerlich. Zum einen entgeht der Steuerrechtswissenschaft ein spannendes Feld für lohnende Forschungen. Zum anderen leidet aber auch die Praxis des Umwand-
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Hennrichs – Resümee
lungssteuerrechts unter der mangelnden wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Statt ordnende und Rechtssicherheit gewährleistende dogmatische Grundlinien vorzufinden, sieht sich die Praxis mit einer verwirrenden Unordnung von umwandlungssteuerlichen Einzelregelungen und Einzelfallentscheidungen konfrontiert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung tut zwar wie gewohnt ihr Bestes, um die Dinge handhabbar und folgerichtig zu halten, aber das gelingt ohne gründliches wissenschaftliches Fundament ebenfalls nicht durchgängig. So wirken die Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts und die Rechtsanwendung dieser Vorschriften oft prinzipienlos, Differenzierungen sind wenig einsichtig und mitunter auch regelrecht wertungswidersprüchlich – an sich ein grober Vorwurf an ein Teilrechtsgebiet. Es ist daher außerordentlich verdienstvoll, dass sich die Steuerjuristische Gesellschaft des Themas „Umstrukturierungen und Steuerrecht“ auf ihrer Tagung 2019 in Hamburg angenommen hat. Die Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft ist eine Gemeinschaft, in der Steuerwissenschaft und Steuerpraxis aufs Vortrefflichste vereint sind. Tagungen der Gesellschaft sind üblicherweise intellektuell anspruchsvolle und gewinnbringende Veranstaltungen. Auch die Tagung 2019 hat diesbezüglich nicht enttäuscht, sondern war ein weiteres Highlight der Jahrestagungen der Gesellschaft.
II. Anregende Vorträge spannen einen breiten Bogen Der Reigen der vortrefflichen, anregenden Vorträge wurde eröffnet von Pohl und Kraft, die uns die Anlässe und ökonomischen Grundlagen von Umstrukturierungen in Erinnerung gerufen haben. Pohl gab zunächst einen Überblick über den handels- und steuerrechtlichen Rechtsrahmen von Umstrukturierungen und skizzierte Parameter des Entscheidungsprozesses. Hierbei zeigte er auf, wie Steuern mal als Treiber und mal als Bremse für Umwandlungen wirken. Sodann ging er auf ausgewählte Anlässe für Umwandlungen ein. Dabei hob er zu Recht hervor, dass das UmwStG Umwandlungen ungeachtet ihrer betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit erfasst. Insbesondere kann die Anwendung der Buchwertverknüpfung nach dem UmwStG nicht mit dem Argument versagt werden, eine Umwandlung sei ökonomisch nicht sinnvoll. Die betriebswirtschaftliche Angemessenheit einer Transaktion zu beurteilen, ist im Verfassungsstaat des GG nicht Sache des Fiskus. Auch sonst betreibt das UmwStG keine Motivbewertung und erfasst auch Umstrukturierungen zur Vermeidung der Mitbestimmung oder aus steuerlichen Moti-
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Hennrichs – Resümee
ven (z.B. zur Verlustverwertung). Pohl resümiert zu Recht: „Es herrscht Rechtsformwahlfreiheit bei Gründung und diese muss auch gewährleistet sein, wenn das bestehende rechtliche Instrumentarium für Umstrukturierungen genutzt wird.“ Dem kann man nur beipflichten. Kraft behandelte sodann die ökonomischen Grundlagen von Umstrukturierungen. Hierbei ging er ebenfalls auf Umwandlungsmotive ein, wobei er meinte, „valide“ und „dubiose“ identifizieren zu können. Seine Ausführungen zu „Defizite[n] (‚fallacies‘) der ökonomischen Theorie im Hinblick auf die Erklärung von Unternehmensumstrukturierungen“ und zu ökonomischen Erklärungsansätzen für Umstrukturierungen waren für die juristischen Teilnehmer der Tagung eher schwer verdaulich. Interessant fand ich persönlich aber besonders seine Ausführungen zur Nettobarwertmaximierung als Strategievorgabe für das Management und die Versuche, die Erfolge (und häufig: Misserfolge) von Umstrukturierungen zu messen. Interessanterweise sind de-mergers offenbar erfolgreicher als mergers, wenngleich Kraft konzediert, dass die Forschungsergebnisse der BWL zur Messung des Erfolgs von Umstrukturierungen „eher als heterogen zu beurteilen sind“ – eine schöne Umschreibung für die Aussage: „Genau wissen wir es nicht!“. Der nächste Block mit Referaten von Desens und mir selbst widmete sich den verfassungsrechtlichen Grundlagen und den Grundprinzipien des Umwandlungssteuerrechts, insbesondere der Dogmatik der ertragsteuerlichen Neutralität von Umstrukturierungen. Die Choreographie der Tagung erwies sich dabei insofern als ausgesprochen glücklich, als Marc Desens und ich in einigen grundlegenden Punkten ganz unterschiedlicher Auffassung sind, was den Diskurs naturgemäß befeuerte. Desens meint z.B., stille Reserven seien latent bereits besteuerungswürdiges Einkommen, weshalb dogmatisch die Gewinnrealisierung bei Umwandlungen die zutreffende Regel und die Möglichkeit der Buchwertverknüpfung die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme sei. Ich bin demgegenüber davon überzeugt, dass es sich genau umgekehrt verhält: Stille Reserven sind noch kein Einkommen. Aus dem Individualsteuerprinzip folgt entgegen der h.M. nichts anderes, weil es nur die individuelle Zuordnung des zu versteuernden Einkommens betrifft, wozu stille Reserven noch nicht zählen. Nach meinem Grundverständnis sind Umwandlungen deshalb keine gewinnrealisierenden Vorgänge, sondern einkommensneutrale Organisationsakte. Die sachgerechte Regel sollte die Buchwertverknüpfung sein, und die umwandlungsbedingte Gewinnrealisierung die legitimationsbedürftige Ausnahme. Erwartungsgemäß wollte von die-
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Hennrichs – Resümee
ser meiner These, die sich ganz gegen das landläufige Verständnis stellt, kaum ein anderer Referent etwas wissen. Alle nachfolgenden Vortragenden gingen wie selbstverständlich von dem herkömmlichen (Fehl-)Verständnis aus, dass Umstrukturierungen tauschähnliche und deshalb gewinnrealisierende Vorgänge seien. Desens und ich behandelten natürlich noch eine ganze Reihe anderer spannender Grundfragen. Umfangreiche Manuskripte laden zum Lesen ein. Auch die Diskussion im Anschluss an unser beider Referate war erfreulich lebendig. Insgesamt also ein gelungener Vormittag. Nach diesem eher den Grundlagen gewidmeten Einstieg folgten dann am Nachmittag des ersten Tagungstages Vorträge zu ausgewählten Aspekten der Umstrukturierungen bei Personengesellschaften (Wendt), bei Kapitalgesellschaften (Herlinghaus) und bei Umwandlungen von Personen- in Kapitalgesellschaften und umgekehrt (Beinert). Zu Wort kamen erfahrene BFH-Richter und eine Beraterin. Das Thema Umstrukturierungen bei Personengesellschaften lag in den bewährten Händen von Michael Wendt. Er bereicherte die Tagung mit einem ganzen Feuerwerk von Know-how-Transfer zu Themen der Mitunternehmerbesteuerung. Im Zentrum standen Fragen des § 6 Abs. 5 EStG, wobei er Transfers von Einzelwirtschaftsgütern ohne Rechtsträgerwechsel (Überführung) und solche mit Rechtsträgerwechsel (Übertragung) unterschied und gewohnt anschaulich diverse Fallgruppen auffächerte. Es folgten Ausführungen zum Transfer von Sachgesamtheiten (insbesondere § 6 Abs. 3 EStG), zu entgeltlichen Vermögenstransfers, zum Ein- und Austritt von Gesellschaftern u.a.m. Auf insgesamt 84 lesenswerten Seiten gibt Wendt einen, wie er selbst formuliert, „kleinen Überblick“ über ertragsteuerliche Aspekte im Zusammenhang mit Umstrukturierungen bei Personengesellschaften und über die unterschiedlichen Rechtsfolgen. Allein dieser Umstand – 84 Druckseiten für einen „kleinen Überblick“ – legt beredtes Zeugnis vom Zustand des Umwandlungssteuerrechts bei Mitunternehmerschaften ab. Wohl dem, der in diesem Dschungel gut (und wahrscheinlich teuer) beraten ist! Wehe dem, der versucht, sich selbst zurechtzufinden. Zwischen den Lehrbuchinhalten vom steuerrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und der realen Welt des Umstrukturierungssteuerrechts bei Mitunternehmerschaften klaffen jedenfalls Welten! Wendt selbst konstatiert denn auch eben dies und mahnt – zu Recht – eine Vereinfachung an. Diese sollte freilich, auch darin stimme ich Michael Wendt zu, an der Ursache und damit bei dem komplexen System der Mitunternehmerbesteuerung ansetzen. Eine Abschaffung der Figur des Son-
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derbetriebsvermögens wäre ein guter Anfang, noch besser eine Aufgabe des Transparenzprinzips. Stoff für eine neue Tagung, zu der wir definitiv wieder Michael Wendt als Referenten einladen sollten! Das anschließende Referat von Herlinghaus befasste sich mit den Umwandlungen bei Kapitalgesellschaften, also mit §§ 11 ff., 15 und 20, 21 UmwStG. Auch er beleuchtete anschaulich die zahlreichen Details und Feinheiten sowie Fallstricke mit großer Sachkenntnis. Für das Umwandlungssteuerrecht gilt wohl ganz besonders das allgemeine Bonbon, dass „der Teufel im Detail steckt“, wie auch Herlinghaus findet. Dass die Rechtsprechung grobe Widersprüche korrigiert und die Unternehmenspraxis (z.T. schmerzhaft) gelernt hat, mit den gesetzlichen Vorgaben umzugehen, ist aus dogmatischer Sicht ein schwacher Trost. Dogmatisch steht Herlinghaus ganz auf dem Boden der Tradition, die meint, Umwandlungen seien besteuerungswürdige Vorgänge (was sie nicht sind, s.o.). Richtig ist sicher, dass diese Sichtweise dem UmwStG de lege lata zugrunde liegt. Aber die rechtspolitische Würdigung sollte dabei nicht stehenbleiben. De lege ferenda sind die vielen „Unwuchten“, die Herlinghaus selbst beschreibt und die die Rechtsprechung „korrigieren“ musste, gerade nicht überzeugend. Seine Einschätzung, es bestehe kein grundlegender Reformbedarf für eine größere Umgestaltung des UmwStG, teile ich deshalb ganz und gar nicht. Stefanie Beinert erörterte die Feinheiten von Umwandlungen zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Zivilrechtlich ist das eigentlich ein ganz einfacher Vorgang, nämlich ein Formwechsel, bei dem die rechtliche Identität und Kontinuität des Rechtsträgers erhalten bleibt. Steuerrechtlich mutiert diese vergleichsweise einfache Transaktion demgegenüber zu einem komplizierten Wechsel des Steuerregimes, weil nach geltendem Steuerrecht Personengesellschaften nun einmal ganz anders als Kapitalgesellschaften besteuert werden. Der (aus meiner Sicht überholte) Dualismus der Unternehmensbesteuerung beschert uns an dieser Stelle allerlei Folgeprobleme im UmwStG. Beinert stellt all das kenntnisreich vor. Der Beitrag ist nicht leicht zu lesen. Erfreulicherweise hinterfragt sie aber bei aller Liebe für die Details auch die herkömmliche Dogmatik. In solchen Umstrukturierungen tauschähnliche Vorgänge zu sehen, ist in der Tat nicht über jeden Zweifel erhaben. Gerade die zivilrechtliche Dogmatik des Formwechsels bietet Anlass, über die Besteuerungswürdigkeit dieses Vorgangs im Besonderen wie überhaupt der Umwandlungen im Allgemeinen neu nachzudenken.
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Mit der traditionellen Verleihung des jährlichen vergebenen Albert-Hensel-Preises, der Mitgliederversammlung und einem anschließenden Besuch im beeindruckenden Hamburger Rathaus endete ein anregender erster Tagungstag. Das Eingangsreferat des zweiten Tages von Erik Röder war dem wichtigen Thema der Verlustnutzung bei Umstrukturierungen gewidmet. Da die wirtschaftliche Kontinuität der beteiligten Unternehmen bei Umwandlungen eigentlich erhalten bleibt – sie wechseln entweder nur ihr Rechtskleid (Formwechsel) oder setzen sich in den übernehmenden Rechtsträgern fort (so bei Fusion und Spaltung) – wäre auf den ersten Blick eigentlich auch eine Verlustkontinuität sachgerecht. Auf brüchigem dogmatischem Grund sieht das geltende UmwStG das anders und ordnet in vielen Fällen einen steuerlichen „Verlust des Verlustes“ an, was Röder zu Recht hinterfragt. Überzeugend moniert er zahlreiche Inkonsistenzen sowie die unnötig restriktive Haltung des geltenden Rechts und mahnt eine Liberalisierung der Verlustnutzungsmöglichkeiten bei Umwandlungen an. Auf dem Boden meines dogmatischen Grundverständnisses, wonach Umwandlungen in Wahrheit ertragsteuerneutrale Organisationsakte sind (und als solche beurteilt werden sollten), kann ich dem nur zustimmen. Aber auch wer das anders sieht, findet in dem lesenswerten Beitrag von Röder einen Leckerbissen der Tagung. Cornelius Link erörterte sodann Aspekte der Missbrauchsabwehr bei Umstrukturierungen. Die Sorge vor missbräuchlichen Gestaltungen veranlasst den Gesetzgeber bekanntlich zu besonderen Missbrauchsvermeidungsvorschriften im UmwStG selbst. Insbesondere verschiedene Sperrfristregelungen stellen die Beteiligten vor Herausforderungen. Daneben aktiviert die Finanzverwaltung auch bei Umwandlungen mitunter die „Mutter aller Generalnormen“, nämlich § 42 AO. All das ist wenig überzeugend. Dennoch lohnt es zu wissen, wie der Stand der Dinge ist. Link fasst die Praxis gründlich zusammen. Daniela Hohenwarter-Mayr bereicherte die bis dahin recht deutsche Sicht auf das Thema durch einen rechtsvergleichenden Blick über den Zaun zu unserem Nachbarland Österreich. Das österreichische Umgründungssteuergesetz (öUmgrStG), wie es dort heißt, geht teils andere Wege als unser UmwStG und könnte einem deutschen Reformgesetzgeber verschiedentlich durchaus Impulse geben und als Vorbild dienen. Insbesondere die Möglichkeiten zur Verlustnutzung sind nach öUmgrStG großzügiger als nach deutschem Recht. Auch ist nach österreichischem Recht, dogmatisch m.E. überzeugend, die Buchwertverknüpfung bei Um-
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wandlungen die Regel und gibt es keinen Ansatz von Zwischenwerten. Wer wissen will, wie es die Nachbarn machen, findet bei HohenwarterMayr auf ausführlichen 91 Buchseiten jedenfalls reichhaltige Informationen. Wer noch tiefer einsteigen möchte, kann ergänzend zur gut 1.200 Seiten umfassenden Habilitationsschrift der Wissenschaftlerin greifen (Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, Wien 2019). Die zweite Hälfte des Vormittags des zweiten Tagungstages waren sodann den Steuerfolgen von Umwandlungen im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer (Matthias Loose) und dem Verfahrensrecht (Achim Dannecker) gewidmet. Die potentielle Belastung mit Grunderwerbsteuer stellt in vielen Fällen bekanntlich ein Umwandlungshindernis dar. Die Vorschrift des § 6a GrEStG über Umwandlungen innerhalb von Konzernen soll hier Abhilfe schaffen, ist aber mit allerlei Auslegungsunsicherheiten behaftet. Erfreulicherweise hatte der BFH zwischenzeitlich Gelegenheit, die Zweifelsfragen weitgehend zu klären. Loose stellt das anschaulich und ausführlich dar. Ob die Finanzverwaltung die neue Rechtsprechung akzeptieren oder mit dem Vorschlag für ein neues „Nichtanwendungsgesetz“ reagieren wird, bleibt abzuwarten. Verfahrensrechtlich steht vor allem das Instrument der verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) im Zentrum des Interesses der Praxis. Dannecker erarbeitet hierzu auf der Grundlage umfassender praktischer Erfahrungen lesenswerte Verbesserungsvorschläge an den Gesetzgeber. Zwei Vorträge zu internationalen Aspekten rundeten die Tagung gelungen ab. Wolfgang Schön behandelte die Probleme bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen, einschließlich des EU-Rechts. Insbesondere Verlagerungen von Betriebsvermögen und Wegzug von Steuerpflichtigen rufen den Fiskus auf den Plan, der um sein Steueraufkommen fürchtet. Die einschlägigen Vorschriften und Fallstricke stellt Schön in gewohnt souveräner und lockerer Art anschaulich vor. Seine rechtspolitische Würdigung ist allerdings ernüchternd: „Die Rechtslage zur grenzüberschreitenden Umstrukturierung im deutschen, europäischen und internationalen Steuerrecht erscheint gleichermaßen gefestigt und unbefriedigend.“ Von einer Öffnung der Steuergrenzen zwischen den Mitgliedstaaten der EU kann keine Rede sein. Stattdessen folgt auch die EU dem „Megatrend“ der „Renationalisierung“, ein Trend, den man mit Wolfgang Schön nur mit Sorge betrachten kann. Andreas Benecke ergänzt in seinem Beitrag schließlich noch Aspekte ausländischer Umstrukturierungen mit Inlandsbezug. Er beschäftigt sich u.a. mit der Besteuerung einer Einlagenrückgewähr von Drittstaatenge-
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sellschaften de lege ferenda und plädiert für eine Neuausrichtung des deutschen Umwandlungssteuerrechts hin zu einem global ausgerichteten Umwandlungssteuerrecht.
III. Ausblick Insgesamt bot die Tagung den Teilnehmern ein breites Programm spannender Themen mit hochkarätigen Referenten. Die anregenden Vorträge und lebhaften Diskussionen spannten einen breiten Bogen von Grundsatzthemen über inländische Detailfragen bis hin zu rechtsvergleichenden und internationalen Aspekten. Nach meinem Eindruck ging jeder Teilnehmer intellektuell bereichert nach Hause. Ich verbinde mein Resümee mit der Hoffnung, dass vielleicht einige junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, deren Förderung der DStJG seit jeher besonders am Herzen liegt, angeregt wurden, sich mit diesem interessanten und wichtigen Teilgebiet der Steuerrechtsordnung eingehender zu beschäftigen. Auch jenseits des Steuerverfassungsrechts warten spannende und lohnende Steuerrechtsfragen auf eine wissenschaftliche Bearbeitung! Eine weitere dogmatische Durchdringung des Umstrukturierungssteuerrechts wäre allemal wünschenswert. Jedenfalls hat die DStJG mit der Jahrestagung 2019 einmal mehr bewiesen, dass sie mit ihrer Themen- und Referentenauswahl Maßstäbe setzt. Zu Recht trifft sich das Who-is-who des Steuerrechts alljährlich gern zu den DStJG-Tagungen. Auch wenn die Gesellschaft in 2020 wegen der Corona-Pandemie unfreiwillig eine Pause einlegen muss, so freuen wir uns umso mehr auf eine Fortsetzung hoffentlich in 2021!
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Laudatio aus Anlass der Verleihung des Albert-Hensel-Preises 2019 an Frau Iris Schomäcker
Prof. Dr. Joachim Englisch Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Die Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft zeichnet die rechtsvergleichende Arbeit von Frau Iris Schomäcker zum Thema „Steuerverfassungsrecht und gesetzgeberischer Gestaltungsraum“ mit dem diesjährigen Albert-Hensel-Preis aus. Die von Kollegen Hanno Kube betreute und von ihm sowie vom Zweitgutachter jeweils mit summa cum laude bewertete Schrift widmet sich einer für das Selbstverständnis unserer Disziplin zentralen Fragestellung, die auch auf den Tagungen unserer Gesellschaft seit jeher breiten Raum einnimmt: In welchem Ausmaß soll beziehungsweise darf das BVerfG seine Kontrolle auf dem Gebiet der Besteuerung ausüben? Ist es zu begrüßen, dass das Gericht seine anfängliche Zurückhaltung vor allem bezüglich der Entfaltung von gleichheits- und freiheitsrechtlichen Vorgaben an die Ausgestaltung der Steuergesetze abgelegt hat und im weltweiten Vergleich strikte verfassungsrechtliche Kontrollmaßstäbe angelegt? Oder ist eine zunehmende Konstitutionalisierung des Steuerrechts zu beklagen, die gesetzgeberische Handlungsspielräume über Gebühr einengt und zu bedenklichen Verschiebungen im Gewaltenteilungsgefüge führt? Der wissenschaftliche Streit um diese Frage rührt an Grundfragen des Rechtsstaatsverständnisses im demokratischen Gemeinwesen; er wird seit langem und mit Verve geführt. Frau Schomäcker nähert sich in ihrer Dissertationsschrift dieser Auseinandersetzung aus einer frischen und überaus erhellenden Perspektive an: Sie stellt einen Rechtsvergleich mit der Rechtsprechung des US-amerikanischen Supreme Court an. Als Referenzgebiet wählt sie dabei die verfassungsrechtliche Kontrolle des Einkommensteuerrechts und die darauf bezogene Judikatur. Schon dieser konzeptionelle Ansatz der Arbeit verdient besondere Anerkennung, erlaubt er doch einen aussagekräftigen funktionellen Rechtsvergleich. Denn wie Frau Schomäcker zutreffend erkannt und in ihrer Bearbeitung auch eingehend dargelegt hat, bestehen einerseits erhebliche strukturelle Gemeinsamkeiten sowohl zwischen
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den materiell-verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen als auch hinsichtlich der einkommensteuerlichen Systematik in beiden Ländern. Andererseits praktiziert der US-amerikanische Supreme Court bei der verfassungsrechtlichen Kontrolle gerade in Einkommensteuersachen einen judicial restraint, der in erheblichem Gegensatz zur eher interventionistischen Linie des deutschen BVerfG steht. Vor dieser Kontrastfolie gelingt es Iris Schomäcker kenntnisreich und pointiert, die Stärken und Schwächen der in Deutschland zu verzeichnenden Entwicklung vergleichend auszuleuchten und damit den Horizont der hiesigen Debatte erheblich zu erweitern. Iris Schomäcker hat die Gliederung ihrer Arbeit konsequent am wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse ausgerichtet. Der erste Teil bietet einen knapp gehaltenen, aber gleichwohl vollständigen und fokussierten Überblick über die Grundprinzipien des deutschen Einkommensteuerrechts und seinen verfassungsrechtlichen Überbau. Im Vordergrund steht dabei zutreffend die Analyse der Rechtsprechung des BVerfG und ihrer jahrzehntelangen Genese. Es folgt der rechtsvergleichende Teil zur Rechtslage in den USA und insbesondere zum „case law“ des US-Supreme Court. Hier setzt die Autorin erste Glanzlichter: Nicht nur ermöglicht die stringent durchgehaltene Parallel-Struktur zum ersten Teil dem Leser stets die rasche vergleichende Einordnung der jeweils erörterten Aspekte und Problemstellungen. Frau Schomäcker leistet auch und vor allem eine überaus gründliche, nahezu ausschließlich auf eine Vielzahl von Primärquellen gestützte Aufarbeitung des US-amerikanischen Steuerverfassungsrechts. Das Niveau der Darstellung und ihrer Analyse bewegt sich ohne weiteres auf der Höhe der – wenn auch eher wenigen – US-amerikanischen Literatur zu diesem Themenfeld und ist damit erst recht von großem Erkenntniswert für die deutsche Steuerrechtswissenschaft. Gleichsam „en passant“ wird der deutsche Leser außerdem gut nachvollziehbar und mit großer systematischer Klarheit in die Strukturen des US-amerikanischen Einkommensteuerrechts eingeführt. Das Herzstück der Arbeit bildet der dritte, im eigentlichen Sinne rechtsvergleichend würdigende Teil der Arbeit. Frau Schomäcker stellt hier zunächst explizit die zuvor herausgearbeiteten Unterschiede zwischen beiden Rechtsordnungen heraus. Besonders augenfällig und dementsprechend hervorgehoben ist der Kontrast hinsichtlich der Entfaltung der Grundrechte auf dem Gebiet des Steuerrechts – hier ist die Judikatur des Supreme Court besonders zurückhaltend. Erhebliche Unterschiede kon-
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statiert die Verfasserin aber beispielsweise auch hinsichtlich der Effektuierung des rechtsstaatlichen Verbots rückwirkender Gesetzgebung. Die Bearbeitung belässt es im dritten Teil indes nicht bei diesem Befund, sondern bietet hierfür auch eine interdisziplinäre Ursachenanalyse. Iris Schomäcker untersucht insbesondere das Fortwirken unterschiedlicher rechtsstaatlicher Traditionen, in denen BVerfG einerseits und US-Supreme Court andererseits stehen. In Deutschland dominiert basierend auf dem Grundrechtekatalog und vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen, aus denen das Grundgesetz erwachsen ist, ein stark materiellrechtliches Gerechtigkeitsverständnis. Selbiges ist vom BVerfG nach anfänglichem Zögern auch im Steuerrecht zur Geltung gebracht worden. In den USA betonen der Supreme Court und prominente Verfassungsrichter hingegen jenseits des Minderheitenschutzes stärker die „parlamentary sovereignty“ und setzen daher stärkere Akzente auf die verfassungsrechtliche Absicherung eines fairen demokratischen Verfahrens. Daneben macht Iris Schomäcker – neben den abweichenden rechtsmethodischen Ansätzen des common law – überzeugend auch unterschiedliche verfassungsprozessuale Rahmenbedingungen als einen Grund für den größeren judicial restraint des Supreme Court in Steuersachen aus: Dieser hat sich die Möglichkeit eines judicial review auch von Parlamentsgesetzen erst im Wege richterlicher Rechtsfortbildung selbst schaffen müssen. Der Supreme Court zeigt sich daher in größerem Maße empfänglich für Kritik an vermeintlicher richterlicher Kompetenzanmaßung in einer Kernmaterie parlamentarischer Verantwortung als dies beim BVerfG der Fall ist, das sich auf eine eindeutige verfassungsrechtliche Legitimationsgrundlage stützen kann. Das Fehlen einer abstrakten Normenkontrolle und das Auswahlermessen des Supreme Court erlauben diesem zudem, sich einem solchen Konflikt auch schon von vornherein weitgehend zu entziehen, indem Steuergesetze keiner verfassungsrechtlichen Prüfung zugeführt werden. Die Analyse der Verfasserin endet mit einem Ausflug in die rechtsphilosophische Strömung des Rechtsrealismus, aus der heraus sie zusätzliche Erklärungen aus breiteren historischen Rahmenbedingungen der Verfassungsrechtsprechung in den USA anbietet. Hier wäre stellenweise eine noch stärkere empirische Fundierung wünschenswert gewesen; es böte sich womöglich an, an dieser Stelle mit einem weiterführenden Forschungsprojekt anzusetzen. Abschließend bezieht Frau Schomäcker eindeutig Position zu der von ihr aufgeworfenen Forschungsfrage: Sie bescheinigt dem deutschen BVerfG im Vergleich eine im Großen und Ganzen angemessene Kontrolldichte
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auf dem Gebiet des Steuerrechts, die sich gleichheits- und freiheitsschützend vor den Bürger stellt und nicht blind auf den politischen Prozess vertraut. Damit – so Frau Schomäcker – leistet das BVerfG zugleich einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer in sich schlüssigen Dogmatik des Steuerrechts. Nicht zuletzt hält die Dissertation von Frau Schomäcker eine weitere wichtige Erkenntnis bereit: Eine hervorragende Doktorschrift auf dem komplexen Gebiet des Steuerrechts kann ohne weiteres vierhundert, fünfhundert oder auch mehr Seiten füllen. Sie muss es aber nicht. Wegweisende Forschung im Steuerrecht kommt selbstverständlich nicht ohne gründliche Fundierung aus; und das heißt in einer vornehmlich rechtsdogmatisch angelegten Bearbeitung, nicht ohne umfassende Auswertung und Analyse der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung. All dies leistet selbstverständlich auch die Arbeit von Frau Schomäcker lege artis. Allein deshalb aber ragt eine Arbeit noch nicht aus dem Feld anderer, insoweit ebenfalls überzeugender Werke heraus. Es sind vor allem der Mut, eingetretene Pfade zu verlassen und Problemstellungen aus neuen Perspektiven zu betrachten, die methodisch abgesicherte Wahl des dazu passenden Analyseansatzes und darauf aufbauend die Ausarbeitung eigenständiger Thesen, die eine Arbeit zu einer wahren Bereicherung des rechtswissenschaftlichen Diskurses machen. All diese Eigenschaften weist die Doktorschrift von Iris Schomäcker in vorbildlicher Weise auf. Es handelt sich nach alledem um eine herausragende Leistung, die unsere Gesellschaft – folgerichtig – mit dem Albert-Hensel-Preis würdigt.
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Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V. Satzung i.d.F. v. 9.9.2013 (Auszug)1 § 2 Vereinszweck Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.S.d. Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Der Verein hat den Zweck, a) die steuerrechtliche Forschung und Lehre und die Umsetzung steuerwissenschaftlicher Erkenntnisse in der Praxis zu fördern; b) auf eine angemessene Berücksichtigung des Steuerrechts im Hochschulunterricht und in staatlichen und akademischen Prüfungen hinzuwirken; c) Ausbildungsrichtlinien und Berufsbilder für die juristischen Tätigkeiten im Bereich des Steuerwesens zu entwickeln; d) in wichtigen Fällen zu Fragen des Steuerrechts, insbesondere zu Gesetzgebungsvorhaben, öffentlich oder durch Eingaben Stellung zu nehmen; e) das Gespräch zwischen den in der Gesetzgebung, in der Verwaltung, in der Gerichtsbarkeit, im freien Beruf und in der Forschung und Lehre tätigen Steuerjuristen zu fördern; f) die Zusammenarbeit mit allen im Steuerwesen tätigen Personen und Institutionen zu pflegen. Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Vereinsmitteln. Es dürfen keine Personen durch zweckfremde Ausgaben oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden. § 3 Mitgliedschaft (1) Mitglied kann jeder Jurist werden, der sich in Forschung, Lehre oder Praxis mit dem Steuerrecht befasst. (2) Andere Personen, Vereinigungen und Körperschaften können fördernde Mitglieder werden. Sie haben kein Stimm- und Wahlrecht. (3) Die Mitgliedschaft wird dadurch erworben, dass der Beitritt zur Gesellschaft schriftlich erklärt wird und der Vorstand die Aufnahme als Mitglied bestätigt.
1 Sitz der Gesellschaft ist Köln (§ 1 Abs. 2 der Satzung). Geschäftsstelle: Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.
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Satzung (4) Die Mitgliedschaft endet durch a) Austrittserklärung zum Schluss des Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten; b) Wegfall der in Abs. 1 für die Aufnahme als Mitglied genannten Voraussetzungen; c) Ausschluss durch die Mitgliederversammlung; d) Ausschluss durch Beschluss des Vorstands, wenn ein Mitglied seinen Beitrag für drei aufeinanderfolgende Jahre nicht gezahlt hat; der Beschluss bedarf keiner Ankündigung und keiner Mitteilung, wenn das Mitglied der Gesellschaft eine Adressänderung nicht angezeigt hat und seine Anschrift der Gesellschaft nicht bekannt ist. (5) Der Mitgliedsbeitrag ist am 1. April des jeweiligen Jahres fällig. Tritt ein Mitglied während eines Jahres der Gesellschaft bei, ist der volle Beitrag nach Ablauf eines Monats nach Erwerb der Mitgliedschaft gem. Abs. 3 fällig. (6) Der Vorstand kann rückständige Mitgliedsbeiträge erlassen, wenn deren Einziehung unbillig oder der für die Einziehung erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch wäre.
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Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. Vorstand Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen (Vorsitzender); Präsident des BFH Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff (stellv. Vorsitzender); Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Lang; Ministerialdirektor Dr. Rolf Möhlenbrock; Verlagsleiter Prof. Dr. Felix C. Hey (Schatzmeister und Leiter der Geschäftsstelle); Charlotte Schwenk (Schriftführerin). Wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr. Rainer Hüttemann (Vorsitzender); Prof. Dr. Johanna Hey (stellv. Vorsitzende); Prof. Dr. Markus Achatz; Prof. Dr. Heribert M. Anzinger; Rechtsanwältin Dr. Stefanie Beinert; Richter am BFH Dr. Peter Brandis; Ltd. Ministerialrat Dr. Stefan Breinersdorfer; Rechtsanwalt Prof. Dr. Axel Cordewener, LL.M.; Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Dorenkamp, LL.M.; Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen; Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel; Prof. Dr. Joachim Englisch; Dr. Wolfgang Haas; Präsident der Bundesfinanzakademie Dr. Robert Heller; Prof. Dr. Joachim Hennrichs; Vors. Richter am BFH Prof. Dr. Bernd Heuermann; Verlagsleiter Prof. Dr. Felix C. Hey; Prof. Dr. Roland Ismer; Vors. Richterin am BFH Prof. Dr. Monika Jachmann-Michel; Prof. Dr. Gregor Kirchhof; Rechtsanwalt Dr. Martin Klein; Prof. Dr. Dr. Juliane Kokott; Ministerialdirigent Martin Kreienbaum; Prof. Dr. Marcel Krumm; Prof. Dr. Hanno Kube, LL.M.; Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Lang; Prof. Dr. Moris Lehner; Richter am BFH Prof. Dr. Matthias Loose; Prof. Dr. René Matteotti; Präsident des BFH Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff; Prof. Dr. Dr. Gunter Mayr; Ministerialdirektor Dr. Hans-Ulrich Misera; Ministerialdirektor Dr. Rolf Möhlenbrock; Prof. Dr. Andreas Musil; Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Jürgen Pelka; Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Dirk Pohl; Prof. Dr. Ekkehart Reimer; Ministerialdirigent a.D. Eckehard Schmidt; Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön; Rechtsanwalt Dr. Jens Schönfeld; Charlotte Schwenk; Prof. Dr. Roman Seer; Prof. Dr. Madeleine Simonek; Präsident des FG Berlin-Brandenburg Prof. Dr. Thomas Stapperfend; Prof. Dr. Christian Waldhoff; Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Thomas Weckerle, LL.M.;
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Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat
Vorsitzender Richter am BFH Michael Wendt; Prof. Dr. Rainer Wernsmann; Hofrat Prof. Dr. Nikolaus Zorn. Ehrenmitglieder Universitätsprofessor (em.) Dr. Klaus Tipke, Köln.
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Stichwortverzeichnis Abfindung – Ausscheiden eines Gesellschafters 265 ff. – Wirtschaftsgut des Gesellschaftervermögens 268 ff. Abhängige Gesellschaft, Grunderwerbsteuer 531 Abschreibung höher als Wertminderung 77 Abspaltung – anteiliger Verlustuntergang 372 ff. – Begriff 16 – Kapitalgesellschaft 292 ff. Abzugsverbot, Übernahmeverluste 131 ff., 137 f. Aktive Entstrickung 645 f. Aktivierungsbeschränkung/-verbot, stille Reserven 76 Altreserven 592 f., 595, 601 Analogie, Steuerneutralität gewährende Tatbestände 131 Angehöriger, Übertragung unter Verkehrswert 244 Anlässe einer Umstrukturierung s. Motive Anrechnung ausländischer Steuern 575 Anrechnungsmethode 582, 594 – Wegzug 604 Anschaffungskosten – Anteils- 357 f. – negative Anteils- 336 ff. – Vernichtung von Anteils- 345 f. Anschaffungsvorgang – Formwechsel Kapital- in Personengesellschaft 348 ff. – Rechtsnachfolge 334 f. Anspruch auf verbindliche Auskunft 538 f. Anteiliger Verlustuntergang, Abspaltung 372 ff. Anteils-Anschaffungskosten – negative 336 ff.
– Verlust 357 f. – Vernichtung von – 345 f. Anteilseigner Kapitalgesellschaft, stille Reserven 109 Anteilstausch 304 ff. – grenzüberschreitend 616 ff. – Steuerumgehung 416 – stille Reserven 111 – zu Buchwerten 291 – zu gemeinen Werten 291 Anteilsübertragung auf neuen Gesellschafter 270 f. Antrag auf – Buchwertfortführung 343 – Rückwirkung 343 f. Anwachsung – Anteil bei Gesellschafterausscheiden 265 ff. – auf andere Personengesellschaft 278 f. Arbeitsbedingungen 66 Asset Protection 46 f. ATAD-Richtlinie 418, 571 f., 600 ff., 655 ff. – Vereinbarkeit von Sperrfristen mit – 409 Aufbau UmwStG 17 f. Aufdeckung stiller Reserven, Formwechsel 328 Aufgabegewinn/-verlust, Gewerbesteuer 361 f. Aufgabetatbestand, Formwechsel 323 ff. Aufgeschobene Gewinnrealisierung 167 f. Aufspaltung – Begriff 15 f. – Kapitalgesellschaft 292 ff. Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen 591 Aufwärtsspaltung, stille Reserven 114
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Stichwortverzeichnis Aufwärtsverschmelzung 285, 290, 360 – Anteilsveräußerung 350 – Einbringungsgewinn II 354 – stille Reserven 114 – tauschähnlicher Vorgang 335 Ausgleichsposten, Verlagerung Wirtschaftsgut ins Ausland 580 Ausgliederung – Begriff 16 – Verluste 377 Ausgliederungssperre 294 Auskunft, verbindliche s. dort Ausland – Verlagerung Betriebsvermögen 573 ff. – Verlustimport 385 ff. Ausländische Einkünfte 576 Ausländische Steuern, Anrechnung 575 Ausländische Umstrukturierungen 623 ff. Ausländische Verluste 375 Ausländischer Anteilseigner 619 f. Ausländischer Empfänger – Anteilstausch 617 ff. – eingebrachtes Betriebsvermögen 610 ff. Ausländischer Steuerpflichtiger, Einbringung von Betriebsvermögen 615 f. Ausländisches Betriebsvermögen 613 ff. Auslandsvermögen 22 Auslegung – Steuerneutralität gewährende Tatbestände 131 – zu Steuerneutralität führende Tatbestände 118 Ausscheiden, Gesellschafter 258 ff., 264 ff. Ausschüttung, fiktive – offener Rücklagen 358 ff. Außerfiskalische Förderziele, Gesetzgeber 123 ff. Australien, verbindliche Auskunft 541
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Authorized OECD Approach 572 f., 585 f. Bareinlage 95 – Gründung Personengesellschaft 259 Begünstigte Sachgesamtheit 402 Behaltefrist 173, 273, 522 – Missbrauchsverhinderung 217 ff. – Mitunternehmeranteil 236 – Mitunternehmerschaft 174 – s.a. Sperrfristen Beihilfe – Grunderwerbsteuer 558 ff. – grunderwerbsteuerliche Begünstigung 531 – steuerliche Bevorzugung, EU 551 ff. Beihilferecht, europäisches 187 Beraterhaftung 539 Berufsfreiheit 138 ff. Beschäftigungsniveau 66 Beschleunigung, verbindliche Auskunft 544 Beschränkung, verbindliche Auskunft 547 f. Besserungsschein 71 f. Besteuerungsebene Gesellschafter/ Gesellschaft 18 Besteuerungsrecht, Ausschluss/Beschränkung des deutschen – 581 Beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften 119 ff., 213 ff., 222 – Betriebsvermögensübertragung 178 ff. Beteiligungsstruktur, Unternehmen 37 Betrieb – Einbringung 20 – originärer Geschäftswert s. dort – unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern 112 Betriebsaufgabe 271, 328 Betriebsaufspaltung, innhabergeleitete Unternehmen 46
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Stichwortverzeichnis Betriebsgrundlagen, Übertragung aller wesentlichen – 329 ff. Betriebsstätte – Authorized OECD Approach 572 f. – Selbständigkeitsfiktion 573, 575, 578 ff. – Überführung in DBA- 590 ff. – Überführung in Nicht-DBA- 589 f. – Verlagerung in ausländische 599 ff. Betriebsübertragung 247 ff. – unentgeltlich 230 ff. Betriebsvermögen – ausländisches 613 ff. – ausländisches – bei Wegzug 604 f. – Einbringung von Wirtschaftsgut aus – gegen Gewährung Gesellschaftsrecht 177 f. – Einbringung, grenzüberschreitend 609 ff. – inländisches – bei Wegzug 603 f. – Überführung ins Ausland 577 f. – Übertragung aus – eines Gesellschafters 241 – Übertragung zwischen SchwesterPersonengesellschaften 178 ff. – Verlagerung 573 ff. Betriebswirtschaftlich sinnvoll 26 f., 70 f., 515 f. Billigkeit, Absehen von Einbringungsgewinnbesteuerung 304 Billigkeitslösungen der Finanzverwaltung, Missbrauchsvorschriften 536 f. Bindungswirkung, verbindliche Auskunft 541 ff., 546 ff. Bootstrap game 46 Börsenklausel 408 Börsennotierte Gesellschaft, Spaltung, Motiv Steuerumgehung 415 Buchwert 313 f. – Sacheinlage Kapitalgesellschaft 299 Buchwerteinbringung, Österreich 494 ff. Buchwertfortführung 17, 22 – alte Sperrfristen 331 – Antrag auf 343 – Grenzen 217 ff.
– – – –
Österreich 433 ff. Prinzip 96 f. Regel-Ausnahme-Prinzip 536 Transfer von Sachgesamtheiten 229 ff. – Überführung 208 ff. – übernehmende Kapitalgesellschaft 334 – Übertragung 210 f. – Wahlrecht 170 ff. Buchwertprivileg 289 – Vorabauslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen 400 ff. Buchwertübertragung – Beteiligung von Körperschaftsteuersubjekt 223 – Körperschaft 173 Buchwertumwandlung, Sperrfrist 332 Buchwertverknüpfung 146, 153 ff. Cascade 52 Cash flow 53 ff. Charakteristika Unternehmensumstrukturierung 38 DAC 6 418, 550 Darlehen 314 f. Dealings 579 f. Defizite der ökonomischen Theorie 49 f. Demerger – Erfolg 64 ff., 69 – Wellen 51 – s.a. Spaltung Dept push down 29 Differenzrechnung 628 Diversifikationsargument 45 Diversifizierte Unternehmen 67 Doppelbesteuerungsabkommen 572 f. – Abstimmung mit Fusionsrichtlinie 419 – Auslegung älterer DBA, Grenzübertritt Wirtschaftsgut 582 ff. – Grundfreiheiten 590 ff. – österreichische Besteuerung 489 ff. – Überführung in DBA-Betriebsstätte 590 ff.
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Stichwortverzeichnis – Überführung in Nicht-DBABetriebsstätte 589 f. – Verlagerung in Nicht-DBA-Staat 574 ff. – Verlagerung Wirtschaftsgut in DBA-Staat 581 Doppelstöckige Personengesellschaft 254, 278 Doppeltes Teilbetriebserfordernis 292 f. Doppelverlustverwertung im Konzern, Österreich 462 f. Downstream-Merger 289 – Schuldenüberhang 287 Drittstaat, Kapitalverkehrsfreiheit 648 ff. Drittstaatgesellschaft 625 Drittstaatkapitalgesellschaft 647 ff. Drohende Kartellbuße 28 Dubiose Umstrukturierungsmotive 45 ff. Earnings per share 45 Economies of … 41 ff. – horizontal integration 43 – scale 42 – scope 42 – vertical integration 43 f. Eigene Verluste der übernehmenden Körperschaft, Österreich 460 ff. Einbringung 172 f. – 100%ige Kapitalbeteiligung 252 – Ausgliederung, Verluste 377 – ausländisches Betriebsvermögen 613 ff. – Betrieb 20 – Betriebsübertragung 248 – Drittstaatskapitalgesellschaft 647 ff. – grenzüberschreitende – von Betriebsvermögen 609 ff. – in inländische Kapitalgesellschaft 297 ff. – Kapitalanteile in eine in einem EU/ EWR-Staat ansässige Gesellschaft, Österreich 496 ff. – Kapitalanteile, Österreich 489 ff.
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– Mischentgelt 249 – Personen- in Kapitalgesellschaft 318 ff. – Sperrfrist 405 ff. – Teilmitunternehmeranteil 256 – unterhalb des gemeinen Werts 301 ff. – Wirtschaftsgut aus Betriebsvermögen gegen Gewährung Gesellschaftsrecht 177 f. Einbringungsgewinn, Sacheinlage Kapitalgesellschaft 298 Einbringungsgewinn I 341 ff. – rückwirkende Besteuerung 323 – Sperrfrist 301 Einbringungsgewinn II 305 – Aufwärtsverschmelzung 354 – rückwirkende Besteuerung 355 f. Einbringungssperre, Unionsrechtsvereinbarkeit 650 f. Einbringungsstichtag 336 Einkommensteuerrecht, Verlagerung in ausländische Betriebsstätte 574 ff. Einkünfte – aus sonstigen Leistungen, Österreich 446 ff. – ausländische 576 – stille Reserven 77 Einlage, unentgeltlicher Transfer als – 204 ff. Einlagefiktion 358 f. Einlagenrückgewähr 299 f. – Besteuerungsüberlegungen de lege ferenda 627 ff., 629 ff. Einmalbesteuerung, Grundsatz 345 f. Eintritt Gesellschafter 258 ff. Einzelbetriebsvermögen, Überführung in Sonderbetriebsvermögen 207 Einzelfallprüfung, Entbehrlichkeit gem. Fusionsrichtlinie 417 Einzelrechtsnachfolge 16 Einzelunternehmen, Aufnahme eines Gesellschafters 259 ff. Eliminating inefficiencies 45 Endgültige Verluste 386 Engagementgrundsatz 20 ff.
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Stichwortverzeichnis Entgelt, Ausscheiden eines Gesellschafters 265 ff. Entgeltlicher Vermögenstransfer 238 ff. Entgeltlichkeit, Begriff 238 Entnahme 165 – finale –theorie 568 f. – Rückwirkungszeitraum 338 ff. – unentgeltlicher Transfer als – 204 ff. Entnahmefiktion 586 Entscheidungsprozess Umstrukturierung 23 Entstehen stiller Reserven 83 – Steigerung der Leistungsfähigkeit 85 f., 100, 104 f., 108, 113 f. Entstrickung 22, 165, 598 – EStG, Überführung ausländische Betriebsstätte 574 ff. Entstrickungslücke – SEStEG 644 ff. – Überlegungen de lege ferenda 651 ff. Entstrickungsprinzip 99 f. Erbe 518 – betrieblicher Einheiten 227 – Verlustnutzung 368 Erbschaftsteuer 23 Erdrosselungseffekt 141 f. Erfolgsmessung M&A-Transaktionen 60 Ergänzungsbilanz 221, 224, 313, 357 Ermessen, verbindliche Auskunft 540 Ersatzbeschaffung, Rücklage 167 Ersatzrealisation 88, 165, 168 – Grenzübertritt 589 Ertragsteuer – Grundprinzipien 88 ff. – Neutralität 169 ff., 296 Erweiterte Wertaufholung 289 f. Erwerbermodell 30 Europäische Grundfreiheiten s. Grundfreiheiten Europäisches Recht s. Unionsrecht Europäisches Steuerrecht 563 ff.
Europäisches Umwandlungssteuerrecht, Harmonisierung 418 EU-Zentralregister 549 Faktischer Umstrukturierungszwang 141 Familienpersonengesellschaft 212 Familienpool 47 Familienstiftung 46 Familienunternehmen 46 Familien-VermögensverwaltungsGesellschaft 48 Fiktive Ausschüttung offener Rücklagen 358 ff. Fiktiver Leistungsaustausch 586 Fiktiver Teilbetrieb 232, 251 f., 296 Finale Entnahmetheorie 568 f., 582 ff. Finale Verluste 386 Finanzierungstheorie 53 Finanzunternehmen, Übernahmeverluste bei Verschmelzung 131 Fingierter Vermögensübergang 351 Fiskalzweck 116 Fokussierte Unternehmen 67 f. Folgerichtigkeitsgebot 80 f., 82 ff. Folgerichtigkeitsprinzip 187 Forderungsverzicht mit Besserungsschein 71 f. Formwechsel 20, 146 ff. – Begriff 16 – Kapital- in Personengesellschaft 132 ff., 135 ff. – Kapital- in Personengesellschaft, Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang 348 ff. – Personen- in Kapitalgesellschaft, Steuerneutralität 175 f. – Personengesellschaft 277 f. – strukturähnliche Gesellschaften 169 – tauschähnlicher Vorgang 325 ff. – Veräußerungs- oder Aufgabetatbestand 323 ff. Formwechselnde Umwandlung 528, 529 ff. Fortbestand, wirtschaftliche Grundlagen 21
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Stichwortverzeichnis Freiheitsrechte, Anspruch auf Steuerneutralität 138 ff. Freistellungsmethode 582, 594 – Wegzug 604 Fremdüblichkeit, Gegenleistung 242 Fremdvergleichsgrundsatz 573 Frist – Behalte- s. dort – verbindliche Auskunft 543 f. Fristversäumnis 536 Fünf-Prozent-Besteuerung 111 Fusionsrichtlinie 160, 570 f. – Abstimmung mit DBA 419 – Anwendungsbereich 410 ff. – österreichische Besteuerung 489 ff. – Steuerumgehung 411 ff. – Teilbetrieb 295 f. – unwiderlegbare Vermutung für Motiv Steuerumgehung 417 – Vereinbarkeit von Sperrfristen mit – 409 ff. Gebühren, verbindliche Auskunft 548 ff. Gemeiner Wert 161, 170 – Einbringung unterhalb 301 ff. Gemeinwohlzweck, Gesetzgeber 123 f. Gesamthand, Grundstücksübergang auf – 529 Gesamthandsvermögen, Transfer zwischen Sonderbetriebsvermögen und – 215 f. Gesamtplan 300, 400 ff., 522 Gesamtplanrechtsprechung 247, 393 Gesamtrechtsnachfolge 20, 149 – betriebliche Einheiten 227 Gesellschaft – strukturähnliche 169 ff. – Wegzug körperschaftsteuerpflichtiger Person 605 ff. Gesellschafter – Eintritt, Ausscheiden 258 ff. – Steuerfolgen bei – der umgewandelten Kapitalgesellschaft 291 – Trennungsprinzip 18 Gesellschafterkonto 239
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Gesellschaftliche Veranlassung, verdeckte Gewinnausschüttung 285 Gesellschaftsrechte – Gegenleistung für Übertragung, Buchwertfortführung 228 – Gegenleistung für Übertragung, stille Reserven 92 f. – Gewährung von – 246 – stille Reserven 78 – stille Reserven bei Gewährung/ Minderung 113 f. – Übertragung einzelner – 237 f., 257 f. – Vermögensübertragung gegen Gewährung von – 321 ff. Gesellschaftsrechtlich begründete Umstrukturierungen 158 ff. Gesellschaftsvermögen, Naturalteilung 272 ff. Gesetzesbegründung, Auslegung 397 Gesetzeslücke 27 Gesetzgebungsentwicklung – grenzüberschreitende Umstrukturierung Deutschland 566 ff. – europäische 570 ff. Gesetzlich nicht vorgesehener Steuervorteil, Missbrauch 394 Gestaltungsmissbrauch s. Missbrauch Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers 156 Gewerbebetrieb, Kapitalgesellschaft 370 Gewerbesteuer 209, 279 ff. – Einbringungsgewinn I 342 – Österreich 512 f. – stille Reserven, Sicherung der Verstrickung 346 ff. – Veräußerungs- oder Aufgabegewinn/-verlust 361 f. – Verfassungsmäßigkeit 363 ff. – Verlustnutzung 369 f., 378 ff. – Verlustvortrag 372 ff. – Verlustvorträge 351 Gewinn, nicht entnommener 359 Gewinnrealisierende Vorgänge 154
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Stichwortverzeichnis Gewinnrealisierung – aufgeschobene 167 f. – entgeltliches Geschäft 240 – Überführung in Nicht-DBABetriebsstätte 589 f. – Überführung Wirtschaftsgut in ausländische Betriebsstätte 579, 589 Gleichheitsgrundsatz 80 ff., 212, 214, 371, 377 f. – Gesetzgeber 116 – Rechtsanwendung 118 – Steuerneutralität 122 Globalisierungsüberlegungen 626 f. Grenzüberschreitende Steuerkonkurrenz 592 ff. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen 563 ff., 623 ff. Grenzüberschreitender Anteilstausch 616 ff. Grenzübertritt – Ersatzrealisationstatbestand 589 – stille Reserven 577 Grundbuchberichtigung 528 Grunderwerbsteuer 23, 527 ff. – begünstigte Umwandlungsvorgänge 532 ff. – Rechtsentwicklung Steuerbefreiung 530 ff. – Vollzugsdefizit 555 ff. Grundfreiheiten – europäische 572 – Rolle der DBA 590 ff. Grundlagen, steuerrechtliche 152 ff. Grundstück 218, 220, 527 ff. – Realteilung 273 Gründung, Personengesellschaft 259 ff. Haftung des Beraters 539 Haltefrist s. Behaltefrist, Sperrfristen Handlungsfreiheit 150 Harmonisierung, europäisches Umwandlungssteuerrecht 418 Herdentrieb 52 Herrschendes Unternehmen, Grunderwerbsteuer 531 Heterogener Formwechsel 530
Homogener Formwechsel 529 Horizontale Integration 43 Horten-Fall 22 Hybris-Hypothese 57 f. Identität, Unternehmer 379 f. Individuell erzieltes Einkommen, Verlustnutzung Österreich 440 Ineffizienz 45 Informationsaustausch – EU 549 ff. – Richtlinie s. DAC 6 Inhabergeleitete Unternehmen 46 ff., 55 Inländische Umstrukturierung, Kapitalgesellschaft 283 ff. Internationales Steuerrecht 563 ff. Interperiodische Verlustverrechnung, Gewerbesteuer 370 Intersubjektive Verlustverrechnung, Österreich 472 ff. Intersubjektiver Verlustübergang 383 ff. Intransparentes System 173 Joint Venture 61 Kapitalgesellschaft(en) – Ab-/Aufspaltung 292 ff. – Anteilseigner, stille Reserven 109 – Einbringung in – 297 ff. – Formwechsel in Personengesellschaft 132 ff., 135 ff. – Gewerbebetrieb 370 – mittelbare Beteiligung von – 224 – Steuerfolgen bei übernehmender – 289 ff. – Steuerfolgen bei übertragender – 288 f. – Trennungsprinzip 18 – Umstrukturierungsvorgänge 283 ff. – Umwandlung in Personengesellschaft 344 ff. – Unternehmensidentität 378 – Verlustnutzung 368 – Verschmelzung/Spaltung, intersubjektiver Verlustübergang 383 ff.
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Stichwortverzeichnis Kapitalkonto 239, 246 Kapitalkostensenkung 45 f. Kapitalmarkteffizienz 57 Kapitalmarktorientierte Unternehmen, Umstrukturierungsanlässe/ -motive 41 ff. Kapitalstruktur, Unternehmen 37 Kapitalverkehrsfreiheit – ausländische Betriebsstätte 587 – Drittland 648 ff. – Entstrickungslücke 647 ff. Kartellbuße, drohende 28 Klage, abgelehnte verbindliche Auskunft 545 Komplementäre Ressourcen 44 Konkurrenz – grenzüberschreitende Steuer592 ff. – Missbrauchsregeln ggü. § 42 AO 384 f., 392, 394 ff. Kontinuität 154 – Unternehmens- s. Unternehmenskontinuität – vermögensrechtliche 151 Kontinuitätsprinzip 9, 107 f. Körperschaft – Buchwertübertragung 173 – Entstehung stiller Reserven 79 – Spaltung 20 Körperschaftsteuer – Betriebsvermögensverlagerung – Ausland 599 ff. – Wegzug einer -pflichtigen Person 605 ff. Körperschaftsteuersubjekt – Buchwertübertragung bei Beteiligung von – 223 – Realteilung 274 Kostenvorteil, Unternehmensgröße 42 Large loss deals 61 ff. Latente Leistungsfähigkeit 87 Latentes Sondervermögen 216 Lebenswerk, Sicherung 47 Leere Hülle, Gesellschaft 285
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Leistungsfähigkeit, Steigerung bei stillen Reserven 84 ff. Leistungsfähigkeitsprinzip 80 ff., 89 f. Leur-Bloem 409, 417 Liquidation, Gesellschaft 271 ff. Liquidationsbesteuerungsvermeidung 396 ff. Liquidität, überschüssige 45 Liquiditätsschonung 598 Lohnsteueranrufungsauskunft 545 Management-Replacement-These 45 Mangelhafte Sacheinlage 158 Mantelkauf 388, 515 – Österreich 463 f. – Österreich, Unionsrecht 480 ff. Markteffizienzhypothese 57 Markteinkommensprinzip 156 f. Markteinkommenstheorie 96 Mehr-/Minderabführungen 631 f., 639 Mergers & Acquisitions – erfolglose, Gründe 61 ff. – Erfolgsmessung 60 – Umstrukturierungsmotive 41 Merger-Wellen 51 f. Merkmale einer Umstrukturierung 35 Mischentgelt 243 – Betriebsübertragung 249 Missbrauch 56 – Anteilsveräußerung, Sperrfrist 340 ff. – Gesetzeslücke 27 – Österreich 519 – steuerlich motivierte Umwandlung 182 f. Missbrauchsabwehr 391 ff. – Österreich 421 ff., 489 ff. Missbrauchsbegriff 394 Missbrauchsvermeidungsvorschrift, allgemeine, Österreich 503 ff. Missbrauchsvorschriften – Billigkeitslösungen der Finanzverwaltung 536 f. – spezielle – ggü. § 42 AO 384 f. Mitarbeiter, Konsequenzen für – 66 f. Mitbestimmung 27 f.
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Stichwortverzeichnis Mittelbare Beteiligung von Kapitalgesellschaft 224 Mittelbare Entstrickung 646 f. Mitunternehmeranteil 329, 336 ff. – Einbringung 20 – stille Reserven 78 – Übertragung 232 ff., 252 ff. Mitunternehmererlass 174 Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung 216 Mitunternehmerschaft 174 – Transparenzprinzip 18 Monetarisierung von Verlusten 30 – Missbrauch 396 ff. Motive einer Umstrukturierung 25 ff., 39 ff. 69 – steuerliche, Gestaltungsmissbrauch 182 f. – Steuerumgehung 413 ff. – wirtschaftliche 182 f. – s.a. Ökonomische Erklärungsansätze Nachbehaltensfrist, Grunderwerbsteuer 532 ff. Nachspaltungsveräußerungssperre 296 Naturalteilung, Gesellschaftsvermögen 272 ff. Negative Anteils-Anschaffungskosten 336 ff. Negative Zielbeiträge 56 Negativsteuer 517, 518 Nennkapitalrückzahlung 629, 633, 636, 641 Neoklassische Theorie 50 Net Present Value 54 Nettobarwertmaximierung 53 ff. Nettokapitalwertmaximierung 53 Nettoprinzip, objektives 357 Neue Institutionenökonomie, Rechtsprechung 36 Nichtsteuerbare Umwandlung, Grunderwerbsteuer 528, 529 ff. Niederlassungsfreiheit 590 – ATAD-Richtlinie 602 – ausländische Betriebsstätte 587
Nießbrauch 226 Notleidende Gesellschaft, Verschmelzung 71 f. Obergesellschaft 254 Oberziel-Unterziel-Relation 40 Objektbezogener Verlustvortragsübergang, Österreich 453 ff. Objektbezug 515 f. Objektiv berufsregelnde Tendenz 140 Objektives Nettoprinzip 357 – Durchbrechung 376 Objektsteuer, Gewerbesteuer 369 Objektsteuerprinzip 376, 511 Ökonomische Erklärungsansätze 52 ff. Ökonomische Theorie, Defizite bei Erklärung von Unternehmensumstrukturierungen 49 f. Ökonomische Umstrukturierungsgrundlagen 34 ff. Ökonomischer Umstrukturierungsbegriff 36 Ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, Verschmelzung 286 Organisationsakttheorie 96, 157 ff., 162 f. Organisationsfreiheit 152 Organisationsstruktur Unternehmen 37 Originärer Geschäftswert 78, 88, 98 Originärer Teilbetrieb 292 ff. Passive Entstrickung 645 f. Patriarch 47 Performance Umstrukturierung 58 ff. Periodenübergreifender Verlustabzug Österreich 447 ff. Personengesellschaft(en) – beteiligungsidentische Schwester119 ff., 222 – Betriebsvermögensübertragung zwischen Schwester- 178 ff. – Eintritt in – 262 ff. – Formwechsel in Kapitalgesellschaft, Steuerneutralität 175 f.
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Stichwortverzeichnis – Steuersubjekt vs. zivilrechtlicher Rechtsträger 105 f. – Transparenzprinzip 18 – Umstrukturierungsvorgänge 199 ff. – Umwandlung in andere – 277 ff. – Umwandlung in Kapitalgesellschaft 318 ff. – Unternehmeridentität 379 f. Praxisfälle Anlässe Umstrukturierung 25 ff. Privatvermögen 205 Privilegierte Sachgesamtheit 329 Projektmanagement Umstrukturierung 23 ff. Prozessdimension 37 Qualifizierte Umfangsminderung, Verlustabzug Österreich 458 ff. Qualifizierter Anteilstausch 304 Realisation stiller Reserven 77, 83 – Steigerung der Leistungsfähigkeit 86 f., 99, 104, 113 f. Realisationsprinzip 9, 89, 107, 162 ff. Realteilung 150, 403 – steuerliche 272 ff. – unechte 268 ff. Rechtliche Unternehmenskontinuität 368 ff. Rechtliche Vorteile, außersteuerlicher Grund 27 Rechtsentwicklung, Steuerbefreiung Grunderwerbsteuer 530 ff. Rechtsmittel, verbindliche Auskunft 545 f. Rechtsnachfolge 149 – Anschaffungsvorgang 334 f. – Verluste, Österreich 466 ff. Rechtsprechungsentwicklung – grenzüberschreitende Umstrukturierung Deutschland 568 ff. – europäische 569 f. Rechtsprinzipien für Umstrukturierungen 7 ff. Rechtsrahmen 14 ff. Rechtssicherheit, verbindliche Auskunft 546 ff.
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Rechtsstruktur Unternehmen 37 Rechtsträger, zivilrechtlicher, Subjektsteuerprinzip 105 f. Rechtsträgerwechsel 90 f., 205, 528 – s.a. Überführung – s.a. Übertragung Reform 1995 14 ff. Regel-Ausnahme-Prinzip, Buchwertfortführung 536 Regimewechsel, steuerrechtlich 320 ff. Ressourcen, komplementäre 44 Restrukturierung, Begriff 36 Richtlinie 90/434/EWG s. Fusionsrichtlinie Richtlinie Informationsaustausch s. DAC 6 Rücklage für Ersatzbeschaffung 167 Rücklagen, fiktive Ausschüttung 358 ff. Rückwirkende Aufdeckung stiller Reserven 221 Rückwirkende Besteuerung – Einbringungsgewinn 302 – Einbringungsgewinn I 323 – Einbringungsgewinn II 355 f. Rückwirkender Teilwertansatz 332 Rückwirkung – Antrag auf 343 f. – steuerliche 330 – Verschmelzung/Vermögensübertragung 284 Rückwirkungszeitraum, Entnahme im – 338 ff. Sacheinlage 95, 150 – Gründung Personengesellschaft 259 – Kapitalgesellschaft 298 ff. – mangelhafte 158 Sachgesamtheit – begünstigte 402 – Buchwertprivileg bei Vorabauslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen 400 ff. – privilegierte 329 – Transfer 225 ff., 245 ff.
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Stichwortverzeichnis – Überführung 226 Sachverhaltsschilderung, verbindliche Auskunft 547 Sanierung, Begriff 34 f. Sanierungserlass 167 Sanierungsgewinn 167 Schachtelbeteiligung, Österreich 496 ff. Schachtelstrafe 111 Schedule, Österreich 443 ff. Schlussabrechnung steuerliche 605 Schlussbilanz 170 Schrittweise Vermögensübertragung, Familie 48 Schwestergesellschaft(en) – Transfer von Wirtschaftsgütern 245 – Transfer zwischen – 213 ff. Schwesterpersonengesellschaften – Übertragung von Betriebsvermögen 178 ff. – Übertragung von Wirtschaftsgütern 307 ff., 311 ff. – unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern 119 ff. Selbständigkeitsfiktion Betriebsstätte 573, 575, 578 ff. Selbstüberschätzungs-Hypothese 57 f. Selling, General and Administrative Expenses (SG&A) 67 f. Sitzverlegung 606 ff. Sonderbetriebsvermögen – Formwechsel Personen- in Kapitalgesellschaft 175 f. – Teilanteilsveräußerung 256 – Transfer zwischen Gesamthandsvermögen und – 215 f. – Überführung in Einzelbetriebsvermögen 207 – Überführung zwischen verschiedenen – 208 Spaltung 148 f. – Begriff 15 f. – Drittstaat 625 – Kapitalgesellschaft, intersubjektiver Verlustübergang 383 ff. – Kapitalgesellschaft, Verlustnutzung 380
– Körperschaft 20 – Personengesellschaft, Verlustnutzung 380 f. – Sperrfrist 296 f., 407 f. – s.a. Demerger Spaltungsgewinn 55 Spekulationseinkünfte, Österreich 446 ff. Sperrfristen 308, 313 – Anteilstausch 305 f. – Anteilsveräußerung 340 ff. – aufgrund vorangehender Maßnahmen bestehende – 331 ff. – Einbringung unterhalb des gemeinen Werts 301 ff. – Spaltung 296 f. – umwandlungssteuerrechtliche 402 ff. – Vereinbarkeit mit Unionsrecht 408 ff. – s.a. Behaltefrist Sperrwirkung – spezielle Missbrauchsregeln ggü. § 42 AO 392, 394 ff. – Verlustverrechnung 398 Spin off 65 ff., 627 f. Statusverbesserung 303, 403, 538 Step-up-Modell 18, 30 Steuerbare Umwandlung, Grunderwerbsteuer 527, 528 ff. Steuerfolgen – übernehmende Kapitalgesellschaft 289 ff. – übertragende Kapitalgesellschaft 288 f. Steuerinländer 22 Steuerkonkurrenz, grenzüberschreitende 592 ff. Steuerlich motivierte Umwandlung, Missbrauchsüberlegungen 182 f. Steuerliche Realteilung 272 ff. Steuerliche Rückbeziehung, Umwandlung 284 Steuerliche Rückwirkung 330 Steuerliche Schlussabrechnung 605 Steuerneutralität 17, 116, 646 – Auslegung von Tatbeständen 118
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Stichwortverzeichnis – Ertragsteuer 169 ff., 296 f. – Formwechsel Personen- in Kapitalgesellschaft 175 f. – gebotene Besteuerung 122 – Österreich, UmgrStG 428 ff. – stille Reserven 74 ff. Steuerpflichtiger, Wegzug 603 ff. Steuerrecht, Umstrukturierungen 17 ff. Steuersparmodelle, verbindliche Auskunft 541 Steuersubjekt, Personengesellschaft 105 f. Steuersubjektprinzip 155, 162 ff. – Durchbrechung 319 ff., 344 f. Steuerumgehung – Motiv für Umwandlung 413 ff. – Fusionsrichtlinie 411 ff. – unwiderlegbare Vermutung Fusionsrichtlinie 417 Steuervergünstigung, Wahlrecht des Steuerpflichtigen 129 Steuervollzug 594 f. – s.a. Vollzugsdefizit Steuervorteil – gesetzlich nicht vorgesehener, Missbrauch 394 – Step-up-Modell 30 Stichtag – Einbringung 336 – steuerlicher Übertragungs- 338 Stichtagsbezogene Wertfeststellung 588 Stiftung 46 ff. Stille Reserven 17, 153, 164 – Altreserven, Verlagerung ins Ausland 583 ff. – Aufdeckung bei Formwechsel 328 – ausländische Betriebsstätte, europarechtliche Restriktionen 568 ff. – Besteuerung 288 – Buchwertübertragung auf Körperschaft 173 – deutsches Besteuerungsrecht 586 – Einkommen oder nicht? 665 – Entstehung 83 – Gewerbesteuerverstrickung 346 ff.
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Realisation 83 rückwirkende Aufdeckung 221 sofortige Besteuerung 146 Überführung in ausländische Betriebsstätte 576 – Übergang 74 ff. – Unionsrechtsvereinbarkeit Doppelverhaftung 647 f. – Verdoppelung 323, 333, 335 f., 646 Stillhaltevorschrift 648 ff. Strategische Allianz 61 Structure follows strategy 56 Strukturähnliche Gesellschaften 169 Strukturdimension 37 Strukturgleiche Rechtsträger 147 Stundung Besteuerungsanspruch 595 f. Subjektbezogene Verlustverrechnung, Österreich 452 f. Subjektsteuerprinzip 8, 105 ff., 294, 511, 514 f. – Körperschaftsteuer 376 – stille Reserven 100 ff. – Verluste 181 Surplus Funds 44 f. Target 29 Tatsächliche Unternehmenskontinuität 368 ff. Tausch 155, 309 f. – grenzüberschreitender Anteils616 ff. – Realisation stiller Reserven 90 Tauschähnlicher Vorgang 95, 155, 320 ff., 352 ff. – Formwechsel 325 ff. Tauschelemente 158 Tauschgutachten, BFH 168 Teilbetrieb 231 ff., 309 – originärer 292 ff. – verdeckte Einlage 21 Teilbetriebsbegriff 295 Teilbetriebseinbringung 314 Teilbetriebserfordernis, doppeltes 292 f. Teilbetriebsübertragung 250 ff., 292 f. Teileinkünfteverfahren 173, 223 ff.
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Stichwortverzeichnis Teilmitunternehmeranteil, Übertragung 235 ff., 255 ff. Teilwert, rückwirkender Ansatz 332 Territorialität 594 f. Territorialprinzip 587 Thüringer-Autohaus-Fall 384, 395 f. Totalitätsprinzip 8 Transfer – mit Rechtsträgerwechsel s. Übertragung – ohne Rechtsträgerwechsel s. Überführung – Sachgesamtheit 225 ff., 245 ff. – unentgeltlicher s. dort – Vermögens- s. dort – von Verlusten 398 f. – Wirtschaftsgut 204 ff., 241 ff. – zwischen Gesellschafter/ Gesellschaft 238 – zwischen Gesellschaftern 217 – zwischen Sonderbetriebs- und Gesamthandsvermögen 215 f. Transparentes System 173 Transparenz, Informationsaustausch 549 f. Transparenzprinzip 18 f., 79 Trennungsprinzip 18 f., 79 Treuhandmodell, BFH-Rechtsprechung 278 f. Typisierung, Gleichheitsgrundsatz 117 Überführung 204, 206 ff. – in ausländische Betriebsstätte 574 ff. – in DBA-Betriebsstätte 590 ff. – in Nicht-DBA-Betriebsstätte 589 f. – Sachgesamtheit 226 Übernahmeergebnis, Entstehung 133 Übernahmeverluste 357 – Abzugsverbot 137 f. – Verschmelzung 131 ff. Übernehmende Kapitalgesellschaft – Beteiligung an umgewandelter Kapitalgesellschaft 290 – Steuerfolgen 289 ff.
Übernehmer, keine Beteiligung an Übertragung 287 Überschüssige Liquidität 45 Übertragende Kapitalgesellschaft, Steuerfolgen 288 f. Übertragende Umwandlung 148 f., 170 ff., 527 f. – Verluste 180 f. Übertragung 204, 210 ff. – Begriff 226 – wesentliche Betriebsgrundlagen 329 ff. – Wirtschaftsgut von Personen- auf Kapitalgesellschaft 223 – Wirtschaftsgut, Gesellschaft 241 ff. Übertragungsstichtag 338 – Fiktion 284 Umgründungen Österreich 421 ff. Umgründungssteuergesetz, Österreich 421 ff. – Grundsätze 425 ff., 432 ff. – Vergleich mit deutschem Recht 435 ff., 487 ff., 502 f. – Zwischenwerte 168 Umsatzgeschäft 158 ff. Umsatzsteuer 23 Umstrukturierung – Begriff 34 ff. – Begriff, ökonomischer 36 – Kapitalgesellschaft 283 ff. – Merkmale 35 – Motive 39 ff. – Performance 58 ff. Umwandlung – Begriff 34 f., 36, 277 – in andere Personengesellschaft 277 ff. Umwandlungsgesetz 1995 14 ff. Umwandlungssteuergesetz, Aufbau 17 f. Umweltoffene Systeme 38 Unabänderbare Wahlrechtsausübung 537 Unangemessenheit, Missbrauch 394 Unechte Realteilung 268 ff. Unentgeltliche Übertragung 91 f., 114
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Stichwortverzeichnis – Betriebsvermögen zwischen Schwester-Personengesellschaften 178 ff. – Sachgesamtheit 225 ff. Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern – beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften 119 ff. – Betrieb, Mitunternehmerschaft 112 Unentgeltlicher Transfer zwischen Gesellschafter und Gesellschaft 211 ff. Unentgeltlicher Vermögenstransfer 203 ff. Ungeklärte Rechtslage, verbindliche Auskunft 541 Unionsrecht – Grunderwerbsteuer, Vereinbarkeit 531 – österreichische Verlustverrechnung 480 ff. – Vereinbarkeit von Sperrfristen mit – 408 ff. Unionsrechtsvereinbarkeit – Doppelverhaftung stiller Reserven 647 f. – Einbringungssperre 650 f. Unternehmen, Begriff 150 Unternehmensexterne Umstrukturierungsmotive 40 Unternehmensgegenstand, Kernbereich 36 Unternehmensgröße – Kostenvorteil 42 – optimale 50 Unternehmensgruppe, Umgründung, Österreich 465 Unternehmensidentität, Verlustverrechnung Gewerbesteuer 370, 378 Unternehmensinterne Umstrukturierungsmotive 40 – s.a. Motive Unternehmenskontinuität, rechtliche/ tatsächliche 368 ff. Unternehmensstiftung 46 Unternehmensträger, Begriff 150 Unternehmeridentität 379 f.
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Upstream-Verschmelzung s. Aufwärtsverschmelzung Valide Umstrukturierungsmotive 41 Veräußerung 160 – Steuerumgehung 518 – Unterschied zur Umstrukturierung 158 Veräußerungsbegriff 302 Veräußerungsgewinn/-verlust, Gewerbesteuer 361 f. Veräußerungsgleiche Vorgänge 154 Veräußerungssperre, Nachspaltungs296 Veräußerungstatbestand, Formwechsel 323 ff. Veräußerungsvorgang, Formwechsel Kapital- in Personengesellschaft 348 ff. Verbindliche Auskunft 25, 538 ff. – aus Sicht des Finanzamts 556 f. – gerichtliche Überprüfung 560 ff. Verdeckte Einlage, Teilbetrieb in Kapitalgesellschaft 21 Verdeckte Gewinnausschüttung, Verschmelzung, Vermögensübertragung 285 Verdoppelung, stille Reserven 323, 333, 335 f., 646 Vereinigungsfreiheit 139 ff., 150 Verfahrensrecht 535 ff. Verfassungsrecht Österreich, Verlustverrechnung 474 ff. Verfassungsrechtlicher Vertrauensschutzgrundsatz 633 f. Vergesellschaftung 150 Verkehrswert – Entgelt unter – 244, 246 – Gegenleistung 243 Verlagerung, Betriebsvermögen 573 ff. Verlustabzugsbeschränkung, österreichisches KStG 449 ff. Verlustabzugsverbot 290 Verlustausgleichsbeschränkungen, Österreich 441 ff.
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Stichwortverzeichnis Verlustausgleichsschranke, Österreich 524 f. Verluste – ausländische 375 – endgültige 386 – Monetarisierung, Missbrauch 396 ff. – Österreich 513 – Subjektsteuerprinzip 181 – Übernahme- 357 – Übernahme- bei Verschmelzung 131 ff. – übertragende Umwandlung 180 f. Verlustimport aus dem Ausland 385 Verlustnutzung 367 ff. – Österreich 421 ff., 440 ff. Verlusttransfer 398 f. Verlustübergang, intersubjektiver 380 ff. Verlustuntergang, anteiliger – bei Abspaltung 372 ff. Verlustverrechnung – Gewinne eines Dritten 396 ff. – intersubjektive –, Österreich 472 ff. – Sperrwirkung 398 – Verfassungsrecht Österreich 474 ff. Verlustverwertung 29 Verlustvorträge, Gewerbesteuer 351 Vermögensposition, Einlagekonto 634 f. Vermögenstransfer – entgeltlicher 238 ff. – unentgeltlicher 203 ff. Vermögensübergang, fingierter 351 Vermögensübertragung 170 – Begriff 16 – gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten 321 ff. – Kapitalgesellschaft 284 Vermögensverwaltung, Familie 48 Vermutung, unwiderlegbare – für Motiv Steuerumgehung, Fusionsrichtlinie 417 Verrechenbare Verluste 521 Verrechnung Verluste s. Verlustverrechnung Verrechnungspflicht 579
Verschmelzung 148 f., 170 – Begriff 15 – Gewinn- auf Verlustgesellschaft 395, 396 ff. – Kapitalgesellschaft 284 – Kapitalgesellschaft, intersubjektiver Verlustübergang 383 ff. – Kapitalgesellschaft, Verlustnutzung 380 – notleidende Gesellschaft 71 f. – Personengesellschaft, Verlustnutzung 380 f. – Übernahmeverluste s. dort – Veranlassung durch Gesellschaftsverhältnis 286 Verschmelzungsbedingtes Übernahmeergebnis 290 Verschmelzungsgewinn 55 Verschmelzungsverlust, Steuerunwirksamkeit 287 Versicherungsunternehmen 16 – Übernahmeverluste bei Verschmelzung 131 Vertikale Integration 43 f. Vertrauensschutz, verfassungsrechtlicher Grundsatz 633 f. Vertriebsgemeinkosten 67 Verzögerung, verbindliche Auskunft 543 f. Vollzugsdefizit – Grunderwerbsteuer 555 ff. – s.a. Steuervollzug Vorabauslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen 400 ff. Vorabentnahme, Wirtschaftsgut 299 f. Vorbehaltensfrist, Grunderwerbsteuer 532 ff. Vorweg-Ruling, Österreich 70 Wahlrecht – Buchwert/Zwischenwert 299 – Buchwertfortführung 170 ff. – Buchwertverknüpfung 154 – Steuerlastverteilung auf mehrere Jahre 588 – unabänderbare Ausübung 537
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Stichwortverzeichnis Wartetaste, Österreich 442 ff., 524 f. Wealth destruction on a massive scale 61 ff. Wegzug, Steuerpflichtiger 603 ff. Welteinkommensprinzip 575 Wertaufstockungswahlrecht 263 Wertverlust vor Realisierung 596 Wesentliche Betriebsgrundlagen 329 ff. – Realteilung 275 ff. – Übertragung Sachgesamtheit 227 – Veräußerung/Überführung/Übertragung, Missbrauch 393 – Vorabauslagerung von Sachgesamtheiten 400 ff. – Zurückbehalt 293 Widerruf, verbindliche Auskunft 547 Williamson-Puzzle 50 Wirtschaftlich begründete Umwandlung 182 f. Wirtschaftliche Grundlagen, Fortbestand 21 Wirtschaftsgut – aus Betriebsvermögen, Einbringung gegen Gewährung Gesellschaftsrecht 177 f. – mehreren Teilbetrieben dienendes 21 – Transfer 241 ff. – Übertragung von Personen- auf Kapitalgesellschaft 223 – unentgeltliche Übertragung s. dort – Verlagerung in ausländische Betriebsstätte 599 ff. Wirtschaftspolitische Förderung 156 Wirtschaftsrechtliche Anlässe 27 f.
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Wurstkartell/Wurstlücke 28 Zahlungsstreckung 598 Zahlungsströme 53 ff. Zeitliche Dimension, Übertragung Sachgesamtheit 227 f. Zeitpunkt – Teilbetriebsübertragung 292 f. – verbindliche Auskunft 543 f. Zentralregister EU 549 Zertifikate, einander gegenläufige – 399 Zieländerung in Umstrukturierung 40 Zielanordnung 40 Zieldimension 37 Zinsen, Verrechnung mit TargetGewinnen 29 Zivilrecht 521, 523 Zivilrechtlicher Rechtsträger, Subjektsteuerprinzip 105 f. Zulässigkeit, verbindliche Auskunft 540 ff. Zurückbehalt wesentliche Betriebsgrundlagen 293 Zusammenschluss s. Merger Zuständigkeit, verbindliche Auskunft 540 ff. Zuständigkeitskonzentration, verbindliche Auskunft 543 Zwang, faktischer Umstrukturierungs141 Zwischenwert 129, 161, 170 ff., 536 f. – UmgrStG 168 – Wahlrecht 299
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